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German Pages 208 [210] Year 2018
florina s,tefa˘nica˘ Einflüsse von Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
Empirische Berufsbildungsforschung 4 Franz Steiner Verlag
4
Florina S,tefa˘nica˘ Einflüsse von Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
Empirische Berufsbildungsforschung Herausgegeben von Reinhold Nickolaus, Niclas Schaper, Susan Seeber und Stefan C. Wolter Band 4
florina s,tefa˘nica˘ Einflüsse von Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
Franz Steiner Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2018 Univ.-Diss., Stuttgart D 93 Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-12210-8 (Print) ISBN 978-3-515-12211-5 (E-Book)
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . ix Tabellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . xi Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . xiii Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xv Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xvii 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Relevanz des Forschungsgebiets . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Forschungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.3 Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Professionelle Kompetenz und Professionswissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften im Fach Mathematik . . . . . . . . . . 5 2.1 Professionelle Kompetenz in der Lehrerbildungsforschung . . . . 5 2.2 Professionswissen von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.1 Grundannahmen zur Struktur des Professionswissens . . . . 7 2.2.2 Forschungsprojekte . . . . . . . . . . . . . . . 9 3 Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften im Fach Mathematik . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1 Berufswahlmotive als Determinanten des Professionswissens . . . 20 3.1.1 EMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.1.2 MT21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.1.3 TEDS-M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.1.4 KiL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.1.5 Übersicht der Befunde und Einordnung der vorliegenden Arbeit 3.2 Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens . . . 3.2.1 COACTIV und COACTIV-R . . . . . . . . . . . . 3.2.2 MT21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 TEDS-M und TEDS-FU . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 TEDS-LT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 LEK und LEK-R . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6 KiL und KeiLa . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.7 BilWiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24 25 29 35 44 53 57 64 66
vi
4 5
6
7
Inhaltsverzeichnis
3.2.8 EMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.9 PROMETEUS . . . . . . . . . . . . . . . . .
70 73
3.2.10Übersicht der Befunde und Einordnung der vorliegenden Arbeit Spezifizierung und Bündelung der Forschungsfragen . . . . . . . Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen . . . 5.1 Herkunft der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Lehramtsstudiengänge der Mathematik an den Untersuchungsstandorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Untersuchungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Erhebung des Professionswissens . . . . . . . . . . . 5.4.2 Erhebung der Berufswahlmotive . . . . . . . . . . . 5.4.3 Erhebung der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen . . . 5.5 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Ausdifferenzierung der Forschungsfragen . . . . . . . . . . 5.6.1 Einflüsse der Berufswahlmotive . . . . . . . . . . . 5.6.2 Einflüsse der Qualitätsaspekte . . . . . . . . . . . . 5.6.3 Einflüsse des Zweitfachs . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4 Einflüsse des Studienstandorts . . . . . . . . . . . . 5.7 Statistisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.1 Tests zum Professionswissen . . . . . . . . . . . . 5.7.2 Berufswahlmotive und Qualitätsaspekte . . . . . . . . 5.7.3 Zusammenhänge und Erklärungen . . . . . . . . . . Deskriptiver Ergebnisteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Studierende nach Standort . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Studierende nach Zweitfach . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Fachwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Fachdidaktisches Wissen . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Pädagogisches Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Berufswahlmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Qualitätsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothesengeleiteter Ergebnisteil . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive . . . . . . 7.1.1 Einflüsse auf das Fachwissen . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Einflüsse auf das pädagogische Wissen . . . . . . . . . 7.1.3 Einflüsse auf das fachdidaktische Wissen . . . . . . . . 7.1.4 Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern? . . . . . . . . . . . . .
74 87 91 91 92 96 97 97 99 99 100 101 101 103 105 106 110 110 113 113 115 115 115 116 120 121 122 123 125 125 126 128 129 132
Inhaltsverzeichnis
7.1.5 Sekundäranalyse: Unterschiede in den Berufswahlmotiven? . . 7.1.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte . . . . . . . 7.2.1 Fachdidaktik 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Fachdidaktik 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Vergleich der Fachdidaktiken . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern? . . . . . . . . . . . . . 7.2.5 Einfluss des Vorwissens auf die Qualitätsaspekte. . . . . . 7.2.6 Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern? . . . . . . . . . . . . . 7.2.7 Sekundäranalyse: Andere Unterschiede in den Qualitätsaspekten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Ergebnisse zu den Einflüssen des Zweitfachs . . . . . . . . . 7.3.1 Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens . . 7.3.2 Entwicklungen in den Dimensionen des Professionswissens . . 7.3.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Ergebnisse zu den Einflüssen des Studienstandorts . . . . . . . 7.4.1 Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens . . 7.4.2 Entwicklungen in den Dimensionen des Professionswissens . . 7.4.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Zusammenfassung und Diskussion . . . . . . . . . . . . . 8.1 Einflüsse der Berufswahlmotive . . . . . . . . . . . . . 8.2 Einflüsse der Qualitätsaspekte . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Einflüsse des Zweitfachs . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Einflüsse des Studienstandorts. . . . . . . . . . . . . . 8.5 Implikationen für die Lehrerausbildung . . . . . . . . . . 8.6 Limitationen der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Forschungsstrategischer Ausblick . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
vii 133 135 136 136 139 140 141 145 145 146 150 151 152 153 157 158 158 160 165 167 167 168 170 172 173 174 175 177
Abbildungsverzeichnis
2.1
Das Kompetenzmodell von COACTIV . . . . . . . . . . . . . . .
3.1
Determinanten und Konsequenzen der professionellen Kompetenz von Lehrkräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . TEDS-M-Modell zum Kompetenzerwerb in der Mathematiklehrerausbildung für die Sekundarstufe I . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsbereiche von TEDS-M . . . . . . . . . . . . . . . . Profile mathematischen und mathematikdidaktischen Wissens (TEDSM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 3.3 3.4 4.1 4.2
Berufswahlmotive als Determinanten (angehenden) Lehrkräften . . . . . . Lerngelegenheiten als Determinanten (angehenden) Lehrkräften . . . . . .
des Professionswissens . . . . . . . . . . . . . des Professionswissens . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
von . . . von . . .
6 18 18 19 47 88 89
6.1 6.2 6.3 6.4
WrightMap FW Längsschnitt ET und ZT WrightMap FW AT . . . . . . . . . . . . WrightMap FD ZT AT . . . . . . . . . . WrightMap P ZT AT . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
118 119 121 122
7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6
Fachwissen: Entwicklung nach Zweitfach . . . . . . . . Fachdidaktisches Wissen: Entwicklung nach Zweitfach . Pädagogisches Wissen: Entwicklung nach Zweitfach . . Fachwissen: Entwicklung nach Standort . . . . . . . . . Fachdidaktisches Wissen: Entwicklung nach Standort . Pädagogisches Wissen: Entwicklung nach Standort . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
154 156 157 162 163 164
Tabellenverzeichnis
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10
Lerngelegenheiten in COACTIV und COACTIV-R . . . . . . Lerngelegenheiten in MT21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in TEDS-M und TEDS-FU . . . . . . . . Korrelationen zwischen den Wissensdimensionen (TEDS-M) Lerngelegenheiten in TEDS-LT . . . . . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in LEK und LEK-R . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in KiL und KeiLa . . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in BilWiss . . . . . . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in EMW . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lerngelegenheiten in PROMETEUS . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8
Veranstaltungen im Fach Mathematik in Stuttgart . . . . . Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen in Stuttgart Veranstaltungen im Fach Mathematik in Tübingen . . . . Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen in Tübingen Veranstaltungen im Fach Mathematik in München . . . . Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen in München Test- und Befragungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . Realisierter Erhebungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. 93 . 93 . 94 . 94 . 95 . 95 . 96 . 100
6.1 6.2 6.3 6.4
Studierende nach Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studierende nach Zweitfach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studierende nach Zweitfach MINT, Nicht-MINT . . . . . . . . . . Berufswahlmotive: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsaspekte der FD1: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualitätsaspekte der FD2: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115 116 116
Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen zum ET Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen zum ZT Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das pädagogische Wissen zum ZT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das fachdidaktische Wissen zum ZT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede in den Berufswahlmotiven . . . . . . . . . . . . . . .
126 127
6.5 6.6 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5
. . . . . . . .
. . . . . . . .
30 36 45 47 54 58 64 67 70 73
123 124 124
129 130 134
xii
Tabellenverzeichnis
7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12 7.13 7.14 7.15 7.16 7.17 7.18 7.19 7.20 7.21 7.22 7.23 7.24 7.25 7.26 7.27 7.28
Geschlechtsunterschiede in den Berufswahlmotiven, nach Standort bzw. Zweitfach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1 für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2 für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1, nach Standort . . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1, nach Zweitfach . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2, nach Standort . . . . Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2, nach Zweitfach . . . Unterschiede in den Qualitätsaspekten . . . . . . . . . . . . . . . . Zweitfach-Unterschiede in den Qualitätsaspekten, nach Standort . . Standortunterschiede in den Qualitätsaspekten, nach Zweitfach . . Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen . . . . . Erklärungskraft des Zweitfachs für das fachdidaktische Wissen unter Berücksichtigung des Fach- und pädagogischen Wissens . . . . Erklärungskraft des Zweitfachs für das Fachwissen zum ZT unter Berücksichtigung des Vorwissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Fachwissens, nach Zweitfach . . . . . . . . . . . Entwicklung des fachdidaktischen Wissens, nach Zweitfach . . . . Entwicklung des pädagogischen Wissens, nach Zweitfach . . . . . Erklärungskraft des Standorts für das Professionswissen . . . . . . Erklärungskraft des Standorts für das FD AT . . . . . . . . . . . . Erklärungskraft des Standorts für das fachdidaktische Wissen unter Berücksichtigung des Fach- und pädagogischen Wissens . . . . . . Erklärungskraft des Standorts für das Fachwissen zum ZT unter Berücksichtigung des Vorwissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Fachwissens, nach Standort . . . . . . . . . . . . Entwicklung des fachdidaktischen Wissens, nach Standort . . . . . Entwicklung des pädagogischen Wissens, nach Standort . . . . . .
134 137 139 141 142 143 144 147 148 149 152 153 154 155 155 156 159 159 160 161 161 163 164
Abkürzungsverzeichnis AT
Abschlusstest (Test zum Ende der Lehrveranstaltung Fachdidaktik 2)
BilWiss
Bildungswissenschaftliches Wissen und der Erwerb professioneller Kompetenz in der Lehramtsausbildung
COACTIV
Cognitive Activation in the Classroom (Professionswissen von Lehrkräften, kognitiv aktivierender Mathematikunterricht und die Entwicklung mathematischer Kompetenz)
COACTIV-R
Kompetenzerwerb von Lehramtskandidat(inn)en im Vorbereitungsdienst
DMV
Deutsche Mathematiker-Vereinigung
EMW
Entwicklung von berufsspezifischer Motivation und pädagogischem Wissen in der Lehrerausbildung
ET
Eingangstest (Test zu Beginn der Lehrveranstaltung Fachdidaktik 1)
FD
Fachdidaktisches Wissen
FW
Fachwissen
GDM
Gesellschaft für Didaktik der Mathematik
KeiLa
Kompetenzentwicklung in mathematischen und naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen
KiL
Messung professioneller Kompetenzen in mathematischen und naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen
LEK
Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden
LEK-R
Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden und Referendarinnen/Referendaren
MNU
Verband zur Förderung des MINT-Unterrichts
xiv
Abkürzungsverzeichnis
MT21
Mathematics Teaching in the 21st Century
OTL
Lerngelegenheiten (Opportunities to learn)
PROMETEUS PRONET Meta-Evaluationsstudie PW
Pädagogisches Wissen
Sek1
Lehramt der Sekundarstufe 1
Sek2
Lehramt der Sekundarstufe 2
TEDS-FU
Teacher Education and Development Study: Follow Up
TEDS-LT
Teacher Education and Development Study: Learning to Teach
TEDS-M
Teacher Education and Development Study: Learning to Teach Mathematics
ZT
Zwischentest (Test zum Ende der Lehrveranstaltung Fachdidaktik 1)
DANKSAGUNG Viele Personen haben zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen, bei denen ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. In erster Linie möchte ich meiner Familie danken. Meinen Eltern Victoria und Florin danke ich dafür, dass sie mir einen perfekten Start ins Leben ermöglicht haben, indem sie zum richtigen Zeitpunkt wichtige Impulse für meine Entwicklung gesetzt und mir ein in richtigem Maße geschütztes Klima zum Aufwachsen geboten haben. Meiner Tante Gabi und meinem Onkel Doru danke ich für die jahrelange liebevolle Unterstützung meiner persönlichen und professionellen Entwicklung. Frau Helene Wolf möchte ich für das Vertrauen danken, das ich von ihr sowohl während meiner Schulzeit als auch während meiner Erstversuche als Lehrerin verspürte. Bei Frau Magdalena Balogh möchte ich mich dafür bedanken, dass sie einen Kontext dafür geschaffen und stets dazu angeregt hat, die eigene Meinung zu äußern und Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren. Frau Margarethe Zill, Frau Brigitte Belc (ehem. Potocean) und Frau Iosefina Mihut, danke ich sehr für die Mathematik-Begeisterung, die sie an unsere Generation weiter gegeben haben. Bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Reinhold Nickolaus möchte ich mich ganz herzlich bedanken (1) für die Begeisterung, mit der er mich bereits zu Studienbeginn angesteckt hat, (2) für das lernfreundliche, vielseitige und konstruktive Arbeitsumfeld, das mir meine vorherige Skepsis gegenüber der Arbeitswelt nahm, (3) für die immer offene Tür und (4) für die Inspiration. Herrn Prof. Aiso Heinze danke ich herzlich (1) für die anregenden formellen und informellen Gespräche im Rahmen des Projektes KoM@ING, (2) für das Anvertrauen der Testinstrumente aus KiL, ohne die die vorliegende Arbeit nicht möglich gewesen wäre und (3) für die Übernahme des Zweitgutachtens meiner Arbeit. Frau Margrit Oehler unterstützte mich mit viel Freude bei der Literaturbeschaffung - hiermit möchte ich mich herzlich bei ihr bedanken. Meinem Kollegen Stefan Behrendt danke ich für die statistische Bereicherung, die er mir jederzeit mit sehr großer Hilfsbereitschaft anbot. Bei allen Kollegen und studentischen Hilfskräften vom BWT möchte ich mich für die offene und konstruktive Atmosphäre bedanken. Ein besonderer Dank gilt hier meiner Kollegin und Freundin Didem Atik, deren Ehrgeiz und Lebensenergie mich oft mitgerissen und über Durststrecken aller Art getragen haben. Den Dozierenden der fachdidaktischen Veranstaltungen (Frau Veronika Kollmann, Herrn Gerhard Brüstle, Herrn Bernhard Euler, Herrn Peter Lesky, Herrn Joachim Engel, Herrn Frank Loose, Herrn Bernd Hatz, Herrn Torsten Schatz, Frau Rebecca Roy, Herrn Matthias Bernhard und Frau Jana Beitlich) möchte ich dafür
xvi
Danksagung
danken, dass sie wertvolle Zeit ihrer Lehrveranstaltungen frei gestellt haben, um meine Datenerhebungen zu ermöglichen. Auch den Studierenden, die bei den Testungen und Befragungen mitgemacht haben, möchte ich danken. Frau Kollmann möchte ich zusätzlich dafür danken, dass sie im Rahmen meines Studiums mein Interesse an Fachdidaktik weckte und dass sie immer eine offene Tür für mich hatte, hinter der sich einerseits Perfektion und andererseits sehr viel Menschlichkeit verbirgt. Für das Korrekturlesen möchte ich mich ganz herzlich bei Gertraude und Klaus Eichelberger bedanken. Meinem Freund Hanno danke ich für die Ruhe, die er in fast allen, schönen wie auch turbulenten, Lebenssituationen ausstrahlt und damit einen Gegenpol kreiert. Zuletzt möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mit mir Beachvolleyball spielen und auch sonst immer mit großem Herzen für mich da sind, insbesondere C˘at˘a, Sighi, Chris, Philipp, Valerie und Melli.
Stuttgart, Juni 2018 Florina S, tef˘anic˘a
ZUSAMMENFASSUNG Das Professionswissen der Lehrkräfte, gestützt durch deren Überzeugungen und motivationale Orientierungen, ist prädiktiv für die konkrete Unterrichtsgestaltung der Lehrkräfte sowie die Lernfortschritte und die Leistungsängstlichkeit der unterrichteten Schülerinnen und Schüler. Wie aber entwickelt sich dieses Professionswissen? Von welchen Faktoren hängt es ab? Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die Einflüsse von (a) Berufswahlmotiven und (b) Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von gymnasialen Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik untersucht. Als Lerngelegenheiten werden (1) Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Lehrveranstaltungen, (2) die unterschiedlichen Zweitfächer und (3) die unterschiedlichen Studienstandorte betrachtet. Die Ergebnisse zu den gefundenen Einflüssen der Berufswahlmotive auf die Dimensionen des Professionswissens können künftig bei der Auswahl von Studienbewerbern bzw. im Rahmen von Coaching- und Beratungsansätzen genutzt werden. Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Veranstaltungen scheinen, vor allem in der ersten Studienhälfte, einen geringen, jedoch signifikanten Einfluss auf das fachdidaktische Wissen zu haben. Dieser bleibt auch bei Kontrolle der kognitiven Merkmale der Studierenden erhalten. Somit sollte den Lehr-Lern-Prozessen auf der Mikroebene auch im Rahmen der tertiären Ausbildung Aufmerksamkeit geschenkt werden. Hinsichtlich der Unterschiede nach Zweitfach belegen die Befunde Vorteile für die Studierendengruppe mit einem MINT-Zweitfach in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension im Vergleich zur Studierendengruppe mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. Die vorgefundenen Standortunterschiede im Professionswissen der Studierenden entsprechen den Hauptprofilierungen dieser Standorte.
ABSTRACT The professional knowledge of teachers, supported by their beliefs and motivation, may predict their instructional program and teaching structure in class. Moreover, it may also influence the learning progress of students and their performance anxiety. But how does this professional knowledge develop? Which factors have an influence on it? This work analyses the influences of (a) teaching motivations, and (b) opportunities to learn on the professional knowledge of students training to become mathematics teachers in German secondary schools. The following opportunities to learn are considered: (1) quality features of lectures on pedacogical content knowledge, (2) different second subjects and (3) different study locations. The outcome of the analysis on the influence of teaching motivations on the dimensions of professional knowledge may be useful during candidate selection, as well as in coaching and consulting sessions. Quality features of lectures on pedacogical content knowledge have a small but significant influence on students’ knowledge measured in the end of these lectures, especially in the first half of study. This influence remains even when the students’ cognitive features are controlled. Thus, even tertiary education should pay attention to teaching-learning-processes on micro level. Furthermore, the findings show advantages for students with informatics or natural sciences as second subjects in content knowledge and pedagogical content knowledge, but disadvantages in pedagogical knowledge when being compared to students with other second subjects. The differences in the dimensions of professional knowledge between students from different institutions of tertiary education correspond to the profiles of the respective institutions.
KAPITEL 1 EINFÜHRUNG 1.1
RELEVANZ DES FORSCHUNGSGEBIETS
Das Kerngeschäft der Lehrkräfte ist es, den Schülerinnen und Schülern Wissen zu vermitteln. Zusätzlich formen sie Charaktere und dienen als Verhaltensmodelle. Lehrkräfte haben somit einen großen Einfluss auf zukünftige Generationen. Dabei sind einerseits deren Einstellungen, Überzeugungen, Motivation, Orientierungen und andererseits deren Professionswissen wichtig. Das Professionswissen der Lehrkräfte, das üblicherweise in Fachwissen, fachdidaktisches und pädagogisches Wissen unterteilt wird, ist -gestützt durch deren Überzeugungen und motivationale Orientierungen- prädiktiv für (1) situationsbezogene und verhaltensnahe Maße der Lehrkräfte, (2) die konkrete Unterrichtsgestaltung der Lehrkräfte sowie (3) die Lernfortschritte und die Leistungsängstlichkeit/ -zuversicht der unterrichteten Schülerinnen und Schüler und (4) reduziert in elaborierter Form die emotionale Erschöpfung und die Burnout-Wahrscheinlichkeit der Lehrkräfte. Bezogen auf (1) situationsbezogene und verhaltensnahe Maße zeigen z. B. Befunde des Forschungsprojektes TEDS-FU, dass das Fachwissen ein wichtiger Prädiktor für das schnelle Erkennen von typischen mathematikbezogenen Schülerfehlern ist; das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen sind wichtige Determinanten für die Wahrnehmung, die Interpretation und die Entscheidung über Handlungsoptionen im Rahmen von Video-Vignetten-Tests (Blömeke et al., 2014). Zusätzlich hängt das pädagogische Wissen mit der im Rahmen eines Video-Vignetten-Tests gemessenen Classroom Management Expertise (Darge, Eicken & König, 2014) zusammen (König & Kramer, 2016). Bezogen auf (2) die konkrete Unterrichtsgestaltung belegen z. B. Ergebnisse der Studie COACTIV, dass das fachdidaktische Wissen einen signifikanten Einfluss auf die kognitive Aktivierung und die konstruktive Unterstützung hat (Baumert & Kunter, 2011b; Krauss, Neubrand et al., 2008). Zusätzlich hat das pädagogische Wissen einen signifikanten Einfluss auf die effiziente Klassenführung (Anzahl Unterrichtsstörungen, besseres Monitoring), auf das Potential des Unterrichts zur konstruktiven Lernunterstützung, auf die allgemeinen Unterrichtsmethoden/ die Klarheit und auf die Lehrer-Schüler-Beziehungen (Voss & Kunter, 2011; Voss, Kunter, Seiz, Hoehne & Baumert, 2014; König & Pflanzl, 2016). Bezogen auf (3) gibt es aus COACTIV empirische Befunde dafür, dass die kognitive Aktivierung und die effektive Klassenführung Einfluss auf den Lernfortschritt der unterrichteten Schülerinnen und Schüler (Klasse 9 bis Klasse 10) haben. Zusätzlich hat die konstruktive Unterstützung Einfluss auf die Leistungsängstlichkeit und die Freude der Lernenden (Kunter & Voss, 2011). Diese zusammen mit den
2
Einführung
unter (2) präsentierten Befunden zeigen, dass das fachdidaktische und das pädagogische Wissen -mediiert über die Merkmale der Unterrichtsqualität- einen Einfluss auf den Lernfortschritt, die Leistungsängstlichkeit und Freude der Schülerinnen und Schüler haben. Auch die Michigan Forschungsgruppe um Deborah Ball und Hyman Bass findet empirische Belege dafür, dass das fachspezifische Wissen, über das die Lehrkräfte verfügen, bedeutsam ist und für das Unterrichten von Mathematik signifikant mit dem Lernzuwachs der Schülerinnen und Schüler im Grundschulbereich zusammenhängt (Boaler, 2005). Zudem (4) reduziert das bildungswissenschaftliche Wissen das Beanspruchungserleben (die Zunahme der Erschöpfung) im Verlauf des Referendariats (Dicke et al., 2015). Klusmann et al. (2012) konnten zeigen, dass hohes Wissen über Klassenführung, also ein Teil des pädagogischen Wissens, geringere emotionale Erschöpfung und eine höhere Berufszufriedenheit ein Jahr später vorhersagt (siehe auch Voss et al. (2015)). Zudem hat Wissen über Klassenführung einen positiven Einfluss auf die Burnout-Prävention bei praktizierenden Lehrkräften (König & Rothland, 2016). Die Relevanz des Professionswissens von Lehrkräften wird somit an diversen Stellen deutlich. Doch wie entwickelt sich dieses Professionswissen, wovon hängt es ab? Welche Faktoren, Merkmale, Eigenschaften der angehenden Lehrkräfte sind ursächlich dafür verantwortlich, in welchem Ausmaß sich das Professionswissen entwickelt: Handelt es sich um rein kognitive Faktoren oder spielen nicht-kognitive Facetten, wie z. B. das Geschlecht, die Herkunft, Interessen oder Berufswahlmotive, dabei eine Rolle? Und welche institutionellen Faktoren sind für die Entwicklung des Professionswissens verantwortlich? Wovon wird das Zusammenspiel zwischen individuellen und institutionellen Faktoren beeinflusst? Das Professionswissen und dessen Determinanten wurden in den letzten Jahren und werden weiterhin in Projekten wie COACTIV, TEDS-M, TEDS-LT, KiL, LEK, BilWiss, EMW immer intensiver beforscht (die Projekte werden im Laufe der vorliegenden Arbeit näher beleuchtet). Hierbei werden Aspekte wie beispielsweise die Operationalisierung des Professionswissens, die inhaltliche und kognitionsbezogene Dimensionierung des Professionswissens, Unterschiede im Professionswissen nach Ausbildungsgang häufig(er) in den Blick genommen. Weniger gut beforscht sind die Entwicklung des Professionswissens und die damit verbundene Frage nach dem Einfluss individueller und institutioneller Determinanten. Hier setzt die vorliegende Arbeit an.
1.2
FORSCHUNGSFRAGEN
Ziel dieser Arbeit ist es, zur Schließung der angesprochenen Lücken beizutragen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen folgende Forschungsfragen: a) Wie unterscheidet und entwickelt sich das Professionswissen angehender Lehrkräfte in Abhängigkeit von Berufswahlmotiven? b) Wie unterscheidet und entwickelt sich das Professionswissen angehender Lehrkräfte in Abhängigkeit der genutzten Lerngelegenheiten?
Gliederung der Arbeit
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Die erste Frage fokussiert eine individuelle Determinante des Professionswissens und dessen Entwicklung. Untersucht werden soll, ob spezifische Berufswahlmotive (extrinsische, fachlich-intrinsische, pädagogisch-intrinsische etc.) ursächlich für unterschiedliche Entwicklungsdynamiken im Professionswissen sind. Die zweite Frage nimmt die institutionelle Perspektive in den Blick. Hierbei wird ein sehr komplexes Forschungsfeld umrissen. Es scheint daher sinnvoll, die Komplexität zu reduzieren und zunächst nur Ausschnitte dieses Forschungsfelds zu berücksichtigen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden folgende Aspekte der Lerngelegenheiten thematisiert: Qualitätsaspekte diverser Lehrveranstaltungen, das Zweitfach (die Lerngelegenheiten im Zweitfach) und die Standortperspektive.
1.3
GLIEDERUNG DER ARBEIT
Nach einer kurzen Präsentation des Begriffs der professionellen Kompetenz im Rahmen der Lehrerbildungsforschung wird skizzenhaft auf die Operationalisierung und Modellierung des Professionswissens der Lehramtsstudierenden und Lehrkräfte im Fach Mathematik eingegangen (Kapitel 2). Danach wird der aktuelle Forschungsstand zu Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften präsentiert (Kapitel 3). Kapitel 4 bündelt die nun konkreteren Forschungsfragen. Das Untersuchungsdesign, die konkreten Hypothesen und das statistische Vorgehen werden in Kapitel 5 vorgestellt. Kapitel 6 und 7 dienen der Ergebnisdarstellung und der Prüfung der Hypothesen. Die Zusammenfassung der Arbeit und eine Gesamtdiskussion erfolgen in Kapitel 8.
KAPITEL 2 PROFESSIONELLE KOMPETENZ UND PROFESSIONSWISSEN VON LEHRAMTSSTUDIERENDEN UND LEHRKRÄFTEN IM FACH MATHEMATIK 2.1 PROFESSIONELLE KOMPETENZ IN DER LEHRERBILDUNGSFORSCHUNG Kompetenz Der Begriff der Kompetenz wird in der Forschungslandschaft auf unterschiedliche Art definiert. Im engeren Sinne bezeichnen Kompetenzen „kontextspezifische kognitive Leistungsdispositionen, die sich funktional auf die Situationen und Anforderungen in bestimmten Domänen beziehen“ (Klieme & Leutner, 2006, S. 4), fokussieren also ausschließlich kognitive Aspekte. Im weiteren Sinne inkludiert der Kompetenzbegriff zusätzlich zu den kognitiven Aspekten auch motivationale, emotionale und volitionale Aspekte (Weinert, 2016, S. 27). Mehr Informationen zum Kompetenzbegriff finden sich beispielsweise bei Klieme und Hartig (2007) oder bei Klieme, Maag-Merki und Hartig (2017), Nickolaus (2013), Nickolaus und Seeber (2013), Seeber und Nickolaus (2010), S, tef˘anic˘a et al. (2017) oder Mulder (2017). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften Im Rahmen der Lehrerbildung wird der Begriff der professionellen Kompetenz von Lehrkräften verwendet. Für diesen wurden (1) im Rahmen diverser Kommissionen normative Modelle in Form von Standards (beispielsweise Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2004; Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2010; Empfehlung von DMV, GDM, MNU, 2008)1 und (2) im Rahmen diverser Forschungsvorhaben theoretische Modelle entwickelt. Das wahrscheinlich gängigste theoretische Modell zur professionellen Kompetenz von Lehrkräften (siehe Abbildung 2.1) entstand im Rahmen der Studie COACTIV und scheint sich in der aktuellen Forschungslandschaft bewährt zu haben. In diesem Modell wird zwischen vier Komponenten der professionellen Kompetenz unterschieden: dem Professionswissen, den Überzeugungen/ Werthaltungen/ Zielen, den motivationalen Orientierungen und der Selbstregulation (siehe z. B. Baumert & Kunter, 2011a; Krauss et al., 2004; Baumert & Kunter, 2006). Somit gibt es eine Unterteilung in kognitive und nicht-kognitive Aspekte: Das Professionswissen stellt einen kognitiven Aspekt dar, wohingegen die anderen drei nicht-kognitive Komponenten der professionellen Kompetenz sind. 1
DMV: Deutsche Mathematiker-Vereinigung; GDM: Gesellschaft für Didaktik der Mathematik; MNU: Verband zur Förderung des MINT-Unterrichts
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Abbildung 2.1: Das Kompetenzmodell von COACTIV mit Spezifikationen für das Professionswissen (eigene Darstellung, in Anlehnung an Baumert & Kunter, 2011a, S. 32)
Im Rahmen der Lehrerbildungsforschung wird zwischen Wissen und Kompetenz unterschieden. Dabei werden in Forschungsprojekten diverse Kompetenzen untersucht: Analysekompetenz (Plöger, Scholl & Seifert, 2015; Plöger & Scholl, 2014), Beratungskompetenz (Bruder, Keller, Klug & Schmitz, 2011), Fehlerkompetenz (Seifried, Wuttke & Türling, 2014), Lehrkompetenz (Baer et al., 2009), Planungskompetenz (König, Buchholtz & Dohmen, 2015) oder auch Unterrichtskompetenz (Smit, Helfenstein & Guldimann, 2013; Mackowiak et al., 2013). Kompetenz kommt erst in der konkreten Unterrichtssituation, also beim Zusammentreffen der Lehrkraft mit den Lernenden zum Ausdruck. Das Professionswissen ist dabei eine notwendige Grundlage für die Manifestation der Kompetenz, jedoch keine hinreichende Bedingung. In der vorliegenden Arbeit erhält das Professionswissen angehender Lehrkräfte eine zentrale Bedeutung und wird daher im Folgenden näher beleuchtet.
2.2 PROFESSIONSWISSEN VON LEHRKRÄFTEN UND LEHRAMTSSTUDIERENDEN IM FACH MATHEMATIK Zu Beginn dieses Abschnitts werden theoretische Arbeiten zum Professionswissen von (angehenden) Lehrkräften im Fach Mathematik und dessen Dimensionen präsentiert. Anschließend werden Operationalisierungen desselben im Rahmen abge-
Professionswissen von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
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schlossener und aktuell laufender Forschungsprojekte zusammen mit Struktur- und Niveauanalysen vorgestellt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt darin zu klären, inwiefern (1) Berufswahlmotive und (2) Lerngelegenheiten das Professionswissen angehender Lehrkräfte und dessen Entwicklung beeinflussen. Aufgrund dieses Sachverhalts werden die theoretischen und empirischen Arbeiten zum Professionswissen an sich ausschließlich skizzenhaft und darstellend präsentiert.
2.2.1
Grundannahmen zur Struktur des Professionswissens
Shulman (1986) unterscheidet zwischen fachbezogenen und pädagogischen Komponenten des Professionswissens von Lehrkräften. Das pädagogische Wissen (pedagogical knowledge of teaching) wird dabei als Wissen über allgemeine Prinzipien der Klassenführung und -organisation beschrieben (Shulman, 1986, Endnote 2). Das fachbezogene Wissen wird weiter in Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und curriculares Wissen differenziert. Dabei definiert Shulman das Fachwissen von Lehrkräften (content knowledge) als Wissen über die Fakten und Konzepte eines Fachgebietes. Er betont, dass Lehrkräfte zusätzlich zu den Fakten auch Erklärungen für diese Fakten sowie die jeweiligen Geltungsbereiche kennen sollten. Zudem sollten Lehrkräfte über Wissen zur Relevanz der unterschiedlichen Themen des Fachgebiets verfügen; dieses Wissen unterstützt den Prozess der Auswahl der Unterrichtsinhalte (Shulman, 1986, S. 9). Das curriculare Wissen (curricular knowledge) beschreibt das Wissen über die Auswahl und Sequenzierung der Unterrichtsinhalte sowie die Kenntnis von Materialien und Instrumenten zur Darstellung dieser Inhalte sowie von Situationen, in denen diese Materialien verwendet werden sollten (Shulman, 1986, S. 10). Das fachdidaktische Wissen (pedagogical content knowledge oder subject matter knowledge for teaching) wird beschrieben als Wissen darüber, wie man Lernenden die fachlichen Inhalte zugänglich macht. Gemeint sind damit Darstellungsformen der zentralen Inhalte des Fachgebiets, Analogien, Veranschaulichungen, Beispiele, Erklärungen und Beweise. Zudem beinhaltet das fachdidaktische Wissen ein Verständnis dafür, was das Lernen diverser Inhalte vereinfachen oder erschweren kann bzw. dafür, welche Vor- und Fehlvorstellungen diverse Lernergruppen zu bestimmten Inhalten mitbringen (Shulman, 1986, S. 9f). Somit hat das fachdidaktische Wissen sowohl Bezüge zu den Fachinhalten als auch zu Aspekten des Lehrens und Lernens und stellt diejenige Wissenskomponente dar, die die Lehrkräfte von fachlichen Experten unterscheidet (Shulman, 1987, S. 8). In späteren Arbeiten verfeinert Shulman (1987) die Unterteilung des Professionswissens von Lehrkräften, wobei die Wichtigkeit des fachdidaktischen Wissens unterstrichen wird. Zusätzlich zu den Arbeiten Shulmans stellt Bromme (1992, 1997) im deutschen Sprachraum eine ähnliche Topologie des Professionswissens von Lehrkräften vor.
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Es scheint Einigkeit bezüglich der Unterteilung in fachbezogene und fachübergreifende Wissenskomponenten und bezüglich der Wichtigkeit des fachdidaktischen Wissens (bei Bromme fachspezifisch-pädagogisches Wissen) zu herrschen. Theoretische Arbeiten zum fachbezogenen Wissen von Grundschullehrkräften im Fach Mathematik, die auf detaillierten Beobachtungen und Analysen von Mathematikunterricht basieren, wurden auch durch die Forschergruppe aus Michigan um Deborah Ball und Hyman Bass durchgeführt. Im Fokus steht hier das mathematische Wissen für das Unterrichten (content knowledge for teaching). Dieses wird zunächst in Wissen über Inhalte (knowledge of content) und Wissen über Lernende und Inhalte (knowledge of students and content) unterteilt. Es existieren auch weitere Unterteilungen. Den Forschern ist es dabei wichtig anzumerken, dass die Kategorien Überarbeitungen brauchen und dass die Schnittstellen zwischen den Kategorien nicht immer ganz klar sind (siehe z. B. Ball, Hoover Thames & Phelps, 2008; Hill, Schilling & Ball, 2004; Hill, Ball & Schilling, 2008). Nach dieser Vorstellung der theoretischen Konzeptualisierung des Professionswissens von Lehrkräften werden im Folgenden abgeschlossene und laufende Forschungsprojekte zum Professionswissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften beschrieben. Da im Rahmen der vorliegenden Arbeit angehende Lehrkräfte im Fach Mathematik im Fokus stehen, wird im Folgenden eine Einschränkung auf Studien aus diesem Bereich vorgenommen. Zusätzlich zur Mathematik gibt es jedoch auch Forschungsbemühungen zum Professionswissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften in folgenden Fächern: - Biologie (z. B. Jüttner, 2011); - Chemie (z. B. Dollny, 2011); - Deutsch (z. B. Bremerich-Vos & Dämmer, 2013; Bremerich-Vos, Dämmer, Willenberg & Schwippert, 2011; Pissarek & Schilcher, 2017); - Englisch (z. B. Roters, Nold, Haudeck, Keßler & Stancel-Piatak, 2011; Jansing, Haudeck, Keßler, Nold & Stancel-Piatak, 2013; Roters, König, Tachtsoglou & Nold, 2013; Roters, König, Tachtsoglou & Nold, 2015; König, Lammerding et al., 2016; Kirchhoff, 2017); - Latein (z. B. Lindl & Kloiber, 2017); - Musik (z. B. Puffer & Hofmann, 2017); - Physik (z. B. Riese & Reinhold, 2009; Riese & Reinhold, 2012; Keller, Neumann & Fischer, 2016; Schödl & Göhring, 2017); - Religion (z. B. Fricke, 2017); - Sport (z. B. Messmer & Brea, 2015)[][]; - Berufs- und Wirtschaftspädagogik (z. B. Zlatkin- Troitschanskaia, Brückner, Schmidt & Förster, 2016; Fritsch, Seifried, Wuttke & Fortmüller, 2015; Seifried & Wuttke, 2015; Seeber & Minnameir, 2010; Schwarzl, 2012; Kuhn & Brückner, 2013).
Professionswissen von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
2.2.2
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Forschungsprojekte
In abgeschlossenen und aktuellen Forschungsprojekten hat sich die Unterteilung des Professionswissens von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden in fachbezogene und fachübergreifende Komponenten durchgesetzt. Beim fachbezogenen Wissen wird in den meisten Studien zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen unterschieden. Somit scheint sich die theoretische Arbeit von Shulman (1986) bewährt zu haben und dient in den aktuellen Forschungsarbeiten als Grundlage für theoretische Frameworks und in einem nächsten Schritt für die Entwicklung von Instrumenten zur Erfassung des Professionswissens. Im Folgenden sollen (a) Operationalisierungen des Professionswissens, (b) Strukturanalysen und (c) Niveaumodellierungen desselben kurz skizziert werden.
(a) Operationalisierung der Wissensdimensionen Die fachbezogenen und fachübergreifenden Dimensionen des Professionswissens werden in unterschiedlichen Forschungsprojekten erfasst. Hierfür werden unterschiedliche Operationalisierungen vorgenommen. Es scheint angemessen, auf diese Operationalisierungen einzugehen, da die in den folgenden Abschnitten präsentierten Ergebnisse zu Determinanten des Professionswissens von dessen Operationalisierungen abhängig sind. Da das Professionswissen an sich nicht im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht, wird hier lediglich eine kurze Darstellung vorgenommen. Betrachtet werden hierbei (1) die fachbezogenen Dimensionen Fachwissen, fachdidaktisches Wissen, Fachwissen im schulischen Kontext und content knowledge for teaching sowie (2) die fachübergreifende Dimension des Professionswissens.
(a1) Operationalisierung des Fachwissens Krauss et al. (2011) definieren Fachwissen im Rahmen der Studie COACTIV als „tieferes Verständnis der Fachinhalte des Curriculums der Sekundarstufe (z. B. auch »Elementarmathematik vom höheren Standpunkt aus«, wie sie an der Universität gelehrt wird)“ (Krauss et al., 2011, S. 142f). Prinzipiell sind die Items dieses Tests auch von sehr guten Schülerinnen und Schülern lösbar. Aufgrund der relativ geringen Itemzahl besteht hier kein Anspruch auf weitere Dimensionierungen. Blömeke et al. (2008) verwenden im Rahmen von MT21 einen breiteren Fachwissensbegriff: Hierbei werden „intensiv Schulwissen der Sekundarstufen I und II, Schulmathematik vom höheren Standpunkt sowie in reduziertem Umfang universitäres Wissen getestet“ (Blömeke, Seeber et al., 2008, S. 79). Das Fachwissen wird zusammen mit dem fachdidaktischen Wissen operationalisiert: Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik, Algebra, Funktionen, Geometrie, Statistik. Als kognitive Aktivitäten werden das Algorithmisieren, das Problemlösen und Begründen sowie das Modellieren berücksichtigt.
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Die Arbeiten aus MT21 werden im Rahmen der Studie TEDS-M fortgeführt. Ähnlich wie bei Blömeke et al. (2008) setzt das Fachwissen auch bei Döhrmann, Kaiser und Blömeke (2010) die Beherrschung der zu unterrichtenden Inhalte „auf einem höheren, reflektierten Niveau“ voraus. Auch hier werden nicht nur Themengebiete der Sekundarstufe I einbezogen, sondern ebenfalls deren Erweiterung für die Sekundarstufe II und elementare universitäre Mathematik. Inhaltliche Dimensionen sind hierbei wiederum Arithmetik, Algebra, Geometrie und Stochastik. Mit den Ausprägungen Kennen, Anwenden, Begründen wird hier allerdings eine andere Dimensionierung der kognitiven Prozesse verwendet. Zusätzlich wird ein theoretischer Schwierigkeitsgrad der Items postuliert, der zwischen elementarem, mittlerem und fortgeschrittenem Niveau variiert (Döhrmann, Kaiser & Blömeke, 2010, S. 170ff). Die Forschergruppe aus Kiel um Aiso Heinze beschreibt das Fachwissen im Rahmen des Projekes KiL als „dezidiert universitäres mathematisches Wissen, das zwar Bezug zur Schulmathematik aufweist, aber Gegenstand der Sekundarstufenlehrerausbildung ist und deutlich (in Inhalt und Form) über Schulmathematik hinausgeht“ (Loch, Lindmeier & Heinze, 2013b, S. 625). Das Fachwissen wird zusammen mit dem mathematikdidaktischen Wissen und dem Fachwissen im schulischen Kontext operationalisiert: Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik und Algebra, Analysis, Geometrie, Stochastik, Numerik. Kognitive Anforderungsniveaus sind Reproduzieren, Anwenden, Reflektieren und Verallgemeinern (Loch, 2015, S. 75). Somit finden sich in den Forschungsprojekten diverse Operationalisierungen des Fachwissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften im Fach Mathematik. Die Tiefe des Fachwissens variiert von rein schulischem bis zu rein universitärem Wissen. Dabei fokussieren manche Projekte ausschließlich schulisches Wissen (COACTIV), andere Projekte ausschließlich universitäres Wissen (KiL), andere decken wiederum ein breiteres Spektrum ab (MT21 bzw. TEDS-M). Manche Studien betrachten bei der Testkonzeption kognitive Aktivitäten, jedoch z. T. auf unterschiedliche Arten: (1) Die Ausprägungen Algorithmisieren, Problemlösen und Begründen, Modellieren (in MT21) zeigen unterschiedliche kognitive Prozesse auf, ohne jedoch theoretische Annahmen zur Schwierigkeit zu treffen. (2) Abstufungen wie Kennen, Anwenden, Begründen oder elementares, mittleres, fortgeschrittenes Niveaus weisen auf eine aus Expertensicht steigende Aufgabenschwierigkeit hin (TEDS-M, KiL).
(a2) Operationalisierung des fachdidaktischen Wissens Nach Baumert und Kunter (2011a) setzt das fachdidaktische Wissen Fachwissen voraus, stellt aber selbst „ein besonderes unterrichts- und schülerbezogenes fachliches Wissen“ dar (Baumert & Kunter, 2011a, S. 37). Es wird im Rahmen des Projektes COACTIV so konzeptualisiert, dass das „Kerngeschäft des Lehrers“ abgebildet wird, nämlich das „Zugänglichmachen mathematischer Inhalte für Schüler“. Hierbei werden die Elemente des didaktischen Dreiecks angesprochen: (1) die
Professionswissen von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
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Inhalte (operationalisiert durch das multiple Lösbarkeitspotenzial von Aufgaben), (2) die Lernenden (operationalisiert dadurch, ob Schülerfehler erkannt, analysiert und konzeptuell eingeordnet werden können) und (3) das Zugänglichmachen (operationalisiert durch Items zum Erklären und Repräsentieren) (Krauss et al., 2011, S. 138f; Baumert & Kunter, 2011a, S. 37f). Somit wurde für das fachdidaktische Wissen eine fachnahe Konzeptualisierung und Operationalisierung im Sinne der Stoffdidaktik gewählt (Krauss et al., 2011, S. 142; Krauss, Neubrand et al., 2008, S. 241). Ähnlich wie Baumert und Kunter (2011a) unterscheiden Loch et al. (2013b) im Rahmen des KiL-Projektes beim mathematikdidaktischen Wissen zwischen den Facetten (1) Schülerkognition, (2) Instruktionsstrategien und (3) Aufgabenpotenzial. Im Gegensatz zu Baumert und Kunter wurden hierbei keine Items entwickelt, die „mit rein mathematischem Wissen gelöst werden können“ (Loch et al., 2013b, S. 625). Das mathematikdidaktische Wissen wird zusammen mit dem Fachwissen und dem Fachwissen im schulischen Kontext operationalisiert: Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik und Algebra, Analysis, Geometrie, Stochastik, Numerik. Kognitive Anforderungsniveaus sind Reproduzieren, Anwenden, Reflektieren und Verallgemeinern (Loch, 2015, S. 75). Blömeke und Seeber (2008) unterteilen das fachdidaktische Wissen im Rahmen der Studie MT21 in (1) lehrbezogene Anforderungen curricularer und unterrichtsplanerischer Art und (2) lernprozessbezogene Anforderungen, die das „unterrichtliche Handeln von Lehrpersonen in der unmittelbaren Interaktion mit Schülerinnen und Schülern“ fokussieren (Blömeke, Seeber et al., 2008, S. 51). Die fachdidaktischen Wissensdimensionen werden zusammen mit dem Fachwissen operationalisiert: Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik, Algebra, Funktionen, Geometrie, Statistik. Kognitive Aktivitäten sind Algorithmisieren, Problemlösen und Begründen, Modellieren (Blömeke, Seeber et al., 2008). Die Arbeiten aus MT21 werden im Rahmen von TEDS-M weiter geführt. Ähnlich wie in MT21 wird auch bei Döhrmann, Kaiser und Blömeke (2010) das fachdidaktische Wissen in (1) curriculares und auf die Planung von Unterricht bezogenes Wissen und (2) auf unterrichtliche Interaktion bezogenes Wissen unterteilt. Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik, Algebra, Geometrie, Stochastik. Der theoretische Schwierigkeitsgrad der Items variiert auf elementarem, mittlerem und fortgeschrittenem Niveau (Döhrmann, Kaiser & Blömeke, 2010, S. 175f). Buchholtz und Kaiser (2013) führen im Rahmen der Studie TEDS-LT die Arbeiten aus TEDS-M weiter. Dabei wird im Vergleich zu den Vorgängerstudien versucht, eine breitere Operationalisierung des fachdidaktischen Wissens zu realisieren. Es werden nun zwei Dimensionen postuliert, (1) das stoffdidaktische Wissen und (2) das erziehungswissenschaftlich-psychologische Wissen. Die Items zum stoffdidaktischen Wissen fokussieren stofflich geprägte Fragestellungen des Lehrens und Lernens von Mathematik und die fachlich geprägte Diagnostik von Schülerlösungen - diese Komponente wurde bereits in den Vorgängerstudien untersucht. Die Aufgaben zum erziehungswissenschaftlich-psychologischen Wissen sprechen Konzepte mathematischer Bildung, die Leistungsbewertung im Mathematikunterricht, psychologisch geprägte Aspekte der Diagnostik von Fehlvorstellungen, Lehr-
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Lern-Formen und Unterrichtsarrangements sowie Curricula und Bildungsstandards für den Mathematikunterricht an (Buchholtz & Kaiser, 2013, S. 110) - diese Facette wird im Rahmen von TEDS-LT zum ersten Mal getestet. Somit finden sich in den Forschungsprojekten auch für das fachdidaktische Wissen diverse Operationalisierungen. Die Breite des abgebildeten fachdidaktischen Wissens variiert: In den meisten Studien liegt der Fokus auf der Stoffdidaktik, in TEDS-LT findet eine Erweiterung um Aspekte der Unterrichtsdidaktik statt. In einigen Studien wird das fachdidaktische Wissen eher fachnah operationalisiert (COACTIV), in anderen Studien wird explizit darauf geachtet, dass die zugehörigen Aufgaben nicht mit Hilfe rein mathematischen Wissens gelöst werden können (KiL). Wie beim Fachwissen, gibt es auch hier unterschiedliche Betrachtungen der kognitiven Aktivitäten: (1) Die Ausprägungen Algorithmisieren, Problemlösen und Begründen, Modellieren (MT21) zeigen unterschiedliche kognitive Prozesse auf, ohne jedoch theoretische Annahmen zur Schwierigkeit einzubringen. (2) Abstufungen wie Kennen, Anwenden, Begründen oder elementares, mittleres, fortgeschrittenes Niveaus weisen auf eine aus Expertensicht steigende Aufgabenschwierigkeit hin (TEDS-M, KiL).
(a3) Operationalisierung des Fachwissens im schulischen Kontext Das Fachwissen im schulischen Kontext (school related content knowledge) wird ausschließlich von der Forschergruppe um Aiso Heinze im Projekt KiL betrachtet. Es wird definiert als „mathematisches Wissen, das sich direkt auf den schulrelevanten Inhalt bezieht“ (Loch et al., 2013b, S. 625). Dabei wird unter diesem Konstrukt vor allem (1) curriculares Wissen, (2) Wissen über Verzerrungen durch die fachdidaktische Reduktion von Inhalten sowie (3) Wissen über die Einbettung schulmathematischer Inhalte in die universitäre Mathematik verstanden (Heinze, Dreher, Lindmeier & Niemand, 2016; Dreher, Lindmeier & Heinze, 2016; Loch, Lindmeier & Heinze, 2013a). Fachwissen im schulischen Kontext „stellt die Grundlage dar, um schulmathematische Inhalte aus fachmathematischer Perspektive zu interpretieren“ (Loch et al., 2013b, S. 625). Zur Abgrenzung des Fachwissens im schulischen Kontext vom fachdidaktischen Wissen merken die Autoren Folgendes an: Das Fachwissen im schulischen Kontext nimmt mehr Bezug zur Schulmathematik, während das fachdidaktische Wissen die Lernenden stärker in den Blick nimmt. Das Fachwissen im schulischen Kontext stellt rein fachliches Wissen dar, „das keine Betrachtung der Schülerkognitionen, von Lehr- und Lernprozessen oder des didaktischen Potenzials von Aufgaben erfordert“ (Loch, Lindmeier & Heinze, 2014, S. 762; Heinze et al., 2016). Das Fachwissen im schulischen Kontext wird zusammen mit dem Fachwissen und dem mathematikdidaktischen Wissen operationalisiert: Inhaltliche Dimensionen sind hierbei Arithmetik und Algebra, Analysis, Geometrie, Stochastik, Numerik. Kognitive Anforderungsniveaus sind auch hier Reproduzieren, Anwenden, Reflektieren und Verallgemeinern (Loch, 2015, S. 75).
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(a4) Operationalisierung des content knowledge for teaching Die Forschungsgruppe aus Michigan um Deborah Ball und Hyman Bass subsumiert unter content knowledge for teaching das gesamte fachbezogene Wissen der Lehrkräfte. Theoretisch wird hier zwischen mehreren Facetten unterschieden, jedoch gibt es im Rahmen der Operationalisierung aufgrund der geringen Itemzahl keinen Anspruch, mehrere Dimensionen abzubilden (Hill et al., 2004).
(a5) Operationalisierung des fachübergreifenden Wissens Das fachübergreifende Wissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften wird in der Forschungslandschaft unterschiedlich bezeichnet: erziehungswissenschaftliches Wissen, pädagogisch-psychologisches Wissen, pädagogisches Unterrichtswissen, oder bildungswissenschaftliches Wissen. Baumert und Kunter (2011a) definieren im Rahmen von COACTIV das pädagogisch-psychologische Wissen als „fachunabhängiges Wissen über die Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen“ (Baumert & Kunter, 2011a, S. 38f). Die Konkretisierung erfolgt mit Hilfe folgender inhaltlicher Dimensionen: Wissen über eine effiziente Klassenführung; Wissen über Unterrichtsmethoden; Wissen über Leistungsbeurteilung; Wissen über Schüler (Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern und individuelle Besonderheiten) (Voss & Kunter, 2011, S. 202ff). Blömeke, Felbrich und Müller (2008b) konkretisieren im Rahmen von MT21 das erziehungswissenschaftliche Wissen mit Hilfe folgender inhaltlicher Dimensionen: Allgemeine Didaktik (Indikator Unterrichtsplanung); Pädagogische Psychologie (Indikator Lernzielkontrolle); Bildungssoziologie (Indikator Umgang mit sozialer Ungleichheit) (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008b, S. 188f). Obwohl TEDS-M auf die Arbeiten von MT21 aufbaut, wird der Test zum fachübergreifenden Wissen im Rahmen von TEDS-M neu entwickelt. Blömeke und König (2010a) berichten hier von pädagogischem (Unterrichts)Wissen. Der neu entwickelte und eingesetzte Wissenstest enthält Items zu folgenden inhaltlichen Gebieten: Strukturierung des Unterrichts, Umgang mit Heterogenität, Strategien der Klassenführung und Motivation, Leistungsbeurteilung. Zusätzlich werden folgende Dimensionen kognitiver Prozesse abgebildet: Wissen abrufen bzw. erinnern, verstehen/ analysieren, Handlungsoptionen generieren bzw. kreieren (Blömeke & König, 2010a, S. 243). Im Rahmen des Projektes LEK werden zwei Tests zum fachübergreifenden Wissen eingesetzt: der Test zum pädagogischen Unterrichtswissen aus TEDS-M und ein Test zum bildungswissenschaftlichen Wissen. Seifert und Schaper (2012) konkretisieren das bildungswissenschaftliche Wissen entlang folgender Inhaltsdimensionen: Erziehung und Bildung, Unterricht und allgemeine Didaktik, Schulentwicklung und Gesellschaft. Zum Lösen der Testitems sind folgende kognitive Prozesse notwendig: Wissen reproduzieren/ Verstehen, Reflektieren/ Anwenden, Urteilen/ Bewerten/ Entscheiden (Seifert & Schaper, 2012, S. 186f; Seifert, Hilligus & Schaper, 2009).
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Bei Kunina-Habenicht et al. (2013) wird das bildungswissenschaftliche Wissen als übergeordneter Begriff für pädagogisch-psychologisches, erziehungswissenschaftliches und soziologisches Wissen innerhalb der Lehrerbildung definiert (Kunina-Habenicht et al., 2013; siehe auch Kunina-Habenicht et al., 2012). In Folge einer Delphi-Studie (Kunina-Habenicht et al., 2012) werden im Rahmen des Projektes BilWiss folgende inhaltliche Dimensionen zur Konkretisierung des bildungswissenschaftlichen Wissens verwendet: Unterrichtsgestaltung, Schule als Bildungsinstitution, Bildungstheorie, Lernen und Entwicklung, Diagnostik und Evaluation, Lehrerberuf als Profession (Schulze-Stocker, Holzberger, Kunina-Habenicht, Terhart & Kunter, 2016). Hohenstein et al. (2017) entwickeln im Rahmen des Projektes KiL einen Test zum pädagogisch-psychologischen Wissen, der sich an vorherige Arbeiten zum fachübergreifenden Wissen anlehnt und gleichzeitig die KMK-Standards und die Ergebnisse einer Delphi-Studie (Kunina-Habenicht et al., 2012) berücksichtigt. Postuliert werden zehn inhaltliche Dimensionen, empirisch belegen lassen sich folgende sieben: Lehren; Lernen und Entwicklung; Klassenführung; Leistungsbeurteilung; Bildungssystem und Schulorganisation; Methoden bildungswissenschaftlicher Forschung; Weiterentwicklung und Innovieren. Die ersten vier Aspekte fokussieren unterrichtsbezogenes Wissen; die letzten drei Aspekte sprechen Wissen an, das nicht nur im Unterricht erforderlich ist, sondern darüber hinaus im beruflichen Alltag von Lehrkräften (Hohenstein et al., 2017; siehe auch Kleickmann et al., 2014, S. 283). Wie im Falle des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens finden sich auch für das fachübergreifende Wissen diverse Operationalisierungen in den Forschungsprojekten. Das fachübergreifende Wissen variiert in seiner Breite: In manchen Studien werden ausschließlich unterrichtsnahe Aspekte thematisiert (COACTIV, MT21, TEDS-M), in anderen Studien wird darüber hinaus im beruflichen Alltag von Lehrkräften erforderliches Wissen abgefragt (BilWiss, LEK, KiL). Während in allen Studien inhaltliche Dimensionen bei der Testkonzeption eine Rolle spielen, werden in TEDS-M und LEK zusätzlich Aspekte der kognitiven Prozesse in den Blick genommen (ein Überblick zum fachübergreifenden Wissen im Rahmen der Forschungslandschaft wird auch bei Voss et al., 2015, gegeben).
(b) Strukturanalysen Für die im Rahmen der diversen Forschungsprojekte entwickelten und eingesetzten Tests zur Erfassung des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften wurden Strukturanalysen durchgeführt. Die empirische Trennbarkeit der fachbezogenen Wissenskomponenten und deren Subkategorien wurde in konfirmatorischen Analysen für unterschiedliche Dimensionierungen bestätigt. Hierbei überwiegen die Dimensionierungen in Fachwissen und fachdidaktischen Wissen bzw. inhaltliche Dimensionierungen (Projekte COACTIV, MT21 und TEDS-LT: Krauss, Kunter, Baumert et al., 2008; Blömeke, Seeber et al., 2008; Buchholtz, Kaiser & Stancel-Piatak, 2011; Buchholtz & Kaiser,
Professionswissen von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik
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2013; Blömeke, 2013). Mit Ausnahme der Dimensionierung des fachdidaktischen Wissens in Stoffdidaktik und erziehungswissenschaftlich-psychologisches Wissen im Rahmen von TEDS-LT konnten in allen Studien reliable Schätzungen der postulierten Konstrukte realisiert sowie die Trennbarkeit der Konstrukte in Subdimensionen empirisch bestätigt werden. Zusätzlich gelang es Heinze et al. (2016) in der KiL-Studie, die Unterteilung des fachbezogenen Wissens in Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und Fachwissen im schulischen Kontext empirisch zu belegen; gestützt wird dieses mit Hilfe quantitativer Methoden generierte Ergebnis durch eine zusätzliche qualitative Interviewstudie (Heinze et al., 2016; Loch, 2015; Loch et al., 2014). Somit existieren in der Forschungslandschaft zahlreiche Strukturanalysen des fachbezogenen Professionswissens entlang inhaltlicher Dimensionen. Hingegen wurde die Trennbarkeit des fachbezogenen Wissens nach den kognitiven Dimensionen lediglich im Rahmen von MT21 untersucht (Blömeke, Seeber et al., 2008). Auch für das fachübergreifende Wissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften konnten Subdimensionen empirisch bestätigt werden. Wie im Falle des fachbezogenen Wissens wurden auch hier vermehrt Strukturanalysen entlang inhaltlicher Dimensionen durchgeführt (Projekte MT21, TEDS-M, LEK: Blömeke, Felbrich & Müller, 2008b; Blömeke & König, 2010a; König, 2012a; Seifert & Schaper, 2012) und wenige entlang der kognitiven Aktivitäten (Projekt LEK König, 2012a; Seifert & Schaper, 2012). Strukturanalysen, die gleichzeitig inhaltliche und kognitive Dimensionen berücksichtigen, existieren bisher weder für das fachbezogene noch für das fachübergreifende Wissen. Hierfür wären sicherlich sehr große Itemzahlen und somit verlängerte Testzeiten notwendig.
(c) Niveaumodellierungen Kriterienorientierte Testwertinterpretationen in Form von Niveaumodellierungen finden sich bisher nur vereinzelt in der Forschungslandschaft. Für das fachbezogene Wissen angehender Lehrkräfte stellen Blömeke et al. (2008) im Rahmen von MT21 ein Niveaumodell mit Hilfe folgender schwierigkeitsbestimmender Aufgabenmerkmale auf: (1) Das Niveau mathematischen Wissens, das zur Aufgabenlösung erforderlich ist, (2) die Verknüpfung mathematischen Wissens mit anderen Dimensionen (mit fachdidaktischem Wissen, mit Überzeugungen, verbale mit grafischen Aussagen) und (3) die kognitiven Anstrengungen, die mit dem Lösungsprozess verbunden sind (Blömeke, Lehmann et al., 2008). In den Forschungsprojekten TEDS-M und TEDS-LT wurden für die einzelnen fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens (Mathematik und Mathematikdidaktik) auch separate Niveaumodellierungen vorgenommen (Döhrmann, Kaiser & Blömeke, 2010; Buchholtz et al., 2011). Jedoch wird in diesen Fällen aus den Beschreibungen nicht ersichtlich, welches Verfahren zur Bestimmung der Niveaus oder der Beschreibung der Wissensstufen verwendet wurde.
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Professionelle Kompetenz und Professionswissen
Für die fachübergreifende Dimension des Professionswissens angehender Lehrkräfte stellt König (2009) in einer Erweiterungsstudie zu TEDS-M ein Niveaumodell mit Hilfe folgender schwierigkeitsbestimmender Aufgabenmerkmale auf: (1) Die Komplexität der kognitiven Bearbeitung und (2) die Terminologie (Umgangssprache, Fachsprache von Lehrkräften, Wissenschaftssprache) (König, 2009). Nach dieser Kurzdarstellung der theoretischen und empirischen Arbeiten zum Professionswissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften im Fach Mathematik wird im folgenden Kapitel auf den Forschungsstand zu Determinanten des Professionswissens, mit Fokus auf (1) Berufswahlmotive und (2) Lerngelegenheiten, eingegangen.
KAPITEL 3 DETERMINANTEN DES PROFESSIONSWISSENS VON LEHRAMTSSTUDIERENDEN UND LEHRKRÄFTEN IM FACH MATHEMATIK Zusätzlich zur Erfassung und Beschreibung der professionellen Kompetenz von Lehrkräften und somit auch implizit des Professionswissens legen die neusten Studien der Lehrerbildungsforschung ein Augenmerk auf die Erklärung interindividueller Unterschiede in der professionellen Kompetenz und deren Entwicklung. Hierbei wird davon ausgegangen, dass „die einzelnen Kompetenzen prinzipiell erlernund vermittelbar und Veränderungsprozessen unterworfen sind“ (Baumert & Kunter, 2011a, S. 45). Zur Einteilung der Erklärungsansätze gibt es zwei Hypothesen, die Eignungs- und die Qualifikationshypothese (Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2011): Die Hypothesen beschreiben „gute“ Lehrkräfte, „das heißt solche Lehrkräfte, die Erfolg in ihrem Beruf haben“ auf unterschiedliche Weisen (Kunter et al., 2011, S. 56f). Gemäß der Eignungshypothese bringen gute Lehrkräfte „bestimmte Konstellationen an wünschenswerten stabilen Merkmale(n), also eine besondere persönliche Eignung oder ein Talent zum Lehrberuf, mit in die Berufsausbildung und den Beruf“ (Kunter et al., 2011, S. 56ff). Hierbei geht es sowohl um kognitive als auch um motivationale Merkmale. Die Eignungshypothese findet gegenwärtig im Rahmen von Rekrutierungsprozessen in den Lehrberufen Resonanz (vgl. Kunter et al., 2011, S. 56ff). Gemäß der Qualifikationshypothese sind gute Lehrkräfte „Personen, die im Rahmen ihrer Ausbildung dieses relevante Wissen und Können erworben haben“ (Kunter et al., 2011, S. 56f). Unterschiede in Länge und Intensität der Ausbildung erklären die Unterschiede zwischen den Lehrkräften. Die Qualifikationshypothese fokussiert kognitive Merkmale und findet Resonanz in Umstrukturierungen der Lehrerausbildung und curricularen Reformen (vgl. Kunter et al., 2011, S. 56f). Anders ausgedrückt: Die Eignungshypothese fokussiert individuelle Merkmale bei der Erklärung der (Entwicklung der) professionellen Kompetenz; die Qualifikationshypothese nimmt institutionelle Merkmale in den Blick. Im Rahmen der COACTIV-Studie werden beide Ansätze integriert (vgl. Kunter et al., 2011, S. 58). Dabei wird ein Modell von Determinanten (und Konsequenzen) der professionellen Kompetenz von Lehrkräften zugrunde gelegt (siehe Abbildung 3.1). Individuelle Determinanten der (Entwicklung der) professionellen Kompetenz sind in diesem Modell die kognitiven Fähigkeiten, die Motivation und die „Persönlichkeit“. Instititionelle Merkmale sind die besuchten Schulen und Institutionen tertiärer Bildung, wobei hier die Lerngelegenheiten im Rahmen derselben explizit benannt werden. (Zu Ausführungen zu Lerngelegenheiten sei auf Abschnitt 3.2 verwiesen.) Zusätzlich kommt im COACTIV-Modell eine Determinante professio-
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Determinanten des Professionswissens
Abbildung 3.1: Determinanten und Konsequenzen der professionellen Kompetenz von Lehrkräften (eigene Darstellung, in Anlehnung an Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2011)
Abbildung 3.2: TEDS-M-Modell zum Kompetenzerwerb in der Mathematiklehrerausbildung für die Sekundarstufe I (eigene Darstellung, in Anlehnung an Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2010)
Determinanten des Professionswissens
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neller Kompetenz vor, die als Nutzung von Lerngelegenheiten bezeichnet wird und individuelle Merkmale im Rahmen des jeweils gegebenen institutionellen Kontextes inkludiert, folglich ein Zusammenspiel zwischen individuellen und institutionellen Merkmalen darstellt. TEDS-M, die zweite große Studie zur Lehrerbildung, betrachtet ebenfalls sowohl individuelle als institutionelle Determinanten professioneller Kompetenz. Im Unterschied zu COACTIV geht TEDS-M aufgrund seines internationalen Charakters zusätzlich darauf ein, dass die individuellen und institutionellen Determinanten -durch die Zugehörigkeit der Individuen und Institutionen zu einem bestimmten System (Land)- von systemischen Merkmalen beeinflusst wird. Das Modell von TEDS-M wird in Abbildung 3.2 dargestellt. Bei den institutionellen Merkmalen handelt es sich einerseits um Curricula andererseits um Lehrerausbildner. Bei den individuellen Merkmalen handelt es sich um Wissen, Überzeugungen, Persönlichkeits- und demografische Merkmale. Die Nutzung der Lehrangebote wird im Rahmen dieser Studie als individuelles Merkmal kategorisiert. Eine detailliertere Übersicht über die individuellen und institutionellen Determinanten unter systemischen Einflüssen zeigt Abbildung 3.3. Auf der Systemebene wird hier zusätzlich zum Lehrerausbildungssystem das allgemeine Bildungssystem und übergeordnet das Gesellschaftssystem betrachtet.
Abbildung 3.3: Untersuchungsbereiche von TEDS-M (eigene Darstellung, in Anlehnung an Blömeke et al., 2009)
Die vorliegende Arbeit fokussiert durch ihre Zielsetzung und Fragestellung jedoch nicht alle in den zwei Studien aufgeführten Determinanten der professionellen Kompetenz und somit des Professionswissens von Lehrkräften, sondern hauptsächlich zwei Faktoren: (1) Berufswahlmotive als Determinanten auf individueller Ebene und (2) Lerngelegenheiten als Determinanten auf institutioneller Ebene. Daher wird in den folgenden Abschnitten auf diese zwei Faktoren im Rahmen diverser Studien näher eingegangen: Zum einen geht es um die Erfassung der Berufswahlmotive und der Lerngelegenheiten, zum anderen um deren Zusammenhänge mit und deren Ein-
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Determinanten des Professionswissens
fluss auf Facetten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Dabei wurde die Sichtung des Forschungsstands im März 2017 abgeschlossen.
3.1
BERUFSWAHLMOTIVE ALS DETERMINANTEN DES PROFESSIONSWISSENS
Zusätzlich zu kognitiven Faktoren und Persönlichkeitsmerkmalen der (angehenden) Lehrkräfte, wird, auf theoretischer Ebene, auch den motivationalen Faktoren Relevanz für das Profesionswissen und dessen Entwicklung zugeschrieben (siehe die Abbildungen 3.1 und 3.2, die seit einigen Jahren in der Forschungslandschaft Aufmerksamkeit finden). Unter die motivationalen Faktoren der Lehramtskandidatinnen und -kandidaten fallen auch die Berufswahlmotive für das Lehramt. Zur Operationalisierung und Erfassung von Berufswahlmotiven bei Lehramtsstudierenden und Lehrkräften findet man in der Forschungslandschaft zahlreiche Einträge (siehe den Übersichtsartikel von Rothland 2011). Im Folgenden werden hauptsächlich jene Studien präsentiert, in denen die Berufswahlmotive als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften und dessen Entwicklung analysiert werden.
3.1.1
EMW
Die EMW-Studie (Entwicklung von berufsspezifischer Motivation und pädagogischem Wissen in der Lehrerausbildung) hat unter Betrachtung individueller, institutioneller und vermittelnder (Lern-/Leistungsmotivation im Studium) Determinanten die längsschnittliche Modellierung des pädagogischen Wissens und der berufsspezifischen Motivation zum Ziel (König & Rothland, 2013). Es handelt sich um eine internationale Studie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (König, Rothland, Darge, Lünnemann & Tachtsoglou, 2013) unter Einbezug von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Geplant ist hier eine Längsschnittuntersuchung mit drei Messzeitpunkten: erstes Studiensemester, fünftes Studiensemester und voraussichtlich 9. Studiensemester. Zur Erfassung des pädagogischen Wissens wird das Testinstrument aus TEDS-M (Blömeke & König, 2010a) eingesetzt. Erfassung und Validierung Im Rahmen der EMW-Studie werden Berufswahlmotive für ein Lehramtsstudium mit Hilfe von Skalen des Fit-Choice-Instruments (Watt & Richardson, 2007; Watt et al., 2012) erfasst (König & Rothland, 2013, S. 56). Folgende zwölf Skalen werden eingesetzt: - Wahrgenommene Lehrbefähigung; - Intrinsische Berufswahlmotivation; - Verlegenheitslösung (Lehramtsstudium als Notlösung); - Berufliche Sicherheit; - Vereinbarkeit von Familie und Beruf;
Berufswahlmotive als Determinanten
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- Zukunft der Kinder/ Jugendlichen mitgestalten; - Soziale Benachteiligung aufheben; - Einen sozialen Beitrag für die Gesellschaft leisten; - Arbeit mit Kindern und Jugendlichen; - Eigene Lehr-Lernerfahrungen; - Positiver Einfluss Dritter auf die Berufswahlentscheidung; - Fachspezifische Motivation (König & Rothland, 2013). Zur Validierung der Berufswahlmotive werden bei Studienanfängern pädagogische Vorerfahrungen erhoben: - Unterrichtserfahrung in Form von: Nachhilfeunterricht; Hausaufgabenbetreuung als Einzel- oder Gruppenunterricht; eigenen Unterrichtstätigkeiten an einer Schule außerhalb des Studiums; - Erziehungserfahrung in Form von: Betreuung von Kindern; Gestaltung von Freizeitaktivitäten für Kinder oder Jugendliche (vgl. König, Rothland, Darge et al., 2013, S. 564). Für Deutschland und Österreich zeigt sich, dass die Unterrichtserfahrungen der Studienanfänger mit einer höheren wahrgenommenen Lehrbefähigung und einem höheren intrinsischen Wert zusammenhängen. Bezogen auf die Erziehungserfahrungen zeigt sich in den zwei Ländern, dass diese mit dem Motiv der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und mit der Ablehnung extrinsischer Motive korrelieren. Zusätzlich hängen die Erziehungserfahrungen in allen drei Ländern mit der wahrgenommenen Lehrbefähigung und dem intrinsischen Wert zusammen (vgl. König, Rothland, Darge et al., 2013, S. 570). Somit scheinen die Berufswahlmotive tatsächlich den Interessen und Orientierungen der Lehramtsstudierenden zu entsprechen und werden nicht aufgrund von sozialer Erwünschtheit angegeben (vgl. König, Rothland, Darge et al., 2013, S. 558). Eine ähnliche Validierung der erhobenen Berufswahlmotive bei Studienanfängern findet sich bei Mayr (2009): „Personen mit pädagogischen Vorerfahrungen (z. B. im Leiten von Jugendgruppen) treten weniger extrinsisch, dafür deutlich mehr intrinsisch motiviert ins Studium ein“ (Mayr, 2009, Folie 5; siehe auch Rothland, 2015). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Das zu Studienbeginn vorhandene pädagogische Wissen korreliert schwach aber signifikant positiv mit einigen erfassten Skalen der Berufswahlmotivation: zu 0, 14 mit dem intrinsischen Wert, zu 0, 12 mit den eigenen positiven Lehrlernerfahrungen, zu 0, 14 mit der fachspezifischen Motivation und zu ca. 0, 1 mit gesellschaftlichen und sozialen Motiven (König & Rothland, 2013, S. 57).
3.1.2
MT21
MT21 (Mathematics Teaching in the 21st Century) ist eine internationale Studie, die die empirische Erfassung von Effekten der Lehrerausbildung angehender Mathematiklehrkräfte der Sekundarstufe 1 zum Ziel hat. Folgende Länder wurden einbezo-
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Determinanten des Professionswissens
gen: Bulgarien, Deutschland, Mexiko, Südkorea, Taiwan und die USA. MT21 ist quasi-längsschnittlich angelegt und nimmt drei Kohorten in den Blick: (1) Studierende im Grundstudium, (2) Studierende im Hauptstudium und (3) Referendarinnen und Referendare. Mit Hilfe der Eingangskohorte sollen die Studienvoraussetzungen zu Beginn der Lehrerausbildung abgeschätzt werden. Die Zwischenkohorte dient zur Evaluation der Leistungen von Teilphasen der Lehramtsausbildung. Anhand der Abschlusskohorte kann die Gesamtleistung der Lehrerausbildung beurteilt werden. Erfasst werden das fachbezogene und das erziehungswissenschaftliche Wissen der angehenden Lehrkräfte, deren professionelle Überzeugungen, Persönlichkeits- und demographische Merkmale sowie Aspekte zu deren Lernvoraussetzungen und zur individuellen Nutzung der Lerngelegenheiten. Auf institutioneller Ebene werden Aspekte des intendierten und implementierten Curriculums durch Befragungen von Studierenden, Referendaren, Lehrerausbildnern und Experten erhoben. Auf nationaler Ebene wurden Kostenanalysen durchgeführt (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008c). Erfassung Im Rahmen der Studie MT21 wurde die Berufsmotivation für ein Lehramtsstudium erfasst (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008c, S. 29). Hierbei wird (zumindest) zwischen extrinsischen und pädagogischen Berufsmotiven unterschieden (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008a, S. 211). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Die Zusammenhänge zwischen Berufswahlmotiven und dem allgemeindidaktischen Wissen wurden in einem Modell überprüft, in dem zusätzlich das Geschlecht mit aufgenommen wurde. Hierbei zeigt sich, dass extrinsische Berufsmotive negativ mit dem allgemeindidaktischen Wissen korrelieren, wohingegen die pädagogischen Berufsmotive keinen signifikanten Zusammenhang zum allgemeindidaktischen Wissen aufweisen. Weiterhin wird deutlich, dass Frauen etwas bessere Leistungen als Männer im Test zum allgemeindidaktischen Wissen erzielen und gleichzeitig eine geringere extrinsische Berufsmotivation mitbringen. In diesem Modell zeigt sich überraschenderweise eine positive Korrelation zwischen den extrinsischen und intrinsischen Berufsmotiven (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008a, S. 210f). (Eine mögliche Interpretation hierfür ist, dass pädagogische Motive durchaus mit individuellen monetären Interessen vereinbar sind.)s
3.1.3
TEDS-M
TEDS-M (Teacher Education and Development Study: Learning to Teach Mathematics) ist eine internationale Vergleichsstudie, die auf MT21 aufbaut. Folgende Länder wurden einbezogen: Botswana, Chile, Deutschland, Georgien, Kanada, Malaysia, Norwegen, Oman, Philippinen, Polen, Russland, Schweiz, Singapur, Taiwan, Thailand und die USA. Ziel der Studie ist es zu erforschen, welchen Einfluss individuelle, institutionelle und systemische Determinanten auf die professionelle Kom-
Berufswahlmotive als Determinanten
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petenz angehender Lehrkräfte mit einer Mathematik-Lehrberechtigung für die Klasse 8 im letzten Jahr ihrer Ausbildung haben (Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2010). Erfassung Im Rahmen der Studie TEDS-M wurde die Berufswahlmotivation mit Skalen aus dem Fit-Choice-Instrument (Watt & Richardson, 2007) erfasst (vgl. Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011, S. 87). Hierbei wurde zwischen drei Kategorien von Berufswahlmotiven unterschieden: extrinsischen, intrinsisch-intellektuellen und intrinsischpädagogischen (Blömeke, Buchholtz & Lehmann, 2010, S. 139). Die intrinsischpädagogische Motivation wurde durch vier Items erfasst, z. B.: „Ich mag es, mit jungen Menschen zu arbeiten.“ Die intrinsisch-intellektuelle Komponente der Berufswahlmotivation wurde durch zwei Items erfasst, z. B.: „Ich liebe Mathematik.“ Die extrinsische Motivation wurde mit Hilfe von drei Items erfasst, z. B.: „Als Lehrerin hat man einen sicheren Job“ (Blömeke, Buchholtz & Lehmann, 2010, S. 139f). In Blömeke et al. (2011)werden die intrinsisch-pädagogischen Berufswahlmotive pädagogisch-altruistisch genannt und die intrinsisch-intellektuellen werden als intrinsisch-fachbezogen bezeichnet. Zusammenhänge mit Leistungsdaten Zur Erklärung des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens der Referendare wurde ein Modell gerechnet, in dem sowohl individuelle als auch Ausbildungsmerkmale als Prädiktoren berücksichtigt wurden. Individuelle Merkmale sind hierbei das Geschlecht, der sprachliche Hintergrund, der Bildungshintergrund, das generische und domänenspezifische Vorwissen und die Berufswahlmotive. Ausbildungsmerkmale sind die Lerngelegenheiten in Mathematik und Mathematikdidaktik und die Lehrmethoden. Die Ergebnisse zeigen, dass die fachbezogene Berufsmotivation Einfluss auf das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen hat, während die pädagogische und die extrinsische Motivation keinen Einfluss auf die erfassten Wissenskomponenten haben (Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011, S. 96). Die Autoren weisen darauf hin, dass die präsentierten Befunde in einem Globalmodell über alle Länder berechnet wurden und empfehlen weiterführende Analysen auf Länderebene (Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011, S. 98).
3.1.4
KiL
Das Projekt KiL (Messung professioneller Kompetenzen in mathematischen und naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen) hatte die primäre Zielsetzung, Instrumente zur Erfassung des Professionswissens bei Lehramtsstudierenden der Sekundarstufen in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften zu entwickeln und zu pilotieren. Bei den Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik wurden das Fachwissen, das fachdidaktische Wissen, das Fachwissen im schulischen Kontext und das pädagogisch-psychologische Wissen untersucht (Loch et al., 2013a; Kleickmann et al., 2014; Hohenstein et al., 2017).
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Determinanten des Professionswissens
Erfassung Im Rahmen der KiL-Studie wurde die Berufswahlmotivation mit Skalen aus dem FEMOLA-Instrument (Pohlmann & Möller, 2010) erfasst (vgl. Hohenstein et al., 2017, S. 101). Das pädagogische Interesse wurde mit Hilfe von sieben Items erfasst, z. B.: „Ich habe das Lehramtsstudium gewählt, weil es mir Spaß macht, die Erziehung von Kindern und Jugendlichen mitzugestalten.“ Das fachliche Interesse wurde mit Hilfe von sechs Items erfasst, z. B.: „Ich habe das Lehramtsstudium gewählt, weil ich mich gern mit den Inhalten meiner Fächer beschäftige“ (Hohenstein et al., 2017, S. 101f). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Zwischen den inhaltlichen Dimensionen des Tests zum fachübergreifenden Wissen und den Berufswahlmotiven wurden Korrelationsanalysen durchgeführt. Es zeigt sich, dass das pädagogische und fachliche Interesse mit den inhaltlichen Dimensionen Lehren sowie Lernen und Entwicklung des pädagogisch-psychologischen Wissens zusammenhängen (r bis 0, 38) (Hohenstein et al., 2017). Das pädagogische Interesse hängt negativ mit der Dimension Klassenführung zusammen (r = −0, 55). Eine mögliche Erklärung der Autoren ist, dass mit dieser Dimension eher Überzeugungen als Wissen erfasst werden. Die anderen inhaltlichen Dimensionen des pädagogisch-psychologischen Wissens hängen mit den Berufswahlmotiven nicht zusammen (Hohenstein et al., 2017, S. 105ff).
3.1.5
Übersicht der Befunde und Einordnung der vorliegenden Arbeit
Insgesamt soll festgehalten werden, dass die bisherigen Forschungsbemühungen zu dieser Thematik und somit die bisherige Befundlage noch relativ wenig Orientierung bringt. Zu den fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens gibt es eine Untersuchung (TEDS-M), die mit Querschnittdaten operiert. In den Blick werden hier Referendare genommen. Allein die fachbezogene Berufswahlmotivation hat einen schwachen Einfluss auf das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen. Zu der fachübergreifenden Dimension wurden bisher einige Querschnittuntersuchungen bei Studienanfängern, Studierenden und Referendaren durchgeführt (EMW, MT21 und KIL). Extrinsische Berufswahlmotive haben keinen Einfluss auf diese Wissenskomponente. Pädagogische und fachliche Berufswahlmotive weisen keine oder geringe Korrelationen mit dem fachübergreifenden Wissen oder dessen inhaltlichen Dimensionen auf. Die Ergebnisse sollten zukünftig repliziert werden. Insbesondere für das fachbezogene Wissen sollten zusätzlich auch andere Zeitpunkte im Laufe der Lehramtsausbildung in den Blick genommen werden. Zusätzlich sollten Längsschnittuntersuchungen erlauben, Aussagen über den Einfluss von Berufswahlmotiven auf die Entwicklung der Wissenskomponenten zu machen. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Punkt an und geht (im Längsschnitt) folgenden Fragen nach:
Lerngelegenheiten als Determinanten
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F1: Erhalten Berufswahlmotive Erklärungskraft für das Professionswissen? F2: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch das Geschlecht im Modell Berücksichtigung findet? F3: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Die Kontrolle des Geschlechts erscheint hier relevant, denn es ist denkbar, dass geschlechtsspezifische Berufswahlmotive vorhanden sind. Auch die Kontrolle kognitiver Merkmale sollte hier vorgenommen werden, denn aus anderen Domänen ist der starke Einfluss des Vorwissens bzw. theoretisch notwendiger kognitiven Basen für die Erklärung spezifischer Wissensdimensionen belegt.
3.2
LERNGELEGENHEITEN ALS DETERMINANTEN DES PROFESSIONSWISSENS
Lerngelegenheiten (Englisch: opportunities to learn) werden üblicherweise in drei Kategorien eingeteilt: formale, nonformale und informelle. Formale Lerngelegenheiten sind beispielsweise Unterricht, Lehrveranstaltungen, Fortbildungen. Im Rahmen formaler Lerngelegenheiten findet Lernen intentional und innerhalb von Bildungseinrichtungen statt. Bei nonformalen Lerngelegenheiten findet Lernen ebenfalls intentional statt, allerdings nicht in klassischen Bildungseinrichtungen; nonformale Lerngelegenheiten finden sich z. B. bei der Arbeit in Lerngruppen, der Nutzung von Fachliteratur oder der Recherche im Internet. Im Rahmen informeller Lerngelegenheiten findet Lernen als Begleiterscheinung statt, die bei der Ausübung von Handlungen zustande kommt, z. B. bei der Beobachtung von Unterricht, bei der Diskussion mit Kollegen über Reaktionen der Lernenden im Unterricht (Richter, 2011). Betrachtet man den Werdegang eines Individuums von der eigenen Schulzeit bis zum Eintritt in und die Ausübung des Lehrerberufs, gibt es unterschiedliche Lerngelegenheiten zum Aufbau des Professionswissens. Grossman (1990, zit. in Kleickmann et al., 2013, S. 91f) und Friedrichsen et al. (2009, zit. in Kleickmann et al., 2013, S. 91f) nennen folgende potentielle Lerngelegenheiten zum Aufbau des fachbezogenen Wissens: - Eigene Lernerfahrungen in der Schule stellen formale Lerngelegenheiten zum Erwerb von Fachwissen dar. Gleichzeitig erleichtern sie den informellen Aufbau von fachdidaktischem Wissen, z. B. durch Beobachtungen der eigenen Lehrkräfte. - Die Lehrerausbildung und Programme zur professionellen Entwicklung von Lehrkräften stellen in Form von Vorlesungen, Seminaren und Workshops etc. formale Lerngelegenheiten zum Erwerb von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen dar. Zusätzlich gibt es in diesen Kontexten informelle und
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Determinanten des Professionswissens
nonformale Lerngelegenheiten, unter anderem in Form von Zusammenarbeit mit Kommilitonen und eigenen Unterrichtserfahrungen in Schulpraktika. - Die eigene Unterrichtspraxis ist eine informelle Lerngelegenheit zum Erwerb bzw. zur Weiterentwicklung von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen. Auch für den Aufbau des fachunabhängigen Wissens, z. B. des pädagogischen Wissens, sind die oben genannten Lerngelegenheiten von Bedeutung: Die eigenen Lernerfahrungen in der Schule stellen gleichzeitig informelle Lerngelegenheiten zum Aufbau des pädagogischen Wissens dar, beispielsweise bei der Beobachtung der Lehrkraft beim Umgang mit Problemsituationen, wie z. B. mit Motivationsproblemen. Die Lehrerausbildungsprogramme stellen, wie im Falle des fachbezogenen Wissens, auch formale, informelle und nonformale Lerngelegenheiten zum Aufbau von pädagogischem Wissen bereit. Ebenso bietet die eigene Unterrichtspraxis informelle Lerngelegenheiten zum Ausbau des pädagogischen Wissens. Im Fokus dieses Abschnitts stehen hauptsächlich formale Lerngelegenheiten, wobei am Rande auch nonformale und informelle Lerngelegenheiten thematisiert werden. Für aktuelle Studien der Lehrerbildungsforschung werden im Folgenden Befunde zu Lerngelegenheiten als Determinanten (der Entwicklung) des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften entlang folgender Struktur vorgestellt2 : (a) Lehrerausbildungsprogramme als Lerngelegenheiten (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als Lerngelegenheiten (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Entwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als Lerngelegenheiten (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als Lerngelegenheiten (e) Unterrichtspraxis als Lerngelegenheit (f) Lehrerfortbildungen als Lerngelegenheiten Bevor auf die Forschungsprojekte eingegangen wird, wird die Sinnhaftigkeit jedes Punktes der obigen Strukturierung kurz erläutert. Bei dem Punkt Lehrerausbildungsprogramme als Lerngelegenheiten geht es erstens darum, dass im Laufe der Lehramtsausbildung Wissenszuwächse stattfin2
Eine weitere Strukturierung von Lerngelegenheiten findet sich bei Kunina-Habenicht et al. 2013.
Lerngelegenheiten als Determinanten
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den sollten: Beispielsweise sollte das Fachwissen eines Studierenden im vierten Semester ausgeprägter sein als das eines Studienanfängers. Zudem sollte das fachdidaktische Wissen einer praktizierenden Lehrkraft ausgeprägter sein als das eines Referendars und dieses wiederum ausgeprägter als das eines Studienanfängers. Zweitens wird thematisiert, dass ins Referendariat sowohl Lehramtsstudierende als auch Nichtlehramtsstudierende (sogenannte Seiten- oder Direkteinsteiger) münden können: Über die zweite Gruppe ist bekannt, dass diese im Studienverlauf keine formalen fachdidaktischen bzw. pädagogischen Lerngelegenheiten hatte, wohingegen die erste Gruppe auf Erfahrungen aus solchen Lerngelegenheiten zurückgreifen kann. Aufgrund dieser Tatsache wird theoretisch erwartet, dass die zweite Gruppe zu Beginn des Referendariats über weniger ausgeprägtes fachdidaktisches und pädagogisches Wissen als die Gruppe der Lehramtsstudierenden verfügt. Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme, z. B. die Lehrerausbildung für die Sekundarstufe 1 (Sek1) und die Sekundarstufe 2 (Sek2) oder die Lehrerausbildungsprogramme in unterschiedlichen Ländern, haben unterschiedliche Längen, Ziele und Foki und stellen daher den Studierenden unterschiedliche formale Lerngelegenheiten zur Verfügung. Theoretisch ist daher anzunehmen, dass je nach Lehrerausbildungsprogramm unterschiedliche Wissensprofile bzw. -niveaus angebahnt werden. Im Folgenden werden Forschungsergebnisse zu diversen möglichen Aspekten von Lehrerausbildungsprogrammen präsentiert. Zunächst geht es um Unterschiede in den Wissensständen und -profilen zu beliebigen Zeitpunkten im Laufe der Lehrprofessionalisierung. Unterschiedliche Wissensstände der Studierenden des Sek1- und Sek2-Lehramts zum Ende des Lehramtsstudiums sind theoretisch denkbar, da die Regelstudienzeit im ersten Fall um ca. 1 Jahr kürzer ist. Unterschiede in den Wissensprofilen zwischen denselben Studierendengruppen, d. h. unterschiedliche relative Stärken und Schwächen oder unterschiedlich starke Zusammenhänge zwischen den Wissenskomponenten, werden aus zwei Gründen erwartet. Zum einen gibt es unterschiedliche Foki und somit unterschiedliche Curricula der zwei Lehramtstypen, zum anderen variiert der Grad der Verknüpfung der Wissenskomponenten im Rahmen der jeweils angebotenen Lehrveranstaltungen: Sek2Lehramtsstudierende besuchen in der Regel getrennte Veranstaltungen zum Fachwissen und zum fachdidaktischen Wissen, wohingegen im Sek1-Lehramt die zwei Wissenskomponenten häufig gleichzeitig gelehrt werden. Unterschiedliche Entwicklungen in unterschiedlichen Ausbildungsprogrammen sind aufgrund der unterschiedlichen Foki und somit der unterschiedlichen Curricula auch theoretisch erwartbar. Das Wissen auf einem bestimmten Gebiet hängt mit der nominellen Lernzeit auf diesem Gebiet zusammen, was bereits aus anderen Kontexten empirisch gut belegt ist (z. B. Helmke, 2014). Aus diesem Grund ist denkbar, dass auch bei Lehramtsstudierenden die Komponenten des Professionswissens mit der Anzahl besuchter einschlägiger Veranstaltungen oder mit den gewählten Studienschwerpunkten assoziiert sind. Für den allgemeinen schulischen Kontext belegt der Forschungsstand die Relevanz diverser Qualitätsaspekte von Unterricht für das Wissen der Schülerinnen und Schüler (Kunter & Voss, 2011; Baumert & Kunter, 2011b). Sowohl Unterricht in
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Determinanten des Professionswissens
der Schule als auch Lehrveranstaltungen im Rahmen der universitären Lehramtsausbildung stellen formale Lerngelegenheiten dar, die unter anderem auf den Wissensaufbau der Lernenden abzielen. Somit ist auch im universitären Bereich plausibel, dass sich Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen auf das erworbene Wissen, in diesem Fall das Professionswissen der Lehramtsstudierenden, auswirken. Zusätzlich zu den am Hochschulstandort angebotenen Lerngelegenheiten gibt es in der Lehramtsausbildung in der Regel Praxisphasen. Hierunter werden Schulpraktika und in Deutschland das Referendariat subsumiert. Je nachdem, welche Aktivitäten im Rahmen dieser Praxisphasen durchgeführt werden und wie sich die Betreuung gestaltet etc., können sich die Komponenten des Professionswissens in diesen Zeiträumen unterschiedlich weiterentwickeln. In Deutschland haben Lehramtsstudierende in der Regel mindestens zwei Studienfächer. Im Fokus der vorliegenden Arbeit befinden sich Lehramtsstudierende mit dem Unterrichtsfach Mathematik. Somit gibt es mindestens ein zusätzliches Studienfach, welches seinerseits Lerngelegenheiten bietet. Je nachdem, welches Zweitfach gewählt wurde, betrachten wir z. B. Sport und Physik, sind diese Lerngelegenheiten mehr oder weniger affin zur Mathematik und bieten somit mehr oder weniger Potential, mathematische Inhalte in Anwendungskontexten zu wiederholen, anzuwenden oder zu festigen. Somit ist denkbar, dass Lehramtskandidaten mit zur Mathematik affinen Zweitfächern eine ausgeprägtere Entwicklung der fachbezogenen Komponenten des Professionswissens (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen) erfahren. Formale Lerngelegenheiten in der Lehramtsausbildung werden in der Regel von Personen geleitet, sogenannten Lehrerausbildnern. Je nach Wissen, Einstellungen und Überzeugungen dieser Lehrerausbildner werden die Lerngelegenheiten für die Lehramtskandidaten unterschiedlich gestaltet. Somit lässt sich vermuten, dass Unterschiede in dem angebahnten Professionswissen entstehen. Für die diversen Lehramtstypen gibt es Verordnungen, in denen Rahmenbedingungen für diese Studiengänge festgehalten werden. Nichtsdestotrotz haben die Hochschulstandorte diverse Freiheiten bei der Gestaltung der eigenen Studiengänge, z. B. bei der Sequenzierung einiger Veranstaltungen, in den Wahlbereichen, bei der Strenge der Korrekturen in den Klausuren etc. Somit werden an den unterschiedlichen Studienstandorten unterschiedliche Lerngelegenheiten geboten und es ist denkbar, dass somit unterschiedliche Profile des Professionswissens angebahnt werden. Die pädagogischen Erfahrungen, die die Lehramtskandidaten vor Studienbeginn sammeln, bestärken in der Regel die Berufswahlentscheidung (siehe auch Abschnitt 3.1). Weiterhin tragen diese pädagogischen Vorerfahrungen gegebenenfalls dazu bei, dass bereits vor Studienbeginn eine Entwicklung der Komponenten des Professionswissens stattfindet. So muss man sich beim Geben von Nachhilfeunterricht bereits über diverse fachdidaktische Themen Gedanken machen, z. B. wie man erklärt, dass das Produkt zweier negativer Zahlen positiv ist. Auch wenn die künftigen Lehramtsstudierenden im Rahmen dieser Tätigkeiten nicht für alle Situationen Lösungen parat hatten, so wurden sie trotzdem für bestimmte Frage- und Problemstellungen sensibilisiert, die sie womöglich im Laufe der Lehramtsausbil-
Lerngelegenheiten als Determinanten
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dung anders rezipieren werden als ihre Mitstudierenden, die noch über keine solchen Erfahrungen verfügen. Die pädagogischen Erfahrungen, die die Studierenden aus eigenem Interesse parallel zur Lehramtsausbildung machen, die ihnen aber nicht zu dieser angerechnet werden, stellen zusätzliche Lerngelegenheiten dar, im Rahmen derer in der Lehramtsausbildung gelernte Aspekte des Professionswissens wiederholt oder angewendet werden. So erklärt der Lehramtsstudierende z. B. im Nachhilfeunterricht erneut, wie man auf die Formel zur Flächenberechnung des Trapezes kommt - hierbei wird das fachdidaktische Wissen aktiviert. Oder in einer Sportfreizeit soll nun konkret eine Konfliktsituation zwischen drei Kindern gelöst werden - dabei wird gegebenenfalls ein Teil des pädagogischen Wissens aktiviert. Nach erfolgreichem Abschluss des Referendariats fängt die Tätigkeit als Lehrkraft an. Zum Tagesgeschäft der Lehrkräfte gehört die eigene Unterrichtspraxis. Diese kann als Lerngelegenheit zur Festigung oder Weiterentwicklung des Professionswissens gesehen werden. Dabei ist einerseits denkbar, dass sich das Professionswissen der Lehrkräfte mit zunehmender Unterrichtspraxis weiterentwickelt, dass also erfahrenere Lehrkräfte über ein ausgeprägteres Professionswissen verfügen als Lehrkräfte in den ersten Berufsjahren. Andererseits ist aber auch plausibel, dass die Wissenskomponenten, die nicht aktiv in der Unterrichtspraxis zum Einsatz kommen, in Vergessenheit geraten. Im Laufe des Lehrerdaseins werden z. T. Lehrerfortbildungen besucht, die je nach Fokus Lerngelegenheiten für diverse Aspekte des Professionswissens bieten. Es ist daher denkbar, dass sich das Professionswissen der Lehrkräfte je nach besuchten Lehrerfortbildungen unterschiedlich weiterentwickelt. Im Folgenden werden Ergebnisse aus einschlägigen Studien der Lehrerbildungsforschung zum Einfluss von Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften präsentiert. Um die Aussagebasen besser nachvollziehen und die Ergebnisse besser einordnen zu können, werden die relevanten Studien in einem ersten Schritt ausführlich präsentiert. Im Anschluss wird ein Überblick über zentrale Befunde zu den Effekten der einzelnen Lerngelegenheiten gegeben.
3.2.1
COACTIV und COACTIV-R
Im Rahmen der COACTIV-Studie3 wurden Kompetenzfacetten deutscher Mathematiklehrkräfte untersucht. Zusätzlich fand eine Verknüpfung der in COACTIV erhobenen Daten der Lehrkräfte mit den Schülerdaten aus PISA 2003 statt. Ziele der Studie waren (1) das Herstellen von Bezügen zwischen den Kompetenzen der Lehrkräfte und der Leistungsentwicklung der Lernenden und (2) die Untersuchung individueller und institutioneller Determinanten für die Lehrerkompetenzen 3
Cognitive Activation in the Classroom, das Akronym für Professionswissen von Lehrkräften, kognitiv aktivierender Mathematikunterricht und die Entwicklung mathematischer Kompetenz
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Determinanten des Professionswissens
(Baumert et al., 2011). Die ergänzende Studie COACTIV-R4 zielt auf die Untersuchung derselben Kompetenzaspekte bei Referendaren ab. In Ergänzungs- und Validierungsstudien wurden auch andere Kohorten mit denselben Instrumenten getestet und befragt (Löwen, Baumert, Kunter, Krauss & Brunner, 2011). Tabelle 3.1 zeigt die im Rahmen von COACTIV und COACTIV-R untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.1: Lerngelegenheiten in COACTIV und COACTIV-R Lerngelegenheiten (OTL)
Untersuchung in COACTIV und COACTIV-R
(a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
ja ja
ja ja nein nein nein nein nein ja ja ja
(a1) Wissenszuwächse Zusätzlich zur Hauptkohorte, nämlich den praktizierenden Lehrkräften, wurden für Ergänzungs- und Validierungsstudien auch andere Kohorten mit den COACTIVInstrumenten zur Erfassung des Professionswissens getestet. An dieser Stelle werden Ergebnisse von Schülerinnen und Schülern der 13. Klasse des Gymnasiums, die einen Mathematik-Leistungskurs besuchen, und von Studierenden des gymnasialen Lehramts am Ende der universitären Ausbildung vorgestellt. Für die fachbezogenen Komponenten des Professionswissens wurden Vergleiche zwischen diesen beiden Kohorten und den praktizierenden Lehrkräften durchgeführt. Für das Fachwissen zeigt sich ein mittlerer Zuwachs im Laufe der Professionalisierung: Die Schülerinnen und Schüler der 13. Klasse erreichen einen durchschnittlichen Wert von −0, 98, die Studierenden einen Wert von 0, 16 und die Lehr4
Studie zum Erwerb professioneller Kompetenz von Lehramtsanwärtern während des Vorbereitungsdienstes
Lerngelegenheiten als Determinanten
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kräfte einen Wert von 0, 76. Auch beim fachdidaktischen Wissen wird ein mittlerer Wissenszuwachs verzeichnet: Die Schülerinnen und Schüler der 13. Klasse erreichen einen durchschnittlichen Wert von −1, 59, die Studierenden einen Wert von −0, 07 und die Lehrkräfte einen Wert von 0, 43 (Krauss et al., 2011, S. 156). In beiden Wissensbereichen finden sich substanzielle Wissensunterschiede zwischen den drei Phasen der Professionalisierung. Im Rahmen von COACTIV-R wurden Referendare zu Beginn des Referendariats und zum Ende des 1. Jahres des Referendariats längsschnittlich getestet. Im Fachwissen wurden geringe Wissenszuwächse (d = 0, 11) verzeichnet, ebenso im fachdidaktischen Wissen (d = 0, 15). Hingegen konnte im pädagogischpsychologischen Wissen ein starker Wissenszuwachs (d = 1, 37) gefunden werden (Voss, Richter & Kunter, 2017). Somit wurden Wissenszuwächse für alle Komponenten des Professionswissens ermittelt.
(a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen zu Beginn des Referendariats Zu Beginn des Referendariats wurden Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen (Quereinsteiger) in ihrem Professionswissen verglichen. Die Quereinsteiger haben ein durchschnittlich ausgeprägteres Fachwissen als die Lehramtsstudierenden. Beim pädagogischen Wissen liegen die Vorteile bei den Lehramtsstudierenden, während beim fachdidaktischen Wissen keine signifikanten Unterschiede verzeichnet wurden. Dieselben Gruppenvergleiche wurden erneut unter Kontrolle von Drittvariablen erstellt. Hierbei wurden die Abiturnote, die generellen kognitiven Fähigkeiten, der Besuch eines Mathematik-Leistungskurses und andere Variablen kontrolliert. Beim pädagogischen Wissen bleiben die Vorteile für die Lehramtsstudierenden bestehen. Im Fachwissen gibt es nun keine signifikanten Unterschiede mehr, während sich im fachdidaktischen Wissen Vorteile für die Lehramtsstudierenden zeigen (Kleickmann & Anders, 2011, S. 311f).
(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Wissensstände Gymnasial- und Nicht-Gymnasiallehrkräfte wurden hinsichtlich ihres durchschnittlichen Professionswissens miteinander verglichen. Sowohl für das Fachwissen als auch für das fachdidaktische Wissen wurden signifikante Vorteile für die Gymnasiallehrkräfte gefunden (d = 1, 8 im Fachwissen und d = 0, 92 im fachdidaktischen Wissen). Bei einer getrennten Betrachtung der drei inhaltlichen Dimensionen des fachdidaktischen Wissens bleiben alle Vorteile zu Gunsten der Gymnasiallehrkräfte bestehen: d = 0, 85 in der Dimension Erklären und Repräsentieren, d = 0, 84 in der Dimension Schüler und d = 0, 56 in der Dimension Aufgaben (Krauss et al., 2011, S. 152f). Ähnliche Ergebnisse werden auch in anderen Publikationen des
32
Determinanten des Professionswissens
Forschungsprojektes veröffentlicht (Krauss, Neubrand et al., 2008, S. 242f; Brunner et al., 2006, S. 534ff). Zusätzlich wird hier der Vergleich der zwei Gruppen im fachdidaktischen Wissen unter Kontrolle des Fachwissens erstellt. In diesem Fall haben die Nicht-Gymnasiallehrkräfte einen Vorsprung im fachdidaktischen Wissen (Krauss, Neubrand et al., 2008, S. 242f; Brunner et al., 2006, S. 535f). Bei dieser Analyse werden relative Stärken der Nicht-Gymnasiallehrkräfte sichtbar. Ähnliche Vergleiche der Wissenskomponenten wurden bei Referendaren zu Beginn des Referendariats durchgeführt. Für die fachbezogenen Wissenskomponenten zeigen sich signifikante Vorteile für die Gymnasialreferendare: Die Schulform erklärt 38% der Varianz im Fachwissen und 12% der Varianz im fachdidaktischen Wissen. Im pädagogischen Wissen gibt es keine signifikanten Unterschiede. Dieselben Vergleiche wurden unter Kontrolle von Drittvariablen (Abiturnote, kognitive Leistungsfähigkeit, Besuch eines Mathematikleistungskurses, Berufswahlmotive, Big Five) durchgeführt. Die Vorteile zu Gunsten der Gymnasialreferendare in den fachbezogenen Wissensdimensionen bleiben bestehen und es zeigen sich auch Vorteile im pädagogischen Wissen. In einem letzten Schritt wurde zusätzlich das Fachwissen kontrolliert. Die Vorteile für die Gymnasialreferendare im fachdidaktischen Wissen verschwinden in diesen Modellen (Kleickmann & Anders, 2011, S. 310f). Auch bei dieser Kohorte zeigen sich bei dem letzten Modell relative Stärken der Nicht-Gymnasiallehramtsausbildung. Wissensprofile Bisher wurden unterschiedliche Wissensstände thematisiert, im Folgenden sollen unterschiedliche Wissensprofile angesprochen werden. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wurde zwischen dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen eine latente Korrelation von 0, 79 gefunden. Eine getrennte Betrachtung der Gymnasial-und Nicht-Gymnasiallehrkräfte zeigte starke Unterschiede für diesen Zusammenhang: Bei den Gymnasiallehrkräften liegt die Korrelation bei r = 0, 96, bei den Nicht-Gymnasiallehrkräften bei r = 0, 61. Somit scheint es bei den spezialisierten Experten eine stärkere Vernetzung verschiedener Wissensdimensionen zu geben (Krauss et al., 2011, S. 147ff). Anders ausgedrückt: Die Stärke des Zusammenhangs zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen bei Sekundarschullehrkräften ist eine Funktion des Ausmaßes der mathematischen Expertise (Krauss, Kunter, Baumert et al., 2008, S. 724). Das Niveau des fachdidaktischen Wissens der Gymnasiallehrkräfte ist stärker von ihrem Fachwissen determiniert als bei Lehrkräften anderer Schulformen: Niedriges fachdidaktisches Wissen geht immer mit niedrigem Fachwissen einher, während hohes Fachwissen gewissermaßen vor einem niedrigen fachdidaktischen Wissen schützt. Dagegen ist bei Nicht-Gymnasiallehrkräften auch bei sehr niedrigem Fachwissen ein überdurchschnittliches fachdidaktisches Wissen möglich. Bei dieser Gruppe ist überdurchschnittliches fachdidaktisches Wissen auf allen Niveaus des Fachwissens möglich (Krauss, Neubrand et al., 2008, S. 243f). Es soll festgehalten werden: Bei Gymnasiallehrkräften gibt es einen starken Zusammenhang zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen; somit ist Fachwissen ein Weg zu fachdidaktischem Wissen. Bei Nicht-Gymnasiallehrkräften ist der Zusammenhang
Lerngelegenheiten als Determinanten
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zwischen den zwei Wissenskomponenten nicht so stark; daher gibt es bei dieser Gruppe wahrscheinlich einen anderen Weg zu fachdidaktischem Wissen (Krauss, Baumert & Blum, 2008, S. 879f). Die Zusammenhänge zwischen den fachbezogenen Wissensdimensionen und dem pädagogisch-psychologischen Wissen fallen geringer aus: Die Korrelation zum Fachwissen liegt bei r = 0, 24, zum fachdidaktischen Wissen bei r = 0, 42 (Voss & Kunter, 2011, S. 207). Diese Zusammenhänge sind deutlich geringer als der Zusammenhang zwischen den zwei fachbezogenen Dimensionen (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen); der Befund ist erwartungskonform, da die inhaltlichen Überlappungen des pädagogisch-psychologischen Wissens mit den beiden fachbezogenen Dimensionen viel geringer ist als die Überlappung zwischen den beiden mathematikbezogenen Dimensionen. Auch der zuletzt genannte mittelstarke Zusammenhang zwischen pädagogisch-psychologischem und fachdidaktischem Wissen ist erwartungskonform, da die zwei Dimensionen auf den Unterricht ausgerichtet sind und somit theoretisch Gemeinsamkeiten aufweisen können. Der empirisch vorgefundene Zusammenhang zwischen pädagogisch-psychologischem Wissen und Fachwissen ist am geringsten; auch dies ist erwartungskonform, da keine inhaltlichen Überlappungen gegeben sind.
(b2) Unterschiede in den Entwicklungen Zusätzlich zur Hauptkohorte der Lehrkräfte wurden drei Kohorten angehender Lehrkräfte befragt: Studienanfänger, Studierende im dritten Studienjahr und Referendare zum Ende des Referendariats. Ziel war es zu untersuchen, wie sich das Professionswissen in den gymnasialen und nicht-gymnasialen Lehramtszugängen unter Kontrolle diverser Hintergrundvariablen entwickelt. Im Fachwissen gibt es bereits zu Studienbeginn (nicht signifikante) Vorteile für den gymnasialen Zugang; diese Vorteile finden sich in allen anderen Kohorten wieder. Bei den praktizierenden Lehrkräften liegen diese bei 1, 1 SD. Es soll also festgehalten werden, dass sich das Fachwissen bei Gymnasiallehramtsanwärtern stärker als bei Nicht-Gymnasiallehramtsanwärtern entwickelt. Betrachtet man zusätzlich die Zuwächse zwischen den vier Zeitpunkten, wird deutlich, dass sich das Fachwissen hauptsächlich während der universitären Ausbildungsphase entwickelt. Auch im fachdidaktischen Wissen wurden bereits zu Studienbeginn (nicht signifikante) Vorteile für den gymnasialen Zugang festgestellt. Bei den praktizierenden Lehrkräften sind diese Unterschiede immer noch gleich gerichtet und liegen bei 0, 62 SD. Die Zuwächse zwischen den ersten drei Zeitpunkten verlaufen ähnlich für die zwei Lehramtszugänge: Das fachdidaktische Wissen entwickelt sich sowohl in der universitären Phase als auch im Referendariat. Vom Ende des Referendariats bis zu den praktizierenden Lehrkräften gibt es bei den Gymnasiallehrkräften auch noch einen kleinen Zuwachs, bei den Nicht-Gymnasiallehrkräften ist der Zuwachs in dieser Phase nicht signifikant (Kleickmann et al., 2013, S. 97ff). Im Rahmen von COACTIV-R wurden Referendare zu Beginn des Referendariats und zum Ende des 1. Jahres des Referendariats längsschnittlich getestet. Im
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Determinanten des Professionswissens
Fachwissen entwickeln sich Gymnasial-Referendare (d = 0, 4) stärker als NichtGymnasial-Referendare (d = 0, 09). Auch im fachdidaktischen Wissen gibt es eine stärkere Entwicklung bei den Gymnasial-Referendaren (d = 0, 38) als bei den Nicht-Gymnasial-Referendaren (d = 0, 02). Mögliche Erklärungen für diese unterschiedlichen Entwicklungen sind zum einen der Matthäus-Effekt, zum anderen die unterschiedlichen Foki in den Referendariaten der unterschiedlichen Ausbildungsgänge. Hingegen findet man starke Wissenszuwächse im fachübergreifenden Wissen sowohl bei Gymnasial- (d = 1, 69) als auch bei Nicht-Gymnasial-Referendaren (d = 1, 16) (Voss et al., 2017).
(d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als Lerngelegenheiten Erfassung Bei der Kohorte der Referendare wurden zusätzlich zu den Tests zum Professionswissen Fragebögen zur Erfassung der pädagogischen Erfahrungen vor Studienabschluss außerhalb der Pflichtpraktika eingesetzt. Es wurde gefragt: „Welche sonstigen praktischen Lehrerfahrungen (z. B. Nachhilfe, Tätigkeit als Tutor an einer Hochschule, Gruppenbetreuung von Kindern und Jugendlichen, etc.) haben sie bereits vor Ihrem Studienabschluss gesammelt?“ Die Referendare konnten bis zu drei Angaben mit Angabe der Dauer in Jahren und Monaten selbst formulieren. Aus diesen Angaben wurde die Gesamtlänge der Vorerfahrungen in Monaten berechnet. Zusammenhänge mit Leistungsdaten Überprüft wurde, ob die Gesamtlänge der Vorerfahrungen mit dem Professionswissen assoziiert ist. Die Befunde zeigen, dass die Länge der praktischen Lerngelegenheiten mit dem fachdidaktischen Wissen und einer Facette des pädagogischen Wissens, dem Wissen über Klassenführung, zusammenhängt (r = 0, 22 bzw. r = 0, 17) (Klusmann et al., 2012, S. 281ff).
(e) Unterrichtspraxis als Lerngelegenheit Zusätzlich zur Kohorte der praktizierenden Lehrkräfte wurde eine Kohorte von Referendaren zum Ende des Referendariats zu den fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens getestet. Der Vergleich dieser zwei Gruppen zeigt, dass sich das durchschnittliche Fachwissen so gut wie nicht weiterentwickelt. Beim fachdidaktischen Wissen gibt es bei den Gymnasiallehrkräften leichte Zuwächse, bei den Nicht-Gymnasiallehrkräften sind diese Zuwächse nicht signifikant (Kleickmann et al., 2013, S. 97f). Somit wird gezeigt, dass sich das fachbezogene Professionswissen durch die alleinige eigene Unterrichtspraxis nicht unbedingt systematisch weiterentwickelt.
Lerngelegenheiten als Determinanten
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Dieser Befund wird durch eine andere Analyse untermauert. Für die praktizierenden Lehrkräfte der zwei Lehramtszugänge wurden Zusammenhänge zwischen der Länge der bisherigen Berufstätigkeit und dem Professionswissen berechnet. Sowohl im Falle des Fachwissens als auch im Falle des fachdidaktischen Wissens sind diese Korrelationen nicht signifikant (Brunner et al., 2006, S. 537f). Dieses Ergebnis wird als Indiz dafür gesehen, dass die fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens im Wesentlichen im Laufe der Lehramtsausbildung erworben werden (Krauss, Neubrand et al., 2008, S. 244ff). Gleiche Befunde finden sich auch in anderen Veröffentlichungen (Kunter, Klusmann & Baumert, 2009; Krauss, Baumert & Blum, 2008). Somit schlussfolgern die Autoren, dass für die Entwicklung des Professionswissens nicht nur ein Zuwachs an Berufserfahrung, sondern auch strukturierte Lerngelegenheiten notwendig sind (Kunter et al., 2009). Eine weiterführende Perspektive wäre die Erfassung der konkreten Tätigkeiten, die im Rahmen der Tätigkeit als Lehrkraft durchgeführt wurden, und deren Intensität.
(f) Lehrerfortbildungen als Lerngelegenheiten Die Nutzung von Lehrerfortbildungen durch praktizierende Lehrkräfte hängt von diversen Faktoren ab: von berufsbezogenen Überzeugungen, von motivationalen Faktoren und von soziodemographischen Variablen (Richter, 2011, S. 318f; mehr zur Nutzung von Lehrerfortbildungen im Beruf siehe Richter, Kunter, Klusmann, Lüdtke & Baumert, 2011). Bezogen auf die Anzahl der besuchten Fortbildungen gibt es systematische Unterschiede zwischen den Schulen. Zwischen Gymnasialund Nicht-Gymnasiallehrkräften gibt es keine Unterschiede in der Gesamtzahl der besuchten Fortbildungen, allerdings inhaltliche Unterschiede der Fortbildungen: Gymnasiallehrkräfte besuchen eher Fortbildungen zum Fachwissen und zum fachdidaktischen Wissen (d = 0, 26 bzw. d = 0, 35), wohingegen Nicht-Gymnasiallehrkräfte stärker zu Fortbildungen zu nichtfachlichen Themen (Pädagogische Psychologie d = 0, 2; Einzelschule als Organisation; Beratung und Erziehung; allgemeine Arbeitstechniken) tendieren. Folglich scheint es, als wären die formalen Lerngelegenheiten in den zwei Lehramtszugängen nicht nur im Studium, sondern auch im Beruf unterschiedlich (Richter, 2011, S. 322ff). Korreliert man die Anzahl der Fortbildungsstunden mit den fachbezogenen Wissensdimensionen, so erhält man für beide Lehramtszugänge nicht signifikante Ergebnisse (Brunner et al., 2006, S. 537f). Somit scheint die Länge der Fortbildungen keinen Einfluss auf die Entwicklung dieser Wissensdimensionen zu haben. Als Weiterführung wäre hier die Erfassung der Fortbildungsinhalte und deren Intensität und die Untersuchung deren Einfluss auf die Wissensdimensionen interessant.
3.2.2
MT21
MT21 (Mathematics Teaching in the 21st Century) ist eine internationale Studie, die die empirische Erfassung von Effekten der Lehrerausbildung angehender Mathema-
36
Determinanten des Professionswissens
tiklehrkräfte der Sekundarstufe 1 zum Ziel hat. Folgende Länder wurden einbezogen: Bulgarien, Deutschland, Mexiko, Südkorea, Taiwan und die USA. MT21 ist quasi-längsschnittlich angelegt und nimmt drei Kohorten in den Blick: (1) Studierende im Grundstudium, (2) Studierende im Hauptstudium und (3) Referendarinnen und Referendare. Mit Hilfe der Eingangskohorte sollen die Studienvoraussetzungen zu Beginn der Lehrerausbildung abgeschätzt werden. Die Zwischenkohorte dient zur Evaluation der Leistungen von Teilphasen der Lehramtsausbildung. Anhand der Abschlusskohorte kann die Gesamtleistung der Lehrerausbildung beurteilt werden. Erfasst werden das fachbezogene und das erziehungswissenschaftliche Wissen der angehenden Lehrkräfte, deren professionelle Überzeugungen, Persönlichkeits- und demographische Merkmale sowie Aspekte zu deren Lernvoraussetzungen und zur individuellen Nutzung der Lerngelegenheiten. Auf institutioneller Ebene wurden Aspekte des intendierten und implementierten Curriculums durch Befragungen von Studierenden, Referendaren, Lehrerausbildnern und Experten erhoben. Auf nationaler Ebene wurden Kostenanalysen durchgeführt (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008c). Tabelle 3.2 zeigt die im Rahmen von MT21 untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.2: Lerngelegenheiten in MT21 Lerngelegenheiten (OTL)
Untersuchung in MT21
(a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
ja nein
ja ja ja ja nein ja nein nein nein nein
(a1) Wissenszuwächse Der Studie MT21 liegt ein querschnittliches Kohortendesign zu Grunde, das quasilängsschnittlich interpretiert wird (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008,
Lerngelegenheiten als Determinanten
37
S. 162). Betrachtet man die Unterschiede zwischen den (deutschen) Studienanfängern und den Referendaren in den fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens, so stellt man Folgendes fest: Sowohl das Fachwissen als auch das fachdidaktische Wissen der Referendare sind deutlich ausgeprägter als jene der Studienanfänger (d = 0, 8 bzw. d = 0.6). Somit findet in beiden fachbezogenen Wissensdimensionen ein signifikanter Fortschritt statt (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 145). Vergleicht man nun die Studienanfänger mit den Studierenden zum Ende der universitären Phase und die letzteren mit den Referendaren, so zeigt sich sowohl im Fachwissen als auch im fachdidaktischen Wissen eine kontinuierliche Entwicklung: Für das Fachwissen liegt der Effekt des durchschnittlichen Unterschieds zwischen Studienanfängern und fortgeschrittenen Studierenden bei d = 0, 7 und der Unterschied zwischen den fortgeschrittenen Studierenden und den Referendaren bei d = 0, 3. Im fachdidaktischen Wissen liegt die Effektstärke der Unterschiede zwischen Studienanfängern und fortgeschrittenen Studierenden bei d = 0, 4 und der Unterschied zwischen den fortgeschrittenen Studierenden und den Referendaren bei d = 0, 2 (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 146). Hierbei können die Wissenszuwächse in der ersten Phase auf die Lerngelegenheiten in den dreieinhalb bis viereinhalb Jahren der hochschulischen Lehramtsausbildung zurückgeführt werden, während die Wissenszuwächse in der zweiten Phase auf mögliche Effekte des eineinhalb- oder zweijährigen Referendariats zurückgeführt werden können. Die Wissenszuwächse in der ersten Phase sind größer als jene in der zweiten Phase, was mit der These übereinstimmt, dass die nominelle Lernzeit mit dem Ausmaß der Entwicklung korrespondiert. Eine ähnliche Argumentation, aber in diesem Fall bezogen auf die Tatsache, dass die Lehrerausbildung umfangreichere Lerngelegenheiten zum Aufbau des Fachwissens als des fachdidaktischen Wissens bietet, verwenden die Autoren, um den Befund zu stärken, dass die Entwicklung des Fachwissens stärker ist als jene des fachdidaktischen Wissens (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 148f). Die bisher vorgestellten Ergebnisse basieren auf Gesamtwerten für das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen. Ähnliche Analysen wurden auch für die einzelnen inhaltlichen (Arithmetik, Algebra, Funktionen, Geometrie, Statistik) und kognitionsbezogenen Dimensionen (Algorithmisieren, Problemlösen und Begründen, Modellieren) durchgeführt und bestätigen das bereits präsentierte Bild (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 169). Für das erziehungswissenschaftliche Wissen wurden ebenfalls Analysen zu Wissensunterschieden durchgeführt: Durchschnittlich verfügen Referendare über ein ausgeprägteres Wissen als Studienanfänger (d = 0, 2). Ähnliche Analysen für die inhaltlichen Dimensionen des erziehungswissenschaftlichen Wissens zeigen Wissenszuwäche für die allgemeine Didaktik und die Bildungssoziologie, aber keine Zuwächse im Bereich der Pädagogischen Psychologie (Blömeke, Müller, Felbrich & Kaiser, 2008, S. 311ff).
38
Determinanten des Professionswissens
(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Im Rahmen von MT21 wurden Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens einerseits zwischen den teilnehmendem Ländern thematisiert, andererseits zwischen den unterschiedlichen Lehramtstypen in Deutschland. Unterschiede auf internationaler Ebene Auf internationaler Ebene finden sich große Unterschiede nach Land im durchschnittlichen Fachwissen und fachdidaktischen Wissen der Lehramtskandidaten zum Ende ihrer Lehramtsausbildung, sowohl auf einem Globalniveau der zwei Wissenskomponenten als auch getrennt nach Inhaltsgebieten (Schmidt et al., 2008, S. 487; Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2011, S. 18). Unterschiede in Deutschland nach Ausbildungsgang Für Deutschland wurden Wissensunterschiede zwischen dem Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen und dem Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen zu Studienbeginn und zum Ende des Referendariats untersucht. Zu Studienbeginn zeigen sich beim Vergleich der inhaltlichen Dimensionen des Fachwissens Vorteile für die zweite Gruppe. Zusätzlich zu diesen absoluten Wissensständen in den zwei Lehramtstypen wurden Analysen zu relativen Stärken und Schwächen durchgeführt: Es zeigt sich, dass alle Studienanfänger relative Stärken in Arithmetik und relative Schwächen in Algebra haben. Allerdings sind die Diskrepanzen zwischen den Leistungen im jeweils stärksten und jeweils schwächsten Inhaltsgebiet unterschiedlich stark: d = 1, 5 für die Studierenden des Lehramts für Gymnasien und Gesamtschulen und d = 0, 6 für die Studierenden des Lehramts für Grund-, Haupt- und Realschulen. Bezogen auf die Dimensionen der kognitiven Anforderung zeigen sich wiederum durchgehend Vorteile für die Gruppe der Studierenden für Gymnasien und Gesamtschulen gegenüber den Studierenden für Grund-, Haupt- und Realschulen (d bis zu 0, 7). Zusätzlich attestieren die Ergebnisse relative Schwächen im Modellieren und relative Schwächen im Algorithmisieren sowie Problemlösen und Begründen für alle Studienanfänger. Auch hier sind die Unterschiede zwischen der stärksten und der schwächsten Dimension unterschiedlich: d = 0, 7 bei den Studierenden für Gymnasien und Gesamtschulen und d = 0, 3 bei den Studierenden für Grund-, Haupt- und Realschulen (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 143f). Zum Ende des Referendariats, also zum Ende der Lehramtsausbildung, verfügen die Lehramtsanwärter für Gymnasien und Gesamtschulen immer noch über mehr fachbezogenes Wissen als die Lehramtsanwärter für Grund-, Haupt- und Realschulen: d = 1 im Fachwissen und d = 0, 7 im fachdidaktischen Wissen (lehrbezogene Anforderungen d = 0, 7 und lernbezogene Anforderungen d = 0, 6). Bezogen auf das Fachwissen wird hier vermutlich ein Effekt der unterschiedlichen Lerngelegenheiten ersichtlich, denn die erste Gruppe hat eine intensivere Ausbildung als die zweite Gruppe. Die Anzahl der fachdidaktischen Lerngelegenheiten unterscheidet sich für die beiden Gruppen weniger; allerdings scheint die erste Gruppe auch bei
Lerngelegenheiten als Determinanten
39
der Bearbeitung des Tests zum fachdidaktischen Wissen implizit von ihrem Fachwissen zu profitieren (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Seeber et al., 2008, S. 91ff). Bei einer getrennten Betrachtung der inhaltlichen Dimensionen liegen die Vorteile durchgängig bei den Lehramtskandidaten für Gymnasien und Gesamtschulen, jedoch variieren die Stärken dieser Unterschiede von d = 0, 4 in Geometrie bis d = 1 in Funktionen. Hierbei werden unterschiedliche Stärken und Schwächen der zwei Programme sichtbar: Die angehenden Lehrkräfte für Grund-, Haupt- und Realschulen haben relative Stärken in Geometrie und Statistik und relative Schwächen bei den Funktionen. Hier werden die curricularen Schwerpunktsetzungen des Mathematikunterrichts in der Schule ersichtlich (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Seeber et al., 2008, S. 96ff). Die absoluten Wissensstände in den kognitionsbezogenen Dimensionen des fachbezogenen Professionswissens zeigen ebenfalls Vorteile für die Referendare für Gymnasien und Gesamtschulen. Auch hier unterscheiden sich die Effektstärken in den einzelnen Dimensionen: von d = 0, 5 im Modellieren bis d = 1, 1 im Algorithmisieren. Auch hier erklären die didaktischen Schwerpunktsetzungen des Mathematikunterrichts der unterschiedlichen Schulformen die Leistungsunterschiede. Zusätzlich streuen die Leistungen der Referendare für Grund-, Haupt- und Realschulen stärker als bei den Referendaren für Gymnasien und Gesamtschulen (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Seeber et al., 2008, S. 99ff). Wie oben präsentiert, unterscheiden sich die Lehramtskandidaten bereits zu Studienbeginn in ihren Leistungen, was von einer potentiellen Eingangsselektivität der verschiedenen Lehramtstypen zeugt. Zusätzlich unterscheiden sich die Studienanfänger in den Abiturnoten und im Besuch eines Mathematik-Leistungskurses während der Schulzeit. Die Vorteile liegen auch bei diesen zwei Merkmalen bei der Gruppe der Studierenden für Gymnasien und Gesamtschulen (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 141; Blömeke, Felbrich & Müller, 2008c, S. 39). Dies ist ein potentieller Hinweis für Selektionsmechanismen der unterschiedlichen Lehramtsstudiengänge oder der Studierenden selbst. Ein Versuch, die Auswirkungen der unterschiedlichen Lehramtszugänge abgesehen von Effekten dieser Eingangsselektivität abzuschätzen, ist die Kontrolle von Drittvariablen, die mit dieser Selektivität zusammen hängen. Es zeigt sich, dass auch bei Kontrolle von Drittvariablen (generelle kognitive Grundfähigkeit, Geschlecht, Abiturnote, Besuch eines Mathematik-Leistungskurses, Bundesland, aggregierte Abiturnote als Eingangsselektivität für Lehrerausbildner) die Bedeutung des Ausbildungsgangs sowohl für das Fachwissen als auch für das fachdidaktische Wissen signifikant bleibt. Dieser Befund stützt die theoretisch abgeleitete Annahme, der Umfang an Lernzeit korrespondiere mit dem Umfang des erworbenen Wissens (hierbei ist die Ausbildung der Lehrkräfte für Gymnasien und Gesamtschulen länger als die Ausbildung der Lehrkräfte für Grund-, Haupt- und Realschulen) (Blömeke, Lehmann et al., 2008, S. 113ff). Für das erziehungswissenschaftliche Wissen wurden ähnliche Analysen durchgeführt. Zu Beginn des Studiums finden sich Vorteile für die Studierenden des Lehramts für Grund-, Haupt- und Realschulen in der Dimension Bildungssoziologie (d = 0, 3) und für die Studierenden des Lehramts für Gymnasien und Gesamtschu-
40
Determinanten des Professionswissens
len in der Pädagogischen Psychologie (d = 0, 3) (Blömeke, Müller et al., 2008, S. 311). Zum Ende der Lehramtsausbildung spiegeln sich die Effekte der großen Wahlfreiheit im erziehungswissenschaftlichen Wissen wider. Insgesamt sind angehende Lehrkräfte für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen besser als angehende Lehrkräfte für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen (d = 0, 5). Blickt man auf die unterschiedlichen inhaltlichen Dimensionen, so zeigt sich ein signifikanter Vorteil für die Referendare für Grund-, Haupt- und Realschulen nur in der Pädagogischen Psychologie (d = 0, 7) (Blömeke, Felbrich & Müller, 2008a, S. 198f).
(b2) Unterschiede in den Entwicklungen Der Studie MT21 liegt ein querschnittliches Kohortendesign zu Grunde, das quasilängsschnittlich interpretiert wird (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 162). Betrachtet man die Wissensentwicklungen in den zwei (deutschen) Lehramtszugängen von den Studienanfängern zu den Referendaren, so stellt man Folgendes fest: In beiden fachbezogenen Wissensdimensionen finden signifikante Fortschritte statt, jedoch unterscheiden sich diese Fortschritte in den zwei Lehramtszugängen. Bei den Lehramtskandidaten für Grund-, Haupt- und Realschulen entwickeln sich das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen mit Effektstärken von d = 0, 4. Bei den Lehramtskandidaten für Gymnasien und Gesamtschulen beträgt die Entwicklung des Fachwissens d = 1, 1 und jede des fachdidaktischen Wissens d = 0, 5 (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 150). Hier spiegelt sich die längere Dauer der Lehramtsausbildung für Gymnasien und Gesamtschulen in stärkeren Wissensentwicklungen wider. Gleichzeitig ist auch eine ergänzende Interpretation möglich, nämlich dass die längeren Ausbildungszeiten in dieser Gruppe mit den gleichzeitig höheren Eingangsniveaus zu Studienbeginn einen Kompositionseffekt mit sich bringen, von dem wiederum dieselbe Gruppe profitieren würde: Der Einstieg in die Lehramtsausbildung findet auf einem höheren Eingangsniveau statt, was in der Regel zur Folge hat, dass die Vorgehensgeschwindigkeit der Lehrerausbildner beschleunigt wird im Vergleich zur Vorgehensgeschwindigkeit der Lehrerausbildner im Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen. Dies bringe wiederum höhere Lernfortschritte mit sich (Blömeke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 163f). Vergleicht man nun die Studienanfänger der zwei Lehramtszugänge mit den Studierenden zum Ende der universitären Phase und die letzteren wiederum mit den Referendaren, so zeigt sich folgendes Bild: Bei den Lehramtskandidaten für Grund-, Haupt- und Realschulen entwickelt sich sowohl das Fachwissen als auch das fachdidaktische Wissen hauptsächlich in der ersten Phase, danach gibt es leichte, aber nicht signifikante Rückgänge. Im Falle der Lehramtskandidaten für Gymnasien und Gesamtschulen entwickelt sich das Fachwissen in der ersten Phase stark (d = 0, 7) und in der zweiten Phase etwas weniger (d = 0, 3); das fachdidaktische Wissen entwickelt sich konstant, allerdings nicht signifikant in den einzelnen Phasen (Blö-
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meke, Kaiser, Schwarz, Lehmann et al., 2008, S. 150ff, auch für weiterführende Analysen zu den Entwicklungen in den inhaltlichen und kognitionsbezogenen Dimensionen). Für das erziehungswissenschaftliche Wissen wurden ebenfalls Analysen zu Wissensentwicklungen in den zwei Lehramtstypen durchgeführt: Auf den ersten Blick scheint es, als würden nur die Referendare des Lehramts für Grund-, Haupt- und Realschulen über ein ausgeprägteres durchschnittliches Wissen als Studienanfänger desselben Lehramtstyps verfügen (d = 0, 5), wohingegen der Wissenszuwachs in der Kohorte der Lehramtskandidaten für Gymnasien und Gesamtschulen nicht signifikant ist (d = 0, 2). Ein Blick auf die Inhaltsdimensionen des erziehungswissenschaftlichen Wissens bringt die Erklärung für diesen Befund: Während bei den Lehramtsanwärtern für Grund-, Haupt- und Realschulen ein relativ gleichmäßiger Zuwachs in allen drei Dimensionen stattfindet, ist das Bild bei den Lehramtskandidaten für Gymnasien und Gesamtschulen sehr heterogen: In der allgemeinen Didaktik gibt es einen geringen nicht signifikanten Zuwachs, in der Bildungssoziologie gibt es einen starken durchschnittlichen Wissenszuwachs (d = 0, 8) und in der Pädagogischen Psychologie gibt es einen starken Wissensrückgang (d = −0, 7) (Blömeke, Müller et al., 2008, S. 311ff). Die Autoren vermuten, dass dieser Wissensrückgang durch Vergessenseffekte zustande gekommen sein kann. Das Ausmaß des Rückgangs ist dabei überraschend hoch.
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b3.1) Deutschland Erfassung Zusätzlich zu den Tests zum Professionswissen wurden im Rahmen von MT21 Fragebögen zu Ausbildungsmerkmalen eingesetzt, nämlich zu behandelten Themen und Lehrmethoden. Hierbei wurden (1) Experten zu den formal vorgesehenen Ausbildungsbedingungen befragt. Zusätzlich wurden (2) die Ausbildungsangebote anhand von kommentierten Vorlesungsverzeichnissen analysiert. (3) Eine Befragung der Lehrerausbildnerinnen und Lehrerausbildner als Mediatoren des Lehrangebots und (4) eine Befragung der Studierenden, Referendarinnen und Referendare wurden ergänzend durchgeführt (Felbrich, Müller & Blömeke, 2008b, S. 327f). Im Folgenden werden Ergebnisse der Befragung der Studierenden und Referendare vorgestellt, für die anderen Facetten wurden keine Zusammenhänge zu Leistungsdaten publiziert. Bezogen auf das Fachwissen wurden die Studierenden und Referendare dazu befragt, welche universitären Basisinhalte (z. B. Zahlentheorie, Lineare Algebra, Einführung in die Analysis, Mehrdimensionale Analysis, Analytische Geometrie) und welche fortgeschrittenen Inhalte (z. B. Abstrakte Algebra, Partielle Differentialgleichungen, Komplexe Funktionen, Topologie oder Mathematische Logik) sie bereits gehört haben. Bezogen auf die Fachdidaktik wurde einerseits nach Themen
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der stärker disziplinär orientierten Skala (Didaktik der Arithmetik, der Algebra, der Analysis, der Geometrie und der Statistik) gefragt, andererseits nach Themen der aufgabenbezogenen Skala (z. B. Methoden des Mathematikunterrichts oder Leistungsbewertung im Mathematikunterricht). Zum erziehungswissenschaftlichen Studienanteil wurde nach Themen der stärker disziplinär orientierten Skala (z. B. Einführung in die Erziehungswissenschaft, Geschichte von Erziehung und Bildung, Soziologie der Bildung, Philosophie der Bildung und Pädagogische Psychologie) und nach Themen der aufgabenbezogenen Skala (z. B. Umgang mit Heterogenität, Leistungsbewertung, Klassenführung oder Medien im Unterricht) gefragt (Felbrich et al., 2008b, S. 328f). Hinsichtlich des Qualitätsaspekts der Ausbildungsmerkmale, nämlich den Lehrmethoden, wurden die Studierenden und Referendare zu Aspekten der Rezeptivität, Modellhaftigkeit, Partizipativität und Forschungsorientierung befragt. Bezogen auf die ersten zwei Aspekte wurde gefragt, ob die Vorlesungen rezeptiven Charakter hatten, ob die Seminarsitzungen modellhafte Elemente beinhalteten. Bezogen auf die Partizipativität wurde gefragt, ob die Studierenden in der Veranstaltung mit anderen zusammenarbeiten. Ob und in welchem Maße sich die Studierenden mit mathematikdidaktischen Forschungsarbeiten auseinandersetzen, spiegelt den Grad der Forschungsorientierung wider (Felbrich et al., 2008b, S. 333). Hierbei sollte nicht vernachlässigt werden, dass die Einstellung der Studierenden sowie der Referendarinnen und Referendare zur Konzeption der Lehrerausbildung die Wahrnehmung der oben präsentierten Aspekte beeinflusst (Felbrich et al., 2008b, S. 338). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Die so erfassten Ausbildungsmerkmale wurden in Zusammenhangsanalysen mit den fachbezogenen Wissenskomponenten eingespeist. Das Fachwissen korreliert mit der Anzahl belegter Basisthemen (r = 0, 48) und mit der Anzahl belegter fortgeschrittener Themen (r = 0, 41), jedoch nicht mit der Rezeptivität und der Partizipativität. Das fachdidaktische Wissen korreliert negativ mit der Rezeptivität (r = −0, 18), jedoch hängt es nicht mit der Anzahl der disziplinorientierten Themen, der Anzahl der aufgabenorientierten Themen, der Partizipativität, der Modellhaftigkeit oder der Forschungsorientierung zusammen. In komplexeren Modellen wurden zusätzlich zu den behandelten Themen und den Lehrmethoden auch individuelle Variablen mit aufgenommen: der Besuch eines Leistungskurses in Mathematik und die Abiturnote. Das Fachwissen lässt sich zu 30% durch die Anzahl der in der Ausbildung gehörten Themen (Basisinhalte), den Besuch eines Mathematik-Leistungskurses und die Abiturnote erklären. Dabei hat die Anzahl der in der Lehrerausbildung gehörten Themen einen stärkeren Einfluss als die individuellen Merkmale. Bei der Vorhersage des fachdidaktischen Wissens erreicht man eine Varianzaufklärung von 16%, wobei der Besuch eines Mathe-Leistungskurses der einzige signifikante Prädiktor ist (Felbrich et al., 2008b, S. 350ff).
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(b3.2) Internationale Ebene Erfassung Nicht nur in Deutschland, sondern auch auf internationaler Ebene wurde der Umfang der fachbezogenen Lerngelegenheiten erfasst. Bezogen auf die Lerngelegenheiten in der Fachwissenschaft und der Fachdidaktik wurden den Referendaren 19 mathematische und 12 mathematikdidaktische Inhalte vorgelegt; die Referendare sollten für jeden Inhalt angeben, ob sie diesen belegt oder nicht belegt hatten. Danach wurde ermittelt, wie viel Prozent aller mathematischen bzw. mathematikdidaktischen Inhalte jeder einzelne Referendar besucht hatte (Blömeke, Suhl et al., 2010, S. 38f). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Anschließend wurden in einem Mehrgruppenmodell nach Land die Einflüsse dieser mathematischen und mathematikdidaktischen Lerngelegenheiten auf die fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens ermittelt. Die mathematischen Lerngelegenheiten haben einen signifikanten Einfluss auf beide fachbezogenen Komponenten: Der Pfadkoeffizient zum Fachwissen liegt zwischen 0, 16 und 0, 27 je nach Land (0, 26 in Deutschland). Der Pfadkoeffizient zum fachdidatkischen Wissen liegt zwischen 0, 1 und 0, 2 je nach Land (0, 17 in Deutschland); dabei wird die Bedeutsamkeit des mathematischen Fundaments für das fachdidaktische Wissen ersichtlich. Die mathematikdidaktischen Lerngelegenheiten haben in diesem Modell, das auch die mathematischen Lerngelegenheiten enthält, keinen signifikanten Einfluss auf die fachbezogenen Wissenskomponenten. Die Autoren merken hier noch an, dass eine Erklärung für den fehlenden Zusammenhang die Tatsache sein könnte, dass der Test zum fachdidaktischen Wissen das Unterrichten und Diagnostizieren fokussiert, während die mathematikdidaktische Ausbildung und somit auch die Fragen zu diesen Lerngelegenheiten breiter angelegt sind (Blömeke, Suhl et al., 2010, S. 44ff).
(b4) Unterschiede nach Praxisphasen Eine wichtige Komponente der Lehrerausbildung in Deutschland stellen die Praxisphasen dar: (1) das Schulpraktikum während der ersten Phase und (2) das Referendariat. Hier gibt es die Möglichkeit, konkrete praktische Unterrichtserfahrungen mit Schülerinnen und Schülern zu machen. Denkbar ist, dass diese Praxisphasen unterschiedlich ablaufen und somit unterschiedliche Lerngelegenheiten zum Aufbau des Professionswissens bieten. Bei Studierenden und Referendaren wurden Skalen zu Praxiserfahrungen und zur Verknüpfung von Theorie und Praxis eingesetzt. Die Skala zu Praxiserfahrungen beinhaltet mögliche Praxiserfahrungen, die von den Probanden gemacht wurden, z. B. Beobachtungen von Mathematikstunden in einer Klasse oder Geben von Probestunden in Mathematik unter der Supervision anderer Lehrpersonen/ Dozenten. Diese Skala ist somit ein Ausdruck der Vielfältigkeit an Praxiserfahrungen.
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Determinanten des Professionswissens
Die Skala zur Verknüpfung von Theorie und Praxis verlangt die Zustimmung oder Ablehnung der Probanden zu Items wie „Mein/e Dozent/in an der Universität und meine betreuende Lehrperson an der Praktikumsschule hatten ähnliche Ansichten darüber, was gutes Unterrichten ausmacht.“ oder „Ich belegte einen Kurs zum Unterrichtspraktikum.“. Zusätzlich wurde die Anzahl der Wochen während der Praxisphasen erfasst, für die die Probanden die alleinige Verantwortung für den Unterricht einer Schulklasse hatten (Felbrich et al., 2008b, S. 335). Es wurden starke Unterschiede in dem Umfang an Praxiserfahrungen und in der Verknüpfung von Theorie und Praxis zwischen den Kohorten gefunden. Bemerkenswert ist, dass zum Ende des Referendariats zwischen den Kandidaten für ein Lehramt an Grund-, Hauptund Realschule und den Kandidaten für ein Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen fast keine signifikanten Unterschiede in den Praxiserfahrungen und in der Anzahl der Wochen mit voller Verantwortung gefunden wurden; allein in der Skala zur Verknüpfung von Theorie und Praxis finden die Autoren einen signifikanten Unterschied, der aber sehr gering (d = 0, 1) ist (Felbrich et al., 2008b, S. 348). Zusammenhangsanalysen zu den Leistungsdaten wurden in den Recherchen zur vorliegenden Arbeit nicht gefunden.
(b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern Lehrerausbilderinnen und Lehrerausbildner der ersten und zweiten Phase der Lehramtsausbildung können als Bestandteil des implementierten Curriculums angesehen werden, da „die Inhalte und Methoden der Ausbildung durch sie transportiert werden“. Hierbei bieten die Lehrerausbildner für die Lehrerausbildung relevante Lehrveranstaltungen an (Felbrich, Müller & Blömeke, 2008a, S. 364). In diesem Sinne wurden Lehrerausbildner der ersten und zweiten Phase befragt: Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter der Fachwissenschaft Mathematik, der Fachdidaktik Mathematik und der Erziehungswissenschaft sowie Haupt- und Fachseminarleiter. In den Befragungen wurden folgende Aspekte fokussiert: die formellen Qualifikationen der Lehrerausbildner; deren Lehrerfahrung an Schulen; die Ziele der Ausbildungsinstitution, der sie angehörten, bezogen auf die Lehrerausbildung; die eigenen Bildungsziele für die eigene Lehre; die eigenen Überzeugungen zur Natur der Mathematik und die eigenen Überzeugungen zur Genese mathematischer Kompetenz (Felbrich et al., 2008a). Bisher sind keine Zusammenhangsanalysen zu Leistungsdaten der Studierenden und Referendare bekannt.
3.2.3
TEDS-M und TEDS-FU
TEDS-M (Teacher Education and Development Study: Learning to Teach Mathematics) ist eine internationale Vergleichsstudie, die auf MT21 aufbaut. Folgende Länder wurden einbezogen: Botswana, Chile, Deutschland, Georgien, Kanada, Malaysia, Norwegen, Oman, Philippinen, Polen, Russland, Schweiz, Singapur, Taiwan,
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Thailand und die USA. Ziel der Studie ist zu erforschen, welchen Einfluss individuelle, institutionelle und systemische Determinanten auf die professionelle Kompetenz angehender Lehrkräfte mit einer Mathematik-Lehrberechtigung für die Klasse 8 im letzten Jahr ihrer Ausbildung haben (Blömeke, Kaiser & Lehmann, 2010). Im Rahmen von TEDS-FU (Teacher Education and Development Study: Follow Up) werden die Arbeiten aus TEDS-M fortgeführt: Bei den in TEDS-M getesteten und befragten Probanden aus Deutschland, Taiwan und den USA wurden drei Jahre später und erneut ein Jahr danach Daten erhoben. Ziel ist die Kompetenzentwicklung beim Übergang von der Lehramtsausbildung in den Lehrerberuf zu analysieren (Blömeke & Kaiser, 2015). Tabelle 3.3 zeigt die im Rahmen von TEDS-M und TEDS-FU untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.3: Lerngelegenheiten in TEDS-M und TEDS-FU Lerngelegenheiten (OTL)
(a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in TEDS-M und TEDS-FU nein ja nein ja ja nein nein nein nein nein nein
(b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als Lerngelegenheiten Die Länge der Ausbildungsprogramme, im Rahmen derer in Deutschland Mathematiklehrkräfte für die 8. Klasse ausgebildet werden, variiert sehr stark. International gibt es in den Lehramtsstudiengängen unterschiedliche Ausbildungsstrukturen (grundständig oder konsekutiv); auch hier variieren die Dauer der Ausbildung, der Grad der fachlichen Spezialisierung und die Spannweite der Klassenstufen, für die zukünftige Lehrkräfte ausgebildet werden (Döhrmann, Buchholtz & Hacke, 2010, S. 63f; siehe auch Bauer et al., 2010). Aufgrund dieser Fakten stellt sich die Frage, ob die in diesen unterschiedlichen Ausbildungsprogrammen angebotenen Lerngelegenheiten zu unterschiedlichen Ausprägungen des Professionswissens führen.
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(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Zuerst werden Ergebnisse auf internationaler Ebene bezogen auf Länderunterschiede thematisiert, danach Unterschiede zwischen den Ausbildungsgängen auf internationaler Ebene. Zuletzt geht es um Unterschiede zwischen den Ausbildungsgängen in Deutschland. Internationale Ebene: Unterschiedliche Länder Für die internationale Stichprobe unterscheiden sich bei Referendaren im Fachwissen sowohl die Mittelwerte als auch die Streuungskennwerte stark. Bei einem internationalen Mittelwert von 500 Punkten streuen die Mittelwerte der Länder von 354 bis 667 Punkte; dabei beträgt die Standardabweichung für die internationale Stichprobe 100 Punkte und streut zwischen 47 und 96 in den einzelnen Ländern (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 203). Auch beim fachdidaktischen Wissen gibt es große Unterschiede im internationalen Vergleich. Wiederum wurde der internationale Mittelwert auf 500 gesetzt und die Standardabweichung auf 100 Punkte. In den einzelnen Ländern streuen die Mittelwerte zwischen 394 und 649 Punkten und die Standardabweichungen zwischen 60 und 96 (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 209). Der Test zum pädagogischen Wissen wurde nur in Deutschland, Taiwan und den USA eingesetzt. Hierbei wurden nicht nur angehende Lehrkräfte mit dem Unterrichtsfach Mathematik und der Lehrberechtigung für die 8. Klasse getestet, sondern Lehrkräfte aller Schulstufen und Unterrichtsfächer (Blömeke & König, 2010a). Auch hier gibt es sowohl in der durchschnittlichen Leistung als auch in der Standardabweichung Streuungen: zwischen 440 und 576 Punkten beim Mittelwert und zwischen 52 und 85 Punkten bei der Standardabweichung (Blömeke & König, 2010b, S. 268). Zusätzlich zu den Unterschieden in den absoluten Wissensständen gibt es auch Unterschiede in den Wissensprofilen. Hierfür werden zwei unterschiedliche Typen von Analysen durchgeführt: Zusammenhangsanalysen und Analysen zu relativen Stärken und Schwächen. Einerseits werden Korrelationen zwischen den Wissensdimensionen berechnet. Beim Zusammenhang der zwei fachbezogenen Dimensionen variieren die Korrelationskoeffizienten je nach Land zwischen r = 0, 18 und r = 0, 7 (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 212). Bezogen auf den Zusammenhang von pädagogischem und fachbezogenem Wissen werden geringere Zusammenhänge erwartet als im Fall der zwei fachbezogenen Dimensionen, denn die konzeptionellen Überlappungen sind hier viel geringer, vor allem die theoretische Überlappung von Fachwissen und pädagogischem Wissen existiert nicht (Blömeke & König, 2010b, S. 274). Die Korrelation zwischen pädagogischem und fachdidaktischem Wissen variiert je nach Land zwischen r = 0, 14 und r = 0, 3 und jene zwischen pädagogischem Wissen und Fachwissen zwischen r = 0, 11 und r = 0, 29 (Blömeke & König, 2010b, S. 275). Hierbei ist in jedem Land, in dem alle drei Tests eingesetzt wurden, die Korrelation zwischen den zwei fachbezogenen Wissensdimensionen größer als die Korrelationen zwischen dem pädagogischen Wissen und jeder der fachbezogenen Wissensdimensionen (siehe Tabelle 3.4).
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Lerngelegenheiten als Determinanten
Tabelle 3.4: Korrelationen zwischen den Wissensdimensionen (Informationen entnommen aus Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 212; Blömeke & König, 2010b, S. 275)
Land Deutschland Taiwan USA
Fachwissen und fachdidaktisches Wissen 0.7 0.45 0.64
Fachwissen und pädagogisches Wissen 0.29 0.11 0.16
Fachdidaktisches und pädagogisches Wissen 0.3 0.14 0.16
Andererseits werden länderspezifische Profile im Fachwissen und fachdidaktischen Wissen für jedes Land mithilfe ipsativer Werte (Cunningham, Cunningham & Green, 1977; Fischer, 2004) berechnet. Hierbei wird das Verhältnis von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen bestimmt: Es werden die Stärken und Schwächen jeder Lehrkraft in Testpunkten an ihrer mittleren Leistung relativiert. Sowohl für jede Lehrkraft, als auch für jedes Land ist die Summe der ipsativen Werte immer Null (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 213). So wird in Abbildung 3.4 verdeutlicht, dass in manchen Ländern relative Stärken in der Fachwissenschaft vorhanden sind, in anderen Ländern wiederum in der Mathematikdidaktik. Es gibt auch eine dritte Kategorie von Ländern, in denen keine relativen Stärken oder Schwächen existieren. In Deutschland z. B. gibt es relative Vorteile in der Mathematikdidaktik im Vergleich zur Fachwissenschaft (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 213).
Abbildung 3.4: Profile mathematischen und mathematikdidaktischen Wissens (ipsative Werte) (eigne Darstellung, in Anlehnung an Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 213)
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Determinanten des Professionswissens
Analoge vertiefende Analysen für die fachwissenschaftlichen Inhaltsgebiete (Arithmetik, Algebra, Geometrie), für die fachdidaktischen Dimensionen (Curriculum und Planung, Interaktion) und für die pädagogischen Inhaltsgebiete (Strukturierung, Motivation, Heterogenität, Leistungsbeurteilung) und für die kognitiven Dimensionen des pädagogischen Wissens (Erinnern, Verstehen, Kreieren) zeigen auf internationaler Ebene ein heterogenes Bild unterschiedlicher relativer Stärken und Schwächen, also unterschiedlicher Profile (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 215ff; Blömeke & König, 2010b, S. 270ff). Internationale Ebene: Unterschiedliche Ausbildungsgänge In jedem Land wurden die Studiengänge danach unterteilt, (1) ob deren Absolventen eine Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse erhalten oder eine, die über die 10. Klasse hinausgeht, und (2) ob Unterschiede nach Spanne der unterrichteten Klassenstufen existieren. In Deutschland beispielsweise gibt es (1) das Lehramt für die Klassen 5 bis 13, also das Lehramt der Sekundarstufe 2 oder Gymnasiallehramt, (2) das Lehramt für die Klassen 1 bis 10, also das Lehramt für Grund-, Hauptund Realschulen, und (3) das Lehramt für die Klassen 5 bis 10, also das reine Sekundarstufen-1-Lehramt. Infolgedessen wurden die Mittelwerte in den einzelnen Studiengängen auf internationaler Ebene verglichen: Sowohl im Fachwissen als auch im fachdidaktischen Wissen zeigen sich in den einzelnen Ausbildungsgängen starke Unterschiede, sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen den Studiengängen eines Landes (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 220, 224). Dies spricht für die unterschiedlichen Ziele und Foki in den unterschiedlichen Studiengängen der einzelnen Länder und den somit unterschiedlichen angebotenen Lerngelegenheiten. Im Falle des pädagogischen Wissens gibt es zwischen den durchschnittlichen Wissensunterschieden in den einzelnen Ausbildungsgängen eines Landes nur geringfügige Unterschiede (Blömeke & König, 2010b, S. 269). Zusätzlich zu den Vergleichen der absoluten Wissensstände wurden auch für den internationalen Vergleich der Ausbildungsgänge Analysen zu Profilen durchgeführt. Für die Ausbildungsgänge mit Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse gibt es in den meisten Ausbildungsgängen relative Vorteile in der Mathematikdidaktik im Vergleich zur Fachwissenschaft, wohingegen in den Ausbildungsgänge mit Lehrberechtigung bis zur 13. Klasse meist relative Stärken in der Fachwissenschaft gefunden wurden (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 225f). Deutschland: Unterschiedliche Ausbildungsgänge In Deutschland weisen angehende Lehrkräfte im Fach Mathematik mit einer Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse ein durchschnittlich geringeres Fachwissen als angehende Lehrkräfte mit einer Lehrberechtigung bis zur 13. Klasse auf: „Das mathematische Wissen von 75% der angehenden Gymnasiallehrkräfte liegt auf einem Niveau, das nur 25% der Lehrkräfte aus den beiden anderen Ausbildungsgängen erreichen“ (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 223). Die Unterschiede im fachdidaktischen Wissen fallen wiederum zu Gunsten der Gymnasiallehrkräfte aus, bei dieser Wissenskomponente jedoch nicht so hoch wie im Falle des Fachwis-
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sens (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 225). Die Unterschiede im pädagogischen Wissen sind nur gering: Die Referendare des Lehramts für Grund-, Haupt- und Realschulen sind besser als die des Lehramts für Gymnasien, die ihrerseits besser sind als jene des Lehramts für Haupt- und Realschulen (Blömeke & König, 2010b, S. 269). Bei der Betrachtung dieser absoluten Unterschiede im letzten Jahr der Lehramtsausbildung soll erwähnt werden, dass bereits zu Studienbeginn Unterschiede existierten, sowohl in der Abiturnote als auch beim Belegen eines Leistungskurses in Mathematik während der Schulzeit: Angehende Gymnasiallehrkräfte brachten zu Studienbeginn deutlich bessere durchschnittliche Abiturnoten (1,98) als angehende Sekundarstufen-1-Lehrkräfte (2,42 bzw. 2,45) mit. Zusätzlich belegten fast alle angehenden Gymnasiallehrkräfte einen Mathematik-Leistungskurs, bei den angehenden Lehrkräften mit Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse ist es die Hälfte (Blömeke, Buchholtz & Lehmann, 2010, S. 162ff). Somit kann wiederum von Selektionsmechanismen in den unterschiedlichen Lehramtszugängen gesprochen werden (siehe auch Punkt (b1) in Abschnitt 3.2.2). Zusätzlich zu den Vergleichen der absoluten Wissensstände wurden auch hier Analysen zu Profilen durchgeführt. Zusammenhangsanalysen zwischen den fachbezogenen Wissenskomponenten wurden nicht berichtet, jedoch zwischen dem pädagogischen Wissen und den fachbezogenen Wissenskomponenten. Dabei fanden die Autoren heraus, dass, je höher der Spezialisierungsgrad des Ausbildungsgangs ist, desto geringer der Zusammenhang zwischen Fachwissen und pädagogischem Wissen ist: zwischen r = 0, 54 und r = 0, 22 (Blömeke & König, 2010b, S. 275). Dieser Befund ist erwartungskonform, da in der gymnasialen Lehramtsausbildung die Fachwissenschaft, also auch fachwissenschaftliche Lerngelegenheiten prädominieren, und somit nicht erwartet werden kann, dass der starke Erwerb des Fachwissens den Erwerb des pädagogischen Wissens fördert (Blömeke & König, 2010b, S. 274). Bei der Assoziation zwischen pädagogischem und fachdidaktischem Wissen wurde das gleiche Phänomen gefunden, jedoch mit etwas geringeren Unterschieden in den Korrelationskoeffizienten: von r = 0, 39 bis r = 0, 26 (Blömeke & König, 2010b, S. 275). Die Profilanalysen mit Hilfe ipsativer Werte zeigen bei Gymansialreferendaren ein ausgeglichenes Wissensprofil in Bezug auf Fachwissen und fachdidaktisches Wissen. Bei den Referendaren mit Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse gibt es relative Stärken in der Mathematikdidaktik (Blömeke, Kaiser, Döhrmann & Lehmann, 2010, S. 225f). Wissensprofile, die sowohl fachbezogene Wissenskomponenten als auch das pädagogische Wissen inkludieren, werden nicht berichtet. Somit wurden unterschiedliche Profile, also unterschiedliche Stärken und Schwächen für die einzelnen Lehramtszugänge bezogen auf die Wissensdimensionen, gefunden. Ergänzende qualitative Analysen auf Itemebene (Döhrmann, 2012) bestätigen, dass unterschiedliche Stärken und Schwächen je nach Studiengang existieren.
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(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Erfassung Zusätzlich zur Erfassung von Leistungsdaten wurden den Lehramtskandidaten im letzten Jahr ihrer Ausbildung auch Fragebögen zu Aspekten des implementierten Curriculums vorgelegt, nämlich zu behandelten Themengebieten und zu erfahrenen Lehr-Lernmethoden. Bei den Lehr-Lernmethoden wurde der Fokus auf forschendes Lernen gelegt. Vier Items zur Rezeption von Forschungsarbeiten aus Pädagogik, Fachdidaktik und Mathematik und zu eigenen kleinen Forschungsvorhaben wurden zu einer Skala zusammengefasst (Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011). Bezogen auf die behandelten Themen wurden acht Skalen mit zwei bis sechs Items eingesetzt: vier zur Mathematik, zwei zur Mathematikdidaktik und zwei zur Pädagogik. Die Probanden sollten jeweils angeben, ob sie das angegebene Thema studiert oder nicht studiert haben. Anschließend wurde für jede Skala berechnet, wie viel Prozent der Themen von dem jeweiligen Probanden studiert wurden (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 100). Die Skalen zur Erfassung der Lerngelegenheiten in Mathematik sind: - Geometrie (4 Items): Grundlagen der Geometrie, analytische Geometrie, nichteuklidische Geometrie, Differentialgeometrie; - Arithmetik/Algebra (6 Items), z. B.: lineare Algebra, abstrakte Algebra; - Analysis (5 Items), z. B.: Einführung in die Analysis, höhere Analysis; - Stochastik (2 Items): Wahrscheinlichkeitsrechnung, Statistik (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 107). Zur Erfassung der Lerngelegenheiten in Mathematikdidaktik wurden folgende Skalen eingesetzt: - Theorieorientierte Grundlagen der Mathematikdidaktik (3 Items), z. B.: Geschichte der Mathematik; - Anforderungsbezogene Themen der Mathematikdidaktik (5 Items), z. B.: Entwicklung von Unterrichtsplänen (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 111). Folgende Skalen zur Erfassung der Lerngelegenheiten in Pädagogik wurden verwendet: - Theorieorientierte Grundlagen der Pädagogik (3 Items), z. B.: Soziologie der Bildung; - Anforderungsbezogene Themen der Pädagogik (5 Items), z. B.: Strukturierung von Unterricht, Umgang mit Heterogenität (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 111). Die theorie- und anforderungsbezogenen Skalen wurden so ausdifferenziert, um das Potential zu haben, für die Diskussion zur „Polyvalenz versus Professionalisierung“ (also der Orientierung der Lehre an der Fachsystematik oder an der späteren Berufspraxis) empirische Erkenntnisse zu liefern (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 105f). Mit Hilfe ipsativer Werte (Cunningham et al., 1977; Fischer, 2004) wurden auf internationaler Ebene Profile für alle wahrgenommenen Lerngelegenheiten erstellt:
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Hierbei wurde zwischen der Fachwissenschaft Mathematik und den sogenannten Berufswissenschaften differenziert. Unter dem Begriff Berufswissenschaften werden hier die Fachdidaktik und die Pädagogik subsumiert. Je nach Land und Ausbildungsgang werden die Lerngelegenheiten unterschiedlich wahrgenommen: In manchen Ländern oder Studiengängen prädominiert die Fachwissenschaft, in anderen überwiegen die Berufswissenschaften, in anderen werden die Lerngelegenheiten als gleich häufig auftretend wahrgenommen. Erwartungskonform ist hier der Befund, dass in den meisten Ausbildungsgängen mit Lehrberechtigung bis zur 13. Klasse die mathematischen Lerngelegenheiten als vorherrschend wahrgenommen werden (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 125), was mit dem höheren Grad an fachlicher Spezialisierung übereinstimmt. Zusätzlich wurden mit Hilfe ipsativer Werte Profile für die wahrgenommenen Lerngelegenheiten in den mathematischen Inhaltsbereichen erstellt. Die wahrgenommenen Foki variieren zwischen Geometrie, Arithmetik/Algebra, Analysis und Stochastik je nach Land und Ausbildungsgang. Es wird festgehalten, dass in fast allen Ausbildungsgängen mit Lehrberechtigung bis zur 13. Klasse am häufigsten Lerngelegenheiten in Analysis wahrgenommen werden (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 119f). Zusätzlich zur Befragung der Lehramtskandidaten wurde auch eine Analyse der Studien-, Prüfungs- und Ausbildungsordnungen durchgeführt, um auch das intendierte Curriculum abzubilden. Dabei zeigt sich, dass fast keine signifikanten Abweichungen der Angaben der angehenden Lehrkräfte von den curricularen Angaben existieren (Blömeke, König, Kaiser & Suhl, 2010, S. 105f). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Zur Erklärung des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens der Lehramtskandidaten wurde ein Modell gerechnet, in dem sowohl individuelle als auch Ausbildungsmerkmale als Prädiktoren berücksichtigt wurden. Individuelle Merkmale sind hierbei das Geschlecht, der sprachliche Hintergrund, der Bildungshintergrund, das generische und domänenspezifische Vorwissen und die Berufswahlmotive. Ausbildungsmerkmale sind die Lerngelegenheiten in Mathematik und Mathematikdidaktik und die Lehrmethoden. Die Ergebnisse zeigen, dass auch bei Kontrolle des Ausbildungsgangs (Sekundarstufe-1 oder Gymnasium) und der individuellen Merkmale der Umfang der in Mathematik wahrgenommenen Lerngelegenheiten Einfluss auf das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen hat, während der Umfang der mathematikdidaktischen Lerngelegenheiten und die Lehrmethoden keinen Einfluss auf die Wissenskomponenten haben (Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011, S. 96). Der fehlende Zusammenhang zwischen den mathematikdidaktischen Lerngelegenheiten und dem fachdidaktischen Wissen repliziert die Ergebnisse aus MT21; allerdings wird hier angemerkt, dass der Test zum fachdidaktischen Wissen mathematikaffin angelegt war. Zusätzlich weisen die Autoren darauf hin, dass die präsentierten Befunde in einem Globalmodell über alle Länder berechnet wurden und empfehlen weiterführende Analysen auf Länderebene (Blömeke, Kaiser & Döhrmann, 2011, S. 98).
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Determinanten des Professionswissens
(b4) Unterschiede nach Praxisphasen Erfassung In der vorliegenden Arbeit wird hauptsächlich auf die TEDS-M-Studie zur Kohorte der angehenden Sekundarstufen-1-Lehrkräfte eingegangen. An dieser Stelle wird um Erkenntnisse aus der TEDS-M-Studie zur Kohorte der angehenden Primarstufenlehrkräfte ergänzt. Für angehende Lehrkräfte aus Deutschland und den USA wurden zusätzlich zum pädagogischen Wissen auch Aspekte der praktischen Erfahrungen während der Lehramtsausbildung erhoben. Erfasst wurden (1) der Anteil der Zeit im Praktikum, die man selbst unterrichtet hat, und (2) der Anteil der Zeit, in der Mentoren im Klassenraum anwesend waren, jeweils mit den Ausprägungen: - Weniger als 1/4 der Gesamtzeit; - Mehr als 1/4, aber weniger als die Hälfte der Gesamtzeit; - Mehr als die Hälfte, aber weniger als 3/4 der Gesamtzeit; - 3/4 der Gesamtzeit oder mehr (König & Blömeke, 2012, S. 347). Auf Basis der zwei erfassten Aspekte wurde eine latente Klassenanalyse durchgeführt, durch die drei Praktikumstypen identifiziert wurden: - Typ 1: Beginnend: kleiner Anteil an Praktikumszeit selbst unterrichtet; relativ großer Anteil an Praktikumszeit waren die Mentoren im Klassenzimmer; - Typ 2: Autonom: die meiste Zeit selbst unterrichtet; Mentoren meist nicht anwesend; - Typ 3: Ausgewogen: ausreichend Zeit selbst unterrichtet; ausreichend Mentoring (König & Blömeke, 2012, S. 348f). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Darauffolgend wurde untersucht, ob Unterschiede im pädagogischen Wissen je nach erlebten Praxisphasen existieren. Lehramtskandidaten mit Praxiserfahrungen des Typs 3 verfügen über ein ausgeprägteres pädagogisches Wissen als Lehramtskandidaten mit Praxiserfahrungen vom Typ 1 und weisen eine Tendenz zu besserem pädagogischen Wissen als Lehramtskandidaten mit Praxiserfahrungen des Typs 2 auf. Allerdings wurden keine Indizien dafür gefunden, dass das Ausmaß an praktischen Lerngelegenheiten linearen Einfluss auf das pädagogische Wissen hat, in dem Sinne „je mehr, desto besser“ (König & Blömeke, 2012, S. 350).
(e) Unterrichtspraxis als Lerngelegenheit Die im Rahmen von TEDS-M im letzten Jahr ihrer Ausbildung getesteten und befragten angehenden Lehrkräfte wurden vier Jahre danach (im Rahmen von TEDSFU) erneut getestet. Somit ergibt sich ein längsschnittliches Design: Zu beiden Zeitpunkten wurden unter anderem das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen erhoben. Im Fachwissen gibt es durchschnittlich leichte Vergessenseffekte, die jedoch praktisch nicht bedeutsam sind (Blömeke et al., 2014, S. 510). Dabei kann das Fach-
Lerngelegenheiten als Determinanten
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wissen zum zweiten Zeitpunkt durch das Fachwissen zum ersten Messzeitpunkt mit β = 0, 68 vorhergesagt werden. Somit bleibt die Rangreihe der Mathematiklehrkräfte bezogen auf das Fachwissen relativ stabil (Blömeke et al., 2014, S. 530). Im fachdidaktischen Wissen gibt es keinen signifikanten durchschnittlichen Zuwachs, jedoch eine starke Umordnung in der Rangreihe der Mathematiklehrkräfte β = 0, 36 (Blömeke et al., 2014, S. 529ff). Diese wird von den Autoren als Effekt unterschiedlicher Lerngelegenheiten in der eigenen Unterrichtspraxis bei gleichzeitig unterschiedlichen Bemühungen um Verbesserungen bei den einzelnen Lehrkräften interpretiert (Blömeke et al., 2014, S. 534).
3.2.4
TEDS-LT
Die Studie TEDS-LT (Teacher Education and Development Study: Learning to Teach) ist eine Erweiterung der im Rahmen von TEDS-M angefangenen Arbeiten. Zusätzlich zu angehenden Lehrkräften im Fach Mathematik werden hier auch angehende Lehrkräfte in den Fächern Deutsch und Englisch untersucht. Es handelt sich um ein Forschungsvorhaben im Rahmen Deutschlands, das sowohl traditionelle Staatsexamensstudiengänge als auch neue Bachelor- und Master-Studiengänge inkludiert, d. h. Studiengänge in nicht-modularisierter und modularisierter Form. Die Studie war ursprünglich als Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten geplant. Da von den erhaltenen Daten nur 10% echte Längsschnittdaten darstellen, wird die Studie als Quasi-Längsschnitt mit zwei Messzeitpunkten gesehen. Erfasst werden das Fachwissen, das fachdidaktische und pädagogische Wissen sowie das implementierte Curriculum (Buchholtz, Kaiser & Blömeke, 2014, S. 116; Blömeke, 2013). Die Autoren schreiben, dass die Zielpopulation zum ersten Messzeitpunkt aus Lehramtsstudierenden im 3.-5. Semester bestünde. Ein Blick auf die Stichprobenausschöpfung zeigt allerdings, dass über ein Drittel der Studierenden bereits in höheren Fachsemestern war. Bezogen auf den zweiten Messzeitpunkt wird behauptet, die Zielpopulation würde sich aus Studierenden im 6.-8. Semester zusammensetzen. Die Verteilung über die Semester zeigt jedoch, dass knapp die Hälfte der Stichprobe in niedrigeren Semestern studiert (Buchholtz & Kaiser, 2013, S. 126). Die im Folgenden präsentierten Ergebnisse sollen daher als für Lehramtsstudierende geltend angesehen werden, ohne eine Eingrenzung auf bestimmte Studienabschnitte. Tabelle 3.5 zeigt die im Rahmen von TEDS-LT untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften.
(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Erster Messzeitpunkt Zum ersten Messzeitpunkt verfügen Lehramtsstudierende für Gymnasien und Gesamtschulen über ein ausgeprägteres Fachwissen und fachdidaktisches Wissen als
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Determinanten des Professionswissens
Tabelle 3.5: Lerngelegenheiten in TEDS-LT Lerngelegenheiten (OTL) (a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in TEDS-LT nein ja nein ja nein ja nein ja nein nein nein
Lehramtsstudierende für Grund-, Haupt- und Realschulen: d = 1, 1 in der fachwissenschaftlichen Dimension Arithmetik, d = 1 in der fachwissenschaftlichen Dimension Algebra und d = 0, 8 in der Fachdidaktik. Für diese Analysen wurden nur jene Standorte berücksichtigt, an denen beide Studiengänge vertreten waren (Buchholtz et al., 2011, S. 129f). Strukturidentische Befunde zum pädagogischen Wissen werden nicht berichtet. Das pädagogische Wissen hängt für die Gesamtgruppe sowohl mit dem fachdidaktischen Wissen als auch mit den zwei Dimensionen des Fachwissens (Arithmetik und Algebra) mit ca. r = 0, 2 zusammen. Bezogen auf die Analyse für die unterschiedlichen Lehramtszugänge wird dokumentiert, dass auch hier analoge Ergebnisse zu TEDS-M gefunden wurden: Der Grad an fachlicher Spezialisierung in Mathematik beeinflusst die Stärke des Zusammenhangs zwischen dem pädagogischen und dem fachbezogenen Wissen wie folgt: Je höher der Grad dieser fachlichen Spezialisierung ist, desto geringer ist auch die genannte Assoziation. Dabei wird berichtet, dass die Korrelation zwischen fachdidaktischem und pädagogischem Wissen für Studierende des Lehramts mit Lehrberechtigung bis zur 10. Klasse einen Wert von r = 0, 29 erreicht (König, Blömeke & Doll, 2011, S. 151). Zweiter Messzeitpunkt Zum zweiten Messzeitpunkt weisen Lehramtsstudierende für Gymnasien und Gesamtschulen ein höheres Fachwissen und stoffdidaktisches Wissen als Lehramtsstudierende für Grund-, Haupt- und Realschulen auf: d = 0, 9 in der fachwissenschaftlichen Dimension Arithmetik, d = 0, 8 in der fachwissenschaftlichen Dimension Algebra und d = 0, 8 in der Stoffdidaktik. Hingegen finden sich in der erziehungswissenschaftlich-psychologischen Dimension des mathematikdidaktischen Wissens keine signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Studiengängen. Die Autoren halten fest, dass das erziehungswissenschaftlich-psychologische Wissen ein Bereich ist, in dem die Lehramtsstudierenden für Grund-, Haupt- und Realschu-
Lerngelegenheiten als Determinanten
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len Stärken haben, weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass die Reliabilitätswerte für diese Dimension gering sind, was auf die „inhaltliche Heterogenität und die Neuartigkeit dieser Skala zurückgeführt werden kann“ (Buchholtz & Kaiser, 2013, S. 129, 136). Bezogen auf das pädagogische Wissen berichten die Autoren von einer längsschnittlichen Skalierung der zwei Messzeitpunkte, wobei hier Lehramtsstudierende aller drei in TEDS-LT untersuchten Fächer (Mathematik, Deutsch und Englisch) einbezogen werden (König, Blömeke & Schwippert, 2013, S. 150ff). Konkrete Ergebnisse zu Mittelwertsvergleichen zwischen den Ausbildungsgängen werden von den Autoren nicht veröffentlicht, weder für die Gesamtstichprobe noch getrennt nach Fach. Mit einem Regressionsmodell mit dem Studienort, dem Ausbildungsgang, dem Unterrichtsfach und der Semesterzahl als Prädiktoren sowie der Abiturnote als Kontrollvariable werden insgesamt 5% der Varianz des pädagogischen Wissens erklärt. Bei Kontrolle der genannten Variablen haben die Lehramtsstudierenden für Gymnasium und Gesamtschulen ein ausgeprägteres pädagogisches Wissen als Lehramtsstudierende für Grund-, Haupt- und Realschulen. Es wird berichtet, der Ausbildungsgang habe einen kleinen Effekt „0.1 < |β| < 0.3“ (König, Blömeke & Schwippert, 2013, S. 159f), der genaue Wert wird nicht angegeben. Dieses Modell wurde über die Stichprobe der Studierenden aller drei untersuchten Fächer (Mathematik, Deutsch und Englisch) gerechnet. Interessant für die vorliegende Arbeit wäre ein ähnliches Modell, das allerdings nur die Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik inkludiert. Die fünf Facetten des Professionswissens (Fachwissen Arithmetik, Fachwissen Algebra, Stoffdidaktik, erziehungswissenschaftlich-psychologisches Wissen, pädagogisches Wissen) wurden zu einem latenten Konstrukt des Professionswissens modelliert (Blömeke, Buchholtz & Bremerich-Vos, 2013, S. 171). Die schlechten FitWerte dieses Models wurden für künftige Analysen in Kauf genommen (Blömeke et al., 2013, S. 180). Mithilfe eines Regressionsmodells soll dieses Professionswissen vorhergesagt werden. Als individuelle Prädiktoren werden das Geschlecht, die Abiturnote und der Migrationshintergrund und als institutionelle Prädiktoren der Ausbildungsgang, der Studienort und das Zweitfach gewählt. Hierbei hat das Zweitfach die Ausprägungen Sprache, Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft, jeweils dummycodiert. Es zeigt sich, dass Studierende für Gymnasien und Gesamtschulen ein ausgeprägteres Professionswissen haben als Studierende für Grund-, Haupt- und Realschulen (β = −0, 29) (Blömeke et al., 2013, S. 180f).
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Erfassung Zusätzlich zur Erfassung von Leistungsdaten werden auch der zeitliche Studieraufwand und die Lehrqualität erhoben.
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Determinanten des Professionswissens
In Anlehnung an Bargel, Ramm und Multrus (2004, zit. nach Stancel-Piatak et al. 2013, S. 193) wurden zur Erfassung des zeitlichen Studieraufwands folgende Aspekte erfasst: - Zeit für die vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen; - Zeit für Arbeitsgruppen; - Zeit für freiwillige Lehrveranstaltungen; - Zeit für Vor- und Nachbereitung; - Sonstiger studienbezogener Aufwand (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 193). Die Lehrqualität wurde in Anlehnung an Schiefele, Moschner und Husstegge (2002, zit. nach Stancel-Piatak et al. 2013, S. 194) erhoben. Hierbei werden unter diesem Begriff folgende Aspekte subsumiert: - Strukturierung in den Seminaren; - Theorie-Praxis-Bezüge; - Leistungsdruck/ Arbeitsaufwand; - Kognitive Aktivierung (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 194). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Um den Einfluss der Aspekte des zeitlichen Studieraufwands und der Lehrqualität auf die Wissensdimensionen zu untersuchen, wurden multiple Regressionsanalysen mit explorativem Charakter (p ≤ 0.15) durchgeführt, in denen zusätzlich zum zeitlichen Studieraufwand und der Lehrqualität die individuellen Merkmale Geschlecht, Motivation und Selbstkonzept berücksichtigt wurden (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 213f). Für das Fachwissen wurden schwache positive Effekte der aufgewendeten Zeit für obligatorische Veranstaltungen, für Arbeitsgruppen und für die Vor- und Nachbereitung gefunden (β = 0, 17 bzw. β = 0, 16 bzw. β = 0, 26). Die kognitive Aktivierung hat auch positive Auswirkungen auf das Fachwissen (β = 0, 22). Zusätzlich zeigen die Ergebnisse, dass Theorie-Praxis-Bezüge in den Veranstaltungen zur Fachwissenschaft mit niedrigeren Leistungen im Fachwissen einhergehen. Jeder dieser Faktoren hatte nur zu einem der zwei Messzeitpunkte einen signifikanten Einfluss auf das Fachwissen. Für das fachdidaktische Wissen gibt es einen geringen positiven Effekt der aufgewendeten Zeit für die Arbeitsgruppen, sowohl zum ersten Messzeitpunkt (β = 0.27) als auch zum zweiten (β = 0, 24). Weiterhin ist zum ersten Zeitpunkt ein erhöht empfundener Leistungsdruck mit einem weniger ausgeprägten fachdidaktischen Wissen assoziiert (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 221). Insgesamt konnten der Zeit für obligatorische Veranstaltungen und für Arbeitsgruppen lernförderliche Tendenzen hinsichtlich des fachbezogenen Wissens attestiert werden (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 222). Für das pädagogische Wissen wurden so gut wie keine signifikanten Einflüsse gefunden (Stancel-Piatak et al., 2013, S. 224).
Lerngelegenheiten als Determinanten
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(b5) Unterschiede nach Zweitfach Mithilfe eines Regressionsmodells soll das oben erwähnte Professionswissen vorhergesagt werden. Als individuelle Prädiktoren werden das Geschlecht, die Abiturnote und der Migrationshintergrund gewählt, als institutionelle Prädiktoren der Ausbildungsgang, der Studienort und das Zweitfach. Hierbei hat das Zweitfach die Ausprägungen Sprache, Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft, jeweils dummycodiert. Es stellt sich heraus, dass Studierende mit Naturwissenschaften als Zweitfach ein ausgeprägteres Professionswissen als Studierende mit einer Sprache als Zweitfach (β = −0, 22) und als Studierende mit einem geisteswissenschaftlichen Zweitfach (β = −0, 23) haben (Blömeke et al., 2013, S. 180f).
(c) Unterschiedliche Studienstandorte als Lerngelegenheiten Mit Hilfe eines Regressionsmodells mit dem Studienort, dem Ausbildungsgang, dem Unterrichtsfach und der Semesterzahl als Prädiktoren sowie der Abiturnote als Kontrollvariable werden insgesamt 5% der Varianz des pädagogischen Wissens erklärt. Es wird berichtet, der Studienstandort habe bei Kontrolle der genannten Variablen einen kleinen Effekt „0.1 < |β| < 0.3“ (König, Blömeke & Schwippert, 2013, S. 159), der genaue Wert wird nicht angegeben. Dieses Modell wurde über die Stichprobe der Studierenden aller drei untersuchten Fächer (Mathematik, Deutsch und Englisch) gerechnet. Interessant für die vorliegende Arbeit wäre ein ähnliches Modell, das allerdings nur die Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik inkludiert.
3.2.5
LEK und LEK-R
Die Studie LEK (Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden) hat zum Ziel, die Entwicklung des pädagogischen Professionswissens im Verlauf der universitären Lehrerausbildung unter dem Einfluss individueller und institutioneller Determinanten zu untersuchen. Verwendet wird ein längsschnittlich angelegtes Design: Der erste Messzeitpunkt liegt im 1. Semester, der zweite im 4. Semester. Zur Erfassung des pädagogischen Professionswissens werden (1) eine Testkomponente zur Erfassung von pädagogischem Unterrichtswissen aus TEDS-M und (2) ein Instrument zur Erfassung von bildungswissenschaftlichem Wissen aus dem Projekt Standards – Profile – Entwicklung – Evaluation (SPEE) (Rinkens, Langenbacher-Liebgott, Reinhold, Tulodziecki & Hilligus, 2004) eingesetzt. Zusätzlich werden die Lernvoraussetzungen zu Beginn des Studiums und die Lerngelegenheiten im Rahmen der Lehramtsausbildung erhoben (König & Seifert, 2012). Im Rahmen von LEK-R (Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden und Referendaren) werden die Probanden aus
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Determinanten des Professionswissens
LEK zu Beginn und zum Ende des Referendariats erneut getestet und befragt (Darge et al., 2014). Tabelle 3.6 zeigt die im Rahmen von LEK und LEK-R untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.6: Lerngelegenheiten in LEK und LEK-R Lerngelegenheiten (OTL)
Untersuchung in LEK und LEK-R
(a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
ja nein
nein nein ja ja nein nein ja ja nein nein
(a1) Wissenszuwächse Um die Entwicklung des pädagogischen Unterrichtswissens vom 1. zum 4. Semester zu untersuchen, wurden (1) die zwei Querschnitte quasi-längsschnittlich ausgewertet (Kohortenvergleich) und anschließend (2) Analysen jener Probanden durchgeführt, die zu beiden Messzeitpunkten teilgenommen haben (echte Längsschnittanalysen) (König, 2012a, S. 168). Beim Kohortenvergleich wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt, um das pädagogische Unterrichtswissen zu erklären. Als unabhängige Variablen wurden der Zeitpunkt (1. oder 4. Studiensemester), der Studienstandort und der Ausbildungsgang eingefügt. Es zeigt sich, dass Studierende im 4. Semester über ein ausgeprägteres pädagogisches Unterrichtswissen als Studienanfänger verfügen (β = 0, 48). Ähnliche Analysen bestätigen diesen Befund auch bei der Aufteilung des pädagogischen Unterrichtswissens in inhaltliche oder kognitive Dimensionen (Umgang mit Heterogenität, Strukturierung von Unterricht, Klassenführung/ Motivierung, Leistungsbeurteilung bzw. Erinnern, Verstehen / Analysieren, Kreieren). Die Entwicklungen in den einzelnen Dimensionen sind unterschiedlich stark (König, 2012a, S. 171).
Lerngelegenheiten als Determinanten
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Die Analyse der echten Längsschnittprobanden bestätigt dieses Bild: Es finden Wissenszuwächse im pädagogischen Unterrichtswissen statt (d = 1, 22). Bei der Betrachtung der inhaltlichen und kognitionsbezogenen Dimensionen werden wiederum unterschiedlich starke Wissenszuwächse verzeichnet (von d = 0, 42 bis d = 1, 33) (König, 2012a, S. 175). Das pädagogische Unterrichtswissen im 1. Semester hängt mit dem pädagogischen Unterrichtswissen im 4. Semester mit r = 0, 46 zusammen. Dies bedeutet, dass starke Umordnungen in der Reihenfolge der Studierenden bezogen auf diese Wissenskomponente stattfinden. Somit sind die Wissenserwerbsprozesse der Studierenden im pädagogischen Unterrichtswissen heterogen (König, 2012a, S. 162). Es kann festgehalten werden, dass sowohl der Kohortenvergleich als auch die echte Längsschnittanalyse signifikante Wissenszuwächse von großer praktischer Bedeutsamkeit belegen. Dabei wird die Wirksamkeit der Lehrerausbildung für den Erwerb des pädagogischen Unterrichtswissens sichtbar. Die unterschiedlich starken Wissenszuwächse in den einzelnen Dimensionen des pädagogischen Unterrichtswissens deuten auf Stärken und Schwächen der Lehrerausbildung in den ersten vier Semestern: Beispielsweise wird die Anbahnung von deklarativem und konzeptuellanalytischem Wissen (kognitive Dimensionen Erinnern, Verstehen/Analysieren) in den ersten vier Studiensemestern eher fokussiert als jene von handlungsnahem Wissen (kognitive Dimension Kreieren). Somit werden typische Schwerpunktsetzungen universitärer Lerngelegenheiten aus Einführungsvorlesungen widergespiegelt (König, 2012a, S. 179ff; König, 2012b, S. 4f). Strukturidentische Analysen wurden für das bildungswissenschaftliche Wissen durchgeführt. Auch hier belegen die Ergebnisse zu den Wissenszuwächsen vom 1. zum 4. Semester die generelle Wirksamkeit der Lehrerausbildung, die Existenz von Stärken und Schwächen sowie die Heterogenität der Wissenserwerbsprozesse (Seifert & Schaper, 2012). Verknüpfung mit Daten aus TEDS-M Um die Entwicklung des pädagogischen Unterrichtswissens über eine längere Zeitspanne zu analysieren, wurde die Tatsache genutzt, dass in den Studien LEK und TEDS-M dasselbe Testinstrument eingesetzt wurde. Die Daten aus den zwei Untersuchungen wurden zusammengelegt. Somit erhielt man für angehende Grundschullehrkräfte (Ausbildungsgang für die Klassen 1 bis 4) einen Quasi-Längsschnitt mit drei Messzeitpunkten: - Messzeitpunkt 1: Studierende im 1. Semester (Daten aus der LEK-Studie); - Messzeitpunkt 2: Studierende zum Ende des 4. Semesters (Daten aus der LEK-Studie); - Messzeitpunkt 3: Referendare im letzten Jahr des Referendariats (Daten aus der Studie TEDS-M). Die Befunde belegen einen kontinuierlichen Wissenszuwachs im pädagogischen Unterrichtswissen. Zusätzlich wurden getrennte Analysen für die kognitiven Dimensionen durchgeführt. In der Dimension Erinnern findet ein kontinuierlicher Wissenszuwachs statt: d = 1, 21 zwischen dem ersten und dem zweiten Messzeitpunkt und d = 1, 44 zwischen dem zweiten und dem dritten Messzeitpunkt. Bezogen auf
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Determinanten des Professionswissens
die Dimension Verstehen/ Analysieren wurde festgestellt, dass der Wissenszuwachs zwischen den ersten zwei Messzeitpunkten mit d = 1, 33 viel größer ist als der Zuwachs zwischen den letzten zwei Messzeitpunkten d = 0, 37, somit wird in dieser Dimension in der ersten Phase mehr Wissen erworben als in der zweiten Phase. In der Dimension Kreieren gibt es in der ersten Phase einen Wissenszuwachs von d = 0, 59 und in der zweiten einen viel stärkeren Zuwachs von d = 1, 29 (König, 2013, S. 1016). Diese Wissensentwicklung in den zwei Phasen ist konform mit den Erwartungen der Autoren, denn in der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung werden in der Regel solche Lerngelegenheiten angeboten, die Wissenserwerbsprozesse auf genau diesen Dimensionen anregen (König, 2013, S. 1018ff). Somit wurden die generelle Wirksamkeit der Lehrerbildung und die Fokussierungen der ersten und zweiten Phase mit Hilfe quasi-längsschnittlicher Daten empirisch belegt. Um diese Wissensentwicklung auch anhand echter Längsschnittdaten untersuchen zu können, wurde im Rahmen von LEK-R eine Fortführung von LEK angestrebt. Gleiche Probanden wie in der LEK-Studie werden hier zu zwei Zeitpunkten getestet, zu Beginn und zum Ende des Referendariats. Zusätzlich zur Erfassung des pädagogischen Unterrichtswissens werden hier auch verhaltsnahe Maße der angehenden Lehrkräfte erfasst (Darge et al., 2014). Ergebnisse stehen bisher noch aus.
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Erfassung Zusätzlich zur Erfassung des Professionswissens der angehenden Lehrkräfte wurden die Studierenden im vierten Semester zu institutionellen Ausbildungsmerkmalen, nämlich den besuchten Lehrveranstaltungen, den behandelten Inhalten und der Qualität der Lehrmethoden, befragt. Bezogen auf die besuchten Lehrveranstaltungen sollten die Studierenden angeben, ob sie bestimmte Veranstaltungen bereits abgeschlossen hatten, gerade besuchten oder noch nicht besucht hatten. Anschließend wurde ein gewichteter Summenwert für jeden Probanden berechnet: Für bereits abgeschlossene Veranstaltungen lag das Gewicht bei 2, gerade besuchte Veranstaltungen wurden mit 1 gewichtet, nicht besuchte Veranstaltungen mit 0. Diese Summenwerte wurden hauptsächlich auf Standortebene analysiert (Darge, Schreiber, König & Seifert, 2012, S. 90f). Bezogen auf die Ausbildungsinhalte sollten die Studierenden angeben, wie intensiv die folgenden Inhalte behandelt wurden: - 5 Items zum Unterrichten: z. B. Reflexion von eigenem Unterricht; - 3 Items zum formativen Beurteilen: z. B. Erkennen von Lernschwierigkeiten; - 3 Items zum summativen Beurteilen: z. B. Beurteilen von Schülerleistungen; - 3 Items zum Innovieren: z. B. Professionalisierung von Lehrpersonen;
Lerngelegenheiten als Determinanten
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- 4 Items zum Umgang mit Heterogenität: z. B. Unterschiede von Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher sozialer Herkunft (Darge et al., 2012, S. 90). Die Qualität der Lehrmethoden wurde mit Hilfe der Skalen Partizipation, strukturierte Vermittlung und kognitive Aktivierung operationalisiert. Die Studierenden sollten angeben, wie häufig folgende Aspekte eintreffen: - 3 Items zu Partizipation: z. B. „In den von mir besuchten Seminaren der Pädagogik/Erziehungswissenschaft bzw. Bildungswissenschaft werden Studentinnen und Studenten in die Gestaltung der Veranstaltung einbezogen.“ - 3 Items zur strukturierten Vermittlung: z. B. „In den von mir besuchten Vorlesungen der Pädagogik/Erziehungswissenschaft bzw. Bildungswissenschaft wird das Wissen gut strukturiert vermittelt.“ - 7 Items zur kognitiven Aktivierung: z. B. „In den von mir besuchten Seminaren der Pädagogik/ Erziehungswissenschaft bzw. Bildungswissenschaft sind die Studentinnen und Studenten geistig aktiv“ (Darge et al., 2012, S. 96). Somit findet an jedem Standort eine Bestandsaufnahme der erziehungswissenschaftlichen Lerngelegenheiten statt, die die Studierenden bis zum Ende des 4. Semesters nutzen. Zusammenhänge mit Leistungsdaten Getrennt für jeden Standort wurde untersucht, ob das pädagogische Unterrichtswissen bzw. das bildungswissenschaftliche Wissen der Studierenden im vierten Semester mit den von ihnen besuchten Lehrveranstaltungen zusammenhängen. Es zeigt sich, dass der Besuch von Lehrveranstaltungen, die inhaltliche Überlappungen mit dem getesteten Wissen aufweisen, sich in einem systematischen Zusammenhang mit diesem Wissen niederschlägt (p < 0, 10) (König, Tachtsoglou & Seifert, 2012, S. 277f; König & Seifert, 2012, S. 26; siehe auch König, 2012b, S. 5). Die behandelten Inhalte weisen an einigen der Untersuchungsstandorte geringe, jedoch erwartungskonforme Zusammenhänge sowohl zum pädagogischen Unterrichtswissen als auch zum bildungswissenschaftlichen Wissen auf: Je intensiver die Studierenden die Vermittlung der relevanten Inhalte wahrgenommen haben, desto umfangreicher ist ihr Wissen auf den entsprechenden inhaltlichen Gebieten (König et al., 2012, S. 278f; König & Seifert, 2012, S. 26). Bezogen auf die Qualität der Lehrmethoden weist lediglich die Skala der Partizipation signifikante Zusammenhänge zum pädagogischen Unterrichtswissen an einem der Untersuchungsstandorte auf. Die strukturierte Vermittlung und die kognitive Aktivierung hängen mit dem pädagogischen Unterrichtswissen nicht zusammen. Weiterhin ist das bildungswissenschaftliche Wissen mit keiner der drei Skalen assoziiert (König et al., 2012, S. 258, 279; König & Seifert, 2012, S. 27). An der Universität Paderborn wurde eine Ergänzungsstudie zu LEK durchgeführt. Hierbei wurde der Test zum bildungswissenschaftlichen Wissen bei BachelorStudierenden im 5.-6. Semester eingesetzt. Zusätzlich wurde eine Onlinebefragung zu besuchten Modulveranstaltungen durchgeführt. Der Besuch von einzelnen Veranstaltungen sowie die Anzahl der besuchten Veranstaltungen pro erziehungswissenschaftlichem Modul wurde mit dem bildungs-
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Determinanten des Professionswissens
wissenschaftlichen Wissen korreliert. Es ergeben sich schwache, aber signifikante Assoziationen (r = 0, 15 bis r = 0, 27). Studierende, die mehr Lerngelegenheiten genutzt haben, weisen auch bessere Leistungen im Test zum bildungswissenschaftlichen Wissen auf (Watson, Seifert & Schaper, 2015, S. 154ff).
(b4) Unterschiede nach Praxisphasen Erfassung Die schulpraktische Komponente bezieht sich auf das erste Schulpraktikum im Rahmen der Lehrerausbildung. Erstens wurde erfasst, ob die Studierenden das Praktikum absolviert haben. Falls ja, wurde nachgefragt, welche der folgenden Tätigkeiten im Laufe des Praktikums durchgeführt wurden: - Unterrichtsbezogene Tätigkeiten im Praktikum: Hospitation von Unterricht, Beobachten von Unterricht eines Kommilitonen, Halten von Unterricht in Anwesenheit eines Lehrers, Halten von Unterricht in Abwesenheit eines Lehrers; - Außerunterrichtliche Tätigkeiten im Praktikum: Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Teilnahme an Schulveranstaltungen; - Soziale Unterstützung im Praktikum in Form von Gesprächen: Einzelgespräch mit einem Dozenten von der Universität, Einzelgespräch mit dem Mentor der Praktikumsschule, Einzelgespräch mit dem Schulleiter der Praktikumsschule; - Lernaufgabenbezogene Tätigkeiten im Praktikum: Schreiben eines Praktikumsberichts, Erheben von Daten für den Praktikumsbericht, Analyse und Reflexion von eigenem Unterricht im Praktikumsbericht, Darlegung einer Unterrichtsplanung im Praktikumsbericht, forschendes Lernen (Darge et al., 2012, S. 91, 107ff). Zuletzt wurde nach einer Beurteilung des Schulpraktikums in Form von Zustimmung oder Ablehnung folgender Items verlangt: - 3 Items zur Lehrerrolle: z. B. „Das Praktikum hat mir geholfen, mich mit meiner Rolle als Lehrkraft zu identifizieren.“ - 3 Items zu beruflichen Aufgaben: z. B. „Das Praktikum hat mir geholfen, eine realistische Vorstellung vom Arbeitsalltag von Lehrerinnen und Lehrern zu bekommen.“ - 3 Items zur Praktikumstätigkeit: z. B. „Das Praktikum hat mir geholfen, Lernsituationen und Lernvorgänge systematisch zu erfassen.“ - 2 Items zur Unterrichtstätigkeit: z. B. „Das Praktikum hat mir geholfen, exemplarisch Unterricht durchzuführen.“ - 3 Items zur Berufswahlprüfung: z. B. „Das Praktikum hat mir geholfen, mir klar zu werden, ob ich den Beruf des Lehrers/der Lehrerin ausüben kann“ (Darge et al., 2012, S. 91). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Studierende, die das Schulpraktikum absolviert haben, verfügen durchschnittlich
Lerngelegenheiten als Determinanten
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über besseres pädagogisches Unterrichtswissen als Studierende, die dieses Praktikum noch nicht absolviert haben. Weiterhin verfügen Studierende, die im Rahmen des Schulpraktikums selbst unterrichtet haben, über ein umfangreicheres pädagogisches Unterrichtswissen als Studierende, die dies noch nicht getan haben. Insbesondere zeigt sich dieser Unterschied bei der kognitionsbezogenen Dimension des Kreierens. Bezogen auf das bildungswissenschaftliche Wissen zeigen die Ergebnisse, dass das Halten von eigenem Unterricht im Schulpraktikum einen signifikanten Einfluss auf die Skala Erziehung und Bildung hat (König, 2012b, S. 5; König & Seifert, 2012, S. 27f; König et al., 2012, S. 279f).
(c) Unterschiedliche Studienstandorte als Lerngelegenheiten An jedem der Untersuchungsstandorte (Erfurt, Köln, Paderborn, Passau) weisen Studierende im 4. Semester ein ausgeprägteres pädagogisches Unterrichtswissen und ein ausgeprägteres bildungswissenschaftliches Wissen als Studierende im 1. Semester auf. Es handelt sich jeweils um Wissenszuwächse von großer praktischer Bedeutsamkeit: d = 0, 86 bis d = 1, 4 (König, 2012a, S. 177; König, 2012b, S. 5).
(d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als Lerngelegenheiten Erfassung Zusätzlich zum Professionswissen wurden auch die pädagogischen Erfahrungen vor Studienbeginn erfasst, denn bereits diese stellen informelle Lerngelegenheiten zum Erwerb von pädagogischem bzw. fachdidaktischem Wissen dar. Die Studierenden sollten aus folgender Liste die bereits gemachten Erfahrungen auswählen: - Nachhilfeunterricht; - Gestaltung von Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche; - Trainer bzw. Trainerin im Sportbereich; - Ausbildung zum Erzieher/ zur Erzieherin; - Andere Form pädagogischer Vorerfahrungen (Schreiber, Darge, König & Seifert, 2012, S. 135). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Von den erfassten pädagogischen Vorerfahrungen stellt sich das Geben von Nachhilfe als wichtigste Kovariate für das pädagogische Unterrichtswissen der Studienanfänger dar (r = 0, 1). Im Falle des bildungswissenschaftlichen Wissens gibt es Korrelationen zum Geben von Nachhilfeunterricht und zur Gestaltung von Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche (r = 0, 11) (König et al., 2012, S. 240f, 276; König & Seifert, 2012, S. 25; König, 2012b, S. 5). Zusätzlich wurde versucht, das bildungswissenschaftliche Wissen der Studierenden im 4. Semester mit Hilfe einer Regressionsanalyse zu erklären. Zusätzlich zu den pädagogischen Vorerfahrungen wurden das Geschlecht, die Abiturnote und das
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Determinanten des Professionswissens
bildungswissenschaftliche Wissen zu Studienbeginn in das Modell aufgenommen. Es zeigt sich, dass unter Kontrolle der anderen Variablen das Geben von Nachhilfeunterricht einen signifikanten Einfluss (β = 0, 2) auf das bildungswissenschaftliche Wissen hat (König et al., 2012, S. 243).
3.2.6
KiL und KeiLa
Das Projekt KiL (Messung professioneller Kompetenzen in mathematischen und naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen) hatte die primäre Zielsetzung, Instrumente zur Erfassung des Professionswissens bei Lehramtsstudierenden der Sekundarstufe in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften zu entwickeln und zu pilotieren. Bei den Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik wurden das Fachwissen, das fachdidaktische Wissen, das Fachwissen im schulischen Kontext und das pädagogisch-psychologische Wissen untersucht (Loch et al., 2013a; Kleickmann et al., 2014; Hohenstein et al., 2017). Die Folgestudie KeiLa (Kompetenzentwicklung in mathematischen und naturwissenschaftlichen Lehramtsstudiengängen) baut auf die Arbeiten von KiL auf, um Aspekte der Kompetenzentwicklung im Lehramtsstudium unter dem Einfluss individueller und institutioneller Determinanten zu analysieren. Angestrebt sind zwei echte Längsschnitte mit jeweils drei Messzeitpunkten: (1) vom Studienbeginn zum 5. Studiensemester und (2) vom 5. zum 9. Studiensemester (Kleickmann et al., 2014). Tabelle 3.7 zeigt die im Rahmen von KiL und KeiLa untersuchten bzw. zu untersuchenden Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.7: Lerngelegenheiten in KiL und KeiLa Lerngelegenheiten (OTL) (a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in KiL und LeiLa in Vorbereitung nein
ja in Vorbereitung ja nein nein nein nein nein nein nein
Lerngelegenheiten als Determinanten
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(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Im dreidimensionalen Modell für das fachbezogene Wissen, das die Dimensionen Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und Fachwissen im schulischen Kontext enthält, wurden Vergleiche zwischen Studierenden des Lehramts für die Sekundarstufe 1 und Studierenden des Lehramts für die Sekundarstufe 2 unter Kontrolle von Geschlecht und Semester durchgeführt. Im Fachwissen gibt es einen großen Unterschied (partielles η 2 = 0, 24), im fachdidaktischen Wissen einen moderaten Unterschied (partielles η 2 = 0, 08) und im Fachwissen im schulischen Kontext einen geringen, aber signifikanten Unterschied (partielles η 2 = 0, 02). Die Vorteile fallen jeweils zu Gunsten der Sekundarstufen-2-Lehramtsstudierenden aus (Heinze et al., 2016, S. 342). Auch unter Kontrolle des Vorwissens belegen die Befunde, dass Studierende des Lehramts für die Sekundarstufe 2 über ein ausgeprägteres Fachwissen als Studierende des Lehramts für die Sekundarstufe 1 verfügen. Im fachdidaktischen Wissen sind unter Kontrolle des Vorwissens und des Fachwissens die Studierenden des Lehramts für die Sekundarstufe 1 geringfügig besser als die Studierenden des Lehramts für die Sekundarstufe 2. Auch im Fachwissen im schulischen Kontext finden sich geringfügige Vorteile für die Studierenden des Lehramts für die Sekundarstufe 1, wenn das Fachwissen und das Vorwissen kontrolliert werden. Somit trägt der Studiengang zusätzlich zum Fachwissen und zum Vorwissen nur noch geringfügig zur Varianzaufklärung des Fachwissens im schulischen Kontext bei (Loch, 2015, S. 158f). Auch im fachübergreifenden Wissen wurden Vergleiche zwischen Studierenden des gymnasialen und nicht-gymnasialen Lehramts durchgeführt. In vier inhaltlichen Dimensionen des pädagogisch-psychologischen Wissens konnten Vorteile für den gymnasialen Ausbildungsgang gefunden werden: d = 0, 76 in der Dimension Lehren, d = 0, 23 in der Dimension Lernen und Entwicklung, d = 0, 18 in der Dimension Klassenführung, d = 0, 33 in der Dimension Weiterentwicklung/ Innovieren. Hingegen wurden in den Dimensionen Leistungsbeurteilung, Bildungssystem/ Schulorganisation sowie Methoden keine signifikanten Unterschiede gefunden (Hohenstein et al., 2017, S. 105).
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Erfassung Zusätzlich zu den Dimensionen des Professionswissens wurden institutionelle Lerngelegenheiten in Form von Listen mit mathematischen und mathematikdidaktischen Inhaltsbereichen bzw. Vorlesungstiteln erhoben. Diese Listen wurden separat für die Sekundarstufen 1 und 2 erstellt. Die Studierenden gaben an, welche dieser Inhaltsbereiche sie besucht haben. Aus diesen Angaben wurden Summen gebildet, die als Maße für fachliche bzw. fachdidaktische Lerngelegenheiten verwendet wurden (Loch, 2015, S. 89f).
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Determinanten des Professionswissens
Zusätzlich wurden die Anzahl absolvierter Semester im bildungswissenschaftlichen Begleitstudium sowie die Anzahl besuchter bildungswissenschaftlicher Veranstaltungen erfragt (Hohenstein et al., 2017, 105f). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Die fachlichen und fachdidaktischen Lerngelegenheiten wurden in Korrelationsanalysen mit den Wissensdimensionen eingesetzt. Hierbei wurden für die Sekundarstufen 1 und 2 getrennte Analysen durchgeführt. Im Lehramt für die Sekundarstufe 1 haben die fachlichen Lerngelegenheiten keine Effekte auf das Fachwissen oder das Fachwissen im schulischen Kontext. Im Lehramt für die Sekundarstufe 2 haben die fachlichen Lerngelegenheiten einen mittleren signifikanten Effekt auf das Fachwissen (β = 0, 34) und keinen Effekt auf das Fachwissen im schulischen Kontext. Der fehlende Einfluss der fachlichen Lerngelegenheiten auf das Fachwissen im schulischen Kontext wird von der Autorin als Bestätigung für Kleins (1908) Kritik gesehen, dass „Studierende in akademischen Lehrveranstaltungen der Mathematik nicht lernen, ihr akademisches Fachwissen für den Schulunterricht anzuwenden bzw. Zusammenhänge zwischen akademischer Mathematik und der Schulmathematik herzustellen“ (Loch, 2015, S. 148f, 161). Die fachdidaktischen Lerngelegenheiten haben in beiden Ausbildungsgängen einen signifikanten Einfluss, sowohl auf das fachdidaktische Wissen (β = 0, 19 für die Sekundarstufe-1 und β = 0, 25 für die Sekundarstufe-2) als auch auf das Fachwissen im schulischen Kontext (β = 0, 1 für die Sekundarstufe-1 und β = 0, 13 für die Sekundarstufe-2). Hierbei ist der Einfluss auf das fachdidaktische Wissen etwas stärker als der Einfluss auf das Fachwissen im schulischen Kontext, sowohl im Lehramt für die Sekundarstufe-1 als auch im Lehramt für die Sekundarstufe-2 (Loch, 2015, S. 149). Der Erwerb des Fachwissens im schulischen Kontext scheint somit eher in fachdidaktischen Lehrveranstaltungen als in fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen angebahnt zu werden. Im Fall des pädagogisch-psychologischen Wissens korrelieren fast alle inhaltlichen Dimensionen mit der Anzahl der Semester im bildungswissenschaftlichen Begleitstudium und mit der Anzahl der besuchten bildungswissenschaftlichen Veranstaltungen (r bis 0, 4). Ausnahme dabei bildet die Dimension Klassenführung, die negativ mit der Anzahl der besuchten bildungswissenschaftlichen Veranstaltungen zusammenhängt (r = −0, 27). Eine mögliche Erklärung der Autoren ist, dass die im Test abgefragten Inhalte der Dimension Klassenführung nicht in den Hochschulcurricula implementiert wurden (Hohenstein et al., 2017, S. 105f).
3.2.7
BilWiss
Im Rahmen der Studie BilWiss (Bildungswissenschaftliches Wissen und der Erwerb professioneller Kompetenz in der Lehramtsausbildung) wurde das bildungswissenschaftliche Wissen von Referendaren zu Beginn des Referendariats erhoben. Es handelt sich um eine Vollerhebung im Frühjahr 2011 in Nordrhein-Westfalen, somit werden zusätzlich zu den angehenden Mathematiklehrkräften auch angehende
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Lerngelegenheiten als Determinanten
Lehrkräfte anderer Fächer beforscht. Ziel ist es zu untersuchen, inwiefern das bildungswissenschaftliche Wissen durch Eingangsvoraussetzungen und genutzte Lerngelegenheiten erklärt werden kann (Kunina-Habenicht et al., 2013). In Folgestudien sollen die Probanden aus BilWiss über den Vorbereitungsdienst und die ersten 5 Jahre der Berufseinstiegsphase begleitet werden. Tabelle 3.8 zeigt die im Rahmen von BilWiss untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.8: Lerngelegenheiten in BilWiss Lerngelegenheiten (OTL) (a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in BilWiss nein ja
ja nein ja nein nein nein ja nein in Vorbereitung nein
(a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen zu Beginn des Referendariats Zu Beginn des Referendariats schneiden Lehramtsstudierende in drei von fünf inhaltlichen Dimensionen des Tests zum bildungswissenschaftlichen Wissen besser ab als Nichtlehramtsstudierende: d = 0, 38 in der Dimension Unterrichtsdidaktik; d = 0, 31 in der Dimension Schulpädagogik und d = 0, 45 in der Dimension Lernen/ Entwicklung. Dies wird als ein Beleg für die allgemeine Wirksamkeit der universitären Lehramtsausbildung angesehen (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 14f).
(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Referendare, die ein Lehramtsstudium absolvieren, haben z. T. unterschiedliche Studienstrukturen durchlaufen: Es wird zwischen grundständigen (Staatsexamen)
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Determinanten des Professionswissens
und modularisierten (Bachelor-Master) Lehramtsstudiengängen unterschieden. Das bildungswissenschaftliche Wissen der Referendare, die unterschiedliche Studienstrukturen absolviert haben, weist keine signifikanten Unterschiede bezogen auf die zwei Gruppen auf (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 11, 14). Weiterhin wurde untersucht, ob sich Referendare der unterschiedlichen Lehramtszugänge (Gymnasium; Grund-, Haupt- und Realschulen; Grundschule) in ihrem bildungswissenschaftlichen Wissen unterscheiden. Die Befunde zeigen, dass Referendare aus gymnasialen Studiengängen signifikant bessere Leistungen in allen Bereichen außer der Diagnostik/ Evaluation als Referendare eines Lehramts für Grund-, Haupt- und Realschulen aufweisen. Dieselben Referendare für das Lehramt an Gymnasien weisen z. T. auch bessere Leistungen als Grundschulreferendare auf, nämlich in den Bereichen Unterrichtsdidaktik und Bildungstheorie. Die Effektstärken liegen zwischen d = 0, 21 und 0, 44. Zwischen den Grundschulreferendaren und den Referendaren für Grund-, Haupt- und Realschulen gibt es keine signifikanten Unterschiede in den Dimensionen des bildungswissenschaftlichen Wissens (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 15). Gymnasial-Referendare verfügen somit über ein ausgeprägteres bildungswissenschaftliches Wissen als Nicht-Gymnasialreferendare, obwohl die letzteren signifikant mehr Veranstaltungen der Bildungs- und Erziehungswissenschaften im Studium besuchen als die Gymnasial-Referendare. Mögliche Erklärungen der Autoren sind, dass die Gymnasial-Referendare ihre Lernangebote während des Studiums „möglicherweise effizienter ausgewählt, genutzt bzw. elaborierter verarbeitet haben“ als die Nicht-Gymnasialreferendare (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 17).
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Erfassung Zusätzlich zu den Tests zum bildungswissenschaftlichen Wissen wurde die Anzahl der im Studium besuchten Veranstaltungen der Bildungswissenschaft getrennt nach den inhaltlichen Dimensionen des eingesetzten Tests erfasst (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 11). Die Absolventen eines Lehramtsstudiengangs für Grundschule und für Grund-, Haupt- und Realschulen haben durchschnittlich signifikant mehr bildungswissenschaftliche Veranstaltungen belegt (durchschnittlich 11, 4) als die Absolventen eines Gymnasiallehramts (durchschnittlich 10, 6). Die Quereinsteiger hatten fast keine entsprechenden Lerngelegenheiten (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 16). Zusätzlich wurden die Lehramtsabsolventen nach ihren Studienschwerpunkten gefragt: „Bitte benennen Sie diejenigen Themen (maximal vier), die Sie innerhalb des erziehungswissenschaftlichen Studiums schwerpunktmäßig studiert haben.“ Diese Angaben wurden danach von Kodierern einer der 6 Wissensdimensionen des Tests zum bildungswissenschaftlichen Wissen (Unterrichtsgestaltung; Schule als Bildungsinstitution; Bildungstheorie; Lernen und Entwicklung; Diagno-
Lerngelegenheiten als Determinanten
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stik und Evaluation; Lehrerberuf als Profession) zugeordnet und anschließend folgendermaßen kategorisiert (Schulze-Stocker et al., 2016, S. 611f): - Lehramtsabsolventen, die mindestens einen bildungswissenschaftlichen Schwerpunkt genannt haben; - Lehramtsabsolventen, die ausschließlich nicht als bildungswissenschaftlich kodierbare Schwerpunkte genannt haben; - Lehramtsabsolventen, die keine Schwerpunktthemen genannt haben. Die erste Gruppe wird in manchen Analysen noch danach unterteilt, in welcher der bildungswissenschaftlichen Dimensionen der Schwerpunkt/ die Schwerpunkte genannt wurden (Schulze-Stocker et al., 2016, S. 613). Zusammenhänge mit Leistungsdaten Zwischen der Anzahl der im Studium belegten bildungswissenschaftlichen Veranstaltungen und dem bildungswissenschaftlichen Wissen wurde kein signifikanter Zusammenhang gefunden (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 16). Bei der Analyse der Zusammenhänge zwischen den genannten bildungswissenschaftlichen Studienschwerpunkten und den Dimensionen des bildungswissenschaftlichen Wissens wurden Kovarianzanalysen unter Kontrolle folgender Variablen durchgeführt: Muttersprache, Abiturnote, Art des Lehramts, Hochschulstandort, Studienfächer Mathematik und Pädagogik/Psychologie. Die Befunde zeigen, dass die Gruppenvariable der Schwerpunktangabe Varianz in den Dimensionen des Tests zum bildungswissenschaftlichen Wissen aufklärt. Allerdings ist diese Varianzaufklärung gering (partielles η 2 zwischen 0, 01 und 0, 02). Diese Schwerpunktnennung erklärt weniger Varianz als die Kontrollvariablen (Schulze-Stocker et al., 2016, S. 617f).
(c) Unterschiedliche Studienstandorte als Lerngelegenheiten Für die sechs Dimensionen des bildungswissenschaftlichen Wissens wurden Varianzzerlegungen innerhalb und zwischen den Studienstandorten, unter Kontrolle von Muttersprache, Abiturnote und Lehramtszugang, durchgeführt. Es zeigt sich, dass knapp 2% der Varianz des bildungswissenschaftlichen Wissens durch Unterschiede zwischen den Studienstandorten erklärt werden können. Somit kann von standortspezifischen Unterschieden nicht ausgegangen werden (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 16, 18). Die restlichen ca. 98% der Varianz des bildungswissenschaftlichen Wissens liegen innerhalb der Standorte. „Die inhaltliche Vielfalt gekoppelt mit hoher Wahlfreiheit scheint dazu zu führen, dass auch innerhalb der einzelnen Universitätsstandorte sehr unterschiedliche Wissensprofile entstehen“ (Kunter et al., 2017, S. 48).
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Determinanten des Professionswissens
(e) Unterrichtspraxis als Lerngelegenheit Da die BilWiss-Studie längsschnittlich (Kunina-Habenicht et al., 2013, S. 19) über die Zeit des Vorbereitungsdienstes und die ersten 5 Jahre der Berufseinstiegsphase angelegt ist, werden künftig möglicherweise Befunde zu diesem Aspekt publiziert werden.
3.2.8
EMW
Die EMW-Studie (Entwicklung von berufsspezifischer Motivation und pädagogischem Wissen in der Lehrerausbildung) hat die längsschnittliche Modellierung des pädagogischen Wissens und der berufsspezifischen Motivation zum Ziel, unter Betrachtung individueller, institutioneller und vermittelnder (Lern-/ Leistungsmotivation im Studium) Determinanten (König & Rothland, 2013). Es handelt sich um eine internationale Studie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (König, Rothland, Darge et al., 2013) unter Einbezug von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. Geplant ist hier eine Längsschnittuntersuchung mit drei Messzeitpunkten: erstes Studiensemester, fünftes Studiensemester und voraussichtlich 9. Studiensemester. Zur Erfassung des pädagogischen Wissens wird das Testinstrument aus TEDSM (Blömeke & König, 2010a) eingesetzt. Tabelle 3.9 zeigt die im Rahmen von EMW untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.9: Lerngelegenheiten in EMW Lerngelegenheiten (OTL)
(a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (a1) Wissenszuwächse (a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsstudierenden zu Beginn des Referendariats (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in EMW ja nein
ja ja nein ja nein nein nein nein nein nein
Lerngelegenheiten als Determinanten
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(a1) Wissenszuwächse Das durchschnittliche pädagogische Wissen der deutschen und österreichischen Studierenden im fünften Semester ist ausgeprägter als das pädagogische Wissen der Studierenden im ersten Semester. In beiden Ländern handelt es sich um Wissenszuwächse in Höhe von ungefähr einer Standardabweichung. Auch für die drei kognitiven Dimensionen (Erinnern; Verstehen/ Analysieren; Kreieren) werden Zuwächse festgestellt (König & Klemenz, 2015, S. 266f).
(b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Für das pädagogische Wissen im fünften Studiensemester und dessen kognitiven Dimensionen wurden jeweils Mehrebenenmodelle mit dem pädagogischen Wissen im ersten Semester (in der jeweiligen Dimension), dem Geschlecht, dem Alter, der Schulabschlussnote und dem Erwerbsstatus der Familie als individuelle Prädiktoren und dem Studiengang und dem Land als Prädiktoren auf Institutionsebene gerechnet. Es zeigt sich, dass das Land keinen signifikanten Einfluss auf den Gesamtscore des pädagogischen Wissens oder auf die Dimensionen des Erinnerns und des Verstehens/ Analysierens hat. Somit gibt es im fünften Semester zwischen deutschen und österreichischen Lehramtsstudierenden keine signifikanten Unterschiede aufgrund der Landeszugehörigkeit in diesen beiden Dimensionen. Hingegen hat die Landeszugehörigkeit einen signifikanten Einfluss (β = 0, 37) auf die Dimension des Kreierens/ Generierens von Handlungsoptionen: Die österreichischen Studierenden haben in dieser Dimension einen signifikanten Vorteil im Vergleich zu den deutschen Studierenden (König & Klemenz, 2015, S. 267f).
(b2) Unterschiede in den Entwicklungen Die Zuwächse im pädagogischen Wissen vom ersten bis zum fünften Semester liegen sowohl in Deutschland als auch in Österreich bei ungefähr einer Standardabweichung. In Multi-Gruppen-Analysen für die einzelnen Länder wurden Regressionsanalysen zur Erklärung des pädagogischen Wissens durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Messzeitpunkt hier in beiden Ländern einen signifikanten Einfluss (β ca. 0, 5) auf die Wissensausprägungen hat. Allerdings scheint es in den zwei Ländern unterschiedliche Schwerpunkte des Wissenserwerbs zu geben: Bei der separaten Betrachtung der kognitiven Dimensionen zeigt sich für die Dimensionen Erinnern und Verstehen/ Analysieren das gleiche Bild in beiden Ländern (β ca. 0, 5), wohingegen in der Dimension Kreieren Unterschiede existieren: Der Einfluss des Messzeitpunktes in Deutschland (β = 0, 21) ist geringer als in Österreich (β = 0, 35). Somit gibt es bei den österreichischen Studierenden einen stärkeren Wissenszuwachs in dieser handlungsnahen Dimension als bei den deutschen Studierenden. Bei Einbezug der Kontrollvariablen Geschlecht, Alter, Schulabschlussnote
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Determinanten des Professionswissens
und Erwerbsstatus der Familie zeigen sich dieselben Befunde (König & Klemenz, 2015, S. 267).
(b4) Unterschiede nach Praxisphasen Erfassung Zusätzlich zur Erfassung des pädagogischen Wissens wurden die Studierenden zu ihren Lerngelegenheiten im Rahmen des Schulpraktikums befragt. Es wurden Items zu folgenden Skalen zur Erfassung lernprozessbezogener Tätigkeiten eingesetzt: - Komplexität über forschungsmethodische Zugänge erkunden; - Pädagogische Handlungssituationen planen; - Pädagogische Handlungssituationen durchführen; - Theorien auf Situationen beziehen; - Mit Situationen analytisch-reflexiv umgehen (König & Klemenz, 2015, S. 263). Zusätzlich wurde die mentorielle Unterstützung im Laufe des Praktikums erfasst (König, Rothland, Tachtsoglou, Klemenz & Römer, 2016). Vor allem in den Skalen pädagogische Handlungssituationen planen, Theorien auf Situationen beziehen und mit Situationen analytisch-reflexiv umgehen zeigen die Befunde große Varianz zwischen den Ländern (η 2 zwischen 0, 18 und 0, 26) (König & Klemenz, 2015, S. 265). Eine zusätzliche Zerlegung in Varianzkomponenten zeigt, dass zwischen 14% und 34% der Lerngelegenheiten im Schulpraktikum durch die Landeszugehörigkeit erklärt werden können (König, Rothland, Tachtsoglou, Klemenz & Römer, 2016). Zusammenhänge mit Leistungsdaten In der kognitiven Dimension des Kreierens/ Generierens von Handlungssituationen wurden Unterschiede nach Landeszugehörigkeit gefunden. Daher wurden für diese Dimension weiterführende Mehrebenenmodelle gerechnet, mit dem pädagogischen Wissen in dieser Dimension im 1. Semester, dem Geschlecht, dem Alter, der Schulabschlussnote und dem Erwerbsstatus der Familie als individuelle Prädiktoren sowie dem Studiengang und dem Land als Prädiktoren auf Institutionsebene. Zusätzlich wurden nun auf Individualebene die schulpraktischen Lerngelegenheiten eingefügt (jeweils ein Modell für jede der fünf oben genannten Skalen). Die Befunde zeigen, dass drei der fünf Skalen zu schulpraktischen Lerngelegenheiten, nämlich pädagogische Handlungssituationen durchführen, Theorien auf Situationen beziehen und mit Situationen analytisch-reflexiv umgehen, einen signifikanten Einfluss auf das handlungsnahe Wissen haben (β = 0, 14 bis β = 0, 18) (König & Klemenz, 2015, S. 270f).
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Lerngelegenheiten als Determinanten
3.2.9
PROMETEUS
Die PRONET Meta-Evaluationsstudie (PROMETEUS) ist ein Projekt der Universität Kassel im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Ziel dabei ist, die Entwicklung der Kasseler Lehramtsstudierenden zu analysieren. Tabelle 3.10 zeigt die im Rahmen von PROMETEUS bislang untersuchten Aspekte der Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. Tabelle 3.10: Lerngelegenheiten in PROMETEUS Lerngelegenheiten (OTL) (a) Lehrerausbildungsprogramme als OTL (b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme als OTL: (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen (b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen (b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen (b4) Unterschiede nach Praxisphasen (b5) Unterschiede nach Zweitfach (b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern (c) Unterschiedliche Studienstandorte als OTL (d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als OTL (e) Unterrichtspraxis als OTL (f) Lehrerfortbildungen als OTL
Untersuchung in PROMETEUS nein nein nein ja nein nein nein nein nein nein nein
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Kasseler Lehramtsstudierende wurden dazu befragt, ob 36 Themen des erziehungsund gesellschaftswissenschaftlichen Studiums in ihrem bisherigen Studium vorkamen. Zusätzlich wurde die Intensität der Behandlung dieser Themen erfasst. Zwischen der Summe der als behandelt wahrgenommenen erziehungswissenschaftlichen Themen und dem pädagogisch-psychologischen Wissen konnte kein Zusammenhang gefunden werden. Bei der Einschränkung auf jene erziehungswissenschaftlichen Themen, die im Test abgedeckt wurden, konnte ein Zusammenhang von r = 0, 39 zum pädagogisch-psychologischen Wissen gefunden werden. Die Betrachtung der Behandlungsintensität jener erziehungswissenschaftlichen Themen, die im Test abgedeckt wurden, führt zur Erhöhung des Wertes des Korrelationskoeffizienten auf r = 0, 42. Eine erneute Steigerung des Korrelationskoeffizienten auf r = 0, 47 wurde erreicht, wenn Vorkommen und Behandlungsintensität jedes Themas gemeinsam berücksichtigt wurden. Jedoch besteht zwischen den Korrelationskoeffizienten kein signifikanter Unterschied (Motyka, Lipowsky, Osterberg & Gerken, 2017).
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Determinanten des Professionswissens
3.2.10
Übersicht der Befunde und Einordnung der vorliegenden Arbeit
Die aktuelle Forschungslage zu Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften zeigt, dass bisher hauptsächlich Querschnittsstudien durchgeführt wurden, die quasi-längsschnittlich interpretiert werden. Vereinzelt gibt es bereits Ergebnisse aus echten Längsschnittstudien, andere Längsschnittstudien laufen gegenwärtig oder sind in Vorbereitung. Es tauchen mittlerweile auch Interventionsstudien auf (siehe z. B. Plöger, Scholl & Seifert, 2016). Für jeden Gliederungspunkt der Liste der Lerngelegenheiten, die zu Beginn des Abschnitts eingeführt wurde, werden die im Rahmen der Forschungsprojekte entstandenen Ergebnisse gesammelt vorgestellt, getrennt nach fachbezogenen und fachübergreifenden Dimensionen.
(a) Lehrerausbildungsprogramme als Lerngelegenheiten (a1) Wissenszuwächse (Wissensentwicklungen) Ergebnisse aus den Projekten COACTIV, COACTIV-R, MT21, KiL, LEK, EMW sowie Studien in Vorbereitung bzw. Durchführung werden hier zusammengefasst. Bezogen auf Wissenszuwächse in den fachbezogenen Dimensionen wurden Ergebnisse aus drei Studien berichtet. Es handelt sich lediglich um Querschnittuntersuchungen, die quasi-längsschnittlich interpretiert werden. Der Studienbeginn, das Ende der universitären Phase und das Ende des Referendariats werden als Untersuchungszeitpunkte betrachtet. Die dokumentierten Wissenszuwächse werden als Belege für die generelle Wirksamkeit der Lehrerausbildung interpretiert. Weiterhin wird deutlich, dass die nominelle Lernzeit mit der Stärke der Wissenszuwächse korrespondiert - dies zeigt sich durch zweierlei Befunde: (1) Für das Fachwissen wird eine stärkere Entwicklung als für das fachdidaktische Wissen verzeichnet - dies ist konform mit den höheren Workloads für Fachwissenschaft im Vergleich zur Fachdidaktik im Rahmen der Ausbildung. (2) Für beide fachbezogenen Wissensdimensionen sowie für die inhaltlichen und kognitiven Dimensionen des fachbezogenen Wissens findet in der ersten Phase eine stärkere Entwicklung als in der zweiten Phase statt - dies ist konform mit der längeren Dauer der hochschulischen Ausbildung im Vergleich zum Referendariat. Im Rahmen künftiger Untersuchungen sollten angehende Lehrkräfte zusätzlich zum Studienbeginn, dem Ende der universitären Phase und dem Ende des Referendariats auch zu diversen Zeitpunkten im Laufe des Studiums untersucht werden. Zusätzlich sollten längsschnittliche Designs verwendet werden, um beispielsweise Aussagen über die Stabilitäten der Rangreihen in den fachbezogenen Dimensionen und deren kognitiven und inhaltlichen Dimensionen generieren zu können, d. h. über die Homogenität bzw. Heterogenität der Wissenserwerbsprozesse.
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Bezogen auf Wissenszuwächse in der fachübergreifenden Dimension wurden bereits mehrere Studien durchgeführt. Hierbei wurde die ganze Spanne vom Studienbeginn bis zum Ende des Referendariats abgedeckt. Querschnittuntersuchungen sind vorherrschend, jedoch wurden vereinzelt auch Längsschnittuntersuchungen durchgeführt und zusätzlich sind einige Längsschnittstudien in Vorbereitung. Die dokumentierten Wissenszuwächse von großer praktischer Bedeutsamkeit werden als Beleg für die generelle Wirksamkeit der Lehrerausbildung interpretiert. Allerdings scheinen die Wissenserwerbsprozesse sehr heterogen zu sein. Weiterhin werden Befunde zu den Fokussierungen der ersten und zweiten Phase berichtet: Die kognitive Dimension Erinnern scheint im Laufe beider Phasen gefördert zu werden, die Dimension des Verstehens/ Analysierens hauptsächlich in der ersten Phase und die Dimension Kreieren hauptsächlich in der zweiten Phase. Künftige Untersuchungen sollten auf längsschnittlichen Designs basieren. Zusätzlich zu Replikationen der bisherigen Ergebnisse scheint beispielsweise die Untersuchung von Subgruppen (Leistungsstarke - Leistungsschwache) interessant.
(a2) Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen zu Beginn des Referendariats Ergebnisse aus den Projekten COACTIV-R und BilWiss werden hier zusammengefasst. Bezogen auf Unterschiede zwischen Lehramts- und Nichtlehramtsabsolventen zu Beginn des Referendariats konnten in den fachbezogenen Dimensionen Ergebnisse aus einer einzigen querschnittlichen Studie recherchiert werden. Im Fachwissen wurden Vorteile für die Quereinsteiger gefunden, die jedoch bei Kontrolle von Drittvariablen verschwinden. Mögliche Erklärungen hierfür sind eine potentielle Negativselektion im Lehramtsstudiengang bzw. Effekte einer besseren fachwissenschaftlichen Ausbildung im grundständigen Studiengang. Auch könnte dieser Befund eine Folge der höheren nominellen Lernzeit für das Fach im grundständigen Studiengang und vielleicht die zusätzliche Berufserfahrung in dem entsprechenden Fach sein. Im fachdidaktischen Wissen wurden zwischen Lehramtsund Nichtlehramtsabsolventen keine signifikanten Unterschiede gefunden. Dies könnte als Beleg dafür interpretiert werden, dass eine solide fachwissenschaftliche Basis, wie im Falle der Quereinsteiger, automatisch zum Aufbau von fachdidaktischem Wissen führt. Für die fachübergreifende Dimension wurden bislang zwei Untersuchungen mit Querschnittdesign durchgeführt. Es werden Vorteile für Lehramtsabsolventen, auch unter Kontrolle von Drittvariablen gefunden, was als Beleg für die allgemeine Wirksamkeit der universitären Lehramtsausbildung interpretiert werden kann. Künftige Untersuchungen sollten auch hier auf längsschnittlichen Designs basieren, um mögliche Kausalitäten aufzudecken. Zusätzlich zu Replikationen der bisherigen Ergebnisse scheint beispielsweise die genauere Betrachtung der Quereinsteiger interessant, z. B.: Welche Studien bzw. Nebenfächer haben sie absolviert?
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Wie lange ist das Studium her? Was haben die Quereinsteiger in der Zwischenzeit gemacht? Welche Motive zum Wechsel in den Lehrerberuf lagen deren Entscheidung zugrunde?
(b) Unterschiedliche Lehrerausbildungsprogramme (b1) Unterschiede in den Wissensständen und -profilen Ergebnisse aus den Projekten COACTIV, MT21, TEDS-M, TEDS-LT, KiL, EMW und BilWiss werden hier zusammengefasst. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen wurden Ergebnisse zu Wissensständen und zu Wissensprofilen zusammengefasst. Zur Thematik der Wissensstände gibt es mehrere Studien. Hierbei wird die ganze Spanne vom Studienbeginn, über das Studium und das Referendariat, bis hin zu den Lehrkräften abgedeckt. Einheitlich zeigen sich über alle Studien hinweg Vorteile im Fachwissen, im fachdidaktischen Wissen und im Fachwissen im schulischen Kontext für (angehende) Lehrkräfte mit gymnasialer Lehrberechtigung im Vergleich zu anderen (angehenden) Lehrkräften. In der erziehungswissenschaftlich-psychologischen Dimension des fachdidaktischen Wissens gibt es für keine Gruppe signifikante Vorteile, somit zeigen sich relative Stärken des nicht-gymnasialen Ausbildungsgangs. Bei Kontrolle von Drittvariablen und gegebenenfalls Vorwissen gibt es im Fachwissen immer noch Vorteile für den gymnasialen Ausbildungsgang, im fachdidaktischen Wissen ist die Befundlage uneinheitlich. Bei Kontrolle des Fachwissens zeigt sich lediglich ein geringer Vorteil zu Gunsten des nicht-gymnasialen Lehramtszugangs im fachdidaktischen Wissen und im Fachwissen im schulischen Kontext; somit trägt der Studiengang zusätzlich zum Fachwissen und zum Vorwissen nur noch geringfügig zur Varianzaufklärung der zwei Wissenskomponenten bei. Auf internationaler Ebene finden sich Unterschiede in den Durchschnittswerten und in der Streuung sowohl im Fachwissen als auch im fachdidaktischen Wissen. Zur Thematik der Wissensprofile wurden zwei Studien durchgeführt, im Rahmen derer methodologisch einerseits korrelative Analysen und andererseits Profilanalysen mit Hilfe ipsativer Werte durchgeführt werden. Im Fokus stehen einerseits Studienanfänger, andererseits Referendare zum Ende des Referendariats und Lehrkräfte. Diverse Zeitpunkte im Laufe des Studiums wurden somit bisher nicht behandelt. Zu Studienbeginn sind die Unterschiede in den durchschnittlichen Werten für die inhaltlichen und kognitiven Dimensionen des fachbezogenen Wissens bei den Studierenden für Gymnasien und Gesamtschulen viel größer als bei den Studierenden für Grund-, Haupt- und Realschulen. Bei den Referendaren mit Lehrberechtigung bis zur 13. Klasse wurde in Deutschland ein ausgeglichenes Wissensprofil zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen gefunden. Auf internationaler Ebene zeigen sich relative Stärken im Fachwissen. Hingegen finden sich bei Referendaren mit Lehrberechtigung bis zur 10.
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Klasse sowohl in Deutschland als auch international relative Stärken in der Fachdidaktik. Zusätzlich wird bei Referendaren auf internationaler Ebene ein heterogenes Bild relativer Stärken und Schwächen in den inhaltlichen und kognitiven Dimensionen des fachbezogenen Wissens berichtet sowie unterschiedlich starke Korrelationen zwischen dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen. Künftige Untersuchungen sollten die Replikationen dieser Ergebnisse sowie andere Zeitpunkte im Laufe der Lehramtsausbildung beleuchten. Weiterhin sollte der Frage nachgegangen werden, ob im Laufe der Professionalisierung der Zusammenhang zwischen den fachbezogenen Dimensionen zu- oder abnimmt. Ergebnisse zu Wissensständen und zu Wissensprofilen wurden auch bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension zusammengefasst. Zu den Wissensständen gibt es mehrere Studien. Im Fokus stehen Studienanfänger, Studierende zu diversen Zeitpunkten und Referendare. Die Befundlage zu Vorteilen in dieser Dimension ist uneinheitlich, sowohl für das fachübergreifende Wissen als auch für dessen inhaltliche Dimensionen. Auf internationaler Ebene finden wir Unterschiede zwischen den Kontinenten; zwischen deutschen und österreichischen Lehramtskandidaten wurden nur Unterschiede in der kognitiven Dimension Kreieren berichtet. In künftigen Untersuchungen sollte in erster Linie der Frage nachgegangen werden, wodurch die uneinheitliche Befundlage zu Vorteilen zwischen gymnasialen und nicht-gymnasialen Lehramtsanwärtern im fachübergreifenden Wissen erklärt werden kann: Liegt es beispielsweise an den unterschiedlichen Operationalisierungen des theoretischen Konstruktes? Zur Thematik der Wissensprofile wurde eine Studie bei Referendaren durchgeführt. Hier zeigen die Befunde auf internationaler Ebene ein heterogenes Bild inhaltlicher und kognitiver Dimensionen. Künftige Studien sollten diese Thematik auf nationaler Ebene unter Einbezug diverser Zeitpunkte im Laufe der Lehramtsausbildung angehen. Zusammenhänge zwischen fachbezogenen und fachübergreifenden Wissensdimensionen werden in einer einzigen Studie bei Referendaren im letzten Jahr ihrer Ausbildung thematisiert. Der Zusammenhang zwischen den zwei fachbezogenen Wissensdimensionen ist stärker als der Zusammenhang zwischen dem pädagogischen Wissen und jeder der fachbezogenen Dimensionen. Im Falle der gymnasialen Lehramtskandidaten korrelieren Fachwissen und fachdidaktisches Wissen stärker als bei Lehramtskandidaten des nicht-gymnasialen Zugangs. Hingegen korreliert das pädagogische Wissen mit den fachbezogenen Dimensionen stärker bei Referendaren des nichtgymnasialen Zugangs als bei Referendaren mit Lehrberechtigung für das Gymnasium. In zukünftigen Untersuchungen sollten ergänzend zu Replikationen dieser Ergebnisse andere zusätzliche Zeitpunkte im Laufe der Lehramtsausbildung in den Blick genommen werden. Auch der Einbezug von Kontrollvariablen ist erstrebens-
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wert. Weiterhin sollte der Frage nachgegangen werden, wie sich die Stärke des Zusammenhangs zwischen der fachübergreifenden und jeder der fachbezogenen Dimensionen im Laufe der Lehramtsausbildung entwickelt: Gibt es eine Verschmelzung der Wissensdimensionen oder eine Profilbildung?
(b2) Unterschiede in den Wissensentwicklungen Ergebnisse aus den Projekten COACTIV-R, MT21, EMW sowie Studien in Vorbereitung bzw. Durchführung werden hier zusammengefasst. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen wurden Ergebnisse zweier Studien gefunden und dargestellt, denen sowohl quer- als auch längsschnittliche Designs zugrundeliegen. Beforscht wurden Studienanfänger, Studierende im 3. Jahr, Referendare zu Beginn des Referendariats, nach einem Jahr Referendariat und zum Ende des Referendariats sowie Lehrkräfte. Somit wurde die ganze Spanne von Studienbeginn bis zur Lehrkraft betrachtet, mit Fokus jedoch eher auf den Ankerstellen der Lehrerausbildung, dem Beginn und dem Ende des Referendariats. Die Wissenszuwächse, die sowohl im gymnasialen als auch im nichtgymnasialen Ausbildungsgang konstatiert wurden, belegen die generelle Wirksamkeit der einzelnen Ausbildungsgänge. Die längere Dauer der ersten Phase der Lehramtsausbildung im gymnasialen im Vergleich zum nichtgymnasialen Lehramt spiegelt sich in stärkeren Wissensentwicklungen der erstgenannten Gruppe im Fachwissen und fachdidaktischen Wissen wieder. In der zweiten Phase belegen die Studien eine schwache signifikante Entwicklung des Fachwissens bei den gymnasialen Lehramtsanwärtern, im Falle der nichtgymnasialen Ausbildung vollzieht sich in der zweiten Phase so gut wie keine signifikante Entwicklung. Für das fachdidaktische Wissen konnten in der gymnasialen Ausbildung studienübergreifend Entwicklungen gefunden werden; im nichtgymnasialen Ausbildungsgang ist die Befundlage hingegen uneinheitlich: Entwicklungen, keine Entwicklungen oder leichte, nicht signifikante Rückgänge wurden hier verzeichnet. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension wurden Ergebnisse dreier Studien gefunden und zusammengefasst, die auf quer- und längsschnittlichen Designs basieren. Beforscht wurden Studienanfänger, Studierende im 5. Semester und Referendare. Auch hier belegen die Wissenszuwächse die Wirksamkeit in den unterschiedlichen Ausbildungsgängen bzw. den Ausbildungsgängen der unterschiedlichen Länder. In der nichtgymnasialen Lehramtsausbildung in Deutschland wurden Zuwächse im fachübergreifenden Wissen und in all dessen inhaltlichen Dimensionen verzeichnet. In der gymnasialen Ausbildung konnten Zuwächse im fachübergreifenden Wissen dokumentiert werden - allerdings scheinen hier Zuwächse in einer inhaltlichen Dimension und Rückgänge in einer anderen inhaltlichen Dimension zu existieren. Zu Beginn der Lehramtsausbildung entwickelt sich das Wissen in den kognitiven Dimensionen Erinnern und Verstehen/ Analysieren in Deutschland und Österreich gleich stark, während in der kognitiven Dimension des Kreierens in Österreich
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stärkere Wissenszuwächse als in Deutschland verzeichnet werden konnten, auch bei Kontrolle von Drittvariablen. Künftige Untersuchungen erfordern die Replikation der hier zusammengefassten Befunde. Zusätzlich zur bisherigen Fokussierung auf die Zeitpunkte des Beginns und des Abschlusses des Referendariats sollte auch die erste Phase vor allem in den fachbezogenen Dimensionen intensiver beforscht werden. Vor allem im fachbezogenen Wissen ist die Untersuchung der Entwicklungen in den inhaltlichen und kognitiven Dimensionen erstrebenswert. Weiterhin sollten künftig Längsschnittuntersuchungen gewählt werden, um auch Fragen zur Homogenität bzw. Heterogenität der Wissenserwerbsprozesse beantworten zu können, auch unter Kontrolle von Drittvariablen.
(b3) Unterschiede nach Anzahl von besuchten Veranstaltungen, Themen, Studienschwerpunkten und Qualitätsaspekten besuchter Veranstaltungen Im Folgenden werden Ergebnisse zu (1) quantitativen Aspekten der Nutzung von Lerngelegenheiten und zu (2) qualitativen Aspekten von Lerngelegenheiten gebündelt präsentiert. (1) Ergebnisse aus den Projekten KiL, MT21, TEDS-M, TEDS-LT, LEK und BilWiss werden hier zusammengefasst, wobei quantitative Aspekte der Nutzung von Lerngelegenheiten fokussiert werden. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen wurden oben Ergebnisse mehrerer Studien vorgestellt, denen querschnittliche Designs zugrundeliegen. Beforscht wurden dabei Studierende, Referendare und Lehrkräfte. Erfasst wurden (1) die wahrgenommene Behandlung diverser mathematischer und mathematikdidaktischer Inhalte bzw. (2) der zeitliche Studienaufwand für vorgeschriebene Lehrveranstaltungen, Arbeitsgruppen und deren Vor- und Nachbereitung. Die Befunde zeigen Effekte der mathematischen Inhalte auf das Fachwissen und das Fachwissen im schulischen Kontext, aber auch auf das fachdidaktische Wissen. Bezüglich der Effekte der mathematikdidaktischen Inhalte auf das fachdidaktische Wissen ist die Befundlage uneinheitlich: Einige Studien belegen Effekte, andere hingegen nicht. Bei Einbezug der mathematischen Inhalte in die Modelle werden den mathematikdidaktischen Inhalten eher keine zusätzlichen Erklärungseffekte mehr attestiert. Ursächlich hierfür können beispielsweise die Operationalisierungen der Konstrukte sein. Weiterhin hat der zeitliche Studieraufwand Effekte auf das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen, auch unter Kontrolle von Drittvariablen. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension wurden ebenfalls Ergebnisse mehrerer Querschnittstudien zusammengefasst. Untersucht wurden dabei Studierende und Referendare zu Beginn des Referendariats.
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Erfasst wurden (1) besuchte Lehrveranstaltungen des bildungswissenschaftlichen Studiums, (2) die Gesamtanzahl dieser besuchten Veranstaltungen, (3) die Intensität der Behandlung diverser bildungswissenschaftlicher Inhalte, (4) der zeitliche Studieraufwand für vorgeschriebene Lehrveranstaltungen, Arbeitsgruppen und deren Vor- und Nachbereitung bzw. (5) selbst angegebene Studienschwerpunkte im Studium. Es zeigt sich, dass die inhaltlichen Dimensionen des fachübergreifenden Wissens mit dem Besuch von Lehrveranstaltungen korrelieren, die inhaltliche Überlappungen mit dem getesteten Wissen aufweisen. Sonst gibt es keine oder sehr geringe Assoziationen dieser Lerngelegenheiten mit dem fachübergreifenden Wissen. Inwiefern die Selbstauskünfte der Studierenden zu diesen Aspekten valide sind, bleibt offen: Können Studierende die inhaltsbezogene aufgewendete Studienzeit abschätzen? Können Studierende die im Studium behandelten Inhalte den anzukreuzenden Kategorien richtig zuordnen? Zusätzlich erfolgten diese Abschätzungen bisher nur auf einer allgemeinen Ebene. Künftige Untersuchungen sollten neben der Replikation der bisher vorgestellten Ergebnisse getrennte Abschätzungen für einzelne Lehrveranstaltungen fokussieren und zusätzlich längsschnittlich angelegt sein. (2) Ergebnisse aus den Projekten MT21, TEDS-M, TEDS-LT, LEK und KiL werden hier zusammengefasst, wobei qualitative Aspekte von Lerngelegenheiten fokussiert werden. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen wurden oben Ergebnisse dreier Studien dokumentiert, denen querschnittliche Designs zugrunde liegen. Beforscht wurden dabei Studierende, Referendare und Lehrkräfte. Die Erfassung von Qualitätsaspekten der Lehrveranstaltungen stellt sich über die Studien hinweg als heterogen dar. Eingesetzt wurden (1) Skalen zu Strukturierung, Theorie-Praxis-Bezügen, Leistungsdruck, kognitiver Aktivierung, (2) eine Skala zu forschendem Lernen bzw. (3) Skalen zu Rezeptivität, Modellhaftigkeit, Partizipativität und zur Forschungsorientierung. Die Befunde zeigen, dass das Fachwissen positiv mit der kognitiven Aktivierung und negativ mit Theorie-Praxis-Bezügen korreliert. Zusätzlich korreliert das fachdidaktische Wissen negativ mit Rezeptivität und erhöht empfundenem Leistungsdruck. Die anderen Qualitätsskalen hängen nicht mit den Leistungsdaten zusammen. Bei Kontrolle von Drittvariablen haben die Qualitätsskalen keinen Einfluss auf die fachbezogenen Wissensdimensionen. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension wurden Ergebnisse zweier Querschnittstudien präsentiert. Beforscht wurden ausschließlich Studierende. Zur Erfassung der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen wurden (1) Skalen zu Strukturierung, Theorie-Praxis-Bezügen, Leistungsdruck, kognitiver Aktivierung bzw. (2) Partizipation, strukturierter Vermittlung, kognitiver Aktivierung eingesetzt. Die Qualitätsskalen weisen so gut wie keine Zusammenhänge zu dem fachübergreifenden Wissen auf, auch nicht unter Kontrolle von Drittvariablen.
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Genau wie bei den quantitativen Aspekten soll auch hier in Frage gestellt werden, inwiefern die Selbstauskünfte der Studierenden zu den qualitativen Aspekten valide sind. Es handelt sich nicht um tatsächliche, sondern um wahrgenommene Qualitätsaspekte. Abgebildet wird dadurch eine Interaktion zwischen individuellen Faktoren und Ausbildungsmerkmalen. Weiterhin erfolgten diese Abschätzungen der Qualitätsaspekte bisher nur auf einer allgemeinen Ebene. Künftige Untersuchungen sollten getrennte Abschätzungen für einzelne Lehrveranstaltungen in den Blick nehmen und zusätzlich längsschnittlich angelegt sein. Zusätzlich wird künftig eine objektivere Erfassung der Qualitätsmerkmale von Lehrveranstaltungen notwendig sein. Die vorliegende Arbeit schließt hier an und geht folgenden Fragen nach: F4: Erhalten die wahrgenommenen Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen Erklärungskraft für das Professionswissen am Ende der entsprechenden Lehrveranstaltungen? F5: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? F6: Korrespondiert die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen mit dem Vorwissen zu Beginn der entsprechenden Lehrveranstaltungen? (Wird die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen durch das Vorwissen beeinflusst?)
(b4) Unterschiede nach Praxisphasen Ergebnisse aus den Projekten LEK, EMW und TEDS-M werden hier zusammengefasst. Hinsichtlich der fachbezogenen Wissensdimensionen wurden bisher keine Untersuchungen durchgeführt. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension wurden bisher drei Studien durchgeführt, davon eine mit längsschnittlichem Design. Beforscht wurden Studierende im 4. bzw. 5. Semester und Referendare. Erfasst wurden (1) der Besuch des Praktikums, (2) das Halten von eigenem Unterricht, (3) Praktikumsaktivitäten bzw. (4) die unterrichteten Zeitanteile im Praktikum in Relation zur Anwesenheit der Mentoren während des Unterrichtens. Gefunden wurden Effekte des Praktikums auf das fachübergreifende Wissen sowie Effekte des Haltens von eigenem Unterricht insbesondere auf die kognitive Dimension Kreieren des fachübergreifenden Wissens. Zusätzlich weisen drei der fünf Skalen zu Praktikumsaktivitäten auch bei Kontrolle des Vorwissens zu Studienbeginn und anderer Drittvariablen Effekte auf die kognitive Dimension Kreieren auf. Die Analysen zu den unterrichteten Zeitanteilen und dem Mentoring zeigen für jene Lehramtsanwärter, die ausreichend unterrichtet und gleichzeitig ausreichend Mentoring erhalten haben, Vorteile im fachübergreifenden Wissen im Vergleich zu jenen, die entweder wenig unterrichtet haben oder viel unterrichtet dabei aber we-
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nig Mentoring erhalten haben. Somit scheint eine Balance zwischen eigenem Unterrichten und Mentoring notwendig. Im Rahmen künftiger Untersuchungen sollten Replikationen der Ergebnisse zum fachübergreifenden Wissen angestrebt werden. Auch Studien zu Einflüssen der Praxisphasen auf die fachbezogenen Dimensionen sind notwendig. Dabei sollten vor allem längsschnittliche Studiendesigns verwendet werden. Weiterhin sollte auch das Referendariat (als weitere Praxisphase im Rahmen der Lehrerausbildung) bezogen auf die praxisbezogenen Aspekte beforscht werden.
(b5) Unterschiede nach Zweitfach Lediglich Ergebnisse aus der Studie TEDS-LT können hier zusammengefasst werden. In der Forschungslandschaft zu Lehramtsstudierenden und Lehrkräften im Fach Mathematik existieren bisher so gut wie keine Untersuchungen zum Einfluss des Zweitfaches auf die Dimensionen des Professionswissens. Lediglich zum Gesamtkonstrukt Professionswissen, dessen Reliabilität fragwürdig ist, existieren Befunde, laut denen Studierende der Mathematik mit einer Naturwissenschaft als Zweitfach besser als Studierende mit einem anderen Zweitfach abschneiden. Ergebnisse der KiL-Studie aus dem Bereich der Lehramtsstudierenden im Fach Biologie zeigen Vorteile im biologiebezogenen Fachwissen und fachdidaktischen Wissen bei Studierenden mit Zweitfach Chemie im Vergleich zu Studierenden mit anderen Zweitfächern (Großschedl, Harms, Herzog, Mahler & Steffensky, 2017). Als mögliche Ursache hierfür nennen die Autoren die Tatsache, dass „Chemie als notwendiges Grundlagenwissen in vielen Bereichen der Biologie“ gesehen wird. Aufgrund der Affinität der Naturwissenschaften und der Mathematik scheint es auch bei Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik lohnenswert, den Einfluss des Zweitfaches auf die Entwicklung des Professionswissens künftig zu untersuchen. Die vorliegende Arbeit schließt hier an und geht der Frage nach, inwiefern das Zweitfach (die Lerngelegenheiten im Zweitfach) das Professionswissen und dessen Entwicklung beeinflusst. Dabei sollen (1) Unterschiede im Professionswissen und (2) Unterschiede in der Entwicklung des Professionswissens untersucht werden. Für den ersten Punkt sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden: F7: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des gewählten Zweitfachs? (Erhält das Zweitfach Erklärungskraft für das Professionswissen?) F8: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Für den zweiten Punkt soll folgende Forschungsfrage untersucht werden: F9: Können bei Studierenden mit unterschiedlichen Zweitfächern unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden?
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Aufgrund der Affinität der Mathematik zu den Naturwissenschaften und der Notwendigkeit, bei der Bearbeitung naturwissenschaftlicher Fragestellungen oft die Werkzeuge der Mathematik anzuwenden, wird erwartet, dass Studierende mit einer Naturwissenschaft als Zweitfach im Fachwissen besser abschneiden und sich gleichzeitig besser entwickeln als Studierende mit einem anderen Zweitfach. Im Falle des mathematikdidaktischen Wissens werden aufgrund der bereits berichteten Ergebnisse zu starken Zusammenhängen zwischen dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen ebenfalls Vorteile zu Gunsten der Studierenden mit einer Naturwissenschaft als Zweitfach erwartet. Bezogen auf das fachübergreifende Wissen können infolge der bisherigen Forschungslage keine gerichteten Vermutungen formuliert werden. Daher soll hier explorativ untersucht werden, ob Studierende mit unterschiedlichen Zweitfächern auch unterschiedliche Wissensstände bzw. Wissensentwicklungen im fachübergreifenden Wissen erreichen.
(b6) Unterschiede nach Lehrerausbildnern Variablen zu Lehrerausbildnern wurden ausschließlich im Rahmen der Studie MT21 erfasst, Zusammenhänge zu Leistungsdaten wurden allerdings nicht publiziert. Allerdings ist bekannt, dass die Gestaltung der formalen Lerngelegenheiten im Rahmen der Lehramtsausbildung von den Lehrerausbildnern und deren Wissen, Einstellungen und Überzeugungen abhängt. Somit lässt sich vermuten, dass Unterschiede in dem angebahnten Professionswissen der Lehramtskandidaten entstehen. Daher sollten künftige Untersuchungen auch den Einfluss der Lehrerausbildner auf die Entwicklung des Professionswissens näher betrachten.
(c) Unterschiedliche Studienstandorte als Lerngelegenheiten Ergebnisse aus den Projekten LEK, BilWiss und TEDS-LT werden hier zusammengefasst. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen wurden bisher keine Untersuchungen durchgeführt. Hinsichtlich der fachübergreifenden Wissensdimension wurden bisher zwei Studien durchgeführt, davon eine mit längsschnittlichem Design. Beforscht wurden Studierende im 1. und 4. Semester und Referendare zu Beginn des Referendariats. Die Befunde zeigen, dass in den ersten vier Studiensemestern an allen Standorten starke Entwicklungen im fachübergreifenden Wissen stattfinden, diese Stärke variiert jedoch von Standort zu Standort. Weiterhin sind je nach Standort die Wissenserwerbsprozesse unterschiedlich homogen bzw. heterogen. Hingegen scheint zu Beginn des Referendariats der Studienstandort nur einen marginalen Einfluss auf das fachübergreifende Wissen zu haben. Die Befunde zu den Standortunterschieden im fachübergreifenden Wissen und dessen Entwicklung sollen in künftigen Untersuchungen repliziert werden, wobei
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auch die Betrachtung der inhaltlichen und kognitiven Dimensionen und der Einbezug unterschiedlicher Zeitpunkte im Rahmen der ersten und zweiten Phase der Lehramtsausbildung interessant scheinen. Zusätzlich sollte der Entwicklung der fachbezogenen Wissensdimensionen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Weiterhin sollten Drittvariablen kontrolliert und Aspekte der Selektion zu Studienbeginn beachtet werden. Die vorliegende Arbeit knüpft an diesem Punkt an und geht folgenden Fragen nach: F10: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? (Erhält der Studienstandort Erklärungskraft für das Professionswissen?) F11: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? F12: Können bei Studierenden unterschiedlicher Studienstandorte unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden?
(d) Pädagogische Erfahrungen vor und während des Studiums als Lerngelegenheiten Ergebnisse aus den Projekten COACTIV-R und LEK werden hier zusammengefasst. Bezogen auf die fachbezogenen Wissensdimensionen können Ergebnisse einer einzigen Querschnittstudie (COACTIV-R) zusammengefasst werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gesamtlänge der freiwilligen pädagogischen Erfahrungen vor Abschluss der Lehramtsausbildung mit dem fachdidaktischen Wissen korreliert. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension können Ergebnisse zweier Studien (COACTIV-R und LEK) zusammengefasst werden, davon eine mit längsschnittlichem Design. Dabei wurden Studierende im 1. und 4. Semester bzw. Referendare untersucht. Die Gesamtlänge der freiwilligen pädagogischen Erfahrungen vor Abschluss der universitären Phase der Lehramtsausbildung hängt mit dem Wissen über Klassenführung, d. h. einer inhaltlichen Dimension des fachübergreifenden Wissens, zusammen. Zusätzlich korreliert das Geben von Nachhilfe mit dem fachübergreifenden Wissen, auch bei unterschiedlichen Operationalisierungen dieser Wissenskomponente. Die Wichtigkeit des Gebens von Nachhilfe für das fachübergreifende Wissen bleibt auch bei Kontrolle des fachübergreifenden Wissens zu Studienbeginn und anderer Drittvariablen stabil. In künftigen Studien sollten die Ergebnisse für die fachübergreifende Dimension repliziert und analoge Analysen zu den Effekten des Gebens von Nachhilfe auf die fachbezogenen Wissensdimensionen durchgeführt werden. Dabei sollten Drittvariablen kontrolliert und unterschiedliche Zeitpunkte im Laufe der Lehramtsausbildung einbezogen werden. Ferner sollten detailliertere Fragen zur gegebenen Nachhilfe gestellt werden, z. B. könnten die Intensität und die Klassenstufen erfragt werden, in denen Nachhilfe gegeben wurde. Auch Alternativen für die Erfassung
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der anderen pädagogischen Erfahrungen sollten erarbeitet werden. Zusätzlich sollte der Einfluss der pädagogischen Erfahrungen auf die inhaltlichen und kognitiven Dimensionen des fachübergreifenden Wissens analysiert werden.
(e) Unterrichtspraxis als Lerngelegenheit Ergebnisse aus den Projekten COACTIV, COACTIV-R, TEDS-FU sowie Studien in Vorbereitung bzw. Durchführung werden hier zusammengefasst. Hinsichtlich der fachbezogenen Wissensdimensionen können Ergebnisse zweier Untersuchungen zusammengefasst werden. Einer dieser Untersuchungen liegt ein längsschnittliches Design zu Grunde. Das Fachwissen weißt keine Zusammenhänge zur Länge der Berufspraxis auf. Auch durchschnittlich konnten keine Wissenszuwächse nach dem Ende des Referendariats verzeichnet werden. Zusätzlich bleibt die Rangreihe im Fachwissen zwischen dem Ende des Referendariats und dem vierten Deputatsjahr relativ stabil, was von den Autoren so interpretiert wird, dass die alleinige Unterrichtspraxis nicht für die systematische Weiterentwicklung des Fachwissens ausreicht, sondern strukturierte Lerngelegenheiten erfordert. Das fachdidaktische Wissen hängt auch nicht mit der Länge der Berufspraxis zusammen. Hier konnten keine bzw. leichte Wissenszuwächse nach dem Ende des Referendariats gefunden werden. Im Gegensatz zum Fachwissen findet im fachdidaktischen Wissen eine starke Umordnung der Rangreihe zwischen dem Ende der Referendariats und dem vierten Deputatsjahr statt. Diese wird von den Autoren als Effekt unterschiedlicher Lerngelegenheiten im Rahmen der eigenen Unterrichtspraxis bei gleichzeitig unterschiedlichen Verbesserungsbemühungen der einzelnen Lehrkräfte interpretiert. Bezogen auf die fachübergreifende Wissensdimension wurden bisher keine Untersuchungen durchgeführt. Künftige Studien sollten die hier zusammengefassten Befunde replizieren und um Ergebnisse zur fachübergreifenden Dimension und zu den inhaltlichen und kognitiven Dimensionen des Professionswissens anreichern. Gleichzeitig sollten Drittvariablen kontrolliert werden.
(f) Lehrerfortbildungen als Lerngelegenheiten Die Forschungslage zeigt, dass bisher eine einzige Studie (COACTIV) zum Einfluss von Lehrerfortbildungen auf die fachbezogenen Dimensionen des Professionswissens existiert. Dabei wird lediglich festgestellt, dass die Anzahl der Fortbildungsstunden weder mit dem Fachwissen noch mit dem fachdidaktischen Wissen zusammmenhängt. Drittvariablen werden hier nicht kontrolliert und zusätzlich basiert dieses Ergebnis auf Querschnittdaten. Bezogen auf die fachübergreifende Dimension des Professionswissens gibt es bisher keine Untersuchungen.
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Zukünftig sollten die Befunde zu den fachbezogenen Dimensionen repliziert und um Ergebnisse zur fachübergreifenden Dimension ergänzt werden. Weitere zu untersuchende Aspekte sind beispielsweise inhaltliche Schwerpunkte der Fortbildungen oder die Unterscheidung des Professionswissens nach inhaltlichen und kognitiven Dimensionen. Auch die Kontrolle von Drittvariablen ist zu berücksichtigen. Zusätzlich sind Längsschnittuntersuchungen anzustreben.
KAPITEL 4 SPEZIFIZIERUNG UND BÜNDELUNG DER FORSCHUNGSFRAGEN Insgesamt wurden Forschungsfragen zu vier Themenkomplexen formuliert, und zwar zu den Einflüssen (1) der Berufswahlmotive, (2) der Qualitätsaspekte spezieller Lehrveranstaltungen, (3) des Zweitfachs und (4) des Studienstandorts auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden. Zu den Einflüssen der Berufswahlmotive auf das Professionswissen wurden folgende drei Fragen formuliert: F1: Erhalten Berufswahlmotive Erklärungskraft für das Professionswissen? F2: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch das Geschlecht im Modell Berücksichtigung findet? F3: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte spezieller Lehrveranstaltungen auf das Professionswissen wurden folgende drei Fragen formuliert: F4: Erhalten die wahrgenommenen Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen Erklärungskraft für das Professionswissen am Ende der entsprechenden Lehrveranstaltungen? F5: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? F6: Korrespondiert die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen mit dem Vorwissen zu Beginn der entsprechenden Lehrveranstaltungen? (Wird die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen durch das Vorwissen beeinflusst?) Zu den Einflüssen des Zweitfachs auf das Professionswissen wurden folgende drei Fragen formuliert: F7: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des gewählten Zweitfachs? (Erhält das Zweitfach Erklärungskraft für das Professionswissen?) F8: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden?
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Forschungsfragen
F9: Können bei Studierenden mit unterschiedlichen Zweitfächern unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden? Zu den Einflüssen des Studienstandorts auf das Professionswissen wurden folgende drei Fragen formuliert: F10: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? (Erhält der Studienstandort Erklärungskraft für das Professionswissen?) F11: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? F12: Können bei Studierenden unterschiedlicher Studienstandorte unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden? Für die Beantwortung dieser Forschungsfragen werden, ausgehend von dem komplexeren Modell von Determinanten (und Konsequenzen) der professionellen Kompetenz von Lehrkräften, das in der COACTIV-Studie vorgeschlagen wurde und sich in der Forschungslandschaft durchaus bewährt hat (Abbildung 3.1 in Abschnitt 3), zwei vereinfachte Modelle abgeleitet. Für die Forschungsfragen F1 bis F3 wird das Modell aus Abbildung 4.1 zu Grunde gelegt: Hier wird der Einfluss der Berufswahlmotive auf das Professionswissen untersucht, bei Berücksichtigung von Geschlecht und kognitiven Fähigkeiten.
Abbildung 4.1: Berufswahlmotive als Determinanten des Professionswissens von (angehenden) Lehrkräften
Für die Untersuchung der Forschungsfragen F4 bis F12 wird das Modell aus Abbildung 4.2 verwendet: Der Einfluss diverser Lerngelegenheiten auf das Professionswissen wird analysiert, auch unter Kontrolle kognitiver Fähigkeiten. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass diese zwei Modelle lediglich Ausschnitte der (komplexen) Realität darstellen, diese Reduktion jedoch auf diesem relativ jungen Forschungsgebiet geboten ist. Nach der Vorstellung des Untersuchungsdesigns werden die oben präsentierten Forschungsfragen in Hypothesen ausdifferenziert und konkretisiert.
Forschungsfragen
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Abbildung 4.2: Lerngelegenheiten als Determinanten des Professionswissens von (angehenden) Lehrkräften
KAPITEL 5 ANLAGE DER UNTERSUCHUNG, HYPOTHESEN UND STATISTISCHES VORGEHEN Zu Beginn dieses Kapitels wird über die Herkunft der Datenbasis der vorliegenden Arbeit und über die Lehramtsstudiengänge der Mathematik an den Untersuchungsstandorten berichtet. Im Anschluss daran werden die eingesetzten Instrumente vorgestellt. Nach der Präsentation der realisierten Stichprobe erfolgt im Rekurs auf die vorgestellte Befundlage eine Überführung der Forschungsfragen in Hypothesen. Anschließend wird das statistische Vorgehen dargestellt.
5.1
HERKUNFT DER DATEN
Die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden im Rahmen des Projektes AQUA-KOLA5 gewonnen. Im Antrag dieses Projektes war ursprünglich geplant, eine Evaluation des Studiengangs Master of Education Gymnasiales Lehramt Physik6 durchzuführen. Der Studiengang wurde ursprünglich für Absolventen eines Physikstudiums (Diplom oder Bachelor) konzipiert und ermöglichte diesen einen Einstieg ins Lehramt, mit Mathematik als Zweitfach. Mittlerweile wird der Studiengang auch für Absolventen eines Mathematikstudiums mit Physik als Zweitfach angeboten. Die Anzahl der Studierenden, die sich in diesen Studiengang eingeschrieben hatten, war nicht groß genug. Deswegen entschied man sich für eine allgemeine Vergleichsstudie im gymnasialen Lehramtsstudiengang Mathematik, wobei auch die wenigen Studierenden des Master-Studiengangs Gymnasiales Lehramt Physik mitberücksichtigt werden sollten. Hierbei wurden die Universitäten Stuttgart und Tübingen und die School of Education der Technischen Universität München (TUM) einbezogen. Mit dem Einbezug der Universität Tübingen und der TUM School of Education ergibt sich die Möglichkeit, einerseits einen Vergleich innerhalb des eigenen Bundeslandes unter formal ähnlichen Bedingungen vorzunehmen und andererseits mit der TUM School of Education einen Standort heranzuziehen, an dem die Fachdidaktik in Mathematik durch eine eigene Professur vertreten ist, die zudem in 5
6
Das Projekt „Ausbildungsqualität durch Kooperation in der Lehramtsausbildung“ (AQUAKOLA) wurde vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) gefördert und wurde zwischen den Jahren 2011 und 2014 als Kooperationsprojekt der Universität Stuttgart und den Pädagogischen Hochschulen Ludwigsburg und Schwäbisch Gmünd durchgeführt. https://www.physik.uni-stuttgart.de/studium/studiengaenge/master-studiengaenge/ msclehramt.html
92
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
den letzten Jahren durch überdurchschnittliche Entwicklungs- und Forschungsaktivitäten auffällig wurde. Für diese Vergleichsstudie waren wesentlich höhere Aufwendungen notwendig als für die Evaluation des Lehramtsmasters, sodass entschieden wurde, das Projekt AQUA-KOLA mit der vorliegenden Arbeit zu flankieren. Bevor auf das Untersuchungsdesign der Studie eingegangen wird, sollen zuerst die Rahmenbedingungen in den gymnasialen Lehramtsstudiengängen an den Untersuchungsstandorten beschrieben werden.
5.2
LEHRAMTSSTUDIENGÄNGE DER MATHEMATIK AN DEN UNTERSUCHUNGSSTANDORTEN
In Baden-Württemberg wurde im Wintersemester (WS) 2010/11 die alte gymnasiale Lehramtsprüfungsordnung (Wissenschaftliche Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien - WPO) durch die neue Gymnasiallehrerprüfungsordnung I (GymPO I)7 ersetzt. Eine wichtige Änderung der Prüfungsordnung war die Ausweitung der Anteile der Fachdidaktik (FD) von 6 auf 10 Leistungspunkte. Zum WS 2015/16 wurde das Lehramt sowohl in Stuttgart als auch in Tübingen auf Bachelor- und Masterstudiengänge umgestellt. Da die Datenerhebungen, auf denen die vorliegende Arbeit basiert, vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015 durchgeführt wurden, werden hauptsächlich Studierende untersucht, die nach GymPO I studieren. An der Universität Stuttgart erstreckte sich das gymnasiale Lehramtsstudium im Idealfall über 10 Semester. Zum Zeitpunkt der Datenerhebungen studierte der Großteil der Studierenden nach der Prüfungsordnung GymPO I; vereinzelt studierten noch sehr wenige nach der alten Prüfungsordnung WPO. Parallel dazu lief, wie oben bereits geschildert, mit wenigen Studierenden der viersemestrige Masterstudiengang Gymnasiales Lehramt Physik. In der GymPO I sind im Fach Mathematik die Veranstaltungen aus Tabelle 5.1 zu besuchen. Es soll festgehalten werden, dass zwei FD-Veranstaltungen stattfinden: Die FD1-Veranstaltung fängt immer im Wintersemester an, erstreckt sich über zwei Semester und sollte dem Schulpraxissemester vorangehen, im Idealfall wird sie im 3.-4. Studiensemester belegt. Die Veranstaltungen der FD2 werden theoretisch jedes Semester angeboten. Je nach Anzahl der Studierenden, die in dem jeweiligen Semester diese Veranstaltung besuchen wollen, werden eine oder mehrere Veranstaltungen (z. T. auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Algebra, Analysis, Stochastik, etc.) in jedem Semester angeboten. Die FD2 sollte nach dem Schulpraxissemester besucht werden, wobei die Studierenden wählen können, in welchem Semester sie dies tun. In den Erziehungs- und Bildungswissenschaften sind die Veranstaltungen aus Tabelle 5.2 zu besuchen. 7
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jlr-GymLehrPr1VBW2009rahmen& psml=bsbawueprod.psml&max=true
93
Lehramtsstudiengänge an den Untersuchungsstandorten
Tabelle 5.1: Veranstaltungen im Fach Mathematik an der Universität Stuttgart (in Anlehnung an Universität Stuttgart, 2011b, Kapitel 8) Modul Analysis 1 Analysis 2 Lineare Algebra und analytische Geometrie 1 Lineare Algebra und analytische Geometrie 2 Numerik für Lehramtsstudierende Analysis 3 Algebra und Zahlentheorie Wahrscheinlichkeit und Statistik Geometrie Mathematisches Seminar Fachdidaktik 1 (FD 1) Fachdidaktik 2 (FD 2) Wahlmodule Gesamt
Leistungspunkte 9 9 9 9 4 9 9 9 6 3 6 4 18 104 (davon 10 FD)
Tabelle 5.2: Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen an der Universität Stuttgart (in Anlehnung an Universität Stuttgart, 2011a, Abschnitt 25, 26, 27) Modul Ethisch-Philosophisches Grundlagenstudium I: Grundkurs Ethisch-Philosophisches Grundlagenstudium II: Fach- und Berufsethik Bildungswissenschaftliches Begleitstudium: Lehren und Lernen Bildungswissenschaftliches Begleitstudium: Entwicklung, Lernen und Vermittlung Bildungswissenschaftliches Begleitstudium: Erziehung und Bildung Personale Kompetenz (Selbst- und Sozialkompetenz) Gesamt
Leistungspunkte 6 6 6 6 6 6 36
Insgesamt sollen 94 Leistungspunkte in der Fachwissenschaft, 10 in der Fachdidaktik und 36 in der Erziehungswissenschaft erbracht werden. An der Universität Tübingen dauert das gymnasiale Lehramtsstudium im Idealfall ebenfalls 10 Semester. Auch an diesem Standort studierte zum Zeitpunkt der Datenerhebungen der Großteil der Studierenden in der Prüfungsordnung GymPO I. Im Fach Mathematik sollten die Veranstaltungen laut Tabelle 5.3 besucht werden. Insgesamt finden auch hier zwei FD-Veranstaltungen statt: Die Veranstaltung FD1 wird jeweils im Sommersemester (SoSe) angeboten und sollte im Idealfall im 4. Studiensemester, also vor dem Schulpraxissemester, besucht werden. Den Studierenden wird weiterhin empfohlen, die FD2 nach dem Schulpraxissemester zu besuchen. In jedem Semester werden eine oder mehrere Veranstaltungen der FD2 angeboten, je nach Anzahl der interessierten Studierenden des jeweiligen Semesters. In den Bildungswissenschaften sind die Veranstaltungen aus Tabelle 5.4 zu besuchen.
94
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
Tabelle 5.3: Veranstaltungen im Fach Mathematik an der Universität Tübingen (in Anlehnung an Universität Tübingen, 2011, Anlage A V.15.A.) Modul Lineare Algebra I Lineare Algebra II Analysis I Analysis II Fachdidaktik I (FD I) Stochastik Funktionentheorie (Analysis IV) Numerik Algebra Geometrie Fachdidaktik II (FD II) Gesamt
Leistungspunkte 9 9 9 9 5 9 6 12 9 6 5 88 (davon 10 FD)
Tabelle 5.4: Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen an der Universität Tübingen (in Anlehnung an Universität Tübingen, 2011, Anlage C, S. 198ff) Modul Ethisch-Philosophische Grundfragen (EPG 1) Fach- und berufsethische Fragen (EPG 2) Grundlagen des Lehrens und Lernens (BW1) Erziehungswissenschaftliche und professionsbezogene Vertiefung (BW2) Personale Kompetenz Gesamt EPG =Ethisch-Philosophisches Grundlagenstudium BW = Bildungswissenschaftliches Begleitstudium
Leistungspunkte 6 6 10 8 6 36
Insgesamt sollen 78 Leistungspunkte in der Fachwissenschaft, 10 in der Fachdidaktik und 36 in der Erziehungswissenschaft erbracht werden. Mit der Gründung der School of Education an der Technischen Universität München (TUM School of Education) im WS 2009/10 wurden für Lehramtsstudierende im Fach Mathematik besondere Rahmenbedingungen geschaffen, denn es gibt an diesem Standort eine Professur für die Didaktik der Mathematik und viele Unterstützungsangebote für die Lehramtsstudierenden. Angenommen wird daher, dass sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden günstiger entwickelt als an weniger gut ausgestatteten Standorten. Auch hier erstreckt sich das gymnasiale Lehramtsstudium (Bachelor + Master) im Idealfall über 10 Semester, wobei im Fach Mathematik die Veranstaltungen laut Tabelle 5.5 zu besuchen sind. Die FD1Veranstaltung findet immer im Wintersemester statt und ist in zwei Teile gegliedert: Didaktik der Mathematik 1.1 (Algebra, Zahlen und Funktionen) und Didaktik der Mathematik 1.2 (Geometrie). Diese beiden Veranstaltungen können entweder parallel oder in zwei unterschiedlichen Wintersemestern besucht werden. Die FD2Veranstaltungen werden theoretisch jedes Semester angeboten. Folglich besuchen Studierende der TUM School of Education drei Fachdidaktik-Veranstaltungen, für
95
Lehramtsstudiengänge an den Untersuchungsstandorten
Tabelle 5.5: Veranstaltungen im Fach Mathematik an der TUM School of Education (in Anlehnung an Technische Universität München, 2011a; Technische Universität München, 2011b, jeweils Anlagen 3, 4, 5, 6) Modul Lineare Algebra 1 Analysis 1 Lineare Algebra 2 Analysis 2 Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie Statistik: Grundlagen Elementargeometrie Einführung in die Numerik Proseminar Algebra Geometriekalküle Funktionentheorie Differentialgleichungen Algorithmische Diskrete Mathematik/ Nichtlineare Optimierung: Grundlagen Computerpraktikum Einführung in die Diskrete Mathematik/ Wahlpflichtmodul Fachdidaktik 1 (FD 1 + FD 2) Fachdidaktik 2 Proseminar (FD 3) Gesamt
Leistungspunkte 10 10 10 10 4 5 4 4 3 10 5 6 5 5 2 4 8 3 108 (davon 11 FD)
die wir im Folgenden, um die Vergleichbarkeit zu den zwei anderen Standorten zu realisieren, folgende Bezeichnungen verwenden: Didaktik 1.1 nennen wir FD1, Didaktik 1.2 nennen wir FD2 und Fachdidaktik 2 (Proseminar) nennen wir Fachdidaktik 3. In den Bildungswissenschaften sind die Veranstaltungen laut Tabelle 5.6 zu besuchen. Tabelle 5.6: Erziehungswissenschaftliche Veranstaltungen an der TUM School of Education (in Anlehnung an Technische Universität München, 2011a; Technische Universität München, 2011b, jeweils Anlagen 3, 4, 5, 6) Modul Lehr-Lernorte verstehen Lebensraum Schule gestalten Einführung in die Sozialpsychologie/ Kommunikation, Interaktion und Konflikte in der Schule Lernumgebungen gestalten Umgang mit Heterogenität im Fachkontext Psychologie des Lehrens und Lernens Gesamt
Leistungspunkte 5 6 3 10 9 9 42
Insgesamt sollen 97 Leistungspunkte in der Fachwissenschaft, 11 in der Fachdidaktik und 42 in der Erziehungswissenschaft erbracht werden.
96
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
In den vorgestellten Studienplänen können viele gemeinsame Veranstaltungen identifiziert werden, jedoch gibt es auch Unterschiede, z. B. in der Anzahl der insgesamt zu erbringenden Leistungspunkte in der Fachwissenschaft, der Fachdidaktik und der Erziehungswissenschaft. An den drei Standorten zielt die Lehramtsausbildung darauf ab, künftige Mathematiklehrkräfte für den gymnasialen Bereich auszubilden, die im Berufsleben die gleichen Aufgaben bewältigen sollen. Aus diesen Gründen scheint es legitim, von einer Vergleichbarkeit der Lehramtsausbildung an den drei Standorten auszugehen.
5.3
UNTERSUCHUNGSDESIGN
Lehramtsstudierende trifft man getrennt von Mathematik-Bachelorstudierenden in der Regel nur in den Fachdidaktik-Veranstaltungen (FD-Veranstaltungen) an. Aus diesem Grund wurden im Rahmen dieser Veranstaltungen die Testungen und Befragungen durchgeführt: (1) Zu Beginn der FD1-Veranstaltung, (2) zum Ende der FD1Veranstaltung und (3) zum Ende der FD2-Veranstaltung. Für die Übersichtlichkeit in den folgenden Tabellen und Grafiken wird der erste Erhebungszeitpunkt als Eingangstest (ET), der zweite als Zwischentest (ZT) und der dritte als Abschlusstest (AT) bezeichnet. Zu den drei Test- bzw. Befragungszeitpunkten wurden Daten zu folgenden Konstrukten erhoben: Fachwissen (FW), fachdidaktisches Wissen (FD) und pädagogisches Wissen (PW). Zusätzlich wurden Berufswahlmotive und Qualitätsaspekte der zwei FD-Veranstaltungen erhoben (siehe Überblick in Tabelle 5.7). Tabelle 5.7: Test- und Befragungsinhalte Zeitpunkt Beginn FD1 (ET)
Ende FD1 (ZT)
Ende FD2 (AT)
Inhalte Fachwissen Fachdidaktisches Wissen Berufswahlmotive Fachwissen Fachdidaktisches Wissen Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte der FD1-Veranstaltung Fachwissen Fachdidaktisches Wissen Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte der FD2-Veranstaltung
Wie oben im Forschungsstand herausgearbeitet, erfolgten die Abschätzungen der Qualitätsaspekte bisher nur auf einer allgemeinen Ebene, entweder für das bisherige Studium allgemein oder für die bis zum Erhebungszeitpunkt besuchten Veranstaltungen der Fachwissenschaft, Fachdidaktik oder Erziehungswissenschaft. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen, wie bereits erwähnt, die Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen erhoben werden. Da die FD-Veranstaltungen (FD1 und FD2) hier aufgrund das Studiendesigns in den Fokus rücken, werden die Qualitätsaspekte genau dieser Veranstaltungen erfasst.
Instrumente
97
Die Datenerhebungen liefen vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015. Es wurde angestrebt, einen Längsschnitt zwischen den ersten zwei Messzeitpunkten und einen zusätzlichen Querschnitt für die Befragung zum Ende der FD2 zu realisieren. Ein Längsschnitt mit drei Messzeitpunkten, der die FD2 mit einschließen sollte, war nicht möglich, da die Erhebungen im Laufe von zwei Jahren durchgeführt wurden und die FD1-Studierenden der ersten Kohorte (Beginn WS 2012/13) im folgenden Semester das Schulpraxissemester besuchten und sie es sich danach frei aussuchen konnten, in welchem der noch verbleibenden Studiensemester sie die FD2 besuchen. Hier soll angemerkt werden, dass für jeden der drei Messzeitpunkte jeweils mehrere Studierendenkohorten getestet und befragt wurden und zwar in jedem Fall so viele, wie aufgrund des Feldzugangs im oben genannten Zeitraum vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015 maximal möglich waren. Bezogen auf den Feldzugang wurden die Dozierenden aller Fachdidaktik-Veranstaltungen angefragt, ob die Testung und Befragung der Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltungen stattfinden könnte; die Entscheidung, ob der Feldzugang im jeweiligen Semester gewährleistet war, lag somit im Ermessen der FD-Dozierenden. Als Haupterhebungsstandorte ergaben sich die Universitäten Stuttgart und Tübingen. An der TUM School of Education konnte aus organisatorischen Gründen ausschließlich der Test zum fachdidaktischen Wissen zum dritten Messzeitpunkt eingesetzt werden.
5.4
INSTRUMENTE8
Wie im Erhebungsplan aus Tabelle 5.7 bereits erwähnt, wurden das Fachwissen, das fachdidaktische und pädagogische Wissen, Berufswahlmotive und Qualitätsaspekte der zwei FD-Veranstaltungen erhoben. Zusätzlich wurden das Geschlecht, das Fachsemester und das Zweitfach erfragt.
5.4.1
Erhebung des Professionswissens
Zur Erfassung des Professionswissens wurden Kurzversionen von Instrumenten aus der KiL-Studie (Loch et al., 2013a; Loch et al., 2013b; Heinze et al., 2016; Dreher et al., 2016; Hohenstein et al., 2017) eingesetzt. Erhoben wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit fachbezogenes Wissen und fachübergreifendes pädagogisches Wissen. Im Hinblick auf das fachbezogene Wissen wurden im Rahmen von KIL drei Dimensionen theoretisch begründet, operationalisiert und später empirisch bestätigt. Aufgrund der eingeschränkten Testzeit im Rahmen der vorliegenden Studie 8
Die im Rahmen dieser Arbeit eingesetzten Instrumente wurden aus anderen Studien übernommen und lediglich für den vorliegenden Kontext adaptiert. Auf die Veröffentlichung der Instrumente im Rahmen dieser Arbeit wird aufgrund von Urheberrechten verzichtet. Bei Interesse hinsichtlich derselben nehmen Sie bitte Kontakt mit der Autorin auf.
98
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
(maximal 90 Minuten pro Erhebungszeitpunkt) wurden nur zwei Dimensionen des fachbezogenen Wissens erhoben und zwar das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen. Für das fachdidaktische Wissen wurden hier aus der KIL-Studie sowohl Items zum fachdidaktischen Wissen als auch einige Items zum Fachwissen im schulischen Kontext eingesetzt. Die Items wurden so gewählt, da sich zum Zeitpunkt der ersten Erhebung der vorliegenden Arbeit die KIL-Studie im Pilotierungsprozess befand, somit die Dimensionalität des fachbezogenen Wissen noch nicht feststand und zwischen der Fachdidaktik und dem Fachwissen im schulischen Kontext große inhaltliche Nähe besteht. Im Folgenden wird auf die einzelnen Dimensionen des Professionswissens näher eingegangen. Das Fachwissen repräsentiert, wie in der KiL-Studie definiert, „dezidiert universitäres mathematisches Wissen, das zwar Bezug zur Schulmathematik aufweist, aber Gegenstand der Sekundarstufenlehrerausbildung ist und deutlich (in Inhalt und Form) über Schulmathematik hinausgeht“ (Loch et al., 2013b, S. 625). Inhaltlich decken die Testitems Themen der Arithmetik und Algebra, Analysis, Geometrie und vereinzelt der Stochastik ab. Wie oben bereits vorgestellt wurde das Fachwissen zu allen drei Zeitpunkten erhoben. Im Test zu Beginn der FD1-Veranstaltung (ET) wurden 22 Items eingesetzt, zum Ende der FD1 (ZT) 18 Items und zum Ende der FD2 (AT) 17 Items. Dabei gibt es zwischen dem ET und ZT eine Überschneidung von 14 Items, zwischen dem ZT und AT 15 gemeinsame Items und zwischen allen drei Messzeitpunkten 11 gemeinsame Items. Hierbei bilden die Items Inhalte der Algebra, Geometrie, Analysis und am Rande Stochastik ab. Das fachdidaktische Wissen vereint Elemente des fachdidaktischen Wissens und des Fachwissens im schulischen Kontext aus der KiL-Studie und stellt somit (1) anlehnend an die COACTIV-Studie „ein besonderes unterrichts- und schülerbezogenes fachliches Wissen“ (Baumert & Kunter, 2011a, S. 37) mit den Facetten Schülerkognition, Instruktionsstrategien und Aufgabenpotential (Loch et al., 2013b, S. 625) und (2) „ein berufsspezifisches konzeptuelles Fachwissen über Zusammenhänge zwischen schulischer und akademischer Mathematik“ (Heinze et al., 2016, S. 332) dar. Zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens wurden 11 Items zum ET, 15 Items (12 Aufgaben) zum ZT und 17 Items (14 Aufgaben) zum AT eingesetzt. Dabei gibt es zwischen dem ET und ZT eine Überschneidung von 10 Items, zwischen ZT und AT 15 gemeinsame Items (12 Aufgaben) und zwischen allen drei Messzeitpunkten 10 gemeinsame Items. Hauptsächlich werden hier arithmetische, algebraische und geometrische Probleme benutzt, um das Wissen über Schülerkognitionen, Instruktionsstrategien und das Potenzial von Aufgaben zu erfassen. Das pädagogische Wissen wurde mit einer Kurzversion des Tests aus der KiLStudie erhoben (Hohenstein et al., 2017) und fokussiert unterrichtsbezogenes Wis-
Instrumente
99
sen. Inhaltlich decken die Testitems die Themen Lehren, Lernen und Entwicklung, Klassenführung sowie Leistungsbeurteilung ab. Der zum ZT eingesetzte Test zum pädagogischen Wissen ist identisch mit jenem zum AT eingesetzten und enthält 24 Items (22 Aufgaben). Inhaltlich decken die Items die Themen Lehren, Lernen und Entwicklung, Klassenführung und Leistungsbeurteilung ab. Ein Item (eine Aufgabe) blieb wegen uneindeutiger Kodierung in den Analysen unberücksichtigt. Zu jedem Messzeitpunkt wurden für jeden Test zwei Testheftversionen eingesetzt, die jeweils auf denselben Itempool zurückgreifen. Unterschiedlich ist dabei lediglich die Reihenfolge der präsentierten Items: Jeder Test enthält zwei Blöcke, deren Reihenfolge in den unterschiedlichen Testheften variiert. Testübergreifend wurden Items in offenen, geschlossen, Single-Choice- und Complex-Multiple-Choice-Formaten eingesetzt. Hierbei erfordert ein offenes Item das Aufschreiben des Lösungswegs bzw. der Überlegungen; bei einem geschlossenen Item soll lediglich ein Ergebnis angegeben werden. Im Falle eines SingleChoice-Items soll aus mehreren Antwortmöglichkeiten die richtige Antwort ausgewählt werden. Bei einem Complex-Multiple-Choice-Item werden zu einem Thema mehrere Aussagen formuliert, wobei bewertet werden soll, ob diese Aussagen wahr oder falsch sind.
5.4.2
Erhebung der Berufswahlmotive
Berufswahlmotive sollten im Idealfall vor oder zu Beginn des Studiums erfasst werden. Aufgrund des Studiendesigns und des Feldzugangs war im Rahmen der vorliegenden Arbeit deren Erfassung allerdings nur retrospektiv möglich und zwar zu Beginn der FD1-Veranstaltung. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Studierenden laut empfohlenen Studienverlaufsplänen im 3. bzw. 4. Studiensemester. Zur Erfassung der Berufswahlmotive der Lehramtsstudierenden wurde das Instrument von Pohlmann und Möller (2010) eingesetzt. Es enthält 24 Items, die zu sechs Skalen zusammengefasst werden können, (1) dem fachlichen Interesse, (2) dem pädagogischen Interesse und (3) der Fähigkeitsüberzeugung als intrinsische Motive sowie (4) den Nützlichkeitsaspekten, (5) den sozialen Einflüssen und (6) der geringen Schwierigkeit des Lehramtsstudiums (im Vergleich zu anderen Studiengängen) als extrinsische Motive (siehe auch Pohlmann & Möller, 2010; Retelsdorf & Möller, 2012).
5.4.3
Erhebung der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen
Im Idealfall sollten Qualitätsaspekte einer Veranstaltung im zeitlichen Ablauf dieser Veranstaltung bestenfalls wiederholt erfasst werden. Aufgrund des Studiendesigns und des Feldzugangs war im Rahmen der vorliegenden Arbeit, wie auch in den meisten Studien, die Erfassung der Qualitätsaspekte allerdings nur zum Ende der zwei FD-Veranstaltungen möglich.
100
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
Das Instrument zur Erfassung der Qualitätsaspekte lehnt sich an Prenzel und Kollegen (1996) an und wurde für den Hochschulkontext adaptiert. Die Adaptierung erfolgte durch die Mitarbeiterinnen im Forschungsprojekt AQUA-KOLA (siehe Abschnitt 5.1) und die Dozierenden der FD1-Veranstaltung der Universität Stuttgart (Vertreter des Studienseminars Stuttgart und der Abteilung Mathematik der Universität Stuttgart). Das Instrument enthält Skalen zu folgenden Konstrukten: Klarheit der Instruktion (7 Items), Strukturierung (2 Items), inhaltliche Relevanz (3 Items), methodische Eignung (4 Items), Überforderung (3 Items), Kompetenzerleben (3 Items), Autonomieerleben (3 Items), Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte (3Items), soziale Einbindung (3 Items).
5.5
STICHPROBE
Wie in Abschnitt 5.3 bereits erwähnt, wurden für jeden Befragungszeitpunkt jeweils mehrere Studierendenkohorten getestet und befragt und zwar in jedem Fall so viele, wie aufgrund des Feldzugangs im oben genannten Zeitraum vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015 maximal möglich waren. Zusätzlich wurde bereits erwähnt, dass der Zeitpunkt des Besuchs der FD2-Veranstaltung den Studierenden mehr oder weniger frei gestellt wird (siehe Abschnitt 5.2). Somit ist es theoretisch möglich, von den getesteten und befragten Studierenden Daten von einem einzigen, von zwei oder aber von allen drei Erhebungszeitpunkten erfasst zu haben. Insgesamt wurde der Erhebungsplan aus Tabelle 5.8 realisiert. Tabelle 5.8: Realisierter Erhebungsplan ET ZT Stichprobe FW1 FD1 FW2 FD2 PW2 FW3 S1 66 65 S2 63 63 60 S3 10 S4 40 S5 S6 95 95 95 95 95 S7 7 7 7 S8 2 2 2 2 S9 7 7 7 7 7 7 S10-Phy 13 Gesamt 175 174 177 167 164 69 ET = Beginn der FD1; ZT = Ende der FD1; AT = Ende der FD2 S1 bis S9: Studierende Lehramt grundständig S10-Phy: Studierende Lehramtsmaster Physik
AT FD3
PW3
40 56
38
7 2 7 13 125
7 2 7 12 66
Für querschnittliche Untersuchungen können insgesamt folgende Probandenzahlen verwendet werden: - ET: 175 Studierende aus Stuttgart und Tübingen; - ZT: 177 Studierende aus Stuttgart und Tübingen;
Ausdifferenzierung der Forschungsfragen
101
- AT: 69 Studierende aus Stuttgart und Tübingen und 56 Studierende aus München (letztere nur fachdidaktisches Wissen). Für längsschnittliche Untersuchungen zwischen dem ersten und dem zweiten Messzeitpunkt können insgesamt 102 Probanden (95 aus Stichprobe S6 und 7 aus Stichprobe S9) verwendet werden. Längsschnittliche Untersuchungen zwischen dem zweiten und dem dritten Messzeitpunkt werden aufgrund der geringen Probandenzahl (2 Studierende aus Stichprobe S8 und 7 Studierende aus Stichprobe S9) nicht durchgeführt. Dies ist auch konform mit der oben beschriebenen Erwartungshaltung zu Beginn der Datenerhebungen. Hierzu soll festgehalten werden, dass sich der Feldzugang, wie auch aus anderen Projekten im tertiären Bereich bekannt, als schwierig erwies. Trotz Unterstützung durch die Dozierenden der Fachdidaktik an den drei Standorten, trotz zum Großteil im Rahmen von Pflichtveranstaltungen realisierter Erhebungen und trotz des teilweisen Einsatzes von amazon-Gutscheinen als „Belohnung“ für den Aufwand der Studierenden war die Teilnahmemotivation begrenzt. Daher ist es möglich, dass eine Positivauslese im Rahmen der Studierenden stattgefunden hat bzw. dass die Leistungsdaten z. T. mehr und z. T. weniger Statekomponenten der Motivation inkludieren. Aufgrund dieser potentiellen Auslese der Studierenden wird nicht der Anspruch einer für die Standorte repräsentativen Stichprobe erhoben. Trotzdem können die mithilfe der gewonnenen Daten im Folgenden durchgeführten Analysen aufgrund ihrer Neuigkeit als wertvoller Schritt zur Ergänzung des Forschungsstands gesehen werden, denn Anzeichen für systematische Verzerrungen liegen nicht vor.
5.6
AUSDIFFERENZIERUNG DER FORSCHUNGSFRAGEN
Insgesamt wurden Forschungsfragen zu vier Themenkomplexen formuliert, den Einflüssen (1) der Berufswahlmotive, (2) der Qualitätsaspekte spezieller Lehrveranstaltungen, (3) des Zweitfachs und (4) des Studienstandorts auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik. Im Folgenden erfolgt eine Konkretisierung dieser Forschungsfragen entlang der unterschiedlichen Dimensionen des Professionswissens für die Untersuchungsstandorte und die drei Messzeitpunkte.
5.6.1
Einflüsse der Berufswahlmotive
Berufswahlmotive wurden zu Beginn der FD1-Veranstaltung (ET) zusammen mit dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen erfasst. Wie in der Stichprobenbeschreibung gezeigt (siehe Abschnitt 5.5), existieren zu 102 der zum ET getesteten und befragten Studierenden zusätzlich Daten vom Ende der FD1-Veranstaltung (ZT) und zwar zum Fachwissen, fachdidaktischen und pädagogischen Wissen. Somit können die Berufswahlmotive (1) mit zum gleichen Zeitpunkt erhobenen und (2) mit später erhobenen Leistungsdaten in Bezug gesetzt werden.
102
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
Die erste Forschungsfrage zu diesem Thema lautet: F1: Erhalten Berufswahlmotive Erklärungskraft für das Professionswissen? Hier wird theoretisch postuliert, dass unterschiedliche Berufswahlmotive indirekt zu unterschiedlichen Ausprägungen des Professionswissens führen könnten. Geprüft werden sollen folgende Hypothesen:
H1.1: Berufswahlmotive erhalten Erklärungskraft für das Fachwissen. H1.2: Berufswahlmotive erhalten Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. H1.3: Berufswahlmotive erhalten Erklärungskraft für das pädagogische Wissen. Hierbei wird erwartet, dass ein ausgeprägteres fachliches Interesse mit ausgeprägterem Fachwissen und fachdidaktischem Wissen und ein ausgeprägteres pädagogisches Interesse mit ausgeprägterem pädagogischen Wissen einhergeht. Weiterhin wird vermutet, dass eine stärkere Zustimmung zu den extrinsischen Motiven (Nützlichkeitsaspekte, soziale Einflüsse und Einschätzung des Lehramtsstudiums als weniger schwierig im Vergleich zu anderen Studiengängen) mit weniger ausgeprägten Leistungsdaten einhergeht. Zudem wird anlehnend an Befunde aus dem voruniversitären Bereich zum Zusammenhang von Fähigkeitsselbstkonzepten und Leistungen (siehe Überblick in Möller & Trautwein, 2009) erwartet, dass stärkere Fähigkeitsüberzeugungen mit ausgeprägterem Wissen korrespondieren. Die formulierten Hypothesen sollen sowohl für das gleichzeitig mit den Berufswahlmotiven erfasste Professionswissen als auch für die später erhobenen Leistungsdaten geprüft werden. Für jene Berufswahlmotive, die Erklärungskraft für das Professionswissen haben, sollen weiterhin die Fragen F2 und F3 beantwortet werden. F2: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch das Geschlecht im Modell Berücksichtigung findet? Die Konkretisierung entlang der drei Dimensionen des Professionswissens lautet:
H2.1: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des Geschlechts Erklärungskraft für das Fachwissen. H2.2: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des Geschlechts Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. H2.3: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des Geschlechts Erklärungskraft für das pädagogische Wissen. Auch hier sollen die formulierten Hypothesen einerseits für das gleichzeitig mit den Berufswahlmotiven erfasste Professionswissen und andererseits für die später erhobenen Leistungsdaten geprüft werden. F3: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden?
Ausdifferenzierung der Forschungsfragen
103
Einerseits soll hier untersucht werden, ob die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens erhalten bleibt. Konkret lautet die Hypothese:
H3.1: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des Fachwissens und / oder des pädagogischen Wissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. Andererseits soll geprüft werden, ob die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen bzw. für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des spezifischen Vorwissens erhalten bleibt. Konkret lauten die Hypothesen:
H3.2: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des fachlichen Vorwissens Erklärungskraft für das Fachwissen. H3.3: Berufswahlmotive erhalten auch bei Kontrolle des fachdidaktischen Vorwissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. 5.6.2
Einflüsse der Qualitätsaspekte
Zum Ende der FD1-Veranstaltung (ZT) wurden Qualitätsaspekte dieser Veranstaltung zusammen mit dem Fachwissen, dem fachdidaktischen und dem pädagogischen Wissen erhoben. Wie in der Stichprobenbeschreibung gezeigt, existieren zu 102 der zum ZT getesteten und befragten Studierenden zusätzlich Daten vom Beginn der FD1-Veranstaltung (ET) und zwar zum Fachwissen und fachdidaktischen Wissen. Somit können für die folgenden Analysen sowohl Querschnitt- als auch Längsschnittdaten verwendet werden. Zusätzlich wurden zum Ende der FD2-Veranstaltung (AT) zusammen mit den drei Dimensionen des Professionswissens Qualitätsaspekte dieser Veranstaltung erhoben. Längsschnittliche Daten für AT und ZT existieren lediglich für 9 Studierende (siehe Abschnitt 5.5); daher werden für die Analysen zum Einfluss der Qualitätsaspekte der FD2-Veranstaltung lediglich Querschnittdaten des AT verwendet. Die erste Forschungsfrage zu diesem Thema lautet: F4: Erhalten die wahrgenommenen Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen Erklärungskraft für das Professionswissen am Ende der entsprechenden Lehrveranstaltungen? Hier wird theoretisch postuliert, dass die genannten Qualitätsaspekte Einfluss auf das Professionswissen haben könnten. Getrennt für die zwei FD-Veranstaltungen sollen folgende Hypothesen geprüft werden:
H4.1: Die Qualitätseinschätzungen der Studierenden zur FD1 erhalten Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen am Ende der FD1. H4.2: Die Qualitätseinschätzungen der Studierenden zur FD2 erhalten Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen am Ende der FD2. Die FD1 stellt im Rahmen der zwei untersuchten Studienstandorte die erste fachdidaktische Veranstaltung dar und ist eher in der Anfangsphase des Lehramtsstudiums angesiedelt. Hingegen ist die FD2 in der zweiten Hälfte des Studiums zu finden. Zu diesem Zeitpunkt sollten die Studierenden bereits das Schulpraxissemester absolviert haben, den Rollenwechsel vom Lernenden zum Lehrenden nachvoll-
104
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
zogen haben und die Rolle der Fachdidaktik für das Unterrichtsgeschehen erkannt haben. Somit befinden sich die Studierenden während des Besuchs der zwei FDVeranstaltungen in Studienphasen mit unterschiedlichen Merkmalen und Foki im Laufe des Lehramtsstudiums. Die Unterschiedlichkeit der zwei Studienphasen soll zur Klärung folgender Frage genutzt werden:
F4.3: Unterscheidet sich die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der Lehrveranstaltungen für das fachdidaktische Wissen im Falle der FD2 von jener im Falle der FD1? Für jene Qualitätsaspekte, die Erklärungskraft für das Professionswissen haben, soll weiterhin folgende Frage beantwortet werden: F5: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Es soll untersucht werden, ob die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens bestehen bleibt. Konkret lautet die Hypothese:
H5.1: Qualitätsaspekte der FD1-Veranstaltung erhalten auch bei Kontrolle des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD1. H5.2: Qualitätsaspekte der FD2-Veranstaltung erhalten auch bei Kontrolle des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD2. Basierend auf dem echten Längsschnitt zwischen ET und ZT soll für die FD1 zusätzlich geprüft werden, ob die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des erhalten Vorwissens bleibt. Konkret lautet die Hypothese:
H5.3: Qualitätsaspekte der FD1-Veranstaltung erhalten auch bei Kontrolle des Vorwissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. Im Rahmen der Fragen F4 und F5 wurde theoretisch postuliert, dass die genannten Qualitätsaspekte Einfluss auf das Professionswissen haben. Jedoch ist auch das umgekehrte Phänomen plausibel, nämlich dass das Vorwissen der Studierenden die Einschätzung der Qualitätsaspekte beeinflusst. Diese Überlegung findet sich in der folgenden Frage wieder: F6: Korrespondiert die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen mit dem Vorwissen zu Beginn der entsprechenden Lehrveranstaltungen? Da die Fragestellung Längsschnittdaten fordert, ist diese Analyse lediglich im Falle der FD1-Veranstaltung möglich. Konkreter formuliert:
F6.1: Korrespondiert die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte der FD1 mit dem Vorwissen zu Beginn der FD1-Veranstaltung?
Ausdifferenzierung der Forschungsfragen
5.6.3
105
Einflüsse des Zweitfachs
Zu jedem der drei Untersuchungszeitpunkte wurde das Zweitfach der Studierenden erfragt. Aufgrund der Affinität der Mathematik zu den Naturwissenschaften und der Informatik und der Notwendigkeit, bei der Bearbeitung naturwissenschaftlicher und informatischer Fragestellungen oft die Werkzeuge der Mathematik anzuwenden, wird erwartet, dass Studierende mit einem MINT-Zweitfach im mathematischen Fachwissen besser abschneiden und sich gleichzeitig besser entwickeln als Studierende mit einem anderen Zweitfach (Nicht-MINT-Zweitfach). Im Falle des fachdidaktischen Wissens werden aufgrund der bereits berichteten Ergebnisse zu starken Zusammenhängen zwischen dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen ebenfalls Vorteile zu Gunsten der Studierenden mit einem MINT-Zweitfach erwartet, sowohl in den Wissensständen als auch in den entwicklungen. Hinsichtlich des fachübergreifenden Wissens können basierend auf der bisherigen Forschungslage keine gerichteten Vermutungen formuliert werden. Daher soll hier explorativ untersucht werden, ob Studierende mit unterschiedlichen Zweitfächern auch unterschiedliche Wissensstände bzw. -entwicklungen im fachübergreifenden Wissen erreichen. Die Fragen F7 und F8 fokussieren die Unterschiede in den Wissensständen zwischen der MINT- und der Nicht-MINT-Gruppe, die Frage F9 die Unterschiede in den Entwicklungen. F7: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des gewählten Zweitfachs? (Erhält das Zweitfach Erklärungskraft für das Professionswissen?) Entlang der gerade formulierten Erwartungen werden folgende Hypothesen formuliert:
H7.1: Studierende mit einem MINT-Zweitfach schneiden im Fachwissen besser ab als Studierende mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. H7.2: Studierende mit einem MINT-Zweitfach schneiden im fachdidaktischen Wissen besser ab als Studierende mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. H7.3: Studierende mit einem MINT-Zweitfach unterscheiden sich im pädagogischen Wissen von Studierenden mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. Hierbei sollen die drei Hypothesen für alle Messzeitpunkte geprüft werden. F8: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Einerseits soll hier untersucht werden, ob die Erklärungskraft des Zweitfachs für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens erhalten bleibt. Konkret lautet die Hypothese:
H8.1: Das Zweitfach erhält auch bei Kontrolle des Fachwissens und/ oder des pädagogischen Wissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen.
106
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
Andererseits soll geprüft werden, ob die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen auch bei Berücksichtigung des Vorwissens erhalten bleibt. Konkret lauten die Hypothesen:
H8.2: Das Zweitfach erhält auch bei Kontrolle des fachlichen Vorwissens Erklärungskraft für das Fachwissen. H8.3: Das Zweitfach erhält auch bei Kontrolle des fachdidaktischen Vorwissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. F9: Können bei Studierenden mit unterschiedlichen Zweitfächern unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden? Entlang der oben formulierten Erwartungen werden folgende Hypothesen formuliert:
H9.1: Das Fachwissen entwickelt sich von Beginn zum Ende der FD1Veranstaltung und zum Ende der FD2-Veranstaltung in der Fachgruppe MINT stärker als in der Fachgruppe Nicht-MINT. H9.2. Das fachdidaktische Wissen entwickelt sich von Beginn zum Ende der FD1-Veranstaltung und zum Ende der FD2-Veranstaltung in der Fachgruppe MINT stärker als in der Fachgruppe Nicht-MINT. H9.3. Das pädagogische Wissen entwickelt sich vom Ende der Veranstaltung FD1 zum Ende der Veranstaltung FD2 in den Fachgruppen MINT und Nicht-MINT unterschiedlich. Für die Entwicklungen von Beginn zum Ende der FD1 stehen sowohl Quer- als auch Längsschnittdaten zur Verfügung. Für die Entwicklung vom Ende der FD1 zum Ende der FD2 stehen lediglich Querschnittdaten zur Verfügung, die quasilängsschnittlich interpretiert werden.
5.6.4
Einflüsse des Studienstandorts
Die Fragen F10 und F11 fokussieren die Unterschiede in den Wissensständen zwischen den Studierenden der unterschiedlichen Studienstandorte, die Frage F12 die Unterschiede in den Entwicklungen. F10: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? (Erhält der Studienstandort Erklärungskraft für das Professionswissen?) Die Forschungsfrage F10 wird entlang der drei Dimensionen des Professionswissens folgendermaßen ausdifferenziert:
F10.1: Unterscheidet sich das Fachwissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? F10.2: Unterscheidet sich das fachdidaktische Wissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? F10.3: Unterscheidet sich das pädagogische Wissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts?
Ausdifferenzierung der Forschungsfragen
107
Diese drei Fragen sollen nun für die unterschiedlichen Erhebungszeitpunkte in Hypothesen überführt werden. Fachwissen Laut empfohlenem Studienverlaufsplan befinden sich die Studierenden der Universität Stuttgart zu Beginn des Moduls FD1 meistens im dritten Studiensemester und haben die Fächer Analysis 1 (Ana1), Analysis 2 (Ana2), Lineare Algebra und Analytische Geometrie 1 (LAAG1) sowie Lineare Algebra und Analytische Geometrie 2 (LAAG2) bereits gehört. An der Universität Tübingen befinden sich die Studierenden zu Beginn des Moduls FD1 meistens im vierten Studiensemester. An diesem Standort existieren zwei empfohlene Studienverlaufspläne: Laut dem ersten Studienverlaufsplan haben die Studierenden zu Beginn des vierten Semesters Analysis I (Ana1), Analysis II (Ana2), Lineare Algebra I (LA1), Lineare Algebra II (LA2) und Numerik bereits gehört, laut dem zweiten Studienverlaufsplan haben die Studierenden nur Ana1, LA1 und LA2 gehört. Im Rahmen von Gesprächen mit Dozenten und Studierenden der zwei Standorte wurde Folgendes deutlich: An der Universität Stuttgart haben die Studierenden zu Beginn des Moduls FD1 in der Regel Ana1, Ana2, LAAG1 und LAAG2 bereits gehört, an der Universität Tübingen Ana1, LA1 und LA2. Da somit an der Universität Stuttgart zu Beginn des Moduls FD1 in der Regel wahrscheinlich mehrere Veranstaltungen der Fachwissenschaften besucht wurden, wird die F10.1 für diesen Zeitpunkt folgendermaßen konkretisiert:
H10.1a: Zu Beginn des Moduls FD1 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart über ein ausgeprägteres Fachwissen als Lehramtsstudierende der Universität Tübingen. Aus ähnlichen Gesprächen mit Dozierenden und Studierenden der zwei Standorte wurde ersichtlich, dass auch zum Ende des Moduls FD1 Studierende der Universität Stuttgart in der Regel bereits mehr Veranstaltungen der Fachwissenschaften besucht haben als Studierende der Universität Tübingen. Aufgrund dieser Erkenntnis wird für diesen Zeitpunkt die F10.1 folgendermaßen konkretisiert:
H10.1b: Zum Ende des Moduls FD1 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart über ein ausgeprägteres Fachwissen als Lehramtsstudierende der Universität Tübingen. Zum Ende des Moduls FD2 sind die Studierenden der zwei Universitätsstandorte in unterschiedlichen Studiensemestern und haben unterschiedlich viele Veranstaltungen der Fachwissenschaften besucht. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass jeder dieser Studierenden andere Schwerpunkte bis zu diesem Zeitpunkt gewählt hat. Folglich wird in diesem Fall die F10.1 durch eine Frage konkretisiert:
F10.1c: Unterscheiden sich zum Ende des Moduls FD2 die Lehramtsstudierenden der Universität Stuttgart in ihrem Fachwissen signifikant von Lehramtsstudierenden der Universität Tübingen? Fachdidaktisches Wissen Zu Beginn des Moduls FD1 haben die Studierenden der Universitäten Stuttgart und Tübingen noch keine Inhalte der Fachdidaktik gehört, somit werden vordergründig bezogen auf diesen Aspekt keine Unterschiede zwischen den Standorten erwartet.
108
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
Andererseits dokumentiert der Forschungsstand Zusammenhänge zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen und wir erwarten zu diesem Zeitpunkt im Fachwissen, wie oben beschrieben, Vorteile zugunsten der Stuttgarter Studierenden. Folglich erwarten wir Vorteile auch im fachdidaktischen Wissen. Die F10.2 wird folgendermaßen konkretisiert:
H10.2a: Zu Beginn des Moduls FD1 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart über ein ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen als Lehramtsstudierende der Universität Tübingen. Das Modul FD1 wurde an beiden Standorten im Zuge der Einführung der neuen Prüfungsordnung neu konzipiert. Am Standort Tübingen wird die Veranstaltung durch Dozierende der Fachwissenschaft gelehrt. In Stuttgart wurde das Modul im Rahmen diverser Projektaktivitäten und gleichzeitig durch die Kooperation zwischen Vertretern der Universität und der Studienseminare optimiert. Zusätzlich wird dasselbe Argument wie oben bezogen auf den Zusammenhang zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen und auf die Ausprägungen des Fachwissens an den zwei Standorten verwendet. Somit wird F10.2 für diesen Zeitpunkt folgendermaßen konkretisiert:
H10.2b: Zum Ende des Moduls FD1 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart über ein ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen als Lehramtsstudierende der Universität Tübingen. Zum Ende des Moduls FD2 haben die Studierenden der zwei Universitätsstandorte beide FD-Module besucht, haben also Workloads im Umfang von jeweils 10 Leistungspunkten absolviert. Aufgrund der effektiven Lernzeit in der Fachdidaktik werden daher keine Unterschiede im fachdidaktischen Wissen erwartet. Andererseits sei hier erneut eingebracht, dass die Studierenden der zwei Universitätsstandorte zum Ende des Moduls FD2 in unterschiedlichen Studiensemestern sind und unterschiedlich viele Veranstaltungen der Fachwissenschaften mit z. T. unterschiedlichen Schwerpunkten besucht haben. Deswegen und wegen der festgestellten Zusammenhänge zwischen Fachwissen und fachdidaktischem Wissen (siehe Forschungsstand) wird in diesem Fall F10.2 als Frage konkretisiert:
F10.2c: Unterscheiden sich zum Ende des Moduls FD2 die Lehramtsstudierenden der Universität Stuttgart in ihrem fachdidaktischen Wissen signifikant von Lehramtsstudierenden der Universität Tübingen? Die TUM School of Education ist ein Standort, an dem die Fachdidaktik in Mathematik durch eine eigene Professur vertreten ist, die zudem in den letzten Jahren durch überdurchschnittliche Entwicklungs- und Forschungsaktivitäten auffällig wurde. Folglich werden im fachdidaktischen Wissen Vorteile zugunsten der Studierenden der TUM im Vergleich zu den Studierenden der anderen Standorte erwartet. Die Konkretisierung der F10.2 in diesem Fall lautet:
H10.2d: Zum Ende des Moduls FD2 verfügen Lehramtsstudierende der TUM School of Education über ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen als Lehramtsstudierende der Universitäten Stuttgart und Tübingen. Pädagogisches Wissen Bezogen auf das pädagogische Wissen soll einführend angemerkt werden, dass sich
Ausdifferenzierung der Forschungsfragen
109
die Standorte Stuttgart und Tübingen dadurch unterscheiden, dass Tübingen ein Standort mit diversen, stark besetzten bildungswissenschaftlichen Abteilungen ist, die zu didaktischen Fragen forschen und lehren, wohingegen in Stuttgart lediglich eine Abteilung existiert, die sich mit allgemeindidaktischen Fragestellungen beschäftigt. Aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen an den Standorten wird vermutet, dass sich dies auch in der Lehre niederschlägt und dass somit das erziehungswissenschaftliche Lehrangebot in Tübingen qualitativ hochwertiger als jenes in Stuttgart ist. Erwartet wird, dass sich dies in dem bei den Studierenden angebahnten fachübergreifenden Wissen durchschlägt. Somit wird Frage F10.3 für die unterschiedlichen Zeitpunkte folgendermaßen in Hypothesen konkretisiert:
H10.3a: Zum Ende des Moduls FD1 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Tübingen über ein ausgeprägteres pädagogisches Wissen als Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart. H10.3b: Zum Ende des Moduls FD2 verfügen Lehramtsstudierende der Universität Tübingen über ein ausgeprägteres pädagogisches Wissen als Lehramtsstudierende der Universität Stuttgart. F11: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen erhalten, sofern auch individuelle kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden? Einerseits soll hier untersucht werden, ob die Erklärungskraft des Standorts für das fachdidaktische Wissen auch bei Berücksichtigung des Fachwissens und / oder des pädagogischen Wissens erhalten bleibt. Konkret lautet die Hypothese:
H11.1: Der Studienstandort erhält auch bei Kontrolle des Fachwissens und/ oder pädagogischen Wissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen in der oben unterstellten Richtung. Andererseits soll geprüft werden, ob die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen auch bei Berücksichtigung des spezifischen Vorwissens erhalten bleibt. Konkret lauten die Hypothesen:
H11.2: Der Studienstandort erhält auch bei Kontrolle des fachlichen Vorwissens Erklärungskraft für das Fachwissen. H11.3: Der Studienstandort erhält auch bei Kontrolle des fachdidaktischen Vorwissens Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. F12: Können bei Studierenden unterschiedlicher Studienstandorte unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden? Entlang der bei Frage F10 bereits formulierten Überlegungen werden folgende Hypothesen formuliert:
H12.1: Das Fachwissen entwickelt sich von Beginn bis zum Ende der FD1Veranstaltung und bis zum Ende der FD2-Veranstaltung am Standort Stuttgart stärker als am Standort Tübingen. H12.2. Das fachdidaktische Wissen entwickelt sich von Beginn bis zum Ende der FD1-Veranstaltung und bis zum Ende der FD2-Veranstaltung am Standort Stuttgart stärker als am Standort Tübingen.
110
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
H12.3. Das pädagogische Wissen entwickelt sich vom Ende der FD1Veranstaltung und bis zum Ende der FD2-Veranstaltung am Standort Tübingen stärker als am Standort Stuttgart. Für die Entwicklungen von Beginn bis zum Ende der FD1 stehen sowohl querals auch längsschnittliche Daten zur Verfügung. Für die Entwicklung vom Ende der FD1 bis zum Ende der FD2 stehen lediglich Querschnittdaten zur Verfügung, die quasi-längsschnittlich interpretiert werden.
5.7
STATISTISCHES VORGEHEN
Die Rohdaten wurden manuell in die Software Statistical Package for the Social Sciences von IBM („IBM SPSS Statistics for Windows“, 2013) eingegeben. Die Korrektheit der Eingaben wurde später stichprobenartig überprüft und es wurden Nicht-Übereinstimmungen in einem Umfang von weniger als 1% gefunden. Dadurch wird die Qualität der eingegebenen Daten als gut eingeschätzt. Eine erste Umkodierung der Daten (Wertung der Einzelitems der ComplexMultiple-Choice-Items und Bildung von Summenscores für die entsprechenden Gesamtitems sowie Wertung der Single-Choice-Items auf Korrektheit) erfolgte ebenfalls in SPSS. Danach wurden die Daten aus SPSS in Form einer csv-Datei (comma separated value) exportiert. Diese Datei wurde in das Statistikprogramm R (R Core Team, 2017) importiert. Alle folgenden Analysen wurden in R, unter Verwendung der Pakete TAM (Kiefer, Robitzsch & Wu, 2017), sirt (Robitzsch, 2015) und difR (Magis, Beland & Raiche, 2015) durchgeführt.
5.7.1
Tests zum Professionswissen
Bezogen auf die Fachtests ist denkbar, dass die Motivation mancher Probanden für die Testbearbeitung sehr gering war. Die Testbearbeitungen äußerst unmotivierter Probanden würden das Gesamtergebnis des entsprechenden Tests verfälschen, denn im Falle dieser Probanden wäre nicht die tatsächliche Leistung im Test, sondern zu höheren Anteilen deren Motivation abgebildet. Daher wurde vor Beginn der Skalierung jedes Tests untersucht, ob für den entsprechenden Test äußerst unmotivierte Probanden existieren. Dabei wurde berechnet, wie viele unbearbeitete Items es für jeden Probanden gibt. Überschritt diese Anzahl 60% der Gesamtitems des jeweiligen Tests, wurde der entsprechende Proband als äußerst unmotiviert eingestuft und aus der entsprechenden Skalierung entfernt. Die so definierten äußerst unmotivierten Probanden werden im Folgenden als Dropouts bezeichnet. Zusätzlich soll hier erwähnt werden, dass die Fachtests als Powertests (vgl. z. B. Moosbrugger & Kelava, 2012, S. 30) eingesetzt wurden, d. h. dass den Probanden genug Zeit zur Verfügung stand, um alle Aufgaben eines jeden Tests zu bearbeiten. Aus diesem Grund wurde davon ausgegangen, dass von einem Probanden unbear-
Statistisches Vorgehen
111
beitete Items zu dem Testzeitpunkt nicht bearbeitet werden können. Deshalb wurden fehlende Werte im Rahmen der Tests später als falsch gewertet. Die Einordnung der weiter unten im Rahmen der Ergebnisdarstellung (Kapitel 6) berichteten Reliabilitätswerte der Tests erfolgt in Anlehnung an Lienert und Raatz (1998, S. 14), die für Gruppenvergleiche im Rahmen von Forschungszwecken eine Reliabilität zwischen 0.5 und 0.7 als ausreichend bewerten (siehe auch Ingenkamp & Lissman, 2008, S. 56). Etwas strenger diskutieren Moosbrugger und Rauch (2010, S. 165) bezogen auf die DIN 334309 , dass Reliabilitätswerte von über 0.85 als wünschenswert erachtet werden und Werte von über 0.7 als akzeptabel gelten.
Fachwissen Das Fachwissen wurde zu allen drei Messzeitpunkten erhoben. Für die zum ET erhobenen Daten wurde eine eindimensionale Rasch-Skalierung (Bond & Fox, 2012) mittels eines 1-PL Modells durchgeführt, ebenso für die Daten des ZT. Danach wurden die zwei Querschnittskalierungen als Basis für eine Längsschnittskalierung festgelegt. In einem ersten Schritt (Modell 1) wurde die Verlinkung zwischen den zwei Messzeitpunkten lediglich über die 102 Studierenden realisiert, die den Test zu beiden Messzeitpunkten bearbeitet haben. Aus den Ergebnissen dieser Skalierung wurden die potentiellen Ankeritems auf Differential Item Functioning (DIF) über die Zeit (Grisay, Gozales & Monseur, 2009) untersucht. Jene Items, die DIF aufwiesen, wurden für den nächsten Skalierungsschritt (Modell 2) als unterschiedliche Items betrachtet, wohingegen die Items ohne DIF (Paket difR) als Ankeritems fungierten. Somit existierte in Modell 2 eine Verlinkung über die gemeinsamen Probanden, wie auch in Modell 1, und eine zusätzliche Verlinkung über die Gleichsetzung der Itemschwierigkeiten der Ankeritems. Dieses Modell wird in der Fachliteratur als Andersen-Modell (Paek, Park, Cai & Chi, 2014) bezeichnet. In einem Modellvergleichstest zeigte sich, dass das Modell mit Ankeritems (Modell 2) besser als das Modell ohne Ankeritems (Modell 1) ist. Details und Ergebnisse werden in Abschnitt 6.3 präsentiert. Im einem letzten Schritt wurden auch die Studierenden, die den Fachwissenstest zum AT bearbeitet haben, auf die Längsschnittmetrik skaliert. Dabei wurden die Itemschwierigkeiten aus der längsschnittlichen Skalierung festgehalten und nur die Personenfähigkeiten der Studierenden des AT geschätzt. Infolgedessen sind die Probanden der drei Messzeitpunkte auf einer gemeinsamen Skala verortet (siehe Ergebnisse in Abschnitt 6.3).
Fachdidaktisches Wissen Auch das fachdidaktische Wissen wurde zu allen drei Messzeitpunkten erhoben. Eine eindimensionale Rasch-Skalierung mittels eines 1-PL Modells zum ET ist nicht 9
Die Überschrift der DIN 33430 lautet Anforderungen an berufsbezogene Eignungsdiagnostik.
112
Anlage der Untersuchung, Hypothesen und statistisches Vorgehen
gelungen. Auch der Versuch, andere Modelle wie z. B. ein 1PL-Modell mit dem Studienstandort als Facetting-Variable, ein 1PL-Modell mit dem Studienstandort als Hintergrundvariable, ein 2PL-Modell oder ein 3PL-Modell (vgl. z. B. Adams & Wu, 2007) zu verwenden, ist gescheitert. Mögliche Erklärungsansätze dafür sind (1) die Tatsache, dass die Studierenden zu diesem Erhebungszeitpunkt noch keine Veranstaltungen der Fachdidaktik besucht hatten und auf diesem Gebiet Vorwissen nicht wirklich existiert oder (2) die geringe Anzahl eingesetzter Items (lediglich 11 Items zu Beginn der Skalierung). Die Entscheidung, zu diesem Messzeitpunkt lediglich wenige Items zu dieser Wissensdimension einzusetzen wurde durch die Argumentation gestützt, dass eine große Anzahl an Items, die für die Studierenden fremd und nicht lösbar erscheinen, zu einer erhöhten Amotivation und der Gefährdung der folgenden Datenerhebung hätte führen können. Aufgrund dieser nicht gelungenen Skalierung wird im Folgenden die Prüfung der folgenden Hypothesen nicht möglich sein: H3.3, H8.3, H9.2 (partiell), H10.2a, H11.3 und H12.2 (partiell). Der zum ZT eingesetzte Test zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens enthielt 15 Items und jener zum AT eingesetzte 17 Items. Dabei waren die 15 Items des ZT im AT enthalten. Diese große Überschneidung der Tests erlaubte eine Skalierung mit dem Ansatz virtueller Personen (vgl. z. B. König, 2012a, S. 160): Unabhängig davon, ob die Studierenden den Test nur an einem oder an beiden Erhebungszeitpunkten bearbeitet haben, wurden sie in die Skalierung einbezogen. Dies bedeutet, dass Studierende, die den Test zu beiden Zeitpunkten bearbeitet haben, als zwei Probanden für die Skalierung gewertet wurden. Da dies im vorliegenden Fall lediglich bei 9 Studierenden eingetreten war, wurden nur (eventuell) minimale Retest-Effekte erwartet. Für den somit gebildeten Personenpool wurde eine Rasch-Skalierung mittels eines 1-PL Modells mit dem Zeitpunkt (ZT und AT) und dem Studienstandort (Stuttgart, Tübingen und München) als Hintergrundvariablen durchgeführt. Auch für diese Wissensdimension sind nun die Probanden der zwei Messzeitpunkte auf einer gemeinsamen Skala verortet (siehe Details und Ergebnisse in Abschnitt 6.4).
Pädagogisches Wissen Das pädagogische Wissen wurde zum ZT und zum AT erhoben, der eingesetzte Test war zu beiden Zeitpunkten identisch. Deshalb wurde auch in diesem Fall der Ansatz virtueller Personen für die Skalierung gewählt. Wiederum gab es lediglich 9 Studierende, die den Test zu beiden Zeitpunkten bearbeitet hatten, sodass auch hier die Retest-Effekte minimal sein sollten. Gerechnet wurde ein 1PL-Modell mit dem Zeitpunkt (ZT und AT) als Hintergrundvariable. Wie im Fall der fachbezogenen Wissensdimensionen, wurden somit auch im Fall des pädagogischen Wissens die Probanden der zwei Messzeitpunkte auf einer gemeinsamen Skala verortet (siehe Details und Ergebnisse in Abschnitt 6.5).
Statistisches Vorgehen
5.7.2
113
Berufswahlmotive und Qualitätsaspekte
Nach der Prüfung der internen Konsistenz der Skalen zu den Berufswahlmotiven durch die Berechnung des Reliabilitätsmaßes Cronbachs Alpha (Eid, Gollwitzer & Schmitt, 2011, S. 833) wurden die Skalenwerte als Mittelwerte der entsprechenden Items berechnet (siehe Details und Ergebnisse in Abschnitt 6.6). Die Einordnung der weiter unten im Rahmen der Ergebnisdarstellung berichteten Reliabilitätswerte der Skalen erfolgt in Anlehnung an Kline (2000, S. 13), der eine Grenze von 0.7 ansetzt: So werden Reliabilitätswerte größer als 0.7 als gut erachtet, jene unter 0.7 sind nicht erwünscht. Field (2013, S. 709) diskutiert, dass je nach Diversität des erfassten Konstrukts auch Werte unter 0.7 denkbar sind. Das gleiche Vorgehen wurde auch für die Skalen zu Qualitätsaspekten der FDVeranstaltungen angewendet (siehe Details und Ergebnisse in Abschnitt 6.7).
5.7.3
Zusammenhänge und Erklärungen
Aus den oben beschriebenen Skalierungen wurden die WLE-Schätzer der Personenfähigkeiten für die weiteren Analysen verwendet. Bei der Überprüfung von Zusammenhängen wurde der Korrelationskoeffizient nach Pearson (vgl. z. B. Eid et al., 2011, S. 506, 508) berechnet. Bei den Analysen zur Erklärungskraft der diversen Einflussfaktoren auf die Dimensionen des Professionswissens wurden lineare Regressionsanalysen (siehe z. B. Eid et al., 2011, S. 560ff, 602ff) gerechnet. Im Fall dichotomer unabhängiger Variablen wurde zusätzlich die Effektstärke Hedges g (vgl. z. B. Bortz & Schuster, 2010, S. 127) berichtet. Im Fall kategorialer polytomer unabhängiger Variablen wurde vor der Durchführung der Regression eine Dummy-Kodierung (siehe z. B. Bortz & Schuster, 2010, S. 364) der unabhängigen Variablen durchgeführt.
KAPITEL 6 DESKRIPTIVER ERGEBNISTEIL 6.1
STUDIERENDE NACH STANDORT
Wie in der Beschreibung des Untersuchungsdesigns (Abschnitt 5.3) bereits angeklungen, wurden hauptsächlich Lehramtsstudierende der Universitäten Stuttgart und Tübingen getestet und befragt. Zusätzlich konnte eine Studierendengruppe aus München gewonnen werden, die zum AT den Test zum fachdidaktischen Wissen bearbeitete. Tabelle 6.1 zeigt die Aufteilung an den Studienstandorten zu den einzelnen Messzeitpunkten. Tabelle 6.1: Studierende nach Standort Messzeitpunkt Alle Studierenden Stuttgart Tübingen Längsschnitt ET + ZT 102 83 19 ET 175 105 70 ZT 174 121 53 AT 125 31 38 ET = Beginn der FD1; ZT = Ende der FD1; AT = Ende der FD2
München 56
Für die weiteren Analysen auf Gruppenebene soll nachfolgend bei der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden, dass die Gruppengrößen z. T. klein sind (vor allem die echte Längsschnittgruppe in Tübingen) und es sich infolgedessen um Stichprobeneffekte handeln könnte.
6.2
STUDIERENDE NACH ZWEITFACH
Die Lehramtsstudierenden wurden in offener Form nach ihrem Zweitfach gefragt. Danach erfolgte dessen Kategorisierung. In einem ersten Schritt wurde das Zweitfach entlang der Einteilung der Unterrichtsfächer der KMK10 kategorisiert. Dabei wurde lediglich die Unterteilung in Deutsch und Fremdsprachen aufgehoben - diese Fächer wurden zur Gruppe der Sprachen zusammengefügt. Tabelle 6.2 zeigt die Aufteilung nach Zweitfach zu den einzelnen Messzeitpunkten. Die so erhaltenen Gruppengrößen sind z. T. sehr gering, so dass weitere Analysen mit hoher Wahrscheinlichkeit von Stichprobeneffekten betroffen wären. Aus diesem Grund wird für die nachfolgenden Analysen eine gröbere Kategorisierung gewählt und zwar soll zwischen einer MINT- und einer Nicht-MINT-Fachgruppe
10
https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/unterrichtsfaecher.html
116
Deskriptiver Ergebnisteil
unterschieden werden. Tabelle 6.3 zeigt die Aufteilung in die Fachgruppen MINT und Nicht-MINT zu den einzelnen Messzeitpunkten. Tabelle 6.2: Studierende nach Zweitfach Messzeitpunkt
Alle Studierenden
MINT
SPRA
GESE
Längsschnitt ET + ZT 102 51 14 18 ET 175 72 28 30 ZT 174 89 24 27 AT 125 74 7 10 AT ohne München 69 39 7 10 ET = Beginn der FD1; ZT = Ende der FD1; AT = Ende der FD2 2 Studierende ohne Angabe des Zweitfachs: 1 ZT, 1 AT SPRA = Sprachen GESE = Gesellschaftswissenschaften REP = Religion, Ethik, Philosophie MUSI = Musische Fächer
REP
SPORT
MUSI
6 16 11 9 9
13 26 20 25 4
0 2 2 0 0
Tabelle 6.3: Studierende nach Zweitfach MINT, Nicht-MINT Messzeitpunkt Alle Studierenden MINT Nicht-MINT Längsschnitt ET + ZT 102 51 51 ET 175 72 102 ZT 174 89 84 AT 125 74 51 AT ohne München 69 39 30 ET = Beginn der FD1; ZT = Ende der FD1; AT = Ende der FD2 2 Studierende ohne Angabe des Zweitfachs: 1 ZT, 1 AT
Bezogen auf die Wahl des Zweitfachs ist denkbar, dass diese mit dem Geschlecht zusammenhängen könnte. Aufgrund der Tatsache, dass Frauen schlechtere Selbstkonzepte bezogen auf die MINT-Domäne haben (siehe Überblick in Mokhonko, 2016, S. 26), wäre es möglich, dass Frauen eher zu Nicht-MINT-Zweitfächern tendieren als Männer. Mit Hilfe von Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstests (vgl. z. B. Bortz & Schuster, 2010, S. 137ff) wurde überprüft, ob eine Abhängigkeit zwischen dem Geschlecht und dem Zweitfach besteht. Die Befunde zeigen, dass weder für die Gesamtgruppe der getesteten Studierenden noch an den einzelnen Studienstandorten Abhängigkeiten zwischen den zwei Variablen gefunden werden können.
6.3
FACHWISSEN
Wie in Abschnitt 5.7.1 erwähnt, wurde das Fachwissen zu allen drei Messzeitpunkten erhoben. Im Skalierungsprozess wurden für alle drei Messzeitpunkte die
Fachwissen
117
Complex-Multiple-Choice-Items als richtig gewertet, sofern alle Teilitems richtig gelöst wurden. Die offenen polytomen Items wurden so umkodiert, dass auch teilweise richtig gelöste Items als richtig gewertet wurden. Eingangstest (ET) Die eindimensionale Rasch-Skalierung des ersten Messzeitpunkts startete mit 175 Probanden und 22 Items, wobei sowohl dichotome als auch polytome Items vorhanden waren. Für diesen Test existierten keine Dropouts. Zur Erinnerung sei hier erneut erwähnt, dass als Dropouts jene Studierenden bezeichnet werden, die mehr als 60% der Items nicht bearbeitet haben. Zum Ende der Skalierung bleiben 20 Items in dichotomer Form übrig. Die Beurteilung der Eignung der Items für das Modell erfolgte hauptsächlich über die Item-Fit-Werte. Die Grenzwerte zwischen 0.75 und 1.33 werden von Wilson (2005) als akzeptabel bezeichnet. Die Items des vorliegenden Tests weisen Outfit-Werte zwischen 0.88 und 1.28 auf. Zusätzlich zeigt der DETECT-Algorithmus (Zhang & Stout, 1999a; Zhang & Stout, 1999b; Zhang, 2007) eine ausreichende Homogenität auf. Der SRMR als Indikator für die Modellgüte liegt bei 0.073 und somit in einem guten Bereich (Hu & Bentler, 1999). Die EAP-Reliabilität des Modells liegt bei 0.726, die WLE-Reliabilität bei 0.708. Somit gelten auch diese als zufriedenstellend (Lienert & Raatz, 1998). Die Varianz der WLE-Personenfähigkeitsschätzer liegt bei 0.989. Zwischentest (ZT) Die eindimensionale Rasch-Skalierung des zweiten Messzeitpunkts begann mit 177 Probanden und 18 Items, wobei sowohl dichotome als auch polytome Items vorhanden waren. Für diesen Test existieren zwei Dropouts, somit blieben 175 Probanden für die Skalierung. Zum Ende der Skalierung bleiben 18 Items in dichotomer Form übrig. Mit Ausnahme eines Items liegen die Outfit-Werte zwischen 0.87 und 1.19 und somit innerhalb der oben berichteten Grenzen von Wilson (2005). Auch hier zeigt der DETECT-Algorithmus eine ausreichende Homogenität auf. Der SRMR liegt mit 0.07 in einem guten Bereich (Hu & Bentler, 1999). Zudem ist die Reliabilität des Modells zufriedenstellend (Lienert & Raatz, 1998): Die EAP-Reliabilität liegt bei 0.725, die WLE-Reliabilität bei 0.705. Die Varianz der WLE-Personenfähigkeitsschätzer liegt bei 1.136. Längsschnittskalierung des ET und ZT Mit jeweils 175 Probanden für jeden Messzeitpunkt startete die Skalierung; von diesen waren 102 echte Längsschnittprobanden. Insgesamt standen für diese Skalierung somit 248 Probanden zur Verfügung. Der ET enthielt 20 Items, der ZT 18. Davon waren 13 potentielle Ankeritems. Wie in Abschnitt 5.7.1 bereits vorgestellt, wurden zwei Modelle gerechnet, eines ohne Ankeritems und eines mit Ankeritems. Bei der DIF-Prüfung der Ankeritems über die Zeit wiesen zwei Items DIF auf und wurden im weiteren Verlauf der Skalierung als verschiedene Items behandelt. Somit blieben 11 Ankeritems. In
118
Deskriptiver Ergebnisteil
einem Chi-Quadrat-Modellvergleichstest zeigte sich, dass das Modell mit Ankeritems gegenüber dem Modell ohne Ankeritems zu präferieren war (p = 0.11). Auch die Informationskriterien AIC, AICC und AIC3 sprachen für das Modell mit Ankeritems. Aufgrund schlechter Item-Fit-Werte fielen ein Item des ET und ein zusätzliches Ankeritem weg. Die finale Skalierung enthält 10 Ankeritems, 9 zusätzliche Items im ET und 8 zusätzliche Items im ZT. Die Outfit-Werte der Items liegen mit Ausnahme eines Items zwischen 0.9 und 1.25. Der SRMR liegt bei 0.083 und damit in einem noch akzeptablen Bereich (Hu & Bentler, 1999). Die EAP-Reliabilitäten der zwei Zeitpunkte liegen bei 0.741 und 0.742, die WLE-Reliabilitäten bei 0.703 und 0.706.
Abbildung 6.1: WrightMap FW Längsschnitt ET und ZT
Die Wrightmap in Abbildung 6.1 zeigt auf der linken Seite die Verteilung der Personenfähigkeiten zu den zwei Messzeitpunkten; dabei ist eine Entwicklung im Fachwissen ersichtlich (Mittelwerte von 0.083 logits zum ET und 0.622 logits zum ZT, Effektstärke Hedges g von 0.517). Auf der rechten Seite der Grafik werden die Itemschwierigkeiten geplottet; dabei sind die Items des ET durchschnittlich leichter (−0.7 logits) als jene des ZT (0.7 logits). Die durchschnittliche Schwierigkeit der Ankeritems liegt bei 0.39 logits und somit zwischen den durchschnittlichen Itemschwierigkeiten des ET und ZT. Bezogen auf die Verteilung der Items soll festgehalten werden, dass relativiert an der getesteten Studierendengruppe im ET schwere Items gänzlich fehlen, während im ZT der obere Bereich leicht abgedeckt ist; die Verteilung der Ankeritems ist relativ eng im mittleren Fähigkeitsbereich konzentriert.
Fachwissen
119
Abschlusstest (AT) Wie in Abschnitt 5.7.1 beschrieben, wurden in einem letzten Schritt die Studierenden, die den Fachwissenstest zum AT bearbeitet haben, auch auf die Längsschnittmetrik skaliert. Dabei wurden die Itemschwierigkeiten aus der längsschnittlichen Skalierung festgehalten und nur die Personenfähigkeiten der Studierenden des AT geschätzt. Gestartet wurde hier mit 69 Probanden und 17 Items, wobei auch hier sowohl dichotome als auch polytome Items vorhanden waren. Von diesen 17 Items waren 15 potentielle Items, bei denen die Itemschwierigkeiten der vorherigen Skalierung festgehalten werden konnten. Für diesen Test existierten keine Dropouts. Zum Ende der Skalierung bleiben alle 17 Items in dichotomer Form übrig, davon 13 Items mit fixierten Schwierigkeiten aus der Längsschnittskalierung (zwei Items mussten frei geschätzt werden). Die Outfit-Werte der Items liegen zwischen 0.77 und 1.24. Auch hier zeigt der DETECT-Algorithmus eine ausreichende Homogenität auf. Als Indikator für die Modellgüte liegt der SRMR bei 0.09 und somit leicht über der Grenze der Modelle mit einer optimalen Passung (Hu & Bentler, 1999). Die EAP-Reliabilität liegt bei 0.629, die WLE-Reliabilität bei 0.614. Die Werte können nach Lienert und Raatz (1998) als ausreichend eingestuft werden. Der Durchschnitt der WLE-Personenfähigkeitsschätzer liegt bei 1.143, die Varianz bei 0.833.
Abbildung 6.2: WrightMap FW AT
Die Wrightmap in Abbildung 6.2 zeigt, dass der Itempool durchschnittlich etwas zu leicht für die getestete Studierendengruppe ist; speziell sind im oberen Leistungsbereich eher zu wenig Items vorhanden.
120
Deskriptiver Ergebnisteil
Durch die gerade präsentierte Skalierung des Fachwissens sind die Probanden der drei Messzeitpunkte auf einer gemeinsamen Skala verortet. Dabei liegt die Effektstärke (Hedges g) der Mittelwertunterschiede vom ZT zum AT bei 0.507. Trotz der nicht ganz idealen Passung zwischen Itemschwierigkeiten und Personenfähigkeiten bei gleichzeitig relativ geringer Itemzahl ist es gelungen, gute Modellgütekennzahlen und Reliabilitäten zu erreichen.
6.4
FACHDIDAKTISCHES WISSEN
Wie in Abschnitt 5.7.1 aufgeführt, wurde aufgrund der großen Überlappung der Testhefte des ZT und des AT der Ansatz virtueller Personen verwendet. Gestartet wurde mit 282 Probanden, davon 9, die sowohl den ZT als auch den AT bearbeitet hatten. 158 Probanden hatten lediglich den ZT bearbeitet und 106 Probanden lediglich den AT. Bei dieser Skalierung gab es drei Dropouts: Von diesen hatten zwei lediglich den ZT bearbeitet; beim dritten Dropout handelt es sich um einen Studierenden, der sowohl am ZT als auch am AT teilgenommen hatte, der aber lediglich zum ZT äußerst unmotiviert scheint. Somit blieben 279 Probanden für diese Skalierung übrig. Gestartet wurde mit 17 Items; enthalten waren dabei sowohl dichotom als auch polytom kodierte Items. 15 dieser Items wurden sowohl zum ZT als auch zum AT administriert, die anderen zwei lediglich zum AT. Auch hier wurden die ComplexMultiple-Choice-Items als richtig gewertet, sofern alle Teilitems richtig gelöst wurden. Die offenen polytomen Items wurden so umkodiert, dass diese nur dann als richtig gewertet werden, wenn sie vollständig richtig gelöst wurden. Teilweise richtig gelöste Items wurden als falsch gewertet. Gerechnet wurde ein 1-PL Modell mit folgenden Hintergrundvariablen: (1) der Zeitpunkt (ZT und AT) und (2) der Studienstandort (Stuttgart, Tübingen und München). Zum Ende der Skalierung bleiben 16 Items in dichotomer Form übrig. Die Outfit-Werte der Items liegen dabei zwischen 0.73 und 1.13 und somit innerhalb der oben berichteten Grenzen von Wilson (2005). Der SRMR liegt bei 0.053 und somit in einem sehr guten Bereich (Hu & Bentler, 1999). Die EAP-Reliabilität liegt bei 0.606 und ist somit ausreichend, die WLE-Reliabilität fällt mit 0.494 knapp unter die Grenze von 0.5, die von Lienert und Raatz (1998, S. 14) als noch ausreichend für Forschungszwecke gelten. Die Wrightmap in Abbildung 6.3 dokumentiert einen durchschnittlichen Wissenszuwachs zwischen ZT und AT (Mittelwerte −0.13 logits zum ZT und 0.27 logits zum AT, Effektstärke Hedges g von 0.456). Insgesamt zeigt sich, dass der eingesetzte Itempool (Mittelwert 0.95) zu schwer für die getestete Studierendengruppe ist. Dieser Befund und die gleichzeitig geringe Itemzahl könnten ursächlich für die geringe Reliabilität sein. Eine weitere Ursache für die suboptimale Reliabilität könnte die Passung zwischen den Curricula an den Untersuchungsstandorten und dem eingesetzten Test sein: Während es im Fall der FD2-Veranstaltungen eine inhaltliche Diversität mit
Pädagogisches Wissen
121
Abbildung 6.3: WrightMap FD ZT AT
Fokussierung auf diverse Sekundarstufen-1- und -2-Themen gibt, bildet der eingesetzte Test zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens hauptsächlich mathematische Themen aus der Sekundarstufe 1 ab.
6.5
PÄDAGOGISCHES WISSEN
Wie in Abschnitt 5.7.1 aufgeführt, wurde aufgrund der großen Überlappung der Testhefte des ZT und des AT der Ansatz virtueller Personen verwendet. Gestartet wurde mit 236 Probanden, davon 9, die sowohl den ZT als auch den AT bearbeitet haben. 158 Probanden hatten lediglich den ZT bearbeitet und 60 Probanden lediglich den AT. Bei dieser Skalierung gab es 9 Dropouts: 6 Probanden aus dem ZT und 3 aus dem AT. Somit blieben 227 Probanden für diese Skalierung übrig. Gestartet wurde mit 23 Items; enthalten waren dabei sowohl dichotom als auch polytom kodierte Items. Im ZT und im AT wurden identische Tests eingesetzt. Auch hier wurden die Complex-Multiple-Choice-Items als richtig gewertet, sofern alle Teilitems richtig gelöst wurden. Für diesen Testzuschnitt wurde ein 1-PL Modell gerechnet, bei dem der Zeitpunkt (ZT und AT) als Hintergrundvariable berücksichtigt wurde. 21 Items in dichotomer Form bleiben zum Ende der Skalierung übrig. Mit Werten zwischen 0.82 und 1.17 liegen die Outfit-Werte der Items innerhalb der Grenzen von Wilson (2005). Auch hier liegt der SRMR mit einem Wert von 0.064 in einem guten Bereich (Hu & Bentler, 1999). Die EAP-Reliabilität liegt bei 0.65, die WLE-Reliabilität bei 0.619;
122
Deskriptiver Ergebnisteil
diese Werte gelten als ausreichend für Forschungszwecke (Lienert & Raatz, 1998, S. 14).
Abbildung 6.4: WrightMap P ZT AT
Die Wrightmap in Abbildung 6.4 zeigt einen durchschnittlichen Wissenszuwachs vom ZT zum AT (Mittelwerte 0 logits zum ZT und 0.406 logits zum AT, Effektstärke Hedges g von 0.507). Die Items sind hauptsächlich im mittleren Bereich verortet; im oberen, vor allem aber im unteren Bereich fehlen Items. Auch hier ist die nicht ganz ideale Passung zwischen Itemsschwierigkeiten und Personenfähigkeiten in Kombination mit der geringen Itemzahl vermutlich ursächlich für die mittelmäßigen Reliabilitätswerte.
6.6
BERUFSWAHLMOTIVE
Berufswahlmotive wurden, wie in Abschnitt 5.4 vorgestellt, anhand folgender Skalen erfasst: dem fachlichen Interesse, dem pädagogischen Interesse, den Fähigkeitsüberzeugungen, den Nützlichkeitsaspekten, den sozialen Einflüssen und der geringen Schwierigkeit des Lehramtsstudiums (im Vergleich zu anderen Studiengängen). Die interne Konsistenz der Skalen in Form von Cronbachs Alpha (siehe Tabelle 6.4) wird hier als Reliabilitätsmaß betrachtet und kann in Anlehnung an Field (2013, S. 709) als ausreichend akzeptiert werden. Zusätzlich werden hier die Mittelwerte und Streuungen der Skalen berichtet. Analog zum Forschungsstand kann auch hier Zustimmung zu den intrinsischen Motiven (dem fachlichen und pädagogischen Interesse und der Fähigkeitsüberzeu-
123
Qualitätsaspekte
gung) und eher Ablehnung der extrinsischen Motive (der geringen Schwierigkeit des Studiums, der sozialen Einflüsse und der Nützlichkeitsaspekte) konstatiert werden. Dabei sind die Ausprägungen der einzelnen Skalen vergleichbar mit jenen bereits im Forschungsstand dokumentierten - allein für die Skala geringere Schwierigkeit des Studiums werden Abweichungen konstatiert (vgl. Pohlmann & Möller, 2010, S. 78). Tabelle 6.4: Berufswahlmotive: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen Skala Items Fachliches Interesse 4 Pädagogisches Interesse 4 Fähigkeitsüberzeugung 4 Nützlichkeit 4 Soziale Einflüsse 4 Geringe Schwierigkeit des Studiums 4 1 = trifft völlig zu; 4 = trifft gar nicht zu
N 173 173 168 171 169 173
Cronbachs α 0.77 0.63 0.71 0.69 0.67 0.74
M 1.65 1.53 1.66 2.47 3.09 3.84
SD 0.54 0.47 0.44 0.63 0.66 0.32
Die Streuungen der Skalen in Form der Standardabweichungen variieren zwischen 0.32 und 0.66. Zudem weisen die Verteilungen Boden- bzw. Deckeneffekte auf. Diese Phänomene könnten später Auswirkungen auf die Regressionsanalysen der Berufswahlmotive mit den Leistungsdaten haben und werden in den folgenden Abschnitten zu den Ergebnissen kommentiert.
6.7
QUALITÄTSASPEKTE
Das Instrument zur Erfassung der Qualitätsaspekte der FD-Veranstaltungen enthielt, wie in Abschnitt 5.4 präsentiert, Skalen zu folgenden Konstrukten: Klarheit der Instruktion, Strukturierung, inhaltliche Relevanz, methodische Eignung, Überforderung, Kompetenzerleben, Autonomieerleben, Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte, soziale Einbindung. Getrennt für die Veranstaltungen FD1 und FD2 werden in den Tabellen 6.5 und 6.6 die interne Konsistenz der Skalen sowie die Mittelwerte und Streuungen der Skalen berichtet. Im Falle der FD1 kann (mit Ausnahme der Skala zum Autonomieerleben) die interne Konsistenz der Skalen als gut (Kline, 2000, S. 13) angesehen werden. Bei der FD2 fallen die Werte für die interne Konsistenz der Skalen insgesamt geringer aus als im Fall der FD1; dies liegt vermutlich an der kleineren Stichprobengröße in der FD2. Bis auf die Skala Autonomieerleben liegen auch hier die Werte in einem guten bis akzeptablen Bereich (Field, 2013, S. 709). Betrachtet man die Mittelwertsausprägungen der Qualitätsskalen zu den zwei Zeitpunkten, wird ersichtlich, dass die FD1-Veranstaltung durch die Studierenden insgesamt besser als die FD2 eingeschätzt wird. Plausibel wäre dabei zu vermuten, dass die Studierenden der FD2, die weiter fortgeschritten und dadurch erfahrener im Studium sind, auch kritischer bei der Bewertung der Lehrveranstaltungen sind als die Studierenden im Rahmen der FD1, die sich noch im ersten Studienabschnitt befinden und somit als Novizen gesehen werden können.
124
Deskriptiver Ergebnisteil
Tabelle 6.5: Qualitätsaspekte der FD1: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen Skala Items N Cronbachs α M Klarheit der Instruktion 7 155 0.88 2.02 Strukturierung 2 160 0.81 2.15 Inhaltliche Relevanz 3 159 0.84 2.25 Methodische Eignung 4 157 0.8 2.69 Überforderung 3 156 0.85 4.35 Kompetenzerleben 3 149 0.85 3.23 Autonomieerleben 2 155 0.65 2.76 Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte 3 156 0.86 2.07 Soziale Einbindung 3 155 0.78 1.7 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Ursprünglich hatte die Skala Autonomieerleben 3 Items; 1 Item wurde aufgrund der Trennschärfe eliminiert
SD 0.89 1.03 1.09 1.09 1.19 1.23 1.12 1.14 0.87 schlechten
Tabelle 6.6: Qualitätsaspekte der FD2: Interne Konsistenz, Mittelwerte und Standardabweichungen Skala Items N Cronbachs α M Klarheit der Instruktion 7 54 0.83 2.35 Strukturierung 2 64 0.68 2.98 Inhaltliche Relevanz 3 63 0.86 2.6 Methodische Eignung 4 61 0.67 3.16 Überforderung 3 62 0.72 5.03 Kompetenzerleben 3 53 0.67 3.75 Autonomieerleben 2 60 0.57 2.33 Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte 3 62 0.91 3.1 Soziale Einbindung 3 57 0.69 2.1 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Ursprünglich hatte die Skala Autonomieerleben 3 Items; 1 Item wurde aufgrund der Trennschärfe eliminiert
SD 0.92 1.29 1.21 0.99 0.85 1.08 1.21 1.41 0.9 schlechten
Weiterhin ist interessant, dass in jeder der zwei FD-Veranstaltungen die Studierenden am ehesten ablehnen, überfordert zu sein. Die Überforderung ist dabei so operationalisiert, dass danach gefragt wird, ob das Lerntempo zu schnell ist, ob zu viele Inhalte behandelt werden und ob die behandelten Inhalte zu schwierig waren. Hingegen gibt es starke Zustimmung zur sozialen Einbindung und zur Klarheit der Instruktion. Die Einschätzungen zur geringen Überforderung wurden vermutlich durch den impliziten Vergleich zu den Veranstaltungen der Fachwissenschaft begünstigt. Wie im Fall der Berufswahlmotive weisen auch einige Qualitätsskalen Bodenbzw. Deckeneffekte auf. Nach diesen deskriptiven Ausführungen zu der Stichprobe und den Skalierungen der eingesetzten Tests und Berufswahl- sowie Qualitätsskalen folgt die Prüfung der in Abschnitt 5.6 formulierten Hypothesen.
KAPITEL 7 HYPOTHESENGELEITETER ERGEBNISTEIL Insgesamt wurden Forschungsfragen und Hypothesen zu vier Themenkomplexen formuliert, den Einflüssen (1) der Berufswahlmotive, (2) der Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Lehrveranstaltungen, (3) des Zweitfachs und (4) des Studienstandorts auf das Professionswissen von Lehramtsstudierenden. Die Ergebnisdarstellung gliedert sich im Folgenden entlang dieser vier Themenkomplexe. Dabei werden für die ersten drei Themenkomplexe die Daten der Stuttgarter und Tübinger Studierenden berücksichtigt. Die lediglich zum fachdidaktischen Wissen zum AT vorhandenen Daten der Studierenden der TUM School of Education werden für den vierten Themenkomplex verwendet.
7.1
ERGEBNISSE ZU DEN EINFLÜSSEN DER BERUFSWAHLMOTIVE
In diesem Abschnitt soll zuerst die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen untersucht werden. Infolgedessen soll überprüft werden, ob diese Erklärungskraft erhalten bleibt sofern das Geschlecht bzw. kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden. Zur Erinnerung seien hier die drei Forschungsfragen erneut eingefügt. F1: Erhalten Berufswahlmotive Erklärungskraft für das Professionswissen? F2: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch das Geschlecht in dem Modell Berücksichtigung findet? F3: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Professionswissen erhalten, sofern auch kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden? Für die nachfolgenden Analysen werden lineare Regressionen durchgeführt. In einem ersten Schritt werden einzelne Regressionen mit jedem Berufswahlmotiv als unabhängige Variable gerechnet - dabei wird der Einfluss des entsprechenden Berufswahlmotivs für die betrachtete Dimension des Professionswissens ermittelt. In einem zweiten Schritt wird eine Regression unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller Berufswahlmotive gerechnet - dabei soll der oben genannte Einfluss bei Berücksichtigung des gesamten Berufswahlprofils untersucht werden, also der Kompositionseffekt der Berufswahlmotive. Im Folgenden werden die Ergebnisse zur Erklärungskraft der Berufswahlmotive getrennt nach Dimensionen des Professionswissens präsentiert.
126
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
7.1.1
Einflüsse auf das Fachwissen
Der Einfluss der Berufswahlmotive auf das Fachwissen wird in den Tabellen 7.1 und 7.2 dargestellt, auch bei Kontrolle des Geschlechts bzw. des fachlichen Vorwissens. Tabelle 7.1: Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen zum ET
Berufswahlmotiv Pädagogisches Interesse Fähigkeitsüberzeugung
Einfluss Berufswahlmotiv 0.19* (0.031)
Einfluss Berufswahlmotiv + Geschlecht 0.138. (0.092) −0.15* (0.092) 0.223**
Pädagogisches Interesse 0.271** Fachliches Interesse Fähigkeitsüberzeugung −0.223** −0.218** Nützlichkeit Soziale Einflüsse Geringe Schwierigkeit Studium Aufgeklärte Varianz 0.056 0.125 Obere Tabellenhälfte: Jedes Berufswahlmotiv in einer Regression: Standardisiertes beta-Gewicht; in Klammern aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells; extrinsische Motive (Nützlichkeit, soziale Einflüsse, geringe Schwierigkeit Studium) sowie das fachliche Interesse haben keine Erklärungskraft und werden hier nicht aufgeführt Untere Tabellenhälfte: Alle Berufswahlmotive in einer Regression: Standardisierte beta-Gewichte Berufswahlmotive: 1 = trifft völlig zu; 4 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Regressionskoeffizienten
Für das Fachwissen zum ET, das gleichzeitig mit den Berufswahlmotiven erhoben wurde, zeigt sich auch bei Kontrolle des Geschlechts ein Zusammenhang mit dem pädagogischen Interesse und den Fähigkeitsüberzeugungen. Da die zwei Variablen gleichzeitig erhoben wurden, soll hier nicht von Einflüssen, sondern lediglich von Zusammenhängen gesprochen werden. Inhaltlich gelten folgende Ausformulierungen der Ergebnisse: Je eher zugestimmt wird, das Studium aus pädagogischem Interesse gewählt zu haben, desto geringer ist das Fachwissen. Oder: Je höher das Fachwissen ist, desto weniger wurde das Studium aus pädagogischem Interesse gewählt. Je eher angegeben wird, das Studium aufgrund der eigenen Fähigkeitsüberzeugungen aufgenommen zu haben, desto höher ist auch das Fachwissen. Oder: Je höher das Fachwissen ist, desto eher wurde das Studium aufgrund der Fähigkeitsüberzeugungen gewählt. Der berichtete Zusammenhang mit den Fähigkeitsüberzeugungen ist erwartungskonform. Auch der Zusammenhang zwischen Fachwissen und pädagogischem Interesse scheint plausibel, denn das pädagogische Interesse bringt eine Fokussierung der erziehungswissenschaftlichen Studienanteile mit sich. Aufgrund der beschränkten Zeitkontingente im Rahmen des Lehramtsstudiums führt dies vermutlich zu ei-
Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive
127
ner Vernachlässigung der zwei Fachdisziplinen und somit auch des angebahnten Fachwissens. Die Modelle ohne Berücksichtigung des Geschlechts klären bis zu 5.6% Varianz des Fachwissens auf, jene, in denen das Geschlecht kontrolliert wird, bis zu 12.5%. Für das gleichzeitig mit den Berufswahlmotiven erhobene Fachwissen können die Hypothesen H1.1 und H2.1 somit für das pädagogische Interesse und die Fähigkeitsüberzeugungen bestätigt werden. Erstaunlich ist bei der Betrachtung der Zusammenhänge, dass das fachliche Interesse keinen Zusammenhang mit dem Fachwissen aufweist. Außerdem gibt es keinen Zusammenhang der extrinsischen Berufswahlmotive (Nützlichkeit, soziale Einflüsse, geringe Schwierigkeit des Studiums im Vergleich zu anderen Studiengängen) mit dem Fachwissen. Tabelle 7.2: Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen zum ZT
Berufswahlmotiv (BW) Nützlichkeit
Modell 1 Einfluss BW
Modell 2 Einfluss BW + Geschlecht
Modell 3 Einfluss BW + Vorwissen 0.141* (0.53)
Pädagogisches Interesse Fachliches Interesse Fähigkeitsüberzeugung Nützlichkeit 0.234* 0.25* 0.208** Soziale Einflüsse Geringe Schwierigkeit Studium −0.237* −0.227* n.s. Aufgeklärte Varianz 0.046 0.078 0.521 Obere Tabellenhälfte: Jedes Berufswahlmotiv in einer Regression: Standardisiertes beta-Gewicht; in Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells; intrinsische Motive (pädagogisches und fachliches Interesse, Fähigkeitsüberzeugung) sowie die sozialen Einflüsse haben keine Erklärungskraft und werden hier nicht aufgeführt Untere Tabellenhälfte: Alle Berufswahlmotive in einer Regression: Standardisierte beta-Gewichte Berufswahlmotive: 1 = trifft völlig zu; 4 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Regressionskoeffizienten
Für das Fachwissen zum ZT, das im Vergleich zu den Berufswahlmotiven zu einem späteren Zeitpunkt erhoben wurde, zeigt sich die separate Betrachtung der Berufswahlmotive als nicht erklärend. Hingegen finden wir bei einer gemeinsamen Betrachtung aller Berufswahlmotive die Wahl des Studiums aus Nützlichkeitsaspekten bzw. aufgrund seiner geringen Schwierigkeit als prädiktiv: Je wichtiger die Nützlichkeitsaspekte für die Studienwahl waren, desto weniger ausgeprägt ist das Fachwissen, beziehungsweise: Je weniger die Nützlichkeitsaspekte für die Studienwahl wichtig waren, desto ausgeprägter ist das Fachwissen. Je eher das Studium wegen seiner geringen Schwierigkeit gewählt wurde, desto ausgeprägter ist das Fachwissen. Die Varianzaufklärung des Fachwissens liegt bei knapp 5%.
128
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Die Erklärungskraft der Nützlichkeitsaspekte scheint plausibel. Die Wirkrichtung der vermuteten Schwierigkeit des Studiums ist jedoch auf den ersten Blick entgegengesetzt zu den Erwartungen; mögliche Erklärungen hierfür werden zu einem späteren Zeitpunkt gesucht, nachdem auch die Befunde zum Einfluss der Berufswahlmotive auf die anderen Dimensionen des Professionswissens vorgestellt wurden. Bei Kontrolle des Geschlechts bleibt die berichtete Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das Fachwissen erhalten. Die Varianzaufklärung steigt auf knapp 8%. Für das im Vergleich zu den Berufswahlmotiven später erhobene Fachwissen können die Hypothesen H1.1 und H2.1 somit für die Nützlichkeitsaspekte und die geringe Schwierigkeit des Studiums bestätigt werden. Die anderen Berufswahlmotive werden nicht prädiktiv. Kontrolle des Vorwissens Bei Kontrolle des zum ET erhobenen Fachwissens, also des fachlichen Vorwissens, bleibt die Erklärungskraft der Nützlichkeitsaspekte für das Fachwissen erhalten, der Einfluss der geringen Schwierigkeit des Studiums hingegen verschwindet (siehe Tabelle 7.2). Die Varianzaufklärung des Modells liegt nun bei ca. 52% - das Vorwissen bestätigt sich als starker Prädiktor. Hypothese 3.2 kann daher für die zwei genannten Berufswahlmotive bestätigt werden. Die anderen Berufswahlmotive haben keine Erklärungskraft - besonders erstaunlich ist, dass das fachliche Interesse auch in diesem Fall keine Erklärungskraft für das Fachwissen hat. Ein potentieller Erklärungsansatz für den fehlenden Einfluss ist dabei die Varianzeinschränkung in den einzelnen Berufswahlmotiven.
7.1.2
Einflüsse auf das pädagogische Wissen
Der Einfluss der Berufswahlmotive auf das pädagogische Wissen wird in Tabelle 7.3 dargestellt, auch bei Kontrolle des Geschlechts. Für das pädagogische Wissen zum ZT, das im Vergleich zu den Berufswahlmotiven zu einem späteren Zeitpunkt erhoben wurde, wirkt die Komposition der verschiedenen Berufswahlmotive erklärend, nicht jedoch die einzelnen Berufswahlmotive. Hier wird die Wahl des Studiums aus fachlichem Interesse bzw. aufgrund seiner geringen Schwierigkeit prädiktiv: Je mehr zugestimmt wird, das Studium aus fachlichem Interesse gewählt zu haben, desto weniger ausgeprägt ist das pädagogische Wissen, beziehungsweise: Je eher abgelehnt wird, das Studium aus fachlichem Interesse gewählt zu haben, desto ausgeprägter ist das pädagogische Wissen. Je eher das Studium wegen seiner geringen Schwierigkeit gewählt wurde, desto ausgeprägter ist das pädagogische Wissen. Der Einfluss des fachlichen Interesses scheint plausibel, denn das fachliche Interesse bringt eine Fokussierung der zwei gewählten Lehramts-Studienfächer mit sich. Aufgrund der beschränkten Zeitkontingente im Rahmen des Lehramtsstudi-
Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive
129
Tabelle 7.3: Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das pädagogische Wissen zum ZT Einfluss Einfluss Berufswahlmotiv Berufswahlmotiv Berufswahlmotiv + Geschlecht Pädagogisches Interesse Fachliches Interesse 0.21. Fähigkeitsüberzeugung Nützlichkeit Soziale Einflüsse Geringe Schwierigkeit des Studiums −0.221* −0.217. Aufgeklärte Varianz 0.024 0.02 Hier nicht aufgeführt: Jedes Berufswahlmotiv in einer Regression: Keine Erklärungskraft Hier aufgeführt: Alle Berufswahlmotive in einer Regression: Standardisierte beta-Gewichte Berufswahlmotive: 1 = trifft völlig zu; 4 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Regressionskoeffizienten
ums führt dies vermutlich zu einer Vernachlässigung der Disziplin der Erziehungswissenschaften und somit auch dem in diesem Bereich angebahnten pädagogischen Wissen. Interessant wäre hier die differenzierte Erfassung des fachlichen Interesses entlang der gewählten Studienfächer. Die Wirkrichtung der vermuteten Schwierigkeit des Studiums auf das pädagogische Wissen ist auch hier auf den ersten Blick entgegengesetzt zu den Erwartungen. Die Hypothese H1.3 kann für das fachliche Interesse und die geringe Schwierigkeit des Studiums angenommen werden. Die anderen Berufswahlmotive sind nicht prädiktiv für das pädagogische Wissen. Erstaunlich ist vor allem, dass der erwartete Einfluss des pädagogischen Interesses ausbleibt. Beim Einbezug des Geschlechts in das Modell bleibt die Erklärungskraft der geringen Schwierigkeit des Studiums erhalten, jene des fachlichen Interesses verschwindet. Somit kann die H2.3 lediglich für ein Berufswahlmotiv bestätigt werden. In beiden Modellen (mit Geschlecht bzw. ohne Geschlecht) werden ca. 2% des pädagogischen Wissens aufgeklärt.
7.1.3
Einflüsse auf das fachdidaktische Wissen
Der Einfluss der Berufswahlmotive auf das fachdidaktische Wissen wird in Tabelle 7.4 dargestellt, auch bei Berücksichtigung des Geschlechts bzw. des fachlichen und pädagogischen Wissens. Letztere zwei werden auf theoretischer Ebene als notwendige Voraussetzungen zur Anbahnung des fachdidaktischen Wissens und somit als erklärend für das fachdidaktische Wissen gesehen. Für das fachdidaktische Wissen zum ZT, das im Vergleich zu den Berufswahlmotiven zu einem späteren Zeitpunkt erhoben wurde, zeigt sich die Wahl des Studiums (1) aus pädagogischem Interesse, (2) aus Fähigkeitsüberzeugungen, (3) wegen
130
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
der Nützlichkeitsaspekte bzw. (4) aufgrund der geringen Schwierigkeit dieses Studiums als prädiktiv. Tabelle 7.4: Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das fachdidaktische Wissen zum ZT
Berufswahlmotiv (BW)
Fähigkeitsüberzeugung Geringe Schwierigkeit Studium
Modell 1
Modell 2
Einfluss BW
Einfluss BW + Geschlecht −0.239* (0.047) −0.174.
−0.224* (0.04) −0.173.
Modell 3 Einfluss BW + FW
Modell 4 Einfluss BW + PW
−0.178* (0.318)
−0.184. (0.081)
Modell 5 Einfluss BW + FW + PW −0.15. (0.327)
(0.02) (0.027) Pädagogisches Interesse 0.194. 0.19. 0.183. Fachliches Interesse Fähigkeitsüberzeugung −0.297** −0.307** −0.231* −0.269* −0.198* Nützlichkeit 0.189. 0.198. Soziale Einflüsse Geringe Schwierigkeit −0.283** −0.275** −0.165. −0.252* Studium Aufgeklärte Varianz 0.12 0.129 0.336 0.127 0.332 Obere Tabellenhälfte: Jedes Berufswahlmotiv in einer Regression: Standardisiertes beta-Gewicht In Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells; pädagogisches und fachliches Interesse, Nützlichkeit und soziale Einflüsse hier nicht aufgeführt: Keine Erklärungskraft Untere Tabellenhälfte: Alle Berufswahlmotive in einer Regression: Standardisierte beta-Gewichte Berufswahlmotive: 1 = trifft völlig zu; 4 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Regressionskoeffizienten
Das (1) pädagogische Interesse und (3) die Wahl des Studiums aus Nützlichkeitsaspekten wirken beim fachdidaktischen Wissen in die gleiche Richtung wie beim Fachwissen: Je ausgeprägter das pädagogische Interesse ist bzw. je eher man angibt, das Lehramtsstudium aus Nützlichkeitsaspekten gewählt zu haben, desto niedriger ist das fachdidaktische Wissen. Dabei ist der Einfluss der (3) Nützlichkeitsaspekte gleich gerichtet wie im Falle des Fachwissens zum ZT und somit erwartungskonform. Für den Befund zum Einfluss des pädagogischen Interesses gilt dieselbe Überlegung wie im Fall des Fachwissens, nämlich: Das pädagogische Interesse bringt vermutlich eine Fokussierung der erziehungswissenschaftlichen Studienanteile mit sich. Aufgrund der beschränkten Zeitkontingente im Rahmen des Lehramtsstudiums führt dies zu einer Vernachlässigung der fachbezogenen Studienanteile - dies wirkt sich auf das angebahnte fachdidaktische Wissen aus. Weiterhin ist plausibel, dass je höher die (2) Fähigkeitsüberzeugungen sind, desto höher ist auch das fachdidaktische Wissen. Bezogen auf die Wahl des Studiums (4) aufgrund der geringeren Schwierigkeit dieses Studiums im Vergleich zu anderen Studiengängen ist die Wirkrichtung gleich wie im Falle des Fachwissens und des pädagogischen Wissens: Je eher das Studi-
Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive
131
um aufgrund seiner geringen Schwierigkeit im Vergleich zu anderen Studiengängen gewählt wurde, desto ausgeprägter ist das fachdidaktische Wissen. Dieser zunächst nicht erwartungskonforme Befund kann folgendermaßen gedeutet werden: Studierende mit ausgeprägtem Fachwissen, die bereits während ihrer Schulzeit Nachhilfe gegeben und sich dabei als gut empfunden haben, denken auf dieser Basis ungefähr zu wissen, worauf es im Lehramtsstudium ankommt, was also in einem solchen Studium auf sie zukommen könnte. Im Vergleich zu einem reinen Fachstudium, in dem die Studienanforderungen unbekannt und somit möglicherweise als schwer eingeschätzt werden, wird erwartet, dass das Lehramtsstudium weniger schwierig ist und daher wird dieses auch gewählt. Die Wahl des leichteren Studiums könnte mit einem weniger ausgeprägten fachlichen Selbstkonzept dieser Studierenden zusammenhängen. Allerdings würde ein schwächeres Selbstkonzept mit weniger ausgeprägtem Wissen einhergehen, was durch die gerade vorgestellten Befunde widerlegt wurde. Somit scheint dieses Studienwahlmotiv nicht mit Selbstkonzepten zusammenzuhängen. Im Gegenteil: Diese Studierendengruppe verfügt aufgrund ihrer Nachhilfe-Erfahrungen über ausgeprägteres pädagogisches und fachdidaktisches Wissen als andere Lehramtsstudierende. Und dieses Vorwissen beeinflusst wiederum die Entwicklung der entsprechenden Wissensdimensionen in positiver Richtung. Im Gegensatz zu den gerade vorgestellten Studierenden gibt es jene Studierenden, die das Lehramtsstudium aus anderen Gründen wählen, jedoch nicht wegen seiner geringeren Schwierigkeit im Vergleich zu anderen Studiengängen. Diese Studierenden haben in den meisten Fällen keine Nachhilfe gegeben und verfügen somit über ein weniger ausgeprägtes fachdidaktisches und pädagogisches Vorwissen, was sich wiederum auf die Entwicklung dieser Wissensdimensionen auswirkt. Dies könnte ein potentieller Erklärungsansatz für die Wirkrichtung des oben präsentierten Befunds zum Einfluss der geringen Schwierigkeit des Studiums auf die Dimensionen des Professionswissens sein. Auch bei Kontrolle des Geschlechts werden dieselben Skalen prädiktiv für das fachdidaktische Wissen. Die Hypothesen H1.2 und H2.2 können für die vier genannten Skalen angenommen werden. Die Modelle mit separater Betrachtung der einzelnen Berufswahlmotive klären dabei bis zu knapp 5% der Varianz des fachdidaktischen Wissens auf, jene mit Berücksichtigung des gesamten Berufswahlprofils bis zu knapp 13%. Bei Einbezug der kognitiven Aspekte (Modelle 3, 4 und 5) bleibt die Erklärungskraft der Fähigkeitsüberzeugungen (alle drei Modelle) und z. T. der geringen Schwierigkeit des Studiums (Modelle 3 und 4) bzw. des pädagogischen Interesses (Modell 4) erhalten. Hypothese 3.1 kann somit für die genannten Berufswahlmotive angenommen werden. Die Kontrolle des pädagogischen Wissens führt zu einer Varianzaufklärung von bis zu knapp 13%. Beim Einbezug des Fachwissens steigt die Varianzaufklärung auf bis ca. 33% an. Zusätzlich zu den hypothesenprüfenden Analysen wurden auch weitere explorative Sekundäranalysen durchgeführt, deren Ergebnisse im Folgenden präsentiert werden.
132 7.1.4
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern?
Die Analysen zu den Einflüssen der Berufswahlmotive auf Dimensionen des Professionswissens wurden oben für alle getesteten und befragten Studierenden gerechnet. Im Folgenden sollen Ergebnisse strukturähnlicher Analysen für die unterschiedlichen Standorte bzw. Zweitfächer berichtet werden. Zur Erinnerung sei hier angemerkt, dass für die Analysen zu den Einflüssen der Berufswahlmotive auf das Fachwissen sowohl Querschnittdaten des ersten Messzeitpunkts als auch Längsschnittdaten der ersten beiden Messzeitpunkte zur Verfügung stehen. Gerechnet wurden (1) lineare Regressionen mit den einzelnen Berufswahlmotiven als unabhängige Variablen und (2) lineare Regressionen, die alle Berufswahlmotive gleichzeitig als unabhängige Variablen betrachten. Von den Querschnittdaten stehen für die nachfolgenden Analysen folgende Gruppengrößen zur Verfügung: 103 Studierende der Universität Stuttgart und 68 Studierende der Universität Tübingen bzw. 70 Studierende mit einem MINT-Zweitfach und 100 Studierende mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. Im Fall der Längsschnittdaten sind die Gruppengrößen geringer: 82 Studierende der Universität Stuttgart und 19 Studierende der Universität Tübingen bzw. 50 Studierende mit einem MINT-Zweitfach und 51 Studierende mit einem Nicht-MINTZweitfach. Dabei ist die Gruppe der Tübinger Studierenden sehr gering - daher werden in diesem Fall lediglich die einfachen linearen Regressionen gerechnet. Zusätzlich soll für die Längsschnittdaten angemerkt werden, dass sowohl in der MINTals auch in der Nicht-MINT-Gruppe die Stuttgarter Studierenden mit einem Verhältnis von ungefähr 4 zu 1 überwiegen: 42 Studierende mit MINT-Zweitfach und 41 mit Nicht-MINT-Zweitfach in Stuttgart im Vergleich zu 9 Studierenden der Gruppe MINT und 10 Studierenden der Gruppe Nicht-MINT in Tübingen. Fachwissen Für alle Studierenden wurden oben signifikante Zusammenhänge des Fachwissens zum ET mit dem pädagogischen Interesse und den Fähigkeitsüberzeugungen berichtet. Am Standort Tübingen finden sich dieselben Korrelationen wieder. Hingegen hängt das Fachwissen der Stuttgarter Studierenden lediglich mit der geringeren Schwierigkeit des Studiums im Vergleich zu anderen Studiengängen zusammen: Je eher das Studium wegen seiner geringen Schwierigkeit gewählt wurde, desto ausgeprägter ist das Fachwissen. Für die MINT-Gruppe finden sich Zusammenhänge des Fachwissens mit den Fähigkeitsüberzeugungen und der geringen Schwierigkeit des Studiums, für die Nicht-MINT-Gruppe lediglich mit dem pädagogischen Interesse. Somit finden wir an den Standorten bzw. in den Fachgruppen unterschiedliche Einflüsse der Berufswahlmotive auf das Fachwissen. Erneut wird hier auf potentielle Selektionseffekte an den Standorten bzw. bei der Wahl der Zweitfächer hingewiesen. Künftige Untersuchungen sollten größere Stichproben und gleichzeitig die Erfassung der Berufswahlmotive zu Studienbeginn anstreben.
Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive
133
Für das Fachwissen zum ZT wurde für alle Studierenden die Erklärungskraft der Nützlichkeitsaspekte und der geringen Schwierigkeit des Studiums dokumentiert. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Stuttgart. In Tübingen werden für das Fachwissen lediglich die Nützlichkeitsaspekte erklärungsrelevant. Die Ergebnisse in der MINT-Gruppe ähneln jenen der Gesamtgruppe. In der Gruppe Nicht-MINT werden die geringe Schwierigkeit des Studiums sowie das pädagogische Interesse prädiktiv. Interessant wären auch hier größere Stichproben, um die gleichzeitige Aufteilung der Studierenden nach Standort und Zweitfach zu ermöglichen. Pädagogisches Wissen Die Erklärungskraft der Berufswahlmotive für das pädagogische Wissen hatte sich für die Gesamtgruppe aller Studierenden lediglich bei der gemeinsamen Betrachtung aller Berufswahlmotive gezeigt - dabei waren das fachliche Interesse und die geringe Schwierigkeit des Studiums prädiktiv. Auch hier finden sich Unterschiede zwischen den Standorten: In Stuttgart wird das fachliche Interesse erklärungsrelevant, in Tübingen die Wahl des Studiums aus Nützlichkeitsaspekten: Je eher die Studierenden ablehnen, das Lehramtsstudium aus Nützlichkeitsaspekten gewählt zu haben, desto ausgeprägter ist deren pädagogisches Wissen. Die Aufteilung nach Zweitfach zeigt ihrerseits Unterschiede auf: In der Fachgruppe MINT werden die Fähigkeitsüberzeugungen und die Nützlichkeitsaspekte prädiktiv, in der Gruppe Nicht-MINT sind es die geringe Schwierigkeit des Studiums sowie das pädagogische Interesse. Erstaunlich ist dabei die Wirkrichtung des pädagogischen Interesses: Je eher man ablehnt, das Lehramtsstudium aus pädagogischem Interesse gewählt zu haben, desto ausgeprägter ist das pädagogische Wissen. Fachdidaktisches Wissen Für das fachdidaktische Wissen wurden für die Gesamtheit aller Studierenden Einflüsse der Fähigkeitsüberzeugungen, der geringen Schwierigkeit des Studiums, der Nützlichkeitsaspekte und des pädagogischen Interesses dokumentiert. Das Gesamtbild bestätigt sich auch für den Standort Stuttgart. In Tübingen werden lediglich die sozialen Einflüsse prädiktiv: Je eher die Studierenden ablehnen, das Lehramtsstudium aufgrund sozialer Einflüsse gewählt zu haben, desto ausgeprägter ist deren fachdidaktisches Wissen. Die Wirkrichtung der sozialen Einflüsse ist erwartungskonform, denn die sozialen Einflüsse stellen ein extrinsisches Motiv dar und diese sind in den seltensten Fällen lernförderlich in einer langfristigen Perspektive. In der MINT-Gruppe werden lediglich die Nützlichkeitsaspekte erklärungsrelevant für das fachdidaktische Wissen, in der Gruppe Nicht-MINT lediglich die geringe Schwierigkeit des Studiums.
7.1.5
Sekundäranalyse: Unterschiede in den Berufswahlmotiven?
Interessant ist auch zu untersuchen, ob sich die erfassten Berufswahlmotive hinsichtlich des Geschlechts, Standorts oder Zweitfachs unterscheiden. Berufswahlmo-
134
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
tive unterscheiden sich nach Geschlecht (siehe Tabelle 7.5). Dabei berichten Frauen ein ausgeprägteres pädagogisches und fachliches Interesse als Männer. Letztere stimmen eher zu als Frauen, das LA-Studium wegen Nützlichkeitsaspekten und aufgrund seiner geringeren Schwierigkeit im Vergleich zu anderen Studiengängen gewählt zu haben. Unterschiede nach Standort bzw. Zweitfach konnten in den Berufswahlmotiven nicht gefunden werden. Tabelle 7.5: Unterschiede in den Berufswahlmotiven Berufswahlmotiv Unterschiede nach Geschlecht Pädagogisches Interesse 0.201** Fachliches Interesse 0.236* Fähigkeitsüberzeugung n.s. Nützlichkeit −0.192* Soziale Einflüsse n.s. Geringe Schwierigkeit Studium −0.127. Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Frauen stimmen eher zu als Männer Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Tabelle 7.6: Geschlechtsunterschiede in den Berufswahlmotiven, nach Standort bzw. Zweitfach Berufswahlmotiv Stuttgart Tübingen MINT Nicht-MINT Pädagogisches Interesse 0.24* 0.235. 0.17. Fachliches Interesse 0.385** 0.25* 0.224* Fähigkeitsüberzeugung Nützlichkeit −0.326* −0.316* Soziale Einflüsse Geringe Schwierigkeit Studium −0.237* Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Frauen stimmen eher zu als Männer Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% Leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Unterschiede
Die Analyse der Geschlechtsunterschiede in den Berufswahlmotiven getrennt nach Standorten bzw. Zweitfächern zeigt folgendes Bild (siehe Tabelle 7.6): Während die Unterschiede im pädagogischen und fachlichen Wissen fast überall vorhanden sind, finden sich die Unterschiede in den Nützlichkeitsaspekten lediglich in Tübingen bzw. in der Gruppe Nicht-MINT. Die Geschlechtsunterschiede im Berufswahlmotiv der geringen Schwierigkeit des Studiums finden sich lediglich in der NichtMINT-Gruppe. Dieses inkonsistente Bild könnte mit Selektionsprozessen an den unterschiedlichen Standorten bzw. in den unterschiedlichen Zweitfächern zusammenhängen. In künftigen Untersuchungen wäre die Erfassung der Berufswahlmotive zu oder vor Studienbeginn anzustreben, da lediglich von einer mittleren Stabilität dieser Motive ausgegangen werden kann (König, Rothland, Tachtsoglou, Klemenz & Römer, 2016; König, Rothland, Tachtsoglou & Klemenz, 2016). Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch zu untersuchen, (1) ob besonders unvorteilhafte Konstellationen von Berufswahlmotiven zu Studienabbrüchen führen und (2) ob
Ergebnisse zu den Einflüssen der Berufswahlmotive
135
sich die Berufswahlmotive in anderen Lehramtsstudiengängen (z. B. dem Lehramt der Sekundarstufe 1 oder der Sonderpädagogik) von den Berufswahlmotiven der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Gymnasiallehramtsstudierenden unterscheiden.
7.1.6
Zusammenfassung
Die Wahl des Lehramtsstudiums aufgrund sozialer Einflüsse hat keine Erklärungskraft für die Dimensionen des Professionswissens. Ansonsten finden sich insgesamt geringe Einflüsse (Beträge der standardisierten beta-Gewichte zwischen 0.15 und 0.3) der Berufswahlmotive auf die Dimensionen des Professionswissens, die in den meisten Fällen in erwartungskonforme Richtung zeigen. Insgesamt finden wir wenige Einflüsse auf das Fachwissen und das pädagogische Wissen und weit mehr Einflüsse auf das fachdidaktische Wissen. Als besonders relevant in diesem Fall zeigen sich die Fähigkeitsüberzeugungen und die Studienwahl aufgrund der geringeren Schwierigkeit des Studiums im Vergleich zu anderen Studiengängen. Die zusätzliche Berücksichtigung des Geschlechts bringt für alle Wissensdimensionen lediglich marginale Änderungen der Regressionsgewichte. Erstaunlich ist, wie oben bereits erwähnt, der fehlende Einfluss des pädagogischen Interesses auf das pädagogische Wissen sowie der fehlende Einfluss des fachlichen Interesses auf das Fachwissen. Bezogen auf den zweiten Aspekt ist denkbar, dass eine nach Studienfächern getrennte Erfassung des fachlichen Interesses zu differenzierten Ergebnissen führen könnte - dies soll als Empfehlung für künftige Studien gelten. Bei der Aufteilung der Studierendengruppe zeigen sich für alle Dimensionen des Professionswissens Unterschiede in den oben präsentierten Befunden. Die Überlegungen zu den im Rahmen dieses Abschnitts präsentierten Befunden sollen z. T. lediglich als potentielle plausible Erklärungen gesehen werden. Dies liegt daran, dass nur einzelne Variablen erhoben wurden und eine Kontrolle diverser anderer Variablen notwendig wäre (z. B. Motivation, fachspezifische Fähigkeitsselbstkonzepte), um verlässliche Aussagen generieren zu können. Außerdem könnten die dokumentierten Unterschiede in den Berufswahlmotiven mit Selektionsmechanismen (nach Geschlecht, Standort, Zweitfach) zusammenhängen. Zusätzlich können statistische Artefakte aufgrund der schiefen Verteilungen der Skalen der Berufswahlmotive nicht ausgeschlossen werden. Interessant wären künftig (1) Replikationen der hier vorgestellten Befunde, auch unter Einbezug weiterer Variablen, (2) die fachspezifische Erfassung des fachlichen Interesses (hier wurde es für sämtliche Lehramtsfächer erhoben) und (3) längsschnittlich angelegte Studien, die jeweils die Kontrolle des Vorwissens in der jeweiligen Dimension des Professionswissens (hier war dies lediglich für das Fachwissen möglich) und anderer Variablen erlauben. Zusätzlich sollte angestrebt werden, die Berufswahlmotive vor oder spätestens zu Studienbeginn zu erheben und
136
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
größere Stichproben zu gewinnen, um detailliertere Analysen von Subgruppen zu ermöglichen.
7.2
ERGEBNISSE ZU DEN EINFLÜSSEN DER QUALITÄTSASPEKTE
In diesem Abschnitt soll zuerst die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Veranstaltungen für das fachdidaktische Wissen zum Ende dieser Veranstaltungen untersucht werden. Im Anschluss soll überprüft werden, ob diese Erklärungskraft erhalten bleibt, sofern kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden. Zur Erinnerung seien hier die zwei Forschungsfragen erneut eingefügt. F4: Erhalten die wahrgenommenen Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen Erklärungskraft für das Professionswissen am Ende der entsprechenden Lehrveranstaltungen? F5: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft der Qualitätsaspekte für das Professionswissen erhalten, sofern auch kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden? Für die nachfolgenden Analysen werden lineare Regressionen gerechnet. Im Folgenden werden zuerst die Ergebnisse zur Veranstaltung FD1 und danach die zur FD2 präsentiert.
7.2.1
Fachdidaktik 1
Zum Ende der Fachdidaktik 1 (FD1) stehen Daten zu 152 Studierenden zur Verfügung. Wie im Fall der Berufswahlmotive, werden auch hier in einem ersten Schritt einzelne Regressionen mit jeder Qualitätsskala der fachdidaktischen Veranstaltung als unabhängige Variable gerechnet - dabei wird der Einfluss des entsprechenden Qualitätsmerkmals für das fachdidaktische Wissen ermittelt. In einem zweiten Schritt wird eine Regression unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller Qualitätsaspekte gerechnet - dabei soll der oben genannte Einfluss bei Berücksichtigung aller anderen Qualitätsmerkmale untersucht werden. Die Befunde zeigen mehrere erwartungskonforme Zusammenhänge der Qualitätsaspekte mit dem fachdidaktischen Wissen (siehe Modell 1 in Tabelle 7.7): Je klarer die Instruktion im Rahmen der Veranstaltung bzw. deren Strukturierung, je geeigneter die methodische Gestaltung zur Vermittlung der Inhalte wahrgenommen wird, je kompetenter, autonomer und weniger überfordert sich die Studierenden im Laufe der Veranstaltung fühlen, desto ausgeprägter ist das fachdidaktische Wissen zum Ende dieser Veranstaltung. Die Varianzaufklärung der einzelnen Regressionen liegt dabei zwischen 1.3% und 6.3%. Bei der gleichzeitigen Berücksichtigung aller Qualitätsaspekte haben drei der vorher relevanten Aspekte immer noch Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen: die Instruktionsklarheit, die Überforderung und das Kompetenzerleben. Hinzu kommt nun auch die soziale Einbindung: Je sozial eingebundener sich die Studierenden im Laufe der FD1-Veranstaltung fühlen, desto weniger ausgeprägt ist deren
137
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
Tabelle 7.7: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1 für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD1
Qualitäts-Skala Instruktionsklarheit Strukturierung
Modell 1 Einfluss Quali −0.229** (0.046) −0.153. (0.017)
Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung Überforderung Kompetenzerleben Autonomieerleben Begeisterung
−0.227** (0.045) 0.221** (0.043) −0.263** (0.063) −0.138. (0.013)
Modell 2 Einfluss Quali + FW −0.195** (0.396) −0.162* (0.378) −0.139* (0.368) −0.169** (0.396)
−0.184** (0.383) −0.11. (0.362)
Modell 3 Einfluss Quali + PW −0.262*** (0.153) −0.141. (0.111) −0.139. (0.108) −0.266*** (0.178) 0.197* (0.128) −0.259*** (0.158) −0.129. (0.106)
Modell 4 Einfluss Quali + FW + PW −0.203** (0.412) −0.152* (0.39) −0.152* (0.386) −0.189** (0.42)
Modell 5 Einfluss Quali + Vorwissen −0.241** (0.322) −0.192* (0.321) −0.147. (0.301) −0.208* (0.34)
−0.186** (0.4)
−0.16. (0.286)
Soziale Einbindung Instruktionsklarheit −0.328* −0.384** −0.243. −0.31. Strukturierung Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung Überforderung 0.266** 0.25** 0.185. Kompetenzerleben −0.209* −0.199* Autonomieerleben Begeisterung Soziale Einbindung 0.253* 0.218* 0.22* 0.209* 0.247* Aufgeklärte Varianz 0.142 0.42 0.263 0.45 0.311 Obere Tabellenhälfte: Jede Qualitätsskala in einer Regression: Standardisiertes beta-Gewicht; in Klammern aufgeklärte Varianz in dem gerechneten Modell Untere Tabellenhälfte: Alle Qualitätsskalen in einer Regression: Standardisierte beta-Gewichte FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen; Vorwissen = Fachwissen zum ET Begeisterung = Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Regressionskoeffizienten
fachdidaktisches Wissen. Dies kann so gedeutet werden, dass Studierende mit weniger ausgeprägtem Wissen eher das Bedürfnis nach sozialer Einbindung haben, wohingegen dieser Aspekt für Leistungsstärkere nicht so relevant ist. Die wahrgenommene soziale Einbindung ist in diesem Fall nicht leistungsorientiert. Die Varianzaufklärung steigt in diesem Modell auf 14.2%. Die Hypothese H4.1 kann für die oben genannten Qualitätsskalen angenommen werden.
138
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Kontrolle kognitiver Merkmale Die zusätzliche Berücksichtigung des zum gleichen Zeitpunkt erhobenen Fach- und/ oder pädagogischen Wissens (Modelle 2, 3 und 4 in Tabelle 7.7), die als notwendige Voraussetzungen für das fachdidaktische Wissen gesehen werden, bringt folgende Änderungen mit sich: Für alle drei der separat für jeden Qualitätsaspekt gerechneten Modelle (obere Tabellenhälfte) wird die inhaltliche Relevanz in erwartungskonformer Richtung erklärend für das fachdidaktische Wissen: Je höher die inhaltliche Relevanz der behandelten Inhalte wahrgenommen wird, desto ausgeprägter ist das fachdidaktische Wissen. Bei Kontrolle des pädagogischen Wissens (Modell 3) sind keine weiteren strukturellen Änderungen bemerkbar. Im Falle der Berücksichtigung des Fachwissens (Modelle 2 und 4) verschwindet die Erklärungskraft der Überforderung. Dies ist erwartungskonform, denn es ist denkbar, dass ein höheres Fachwissen zu dem entsprechenden Zeitpunkt mit einem geringeren Überforderungserleben einhergeht, bei gleichzeitigem gleichgerichteten Zusammenhang mit dem fachdidaktischen Wissen. Somit sind im Fachwissen bereits Überforderungsmomente inkorporiert und die Überforderung selbst wirkt nicht zusätzlich noch erklärend für das fachdidaktische Wissen. In den Modellen mit gleichzeitiger Berücksichtigung aller Qualitätsaspekte bleibt die Erklärungskraft der Überforderung wiederum aus; zusätzlich verlieren auch das Kompetenz- und das Autonomieerleben die Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen. H5.1 kann somit für die oben genannten Skalen angenommen werden. Die Varianzaufklärung von Modell 3 erreicht 10% bis 15% bei der alleinigen Berücksichtigung der einzelnen Qualitätsmerkmale und 26% bei der gemeinsamen Betrachtung derselben. Beim Einbezug des Fachwissens (Modelle 2 und 4) steigt die Varianzaufklärung auf bis zu 42% bzw. 45%. Kontrolle des Vorwissens Bei Modell 5 (in Tabelle 7.7) wird zusätzlich zu den Qualitätsaspekten das zum ET erfasste Vorwissen kontrolliert. Da die Skalierung des fachdidaktischen Vorwissens nicht gelungen ist (siehe Abschnitt 5.7.1), wird hier mit dem fachwissenschaftlichen Vorwissen gerechnet. Auch hier verliert die Überforderung ihre Erklärungskraft für das fachdidaktische Wissen, genauso das Kompetenz- und das Autonomieerleben. Interessant ist, dass in diesem Modell die wahrgenommene Begeisterung des Dozierenden für die vermittelten Inhalte tendenziell signifikant wird: Je höher die Begeisterung des Dozierenden wahrgenommen wird, desto ausgeprägter ist das fachdidaktische Wissen der Studierenden. Im Modell mit gleichzeitiger Berücksichtigung aller Qualitätsmerkmale schlagen die soziale Einbindung und tendenziell die Instruktionsklarheit und die Überforderung durch. Die Varianzaufklärung von bis zu 34% ist etwas geringer als in den Modellen, die das zum ZT erfasste Fachwissen einschließen (bis zu 42%). Somit kann H5.3 für die oben genannten Skalen bestätigt werden. In jedem der Modelle 1 bis 4 bringt die gleichzeitige Betrachtung aller Qualitätsmerkmale eine höhere Varianzaufklärung als die alleinige Betrachtung der ein-
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
139
zelnen Qualitätsaspekte. Bei Modell 5 ist das Bild umgekehrt - jedoch ist der Unterschied mit ca. 3% gering. Stichprobeneffekte könnten hierfür ursächlich sein.
7.2.2
Fachdidaktik 2
Im Fall der Veranstaltung Fachdidaktik 2 (FD2) wurden die Modelle 1 bis 4 strukturähnlich wie bei den Analysen zur FD1-Veranstaltung gerechnet. Modell 5 kann hier nicht analog zu oben gerechnet werden, denn für den AT konnte kein echter Längsschnitt realisiert werden. Da für diesen Zeitpunkt Daten von lediglich 49 Studierenden für die Analysen zur Verfügung stehen, wird hier auf die komplexen Regressionen mit gleichzeitiger Betrachtung aller Qualitätsskalen verzichtet; gerechnet werden ausschließlich die Regressionen mit jeder einzelnen Qualitätsskala als unabhängige Variable. Aufgrund der geringen Stichprobengröße werden hier alle Regressionsgewichte berichtet, die im Betrag größer als 0.15 sind, auch wenn sich diese nicht als signifikant erweisen. Tabelle 7.8: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2 für das fachdidaktische Wissen zum Ende der FD2 Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Einfluss Einfluss Einfluss Einfluss Qualitäts-Skala (Quali) Quali Quali + FW Quali + PW Quali + FW + PW Instruktionsklarheit 0.202 0.192 0.196 0.184 (0.021) (0.176) (0.01) (0.172) Kompetenzerleben 0.191 0.172 0.177 0.158 (0.015) (0.11) (0.021) (0.121) Soziale Einbindung 0.36** 0.365** 0.36* 0.363* (0.112) (0.196) (0.105) (0.194) Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte; in Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen Strukturierung, inhaltliche Relevanz, methodische Eignung, Überforderung Autonomieerleben und Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte hier nicht aufgeführt: Keine Erklärungskraft Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren Regressionsgewichte kleiner als 0.15, die gleichzeitig nicht signifikant sind
Erklärend für das fachdidaktische Wissen, auch bei Kontrolle kognitiver Merkmale, werden hier lediglich die Instruktionsklarheit, das Kompetenzerleben und die soziale Einbindung (siehe Tabelle 7.8). Somit können die H4.2 und die H5.2 allein für diese Qualitätsmerkmale angenommen werden. Die Erklärungsrichtung der sozialen Einbindung ist gleich wie im Fall der FD1: Je eher sich die Studierenden sozial eingebunden fühlen, desto weniger ausgeprägt ist deren fachdidaktisches Wissen. Erwartungswidrig ist hier die Richtung der zwei anderen Zusammenhänge: (1) Je klarer die Instruktion im Laufe der Lehrveranstaltung empfunden wird, desto
140
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
weniger ausgeprägt ist das fachdidaktische Wissen. Eine potentielle Erklärung wäre, dass Studierende mit ausgeprägterem Wissen dieses Qualitätsmerkmal kritischer beurteilen als jene mit weniger ausgeprägtem Wissen. Aufgrund der geringen Stichprobengröße könnte es sich auch um einen Stichprobeneffekt handeln. Zusätzlich ist die Reliabilität des Tests zum fachdidaktischen Wissen suboptimal (siehe Abschnitt 6.4). Bei den Qualitätsaspekten handelt es sich um subjektive Einschätzungen der Studierenden anstelle objektiver Messungen derselben. (2) Je kompetenter sich die Studierenden erleben, desto weniger ausgeprägt ist deren fachdidaktisches Wissen. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass Studierende mit ausgeprägtem fachdidaktischem Wissen einen realistischen Überblick darüber haben, wie groß das Feld der Fachdidaktik Mathematik tatsächlich ist und wie viel Arbeit noch auf sie wartet, wohingegen Studierende mit weniger ausgeprägtem fachdidaktischem Wissen eher die in der Fachdidaktik bereits erzielten Erfolgserlebnisse fokussieren. Die oben aufgeführten Messproblematiken sowie die Stichprobengröße könnten in diesem Fall auch ursächlich für den nicht theoriekonsistenten Befund sein.
7.2.3
Vergleich der Fachdidaktiken
Vergleicht man die Ergebnisse zur FD1 mit jenen zur FD2, so kann Folgendes festgehalten werden: Bei der FD1 zeigen die Befunde viele erwartungskonforme Zusammenhänge der Qualitätsmerkmale mit dem fachdidaktischen Wissen. Hingegen finden sich für die FD2 weniger Zusammenhänge und diese zeigen sich in erwartungswidriger Richtung. Allein die Richtung der sozialen Einbindung ist gleich für die zwei Messzeitpunkte. Die Stärke der Zusammenhänge ist ähnlich für die zwei Messzeitpunkte (standardisierte Regressionsgewichte bis ca. 0.26); allein die Erklärung der sozialen Einbindung ist stärker im Fall der FD2. Frage F4.3 ist damit beantwortet. Interessant bei diesem Vergleich ist weiterhin die Varianzaufklärung des fachdidaktischen Wissens bei Einbezug des Fachwissens: Während in der FD1 bis zu 40% Varianz aufgeklärt werden (Modell 2 in Tabelle 7.7), sind es für die FD2 ungefähr 20% (Modell 2 in Tabelle 7.8). Eine mögliche Erklärung leitet sich aus der Tatsache ab, dass die im fachwissenschaftlichen Test abgefragten Inhalte eher in der ersten Hälfte des Studiums angesiedelt sind, wohingegen sich die Studierenden zum AT in der zweiten Hälfte des Studiums befinden und diese Inhalte möglicherweise bereits in Vergessenheit geraten sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die im fachwissenschaftlichen Studium vermittelten Inhalte tatsächlich für die Fachdidaktik und später bei der Unterrichtsgestaltung in der Schule relevant sind bzw. ob es im Laufe des Lehramtsstudiums gelingt, die Bezüge zwischen der schulischen und der im tertiären Bereich vermittelten Mathematik herzustellen (denselben Gedanken hatte bereits Klein (1908) formuliert). Zusätzlich zu den hypothesenprüfenden Analysen wurden auch weitere explorative Sekundäranalysen durchgeführt, deren Ergebnisse im Folgenden präsentiert werden.
141
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
7.2.4
Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern?
Die Analysen zu den Einflüssen der Qualitätsmerkmale der fachdidaktischen Lehrveranstaltungen auf das fachdidaktische Wissen zum Ende dieser Veranstaltungen wurden für alle getesteten und befragten Studierenden gerechnet. Im Folgenden sollen Ergebnisse strukturähnlicher Analysen für die unterschiedlichen Standorte bzw. Zweitfächer berichtet werden. Aufgrund der geringen Stichprobengrößen werden lediglich jene Regressionen gerechnet, bei denen jede Qualitätsskala einzeln als unabhängige Variable inkludiert wird. Fachdidaktik 1 Für die FD1 stehen in Stuttgart 105 und in Tübingen 47 Studierende zur Verfügung. Dabei ist die Verteilung zwischen Studierenden mit Zweitfächern MINT und NichtMINT relativ gleich. Tabelle 7.9: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1, nach Standort Modell 1 Einfluss Quali
Modell 2 Einfluss Quali + FW
Modell 3 Einfluss Quali + PW
Modell 4 Einfluss Quali + FW + PW
Qualitäts-Skala (Quali) S TUTTGART Instruktionsklarheit −0.222* −0.212** −0.209* −0.201* Strukturierung −0.161. −0.182* −0.157. Inhaltliche Relevanz −0.16* −0.153. Methodische Eignung −0.217* −0.15 −0.196* −0.138. Überforderung 0.342*** 0.17. 0.307** 0.151. Kompetenzerleben −0.248* −0.182* −0.241* −0.18* Autonomieerleben −0.243* −0.194* −0.218* −0.176* Begeisterung Soziale Einbindung T ÜBINGEN Instruktionsklarheit −0.182 Strukturierung −0.207 Inhaltliche Relevanz −0.156 Methodische Eignung −0.174 −0.314* −0.215* Überforderung 0.242 0.15 0.3* 0.159 Kompetenzerleben Autonomieerleben Begeisterung Soziale Einbindung Obere Tabellenhälfte: Stuttgart; untere Tabellenhälfte: Tübingen Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren Regressionsgewichte kleiner als 0.15, die gleichzeitig nicht signifikant sind
142
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Tabelle 7.9 zeigt für den Standort Stuttgart ein ähnliches Bild wie in der Gesamtgruppe. Für den Standort Tübingen können weitaus weniger Einflüsse der Qualitätsaspekte auf das fachdidaktische Wissen dokumentiert werden. Ob die Studierenden oder die Ausgestaltung der Lerngelegenheiten auf der Mikroebene bzw. deren Interaktionen für diesen Unterschied ursächlich sind, ist anhand der vorliegenden Untersuchung nicht zu klären. Für die Analysen getrennt nach Zweitfach stehen 76 MINT-Studierende und 75 Nicht-MINT-Studierende zur Verfügung. In beiden Fachgruppen prädominieren die Stuttgarter Studierenden in einem Verhältnis von ca. 2 zu 1. Somit sind die Ergebnisse beider Fachgruppen in stärkerem Maße durch die Stuttgarter Studierenden geprägt. Tabelle 7.10: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD1, nach Zweitfach Modell 1 Einfluss Quali
Modell 2 Einfluss Quali + FW
Modell 3 Einfluss Quali + PW
Modell 4 Einfluss Quali + FW + PW
Qualitäts-Skala (Quali) MINT Instruktionsklarheit −0.26* −0.231** −0.34** −0.252** Strukturierung −0.206* −0.152 −0.195* Inhaltliche Relevanz −0.196* −0.204. −0.221* Methodische Eignung −0.258* −0.19* −0.348** −0.223* Überforderung 0.259* 0.191* 0.235* 0.179* Kompetenzerleben −0.326** −0.191* −0.321** −0.19* Autonomieerleben −0.196. −0.156. −0.196. Begeisterung −0.186. Soziale Einbindung N ICHT-MINT Instruktionsklarheit −0.219. −0.153 −0.25* −0.185. Strukturierung −0.165 −0.152 Inhaltliche Relevanz −0.187 −0.229* −0.17. Methodische Eignung −0.171 −0.198. Überforderung Kompetenzerleben −0.216. −0.164 −0.239* −0.189. Autonomieerleben Begeisterung −0.212. −0.152 Soziale Einbindung Obere Tabellenhälfte: MINT; untere Tabellenhälfte: Nicht-MINT Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren Regressionsgewichte kleiner als 0.15, die gleichzeitig nicht signifikant sind
Tabelle 7.10 zeigt für Studierende mit einem MINT-Zweitfach ein ähnliches Bild wie für die Gesamtgruppe. Im Fall der Studierenden mit einem Zweitfach NichtMINT finden sich weniger Zusammenhänge. Auch dieser Unterschied ist anhand der vorliegenden Daten nicht zu erklären.
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
143
Fachdidaktik 2 Für die FD2 stehen in Stuttgart 22 und in Tübingen 27 Studierende zur Verfügung. Dabei gibt es in Stuttgart mehr Studierende mit einem MINT-Zweitfach (20) als Studierende mit einem Nicht-MINT-Zweitfach (6). In Tübingen ist das Zweitfach ungefähr gleich stark besetzt. Tabelle 7.11: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2, nach Standort Modell 1 Einfluss Quali
Modell 2 Einfluss Quali + FW
Modell 3 Einfluss Quali + PW
Qualitäts-Skala (Quali) S TUTTGART Instruktionsklarheit 0.583** 0.541** 0.588** Strukturierung 0.681*** 0.654** 0.679*** Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung 0.425* 0.375. 0.427. Überforderung 0.295 0.288 0.287 Kompetenzerleben 0.55* 0.539* 0.551* Autonomieerleben 0.365. 0.35 0.351 Begeisterung 0.495* 0.463* 0.567* Soziale Einbindung 0.256 0.252 0.255 T ÜBINGEN Instruktionsklarheit Strukturierung −0.176 Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung Überforderung Kompetenzerleben 0.177 0.175 Autonomieerleben Begeisterung 0.182 Soziale Einbindung 0.63*** 0.592*** 0.613*** Obere Tabellenhälfte: Stuttgart; untere Tabellenhälfte: Tübingen Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren Regressionsgewichte kleiner als 0.15, die gleichzeitig nicht signifikant sind
Tabelle 7.11 zeigt für Tübingen einen starken Einfluss der sozialen Einbindung auf das fachdidaktische Wissen (standardisiertes Regressionsgewicht über 0.6) mit der Wirkrichtung, die für die Gesamtgruppe oben bereits präsentiert wurde, sowie wenige andere Zusammenhänge, die fast alle in eine nicht theoriekonsistente Richtung zeigen. Für den Standort Stuttgart zeigt sich ein geringerer Einfluss der sozialen Einbindung (standardisiertes Regressionsgewicht ca. 0.25) als bei den Tübinger Studierenden. Weiterhin wurde ein erwartungskonformer Zusammenhang zur Überforderung gefunden. Erstaunlich sind allerdings alle anderen Zusammenhänge, die auch bei Kontrolle der kognitiven Merkmale in erwartungswidrige Richtung zeigen und die
144
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
als mittel bis stark eingeordnet werden können (standardisierte Regressionsgewichte zwischen 0.35 und 0.68). Der Versuch, die Richtung dieser nicht theoriekonsistenten Zusammenhänge zu erklären, führt zu folgenden Überlegungen: (1) Studierende mit ausgeprägterem Wissen bewerten die ihnen gebotenen Lerngelegenheiten kritischer als jene mit weniger ausgeprägtem Wissen. (2) Aufgrund der geringen Gruppengrößen und gleichzeitig der Freiwilligkeit der Teilnahme der Stuttgarter Studierenden zu diesem Untersuchungszeitpunkt, die Selektionsprozesse impliziert, könnte es sich um Stichprobeneffekte handeln. (3) Die Reliabilität des Tests zum fachdidaktischen Wissen ist suboptimal und darauf basierende Aussagen sind mit Vorsicht zu interpretieren. (4) Aufgrund der z. T. schiefen Verteilungen der Qualitätsskalen können statistische Artefakte nicht ausgeschlossen werden. Trotz der oben berichteten Einschränkungen soll festgehalten werden, dass auch bezüglich der Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2 für das fachdidaktische Wissen Standortunterschiede gefunden wurden. Tabelle 7.12: Erklärungskraft der Qualitätsaspekte der FD2, nach Zweitfach Modell 1 Einfluss Quali
Modell 2 Einfluss Quali + FW
Modell 3 Einfluss Quali + PW
Qualitäts-Skala (Quali) MINT Instruktionsklarheit 0.33. 0.313. 0.332. Strukturierung Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung Überforderung 0.393* 0.372* 0.372* Kompetenzerleben Autonomieerleben Begeisterung Soziale Einbindung 0.228 0.27 0.263 N ICHT-MINT Instruktionsklarheit Strukturierung Inhaltliche Relevanz −0.162 Methodische Eignung Überforderung −0.216 −0.151 Kompetenzerleben 0.205 0.221 0.176 Autonomieerleben Begeisterung Soziale Einbindung 0.565** 0.565* 0.574* Obere Tabellenhälfte: MINT; untere Tabellenhälfte: Nicht-MINT Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte FW = Fachwissen; PW = Pädagogisches Wissen Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Dimension(en) des Professionswissens: Höhere Zahl = ausgeprägtes Wissen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; leere Zellen symbolisieren Regressionsgewichte kleiner als 0.15, die gleichzeitig nicht signifikant sind
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
145
Für die Analysen getrennt nach Zweitfach stehen 28 MINT-Studierende und 21 Nicht-MINT-Studierende zur Verfügung. In der MINT-Gruppe prädominieren die Stuttgarter Studierenden leicht, in der Nicht-MINT-Gruppe überwiegen die Studierenden aus Tübingen in einem Verhältnis von ca. 5 zu 2. Tabelle 7.12 zeigt in der MINT-Gruppe (1) einen schwachen bis mittleren Einfluss der sozialen Einbindung in der oben bereits formulierten Richtung, (2) einen erwartungskonformen Einfluss der Überforderung und (3) einen Einfluss der Instruktionsklarheit in erwartungswidriger Richtung. In der Nicht-MINT-Gruppe konnten folgende Einflüsse gefunden werden: (1) ein mittlerer bis starker Einfluss der sozialen Einbindung und (2) erwartungswidrige Einflüsse der Überforderung und des Kompetenzerlebens. Die gefundenen Unterschiede nach Zweitfach können, wie auch im Fall der Standortunterschiede bereits angemerkt, anhand der vorliegenden Daten nicht abschließend erklärt werden.
7.2.5
Einfluss des Vorwissens auf die Qualitätsaspekte
Für die Analysen zu den Fragen F4 und F5 wurde theoretisch postuliert, dass die genannten Qualitätsaspekte Einfluss auf das Professionswissen haben. Jedoch ist, wie oben bereits erwähnt, auch das umgekehrte Phänomen theoretisch denkbar, nämlich dass das Vorwissen der Studierenden deren Einschätzung der Qualitätsaspekte beeinflusst. Diese Überlegung findet sich in folgender Frage wieder: F6: Korrespondiert die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte einzelner Lehrveranstaltungen mit dem Vorwissen zu Beginn der entsprechenden Lehrveranstaltungen? Für diese Analyse werden Längsschnittdaten von 95 Studierenden verwendet. Bezüglich des Vorwissens stehen für diesen Zeitpunkt lediglich die Ergebnisse des Tests zum Fachwissen zur Verfügung (siehe Abschnitt 5.7.1). Die Befunde zeigen, dass die Überforderung mit dem fachlichen Vorwissen mit r = 0.3** korreliert: Fachlich Bessere geben an, im Laufe der FD1 weniger überfordert zu sein als fachlich weniger Bessere. Somit kann die F6.1 lediglich für die Überforderung bejaht werden. Die anderen Qualitätsmerkmale sind vom fachlichen Vorwissen unabhängig.
7.2.6
Sekundäranalyse: Unterschiedliche Einflüsse an den Standorten und in den Zweitfächern?
Im Folgenden soll die oben beschriebene Analyse getrennt für die einzelnen Standorte bzw. Zweitfächer durchgeführt werden. In Stuttgart stehen 76 und in Tübingen 19 Studierende dafür zur Verfügung. Dabei ist die Verteilung zwischen Studierenden mit Zweitfächern MINT und NichtMINT an jedem der zwei Standorte annähernd gleich. Aufgrund der (teilweise sehr) geringen Gruppengrößen werden alle standardisierten Regressionsgewichte berich-
146
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
tet, die im Betrag größer als 0.15 sind, auch wenn sich diese nicht als signifikant erweisen. In Stuttgart korreliert die Überforderung mit dem Vorwissen (r = 0.344**) genau wie in der Gesamtgruppe. Zusätzlich konnte ein Zusammenhang zwischen Vorwissen und Kompetenzerleben (r = −0.156) gefunden werden: Je ausgeprägter das Vorwissen ist, desto kompetenter erleben sich die Studierenden im Rahmen der FD1. In Tübingen hängen alle erfassten Qualitätsaspekte der Veranstaltung FD1 mit dem fachlichen Vorwissen zusammen (Korrelationskoeffizienten zwischen 0.193 und 0.549). Die Stärke des Zusammenhangs zwischen dem Vorwissen und der Überforderung ist etwas geringer als in Stuttgart (r = 0.193). Die Richtung der anderen Zusammenhänge ist erwartungswidrig: Je ausgeprägter das Vorwissen ist, (1) desto schlechter werden die Instruktionsklarheit, die Strukturierung, die inhaltliche Relevanz, die methodische Eignung und die Begeisterung des Dozierenden für die behandelten Inhalte bewertet. Zusätzlich hängt höheres Vorwissen mit (2) weniger ausgeprägtem Kompetenzerleben, Autonomieerleben und einer weniger ausgeprägten sozialen Einbindung zusammen. Eine mögliche Erklärung für (1) ist, dass Studierende mit ausgeprägterem Vorwissen mit höheren Erwartungen in die Veranstaltung FD1 starten und daher das Geschehen im Rahmen der Lehrveranstaltung kritischer bewerten als Studierende mit weniger ausgeprägtem Vorwissen. Mit dieser Erklärung wäre das Bild zur FD1 am Standort Tübingen jedoch nicht konsistent, denn bisher wurden lediglich Zusammenhänge in umgekehrter Richtung (siehe 7.2.4) berichtet. Weiterhin könnte es sich, wie auch für (2), um einen Stichprobeneffekt handeln. Für die Analysen getrennt nach Zweitfach stehen 48 Studierende der MINT-Gruppe und 47 Studierende der Nicht-MINT-Gruppe zur Verfügung. In beiden Gruppen prädominieren die Stuttgarter Studierenden in einem Verhältnis von ungefähr 4 zu 1. In beiden Fachgruppen findet sich wie im Fall der Gesamtgruppe ein Zusammenhang zwischen dem Vorwissen und der wahrgenommenen Überforderung (r liegt bei 0.255. in der MINT-Gruppe und 0.337* in der Nicht-MINT-Gruppe). Bei Studierenden mit einem Nicht-MINT-Zweitfach finden sich zusätzlich Zusammenhänge des Vorwissens mit allen Qualitätsskalen außer der Begeisterung des Dozierenden für die behandelten Inhalte; sämtliche Zusammenhänge sind schwach (r bis 0.209) und zeigen in erwartungskonforme Richtung. Die Analyse von Subgruppen nach Standort bzw. Zweitfach zeigt Unterschiede auf. Allerdings sind diese Subgruppen z. T. gering. Künftige Untersuchungen mit größeren Stichproben sind für zuverlässige Aussagen anzustreben.
7.2.7
Sekundäranalyse: Andere Unterschiede in den Qualitätsaspekten?
In den vorigen zwei Abschnitten wurden Ergebnisse dazu präsentiert, ob die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Veranstaltungen vom Vorwissen beeinflusst wird. Es ist jedoch denkbar, dass die Wahrnehmung auch mit ande-
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
147
ren Faktoren zusammen hängt, z. B. dem Geschlecht, Standort oder Zweitfach. Um dies zu analysieren, wurde für jedes Qualitätsmerkmal eine lineare Regression mit den drei genannten unabhängigen Variablen gerechnet (siehe Tabelle 7.13). Tabelle 7.13: Unterschiede in den Qualitätsaspekten
Qualitäts-Skala Instruktionsklarheit
Unterschiede nach Geschlecht, Standort, Zweitfach Fachdidaktik 1 Fachdidaktik 2 Standort: 0.349***
Strukturierung Inhaltliche Relevanz Methodische Eignung Überforderung Kompetenzerleben Autonomieerleben
Standort: 0.425** Standort: 0.147. Zweitfach: −0.135. Standort: 0.301***
Standort: 0.372** Geschlecht: 0.206. Standort: 0.33* Geschlecht: 0.242.
Standort 0.271*** Zweitfach −0.145. Standort: 0.252** Standort: 0.274.
Begeisterung
Standort: 0.511*** Zweitfach: 0.212. Soziale Einbindung Standort: 0.318* Geschlecht: 0.263* Begeisterung = Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Frauen stimmen eher zu als Männer bzw. Stuttgart stimmt eher zu als Tübingen; bzw. MINT stimmt eher zu als Nicht-MINT Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% Leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Unterschiede
Die Studierenden aus Stuttgart bewerten die Veranstaltung FD1 besser als die Studierenden aus Tübingen bezogen auf folgende Kriterien: Instruktionsklarheit, inhaltliche Relevanz, methodische Eignung und Kompetenzerleben; gleichzeitig haben sie jedoch auch ein höheres Überforderungsempfinden als die Tübinger Studierenden. Hinsichtlich des Zweitfachs finden sich weniger Unterschiede in der Wahrnehmung der Qualitätsaspekte: Die Studierenden mit einem Nicht-MINT-Zweitfach bewerten die inhaltliche Relevanz der Themen der FD1-Veranstaltung besser als die MINT-Studierenden, sind allerdings auch leicht überforderter (standardisiertes Regressionsgewicht von 0.145.) als die MINT-Studierenden. Geschlechtsunterschiede werden nicht konstatiert. Im Fall der Überforderung kann somit festgehalten werden, dass Stuttgarter Studierende und Studierende mit Zweitfach Nicht-MINT eher angeben, überfordert zu sein, als Studierende aus Tübingen bzw. aus der Gruppe MINT. Wird zusätzlich das mathematische Vorwissen kontrolliert, welches einen Einfluss auf die wahrgenommene Überforderung hat (siehe Abschnitt 7.2.5), so bleibt der Unterschied zwi-
148
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
schen den Hochschulen signifikant (standardisiertes Regressionsgewicht = 0.204*), der Unterschied nach Zweitfach verschwindet. Der Befund zur höheren Überforderung der Gruppe Nicht-MINT ist plausibel, denn diese Gruppe schneidet auch im Rahmen des Tests zum fachdidaktischen Wissen schlechter als die MINT-Gruppe ab (sieh Abschnitt 7.3) und oben wurden Befunde dazu präsentiert, dass eine höhere Überforderung mit einem weniger ausgeprägten fachdidaktischen Wissen einhergeht. Erstaunlich ist jedoch der Befund zur höheren Überforderung der Stuttgarter Studierenden im Vergleich zu den Tübinger Studierenden bei gleichzeitig ausgeprägterem fachdidaktischem Wissen (für die Befunde zum Unterschied im fachdidaktischen Wissen siehe Abschnitt 7.4). Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass Studierende mit ausgeprägtem fachdidaktischem Wissen einen realistischen Überblick darüber haben, wie groß das Feld der Fachdidaktik Mathematik tatsächlich ist und wie viel Arbeit noch auf sie wartet, was mit einer höheren Überforderung einhergeht, wohingegen Studierende mit weniger ausgeprägtem fachdidaktischem Wissen eher die in der Fachdidaktik bereits erzielten Erfolgserlebnisse fokussieren und somit weniger überfordert sind. Die Veranstaltung FD2 wird von den Stuttgarter Studierenden positiver bewertet als von den Tübinger Studierenden und zwar hinsichtlich der Strukturierung, der inhaltlichen Relevanz, der methodischen Eignung, des Autonomieerlebens, der sozialen Einbindung und der Begeisterung des Dozierenden für die behandelten Inhalte. Hinsichtlich des Zweitfachs findet sich lediglich ein signifikanter Unterschied: MINT-Studierende bewerten die Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte positiver als Studierende der Gruppe Nicht-MINT. Zusätzlich können für die FD2 Geschlechtsunterschiede konstatiert werden: Frauen bewerten die Lehrveranstaltung positiver als Männer bezüglich der inhaltlichen Relevanz, der methodischen Eignung und der sozialen Einbindung. Tabelle 7.14: Zweitfach-Unterschiede in den Qualitätsaspekten, nach Standort Stuttgart Tübingen Qualitäts-Skala Fachdidaktik 1 Fachdidaktik 2 Fachdidaktik 1 Fachdidaktik 2 Überforderung −0.162. Kompetenzerleben −0.373* −0.326. Begeisterung −0.285. Begeisterung = Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = MINT stimmt eher zu als Nicht-MINT Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; Leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Unterschiede
In einem nächsten Schritt wurden getrennt für die einzelnen Studienstandorte Zweitfach-Unterschiede in den Qualitätsaspekten analysiert (siehe Tabelle 7.14). In Stuttgart findet sich lediglich in der FD1 ein Unterschied: Die Nicht-MINT-Gruppe ist leicht überforderter als die MINT-Gruppe. In Tübingen bewertet die Gruppe Nicht-MINT sowohl die FD1 als auch die FD2 besser hinsichtlich des Kompetenzerlebens als die MINT-Gruppe. In der FD1 gibt es zusätzlich einen Unterschied
Ergebnisse zu den Einflüssen der Qualitätsaspekte
149
in der Wahrnehmung der Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte: Auch dieser Qualitätsaspekt wird von den Studierenden mit Nicht-MINT-Zweitfach positiver bewertet. Hier soll erneut darauf hingewiesen werden, dass die Ergebnisse aufgrund der geringen Stichprobengrößen in der FD2 mit Vorsicht zu interpretieren sind. Es sollte versucht werden, in künftigen Studien diese Ergebnisse anhand größerer Stichproben zu replizieren. Weiterhin wurden getrennt für die einzelnen Fachgruppen Standortunterschiede in den Qualitätsaspekten analysiert. Die Stuttgarter Studierenden fühlen sich in der FD1 überforderter als die Tübinger Studierenden - das gilt sowohl in der MINT- als auch in der Nicht-MINT-Gruppe. Trotzdem werden in beiden Fachgruppen sowohl die FD1 als auch die FD2 in Stuttgart positiver wahrgenommen als in Tübingen (die genauen Dimensionen sind in Tabelle 7.15 dokumentiert). Wie oben bereits erwähnt, basieren die Analysen zur FD2 auf geringen Stichproben. Tabelle 7.15: Standortunterschiede in den Qualitätsaspekten, nach Zweitfach
Qualitäts-Skala
Fachdidaktik 1 0.311**
MINT Fachdidaktik 2
Nicht-MINT Fachdidaktik Fachdidaktik 1 2 0.372 ∗ ∗∗ 0.421* 0.478* 0.293**
Instruktionsklarheit Strukturierung 0.396* Inhaltliche Relevanz Methodische 0.271* 0.386* Eignung Überforderung 0.251* 0.287* Kompetenzerleben 0.434*** 0.351. Autonomieerleben 0.315. Begeisterung 0.54*** −0.285. 0.452* Soziale Einbindung 0.418. Begeisterung = Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte Qualitätsaspekte: 1 = trifft völlig zu; 6 = trifft gar nicht zu Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Stuttgart stimmt eher zu als Tübingen Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%; Leere Zellen symbolisieren nicht signifikante Unterschiede
Die hier berichteten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die unterschiedliche (organisatorische und inhaltliche) Ausgestaltung der fachdidaktischen Veranstaltungen an den zwei Standorten mit unterschiedlichen Qualitätszuschreibungen der Studierenden einhergeht. Es wäre notwendig, die Aspekte der Ausgestaltung und der inhaltlichen Passungen in weiterführenden Studien in den Blick zu nehmen, um die Implikationen diverser Settings auf die Lernprozesse zu untersuchen.
150
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
7.2.8
Zusammenfassung
Im Fall der erfassten Qualitätsaspekte handelt es sich nicht um tatsächliche, sondern um von den Studierenden wahrgenommene Qualitätsaspekte. Abgebildet wird dadurch eine Interaktion zwischen individuellen Faktoren und Ausbildungsmerkmalen. Künftige Studien sollten eine objektivere Erfassung der Qualitätsmerkmale von Lehrveranstaltungen anstreben. Fachdidaktik 1 Die Qualitätsaspekte der FD1-Veranstaltung zeigen mehrere Zusammenhänge in erwartungskonformer Richtung zum fachdidaktischen Wissen auf. Die meisten dieser Qualitätsmerkmale bleiben auch bei Kontrolle des Fach- und pädagogischen Wissens erklärungsrelevant. Allerdings verliert die Überforderung bei Kontrolle des Fachwissens ihre Relevanz - dies ist nicht erstaunlich, denn die Überforderung hängt mit kognitiven Voraussetzungen der Studierenden zusammen. Die Modelle mit gleichzeitiger Berücksichtigung aller Qualitätsmerkmale klären mehr Varianz des fachdidaktischen Wissens auf als jene mit separater Berücksichtigung der einzelnen Qualitätsmerkmale. Im Vergleich zum bisherigen Forschungsstand, in dem lediglich wenige Zusammenhänge zwischen den Qualitätsaspekten und den fachbezogenen Wissensdimensionen gefunden wurden, zeigt die vorliegende Arbeit die Relevanz vieler Qualitätsaspekte. Dieser Unterschied kommt möglicherweise dadurch zu Stande, dass in den bisherigen Untersuchungen die Erfassung der Qualitätsaspekte auf einer allgemeinen Ebene vorgenommen wurde (für das bisherige Studium bzw. für die bisher besuchten Veranstaltungen der Fachwissenschaft, Fachdidaktik oder Erziehungswissenschaft), wohingegen die vorliegende Untersuchung einzelne Veranstaltungen fokussiert. Weiterführende Analysen zeigen Unterschiede zwischen den Standorten (mehr Zusammenhänge in Stuttgart als in Tübingen) und zwischen Studierenden unterschiedlicher Zweitfächer (mehr Zusammenhänge in der MINT-Gruppe im Vergleich zur Nicht-MINT-Gruppe) auf. Fachdidaktik 2 Im Fall der FD2-Veranstaltung wurde ein konsistenter Zusammenhang zwischen der sozialen Einbindung und dem fachdidaktischen Wissen dokumentiert: Je sozial eingebundener sich die Studierenden in der Veranstaltung fühlen, desto weniger ausgeprägt ist deren fachdidaktisches Wissen. Dies kann so gedeutet werden, dass Studierende mit weniger ausgeprägtem Wissen eher das Bedürfnis nach sozialer Einbindung haben, wohingegen dieser Aspekt für Leistungsstärkere nicht so relevant ist. Die wahrgenommene soziale Einbindung ist in diesem Fall nicht leistungsorientiert. Zusätzlich hängt das fachdidaktische Wissen mit der Instruktionsklarheit und dem Kompetenzerleben zusammen, allerdings ist die Richtung dieser Zusammenhänge erwartungswidrig.
Ergebnisse zu den Einflüssen des Zweitfachs
151
Auch für diese Veranstaltung zeigen weiterführende Analysen Unterschiede zwischen den Standorten auf. Zum einen variiert die Stärke des Zusammenhangs zwischen Wissen und sozialer Einbindung: In Stuttgart ist diese Korrelation schwach bis mittel, in Tübingen ist sie stark - dies lässt (noch ungeklärte) Unterschiede zwischen der Ausgestaltung der FD2-Veranstaltung und gleichzeitig Unterschiede zwischen den Erwartungen der Studierenden vermuten. Zum anderen finden sich in Stuttgart mehr Zusammenhänge der Qualitätsaspekte mit dem fachdidaktischen Wissen als in Tübingen. In den meisten Fällen zeigen sie in erwartungswidrige Richtung. Der Versuch, die Richtung dieser nicht theoriekonsistenten Zusammenhänge zu erklären, führt zu folgenden Überlegungen: (1) Studierende mit ausgeprägterem Wissen bewerten die ihnen gebotenen Lerngelegenheiten kritischer als jene mit weniger ausgeprägtem Wissen. (2) Aufgrund der geringen Gruppengrößen und gleichzeitig der Freiwilligkeit der Teilnahme der Stuttgarter Studierenden zu diesem Untersuchungszeitpunkt, die Selektionsprozesse impliziert, könnte es sich um Stichprobeneffekte handeln. (3) Die Reliabilität des Tests zum fachdidaktischen Wissen ist suboptimal und darauf basierende Aussagen sind mit Vorsicht zu interpretieren. (4) Aufgrund der z. T. schiefen Verteilungen der Qualitätsskalen können statistische Artefakte nicht ausgeschlossen werden. Abschließend soll festgehalten werden, dass dieses Phänomen anhand der vorliegenden Untersuchung nicht geklärt werden kann. Weitere Untersuchungen mit anderen Designs wären künftig anzustreben. Unterschiede in den Qualitätsaspekten Bei der Betrachtung der umgekehrten Richtung -des Einflusses des Vorwissens auf die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte- findet sich ein einziger signifikanter Befund: Je ausgeprägter das fachbezogene Wissen der Studierenden zu Beginn der FD1 ist, desto weniger überfordert sind diese im Lauf der Lehrveranstaltung. Die Analyse von Subgruppen nach Zweitfach bzw. Standort zeigt Unterschiede auf. Allerdings sind diese Subgruppen z. T. sehr klein. Künftige Untersuchungen mit größeren Stichproben sind für zuverlässige Aussagen anzustreben. Zusätzlich unterscheiden sich die Qualitätsaspekte zwischen den Standorten. So zeigt sich, dass Studierende der Universität Stuttgart beide fachdidaktischen Veranstaltungen besser bewerten als die Studierenden der Universität Tübingen. Diese Einschätzungen hängen sicherlich mit Erwartungshaltungen der Studierenden zusammen. Die Systematik der Richtung der Unterschiede lässt jedoch vermuten, dass unterschiedliche Lerngelegenheiten an den Standorten für diese Unterschiede mit verantwortlich sein könnten. Für die endgültige Klärung dieser Unterschiede sollten weitere Analysen der Lerngelegenheiten durchgeführt werden.
7.3
ERGEBNISSE ZU DEN EINFLÜSSEN DES ZWEITFACHS
In diesem Abschnitt soll die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen untersucht werden. Infolgedessen soll überprüft werden, ob diese Erklärungskraft erhalten bleibt sofern kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung
152
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
finden. Zuletzt soll überprüft werden, ob sich das Professionswissen der Studierenden mit unterschiedlichem Zweitfach auch unterschiedlich entwickelt. Zur Erinnerung seien hier die drei Forschungsfragen erneut eingefügt. F7: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des gewählten Zweitfachs? (Erhält das Zweitfach Erklärungskraft für das Professionswissen?) F8: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen erhalten, sofern auch kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden? F9: Können bei Studierenden mit unterschiedlichen Zweitfächern unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden?
7.3.1
Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens
In Tabelle 7.16 sind die Unterschiede im Professionswissen zwischen Studierenden mit Zweitfach MINT bzw. Nicht-MINT dargestellt. Erwartungskonform finden sich Vorteile für die MINT-Gruppe in den fachbezogenen Wissensdimensionen. Dabei sind die Unterschiede im Fachwissen (standardisierte beta-Gewichte bis 0.364) etwas höher als im fachdidaktischen Wissen (standardisierte beta-Gewichte ca. 0.25). Somit können die Hypothesen H7.1 und H7.2 bestätigt werden. Im pädagogischen Wissen hingegen finden wir leichte Vorteile für die NichtMINT-Gruppe (standardisierte beta-Gewichte 0.172 bzw. 0.251). Dieser Befund erstaunt nicht, denn die erziehungswissenschaftliche Disziplin weist eher Strukturähnlichkeiten zu den Nicht-MINT-Fächern als zu den MINT-Fächern auf. Dies scheint bei der Anbahnung des pädagogischen Wissens durchzuschlagen. Hypothese H7.3 kann angenommen werden. Tabelle 7.16: Erklärungskraft des Zweitfachs für das Professionswissen Wissensdimension
N MINT 72 91 39 82
N Nicht-MINT 102 83 30 81
Einfluss Zweitfach 0.26*** 0.317** 0.364** 0.253**
Hedges g Zweitfach 0.542*** 0.663*** 0.768** 0.518**
Fachwissen ET Fachwissen ZT Fachwissen AT Fachdidaktisches Wissen ZT Fachdidaktisches Wissen 33 29 0.245. 0.492. AT Pädagogisches Wissen ZT 79 81 −0.172* −0.347* Pädagogisches Wissen AT 38 28 −0.251* −0.51* Einfluss Zweitfach: Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil MINT Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Kontrolle kognitiver Merkmale Für das fachdidaktische Wissen zum ZT bzw. zum AT soll nun überprüft werden, ob die Erklärungskraft des Zweitfachs auch dann besteht, wenn das Fach- und das
Ergebnisse zu den Einflüssen des Zweitfachs
153
pädagogische Wissen kontrolliert werden. Die zwei Wissensdimensionen sind theoretisch notwendige Voraussetzungen zur Anbahnung des fachdidaktischen Wissens. Die Befunde in Tabelle 7.17 zeigen, dass auch bei Berücksichtigung des pädagogischen Wissens (Modell 3) die Erklärungskraft des Zweitfachs für das fachdidaktische Wissen bleibt. Somit kann H8.1 für das pädagogische Wissen angenommen werden. Bei Einbezug des Fachwissens in die Modelle verschwindet bzw. verringert sich die Erklärungskraft des Zweitfachs (Modelle 2 und 4) - somit scheint das Fachwissen ein starker Prädiktor des fachdidaktischen Wissens zu sein. Bei Einbezug des Fachwissens kann H8.1 nicht bestätigt werden. Im Falle des AT zeigen die Ergebnisse in jedem Fall lediglich Tendenzen zur Signifikanz. Dies könnte den kleinen Stichprobengrößen geschuldet sein. Künftige Untersuchungen sollten darum bemüht sein, größere Stichproben zu gewinnen, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit inferenzstatistisch zu replizieren oder zu widerlegen. Tabelle 7.17: Erklärungskraft des Zweitfachs für das fachdidaktische Wissen unter Berücksichtigung des Fach- und pädagogischen Wissens Modell 1: Einfluss Zweitfach
Modell 3: Modell 4: Einfluss Einfluss Wissensdimension Zweitfach Zweitfach + PW + FW + PW Fachdidaktisches Wissen ZT 0.253** 0.32** 0.128. (0.058) (0.179) (0.362) Fachdidaktisches Wissen AT 0.245. n.s. 0.24. n.s. (0.07) (0.053) Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil MINT; In Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells
7.3.2
Modell 2: Einfluss Zweitfach + FW n.s.
Entwicklungen in den Dimensionen des Professionswissens
Für das Fachwissen zum ZT wird im Folgenden untersucht, ob bei Einbezug des fachlichen Vorwissens in das Modell die Erklärungskraft des Zweitfachs bestehen bleibt. Für diese Analyse kann auf echte Längsschnittdaten von ET und ZT zurückgegriffen werden. Für die MINT- und die Nicht-MINT-Gruppe stehen jeweils 51 Studierende zur Verfügung. Tabelle 7.18 zeigt, dass bei Kontrolle des Vorwissens das Zweitfach keinen zusätzlichen signifikanten Erklärungsbeitrag leistet. Dies verdeutlicht die große Relevanz des Vorwissens für die Entwicklung des Fachwissens. Damit kann H8.2 nicht angenommen werden. Der gerade vorgestellte Befund für das Fachwissen basiert auf echten Längsschnittdaten zweier Messzeitpunkte (ET und ZT). Zudem wird im Folgenden die Entwicklung aller drei Dimensionen des Professionswissens unter Zuhilfenahme von (Quasi-)Längsschnittdaten der drei Messzeitpunkte untersucht.
154
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Tabelle 7.18: Erklärungskraft des Zweitfachs für das Fachwissen zum ZT unter Berücksichtigung des Vorwissens Einfluss Einfluss Zweitfach Zweitfach + Fachwissen ET 0.317** n.s. (0.095) Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil MINT; In Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% Wissensdimension Fachwissen ZT
Entwicklung des Fachwissens Abbildung 7.1 zeigt die Entwicklung des Fachwissens für die MINT- und die NichtMINT-Gruppe. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Fachgruppen zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen. Weiterhin wird ersichtlich, dass in den zwei Fachgruppen eine fast parallele Entwicklung des Fachwissens stattfindet. Ergänzend zeigt Tabelle 7.19 die Effektstärken der Entwicklungen im Fachwissen.
Abbildung 7.1: Fachwissen: Entwicklung nach Zweitfach
Für die echten Längsschnittdaten finden wir in der MINT-Gruppe eine leicht stärkere Entwicklung des Fachwissens vom ET zum ZT (Hedges g von 0.664) als in der Nicht-MINT-Gruppe (Hedges g von 0.55). Für die Quasi-Längsschnittgruppe finden wir zwischen ET und ZT denselben kleinen Unterschied, zwischen ZT und AT einen geringen Unterschied in die umgekehrte Richtung. Die Gesamtentwicklung vom ET zum AT unterscheidet sich in den zwei Fachgruppen kaum (Hedges g 0.969 bzw. 1.05). Somit scheint das Zweitfach auf den ersten Blick keinen Einfluss auf die durchschnittliche Entwicklung des Fachwissens zu haben. H9.1 kann somit nicht angenommen werden. Festgehalten werden soll dabei, dass die Ergebnisse
155
Ergebnisse zu den Einflüssen des Zweitfachs Tabelle 7.19: Entwicklung des Fachwissens, nach Zweitfach Fachgruppe
Hedges g ET - ZT 0.664*** ET - ZT 0.501** MINT Quasi- Längsschnitt ZT - AT 0.472* ET - AT 0.969*** echter Längsschnitt ET - ZT 0.55*** ET - ZT 0.4** Nicht-MINT Quasi- Längsschnitt ZT - AT 0.536** ET - AT 1.05*** Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% echter Längsschnitt
Korrelation 0.791***
0.581***
des echten Längsschnitts nur leicht von den Ergebnissen des Quasi-Längsschnitts abweichen. Für die Längsschnittdaten wurden zusätzlich Korrelationen zwischen dem Fachwissen zum ET und ZT berechnet. Die Befunde zeigen, dass die Wissenserwerbsprozesse in der fachwissenschaftlichen Dimension des Professionswissens in der MINT-Gruppe homogener sind (r = 0.791) als in der Nicht-MINT-Gruppe (r = 0.581). Dies bedeutet, in der Fachgruppe MINT unterscheidet sich die Rangfolge im Fachwissen zum ET kaum von der Rangfolge zum ZT, wohingegen in der Nicht-MINT-Gruppe starke Umordnungsprozesse stattfinden. Das deutet auf starke Varianzen der Entwicklungsprozesse in der Nicht-MINT-Gruppe hin. Ursächlich hierfür könnte möglicherweise die Heterogenität dieser Gruppe sein. Entwicklung des fachdidaktischen Wissens Abbildung 7.2 zeigt die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens getrennt nach Fachgruppen. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Fachgruppen zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen. Ähnlich wie beim Fachwissen finden wir auch im fachdidaktischen Wissen eine fast parallele Entwicklung in den zwei Gruppen. Daher kann auch H9.2 nicht angenommen werden. Ergänzend zeigt Tabelle 7.20 die Effektstärken der Entwicklungen in den Fachgruppen, die nahezu gleich und gering sowie nicht signifikant ausfallen. Tabelle 7.20: Entwicklung des fachdidaktischen Wissens, nach Zweitfach Fachgruppe Hedges g MINT Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.222 Nicht-MINT Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.184 Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Die geringen Entwicklungen in dieser Wissensdimension im Vergleich zu den substanziellen Entwicklungen im Fachwissen sind nicht erstaunlich, sondern korrespondieren mit den Gewichtungen der Disziplinen im Rahmen des Lehramtsstudiums (siehe auch Abschnitt 5.2): Zahlreiche Veranstaltungen der Fachwissenschaft bieten an den unterschiedlichen Studienstandorten viel nominelle Lernzeit zur Anbahnung von Fachwissen. Hingegen sind lediglich zwei Veranstaltungen zu fach-
156
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Abbildung 7.2: Fachdidaktisches Wissen: Entwicklung nach Zweitfach
didaktischen Inhalten vorgesehen. Damit wird der Fachdidaktik wenig nominelle Lernzeit im Studienverlauf eingeräumt, was proportional zu den geringen Wissenszuwächsen ist. Ein alternativer Erklärungsansatz für die geringen Zuwächse im fachdidaktischen Wissen ist die geringe eingesetzte Itemanzahl, die mit einer eingeschränkten curricularen Validität einhergeht. Entwicklung des pädagogischen Wissens Abbildung 7.3 zeigt die Entwicklung des pädagogischen Wissens getrennt nach Fachgruppen. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Fachgruppen zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen, die Vorteile liegen zugunsten der Nicht-MINT-Gruppe. Ähnlich wie bei den fachbezogenen Wissensdimensionen finden wir auch im fachübergreifenden Wissen eine fast parallele Entwicklung in den zwei Gruppen. Ergänzend zeigt Tabelle 7.21 die Effektstärken der Entwicklungen in den Fachgruppen, die nahezu identisch und von mittlerer praktischer Bedeutsamkeit (Hedges g leicht über 0.5) sind. Daher kann H9.3 nicht angenommen werden. Die Höhe der Wissensentwicklungen im fachübergreifenden Wissen ist ähnlich wie im Fachwissen und größer als im fachdidaktischen Wissen, was wiederum mit der vorgesehenen nominellen Lernzeit im Rahmen des Lehramtsstudiums korrespondiert. Tabelle 7.21: Entwicklung des pädagogischen Wissens, nach Zweitfach Fachgruppe Hedges g MINT Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.517** Nicht-MINT Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.554** Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Ergebnisse zu den Einflüssen des Zweitfachs
157
Abbildung 7.3: Pädagogisches Wissen: Entwicklung nach Zweitfach
7.3.3
Zusammenfassung
Insgesamt belegen die Befunde Vorteile für die MINT-Gruppe in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension im Vergleich zur Nicht-MINT-Fachgruppe. Dabei liegen alle drei Erhebungszeitpunkte im Laufe des Lehramtsstudiums. In künftigen Studien wäre interessant zu untersuchen, ob diese Unterschiede bereits zu Studienbeginn vorhanden sind. Falls dieses Szenario eintritt, würde dies bedeuten, dass anhand des Vorwissens zu Studienbeginn eine Selbstselektion der Studierenden in die unterschiedlichen Fachgruppen stattfindet. Falls dies jedoch nicht der Fall sein sollte, würde dies bedeuten, dass in der Studieneingangsphase wichtige Weichen für den künftigen Studienverlauf gestellt werden, und zwar vermutlich durch die Akkomodation der Studierenden an die Unterschiedlichkeiten der Fachsystematiken in den Zweitfächern. Dieser gefundene Effekt des Zweitfachs auf das Fachwissen verschwindet bei zusätzlicher Kontrolle des fachlichen Vorwissens. Die Entwicklungen in den Fachgruppen MINT und Nicht-MINT verlaufen fast parallel zueinander - diesen Befunden liegt ein quasi-längsschnittliches Untersuchungsdesign zu Grunde. Im Fall des Fachwissens konnten die Befunde zu den durchschnittlichen Wissenszuwächsen anhand eines echten Längsschnitts bestätigt werden - die Unterschiede in den Effektstärken zwischen Quasi-Längsschnitt und echtem Längsschnitt sind dabei gering. Allerdings belegen die Längsschnittdaten unterschiedliche Wissenserwerbsprozesse in den Fachgruppen und zwar große Homogenität im Rahmen der MINT-Gruppe, hingegen deutliche Heterogenität in der Gruppe Nicht-MINT. Das deutet auf starke Varianzen der Entwicklungsprozesse in der Nicht-MINT-Gruppe hin. Ursächlich hierfür könnte möglicherweise die Heterogenität dieser Gruppe sein.
158
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Künftige Studien sollten anstreben, längsschnittliche Designs zu realisieren und gleichzeitig große Stichproben zu gewinnen, um statistisch gut abgesicherte Aussagen zu Wissenserwerbsprozessen im fachdidaktischen und pädagogischen Wissen generieren zu können bzw. um die vorliegenden Befunde zum Fachwissen zu replizieren. Interessant wäre zusätzlich zu überprüfen, ob im Falle der zwei genannten Dimensionen der Einbezug des Vorwissens die Erklärungskraft des Zweitfachs verschwinden lässt, wie im Fall des Fachwissens. Zusätzlich wären größere Stichproben von Vorteil, um eine Unterteilung der Gruppe Nicht-MINT realisieren zu können.
7.4
ERGEBNISSE ZU DEN EINFLÜSSEN DES STUDIENSTANDORTS
In diesem Abschnitt soll die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen untersucht werden. Zugleich soll überprüft werden, ob diese Erklärungskraft erhalten bleibt, sofern kognitive Merkmale im Modell Berücksichtigung finden. Zuletzt soll überprüft werden, ob sich das Professionswissen der Studierenden an unterschiedlichen Standorten auch unterschiedlich entwickelt. Zur Erinnerung seien hier die drei Forschungsfragen erneut eingefügt. F10: Unterscheidet sich das Professionswissen der Lehramtsstudierenden im Studienverlauf in Abhängigkeit des Studienstandorts? (Erhält der Studienstandort Erklärungskraft für das Professionswissen?) F11: Inwieweit bleibt die Erklärungskraft des Studienstandorts für das Professionswissen erhalten, sofern auch kognitive Merkmale in dem Modell Berücksichtigung finden? F12: Können bei Studierenden unterschiedlicher Studienstandorte unterschiedliche Entwicklungen des Professionswissens verzeichnet werden?
7.4.1
Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens
In Tabelle 7.22 sind die Unterschiede im Professionswissen zwischen Studierenden der Standorte Stuttgart und Tübingen dargestellt. Erwartungskonform finden wir Vorteile für die Stuttgarter Studierenden in den fachbezogenen Wissensdimensionen. Dabei sind die Unterschiede im Fachwissen (standardisierte beta-Gewichte bis 0.266) etwas geringer als im fachdidaktischen Wissen (standardisierte betaGewichte bis 0.299). Diese Befunde sind erwartungskonform. Somit können die Hypothesen H10.1a, H10.1b, H10.1c, H10.2b und H10.2c bestätigt werden. Im pädagogischen Wissen hingegen finden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Standorten. Die Hypothesen H10.3a und H10.3b können daher nicht angenommen werden. Allerdings werden leichte Vorteile für die Tübinger Studierenden (standardisierte beta-Gewichte 0.098 bzw. 0.158) verzeichnet. Die Richtung der Unterschiede ist erwartungskonform, denn die erziehungswissenschaftliche Disziplin ist, wie oben beschrieben, am Standort Tübingen besser ausgestattet als am Standort Stuttgart.
159
Ergebnisse zu den Einflüssen des Standorts
Ergänzend soll hier festgehalten werden, dass in allen Dimensionen des Professionswissens die Unterschiede zwischen den Standorten zum AT leicht größer sind als die Unterschiede zu den anderen zwei Zeitpunkten. Dies spricht für eine Ausdifferenzierung der Profile an den einzelnen Standorten im Laufe der Lehramtsausbildung. Tabelle 7.22: Erklärungskraft des Standorts für das Professionswissen Wissensdimension
N Stuttgart 105 121 31 114
N Tübingen 70 51 38 50
Einfluss Standort 0.183* 0.171* 0.266* 0.275***
Hedges g Standort 0.376* 0.376* 0.532* 0.615***
Fachwissen ET Fachwissen ZT Fachwissen AT Fachdidaktisches Wissen ZT Fachdidaktisches Wissen 26 36 0.299* 0.637* AT Pädagogisches Wissen ZT 112 49 −0.098 −0.213 Pädagogisches Wissen AT 30 36 −0.158 −0.312 Einfluss Standort: Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil Stuttgart Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Für das fachdidaktische Wissen zum AT konnte, wie bereits erwähnt, eine Gruppe von 53 Studierenden der Münchner School of Education gewonnen werden. Tabelle 7.23 zeigt, dass diese Studierenden über ein ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen als die Studierenden der zwei anderen Studienstandorte verfügen. Lediglich der Unterschied zu den Tübinger Studierenden wird signifikant und ist von großer praktischer Bedeutsamkeit (Hedges g von 0.708). Der Unterschied zu den Studierenden aus Stuttgart ist gering (Hedges g von 0.141) und wird nicht signifikant. Hypothese H10.2d kann somit teilweise angenommen werden. Tabelle 7.23: Erklärungskraft des Standorts für das FD AT Standorte Einfluss Standort Hedges g Standort München - Stuttgart 0.061 0.141 München - Tübingen 0.336*** 0.708*** Einfluss Standort: Gerechnet wurde eine lineare Regression mit dem Standort als unabhängige Variable (München als Referenzkategorie): Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil München Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Wie bereits angemerkt, ist die School of Education der TU München ein Standort, an dem die Lehramtsstudierenden besonders günstige Studienbedingungen vorfinden. Dies scheint sich auch auf das angebahnte Wissen auszuwirken, denn obwohl die Studierenden aus München zum AT viel weniger fortgeschritten im Studium sind als die anderen Studierenden, verfügen sie bereits über ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen. Interessant wäre in künftigen Studien zu untersuchen, ob sich
160
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
diese Vorteile auch für die anderen Dimensionen des Professionswissens finden lassen. Kontrolle kognitiver Merkmale Für das fachdidaktische Wissen zum ZT bzw. zum AT soll nun überprüft werden, ob die Erklärungskraft des Standorts auch dann besteht, wenn das Fach- und das pädagogische Wissen kontrolliert werden. Die zwei Wissensdimensionen sind theoretisch notwendige Voraussetzungen zur Anbahnung des fachdidaktischen Wissens. Die Befunde in Tabelle 7.24 zeigen, dass zu beiden Messzeitpunkten auch bei Einbezug des pädagogischen Wissens (Modell 3) die Erklärungskraft des Zweitfachs für das fachdidaktische Wissen bleibt. Somit kann Hypothese H11.1 für das pädagogische Wissen angenommen werden. Tabelle 7.24: Erklärungskraft des Standorts für das fachdidaktische Wissen unter Berücksichtigung des Fach- und pädagogischen Wissens Modell 1 Einfluss Standort
Modell 2 Einfluss Standort + FW 0.19** (0.351) n.s.
Modell 3 Modell 4 Einfluss Einfluss Wissensdimension Standort + Standort + PW FW + PW Fachdidaktisches Wissen ZT 0.275*** 0.294*** 0.19** (0.07) (0.173) (0.382) Fachdidaktisches Wissen AT 0.299* 0.287* n.s. (0.074) (0.08) Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte: Positive Zahl = Vorteil Stuttgart; In Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Bei der Berücksichtigung des Fachwissens (Modelle 2 und 4) zeigen sich für die zwei Messzeitpunkte unterschiedliche Phänomene: Zum ZT bleibt die Erklärungskraft des Standorts für das fachdidaktische Wissen erhalten. Zum AT hingegen verschwindet die Erklärungskraft des Standorts - dies könnte den kleinen Stichprobengrößen geschuldet sein. Möglich ist jedoch auch, dass in dieser fortgeschrittenen Phase des Studiums das Fachwissen als Prädiktor des fachdidaktischen Wissens so mächtig ist, dass andere weniger gewichtigere Variablen ihre Erklärungskraft verlieren. Für das Fachwissen kann H11.1 zum ZT angenommen werden. Zum AT muss diese zurzeit abgelehnt werden. Künftige Untersuchungen sollten darum bemüht sein, große Stichproben zu gewinnen, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zu replizieren oder zu widerlegen.
7.4.2 Entwicklungen in den Dimensionen des Professionswissens Für das Fachwissen zum ZT wird im Folgenden untersucht, ob die Erklärungskraft des Studienstandorts bei Einbezug des fachlichen Vorwissens in das Modell bestehen bleibt. Für diese Analyse kann auf echte Längsschnittdaten von ET und ZT zurückgegriffen werden. Für Stuttgart stehen 83, für Tübingen 19 Studierende
Ergebnisse zu den Einflüssen des Standorts
161
zur Verfügung. Tabelle 7.25 zeigt, dass bei Kontrolle des Vorwissens der Standort keinen zusätzlichen signifikanten Erklärungsbeitrag leistet. Wie bei der strukturähnlichen Analyse im Fall des Zweitfachs, wird auch hier die große Relevanz des Vorwissens für die Entwicklung des Fachwissens verdeutlicht. Damit kann H11.2 nicht angenommen werden. Tabelle 7.25: Erklärungskraft des Standorts für das Fachwissen zum ZT unter Berücksichtigung des Vorwissens Einfluss Einfluss Standort Standort + Fachwissen ET 0.171* n.s. (0.024) Berichtet werden standardisierte beta-Gewichte : Positive Zahl = Vorteil Stuttgart; In Klammern: Aufgeklärte Varianz des gerechneten Modells Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% Wissensdimension Fachwissen ZT
Der gerade vorgestellte Befund für das Fachwissen basiert auf echten Längsschnittdaten zweier Messzeitpunkte (ET und ZT). Zudem wird im Folgenden die Entwicklung aller drei Dimensionen des Professionswissens unter Zuhilfenahme von (Quasi-)Längsschnittdaten der drei Messzeitpunkte untersucht. Entwicklung des Fachwissens Abbildung 7.4 zeigt die Entwicklung des Fachwissens getrennt nach Standorten. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Standorten zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen, die Vorteile liegen bei den Stuttgarter Studierenden. Weiterhin wird ersichtlich, dass an den zwei Standorten eine fast parallele Entwicklung des Fachwissens stattfindet. Ergänzend zeigt Tabelle 7.26 die Effektstärken der Entwicklungen im Fachwissen. Tabelle 7.26: Entwicklung des Fachwissens, nach Standort Standort
Hedges g Korrelation ET - ZT 0.562*** 0.726*** ET - ZT 0.449*** Stuttgart Quasi- Längsschnitt ZT - AT 0.664*** ET - AT 1.142*** echter Längsschnitt ET - ZT 0.79*** 0.686*** ET - ZT 0.486** Tübingen Quasi- Längsschnitt ZT - AT 0.666** ET - AT 1.179*** Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10% echter Längsschnitt
Für die Quasi-Längsschnittgruppe finden wir zwischen ET und ZT an beiden Standorten einen mittleren Unterschied, zwischen ZT und AT einen mittleren bis starken Unterschied. Die Gesamtentwicklung vom ET zum AT unterscheidet sich an den zwei Standorten kaum (Hedges g 1.142 bzw. 1.179). Somit scheint der Standort auf
162
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Abbildung 7.4: Fachwissen: Entwicklung nach Standort
den ersten Blick keine Rolle für die durchschnittliche Entwicklung des Fachwissens zu spielen. H12.1 kann somit nicht angenommen werden. Hingegen finden wir für die echten Längsschnittdaten in Stuttgart eine mittlere Entwicklung des Fachwissens vom ET zum ZT (Hedges g von 0.562); in Tübingen kann von einer starken Entwicklung gesprochen werden (Hedges g von 0.79). Der größere Wert der berechneten Effektstärke in Tübingen sollte mit Vorsicht interpretiert werden, denn die zugrunde liegende Längsschnitt-Stichprobe ist gering (19 Studierende) und es könnte sich um einen Stichprobeneffekt handeln. Für die Längsschnittdaten wurden zusätzlich Korrelationen zwischen dem Fachwissen zum ET und ZT berechnet. Die Befunde zeigen, dass die Wissenserwerbsprozesse in der fachwissenschaftlichen Dimension des Professionswissens an beiden Standorten ähnlich homogen sind (r = 0.726 bzw. 0.686). Dies bedeutet, an beiden Standorten unterscheidet sich die Rangfolge im Fachwissen zum ET wenig von der Rangfolge zum ZT. Entwicklung des fachdidaktischen Wissens Abbildung 7.5 zeigt die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens getrennt nach Standorten. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Standorten zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen. Zusätzlich zu den anderen Abbildungen werden im AT auch die Münchner Studierenden dargestellt, die, wie oben bereits berichtet, (etwas) besser abschneiden als die Studierenden an den anderen Studienstandorten. Bezogen auf die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens wird ein leichter Vorteil am Standort Stuttgart im Vergleich zum Standort Tübingen ersichtlich. Dies wird auch durch die Effektstärken der Entwicklungen an den Standorten (siehe Tabelle 7.27) belegt: Der Wissenszuwachs in Stuttgart ist signifikant und hat eine Effektstärke Hedges g von 0.477. In Tübingen wird der Wissens-
Ergebnisse zu den Einflüssen des Standorts
163
zuwachs nicht signifikant, die Effektstärke Hedges g liegt bei 0.322. H12.2 kann somit auf den ersten Blick angenommen werden. Allerdings sollen die hier gefundenen Unterschiede aufgrund der kleinen Stichproben zum AT mit Vorsicht interpretiert werden. Vorteilhaft wäre die Replikation dieser Ergebnisse anhand größerer Stichproben.
Abbildung 7.5: Fachdidaktisches Wissen: Entwicklung nach Standort
Tabelle 7.27: Entwicklung des fachdidaktischen Wissens, nach Standort Standort Hedges g Stuttgart Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.477* Tübingen Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.322 Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
Bemerkenswert ist auf den ersten Blick, dass die durchschnittliche Entwicklung des fachdidaktischen Wissens an den einzelnen Standorten (Hedges g von 0.477 in Stuttgart und 0.322 in Tübingen) größer ist als die durchschnittliche Entwicklung in den Fachgruppen MINT und Nicht-MINT (Hedges g nahe 0.2, siehe Abschnitt 7.3). Ursächlich für diese scheinbare Unstimmigkeit sind die geringen Stichproben im AT bei gleichzeitigem an den Standorten unterschiedlichem Verhältnis der Studierendenzahlen in den Fachgruppen: In Stuttgart sind mehr Studierende in der MINT-Gruppe, in Tübingen mehr Studierende in der Nicht-MINT-Gruppe. Künftige Untersuchungen sollten anstreben, größere Stichproben zu gewinnen. Die Entwicklung vom ZT zum AT im fachdidaktischen Wissen ist an jedem Standort geringer als jene im Fachwissen. Wie oben bereits erwähnt, korrespondiert dieser Befund mit der Gewichtung der Workloads für die Fachwissenschaft bzw. Fachdidaktik im Rahmen des Lehramtsstudiums.
164
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Entwicklung des pädagogischen Wissens Abbildung 7.6 zeigt die Entwicklung des pädagogischen Wissens getrennt nach Studienstandort. Die oben berichteten Unterschiede zwischen den Standorten zu den einzelnen Untersuchungszeitpunkten sind hier zu sehen, die Vorteile liegen zugunsten der Tübinger Studierenden. Ähnlich wie beim Fachwissen findet sich auch für das fachübergreifende Wissen eine fast parallele Entwicklung an den zwei Standorten. Ergänzend zeigt Tabelle 7.28 die Effektstärken der Entwicklungen an den Standorten, die nahezu identisch und von mittlerer praktischer Bedeutsamkeit (Hedges g ca. 0.45) sind. H12.3 kann somit nicht angenommen werden.
Abbildung 7.6: Pädagogisches Wissen: Entwicklung nach Standort
Tabelle 7.28: Entwicklung des pädagogischen Wissens, nach Standort Standort Hedges g Stuttgart Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.455* Tübingen Quasi-Längsschnitt ZT - AT 0.433** Signifikanzniveaus: *** = 0.1% ** = 1% * = 5% . = 10%
In Stuttgart ist der Zuwachs im pädagogischen Wissen niedriger als im Fachwissen und ähnlich hoch wie im fachdidaktischen Wissen. Dass der Zuwachs im pädagogischen Wissen trotz der curricularen Gewichte zu Gunsten der Erziehungswissenschaft hier nicht höher als jener im fachdidaktischen Wissen ausfällt, könnte z. B. an der größeren inhaltlichen Heterogenität der bildungswissenschaftlichen Lehrangebote im Vergleich zur Fachdidaktik liegen. Am Standort Tübingen ist der Wissenszuwachs im pädagogischen Wissen höher als im fachdidaktischen Wissen, was im Einklang mit den curricularen Gewichtungen im Rahmen des Lehramtsstudiums steht.
Ergebnisse zu den Einflüssen des Standorts
7.4.3
165
Zusammenfassung
Insgesamt belegen die Befunde Vorteile für die Studierenden aus Stuttgart in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension des Professionswissens im Vergleich zu den Tübinger Studierenden. Dieser gefundene Effekt des Standorts auf das Fachwissen verschwindet bei Kontrolle des fachlichen Vorwissens. Alle drei Erhebungszeitpunkte sind im Laufe des Lehramtsstudiums verortet. Interessant wäre in künftigen Studien zu untersuchen, ob diese Unterschiede bereits zu Studienbeginn vorhanden sind. Falls dieses Szenario eintritt, würde das bedeuten, dass (anhand des Vorwissens) zu Studienbeginn eine gewisse Selbstselektion der Studierenden an den unterschiedlichen Standorten stattfindet. Falls dies jedoch nicht der Fall sein sollte, würde dies bedeuten, dass in der Studieneingangsphase wichtige Weichen für den künftigen Studienverlauf gestellt werden und zwar einerseits durch die starke fachwissenschaftliche Orientierung in Stuttgart und eine stärkere erziehungswissenschaftliche Prägung in Tübingen. Die Studierenden der TUM School of Education schneiden im fachdidaktischen Wissen besser ab als die Studierenden an den anderen Standorten. Wie bereits angemerkt, ist die School of Education der TU München ein Standort, an dem die Lehramtsstudierenden besonders günstige Studienbedingungen vorfinden. Dies scheint sich auch auf das angebahnte Wissen auszuwirken, denn obwohl die Studierenden aus München zum AT viel weniger fortgeschritten im Studium sind als die anderen Studierenden, verfügen sie bereits über ein ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen. Interessant wäre in künftigen Studien zu untersuchen, ob sich diese Vorteile auch für die anderen Dimensionen des Professionswissens finden lassen. Bezogen auf die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens wird ein leichter Vorteil am Standort Stuttgart im Vergleich zum Standort Tübingen ersichtlich. Die Entwicklungen im Fach- und pädagogischen Wissen laufen an den zwei Standorten fast parallel zueinander und sind von mittlerer bis hoher praktischer Bedeutsamkeit - diesem Befund liegt ein quasi-längsschnittliches Untersuchungsdesign zu Grunde. Für den Standort Stuttgart bestätigen echte Längsschnittdaten von ET und ZT die mittelstarke Wissensentwicklung. Zusätzlich scheinen die Wissenserwerbsprozesse keine großen Heterogenitäten aufzuweisen. Die zum AT gewonnene Stichprobe am Standort Tübingen ist bisher noch gering und sollte für zuverlässige Aussagen erweitert werden. Künftige Studien sollten anstreben, längsschnittliche Designs zu realisieren und gleichzeitig große Stichproben zu gewinnen, um statistisch gut abgesicherte Aussagen zu Wissenserwerbsprozessen im fachdidaktischen und pädagogischen Wissen generieren zu können bzw. um die vorliegenden Befunde zum Fachwissen zu replizieren. Interessant wäre zusätzlich zu überprüfen, ob im Falle der zwei genannten Dimensionen der Einbezug des Vorwissens die Erklärungskraft des Standorts wie im Fall des Fachwissens verschwinden lässt. Dafür sollte der Feldzugang im Idealfall bereits im Rahmen der Antragstellung gesichert werden. Mechanismen zur Motivierung der Studierenden sollten dabei optimiert werden.
166
Hypothesengeleiteter Ergebnisteil
Weiterhin wäre der Einbezug weiterer Studienstandorte wünschenswert, um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse abzusichern.
KAPITEL 8 ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Einflüsse von Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von gymnasialen Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik untersucht. Hierfür wurden Studierende der Universitäten Stuttgart und Tübingen getestet und befragt. An diesen zwei Standorten sind im Rahmen des Lehramtsstudiums zwei fachdidaktische Lehrveranstaltungen vorgesehen, Fachdidaktik 1 (FD1) und Fachdidaktik 2 (FD2). Sich an diesen fachdidaktischen Veranstaltungen orientierend wurde ein Quasi-Längsschnitt mit drei Messzeitpunkten realisiert, und zwar zu Beginn der FD1 (Eingangstest = ET), zum Ende der FD1 (Zwischentest = ZT) und zum Ende der FD2 (Abschlusstest = AT). Zusätzlich konnte für den ET und den ZT ein echter Längsschnitt realisiert werden. Zum ET wurden das Fachwissen und die Berufswahlmotive der Studierenden erhoben. Zum ZT und AT wurden das Fachwissen, das fachdidaktische und das pädagogische Wissen und wahrgenommene Qualitätsmerkmale der entsprechenden fachdidaktischen Veranstaltung erfasst. Zum AT konnte eine zusätzliche Studierendengruppe aus München für den Test zum fachdidaktischen Wissen gewonnen werden. Die Datenerhebungen wurden vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015 durchgeführt.
8.1
EINFLÜSSE DER BERUFSWAHLMOTIVE
Zum ET wurden Skalen zu folgenden Berufswahlmotiven erfasst: (1) pädagogisches Interesse, (2) fachliches Interesse, (3) Fähigkeitsüberzeugungen, (4) Nützlichkeitsaspekte, (5) soziale Einflüsse und (6) geringere Schwierigkeit des Lehramtsstudiums im Vergleich zu anderen Studiengängen. Diese Berufswahlmotive konnten mit den Dimensionen des Professionswissens in Beziehung gesetzt werden, die zum ZT erhoben wurden; somit standen für die Analysen echte Längsschnittdaten zur Verfügung. Die Wahl des Lehramtsstudiums aufgrund sozialer Einflüsse hat keine Erklärungskraft für die Dimensionen des Professionswissens. Ansonsten finden wir insgesamt geringe bis mittlere Einflüsse (Beträge der standardisierten Regressionsgewichte zwischen 0.15 und 0.3) der Berufswahlmotive auf die Dimensionen des Professionswissens, die in den meisten Fällen in erwartungskonforme Richtung zeigen. Insgesamt finden wir wenige Einflüsse auf das Fachwissen (pädagogisches Interesse, Fähigkeitsüberzeugungen, geringere Schwierigkeit des Studiums) und das pädagogische Wissen (fachliches Interesse, geringere Schwierigkeit des Studiums) und mehr Einflüsse auf das fachdidaktische Wissen (pädagogisches Interesse, Fähig-
168
Zusammenfassung und Diskussion
keitsüberzeugung, Nützlichkeit, geringere Schwierigkeit des Studiums). Interessant ist dabei vor allem folgender Zusammenhang: Je eher das Studium wegen seiner geringeren Schwierigkeit gewählt wurde, desto ausgeprägter sind alle Dimensionen des Professionswissens. Die zusätzliche Berücksichtigung des Geschlechts bringt für alle Wissensdimensionen lediglich marginale Änderungen der Regressionsgewichte. Für das fachdidaktische Wissen wurde die Erklärungskraft der Berufswahlmotive bei zusätzlicher Kontrolle des Fach- und pädagogischen Wissens überprüft. Dabei erweisen sich vor allem die Fähigkeitsüberzeugungen als relevant, gefolgt von der geringen Schwierigkeit des Studiums. Erstaunlich ist der fehlende Einfluss des pädagogischen Interesses auf das pädagogische Wissen sowie der fehlende Einfluss des fachlichen Interesses auf das Fachwissen. Bezogen auf den zweiten Aspekt ist denkbar, dass eine nach Studienfächern getrennte Erfassung des fachlichen Interesses zu differenzierteren Ergebnissen führen könnte. Insgesamt können, wie bereits an anderer Stelle angemerkt, statistische Artefakte aufgrund der schiefen Verteilungen der Skalen der Berufswahlmotive nicht ausgeschlossen werden. Bei der Aufteilung der Studierendengruppe nach Standort bzw. Zweitfach zeigen sich für alle Dimensionen des Professionswissens Unterschiede in den oben präsentierten Befunden. Einordnung in den bisherigen Forschungsstand Für das fachbezogene Wissen dokumentierte der bisherige Forschungsstand einen Einfluss der fachbezogenen Berufswahlmotivation - die Ergebnisse stammen aus einer einzigen querschnittlich angelegten Studie. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung, die längsschnittlich angelegt ist, konnten Einflüsse mehrerer Berufswahlmotive gefunden werden: Das pädagogische Interesse, die Fähigkeitsüberzeugungen, die geringere Schwierigkeit des Studiums und die Nützlichkeitsaspekte haben Einfluss auf das Fach- und fachdidaktische Wissen. Die Ergebnisse zum fachübergreifenden Wissen lassen sich folgendermaßen in den Forschungsstand einordnen: Die Korrelation des pädagogischen Wissens mit dem fachlichen Interesse ist im Einklang mit dem bisherigen Forschungsstand und soll als Replikation gesehen werden. Als neu gilt hingegen der Zusammenhang zwischen dem pädagogischen Wissen und einem extrinsischen Wahlmotiv und zwar der geringeren Schwierigkeit des Lehramtsstudiums im Vergleich zu anderen Studiengängen, denn im bisherigen Forschungsstand wurden bisher keine Zusammenhänge zwischen dem fachübergreifenden Wissen und extrinsischen Motiven dokumentiert. In diesem Bereich sind zukünftig Ergebnisse aus der EMW-Studie zu erwarten.
8.2
EINFLÜSSE DER QUALITÄTSASPEKTE
Zum ZT und AT wurden folgende Qualitätsmerkmale der jeweiligen fachdidaktischen Lehrveranstaltung erfasst: (1) Klarheit der Instruktion, (2) Strukturierung, (3)
Einflüsse der Qualitätsaspekte
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inhaltliche Relevanz, (4) methodische Eignung, (5) Überforderung, (6) Kompetenzerleben, (7) Autonomieerleben, (8) Begeisterung des Dozierenden für die Inhalte und (9) soziale Einbindung. Fachdidaktik 1 Die Qualitätsaspekte der FD1 zeigen mehrere Zusammenhänge in erwartungskonformer Richtung zum fachdidaktischen Wissen auf. Die meisten dieser Qualitätsmerkmale bleiben auch bei Kontrolle des Fach- und pädagogischen Wissens erklärungsrelevant. Allerdings verliert die Überforderung bei Kontrolle des Fachwissens ihre Relevanz - dies ist nicht erstaunlich, denn die Überforderung hängt mit kognitiven Voraussetzungen der Studierenden zusammen. Weiterführende Analysen zeigen Unterschiede zwischen den Standorten (mehr Zusammenhänge in Stuttgart als in Tübingen) und zwischen Studierenden unterschiedlicher Zweitfächer (mehr Zusammenhänge in der MINT-Gruppe im Vergleich zur Nicht-MINT-Gruppe) auf. Fachdidaktik 2 Im Fall der FD2 wurde ein konsistenter Zusammenhang zwischen der sozialen Einbindung und dem fachdidaktischen Wissen dokumentiert: Je sozial eingebundener sich die Studierenden in der Veranstaltung fühlen, desto weniger ausgeprägt ist deren fachdidaktisches Wissen. Dies kann so gedeutet werden, dass Studierende mit weniger ausgeprägtem Wissen eher das Bedürfnis nach sozialer Einbindung haben, wohingegen dieser Aspekt für Leistungsstärkere nicht so relevant ist. Die wahrgenommene soziale Einbindung ist in diesem Fall nicht leistungsorientiert. Zusätzlich hängt das fachdidaktische Wissen mit der Instruktionsklarheit und dem Kompetenzerleben zusammen, allerdings ist die Richtung dieser Zusammenhänge erwartungswidrig. Auch für diese Lehrveranstaltung zeigen weiterführende Analysen Unterschiede zwischen den Standorten auf. Zum einen variiert die Stärke des Zusammenhangs zwischen dem Wissen und der sozialen Einbindung: In Stuttgart ist diese Korrelation schwach bis mittel, in Tübingen ist sie stark - dies lässt (noch ungeklärte) Unterschiede zwischen der Ausgestaltung der FD2-Veranstaltungen und gleichzeitig Unterschiede zwischen den Erwartungen der Studierenden vermuten. Zum anderen finden sich in Stuttgart mehr Zusammenhänge der Qualitätsaspekte mit dem fachdidaktischen Wissen als in Tübingen, die in den meisten Fällen in erwartungswidriger Richtung zeigen. Der Versuch, die Richtung dieser nicht theoriekonsistenten Zusammenhänge zu erklären, führt zu folgenden Überlegungen: (1) Studierende mit ausgeprägterem Wissen bewerten die ihnen gebotenen Lerngelegenheiten kritischer als jene mit weniger ausgeprägtem Wissen. (2) Aufgrund der geringen Gruppengrößen und gleichzeitig der Freiwilligkeit der Teilnahme der Stuttgarter Studierenden zu diesem Untersuchungszeitpunkt, die Selektionsprozesse impliziert, könnte es sich um Stichprobeneffekte handeln. (3) Die Reliabilität des Tests zum fachdidaktischen Wissen ist suboptimal und darauf basierende Aussagen sind mit Vorsicht zu interpretieren. (4) Es handelt sich nicht um objektiv erfasste Qualitätsaspekte, sondern um Wahrnehmungen derselben durch die Studierenden. (5) Aufgrund der
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Zusammenfassung und Diskussion
z. T. schiefen Verteilungen der Qualitätsskalen können statistische Artefakte nicht ausgeschlossen werden. Abschließend soll festgehalten werden, dass dieses Phänomen anhand der vorliegenden Untersuchung nicht geklärt werden kann. Weitere Untersuchungen mit anderen Designs wären künftig anzustreben. Unterschiede in den Qualitätsaspekten Bei der Betrachtung der umgekehrten Richtung, nämlich des Einflusses des Vorwissens auf die Wahrnehmung der Qualitätsaspekte, findet sich ein einziger signifikanter Befund: Je ausgeprägter das fachbezogene Wissen der Studierenden zu Beginn der FD1 ist, desto weniger überfordert sind diese im Lauf der Lehrveranstaltung. Die Analyse von Subgruppen nach Zweitfach bzw. Standort zeigt Unterschiede auf. Allerdings sind diese Subgruppen z. T. klein. Künftige Untersuchungen mit größeren Stichproben sind für zuverlässige Aussagen anzustreben. Zusätzlich unterscheiden sich die Qualitätsaspekte zwischen den Standorten. So zeigt sich, dass Studierende der Universität Stuttgart beide fachdidaktischen Veranstaltungen besser bewerten als die Studierenden der Universität Tübingen. Diese Einschätzungen hängen sicherlich mit Erwartungshaltungen der Studierenden zusammen. Die Systematik der Richtung der Unterschiede lässt jedoch vermuten, dass unterschiedliche Lerngelegenheiten an den Standorten für diese Unterschiede mit ursächlich sein könnten. Für die endgültige Klärung dieser Unterschiede sollten weitere Analysen der Lerngelegenheiten durchgeführt werden. Einordnung in den bisherigen Forschungsstand Im Vergleich zum bisherigen Forschungsstand, in dem wenige Zusammenhänge zwischen den Qualitätsaspekten und den fachbezogenen Wissensdimensionen dokumentiert wurden, zeigt die vorliegende Arbeit die Relevanz vieler Qualitätsaspekte für das fachdidaktische Wissen, die auch bei Kontrolle kognitiver Merkmale erhalten bleibt. Dieser Unterschied kommt möglicherweise dadurch zu Stande, dass in den bisherigen Untersuchungen die Erfassung der Qualitätsaspekte auf einer allgemeinen Ebene vorgenommen wurde (für das bisherige Studium bzw. für die bisher besuchten Veranstaltungen der Fachwissenschaft, Fachdidaktik oder Erziehungswissenschaft), wohingegen die vorliegende Untersuchung einzelne Veranstaltungen fokussiert.
8.3
EINFLÜSSE DES ZWEITFACHS
Die Untersuchung des Zweitfachs als Lerngelegenheit wurde zu Beginn der Arbeit folgendermaßen eingeleitet: Je nachdem, welches Zweitfach gewählt wurde, betrachten wir z. B. Sport und Physik, sind die Lerngelegenheiten im Rahmen dieses Zweitfachs mehr oder weniger affin zur Mathematik und bieten somit mehr oder weniger Potential, mathematische Inhalte zu wiederholen, anzuwenden oder zu festigen. Somit ist denkbar, dass Lehramtskandidaten mit zur Mathematik affinen Zweitfächern eine ausgeprägtere Entwicklung der fachbezogenen Dimensionen
Einflüsse des Zweitfachs
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des Professionswissens (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen) erfahren als ihre Mitstudierenden anderer Zweitfächer. Unterschieden wurde zwischen der Studierendengruppe mit einem MINT- Zweitfach und der Studierendengruppe mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. Insgesamt belegen die Befunde zu allen Messzeitpunkten Vorteile für die Studierendengruppe mit einem MINT-Zweitfach in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension im Vergleich zur Studierendengruppe mit einem Nicht-MINT-Zweitfach. Dabei liegen alle drei Erhebungszeitpunkte im Laufe des Lehramtsstudiums. Zusätzlich ist aus einer neueren Studie von S, tef˘anic˘a und Nickolaus (2018)11 bekannt, dass zu Studienbeginn keine Unterschiede im Fach- und pädagogischen Wissen zwischen Studierenden mit MINTund Nicht-MINT-Zweitfächern gefunden werden konnten. Zwar ist diese Studie bisher lediglich auf einen Standort beschränkt, liefert jedoch trotzdem Indizien dafür, dass die Studieneingangsphase in den unterschiedlichen Zweitfächern unterschiedliche Lerngelegenheiten und Sozialisationsprozesse mit sich bringt und dass hier wichtige Weichen für den künftigen Studienverlauf gelegt werden und zwar vermutlich durch die Akkomodation der Studierenden an die Unterschiedlichkeiten der Fachsystematiken in den Zweitfächern. Sollten die Ergebnisse der Studie von S, tef˘anic˘a und Nickolaus (2018) bezogen auf die nicht existierenden Unterschiede in den Wissensdimensionen der Studienanfänger mit unterschiedlichen Zweitfächern nicht standortübergreifend verallgemeinerbar sein, würde dies bedeuten, dass anhand des Vorwissens zu Studienbeginn eine Selbstselektion der Studierenden in die unterschiedlichen Fachgruppen stattfindet und die dabei mitgebrachten Wissensvorbzw. -nachteile im Studium mit transportiert werden. Die Entwicklungen in den Fachgruppen MINT und Nicht-MINT verlaufen fast parallel zueinander - diesen Befunden liegt ein quasi-längsschnittliches Untersuchungsdesign zu Grunde. Im Fall des Fachwissens konnten die Befunde zu den durchschnittlichen Wissenszuwächsen anhand eines echten Längsschnitts bestätigt werden - die Unterschiede in den Effektstärken zwischen Quasi-Längsschnitt und echtem Längsschnitt sind dabei gering. Allerdings belegen die Längsschnittdaten unterschiedliche Wissenserwerbsprozesse in den Fachgruppen und zwar große Homogenität im Rahmen der MINT-Gruppe, hingegen deutliche Heterogenität in der Gruppe Nicht-MINT. Das deutet auf starke Varianzen der Entwicklungsprozesse in der Nicht-MINT-Gruppe hin. Ursächlich hierfür könnte möglicherweise die Heterogenität dieser Gruppe sein. Interessant wäre hier zu erfahren, ob sich diese parallelen Entwicklungen bis zum Ende der universitären Phase fortführen. Sollte dies der Fall sein, kann die Frage nach der Anschlussfähigkeit an die zweite Phase gestellt werden. Ob zusätzliche Unterschiede im Rahmen der MINT-Studierendengruppe vorhanden sind, wäre zudem zu prüfen. Beispielsweise könnte eine Unterteilung dieser Gruppe bezüglich des Ausmaßes der Mathematik-Affinität des Zweitfachs erfolgen. Denkbar ist dabei die Unterteilung in (1) eine Gruppe mit starker Affinität zur 11
Das Verbundprojekt „Lehrerbildung PLUS“ wird im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.
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Zusammenfassung und Diskussion
Mathematik (Zweitfächer Physik, Informatik und Chemie) und (2) eine Gruppe mit weniger starken Affinität zur Mathematik (Fächer Biologie und Geographie). Einordnung in den bisherigen Forschungsstand Der bisherige Forschungsstand zu Lehramtsstudierenden im Fach Mathematik enthält eine einzige Studie, die sich mit Zweitfach-Unterschieden befasst. Die Ergebnisse dieser Studie belegen Vorteile im Gesamtkonstrukt Professionswissen für Studierende der Mathematik mit einer Naturwissenschaft als Zweitfach im Vergleich zu Studierenden mit einem anderen Zweitfach. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung, die quasi-längsschnittlich angelegt ist, können daher als Bereicherung des Forschungsstands hinsichtlich Vergleichen nach Zweitfächern in den fachbezogenen und der fachübergreifenden Dimension des Professionswissens angesehen werden. Für das Fachwissen kann zusätzlich auf echte Längsschnittdaten zugegriffen werden. Hier werden somit nicht nur durchschnittliche Entwicklungen, sondern auch Wissenserwerbsprozesse betrachtet.
8.4
EINFLÜSSE DES STUDIENSTANDORTS
Insgesamt belegen die Befunde zu allen Messzeitpunkten Vorteile für die Studierenden aus Stuttgart in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension des Professionswissens im Vergleich zu den Tübinger Studierenden. Dieses Bild entspricht der Hauptprofilierung der zwei Studienstandorte, denn Stuttgart hat den Ruf einer technischen Universität wohingegen Tübingen stärker geisteswissenschaftlich orientiert ist. Dieser gefundene Effekt des Standorts auf das Fachwissen verschwindet bei Kontrolle des fachlichen Vorwissens. Alle drei Erhebungszeitpunkte sind im Laufe des Lehramtsstudiums verortet. Interessant wäre, in künftigen Studien zu untersuchen, ob diese Unterschiede bereits zu Studienbeginn vorhanden sind. Falls dieses Szenario eintritt, würde es bedeuten, dass (anhand des Vorwissens) zu Studienbeginn eine gewisse Selbstselektion der Studierenden an den unterschiedlichen Standorten stattfindet, die durch die Hochschulprofile geleitet wird. Falls dies jedoch nicht der Fall sein sollte, würde es bedeuten, dass in der Studieneingangsphase wichtige Weichen für den künftigen Studienverlauf gelegt werden und zwar einerseits durch die starke fachwissenschaftliche Orientierung in Stuttgart und eine stärkere erziehungswissenschaftliche Prägung in Tübingen. Dies würde unterschiedliche Sozialisationsprozesse an den Standorten implizieren. Die Studierenden der TUM School of Education schneiden im fachdidaktischen Wissen besser als die Studierenden an den anderen Standorten ab. Wie bereits angemerkt, ist die School of Education der TU München ein Standort, an dem die Lehramtsstudierenden besonders günstige Studienbedingungen vorfinden. Dies scheint sich auch auf das angebahnte Wissen auszuwirken, denn obwohl die Studierenden aus München zum AT viel weniger fortgeschritten im Studium sind als die anderen
Implikationen für die Lehrerausbildung
173
Studierenden, verfügen sie bereits über ein ausgeprägteres fachdidaktisches Wissen. Interessant wäre, in künftigen Studien zu untersuchen, ob sich diese Vorteile auch für die anderen Dimensionen des Professionswissens finden lassen. Bezogen auf die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens wird ein leichter Vorteil am Standort Stuttgart im Vergleich zum Standort Tübingen ersichtlich. Die Entwicklungen im Fach- und pädagogischen Wissen laufen an den zwei Standorten fast parallel zueinander und sind von mittlerer bis hoher praktischer Bedeutsamkeit - diesem Befund liegt ein quasi-längsschnittliches Untersuchungsdesign zu Grunde. Für den Standort Stuttgart bestätigen echte Längsschnittdaten von ET und ZT die mittelstarke Wissensentwicklung. Zusätzlich scheinen die Wissenserwerbsprozesse keine großen Heterogenitäten aufzuweisen. Die zum AT gewonnene Stichprobe am Standort Tübingen ist bisher noch gering und sollte für zuverlässige Aussagen erweitert werden. Einordnung in den bisherigen Forschungsstand Im Fall der fachbezogenen Wissensdimensionen handelt es sich um erste Ergebnisse im Rahmen des Forschungsstands. Für das Fachwissen konnten echte Längsschnittdaten verwendet werden. In diesem Bereich sind zukünftig Ergebnisse aus der KeiLa-Studie zu erwarten. Bezogen auf das fachübergreifende Wissen dokumentiert der bisherige Forschungsstand starke Entwicklungen, deren Stärke zusätzlich von Standort zu Standort variiert. Die Befunde der vorliegenden Studie belegen ihrerseits Entwicklungen von mittlerer bis hoher praktischer Bedeutsamkeit, was sich in den bisherigen Forschungsstand einordnen lässt. Allerdings wurden hier fast parallele Entwicklungen an den Standorten verzeichnet. Aufgrund der geringen Stichprobengrößen zum AT sollen diese Ergebnisse jedoch mit Vorsicht interpretiert werden.
8.5
IMPLIKATIONEN FÜR DIE LEHRERAUSBILDUNG
Die Ergebnisse zeigen unterschiedliche Ausprägungen in den Dimensionen des Professionswissens je nach Zweitfach bzw. Standort bei gleichzeitig parallelen Entwicklungen der Wissensdimensionen. Vorausgesetzt diese Entwicklungen werden bis zum Ende der universitären Phase fortgeführt, stellt sich die Problematik der Anschlussfähigkeit an das Referendariat. Seminare und Schulen sollten sich in diesem Fall auf eine große Heterogenität einstellen. Zudem existieren aus einer neueren Studie von S, tef˘anic˘a und Nickolaus (2018) Indizien dafür, dass zu Studienbeginn keine Unterschiede in den Wissensausprägungen je nach Zweitfach bestehen. Zu Beginn der ersten fachdidaktischen Veranstaltung und somit ungefähr im 3.-4. Semester zeigen sich allerdings Vorteile für die MINT-Gruppe in den fachbezogenen Wissensdimensionen und Nachteile in der fachübergreifenden Dimension, die sich bis zum Ende der zweiten fachdidaktischen Veranstaltung fortführen. Somit scheint die Studieneingangsphase ursächlich für diese Unterschiede zu sein. Demzufolge sollte genau dieser Phase große Aufmerksamkeit gewidmet werden.
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Zusammenfassung und Diskussion
Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Veranstaltungen scheinen (vor allem in der ersten Studienhälfte) einen geringen, jedoch signifikanten Einfluss auf das fachdidaktische Wissen zu haben. Dieser bleibt auch bei Kontrolle kognitiver Merkmale erhalten. Somit sollte den Lehr-Lern-Prozessen auf der Mikroebene auch im Rahmen der tertiären Ausbildung Aufmerksamkeit geschenkt werden, auch wenn die Hochschuldidaktik dies nicht primär verfolgt. Die Ergebnisse zu den gefundenen Einflüssen der Berufswahlmotive auf die Dimensionen des Professionswissens können (1) bei der Auswahl von Studienbewerbern bzw. (2) im Rahmen von Coaching- und Beratungsansätzen genutzt werden. Hinsichtlich des zweiten Punkts könnte den Studierenden je nach Berufswahlprofilen nahe gelegt werden, welche Aspekte der eigenen Lernprozesse sie zu steuern versuchen könnten, z. B.: Die Befunde der vorliegenden Arbeit zeigen, dass ein höheres pädagogisches Interesse mit einem geringeren Fachwissen einhergeht - somit würde einem Studierenden mit ausgeprägterem pädagogischen Interesse im Rahmen der Beratung nahe gelegt werden, mehr Zeit für das Selbststudium im Rahmen der Fachwissenschaft zu investieren, auch wenn die eigene Vorliebe bei der Beschäftigung mit erziehungswissenschaftlichen Themen liegt.
8.6
LIMITATIONEN DER STUDIE
Im Folgenden werden Einschränkungen der vorliegenden Arbeit präsentiert. Aufgrund des schwierigen Feldzugangs konnten für jeden Erhebungszeitpunkt maximal 90 Minuten Testzeit kalkuliert werden. Daher stand für die einzelnen Testelemente wenig Zeit zur Verfügung. Folglich konnten für jeden Test nur wenige Items eingesetzt werden. Diese Tatsache führt zusammen mit der vor allem im AT geringen Probandenzahl dazu, dass z. T. nur geringe Reliabilitäten und somit große Konfidenzintervalle für die Personenfähigkeitsschätzer erreicht wurden (vor allem im fachdidaktischen Wissen); da diese Schätzungen die Basis für die weiteren Korrelations- und Regressionsanalysen darstellen, sollten die Befunde mit Vorsicht interpretiert werden. Zusätzlich führen die geringen Itemzahlen zu einer eingeschränkten curricularen Validität der Tests, denn diese decken nur einen Bruchteil der Inhalte ab, die zu der getesteten Wissensfacette gehören. Bezogen auf die Entwicklung wird somit nicht der gesamte Entwicklungsfortschritt abgebildet, sondern lediglich Teile davon. Weiterhin soll auf die mögliche unterschiedliche curriculare Validität der Testinstrumente an den verschiedenen Standorten hingewiesen werden: Insbesondere trifft dies auf den Test zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens zu, denn die Varianz in der inhaltlichen Gestaltung der fachdidaktischen Veranstaltungen an den einzelnen Standorten scheint deutlich höher als im Falle der Fach- bzw. Erziehungswissenschaft. Auch Stichprobeneffekte können aufgrund der z. T. kleinen Stichproben (vor allem für den Test zum Ende der FD2) nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Weiterhin wird kein Anspruch auf Repräsentativität erhoben. Zudem basieren die meisten Aussagen zu Entwicklungen (mit Ausnahme des Fachwissens vom ET zu ZT) auf Quasi-Längsschnitt-Daten.
Forschungsstrategischer Ausblick
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Weiterhin wurden die Berufswahlmotive nicht zu Studienbeginn erfasst. Dies ist problematisch, denn König und Kollegen (2016) haben gezeigt, dass vom Studienbeginn bis zum fünften Semester durchschnittliche Änderungen in den Berufswahlmotiven nur geringfügig stattfinden (schwache Effekte), jedoch die Stabilität der meisten Berufswahlmotive im mittleren Bereich liegt. Diese scheinen durch die schulpraktischen Lerngelegenheiten beeinflusst zu werden. Zusätzlich wurden die Qualitätsaspekte zum Ende der fachdidaktischen Lehrveranstaltungen und somit z. T. retrospektiv erhoben. Ideal wäre die Erfassung derselben im Laufe der Veranstaltungen gewesen. Auch handelt es sich bei den Qualitätsaspekten nicht um tatsächliche, sondern um von den Studierenden wahrgenommene Aspekte. Abgebildet wird dadurch eine Interaktion zwischen individuellen Faktoren und Ausbildungsmerkmalen. Aufgrund der in den Berufswahl-Skalen und teilweise in den Qualitätsaspekten vorgefundenen Boden- bzw. Deckeneffekte können statistische Artefakte nicht ausgeschlossen werden. Da lediglich drei Studienstandorte aus dem Süden Deutschlands in die Untersuchung einbezogen wurden, kann die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf andere Standorte und Bundesländer in Frage gestellt werden. Die Wissensausprägungen bzw. -entwicklungen der Studierenden sind als Effekt des Zusammenspiels zwischen Ausbildungs- und individuellen Merkmalen zu sehen. Ob die berichteten Unterschiede tatsächlich auf die Lerngelegenheiten zurückzuführen sind, kann hier nicht eindeutig fixiert werden: Obwohl hier einige kognitive Merkmale der Studierenden kontrolliert wurden, könnten weitere Variablen für die gefundenen Unterschiede ursächlich sein, z. B. die kognitiven Grundfähigkeiten oder die Überzeugungen der Studierenden. Zuletzt soll darauf hingewiesen werden, dass die Datenerhebungen vom Beginn des WS 2012/13 bis zum Ende des SoSe 2015 durchgeführt wurden. In der Zwischenzeit wurde die Lehramtsausbildung an den Standorten Stuttgart und Tübingen reformiert: Anstelle des Studiengangs mit einem Staatsexamensabschluss wird das Lehramtsstudium nun im Bachelor-Master-System angeboten. Inwiefern sich die strukturellen und inhaltlichen Änderungen der Lerngelegenheiten auf das Professionswissen auswirken, wäre empirisch zu untersuchen.
8.7
FORSCHUNGSSTRATEGISCHER AUSBLICK
Künftige Studien sollten anstreben, längsschnittliche Designs zu realisieren und gleichzeitig größere Stichproben zu gewinnen, um statistisch gut abgesicherte Aussagen zu Wissenserwerbsprozessen im fachdidaktischen und pädagogischen Wissen generieren zu können bzw. um die vorliegenden Befunde zum Fachwissen zu replizieren. Interessant wäre zusätzlich zu überprüfen, ob im Falle der zwei zuerst genannten Dimensionen der Einbezug des Vorwissens, wie im Fall des Fachwissens, die Erklärungskraft des Standorts verschwinden lässt. Dafür sollte der Feldzugang im Idealfall bereits im Rahmen der Antragstellung gesichert werden. Mechanismen zur Motivierung der Studierenden sollten dabei optimiert werden.
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Zusammenfassung und Diskussion
Größere Stichproben wären außerdem von Vorteil, um eine Unterteilung der Studierendengruppe mit einem Zweitfach Nicht-MINT realisieren zu können. Die MINT-Studierendengruppe wäre zusätzlich bezüglich des Ausmaßes der MathematikAffinität zu unterteilen. Zusätzlich würden größere Stichproben das Potential bieten, die Komplexität der Wissenserwerbsprozesse realitätsnaher zu modellieren, indem diverse andere Variablen kontrolliert bzw. andere komplexere Modelle (beispielsweise wie in Abbildung 3.1 dargestellt) gerechnet werden könnten. (Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden den Analysen lediglich die vereinfachten Modelle aus den Abbildungen 4.1 und 4.2 zu Grunde gelegt.) Weiterhin wäre der Einbezug weiterer Studienstandorte wünschenswert, um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse abzusichern. Bezogen auf die Berufswahlmotive wäre die fachspezifische Erfassung des fachlichen Interesses erstrebenswert (hier wurde es für sämtliche Studienfächer erhoben). Zusätzlich sollten die Berufswahlmotive vor oder spätestens zu Studienbeginn erhoben werden. Hinsichtlich der Qualitätsaspekte wäre deren Erfassung im Laufe der Lehrveranstaltungen wünschenswert (hier wurden sie am Ende der Lehrveranstaltungen erhoben). Zusätzlich wäre die Betrachtung der Qualität für Veranstaltungen der Fachwissenschaften bzw. der Bildungs- und Erziehungswissenschaften zu realisieren (hier wurden lediglich die fachdidaktischen Veranstaltungen in den Blick genommen). Die Studieneingangsphase ist zudem als zusätzlicher Zeitpunkt in den Blick zu nehmen. Hierbei könnten (1) potentielle Selektionsprozesse an den Standorten aufgedeckt werden. (2) Abbrüche, die hauptsächlich in dieser Phase passieren, und deren Ursachen könnten untersucht werden. Des Weiteren sollten die (3) unterschiedlichen Lerngelegenheiten und Sozialisationsprozesse in den verschiedenen Zweitfächern analysiert werden. In naher Zukunft werden zu einigen dieser Punkte Ergebnisse der Studien KeiLa, Lehrerbildung PLUS12 und SAM13 erwartet. Das Referendariat und die Lehrerbildungspraxis könnten ihrerseits als zusätzliche Zeitpunkte betrachtet werden. Interessant wäre dabei zu untersuchen, ob die Unterschiede in den Dimensionen des Professionswissens nach Zweitfach bzw. Standort erhalten bleiben. Falls dies der Fall sein sollte, wäre es interessant zu untersuchen, ob Unterschiede bei der Unterrichtsgestaltung der Lehrkräfte mit unterschiedlichen Zweitfächern gefunden werden. Die vorliegende Arbeit fokussiert Lehramtsstudierende im gymnasialen Lehramtsfach Mathematik. Interessant wäre in künftigen Studien zu überprüfen, ob die hier berichteten Ergebnisse auf andere Lehramtsfächer bzw. andere Schulformen (Sekundarstufen-1-Lehramt, Sonderschulpädagogik, Grundschule) übertragbar sind.
12
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Das Forschungsprojekt „Lehrerbildung PLUS“ ist ein Kooperationsprojekt der an der Lehrerbildung beteiligten Institutionen aus dem Raum Stuttgart und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das Forschungsprojekt „Studienabbrüche in der Mathematik“ (SAM) wird an den Universitäten Stuttgart und Tübingen durchgeführt und wird vom BMBF finanziert.
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Das Professionswissen der Lehrkräfte, gestützt durch deren Überzeugungen und motivationale Orientierungen, ist prädiktiv für die konkrete Unterrichtsgestaltung sowie die Lernfortschritte und die Leistungsängstlichkeit der unterrichteten Schülerinnen und Schüler. Wie aber entwickelt sich dieses Professionswissen? Von welchen Faktoren hängt es ab? Florina Stefanica untersucht in dieser Arbeit die Einflüsse von Berufswahlmotiven und Lerngelegenheiten auf das Professionswissen von gymnasialen Lehramtsstu-
dierenden im Fach Mathematik. Als Lerngelegenheiten werden Qualitätsaspekte der fachdidaktischen Lehrveranstaltungen, die jeweiligen Zweitfächer sowie die unterschiedlichen Studienstandorte betrachtet. Die Ergebnisse der Untersuchung können künftig bei der Auswahl von Studienbewerbern bzw. im Rahmen von Coachingund Beratungsansätzen genutzt werden; darüber hinaus können sie als empirische Grundlage von hochschulpolitischen Diskussionen dienen.
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag
ISBN 978-3-515-12210-8
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7 83 5 1 5 1 2 2 1 08