Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz: Nebst Anhang, enthaltend Entlastungsgesetze. Mt Anmerkungen unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsgerichts. Handkommentar [18 verm. Aufl., Reprint 2021] 9783112413449, 9783112413432


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German Pages 1325 [1322] Year 1925

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Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz: Nebst Anhang, enthaltend Entlastungsgesetze. Mt Anmerkungen unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsgerichts. Handkommentar [18 verm. Aufl., Reprint 2021]
 9783112413449, 9783112413432

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de Grugtersche Sammlung Deutscher Gesetze.

Handkommentare.

Zivilprozeßordnung UNd

GenchtöverfassungSgesetz nebst

Anhang,

enthaltend

Entlastungsgesetze.

Mit Anmerkungen unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsgerichts. Begonnen von

Dr. R. Sydow. Fortgeführt von

L. Basch,

setzt zugleich mit Dr.

ReichSgerichtSrat i. R.,

Achtzehnte vermehrte

W. Krantz, LandgerichtSdtrettor.

Auflage.

Berlin und Leipzig 1925.

Walter d e Gruyter & C o. vormals G. I. Göschen'sche Derlagshandlung — I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung — Georg Reimer — Karl I. Trüvner — Beit & Comp.

in

Uorwort. Von den Auflagen dieses Schriftwerkes find herausgegeben worden: die 1. (1877) bis 7. (1896) von R. Shdow, die 8. (1898) und 9. (1901) von L. Busch unter Mitwirkung von 9L Sydow, die 10. (1905) bis 13. (1910) von L. Busch, die 14. (1913) von L Busch zugleich mit A. Busch, die 15.(1919) bis 18. (1925) von L. Busch zugleich mit W. Krantz.

Bei der LerauSgabe der 8. Auflage erschien daS Werk in größerer Buchform. Seit LerauSgabe der 15. Auflage ist wegen des großen LlmfangS der Erläuterungen die Buchform weiter vergrößert worden.

Zn der jetzigen 18. Auflage find die Aenderungen der Zivil­ prozeßordnung, des GerichtSverfaffungSgeseheS und der Ent. lastungSverordnung (Anhang I) durch die Verordnungen: zur Beschleunigung deS Verfahrens in bürgerlichen RechtSstreitigkeiten vom 22. Dezember 1923, über Gerichtsverfassung und Strafrechts­ pflege vom 4. Januar 1924 und über daS Verfahren in bürgerlichen RechtSstreitigkeiten vom 13. Februar 1924, sowie durch die auf Grund der Ermächtigungen in diesen Verordnungen vom Reichs­ minister der Justiz erlassenen Bekanntmachungen: der Texte deS Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung vom 22. Mär- 1924 und der Texte der Zivilprozeßordnung und der EntlastungSverordnung vom 13. Mai 1924 durch besonderen Druck hervorgehoben. Bei diesen sowie bei den Aenderungen in früheren Zeiten ist überall in den Anmerkungen angegeben, durch welche Gesetze oder Verordnungen sie erfolgt find. Die Aenderungen find den praktischen Zwecken deS Werkes entsprechend erläutert. Die Ergebnisse der Rechtsprechung des ReichSgerichtS und der OberlandeSgerichte sind bis zur letzten Zeit berücksichtigt. Die in Betracht kommenden Reichsgesetze und preußischen AusführungsGesetze und -Verfügungen find in den neuesten Fassungen ange­ zogen. Auch die einschlägigen Gebührenbestimmungen sind nach dem neuen Stande der Gebührenordnungen angeführt.

Die Ler ausgeb er.

IV

Inhalt.

A.

Aivllprozetz.

®dte

I. Gesetz, betreffend die Einführung der ZtvilprozetzordNUNg. Dom 80. Januar 1877. §§ 1 biS 24 .... IL Zivilprozeßordnung. Born 80. Januar 1877

1—12 13

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen. Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit der Gerichte. §§ 1 biS 11 Zweiter Titel. Gerichtsstand. §§ 12 biS 87 .... Dritter Titel. Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte. 88 LiS 40 Vierter Titel. Ausschließung und Ablehnung der Gerichts­ personen. §§ 41 bis 49 Zweiter Abschnitt. Parteien. Erster Titel. Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit. §§ 60 Zweiter Titel. Stteitgenoffenfchaft. §§ 69 bis 68 Dritter Titel. Beteiligung Dritter am Rechtsstreite. biS 77 .................................................... Vierter Titel. Prozeßbevollmächtigte und Beistände. bis 90 Fünfter Titel. Prozeßkosten. §§ 91 vis 107 Sechster Titel. Sicherheitsleistung. §§ 108 bis 118 Siebenter Titel. Armenrecht. §§ 114 biS 127

13-38 38-72

72—75 75—80

biS 58 80-94 . . . 94-99 §§ 64 99 -114 §§ 78 115-126 127—161 . . . 161-168 168—180

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung. §§ 128 bis 166 . Zweiter Titel. Zustellungen I. Zustellungen aus Betteiben der Parteien. §§ 166 biS 207 II. Zustellungen von Amts wegen. §§ 208 vis 218 . . Dritter Titel. Ladungen, Termine und Fttsten. §§ 214 bis 229 Vierter Titel. Folgen der Versäumung. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. §§ 280 ViS 238 Fünfter Titel. Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens. §§ 289 vis 262

181-208 208—209 209—236 236—239 239 - 248

248 — 259 259—279

Zweites Buch.

Verfahren in erster Instanz. Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Erster Tttel. Verfahren bis zum Urteil. §§ 268 biS 299 Zweiter Titel. Urteil. §§ 800 bis 329 Dritter Tttel. Versäumnisurteil. §§ 330 bis 847 .. .

279-370 370—432 433—445

V

Inhalt.

Seite

Vierter Titel. Verfahren vor. -em Einzelrichter. §§ 848 biS 350 W 351 bis 354 gestrichen) Fünfter Titel. Allgemeine Bestimmungen über die Beweis­ aufnahme. §§ 855 bis 870 Sechster Titel. Beweis durch Augenschein. §§ 871, 372 . Siebenter Titel. ZeugenveweiS. §§ 878 bis 401 ... Achter Titel. Beweis durch Sachverständige. §§ 402 bis. 414 Neunter Titel. Beweis durch Urkunden. §§ 415 biS 444 Zehnter Titel. Beweis durch Eid. §§ 445 biS 477 . . . Elfter Titel. Verfahren bei der Abnahme von Eiden. §§ 478 bis 484 Zwölfter Titel. Sicherung des Beweises. §§ 485 biS 494 Zweiter Abschnitt. Verfahren vor den Amtsgerichten. §§ 495 biS 510c . .................................................... .

445—449

449-456 457 458—485 485—495 495-510 510- 536 536-538 538-543 543-558

Drittes Buch.

Rechtsmittel. Erster Abschnitt. Berufung. §§ 511 biS 544 Zweiter Abschnitt. Revision. §§ 545 biS 566a .... Dritter Abschnitt. Beschwerde. §§ 567 bis 577 ... .

559-606 607—655 655-669

Viertes Buch.

Wiederaufnahme deS Verfahrens. §§ 578 bis 591

669—681 Fünftes Buch.

Urkunden- und Wechfelprozetz. §§ 592 bis 605

..........................................

681-693

Sechstes Buch.

Ehefachen. Feststellung deS Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern. Entmündigungssachen. Erster Abschnitt. Verfahren in Ehesachen. §§ 606 biS 689 Zweiter Abschnitt. Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Ettern und Kindern zum Gegenstände haben. §§ 640 biS 644 . . . Dritter Abschnitt. Verfahren in Entmündigungssachen. §§645 biS 687

694-727

727—732 732—760

Siebentes Buch.

Mahnverfahren. §§ 688 bis 703

760—761

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung. Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. §§ 704 bis 802 Zweiter Abschnitt. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Erster Titel. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögm. . I. Allgemeine Bestimmungen. §§ 808 bis 807 . .

761—864

864—873

VI

Inhalt. Sette

n. Zwangsvollstreckung tu körperliche Sachen. §§ 808 vtS 827 III. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Ver­ mögensrechte. §§ 828 viS 863 ..... Zweiter Titel. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. §§ 864 vis 871 ...... . . Dritter Titel. Verteilungsverfahren. §§ 872 bis 882 .

873-891

891

939

939-950 950-957

Dritter Abschnitt. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Hand­ lungen oder Unterlassungen. §§ 883 viS 898 ... .

957-977

Vierter Abschnitt. vis 915

Offenvarungseid und Hast.

977-985

Fünfter Abschnitt. §8 916 biS 945

Arrest und einstweilige Verfügung«:.

§§ 899

985 -1025

Neuntes Buch. AufgebotSversahren. §§ 946 ViS 1024

1025-1052

Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

1053-1084

§§ 1025 bis 1048

B. Gerichtsverfassung.

I. SinsührungSgesetz zum GerichtSversassungSgesetze. Dom 27. Januar 1877.

88 1 biS 22

n. Gerichtsverfassungsgesetz.

Dom 27. Januar 1877.

Erster Titel. Richteramt. 88 1 ViS 11 Zweiter Titel. Gerichtsbarkeit. §§ 12 biS 21 . . . . Dritter Titel. Amtsgerichte. 88 22 bis 27 Vierter Titel. Schöffengerichte. 88 28 ViS 58 . . . . Fünfter Titel. Landgerichte. §§ 59 bis 78 Sechster Titel. Schwurgerichte. 88 79 ViS 92 . . . . Sieventer Titel. Kammern für Handelssachen. 88 93 ViS 114 Achter Titel. OverlandeSgerichte. 88 115 bis 122 . . Neunter Titel. Reichsgericht. 88 123 bis 140... . Zehnter Titel. Staatsanwaltschaft. 88 141 biS 152 . . Elster Titel. GerichtSschreiver. 8 153 Zwölfter Titel. ZustellungS- und Vollstreckungsbeamte. 88 154, 155 Dreizehnter Titel. Rechtshilfe. 88 156 bis 168 . . . Vierzehnter Titel. Oeffentlichkeit und Sitzungspolizei. 88 169 ViS 183 Fünfzehnter Titel. Gerichtssprache. 88 184 biS 191. . Sechzehnter Titel. Beratung und Abstimmung. 88 192 biS 198 Siebenzehnter Titel. Gerichtsferien. 88 199 bis 202 .

1085-1093

1094 1095 1100 1100-1123 1123-1134 1134-1145 1145-1163 1163-1169 1170 -1180 1180-1184 1184-1193 1193-1199 1199-1201 1201—1203 1203-1214

1214-1221 1222-1224

1224-1228 1228 1231

VII

Abkürzungen.

Sette Anhang. L Bekanntmachung zur Entlastung bet Gerichte. s. September 1915, 13. Mai 1924.

88 1-21

Dom ....

1232—1249

II. Gesetz zur Entlastung der Gerichte. Dom 11.März 1921. 1249-1252

Art. I—VII

III. Preußische Allgemeine EntlastungSVerfügung. Bom 28./S. 23.

§§ 1—33

Sachregister ...

AG. BGB. EG. GBO. GKG.

bedeutet

GO. f. GB. GO. f. RA.

GO. f. Z. U. S.

Gr. GS. GDBl. GBG. HGB. JMBl. IW. KGJ.

KO. MBl. i. B.

OLG. RAO.

*

RFGG.

*

.......................

1252—1265

.

1266—1317

Abkürzungen. Bürgerliches Gesetzbuch. AuSführungSgesetz. Einführungsgesetz. Grundbuchordnung v. 24./3.1897 in d. gaff. v. 20 /ö. 1898. Gerichtskostengesetz v. 18./6. 1878 in d.'Fasi. v. 21./12. 22, 16./2., 18./8- u. 13./12. 23, 13./2. u. 27 /6. 24. Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher v. 24 /6. 1878 in d. Fast. v. 14./12. 22, 13 /12 23. Gebührenordnung für Rechtsanwälte v. 7./7.1879 in d. Fass. v. 20./5 1898, 1./6. 09, 22./ö. 10, 8./11. 16, 18./12. 19, 8./7. 21, 21./12. 22, 18./8. u. 13./12. 23, 13./2. u. 27./6- 24. Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige v. 30./6. 1878 in d. Fast. v. 13./3. u. 24./10. 22, 12./7. u. 21 /1.2 23. GruchotS „Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts" (bis Bd. 66). Gesetz-Sammlung. Gesetz- und Verordnungs-Blatt. Gerichtsverfafsungsgesetz. Handelsgesetzbuch für daS Deutsche Reich v. 10./5. 1897. Justiz-Ministerial-Blatt. Juristische Wochenschrift (biS Jahrg. 1924). Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der fteiwilligen Gerichtsbarkeit (Johow-Ring) (bis Bd. 53). Konkursordnung v. 10./2.1877 in d. Fast. v. 20./5.1898. Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in dm Preußischen Staatm. die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (Mugdan-Falkmann) (bis Bd. 43). Rechtsanwaltsordnung v. 1./7. 1878, 11./7. 22, 27./4. u. 23 /11. 23, 6./2. 24. Reichsgesetz über die Angelegenheitm der fteiwilligen Ge­ richtsbarkeit v. 17./5. 1898.

VIII RG.

Abkürzungen. bedeutet

RG.



RGBl. RIA.

„ „

StGB. StPO. W.

„ „ „

WO. ZBl. ZPO. ZVG.

„ „ „ „

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. HerauSgegeben von dm Mitgliedern des Gerichtshofes (SIS Bd. 108). Entscheidungen des Reichsgerichts in Straffachen. Heraus­ gegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofes (ViS Bd. 57j. Reichs-Gesetzblatt. Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­ barkeit und in Grundbuchsachen, zusammengestellt tat Reichs­ justizamt (ViS Bd. 15). Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Strafprozeßordnung. Warneyer ^Rechtsprechung des ReichSgerichtS" (bis Jahr­ gang 1924). Wechselordnung v. 5./6. 1869 in d. Fass. v.3./6. 08 Zentral-Blatt für das Deutsche Reich. Zivilprozeßordnung. Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung unddie ZwangSverwaltung v. 24/3. 1897 in d. Fast. v. 20./5. 1898.

Die Entscheidungw sind nach Band oder Jahrgang (große Zahl) und Seite (kleine Zahl) angeführt. Bei W. (Warneyer) bedeutet jedoch die kleine Zahl wie Sei IW. (Juristische Wochenschrift) die gehobene Zahl die Nummer des Urteils.

II.

Zivilprozeßordnung. Dom 30. Januar 1877. (RGBl, von 1877, Nr. 6, S. 83—248.)

In Kraft getreten am 1. Oktober 1879 (§1 EG. z. ZPO. und §1 EG. z. GDG.).

Eingeführt in Helgoland fett 1./4. 91: Art. I Nr. VIII, 2 der Der. v. 22./S. 91 (RGBl. 22). Abgeändert durch das Gesetz vom 80. April 1886 (RGBl. 180); sodann durch die Gesetze, betreffend Aenderungen der Zivilprozeßordnung, vom 17. Mat 1898 (RGBl. 266), in Kraft vom 1. Januar 1900, und vom 6. Juni 1905 (RGBl. 686), sowie durch das Gesetz, Bett. Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Zivil­ prozeßordnung, des GerichtSkostengesetzeS und der Gebührenordnung für Rechts­ anwälte, vom 1. Juni 1909 (RGBl. 475), in Kraft vom 1. April 1910, durch das Gesetz, Bett, die Zuständigkeit deS Reichsgerichts, vom 22. Mai 1910 (RGBl. 767), in Kraft vom 1. Juni 1910, durch das Gesetz, Bett. Aenderung der Zivilprozeß­ ordnung (§ 850), vom 24. Juni 1914 (RGBl. 233), in Kraft vom 14. Juli 1914, durch das Gesetz zur Ergänzung deS § 323 der Zivilprozeßordnung v. 13./8. 19 (RGBl. 1448), in Kraft vom 22. August 1919, ferner (§§ 380, 390, 409) durch § 14 RGef. Bett. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit v. 17./8. 20 (RGBl. 1579), in Kraft vom 6./9. 20, und (§ 850) durch § 46 Reichswehrgesetz v. 23 /3. 21 (RGBl. 329), in Kraft vom 14. April 1921. Weitere Aenderungen enthalten: das Gesetz zur weiteren Entlastung -er Gerichte vom 8. Juli 1922 (RGBl. 569); das Gesetz über die Zulaffung der Frauen zu den Aemtern und Berufen der Rechts­ pflege vom 11. Juli 1922 (RGBl. 573); das Gesetz zur Aenderung des Gerichts­ kostengesetzes vom 21. Dezember 1922 (RGBl. 1928 I 1); das Reichs-Geldstrafen­ gesetz vom 27. April 1923 (RGBl. I 254); das Gesetz über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtskosten vom 18. August 1923 (RGBl. I 813); die Verordnung zur Beschleunigung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 22. Dezember 1923 (RGBl. I 1239). Endlich ist durch die Verordnung über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I 135), in Kraft vom 1. Juni 1924, die ZPO. in größerem Umfange geändert worden. Auf Grund Art. VIII dieser Verordnung ist dann der Text der Zivilprozeßordnung mit weiteren Aenderungen in der vom 1. Juni 1924 ab geltenden Fassung am 13. Mat 1924 (RGBl. I 437) neu bekannt gemacht.

Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen. Erster Ksschuitt.

Gerichte.

Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit der Gerichte. 1. Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.' 1 Sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte: GVG. n. F. v. 22./S. 24 §§ 28 (bürgerliche Rechtsstreitigkeiten), 167 (Rechtshilfe) und ZPO. 88 188, 761 (Erlaubnis zu Zustellungen und Vollstreckungen), 486 (Sicherung des Beweises), 495 a, 600

14

A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

(Güteverfahren), 584 (Wiederaufnahme), 609 (Sühnetermin in Ehesachen), 646, 676, 676, 680 (Entmündigung und Wiederaufhebung derselben), 689 (Mahnverfahren), 764, 767, 768, 796, 828, 878, 878, 890 (Zwangsvollstreckung), 919 (Arrest), 942 (einstweilige Verfügung), 946 (Aufgebotsverfahren), 1046, 1046 (schiedsrichterlicheVerfahren); der Landgerichte einschl. der Kammern für Handelssachen: GDG. n. F. §§ 71, 72, 94 und ZPO. §§ 606 (Ehesachen), 684 (Wiederaufnahme), 642 (Rechts­ streitigkeiten -wischen Eltern und Kindern), 666, 679, 684, 686 (Anfechtung, Wieder­ aufhebung der Entmündigung), 796 (Erteilung -er Vollstreckungsklausey, 967 (An­ fechtungsklage gegen ein Ausschlußurteil). 1046, 1046 (schiedsrichterliches Verfahren); der Oderlandesgerichte: §§ 119, 159 GDG. n. F.: des Reichsgericht-: § 133 GBG. n. F.; des obersten Landesgerichts: § 8 EG. z. GVG. — Ueber die Zuständigkeit der Eondergerichte vgl. Anm. 1—10 § 14 GVG. 2. Insoweit nach dem Gesetze über die Gerichtsverfassung die Zuständig­ keit der Gerichte von dem Werte des Streitgegenstandes* abhängig kommen die nachfolgenden Vorschriften» zur Anwendung.*

1 Die Festsetzung deS Streitwerts erfolgt, wenn ste zum Zwecke der Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit des Gerichts oder über die Zuläsfigkeit eine- eine Be­ schwerdesumme erfordernden Rechtsmittels stattftndet, in der betreffenden Entscheidung (Urteil, Beschluß gemäß §§ 276, 566, Beschluß auf Beschwerde). Für die Berechnung der Gerichtökosten und der Anwaltsgebühren erfolgt die Festsetzung gemäß §§ 17—19 GKG. n. F. v. 21./12.22, § 11 GO. f. RA. — Die erstere Festsetzung ist nach § 17 GKG. zugleich auch für die Berechnung der Gerichtskosten und der Anwaltsgebühren maßgebend. Sie kann nicht von Amts wegen oder auf Beschwerde geändert werden. IW. 98, 236*. Deshalb kann, wenn die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Landgericht­ verworfen ist, weil der Streitwert die durch § 23 Nr. 1 GVG. für die Amtsgerichte bestimmte Summe der Zuständigkeitsgrenze (z. Zt. 600 Goldmark, s. Anm. 2 § 28 GVB.) übersteige, bei einer demnächstigen Festsetzung deS Strettwerts nicht auf eine niedrigere Stufe als diese Summe heruntergegangen werden. IW. 98, 279«. Hat da- Reichsgericht die Revision zugelassen, so ist, auch wenn eine ausdrückliche Ent­ scheidung über die Höhe des Streitwerts der Revistonsinstanz nicht vorliegt, doch aus der Zulaffung des Rechtsmittels zu schließen, daß ein Strettwert von mehr als der Revisionssumme (z. Zt. 1800 Goldmark, f. Anm. la § 546) angenommen worden ist, und ist dies bei der Festsetzung des Streitwerts der unteren Instanzen zu berückstchtigen. IW. 94, sie«. Hat das Reichsgericht die Revision wegen Nichterreichung der RevistonSsumme verworfen, so ist der Streitwert unter dieser Summe festzusetzen. OLG. 31, 8. Eine Ausnahme kann sich tat Falle der Widerklage ergeben mit Rücksicht darauf, daß hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit gemäß § 6 ZPO. eine Zusammenrechnung der Klage- und Widerklagegegenstände nicht stattfindet, während hinsichtlich der Gebührenberechnung nach §13 GKG. n. F. die Gegenstände, sofern sie nicht denselben Strettgegenstand betreffen, zusammenzurechnen find. Jedoch ist bei Fest­ stellung der RevistonSsumme gemäß § 646 Abs. 2, § 5 ZPO., wenn nur fettens einer Partei (nicht, wenn settenS beider) Revision eingelegt wird, ebenfalls der Gegenstand der Klage und der Mderklage, sofern ste nicht etwa denselben Streitgegenstand betreffen, zufammenzurechnen. RG. (DZS.) 7, 385, 388, 46, 398, Gr. 32, 1170, IW. 91, 3051, 06, 202", auch Anm. 2 § 5. Entsprechendes gilt hinsichtlich der BerusungSsumme (§ 511a, z, Zt. 60 Goldmark). — Die Festsetzung zum Zwecke der Berechnung der Gebühren erfolgt durch besonderen Beschluß (zweckmäßigerweise nicht tat Zusammen­ hänge mit anderen Entscheidungen, IW. 97, 24048) gemäß § 18 GKG. n. F. Für sie ist daS Gericht der. Instanz zuständig, für die der Streitgegenstand festgesetzt werden soll (auch das Berufungsgericht oder das Revisionsgericht), auch wenn das Verfahren in dieser Instanz bereits geschloffen ist. Gr. 35,1168, IW. 91, 33614,95, 382«, iso«, 96, 671% 97, 67”, 98, 57618, OLG. 19, 237, auch RG. (VZS.) 44, 407. Hat das Amts­ gericht den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (§ 304) und daraus, nachdem der Kläger seinen Anspruch erhöht hat, die Sache gemäß § 506 an das Landgericht verwiesen, so ist dieses zur Festsetzung des Streitwerts des Anspruchs, der dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden, zuständig. OLG. 19, 237. Ueber die Zuständigkett zur Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung vgl. RG. 85,132.

Erster Abschnitt.

Gerichte. Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit.

§ 2.

15

Erfolgt die Festsetzung durch da- Gericht der höheren Instanz, so äußert ste Lei gleichem Streitgegenstand auch für die untere Instanz Wirkung. RG. 35,396. — Die Festsetzung kann, sofern die- nach der Natur de- Streitgegenstandes erforderlich ist, sederzeit von Amt- wegen erfolgen, ohne daß ein Streit darüber unter den Parteien zu bestehen braucht. IW. 97, 67*. Anderseits muß jede- Jnstanzgericht auf An­ trag einer Partei den Streitwert für seine Instanz festsetzen, und zwar gleichviel, ob diese beendet ist oder nicht, Gr. 35, lies, IW. 91, li*, 336*, 95, 382», 480*, 96,671*. 97, 67*, und unabhängig davon, daß da- Verfahren in der Instanz bis zu einem gewissen Grade vorgeschritten ist, IW. 02, 89i*. Auch wenn der Gegner de- armen Kläger- die Festsetzung beanttagt. Gr.48, lies, IW. 04,149». Der Partei kann auch nicht verwehrt werden, wegen eingettetener Aenderung die Festsetzung de- StteitwertS in jeder Instanz von neuem zu vearttragen, so auch in der zweiten Instanz, vor der die Sache anhängig ist, selbst wenn diese Instanz auf Beschwerde berettS über den Stteitwert der ersten Instanz entschieden hat. Gr. 42, ne4, IW. 98, 418*. Da- Kostenfestsetzungsgesuch (§ 103 Abs. 2) und die Erinnerung gegen den KostenfestsetzungSbeschluß (§ 104 Abs. 8) find unter Umständen zugleich als Anttag auf Festsetzung deS Streitwerts oder auf Aenderung dieser Festsetzung zu behandeln. IW. 21, 536*. — Für den Anttag auf Festsetzung besteht auch in LandgerichtSsachen ein Anwaltszwang nicht. W. 11, soe. Stellt ein Anwalt im Namen einer Pattei den Anttag auf Festsetzung, so muß er fich durch schttstliche Vollmacht auSweisen. W. 11, soe, 15, 221. In eigenem Namen ist der prozeßbevollmächtigte Anwalt zur Stellung deS AnttagS nicht berechtigt. W. 15, 221. Ihm steht nur die Beschwerde gegen die erfolgte Festsetzung in eigenem Namen zu (f. unten). — Die Entscheidung über die Höhe deS StteitwettS ist nach den in der mündlichen Verhandlung verlesenen Anträgen zu tteffen. Nicht verlesene Anttäge in den Schttftsätzen find für die Fest­ setzung nicht maßgebend. IW. 95,102*. — Die, sei es auch übereinstimmenden Angaben der Patteien über den Stteitwett find für daS Gettcht nicht bindend. IW. 92,38*, 95, 480«, 97,67*, 117«, OLG. 40, 342. Vgl. jedoch IW. 11, 459" (zu berücksichtigen ein von den Patteien im Laufe der Revistonstnstanz geschloffener Vergleich, auS dem erst die wirkliche Bedeutung des RevistonSanttages erhellt). — Der Festsetzungsbeschluß kann jederzeit von Amts wegen geändett (herabgesetzt oder erhöht) werden, auch von der höheren Instanz (§ 18 GKG. n. F ). Jedoch ist die letztere zur Abänderung der von keiner Sette angefochtenen Festsetzung nur dann befugt, wenn die Sache selbst infolge eines Rechtsmittels an ste gelangt ist. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn die höhere Instanz nur mit einer Beschwerde über die Festsetzung des StteitwettS selbst befaßt ist. RG. 14, 862, IW. 93, 488«, 96, 693«, 97, 466«, 02,133«, auch 07, 628» (a. M. OLG. 19, 237, s. auch unten RG. 71, 821). Dagegen ist die Abänderung zulässtg, wenn die Sache infolge der Anfechtung eines KostenfestsetzungsbeschluffeS an die höhere Instanz gelangt ist. RG. (VZS.) 44, 403, Gr. 38, nee, IW. 94, 182«, 99, 8* (entgegen RG. 14, 862, IW. 93, 488*, 97, eos«, 98, 419«). Voraussetzung für die Abänderung durch die höhere Instanz ist ferner, daß das Gettcht der Bottnstanz den Stteitwett durch einen Beschluß gemäß § 18 GKG. n. F. festgesetzt hat. Ist ein solcher Beschluß in der Vottnstanz nicht erlaffen, so kann das Gericht höherer Instanz nicht von fich auS den Stteitwett der Vottnstanz festsetzen. IW. 97, 608«, 98, 576«. Hat die höhere Instanz bereits ein Urteil erlaffen, so kann ste den Stteitwett der Vottnstanzen nur auf Beschwerde einer Pattei, nicht mehr von Amts wegen anderweittg festsetzen. IW. 95, 882«, 96, 74«. Jedoch ist in RG. 71, 321 als Konsequenz von RG. (VZS.) 44, 403 angenommen, daß die Ab­ änderung der Wertsfestsetzungen der unterm Instanzen auch dann zulässtg sei, wenn nach Erlassung deS Urteils die Festsetzung deS Wettes für die höhere Instanz beanttagt werde, da das Wettsfestsetzungsverfahren dem Kostenfestsetzungsverfahren gleichzustellen sei. Ebenso OLG. 19, 237.— Wenn die höhere Instanz auf Beschwerde einer Pattei den Stteitwett festgesetzt hat, kann die untere Instanz diese Festsetzung nicht ändern. RG. 87, 888. Nach OLG. 31, 2 gilt dieS auch, wenn das Reichsgettcht von AmtS wegm den Stteitwett ander- alS die untere Instanz festgesetzt hat. Wohl aber kann die höhere Instanz die von ihr früher tot Beschwerdewege hinsichtlich des StteitwertS der Vottnstanz gettoffene Festsetzung auch von Amts wegen wiederum ändern. RG. 88,877, 87, 383, IW. 96,301», 98, 418*, Gr. 42, 1164. — Die Frage, ob den Prozeß-

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

bevollmächtigten Rechtsanwälten für einzelne Akte ihrer Tätigkeit eine von einem höheren als dem festgesetzten Streitwerte zu berechnende Gebühr zusteht, kann bei der von dem Prozeßgericht in Gemäßheit des § 18 GKG. n. F. zu treffenden Werts­ bestimmung nicht zur Erörterung gezogen werden; ste ist zwischen den Beteiligten im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens oder in einem besonderen Rechtsstreit zum Austrag zu bringen. IW. 95, io«, 98, 348-, 99, 64030, 03, 9«, Gr. 42, nee. Ueberhaupt erfolgt die Wertsfestsetzung nicht für einzelne zu berechnende Gebühren, sondern für das Verfahren der Instanz als solches, wobei es allerdings Vorkommen kann, daß für einzelne Abschnitte des Verfahrens ein verschiedener Wert anzusetzen ist. IW. 00, 46i. — Die Festsetzung des Streitwertes kann nur auf dem Beschwerde­ wege, nicht durch die Erinnerung gegen die Gebührenberechnung nach § 4 GKG. an­ gegriffen werden. OLG. 31, 200. — Die Einlegung der Beschwerde gegen die Festsetzung seitens einer Partei oder eines AnwattS in ihrem Namen kann auch im Anwaltsprozeffe durch Erklärung zum Protokolle des GerichtSschreibers oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Anwalts erfolgen. §§ 18, 4 GKG. Demgemäß kann gegen die Festsetzung des Streitwerts der höheren Instanz auch der bei diesem Gerichte nicht zugelaffene Anwalt der unteren Instanz Beschwerde einlegen. IW. 95, 480», OLG. 19, 253. Wird dagegen die Beschwerde von dem Anwalt gemäß § 12 GO. f. RA. in eigenem Namen eingelegt, so besteht, wenn der Rechtsstreit nicht bei einem Amtsgericht anhängig war, Anwaltszwang im Sinne der §§ 78, 569 Abs. 2ZPO. RG. 10, 374, IW. 94, 514», 02,610», OLG. 19, 253. Der Anwalt muß also, wenn er die Beschwerde bei einem Gericht einlegt, bei dem er nicht zugelaffen ist, fich eines zugelaffenen Anwalts bedienen. IW. 89, 528», 96, 584», 02, eio18, OLG. 19, 253. Es muß aus der Faffung der Beschwerde hervorgehen, daß der Anwalt in eigenem Namen, nicht im Namen der Partei Beschwerde einlegt. IW. 98, 279», vgl. RG. 17, 877, 22, 426, IW. 86, 42«, 87, 328», 94, 594». Im Zweifel ist ersteres anzunehmen; so, wenn nicht erwähnt ist, in weffen Namen Beschwerde eingelegt wurde. IW. 99,439“. Jedoch soll das Gericht, wenn Zweifel bestehen, den Anwalt zunächst befragen. IW. 99,163», 00,124». — Die Beschwerde findet nur gegen den Beschluß statt, durch den die Festsetzung des Stteitwerts erfolgt oder diese Festsetzung im Laufe des Verfahrens von Amts wegen geändett wird. IW. 95,480«, 01, 22s-. Deshalb ist die Beschwerde gegen einen Beschluß, durch den die Anregung einer Partei, die erfolgte Festsetzung des Stteitwerts im Laufe des Verfahrens von Amts wegen zu ändern, avgelehnt wird, nicht zulässtg. IW. 95, 480«. — Für die Beschwerde find auch die nach §§ 568 ff. bezüglich der Beschwerden allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. IW. 97, i7i»2, 466”. Deshalb ist eine Abänderung der Vorentscheidung zum Nachteile des Beschwerdeführers nicht statthaft. IW. 97, 1712«, 466*. Jedoch ist das Gericht der Beschwerde nicht behindert, der in einer neuen Eingabe enthaltenen Gegenvorstellung einer Pattei gegen seine Entscheidung stattzugeben. RG. 37, 383. Vgl. Anm. 6 § 568 darüber, daß die Entscheidungen der Landgerichte über den Streitwett einer weiteren Beschwerde nicht unterliegen. — Ferner ist die Beschwerde einer Partei selbst oder des Anwalts im Namen und Aufttage seiner Partei auf Erhöhung des festgesetzten Streitwerts nicht zulässtg, weil die Partei durch die zu niedttge Festsetzung nicht beschwert wird, RG. 22, 426, IW. 94, 55», 514», 544«, 95, 102», 97, 268», 98, 576”, 99, 439», 08, 67«, 23, 695’, KGJ. 28, b 44; auch nicht, wenn die Partei Sicherheit für Prozeßkosten zu verlangen berechtigt ist (§ 110) und sie die Höhe der Sicherheit nach dem Bettage der ihrem Anwalt zu zahlenden Gebühren berechnet, da die Festsetzung des Stteitwerts auch für die Gebühren der Anwälte gemäß § 11 GO. f. RA. maßgebend ist, IW. 96, 150»». — Dagegen kann der Anwalt der Pattei aus eigenem Recht auf Grund des § 12 GO. f. RA. Beschwerde nur auf Erhöhung deS Streitwerts, nicht auf Herabsetzung einlegen. RG. 22, 425. Jedoch ist die Pattei, deren Anwalt eine Erhöhung des festgesetzten Stteitwerts erwirkt hat, dadurch nicht behindert, ihr eigenes entgegengesetztes Jntereffe zu verfolgen und die Wiederherabfetzung des Stteitwerts in Antrag zu bringen. RG. 37, 884, IW. 96, 75”. Ist umgekehrt auf Beschwerde der Partei der Stteitwert herabgesetzt, so steht dem Anwalt nur in Höhe des Mehrbettages des erstinstanzlichen Beschlusses die Beschwerde zu. IW. 96, 693«. Die Beschwerde steht nur demjenigen Anwalt zu, der an der Erhöhung

Erster Abschnitt. Gerichte. Erster TUel. Sachliche Zuständigkeit. §2.

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des Streitwerts in Ansehung seiner Gebührenforderung ein Interesse hat. IW. 99, 335aDaher nicht dem prozeßbevollmächtigten Anwalt zweiter Instanz gegen die Werts­ festsetzung für die erste Instanz. IW. 99, 335». Auch kann der prozeßvevollmächttgte Anwalt erster Instanz die für die zweite Instanz erfolgte Festsetzung des StreitWerts nur bei Nachweis eines besonderen Interesses anfechten. IW. 97, 672”, 98, 576", 01, 226». Ein solches Interesse liegt vor, wenn die vom Berufungsgericht erlassene Festsetzung bei gleichem Stteitgegenstand auch für die erste Instanz Wirkung äußert. IW. 97, 672*. Nach OLG. 23, 260 soll dem Anwalt die Beschwerde wegen zu niedriger Festsetzung dann nicht zustehen, wenn der Anwatt den Rechtsstrett für stch selbst führt (a. M. IW. 16, 1433"). — Die Beschwerde des Anwalts hat zur Voraussetzung, daß ein besonderer Beschluß bezüglich des SttettwertS vorliegt. Dies ist nicht der Fall, wenn in einem KostenfestsetzungSdeschluß zur Begründung dargelegt wird, daß der Streitwert auf einen geringeren Betrag, alS er der Gebührenberechnung des Anwalts zugrunde gelegt worden, anzunehmen sei. IW. 98, 563", 97, 240". Ueberhaupt hat der Anwalt gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse außer im Falle des § 124 (Armenrecht) im eigenen Namen kein ErinnerungS- oder Beschwerderecht gemäß § 104 Avs. 8, RG. 9, 390, IW. 98, 37», 663“, 94, 9«, 96, 57», OLG. 5, 470, auch nicht, wenn die Gebühren deshalb herabgesetzt sind, weil der Streitwert nicht richttg bemessen sei, IW. 97, 240*, 643», 98, 144*. Die Partei aber kann einen KostenfestsetzungSbeschluß, weil wegen zu niedriger Annahme des SttettwertS die ihr von dem Gegner zu erstattenden AnwaltSkosten zu gering festgesetzt worden, gemäß § 104 Abs. 8 anfechten, IW. 98,344»; jedoch nur, wenn eine WertSsestsetzung durch besonderen Beschluß nicht stattgefunden hat, IW. 96, 699*, 98, 344» (dagegen ver­ neint OLG. 6, 470 das Anfechtungsrecht überhaupt, weil mit Rücksicht auf den Weg des § 107, wonach jede nachttägliche Aenderung der Stteitwertsfestsetzung zum Antrag auf entsprechende Aenderung deS KostenfestsetzungSbeschluffes be­ rechtigt, für eine Anfechtung desselben kein Interesse gegeben fei). Uebrigens kann nach der Nov. v. 1./6. 09 eine Anfechtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses wegen unrichttger Bemessung des SttettwertS, da der Kostenfestsetzungsbeschluß jetzt vom Gerichtsschreiber zu erlassen ist (§ 104 Abs. 1), nur noch in Frage kommen, wenn der Gerichtsschreiber eine Wertsfestsetzung des Gerichtes nicht beachtet oder irrtümlich für nicht erforderlich gehatten hat. Dgl. Anm. 10 § 104. — Die gegnerische Partei ist nicht Beschwerdegegnerin des Anwalts. Daher tteffen die Kosten der Beschwerde des Anwalts, auch wenn zu seinen Gunsten entschieden wird, weder ganz noch zum Teil die gegnettsche Partei. RG. 12, 361, IW. 97, 466*, 98,153», OLG. 19, 237, 40, 341. Die Kosten der zurückgewiesenen Beschwerde (§ 97 ZPO., §§16 Abs. 3, 38 GKG. n. F.) hat der Anwalt, nicht seine Partei zu ttagen. IW. 91, 311", 98, 279*. — Der Streitwert der Beschwerde besteht, wenn ein Rechtsanwalt mtt der gemäß § 12 DGO. f. RA. eingelegten Beschwerde Erhöhung deS SttettwertS beanttagt, in dem Unter­ schiede zwischen dem Bettage der Gebühren, den der Beschwerdeführer im Falle des Erfolges seiner Beschwerde zu beanspruchen haben würde, und dem Gebührenbetrage, der ihm nach dem von ihm angefochtenen Beschlusse nur zukommt, ohne daß es dabei auf die Höhe der Gebühren des Gegenanwaltes ankommt. RG. (BZS.) 46, 402, IW. 00, 146, 147. Dabei kommen nur die Gebühren einer Instanz in Bettacht, auch wenn der Anwalt in mehreren Instanzen Prozeßbevollmächttgter gewesen ist. RG. 46, 365. Wenn die Anwätte beider Parteien Beschwerde einlegen, findet eine Zusammenrechnung der Beschwerdesummen nicht statt. RG. 61,173. Wenn die Partei selbst Herabsetzung des festgesetzten Wettes des Stteitgegenstandes verlangt, besteht der Sttettwert hr dem Unterschied zwischen denjenigen beiden Kostenbettägen, die stch ergeben, je nachdem die Kosten (Gerichtskosten und Anwaltsgebühren) nach Maßgabe des vom Beschwerdeführer in Anttag gebrachten oder des festgesetzten Stteitwetts berechnet werden. IW. 97, 136« Gr. 41, 1135. 2 §§ 23 Nr.l, 71 GBG. n. F.; nur bei vermögensrechtlichen Ansprüchen. — Der Wert ist in der Klage anzugeben: §§ 263 Abs. 8, 496 ZPO. — Stillschweigende Prorogation: §§ 38, 89 ZPO. 3 Und § 148 KO. (Verhältnis der Teilung-- zur Schuldenmasse zu berücksichtigen) * Sie gelten auch für die Berechnung: deS Beschwerdegegenstandes: §§ 511a, 646, 667 Abs. 2; deS Gegenstandes der Verutteilung: § 709 Nr. 4 (VollstreckbarkeitSZtvtlprozeßordnung.

18. Aust.

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A. II. Zivilprozeßordnung.

erklärung);

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

deS der (vevührenverechnung zugrunde zu legenden Werts:

§9 GAG.,

i 10 GO. f. RA.

Wert deS Streitgegenstandes.

3. Der Wert des Streitgegenstandes* wird von dem Gerichte nach freiem Ermessen* festgesetzt? dasselbe kann eine beantragte Beweisaufnahme^ sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung

durch Sachverständige anordnen. i WaS Gegenstand deS Streites ist, richtet fich nach dem in dem Klaganttage enthaltenen Begehren des Klägers (Wider-, Berufungs- oder Revistonsklägers in dem eigentlichen Prozeßverfahren, Antragstellers in den nicht durch Klage eingeleitetm Verfahrensarten), ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung, die der Kläger dem Anträge beimitzt, auf sein bloß mittelbares wirtschaftliches Jntereffe tat Gegen­ satz zu seinem unmittelbaren Patteiintereffe, RG. 93,130, IW. 96, 248", 98, 109», 00, 520», W. 11, 300; eS ist aber die Begründung der Klage alS Auslegungsmittel zu berücksichttgen, IW. 98, 2». — Die Einwendungen deS Beklagten kommen nicht in Bettacht. IW. 93, 73», 98, 68», 848», 00, 47», W. 11, 300. Ebensowenig, ob Be­ klagter durch Zugeständniffe den Umfang des Streitstoffs mehr oder minder verringett. IW. 90, 2551, 91, 411», 93,466’, 00, 47», Gr. 44, 1144. Auch wenn nur Prozeß,

hindernde Einredm erhoben werden, ist der Stteitwert des KlaganspruchS maßgebend, sei eS auch, daß über die Einreden in einem besonderen Zwischenstreit verhandelt und entschieden wird. RG. 40, 416. Bringt aber der Kläger selbst von vornherein eine Gegenforderung deS Beklagten aufrechnungsweise in Abzug, so bildet nur der in der Klage verlangte Ueberschuß den Stteitgegenstand. IW. 87, 87». — Bei alternattven Klagen ist, wenn dem Kläger die Wahl zusteht, die höhere, wenn der Beklagte die Wahl hat, die gettngwerttgere Alternattve entscheidend. RG. 55, 81, IW. 90, 24», 97, 145», 99, 71», 02,130", 06, 431", W. 08, 153 — Bei prinzipalem und zugleich eventuellem (Klage- oder Widerklage-) Anttag ist der höhere Wert des einen oder des anderen Anttags maßgebend, IW. 91, 465», 93, 467*, 00, io», 01, 717», 11, 222», Gr. 45, 647, W. 08, 153, 15, i9i, auch RG. 58, 295, IW. 91, 805», 95, 4», 97,190«, 03,174», 04,473*», auch wenn der Fall, für den der eventuelle Anttag geltend gemacht worden, nicht eingetteten ist, Gr. 45, 647, (IW. 00,10»). Wenn jedoch nur der erstere, nicht auch der letztere Anttag in die höhere Instanz gediehen ist, ist der Stteitwert der höheren Instanz nur nach dem Wette des ersteren zu bemesien, selbst wenn der Wett des letzteren höher ist. IW. 97, 49». — Zweite Klaganträge, die keinen selbständigen DermögenSwert haben, oder die nur zur Rechtfettigung der anderen Klaganttäge dienen, bleiben bei der Berechnung des Stteitwerts außer Bettacht. RG. 8, 390, IW. 91, 411«, 92, 270», 94, 572». Dies gilt auch hinsichtlich der mit der Pfandklage verbundenen persönlichen Klage, der mit der Leistungsklage verbundenen Feststellungs­ klage (z. B. im Falle der Widerspruchsklage aus § 771 ZPO.), des mit dem Leistungs­ anspruche verbundenen Anspruchs auf Sicherstellung, IW. 92,372»», 96, 270», W. 08, 681, OLG. 18, 68, sowie der mit Anttägen auf Leistung verbundenen Anttäge auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Fällen der §§ 787, 739, 748, 745, 748 ZPO. (gegen den Nießbraucher, Ehemann usw.). Ferner bleibt bei Bemeffung des StteitwettS außer Bettacht: der Anspruch auf Abnahme der Ware neben dem auf Zahlung des Kaufpreises, IW. 95, 222»; der Anspruch auf Rückzahlung des Kauf. Preises neben dem auf Rücknahme der Ware, IW. 97, 2», OLG. 33, 15; der An­ spruch deS Beklagten in höherer Instanz auf Rückzahlung des beigettiebenen Bettages neben der Klageforderung, RG. 28, 351; der Anspruch deS Klägers in höherer Instanz auf Einwilligung in die Rückgabe der behufS Zwangsvollstreckung hinterlegten Sicherheit neben dem ursprünglichen Klaganspruch, RG. 81, 380. Vgl. Anm. 1 § 6 ZPO. (keine mehreren Ansprüche). Neben der Klage des unehelichen KindeS auf Zahlung von Alimenten (§ 10 GKG. n F.) bleibt ein Anttag auf Anerkennung der Vaterschaft außer Bettacht, wenn er sich lediglich alS Feststellung einer Voraus­ setzung für den ersteren Anspruch darstellt. Hat er aber nach der Begründung der Klage eine selbständige Bedeutung, so ist für die Berechnung des DtrettwettS beider Ansprüche $ 11 Abs. 1, 2 GKG. n. F. maßgebend. Dgl. OLG- 4, 895, b, 43, IW.

Erster Abschnitt. Gerichte.

Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit. §3.

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02, 61, 63, 48k. — Bei positiven Feststellungsklagen (§ 256) ist der Streitwert in der Regel gleich dem des Leistungsanspruchs, RG. 66, 424, IW. 85, 193», 86*, 313* 89, 401*, 92, 111, 93, 466-, 07, 837«, 21,12kl*, Gr. 29,1047, auch RG. 25, 366 (Fest­ stellung einer Bürgschaftsschuld)) ist jedoch die Forderung, auf deren Feststellung geklagt wird, nicht summenmäßig angegeben, so ist der Wert des Anspruchs nach fretem Ermessen festzusetzen, RG. 66, 424, IW. 98,197*, 01, 57*, auch W. 13, ua (eine aus $ 844 Abs. 2 BGB. oder § 10 Abs. 2 KraftFahrGes. erhobene unbezifferte Feststellungsklage). Handelt es sich daher um einen Anspruch mit Teilleistungen, die stch in die Zukunft auf längere Zeit erstrecken und in ihrem Umfange von wechselnden Verhältnissen abhängig sind, so ist nicht der Betrag aller künftigen Leistungen maßgebend, sondern der Streitwert nach freiem Ermessen zu bestimmen. RG. 66, 424, IW. 11, 817«, 947", OLG. 23, 78, 37, 82, 41, 240 (anders RG. 57, 411, vgl. Anm. 8 § 9 ZPO.). Letzteres gilt auch dann, wenn nur die Fest­ stellung begehrt wird, daß eine Forderung zu einer gewissen Zeit bestanden habe. IW. 05, 206*1. Bei negativen Feststellungsklagen (auf Feststellung des Nichtbestehens einer Schuldverbindlichkeit) ist der ziffernmäßige Betrag desjenigen Anspruchs maß­ gebend, dessen stch der Beklagte nach Angabe des Klägers (die allein und ohne Rücksicht auf die Verteidigung des Beklagten in Betracht zu ziehen ist) berühmt hat. RG. 12, 361, 71, 69, IW. 85, 121-, 86, 88*, 293*, 87, 416*, 89, 401*, 05, 401”, 11, 816”, W. 17, 281. Der Betrag dieses Anspruchs ist in voller Höhe auch dann maßgebend, wenn gegen mehrere untereinander ausgleichungspflichtige Gesamt­ schuldner ein Anspruch behauptet wird und nur einer von ihnen auf Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs klagt. OLG. 33,15. Klagt der Kläger auf Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung, weil er Vertragserfüllung nicht mehr beanspruchen kann und will, so ist für den Wert einer Widerklage des Beklagten auf Feststellung, daß eine Lieferungspflicht für ihn nicht bestehe, das Interesse des Beklagten an dem Nicht­ bestehen des Ersatzanspruchs des Klägers maßgebend, aber nicht nur in Höhe der Klageforderung, sondern in Höhe des ganzen nach Behauptung des Klägers durch die Nichtlieferung entstandenen Schadens. OLG. 41, 242. Bei einer Klage auf Fest­ stellung der Nichtigkeit eines Versicherungsvertrages ist der Wert gleich der Ver­ sicherungssumme, die der Versicherer beim Jnkraftbleiben des Vertrags an den Ver­ sicherten zu zahlen haben könnte. IW. 20, 68*. Ist eine bestimmte Summe nicht angegeben, so ist auch hier der Wert des Anspruchs nach fretem Ermessen zu schätzen. IW. 98, 197*, 00, 179*, 01, 57*, 02, 253«, 05,401”, 06, 755«, Gr. 46, 1041, W. 13, ne, auch OLG. 15, 51, 31, 4. Dies gilt auch, wenn auf Fest­ stellung der Verpflichtung zum Ersatz „allen" durch einen Unfall erlittenen Schadens geklagt ist. W. 12, 42. Die erhobenen Einwendungen kommen in keinem der vorgenannten Fälle der Feststellungsklagen in Betracht. IW. 93, 466-. Hat die Klage nicht das Bestehen oder Nichtbestehen der Forderung an stch, sondern nur die Art und Weise der Erfüllung (z. B. den Erfüllungsort, die Zeit der Fälligkeit) zum Gegenstände, so ist, auch wenn die Forderung auf einen bestimmten Betrag gerichtet ist, der Wert nach freiem Ermessen zu bestimmen. IW. 93, 466-. — Den Streitwert des Zwischenstreits über die Zulässigkeit derNedenintervention(871) bildet nicht der Klaganspruch, sondern das Interesse des Nebenintervenienten an seiner Zulassung. OLG. 25, 63 (a. M. OLG. 27, 31, 35, 163, jJW. 18, 741*]). — In einem Zwischen­ streit über die Verpflichtung zur Stellung einer Sicherheit (§ 112) entspricht der Streit­ wert dem Werte des Streitgegenstandes der Klage. RG. 40, 416. Auf den Betrag der verlangten Sicherheit kommt es nicht an. IW. 98, 657*. — Bei Urteilen über den Grund des Anspruchs (§ 304 ZPO.) ist der Streitwert gleich dem des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs, ohne Rücksicht darauf, inwieweit der geforderte Betrag später zuerkannt wird, JW.^ 96, 596-; dies gilt auch für die lediglich mit dem Grund des Anspruchs befaßte zweite Instanz, IW. 98, 385*. — Der Streitwert der BeweiSficherung (§ 485) ist in der Regel gleich dem Werte des geltend gemachten Anspruchs zu bemessen. OLG. 19,50. — Bei Klagen aus Wiederaufnahme des verfahren-(88 578 ff.) ist der Streitwert niemals höher als der der Hauptsache, auch wenn Hauptgeld nebst Zinsen und Kosten zurückgefordert wird. Gr. 54, les, (W. 09, 544). — Bei Klagen, durch welche geltend gemacht wird, eS sei dem Urteil im Vorprozeß genügt und daher die Zwangsvollstreckung auS dem Urteil einzustellen (§ 767 ZPO.), ist der Streitwert 2*

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Zivilprozeßordnung.

Erste- Buch.

Allgemeine Bestimmungen,

derselbe wie im Vorprozeß, IW. 95,1971, OLG. 15, 4, es sei denn, daß die Vollstreckungsgegenklage sich nur gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung wegen eine­ angeblichen Reste- oder Teiles des Urteilsanspruches richtet, in welchem Falle nur der Betrag des Restes oder Teiles den Streitwert bildet, OLG. 23,159,31,8. Dagegen ist, wenn lediglich Herausgabe des vollstreckbaren Titels wegen Tilgung der voll­ streckbaren Forderung verlangt wird, der Streitwert nach freiem Ermessen abzuschätzen. Gr. 41, 1161, OLG. 15, 4. Der Streitwert eines Antrags aus Rückerstattung deS vom Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung Geleisteten gemäß § 717 Ads. 2, 3 ZPO. ist niemals höher als der deS Prozefles, insbesondere sind zu den bei­ getriebenen Beträgen, die zurückgesordert werden, nicht Zinsen oder Kosten hinzuzurechnen. Gr. 53, nie, IW. 09, 23", OLG. 15,157, auch 23, 76 (über die Frage der Zusammenrechnung eines Schadensersatzanspruchs aus § 717 Avs. 2 mit dem den Streitgegenstand bildenden Anspruch in der Rechtsmittelinstanz vgl. Anm. 2 § 6, Anm. 4 Abs. 5 § 546). — Bei einstweiligen Verfügungen ist der Streitwert nicht stets dem der Hauptsache gleich, vielmehr bildet der letztere nur die Maximalgrenze. Es ist der Streitwert für die Anordnung der einstweiligen Verfügung nach dem Interesse zu bemessen, das der Antragsteller an der sofortigen Sicherung der Jndividualleistung oder an der Regelung des einstweiligen Zustandes hat, RG. 7, 395, 15, 434, 16, 838, 22, 128, 425, 34, 405, Gr. 49, 456, IW. 89, 39t, 90, 71, 96,11, 97, 1051, 181«, 206», 417-, 99, 176«, 739-, 03, 125«°, 174-, 05, 233", 500--, 23, 696°, OLG. 33,135, 39,29, 41, 242, während, wenn der Beklagte Aufhebung der angeordneten einstweiligen Verfügung verfolgt, sein Interesse an der Befreiung von der Ver­ fügungsbeschränkung maßgebend ist, IW. 00, iso», 03, 174-, 05, 113«», 233«°, 500 ", W. 08, 433 (a. M. OLG. 41, 240). Vgl. auch Anm. 3 § 6 ZPO. Auch wenn die einstweilige Verfügung die vorläufige Räumung eines Grundstückes zum Gegen­ stände hat, kommt nicht § 6 zur Anwendung, sondern ist gemäß § 3 ZPO. der Streitwert nach freiem Ermessen zu bestimmen. Gr. 51, 401, OLG. 19, so, 37, 84, Anm. 1 § 6. — Bei Anträgen, welche die Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters oder ähnliche zur Vorbereitung eines schiedsrichterlichen Verfahrens dienende Vorgänge betreffen (§ 1045), ist der Streitwert zwar unter Berück­ sichtigung des der Entscheidung des Schiedsgerichts zu unterbreitenden Anspruchs, aber erheblich geringer zu bemessen. RG. 41, 862, OLG. 19,166. — Bei Anträgen auf Erklärung der Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs (§ 1042) ist der Streitwert identisch mit dem deS Schiedsspruchs selbst. IW. 96, 685-. — Bezüglich des Streitwerts der höheren Instanzen ist das Interesse der Partei, die das Rechtsmittel eingelegt hat, an der Verfolgung des letzteren maßgebend. Gr. 44,1144, (IW. 00, 47°), W. 11, 300. Solange noch kein Rechtsmittelantrag gestellt ist, bestimmt sich der Streitwert eines Rechtsmittels danach, inwiewett in der unteren Instanz gegen den Antrag des Rechtsmittelklägers erkannt ist. RG. 17, 374, 25, 380, IW. 96, 8021®, 97, iss«, 98, 144», 08,174*. Ist ein Antrag gestellt, so ist das Interesse deS Rechtsmittel­ klägers hieran maßgebend, auch wenn dieser der Beklagte ist. RG. 16, 342, 47, 420, 63, 99, IW. 94, 542«, 95, 181-, 537«, 96,11, 74--, 97, 57«, 287°. Jedoch darf, auch im letzteren Falle, der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht über den sich nach dem Interesse deS Klägers richtenden Wert des Streitgegenstandes hinaus bemessen werden, weil der Beklagte fich nur darüber beschweren kann, daß die Klage auf den Streitgegenstand nicht in demselben Umfange, wie er beantragt hatte, ab­ gewiesen worden ist. Zitate in Anm. 2 § 546. Ueber die Ausnahme im Falle des § 7 ZPO. s. Anm. 4 § 546. Wird nach Zurücknahme des Rechtsmittels bean­ tragt, den Zurücknehmenden in die Kosten zu verurteilen und ihn des Rechtsmittels für verlustig zu erklären, so ist der Wert der Hauptsache maßgebend. IW. 94,85«-. — Ist ein Urteil in höherer Instanz aufgehoben und die Sache in die Vorinstanz zurückverwiesen, so ist, wenn unterdes keine Aenderung eingetreten ist, der Streit­ wert nach der Zurückverweisung derselbe wie vorher. IW. 97, 77-. 2 Ist Zahlung einer bestimmten Summe oder Befreiung von einer Schuld in bestimmter Summe verlangt, so ist diese maßgebend, nicht das materielle Interesse der Partei, auch wenn die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist oder die Partei selbst zu erkennen gibt, daß ihr Interesse geringer ist, als was nrit ihren Anträgen verlangt wird. RG. 5, 409,12,155, IW. 82, 90, 89, 499, 90, 369,

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Gerichte.

96, 5962, 98, 3851, OLG. 19, 242.

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Sachliche Zuständigkeit.

§ 3.

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Maßgebend ist dabei'ferner lediglich der im Klag­

antrag wirklich verlangte und bezifferte Vettag und ist eine Erklärung in der Be­ gründung, es werde von der Forderung dieser Betrag mindestens verlangt, für den Stteitwert belanglos, solange nicht der Antrag erweitert ist. W. 12, 226. Auch bei Einklagung einer auf einen Geldbetrag gerichteten Nachlaßforderung ist die Höhe der beanspruchten Summe maßgebend, wenn der Alleinerbe oder wenn bei einer Mehr­ heit von Erben ein Miterve (nicht in Geltendmachung seines Individualrechts, sondern) auf Grund Vollmacht der anderen Mtterben tn Vertretung der Erben­ gemeinschaft Klage auf Zahlung der Schuld (an ihn selbst, nicht zur Nachlaßmaffe) erhebt. RG. 93, 129, Gr. 61, v50 (anders bei der Klage eines Miterben nach § 2039 BGB., s. unten). Bei einer Klage auf Gewährung der Darlehnssumme wird jedoch der Streitwert durch das Jntereffe begrenzt, das der Kläger an dem Zustandekommen des DarlehnSvertrageS hat. OLG. 25, 43. Bei Klagen auf Zahlung in ausländischer Valuta ist nach § 4 der Kurswert im Zeitpunkte der Klagerhebung maßgebend, IW. 22, 514", 1138',«, 11421«, 23, 57«, 524',«, 945", OLG. 42, 2 Anm. (a. M. IW. 21,14631, 22,171«: nach § 244 Abs. 2 BGB. sei für den Kurswert der Zeitpunkt der tatsächlich erfolgenden Zahlung und demnach für die Streitwert­ festsetzung der jeweils zur Zeit geltende Kursstand maßgebend), und zwar der Kurswert am Erfüllungsort, IW. 22, 113 8', jener auch dann, wenn der Kläger gleichzeitig mit jenem Hauptantrag den Alternativ- oder Eventualantrag stellt, den Beklagten zur Zahlung der in ausländischer Valuta ausgedrückten Summe „in MarkWährung zum Tageskurse" zu verurteilen, IW. 22, 1138«, 28, 191«, 521«, 525», 951«, auch RG. 98, 86,--1 (a. M. OLG. 41, 239, IW. 23, 192»,», 520-). Wird dagegen der Antrag auf Zahlung in Reichsmark erst im Laufe des Rechtsstreits gestellt, so ist für die Festsetzung seines Werts der Kurswert am Tage der Antragstellung maßgebend. IW. 23, 191», 94511 (a. M. IW. 23, 953«). — Auch sonst ist im allgemeinen das Jntereffe des Kläger- (Wider-, Berufungs- oder RevifionSklägers),' nicht deS Beklagten (Wider-, BerufungS- oder RevtstonSbeklagten) maßgebend, also was vom Kläger begehrt, nicht, waS vom Beklagten eingebüßt wird. RG. 16, S4S, 24, 428, 88, 427, 45, 402, 93, 129; auch Anm. 1 unter „höhere Instanzen". Jedoch bleibt der wirtschaftliche Nutzen, den der Kläger davon erwartet, daß er tn den Besitz des Klagegegenstandes gelangt, außer Betracht, IW. 00, 520», und ist über­ haupt von dem bloß mittelbaren wirtschaftlichen Jntereffe des Klägers avzusehen, RG. 93, iso, auch Anm. 1 a. A. Im üvttgen ist das Jntereffe des Klägers auch dann maßgebend, wenn die von ihm vegehtte Entscheidung auch Rechtsfolgen für andere an dem Rechtsstreite nicht beteiligte Personen "nach sich zieht (z. B. bei Anfechtung eines Generalversammlungsbeschluffes einer Akttengesellschast durch einzelne Akttonäre oder eines Gewerkschastsbeschluffes durch einen Gewerken). RG. 24, 428, 48, 381, IW. 06, 476». Ueber Unmaßgeblichkeit der Patteiangaben über den Wert vgl. Anm. 1 § 2. — Bei Klagen auf Erfüllung gegenseittger Verträge entscheidet der Wett der gefordetten Leistung ohne Abzug der Gegen­ leistung, auch wenn der Kläger sich zu letzterer (z. B. Zahlung des Kaufpreises) er­ bietet, oder Erfüllung Zug um Zug gegen die schuldige Gegenleistung verlangt. RG. 5, 410, 46, 422, IW. 97, 267-, 4001, 99, 4821, 00, 447», 827», auch OLG. 35, 188 (bei Klage aus Milchlieferungsverttag Wett der zu liefernden Milch; anders OLG. 35, 23: Verdienst beim Weiterverkauf der Milch). Ebensowenig findet eine Zu­ sammenrechnung des Wertes der geforderten Leistung mit dem der Gegenleistung statt, auch wenn der Kläger ausdrücklich Verurteilung des Gegners zur Annahme der Gegenleistung begehrt. IW. 95, 2221. Klagt der Käufer auf Herausgabe der Kaufsache oder im Falle des GrundstückskaufS auf ErteUung der Auftastung, so kommt § 6 ZPO. zur Anwendung und ist der Wert der Kaufsache (des Grund­ stücks) maßgebend. IW. 98,467«, 99, 6941, 00,10, 02, esoi, 20,394«, Gr. 44,1146, OLG. 19, 48, 33, 17, auch Anm. 1 zu § 6 ZPO. Klagt der Verkäufer lediglich auf Abnahme der Kaufsache oder im Falle des GrundstückskaufS auf Entgegennahme der Auftastung, so bestimmt sich der Stteitwett nicht nach dem Werte der abzunehmenden Kaufsache (des aufzulaffenden Grundstücks), sondern ist das Jntereffe deS Klägers an Abnahme (Entgegennahme der Auflassung) maßgebend, das gemäß § 8 ZPO. nach stetem Ermessen zu schätzen ist; § 6 ZPO. ist nicht anwendbar. RG. 57, 400, IW. 99, 7891,

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A. II. Zivilprozeßordnung. ? Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

01, 718*, 05,24", 06, 688*, Gr. 84,1138, 51,399, OLG. 19,48, 21,59, 39,27 Sinnt. Bei der Schätzung ist der Wert der vom Käufer noch zu entrichtenden Leistungen in Betracht zu ziehen. IW. 99, 7391, 01, 718«, 05, 24", Gr. 84, 1138 (anders: OLG. 21, es, wonach im Falle der Klage auf Abnahme fortlaufender Lieferungen von Milch der Gesamtpreis der Lieferungen maßgebend sein soll, weil es sich um einen Streit über Erfüllung des ganzen Vertrages handle; OLG. 29, 8, wonach für einen An­ spruch auf Abruf gekaufter Waren beim Sukzesstvlieferungsvertrag der Streitwert sich nach der Zahlungspflicht des Käufers bestimmen soll). Wird bei der Klage auf Entgegennahme der Auflasiung die Sicherstellung des Restkaufpreises zum Gegenstand eines besonderen Antrags gemacht, so kommt bezüglich der Auflasiung kein selbständiger Streitwert in Betracht, da der erste Antrag zum zweiten im Verhältnis einer not­ wendigen Voraussetzung desselben steht; es liegt insoweit bei beiden Anträgen nur das Begehren einer einheitlichen Leistung vor, so daß sie nicht zusammengerechnet werden können. OLG. 39, 27, tont. 1 § 5. Bet der Klage auf Entgegennahme der Auflasiung unter Uebernahme von Hypotheken ist daS Jntereffe des Klägers hinsichtlich der Uebernahme weder stets dem vollen Nennwerte der Hypotheken gleichzusetzen noch stets niedriger als das zu sichernde Kapital zu schätzen, sondern es ist auch insoweit § 8 anzuwenden (Festsetzung nach freiem Ermesien). OLG. 39, 26. Wenn Käufer und Verkäufer unter gegenseitiger Behauptung des Verzuges der Gegenpartei Klage und Widerklage auf Erteilung bzw. Entgegennahme der Auflasiung erheben, richtet sich der gesamte Streitwert nach dem Werte des gekauften Grundstücks. § 6, IW. 97, 2«. — Geht ein Klagantrag dahin, einen gegenseitigen Vertrag (z. B. wegen arglistiger Täuschung) für aufgehoben oder für nichtig oder (z. B. zufolge berechtigten Rücktritts) für unverbindlich zu erklären, so ist für die Bemessung des Streitwerte- dieses Antrag(abgesehen von dem Streitwert der etwa außerdem zurückverlangten Leistungen) daS Jnteresie des Klägers am Nichtbestehen des Vertrags maßgebend und zwar in der Weise, daß die Vorteile und Nachteile, die der Kläger einerseits bei Auf­ hebung, anderseits bet Fortsetzung des Vertrages zu erwarten hätte, in Betracht zu ziehen find (z. B. daß er für den festgesetzten Kaufpreis nicht den mangelhaften Kaufgegenstand zu übernehmen braucht), RG. 40, 407, 52, 427, 66, 330, Gr. 49, 1005, IW. 94, 5721, 99, 27', 871, 482», 00, 1791, 746», 03, 31, OLG. 2, 432, 11, 166, 17, 75, 23,66; nicht ist für einen solchen Klagantrag der Wert oder der vertragliche Preis der verkauften Sache maßgebend, RG. 52, 427, IW. 00,1791, 02, 248», 253lT, 630l, OLG. 11, 166, 15, 49, 17, 79, 19,48, 21,60, 29, 222, auch sind nicht die Werte der beiderseits zu bewirkenden Rückleistungen zusammenzurechnen, RG. 46, 422, OLG. 19, 48, vgl. IW. 99, 276*. Insbesondere ist für einen Klagantrag auf Erklärung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages das Jntereffe des Klägers daran maß­ gebend, daß er den Vertrag nicht zu erfüllen braucht, vielmehr einen Anspruch auf Rückgabe des.dem Käufer übergebenen Grundstücks hat, anderseits den Kaufpreis zurück­ zahlen muß. RG. 66, 330, OLG. 37, so. — Bei der Klage des Vermieters auf Räumung wegen Ablaufs der Mietzeit ist der Wert nach freiem Ermeffen zu bestimmen, wenn der Kläger den Räumungsanspruch darauf stützt, daß die vertragsmäßige Mietzeit avgelaufen sei. OLG. 85, 24. Anders, wenn zugleich das Bestehen oder die Dauer deS Mietverhältnisies den Gegenstand des Rechtsstreits bildet. Vgl. tont. 2 § 8. — Bet Klagen aus Teilung einer Gemeinschaft (z. B. einer Erbschaft) ist der Betrag desjenigen maßgebend, was der Kläger schließlich (z. B. als Erbteil) erlangen will, IW. 95, 5371, sofern nicht bloß über die Art oder den Zeitpunkt der Teilung gestritten wird, IW. 94, i$3*. — Ebenso ist, wenn ein MUerbe sein Individualrecht (nach § 2039 BGB.; anders bei Klagen in Verttetung der Erben­ gemeinschaft, RG. 93,129, Gr. 61, 950, s. oben) auf Zahlung einer Nachlaßforderung zur Nachlaßmasie (Hinterlegung) oder an alle Erben geltend macht, der Sttettwert nicht nach dem Bettage der Forderung, sondern in der Regel nur nach dem der Erbquote entsprechenden Teil zu bemessen. RG. 38, 422, 93, 127, Gr. 48, ioss, 53, 1094, IW. 02,3918, 03,26", 17, 721»°, W. 08, 661, 12, 274, 17, 184. Dies gilt auch für eine Klage auf Herausgabe von Hypothekenbriefen zur Nachlaßmasie. OLG. 35, 23. Dabei ist es gleichgültig, ob das Verlangte hinterlegt ist und bleibt oder auSgezahlt werden soll, und ebenso, ob in dem Wortlaute des KlagantrageS zum Ausdrucke gebracht worden ist, daß Gegenstand des Stteites nur der Anteil eines der

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mehreren Miterben ist, sofern dies nur aus dem die Klage stützenden Tatbestands deutlich erhellt. W. 12, 274. Desgleichen ist das Erbquoten-Jntereffe des Mit­ erben maßgebend, wenn er gegen den anderen Miterben auf Einwerfung einer Sache in den Nachlaß oder auf deren Herausgabe behufs Teilung oder auf Anerkennung der Zugehörigkeit der Sache zur. Nachlaßmasse klagt, RG. 83, 427, IW. 96, 412», 583», 98, 474», 99, 672-, 700", 00, 47», 01, 717», 02, 362«, Gr. 43, 1215, 44,1144, auch 68, 1093, oder auf Aufstellung und eidliche Erhärtung eines Nachlaßtnventars, IW. 91, 509», 98, 279», OLG. 23, 68, oder wenn er auf Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Nachlasse von seinen Miterben in Anspruch genommen wird, IW. 04, 237», Gr. 48, 1083. Klagt ein Miterbe gegen den anderen Mtterben auf Herausgabe von Wertpapieren, so ist nicht der gesamte Wert der Papiere, sondern der dem Erbanteil des Klägers entsprechende Teil des Wertes maßgebend. OLG. 27,12. Auch wenn der Grundstückseigentümer gegen einen der mehreren Erben aus Löschung einer für den Erblasser eingettagenen Hypothek klagt, ist der Anteil des Erben, nicht der Bettag der ganzen Forderung maßgebend. IW. 91, 551», (99, 834»), Gr. 43, 1215. Klagt der Käufer eines von mehreren Mit­ erben verkauften Grundstückes auf Auflassung gegen nur einen Mtterben, so ist nicht der Wert des Grundstückes nach § 6, sondern der dem Erbanteil des Beklagten ent­ sprechende Teil deS Wertes maßgebend. OLG. 17, 78, 23, 67, 25, 42. Das gleiche gilt, wenn Erben eines GrundstückskäuferS, die zugleich auch mit dem Beklagten zusammen Erben deS Verkäufers find, vom Beklagten Erteilung der Auflassung an einen Dritten verlangen, dem das Grundstück wetterverkauft ist. OLG. 21, 62. Auch wenn auf Abttetung einer zum Nachlaß gehörigen Hypothek gegen einen der mehreren zur Abttetung verpflichteten Erven geklagt wird, bildet nicht der volle Wert der Hypothek, sondern der dem Erbanteil entsprechende Wertsteil den Streitwert. OLG. 23,67. Ueberhaupt findet bei Klagen eines von mehreren Miterben in Geltendmachung seines Individualrechtes (nach § 2039 BGB.) § 6 keine Anwendung. RG. 93, ias. — Bet der Klage der Eheftau gegen den als Alleineigentümer im Grundbuch eingettagenen Ehemann auf Einwilligung in ihre Mtteintragung als Eigen­ tümerin in ehelicher Gütergemeinschaft ist der Wert nicht gleich dem Werte des Grundstücks, sondern niedriger zu veranschlagen. OLG. 39, 28. Wird auf Aufhebung einer ehelichen Gütergemeinschaft geklagt, so bemißt sich der Sttettwert nach dem Interesse deS Klägers daran, daß die Gemeinschaft nicht länger besteht. OLG. 16, 52. — Bei Klagen eines Gesellschafters gegen den anderen auf Befreiung von Gesellschastsschulden gegen sein Ausscheiden auS der Gesellschaft bildet der Gesamtwert der Schulden den Sttettwert. IW. 98, 2», 01, 395«. Handelt es sich um Anerkennung der Teilhaberschaft, so bemißt fich der Sttettwert nach dem Interesse des Klägers daran, daß er Teilhaber an dem Gewinne der Gesellschaft wird. IW. 98, 597», auch 02, 130». Dgl. auch IW. 02, 891» (Klagen gegen einen von mehreren Gesellschaftern auf Feststellung deS Anteilrechts), 94, 170-, 01, 395», OLG. 9, 5v, 25, 124, 31, 5 (Klage auf Auflösung einer Gesellschaft seitens eines Gesellschafters), 31, 4 (Klage auf Ausschluß eines Gesellschafters aus der Gesellschaft), 25, 48 (Klage auf Feststellung des FottbestehenS eines VerttageS im Falle der Ltquidatton der beklagten Gesellschaft nach Klagerhebung), 29, 7 (Klage auf Fest­ stellung der Unwirksamkeit der Kündigung einer Kommanditgesellschaft). — Bei Klagen, die auf Rechnungslegung oder auf Errichtung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Vorlegung von (Beweis-) Urkunden, insbesondere beweiserheblichen (Geschäfts-) Büchern, oder auf Leistung deS Offenbarungseides gemäß §§ 269,260, 2006,2028, 2067 BGB. gerichtet find oder sonst einen die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs vorbereitenden Charakter haben (z. B. Auskunfterteilung), ist der Sttettwert nach stetem Ermessen unter Berücksichtigung des Interesses des Klägers an dem zu gewährenden Anspruchsbegründungsmittel festzusetzen, IW. 89, 824», 90, 409», 91, 509», 94, 542», 96, 2», Gr. 88, 1138, 54, lios, W. 08, 86, 421, 09, 41, OLG. 4, 266, 11, 45, 23, iss, auch 29,10 (Antrag auf Sequestierung einer beweglichen Sache); jedoch find dabei die dem Kläger bereits bekannten Tatsachen nicht mit in Bettacht zu ziehen, Gr. 83, 1129, IW. 97, 227». Vgl. OLG. 27, 15 (Klage auf Rechnungs­ legung und AuSkehr deS Guthabens nach § 254). — Bei Klagen auf Herausgabe (im Gegensatz zu „Vorlegung") von BeweiSurkunden (z. B. Schuldscheinen, Hypotheken-

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A. II. Zivilprozeßordnung.

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urkunden, Wechseln, auch vollstreckbaren Urkunden) ist der Streitwert nicht stets gleich dem Betrage der in den Urkunden verbrieften Forderungen, sondern je nach den Um­ ständen gemäß dem Interesse des Klägers an der Herausgabe zu bemessen. RG. 2, 403, OLG. 11, 44 (Geschäftsbücher), Gr. 29, 418, IW. 84, 298", 91, 3842, 99, 276«, 06, 113», OLG. 15, 46 Anm. (Wechsel), Gr. 80, lioo, IW. 94,239«, 97, 446«, W. 10, 397, OLG. 25, 124 (Hypotheken- und Grundschuldbriefe, s. dazu Anm. 5 § 6; anders OLG. 14, 115, 15, 48), IW. 94, 193- (Schuldscheine), RG. 22, 411, 28, 182, 87, 415, OLG. 9, so, 15, 47, 23, 73, 29, 8 (Lebensverstcherungspolizen), Gr. 41, 1151, OLG. 15, 4 (vollstreckbare Urkunden), OLG. 16, 47 (Testamentsurkunde). Dies gilt auch, wenn der Kläger Beschaffung der Urkunden zur Löschung einer Hypothek verlangt, deren Auszahlung er vornehmen will und der Beklagte entgegen­ zunehmen verpflichtet ist. OLG. 17, 78. Ferner ist bet Klagen, mit denen der wirk­ liche Erve gemäß § 2362 Abs. 1 BGB. die Herausgabe eines angeblich unrichtigen Erbscheins an das Nachlaßgericht verlangt, der Streitwert nicht nach dem Inter­ esse des Klägers an Feststellung dieser Unrichtigkeit, sondern nach dem Interesse zu bemessen, das der Kläger gerade an der Herausgabe des Erbscheins hat. IW. 11, 813*. Ueber Wert eines Anspruchs auf Herausgabe eines Erbvertrages behufs Eröffnung vgl. IW. 11,190*. Handelt es sich aber nicht lediglich darum, welches Interesse der Kläger an dem Besitze der Urkunden selbst hat, sondern darum, welcher Partei die in den Urkunden verbrieften Forderungen zukommen, so ist der Betrag der Forderungen maßgebend. OLG. 37, 83. — Ein Sparkassenbuch, auf dessen Heraus­ gabe geklagt wird, ist nicht bloß als Beweisstück, anderseits auch nicht alS Wertpapler zu bewerten, so daß der Wert gleich dem eingezahlten Betrage wäre, sondern alS LegitimattonSpapier nach freiem Ermessen zu schätzen. IW. 02, 858«. — Bei Klagen auf Bornahme einer Handlung ist neben dem Interesse deS Klägers auch zu berücksichtigen, welchen Kostenaufwand die Vornahme der Handlung für den Beklagten erfordert. IW. 96, 583«, 97, 57«. — Bei Klagen auf Löschung eines Patents oder eines Gebrauchsmusters ist das Interesse des Klägers an Beseitigung der Konkurrenz und der Beeinträchtigung seines Gewerbebetriebes maßgebend. IW. 96, 1«, 02, 809«,», 06, 30»». Jedoch ist bei Popularklagen des Patentrechts oder Gebrauchsmusterschutzes nicht daS wirtschaftliche Interesse deS Klägers bestimmend, sondern der Wert, den das Patent oder Gebrauchsmuster allgemein in der Hand eines Gewerbetreibenden hat. IW. 02, 131". Bezüglich des Streitwerts bei Entschädigungsansprüchen wegen Patentverletzung vgl. IW. 01, 651», 03, 101«*. — Bei Klagen auf Befteiung von der persönlichen Haftung für eine Hypothekenschuld ist der Betrag dieser Schuld maß­ gebend ohne Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des persönlichen Schuldners. Gr. 84, 1137. Das gleiche gilt von einer Klage auf Befteiung von einer Bürgschastsverpflichtung. OLG. 16, 53 (a. M. 33, 73). — Hängt daS Entstehen eines vom Kläger im Wege der Feststellungsllage geltend gemachten Anspruchs von einer noch nicht feststehenden Voraussetzung oder einer künsttgen Tatsache ab (z. B. Schadensersatz, falls Erwerbsunfähigkeit eintreten sollte), so ist der Streitwert unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts deS Ereignisses avzuschätzen. IW. 96,187«, 08,18«. — Bezüglich des Streitwert- bei Klagen: aus Verträgen über die Gewinnung von Bodenbestandteilen s. IW. 08,49«», OLG. 4, 263; auf Erstattung des negativen Vertrag-interesses, wenn der Vertrag wegen Betruges aufgehoben wird, f. RG. 40, 407; auf Feststellung der Verpflichtung eines Hypothekengläubigers, seine Hypothek dem Eigentümer bis zu einem bestimmten Zeitpunkte zu kreditieren, s. JW^ 06, 169«; auf Grund Vorkaufsrechts f. IW. 96, 596«, 00, 839«, 02, i8i»; auf Auf­ hebung oder Löschung einer (eingetragenen) DerfügungSbeschränkung f. IW. 02, 124«, OLG. 16,54; auf Löschung eines Widerspruchs gegen die Löschung einer SicherungsHypothek f. OLG. 17, 76; auf Löschung eines Nießbrauch- s. OLG. 29, 78, 33, 14?; der Ehefrau auf Entziehung der Verwaltung deS Ehemannes am Frauengut f. Gr. 49, 655, IW. 06, 2427; auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus § 789 f. OLG. 25, 46, 27, 165, 29,172 Anm., 42, 33 Anm., vgl. jedoch Anm. 4 § 6; auf Nichtigerklärung eines Testaments f. IW. 96, 537«; auf Anerkennung des Rechts zur Sukzession in ein Familienfideikommiß f. IW. 02,212«; auf Beseitigung eines Konkurrenzverbot- s. IW. 99, 179«; auf Untersagung des Konkurrenzkampfes durch unlauteren Wettbewerb f. IW. 02, iso®«, 169«, 03, 8««, 06, 11310; auf Anerkennung der Berechttgung zur

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Jagdausübung s. IW. 02, 418-; auf Anerkennung der Berechttgung zum Eintritt in einen Jagdpachtvertrag als Pächter s. W. 10, 381; auf Beseitigung eine- wider­ rechtlichen Eingriffs in ein Bergwerksregal f. IW. 97, 71"; auf Anfechtung des Beschlusses einer Gewerkenversammlung s. IW. 06, 476"; auf Fortschaffung einer ein­ getragenen Last, sowie auf Unterlassung von Immissionen s. Anm. 1 § 7; auf An­ fechtung von Rechtshandlungen des Schuldners seitens des Konkursverwalters und außerhalb des Konkurses s. Anm. 6 § 6. • Hinsichtlich der Festsetzung und der Beschwerde gegen den Beschluß s. Anm. 1 § 2. Nach Art. IV der weiteren BO. z. Entlastung der Gerichte und über die Gerichts­ kosten v. 13./12. 28 (RGBl. I 1186) ist der Wert des Streit- oder Beschwerde­ gegenstandes in Gold zu bestimmen und bestimmt er sich bei Ansprüchen, die eine in Reichswährung bestimmte Geldsumme betreffen, nach dem Umrechnungssatz (Art. II Abs. 4: dem vom Reichsminister der Finanzen bekanntgegebenen Goldumrechnungs­ satz [§ 2 der Durchführungsbestimmungen z. Aufwertungsver. v. 13./10. 23, RGBl. I 951]; der Reichsjustizmmister ist ermächtigt, einen anderen Umrechnungssatz zu bestimmen) im Zeitpunkte der Einreichung der Klage oder der Einlegung des Rechts­ mittels. Bei Ansprüchen dieser Art erhöht sich der Wert des Streit- oder Beschwerde­ gegenstandes nicht dadurch, daß der Kläger wegen einer nach dem genannten Zeit­ punkt eingetretenen Geldentwertung den Klageantrag erweitert. — Die Festsetzung zum Zwecke der Entscheidung über die Zuständigkeit ist auch maßgebend für. den der Gedührenberechnung zugrunde zu legenden Wert: § 17 GKG. n. F., § 11 GO. f. RA., Anm. 1 § 2. Richt auch umgekehrt. RG. 3, 96. Die Festsetzung, die auf Beschwerde eines Anwalts in eigenem Namen (§ 12 GO. f. RA.) erfolgt, ist auch für die Gerichts­ gebühren maßgebend. RG. 31, 3SS. Unschätzbare vermögensrechtliche Ansprüche kennt die ZPO. nicht. RG. 10, 322. — Dgl. auch § 29 Nr. 1 GO.f. RA. (Verfahren behufs Wertfestsetzung wird durch die Hauptgebühren mitabgegolten.) * Eine Pflicht zur Beweisaufnahme besteht nicht, sei es auch, daß die Parteien sie übereinstimmend beantragt haben. IW. 93, 25210. — Wegen der Kosten der Beweisausnahme vgl. § 19 GKG. n. F.

4. Für die Wertsberechnung ist der Zeitpunkt der Erhebung der Klaget in der Berufungs- und Revisionsinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels,entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen^ und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn fie als Nebenforderungen2 geltend gemacht werden.* Bei Ansprüchen 'aus Wechseln im Sinne der Wechselordnung find Zinsen, Kosten und Provision, welche außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen? 1 Erhebung der Klage: Durch Zustellung: §§ 253, 498 (Klage), 693, 696 (Zahlungsbefehl); durch mündlichen Dortrag in einem Verhandlungstermin: §§ 268, 280, 281 (Klagerweiterung, Widerklage, Inzidentfeststellungsklage, vgl. IW. 88, 208i), 600,500 a (Klaganbringung vor dem Amtsgericht). Wird das Verfahren nicht durch Klag­ erhebung eingeleitet, wie z. V. im Zwangsvollstreckungs-, Entmündigungs-, Ausgebots­ verfahren, so ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Vgl. IW. 23, 696«. — Eine im Laufe des Rechtsstreites eintretende Veränderung des Streitgegenstandes (z. B. Erweiterung oder Ermäßigung des Anspruchs, Aufhören des Bestehens des ur­ sprünglich verlangten Gegenstandes oder zeitlich begrenzten Rechtes, für den Rechts­ streit wesentliche Veränderung auf dem Grundstücke, gegen das ein Legalservitut geltend gemacht wird) wirkt nur für den späteren Prozeßteil (z. B. für die höhere Instanz, wenn inzwischen die Veränderung eingetreten ist), RG. 67, 82, IW. 93, 126«, 96, 657«, auch 91, iso«, 98, 657», 08, io«), und zwar nur unter der Voraus« setzung, daß der Klagantrag entsprechend geändert wird, IW. 96, 410», 98, 261", 99, 275», 05,3721». Vgl. jedoch bezüglich einer Klagerweiterung wegen eingetretener Geldentwertung Anm. la. Eine Aenderung lediglich des gemeinen Wertes der streitigen Sache ist überhaupt einflußlos, RG. 67, 82, IW. 89,1071, 93,126®, 97, 77», 0h, 872", OLG. 41, 239, so auch eine Aenderung des Kurswerts für Geldforderungen in aus­ ländischer Währung, OLG. 41, 238 (s. unten). DeSgl., wenn das Interesse

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

der Parteien an dem Ausfälle des Rechtsstreits fich geändert hat. OLG. 27,10. Auch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände kann nur bei Aenderung des KlagantrageS verückstchttgt werden. IW. 96, 410», 98, 26V», 99, 2751,08, 16««, 21, 42». Jedoch wird dabei vorausgesetzt, daß eS fich um denselben Gegenstand handelt, den die Klage betraf. DieS ist nicht der Fall, wenn die Forderung, um deren Sicherung es fich handelt, toi Laufe des Verfahrens geringer geworden, auch wenn die Sicherungs­ maßregel dieselbe geblieben ist. IW. 98, 667*. Hat der Verkäufer auf Zahlung deS Kaufpreises geklagt, so bleibt der Betrag deS letzteren der Streitwert, auch wenn zu­ folge Vereinbarung der Parteien der Kaufgegenstand veräußert wird und der Erlös ein geringerer ist. IW. 06, 344“. — Bet Forderungen, die den Grund deS Wachsens in fich tragen (wie Lagergelder, Futterkosten), ändert fich dagegen der Streitwert fortgesetzt. IW. 98, 363«. — Bei Klagen auf Feststellung des NichtbestehenS eines Rechts (z. B. Patentrechts) ist der Inhalt des Rechts allgemeinhtn, nicht der tat­ sächliche Zustand zur Zeit der Klagerhebung maßgebend. IW. 96, 30«. — Ueber den für die Umrechnung maßgebenden ZeUpunkt bei Klagen auf Zahlung in ausländischer Valuta vgl. Anm. 2 § 3. ia Die Worte „in der Berufungs- und Revistonsinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels" sind eingefügt durch das Gesetz z. wetteren Entlastung der Gerichte v. 8./7.22. Danach bestimmt fich der Wert deS Streitgegenstandes in der RechtSmittelinstanz nicht nach den Wertsverhältnissen zur Zeit der Klagerhebung (f. Anm. 1), sondern nach dem zur Zeit der RechtSmitteleinlrgung. Dies gilt auch für den Wert des Gegenstandes der Berufungs- (§ 511 a) und der Revistonsbeschwerde. Anm. 4 § 646. — Vgl. Anm. 3 § 3 darüber, daß nach der VO. v. 18./12. 28 Sei Ansprüchen über eine Geldsumme in Reichswährung der in Gold zu bestimmende Wert des Streit- oder Beschwerdegegenstandes fich nach dem UmrechnungSfatz im Zeitpunkte der Einreichung der Klage oder der Einlegung des Rechtsmittels bestimmt und fich nicht dadurch erhöht, daß der Kläger wegen einer nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Geld­ entwertung den Klageantrag erweitert. — Bei der Aushebung eines Urteils durch die höhere Instanz und Zurückverweisung der Sache in die Vorinstanz (§§ 538, 639, 665) wiro keine neue Instanz eröffnet und tritt eine Aenderung deS für die Vorinstanz ursprünglich (nach dem Zeitpunkt der Klagerhebung in der ersten, nach dem Zettpuntt der Einlegung der Berufung in der zweiten Instanz) maßgeblichen Streitwerts nicht ein. IW. 28, 24». 2 „Nebensorderungen" find nur die in Abs. 1 aufgeführten, nicht z. B. solche Ansprüche, die betreffen: Zubehör (§§ 97 ff. BGB.), die Nebenleistungen der §§ 607, 1168 BGB. (Vorkaufsrecht, Umfang der Hypothek). — „Früchte": § 99 BGB. — „Nutzungen": § 100 BGB., auch Aktien-Dividendenscheine, IW. 98, 635». — Unter „Zinsen" find sowohl die vertragsmäßigen wie die gesetzlichen und die Verzugszinsen zu verstehen. — „Kosten" find die vor der Klagerhebung zur Begründung des Anspruches gemachten Aufwendungen (z. B. Gebühren für die zur Information zugezogenen Sachverständigen). IW. 98, 12», 94, 864»«, 97,207«, 210«, 98, 45«, OLG. 9, 57. — Der Begriff der „Nebenforderung" setzt voraus, daß die betreffende Forderung in einem AbhängigkeitSverhältniffe zu der Hauptforderung steht und nicht allein und losgelöst von der Hauptforderung, sondern mit dieser geltend gemacht wird. RG. 18, 373, 66, 82, IW. 89, 167», 98, 3», 35317,09, 691«, W.09, les. Nebensorderungen sind z. B.: Zinsen einer fälligen Entschädigungsforderung (z. B. im Enteignungsverfahren), RG. 82, 210, IW. 97, 2051, 09, 691«, auch wenn sie tot Klagantrage mit dem Kapital zusammengerechnet find, RG. 32,210, IW. 97,205», W. 09,163

ein zur Klarstellung von Nebenforderungen erhobener Anspruch auf NechnungSlegung, RG. 29, 896; Ansprüche auf Rechnungslegung und Ausantwortung der Nutzungen neben dem Anspruch auf Anerkennung deS Eigentums einer Sache, IW. 02, 891«; ein Anspruch auf Herausgabe des GewinnanteilscheinS neben dem An­ spruch auf Herausgabe der Aktien, OLG. 35, 22. — Ferner find bei Berechnung der Beschwerdesumme gemäß § 667 Abs. 2 ZPO. (sofortige Beschwerde im Falle des § 99 Abs. 3) die Kosten der Entscheidung über dir Prozeßkosten sowie die Kosten des Be­ schwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen, sondern nur diejenigen Kosten kommen in Betracht, über die von der ersten Instanz entschieden ist. IW. 00,647«, 01, 829«. Im Falle der Anfechtung eine- KostenfepsetzungSbeschluffeS (§ 105) find die

Erster Abschnitt? Gerichte.

Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit.

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4.

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gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des KosteufestsehungSverfahrenS als Neben­ forderungen nicht mit in Ansatz zu bringen. IW. 02, i8i>. — Dagegen sind keine Nebenforderungen z. B. Ansprüche auf: im Regreßwege vom Zesstonar gegen den Zedenten geltend gemachte Kosten eine- vom Zesstonar gegen den Schuldner geführten Prozesses, RG. 8, 365, ähnlich: RG. 12, 259; Gestattung der Zwangsvollstreckung wegen der neben der Hauptforderung zuerlannten Zinsen, RG. 26, 413, IW. 87, 31P, 96, 172“, 20V; Rückzahlung von Zinsen neben dem Anspruch auf Rückzahlung des bezahlten Betrages der Hauptforderung bei der Klage auS ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB.), IW. 96, boo1, 09, 691*; Zinsen, die durch ausdrückliche Vereinbarung zum Kapital geschlagen find, RG. 82, 877, insbesondere beim Kontokurrent (nicht aber bei einem bloß gegenseitigen Rechnungs­ verhältnis, sog. uneigentlichen Kontokurrent), 09, 163; rückständige Zinsen einer be­ zahlten Schuld neben dem Anspruch auf den Kapitalrest, Gr. 81, mi; rückständige Bezüge neben einem Anspruch auf Zuerkennung des Rechte- auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen, RG. (VZS.) 19, 410, IW. 87, 432«; das Bezug-recht auf neue Aktien neben dem Anspruch auf Herausgabe von Aktien, OLG. 35, 22. — Fälle, in denen Hauptforderung und Nevenforderung auf verschiedenen Recht-gründe« beruhen: ftSB. 87, in», 98, 219’, 09, 691*, jedoch 93, 469«. — Durch Art. III 1 Ges. über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtskosten v. 18./8. 28 (RGBl. I 818) ist daS Wort „Schäden" zwischen „Zinsen" und „und" gestrichen. Unter Schäden waren Schadensersatzansprüche aller Art zu verstehen. RG. 88, 40g. So waren z. B. unberücksichtigt zu lassende Nebenforderungen.'akzessorische Schadensersatzansprüche (z.B. Lagerkosten, Fracht, Zoll, Speditionskosten, Wagenmiete) neben Ansprüchen auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Waren, RG. 42, 388, IW. 97, 2*, OLG. 18, 67, oder bei einem Wandlungsanspruch, IW. 99, 28», 06, 202”, Gr. 50,1047, auch Futter­ kosten für das zurückzunehmende Tier (§ 488 BGB.), RG. 52, 164, OLG. 23, es, 33, 15 (anders nach früherem Recht RG. 18, 397), ebenso Ersatz der Hundesteuer, OLG. 88,15; ein Anspruch auf „Leihgebühr" neben dem Anspruch auf Rücklieferung von Fastagen, IW. 06, ne"; ein auf Grund der Gewährleistungspflicht des Beklagten neben dem Anspruch auf Wiederverschaffung der gekauften, durch einen Dritten entwährten Sache geltend gemachter Anspruch auf Ersatz des infolge der Entwährung erlittenen Schadens (z. B. die Kosten des mit dem Entwährer geführten Prozesses), RG. 55, so; bet einer Klage gegen den Bürgen der Anspruch auf Erstattung der Kosten des gegm den Hauptschuldner geführten Prozesses, RG. 56, 25s; die neben dem Anspruch auf Ersatz verauslagter Provision geltend gemachte Forderung von Zinsen sowie Kosten des Vorprozesses des Provistonsberechttgten gegen den Kläger, Gr. 49,1006, IW. 05, 114*; ein Anspruch auf Schadensersatz oder Zahlung einer Vertrags­ strafe wegen verspäteter Erfüllung neben dem Anspruch auf Erfüllung, RG. 66, 310, IW. 87, 286i, 3501, 98, 353*, Gr. 83, 125; ein Anspruch auf Feststellung der Schadens­ ersatzpflicht wegen Nichtlieferung verkaufter Waren neben dem Anspruch auf Feststellung, daß der Beklagte zu der Lieferung verpflichtet gewesen sei, IW. 07, 675«. Nun­ mehr sind derartige Schadensersatzansprüche, auch wenn sie als Nevenforderungen geltend gemacht werden, bet Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes mit zu berücksichtigen. Schon bisher waren nicht als unberücksichtigt zu lassende Nebensorderungen z. B. anzusehen Ansprüche auf: Schadensersatz wegen Ntchtbefolgung eines Urteils neben dem Anspruch auf Herausgabe der behufs Vollstreckung gestellten Sicherheit, IW. 96, 68»; Schadensersatz neben dem Anspruch auf Untersagung der Störung bei Patentstreitigkeiten, IW. 98, 3». Ueber Schaden-ersatzforderungen au§§ 802 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Wbs. 2 ZPO. (wegen Vollstreckung eines Urteils unter Vorbehalt der Aufrechnung, eines Vorbehaltsurteils im Urkundenprozeß, eines vorläufig vollstreckbaren Urteils), toetrn sie in dem anhängigen Hauptprozeffe geltend gemacht werden, vgl. Anm. 2 § 5. • Bei Anfechtung-prozessen gelten die Hauptforderung, wegen der angefochten wird, und Zinsen und Kosten als einheitliche Forderung, so daß die letzteren bei Berechnung des Streitwerts zu berückfichttgen sind. RG. 26, 413, IW. 92, 460», 96,17214, 99, 423», 00,437», 09, 691*, 10, 114«. — Dagegen bleiben bet Widerspruch-klagen gegm eine Zwang-vollsveckung (§§ 767, 771 ZPO.) die Zinsen der Forderung, wegen der die Zwangsvollstreckung auSgebracht wird, außer Anschlag. RG. 10, S98, IW. 99,423»,

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A. EL

Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

02, 358-, 10, H4M. Vgl. auch Anm. 4 § 6. Dies gilt auch, wenn der Konkursverwaller eine Pfändung anstcht. IW. 10, 114«. Ferner finden Zinsen und Kosten keine Berülkpchtigung: bei Streitigkeiten über die vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlöse von Psandstücken, RG. 4, 866, 18, 378, auch RG. 7, 827, IW. 84, losi; bei VorrechtSstreittgkeiten in der Zwangsvollstreckungsinstanz, IW. 00, 292i; bei Klagen oder Anträgen auf Erklärung der Zulässigkeit der Zwangs­ vollstreckung aus einem ausländischen Urteil (§ 722) oder aus einem Schiedsspruch (§ 1042), OLG. 40, 342. — Bei Bemessung des Streitwertes für Zwangsvollstreckungs­ akte (z. B. Pfändung auf Grund Arrestbefehls) werden Kosten nicht mitberechnet. OLG. 29,11. Bezüglich der Zinsen vgl. § 15 Abs. 2 GKG. n. F. Vgl. auch § 866 Abs. 8 ZPO. (wonach die Zwangshypothek die für die Zuständigkeit der Amtsgerichte festgesetzte Wert­ grenze [§ 23 Nr. 1 GDG.j übersteigen muß und zur Erreichung der Mindestsumme Neben­ forderungen nicht hinzuzurechnen sind). — Werden Nebenforderungen neben einer Haupt­ forderung mit einem Rechtsmittel verfolgt, so bleiben fie bei Berechnung der Beschwerde­ summe (§§ 511a, 546 ZPO.) außer Betracht. RG. 9, 415, 47, 256, 52, 164, 60, im, IW. 04, Maio. — Ist der Hauptanspruch durch rechtskräftiges Urteil oder in anderer Weise (z. B. durch Zurücknahme, Verzicht, Anerkenntnis) zur Erledigung gebracht, so erlangt der Anspruch auf Nebenforderungen, insbesondere Zinsen, für die Dauer deS weiteren Prozesses den Charakter einer selbständigen Forderung. RG. 9, 414, 10, 845, 11, 387, 89, 886, 60, 114, Gr. 81,1141, 40, 699, 41, 708, IW. 91, 6701, 94, 504», 96, 247», 371", 398U, 4104, OLG. 23,69. Auch die Beschwerdesumme (§§ 511 a, 546 ZPO.) berechnet sich in diesem Falle nach dem Betrage der Nebenforderungen, so daß das Rechtsmittel zuläsfig ist, wenn die Nebenforderungen die Beschwerdesumme erreichen. RG. 47,256,60,112, IW. 96, 871", 03, 971, W. 09, 163. Wird ein Rechtsmittel (Berufung, Nevifion) vor der münd­ lichen Verhandlung in der Rechtsmittelinstanz auf die in erster Instanz als Nebenforde­ rungen geltend gemachten Zinsen beschränkt, so verlieren diese den Charakter als Nebenforderungen. IW. 03, 174«. Auch dann, wenn der Hauptanspruch nur zum Teil sich erledigt, find die Zinsen von diesem Teil keine Nevenforderungen. OLG. 23, 69. Ferner gelten, wenn die Hauptsache erledigt wird, die bis zu dieser Erledigung erwachsenen Kosten alS der demnächstige Streitwert, während die durch das Weiterprozessteren entstandenen Kosten sich als nicht zu verückstchtigende Nebenforderungen darstellen. IW. 90, 24-, 97, 3*. Ebenso bilden, wenn zur Zeit der Einlegung der Berufung seitens deS avgewiesenen Klägers die Hauptsache in der Zwischenzeit bereits erledigt war, die Kosten den Streitwert. IW. 97,132*. Für Akte aber, die außer den Prozeßkosten noch einen Restteil des im übrigen erledigten HauptanspruchS betreffen, ist dieser Restteil allein, ohne Hinzurechnung der Kosten, der Streitwert. IW. 94, 866«, Gr. 88, 1192. Mrd daher nach Erledigung des Hauptanspruchs im übrigen nur noch ein ZinSanspruch geltend gemacht, so bildet dieser allein den Streitwert und die Kosten bleiben, auch soweit fie durch Einklagung des Kapitals entstanden find, außer Betracht. RG. 89, 886, IW. 94, 366-°, 480«, 5041, 16, 976’. — Wenn der Prinzipale Antrag des Rechtsmittelklägers nur auf die Prozeßkosten gerichtet ist, ein eventueller Antrag aber den Hauptanspruch betrifft, so ist dieser, nicht der Betrag der Kosten für die Berechnung deS Streitwerts maßgebend. IW. 99, 540-». 4 Abs. 2 ist von der Nov. v. 17./5.98 hinzugefügt, um im Gegensatz zum Reichs­ gericht, das zwar bei Wechselklagen auS Art. 50 WO. (RG. 1, 22s, 9, 411) und bei Wechselregreßklagen gegen den Akzeptanten (RG. 29, 83), nicht aber bei Wechselregreßklagen aus Art. 51 WO. (jetzt neue Fassung der WO. v. 8./6. 08) gegen den Trassanten, Aussteller und Indossanten (RG. 82, 76), die Protestkosten, Proviflon und Porti zu dm Nevenforderungen zählte, zum Ausdruck zu bringen, daß auch bei Klagen auf Erstattung der gezahlten Regreßsumme gegen dm Indossanten usw. die genannten Kosten usw. als Nebenforderungen zu gelten haben. KB. 26. — Wenn aber der Kläger, der im Regreßwege einen Wechsel eingelöst hat, neben der Wechselsumme die entrichteten Wechselrosten vom Beklagten als Bürgen erpattet verlangt, find diese Kosten nicht als Nebmforderung anzusehm. OLG. 21, 68.

5. Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche* werden zusammen­ gerechnet,' eine Zusammenrechnung des Gegenstandes der Klage und der Widerklage8 findet nicht Pott8

Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit. § 5.

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1 Auch wenn die mehreren in einer Klage verbundenen Ansprüche auf verschiedenen Gründen beruhen, sowie wenn fie von mehreren Klägern oder gegen mehrere Beklagte erhoben find. Mol. zu § 6. — „Mehrere" Ansprüche find z. B. nicht: der Anspruch auf Leistung und der auf Sicherstellung, IW. 96, 270*, OLG. 13, es; der Anspruch aus Zahlung des Kaufpreises und der auf Abnahme der Ware, IW. 95, 2221, 97,2», Gr. 34,1138; der Anspruch auf Entgegennahme der Auslastung und der auf Sicher­ stellung deS Restkaufpreises, OLG. 39, 27; der Anspruch auf Herausgabe einer Kaution und der des Gegners auf Befriedigung wegen seiner Gegenforderungen aus der Kaution RG. 81, 3se; der Anspruch auf Herausgabe von Sachen und der auf Wertersatz, der für den Fall gefordert wird, daß der Beklagte dem Herausgabeanspruch nicht genügen kann, OLG. 39, 29, so (vgl. Anm. 1 § 6); der Anspruch im Hauptversahren und der im getrennten Arrestverfahren geltend gemachte, wenn über beide zusammen ein Vergleich geschloffen ist, IW. 92, 372-0; der Anspruch auf Vornahme einer Handlung (§§ 887 ff.) und der auf Zahlung einer Entschädigung, der nach § 510 b für den Fall erhoben wird, daß der Beklagte die Handlung nicht binnen be­ stimmter Frist vornimmt, OLG. 39, 29. — Dagegen liegen mehrere zusammen­ zurechnende Ansprüche vor: wenn der Kläger die von ihm behufs Vollstreckung des ersten Urteils gestellte Sicherheit herausverlangt und außerdem Schadensersatz wegen Nichtbefolgung deS ersten Urteils beansprucht, IW. 96, es«; wenn auf Grund des Gesetzes v. 9./1. 07 wegen Verletzung des Urheberrechts Schadensersatz und ferner Vernichtung der noch vorhandenen Abdrücke verlangt wird, OLG. 21, 62. — Im Falle der Verbindung mehrerer anhängiger Prozeffe gemäß § 147 bildet von dem Zeitpunkt der Verbindung ab der Gesamtbetrag der einzelnen Klagansprüche den Streitwert, auch für die Berufungs- und die Revifionsinstanz. RG. 5, 364, 6, 416, 80, 335, 44, 419, IW. 98, 7430, 99, 90», 00, eio8, 09, 77". Für die vor der Verbindung vorgenommenen gebührenpflichtigen Akte find die Gebühren gesondert nach den einzelnen Streitwerten zu berechnen. RG. 44, 419, Gr. 44,1228. — Bei der Revision oder Berufung mehrerer Streitgenoffen find gemäß § 5 hinsichtlich der RevisionSfumme (§ 546) oder Berufungssumme (§ 511 a) die einzelnen Beschwerdewerte zusammenzurechnen, auch wenn die Beschwerden verschiedene Ansprüche betreffen; jedoch nur dann, wenn die Streitgenoffen gemeinschaftlich in einem Schriftsatz, nicht, wenn fie nacheinander in je einem besonderen Schriftsatz Reviflon oder Berufung eingelegt Haven. Anm. 4 § 546. 2 Zusammenrechnung in Ansehung der RevisionSfumme (oder Berufungssumme [§ 511a]) findet statt, wenn von derselben Partei zur Klage und zur Widerklage Revision (Berufung) eingelegt ist. RG. (DZS. 7, 385, 388, 46, 397, Gr. 32, 1170, IW. 91, 305», auch Anm. 1 § 2, Anm. 4 § 546. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich nicht um mehrere selbständige Ansprüche der Parteien gegeneinander handelt, sondern der Widerklaganspruch nur das Widerspiel des Klaganspruchs ist (wie z. B. bei der Klage auf Löschung eines eingetragenen Rechtes und der Widerklage auf Zahlung auf Grund des Rechtes). Gr. 32, 1170, IW. 91, 305», 06, 202«, 09, 727«, W. 08, 666, OLG. 23, 69, 25, 45. — Schadensersatzansprüche wegen Vollstreckung eines demnächst aufgehobenen Urteils aus § 302 Abs. 4, § 600 Abs. 2, § 717 Abs. 2 haben auf den Wert des Streitgegenstandes (oder des Beschwerdegegenstandes in der Berufungs­ und in der Revisionsinstanz) nur dann Einfluß, wenn sie mit einer Widerklage verfolgt werden, indem dann eine Zusammenrechnung mit den Ansprüchen, die Gegenstand des aufgehobenen Urteils waren, stattzufinden hat, nicht aber dann, wenn sie in dem anhängigen Rechtsstreit durch einfachen Antrag geltend gemacht werden, weil hierdurch nicht ein neuer Streitpunkt geschaffen wird. RG. 9, 410, 63, 369, Gr. 53, nie, W. 21, 77, (IW. 09, 23-»), vgl. Anm. 4 Abs. 6 § 546. - Ist für die Widerklage das Gericht der Klage sachlich nicht zuständig: § 506 (Verweisung vom Amtsgericht an das Landgericht). Vgl. auch § 99 (früher § 105) GVG. (Verweisung von der Kammer für Handelssachen an die Zivilkammer). • Anders bei der Gebührenberechnung : § 13 GKG. n. F., § 10 GO. f. RA. (be­ treffen Klage und Widerklage denselben Streitgegenstand, dann einfacher Wert des Gegenstandes; anderenfalls Zusammenrechnung der Gegenstände). — Im Falle des § 254 (Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichniffes oder auf Leistung des Offenbarungseides verbunden mit der Klage auf Leistung) ist nur

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen,

einer der vervundeuen Ansprüche, und zwar der höhere, für die Wertsberechnung maß­

gebend. § 12 GKG. n. F. — Ueber Anwendung des § 6 bei Eintragung einer ZwangShypothek mit Rücksicht auf ihre Zulässigkeit nur für einen die Wertgrenze für die amtsgerichtliche Zuständigkeit übersteigenden Betrag vgl. Anm. 6 § 866.

6. Der Wert des Streitgegenstandes wird bestimmt: durch den Wert einer Sache/ wenn derm Besitz/ • und durch den Betrag einer Forderung/ wenn deren Sicherstellung i oder ein Pfandrecht^ Gegenstand des Streits ist. Hat der Gegenstand des Pfandrechts6 einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.«

1 Der Wert der Sache bestimmt sich nicht nach rechtlichen, sondern nach wirt­ schaftlichen Erwägungen. Es kommt dabei auf die im Verkehr übliche Wertschätzung an. Z. B. ist bei einem Grundstück als wertsteigender Faktor zu berücksichtigen, wenn mit ihm eine Realgerechttgkeit verbunden ist, und auch, wenn es ein Gast­ wirtschaftsgrundstück ist. OLG. 35, 24. Bet der Abschätzung des Wertes eines zum Wirtschaft-betrieb eingerichteten Grundstücks ist ferner der Umstand, daß auf dem Grund­ stück eine, wenn auch persönliche, Konzesfion ruht, die der Regel nach für den Er­ werber bei Verzicht des Verkäufers neubegründet werden kann, nicht außer Acht zu lasten. IW. 20, 394«. — Bet Klagen auf Lieferung der verkauften Sache oder Aus­ lastung des verkauften Grundstücks kommt es auf die Höhe des Kaufpreises nicht au. IW. 20, 1042«, 1043“, 21, 2491, OLG. 41, 240. Der Wert der Sachen (Grundstücke) ist allein maßgebend und zwar ohne Abzug der Lasten und Schulden, RG. 22, 388, IW. 96, 2», OLG. 40, 344, insbesondere der Luxussteuer, OLG. 43, 124, andererseits ohne Hinzurechnung des Wertes eines Nebenanspruchs auf Beschaffung der Lastenfreiheit, OLG. 18, 69. Bei der Klage auf Auslastung des verkauften Grundstücks ist der Wert des mitverkausten Inventars hinzuzurechnen, wenn erst mit dem Eigentumsübergang an dem Grundstück auch das Eigentum an dem Inventar übergeht (§ 926 BGB.), dagegen nicht, wenn das Inventar scvon übergeben und danach anzunehmen ist, daß das Eigentum an dem Inventar schon mit der Uebergave auf den Käufer übergegangen ist (§ 929 BGB.) IW. 20, 394«, (OLG. 40, 343). — Eine dem Kläger angebotene Gegenleistung ändert dm Streitgegenstand nicht. IW. 93, 467», 95, 597“, 97, 267«, 400«. Wird aber die Heraus­ gabe, Räumung oder Auslastung nicht als solche verweigert, sondern nur von gewisten Gegenleistungen abhängig gemacht, über die sich die Parteien nicht einigen können, und ist der Zweck der Klage auf Verneinung der Gegenansprüche gerichtet, so ist nicht der Wert der herausverlangten Sache, sondern der Betrag der allein streitigen Gegenleistungen dem Streitwerte zugrunde zu legen. OLG. 89, 27, 41, 241. — Bet Klagen auf Feststellung des Miteigentums an einer Sache ist der Wert des beanspruchten ideellen Anteils maßgebend, IW. 96, iso«, 355«, 97, loe», W. 12, 450- bei Streitigkeiten über die Höhe des Anteils der Wertsunterschted zwischen dem vom Kläger und dem vom Beklagten behaupteten Anteil, IW. 96, 270». Sind aber mehrere Miterben auf Erteilung der Auslastung eines Nachlaßgrundstückes verklagt, so bestimmt sich der Streitwert hinsichtlich eines jeden Beklagten nach dem Werte deS ganzen Grundstücks, nicht nach dem Wertteil, der dem Verhältniffe des Erbschaftsanteils entspricht. OLG. 15, 46 (anders, wenn gegen einen der Miterben, die ein Grundstück verkauft haben, vom Käufer auf Auflaffung geklagt wird, vgl. Anm. 2 § 3 unter „Miterbe fein Individualrecht"). — Bei einem Geschäftsanteil an einer G. m. b. H. bestimmt sich der Wert nicht nach dem Nennbeträge, sondern nach dem BerkaufSwerte. OLG. 40, 342. Bei Ansprüchen auf Herausgabe von LebenSverficherungSpolizen entscheidet dagegen die Versicherungssumme, nicht der Rückkaufswert. RG. 87, 415. Vgl. Anm. 2 $ 3. — Parteiangaben sind nicht schlechthin maßgebend; sie geben vielmehr nur einen Anhalt für die Abschätzung des Wertes und können jederzeit von den Parteien berichtigt werden. OLG. 40,342. la „Besitz" ist im weitesten Sinne zu verstehen. Der Ausdruck umfaßt alle Arten der tatsächlichen Gewalt über eine Sache, den unmittelbaren wie den mittelbaren Besitz, den Eigenbefitz und den Fremdbefitz. RG. 61, 92. Daher nicht bloß Besttzstreitigketten, vielmehr alle Klagen, durch welche die Erlangung des BefitzeS einer Sache angestrebt wird, selbst wenn der Anspruch sich auf ein obligatorisches Rechtsverhältnis stützt und die Befltzübertragung

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit.

§6.

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die Erfüllung einer Obligation enthält. IW. 90, 235», 99, 423». Deshalb fallen unter § 6: die Klage des Eigentümers auf Räumung der Sache, IW. 92, 329», 98, 73», auch eines Grundstückstetls (z. B. einer Wohnung), IW. 28, 773« (f. aber bezüglich der Wohnung auch unten), und die Eigentumsklagen, IW. 98, 73», 96, 355», 99, 423», OLG. 15, 46, 40, 342, auch betreffend Eigentum: eines Dritten an Sachen, an denen ein Dermieterpfandrecht geltend gemacht wird, Gr. 49, 1008, IW. 94, 260-, an Friedhöfen, OLG. 15, 45, sowie solche, die nur das Miteigentum an einem Grundstück, als dessen Alleineigentümer der Beklagte eingetragen ist, oder nur die Gewährung des Mitbesitze- verfolgen, IW. 00, 735», auch W. 20, 120. Ferner Klagen auf: vertragsmäßige Lieferung von Sachen, IW. 97, 267, 20, 1042»; Rückgewähr einer ver­ äußerten Sache (Grundstücks) wegen Nichttgkett des Vertrages, IW. 97, 541», OLG. 35, 24 (über den Streitwert eines außerdem vorangestellten KlagantragS auf Er­ klärung des NichtvestehenS deS Vertrags s. Anm. 2 § 3); Uebergabe eines GrundstücksteUS, daS der Beklagte auf Grund eines die Einräumung eines Baurechts be­ treffenden Vertrage- im Befitze hat, RG. 61, 92; Auflassung des verkauften Grund­ stück-, IW. 98, 467», 99, 694», 00,10», 02, 630», 20, 894», 28, 774«», Gr. 44, 1146, auch Anm. 2 § 8; Uebergabe des verkauften und auch bereits ausgelassenen Grundstück-, IW. 98, 244», 99, 423», OLG. 15, 45; Räumung und Umschreibung eines in Tausch gegebenen Grundstück- im Grundbuch, AW. 00. 746». Wetter findet § 6 Anwendung bei Klagen aus Herausgabe: aus einem Leihvertrage (§ 604 BGB.), IW. 81, 4», auS einem BerwahrungSvertrage (§ 605 BGB.), IW. 86, 2», aus Vorkaufsrechten, IW. 86, 71», 96, 596», 02, isi», W, 20, 59 (handelt es sich aber um Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens deS Vorkaufsrechtes, so findet § 3 Anwendung, IW. 00, 839»). — Dagegen findet nicht § 6, sondern § 3 Anwendung, wenn der Käufer eines Hausgrundstücks vom Verkäufer, der flch zur Freimachung einer Wohnung biS zu einer bestimmten Zeit verpflichtet hat, Räumung der Wohnung verlangt W. 20, 120. Bei Klagen auf Herausgabe eines Vermögen- gegen den Verwalter (z. B. den Testamentsvollstrecker) ferner ist, wenn lediglich die Frage, ob die V< rwaltungsbefugnis des Verwalters beendigt ist, Gegenstand des Streits ist, der Stteitwert ebenfalls nicht nach § 6. sondern nach § 3 zu bestimmen. OLG. 40, 641. Weiter kommt nicht § 6, sondern § 3 zur Anwendung: bei Klagen auf Herausgabe von Beweisurkunden, Gr. 29, 418, Anm. 2 § 3; bei Klagen des Verkäufers auf Entgegen­ nahme der Auslassung des veräußerten Grundstücks, Gr. 84, 1133, OLG. 39, 26, 27

Anm., vgl. auch Anm. 2 § 8; bei negatorischen und konsefforischen Klagen, RG. 8, 390, IW. 97, 71’», (betreffen sie eine Grunddienstbarkeit: § 7); bei Klagen eine- von mehreren Miterben in Gettendmachung seines JndwidualrechteS (nach § 2039 BGB.), RG. 93, 128, Anm. 2 § 3; sowie, wenn nicht Besitzeinräumung, sondern einstwellige Ueberlassung zur Verwahrung zwecks Sicherung vor Schäden verlangt wird, OLG. 19,50, oder wenn nur eine vorläufige Regelung deS Besitzstandes durch einstweilige Verfügung angestrebt wird, Gr 51, 401, OLG. 37, 84, 39, 29 Anm., 40, 341, 41, 240, IW. 23, 6?e», Anm. 1 § 3 „einstweilige Verfügung". — Wird auf Herausgabe von Sachen oder, sofern der Beklagte hierzu nicht in der Lage ist, auf Wertersatz geklagt, so ist der Wert nach der Höhe des Zahlungsanspruchs zu bemessen. OLG. 39, 29. 2 Ohne Rücksicht darauf, ob die Forderung bereits fällig oder betagt oder be­ dingt ist (z. B. auch Betrag der Forderung auf die künftig zu zahlende Lebensverflcherungssumme). W. 19, 43. — Der Betrag von Rebensorderungen (§ 4) kommt nicht mit in Anschlag. RG. 7, 327, 10, 346, 394, 26, 412, IW. 98, 381-, 99, 423a, 00, 292», auch Anm. 2 § 4. — Der Bettag der Forderung ist nicht nur in den im § 6 bezeichneten Fällen, sondern auch bei Klagen auf Zahlung oder auf Feststellung deS Bestehens oder Nichtbestehens einer Forderung maßgebend, weil der Stteit gleich dem über das Eigentum an einer Sache ist. RG. 57, 411, W. 19, 43. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien darüber streiten, wem von ihnen eine Lebens­ versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalles zusteht. W 19, 43. - Ver­ langt aber der Kläger Feststellung, daß gewisse Forderungen nicht dem Beklagten, sondern ihm zustehen, so ist der Streitwert gemäß § 8 zu bemessen, OLG. 17, 74, wobei davon als dem Regelfall auszugehen ist, daß Forderungen denjenigen Bettag, auf den fie lauten, auch wert find, IW. 98, 466-, OLG. 17, 75, 31, 6. • Wenn also Gegenstand der Klage eine erfi noch (durch Pfand, Bürgschaft)

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

iu leistende Sicherheit ist, gleichviel od die Parteien über die Verpflichtung zur Be. stellung allein oder auch über die Höhe des Betrages, mit dem Sicherheit geleistet werden soll, streiten. RG. 2b, 366, IW. 89, 283-, OLG. 23,73. — § 6 findet auch An­ wendung bei Ansprüchen auf Herausgabe einer Kaution und bei Gegenansprüchen, für die sie bestellt ist. RG. 31, 386, IW. 94, 260i. — Bei Sicherung der künftigen Zwangsvollstreckung durch Arreste und einstweilige Verfügungen kommt § 3 zur Anwendung, § 6 nur analog. RG. 16, 435, IW. 03, 126“, 22, 508-», 23, 85ow, OLG. 27> 11 und Anm. 1 § 3 (a. M. IW. 23, 848-"). Dies gilt auch, wenn durch die einstweilige Verfügung der Gefährdung der für eine Forderung (durch Eintragung ins Grundbuch) bereits bestehenden Sicherheit ab geholfen werden soll. IW. 98, 657-, 99, 1381. Handelt es sich aber um Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch zur Sicherung einer Geldforderung, so ist gemäß § 6 der Betrag dieser Forderung der Streitwert der einstweiligen Verfügung. RG. 35, 394, IW. 99, 1331. — Es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine Leistungs- oder um eine Feststellungsklage handelt. Daher gilt bei Klagen auf Feststellung einer Bürgschaftsverpflichtung der Betrag der Hauptforderung als der Streitwert. RG. 25, 867, IW. 98, 3*. Desgl. bei Klagen auf Feststellung des Nichtbestehens einer Bürgschaftsverpflichtung. OLG. 25, 46. — Bei Sicherstellung anderer Vermögensrechte als Geldsorderungen (z. B. fideikommisiarisches Erbfolgerecht) ist § 6 analog anzuwenden. IW. 91, 329-, Gr. 85, 1177, OLG. 13, 72. — Gleichzeitige Geltendmachung der Forderung und ihrer Sicherstellung: Anm. 1 § 5 (nur der einfache Betrag der Forderung). < Wenn also die Klage ein bereits bestehendes Pfandrecht, sei es ein vertrags­ mäßiges oder ein gesetzliches oder ein Pfändungspfandrecht, sei es ein Pfandrecht an beweglichen Sachen oder eine Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld zum Gegen­ stände hat; gleichviel, ob sie auf Durchführung des Pfandrechts (§§ 1147 ff., 1227 BGB.) oder auf Aufhebung (Löschung) oder auf Feststellung des Bestehens oder Nicht­ bestehens gerichtet ist. OLG. 15, 47, 23, 74. Daher ist auch bei einer Widerspruchsklage gemäß § 771 Abs. 1 der Streitwert nach dem Betrage der der Pfän­ dung zugrunde liegenden Forderung zu bemessen, falls diese nicht etwa den Wert der gepfändeten Gegenstände übersteigt. RG. 10, 394, IW. 88, 269-, 90, 333-, 98, 381*, 99, 423*, 02, 358-, 06, 769«, 10,1141', OLG. 23, 65. — Dies gilt auch für Klagen auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlöse gepfändeter Sachen nach § 805. OLG. 23,74. Desgleichen, wenn im Konkursverfahren ein Gläubiger aus dem Erlöse von Pfandstücken abgesonderte Befriedigung gegenüber der Konkursmasie beansprucht. RG. 22, 388, IW. 96, 281», OLG. 35, 25. Ferner auch, wenn der Konkursverwalter eine Pfändung anficht. IW. 10, H4». — Dagegen ist, wenn ein Dritter Sachen, an denen ein Bermieterpfandrecht geltend gemacht wird, herausverlangt, der Wert der herausverlangten Sachen maßgebend. Gr. 49, 1008, auch OLG. 23, 71 (wonach aber, wenn das vom Beklagten geltend gemachte Pfandrecht schon in der Klage erwähnt ist, § 6 maßgebend sein soll). — Wird aber auf Löschung einer Hypothek geklagt, so ist der eingetragene Betrag der Hypothek maßgebend, selbst wenn die Forderung, für die sie bestellt ist, unstreitig ganz oder zum Teil getilgt ist. IW. 93, 125», 96, 1701, 98, 348-, 4331, 00, 827-, 23, 1039*, Gr. 42, 1166, auch RG. 34, 173, IW. 01, 6491 (vgl. jedoch OLG. 23, 75, wonach, wenn der Bürge auf Rücküber­ tragung der für die Bürgschaftsschuld bestellten Hypothek wegen Nichtbestehens der Schuld klagt, der Betrag der vom Beklagten behaupteten Forderung maßgebend sein soll). Die Frage, ob der Gläubiger die Rückzahlung des in Goldmark hingegebenen Kapitals in Papiermark annehmen muß oder die Löschungsbewilligung verweigern kann, ist ohne Einfluß auf die Bemessung des Streitwerts. IW. 23, 1039*. Bei Sicherungshöchstbetraghypotheken entscheidet der eingetragene Höchstbetrag. IW. 92, 330-, Gr. 36,1195, OLG. 31, 7. — Auch bei einer Klage auf Herausgabe der zur Sicherung übereigneten Sache, um daraus Befriedigung zu erlangen, bildet das in der Sicherungsübereignung begründete Pfandrecht den Gegenstand des Rechtsstreits. OLG. 33, 16, 37, 83. — Bei Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes (§ 278 BGB.) ist § 6 Halbs. 2 S. 2 nicht anwendbar. IW. 93, 382», 99, 424», 01, 120*. Daher bestimmt sich bei Klagen auf Herausgabe einer Sache der Streitwert auch dann nach § 6 Halbs. 1, wenn diese Klage durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungs ­ rechtes seitens des Beklagten veranlaßt worden ist. IW. 94, 260-, 99, 424», OLG. 23,72.

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Erster Titel.

§ 7.

Sachliche Zuständigkeit.

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Ist ferner eine negative FeststellungSklage lediglich darauf gerichtet, -aß dem Beklagten ein Anspruch nicht zustehe, so Vestimmt fich der Streitwert nach diesem Anspruch, auch wenn deswegen vom Beklagtm eine Sache zurückbehalten wird. IW. 06, 174«. — Nicht § 6, sondern § 8 kommt zur Anwendung: bei Ansprüchen eines HypothekengläubigerS aus § 1184 BSB. wegen drohender Verschlechterung des belasteten Grundstücks, OLG. 23, ee; bei Klagen deS HypothekenfchuldnerS auf Feststellung der Unzuläffigkeit der Kündigung der Hypothek, OLG. 23, 70; bei einem Streit dar­ über, ob der Kläger, wenn und insoweit er den Beklagten wegen seiner Forde­ rung befriedigt, nicht nur die zu deren Sicherung eingetragene Hypothek erwirbt, worüber kein Streit besteht, sondern auch einen entsprechenden Teil einer anderen Hypothek, die ein ebenfalls zur Sicherung der Forderung dienendes Nebenrecht fein soll, W. 11, 98; bei einer Klage auf Abtretung der dem Kläger bereits verpfändeten Hypothek, OLG. 31, 5.

5 Wenn der Wert des Pfandgegenstandes maßgebend fein soll, find vorher­ gehende, auf dem Pfandobjekte ruhende Psandforderungen nicht in Abzug zu bringen. RG. 22, 888, IW. 96, 28V. Dagegen ist bei Klagen auf Eintragung eines stbeikommiffarischen Erbrechts in das Grundbuch der Wert der voreingetragenen Lasten abzuziehen. IW. 91, 829», (Gr. 35,1177). — Ist eine LebenSverficherungSpolize verpsändet, so ist, wenn der Verficherte noch lebt, aber eine Fortsetzung der Versicherung (z. B. zufolge Konkurses) von seiner Seite nicht anzunehmen ist, der Wert nach dem zur Zeit der Klagerhebung bestehenden RückkaufSpreise zu Bemessen. OLG. 16, 47, vgl. jedoch OLG. 23, 73. — Wenn der Kläger, der wegen einer vollstreckbaren Forderung eine Brieshypothek seines Schuldners gepfändet hat, auf Herausgabe des Hypothekenbriefs zwecks Verwirklichung feines Pfändungspfandrechts (vgl. §§ 830, 837) klagt, ist unter entsprechender Anwendung des § 6 das für den Streitwert nach § 3 maßgebende Interesse deS Klägers an der Herausgabe auf den im Ver­ hältnis zur vollstreckbaren Forderung geringeren Verkehrswert der Hypothek als deS Gegenstandes deS Pfändungspfandrechtes zu bemessen. W. 10, 397. • In AnsechtungSstreitigkeiten aus dem Anfechtungsgesetz v. 21./7. 79 (20./6. 98) ist der Streitwert an fich nach § S zu schätzen, jedoch § 6 dahin entsprechend an­ zuwenden, daß die Schätzung nach oben durch die Höhe der Forderung, zu deren Befriedigung die Anfechtung dienen soll, begrenzt wird, und daß, wenn der Wert deS Gegenstandes, dessen Rückgewähr verlangt wird, geringer, dieser für den Streit­ wert maßgebend ist. RG. 7, 394, 47, 376, IW. 08, iso»*, 10, 335", OLG. 40,342 (anders IW. 00, 620*). Daher ist bei einer Anfechtungsklage auf Gestattung der Zwangs­ vollstreckung in ein Grundstück der Wert deS Grundstücks nach Abzug der Hypotheken maßgebend, wenn er geringer ist als die Forderung, IW. 03, iso2*. Wird eine Hypothek angefochten und fallt diese bei der Zwangsversteigerung teilweise aus, so bildet der zur Hebung gelangte Betrag den Streitwert. IW. 97, ios». — Bei Anfechtungsklagen des Konkursverwalters ist der Streitwert nicht gemäß § 6 nach dem Wert der zurück­ zugewährenden Sache zu bemessen, sondern gemäß § 3 nach dem Interesse, das die Konkursmasse an der Beseitigung der auS der angefochtenen Handlung ihr entstandenen Nachteile hat. RG. 84, 405, IW. 02, 39V, 10, 114», OLG. 19, 48, 49, 25, 44, 40, 342. — Bei Vorrecht-streitigkeiten in der Zwangsvollstreckung entscheidet der Betrag der geringeren unter den konkurrierenden Forderungen bis zur Höhe des Wertes der Pfandsache. RG. 4, 866, IW. 00, 292>, OLG. 18, 70. — Bei der Klage -egen den Ehemann auf Duldung der Zwangsvollstreckung in daS Frauengut gemäß § 739 ist § 6 entsprechend anzuwenden und der Streitwert nach dem Betrage der Forderung zu bemessen, eS fei denn, daß das eingevrachte Gut einen geringeren Wert hat. OLG. 25, 4ü, 31, 4 Aum. (anders OLG. 25, 46, 27, 165, 29,172 Anm., 42, 33 Anm.: Interesse des Klägers an der Erleichterung der Vollstreckung nach § 3 zu schätzen).

7. Der Wert einer Grunddienstbarkeit* wird durch dm Wert, welchm dieselbe für daS herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um welchm sich der Wert deS dienendm Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.^ Zivilprozeßordnung.

18. Aufl.

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Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

i Wenn über Bestehen oder den Umsang der Dienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB.) gestritten wird. IW. 08, 277“, W. 10, i6s. — Wegedienstbarkeit: IW. 02,6871, 603. — Entsprechende Anwendung bei grunddienstbarkeitsähnlichen nachbarrechtlichen Eigen­ tumsbeschränkungen, sog. Legalservituten. RG. 67, 81, auch W. 16, 57 (s. unten: Voraus­ setzung für eine entsprechende Anwendung des § 7). Auch ist bei Klagen auf Unterlassung von Immissionen (88 903, 906, 907, 1004 BGB.), wenn das Grundstück des Klägers tat Falle der Zulassung solcher Immissionen eine Werrverminderung auf unbestimmte Zeit erleiden würde, der an sich nicht anwendbare 8 7 insofern zum Vorbild zu nehmen, als bei Ausübung des nach § 3 maßgebenden richterlichen Ermessens die Wertminderung des Grundstücks zu berücksichtigen ist. IW. 98, 153», vgl. jedoch 02, 391* (bei einer Klage auf Verbot der Einwirkung einer Drahtseilbahn ist tz 7 nicht anwendbar, sondern das Interesse deS Klägers an der Eigentums­ freiheit gemäß tz 8 nach freiem Ermessen zu bestimmen). — Bei der Negatorienklage wegen Störung des Eigentums (§ 1004 BGB.) gilt § 7 nur, wenn nach dem Inhalt der Klage die Störungen sich als Ausübung einer Dienstbarkeit darstellen. Sonst § 3. RG. 8, 394, IW. 95, 1431, 99, 482», W. 11, 800, auch 02, 891*, OLG. 23, 159. — Wenn lediglich die Beseitigung der Störung (Beeinträchtigung) einer unter den Parteien an sich nicht streitigen (weder hinsichtlich des Bestehens noch des Umfangs) Grunddienstbarkeit Gegenstand der Klage ist, findet nicht § 7, sondern § 8 Anwendung. W. 09, 374, auch IW. 08, 277“ (§ 7 dagegen für den anderen Fall eines Streites über die Beeinträchtigung, der zugleich den Umfang der Grunddienstbarkeit betrifft. IW. 06, 3ii", OLG. 33, 73). Das gleiche gilt, wenn nicht das Bestehen, sondern nur die Ablösbarkeit einer Fischereigerechtigkeit in Streit ist. IW. 11, 649®*. — Rein obligatorische Rechte der einen Partei auf Duldung der Vornahme einer Handlung (z. B. Durchlegung von Wafferleitungsröhren, Ent­ nahme von Ton zur Ziegelfabrikatton) auf dem Grundstück der anderen Partei fallen nicht unter 8 7. W. 11, 300, OLG. 4, 263. Auch ist in W. 10, 293 die entsprechende Anwendung des § 7 auf eine persönliche Verpflichtung zur Unterlaffung von Bauten verneint, weil 8 7 als Ausnahmebestimmung nach der feststehenden Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG. 3, 394, IW. 94, iso», 99, 482', 02, 391*) überhaupt nicht auf ähnliche Fälle entsprechend angewendet werden könne. In RG. 29, 406 ist allerdings auf ein von einer Behörde vertragsmäßig erworbenes Recht auf Baubeschränkung, auf Grund deffen Beseittgung vertragswidriger Aufbauten verlangt wurde, § 7 ent­ sprechend angewandt worden (vgl. dagegen IW. 94, iso», 420’). Dazu ist aber in W. 16, 57 bemerkt, daß diese Entscheidung für das Gebiet des gemeinen Rechts ergangen sei, das als Grunddienstbarkeiten auch die sog. irregulären Servituten zu­ gunsten einer physischen oder juristischen Person zugelaffen habe, daß jedoch nach dem Begriff der Grunddienstbarkeit aus dem BGB. eine entsprechende Anwendung des § 7 auf der einen Seite ein dienendes, auf der anderen Seite ein herrschendes Grund­ stück zur Voraussetzung habe, so daß die Wertminderung des einen mit der Wert­ erhöhung des anderen verglichen werden könne. Von diesem Gesichtspunkt aus ist bei einer Klage eines Grundstückseigentümers auf Unterlassung der Entnahme von Wasser gegen eine Stadt gemeinde, die sich auf eine vertraglich ihr gegenüber über­ nommene Verpflichtung zur Duldung der Wafferentnahme stützen zu können meinte, der § 7 für nicht anwendbar erklärt worden. Vgl. auch IW. 14, 543«. — Soll Beklagter als Dritter eine Grundlast zufolge vertraglicher Verpflichtung beseitigen, so ist weder § 7 noch § 6 anwendbar, vielmehr ist der Streitwert nach dem Betrage der zur Befreiung des Grundstücks von der Last notwendigen Ausgaben gemäß § 8 zu bemessen. IW. 95, 181*. Dabei ist, auch wenn die Last noch auf anderen Grund­ stücken zur Mithast eingetragen ist, doch die ganze Last, nicht bloß ein verhältnis­ mäßiger Anteil davon, in Betracht zu ziehen. IW. 98, 38?»-, 603». Verlangt der Käufer von dem Grundstücksverkäufer, der an sich zur Auflassung bereit ist, Auf­ lassung des Grundstücks „frei von einer eingetragenen Last", so ist der Streitwert gemäß § 3 nach dem Werte der Last zu bemessen. OLG. 21, 60. 2 Ueber die Anwendung des 8 7 bei Berechnung des Wertes des Gegenstandes der RevifionSbefchwerde (sowie der Berufungsbeschwerde, § 511a) in Streitigkeiten über Grunddienstbarkeiten vgl. Anm. 4 8 546.

Erster Abschnitt. (Gerichte. Erster Titel. Sachliche ZustLndigkeit. K 8.

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8. Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnissesi streitig,? so ist der Betrag des auf die gesamte streitige Zeit fallenden Zinses und, wenn der fünfundzwanzigfache Betrag des einjährigen Zinses^ geringer ist, dieser Betrag für die^Wertsberechnung entscheidend*. $ 1 Gleichviel, ob es sich um ein Haupt- oder um ein Unterpacht-(miet-)verhältniS handelt. Gr. 54,1107, (IW. 10, 291*’). Findet auch auf Jagdpachtverträge Anwen­ dung. Gr. 54,1107, (IW. 10, 291«), W. 10, 381. Gilt dagegen nicht für Dienst­ miete. RG. 4, 899, vgl. RG. SO, 372 (Räumung einer Dienstwohnung), IW. 99, v (unentgeltliches Wohnungsrecht). — Es muß sich um Klagen zwischen Mieter und Vermieter handeln; auf Streitigkeiten zwischen anderen Personen zufolge eines Miet­ verhältnisses (z. B. über den Eintritt des Erben eines Mitpächters in das Rechts­ verhältnis des Erblassers zu den anderen Pächtern, oder wenn zwar nach dem Klag­ antrag Feststellung der Richtigkeit eines Pachtvertrags begehrt wird, dieser aber mit einem Dritten geschlossen ist und die Parteien als Miteigentümer des Pachtgrund­ stücks über die Gültigkeit des nach § 745 BGB. gefaßten Mehrheitsbeschlusses streiten, auf Grund dessen der Beklagte die Verpachtung vorgenommen hat) ist § 8 nicht anwendbar. RG. 3, 424, W. 13, ns. 2 Richt bloß im Falle der Feststellungsklage. Auch bei der Räumungsklage, wenn die mit dem Klagantrage begehrte Verurteilung zugleich eine Entscheidung über das streitige Bestehen oder die streitige Fortdauer des Pacht- oder Mietverhältnisses in sich schließt und die Verneinung der Fortdauer des Vertragsverhältnisses über den Zeit­ punkt der verlangten Räumung hinaus den Klagegrund bildet. RG. 17,376, (VZS.) SS, 3, IW. 96, 685-, 98,348», 99, 12, 00, 526«, 23, 1043«, OLG. 19, 50, 23, 75, 76, 40, 344 (entgegen: RG. 26, 481, Gr. 85, ine). Dagegen nicht, wenn sich der Streit nur auf die Gründe und Folgen der unstreitigen Auflösung des Mietverhältnisses bezieht, IW. 95, S22-, 23, 771«, OLG. 35,24, oder nur auf die Zuläsfigkeit einer gewissen Aufkündigung, IW. 91, 4». Ist auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Mieterschutzver. v. 2S./9.18, 22./G. 19, 11 ./5. 20 angeordnet, daß die Vermieter nur mit vorheriger Zustimmung des Miet­ einigungsamtes kündigen können, so ist auch in Fällen der ersteren Art (Streit zu­ gleich über die Fortdauer des Mietverhältnisses) der Streitwert nicht nach § 8, sondern nach 8 3 zu bemessen, da bei der völligen Ungewißheit der Zustimmung die Dauer der streitigen Mietzeit nicht bestimmbar ist. OLG. 40, 388. — Ist nicht die Frage streitig, ob der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag besteht oder fortbesteht, sondern nur die Frage, ob der Kläger berechtigt ist, aus dem Mietverhältniffe auszuscheiden und einen Dritten als Mieter an seine Stelle treten zu lassen, so ist der L Streitwert gemäß § 3 nach freiem Ermessen zu bestimmen. OLG. 37, 82. — Betrifft der Streit die Frage, ob ein GrundstückSteil mitvermietet ist, so ist der Mietwert dieses Teiles maßgebend. OLG. 4, 261. — Ist nicht ein auf bestimmte Zeit geschlossener Mietvertrag behauptet, so ist die gesetzliche Mindestdauer sowie die gesetz­ liche Kündigungsbefugnis für die Bemessung des Streitwerts gemäß § 3, nicht nach § 8, in Betracht zu ziehen. RG. 17, 376, IW. 95, 537». Verlangt der Mieter Auslösung eines auf unbestimmte Zeit, aber unter Festsetzung einer Kündigungsfrist geschlossenen Mietvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, so ist der Mietpreis für die Dauer der vertragsmäßigen Kündigungszeit maßgebend. IW. 98, 500«, auch OLG. 13, 70. — Klagt der Mieter auf mietweise Ueberlaffung weiterer Räumlich­ keiten, so ist der Streitwert gemäß §§ 3, 8 nach dem gemeinen Mietwert der Räum­ lichkeiten für den Zeitraum, auf dessen Ende zulässigerweise gekündigt werden konnte, zu berechnen. OLG. 43, 122. — Vgl. über den Streitwert von Ansprüchen ans einem sog. Pachtvertrag über die Gewinnung von Bodenbestandteilen IW. 03, 49»», auch Anm. 2 § 8. • Andere Faktoren als die Zinsbeträge (z. B. beim Jagdpachtvertrag vereinbarte Wiedererstattung des Wildschadens) find bet der Wertsberechnung nach § 8 nicht zu berücksichtigen. Gr. 54,1107, (IW. 10, 291«). — Bei der Berechnung des Miet- oder Pachtzinses ist der" etwa eingetretenen Geldentwertung Rechnung zu tragen. IW. 23, 104310. < § 8 ist nur für die zur( Feststellung (der sachlichen Zuständigkeit erforderliche Wertsberechnung maßgebend. Hinsichtlich der Gebührenderechnung gilt § 10 (früher

3*

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A. n.

Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

§ 9a) GKG. i. d. F. v. 21./12. 22, wonach bei länger als einjährigem Zeitraum der Wert auf den Betrag deS einjährigen Zinses zu berechnen ist. KB. 26, 28. Dgl. ferner § 13 Abs. 5 Mteterschutzges. v. 1./6. 23 (RGBl. I 353) über Wertsberech­ nung bei der Klage auf Aufhebung eines Mietvertrages. — Dgl. auch § 17 (früher § 15) GKG. (die Festsetzung zum Zwecke der Entscheidung über die Zuständigkeit oder die Zuläsflgkeit des Rechtsmittels ist im Falle deS 8 10 GKG. für die Ge­ bührenberechnung nicht maßgebend).

S. Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen1 wird2 nach dem Werte des einjährigen Bezugs berechnet« und zwar:

auf den zwölfundeinhalbfachen Betrag, wenn der künftige Wegfall des Bezugsrechts gewiß, die Zeit des Wegfalls aber ungewiß ist;*

auf den fünfundzwanzigfachen Betrag, bei unbeschränkter ° oder bestimmter Dauer deS BezugSrechtS.

Bei besttmmter Dauer des Bezugsrechts

ift der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er

der geringere ist.« 1 Dgl. BGB. §§ 620 (schenkweise Unterstützungen), 769 (Leibrente), 912 (UeberVaurente), 917 (Rotwegrente), 1105 (Reallasten); Art. 16 preuß. AG. z, BGB. v. 20./9. 99 (Altenteil). — Ferner Rentenforderungen auf Gmnd der UnsallverficherungSgesetze v. 6./7. 00 (RGBl. 678) und der jetzigen RDersOrdn. v. 19./7. 11 (RGBl. 509), 25./5. 20 (RGBl. 1093), der §§ 843, 844 BGB., der §§ 3, 3 a, 7 HaftpflichtGes.; vgl. IW. 02, 161», W. 17, 67, OLG. 13, 71, 252, 19, 243, 23, 260. Bei diesen Rentenforderungen find Bettäge, die der Beklagte von einem Dritten ersetzt verlangen kann, nicht in Abzug zu bringen. IW. 02, i6ii. — § 9 setzt „wieder­ kehrende", d. h. gleichbleibende Leistungen voraus. Bei wechselnden Beträgen erfolgt die Festsetzung deS Streitwertes nach stetem Ermessen gemäß § 8. RG. 66, 424, IW. 00, 48*, 04, 473«. Dgl. jedoch RG. 86,416, AW. 99, 1», 00, 48* in Anm. 3 a. E. — Wenn ein Wohnung-recht lediglich als solches, nicht als Teil eineS Rechtes auf wiederkehrende Leistungen (z. B. Attenteil) geltend gemacht wird, kommt nicht § 9, sondern § 3 zur Anwendung. IW. 99,11, OLG. 40, 845. Dgl. jedoch IW. 97, 305«. * Soweit eS sich um die zur Zeit der Klagerhevung noch nicht fälligen Bezüge handelt; Rückstände werden besonder- berechnet. RG. (DZS.) 19, 416, 68, 294, 77, 825, IW. 87, 432*, 04, 473», 21,12511. Jedoch sind die nach der Klagerhebung fällig werdenden Bezüge nicht al- Rückstände noch besonder- zu berechnen neben dem nach 8 9 zu berechnenden Kapital. RG. 28, 359, 77, 825, IW. 91, 2211, 94, 117*, 420». Wenn aber der Kläger ursprünglich auf Feststellung, daß der Beklagte zum Ersätze allen ihm durch einen Unfall etwa künftig noch entstehenden Schadens verpflichtet sei, gellagt hat und dann im Laufe de- Rechtsstreite- zur Leistung-klage auf Zahlung von Rentm übergegangen ist, find die Renten für die Zeit vis zum Uevergange zur Leistungsklage als Rückstände selbständig in Rechnung zu bringen. RG. 77, 324, IW. 21,12511. • Sowohl bei Leistung-» als auch bei Feststellung-klagen. IW. 84, 169», auch RG. 71, 69 (f. jedoch Anm. 2 wegen der Berechnung der Rückstände). — Die verttagS» mäßige Festsetzung der auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Unterhaltsansprüche steht der Anwendung deS § 9 nicht entgegen. OLG. 25,125. — Handelt es stch aber um Fest­ stellung bedingter Ansprüche, so kommt nicht § 9, sondern § 8 zur Anwendung, so daß der Streitwert nach freiem Ermessen zu bestimmen ist. IW. 90, 177«, 98, 1971, 08, 18». Desgleichen: bei jährlichen Leistungen, die erst nach einer Reihe von Jahren beginnen sollen, RG. 26, 409, IW. 90, 235», 94, 117«, 08, 44»; wenn es erst von einem vielleicht später zu einem noch gar nicht zu bestimmenden Zeitpunkt einttetenden Ereignis abhängt, ob eine Zahlung überhaupt wird gefordert werden können, IW. 09, 663», (W. 09, 545); bei der Klage auf Feststellung eines ziffermätzig nicht bestimmten Anspruchs mit Teilleistungen, die stch auf längere Zeit in die Zukunft erstrecken und in ihrem Umfange von wechselndm Verhältnissen abhängig sind (z. B. auf Ersatz „allen" durch einen Unfall erlittenen Schadens), RG. 66, 424, IW. 12,41-* (W. 12 42), auch (Bierbezugsrecht aus längere Zeit) OLG. 16, 45 (die Ansicht in RG.

Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel.

Sachliche Zuständigkeit.

§9.

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57, 412, daß der Streitwert gemäß §§ 9 u. 6 nach dem Gesamtwerte aller künftigen voraussichtlich zu machenden Leistungen zu bemessen sei, ist aufgegeven). — Handelt es sich um Leistungen, deren Wert wechselt, so ist der Wert des einjährigen Bezug­ auf einen gemäß § 3 frei zu schätzenden durchschnittlichen JahreSwert zu bemessen. OLG. 41, 243. Wenn die Leistungen im Laufe der Zeit höher werden, so ist gemäß § 8 der Wert des einjährigen Bezugs zwischen dem Bettage der niedrigsten und dem Bettage der höchstm Leistung zu bemessen und sind im übrigen die Grundsätze deS (an sich nicht zutteffenden [f. Anm. 1]) §9 zu berücksichtigen. RG. 86, 416, IW. 99, i«, 00,48*. Sind die Zeitabschnitte, für die wechselnde Rentenvezüge gefordert werden, un­ gleich, so ist hierbei nicht ein durchschnittlicher JahreSwert, sondern für die ein­ zelnen Zeitabschnitte sind die wechselnden Jahresbettäge zugrunde zu legen. OLG. 42, 54. < Ein Bezug-recht, dessen Wegfall in unbestimmter Zeit gewiß ist, ist z. B. daS ZinSrecht von einer Hypothekenforderung, auch wenn diese erst nach Kündigung fällig wird. OLG. 23, 77. Dagegen nicht Rechte, von denen eS gewiß ist, daß fie weniger als 12l/2 Jahre dauern werden. Hier gift § 8. RG. (BZS.) 24, 875, 87, 382, IW. 92, 237», 98, 265', 95, 477', 537«, 96, 69», 800», W. 09, 874, OLG. 33,17, vgl. auch IW. 00, 180«. Ist dagegen zwar der Wegfall des Rechts gewiß, aber unbestimmt, ob er vor oder nach Ablauf der 12*/, Jahre eintteten wird, so kommt § 9 Halbs. 1 zur Anwendung. IW. 98, iss>, 94, 117», 97, 842». Dies gilt namentlich von Rechten, die auf Lebenszeit währen. IW. 94,117«. Ferner bei Klagen auf Zahlung von Alimenten bis zur wtttfchaftlichen Selbständigkeit eines KindeS. IW. 92, 380», 97, 228«. Auch bei Klagen der Ehefrau auf Zahlung von Alimenten bis zur Ghettennung oder Wiederaufnahme; dies selbst dann, wenn bei der Festsetzung deSttettwertS mittlerweile die Ehe geschieden ist. IW. 94, 572«, 97, 841», Gr. 88,1193. Ferner auch bei einem Anspruch auf Unfallrente, selbst eine- mehr als 70 Jahre alten ManneS, da er immerhin noch mehr als 121/3 Jahre leben kann. IW. 97, 842«. — § 9 ist aber aut$ dann anwendbar, wenn der Wegfall oder die Minderung deS Rechts auch durch andere Umstände als Eintritt des Tode-, z. B. durch Veränderung in den Vermögens- und ErwerbSverhältnissen der Beteiligten, herbeigeführt werden kann. RG. 44, 870. — Wegen einer geforderten Ueberbaurente auS § 912 BGB. f. Anm. 5. 6 Bezugsrechte von unbeschränkter Dauer sind z. B. eine Rentenschuld, eine akttv vererbliche Reallast. OLG. 23, 77. Auch der Wegfall einer geforderten Ueberbaurente aus § 912 BGB. ist nicht alS gewiß anzusehen, so daß der Stteitwert nach dem 25fachen Bettage zu bemessen ist. OLG. 17, 77, 23, 77. S § 9 ist hinsichtlich der Alimenten- und Geldrentenansprüche nur für die zur Feststellung der sachlichen Zuständigkett erforderliche Wertberechnung maßgebend. Hinsichtlich der Gebührenberechnung gatt früher § 9a Abs. 2, 3 GKG. a. F., wonach bet gesetzlichen Alimentenansprüchen sowie bei Ansprüchen auf Geldrente nach §§843,844 BGB. und §§ 8, 8 a, 7 HaftpflichtgefetzeS v. 7./6. 71 der fünffache Bettag deS ein­ jährigen Bezuges maßgebend war, falls nicht der Gesamtbettag der gefordetten Leistungen geringer war, und bei UnterhattSansprüchen eines Ehegatten für die Dauer eines Eheprozesses der einjährige Bettag der Geldrente maßgebend war. KB. 27, 28, vgl. IW. 04, 478«. Durch § 10 Abs. 2, 3 GKG. in der Fassung deS RGef. zur Aenderung deS GKG. v. 21./12. 22 (RGBl. 23 S.1) ist an Stelle deS fünffachen der einfache Bettag deS einjährigen Bezugs bzw. an Stelle des einjährigen der halbjährige Bettag der Geldrente gesetzt worden. Nach RG. 106, 411, (a. M. IW. 23, 520», loos«) betrifft §10 Abs. 2 (worin nicht mehr der ftühere Satz2 Abs. 2 § 9a enthalten ist), aber nur Ansprüche auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht (Alimenten­ ansprüche), nicht auch die vorbezeichneten Ansprüche auf Geldrente (weil letztere Schadensersatzansprüche seien), so daß nach § 9 GKG. für diese Ansprüche auS §§843, 844 BGB. und aus §§ 3, 3 a, 7 HaftpflGes. nunmehr § 9 ZPO. maßgebend wäre. Jedenfalls gilt, wenn einer der vorbezeichneten Ansprüche zugleich auch noch auf Vertrag (z. B. Dienstverttag, § 618 BGB.) gestützt wird, auch für die Gebühren­ berechnung § 9 ZPO. IW. 17, ssi", (W.17,67), OLG. 23, 260 (a. M. OLG. 13,71,252, 19, 248). — Auch bei Berechnung der (Berufung-- u.) Revisionssumme kommt § 9 ZPO., nicht § 10 GKG. zur Anwendung. RG. 71, ss, IW. 00, 418», 08, 27», Gr. 52,1112.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

10. Das Urteil eines Landgerichts' kann nicht aus dem Grunde angefochten werden, weil die Zuständigkeit des Amtsgerichts8 begründet gewesen fei.8 1 Vorausgesetzt ist, daß das Landgericht fich für sachlich zuständig erklärt hat, sei es durch ausdrückliche Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede (§ 274 Nr. 1), IW. 83, 109", 89, 2431, 803, Gr. 33, 1131, namentlich durch besonderes Zwischen­ urteil (§ 275 Avs. 2), IW. 02, 171, sei es ohne solche, RG. 11, 432. Jedoch findet § 10 auch auf Urteile der OberlandeSgerichte Anwendung, wenn das Land­ gericht seine Zuständigkeit verneint, das Oberlandesgericht sie aber bejaht hat. RG. 28, 429, IW. 93, 73», 95, 697», 96, 685«, auch RG. 51, 146. 2 Die fachliche Zuständigkeit, nicht auch die örtliche. RG. 18, 361, 877. Jene aber ohne Unterschied, ob wegen der Höhe deS Streitgegenstandes (§§ 3—9 ZPO., § 28 Nr. 1 GVG.) oder aus anderen Gründen (§ 893 Abs. 2 ZPO. fJnteresseanspruchs, § 23 Nr. 2 GVG.). RG. 9, 350, 11, 433, 13, 368, IW. 89, 3031, 99, 337», Gr. 83, H32. Dagegen bezieht sich § 10 nicht auf Fälle, in denen das Amtsgericht ausschließlich zuständig ist, z. B. bei Vollstreckungshandlungen (§ 764) oder bei Widerspruchsklage gegen einen vom Amtsgericht erlassenen Arrest (§ 924). RG. 18, sei, 377, 87, 369, IW. 89, 287“, 21, 7631». • Mag vor dem Landgericht die Einrede der Unzuständigkeit ausdrücklich erhoben sein oder nicht. RG. 11, 433, auch Anm. 1. — Bei Prinzipalen und eventuellen Anträgen ist für die Zuständigkeit des Landgerichts entscheidend, welcher von den Anträgen den höheren Anspruch enthält. IW. 01, 717», vgl. Anm. 1 § 8.

11. Ist die Unzuständigkeit eines Gerichts auf Grund der Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit' der Gerichte rechtskräftig ausgesprochen, so ist diese Entscheidung für das Gericht bindend, bei welchem die Sache später anhängig wird.8 1 Nicht örtliche. IW. 98, 200«. — Gilt auch im Verhältnis zu den Gewerbe­ gerichten: §§ 28, 86 GewGGes. v. 29./9. 01 (RGBl. 858). Nicht auch im Verhältnis der ordentlichen zu anderen besonderen Gerichten (§ 14 GVG., z. B. den Rheinschiffahrtsgerichten). IW. 95, 162». 2 Vgl. §§ 276, 506 (Verweisung wegen ursprünglicher Unzuständigkeit an ein anderes Gericht, Verweisung vom Amtsgericht an daS Landgericht zufolge Widerklage oder Klagerweiterung durch ^unanfechtbaren^ Beschluß). Vgl. auch § 102 (früher § 107) GVG. i. d. F. v. 22./Z. 24. — Die Entscheidung des Amtsgerichts, wodurch es sich für einen Jntereffeanspruch gemäß § 893 Abs. 2 als sachlich unzuständig erklärt hat, ist für das Landgericht auch dann bindend, wenn das Amtsgericht für den genannten Anspruch tatsächlich ausschließlich zuständig war. RG. 66,17. Nicht auch bindend ist die Entscheidung des Amtsgerichts, das (z.B. auf Grund des Abs. 2, 3 §71 GVG.n. F.) sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an daS Landgericht verwiesen hat (im Falle der Verweifung nach § 276 i. d. F. v. 13./5. 24 trotz der Unanfecht­ barkeit des Verweisungsbeschlusses gemäß § 276 Abs. 2), für daS RevifionSgericht, soweit rücksichtlich der Frage der Zulässigkeit der Revision die Anwendbarkeit des § 547 Nr. 2 (Landgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig) in Frage kommt. RG. 17, 383, Gr. 31, 1138. Dies gilt auch dann, wenn erst auf Berufung gegen das die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verwerfende Zwischen­ urteil des Amtsgerichts das Landgericht die Sache an sich selbst verwiesen hat. RG. 60,322.

Zweiter Titel.

Gerichtsstand. Ferner enthalten Bestimmungen über den Gerichtsstand: ZPO. §§ 64 (Haupt­ intervention), 486 Abs. 1, 2 (Sicherung des Beweises), 603 (Wechselprozeß), 919 (Arrest­ anordnung), 930 (Arrestvollziehung in eine Forderung), 937 (Erlassung einstweiliger Verfügungen), 942 (einstweilige Verfügung in dringenden Fällen), 946 (Aufgebot), 957 (Anfechtungsklage gegen Ausschlußurteil), 1005 (Aufgebot von Urkunden); EG.

§8 10,11. Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

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§§ 6 (Landesherren und Mitglieder landesherrlicher Familien; nicht mehr praktisch. Art. 109 RDerf. v. 11./8. 19), 9 (Zuständigkeit solcher Gerichte, die verschiedenen Bundesstaaten sjetzt: deutschen Länderns angehören), 1b Nr. 2 (Zwangsenteignung); die in Anm. 1 §12 zitierten Paragraphen. Dgl. auch: §§ 371, 879, 888, 487 HGB.; § 129 SeemannSordn. v. 2./6. 02 (RGBl. 175). Gerichtsstand der in Deutschland lebenden Exterritorialen: §§ 18—21 GVG. Wo sie im Ausland ihren Gerichtsstand haben, bestimmt das Gesetz ihres Heimat­ staates. Gr. 22, nee. Vgl. auch §§ 606, 642, 676, 686 ZPO. (Gerichtsstand von Ausländern in Ehe-, Kindschafts-, Entmündigungssachen). Vgl. ferner OLG. 23, 86, 89 (Vereinbarung eines Gerichtsstandes in Staatsverträgen, vor ausländischen Gerichten). Die §§ 12 ff. betreffen nur die örtliche Zuständigkeit für die Klage, nicht für die Rechtsmittel. Die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung ergibt sich aus der des untergeordneten Gerichts. RG. 102, 105, so?. Die Zeit der Klagerhebung ist matzgebend: § 263 Nr. 2, Anm. 1 § 4. Jedoch kann vor der ersten mündlichen Verhandlung eine bei Zustellung der Klage noch vor­ handene Unzuständigkeit des Gerichts durch Schaffung der Voraussetzungen für die Zuständigkeit (z. B. durch Bestimmung der Zuständigkeit seitens deS höheren Gerichts gemäß § 86, Verlegung des Wohnsitzes des Beklagten in den Bezirk des Gerichts) geheilt werden. RG. 62, iss, IW. 06, 148«, OLG. 5, 112, 13, 76 (a. M. OLG. 13, 72, 15, 117), vgl. Anm. 5 § 262. — Wird, nachdem Klage gegen eine offene Handelsgesellschaft bet einem zuständigen Gericht erhoben war, nach Auflösung der Gesellschaft der Rechtsstreit gegen einen der Gesellschafter fortgesetzt, so kann dieser nicht aus seiner Person die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erheben. RG. 49, 419. Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen auch im Falle der Versäumnis: RG. 1, 439 u. 2, 409. — Bet einem entstehenden Zuständigkeitsstreit hat daS Gericht auf Grund der zur Begründung der Klage vorgebrachten Tatsachen seine Zuständigkeit nach allen danach in Betracht kommenden Gefichtspunkten selbständig zu prüfen und darf sich dabei nicht auf die Nachprüfung der von der Klagepartet vorgetragenen rechtlichen Beurteilung beschränken. Ergibt z. B. der zur Begründung der Klage vorgebrachte Sachverhalt, daß stch der Klaganspruch rechtlich als Anspruch aus unerlaubter Handlung darstellt, für den bet dem angegangenen Gericht der Gerichts­ stand aus $ 32 begründet ist, so darf die Klage nicht aus dem Grunde abgewiesen werden, weil sich der Kläger zur Begründung der Zuständigkeit des Gerichts nicht auf § 32 berufen, sondern das Bestehen eines anderen, in Wahrheit nicht begründeten Gerichtsstandes behauptet hat. Es macht in dieser Hinsicht auch keinen Unterschied, ob der Kläger von vornherein die an sich gegebene Zuständigkett des Gerichts unter einem unrickttgen rechtlichen Gesichtspunkt zu begründen versucht hat, oder ob er von der ursprünglichen zutreffenden Begründung nachträglich abgegangen ist, sofern sich nicht etwa hieraus ergibt, daß der Kläger von der Verfolgung seines Anspruchs unter dem die Zuständigkeit deS Gerichts begründenden rechtlichen Gesichtspunkt über­ haupt hat absehen und diese Begründung der Klage hat fallen lasten. Nur in diesem Falle kann eine spätere Wiederaufnahme der fallen gelaffenen materiellen Begründung des Klaganspruches eine Klagänderung enthalten. W. 18, 81. Anderseits genügen nicht blotze Rechtsbehauptungen, um die Zuständigkeit zu begründen, vielmehr müssen die tatsächlichen Angaben des klägerischen Vorbringens bei zutreffender rechtlicher Be­ urteilung dus Vorliegen des Gerichtsstandes ergeben. RG. 95,270. Dabei kommt es in erster Linie auf den Inhalt der Klageschrift an in dem Sinne, daß durch Vor­ bringen neuer Tatsachen, die eine Klagänderung enthalten, die Zuständigkeit nicht nachträglich begründet werden kann. RG. 95, 270. Der Inhalt der Klageschrift ist jedoch nicht allein entscheidend, wenn stch aus den später vom Kläger selbst vor­ getragenen Tatsachen die Unzuständigkeit des Gerichts zur Zeit der Uneilsfällung ergibt. RG. 95, 270 Ferner genügt es zur Begründung des Gerichtsstandes deS Erfüllungsortes (S 29) nicht, daß der Kläger die Erfüllung der streittgen Verpsiichtung an einem bestimmten Orte verlangt, vielmehr muß er Tatsachen behaupten, auf Grund bereit nach dem materiellen Rechte die streitige Verpflichtung an dem Orte zu erfüllen ist, oder er muß behaupten, daß der Ort alS Erfüllungsort vereinbart worden ist. RG. 49, 73, OLG. 40 346. — Ist die Einrede der Unzuständigkeit erhoben, so muß hier

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen,

über zunächst entschieden und die Zuständigkeit betaht werden, bevor darauf einzugehen ist, ob die erhobene Klage in der gewählten Prozeßart (z. B. im Urkundenprozeß gemäß § 597 Abs. 2) unstatthaft sei. RG. 47, 879, Anm. 1 § 274. — Wird vom Gericht die Zuständigkeit verneint, so kann eS nicht Hilfsweise, nämlich für den Fall, daß entgegen seiner Annahme seine Zuständigkeit begründet sein sollte, eine Entscheidung in^der Sache selbst treffen. Gr. 45, 646. Sind in einer Klage mehrere Klagegründe (z. B. Anfechtung eines Kaufvertrages wegen Betruges, Wandelung wegen Mängel des Kaufgegenstandes, unerlaubte Handlung) oder Ansprüche kumulativ oder eventuell geltend gemacht, so unterliegt jede der Klagen der ZuftändigkeitSnorm, die gerade für ste maßgebend ist. Die Zuständigkeit für die eine Klage zieht nicht auch die für die andere nach sich. RG. 27, 385,83, 83, Gr. 41,1182, 50,424, IW. 96,201», 396», 10,655»», vgl. auch RG. 106, 33 (der Grundsatz gilt nur, wenn lediglich ordentliche Gerichte als zuständig in Frage kommen, nicht dagegen, wenn das eine der Gerichte ein ausschließlich zuständiges Sondergericht sz. B. Gewerbegericht, Kaufmannsgericht; s. Anm. 10 § 14 GDG.Z ist). Ueber die Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung, wodurch die Einrede der Unzuständigkeit hinsichtlich eines von mehreren Klagegründen für begründet erklärt, hinsichtlich des andern Klagegrundes verworfen wird, vgl. Anm. 5 § 275. — Ist für alle Posten einer Rechnung die Zuständigkeit begründet, so erleidet diese nicht da­ durch eine Aenderung, daß ein Saldo gezogen ist. IW. 99, 864», 00, 271», 03, 175». — Sind Hauptschuldner und Bürge gemeinsam verklagt, so begründet die Zuständigkeit für die Klage gegen den ersteren nicht ohne weiteres auch die Zuständigkeit für die Klage gegen den letzteren, und zwar selbst dann nicht, wenn für jene Klage der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben ist. Anm. 4 § 29. — Dgl. IW. 03, 872» (Abweisung nur des Hauptantrages wegen Unzuständigkeit). Wenn die Tatsachen, von denen die Zuständigkeit des angegangenn Gerichtabhängig ist, mit denjenigen Tatsachen zusammenfallen, die zur Begründung des erhobenen Anspruchs vorausgesetzt werden, bedarf eS eines Nachweise- der für die Begründung der Zuständigkeit vorgebrachten Behauptungen nicht; der Beklagte ist dadurch ausreichend geschützt, daß die Klage, falls demnächst zur Sache selbst der Beweis der Klagetatsachen nicht erbracht wird, als unbegründet avgewiesen werden muß. RG.29,371,61,71,95,270, 96,71,103,19, IW. 98,422», 98, 8», 99,581», 00, 271», 01,896», (13,202»»), Gr. 44, 1150, 45, 1105, 58, 473, W. 13, 302 (387), OLG. 21,68, 39, 31, 40, 848, (a. M. OLG. 25, 56, 42,2, IW. 20, 1044»°). So ist, wenn die Zuständigkeit auf die in einem Vertrage enthaltene Klausel betreffend Vereinbarung de- Erfüllungsorte- (vgl. Anm. 4 § 29) gegründet wird und der Klaganspruch selbst sich auf den Abschluß dieseVertrages stützt, zur Bejahung der Zuständigkeit der Nachweis des Zustandekommens des Vertrages nicht erforderlich, vielmehr genügt die Behauptung des Zustande­ kommens allein. IW. 99, 482», 02,125», Gr. 43,1219, auch RG. 61, 71, OLG. 39, 3i, 40, 346 (a. M. OLG. 25, 56). Ist der Abschluß deS Vertrages streitig, so bedarf eS nur des Beweises, daß der Vertrag, wenn er abgeschloffen wurde, die Klausel über den Erfüllungsort enthalten hat. IW. 01, 798». Bestreitet der Beklagte die Vertretungsmacht deS Dritten, der in seinem Namen den Vertrag abgeschloffen und den Erfüllungsort vereinbart hat, so genügt zur Begründung der auf die Verein­ barung gegründeten Zuständigkeit die Behauptung, daß der Beklagte dem Dritten Vollmacht erteilt habe. OLG. 39, si. Ferner liegt dem Kläger, wenn er be­ hauptet, die herausverlangten Gegenstände seien nicht Bestandteile, sondern Zu­ behörstücke des betreffenden Grundstücks, mit dem ste verbunden worden, und eS seien daher die BorauSsetzungeu deS dinglichen Gerichtsstandes (§ 24) hinsichtlich ihrer nicht gegeben, nicht der Beweis für seine Behauptungen ob. Gr. 88, 490. Auch wird durch etwaige Mängel der Beweisantretung oder der Schlüssigkeit der klagebegründenden Behauptungen die Zuständigkeitsftage nicht berührt. IW. 90, 402». Ist die Klage darauf gestützt, daß ein Lieferungsvertrag, in dem eine Schiedsklausel festgesetzt ist, unverbindlich sei (z. B. wegen VorliegenS von Differenzgeschästen oder Verstoßes gegen die guten Sitten oder arglistiger Täuschung), so ist damit auch die Unverbindlichkeit der Schiedsklausel behauptet (vgl. Anm. 1 § 1025); daraus folgt, daß der vom Be­ klagten auf Gmnd der Schiedsklausel erhobene Einwand der Unzuständigkeit des Gericht- und der Zuständigkeit des Schiedsgericht- zu verwerfen ist, ohne daß es de-

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Zweiter Titel.

Gerichtsstand.

41

Nachweises der die Unverbindlichkeit des Vertrages ergebenden Tatsachen bedarf. W.19,201. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das VollstreckungSurtetl zu dem Urteil eines ausländischen Gerichts beantragt wird und die Zuständigkett deS ausländischen Gerichts gemäß § 828 Nr. 1, § 728 ALs. 2 nach deutschen Gesetzen zu prüfen ist. RG. 61, es, auch Sinnt. 2 § 828 (in IW. 13,662*, [W. 13, 802] wird dieser letztere Grundsatz als bedenklich bezeichnet, aber nicht darüber entschieden). — Wenn jedoch die Unrichttgkeit der die Zuständigkeit begründenden Behauptungen und damit die Unzuständigkett des Gerichts ohne weiteres auf Grund des von den Parteien Vor­ getragenen bereits seststeht (z. B. wenn vorgelegte Briefe bereits ergeben, daß eine Vereinbarung über den Erfüllungsort nicht zustande gekommen ist), kann eine die Zuständigkeit bejahende Entscheidung lediglich mit Rücksicht darauf, daß die vom Kläger behaupteten Tatsachen an sich die Zuständigkeit begründen würden, und daß deren Prüfung zugleich die Prüfung des Hauptanspruchs enthalten würde, nicht ergehen. IW. 20,1045». Wenn weiter eine Rechtsvermutung besteht, der zufolge ein anderes Gericht zuständig ist, so ist, auch wenn die Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts mit der Begründung des Klaganspruchs zusammenfällt, daS andere Gericht für zuständig zu erachten (daher ist z. B. die Klage des Vaters auf Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes, daS sich Lei seiner vom Vater geschiedenen Mutter befindet, nicht im Gerichts­ stand des Wohnsitzes der Mutter, sondern in dem des Wohnsitzes des Vaters zu erheben, da nach §§ 1593, 1596 BGB. das Kind, solange nicht seine Unehelichkett durch rechtskräftiges Urteil sestgestellt ist, als eheliches gilt und daher gemäß § 11 Abs. 1 BGB. den Wohnsitz deS Vaters teilt). RG. 96, 70. Insoweit ferner der Gerichtsstand von noch anderen, zur Klagebegründung an sich nicht erforderlichen tat­ sächlichen Voraussetzungen abhängt, müssen diese bewiesen werdm, ehe es zur eigent­ lichen Sttettverhandlung kommen kann. RG. 3, 382, 7, sio, 61, 71, 75,14s, Gr. 86,706, IW. 13, 652*, (W. 13, 802), auch IW. 01, 396*. So muß, wenn der vom Kläger be­ hauptete Vertrag im übrigen alS abgeschlossen und also für den Beklagten bindend anzusehen ist, aber Sttett darüber besteht, ob die darin enthallene Klausel bett essend Vereinbarung deS ErMungSorteS verbindlich ist oder nicht (z. B. weil sie mit dem sonstigen Jnhatte deS Vertrages in Widerspruch zu stehen scheint, RG. 41, sei), dieser Streit nötigenfalls durch Beweiserhebung schon in dem Verfahren auf die Einrede der Unzuständigkett endgülttg zum AuSttage gebracht werden. IW. 99,482*, (Gr. 48,1219), auch IW. 01, 2851. Ferner muß der Kläger, wenn er die Iuständigkeit des Gerichts auf § 23 stützt, das Vorhandensein von Vermögen deS Beklagten im Bezirke deS angerufenen GettchtS nachweisen. RG. 8, 382, 75,149, OLG. 23, so. Weiter muß der Kläger, wenn die von ihm behauptete, als unerlaubte Handlung sich darstellende Rechtsverletzung aus mehreren in verschiedenen Gettchtsbezirken begangenen Einzel­ handlungen sich zusammensetzt (z. B. Patent- oder Gevrauchsmusterverletzungen an mehreren Orten), auf Bestreiten des Beklagten, wiewohl für die Klage nach § 32 jede- der verschiedenen Gerichte zuständig ist (Sinnt. 3 § 32), doch beweisen, daß eine der in Bettacht kommenden Einzelhandlungen tat Bezirke des angerufenen Gerichts verübt worden ist. Gr. 58, 473, (W. 13, 887, IW. 13, 9261*). Wird die Klage wegen Unzuständigkeit des GettchtS abgewiesen, so wird, auch wenn eS sich um einen besonderen GettchtSstand (z. B. den des Verttages oder des Vermögen-, §§ 29, 23) gehandelt hat, RechtSttaft nur hinsichtlich deS Nichtbestehens deS behaupteten GettchtSstandeS begründet, nicht aber hinsichtlich der zugrunde liegenden Entscheidung über die strettige Rechtsbeziehung, aus der das Bestehen des GerichtsstandeS hergeleitet wurdq (z. B. nicht hinsichtlich des Erfüllungsortes, der Verttagsverpflichtung, deS Eigentums an einer Sache). RG. 40, 403, auch W. 13, 63, Sinnt. 4 § 322. — Gegenüber Klagansprüchen, für deren Geltendmachung gesetzliche Ausschlußfttsten in Bettacht kommen, wird die Fttst durch eine Lei einem unzuständigen Gettcht erhobene und deshalb erfolglos gebliebene Klage nicht gewahrt. RG. 3, sos, 88, 296, 92, 40, IW. 16, 1836», 17, 23i»i, (W. 17, s), vgl. auch Anm. zu § 276 (UeberWeisung von dem örtlich unzuständigen Gettcht, bei dem die Klage rechtzeitig erhoven worden war, an daS zuständige Gettcht nach Ablauf der Fttst). — Eine Klagerhevung bei einem öttlich oder sachlich unzuständigen Gettcht ist dagegen zur Unter­ brechung der Verjährung geeignet, sofern nur nicht wegen solcher Unzuständigkett die Klage avgewiesen wird. $ 212 BGB., RG. 66, 868, 92, 45.

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l.

A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

Allgemeiner Gerichtsstand.

12. Das Gericht, bei welchem eine Person ihren allgemeinen Gerichts­ stand hat, ist für alle gegen dieselbe zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand* begründet ist.

1 Ausschließlicher Gerichtsstand: ZPO. §§ 24 (dinglicher), 486 Abs. 8 (Sicherung des Beweises, wenn der Rechtsstreit noch nicht anhängig ist), 684 (Wiederaufnahme des Verfahrens), 606 (Ehesachen), 648, 666, 676, 679, 680, 684—686 (Entmündigung und gegen diese gerichtete Anfechtungs-, Wiederaufhebungs-, Aushebungs klage), 802 (für Entscheidungen in der Zwangsvollstreckungsinstanz, §§ 722, 781, 764, 767, 768, 771, 796, 797, 806, 828, 858—866, 873, 879, 887—890, 893, 894), 1006 Abs. 2 (Aufgebot einer Urkunde über ein im Grundbuch eingetragenes Recht). — KO. §§71 (KonkurSgericht), 146 Abs. 2 (Feststellung streitiger Forderungen), 164 Abs. 8 (in der Zwangsvollstreckungsinstanz nach Aufhebung deS Konkurses), 214 (RachlatzkonkurS), 236 (Konkurs über das Gesamtgut im Falle fortgesetzter Gütergemeinschaft), 238 Abs. 2 (Konkurs über inländisches Vermögen eines AuSländerS). — § 272 HGB. (Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft). — Ges., Bett, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, v. 1./6. 89 in d. Fass. v. 20./5. 98 (RGBl. 810) §§ 51, 109, 172 (Anfechtung eines Generalversammlungs­ beschlusses, einer vollstreckbaren Nachschubberechnung). — Ges., betr. die Gesellschaften m. b. H., v. 20./4. 92 in d. Fast. v. 2O./6. 98 (RGBl. 846) §§ 61, 62 (Auflösungsklage). — Ges. gegen den unlauteren Wettbewerb, v. 7./6. 09 (RGBl. 499) § 24 (für Klagen auf Grund dieses Gesetzes wegen unlauteren Wettbewerbes); vgl. dazu: RG. 44, 862: für den Gerichtsstand des Beklagten ist, wenn dieser mehrere Niederlasiungen im Jnlande hat, der Ort der Niederlassung maßgebend, auf deren Ge­ schäftsbetrieb stch die Wettbewerbshandlung bezieht; RG. 87, iss: befindet sich nur eine Niederlassung deS Beklagten im Jnlande, so begründet diese den inländischen Gerichtsstand, mag auch der Beklagte im Auslande noch Niederlaffungen haben und mag auch die im Auslande befindliche Niederlaffung die Hauptniederlassung sein oder diejenige, auf welche stch die unlautere Reklame bezieht, und hieran ändert es auch nichts, daß der Ort der im Auslande befindlichen Niederlassung in einem deutschen Konsulargerichtsbezirke liegt. — Anfechtungsklagen im Konkurse gegenüber einer Pfändüng find ausschließlich im Gerichtsstand des § 771 Abs. 1 zu erheben. RG. 18, 393, 80, 394, Gr. 38, iso, 492, IW. 94, 12218, 427“, 96, 202“. — Aus der Vereinbarung eines Gerichtsstandes, der fich schon aus dem Vertrag ergibt (z. B. als der des Erfüllungsortes), kann für fich allein noch nicht entnommen werden, daß dieser Gerichtsstand als ein ausschließlicher gewollt ist. Anm. 2 § 38. 1. deS Wohnsitzes.

13. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person* wird durch den Wohn­ sitz- bestimmt.1 Nicht bloß Angehörige des Deutschen Reichs, sondern auch Ausländer können im Jnlande einen allgemeinen Gerichtsstand haben. RG. 8,31.

2 Die ZPO. geht davon aus, daß der prozeßrechtliche Wohnsitz mit dem zivil­ rechtlichen zusammensällt, und läßt daher bezüglich des Begriffs des Wohnsitzes und der Voraussetzungen, unter denen dieser begründet und aufgehoben wird, das bürger­ liche Recht entscheiden (vgl. RG. 80, 348). Hieraus folgt, daß die Vorschriften deS BGB. über den Wohnsitz (§§7—11) auch in Ansehung des Gerichtsstandes ohne weiteres maßgebend find. RG. 67,193, IW. 01, 833», OLG. 20, 285. Dies gilt auch: hinstchtlich der Frage, ob ein Ausländer im Jnlande einen Wohnsitz hat, OLG. 20, 285; soweit eS stch um den Wohnsitz der vormals unmittelbaren Retchsstände handelt, IW. 01,833». Für die Frage aber, ob jemand im AuSlande einen Wohnsitz hat, ist das ausländische Recht maßgebend. RG. 34, 399, Gr. 28, 890, OLG. 20, 285. — Der Ort des Wohnsitzes ist nicht allgemeinhin die polittsche Gemeinde, zu der die Niederlassung gehört, vielmehr kann er nach Maßgabe landesgesetzlicher Be­ stimmung auch ein kleinerer Bezirk einer Gemeinde sein. Ist daher der Bezirk einer polittschen Gemeinde (z. B. Berlin) in mehrere GerichtSbezirke geteilt worden, so ist

Erster Abschnitt.

Gerichte. Zweiter Titel.

Gerichtsstand.

§§ 12—14.

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der allgemeine Gerichtsstand einer Person Lei dem Gerichte desjenigen Sprengels begründet, worin der Raumabschnitt ihrer ständigen Niederlassung belegen ist. RG. 67,191. — Ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit Beschräntter kann nach § 8 BGB. nur mit dem Willen seines gesetzlichen Vertteters einen Wohnsitz begründen oder aufheben (vgl. Gr. 89, 1150, IW. 96, 16611, OLG. 2, 445, 25, 1, 33,19). — Bezüglich des Wohnsitzes der Ehefrau bestimmt § 10 BGB.:

„Die Ehefrau teilt den Wohnsitz des Ehemanns. Sie teilt den Wohn­ sitz nicht, wenn der Mann seinen Wohnsitz im Ausland an einem Orte begründet, an den die Frau ihm nicht folgt und zu folgen nicht verpflichtet ist. Solange der Mann keinen Wohnsitz hat oder die Frau seinen Wohnsitz nicht teilt, kann die Frau selbständig einen Wohnsitz haben.“ Die Ehefrau hat den abgeleiteten gesetzlichen Wohnsitz am Wohnsitze des Mannes auch dann, wenn sie tatsächlich von ihm getrennt lebt, und, falls der Wohnsitz im Jnlande liegt, selbst dann, wenn sie ihm gemäß § 1864 Abs. 2 BGB. nicht zu folgen braucht. RG. 69, 337. Jedoch im Falle der Aufhebung der ehelichen Gemeinschäft durch Urtctl treten nach § 1686 BGB. die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen ein, also der Frau gegenüber auch der Verlust deS gesetzlichen Wohnsitzes. Mot. 88, RG. 59, 340. — Bezüglich des Wohnsitzes der Kinder bestimmt § 11 BGB.:

„Ein eheliches Kind teilt den Wohnsitz des Vaters, ein uneheliches Kind den Wohnsitz der Mutter, ein an Kindesstatt angenommenes Kind den Wohnsitz des Annehmenden. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig auf hebt. Eine erst nach dem Eintritte der Volljährigkeit des Kindes erfolgende Legitimation oder «Annahme an Kindesstatt hat keinen Einfluss auf den Wohnsitz des Kindes.“ Für die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes ist das Gericht des Wohnsitzes des anfechtenden VaterS zuständig. OLG. 31, v, 36, 201, Vordem, vor § 12 Abs. 6. — Ueber den Wohnsitz eines minderjährigen Reichswehrsoldaten vgl. IW. 21,1091®. — Nach §7 BGB. (s. oben) wird der Wohnsitz durch ständige Niederlassung (mit dem Willen des dauernden Aufenthalts und regelmäßig in der Absicht, den Ort zum Mittelpuntt der Lebensverhältnisie zu machen, RG. 8,147, 16, 367, 30, 348, 67, 193, IW. 96, 265«, W.16, 269,22, 24, OLG. 19,130, 20, 285; jedoch ist die letztere Absicht nicht unbedingt notwendig, OLG. 22, ios) erworben und durch Aufgabe der Niederlasiung aufgehoben. — Zur Begründung des Wohnsitzes ist nicht bloß ein hierauf gericbteter Willensentschluß, sondern auch die Verwirklichung dieses Willens durch entsprechende Tat erforderlich. Gr. 44,714, W. 16, 269. Vorübergehende Abwesenheit steht aber nicht entgegen. W. 16, 269. Die gewerbliche Niederlassung, mit der eine eingerichtete Wohnung nicht verbunden ist, begründet für sich allein keinen Wohnsitz. RG. 80, 350, OLG. 18, 307, 22, 108. Wohl aber Jnnehaben einer kaufmännischen Stellung oder eines WirtschaftsvetriebeS und einer Familienwohnung an demselben Ort. IW. 98,257*, OLG. 22, ios. Ein auf gewisse Dauer berechnetes ArbeitSverhältniS begründet für einen Gewervegehilfen zwar den Gerichtsstand des AufenthaltSotteS im Sinne des § 21, reicht aber für fich allein zur Annahme eines Wohnsitzes am Arbeitsotte nicht aus. IW. 99, 835-®. Ein Niederlassen (tat Auslande) mit dem Bewußtsein, daß durch Behörden, deren Zustimmung erforderlich, das Verbleiben vereitelt werden könne (z. B. bet Juden in Rußland), begründet noch keinen Wohnsitz. IW. 96, 4*. — Zum Verluste eines erworbenen Wohnsitzes reicht die Abficht, ihn aufzugeben, allein nicht hin, vielmehr müffen Tatsachen hinzutreten, durch die diese Absicht verwirklicht wird. IW. 99, 28®, OLG. 35, 26. Durch Eintritt in eine Strafanstalt behufs Verbüßung einer Sttafe wird ein Wechsel des Wohnsitzes nicht be­ wirkt. IW. 84, 299. — Ueber doppelten Wohnsitz, wobei an jedem der mehreren Wohnsitze der allgemeine Gerichtsstand begründet ist, f. § 7 Abs. 2 BGB. und Gr. 34, 1141, 89, 1131, IW. 98, 257b OLG. 17, 80, 22, 108, 35, 26. 8 Maßgebend ist der Wohnsitz im Zeitpunkt der Klagerhebung: § 268 Nr. 2. — Jedoch genügt eS zur Begründung des allgemeinen Gerichtsstandes, daß der Beklagte vor der ersten mündlichen Verhandlung seinen Wohnsitz in den Bezirk deS an­ gerufenen Gerichts verlegt hat. Vordem, vor § 12, Sinnt. 6 § 263.

14. Ist der für den Wohnsitz* einer Militärpersor? maßgebende Garnison­ ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der als Wohnsitz geltende

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Erste- Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung be­ stimmt? 1 Bestimmt sich nach § 9 BGB., welcher lautet:

„Eine Militärperson hat ihren Wohnsitz am Garnisonorte. Als Wohn­ sitz einer Militärperson, deren Truppenteil im Inlande keinen Garnisonort hat, gilt der letzte inländische Garnisonort des Truppenteils. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Militärpersonen, die nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.* Dgl. Anm. 2 § 13. — Im Falle der Mobilmachung: § 89 Abs. 8 ReichsmilitGes. v. 2./b. 74 (RGBl. 45), jetzt jedoch ausgehoben durch § 48 Nr. 3 Reichswehrges. v. 23./3. 21 (RGBl. 329). — Ueber den Garnisonort bei einem mehr alsechsmonatigen Kommando vgl. OLG. 29, so. — Ueber den Garnisonort der während de- Krieges aufgestellten Formationen, die keinen Friedensstandort hatten, vgl. Erl. v. 27./2. 16 (JMBl. 56). 2 § 4 u. Anl. d. MilitStrafgesB. v. 20./6. 72 (RGBl. 174, 204), Der., Vetr. die Klaffeneinteilung der Militärbeamten des Reichsheeres und der Marine, v. 1./8. 08 (RGBl. 483). Dgl. jetzt §§ 1 ff. Reichswehrges. v. 23./3. 21 (RGBl. 329). • Durch diese Vorschrift sollen die Schwierigkeiten beseitigt werden, die ftch daraus ergaben, daß für die Fälle der Teilung de- Garnisonort- in mehrere Gerichts­ bezirke hinsichtlich der Zuständigkeit früher (vor Nov. v. 17./5. 98) entscheidend war, in welchem der Gerichtsbezirke fich die Kaserne de- Truppenteil- oder da- Bureau der Kommandovehörde befand. Mot. 82. Für Berlin und Charlottenburg früher Derf. v. 11./12.13 (JMBl. 468); jetzt für Groß-Berlin: Derf. v. 1./5.23 (JMBl. 360). — Bezüglich der Militärpersonen, deren Truppenteil sich im Ausland aufhielt, vgl. § 8 Ges., Vetr. Rechtsangelegenheilen in Heer u. Marine, v. 28./5. 01 (RGBl. 186), auch Der. v. 16./11. 02 (RGBl. 280) (ostaflatische BesatzungSbrigade).

15. (16.) Deutsche, welche das Recht der Exterritorialität genießen,* so­ wie die töt Ausland angestellten Beamten* des Reichs oder eines deutschen Landes ba behalten in Ansehung des Gerichtsstandes dm Wohnsitz, welchm sie in dem Heimatstaate hatten. In Ermangelung eines solchm Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimatstaats als ihr Wohnsitz; ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört ein Deutscher einem deutschen Lande3» nicht an,* so gilt als sein Wohnsitz die Stadt Berlin; ist die Stadt Berlin in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von dem ReichSminister der Justiz 3» durch allgemeine Anordnung bestimmt? Auf Wahlkonsuln* findm diese Bestimmungm keine Anwendung. i Dgl. §§ 18—21 GDG. — Mitglieder (früher de- Bundesrats, jetzt) des Reichsrats: §18 Abs. 2 GDG.n. F. (nicht der Gerichtsbarkeit deS Staates unter­ worfen, in dessen Gebiete der Reichsrat seinen Sitz hat). « Dgl. §§ 7, 8 BGes. v. 8./11. 67 (BGBl. 137) (Berufskonsuln), § 8 Schutzgebietsges. (f. Anm. 8, Beamte in den Schutzgebieten). • Seit dem Gesetze, vetr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete v17./4. 86, neue Fass. v. 10./9. 00 (RGBl. 812) § 6, gab eS Reichsangehörige, die keinem Bundesstaat angehörten (vgl. Aenderung des § 11 StPO, durch Art. 85 EG. z. BGB.). Dgl. jetzt §§ 33, 34 Reichs- und Staatsangehörigkeitsges. v. 22./7. 13 (RGBl. 583). — Für diejenigen Reichsbeamten, die nicht Deutsche find (vgl?§ 9 Abs. 2 deS Staatsangehörigkeitsges. v. 1./6. 70 und deS Ges. v. 20./12. 75 sRGBl. 824], jetzt §§ 15, 34 Reichs- und Staatsangehörigkeitsges.), bleibt daneben die Vor­ schrift deS § 21 des Reichsbeamtenges. v. (ftüher 31./8. 78, jetzt) 18./5. 07 (RGBl. 245) maßgebend. Mot. 83. s» Durch die Text-Bek. v. 13./5. 24 ist an Stelle von „Bundesstaat" gesetzt

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Zweiter Titel.

Gerichtsstand.

§g 15—17»

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„deutsche- Land" und an Stelle von „Reichskanzler" gesetzt „Reichsminister der Justiz" (vgl. Art. 2, 56, 179 RDerf. v. 11./8. 19). * Bestimmt ist der Bezirk deS Amtsgerichts Berlin-Mttte: Anordn. v. 21./4. 06 (RGBl. 468), Preuß. Vers. v. 24./4. 06 (MBl. t B. 128). 6 §§ 9, 10 BGes. v. 8./11. 67 (BGBl. 187).

2. deS Aufenthaltsortes.

16. (18.) Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, welche keinen Wohnsitz* hat, wird durch den Aufenthaltsort im Deutschen Reiche und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt. 1 Oder einen neuen Wohnsitz (im Jnlande oder Auslande) noch nicht erlangt hat; s. Anm. 2 § 18. * Das Sichaufhalten ist ein rein tatsächliches Berhalten, das körperliche Sein einer Person an einem Orte, ohne Rücksicht darauf, ob der Aufenthalt auf die Dauer berechnet ist sowie ob die Person die Anwesenheit gewollt hat und ob sie sich auch nur dieser Anwesenheit bewußt ist. IW. 92, 461», W. 12, 400, OLG. 88, 6. DieS gilt auch hinsichtlich deS Gerichtsstandes deS zu Entmündigenden (§ 648). IW. 97, 801«, W. 12, 880, Vgl. Anm. 2 § 648. Dgl. dagegen § 8 Abs. 2 StPO., § 10 Ges. über d. Unterstützungswohns. (früher v. 6./6. 70 u. 12./8. 94) v. 7./6. 08, in Bayern eingeführt durch Ges. v. 30./6. 13 (RGBl. 495), in Kraft fett l./l. 16 (D. v. 4./4. 15, RGBl. 221). — ES genügt, daß sich der Beklagte in dem Bezirke deS Gerichts so lange aufhält, daß ihm daselbst die Klage zugestellt werden kann, sei es an ihn persönlich, sei es im Wege der Ersatzzustellung an die in den §§ 181, 188 Bezeichneten; letzterenfalls allerdings unter der Voraussetzung, daß er an dem Orte eine Wohnung oder ein GeschäftSlokal hat. OLG. 20, 285. Eine vorübergehende Unterbrechung des auf längere Zett berechneten Aufenthalts berührt nicht die Zuständigkeit. OLG. 38, e. — Ausschließlicher Gerichtsstand des Aufenthaltsortes: § 24 Ges. gegen den unlauteren Wettbewerb v. 7./6. 09. * Der Kläger muß znr Begründung des Gerichtsstandes nicht nachweisen, daß der Beklagte tatsächlich keinen Wohnsitz hat. OLG. 15,54, 19, 131. Wohl aber, daß ihm auf den nach Lage der Sache vernünftigerweise einzuschlagenden Wegen nicht möglich gewesen ist, einen im Jnlande oder AuSlande belegenen, gegenwärtigen Wohnsitz oder einen im Reiche belegenen Aufenthaltsort des Beklagten zu ermitteln, und daß er daher von einem solchen Wohnsitz oder Aufenthaltsort keine Kenntnis habe. RG. 27, 401, IW. 00, 410», OLG. 20, 285, 27, 17. Auch kann der Beklagte in jedem Falle die Unzuständigkeit des Gerichts seines ftüheren Wohnsitzes durch den Nach­ weis dartun, daß er zur Zeit der Klagerhebung an einem anderen Orte seinen Wohn­ sitz gehabt habe. OLG. 19, 131. — Ueber den Begriff des Wohnsitzes sowie über inländischen und ausländischen Wohnsitz vgl. Anm. 2 § 18. 8. deS Sitzes der Verwaltung bei Gemeinden, Korporationen usw.

17. (19.) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen, sowie derjenigen Gesellschaften? Genossenschaften9 oder anderen Vereine9 und derjenigen Stiftungen? Anstalten^ und DermogenSmassen, welche als solche verklagt werden könnm, wird durch den Sitz derselben bestimmt. Als Sitz gilt, wenn nicht ein anderes erhellt, der Ort, wo die Verwaltung geführt roirb.9 Gewerkschaften9 haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gerichte, in bessert Bezirke das Bergwerk liegt? Behörden? wenn ste als solche verklagt werdm können, bei dem Gerichte ihres Amtssitzes. Sieben9 dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen besttmmten Gerichts­ stand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.'9

1 Die offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Attiengesellschasten (§§ 124, 161 Abs. 2, 210, 820 Abs. 2 HGB.). Ferner: die Gesellschaften m. b. H.

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch.

Allgemeine Bestimmungen.

sGes. v. 20./4. 92 in d. Fast. v. 20./5. 98 sRGBl. 846]); die deutschen Kolonial­ gesellschaften (§§ 11—18 Schutzgebietsges. v. 17./4. 86 in d. Fast. v. 10./9. 00 sRGBl. 812]); deutsche Reichseisenbahngesellschaft (Reichsbahnges. v. 30./8. 24 (RGBl. II 272]). 2 Die eingetragenen Genossenschaften (§§ 6, 10 Ges. v. 1./6. 89 in d. Fast. v. 20./6. 98 sRGBl. 810]), s. dazu IW. 02, iöi- (durch Statut wird der Sitz festgestellt, auf den Ort der Verwaltungsführung kommt es nicht an). Ferner: Innungen, Jnnungsausschüffe, Handwerkskammern, Jnnungsverbände (§§ 86, 101, 108 n, 104 h GewOrdn. in d. Fass. v. 26./7. 00 sRGBl. 871]); die Krankenkassen, UnfallverficherungS-Berufsgenoffenschaften, Jnvaliden-VerstcherungSanstalten (§§ 8 ff. RVersOrdn. v. 19./7. 11 sRGBl. 509]; früher §§ 86, 42 Gewerbe-UDG. v. 6./7. 84, §§ 88, 44 LandWirtsch.-UVG. v. 6./6. 86, §14 Bau-UVG. v. 11./7. 87, §§ 87, 42 See-UBG. v. 18 /7. 87, sämtlich in d. Faff. v. 5./7. 00); Genoffenschaften zum Zwecke der Bodenverbefferung (Der. v. 28./10. 14 (RGBl. 466], Ges. v. I8./12. 22 sRGBl. 1928]); Oedlandgenoffenschaften (Per. v. I8./2. 24 sRGBl. I 1111). — Preußen: Jagdgenoffenschäften (§ 16 Jagdordnung v. 15./7. 07 sGS. 207]); Waffergenoffenschaften (§§ 206, 209, 214 Waffergesetz v. 7./4. 13 sGS. 53], VO. v. 13./4. 14 sGS. 64]); Genoffen­ schaften zur Bodenverdefferung von Moor-, Heide- und ähnlichen Ländereien (VO. v. 7./II. 14 sGS. 165], 25./3. 15 sGS. 53], Ges. v. 5./5. 20 sGS. 351]); Fischereigenoffenschaften (§§ 36, 39, 43 Fischereigesetz v. 11./5.16 sGS. 155], VO. v. 27./3. 17 sGS. 50]). » Die §§ 21, 22 BGB. bestimmen:

21. Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereins­ register des zuständigen Amtsgerichts. 22. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechts­ fähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Bundes­ staate zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hat. Vgl. hierzu Preußen: Art. 1 Ver. zur Ausführung des BGB. v. 16./11. 99 (GS. 562) (Verleihung der Rechtsfähigkeit an einen Verein). — Rach § 54 BGB. finden auf Vereine, die nicht rechtsfähig find, die Vorschriften über die Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB.) Anwendung. Vgl. jedoch über die Unterscheidungsmerkmale zwischen einem nicht rechtsfähigen Verein und einer Gesellschaft Anm. 8 § 50. < § 80 BGB. Vgl. dazu Preußen: Art. 1—5 AG. z. BGB. v. 2O./9. 99 (GS. 177), Art. 4 Ver. zur Ausführung deS BGB. v. 16./11. 99 (GS. 562) (Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung). — § 17 gilt auch für die Klage gegen die Stiftung aus § 88 BGB. OLG. 31, io. 5 Vgl. §§ 96 ff. Verstcherungsgesetz für Angestellte v. 20./12. 11 (Reichs­ versicherungsanstalt für Angestellte), §§ 15 ff. Ges. über die privaten Versicherungs­ unternehmungen, v. 12./5. 01 (Verstcherungsvereine auf Gegenseitigkeit), §§ 1, 7 Reichs-Bankges. v. 30./8. 24 (Reichsbank), § 1 Ges. v. 18./8. 24 (Deutsche Reichs­ post), § 1 Ges. v. 19./3. 24 (Deutsche Golddiskontbank); früher § 1 Ver. v. 12./2. 24 (Deutsche Reichsbahn), jetzt aufgehoben durch § 47 Ges. v. 30 /8. 24 (s. Anm. 1). — Preußen: Preußische Zentralgenoffenschaftskasse (Ges. v. 81./7. 95 in d. Faff. v. 8./3. 24 sGS. 175]). Ueber Rechtsverhältnisse der Sterbekaffen vgl. Berf. v. 26./10. 16 (MBl. t. V. 241). 6 § 96 Preuß. Allg. Vergges. v. 24./6. 65. Vgl. RG. 75, 322 (§ 96 Avs. 2 ABG. über den Gerichtsstand der Gewerkschaft ist durch § 17 Abf. 2 ZPO. gegen­ standslos geworden). 7 Liegt es in mehreren Gerichtsbezirken, so ist der allgemeine Gerichtsstand bei jedem der mehreren Gerichte begründet. RG. 82, 385. Wegen des besonderen ding­ lichen Gerichtsstandes vgl. § 86 Nr. 4. — Eine Gewerkschaft kann zwar einen doppelten „Sitz" nicht haben, dagegen ist eine in der Satzung gegebene Bestimmung eines bloßen „VerwaltungSfitzeS" (d. t. des Ortes, wo die Verwaltung geführt wird) neben dem eigentlichen Sitz zulässig (ebenso wie bei der Aktiengesellschaft, s. Anm. 9), und eS kann dieser Verwaltungssitz durch die Satzung auch als „besonders geregelter Gerichtsstand" gemäß $ 17 Abs. 3 bestimmt werden. Gr. 62, 654, (W. 18, 47, IW. 18, 305«), OLG. 39, 36.

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Zweiter Titel.

Gerichtsstand.

§ 18.

47

• Vgl. Anm. 1 § 416 (Begriff der Behörden). • AuSschließen kann das Statut den allgemeinen Gerichtsstand des Avs. 1 u. 2 nicht. RG. 32, 384. Dagegen kann durch eine auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis und die daraus entspringenden vermögensrechtlichen Streitigkeiten sich beziehende Vereinbarung, die nach §§ 88 ff. zu beurteilen ist, ein besonderer ausschließlicher Gerichts­ stand (z. B. einer Gesellschaft) begründet werden. IW. 06, 723". — Ist als Sitz einer Aktiengesellschaft In der Satzung ein Ort bestimmt, der von dem Orte, wo die Verwaltung der Aktiengesellschaft geführt wird, verschieden ist, so ist jener Ort allein, nicht daneben auch dieser der den allgemeinen Gerichtsstand bestimmende Sitz, da nach Abs. 1 Satz 2 der Derwaltungsort nur dann als Sitz gilt, wenn nicht ein anderes erhellt. Möglich ist nur, daß die Aktiengesellschaft außer ihrem durch den statutarischen Sitz bestimmten gesetzlichen allgemeinen Gerichtsstand noch einen zweiten allgemeinen Gerichtsstand auf Grund einer tot Abs. 8 zugelassenen besonderen statutarischen Regelung hat. RG. 69, los. Das gleiche gilt bet einer Gesellschaft m. b. H. von dem in der Satzung (Gesellschaftsvertrag) bestimmten Sitze der Gesellschaft im Verhältnis zum Verwaltungsort, der in der Satzung weder als Sitz der Gesellschaft noch gemäß Abs. 3 als besonders geregelter Gerichtsstand neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Sitzes bestimmt ist. IW. 06, 206«, W. 13, 386. Vgl. OLG. 13, 73 und bezüg­ lich einer Gewerkschaft Anm. 7. — Ist im Statut dem Gesetze gemäß ein Sitz in einer bestimmten Gemeinde bestimmt, so ist der Ort nicht auf andere Gemeinden aus­ zudehnen, wenngleich diese mit jener im Verkehrsleben zu einem Sammelnamen zusammengefaßt zu werden pflegen (z. V. nicht auf Vororte). RG. 69, 109. — Ist toi Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft als Sitz ein Ort bestimmt, der in mehrere GerichtSbezirke geteilt ist, z. B. Berlin, so ist nach Abs. 1 der Teil für die Zuständigkeit maßgebend, in dem die Verwaltung geführt wird, und zwar gegenwärtig. OLG. 20, 287.

10 z. B. der Gerichtsstand am Wohnorte des jeweiligen Vorsitzenden des Vor­ standes einer Gesellschaft m. b. H. (s. Anm. I). IW. 06, 206». — Fortdauer deS Gerichtsstandes der Gesellschaften, Genossenschaften, Vereine nach deren Auslösung: HGB. §8 166, 161 (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellsch.), 294 Abs. 2, 820 Abs. 3 (Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft aus Aktien); § 69 Ges. v. 20./4. 92 in d. Fass. v. 2O./6 98 (RGBl. 846) (Gesellschaften m. v. H.); § 87 Abs. 2 Ges. v. 1./6. 89 in d. Faff. v. 2O./5. 98 (RGBl. 810) (Erwerbs- und Wirtschastsgenoffenschasten); § 49 Abs. 2 BGB. (Vereine).

18. (20.) Der allgemeine Gerichtsstand des FiskuS wird durch den Sitz der Behörde bestimmt, welche berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten.» 1 Soweit keine Sonderbestimmungen bestehen, hat das Reich am Sitz der obersten Reichsbehörde, also in Berlin, Recht zu nehmen. Es wurde früher durch den Reichs­ kanzler oder seinen gesetzlichen Stellvertreter (Ges. v. 17./3. 78) vertreten. RG. 8,1, 11, 93, 16, 37, Gr. 31,1139. Vgl. demnächst RGes. über die vorläufige Reichsgewalt v. 10./2. 19 (RGBl. 169) § 8 (Reichsminister), jetzt § 6 RUebergangsges. v. 4./3. 19 (RGBl. 286), Art. 56, 179 ReichSverfaffung v. 11./8. 19, §§ 6, 7, 8 Geschäfts­ ordnung d. Reichsregierung v. 8./5. 24 (RMBl. 173) (die Reichsminister in den ihnen anvertrauten Geschäftskreisen). Als Sonderbestimmungen sind aber für die Frage, welche Behörde im Einzelfalle -zur Vertretung, und zwar zur ausschließlichen Vertretung des Reichsfiskus im Prozeffe berufen ist, in Ermangelung von besonderen Gesetzes­ vorschriften die von den obersten Reichsbehörden erlaffenen Dienstanweisungen zu erachten. RG. 35,15, Gr. 55,1049, (W. 11, 202). Z B. Vers., betr Vertretung des Reichs: in Angelegenheiten der ehemaligen Zivilverwaltungen in besetzt gewesenen feindlichen Landesteilen, V.27./12. 23 (PrJMBl. 763); im Geschäftsbereiche des Reichskommissars für Auslandschäden, v. 14./7. 20 (JMBl. 382); im Geschäftsbereiche des Reichs­ verwertungsamts, v. 5./7. 20 (JMBl. 373); durch den Präsidenten der Reichs­ vermögensverwaltung f. d. besetzte rheinische Gebiet in Coblenz für den Geschäftsbereich seiner Verwaltung, v. 12./4.21 (JMBl. 281); im Geschäftsbereich der Reichsfinanz. Verwaltung, v. 24./4. 22 (JMBl. 146), dazu Der. über die Auflösung des Reichsschatzministeriums v. 21./3. 23 (RGBl. I 233); tot Versorgungswesen, v. 29./5. 22

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A* II. Zivilprozeßordnung Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

(JMBl. 201). — Der ReichSmilitärfiSkuS wurde früher in der Regel durch die Kontingents­ verwaltungen der Einzelstaaten vertreten. RG. 16, 87, 20, 148, 24, -7, 35, u, 43, is, 68, 242, 77, 866, IW. 08, 543‘, 11, 54832. Welche Behörden zu seiner Vertretung berechtigt waren, bestimmte stch nach Landesrecht. RG. 77, 366. In Preußen waren eS regelmäßig die Korpstntendanturen (vgl. KabOrder v. l./ll. 1820, Reskr. v. 4J7. 28 U. 6./8. 28, RG. 20, 148, 24, 86, 54, 202, 77, 858, IW. 08, 10821, 08, 643i, Gr. 48, 1086, W. 16, 42, aber auch RG. 35, 13, 77, 35S, 88, 327, IW. 98, 637, W. 16, 303. Aber nicht die Intendanturen selbst, sondern der ste verantwortlich leitende, die Behörde darstellende Intendant. RG. 83, 163. Dgl. jetzt über die Vertretung deS Reichsfiskus in Angelegenheiten des Reichsheers Erlaß v. 29./8. 22 (RZBl. 548). — Ueber die Vertretung des ReichSmarinestSkuS in Rechtsstreitigkeiten vgl.: früher Erlaß vom 11./2. 1910 (MarVBl. 81), demnächst; Erlaß v. 28./4. u. Seif. v. 23./5.21 (RGBl. 397, PrJMBl. 316), jetzt Erlaß v. 28./8. 23 u. Derf. v. 14./6. 23 (PrJMBl. 373). — Wer den LandeSfiskuS eines deutschen Landes (früher BundeSstaateS) in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu vertreten hat, bestimmt sich nach den Gesetzen deS betreffenden Landes. Sie entscheiden darüber, welche Behörde nach Maßgabe der in Betracht kommenden organisatorischen Vorschriften zur Wahrnehmung der Rechte deS Staates im Hinblick aus die zu erledigende Dermögensangelegenheit berufen ist. RG. 67, 77, OLG. 38, 226. — Preußen: In der Regel wird hier der FiskttS durch die BezirkSregierung vertreten, § 14 Jnstr. V. 28./10.1817 (GS. 267), Gr. 48,1204,54,1119, 55, 1161, OLG. 35, 82, jedoch nur hinsichtlich der in Rücksicht des RegierungSreffortS (d. t. der inneren Verwaltung, soweit sie zum Geschäftskreise der Regierungen gehört) entstehenden Prozeffe, IW. 10, 12384; auch in den über daS Ernennungsrecht zu den geistlichen Stellen geführten Prozessen, Gr. 60, eso, (IW. 16, iso14). Ausnahmsweise durch die Provinzialbehörde des betreffenden Verwaltungsrefforts, Gr. 54, ins, (IW. 10,123*); vgl. Ges. v. 24./S. 61 (GS. 241); §§ 18, 25, 46, 166 Ges. über die allg. Landesverwaltung v. 80./7. 88 (GS. 196); Der. v. 8./11. 84 (GS. 849); dazu Gr. 61, 830 (Klage, betreffend Schadensersatz für eine direkte Steuer). Ueber die Vertretung des Fiskus durch die Landeskulturämter (früher: Generalkommisstonen, § 1 Ges. v. 3./6. 19 sGS. 101]) als Provinzialbehörden vgl. Gr. 54, ms, (IW. 10, 12334, W. 10, 87). Ueber die Vertretung des Fiskus: in Bergrechtssachen vgl. Verf. v. 26./2. 12 (JMBl. 74); in Angelegenheiten deS Eigentums und der Nutzungen an den natürlichen Wafferläufen erster Ordnung vgl. Verf. v. 6./8. 14 (MBl. i. V. 262). Die Justizverwaltung wird teils durch den Gerichtskassenrendanten (in den die Gerichtskaffe betreffenden Angelegenheiten; nicht durch den Kaffenkurator, OLG. 81, 223), teils durch die Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten vertreten (Generalstaatsanwalt ist aber nur Vertreter im Prozeß). § 2 Ges., betr. die Vertretung des Fiskus in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der Justizverwaltung, v. 14./8. 86 (GS. 66), dazu Verf. v. 28./8. u. 24./8. 86 (JMBl. 119 u. 121), Nr. 6 Verf. v. 19 /11. 86 (JMBl. 822), Verf. v. 28./12. 86 (JMBl. 840) u. hierzu Gr. 89, 118I (Vertretung des Fiskus durch den Generalftaatsanwalt bet Ansprüchen eines Justizbeamten aus dem Dienstverhältnis), Verf. v. 23./6. 07 (JMBl. 893) u. RG. 68, 147, 77,367 (bei Entschädigungsklagen der im Wiederauf­ nahmeverfahren fteigesprochenen Personen oder wegen unschuldig erlittener Unter­ suchungshaft sRGes. v. 20./5. 98 u. 14./7. 04] wird der JustizfiskuS durch den Generalstaatsanwalt, in dessen Bezirke das den Entschadigungsveschluß erlassende Gericht seinen Sitz hat, vertreten), Gr, 58, 693 (wenn bei der Einziehung der Gerichts­ kosten die Zahlungspflicht streitig wird, vertritt den Fiskus in dem vom Kosten­ schuldner angestrengten Prozeß der Generalstaatsanwalt). Ueber Vertretung deS FiskuS in den vor Gerichten der Abtretungsgebiete anhängigen, an deutsche Gerichte üverzuleitenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die zum Geschäftsbereiche des Ministeriums des Innern gehören, vgl. Verf. v. 14./12.20 (JMBl. 723). — Neven dem allgemeinen Gerichtsstand bestehen für den FiSkuS auch die besonderen Gerichtsstände; in diesen wird er durch die vorgenannten Behörden vertreten. — Die einzelnen fiskalischen Stationen sind nicht besondere RechtSsnbjekte. RG. 2, 892, IW. 99,826. So ist der Fiskus nur eine Rechtsperson, auch wenn Schadensersatz wegen Verschuldens mehrerer selbständiger Verwaltungen (z. B. der sfrüheren] Eisenbahnverwaltung und der Postverwaltung) gefordert wird. W. 08, 184. —* Die Vertretung eines ausländischen FiSkuS bestimmt sich

Erster Abschnitt.

Gerichte.

Zweiter Titel.

Gerichtsstand.

§§ 19, 20.

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nach den Gesetzen des ausländischen Staates; jedoch unterliegen nach einem allgemein anerkannten Satze des Völkerrechts außerdeutsche Staaten, abgesehen von Streitigkeiten über im Inlands belegens unbewegliche Sachen und von dem Falle freiwilliger Unterwerfung, nicht der inländischen Gerichtsbarkeit. RG. 62, 165,102, 253, 103, 275, OLG. 38, 227, vgl. Anm. 2 § 18 GVG- Umgekehrt kann der deutsche Fiskus selbst auS rein privatrechtlichen Geschäften vor den Gerichten eines fremden Staates (z. B. eines solchen, der durch den Friedensvertrag v. 28./6. 19 vom Deutschen Reich abgetrennt worden ist) nicht belangt werden, eS sei denn, daß er sich solcher Gerichtsbarkeit unterworfen hat oder es sich um eine Klage in ausschließlichem Gerichtsstände handelt. RG. 102, so«.

IS? Ist der Ort, an welchem eine Behörde ihren Sih hat, in mehrere GerichtSbezirke geteilt, so wird der Bezirk, welcher im Sinne der §§ 17, 18 als Sih der Behörde gilt, für die Reichsbehörden von dem Reichsminister der Justiz,1B im übrigen von der LandeSjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt? i Die Vorschrift (Rov. v. 17./5. 98) hat die Beseitigung von Schwierigkeiten bei Feststellung des allgemeinen Gerichtsstandes in diesen Fällen zum Zwecke. Mot. 83. i» Durch die Text-Bek. v. 18./5. 24 ist an Stelle von „Reichskanzler" gesetzt „Reichsminister der Justiz" (vgl. Art. 56, 179 RVerf. v. ll.fi. 19). 8 Für: Berlin und Umgebung: Bek. v. 21./4. 06 (RGBl. 464) u. Preuß. Vers. v. 25./4. 06 (MBl. 1. D. 128); Düsseldorf: Derf. v. L2./5. 09 (JMBl. 125); Köln: Berf. v. 24./6. 14 (JMBl. 557). n. Besonderer Gerichtsstand 1. des Orts der Beschäftigung.

20. (21.) Wenn Personen1 an einem Orte unter Verhältnissen, welche ihrer Natur nach auf einen Aufmthalt von längerer Dauer Hinweisen? ins­ besondere als Dienstboten, Hand- und Fabrikarbeiter, Gewerbegehilfen, Studierende, Schüler oder Lehrlinge sich aufhallen, so ist das Gericht des Aufenthaltsorts für alle Klagen zuständig, welche gegm diese Personen wegen vermögensrechtlicher 8 Ansprüche erhoben werden. Diese Bestimmung findet auf Militärpersonen, welche selbständig einen Wohnfitz nicht begründen können? in der Art Anwendung, daß an die Stelle des Gerichts des Aufenthaltsorts das Gericht des Garnisonorts tritt? Die Vorschrift deS § 14 findet entsprechende Anwendung. 1 In- oder Ausländer. — Die speziell genannten Fälle sind nur Beispiele. Der allgemeine Grundsatz geht dahin, -aß der Gerichtsstand begründet ist, wenn Umstände vorliegen, die von vornherein einen länger dauernden, wenngleich nicht un­ unterbrochenen Aufenthalt bedingen, andererseits einen festen Wohnfitz nicht zulassen oder begründen sollen. RG. 30, 328, IW. 00, 653b OLG. 23, ?s. Solch einen Aufenthaltsort haben z. B. Gelehrte zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit, Kranke zu einer längeren Badekur, Abgeordnete für die Dauer der Session. OLG. 20, 286. Auch Sträflinge gehören hierher. Gr. 29, 117. Ferner kann ein Gerichts­ stand aus § 20 auch gegen eine von ihrem Manne getrennt lebende Eheftau begründet sein. OLG. 28, 79. 2 Ob der Aufenthalt wirklich lange gedauert hat, ist unerheblich. RG. 30, 32s, s. Anm. 2 § 16 u. Anm. 2 § 18. • Nicht für Rechtsstreitigkeiten über Familien» und StandeSrechte, Ehrenrechte und Ehesachen. RG. 40, 412, IW. 00, 797, 02, 862«. Vgl. auch Anm. 1 § 546 (Begriff der vermögensrechtlichen Ansprüche). Ein Anspruch deS Mannes gegen seine von ihm getrennt lebende Eheftau auf Herausgabe eine- Schuldscheins ist ein vermögenSrechtlicher, mag er auch teilweise in familienrechtlichen Beziehungen wurzeln. OLG. 23,79. * Durch die Text-Bek. v. 18./5. 24 find zufolge § 1 RGes. über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht usw. v. 21./8. 20 (RGBl. 1608) die Worte „welche nur Zivilprozeßordnung. 18. ttufl.

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A. II. Zivilprozeßordnung, Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder" vor den Worten „welche selbständig" gestrichen. — Vgl. Anm. 1 § 14. 6 Bestellung eines besonderen Vertreters: § 57 Abs. 2 (wenn der bet dem Ge­ richte deS Aufenthaltsortes Beklagte nicht prozeßfähtg ist). 2. der Niederlaffung.

21. (22.) Hat jemand zum Betriebe einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung? von welcher aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden? so können gegen ihn alle Klagen, welche auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben? bei dem Gerichte des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.* Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, welche ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften? soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.6 1 Eine „Niederlassung" erfordert eine Geschäftsstelle, die einesteils in ihren Einrich­ tungen und Veranstaltungen, insbesondere auch hinsichtlich des darin tätigen Personals, sich äußerlich im Geschäftsverkehre mit dem Publikum als ein Zweiggeschäft des Hauptgeschäfts betätigt, W. 18, 233, und der andernteils dem Hauptgeschäft gegen­ über eigene Entschließung und Selbständigkeit zusteht und die nicht bloß in Ausnahmefällen und in Sachen untergeordneter Bedeutung selbständig handeln kann, RG. 50, 396, IW. 97, 381», W. 18, 233, OLG. 9, 60, 19,51. Eisenbahnstationen gehören dazu in der Regel nicht. RG. 2, 387. Desgleichen nicht BetriebSinspektionen der ftüheren preuß. Eisenbahnverwaltung. RG. 50, 396. Ferner nicht: ein Säge« werk einer Holzhandelsfirma, IW. 97, 381»; eine im Handelsregister nicht eingetragene Filiale eines Zigarrengeschäftes, OLG. 19, 61. Auch nicht Agenturen, da sie bloß Geschäfte vermitteln und mangels des Rechts eigener Entschließung an die bestimmten, vom Hauvtgeschäfte ausgehenden Weisungen gebunden sind, W. 18, 233, selbst wenn die Agenten mit Abschlußvollmacht versehen sind und an dem betreffenden Orte ein Warenlager gehalten wird, IW. 99, 2*, W1 18, 233. Keine Niederlaffung ferner durch Abschließung von Geschäften seitens eines Vertreters, der in erheblichen Fällen der Genehmigung des Prinzipals bedarf, mag auch die Geschäftsführung eine regelmäßige und dauernde sein. IW. 94, 112, OLG. 17, 82. — Anderseits genügt auch eine Zweig, niederlaffung. RG. 44, 361, OLG. 19, 61. Eine solche ist vorhanden, wenn ein Kaufmann außerhalb des Ortes seines Hauptgeschäfts einen auf die Dauer be­ rechneten, mit Selbständigkeit ausgestatteten Mittelpunkt wenigstens für einen be­ stimmten Kreis seiner geschäftlichen Beziehungen geschaffen hat. KGJ. 22, a. 91, 27, a. 210, OLG. 19, 61, vgl. Anm. 3. Das Bestehen einer Zweigniederlaffung einer Aktiengesellschaft ist nicht, wie die Entstehung der Aktiengesellschaft selbst (§ 200 HGB.), von der Eintragung der Zweigniederlaffung in das Handelsregister abhängig; vielmehr besteht eine Zweigniederlassung von dem Augenblick an, in dem die Aktien­ gesellschaft an dem betreffenden Orte ein Geschäft betreibt. W. 17, 152. 2 Die Geschäftsstelle muß befugt sein, der Regel nach selbständig Rechtsgeschäfte abzuschließen. IW. 94, 112, 97, 381», auch Anm. 1. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein bestimmter Zweig des Geschäftsbetriebes von der Geschäftsstelle, statt von der Zentrale, selbständig geleitet wird. RG. 42, 379, OLG. 9, 50, 19, 131. Ferner kommt es darauf an, ob die Geschäftsstelle dem Publikum gegenüber als zum selbständigen Abschluß von Geschäften bevollmächtigt aufgetreten ist. OLG. 29, 14. 3 Daß es sich um eine Klage gerade aus einem solchen Geschäft handelt, das unmittelbar von der Niederlaflung aus geschloffen worden, ist nicht ersorderlich. Viel­ mehr fallen darunter alle im Klagewege geltend gemachten Ansprüche aus Geschäften, die unmittelbar oder mittelbar mit Riiästcht aus den Geschäftsbetrieb der Niederlassung geschlofirn sind oder als deffen Folge erscheinen, RG. 80, 329, IW. 98, 668-, W. 17, 152, auch wenn sie nicht aus Rechtsgeschäften der Niederlaffung entspringen, RG. 28, 428,

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

§§ 21,22.

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42, 379, W. 17,152, OLG. 19, kl. Jedoch muß die Klage selbst, nicht bloß das in Frage stehende Rechtsgeschäft auf die Niederlassung Bezug haben. RG. 44, 355, OLG. 17, 83, 25, 61, 33, 21. Ferner muß die Klage zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung eine unmittelbare Beziehung haben. RG. 108, 431. Dahin gehören auch Ansprüche aus Anstellungsverträgen, aber nur, wenn es sich um eine Anstellung sür den Ge­ schäftsbetrieb der Niederlassung handelt, RG. 42, 379, 103, 432; eine bloß mittel­ bare Beziehung derart, daß eine sür den Gesamtbetrieb des Inhabers angestellte Person auch einmal am Orte der betreffenden Niederlaffung oder in deren Jntereffe tätig zu werden hat, genügt nicht, RG. 103, 432. Die Klage muß Wetter ihrer Natur nach in erster Linie die Zweigniederlaffung betreffen, so daß die Hauptniederlaffung nur aus dem Grunde, weil sie minder Zweigniederlaffung zusammen eine einheitliche Einkommensquelle des Unternehmens bildet, in Mitleidenschaft gezogen werden darf; geht die Klage in erster Linie die Hauptniederlaffung an und wird die Zweigniederlaffung nur mittelbar davon berührt (wie z. B. wenn es sich um die Frage handelt, ob der beklagte Unternehmer im Berhältniffe zum Kläger zur Auf­ hebung der Zweigniederlassung mit Rücksicht auf einen zwischen den Parteien ge­ schloffenen JntereffengemeinschaftSvertrag berechtigt ist), so ist für eine Anwendung des §21 kein Raum. Gr. 66, 237. — Ist ein Fabrikbetrieb als Zweigniederlaffung (s. Anm. 1) in das Handelsregister eingettagen, so kann der Inhaber, wenn er aus einem Geschäft, das auf den Betrieb der Fabrik Bezug hat, bei dem Gericht der letzteren belangt wird, nicht mit dem Einwande gehört werden, daß von der Fabrik aus unmittelbar keine Geschäfte geschloffen würden. RG. 50, 428. 4 Der Gerichtsstand dauert nicht länger als die Niederlaffung. Letztere muß noch zur Zeit der Klagerhebung bestehen. IW. 89, 462-. — In dem Gerichtsstand der Niederlaffung können auch die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft als persönliche oder Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Gr. 38, 1194. — Dagegen können Anfechtungsklagen (§ 30 KO.) nur dann in diesem Gerichtsstand erhoben werden, wenn das anzusechtende Geschäft von der Niederlaffung aus abge­ schloffen worden ist. Sonst nicht, selbst wenn das Geschäft die Deckung von An­ sprüchen der Niederlaffung zum Gegenstand gehabt hat. Gr. 38, 488, (IW. 94, 7»). 6 Bewirtschaftung durch eigene Tättgkeit ist nicht erforderlich; es genügt, daß die Bewirtschaftung für Rechnung des Beklagten und in deffen Namen geschieht. RG. 44, 850. 6 Fernere Gerichtsstände der „gewerblichen Niederlaffung": KO. §§ 71 (Konkurs­ gericht), 288 (Konkurs über das im Inlands befindliche Vermögen eines Ausländers); HGB. § 871 (Befriedigung aus Zurückbehaltenem); Bankges. v. 14./8. 75 § 38, jetzt v. 30./8. 24 (RGBl. II 235) § 7 Abs. 4; § 24 RGes. gegen den unlauteren Wettbewerb, v. 7./6. 09 (RGBl. 499) (für Klagen auf Grund dieses Gesetzes wegen unlauteren Wettbewerbs), dazu RG. 44, 362; § 89 RGes. v. 12./5. 01 (RGBl. 165) (ausländische BerficherungSunternehmung); § 48 RGes. v. 30./5. 08 (RGBl. 263) (Versicherungs­ agent). — Eine Genoffenschaft, deren Sitz nicht mit dem Orte der Verwaltung zusammenfällt (s. Anm. 2 § 17), kann eine gewerbliche Niederlaffung im Sinne des § 21 an einem anderen Ort als an ihrem Sitze haben. IW. 02,16I-.

3. des Sitzes der Verwaltung. 22. (23.) Das Gericht, bei welchem Gemeinden, Korporationen, Gesell­ schaften, Genossenschaften oder andere Vereine den allgemeinen Gerichtsstand

haben',

ist

für

die

Klagen

Mitglieder als solche 2

oder

zuständig,

von den

welche von denselbm Mitgliedern

in

dieser

gegen ihre

Eigenschaft

gegeneinander erhoben werdend

1 Bezüglich der Arten der Gesellschaften, Genoffenschaften und Vereine und deren Allgemeinen Gerichtsstand s. Anm. 1, 2, 3 § 17. — Zu den Gesellschaften gehört nicht die Pille Gesellschaft (§§ 335 ff. HGB.), insbesondere kann gegen den stillen Gesellschafter eine Klage in diesem Gerichtsstand nicht erhoben werden. Gr. 45, 1086, (IW. 00, 6210. Auch die Gesellschaft 'des bürgerlicher^ Rechts (Gelegenheitsgesellschaft, § 705 BGB.) gehört nicht dazu. IW. 18, 742°. 2 Auch gegen auSgeschiedene, wenn nur die Mttgliedschast den Grund für den

4*

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Klaganspruch bildet, RG. 8, 385, 64, 207; desgleichen gegen die Rechtsnachfolger (Erven) eines Mitgliedes, RG. 54, 207. Letzteres gilt auch für den Fall der Rechts­ nachfolge in die Aktivseite, d. i. in die Rechte auS dem Gesellschasts- usw. Verhältniffe, da für den Gerichtsstand nicht die Person deS Beteiligten, sondern die Natur der Ansprüche maßgebend ist. RG. 64, 207. 8 Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit können in ihrem allgemeinen Gerichtsstand gegen die Versicherten wegen rückständiger Prämien klagen. RG. 8, 886, 4, 395.

4. deS Vermögens,

23. (24.) Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche1

gegen

eine Person, welche im Deutschen Reiche keinen Wohnsitz hat,2 ist das Gericht

zuständig, in bessert Bezirk sich Vermögen» derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet.*

Bei Forderungen

gilt als der

Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners * und, wmn für die Forderung eine Sache zur Sicherheit hastet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet*. 1 Vgl. Anm. 8 § 20, Anm. 1 § 646 (Begriff der vermögensrechtlichen Ansprüche).

8 Wenn auch eine Niederlaffung (§ 21). RG. 27, 432, OLG. 35,81, (IW. 17, 869"). — Auch für Klagen der Ausländer, RG. 14, 408, und gegen Ausländer, RG. 1,437, 6,400, 44,386, selbst wenn über letztere im Auslande der Konkurs eröffnet ist, § 287 Abs. 1 KO., RG 14, 406, 414, 425, 16, 391, OLG. 19, 53. Ferner auch für Klagen im Aus­ lande gegen Inländer, die im Auslande Vermögen haben, soweit in Frage kommt, ob die Voraussetzung des § 828 Nr. 1 hinsichtlich der Anerkennung eines aus­ ländischen Urteils vorliegt. IW. 00, 690*. — Zu den „Personen" im Sinne des § 28 gehören auch juristische Personen, Handelsgesellschaften. RG. 7, 324, 14, 412, IW. 22, 398*, auch RG. 69,106. Jedoch ist ein ausländischer Staat auch bei privatrechtlichen Ansprüchen gegen ihn als juristische Person (z. B. als EisenvahnfiskuS) der Gerichtsbarkeit der

inländischen Gerichte nicht unterworfen, es sei denn, daß eS sich um eine dingliche Klage handelt, die sich auf ein im Jnlande gelegenes Immobile bezieht, oder der Staat sich steiwilltg der inländischen Gerichtsbarkeit unterwirft. RG. 62,165, OLG. 88,227. 8 Wenn auch unpsändbareS oder zur Befriedigung des KlagansprucheS nicht geeignete». RG. 4, 40», 6, 400, 7, 825, 61, 165, 76,152, 414, OLG. 19, 52. ES ist auch gleichgültig, ob der Vermögensanspruch deS Beklagten zur Zeit ziffernmäßig bestimmbar ist. OLG. 41, 343. So z> B. auch: ein durch Vertrag begründetes Mietrecht, OLG. 19, 52; eine Sicherheit, durch deren Hinterlegung die Aufhebung eines Arreste- erwirkt ist (§§ 928, 927), auch wenn sie von einem Dritten bestellt ist, RG. 84, 356; der nach § 860 Satz 2 nicht pfändbare Anteil eines Abkömmling» an den zu einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehörenden Gegenständen (§§ 1487, 1442 ff. BGB.), RG. 75, 414; fiduziarische» Eigentum, OLG. 29, 168. — Erforderlich ist auch nicht, daß über die das Vermögen bildenden Gegenstände in irgendeiner Weise, sei eS durch Veräußerung, Nutzung oder sonst, vom Inhaber selbständig ver­ fügt werden kann. RG. 75, 416, OLG. 23, 81, IW. 22, 396*. Daher sind: Gegen» stände, die zu einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehören, als Vermögen deS am Gesamtgute anteil-berechtigten Abkömmling» im Sinne des § 28 anzusehen, wiewohl nach §§ 1487, 1442 ff., 1490 BGB. die Anteilsberechtigung vorerst nur in beschränkter Weise wirksam ist, RG. 75, 414; Gegenstände, die einer offenen Handelsgesellschaft ge­ hören, Vermögen der Gesellschafter, OLG. 28, 81. — Es muß aber der fragliche Gegen­ stand bei einem Anspruch auf Herausgabe seiner Natur nach als Dermögensbestandteil erscheinen und um irgendeine» Geldwertes willen in Betracht kommen (z. B. nicht Hutschachtel, Orchestermaterial). IW. 97, 457*. Deshalb nicht ein Anspruch gegen einen Anwalt auf Herausgabe: der Handakten, RG. 24, 415; nicht verbrauchten Vor­ schußes, OLG. 11, 46. Wohl aber: ein im Besitze deS Klägers befindliches Hauptoder Kontokorrentbuch deS Beklagten, RG. 61, les; vier Obstkörbe im Werte von etwa 2 M., RG. 75, U2. — Die nachträgliche Dispositionsstellung (Erklärung der Stellung zur Verfügung) seitens deS Empfängers (z. D. des Käufers wegen Mängel

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand. § 23;

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der Ware) macht für sich allein die Ware nicht wieder zu einem Vermögensstück des Lieferers, RG. 27, 395, W. 15, 4, auch erlangt der Lieferer dadurch (durch die ein­ seitige Erklärung deS Empfänger-) allein, solange nicht der Vettrag aufgehoben (die Wandlung wegen Mängel der Ware vollzogen [§ 465 BGB.s) ist, keinen Anspruch auf Herausgabe der Ware, IW. 00,150*, W. 15, 4. Vgl. jedoch Gr. 44, 1150, (IW. 99, 632) (von einem ausländischen Käufer an den inländischen- Verkäufer als nicht gekauft zurückgesandte Ware). < „Befindet", d. h. zur Zeit der Erhebung der Klage, nicht der Einreichung deS Zustellungsgesuchs. RG. 1, 435, 7, 825. — Im Besitze deS Beklagten braucht der in Anspruch genommene Gegenstand stch nicht zu befinden; es genügt, wenn der Gegenstand stch im Bezirke deS Gericht- befindet. RG. 51, 256. — Soweit eS stch um Jnhaberpapiere oder überhaupt um Wertpapiere handelt, ist der Ort maßgebend, wo stch die Papiere befinden, nicht auch der etwa davon verschiedene Wohnort deS Schuldners. RG. 58, s, 107,46, IW. 19, 841*. DieS gilt aber nicht für Kuxscheine, da ste keine selbständige Bedeutung haben, vielmehr an daS Kuxrecht gebunden find; für die Klage gegen einen Kuxtnhaber (Gewerken) ist daher bei dem Gericht, in dessen Bezirke die Gewerkschaft als die Schuldnerin ihren Sitz hat (§ 23 S. 2), der Gerichtsstand aus § 23 begründet. IW. 19, 84ia. Wenn ein Ausländer zwar Aktien einer inländischen Aktiengesellschaft besitzt, er aber die Aktien im Auslande verwahrt, befindet sich dieses Stück seines Vermögens nicht im Jnlande. OLG. 23, so. —* Der Gegenstand kann auch eine nicht körperliche Sache sein, insbesondere auch eine Forderung. RG. 51, 256, auch Anm. 5. Bei Forderungen kommt eS darauf an, daß der Schuldner der Forderung des Beklagten zur Zeit der Klagzustellung seinen Wohnsitz im Bezirke des ProzeßgerichtS hat; spätere Veränderung des Wohnsitzes ist auf die Zuständigkeit ohne Einfluß (§ 268 Abs. 2 Nr. 2). IW. 00, 688*. — Bei Streit mehrerer Forderungsprätendenten über einen hinterlegten Bettag ist nicht dieser selbst Klage­ gegenstand im Sinne des § 23, sondern der Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung bezüglich Einwilligung in die Auszahlung. RG. 51, 256. » Auch ein Anspruch auf Befteiung von der Derdindlichkett zur Zahlung vor Geldvettägen, selbst wenn die zu befteiende Leistung einem Dritten zu gewähren ist (z. B. Anspruch gegen die Geschwister auf Befteiung von der Verpflichtung, an die Kinder des Beklagten Alimente zu zahlen). IW. 97, 822*. Ferner bedingte oder betagte Ansprüche, IW. 97, 822*, OLG. 31, 66, auch RG. 75, 418, insbesondere ein resolutiv bedingtes Vermögensrecht, Gr. 44, 1150, (IW. 99, 5810, sowie ein Anspruch auf künftige Lieferungen, selbst wenn dieser Anspruch auf einem zweiseitigen, noch von keiner Seite erfüllten Verttage beruht, IW. 98, 474*, und ein Pfandrecht für eine zukünftige Forderung, OLG. 31, 67. — Auch Forderungen des Beklagten an den Kläger, RG. 8, 881, 7, 309, 325. Z. B. eine Forderung des Beklagten auf Erstattung der Kosten eines VorprozesseS gegen den Kläger. OLG. 22, so, 81. Hierbei genügt ein im Vorprozeß vom Beklagten erwirktes obsiegendes rechtskräftiges Teilurteil, wenn­ gleich eS ohne Kostenentscheidung ergangen ist. OLG. 33, 21. Selbst wenn der inländische Kläger in einem Vorprozeß gegen den ausländischen Beklagten wegen Unzuständigkeit des Gerichts kostenpflichtig avgewiesen ist, ist wegen des dem Be­ klagten gegen den Kläger zustehenden Anspruchs auf Erstattung der Kosten deS DorprozesseS nunmehr der Gerichtsstand aus § 23 begründet. OLG. 23,81 (str., anderOLG. 25, 54). Dies gilt aber nicht, wenn der Inländer mit dem Dorprozesse gerade bezweckt hat, durch die Abweisung jener bewußt bei einem unzuständigen inländischen Gericht angebrachten Klage für eine demnächstige zweite Klage die Zuständigkeit auS § 23 arglistig herbeizuführen. OLG. 35, 78. Vgl. jedoch Anm. 7. Der Zuständig­ keit steht nicht entgegen, daß die eingeklagte Forderung deS Klägers und der Anspruch des Beklagten gegen den Kläger auS demselben Derttage oder doch auS Abmachungen herrühren, die nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien als ein einheitliches Vertragsverhältnis zu vettachten sind, FW. 98, 474*, OLG. 35, 73,41,24s; so nicht, wenn dem Beklagten für den Fall, daß der eingeklagte Anspruch begründet ist, seinerseits ein Anspruch gegen dm Kläger zusteht (z. B. ein Anspruch auf Uevergave der Ware^ falls die Behauptung deS Klägers bezüglich Zustandekommens eines Kaufvertrages sich als richtig erweist), IW. 99, 63V (f. jedoch wegm eines eventuellen Anspruchs deS Beklagten gegw den Kläger auf Ersatz von Kosten oder Beigetrievmem auS einem Bor-

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A. II Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Prozeß OLG. 6, 874, 17, 84). Dies gilt auch, wenn der beklagte Käufer die Ware zurückgesandt hat, weil er fie nicht gekauft haben will. Gr. 44,1150, (IW. 99, 63ii). Jedoch darf bei Unterstellung der Richtigkeit des Klagevorbringens die Forderung des Beklagten gegen den Kläger nicht unbegründet fein, fo^daß ein innerer Wider­ spruch zwischen den zur Begründung des Klaganspruches und den zur Begründung der Zuständigkeit vom Kläger aufgestellten Behauptungen besteht (z. B. wenn Kläger die Aufhebung des Kaufgeschäfts, aus dem der Beklagte eine Kaufpreisforderung zu haben behauptet, wegen Mängel der Ware geltend macht, oder wenn der Verkäufer auf Feststellung des Ntchtbestehens "einer Schadensersatzforderung des beklagten Käufers klagt, die dieser in?einem anderen Prozeß im Ausland wegen vertragswidriger Lieferung der Ware^ klagend geltend gemacht hat, und der Beklagte zur Begründung der Einrede der Rechtshängigkeit [f. Anm. 4 § 263] sich" darauf beruft, es sei das ausländische Gericht nach § 23 für die dort erhobene Klage zuständig, weil dem jetzigen Kläger auf Grund des Kaufgeschäfts eine Kaufpreisforderung gegen ihn zustehe). IW. 00, 160», W. 15, 4, auch RG. 3, 883, IW. 98, 474*, OLG. 17, 84, 85. Dagegen berührt der Einwand des Beklagten, daß er wegen Nichterfüllung durch den Kläger auch seinerseits dernVertrag nicht zu halten brauche, nicht die Feststellung, daß dem Beklagten auf Grund dieses Vertrags ein den Gerichtsstand begründender Anspruch zusteht. OLG. 41, 243. Ferner'wird durch die nach -der Klagerhebung vom Kläger erklärte Auftechnung mit der Forderung des Beklagten" an ihn an dem durch das Bestehen der Forderung zur Zeit der Klagerhevung begründeten Gerichtsstand nichts geändert. RG. 58, 268. — Steht? der Beklagte mit seinem angeblichen Schuldner in einem Kontokorrentverkehr (§§ 855 ff. HGB., RG. 22, i48, iss, 28, 31), so folgt auS Leistungen des Beklagten allein noch nicht die Existenz einer Forderung desselben, vielmehr kann von^einer solchen nur die Rede sein, wenn bei Saldoziehung zur Zeit der Klagerhebung stch eine Forderung deS Beklagten ergibt. RG. 44, 386. — Ist von dem durch Vollindoffament legitimierten Beklagten durch Urteil eine Wechsel­ forderung in eigenem Namen erstritten worden, so ist die Judikatforderung als zum Vermögen des Beklagten gehörig zu erachten, auch wenn er die Forderung im Auf­ trage und für Rechnung eine- Dritten eingeklagt hat. IW. 00, 688*. Hat aber der Beklagte eine Forderung ernstlich an^einen anderen abgetreten, so daß dieser nach außen Eigentümer ist, sollst, auch wenn der Zessionar nur zugunsten des Beklagten über die Forderung verfügen darf und der Beklagte ein bedingtes Recht aus Wiederab­ tretung hat, die Forderung doch^ nicht mehr ein Vermögenöstück deS Beklagten im Sinne des § 23. RG. 65, 389, auch OLG. 8, 442, 29, 168. 6 Dies gilt auch von Forderungen, die einem im AuSlande wohnenden Ausländer gegen einen in Deutschland^wohnenden Deutschen zustehen, mögen auch ausländische Gesetze die Äuffassung nicht leiten, daß der in einer Forderung bestehende Vermögens­ gegenstand als dort befindlich anzusehen ist, wo der Schuldner der Forderung seinen Wohnsitz hat. RG. l,u437, 77, 252. Die deutschen Gerichte sind daher z. B. zur Pfändung einer solchen Forderung in Vollziehung eines von dem Gläubiger des aus­ ländischen Gläubigers der Forderung ausgebrachten Arrestes gemäß §§ 919, 23, 930 Abs. 1 Satz 3 zuständig. RG. 77, 250. — Ist der Drittschuldner nicht eine natürliche Person, so ist nach,den allgemeinen Rechtsverhältniffen eines solchen Dritt­ schuldners der Ort als Wohnsitz anzusehen, der im Rechtsstnne dem Wohnsitz eines Menschen entspricht. RG. 59,106. Bei einer Aktiengesellschaft ist es der Ort, der im Gesellschaftsvertrage gemäß § 182 Abs. 2 HGB. als Sitz der Gesellschaft be­ zeichnet ist, nicht etwa der davon verschiedene Ort der Verwaltung, der nach § 17 für den allgemeinen Gerichtsstand der Gesellschaft in Betracht Kommen kann, RG. 59, 106, auch Anm. 9 § 17, ebensowenig eine Zweigniederlassung, OLG. 23, 79, 80. 7 Kläger muß das Vorhandensein der Voraussetzungen in schlüssiger Weise be­ haupten und es ev. beweisen. RG. 3, 382, 75, 149, OLG. 23, 80, Vordem, vor § 12. — Der Einwand, daß Kläger durch arglistiges Verhalten den Eintritt der Voraus­ setzungen herbeigesührt habe, ist Nicht zulässig. RG. 16, 392, Gr. 86, 1198, (IW. 92, 298) (a. M. OLG. 35, 73, vgl. Mm. 5). — § 23 ist angewendet in: §§ 722 Abs. 2 (Vollstreckung ausländischer Urteile), 797 Abs. 2 (Klagen auf Erteilung der DollstreckungSklausel für Urkunden), 828 Abs. 2 (Dollstreckungsgericht bei Zwangsvoll­ streckung in Forderungen). Vgl. auch § 13 RGes. zum Schutze von Gebrauchsmustern,

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

§ 24.

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v. 1./6. 91, § 12 Patentges. v. 7./4 91, § 28 RGes. zum Schutze der Warenbezeich­ nungen v. 12./5. 94, sämtlich i. d. F. v. 7./12. 23 (RGBl. II 437, 444, 445). — § 23 war auch dann anwendbar, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem deutschen Schutzgebiete hatte. OLG. 15, 645. der belegenen unbeweglichen Sache (dinglicher Gerichtsstand).

Für Klagen, durch welche das Eigentum/ eine dingliche Be­ lastung^ oder die Freiheit von einer solchen3 geltend gemacht wird/ für Grenzscherdungs-,3 Teilungs-3 und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbe­ wegliche Sachen?" handelt/ das Gericht ausschließlich3 zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.10 Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht" betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend." 24. (25.)

1 Dgl. BGB. §§ 985 (auf Herausgabe), 1004 (auf Beseitigung der Beeirrträchtigung (Eigentumsfreiheitsklage), RG. 45, 385, 86, 278), 1008, 1011 (Ansprüche des Miteigentümers), 1058 (auf Unterlassung des Gebrauchs gegen Nießbraucher); EG. z. BGB. Art. 182 (StockwerkSeigentum). — Auch Ansprüche auf Beseitigung eines Eingriffs in das Recht zur Benutzung vorüberfließenden WafferS oder der Schädigung durch Zuleitung schädlicher Stoffe. RG. 36, 237. — Richt aber obligatorische Ansprüche auf Rückgewähr bei Anfechtung eines Grundstückskaufes. OLG. 5, is. Auch nicht Ansprüche von Nacherben gemäß § 2113 BGB. gegen den Erwerber eines vom Vorerben ver­ äußerten Nachlaßgrundstücks auf Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge. RG. 102, 104. 2 Vgl. BGB. §§ 867, 905—910, 912, 916-917, 928 (gesetzliche Eigentums, befchränkungen), 1012, 1017 (jetzt §§ 9, 11 DO. v. 15./1. 19 IRGBl. 72], Erb­ baurecht), 1018—1098 (Dienstbarkeiten), 1094 (dingliches Vorkaufsrecht), 1106 (Real, lasten), 1118, 1191, 1199 (Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden); EG. z. BGB. Art. 69, 62, 63, 124, 196 (Stammgüter, Rentengüter, Erbpachtrecht, nachbarrechtliche Beschränkungen, Emphyteuse). — Auch: öffentlich-rechtliche Lasten (z. B. Rückerstattung der Grundsteuerentschädigung gemäß preuß. Ges. v. 14./7.93), RG. 88, 349; Fischerei­ recht an öffentlichen Flüffen, RG. 53, 98; Patronatslasten, die mit dem Besitz eines Grundstücks verbunden sind, nach PrALR. II11 §§ 579 ff., Gr. 31, 1152, W. 16, 303; für die Klage des MuterS gegen Dritte, die der Mutung die Behauptung eines besseren Rechts entgegensetzen (preuß. Recht), RG. 21, 225. — Ferner auch Klagen auf Grundbuchberichttgung (§ 894 BGB.) durch Wiedereintragung einer irrtümlich gelöschten dinglichen Belastung (z. B. einer Verfügungsbeschränkung). RG. 82, 24. Wetter eine Klage: des eingetragenen Hypothekengläubigers gegen den Grundstücks­ eigentümer auf Feststellung, daß diesem nicht die Hypothek (z. B. wegen Nichtentstehung der gesicherten Forderung) als Eigentümergrundschuld und nicht ein Berichtigungs­ anspruch in dieser Hinsicht zustehe, Gr. 57,163; des eine Ggentümergrundschuld pfändenden Gläubigers gegen den Hypothekengläubiger auf Grundbuchbertchtigusig dahin, daß die Hypothek dem Eigentümer als Grundschuld zustehe, OLG. 27, 18. — Dagegen ist die gemäß § 52 GBO. erfolgte Eintragung eines Nacherbrechtes, da sie kein Recht am Grundstück ist (RG. 83, 436, KGJ. 42, 118), keine dingliche Belastung im Sinne des § 24. RG. 102, 104. 8 Auch für Klagen: welche die Minderung einer Belastung für Nebenbestimmungen (z. B. Herabsetzung des Zinsfußes, vorteilhaftere Kündigungsbedingungen) betreffen, OLG. 20, 288; des Eigentümers gegen den Gläubiger einer gettlgten oder sonst kraft Gesetzes (§§ 1143, 1163, 1168, 1170ff., 1173ff. BGB.) auf jenen übergegangenen Hypothek aus §§ 894, 896, 1144 BGB. auf Aushändigung der zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen Urkunden oder auf Löschung oder Umschreibungsbewilligung, OLG. 6, 378, 15, 255,17, 87, 29, 82 Anm., IW. 21, 2551 (dagegen wurde in OLG. 21,65 bei einer Klage auS § 1144 BGB. auf Erteilung löschungsfähiger Quittung Zug um Zug gegen Befriedigung des Hypothekengläubigers § 24 nicht für anwendbar erachtet); auf Löschung einer Hypothekvormerkung, OLG. 20,289; oder, durch welche die Deseittgung

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

einer bestehenden dinglichen Last gegenüber dem Gläubiger auf Grund eines persönlichen Anspruchs von fetten deS Eigentümers oder auch von feiten eines nacheingetragenen Hypothelengläubigers verlangt wird, wiewohl hierbei nicht, wie bei der dinglichen (negatorischen) Klage, das Nichtbestehen der dinglichen Belastung, das „Freisein" deS Grundstücks von dieser geltend gemacht, sondern vom Kläger daS formelle und materielle Bestehen der Belastung an sich anerkannt und „Freimachung" des Grundstücks von der Belastung vermöge Forderungsrechtes (z. B. weil der Grund für die Eintragung der Belastung weggefallen sei oder er der Anfechtung unterliege) begehrt wird, RG. 15, 887, 20, 403, IW. 01, 187‘, 21, 2401* (Gr. 65, 241), OLG. 11, 46, 15, 65. Dagegen nicht, wenn dieser persönliche Anspruch von feiten eines am Grundstück selbst nicht interessierten Dritten (z. B. eines früheren Eigentümers oder eines Käufers, der noch nicht Eigentümer geworden ist), RG. 85, 366, Gr. 86, 1201, OLG. 13, 76 (f. jedoch OLG. 6, 878), oder wenn er gegen einen Drttten erhoben ist, RG. 26, 386. Ferner nicht für Klagen: auf Feststellung der Unruläffigkeit einer erfolgten KündigungSerklärung, OLG. 20, 288; auf Löschung eines eingetragenen Pfandrechts an einer Hypothek, RG. 51,231; auf Rückgabe deS Pfandscheins, auch wenn sie zur Vorbereitung der Löschung gefordert wird, RG. 28, 840; auf Er­ füllung eines Vertrages, durch den Befteiung von einer dinglichen Belastung seitens eines Dritten versprochen worden ist, RG. 85, 866. « Einschließlich der bezüglichen positiven und negativen FeststellungSklagen. RG. 18, 886, 102, 104, IW. 89, 804*. Richt: persönliche Klagen auf Uebertragung des Eigentums oder dinglicher Rechte oder auf Begründung dinglicher Rechte, Gr. 86,1201, OLG. 13, 75, 17, 86; Klage auf Eintragung einer Vormerkung wegen eines gesetzlichen Titels zum Pfandrecht, Gr. 88, 1195; Klage gegen einen Käufer, der noch nicht alS Eigentümer eingetragen ist, IW. 91, 609*. Vgl. auch RG. 45, 888. 6 Dgl. § 920 BGB. e Vgl. §§ 749 ff. BGB., Art. 119, 120 EG. z. BGB. — Unter Leilungöklage ist eine solche Klage zu verstehen, welche die Teilung eines Grundstücks zum un. mittelbaren Gegenstände hat. Dies ist nicht der Fall, wenn die Parteien in einem daS Grundstück mitumfaffenden Gesellschastsverhaltnis stehm und die Klage erhoben ist, um die Lösung dieses Derhältniffes herveizuführen. IW. 98, 433*. 7 Dgl. §§ 861, 862, 869, 1029 BGB., Art. 180, 191 EG. z. BGB. 7® Der Begriff der unbeweglichen Sache ist in der ZPO. nicht bestimmt. Er ist aus dem materiellen Recht zu entnehmen. Nach diesem sind unbewegliche Sachen nicht bloß Grundstücke, sondern auch Rechte, auf die kraft Reichs- oder Landesrechts die Vorschriften über Grundstücke Anwendung finden. RG. 86, 276. Daher sind un­ bewegliche Sachen im Sinne des § 24 ZPO. auch selbständige Gerechttgkeiten, d. h. solche, welche nicht an bestimmte Grundstücke gebunden sind, sondern eine selbständige Existenz führen, sofern sie ein Grundvuchblatt erhalten haben (z. B. in Preußen Apotheken-, Fischerei-, Abdeckereigerechttgkeiten). RG. 45, 885, 86, 276. Dagegen betrifft Abs. 2, wie auch § 26 nur Grundstücke. RG. 86, 277. 8 Dgl. RG. 21, 414. — Maßgebend ist, was Gegenstand des erhobenen Anspruchs, nicht was Gegenstand deS dem Anspruch zugrunde liegenden Rechts ist. Daher greift § 24 nicht Platz, wenn wegen deS an einem Grundstück bestehenden Pfandrechts die Herausgabe der von diesem ergriffenen veweglichm Zuvehörstücke gefordert wird. Reichsgericht v. 26./6. 89 (Preuß. JMBl. 1890 S. 8). 8 Auch bei Klagen gegen: Exterrttoriale (§§ 18, 19 GVG., § 15 ZPO.), 8 20 GVG., RG. 103, 277; früher Mitglieder der preußischen landesherrlichen Familie (nicht Zuständigkeit des Geheimen JustizratS), RG. 41, 388, jetzt vgl. Ges. v. 28./6. 20 (GS. 367). Ferner können die im § 24 bezeichneten dinglichen Klagen, wenn sie sich auf unbewegliche, im Jnlande belegene Sachen beziehen, auch gegen einen fremden Staat vor inländischen Gerichten erhoben werden. RG. 62, 167, 103, 277. Dagegen nicht Klagen wegen Ansprüche auS einer von einem ausländischen Staat betriebenen SchtffSreederei. RG. 103, 278, vgl. Anm. 2 § 18 GVG. 18 Die Lage der uubeweglichen Sache, die der Kläger gegen einen Eingriff schützen will, ist entscheidend. RG. 82, 416,86, 280. Richt der Ort, an dem der Eingriff erfolgt. RG. 86, 280. Deshalb ist eS für den dinglichen Gerichtsstand auch unerheblich, daß der Eingriff (die Störung) nur denjenigen Teil der einheitlichen unbeweglichen Sache betroffen hat, der in einem von mehreren Gericht-bezirken liegt, denen die ganze Sache

Erster Abschnitt. Gerichte. Zwetter Titel. Gerichtsstand.

Lage nach angehört.

ihrer

RG. 86, 280.

-8 25-27.

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Ferner ist, wenn eine einheitliche unbe­

wegliche Sache, mag sie ein Grundstück oder ein Recht mit Jmmobiliarqualität (s. Anm. 7 a) fein, ihrer Lage nach den Bezirken mehrerer Gerichte angehört, nicht das eine dieser Gerichte um deswillen zuständig, weil die unbewegliche Sache in dem Grundbuch eines zu seinem Bezirke gehörigen Grundbuchamts eingettagen ist. Daher ist bei einer selbständigen Gerechtigkeit mit Jmmobiliarqualität, die sich über den Gerichtsbezirk hinaus erstreckt, die Zuständigkeit des Gerichts nicht daraus herzuleiten, daß sie in dem Grundbuch eines zu dem Bezirke dieses Gerichts gehörigen GrundbuchamtS eingetragen ist. Vielmehr ist fie als belegen anzusehen in dem ganzen Bezirk, über den fie fich erstreckt. Für solche Fälle greift die Vorschrift deS § 36 Nr. 4 Platz, der zufolge das zuständige Gericht durch das gemeinschaftliche obere Gericht zu bestimmen ist. RG. 86, 278. 11 Vgl. Anm. 2.—Richt hierher gehört das persönliche Vorkaufsrecht (§§ 604 ff. BGB.). 1» § 24 ist angewendet in §§ 800 (vollstreckbare Urkunde), 978, 983, 1006 (AufgebotSsäüe). Ferner dingliche Gerichtsstände: § 97 Binnenschiff.-Ges. v. 16./6. 95 in d. Faff. v. 20./6. 98 (RGBl. 869); § 28 Flößerei-Ges. v. 16./6. 96 (RGBl. 842); § 30 Abs. 3 Pr. Enteign.-Ges. v. 11./6. 74, dazu RG. 3, 8vs, 92, 40, 93, 818 (Klage binnen der Ausschlußfrist bei dem ausschließlich zuständigen Gericht der belesenen Sache).

25. (26.) In dem dinglichen Gerichtsstände kann mit der Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuldklage? mit der Klage auf Umschreibung8 oder Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Renten schuld die Klage auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mtt der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die verbundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet find?

1

D. i. die Klage gegen den persönlichen Schuldner. 2 Klage deS Eigentümers gegen den Hypothekengläubiger auf Umschreibung der kraft Gesetzes (§§ 1148, 1168, 1168, 117Off., 1178 ff. BGB.) erworbenen Hypothek. Dgl. Anm. 2, 3 § 24.

8 Wenn die Klagen gegen verschiedene Beklagte gerichtet find, so kommen die §§ 60, 86 Nr. 8 zur Anwendung. — § 26 findet bei einem Anttag auf Eiuttagung einer Vormerkung wegen eines gesetzlichen Titels zum Pfandrecht (z. B. des Bau­ handwerkers: §§ 648, 888 BGB.) keine Anwendung. Gr. 88, nss.

26. (27.) In dem dinglichen Gerichtsstände können persönliche Klagen, welche gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache als fohlen1 gerichtet werden, sowie Klagen wegen Beschädigung eines Grund­ stücks 8 oder in betreff der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstücks3 erhoben werden.

1 Sache),

Dgl. BGB. §§ 886, 908 (Gebäudeeinsturz), 867, 1006 (Aufsuchung einer 916 (Ueverbau), 921 (Grenzeinrichtung), 1108 (Reallast).

2 Auch solche auf Schadensersatz wegen Zuleitung schädlicher Stoffe, und zwar im Gerichtsstände deS Grundstücks des Klägers. IW. 96, iw. Dgl. §§ 906 ff., 823 ff. BGB. — Auf andere unbewegliche Sachen als Grundstücke (vgl. Anm. 7 a § 24) bezieht fich § 26 nicht. RG. 86, 277. 8 § 42 Rayon-Ges. v. 21./12. 71 (RGBl. 459), vgl. Art. 54 EG. z. BGB. Dgl. ferner Art. 68, 109 letzt. Ges. sowie § 16 Z. 2 EG. z. ZPO. (Enteignungen nach Landesrecht). 6. der Erbschaft.

27. (28.) Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer? Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche8 oder die Teilung der Erbschaft8 zum Gegenstände haben, können vor dem Gericht

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erste- Buch. Allgemeine Bestimmungen,

erhoben werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seine- Tode- den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.* Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seine- Todes im Jnlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Abs. 1 be­ zeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirke der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2, 3 ent­ sprechende Anwendung.^ 1 Früher nur: „Erbrechte". Grund der Aenderung (Nov. v. 17./5. 98): Nach dem BGB. (§§ 2018 ff.) betrifft der Erbschaftsanspruch nicht sowohl daS Erbrecht selbst, als vielmehr die Pflicht des Erbschaftsbesttzers zur Herausgabe des aus der Erbschaft Erlangten. — Erbrecht: §§ 1922, 2032, 2087, 2278 BGB. (Rechtsnachfolge in einen Nachlaß als Ganzes oder in einen Bruchteil). Nicht Rechtsnachfolge in ein Familienstdeikommitz, ein Lehen. RG. 21, 413, 25, 394. — Erbe: BGB. § 1922, auch tz§ 1966 (Fiskus), 2100 (Nacherbe). — Erbschaftsanspruch gegen ErbschastSbesitzer: §§ 2018 bis 2030 BGB., s. dazu OLG. 13, 77, 15, 57. Auch Ansprüche auS einem Vergleich, durch den die Höhe der vom Beklagten als Erbschaftsbesitzer den einzelnen Erben entsprechend ihrem Erbschaftsanteil zu zahlenden Betrüge gegen Ueberweisung des Nachlasses festgesetzt ist. OLG. 23, 82. Ferner Ansprüche von Nacherben gemäß § 2113 BGB. gegen den Erwerber eines vom Vorerben veräußerten NachlaßgrundstückS auf Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge. RG. 102,105. — Dagegen ist ErbschastSbesitzer im Sinne des § 2018 BGB. nicht der von einem Erblasser durch Testament ernannte Testamentsvollstrecker, mag er auch in Verwaltung des Nachlasses diesen besitzen; er ist gegenüber einer Erbschaftsklage, wodurch der Kläger das Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, nicht passiv legitimiert. RG. 81,151. 2 Früher nur: „auf den Todesfall". Pflichtteilsansprüche konnten schon früher in dem Gerichtsstände der Erbschaft geltend gemacht werden (RG. 1b, 366). Da aber nach dem BGB. (§§ 2303 ff.) dem Pflichtteilsberechttgten kein Erbfolgerecht, sondern nur ein persönlicher Anspruch auf Ausfolge des Wertes des Pflichtteils zu­ steht, so sind, um etwaige Zweifel auszuschlteßen, die Pflichtteilsansprüche besonders hinzugefügt worden (Nov. v. 17./5. 98). — Unter diese Ansprüche fällt auch die Befugnis des Pflichtteils berechtigten, von einem durch den Erblasser Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes behufs Ergänzung des Pflichtteils zu verlangen (BGB. § 2329). Mot. 84, vgl. RG. 15, 363. — Vermächtnisse: §§ 1932, 1939, 1969, 2150, 2174, 2279 BGB. Auch Ansprüche aus Vermächtnissen gegen den Erben des Be­ schwerten. RG. 3, 380. — Verfügungen von TodeS wegen: §§ 1937, 1941, 2192, 2801 BGB. » Vgl. §§ 2042 ff. BGB., §§ 86 ff. RFGG., dazu OLG. 15, 68. * Nicht hierher gehören dingliche oder persönliche Klagen, bet denen daS Erb­ recht, Vermächtnis usw. nur die Legitimation zur Geltendmachung gegen Dritte bildet, nicht selbst unmittelbar Gegenstand des Rechtsstreits ist. RG. 15, 864. — Mehrheit der Gerichtsstände bet mehrfachem Wohnsitz deS Erblasser-: RG. 35, 418. 6 Es soll durch diese Vorschrift (Nov. v. 17./5. 98) für alle Fälle, in denen erbrechtliche Verhältnisse nach den deutschen Gesetzen zu beurteilen sind (vgl. Art. 24 EG. z. BGB.) ein inländischer Gerichtsstand gewährt werden. Mot. 84. — Der frühere Abs. 2 ist von der Nov. v. 17./5. 98 durch § 28 ersetzt.

28. In dem Gerichtsstand der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlabverbindlichkeiten 1 erhoben werden, solange sich der Nachlaß noch ganz oder teilweise im Bezirke des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.* 1 Vor der Nov. v. 17./5. 98 (im Abs. 2 deS § 27): „der Nachlaßgläubiger auS Ansprüchen an den Erblasser oder die Erben alS solche" und „wenn mehrere Erben vorhanden sind und der Nachlaß noch nicht geteilt ist". Eine sachliche Aenderung liegt nur insofern vor, alS bei dem Vorhandensein mehrerer Erben der Gerichtsstand

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

§§ 28, 29.

59

der Erbschaft wegen solcher Nachlaßverbindlichkeiten, die nicht unter § 27 fallen (vgl. § 1967 BGB.), nicht mehr davon abhängig sein soll, daß der Nachlaß noch nicht geteilt ist, sondern davon, daß die Miterben noch als Gesamtschuldner hasten. Der Gläubiger ist vermöge der Vorschriften der §§ 2060, 2061 BGB. (Aufgebot, öffentliche Aufforderung der Nachlaßgläubiger, Nachlaßkonkurs) in der Lage, stch darüber zu vergewissern, wie lange die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben fortdauert. Mot. 84. — Haftung der mehreren Erben als Gesamtschuldner: §§ 2058, 421 ff. BGB. — Auch Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker auS den von ihm geschloffenen Verträgen (§§ 2205 bis 2207 BGB.) gehören hierher. RG. 85, 419. Ueberhaupt auch Ansprüche, die daraus entstanden sind, daß in Betätigung der Verwaltung des noch ungeteilten Nachlaffes oder zum Zwecke der Nachlaßregulierung mit dem be­ treffenden Gläubiger kontrahiert worden ist, möglicherweise von den Erben selbst. RG. 62, 41. So z. B. auf Grund Bestellung eines Grabkreuzes für den Erblasser. OLG. 17, 88. Dagegen nicht eine Klage auf Feststellung des NichtbestehenS der Forderung eines Nachlaßgläubigers. OLG. 15, 59. 7. des Vertrags.

29. Für Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vertrags,* auf Erfüllung oder Aufhebung eines solchen,? sowie auf Entschädigung wegen Nichterfüllung?» oder nicht gehöriger Erfüllung ist das Gericht des Ortes zuständig, wo die streitige Verpflichtung

zu erfüllen ist.4

1 Der Gerichtsstand des Vertrags gilt für alle Klagen aus obligatorischen Ver­ trägen, selbst dann, wenn die Klagen an sich nur familienrechtliche Beziehungen Haven. RG. 7, 340, 23,172. Vorangestellt ist die Klage auf Feststellung des Bestehens odxr Nichtvestehens eines Vertrags. Dgl. RG. 10, 351, 23, 426 u. § 256. Hierzu gehören auch die Klagen auf Feststellung des Bestehens oder NichtbestehenS: eines Anspruchs aus einem Vertrage, IW. 95, 5041; einer Schadensersatzpflicht des einen Teils gegenüber dem anderen Teil wegen einer angeblichen Vertragsverletzung, RG. 83, 86. — Dagegen nicht die Klagen: auf Rückgabe einer Leistung, die auf Grund eines nichtigen Vertrages gemacht worden ist, Gr. 50, 423, OLG. 5, 19, vgl. aber Anm. 2, 4; aus Quastkontrakten, z. B. aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB ), Geschäfts­ führung ohne Auftrag (§ 677 BGB ), RG. 2, 406, 26, 389, 49, 423, Gr. 60, 425, IW. 05, 293«. Auch nicht die Anfechtungsklagen aus §§ 30ff. KO., RG. 30, 402 (f. jedoch OLG. 13, 78). Ferner nicht die Klagen auf Aussonderung aus § 48 KO. RG. 81, 392. Weiter nicht die Klagen aus Betriebsunfällen der Arbeiter gegen den Unternehmer auf Grund der Unfallverstcherungsgesetze. RG. 61, 371. — Ein (bürgerlich­ rechtlicher) Vertrag im Sinne des §29 ist auch der Vertrag über Anstellung von Beamten einer Berufsgenoffenschaft. RG. 71, 236. 2 Einschließlich der Klage auf Rückforderung deS Geleisteten. RG. 8, 414, 8, 369, 10, 350, 49, 421, vgl. jedoch Gr. 50, 423, OLG. 5, 19. Dagegen nicht die Klagen auf OuittnngSleistung, RG. 28, 434, auf Zurückgabe deS Schuldscheins nach Zahlung der Schuld, Gr. 84, 1153, IW. (89, 452), 91, 553, f. jedoch IW. 96, 410 (löschungs­ fähige Quittung). 2a Zu den Klagen auf Aufhebung eines Vertrags oder auf Entschädigung wegen Nichterfüllung gehören auch die Klagen aus Derlöbnisbruch (§§ 1298 ff. BGB.). OLG. 11-, 277, 41,42 (a. M. OLG. 20, 290). s „Streitige Verpflichtung" ist: wenn Erfüllung deS Vertrags verlangt wird, die durch die Klage zur Geltung gebrachte Verpflichtung deS Beklagten; wenn die Klage Fest­ stellung des NichtbestehenS einer vom Beklagten behaupteten Vertragspflicht zum Gegen­ stände hat, die Verpflichtung des Klägers, deren Nichtbestehen festgestellt werden soll, RG. 10, 352, 65, 332, 83, 84, mag auch im letzteren Falle das Nichtbestehen der Ver­ pflichtung des Klägers darauf gestützt werden, daß der Anspruch deS Beklagten durch Austechnung mit einer Gegenforderung des Klägers getilgt sei, wobei die Schuld des Beklagten aus der Gegenforderung des Klägers nicht zu der streitigen Verpflichtung im Sinne des § 29 durch die Aufrechnung wird, RG. 83, 84; wenn Aushebung eines noch nicht erWten Vertrag- begehrt wird, die Vertrag-Pflicht, von der der Kläger stei werden will, RG. 81, 398; wenn Entschädigung wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung eines Vertrages gefordert wird, nicht die ErsatzzahlungSpfiicht, sondern

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

die VerttagSpflicht, wegen derm Verletzung der Ersatz verlangt wird, und zwar wird dabei die Erfüllungsverpflichtung deS Beklagten als noch bestehend vorausgesetzt, RG. 3, 385, 40, 408, Gr. 54, 662, IW. 95, 2232, 01, 397», 02, 731 (10, 23®®), OLG. 19, 60, 25, 214,40,421; wenn Feststellung desBestehens oder des Nichtbestehens einerCchadensersatzpflicht des einen Teils wegen Vertragsverletzung verlangt wird, die Vertragspflicht, die der eine Teil nach der Behauptung des Gegners verletzt haben soll, RG.83,ss, OLG. 40, 368; wenn Zahlung einer Vertragsstrafe verlangt wird, die Hauptverpflichtung, deren Erfüllung durch das Strafversprechen gesichert werden sollte, IW. 10, 620«. Ist aber die Erfüllung eines Vertrags nicht mehr möglich, so ist für den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht der ErsüllungSort der ursprünglichen DertragSleistung des Be­ klagten, sondern der Ort maßgebend, wo der Beklagte die begehrte Geldleistung zu erfüllen hat. IW. 99, 255». Anders auch bei der Klage auf Zahlung einer für den Fall des gestatteten Rücktritts vereinbarten Abfindung (ReugeldeS). RG. 82, 431, Gr. 89, 439. — Wird Aufhebung eines erfüllten Berttages und Rückerstattung des Geleisteten ver­ langt, so ist die „streitige Verpflichtung" die Verpflichtung deS Beklagten zur Rückgewähr. RG. 27, 398, 81, 883, 49, 421, 56, los, IW. 04, 177» (vgl. Anm. 4 Kaufvertrag). — Handelt es sich um mehrere in einer Klage verbundene Ansprüche, die sich alS Teile eines einheitlichen Begehrens darstellen oder in dem Verhältnisse von Hauptund Nebenansprüchen zueinander stehen, so richtet sich die Zuständigkeit einheitlich nach demjenigen Orte, an dem die streitige Hauptverpflichtung zu erfüllen ist. RG. 15, 435, 66, 105, 66, 138, 57, 15, 69,11, 70, 199, OLG.19, 182, 23, 115, auch OLG. 19,51. Für die Erfüllung der Stempelpflichtigkeit ist Erfüllungsort der Ort, wo diejenige Verpflichtung zu erfüllen ist, der nach dem Inhalt des Vertrags die größere Be­ deutung innewohnt und die deshalb dem Vertrage das wesentliche Gepräge gibt. RG. 68, 77, 90, 163. Hauptverpflichtung ist z. B.: wenn der Verkäufer auf Zahlung deS Kaufpreises und Abnahme der Ware oder wenn der Käufer auf Rückzahlung des Kaufpreises und Feststellung des Nichtbestehens der Avnahmepflicht klagt, die auf den Kaufpreis bezügliche Verpflichtung, RG. 55,105, 56, 138, IW. 18, 380®, OLG. 23, 115; bei einer Klage auf Bewilligung der Wandelung eines bereits beiderseits voll­ zogenen GrundstückStauschvertrageS und auf Rückauflaflung der Grundstücke die auf Rückauflasiung bezügliche Verpflichtung, und zwar beider Vertragsteile dergestalt, daß, wenn die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen sind, jedes dieser Gerichte zuständig ist, RG. 70, 199. Klagt der Käufer auf Rückgabe deS auf den Kaufpreis hingegebenen Wechsels und auf Feststellung des Nichtbestehens der Kaufpreis­ forderung, so ist die erstere Leistung die Hauptverpflichtung. OLG. 19, 132. Die Hauptverpflichtung deS Mieters ist die Zahlung des Mietzinses. OLG. 19, 51. — Der Ort der Zuwiderhandlung gegen die streittge DerttagSverpflichtung ist von keiner entscheidenden Bedeutung. Gr. 46, 648, (IW. 99, 53s). 4 Vgl. § 269 BGB. (ErsüllungSort mangels Bestimmung oder Entnahme aus den Umständen Wohnort deS Schuldners oder Ort seiner gewerblichen Niederlassung); dazu RG. 61, 312, 69, 13, 90, 165, Gr. 47, 919 (§ 269 BGB. ist auch auf Unterlassungspflichtm anzuwenden), OLG. 23, 82, 85 (§ 269 BGB. gilt auch: für die Verpflichtung zu einer Unterlaffung, für die Honorarforderung eines Verteidigers gegen Angeklagte); ferner §§ 261, 697, 700, 811, 1194, 1199 BGB., Art. 92 EG. z. BGB. (gesetzlich besonders geregelte Leistungsorte für OffenbarungSeid, Rückgabe verwahrter Sachen, Vorlegung von Sachen, Zahlung von Grund- oder Rentenschulden, Zahlung aus öffent­ lichen Kaffen). — Haben die Beteiligten sich hinsichtlich des in Betracht kommenden Schuldverhältniffes durch Vereinbarung einem ausländischen Recht unterworfen, so ist zur Lösung der Frage, wo die aus dem Schuldverhältnis sich ergebende, streitige Verpflichtung zu erfüllen ist, das ausländische Recht zur Anwendung zu bringen. RG. 65, 329, 68, 203, W. 13, 302. — Der Erfüllungsort kann bei gegenseitigen Verträgen für beide Teile ein verschiedener sein. RG. 2, 122, 9, 351, 88, 182, 90, 163, W. 12, 99; vgl. RG. 1, 438, 2, 121, 80, 411, 66,332, OLG. 19, 51. So ist der Erfüllungsort für die Lieferung des Verkäufers beim Uebersendungskauf in der Regel verschieden von dem Er­ füllungsort für die Abnahmepflicht des Käufers, Gr. 44,1153, (IW. 00,12»), oder für die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung, RG. 65, 332. Haben aber die Kontrahenten einen Erfüllungsort vereinbart, so gilt er für beide Teile, wenn sich nicht auS dem Verttage oder der Natur der Sache etwas anderes ergibt. RG. 69, 350, IW. 95, ion, OLG. 13,77,

Erster Abschnitt. Gerichte. Zwetter Titel. Gerichtsstand. § 29.

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29, 81,39,82. Jedoch ist der für Lieferung und Zahlung als Erfüllungsort verabredete Wohnort deS Verkäufers nicht auch Erfüllungsort für die Abnahme seitens deS Käufers. Gr. 44,1153, (IW. 00,12»). Anderseits folgt aus einer vertraglichen Festsetzung, daß der Käufer die Ware am Bestimmungsott avzunehmen habe, nicht ohne weiteres, daß der Bestimmungsort auch für den Verkäufer Erfüllungsort ist. W. 12, vv. — Ueber Dereinbarung deS Erfüllungsortes durch Bezeichnung desselben in Preislisten, Prospekten, Kostenanschlägen, KommisfionSkopien, vorgedruckten Vertragsbedingungen u. dgl., auch wenn ste nicht gelesen, jedoch in der Vertragsurkunde oder mündlich beim Verttagsschluß auf ste hingewiesen worden ist, vgl. Gr. 54, 676, OLG. 19, 54, 65, 56, 58,20,292,21, 66, 23, 83, 29, Li, 33, 22, insbesondere durch Bezeichnung in Geschäftsbedingungen, die auf die Preisliste gedruckt sind, OLG. 41,97, ferner auch dann, wenn die Kommisstonskopie ohne Hinweis auf den aufgedruckten Vermerk über den Erfüllungsott übergeben wird, OLG. 41, 244. Ueber Vereinbarung des Zahlungsortes in den Lieferungs­ bedingungen vgl. OLG. 27, 19. Der in einer Zeitungsanzeige enthattene Vermerk über den Erfüllungsort begründet nicht die Zuständigkeit. OLG. 39, 126 Anm. Die einseitige nachttägliche Aenderung eines schon bestehenden anderwetten Erfüllungsortes ist unwirksam. IW. 98, 292**, 99, 482*. Daher haben die nach Abschluß des Verttages auf Fakturen, Rechnungen, Kostenanschlägen u. dgl. befindlichen Vermerke über einen bestimmten Erfüllungsort keine rechtliche Bedeutung und kommt durch widerspruchslose Annahme der Fakturen usw., mag ste auch während eines längeren Geschäftsverkehrs wiederholt geschehen sein, eine Vereinbarung der Ver­ tragsparteien über den Erfüllungsort nicht zustande. RG. 62, 133, 66, 831, IW. 08, 431‘, OLG. 13, 79, 80, 33, 23; vgl. jedoch RG. 67, 408 (Vereinbarung durch Bestätigung der Faktura auf besondere Anfrage), 69, 350 (stillschweigende Vereinbarung eines Er­ füllungsortes durch widerspruchslose Annahme der Schlußnote eines Handelsmaklers, die einen Vermerk über einen bestimmten Erfüllungsort enthätt). Auch kann dadurch allein, daß der Kläger die Erfüllung der streitigen Verpflichtung an einem bestimmten Ort verlangt, die Zuständigkeit des Gerichtes dieses Ortes gemäß § 29 nicht be­ gründet werden, vielmehr kommt es darauf an, wo die den Gegenstand der Klage bildende Verpflichtung an stch nach dem materiellen Recht zu erfüllen ist. RG. 49, 72. Durch eine mit der rechtlichen Natur des VerttageS in Widerspruch stehende DertragSklausel über den Erfüllungsort wird der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nicht be­ gründet. RG. 41, 858, OLG. 31, 14. Es ist auch nicht allgemein handelsüblich, daß die Bestimmung eines „Erfüllungsorts" sich nicht sowohl auf den Leistungsort im Sinne der 269, 270 BGB., sondern auf den Gerichtsstand beziehen soll. OLG. 41, 97. Ist in einem durch einen Vertteter ohne VerttetungSmacht geschloffenen Derttag ein Leistungsort bestimmt oder ergibt er sich aus den Umständen, so ist der Ort, an dem hiernach der Vertretene zu leisten gehabt hätte, auch LeistungSort für den aus Erfüllung belangten falschen Vertreter (§ 179 BGB.). OLG. 39, iso. Darüber, ob und inwieweit der Nachweis einer behaupteten Abrede über den Erfüllungsort zur Begründung der Zuständigkeit erforderlich ist, vgl. Vordem, vor § 12. Ist der durch Vereinbarung als Erfüllungsort bestimmte Ort in mehrere Gerichts­ bezirke getellt, so kommt es auf den Teil an, wo die Parteien ihre Wohnung, ihren Sitz oder ihre Ntederlaffung haben. RG. 67, 1M, OLG. 20, 287, 40, 345. Durch die Vereinbarung des Erfüllungsortes wird in ber Regel ein ausschließlicher Gerichts­ stand nicht begründet. IW. 17, 869"; vgl. Anm. 2 § 38. — Beim Kaufvertrag insbesondere ist auf Zahlung deS Kaufpreises in Ermangelung anderwetter Ver­ einbarung am Wohnort des Käufers zu klagen. §§ 269, 270 Abs. 1, 4 BGB., RG. 1, 444, 20, 858, 80, 411, 66, 332. Der Ort, wo der Verkäufer wohnt, der Kauf­ abschluß stattgefunden und die Uebergabe der Ware zu erfolgen hat, ist nicht maß­ gebend, auch nicht, wenn der Käufer dort eine Zweigniederlaffung hat, eS sei denn, daß der Geschäftsabschluß zu dem Geschäftsbetrieb der Niederlaffung in Beziehung steht. Gr. 48, 206. (Bei Ladenkäufen wird dagegen allgemein Barzahlung im Laden erwattet und ist daher der Wohnort des Verkäufers Erfüllungsort, selbst wenn er sich bereit erklärt, die Ware bis zur Zahlung oder Ueberweisung des Kaufpreisis zurückzustellen. OLG. 41, 244.) Die Verpflichtung des Käufer- zur Stellung eines Akkreditivs bei einer auswärtigen Bank (z. B. am Wohnorte des Verkäufers) macht den Ort, wo der Sitz der Bank stch befindet, nicht zum Erfüllungsort für die Zahlung, so daß an diesem

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Orte weder für die Klage auf Zahlung noch für die Klage auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung der Gerichtsstand des Erfüllungsorts be­ gründet ist, IW. 22, 595», OLG. 41, 96, 43, 124 (a. M. OLG. 43, 125), auch dann nicht, wenn außerdem Zahlung gegen Vorlage oder Aushändigung des Duplikat­ frachtbriefs vereinbart wird, OLG. 41, 244, 42, 25« (a. M. OLG. 42, 25/?). Ebenso ist am Wohnorte des Käufers zu klagen, wenn der Verkäufer Empfangnahme der übersandten, aber nicht abgenommenen Ware, §§ 488 Abs. 2, 269 BGB., RG.5, 894, 49, 72, oder Schadensersatz wegen Abnahmeverzug (nicht Zahlungsverzug) des Käufers verlangt, RG. 66, 423, selbst wenn sür Lieferung der Ware und Zahlung des Kauf­ preises der Wohnort des Verkäufers als Erfüllungsort vereinbart ist, RG. 66, 423, IW. 00, 12*. Dies gilt auch dann, wenn beim Gattungskauf auf Abnahme der dem Verkäufer wieder zurückgesandten Ware geklagt wird. RG. 49, 72, vgl. 32, 405. Ferner ist auf Rückgabe von Leihgebinden (z. B. Fäflern) am Wohnorte des Käufers zu klagen. OLG. 40, 420. Dagegen ist, wenn Sicherstellung des Verkäufers durch Hinterlegung des Kaufpreises vereinbart worden ist, die Klage aus Hinterlegung an dem Orte zu erheben, wo vereinbarungsgemäß die Hinterlegung erfolgen soll. OLG. 40, 280. Hat der Käufer am Wohnort des Verkäufers sogleich nach dem Kauf­ abschluß die Ware übergeben erhalten und zur Deckung des Kaufpreises einen Teil bar gezahlt und für den Rest einen von einem andern ausgestellten, auf einen Dritten gezogenen Scheck zahlungshalber hingegeben, so ist bis zum Beweise des Gegen­ teils für beide Teile der Wohnort des Verläufers als (stillschweigend) vereinbarter Erfüllungsort anzunehmen, auch dann, wenn der Scheck an einem andern Ort einzulösen war (so daß z. B., wenn der Scheck nicht eingelöst wird, sür die Klage des Verkäufers gegen den Käufer auf Zahlung des dem Scheckbetrage entsprechenden Teiles des Kaufpreises das Gericht, in besten Bezirk der Wohnort des Verläufers liegt, zuständig ist). RG. 102, 282. — Die Erfüllungsorte für die mittelbaren Vertragsausprüche wegen mangelhafter Lieferung (§ 462 BGB.), die auf Veränderung des Kaufvertrags (Minderung) oder auf besten Aufhebung (Wandlung) gerichtet find, fallen nicht notwendig zusammen mit den Erfüllungsorten für die Hauptverpflichtungen aus dem Kaufverträge; auch der Erfüllungsort für die Wandlung ist wieder verschieden von demjenigen für die Minderung, und der letztere kann wieder in sich verschieden sein, je nachdem der Kaufpreis bezahlt ist oder nicht. Gr. 66, 582, (W. 22, eo). Die WandlungSklage des Käufers ist, wenn sie nur auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtet ist, am Wohnorte des Verkäufers zu erheben. RG. 81, 383, IW. 98, 474*, vgl. auch RG. 27, 397 (a M. IW 20, 499’: zuständig das Gericht des Orts, wo sich die gelieferte Sache auf Grund des Vertrags befindet; s. unten). Des­ gleichen die MinderungSklage des Käufer- auf Rückzahlung eines Kaufpreisteiles wegen Mängel der Kaufsache. OLG. 21, 67, 29, 16. Verlangt aber der Käufer auf Grund erklärter Wandlung Zurücknahme der vom Verkäufer ihm gelieferten Kaufsache oder Rückzahlung deS Kaufpreises (und Ersatz der gemachten Auswendungen) Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache, so ist Erfüllungsort für diese Ver­ pflichtungen (nicht der im Vertrage bestimmte ursprüngliche Lieferungsort als solcher, sondern) der Ort, wo sich die Kaufsache zur Zeit der Wandlung dem Vertrage gemäß (d. h. wenn die Kaufsache an einen anderen Ort als den ursprünglichen Lieserungsort verbracht ist, darf die Verbringung nicht eine willkürliche, außer jedem Zu­ sammenhänge mit dem Vertrage stehende Verfügung des Käufers gewesen sein, sondern sie muß sich als eine regelmäßige Folge des Vertrages darstellen, insbesondere eine Folge daraus, daß nach der erkennbaren Absicht des Käufers die Kaussache im Geschäftsbetriebe weiterverkauft werden sollte) befindet, RG. bb, 112, 67,12, W. 18, 81, IW. 10, 23-», OLG. 20, 291, 21, 67, 38, 118, vgl. RG. 20, 360, 60, 272, Gr. 84, H43, 87, 1208, AW. 98. 474*, CO, 151*, 02, eo4«, OLG. 17, 91, 308, 3C9, 311, 87, 84 (a. M. OLG. 36, 42: Erfüllungsort ist wie bei anderen zweiseitigen Verträgen so auch bei den Ansprüchen aus der erklärten Wandlung jeweils der Wohnsitz des Schuldners oder der Ort seiner gewerblichen Niederlassung), selbst wenn für die ursprüngliche Verpflichtung des Verläufers aus dem Kaufverträge lLieferung und Eigentumsbesckaffung) ein anderer Ort als Erfüllungsort vereinbart ist, OLG. 41, 245. Jener Ort gilt als Erfüllungsort auch dann noch, wenn vor der Klagerhebung die Sachen untergegangen sind. OLG. 20, 291. Auch wenn die Sache

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

§ 29.

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versteigert und der Erlös an ihre Stelle getreten ist. OLG. 33, 24, 35, 2s (a. OLG. 33, 23). Weiter gilt er als Erfüllungsort auch für den Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht gehöriger Erfüllung, wenn dieser Anspruch als Nebenanspruch des (auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz der Aufwendungen Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache gerichteten) Wandlung-anspruchs erhoben wird, so daß er nicht alS ein selbständiger, eine eigene Zuständigteit begründender anzusehen ist, sondern ein einheitlicher Anspruch auf Vertragsaufhebung vorliegt. OLG. 37, 84. Ferner auch dann, wenn der Käufer allein den Anspruch aus die Rückzahlung des Kaufpreises (ohne die Nebenleistungen, besonders die auf Rücknahme der Ware) geltend macht. OLG. 38, ns. Diese für Ansprüche auf Grund der Wandlung geltenden Grundsätze find in IW. 22, 1410« auch auf den Fall angewandt, daß der Käufer Rücknahme der mangelhaften Ware und Erstattung des entgangenen Gewinns und der Auslagen als Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt. — Wird auf Wandlung eine- bereits beiderseits vollzogenen Grundstückstauschvertrages und Rückauflastung der Grundstücke geklagt, so ist daS Gericht der belesenen Grundstücke, und wenn die Grundstücke in Bezirken verschiedener Gerichte belegen sind, jedes dieser Gerichte zuständig. RG. 70, los, Anm. 3. — Verlangt der Käufer Rückzahlung des Kaufpreises, weil der Kauf (z. B. wegen Irrtums oder Betruges) nichtig sei, so ist Erfüllungsort für die streittge Verpflichtung der Wohnort deS Verkäufers, auch wenn der Käufer gleichzeittg Rücknahme der Ware be­ ansprucht. RG. 49, 42i; vgl. aber darüber, ob in solchem Falle § 29 überhaupt anwend­ bar, Anm. 1, 2. — Die Verpflichtung des Mieter- zur Zahlung des Mietzinses ist, wenn fich nicht aus dem DerttagsverhältniS etwas anderes ergibt, gemäß § 269 Abs. 1 BGB. an dem Orte, wo dem Mieter die gemietete Sache gewährt wird, zu erfüllen. OLG. 11, so?, IW. 19, 939» (a. M. OLG. 19, 61). — Für Klagen aus einem VerwahrungS- oder DollmachtSverttage gegen den unentgeltlichen Verwahrer oder Bevollmächttgten ist Erfüllungsort der Wohnort deS Schuldners. Gr. 40, 1179. Für den Anspruch des Verwahrer» auf Erstattung von Aufwendungen (z. B. Zahlung von Futtergeld) ist derselbe Leistungsort maßgebend, der für die Rücknahme der auf­ bewahrten Gegenstände besteht. RG. 70, 99, OLG. 35, 164. — Beim Werkvertrag ist für die Verpflichtungen des Unternehmers besten Wohnsitz Erfüllungsort, selbst wenn er die Versendung auf eigene Kosten an den Wohnsitz deS Bestellers und die Dersendungsgefahr übernommen hat. OLG. 40, 368. Bei Klagen aus Werkverträgen vetr. Bauausführung, einschließlich des Sicherungsanspruchs aus § 648 BGB., ist im Zweifel für beide Teile der Ort der Bauausführung Erfüllungsort. OLG. 20, 290- — Der Anspruch auf eine VerttagSstrafe kann in dem für die Hauptverpflichtung des Verttages gegebenen Gerichtsstände erhoben werden. RG. 16, 43b, 67, 16, IW. 08, 488“, Anm. 3. — Für Klagen aus Derlöbnisbruch (8§ 1298 ff. BGB.) ist Erfüllungsort der für die Eheschließung maßgebende Ort OLG. 41, 43. — Klage des Ausstellers gegen den Akzeptanten eines Wechsels, auch außerhalb des WechselprozeffeS, im Wechseldomizil. RG. 21, 100. Für den Wechselprozeß vgl. ferner § 608 (Gerichtsstand des Zahlungsortes). Für die Klage auf Rückgabe eine» zur Deckung de» Kaufpreise» ausgestellten Wechsels bei Aufhebung deS Kaufgeschäfts ist Erfüllungsort der Wohnort des Käufers. IW. 96, 162*, 01, 139». — Klage gegen die Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft auS § 128 HGB. in dem nach § 29 gegenüber der offenen Handelsgesellschaft begründeten Gerichtsstand. RG. 82, 44, IW. 98, 3*. Für Klagen aus einem von einer Kommanditgesellschaft geschloffenen Verttage gegen einen Kommandittsten gemäß §§ 161, 171 HGB. ist der Gerichtsstand an dem Orte begründet, welcher für die entsprechende Verbindlichkeit der Kommanditgesellschaft Erfüllungsort ist. IW. 98, 225*0. Ferner ist für die Klage deS Konkursverwalters, durch die er die den Gesell­ schaft-gläubigern gegen den Kommanditisten zustehende Forderung auf Einzahlung der versprochenen Einlage geltend macht, der Gerichtsstand am Sitze der Gesellschaft begründet. RG. 46, 352. Für die Klage gegen einen Gesellschafter seitens einer Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit zwecks Beitreibung des Beittages ist der Sitz der Gesellschaft Erfüllungsort. Gr. 89, 436. — Für die Klage deS Kommissionär» gegen den Kommittenten aus der Kommission ist der Gerichtsstand deS VerttageS am Orte der Erfüllung deS kommittietten Geschäft» begründet, RG. 28, 412, Gr. 44, 870, 46,1058, IW. 00, 271», auch RG. 10, 90, 87, 26s, sowie am Orte des Wohnsitze-

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oder der Niederlassung deS Kommissionärs, RG. 8, 370, 10, vi, IW. 96,1031. — Ueber Erfüllungsort für die Leistungen des Spediteur- im Gegensatze zu denen des Frachtführers s. IW. 01, 896«. — Für die Verpflichtungen eines Frachtführer­ tz. B. einer Eisenbahn) auS dem Frachtverträge (auch für die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen Beschädigung deS Frachtgutes) ist der Ablieferungsort der Erfüllungsort. Gr. 49,1010, (IW. 06,147*0). — Für die Klagen auf Provisions­ zahlung an den Agenten ist Erfüllungsort der Wohnort (Handelsniederlassung) deS Schuldners der Provision, nicht der Ort, wo die vermittelte Handlung zu leisten ist. IW. 96, 202», Gr. 38, 1136. — Für den Anspruch gegen einen Mäkler auf Entschädigung wegen Verletzung der Verpflichtungen auS dem Mäklervertrage ist der Ort der Mäklertättgkeit der Erfüllungsort. Gr. 49, 1012, (IW. 05, 298»). — Für die Klage gegen einen Patentinhaber auf Duldung der Vertreibung der patentierten Gegenstände zufolge vertragsmäßiger Erlaubnis ist Erfüllungsort -er Wohnort des Patentinhabers. IW. 96, 381*. Hinsichtlich einer Klage auf Aufhebung eines Patentlizenzvertrags s. RG. 62, 54. — Der Erfüllungsort für den Hauptschuldner gilt nach §§ 269, 767 BGB. nicht ohne weitere- auch als ErfüllungSort für den Bürgen. RG. 71, 69, 73, 262. Nach früherem Recht: ebenso RG. 9, 186, 84, 17, IW. 94, 201*1, Gr. (87, H81), 44, 1071; f. jedoch RG. 10, 282, IW. 98, 99“, 96, 392“, 96, 617«*, 02, 219“. — Dagegen gilt der Erfüllungsort für den ursprünglichen Schuldner einer übernommenen Schuld auch für denjenigen, der die Schuld mit befreiender.Wirkung übernommen hat. OLG. 27, 21. — Für die Klage auf das negative DertragSinteresie wegen Betruges ist Erfüllungsort der Ort, wo der Beklagte seine Verpflichtung aus dem aufgehobenen Vertrage zu erfüllen hatte. IW. 96, 202«. — Wird ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, so wird dadurch der Gerichtsstand nicht geändert. Vielmehr bleibt der Erfüllungsort -er Haupt­ forderung maßgebend. IW. 96, 202®, 203*. — Ist beim Bestehen eines Kontokorrent­ verkehr- (§§ 866, 866 HGB.) für jedes einzelne in Betracht kommende Geschäft der Gerichtsstand auS § 29 begründet gewesen, so wird eine Aenderung deS Gerichts­ standes nicht dadurch herbeigeführt, daß das Saldo gezogen und anerkannt ist. IW. 99, 364«. — Ist durch Vertrag die Verpflichtung zu einem Unterlaffen übernommen, so ist für die Klage auf Unterlassung einer Zuwiderhandlung das Gericht deS Ortes zuständig, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung deS SchuldverhältniffeS seinen Wohnsitz hatte. RG. 61, 311. — Für die Klage auf Gewährleistung für eine abgetretene Forderung ist Erfüllungsort nicht ohne wettere» der Erfüllungsort für die Forderung. IW. 01, 640.

8. deS Meß» und MarktorteS.

SO. Für Klagen aus dm auf Mefsm und Märkten, mit Ausnahme der Jahr- und der Wochemnärkte, geschloffenen Handelsgeschäften* (Meß- und Marktsachen) * ist das Gericht des Meß-oder Marktorts zuständig, wenn die Erhebung der Klage3 erfolgt, während der Beklagte oder ein zur Prozeß­ führung berechügter Vertreter desselben* am Orte oder im Bezirke deS Gerichts fich aufhält. 1 §§ 843 ff. HGB. « ZPO. §§ 217, 262, 499 (Ladungsfrist, EinlaffungSfrist 24 Stunden). — § 202 Nr. 3 GVG. (Fertensachen). 3 Anm. 1 § 4. 4 §§ 49, 64 Abs. 2 HGB.

S. der gefühtten Verwaltung.

31. Für Klagen, welche aus einer Vermögensverwaltung1 von dem Geschäftsherrn gegen den Verwalter oder von dem Verwalter gegen dm Geschäftsherrn erhobm werden, ist das Gericht des OrteS zuständig, wo die Verwaltung geführt ist. 1 Auf Grund: eines Vertrages: BGB. §§611ff., 662ff.; letztwilliger Verfügung: BGB. §§ 2112ff. (Vorerbe), 2197, 2200, 2216 (Verwaltung eines Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker, s. OLG. 8, 463, 23, 83); gesetzlicher Bestimmung: BGB. §§ 744ff. (Gemeinschafter), 1363ff., 1374, 1418ff., 1448, 1472, 1487 (Ehemann),

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1688ff. (Vater), 2088 (Erben); gerichtlicher Ernennung: BGB. §§ 1052, 1054, 1070 (mit einem Nießbrauch belastete Sache), 1698, 1808, 1909, 1981 (Beistand, Vormund, Pfleger, Nachlaßverwalter), HGB. §§ 146, 295, 831, auch BGB. §§ 48, 29 (Liquidator), ZPO. § 848 (Sequester), ZVG. § 150 (Zwangsverwalter), KO. §§ 78, 80 (Konkursverwalter). — Auch Klagen aus der Generalagentur einer DerstcherungSgesellschaft. RG. 20, 364. — Eine Vermögensverwaltung im Sinne des ß 81 liegt aber nur dann vor, wenn die Befugnis -um selbständigen Abschluß von Geschäften und zur Einziehung der Gegenleistungen sowie die Pflicht zur Rechnungslegung besteht. Deshalb ist ein bloß mit Abschlußvollmacht versehener Agent selbst bei Vorhandensein eines besonderen Warenlagers an seinem Wohnort nicht DermögenSverwalter im Sinne deS § 81. IW. 99, 2*. 10. der unerlaubten Handlung.

82. Für Klagen aus unerlaubtm Handlungen1 ist das Gericht zuständig,8 in dessen Bezirke die Handlung begangen ist8 1 Für die Frage, ob es stch um eine Klage auS unerlaubter Handlung handelt und sie zur Begründung des Gerichtsstandes aus § 32 genügt, ist nicht die bloße (allgemeine) Behauptung des Klägers über das Borliegen einer unerlaubten Handlung schlechthin maßgebend. Vielmehr ist zur Begründung der Zuständigkeit nach § 32 die Anführung solcher Tatsachen zu erfordern, die stch bei richtiger rechtlicher Würdigung ihrer Att nach als unerlaubte Handlung darstellen können (z. B. genügt nicht eine Behauptung dahin, der Beklagte habe schuldhaft einen Eingriff in das Eigentum deS Klägers veranlaßt). RG. 58, 246, Gr. 54, ins, (IW. 10, 709»», W. 10, 303), IW. 12, 6431», W. (12, 27ß), 18, 169, 20, 60. Der Klaganspruch muß stch „aus" der unerlaubten Handlung für sich allein oder doch hauptsächlich ergeben. Stellt stch die Anführung einer unerlaubten Handlung nur als bloßes äußere- Beiwerk dar, daS ebensogut fehlen könnte, und ist der eigentliche Klagegrund ein anderer (z. B. ein erbrechtliches Verhältnis), so stndet § 32 keine Anwendung. W. 20, 6o. — Ist der Kläger ein Ausländer, so ist, gleichviel ob er seinen Anspruch auf deutscheoder zum Teil auf ausländisches Reckt gründet, nach deutschem Recht zu beur> teilen, ob eine unerlaubte Handlung vorlieat und danach die Zuständigkeit auS § 32 gegeben ist. W. 13, 58. — Derartige Klagen find z. B. solche aus: strafbaren Handlungen, zivilrechtlichen Delikten, Ouafidelitten, RG. 2, 411, 21, 420, 48, 402, 78, 257, OLG. 1, 23V, 17, 92; aus einem positiv festzustellenden schuldhaften Verhalten nach Maßgabe der §§ 828, 824, 825, 826, 839 BGB.; aus einem ver­ muteten, durch Gegenbeweis zu widerlegenden Verschulden gemäß §§ 881, 882, 886 BSB.; und auch auS Tatbeftänder den rein objettiven Haftung für Schadenszufügung ohne Nachweis eine- Verschulden- nach Maßgabe der §§ 829, 838, 885, 840 BSB., RG. 58, ii4, 58, 335, 60, 302. Auch für eine Klage auf Unterlassung, die in einer vorauSgegangenen unerlaubten Handlung (z. B. Ehrverletzung durch die Preffe) ihren Grund bat. RG. 78, 257; sowie ttn Falle einer Patentverletzung nicht nur für die Klage auf Schadensersatz wegen der begangenen Verletzung (RG. 13, 424), sondern auch für die Klage auf Unterlaffung von weiteren Patentverletzungen, W. 15, 246, IW. 15, 293, (1023«), OLG. 17, 94, sofern eS stch nicht um rein abwehrende (nicht auf Verschulden gestützte) Klagen des PatenttnhaberS handelt, RG 24, 894, IW 90, iov», 15, 293, OLG. 15, 63. Ferner für eine auf § 823 Abs. 1 BGB. gestützte Klage auf Herausgabe eines Kindes wegen schuld haft widerrechtlicher Verletzung der elterlichen Gewalt durch Entziehung und Vorenthaltung deS Kinde-. W. 13, 53. Desgleichen für Klagen aus § 1 Hastpflichtges. v. 7./6. 71. RG. 60, 300, W 14, 968 (anders RG 50, 408). — Nicht jedoch für Klagen: auf Grund bloßer schuldhafter Verletzung verttagSmäßiger Verbindlichkeiten, RG. 21, 424, 48,402, IW. 98,474», 99,532»; auf Grund einer nicht den Charakter eines Deliktes an stch tragenden Verletzung gesetzlicher Verpflichtungen, RG. 48, 402; aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §3 812 ff. BGB., RG. 49, 421, Gr. 50, 423, IW. 05, 293*», 10, 655«; aus § 117 Abs. 2, OLG. 17, 93 (a. M. OLG. 25 57). — Wohl aber für Klagen: aus betrügerischer Verleitung zum Abschlüsse eines Vertrages, Gr. 86, 1212; wegen arglistiger Täuschung über die versprochene Beschaffenheit der Belieferten Ware, OLG. 38, ii9; wegen Betruges bei Erfüllung eines Vertrages (z. B. Lieferung wertloser Ware unter Zivilprozeßordnung. IS.Ausl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Nachnahme des Preises), Gr. 42,1171, IW. 10,23"; auf Herausgabe der durch wider­ rechtliche Aneignung erlangten Bereicherung, RG. 2, 411, IW. 90, 402»; auf Schadens­ ersatz wegen Ausbeutung der NechtSkraftwirkung eines angeblich simulierten Urteils in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise, Gr. 54, 1114, (IW. 10, 709“, W. 10, 303). — Ferner für Anfechtungsklagen: aus § 31 Nr. 1 KO., RG. 21, 420, 425, 74, 226, 84, 253, aus § 8 Nr. 1, 2 AnfGes. v. 21./7. 79 (20./6. 98), RG. 48, 401, 74, 226, OLG. 8, 63, 21, 68, aus § 11 Abf. 2 Nr. 1, 2 AnfGes., IW. 99, soo»; dagegen nicht für Anfechtungsklagen auS § 30 Nr. 1, 2, § 82 KO., § 8 Nr. 8, 4 AnfGes., RG. 21, 420 ff., IW. 88, 327», Gr. 88, 1200, vgl. jedoch RG. 10, 825, 384. Nicht auch für die Anfechtungsklage des Konkursverwalters einer stillen Gesellschaft gemäß § 842 HGB. gegen den stillen Gesellschafter auf Wiedereinzahlung der vor der Konkurseröffnung zurückerhaltenen Einlage. Gr. 46, 1037, (IW. 00, 621»). — Früher wurde für Klagen wegen unlauteren Wettbewerbs gemäß § 6 UnlWGes. v. 27./5. 96 der Gerichtsstand auS § 32 für gegeben erachtet. OLG. 7, igi. Durch $ 24 des Ges. in d. Fass. v. 7./6. 09 ist jetzt für alle Klagen aus diesem Gesetze ein ausschließlicher Gerichtsstand bestimmt. Stellt sich jedoch daS dem Beklagten vorgeworfene unlautere Verhalten als den Tatbestand deS § 824 oder des § 826 BGB erfüllend dar, und ist hierauf die Klage zugleich oder allein gestützt, so ist für sie insoweit auch jetzt der Gerichtsstand aus tz 32 gegeben. OLG. 27, 288, 31,12, 35,30, IW. 15, 73i. — Für die unerlaubte Handlung kommt das Recht deS OrteS zur Anwendung, in dem sich der zum Schadensersatz verpflichtende Tatbestand ver­ wirklicht hat. IW. 04, 217”. Wenn die unerlaubte Handlung an mehreren Orten begangen ist (s. Anm. 8) und das Recht an dem einen Ort für die Begründung des Anspruchs geringere Anforderungen stellt als daS Recht an dem anderen Ort, so kommt jenes Recht zur Anwendung. IW. 08, 68». — Eine vertragsmäßige Verein­ barung deS Gerichtsstandes für Ansprüche aus unerlaubter Handlung ist auSgefchloffen. OLG. 1, 240. — Zur Entscheidung über einen vorsorglich beigefügten anderen Klage­ grund (Vertrag, Quastkontratt) wird das auf Grund § 82 angerufene Gericht nicht zuständig. RG. 27, 885, IW. 06, 342“, 10, 23*; vgl. Vordem, vor § 12. 8 Auch gegenüber dem für das von einem anderen begangene Delikt hastenden Dritten (z. B. im Falle des 8 2 Haftpflichtges. v. 7./6. 71). RG. 6, 384, Gr. 29,1049, IW. 84, 210, 99, 222* OLG 39, 33. Auch gegenüber dem Anstifter. OLG. 33, 25. 8 Eine durch Verbreitung eines PretzerzeugniffeS begangene unerlaubte Handlung wird nicht bloß da begangen, wo das Preßerzeugnts hergestellt und von wo auS es verbreitet wird, sondern auch da, wo die Verbreitung selbst stattgesunden hat. RG. 27, 419, RG. 18, 837, 28, 156. Deshalb ist an beiden Orten die Zuständigkeit für Klagen auS der unerlaubten Handlung begründet (z. B. für eine Klage auf Unterlaffung wegen einer durch die Preffe begangenen Ehrverletzung). RG. 27, 419, 60,364, 78, 256, IW. 96, 686*. Vgl. hinsichtlich des Gerichtsstandes der Preßdelikte im Straf­ prozeß § 7 Abs. 2 StPO, in der gaff. v. 18./6. 02, jeyt 22 /3.24. — Setzt sich ein Straftat auS mehreren an verschiedenen Orten vorgenommenen AuSführungSakten zu­ sammen, so ist die Tat als an jedem derjenigen Orte begangen anzusehen, an dem ein AuSführungSakt begangen ist (z. B. bei Begehung einer zum Schadensersatz ver­ pflichtenden unerlaubten Handlung: durch einen Brief sowohl der Aufgabeort als auch der Empfangsort, durch Eisenbahnbetrieb über mehrere Gerichtsbezirke jeder dieser), IW. 96, 686s, 08, 63», 12, 643“, W. 14, 268, namentlich auch an dem Ort, wo sich der beabstchtigte rechtswidrige Erfolg (z. B. beim Betrüge die Täuschung des anderen) vollzogen hat, Gr. 42,1171, 46, 1045, IW. 98, 459«, (02, 358-), s. aber OLG. 15, 63, 17, 93.

Eine durch einen unzulässigen Transport beganpene unerlaubte Handlung wird an allen den Orten begangen, auf die der Transport sich erstreckt. OLG. 39, 33. Auch ist, wenn eine unerlaubte Handlung sich aus mehreren an verschiedenen Orten vorgenommenen Einzelakten zusammensetzt, in jedem dieser Orte die Zuständigkeit nach § 82 für Klagen auf Schadensersatz aus der begangenen unerlaubten Handlung (z. B. Patent- oder Gebrauchsmufterverletzung an mehreren Orten) nicht nur bezüglich deS Schadens, der an dem einen Orte im Bezirke deS angerufenen Gerichts entstanden ist, sondern bezüglich deS fämttichrn Schadens begründet. RG. (DZS.) 72,41, W. 10, 37, (13, 387), Gr. 58,473, (IW. 13,926“), (anders RG. 60,864). Wenn jedoch eine unerlaubte Handlung durch einen Vertrag und durch die daraufhin erfolgte Einttagung eines Recht-

Erster Abschnitt. Gerichte. Zweiter Titel. Gerichtsstand.

§ 33
», W. 12, 286, 13, 227, 16, 168, 21, 146, auch Anm. 1 § 404. DaS Gericht kann auf Grund eigener Erfahrung und Kenntnis (z. B. nach Augenscheineinnahme), ohne einen Sachverständigen anzuhören, und selbst unter Ablehnung eines angetretenen Sachverständigenbeweises, über eine Behauptung, die sich nur alS ein Urteil darstellt, ent­ scheiden. RG. 78, 197, IW. 11, 870»», W. 12, 286, 16, 294. An Sachverständigen­ gutachten (z. B. in Enteignungssachen) ist das Gericht nicht gebunden. IW. 09,287“. — Ueber Benutzung von Privatgutachten und von behördlichen Auskünften vgl. Vordem, vor § 402. — Auch durch Vertrag der Parteien kann der Richter nicht an gewiffe Beweisregeln oder Beweismittel gebunden werden. RG. 20, 402. Dagegen ist es statthaft^ zu vereinbaren, daß nur ein in bestimmt vorgeschriebener Weise festgestellter Schaden vergütet werden soll. RG. 20, 402. — Ueber Beweiskraft außergerichtlicher Geständnisse vgl. Vordem, vor § 288, und über Verwertbarkeit von Behauptungen einer Partei -u ihren Ungunsten vgl. Anm. 4 § 288. Ermittelung deS Schadens.

287. (260.) Ist unter den Parteien streitig,

ob ein Schaden entstandm

sei, und rote hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe? so entscheidet hierüber3 das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier

Ueberzeugung?

Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme* oder

von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige« anzuordnen sei,

bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen.«

DaS Gericht kann anordnen,

daß der Beweisführer den Schaden oder das Interesse eidlich schätzet

diesem Falle hat

das Gericht zugleich

In

den Betrag zu bestimmen, welchen

die eidliche Schätzung nicht übersteigen darf?

'Die Borschrisleu deS Avs. 1 Satz 1,2™ finden bei vermögens­ rechtlichen Streitigkeiten" auch in anderen Fällen entsprechende An­ wendung, soweit unter den Parteien die Höhe™ einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür matz­ gebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung deS streitigen Teiles™ der Forderung in keinem Verhält­ nis stehen." 1 Nicht auSzudehnen auf einen Erfüllung-anspruch (z. B. eines Freikuxverechtigten 23*

356

A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

auf den Ausbeuteanteil an einem Bergwerk). RG. 8, 224, 89,192, IW. 99, 486“. Auch nicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Gewährleistung. IW. 99, 32“, 00, 838», s. jedoch 01, 398“. Ebensowenig auf die Feststellung der im Falle der Enteignung zu gewährenden Entschädigung (daher nicht Schätzung des Wertes der enteigneten Sache nach freiem Ermessen, sondern Ermittelung des Wertes gemäß § 286, und auch kein Schätzungseid). RG. 12, 404, 67, 203,71,204, IW. 95, 531" (s. dagegen Gr. 32, 423, IW. 88, 119-, auch sbilligeS Ermessen) RG. 75, is). — Wohl aber findet § 287 Anwendung: bei einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines rechtskräftigen Urteils, RG. 45, 356; auf Ersatzansprüche auf Grund Frachtvertrages nach Maßgabe der §§ 430, 613, 652 HGB., IW. 10, *27«; auf Ersatzansprüche deS DerficherungSnehmerS aus einer Feuerversicherung, RG. 89, 190 (anders, wenn es sich darum handelt, den Wert einer mittels taxierter Police versicherten Sache behufs Ermittelung, ob eine Ueververstcherung vorliege, festzustellen, RG. 58, 35, 89,192); auf Schadens­ ersatzansprüche wegen unbefugter Nachbildung geschützter Gegenstände, IW. 98, 156», sowie wegen Verletzung des Warenzeichenrechts, RG. 108, 7; auf die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren fteigesprochenen Personen (§ 2 RGes. v. 20./5. 98), RG. 76, 106; auf Schadensersatzansprüche aus dem durch Art. 42 EG. z. BGB. abgeänderten § 7 Haftpflichtges. v. 7./6. 71, soweit es sich um die Bewertung des Schadens handelt, IW. 00, 83V-; auf Entschädigungsansprüche auf Grund des Rayonges. v. 21./12. 71, RG. 83, 412, IW. 15, 148", 23, 291»; auf Ansprüche wegen Ersatzes des durch einen BergwerkSbetrieb verursachten Schadens nach § 148 PrABergG., RG. 90, 156, 102,320. — Vgl. auch § 2 RGes. vetr. Abzahlungsgeschäfte v. 16./5. 94 (RGBl. 450). » Sowohl im Falle der Bemessung des konkreten Schadens (entgangenen Ge­ winns nach den besonderen Umständen) als auch im Falle der Berecünung des ab­ strakten Schadens (des entgangenen Gewinns, der nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, § 252 BGB.). RG. 68, 166. — Auch über die Frage des ursächlichen Zusammenhangs (z. B. ob ein Schaden durch ein bestimmtes Ereignis, eine Körperverletzung, einen Unfall verursacht ist). RG. 6, 357, 9,418, 10,65, 19,432, 21,92, 91,68, 95,104, 102,320, Gr. 30, 958, 32,259, 36,1230, 54,1146, (56, 636), IW. 86, 193, 87, 482, 93, 15", 06, 85», 09, 463", 670", 11, 757", 12, 76", W. (09, 534), 12, 73. Daher auch bet einem auf Deckungskauf des Käufers gestützten Schadensersatzanspruch über die Frage, ob bei dem Deckungskauf nach Treu und Glauben verfahren worden ist. RG. 46, 407. Ferner hinsichtlich: des Zeitpunkts des Eintrittdes schädigenden Ereignisses, RG. 31,88; der Verteilung des Schadens aus mehrere nicht solidarisch haftende Schadensersatzpflichtige, RG. 36, 278, IW. 98, 460», 01, 2ün°; Abmessung der Dauer einer zum Ausgleich einer Erwerbsminderung (z. B. nach §§ 843, 844, 845 BGB.) oder einer Erhöhung der Bedürfnisse bestimmten Rente, RG.83,65,90,227, W. 10,334, IW.06,204-», 13,272"; der Bemessung eines Schmerzens, geldes (§ 847 BGB.), RG. 76, 175, W. 21, 25 (s. aber Anm. 4 a. E.); der Frage, ob die klagende Partei, die gegen den beklagten Rechtsanwalt einen Schadens­ ersatzanspruch wegen Versäumung einer Rechtömittelfrist geltend macht, in dem Dor­ prozeß bei rechtzeitiger Einlegung des Rechtsmittels obgesiegt hätte, IW. 12, 51«; der Frage, ob der in einem Strafprozeß verurteilte jetzige Kläger vom Gericht nicht für schuldig befunden worden wäre, wenn der Prozeßvorgang sich anders gestaltet (z. B. nicht der jetzt beklagte Mitangeklagte den Kläger sfälschlichj der Mitschuld bezichtigt) hätte, IW. 12, 76“. — Dagegen findet nicht § 287, sondern § 286 Anwendung hinsichtlich: der Feststellung des Tatbestandes, der dem Schadensersatzanspruch zugrunde liegt und an sich die Schadensersatzpflicht begründet (z. B. der unerlaubten Handlung, ein­ schließlich eines vom Täter zu vertretenden Verschuldens, der Vorgänge bei einem Unfall), RG. 95,104, 98,59, IW. 12, boo", 16, 423", W. 12,73, Gr. 60, 697, 61, soi; der Feststellung, ob und welche, schädigende Folgen die durch einen Unfall verursachte Körperverletzung gehabt hat, W. 12, 73; der Frage, ob eine Verpflichtung zum Schadens­ ersatz vorliegt, RG. 45, 356, Gr. 41, 698, IW. 82, 90, 88, 119-, 97, 166*; der Art der Ausgleichung des Schadens (z. B. ob Kapital oder Rente zu gewähren), RG. 45, 207. — Hinsichtlich der Frage, ob eine Vertragsstrafe gemäß § 843 BGD. herabzufetzen fei, hat das Gericht freies Ermessen. IW. 10, 293*. • Der Schadensersatzberechtigte soll der genauen Angabe der Tatsachen, die einen zwingenden Schluß auf da- Vorhandensein und den Umfang des Schadens zulaffen,

Erster Abschnitt. Vers. v. d. Landgerichten. Erster Titel. Vers, bis zum Urteil. § 287.

357

überhoben sein, RG. 68, 86, 76, 211, 77, 206, IW. 06, 471", 09,141«, W. 10, 342, s. auch Anm. 6, und soll dafür, ob und welcher Schaden entstanden sei, ein strenger und vollständiger Beweis nicht geführt zu werden brauchen, vielmehr soll es genügen, daß der Richter in Fällen, in denen eine genauere Ermittelung nicht möglich ist, nur im allgemeinen die Ueberzeugung gewinnt, es müsse ein Schaden zufolge widerrechtlicher Handlung entstanden sein, und daß er diesen Schaden nach sreiem Ermessen schätzt, IW. 02, 244°, 09, 415“, 692“, 10, 292“, W. 09, 46, auch RG. 83, 65. Z. B. ist Fest­ setzung einer Rente auf Lebenszeit nach freier Ueberzeugung des Gerichts zulässig. IW. 10, 2?" (vgl. jedoch auch RG. 83, 66). Es genügt ferner ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Schaden in dem betreffenden Umstand seinen Grund findet. IW. 03, 384», OLG. 35, 70. So hat im Falle -es Schadensersatzes wegen Patentverletzung das Gericht sich zunächst unabhängig von einer Darlegungspflicht des Patentberechttgten auf Grund der Umstände des Falles ein Urteil darüber zu bilden, ob durch die unberechtigte Anwendung der patentierten Erfindung mit Wahrschein­ lichkeit der vom Verletzer erzielte Absatz dem Berechtigten entzogen wurde. RG.95,221. — Dies ist aber nicht dahin zu verstehen, daß das Gericht unter allen Umständen pofitiv entscheiden müsse, es sei der Partei durch daS Verhalten des Gegners ein Schaden entstanden oder nicht entstanden. Vielmehr kann das Gericht auch aussprechen, daß in ersterer Beziehung nichts erwiesen sei; jedoch muß die Sache dann so liegen, daß sich das Gericht trotz Würdigung aller Umstände und Berücksichtigung auch bloßer Wahrscheinltchkettsgründe die Ueberzeugung von dem Dasein eines Schadens nicht hat verschaffen können. IW. 99, 485“, auch RG. 76, 211, 83, 65, IW. 01, 206*, 04, 574». Für die Herabminderung der Entschädigung, die einem vor oder während deS Kriegszustandes durch Unfall zum Kriegsdienst untauglich gewordenen Verletzten zusteht, wegen der Möglichkeit, daß der Verletzte im Kriege hätte fallen oder verwundet werden können, bietet § 287 keine Grundlage. RG. 95, 87, Gr. 64, 48i, (W. 20, 108). — Die Vorschrift kommt nicht zur Anwmdung, wenn nach den durch § 16 Ziff. 1 EG. aufrechterhaltenen Vorschriften des bürgerlichen Rechts eine Tatsache unter Ausschluß des Gegenbeweises als gewiß anzusehen ist. IW. 99, 256». 4 Hinsichtlich Schadensersatzansprüche soll dem richterlichen Ermeffen über -en § 286 hinaus ein freier Spielraum gewährt sein. IW. 06, 471«, auch RG. 67, 203. Vgl. jedoch hinsichtlich der Feststellung des die Schadensersatzpflicht an sich begrün­ denden Tatbestandes Anm. 2. — In den Fällen deS § 287 kann der Richter auch solche ihm bekannte Umstände berücksichtigen, die nicht Gegenstand der Verhandlung und Beweis­ aufnahme gewesen sind. RG. 9,418, 10, 405, IW. 93,15“, 00,839», 06,471, 09,141“, W. 08, 412, 577, 09, 46, Gr. 60, 698. Er kann sein Urteil über den entstandenen Schaden unabhängig von einer Darlegungspflicht des Beschädigten oder einer diesen treffenden BeweiSpflicht sich bilden. RG. 68, 165, Gr. 60, 698. Auch kann er eine Feststellung (z. B. über die Verursachung des Schadens durch die schädigende Handlung) ohne Beweiserhebung auf die Angabe einer Partei gründen, der er Glauben beimißt. RG. 91, 68. Ferner ist der Richter in der Anordnung einer beantragten Beweis­ aufnahme fteier gestellt, indem es seinem Ermeffen überlasten wird, ob er den Beweisanträgen nachgehen will oder nicht. RG. 76,175,95,2, IW. 99,32“, Gr. 60,698, W. 21,57. Auch wenn der Richter bei der Entscheidung das Ergebnis einer Beweisaufnahme benutzen will, das für sich allein ihm aber nicht als zur Entscheidung ausreichend erscheint, ist er nickt verpflichtet, eine (insbesondere über die Höhe deS Schadens) beantragte wettere Beweisaufnahme, sollte diese auch an sich erheblich sein, anzuordnen, sondern es steht in seinem Ermesten, ob er dies tun oder ob er in Ergänzung deS Ergebnistes der Beweisaufnahme den Schaden frei schätzen will. RG. 68, 35. — Die SchadenSbemeffung darf aber nicht geradezu auf der Verkennung der Beweispflicht beruhen oder wesentlich davon beeinflußt sein. IW. 14,757-, W. 15,185. Auch darf die Ab­ lehnung eine- Parteivorbringens oder die anderwett getroffene Feststellung nicht eine bloß willkürliche fein. Daher muß in dem Urteil erkennbar gemacht werden, daß die Beweis­ anträge gewürdigt und überhaupt alle hinsichtlich des Daseins und der Höhe des Schaden- in Bettacht kommenden Umstände berücksichtigt worden sind. RG. 40, 422, 424, IW. 91, 6», 93,15“, 95,7“, 98, 156», 219», 99,32“, 07, 310», 09,194“, 12, 694“, 13, 1035», Gr. 61, 803. Ferner darf nicht außer acht gelasten werden, daß bei der Ermittlung von ursächlichen Zusammenhängen, deren Feststellung im Sinne un-

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Zweites Buch.

Verfahren in erster Instanz.

bedingter Wahrheit sich dem menschlichen Erkennen entzieht, ein der Gewißheit nahe kommender hoher Grad von Wahrscheinlichkeit genügen muß, um den Beweis alerbracht anzusehen. RG. 102, 321. Auch unterliegt in der Revisionsinstanz das Be­ rufungsurteil in der Hinsicht einer Nachprüfung, ob nicht die Entscheidung auf einen grundsätzlich falschen Satz (z. B. über Abgrenzung zwischen immateriellem Schaden nach § 847 BGB. und den durch Körperverletzung entstandenen Vermögensnachteilen) gestützt ist. RG. 76, 174, IW. 13, 1O35». — Die von den Parteien vorgelegten Urkunden (z. B. Wechsel) werden nicht Bestandteil der Gerichtsakten, auch dann nicht, wenn sie zum Zwecke der Verwahrung zu den Akten genommen werden. IW. 05, 4382, vgl. Anm. 3 § 142. Das Armutszeugnis wird Bestandteil. IW. 18, 273. 8 Auf die Erteilung besteht für die Parteien ein gesetzlicher Anspruch. RG. 84,143. — Einfache und beglaubigte Abschriften von Verfügungen, Beschlüssen, Urteilen sowie Ausfertigungen von letzteren können sich die Parteien im allgemeinen in be­ liebiger Zahl erteilen lassen. Jedoch wird dadurch die Prüfung, ob die Erteilung mehrerer Abschriften im einzelnen Falle sachdienlich sei, nicht ausgeschlossen, Gr. 34, 763, IW. 90, 157°, 00, 665*, 749», 01,120°, wie überhaupt die Prüfung, ob nicht miß­ bräuchlich, ohne eigenes Interesse, nur zur Belästigung der Gerichtsbeamten Ab­ schriften usw. verlangt werden, IW. 99, 32t«, 01, 120«, 03, 64°, Gr. 45,1109, OLG. 19, 101. Die Erteilung einer zur Zustellung erbetenen einfachen Urteilsausfertigung neben der vollstreckbaren Ausfertigung kann abgelehnt werden. OLG. 27, 84. Ueber Erteilung einer dritten Urteilsausfertigung s. Gr. 43, 763, IW. 96, 320*, auch OLG. 15, 130. Ueber Erteilung von Abschriften usw. an den Armenanwalt s. Anm. 8 § 115, von Abschriften des Armenrechtsgesuchs an den Gegner der armen Partei s. OLG. 25, 95. Die Parteien haben auch das Recht der eigenen Anfertigung von Auszügen und Abschriften. OLG. 29, iso. — Ueber Erteilung von Abschriften von den im Offenbarungseidverfahren überreichten Dermögensverzeichniffen an andere Gläubiger desselben Schuldners vgl. IW. 15,1128. — Ueber Zuständigkeit zur Er­ teilung von Ausfertigungen der Berufungsurteile s. Anm. 2 § 544. — Auf daS Konkursverfahren findet § 299 Abs. 1 keine Anwendung. IW. 15, 731 (a. M. IW. 15, 804). s „Vorstand des Gerichts" ist nicht der Vorsitzende der Abteilung, der Kammer oder des Senats, sondern z. V. beim Landgericht der Präsident, beim Amtsgericht der aufsichtführende Richter. Die Erlaubnis zur Akteneinsicht wird als Verwaltungs­ handlung des Gerichtsvorstandes gekennzeichnet. Vgl. IW. 91, 297. Anders § 34 RFrGG. < Grundsätzlich ist das Recht der Einsichtnahme auf die Einsichtnahme auf der Gertchtsschreiberei des Prozeßgerichts beschränkt- die Versendung der Akten nach einem anderen Orte, besonders an das Gericht seines Wohnsitzes, kann kein Be­ teiligter verlangen. OLG. 25, 96. Nach Ermeffen des Vorstandes können aber in geeigneten Fällen die Akten zur Einsichtnahme den Prozeßbevollmächtigten sowie den zu vernehmenden Sachverständigen in die Wohnung verabfolgt werden. RG. 7, 342, OLG. 1, 224. — Ueber Erteilung von Auskunft an Dritte s. OLG. 25, 96. » § 294.

Zweiter Titel. Urteil.* 1 Für die rechtliche Natur eines Urteils (ob eS ein Endurtetl, ein Teilurteil, ein Zwischenurteil, ein Versäumnisurteil ist) ist nicht dessen Bezeichnung und auch nicht die rechtliche Auffassung des Gerichts, das es erlassen hat, maßgebend, sondern der Inhalt deS Urteils, wie er sich aus der Urteilsformel und den Gründen ergibt. Auch die Bezug-

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§§ 299, 399.

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nähme und Heranziehung bestimmter Paragraphen der ZPO. durch den Richter und selbst beffen ausdrückliche Erklärung, daß das Urteil auf Grund und in Gemäßheit dieser oder jener Bestimmung der ZPO. erfassen werde, ist einflußlos, wenn das Urteil in Wirklichkeit eine andere rechtliche Eigenschaft hat. RG. 7,424,16, 286, 25, 425, 35,345, 39,389, 42, 356, 54, 342, 60, 316, 96, 12, 102,175, Gr. 51,1196, 61, 826, IW. 95, 81T, 98, 57111, 99, 34«, 488«, 534", 12, 399«, W. 11, 101, 12, 45, auch RG. 42, 349, Gr. 45, loo, 46, 430, 48, 822, IW. 00,4391, 470°, 07,261«, 337«. Insbesondere kann bcß gesetzlich zulässige Rechtsmittel den Parteien nicht dadurch genommen werden, daß der Richter die von ihm abgegebene Entscheidung unrichtig bezeichnet oder ihr eine unrichtige Form (z. B. Zwischenurteil statt Endurteil, Teilurteil) gegeben hat, RG. 102, 175, IW. 99, 486'«, 01, 327«, 07, 264", 12, 399«, W. 22, 128, oder daß für die Erlassung einer solchen Entscheidung nicht überall die gesetzlichen Vor­ aussetzungen gegeben waren, RG. 60, 316, IW. 07, 261«, Anm. 6 § 304. Auch ist, selbst wenn sich bei sachlicher Prüfung ergibt, daß ein selbständig mit einem Rechtsmittel anfechtbares Urteil nicht erfassen werden durfte, weil die Voraus­ setzungen dafür nicht vorlagen, doch das Rechtsmittel dann zulässig, wenn sich aus dein gesamten Inhalt des Urteils ersehen läßt, daß das Gericht ein dem Rechtsmittel unterliegendes Urteil (z. B. ein Teilurteil gemäß § 301 oder ein Zwischenurteil gemäß § 304) erfassen hat und hat erfassen wollen. RG. 8, 363, 39, 413, 60, 316, 85, 217, 96, 12, W. 11, 101, 18, 199, (IW. 11, 157“), Anm. 6 § 304 (vgl. jedoch IW. 11, 285«, 548«, W. 12, 45). Andererseits wird ein nach seinem materiellen Inhalt nicht selbständig anfechtbares Urteil (z. B. Zwischen­ urteil gemäß § 303) nicht dadurch allein mit einem Rechtsmittel anfechtbar, daß es der Richter rein äußerlich als ein dem Rechtsmittel unterliegendes Urteil (z. V. „Teilurteil") bezeichnet hat. IW. 96, 432®, 03, 239», (11,157“), Gr. 48,822, 56, 639, W. 11, 101, (12, 45), 14, 266, 16, 256. Dgl. in dieser Hinsicht über Urteile, die als kontradiktorische Urteile erfassen sind, während sie als Bersäumnisurteile hätten erfassen werden sollen, und umgekehrt, Vordem, vor § 330. Ferner wird eine Entscheidung, die im Wege des Beschlusses zu erfassen war, nicht deshalb mit der Berufung statt mit der Beschwerde anfechtbar, weil sie irrtümlich durch Urteil erlaffen worden ist, IW. 03,99«, und ist eine Entscheidung nicht schon deswegen mit der Beschwerde anfechtbar, weil sie im Wege des Beschluffes statt durch Urteil erfassen worden ist IW. 02,9oi. Vgl. auch Anm. 2 § 511. — Gebühren des Gerichts für End- oder Zwischenurteile auf Grund streitiger Verhandlung (1): § 20 Nr. 3 GKG. i. d. F. v. 21./12. 22. 1. Endurteil.

300* (272.) Ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht dieselbe durch Endurteil' zu erlassen. Dasselbe gilt, wenn von mehreren zum Zwecke gleichzeitiger Ver­ handlung und Entscheidung verbundenen Prozessen? nur der eine zur End­ entscheidung reif ist3 1 Endurteile find die Urteile, die den Rechtsstreit ganz oder teilweise, in unbe­ dingter oder (durch Eid) bedingter Weise durch Zuerkennung oder Aberkennung deS Anspmchs, Abweisung wegen prozeßhindernder Einreden, Zurückweisung an daS Nach­ geordnete Gericht für die Instanz erledigen. Begr. 216, 217, RG. 6, 335, 7, 427, 17, 350, 359. Vgl. auch Anm. 2 § 511 und Anm. 5 § 275. — Klagabweisungen zur Zeit oder mit Maßgaben sind mit dem System der ZPO. nicht in Einklang zu bringen. RG. 14, no, Gr. 29, io89, IW. 95, 327«. — Unzulässig ist auch ein End­ urteil, durch das der Beklagte zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme abzüglich eines erst noch zu ermittelnden Betrages verurteilt wird. Gr. 45, 94. — Ein Leistung-, urteil darf nicht ergehen, wenn die Unmöglichkeit, es zu vollstrecken, im Augenblicke seines Erlasses bereits seststeht. RG. 54,33,88, 78, IW. 19, 188». 2 § 147. 1 Auch wenn im Falle einer Klage gegen mehrere Streitgenossen nur über den mtscheidungsreifen Anspruch gegen einen der Stteitgenoffen entschieden, ins­ besondere die Klage gegen diesen allein abgewiesen wird, ist nicht ein Teilurtell nach $ 301, sondern ein Endurteil nach § 800 zu erlassen. Dabei hat zugleich auch

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eine den spruchreifen Kostenpunkt miterledigende Endentscheidung zu ergehen (anders beim Teilurteil,-s. Anm. 3 § 301), und zwar in einer der Sachlage angepaßten Fassung dahin, daß die unterliegende Partei die durch den Rechtsstreit wider ste verursachten Kosten zu tragen habe. IW. 12, 754", 917", Gr. 58, 1039, (W. 14, 99, IW. 14,155"). Teilurteil.

30L (273.) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten An­ sprüchen 1 nur der eine, oder ist nur ein Teil eines Anspruchs, oder bei erhobener Widerklage 2 nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht dieselbe durch Endurteil (Teilurteil)3 zu erlassen. Die Erlassung eines Teilurteils kann unterbleibens wenn das Gericht ste nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.3 1 Vgl. §§ 59, 60, 145, 260. — Auch gegen einen von mehreren in einer Klage beklagten Gesamtschuldnern ist, da es sich um eine Mehrheit von Ansprüchen handelt, ein Teilurteil zulässig (z. B. auch, wenn eine offene. Handelsgesellschaft und zugleich als Gesamtschuldner gemäß § 128 HGB. die Gesellschafter verklagt sind), RG. 51, 248, IW. 12, 147"; es sei denn, daß unter den mehreren Beklagten notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 besteht, IW. 12, 147" (vgl. jedoch Anm. 3 § 300 darüber, daß im Falle der Erlassung einer Entscheidung nur gegen einen von mehreren Streitgenossen nicht ein Teilurteil nach § 301, sondern ein EndurteU nach § 300 zu erlassen ist). — Wird ein Anspruch auf mehrere tatsächliche Begründungen gestützt, so ist, wenn eine Begründung verworfen wird, darüber nicht durch Tetlurteil zu entscheiden. RG. 36, 428, 50, 278, 73, 164, W. 15, 267, 16, 256, OLG. 11, 81, auch Anm. 5 (vgl. jedoch RG. 27, 301, IW. 10, 622", wonach unter Umständen auch über einen einzelnen Klagegrund, wenn er verworfen wird, ein Teilurteil ergehen kann). Ferner ist ein Teilurteil auf Abweisung eines Teile- einer Geld­ forderung nur zulässig, wenn feststeht, daß die Geldforderung ihrem Betrage nach über denjenigen Betrag nicht hinausgehen kann, um welchen die ganze geforderte Summe den abgewiesenen Teil übersteigt. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn sich ein in einer bestimmten Summe geforderter einheitlicher Schadensersatz­ anspruch für einen Teil deS Zeitraums, in dem er nach der Klagebehauptung entstanden sein soll, als nicht begründet erweist. RG. 96, 11, OLG. 35, 74, vgl. Anm. 2. Desgleichen kann über einzelne Posten einer Rechnung des Gegners, gegen welche Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung in Höhe eines bestimmten Teilbetrages erhoben ist, nicht ein Teilurteil erlassen werden. RG. 73, 87. Wenn ferner der Kläger Erhöhung einer von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Ent­ eignungsentschädigung verlangt, kann wegen Einheitlichkeit der Entschädigung die Klage zum Betrage eines Einzelpostens nicht durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn und solange noch die Möglichkeit besteht, daß dem Kläger trotz Streichung des Postens gleichwohl zufolge höherer Bemessung anderer Einzelansätze schließlich die ganze geforderte Entschädigungssumme zugesprochen werden muß. IW. 11, 548-», 12, 147«, 801", 14, 818". Früher konnte in den vorbezeichneten 4 Fällen gemäß § 303 a. F. ein Zwischenurteil (über ein selbständiges Angriffsmittel) erlassen werden (vgl. die genannten Entsch.). Nach § 303 n. F. sind auch solche Zwischenurteile unzulässig; die betreffenden Entscheidungen können nun erst im Endurteil ergehen. — Werden ein Hauptanspruch und ein eventueller Hilfsanspruch geltend gemacht, so ist, wenn der Hilfsantrag auf tatsächlich und rechtlich anderer Grundlage beruht und dementsprechend anderen Inhalt hat als der Hauptantrag (wenn z. V. in erster Linie auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags, eventuell auf die aus dem Vertrage im Falle seines Bestehens sich ergebenden Leistungen geklagt ist), ein Teilurteil auf Abweisung des Hauptanspruchs zulässig, da in einem solchen Falle mehrere An­ sprüche vorliegen und § 301 nicht unterscheidet, ob die mehreren Ansprüche selbständig nebeneinander oder im Eventualverhältnis zu einander geltend gemacht sind. RG. 102, 174, IW. 02, 25p; a. M. OLG. 33, 63 (vgl. dagegen über den umgekehrten Fall der Entscheidung nur über den Eventualantrag Anm. 3). Beruhen aber der Hauptantrag und der HilsSantrag auf der nämlichen tatsächlichen

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Grundlage und sind nur verschiedene Begründungen für denselben Anspruch daraus entnommen (ist z. V. ein Schadensersatzanspruch in erster Linie nach der Richtung eines konkreten Schadens, Hilfsweise nach der Richtung eines abstrakten Schadens begründet worden), so kann, wenn der Hauptantrag für unbegründet- erachtet wird, nicht ein Teilurteil auf Abweisung dieses Antrags erlassen werden, da in Wirklich­ keit nur ein einheitlicher Anspruch vorliegt. W. 15, 267, (früher war ein Zwischen­ urteil über die Unbegründetheit gemäß § 303 a. F. zulässig, W. a. a. O.; jetzt kann die Entscheidung erst im Endurteil ergehen, s. oben). — Dagegen ist, wenn mit einer Klage aus § 767 (Einwendungen gegen den Utteilsanspruch) Ein« Wendungen, die nach § 766 als der ausschließlichen Zuständigkeit des Vollstreckungs­ gerichts Vorbehalten der Entscheidung des Prozeßgerichts entzogen sind, oder die ein die Veräußerung hinderndes Widerspruchsrecht im Sinne des § 771 betreffen, unzulässig (§ 260) verbunden sind und deshalb zurückgewiesen werden, ihre Abweisung (nicht durch Zwischenurteil sondern) durch Endurteil in Gestalt eines Teilurteils auszu­ sprechen. RG. (VZS.) 27, 39i, Gr. 48, sie, W. 18,199. » §§ 33, 280. — Betreffen Klage und Widerklage denselben Gegenstand, so daß beide sich gegenseitig ausschließen oder einschränken, so ist ein Teilurteil über die Klage oder über die Widerklage unzulässig. Gr. 49, 1024, 52, 1135, IW. (05, 86»»), 07, 714”, 12, 400«, OLG. 25, 97. Jedoch kann auch in diesem Falle ein Zwischen­ urteil über den Grund des Klaganspruchs (§ 304) allein erlassen werden. IW. 12, 4oo«. — Ist Teilurteil über die Klage erlassen, so kann in 2. Instanz nicht deshalb auch über die Widerklage entschieden werden, weil ein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Klag- und dem Widerklaganspruch besteht. Gr. 33, 727. • Das Teilurteil ist ein Endurteil über einen quantitativen Teil des Streit­ gegenstandes. RG. 36, 428, Gr. 50, 431, auch Anm. 1. Dieser Teil muß entweder ein einzelner selbständiger Anspruch oder bei einheitlichem Anspruch ein nach Grund und Bettag derarttg objektiv bestimmter Teil sein, daß an sich sowohl über ihn der Ausspruch einer Verurteilung wie einer Abweisung möglich ist mit der Wirkung, daß diese Entscheidung von dem weiteren Verlaufe des Stteitverfahrens unter keinen Umständen mehr berührt wird. RG. 6,57, 16,423, 22,401, 66,398, 96,11, IW. 93,538»«, 05, 537”, 10, 945”, Gr. 45,94, 50,432, W. 11,101, OLG. 20,316, vgl. Anm. 1. Des­ halb kann ein Teilurteil nicht in der Weise erlaßen werden, daß bei einer Forderung, die sich aus einer Reihe von Einzelforderungen oder einzelnen Posten zusammensetzt, lediglich festgestellt wird, der Beklagte schulde einen bestimmten Betrag, ohne daß erkennbar gemacht wird, über welche Posten entschieden ist. RG. 66, 398, IW. 05, 537”. Ist ein ziffernmäßiger Anspruch geltend gemacht, so kann ein Teilurteil auf teilweise Klagabweisung nicht erlaffen werden, bevor nicht festgestellt ist, welche Summe auf den abzuweisenden Teil des Klagebegehrens entfällt; wird ohne eine solche Feststellung die teilweise Abweisung ausgesprochen, so ist in Wirklichkeit das Urteil, auch wenn es alS Teilurteil bezeichnet ist, nur ein (früher nach § 303 a. F. zulässiges, jetzt nach § 303 n. F. unzuläsiiges) Zwischenurteil über ein Element des künftigen Endurteils. W. 11,101, auch IW. 10, 75721, Anm. 1. Unzulässig auch ist ein Teilurteil, durch das nur über den Eventtralantrag entschieden, dagegen die Entscheidung über den Prinzipal­ antrag Vorbehalten wird. RG. 37,172, Gr. 43,1234, (IW. 99,433’); vgl. aber über den umgekehrten Fall der Entscheidung nur über den Prinzipalantrag Anm. 1. — Dagegen kann, wenn mehrere gesonderte FeststellungSanttäge auf Grund eines Rechtsverhältnisies gestellt sind, über den einen Antrag ein Teilurteil erlaßen werden (z. B. wenn geklagt ist auf Feststellung, daß der Kläger Miterbe sei, und auf Feststellung der Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides). Gr. 56, 636, (W. 12, 45). — Eine Entscheidung über die Kosten ist im Teilurteil nicht immer zulässig. Sie kann dem Schlußurteil Vorbehalten werden. IW. 88, 11», 93, 444», Gr. 40, 1028, (IW. 96, Böß’). Wird nur über die Klage entscüieden, die Entscheidung über die Widerklage aber dem Endurteil vorbehalten, so kann nicht über die Kosten erkannt werden. IW. 97,1O6». Dgl. aber Anm. 3 § 300 darüber, daß im Falle der Erlaßung einer Entscheidung nur gegen einen von mehreren Streitgenossen nicht ein Teilurteil nach § 301, sondern ein Endurteil nach § 800 zu erlaßen und dabei zugleich auch über den Kostenpunkt zu entscheiden ist. — Ueber Teilurteile in Ehesachen vgl. Anm. 6 § 615. — Jedes Teilurteil und das demnächst

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ergehende Schlußurteil sind selbständige Urtelle, die je für sich allein der Anfechtung mit den überhaupt gegen Endurteile mit einem solchen Inhalt zulässigen RechtsMitteln (§§ 511, 545) unterliegen und je für sich der Rechtskraft fähig sind. RG. 13, 353, 17, 45, Gr. 55, 662, IW. 88, 988, 89, 432», 96, 357", 03, 179“. Im Falle der Anfechtung durch Rechtsmittel müssen hinsichtlich eines jeden Urteils die Voraus­ setzungen für die Zulässigkeit des Rechtsmittels, insbesondere die Berusnngs- oder die Revisionsfumme (§§ 511a, 546), gegeben sein, auch wenn sowohl gegen das Tcilurteil als auch gegen das Schlußurteil Rechtsmittel eingelegt und gleichzeitig über beide Rechts­ mittel verhandelt wird. RG. 13, 35a, 17, 45, Gr. 55, 662, IW. 88, 98«, 89, 432», 96,357", 97, 305", 98, 4741, 03,179«, vgl. Anm. 3 § 546. Auch die in dem Schluß­ urteil enthaltene Entscheidung über die (auch auf das Teilurteil bezüglichen) Kosten wird rechtskräftig, wenn das Urteil nicht selbständig mit einem Rechtsmittel angefochten wird. Gr. 55, 663, IW. 93, 539", (11, 54»®, W. 11, 36), (anders W. 08, 94). Ist gegen das Teilurteil ein zulässiges Rechtsmittel eingelegt und wird auch das (die Kostenentscheidung enthaltende) Schlußurteil angefochten, so hat jenes Rechtsmittel hin­ sichtlich der Zulässigkeit der letzteren Anfechtung, weil die Kostenentscheidung im Schluß­ urteil als eine Ergänzung des Teilurteils anzusehen ist, Insofern Wirkung, als trotz der Vorschrift des § 99 Abs. 1 die Anfechtung der (im Schlußurteil enthaltenen) Ent­ scheidung über den Kostenpunkt allein zulässig ist und im Falle der Einlegung des Rechtsmittels gegen beide Urteile das Erfordernis der Berusnngs- oder der Revi­ sionssumme hinsichtlich der Kostenentscheidung im Schlußurteil (nicht auch hinsichtlich der Entscheidung zur Hauptsache in diesem, Gr. 40, 102s) entfällt. RG. 68, 301, Gr. 40, 1028, 41, 998, 55, 663, 57, 1098, IW. 88, ll", 383», 90, 274«, 93, 445», 03, 314', (96, 356’, 11, 5463, W. 11, 36) (in W. 08, 94 ist angenommen, daß die Revision gegen ein Teilurteil die Kostenentscheidung im Schlußurteil auch dann ergreift, wenn gegen letzteres Urteil nicht noch besonders Revision eingelegt ist). Die Berufung oder die Revision gegen die im Schlußurteil enthaltene Kosten­ entscheidung ist selbständig gemäß § 519 oder § 554 zu begründen. Gr. 55, 664, IW. 11, 54®’, W. 11, 36), (anders W. 08, 94). Jedoch genügt Bezugnahme auf die hinsichtlich des Teilurteils gegebene Begründung. Gr. 55, 664, (IW. 11 54», W. 11, 36). Die Kosten kommen in solchem Falle der Anfechtung des Teilurteils über die Hauptsache und zugleich des Schlußurteils über den Kostenpunkt für die Bemeffung des Streitwertes der Rechtsmittelinstanz gemäß § 15 Abs. 3 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 nicht in Betracht. Gr. 57,1097. 4 In den Fällen der §§ 306 (Verzicht), 307 (Anerkenntnis) muß auf Antrag ein Teilurtell erlassen werden. IW. 84, 20s. — Eine Beschwerde über Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines Teilurteils findet in keinem Falle statt. IW. 86,194, Gr. 30, 1150. Anderseits ist auch die höhere Instanz zu einer Nachprüfung der An­ gemessenheit der Erlassung oder der sachwidrigen Unterlasiung der Fällung eineS Teilurteils nicht befugt. RG. 97, 32, IW. 99, 92", 00, 52310, 10, 622«. 6 Zulässig ist die gleichzeitige Erlassung eines Teilurteils über den einen Teil deS Streitgegenstandes und eines Zwischenurtells über den Grund (§ 301) Hinsichtlich des andern Teils (z. B. Teilurteil über einen Feststellungsanrrag hinsichtlich einer Schadensersatzpflicht und Zwischenurteil über einen daneben erhobenen Anspruch auf Ersatz eines bestimmten Schadensbetrages). RG. 90, 239, IW. 10, loo?»1. — Ueber Anfechtbarkeit durch Rechtsmittel, wenn ein als Teilurteil erlassenes Urteil in Wirklichkeit ein Zwischenurteil ist oder wenn der umgekehrte Fall vorliegt, vgl. Vordem, vor § 300. — Wird die Einrede der Unzuständigkeit hin­ sichtlich eines von mehreren Klagegründen für begründet erklärt, hinsichtlich des andern Klagegrundes verworfen, so ist das Urteil auch in ersterer Hinsicht kein Teilurteil, sondern ein (früher nach § 303 a. F. zwar zulässiges, aber der selbständigen An­ fechtung durch Rechtsmittel nicht unterliegendes, jetzt nach § 303 n. F. überhaupt un­ zulässiges) Zwischenurteil. RG. 73, ioi, Anm. 5 § 275. — In der BerusungSinstanz sindet, wenn beide Parteien (selbständig oder im Wege der Anschließung) Berufung eingelegt haben, § 301 gemäß § 523 entsprechend dahin Anwendung, daß durch Teilurteil zunächst über das Rechtsmittel der einen Partei entschieden werden kann, vorausgesetzt, daß die Rechtsmittel nicht in untrennbarem Zusammenhänge stehen nnd durch die Teilung der Entscheidung eine Verwirrung des Prozeßstoffs nicht zu befürchten ist. Gr. 63, 344, vgl. Anm. 2 § 521.

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. § 802

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302. (274.)1 Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gewacht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhänge2 steht, so kann, wenn nur die Verhand­ lung über die Forderung zur Entscheidung reif ist,3 diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung erfolgend Enthalt das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321 beantragt werden. Das Urteil, welches unter Vorbehalt der Entscheidung über die Auf­ rechnung ergeht, ist in betreff der Rechtsmittel3 und der Zwangsvollstreckung3 als Endurteil anzusehen. In betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig.? Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersähe des Schadens ver­ pflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechts­ streit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.3 1 Um einer Verschleppung des Prozesses durch die Geltendmachung unbegründeter oder weit aussehender Gegenforderungen entgegenzutreten, sind durch die Fassung der Nov. v. 17./5. 98 in Ergänzung des BGB., das im Hinblick auf die Vorschrift des § 145 Abs. 1 ZPO. von der Aufstellung eines Erfordernisses der Liquidität der Gegenforde­ rung abgesehen hat, die beschränkenden Vorschriften in §§ 145 Abs. 3, 802 gegeben. Mot. 106. — Ist ein Aufrechnungsvertrag, durch den der Gegner des Aufrechnenden anerkennt, daß die Aufrechnungsforderung besteht, und damit einverstanden ist, daß durch sie seine eigene Forderung getilgt wird, zustandegekommen, so ist für die An­ wendung des § 302 kein Raum mehr, da die Klageforderung dann erloschen ist und kein Gegenstand der Ausrechnung mehr sein kann. Gr. 64, 722. 2 Begriff des „rechtlichen Zusammenhangs": Anm. 4 § 145. Klage und Gegen­ forderung müffen aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen oder zueinander in einem Bedingungsverhältnis stehen. RG. 97, bi, OLG. 19,102, 20, 317. Der rechtliche Zusammenhang wird durch die Behauptung der verabredeten Aufrechnung nicht ersetzt. OLG. 37,137, Anm. 1. — Besteht ein rechtlicher Zusammenhang, so ist nur Trennung der Verhandlung gemäß § 146, nicht auch Erlassung eines Endurtells über die Forde­ rung unter Vorbehalt der Entscheidung über die Gegenforderung zulässig. RG. 92, 321, Anm. 7 § 145, vgl. Anm. 4, 5 hier. 8 Ist die Verhandlung über die Klageforderung noch nicht spruchreif: § 145 Abs. 8 (Anordnung getrennter Verhandlung zulässig). — Sind Klageforderung und Gegenforderung spruchreif, so darf ein BorbehaltSurteil über die erstere nicht mehr erlassen werden. RG. 24, 426. < Ebenso schon nach früherem Recht. RG. (VZS.) 81, 1. — Es kann (nicht mutz, s. Anm. 5) also beim Fehlen der Konnexität ein Vorbehaltsurteil über den Klag­ anspruch unter gleichzeitiger Verweisung der Aufrechnungsforderung zum getrennten Verfahren erlassen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Aufrechnung vor oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Hauptforderung erklärt ist. KB. 88, 89. — Der Vorbehalt bedarf eines ausdrücklichen Ausspruchs in der Urteilsformel; ein nur in den Gründen ausgesprochener Vorbehalt ist nicht wirksam. RG. 47, sei, IW. 04, 39*. Ist zwar über mehrere Angriffs- und Verteidigungsmittel entschieden in der Weise, daß nur noch über eine Aufrechnungseinrede zu entscheiden bleibt, ist aber keine Verurteilung zu einer Leistung mit einem die Aufrechnungseinrede be­ treffenden Vorbehalt ausgesprochen, so liegt nur ein (früher nach § 303 a. F. zwar

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zulässiges, aber nicht selbständig mit Rechtsmitteln anfechtbares, jetzt nach § 303 n. F. überhaupt unzulässiges) Zwischenurteil vor, auch wenn nach der Sachlage ein Urteil mit Vorbehalt gemäß § 302 hätte erlassen werden können. IW. 02, 60710. — Auch über den Grund des Klaganspruchs allein kann ein Zwischenurteil gemäß § 304 unter Vorbehalt der Entscheidung über die zur Auf­ rechnung gestellte, nicht in rechtlichem Zusammenhänge stehende Gegenforderung er­ lassen werden. RG. 61, 413, IW. 04, 39«, Anm. 2 § 304, vgl. jedoch Gr. 45, uio. Steht dagegen die Gegenforderung in rechtlichem Zusammenhänge, so ist ein Zwischen­ urteil über den Grund des Klaganspruchs unter Vorbehalt der Aufrechnung nicht zulässig, da eine solche nicht zu einem besonderen Verfahren verweisbare (s. Anm. 2) Gegenforderung sich nicht bloß gegen die Höhe, sondern auch gegen den rechtlichen Bestand des Klaganspruchs richtet. RG. 52, 27, IW. 02, 632% 03, 6U, Gr. 47, ii«2, auch Anm. 3 § 304. — Deckt sich die nicht im rechtlichen Zusammenhänge stehende Gegenforderung mit der Klageforderung nicht, so kann nur in der Höhe, bis zu der die Klageforderung zufolge Aufrechnung erlöschen würde, ein Vorbehalt-urteil gemäß § 302 erlassen werden, nicht auch über den überschietzenden Teil, sei es auch, daß die Aufrechnungseinrede Element eines die ganze Klageforderung umfassenden Ver­ teidigungsbehelfs ist (z. B. daß die Auftechnung Stundung der ganzen Klageforderung bewirkt haben soll). RG. 57, 268. — Eine besondere Entscheidung über die Aus­ rechnungseinrede allein ist im Wege eines Teilurteils (§ 301) nicht zulässig. RG. 42, 366, 52, 27, (früher war nach § 303 a. F. ein Zwischenurteil zulässig, jetzt ist nach § 303 n. F. auch dieses unzulässig). — In dem Vorbehaltsurteil ist zugleich über die Kosten zu entscheiden. IW. 97,663«. 5 Mit dem Rechtsmittel kann auch die Unzulässigkeit des Erlasses des Vorbehalts­ urteils (z. B. wegen Zusammenhangs von Klage- und Gegenforderung, s. Anm. 2) geltend gemacht werden. OLG. 20, 817, 318, auch RG. 97, 3i. Hat der Beklagte gegen ein erstinstanzliches Urteil, durch das er zu einem Teil der Klageforderung unter Vorbehalt der Aufrechnung mit einer entsprechenden Gegenforderung, im übrigen vorbehaltlos verurteilt worden ist, unbeschränkt Berufung eingelegt, so darf und muß der Berufungsrichter, wenn er das Vorliegen eines Aufrechnungstatbestandes verneint oder den rechtlichen Zusammenhang zwischen Klage- und Gegenforderung bejaht und damit den Vorbehalt als gegen § 302 verstoßend erachtet (s. Anm. 2, 4), auch in betreff des von dem Vorbehalt betroffenen Teils der Klageforderung sachlich erkennen; nur, wenn er § 302 als richtig angewendet erachtet, bleibt der Rechtsstreit insoweit in erster Instanz anhängig. RG. 92, 321. — Liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines Vorbehaltsurteils (kein rechtlicher Zusammenhang der Gegenforderung mit der Klageforderung, Mangel ihrer Entscheidungsreife, dagegen Entscheidungsreife der Klageforderung) vor, so liegt es lediglich im Ermessen des Gerichts, ob es ein Vor­ behaltsurteil erlassen will oder nicht. Die Frage, ob die Erlassung eines Vorbehalts­ urteils zweckmäßig war, unterliegt ebensowenig, wie die Frage der Zweckmäßigkeit der Erlassung eines (an sich zulässigen) Teilurteils (s. Anm. 4 § 301), der Nachprüfung in der Rechtsmittelinstanz (weder des Revisionsgerichts noch des Berufungsgerichts). RG. 97, 32, OLG. 20, 318, 31, 48, 33, 61 (a. M. 17, i?i, 37, 137). « Der Beklagte kann wegen seiner Gegenforderung die Einstellung der ZwangsVollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil nicht verlangen. Jedoch kann er auf die zuer­ kannte Hauptforderung Arrest legen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. KB. 89, auch IW. 89,169% 01, 722»% 10, 69«. — Ist das gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Vorbehaltsurteil rechtskräftig geworden, so kann der Kläger die von ihm hinterlegte Sicherheit gemäß § 715 zurückfordern, wiewohl die Möglichkeit besteht, daß bei der Verhandlung über die Auftechnung das Urteil aufgehoben wird. RG. 47, 864. 7 Zufolge der Rechtshängigkeit darf der Vorbehalt nicht in einem andern Prozesse zur AüSführung gebracht werden. OLG. 17, iso. Hat der Kläger seine Forderung zunächst nur zu einem Teil eingeklagt und, nachdem er ein rechtsttäftiges Vorbehaltsutteil erstritten hat, der Beklagte ihm die Urteilssumme zur Abwendung der Zwangs­ vollstreckung bezahlt, so kann der Beklagte in dem anderen Rechtsstreit, in dem der Kläger den Rest seiner Forderung geltend macht und wiederum die Voraussetzungen für die Erlassung eines Vorbehaltsurteils (s. Anm. 5) gegeben sind, nicht einen An-

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spruch auf Rückgewähr des bezahlten Betrags zur Aufrechnung stellen- ein solcher Anspruch steht ihm, solange nicht im Nachverfahren über seine Gegenforderung zu seinen Gunsten entschieden ist, nicht zu. RG. 97, 33. — Die Gegenforderung bleibt Verteidigungsmittel; daher kann über sie nicht durch Teilurteil (§ 301) entschieden werden. OLG. 5, 58 (früher war nach § 303 a. F. Zwischenurteil zulässig, jetzt ist nach § 303 n. F. auch dieses unzulässig). — Gegen die Klageforderung sind sonstige Angriffs- oder BerteidigungSurittel ausgeschloffen. In OLG. 23, 84 wird aus §§ 278, 280 (Widerklage nur bis zur Schlußverhandlung) und aus dem Wesen des Nachverfahrens gefolgert, daß in diesem eine neue Widerklage nicht mehr erhoben werden könne (f. dagegen die Anm. in OLG. 23, 84); vgl. auch IW. 21, 1261*, OLG. 43, 141. — Eine andere als die vom Vorbehalt betroffene Forderung kann nur mit Zustimmung des Klägers, die aber auch stillschweigend (z. B. durch Verhandeln zur Hauptsache) gegeben werden sann, geltend gemacht werden. OLG. 43, ui. s Danach soll der Kläger, falls das frühere Vorbehaltsurteil in dem Nach­ verfahren aufgehoben wird, nicht nur zur Erstattung des von dem Beklagten Gezahlten oder Geleisteten (vgl. § 717 Abs. 3), sondern auch zum Ersätze des Schadens verpflichtet sein, weil die ihm im Abs. 3 ekngeräumte Befugnis eine außer­ gewöhnliche ist. Der Ersatzanspruch soll von dem Beklagten bereits im Nachverfahren geltend gemacht werden können, und zwar mit der Wirkung der Rechtshängigkeit schon zur Zeit der Zahlung oder Leistung. Mot. 106, RG. 108, 256. — Letzteres bezieht sich nicht nur auf die prozeffualischen, sondern auch auf die materiellen Wirkungen der Rechtshängigkeit, insbesondere auch auf die Steigerung der Haftpflicht gemäß §§ 291, 292 BGB. Mot. 106. — Der Schadensersatzanspruch kann auch durch förmliche Widerklage sowie in einem besonderen Prozeffe verfolgt, RG. 63, 369, ferner auch noch in dem Dersahren aus Läuterung eines bedingten Endurteils geltend gemacht werden, RG. 63, 369, Gr. 49,1O53. — Der Schadensersatz umfaßt auch Zinsen sowie Kosten, die dem Kläger auf Grund eines Festsetzungsveschluffes erstattet worden sind. Mot. 106, IW. 86, 472, 06, 472", OLG. 7, 300, auch RG. 91, 203. Eine nur den Kosten­ ersatz betreffende Entscheidung ist eine solche zur Hauptsache, so daß § 99 Abs. 3 nicht anwendbar ist. OLG. 13, 110. — Der Schadensersatzanspruch ist nicht von einem Verschulden des Klägers abhängig, sondern besteht unbedingt. Vgl. §§ 229, 231 BGB., RG. 91, 203. Jedoch finden auf diesen Anspruch die §§ 249 ff., insbesondere auch § 254 BGB. Anwendung. Danach wird bei konkurrierendem Verschulden des Ersatz­ berechtigten der Schadensersatzanspruch ganz oder zum Teil beseitigt (z. B. wenn der Beklagte durch eigenes Verschulden dazu beigetragen hat, daß er unter Vorbehalt seiner Gegenforderung verurteilt wurde) und tritt eine Einschränkung der Schadensersatz­ pflicht auch dann ein, wenn der Berechtigte es unterlassen hat, den Verpflichteten auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, den dieser weder kannte noch kennen mußte (hier insbesondere eines solchen, der mit der Voll­ streckung verbunden ist). KB. 170, 173, 174. — Vgl. die entsprechenden Vorschriften der §§ 600 (Vorbehaltsurteil im Urkundenprozeß), 717 Abs. 2 (Aufhebung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils), 945 (Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung). Anders im Falle dos § 717 Abs. 3 (Aufhebung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils eines Oberlandesgerichts): hier nur Anspruch auf Erstattung des Gezahlten.

2. Zwischenurteil. 3V3. (275.) Sfi1 ein Zwischenstreit2 zur Entscheidung reif, so sann8 die Entscheidung durch Zwischenurteil erfolgen.4 1 Durch die VO. v. 13./2. 24 find hinter „Ist" die Worte „ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel oder" gestrichen. Danach ist ein Zwischenurteil über ein einzelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel (vgl. Anm. 4 § 461) nicht mehr zulässig; die Entscheidung darüber muß im Endurteil getroffen werden. — Ueber den früheren Rechtszustand in dieser Hinsicht ist folgendes zu bemerken: Das Zwischenurteil über ein selbständiges Angriffs- oder VerteidigungSmittel war ein antizipierter Bestandteil der Entscheidung und nur zugleich mit dem Endurteil anfechtbar (§§ 512, 548; Ausnahmen: §§ 275 Abs. 2 sEntscheidung über prozeßhindernde Einreden!, 304 Abs. 2 sVorabentscheidung über den Grund

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des Anspruchs». Bloße Rechtsfragen/ die für die Entscheidung bedeutsam sind, durften nicht zum Gegenstände eines Zwtschenurteils gemacht werden. Gr. 44, 970, IW. 00, 841«/, (411«), 13, 877«. Selbständig im Sinne des § 303 a. F. waren Angriffs- oder Verteidigungsmittel nur dann, wenn ste Tatbestände erfüllten, die für sich allein rechtsbegründend oder rechtshindernd wirkten. Gr. 57, i?i. Nicht bloße Elemente einer einzigen Klagebegründung (z. B. die Behauptung des Verschuldens des Be­ klagten bei einer Schadensersatzklage). Gr. 67, i?o. Zulässig waren danach Zwischen­ urteile z. B.: a) über folgende Angriffsmittel als einzelne selbständige: einen Klag­ antrag, der nur vorbereitend für den Hauptantrag ist (z. B. Antrag auf Erklärung der Unwirksamkeit des Spruches einer Schiedskommission, wenn die Unwirksamkeit Voraussetzung für den Hauptantrag auf Zahlung einer Entschädigung ist), RG. 72,220; einzelne von mehreren voneinander unabhängigen Klagegründen, RG. 73, 164, IW. 98, 571", 99, 4« 697», 00,522*, Gr. 57, 171, W. 15, 267, 16, 256; einzelne Posten einer Rechnung aus Geschäftsführung, wenn Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung in Höhe eines bestimmten Teilbetrages erhoben ist, RG. 73, 87; Gerecht­ fertigtsein des Klagegrundes, sofern nicht eine Einrede über die die Entscheidung vor­ behalten werde, begründet sei (z. B.: bei einem Schadensersatzanspruch des Käufers wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers der Ware nach § 463 BGB., welcher bewirkten Irrtum des Käufers an sich nicht erfordert, die Einrede des Verkäufers aus § 460 BGB., daß der Käufer den Fehler beim Kaufabschluffe gekannt habe; bei einem Schadensersatzanspruch die Einrede der Vorteilsausgletchung), RG. 102, 394, Gr. 28, 1146, W. 13,121; die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger, falls ihm ein Schaden entstanden sei, diesen zu ersetzen (kein Zwischenurteil nach § 304), Gr. 54, 440; b) über folgende Verteidigungsmittel als einzelne selbständige: Einrede, daß die Abtretungserklärung, worauf die Klage gestützt worden, rechtsunwirksam sei, RG. 82,211; Einrede der mangelnden Passivlegitimation, RG. 11, 889; Einrede der Klagänderung hinsichtlich einer nachgeschobenen zweiten Begründung des Klaganspruchs, RG. 82, 210; Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache, IW. 03, 178", W. 11,294; die Behauptungen der Replik, IW. 93, 346»; rechtsvernichtende Tatsachen, die vom Beklagten eingewendet worden waren, (z. B. Ablauf einer Ausschluß- oder Verjährungsfrist), IW. 97, 231, 98, 282», 10, »45,e; prozeßhindernde Einreden, auch wenn die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1 nicht zutrafen, Anm. 5 § 275; über einzelne von mehreren gegen einen Urteilsanspruch zugleich geltend gemachten Einreden im Falle einer Klage gemäß § 767, W. 18, 199. Ein selbständiges Verteidigungs­ mittel, über das ein (nur mit dem Endurteil anfechtbares) Zwtschenurtetl nach § 303 a. F. erlassen werden konnte, war auch die Aufrechnungseinrede. IW. 05, 438«. Jedoch konnte über eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ein Zwischenurteil nur erlassen werden, wenn die Gegenforderung dem Grunde nach für ungerechtfertigt oder sie nach Grund und Betrag festgestellt wurde; eine Entscheidung über das Bestehen der Gegenforderung nur dem Grunde nach war unzulässig. RG. 49 338, 50, 224, 90, 25, IW. 94, 196, 03, 399«, 11, 458«, Gr. 45, 1114, OLG. 29, 130. War auf Feststellung des Nichtbestehens einer Hypothekenforderung und auf Löschung der Hypothek mit der Behauptung geklagt, die Hypothekenforderung sei durch Gegen­ forderungen des Klägers erloschen, so war ein Zwischenurteil dahin zulässig, daß ein Teil der Gegenforderungen unbegründet sei. W. 22, 12s. War vom Beklagten gegen den Klaganspruch die Verjährungseinrede und vom Kläger gegen diese die Gegeneinrede (Replik) der Arglist erhoben, so konnte über die Verjährungseinrede durch Zwischen­ urteil entschieden und die Entscheidung über die Gegeneinrede vorbehalten werden. RG.94,312. Auch in Ehesachen konnte über die durch Klage oder Widerklage für die Scheidung oder die Anfechtung der Ehe oder die Schuldfrage geltend gemachten Angriffs- oder Verteidigungsmittel (z. B. einen von mehreren Scheidungs- oder mehreren Anfechtungsgründen) durch Zwischenurteil entschieden werden. RG. 58, 313, W. 14, 66, 263. Jedoch galt dies nur als Regel, namentlich für die Fälle, in denen Angriffs- oder Verteidigungsmittel abgelehnt oder Angriffsmittel, welche einen der unbedingten Ehescheidungsgründe der §§ 1565—1567 BGB. zum Gegenstand hatten, für begründet erklärt werden sollten; nicht durfte einer der Scheidungsgründe des § 1568 BGB. durch Zwischenurtetl vor der letzten mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt erklärt werden, da die hier geforderte Zerrüttung der Ehe für den

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Zeitpunkt des Erlasses deS Scheidungsurteils festgestellt werden muß. RG. 98,152. Weiter konnte im Falle einer Schadensersatzklage wegen unerlaubter Handlung: nicht durch Zwischenurteil ausgesprochen werden, daß der Beklagte zum Ersätze des Schadens verpflichtet sei, wenn dabei noch unentschieden gelassen werden sollte, ob der Kläger zur Geltendmachung des Klaganspruchs befugt sei, da durch den Ausspruch nicht eine von dem übrigen Vorbringen unabhängige Grundlage für die Endentscheidung gewonnen wurde, RG. 82, 211; nicht ein Zwtschenurtetl dahin, daß dem Beklagten bei Aus­ führung und Ueberwachung einer Maßnahme Fahrlässigkeit zur Last falle, erlassen werden, wenn offen gelassen werden sollte, ob die Maßnahme ursächlich für den ersetzt verlangten Schaden gewesen sei, da der Ausspruch nur einen Bestandteil der Gesamtentscheidung betraf, RG. 82, 212; auch nicht ein Zwischenurteil dahin, daß der schädigende Umstand in gleichem Maße aus Verschulden des Beklagten wie auf Verschulden des Klägers selbst zurückzuführeu sei, erlassen werden, da dadurch nicht über Tatbestände entschieden wurde, die für sich allein rechtsbegründend oder rechts­ hindernd wirkten, IW. 12,1107», (W. 12, 459). Soweit die Voraussetzungen für die Erlassung eines Zwischenurteils über ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorlagen, war es nicht deshalb unstatthaft, weil bereits ein Teilurteil erlassen werden konnte. RG. 21,843, IW. 97, 383», Gr. 48, 822, W. 22, 128. Dagegen konnten ein Zwtschen­ urtetl und ein Teilurteil nicht gleichzeitig erlassen werden, wenn sich ersteres auf letzteres zugleich miterstreckte. IW. 96, 147U. War im Urteil die Entscheidung über eine Einrede Vorbehalten, so lag, wenn auch im übrigen der Klaganspruch für begründet erklärt wurde, nur ein Zwischenurteil gemäß § 303 a. F., nicht ein solches gemäß § 304 vor. IW. 95, 294". — Ist ein unzulässiges Zwischen­ urteil erlassen, so ist das Gericht daran nicht gebunden, vielmehr kann die Ver­ handlung über den durch das Zwischenurteil entschiedenen Streitpunkt wieder eröffnet und auch noch weiterer Beweis erhoben werden. Gr. 41, 874, 67,172, W. 14, 66, (IW. 03, 899'). Hat das Berufungsgericht aber sich in seinem Endurteil an ein solches unzulässig von ihm erlassenes Zwischenurteil für gebunden erklärt und neue Anführungen der Parteien zu den durch dieses Urteil entschiedenen Punkten von der Berücksichtigung auf Grund des § 318 ausgeschlossen, so ist die. dadurch beschwerte Partei berechtigt, im Wege der Revision Aushebung der auf ungesetzlichem Verfahren beruhenden Urteile zu verlangen. RG. 82, 210, W. 12, 459, (IW. 12, 1102»), 2 Damit sind nicht gemeint Zwischenstreite zwischen einer Partei und einem Dritten nach §§71 (Zulassung einer Nebenintervention), 135 (Urkundenrückgabe seitens eines Anwalts), 387 (Zeugntsverweigerung), über die mit der sofortigen Be­ schwerde anfechtbare Zwischenurteile erlassen werden müssen, sondern prozessuale nicht unmittelbar den Anspruch selbst (sachlich) zum Gegenstände nehmende Streitpunkte, die sich im Laufe des Rechtsstreits zwischen den Parteien ergeben und die auf Grund mündlicher Verhandlung und nicht durch Beschluß oder Verfügung zu erledigen find. Z. B. ein Streit über: die Abnahme eines Eides, IW. 03,99®; die Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens, Anm. 2, 8 § 239; die Verpflichtung zur Vor­ legung einer Urkunde (§§ 422, 423), OLG. 19, 101, auch eines über gewisse Geschäfte sich verhaltenden Auszuges aus Handelsbüchern des Klägers, mittels dessen der Beklagte die von ihm geltend gemachten Gegenforderungen beweisen will, Gr. 54, 437, (IW. 09, 729”). Ferner: Zulässigkeit der Wiedereinsetzung (§ 238); Zulässigkeit der Klagänderung (§§ 264, 268, 269, 527); Zulässigkeit der Klagrücknahme (5 271); Zulässigkeit der Nachbringung von Angriffs-, Verteidigungs-, Beweismitteln (§§ 279, ?83); sonstige Zulässigkeit von Beweismitteln; Beweiseinreden; Beweisaufnahme vor einem beaufttagten oder ersuchten Richter (§ 366); Ecktheit von Urkunden (§§ 440 ff.). 8 In den Fällen der §§ 275 Abs. 2 (Verwerfung prozeßhindernder Einreden), 347 Abs. 2 (Versäumniszwischenurteil über Zwischenstreit), 366 (Streit über die Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter) muß ein Zwischenurteil erlassen werden. * Durch Gib bedingt oder unbedingt: § 461 Abs. 1. Nur durch Eid kann ein Zwischenurteil bedingt werden. RG. 16, 829. — BersäumniSzwischenurteU: §§ 347 Abs. 2 (über einen Zwischenstrett). — In der Regel haben sich die Zwischenurteile einer Entscheidung über die Kosten zu enthalten. RG. 13, 413, IW. 97,4», 17, 35.

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Verfahren In erster Instanz.

Jedoch im Zwischenurteil über einen Zwischenstreit gemäß § 303 (s. Anm. 2) ist über diejenigen durch diesen Streit entstandenen Kosten zu entscheiden, welche nicht die im Hauptprozeß unterliegende Partei lediglich als Folge dieses Unterliegens zu tragen hat. Insoweit hat dann das Urteil die Wirkung eines Endurteils. RG. 45, 408.

304, (276.) Ist ein Anspruch! nach Grund und Betragt streitig, so kann das Gericht über den Grund^ vorab* entscheiden? Das Urteil ist in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen;6 das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, daß über den Betrag zu verhandeln sei? i Auch bei FeststellungSklagen, wenn sie die Feststellung des Bestehens oder Nicht­ bestehens eines Anspruchs zum Gegenstände haben und der Anspruch sowohl dem Grunde wie dem Betrage nach streitig ist (z. B. wenn vom Kläger geltend gemacht wird, daß eine Forderung des Beklagten nicht mehr bestehe, weil sie durch Auf­ rechnung mit einer Schadensersatzforderung des Klägers getilgt sei, und die letztere Forderung dem Grunde und Betrage nach streitig ist, oder wenn auf Einwilligung in die Auszahlung einer hinterlegten Summe geklagt ist und die Parteien auch darüber streiten, in welcher Höhe eventuell dem Kläger das Hinterlegte zukomme). RG. 77, 187, 93, 154, IW. 12, 400», auch RG. 8,362. Dies setzt jedoch voraus, daß ein Be­ trag geltend gemacht ist, und zwar in dem Sinne, daß die Klage zu einem AuSspruch auch über die Höhe des Anspruchs führen soll, RG. 56, iis, 58, 232, 61, 55, 93, 154, W. 09, 98, 16, 223, wobei der Anspruch, dessen Feststellung begehrt ist, regelmäßig wird beziffert sein müssen, RG. 93,151, es allerdings auch genügen kann, wenn der Anspruch im Anträge zusammen mit den Angaben über seinen Gegenstand und Grund so bestimmt gekennzeichnet ist, daß auf diesen tatsächlichen Unterlagen der Betrag durch richterliches Ermessen festgestellt werden kann, RG. 93, 154, W. 09, 427, 13, 340, IW. 11, 45V». Wenn aber die Feststellungsklage gar nicht einen Streit über einen Betrag betrifft (sondern z. B. nur allgemein die Feststellung einer Schadensersatzpflicht), oder wenn die Klage nicht erkennbar das Ziel verfolgt, auch einen Be­ trag zur Feststellung zu bringen, ist ein Zwischenurteil nach § 304 ausgeschlossen. RG. 90, 239, 93, 154, Gr. 53, 105, 1018, IW. 05, 27», 178», 393-', 399», 09, 3131*, 394«, 663«, W. (09, 98), 14, 82, 15, 124, OLG. 19, 103. Dies gilt auch hinsichtlich eines unbezifferten Anspruchs auf Schmerzensgeld. IW. 11, 45933, W. 19, 89. Dgl. auch IW. 04, 493» und für den Fall: einer negativen Feststellungsklage IW. 01, 839«, einer erst in 2. Instanz an Stelle der erstinstanzlichen Leistung-klage erhobenen Feststellungsklage IW. 04, 94«. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, daß von einem Zwischenurteil über den Grund eines Schadensersatzanspruch- (z. B. wegen einer durch unerlaubte Handlung verursachten Körperverletzung) sich ein Urteil auf Fest­ stellung der Verpflichtung zum Ersatz des entstandenen und weiter entstehenden Schadens dadurch unterscheidet, daß bei jenem ein bestimmt umgrenzter Leistungs­ anspruch schon erhoben, also ein bestimmter Vermögensschaden schon dargetegt sein muß, während die Feststellungsklage gerade dann gegeben ist und nur dann zugelaffen wird (vgl. Anm. 5 § 253, Anm. 5 § 256), wenn dieser Schaden noch nicht zu über» sehen oder vielleicht auch noch gar nicht entstanden ist, aber nach den Erfahrungen deS Lebens mit einiger Sicherheit zu erwarten steht. RG. 97, 120. — Ferner ist § 304 nicht anwendbar bei Streitigkeiten über einen einzelnen Rechnungsposten. RG. 8, 363, IW. 93, v38", Gr. 32, 424. — Dagegen ist bet einem Streit über einen (z. B. auf Schadensersatz gegründeten) Anspruch aus Befreiung von einer Geldschuld § 304 jedenfalls dann anwendbar, wenn der auf Befreiung in An­ spruch Genommene seine Befreiungspflicht oder deren Umfang und zugleich die Höhe der Geldschuld bestreitet. Gr. 62,127. — Ueber den Grund einer Ausrechnungsein­ rede kann nicht Zwischenurteil gemäß § 304 ergehen. RG. 6, 422, 12, 363, 49, 338, 50, 224, 90, 25, IW. 97, 324«, 00, 4397, 01, 366-, 07, 837«, Gr. 38, 1224 (früher war ein Zwischenurteil gemäß § 303 a. F. zulässig, wenn entweder der Grund der Gegen­ forderung verneint oder diese nach Grund und Betrag festgestellt wurde, RG. 12, 363, 49, 338, 50, 224, 90, 25, Gr. 35,1195, 38,1225, 45, 1114, IW. [01, 616-j, 11, 458», OLG. 35, 169, auch Anm. 1 § 303; jetzt ist, da nach § 303 n. F. ein Zwischenurteil über

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§ 304.

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eltt einzelne- selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht mehr erlassen werden kann [f Anm. 1 § 303], auch ein solches Zwischenurteil unzulässtg). Zulässig dagegen ist ein Urteil nach § 304 über die Gegenforderung, wenn bezüglich ihrer eine Widerklage erhoben ist, IW. 95, 379*, 03, i?8», und zwar auch dann, wenn sich die Widerklage nur auf den nicht zur Aufrechnung gestellten Teil der Gegen­ forderung erstreckt, IW. 98, 387®, Gr. 42,1190, jedoch nur, wenn nach der Aufrechnung zur Klage noch etwas für die Widerklage übrigbleibt, IW. 01, eie*, 839«, 08, 529«, (13, 760«), Gr. 42, 1190, 57, loei. — Ueber einen von mehreren Klagegründen kann ein Zwischenurteil nach § 304 nicht erlassen werden. W. 20, 23, vgl. Anm. 5 (früher Zwischenurteil nach § 303 a. F. zulässig, jetzt nach § 303 n. F. aber auch unzulässtg, s. oben). Ist aber wegen Mängel der Kaufsache vom klagenden Käufer auf Grund §§ 462, 463 BGB. in erster Reihe ein Minderungsanspruch, in zweiter Reihe (eventuell) ein Gchadensersatzansprnch erhoben (über die Zulässigkeit solcher Verbindung vgl. Anm. 3 § 146), so kann ein Zwischenurteil nach § 304, wenn die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen, über den den Minderungsanspruch betreffenden Hauptantrag allein erlassen werden. RG. 87,237. Der Kläger kann auch nach Erlaß eines solchen Urteils, sobald eS ihm günstig scheint, den Anspruch auf Schadensersatz in die erste Reihe hervorziehen, indem er z. B. auf die Berufung des Gegners Anschlußberufung einlegt, RG. 77,126, 87, 240, oder im Nachverfahren noch auf den Schadensersatz zurückgreift, RG. 87, 240, Gr. 48, 1120. 2 Der Klaganspruch muß sowohl dem Grunde, alS auch dem Betrage nach streitig sein. RG. 58, 232, 61, 55, IW. 05, 201».— Wird auf Grund preuß. Enteignungsges. ein Anspruch auf Erhöhung einer Enteignungsentschädigung (z. B. wegen Wirtschafts­ erschwernisse für den nicht enteigneten Restbesttz) geltend gemacht, so ist, wenn die allgemeine Entschädigungspflicht des Unternehmers wegen der Etgentumsentziehung außer Streit ist, § 304 nicht anwendbar, weil bei der Einheitlichkeit der Enteignungs­ entschädigung die beanspruchte Erhöhung ihren Grund in der allgemeinen Ent­ schädigungspflicht hat und somit nicht der Grund des Anspruchs streitig ist, sondern nur der Betrag. RG. 74, 287, vgl. auch W. 11, 450 (wo aber für den Sonderfall des § 31 Enteignungsges., Bett, nachträgliche Ansprüche des Enteigneten, ein Zwischen­ urteil über den Grund des Anspruchs als zulässig erachtet ist) sowie RG. 86, 403 (wo aber in einem Falle, in dem der Kläger gemäß § 9 EntG. eine Erweiterung der Enteignung auf den Rest des Grundstücks und Entschädigung für Abtretung des Grundstücks im ganzen begehrte, ein Zwischenurteil über den Grund für zulässig erklärt ist, da über die Berechtigung des Verlangens der Enteignungserweiterung ebenso wie über den Betrag der Entschädigung Streit bestehe). — Andererseits ist § 304 ebenfalls nicht anwendbar, wenn der Betrag des Anspruchs nicht streitig ist. IW. 05, 398«, auch 05,229*. Ein Anspruch ist aber nur dann dem Betrage nach streitig, wenn vom Kläger ein bestimmter Betrag gefordert und dieser vom Gegner bestritten ist. RG. 58, 232, 61, 65, IW. 05, roi», 06, 172**, 08, 719«, Gr. 53, los, 1018, 57,1081, W. 08, 255. Daher ist die Erlassung eines Zwischenurteils nach § 304 nicht zulässig, wenn bei Schadensersatzansprüchen kein bestimmter Schadensbetrag behauptet, sondern z. B. nur Feststellung der Verpflichtung zum Ersätze des entstandenen Schadens oder eines von Sachverständigen festzusetzenden Schadens oder lediglich Bewilligung einer nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Rente verlangt wird. RG. 60, 366, 61, 55, 75, 306, 77, 398, Gr. 49, 1085, 1103, 50, 1068, 1085, 51, 996, 53, 1018, IW. 05, 27", 178«, 344*’, 399«, 06, 393«, 359", 469", 472", 718«, 07, 17", 80«, 618«, 11, 102»», 185«, 188*’, 285*’, 372»’, 816«, 12, 78«, W. 08, 413, 09, 47, 11, 288, 16, 223, (s. aber W. 09, 427, 13, 310, [13, 388], 13, 432, IW. 11, 157*’, 459", 13, 750", 928«, Gr. 57, 1081, vgl. aber Anm. 1: zulässig ein Zwischenurteil über den Grund, wenn Verurteilung zum Ersätze eines Schadens nach richterlichem Ermessen oder nach Ermittelung durch Sachverständige, zwar ohne Bezifferung des Anspruchs, aber unter Darlegung der erforderlichen tatsächlichen Unterlagen für daS richterliche Ermessen oder das sachverständige Gutachten, bean­ tragt worden ist). — Ferner wird vorausgesetzt ein Anspruch, der seinem Betrage nach streitig sein kann, also ein Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme oder auf Lieferung vertretbarer Sachen. RG. 60, 368, 73, 428, IW. 00, 470», 08, 719«, 12, 755”, Gr. 51,1061, W. 16, 305. An dieser Voraussetzung fehlt eS z. B.: bei einem Anspruch aus Abtretung von Forderungen, auf Herausgabe von Sachen, IW. 12,755", Gr. 65,615;

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A ll.

Zivilprozeßordnung.

Zweites Buch.

Verfahren in erster Instanz.

bei einem Anspruch: auf Beseitigung eines Mangels des gelieferten Werks, W. 16, 305, auf Auslastung eines Grundstücks, RG. 60, 368, IW. 12, 7ßß“, auch wenn der Kläger sich zu einer Zahlung als Gegenleistung erbietet oder über die Verpflichtung zu einer solchen Gegenleistung Streit besteht, RG. 60, 368; bei der auf Grund vollstreckbarer Forderung, über deren noch bestehende Höhe die Parteien streiten, erhobenen Gläubiger­ anfechtungsklage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die vom Schuldner an den Beklagten veräußerten Gegenstände, RG. 73, 426. — Ueber die Wirkung eines unzu­ lässigen (s. oben), aber tatsächlich erlassenen und rechtskräftig gewordenen Zwischen­ urteils über den Grund des nicht bezifferten Feststellungsanspruchs vgl. IW. 11,10235 1571», 372»«, (W. 11, 288). — Der im § 304 behandelte Gegensatz zwischen Grund und Betrag des Anspruchs kommt für die Feststellung eines nach dem Kriegsleistungsges. v. 13./6. 73 zu vergütenden Schadens nicht in Betracht. RG. 90, 259. • Zu dem Grunde des Anspruches gehört bei Schadensersatzansprüchen auch die Frage der (schuldhaften) Mitwirkung des Beschädigten bei der Entstehung des Schadens (§ 254 BGB.), weil die Mitwirkung zu einer wenigstens teilweisen Befreiung des Beschädigers von der Ersatzpflicht führen kann. Daher mutz hierüber bereits in dem Zwischenurteil entschieden werden. RG. 53, 117, 62, 148, 81, 272, Gr. 48, 591, 50, 1072, IW. 04, 211*5 05, 645'*, 06, 710*, 07, 1995 08, 558«, 09, 471", 10, 1006“, W. 08, 428, 676, 09, 540, 12, 470". (Jedoch ist für zulässig erachtet, daß die Frage des mitwirkenden Verschuldens dann im Nachverfahren erörtert wird, wenn ein rechts­ kräftiges Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs vorlicgt, das die Erörterung der Frage des mitwirkenden Verschuldens in das Nachverfahren verweist; vgl. dar­ über Anm. 6. Ferner ist in Gr. 54, ii43, IJW. 10, 482«, W. 10, 222], IW. 11, 4455 4863, 15, 148", auch RG. 82,196, angenommen, datz, wenn von dem Matze des mit­ wirkenden Verschuldens nicht nur die Entscheidung, ob eine Schadensersatzforderung entstanden, sondern auch die, wie hoch der Schadensersatz zu leisten sei, und wenn ferner von der Feststellung der behaupteten Tatsachen sowohl der Grund als auch der Betrag des Schadens abhänge, die Frage des mitwirkenden Verschuldens dem Nachverfahren über den Betrag vorbehalten werden dürfe.) Um ein bei der Ent­ stehung des Schadens mitwirkendes Verschulden handelt es sich jedoch nicht bei der Frage, um welche Summe der Verletzte den bereits entstandenen Schaden zu mindern schuldhaft unterlasten hat; die Entscheidung über diese Frage kann dem Verfahren über den Betrag des Schadens Vorbehalten werden. RG. 81, 272. Ferner kann die Entscheidung der Frage, inwieweit Dritte bei der Zuftigung des Schadens, der ersetzt verlangt wird, mitbeteiligt sind, dem Verfahren über den Betrag vorbehalten werden. Gr. 47, 1167, W. 19, 172. — Dagegen ist aber in dem Verfahren über den Grund zu entscheiden über die Frage: ob der Witwe eines Verunglückten die Rente gemäß § 844 BGB. nach der mutmaßlichen Dauer ihres Lebens oder nach der des Lebens des Verunglückten von dem zum Schadensersätze Verpflichteten zu gewähren ist, RG. 64, 34, 77, 410, IW. 07, 482-», 08, 9», 1095 465«, 480«, W. 19, 74; von wann und bis wann ein Verletzter die Rente gemäß § 843 BGB. oder nach § 3 HaftpflG. oder ein Dritter die Rente gemäß § 844 Abs. 2 BGB. verlangen kann, und zwar in dem Sinne, daß nur die Höchstdauer der Rente im Zwischenurteil festzustellen ist, die Frage aber, ob wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit die Zahlung der Rente früher aufzuhören hat, dem Verfahren über den Betrag Vorbehalten bleibt, IW. 06, 3ß9»5 710», 786«, OLG. 19, 224). Auch Beschlüsse, wodurch Ansprüche zu- oder aberkannt werden (z. B. Kostenfestsetzung, über einen An­ trag des Gläubigers gemäß § 888), OLG. 18, 413, 37,140. — Sticht aber bezieht sich § 322 auf: abweisende Beschlüsse des Vollstreckungsgerichts betteffend Pfändungsanttäge, OLG. 18, 412; vollstreckbare Urkunden gemäß § 794, IW. 95, 183«; Zuschlags­ beschlüsse hinsichtlich des Bestehens der Forderung gegen den Ersteher, IW. 15,10313». 2 § 322 Betrifft die materielle Rechtskraft (d. i. die Beteiligten svgl. § 325] und die Gerichte find an das Urteil gebunden). Ueber die formelle Rechtskraft (d. i. das Urteil ist unanfechtbar und vollstreckbar) bestimmt § 705. W. 14,129. — Ueber die Anfecht­ barkeit simulierter rechtskräftiger Urteile und über Schadensersatzansprüche mit der Begründung, das Urteil fei von der Gegenpartei vorsätzlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise zu Unrecht erwirkt worden, vgl. Anm. 1 § 767. — Liegen zwei entgegengesetzte rechtskräftige Urteile unter denselben Parteien vor, so ist das zuletzt ergangene Urteil maßgebend. RG. 52, 218, OLG. 23, 174, vgl. auch Anm. 1 § 767. — Ueber die Frage, ob und inwieweit die mit der freiwilligen Gerichtsbarkeit be­ trauten Behörden an rechtskräftige Entscheidungen der Prozeßgerichte gebunden find, vgl. KGJ. 51, 6.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

» Durch § 322 Abf. 1 hat, abweichend von der Savignyfchen Theorie über die Rechtskraft der Elemente des Urteils, die Wirksamkeit des Urteils auf das beschränkt werden sollen, was die Parteien zur Entscheidung gestellt wissen wollen, IW. 00, 83", (z. B. in welcher Begrenzung einen Schadensersatzanspruch, W. 23, 75), und worüber in der Urtellsformel entschieden ist, IW. 82, 235, 89, 152, 92,159», 180«, 94, 140, (der erkennbar zum Ausdruck gelangte Wille, nicht die innere Abstcht des Gerichts ist maßgebend, Gr. 57, Ions, IW. 07,159«, 11, 285-°). Die in den Ent­ scheidungsgründen enthaltenen rechtlichen oder tatsächlichen Feststellungen werden nicht rechtskräftig. RG. 7, 855, 11, 385, 50,273, 94, 195, IW. 85,92, 92, 426, 99,256-, 00,873«, 07,159«, 11, 592", W. 13, 455, 14, 293, auch RG. 86, 199 (die in einem Patentnichtigkeitsverfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen der entscheidenden Behörden, mit denen die Vernichtung eines Patentes begründet worden ist, sind für die Aus­ legung eines anderen Patentes nicht rechtlich bindend), RG. 93, 156 (ist ein Anspruch in erster Anstanz dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, so ist die Begründung des Berufungsurteils, die eine Ein­ schränkung deS Anspruchs enthält, nicht der Rechtskraft fähig), W. 13, 215 (ist eine Klage auf Unterlassung eines Tuns, z. B. einer unerlaubten Handlung, abgewiesen, so geht der Grund für die Abweisung, daß der Beklagte zur Vornahme des Tuns berechtigt sei, nicht in Rechtskraft über; deshalb ist eine Widerklage auf Feststellung des Rechts des Beklagten, weil dieser dadurch mehr erreicht, als durch die Abweisung der Klage, zulässtg). Klagt ein Gläubiger gegen einen Bürgen, nachdem seine Klage auf Zahlung gegen diesen wegen Irrtums desselben im Vorprozeß rechtskräftig ab­ gewiesen worden ist, aus Ersatz des Vertrauensinteresses gemäß § 122 BGB., so steht für diesen neuen Prozeß der Irrtum des Bürgen nicht rechtskräftig fest, viel­ mehr kann der Irrtum nunmehr für nicht erwiesen erachtet und deshalb auch diese Klage abgewiesen werden. RG. 94,195. — Doch ist eine Heranziehung der Urteils­ gründe zur Erläuterung der Urteilsformel zulässtg und im Falle der Unklarheit der Formel (besonders auch in den Fällen der Abweisung einer negativen Feststellungsklage fs. Anm. 4» geboten, RG. 25, 214, 47,370, 50,383, 52,327, 74,122, 97,121, JW.O7, 159«, (11,285"), 11, 65783, 16, 831*, IW. 19, 4521*, W. 11, 207, 12, 278, 14, 67, 293, Gr. 57,1068, ins­ besondere zur Klarstellung der rechtlichen Natur des Anspruchs, über den in der Urteils­ formel entschieden ist, RG. 25, 214, 33, 4, 79, 232, IW. 11, 657", OLG. 26, 4, und zur Auslegung und näheren Begrenzung der den Klageanspruch dem Grunde nach für gerecht­ fertigt erklärenden Urteilsformel (§ 304), IW. 19, 249". Besteht ein Widerspruch zwischen der Urteilsformel und den Gründen (ist z. B. der ganze Anspruch zuerkannt, während nach den Gründen ein Teil abgewiesen werden sollte), fo ist hinsichtlich des Umfangs der Rechtskraft die Formel maßgebend. OLG. 19, io6. Ist aber die Urteilsformel tot Hinblick auf die Entscheidungsgründe nur nicht vollständig, so kann dem Mangel, um dem Urteil die sachgemäße Rechtskraftwirkung zu geben, durch Ergänzung der Formel, auch in der Rechtsmitteltostanz noch, abgeholfen werden. IW. 07,159*», 11, 285», (W. 11, 207). — Die Voraussetzung eine- erhobenen Anspruchs kann nicht mehr streitig gemacht werden, wenn sie in einem früher rechtskräftig zuerkannten Anspruch oder in der Nichtexistenz eines früher rechtskräftig aberkannten Anspruchs besteht; umgekehrt fällt ein erhobener Anspruch ohne weiteres, wenn er daS Nicht­ bestehen eines früher rechtskräftig zuerkannten Anspruchs oder das Bestehen eines früher aberkannten Anspruchs zur Voraussetzung hat. RG. 38,75, 50,416, 80, 323, Gr. 49,674, IW. 01, 651«, 10, 393", 823«’, 12, 5931*, 21, 1246-8. Ist z. B.: der Beklagte (wegen arg­ listiger Täuschung) zur Lieferung von Wertpapieren rechtskräftig verurteilt, so steht auch für einen Verzugsschaden, der in einem nachfolgenden Prozeß gellend gemacht wird, die Lieferungspflicht fest, IW. 10, 393"; der Unternehmer einer öffentlichen Anlage verurteilt, hinsichtlich des für die Anlage beanspruchten Grundeigentums den Antrag auf Enteignung zu stellen, so steht auch seine Verpflichtung Mr Ent­ schädigung fest, IW. 12, 593",' der Hypothekengläubiger mit der Klage aus der Hypo­ thek gegen den Grundstückseigentümer aus Duldung der Zwangsvollstreckung in daS Grundstück rechtskräftig abgewiesen, weil der Grundstückseigentümer ihn bereits beftiedigt habe, so steht auch für den nachfolgenden Prozeß des Grundstückseigentümers gegen den Hypothekengläubiger auf Bewilligung der Löschung der Hypothek rechts­ kräftig fest, daß dem Beklagten, wiewohl er als der Gläubiger der Hypothek im

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urtetl. K 322.

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Grundbuch eingetragen steht, die Hypothek in Wirklichkeit nicht mehr zusteht und sonach die Voraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Hypo­ thek gegeben ist, IW. 21,1246«. — Bei Abweisung einer lediglich auf Beseitigung von Störungen gerichteten negatottschen Klage jedoch ist, auch wenn die Abweisung auf Grund der Annahme erfolgt ist, daß dem Beklagten das Eigentum an der Sache zustehe, damit nicht die Eigentumsfrage zugunsten des Beklagten rechtskräftig entschieden. IW. 93, 267», auch RG. 70, 27. Desgleichen ist, wenn die aus Eigentum an der gepfändeten Sache gestützte Widerspruchsklage auf Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus § 771 ZPO. abgewiesen wird, zwar ein Bereicherungs­ anspruch, weil durch das Urteil die Zwangsvollstreckung für matettell gerechtfertigt erklärt ist, ausgeschlossen, nicht aber ist dadurch das Nichteigentum gegenüber dem Be­ klagten festgestellt. RG. 70, 25. — Wenn in einem Räumungsprozeß über das Bestehen eines Mietverhältnisses entschieden ist, so ist bei Abweisung der Räumungsklage für zu­ künftige Prozesse zugleich das Bestehen des vom Beklagten behaupteten Mietverhältniffes sestgestellt. RG. 38, 172, IW. 94, 140». Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Räumungsklage sich lediglich auf den Mißbrauch der Mietsache stützt. RG. 38, 172. — Die rechtskräftige Abweisung einer Klage, die gemäß § 145 Abs. 2 preuß. Allg. Bergges. darauf gestützt ist, daß der Kläger von der Verpflichtung zur Abtretung eines Grundstückes auf Grund eines bestimmten Rechtstitels Befreit sei, schließt nicht auS, daß der Kläger mit einer neuen Klage Befreiung auf Grund eines anderen Rechtstitels geltend macht. RG. 65, 183. — Ist solidarische Verurteilung mehrerer Beklagten beanttagt, im Urteil aber nicht aus solidarische Leistung erkannt, so ist der Anttag auf letztere Verurteilung als rechtskräftig abgesprochen zu erachten. IW. 87, 326, 96, 282». — Rechtskräftige Feststellung eines Saldo schafft nicht Rechtskraft hin­ sichtlich der einzelnen Rechnungsposten, aus denen er sich zusammensetzt. RG. 27,93— Ueber den Umfang der Rechtskraft eines die Klage auf Herstellung der ehelichen LebenSgemkinschast abweisenden Urteils s. Anm. 1 § 616. Ueber die Wirkung der rechtskräftigen Verutteilung gemäß solcher Klage für den sich anschließenden Scheidungsprozeß wegen böslicher Verlaffung (§ 1567 Abs. 2 Nr. 1 BGB.) vgl. W. 11, 247. Ueber die Wirkung des einen Arrest aushebenden Urteils gegenüber der Klage auf Schadensersatz vgl. Anm. 3 § 945. — Ist ein Ehemann in einem Vor­ prozeß wezen einer Forderung zur Zahlung als Schuldner rechtskräftig verurteilt, so kann ei gegenüber einer Klage, die wegen der nämlichen Forderung gegen seine Eheftau auf Zahlung und gegen ihn auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Ehegut gerichtet ist, nicht geltend machen, es sei durch das ftühere Urteil rechtskräftig festgestellt, daß nicht seine Eheftau, sondern er der Schuldner sei. IW. 08, 280«. — Ein ir einem Prozesse zwischen einem Maffegläubiger und dem Konkursverwalter ergehendes Urteil, das einen Streit darüber entscheidet, ob und in welchem Maße die Konkursmasse zur vollständigen Beftiedtgung aller Massegläubiger unzureichend ist, bewirkt nicht Rechtskraft gegenüber den übrigen am Prozesse nicht beteiligten Masse­ gläubigern RG. 66, 329. — Ueber den Grundsatz überhaupt, daß ein Urteil nur zwischen den Partebn Recht schafft, zwischen denen es ergangen ist, und über Ausnahmen von diesen Grundsatz vgl. Anm. 1 § 325. < Be Verurteilung zu einer Leistung Zug um Zug gegen eine Gegenleistung (z. B. auf Grünt gegenseitigen Vertrags gemäß § 322 Abs. 1 BGB.) ist der Anspruch, hinsichtlich dessen das Urteil der Rechtskraft fähig ist, nur der zuerkannte Anspruch auf die Leifung, nicht auch der Anspruch auf die Gegenleistung, der dem Gegner vorbehalten ist. RG. DO, 198. — Ist in einem erstinstanzlichen Urtetl zuungunsten einer Partei, die nicht Beruung eingelegt hat, weil aus anderem Grunde schließlich zu ihren Gunsten erkannt war, eine Tatsache als ein Entscheidungsgrund festgestellt (z. B. in einem Anfechtungs­ prozesse, dlß durch die angefochtene Handlung die Gläubiger an sich benachteiligt seien), so ist diese Feststellung, weil sie nicht einen Anspruch betrifft, nicht gegenüber der Partei recltskräftig geworden. IW. 05, 499«. — Eine Entscheidung über eine Prozeß. vorauSsetzmg (s.Anm. 1 § 274) aber ist auch gegenüber einer neuen unter gleichen Ver­ hältnissen angestrengten Klage maßgebend, IW. 98, 4712, also hinsichtlich deS bestimmten prozessualer Tatbestandes, für den sie erlassen ist, der Rechtskraft fähig (darüber hinaus jetoch, insbesondere hinsichtlich einer Klage, die sich auf einen zwar ähnlichen, aber doch erst nach jener Entscheidung eingetretenen Tatbestand gründet, hat sie

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Zivilprozeßordnung. Zweites Buch.

Verfahren in erster Instanz.

eine Wirkung), W. 13,53,21, 35, OLG. 39, 57. Ebenso steht bei Abweisung der Klage auf Grund des Einwandes des SchiedSvertrageS für den folgenden Prozeß fest, daß der Rechtsstreit dem Schiedsvertrage unterworfen ist, RG. 40,401 (die Rechtskraft eines solchen Urteils steht jedoch der Erhebung einer neuen gleichen Klage dann nicht entgegen, wenn der einzige in dem Schiedsvertrage ernannte Schiedsrichter inzwischen fortgefallen ist [§ 1033], W. 21, 35), während umgekehrt nach Abweisung der Klage durch das Schiedsgericht, weil es nicht (oder wegen Fristablaufs nicht mehr) zuständig sei, die Einrede des Schiedsvertrags in dem vor dem ordentlichen Gericht an­ hängigen Rechtsstreite versagt, RG. 108,378, OLG. 39, 57. Ueber Umfang der Rechtskraft eines die Klage wegen Unzuständigkeit des Gerichts abweisenden Urteils s. Dorbem. vor § 12. — Die Frage, ob derselbe Anspruch wie im Vorprozeß erhoben ist, hängt nicht bloß von dem gestellten Begehren, sondern auch davon ab, ob derselbe Klagegrund vorliegt. IW. 12, 78--, W. (12, 129), 17, 221. Ungeachtet der Gleichheit des Klagebegehrens liegen bei der Verschiedenheit der tatsächlichen und rechtlichen Klagegründe verschiedene Ansprüche vor (so z. B., wenn derselbe Gegenstand im Vor­ prozeß: als Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung, im gegenwärtigen Prozeß als Preisminderung wegen Mängel der Kaufsache gefordert ist; auf Grund Rücktritts von dem behaupteten Vertrage wegen Unmöglichkeit der Erfüllung, im gegenwärtigen Prozeß auf Grund Bereicherung ohne Rechtsgrund verlangt ist). IW. 12, 7822, W. (12, 129), 17,221, (vgl. jedoch IW. 11, 946", OLG. 35, 78). Anderseits sind Ansprüche, die auf der nämlichen rechtlichen Grundlage beruhen, voneinander verschiedene selbständige Ansprüche, wenn die Klagebegehren nach Inhalt und Richtung voneinander verschieden sind; so z. B. die dem Käufer wegen Mängel der Kaufsache nach §§ 459, 462 BGB. zustehenden Ansprüche auf Wandelung und aus Minderung des Kaufpreises (so daß aus der rechtskräftigen Abweisung des einen Anspruchs nicht eine Einrede gegen die Geltendmachung des anderen hergeleitet werden kann). IW. 11, 592", (W. 11, 322). Desgl. steht ein rechtskräftiges Urteil, durch das der Beklagte zur Zahlung eines Teiles eines Werklohnes verurteilt und seine Widerklage auf Wandelung des Werkvertrages abgewiesen ist, dem nicht entgegen, daß er mit der gegenüber der Klage auf Zahlung des Restes des Werllohns erhobenen Einrede, er sei zur Zahlung nicht verpflichtet, zu hören ist. W. 20, 155, (IW. 20,6i7"). Ueberhaupt ist also zur Begründung der Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache erforderlich, daß einmal dieselben Tatsachen und rechtlichen Umstände, aus denen der Klagan­ spruch hergeleitet wird, auch schon im Dorprozetz den Klagegrund gebildet haben, und daß weiter der aus diesen Umständen hergeleitete Anspruch seiner Richtung und seinem Inhalte nach als derselbe anzusehen ist, der bereits im Vorprozesse geltend gemacht worden war. RG. 41,130, 69,385, IW. 01, 139-, 02,544«, W. 08, 431, 11,344, 17, 221. — Hat der Besteller eines Werkes Wandelung wegen fehlerhafter Lieferung be­ gehrt und ist er im Vorprozeß damit durchgedrungen, so kann er mit einer neuen Klage zwar nicht nunmehr (weiteren) Schadensersatz aus § 635 BGB. („statt der Wandelung") wegen der fehlerhaften Lieferung verlangen, da er von der einmal ge­ troffenen Wahl nicht mehr abgehen kann, wohl aber einen solchen Schadensersatz, anspruch noch geltend machen, der sich aus Verschulden (§ 276 BGB.) und darauf gründet, daß der nun ersetzt verlangte Schaden erst durch Hinzutreten eines besonderen selbständigen Ereigniffes zu der fehlerhaften Lieferung vermittelt werde. W. 18, 225. — Der Anspruch auf Abrechnung ist ein anderer als der auf Zahlung; daher steht, wenn nur über den ersteren Anspruch entschieden ist, gegenüber dem letzteren Anspruch der Wieder­ holung deS Einwandes, daß die Abmachung, die beiden Ansprüchen zugrunde liegt, sitten­ widrig sei, nichts entgegen. OLG. 31,52. — Ein Feststellungsanspruch ist gegenüber dem Leistungsanspruch in der Regel der mindere. Daher umfaßt ein früheres Urteil über den letzteren auch den ersteren Anspruch mit. IW. 97, 148". Ist die positive Feststellungsklage wegen Verneinung des Rechts abgewiesen, so steht dies Urteil auch der Leistungsklage entgegen. Ist aber die Abweisung nur wegen mangelnden Jntereffes erfolgt, so ist die Leistungsklage noch zulässig. Ist aus beiden Gründen abgewiesen, so ist hinsichtlich der Wirkung der Rechtskraft es so anzusehen, als ob nur wegen des letzteren Grundes avgewiesen wäre, so daß auch dann die Leistungsklage noch zulässig ist. RG. 41, 369, IW. 97, 23010. Wenn der positiven Feststellungsklage stattgegeben worden ist, so ist durch das Feststellungsurteil, ebenso wie durch ein Zwischenurteil nach § 304 (vgl. dort

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. § 322.

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Anm. 4, hier Anm. 6), das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis unabänderlich so weit festgestellt, als es den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung bildet, und find alle dem Bestehen des Klaganspruchs entgegenstehende Einwendungen, die bis zum Schluffe der letzten vor dem Urteil liegenden Verhandlung geltend gemacht werden konnten, aber nicht geltend gemacht worden sind, wirkungslos (z. B. auch eine bereits zulässig und möglich gewesene Einrede der Aufrechnung, der Verjährung). RG. 84, 373, IW. 94, 120'2, (14, 69i"), Gr. 61, 330. Entsprechendes gilt für eine Jnzident-Feststellungswiderklage (§ 280). W. 24, 142. Umgekehrt wirkt rechtskräftige Abweisung der negativen Feststellungsklage als sachlich unbegründet (nicht bloß wegen Mangels des rechtlichen Interesses oder der Passtvlegitimation des beklagten angeblichen Gläubigers, IW. 14, .541") in der Regel als Feststellung des vom Kläger verneinten RechtsverhältniffeS und des nach den heranzuziehenden Urteilsgründen vom Beklagten beanspruchten Rechts. RG. 29, 346, 50, 416, 60, 391, 72, 145, 74, 122, 90, 292, IW. 92, 426», 94, 361«, 01, 423«, 06, 809«, 10, 710", 11, 50", 32S2«, 657»», 815", Gr. 40, 419, 45, 1107, 50, 1076, 51, 1057, W. 10, 254, 417, 12, 278, 13, 344, auch RG. 40, 404, 46, 8, IW. 98,639», OLG. 35,7? (vgl. aber RG. 6, 385, 71, 436, IW. 98, 47). Durch das abweisende Urteil werden alle zur Begründung der negativen Feststellungsklage dienenden An­ griffe gegen den bekämpften Anspruch vernichtet, auch diejenigen, die nicht vorgebracht worden sind, aber vorgebracht werden konnten. RG. 72, 143, 78, 396. Ist z. B. die negative Feftstellungsklage, die darauf gestützt war, daß das den angeblichen An­ spruch begründende Rechtsgeschäft nichtig sei, deswegen avgewiesen, weil das Rechts­ geschäft volle Wirksamkeit habe, so kann der unterlegene Kläger eine neue Klage nicht darauf gründen, daß der Anspruch getilgt sei, RG. 72,145, auch OLG. 23, 172, oder daß er durch Drohung zum Abschluffe des Vertrages veranlaßt worden sei, RG. 78, 3, oder dieser wegen mangelnder Genehmigung eines Dritten nichtig sei, Gr. 55, 375. Ebenso gilt, wenn Kläger einen Teilbetrag einer der Höhe nach fest­ bestimmten Forderung einklagt, Beklagter Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens der ganzen Forderung erhebt und diese Widerklage abgewiesen wird, die ganze Forderung dem Beklagten gegenüber als festgestellt. RG. 60, 391, 90, 292, IW. 01, 536». Ist auf Widerklage ausgesprochen, daß dem Kläger gegen den Beklagten wegen eines Unfalls ein höherer Rentenanspruch als auf der Grundlage der zu 1/a ge­ minderten Erwerbsfähigkeit nicht zuftehe, und im übrigen die Widerklage auf Fest­ stellung, daß dem Kläger Ansprüche aus dem Unfälle nicht mehr zuständen, abgewiesen, so ist zugleich positiv festgestellt, daß dem Kläger ein Rentenanspruch, gegründet auf die Verminderung der Erwerbsfähigkeit um die Hälfte, rechtlich zustehe. RG. 74, 121. Wenn jedoch der Kläger eine Leistungsklage auf Schadensersatz erhoben hat und die vom Beklagten dagegen erhobene negative Feststellungs-Widerklage sich gegen dem Betrage nach noch unbestimmte Mehransprüche richtet, die der Kläger etwa in Zukunft noch erheben könnte, sei es, daß er sie sich in der Klage Vorbehalten hat, oder der Beklagte sonst Anlaß hat, sie zu erwarten, so bedeutet die Abweisung der Widerklage in dem dem Kläger günstigsten Falle, daß ihm ein weiterer Anspruch in irgendeiner Höhe noch zustehen mag. RG. 90, 892. Es kann aber auch die Widerklage allein deshalb abgewiesen sein, weil dem Kläger eben der eingeklagte Teilanspruch zustehe und deshalb die Widerklage, daß ihm überhaupt kein Anspruch zuftehe, unbegründet sei, RG. 60, 390, 71, 436, 74, 122, 90, 293, W. 10, 344, wobei die Abweisung der Widerklage keinerlei positive Rechtskraftwirkung über diejenige der Entscheidung aus die Klage hinaus hat, RG. 90, 293. — Bei einer Klage von Vorstands- oder Ausfichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft auf Entlastung hat, wiewohl die Klage eine Leistungsklage ist, doch ein Urteil, wodurch das Gericht für eine bestimmte Ge­ schäftsführungszeit die Entlastung ausspricht, die gleiche Bedeutung wie die Zusprechung einer negativen Feftstellungsklage insofern, als danach feststeht, daß der Gesellschaft aus Anlaß jener Geschäftsführung Schadensersatzansprüche gegen den Kläger nicht zustehen. RG. 89, 397. — Rechtskräftige Feststellung, daß ein Vertrag nicht mehr bestehe, hindert nicht die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches für die Vergangenheit. IW. 10, 190», (W. 10, 175). — Ist durch Feststellungsurteil (nach der Urteilsformel und der Begründung, s. Anm. 3) die Verpflichtung zum Ersah des entstandenen und weiter entstehenden Schadens aus rechtswidriger Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung nach bestimmten Folgeerscheinungen ausgesprochen, so

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erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils auch aus den ursächlichen Zusammenhmg zwischen diesen Gesundheitsschäden und dem Unfall; offen für die zukünftige weitere Entscheidung bleibt nur der Umfang und die Höhe des Vermögensnachteils, den das Gesetz den Schaden schlechthin nennt, der zur Zeit der Erlaffung des Urteils noch nicht ermittelt werden konnte (vgl. Anm. 5 § 253, Anm. 5 § 256). RG. 97, ns. — Ist die Unehelichkeit eines während der Ehe geborenen Kindes auf die Anfechtung des Ehemannes der Mutter (§ 1593 BGB.) mit der Feststellung, daß der Ehemann während der gesetzlichen Empfangszeit (§ 1592 Abs. 1 BGB.) der Mutter nicht ieigewohnt habe, rechtskräftig ausgesprochen worden (§ 641 ZPO.), so wirkt dies Urteil zwar gemäß § 643 ZPO. (subjektiv) auch gegen die Mutter, aber (objektiv) nur in den Grenzen des § 322 ZPO., also nur soweit über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Daher ist für einen nachfolgenden EhescheipungSprozetz des Ehemannes gegen seine Frau (die Mutter) damit, daß das Kind dieser für unehelich erklärt wurde, noch nicht ihr gegenüber entschieden, daß sie des Ehebruchs schuldig sei; die Entscheidung, daß das Kind unehelich sei, kann und muß nur als Beweis­ umstand für den Ehebruch gegen die Frau gewürdigt werden. RG. 102, 366, Anm. 1 tz 643. ® Der Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache ist, falls er sich gegen den Klaganspruch richtet, nicht schon dann begründet, wenn der Anspruch im Dorproreß erhoben war, sondern nur dann, wenn er auch aberkannt worden ist. RG. 73, Lis, 79, 232. Ist über einen Anspruch im Vorprozeß nicht entschieden, sondern ist er dort zurückgenommen oder für erledigt erklärt worden, so kann er jederzeit wieder mittels neuer Klage verfolgt werden. Gr. 48,1122. Ein Urteil, nach deffen Gründen der Anspruch nur zurzeit oder wegen ungenügender Begründung abgewiesen ist, begründet nicht die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache gegenüber einem demnächst auf eine andere Sachlage gestützten Anspruch. RG. 47, 366, 50, 378, 52, 325. Dagegen begründet auch ein die Klage abweisendes VersäumniSurteil die Einrede gegenüber einer aus dieselben Umstände gestützten Wiederholung des damals erhobenen Anspruchs. OLG. 33, 65. — Ist die Älube im Vorprozeß wegen örtlicher Unzuständigkeit deS Gerichts abgewiesen, so steht das Urteil nicht entgegen einer Klage, hinstchtlich deren die Zuständigkeit des nämlichen Gerichts auf neu eingetretene Tatsachen gegründet wird (z. B. im Falle der Geltendmachung der Zuständigkeit nach § 32 ZPO. auf eine neue, wenn auch gleichartige unerlaubte Handlung). W. 13, 53. — Ist die Ab­ weisung eines Anspruchs sowohl wegen unzulässiger Klagänderung oder eines prozeffualen Mangels als auch auS materiellen Gründen erfolgt, so ist hinsichtlich der Rechtskraft die Abweisung nur als aus dem ersteren Grunde geschehen anzusehen. RG. 41, 372, 53, 36, IW. 95, 184H, 98, 28016, 02, 921», 06, 394-1, 18, Sil«. Ist auS zwei sachlichen (materiellen) Gründen verurteilt (oder die negative Feststellungsklage abge­ wiesen, s. Anm. 4), so kommt für die Auslegung des Urteils hinsichtlich seiner Rechts­ kraftwirkung nur der an die erste Stelle gesetzte Entscheidungsgründ in Betracht. IW. 11, 329»». — Der obsiegende Kläger kann den ihm rechtskräftig zuerkannten An­ spruch in der Regel nicht nochmals gegen denselben Schuldner im Wege der Klage geltend machen, RG. 16,435, 35, 359, 39,5, 46,306, 99,271, IW. 91,310", Gr. 61,146, (W. 17, 37), Anm. 4 § 256; nur dann, wenn er ein besonderes berechtigtes, schützwürdiges Jntereffe an nochmaliger Aburteilung hat (z. B. weil eine vollstreckbare Ausfertigung des ftüheren Urteils wegen Vernichtung der Akten nicht beschafft werden kann oder weil der Beklagte das Fortbestehen der Forderung bestreitet oder weil das mit der Klage erstrebte Ziel sich auf andere Weise nicht erreichen läßt), RG. 16, 435, 99, 271, IW. 97, in»», 02,588’, Gr. 61,146, (W< 17, 37), auch OLG. 5, 62, 9,123,10, 375, 15, 13. Ein solches Jntereffe ist z. B. zu verneinen, wenn der Kläger, nachdem er ein rechtskräftiges Urteil auf Herausgabe von Sachen erwirkt und ein anderer im Laufe des Rechtsstreits die Sachen vom Beklagten erworben hat, gegen den anderen nochmals auf Herausgabe der Sache aus dem nämlichen Rechtsverhältnis (z. B. Eigentum) klagt; denn er kann gegen den anderen gemäß §§ 727, 325 sich vollstreck­ bare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilen fassen oder gemäß §§ 731, 325 auf Erteilung der Vollstreckungsklausel klagen. Gr. 61,144, (W. 17, 37). Dagegen ist deswegen, weil auf Grund eines Zuschlagsbeschluffes, der einem Urteile nicht in jeder Beziehung gleichsteht (s. Anm. 1), Zwangsvollstreckung gegen den Ersteher betrieben werden

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kann, für die Geltendmachung der im Dersteigerungsverfahren gegen den Ersteher be­ gründeten Verpflichtungen in einem neuen Prozeß ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ohne weiteres zu verneinen. RG. 46, 304, W. 15, 266. Im Falle der Abweisung einer negativen Feststellungsklage (s. Anm. 4) ferner kann der Beklagte nochmals auf Fest­ stellung des Bestehens seines Anspruchs klagen. RG. 6, 386, IW. 98, 47". — Weiter steht dem Kläger bei Schadensersatzansprüchen, wenn er nach Zuerkennung einer Ent. schädigung noch einen weiteren Ersatzanspruch geltend macht, die Einrede der rechts­ kräftig entschiedenen Sache nicht entgegen, es sei denn, daß er diesen Anspruch bereits früher erhoben hat und er damit abgewiesen ist oder daß er im Dorprozeß zu erkennen gegeben hat, daß er den beanspruchten Betrag zur Deckung seines ge­ samten Schadens fordere, oder daß er ausdrücklich oder stillschweigend auf einen ihm etwa gebührenden höheren Betrag verzichtet hat. RG. 73, 219, Gr. 44, 740, IW. (99, 362»), 01, 34», 12, 755«, W. 23, 75, auch RG. 1, 349, 31, 259, IW. 95, 505». Ist eine Ehefrau mit ihrem Anspruch auf Ersatz des durch einen Unfall erlittenen Schadens des­ wegen abgewiesen, weil ein Schaden nur in der Person ihres Ehemannes ent­ standen sein könne, so ist sie durch dieses Urteil nicht behindert, nach dem Tode ihres Ehemannes den während ihres Witwenstandes sich ergebenden Schaden ersetzt zu ver­ langen. IW. 12,75523. — Desgleichen kaun auf eine Entscheidung über einen Teil des Anspruchs (oder auf Zinsen einer Kapitalschuld) nicht die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache gegenüber der Klage auf Zahlung eines weiteren Teils (oder der Kapitalschuld selbst) gestützt werden. RG. 7, 354, 16, 356, 69, 388, FW. 94, h, 99, 931», auch RG. 1, 351, 58, 41, 70, 27, 109,153. — Ferner steht bet Anfechtungsklagen dem Gläubiger, der die Anfechtung wegen einer anderen Forderung in einem neuen Prozeffe betreibt, der Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache nicht entgegen. RG. 39, i. — Weiter hat ein Urteil, das über eine wegen Patenwerletzung auf Unterlasiung von Mn griffen in das Patentrecht gerichtete Klage entscheidet, bezüglich der Frage, ob daS Patent verletzt worden ist, nicht Rechtskraftwirkung auch für den Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung des Patentes. RG. 49, 33. Dagegen wirkt ein Urteil, wodurch ein Patent für nichtig erklärt wird, für und gegen jedermann. RG. 59, 134. Im Falle der Abweisung einer solchen Nichtigkeitsklage (Klage auf Löschung eines Patents), die auf Mangel der Neuheit des Patents gegründet ist, steht hinsichtlich aller Tatsachen, die zur Begründung des Mangels der Neuheit vorgeVracht werden konnten, zunächst dem ursprünglichen Kläger der Einwand rechtskräftig entschiedener Sache entgegen, RG. 61, 205, IW. 98, 646«, W. 13, 262; sodann aber auch einem anderen Kläger, wenn er nur eine vorgeschobene Person des früheren Klägers ist, oder sonst ein Mißbrauch des Klagerechtes auf seiner Seite vorliegt, RG. 59, 133, 74,210. Gleiches gilt auch von der rechtskräftigen Abweisung einer auf Mangel der Neuheit gegründeten Klage auf Löschung eines Gebrauchsmusters. W. 13, 262. — Ist eine Forderung nur zur Einziehung (zum Jnkaffo) übertragen, so daß der Uebertragende der wahre Gläubiger geblieben ist, so kann der Jnkaffozeffionar, wenn der alte (wahre) Gläubiger gegen den Schuldner ein Urteil zu seinen Gunsten erstreitet, in einem (reuen) Rechtsstreit zwischen ihm und dem Schuldner sich auf dieses Urteil

insofern hemfen, als er den vom Schuldner wiederholten Mnwendungen gegen den Anspruch dm Gegeneinwand der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensetzen kann. Gr. 55, 383. Anderseits steht dem Schuldner, wenn der eine der beiden Gläubiger (insbesondere der Jnkaffozessionar) mit der von ihm zuerst erhobenen Klage rechts kräftig abgtwiesen ist, gegenüber der neuen Klage des anderen (insbesondere des Jnkaffozederten) die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache zu. RG. 43, 42, 52, 216, 83,120, Gr. 55, 387, (IW. 10, iooi»). Ebenso ist dem Schuldner die Einrede gegeben, wenn sonst ein Dritter im Aufttage und Interesse der abgewiesenen Partei von neuem Klage erhebt. RG. 59, 135, IW. 99, 11, (W. 09, 327). Ferner muß derjenige, der einen anderen zur Geltendmachung eines Rechtes (des Ermächttgenden) im eigenen Ranen und aus eigene Kosten ermächtigt (vgl. Anm. 1 § 50), das ergehende Urteil gegm sich gelten lasten. RG. 73, 309, IW. 21, 481”. Dagegen schafft weder der Prozeß des PfändungSpfandgläubigerS, dem die Forderung seines Schuldners zur Mnziehung überwiesen ist, gegen den Drittschuldner, noch der Prozeß deS SchuldrerS gegen den Drittschuldner Rechtskraft für und gegen den Schuldner und den Pstndungsgläubiger; z. B. kann der Drittschuldner, auch wenn der Pfändung--

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pfandgläubiger mit der Klage gegen ihn rechtskräftig abgewiesen worden ist, einer späteren Klage des Schuldners (über die Frage, inwieweit dieser trotz der Pfändung und der Ueberweisung noch zur Klage berechtigt ist, vgl. Anm. 1 § 835) doch nicht die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensetzen. RG. 83, U6. Ebenso­ wenig greift der Prozeß des zur Einziehung der Forderung berechtigten Vertragspfandgläubigers oder Nießbrauchers einer Forderung (§§ 1282, 1074 BGB.) dem Gläubiger der Forderung vor. RG. 83,120. — Wird in einem Prozeß zwischen Zedent und Zessionar die Rechtswirksamkeit der Abtretung rechtskräftig feftgestellt, so hat das Urteil zwar nicht Rechtskraftwirkung gegenüber dem Schuldner der Forderung, aber die Rechtswirksamkeit der Abtretung hat doch auch diesem gegenüber als feststehende Tatsache zu gelten. OLG. 29,109. — Ueber Einrede der Rechtskraft, wenn eine offene Handelsgesellschaft rechtskräftig verurteilt ist und demnächst ein Gesellschafter wegen einer Gesellschastsschuld verklagt wird, s. Anm. 1 § 325. « Ist durch Zwischenurteil gemäß § 304 über den Grund des geltend gemachten Anspruchs rechtskräftig entschieden, so ist ein Bestreiten des Anspruchs dem Grunde nach in dem Nachverfahren über den Betrag unbeachtlich. Gr. 45, 110, 56, 1151, IW. 10, 1006-0, Anm. 6 § 304, vgl. auch OLG. 21, so (wo nach Erhebung einer Klage hin­ sichtlich eines Teils und einer negativen Feststellungswiderklage hinsichtlich deS ganzen Schadensersatzanspruchs dieser dem Grunde nach festgestellt war). — Desgleichen wird durch ein auf Feststellung eines RechtsverhältniffeS lautendes rechtskräftiges Urteil das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis unabänderlich so weit feftgestellt, als es den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung bildet, und in diesem Umfange weiteren Einwendungen der Parteien (z. V. der Verjährung, der Auftechnung) entzogen. Anm. 4. Ferner kann nach rechtskräftiger Feststellung der Entschädigungspflicht einer Stadtgemeinde nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Pr. FlnchtlG. v. 2./7. 75 nicht in dem die Entschädigungssumme betreffenden Verfahren noch geltend gemacht werden, daß die enteignete Fläche von jeher dem öffentlichen Verkehre gedient habe. Gr. 56, ms. — Nach Erlaß eines Zwischenurteils gemäß § 304 entstandene Einreden gegen den Grund des Anspruchs (z. B. ein Umstand, der sür die zeitliche Begrenzung des dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärten Rentenanspruchs von entscheidender Bedeutung ist) sind jedoch auch noch in dem Nachverfahren zu berücksichtigen. IW. 13,137", Anm. 6 § 304. — Die materielle Rechtswirkung des rechtskräftigen Urteils findet ihre Schranke an der Vertrags­ macht der Parteien. Diese können durch eine nach dem rechtskräftigen Urteil getroffene Vereinbarung deffen Wirkungen ganz oder teilweise beseitigen. Sie können aber auch durch einen vor Erlassung des Urteils geschloffenen Vertrag im voraus über deffen zwischen ihnen geltende Wirksamkeit Bestimmung treffen. Die Geltendmachung einer solchen Vereinbarung gegenüber einem rechtskräftigen Urteil wird durch die Be­ stimmungen der §§ 767 Abs. 2, 796 Abs. 2 nicht ausgeschlossen. IW. 00, 295», vgl. auch über simulierte Urteile Anm. 1 § 767. — Bezüglich des Einwandes der rechts­ kräftig entschiedenen Sache ist das Revisionsgericht an die Auslegung, die das Be­ rufungsgericht dem früheren Urteile gegeben hat, nicht gebunden. RG. 8, 377, 30, ui, IW. 98, 157", 02, 394", 03, so", Anm. 5 § 561. — Ueber das Verhältnis der Einrede der Rechtshängigkeit zu der Rechtskraft s. Anm. 4 § 263. 7 Abs. 2 lautete früher: Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtvestehen einer mittels Ein­ rede geltend gemachten Gegenforderung ist der Rechtskraft fähig, jedoch nur bis zur Höhe desjenigen Betrags, mit welchem aufgerechnet werden soll. Die Aenderung im Eingang durch die Nov. v. 17./5.98 entspricht der durch die nämliche Nov. dem § 302 gegebenen Fassung. Durch die weitere Aenderung ist die Rechtskraft auf den Fall beschränkt, daß durch die Entscheidung das Nichtbestehen der Gegenforderung festgestellt wird. Es ist also die Entscheidung, daß die Gegenforderung besteht, nicht mehr der Rechtskraft fähig. Mot. 108. Dies gilt auch hin­ sichtlich des Nichtbestehens des überschießenden, nicht zur Auftechnung gestellten Betrags. RG. 16, 356, IW. 96, 398’, 01, 800’, OLG. 23, 173. — Die Bestimmung des Abs. 2 setzt voraus, daß eine der formellen Rechtskraft fähige Entscheidung (Teilurteil, End­ urteil über die Hauptforderung ergangen ist, in deren Gründen das Nichtbestehen der zur Auftechnung gestellten Gegenforderung ausgesprochen ist (z. B. kann eine lediglich daS Nichtbestehen der Gegensorderung sdurch Zwtschenurteil; jetzt überhaupt

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unzulässig, s. Anm. 1 § 303] aussprechende Entscheidung nicht die Rechtskraft er­ langen, solange nicht über die Hauptforderung ein der Rechtskraft fähiges Urteil ergangen ist.) W. 22, 128. Wird die Klage wegen einer hilfsweise (eventuell) zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung abgewiesen, so liegt hierin eine der Rechtskraft fähige Entscheidung nur über das Nichtbestehen der Klageforderung, nicht auch über das Erlöschen der Gegenforderung durch Auftechnung. RG. 80, 164. — Eines AuSspruchS hinstchtlich des Nichtbestehens der Gegenforderung in der Urteilsformel bedarf es nicht. Es muß aber aus den Entscheidungsgründen ein solcher Ausspruch zu entnehmen sein. IW. 02,393», OLG. 3, uo. — Ob die Gegenforderung als un­ begründet oder als unsubstanziiert erklärt wird, ist für die Rechtskrastwirkung gleichgültig. IW. 02, 9210. 8 Die Klagesorderung muß zunächst als bestehend festgestellt werden, bevor mit der Gegenforderung aufzurechnen ist. Anm. 8 § 145. Hat aber das Gericht dennoch die Klage abgewiesen, weil die Forderung, wenn ste überhaupt bestanden habe, jeden­ falls durch Auftechnung getilgt sei, so wird, wenn diese Entscheidung in Rechtskraft erwächst, endgültig festgestellt, daß dem Kläger die in der Klage geltend gemachte Forderung nicht zusteht. Seiner neuen Klage steht daher die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen. RG. 42,302, vgl. RG. 80, 164 in Anm. 7. — Ist die Klageforderung für begründet erachtet, aber die Klage wegen einer eventuell zur Auftechnung gestellten Gegenforderung abgewiesen, so steht auch dem Beklagten gegen das Urteil die Berufung zu, um geltend zu machen, daß die Klage unbegründet sei. RG. 37, 403, 78, 400, 80, 167. Hat in einem solchen Falle nur der Kläger Berufung ein­ gelegt, so ist das Berufungsgericht, wenn es die Klageforderung für nicht bestehend erachtet, dem Kläger gegenüber berechtigt, aus diesem Grunde die Berufung zurück­ zuweisen, ohne auf die Auftechnungseinrede einzugehen. Der Kläger wird durch ein solches Urteil nicht gegenüber dem ersten Urteil mehr beschwert. RG. 70, 158. Letzteres gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht auf die Berufung des Klägers die Klage­ forderung nur zu einem geringeren Betrage wie die erste Instanz für begründet er­ achtet, diesen geringeren Betrag durch die Gegenforderung als getilgt ansteht und deshalb die Berufung zurückweist. RG. 80, 168. — Für eine Zurückbehaltungseinrede (§§ 273, 274 BGB.) gilt Abs. 2 nicht, insbesondere ist die Entscheidung über einen zur Verweigerung einer Leistung verwendeten Gegenanspruch nicht der Rechtskraft fähig. RG. 8, 364, 15, 421, W. 14, 39.

323. Tritt im Falle der Verurteilung* zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen*» eine wesentliche Aenderung derjenigen Verhält­ nisse^ ein, welche für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Besümmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, so ist jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine ent­ sprechende Abänderung des Urteils zu verlangend Die Klage ist nur insoweit zulässtg, als die Gründe, auf welche sie ge­ stützt wird, erst nach dem Schlüsse der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klagantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden könnend Die Abänderung des Urteils darf nur für die Zeit nach Erhebung der Klage ° erfolgen. 6 Die vorstehenden Bestimmungen finden entsprechende Anwendung auf die Schuldtitel des § 794 Nr. 1 und 5, soweit darin Leistungen der im Abs. 1 bezeichneten Art übernommen worden sind? 1 Auch Anerkenntnisurteil. OLG. 17, 322. Ueber Sinn und Tragweite eines Anerkenntniffes von Ansprüchen auf Wiederkehrende Leistungen vgl. RG.73,131. —Ueber die Frage der Anwendbarkeit des § 323 auf einen Vergleich nach früherem Recht und nach dem jetzigen Abs. 4 vgl. Anm. 6. — Aus Urtelle, die auf Grund von Feststellungsklagen ergehen

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(z. B. feststellen, daß dem Kläger wegen eines Unfalls ein Rentenanspruch auf der Grundlage der zu 1/2 geminderten Erwerbsfähigkeit zustehe), findet § 323 keine An­ wendung. Jedoch find, wenn auf Grund des Urteils auf Leistung geklagt wird, Ver­ änderungen (im Sinne des § 323), die nach der Behauptung des Beklagten seit dem Urteil eingetreten sein sollen, zu berücksichtigen. RG. 74, 123. Ferner findet § 323 auf Fälle keine Anwendung, in denen der rechtskräftig zuerkannte Anspruch nach träglich infolge einer sog. rechtsvernichtenden Tatsache erlischt. W. 14, 293, (IW. 14, 366») (a. M. OLG. 27, 89 für den Fall, daß nach einer Verurteilung des Ehe­ mannes auf Gewährung einer Unterhaltsrente aus §§ 1360, 1361 BGB. die Ehegatten sich wieder vereinigen). So z. B. nicht, wenn der Ehemann während bestehender Ehe zur Gewährung von Unterhalt an die Frau auf Grund der §§ 1360, 1361 BGB. verurteilt und dann die Ehe geschieden ist. Der Urteilsanspruch ist mit der Scheidung erloschen. Ein der geschiedenen Frau etwa zustehender Unterhaltsanspruch aus § 1578 BGB. ist ein anderer Anspruch. Der Mann kann nach der Scheidung nicht Herabsetzung der der Frau zugesprochenen Unterhaltsrente mit der Klage aus § 323 verlangen. Macht die Frau nach der Scheidung Ansprüche aus dem Urteil geltend, so kann sich der Mann dagegen je nach den Umständen durch Dollstreckungsgegenklage (§ 767) oder Feststellungsklage (§ 256) wehren. W. 14, 293, IW. (14, 356»), 19, 503». — Auch auf einstweilige Verfügungen findet § 323 keine Anwendung; gegen sie kann nur im Wege der §§ 927, 936 vorgegangen werden. OLG. 31,157, 35, 80, 40, 377. — Ist eine auf Schadensersatzpflicht gegründete Klage auf wiederkehrende Leistungen nicht wegen Verneinung der Schadensersatzpflicht, sondern unter Bejahung dieser nur wegen Fehlens von Schadensfolgen (z. V. der behaupteten Erwerbsbeschränkung) abgewiesen worden, so kommt in Frage, ob wegen eines später eingetretenen Schadens die Anstellung einer neuen Schadensersatzklage, bei der über den Klagegrund in seiner Gesamtheit von neuem verhandelt und entschieden werden müßte, statthaft und geboten oder die Umwandlungsklage nach § 323 zulässig ist. Letzteres hat jedenfalls dann zu gelten, wenn zunächst eine Verurteilung (z. B. zur Zahlung einer Rente wegen Erwerbsbeschränkung) erfolgt, dann durch Abänderungsurteil gemäß § 323 der Schadensersatzanspruch wegen Fortfalls des Schadens (der Erwerbsbeschränkung) aberkannt worden war und nun wegen neu eingetretenen Schadens (neuer Minderung der Erwerbsfähigkeit) Schadensersatz be­ ansprucht wird. RG. 108, 413. 1» Gemeint sind nur einseitige Leistungen, deren Fälligkeit lediglich vom Zeitavlauf abhängt, nicht Leistungen aus zweiseitigen Verttägen, die von einer gleichzeittgen oder vorgängigen Gegenleistung abhängig sind (wie z. B. Mietzinsen oder eine vom Ehemann zu zahlende Rente zur Deckung der Kosten des von der Ehefrau den gemeinsamen Kindern in Natur zu gewährenden Unterhalts). Gr. 66, 450 (W. 22,107, IW. 23, 600"), vgl. Anm. 2 § 258. Dazu gehören aber auch einseitige Leistungen an einen Dritten, zu deren Erstattung an den Kläger der Beklagte ver­ urteilt ist. OLG. 43, 172. » Der durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügte § 323 (Abs. 1, 2, 3, hinsichtlich des Abs. 4 s. Anm. 6) will eine Ausnahme von der regelmäßigen Nechtskraftwirkung begründen und läßt aus Billigkeitsrücksichten eine Abänderung eines rechtskräfttgen Urteils zu, wenn innerhalb des Rahmens des zuerkannten Anspruchs durch nachträgliche Veränderung der Umstände eine Sachlage geschaffen wird, welche die getroffene Entscheidung für die Zeit seit Eintritt dieser neuen Tatsache als unrichttg erscheinen läßt. RG. 47, 411, IW. 05, 137», W. 14, 293. — Namentlich kommt er in Bettacht bei Ansprüchen auf Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung: §§ 843, 844 BGB., oder auf Entschädigung wegen einer Körper­ verletzung durch Unfall in einem Bettiebe: Haftpflichtges. v. 7./6. 71, oder auf Zahlung von Alimenten: 1602 Abs. 2, 1603 Abs. 1, 1708 BGB. Ueber Anwendung deS § 323 in dem Falle des § 1579 Abs. 1 Satz 2 BGB. (Unterhaltspflicht geschiedener Eheleute) vgl RG. 72, 203, 75, 127. Ueber einen Anspruch auf Herabsetzung einer Verficherungsrente, wenn zwar die völlige Erwerbsunfähigkeit fortdauett, aber geltend gemacht ist, daß fie nur noch zu einem geringeren Teile auf dem Unfall, im übrigen auf anderen Ursachen beruhe, vgl. RG. 79, 412. — Als Veränderungen der maßgebenden Verhältniffe im Sinne des § 323 kommen alle Umstände in Bettacht, die geeignet find, eine Erhöhung oder Verminderung des zuerkannten Anspruchs herbeizuführen,

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daher nicht nur Aenderungen der in der Person des Berechtigten oder des Ver­ pflichteten begründeten Verhältniffe (s. unten „neue Gesetze"), sondern auch allgemeiner Berhältniffe, z. B. die Geldentwertung oder erhebliche allgemeine Steigerung der Preise der Lebensmittel und der sonstigen Unterhaltskosten infolge Krieges oder staatlicher Um­ wälzung. IW. 16, 615-, 23, 953, W. 21,149, OLG. 43, 172. — Bei Schadensersatz­ ansprüchen muß es sich um solche spätere Veränderungen der Verhältniffe in ihrem Änflusse auf den Schaden und deffen Höhe handeln, die zur Zett der früheren Verurteilung vorschauend noch nicht zu übersehen waren und die dem gewöhnlichen Laufe der Dinge, wie er zu dieser Zeit erscheinen mußte, nicht entsprechen. RG. 83, 67, 86, 183, 381, IW. 05, 143«, 15238, 283*, 4931», 06, 273«, 236«, 308«, 548", OLG. 21, 82, s. Anm. 4. Daher mutz im Falle von Ersatzansprüchen wegen der Folgen eines Unfalls auf alle Unfall­ wirkungen, insbesondere auf die zukünftigen Erwervsverhältniffe, soweit sie sich schon jetzt übersetzen taffen, und auf die Minderungen der Erwerbsfähigkeit, die nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge erfahrungsgemäß als Regelerscheinungen eintreten (z. B. infolge Alters, Berufswechsels), bei Festsetzung einer Rente nach §§ 3a, 7 Haftpflichtges. oder nach §§ 843, 844 BGB. Rücksicht genommen werden. RG. 69, 306, 74, 132, 86, 183, Gr. 49, 941, 50, 673, 51, 178, 58,1011, IW. 06, 2730, 20425, 236«, aoa«, 548", 08, 14010, 09, 686«, 10, 471», 812»0, 11, 153», auch 06, 361«, W. 13, 292, 14, 32, OLG. 21, 82, vgl. Anm. 5 § 256 (Voraussetzungen für Zulässigkeit der Feststellungsklage in solchen Fällen). Ebenso ist bei Klagen auf Gewährung von Unterhalt (z. B. nach §§ 1601 ff. BGB.), wenn zu übersehen ist, daß und wann in den Erwerbs- und Vermögensverhältniffen der Beteiligten eine wesentliche Aenderung eintreten wird, es un­ zulässig, die uneingeschränkte Derutteilung auszusprechen und den Verurteilten auf den Weg des § 323 zu verweisen. IW. 13,272«, (16,836«), 19,503«, Gr.61,805, W. 16,203,17,26, (249). — Danach kann gegenüber der Festsetzung einer Rente für Erwerbsminderung als Folge eines Unfalls die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge regelmäßig, (z. B. infolge Alters) einttetende Minderung der Erwerbsfähigkeit, weil sie im Zeitpunkte der Zu­ erkennung der Rente schon vorauszusehen war, nicht als eine im Sinne des § 323 wesentliche Aenderung der Verhältniffe angesehen werden. RG. 83, 67, 86, 382. Ferner hat das Gericht im Falle einer als Ersatz für den gesamten Schaden zuerkannten Rente, da diese ein einheitliches, ziffermäßig und quantitativ nicht teilbares Ganze ist, bei der Klage auf Rentenänderung die Gesamtheit der inzwischen etwa geänderten Verhältniffe nachzuprüfen und, wenn nur wegen eines der ursprünglichen Schadensfaktoren Herabminderung der Rente begehtt wird, die Herabminderung ab­ zulehnen, wenn zufolge inzwischen eingettetener Erhöhung anderer Faktoren doch die zuge­ sprochene Rente erreicht wird. RG. 74, 131, W. 23,76. Jedoch ist, wenn dem durch einen Unfall Verletzten wegen Erwerbsausfalls eine Rente bis zu einem bestimmten (z. B. 70.) Lebensalter zugesprochen worden ist, eine auf die Behauptung, daß der Verletzte ohne den Unfall über das betreffende Lebensjahr hinaus erwerbsfähig geblieben wäre, ge­ gründete Klage aus § 323 auf Weiterzahlung der Rente nach Ablauf dieses Jahres zulässig, und zwar ohne daß erfordert werden kann, daß der Anspruch schon im Vor­ prozeß erhoben gewesen oder gar aberkannt sein müßte. RG. 86, 382. Ferner liegt eine wesentliche Aenderung vor, wenn die Erwerbsfähigkeit deS durch Unfall Verletzten sich zufolge einer nicht voraussehbaren Entwicklung des Körperzustandes über daS Lebensalter hinaus erstreckt, das bei der Zuerkennung einer Rente als Grenze der Erwerbsfähigkeit angenommen wurde. Gr. 63, 503, (W. 19, 79). — Unter „Ver­ hältnissen" sind zwar dem Wottlaute nach allerdings zunächst Verhältniffe zu ver­ stehen, die für den erkennenden Richter im Vorprozeffe maßgebend waren. Damit wird indessen nicht auch die Berücksichtigung solcher Verhältniffe ausgeschloffen, die für die Partei bei Bemeffung der von ihr zu erhebenden oder zu bewilligenden Ansprüche maßgebend waren, gleichviel ob der Richter tat Vorprozeß davon insoweit, als keine Leistung verlangt wurde, überhaupt Kenntnis erlangt hat oder nicht. RG. 86, 384. In Bettacht kommen jedoch nur diejenigen geänderten Verhältniffe, die in ursächlicher Verbindung mit dem Unfälle stehen. So kann z. B. einem Gewerbetreibenden wegen des Steigens der Geschäftskosten oder der Reinerttägniffe in seinem Gewerbe eine Erhöhung seiner Rente nur bewilligt werden, wenn feststeht, daß er ohne den Unfall diese Kosten nicht hätte aufzuwenden brauchen oder an dem wachsenden Gewinne teil­ genommen hätte, also nicht, wenn er den Gewerbebetrieb aus Gründen, die mit den:

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Unfälle nicht Zusammenhängen, aufgegeben hat. IW. 18, 22110. — Aenderung der Verhältniße liegt auch vor, wenn bei Schadensersatzrenten eine an sich mögliche nach« trägliche, nicht vorhergesehene Minderung des Schadens (z. B. Minderung der Ein­ buße an Erwerbsfähigkeit) nur durch das eigene Verschulden des Beschädigten (z. B. Trunksucht) verhindert worden ist. RG. 68, 352. Ist ein Schadensersatz in Form von Rentenzahlungen zu leisten, so kommt es hierbei auf das Kausalitätsverhältnis für jeden einzelnen Zeitabschnitt an. RG. 68, 363, IW. 12, 594«. Tritt daher nach einem Unfall und unabhängig von ihm ein Umstand (z. B. ein neuer Unfall) ein, der, auch wenn der (frühere) Unfall sich nicht ereignet hätte, eingetreten wäre und denselben Schaden ganz oder teilweise verursacht haben würde, so fällt insoweit die Schadensersatzforderung aus dem (früheren) Unfall in der Regel vom Zeitpunkte des Eintritts des Umstandes weg. IW. 11, 658-°, 12, 594". — Ferner ist eine wesentliche Aenderung im Sinne des § 323 gegeben: wenn durch neue Gesetze die Erhöhung eines Gehalts angeordnet ist, die der durch einen Unfall verletzte Beamte erlangt haben würde, IW. 06, 768", auch W. 21,149; wenn ein neues Gesetz der Tatsache der Familien­ zugehörigkeit, zufolge deren Alimente zugesprochen worden sind, die Kraft entzieht, Quelle für die Erzeugung von Unterhaltsansprüchen zu sein (z. B. besteht die gemäß Pr. ALR. rechtskräftig erkannte Unterhaltspflicht der Geschwister, weil sie im BGB. nicht anerkannt ist, für die Zeit v. l./l. 00 ab nicht mehr zu Recht und ist die Klage auf Anerkennung, daß die Geschwister nicht berechtigt seien, aus dem zu ihren Gunsten erlaffenen Urteil die Zwangsvollstreckung zu betreiben, gerechtfertigt), RG. 46, 66, auch W. 21,149. Vgl. dagegen RG. 48, 4 (zugesprochene Verpflegungsgelder für die geschiedene Ehefrau nach Pr. ALR. sind unabänderlich) und RG. 63, ns (als materiell-rechtliche Vorschrift hat § 323 keine rückwirkende Kraft auf einen unter der Herrschaft des code civil auS unerlaubter Handlung zuerkannten Schadensersatzanspruch). — Ueber die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Herabsetzung einer wegen Unfalls zugesprochenen Rente deswegen verlangt werden kann, weil die Berechtigte sich inzwischen schon verheiratet habe, vgl. IW. 12, 594", W. 17,153, (IW. 17, 604"), und über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die einer geschiedenen Frau gegen ihren früheren Ehe­ mann zugesprochene Unterhaltsrente deswegen herabgesetzt verlangt werden kann, weil der verpflichtete Mann sich inzwischen wieder verheiratet hat, vgl. W. 18, ui. — Ob die Verhältniße mit Recht als maßgebend erachtet sind, ist nicht nachzuprüfen. IW. 09, 194". — Ueber Vorliegen eines wichtigen Grundes zu einer endgültigen, spätere Klagen aus tz 323 ZPO. ausschlietzenden Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 BGB., wenn der Verletzte durch die sonst nach § 323 ZPO. bestehende Ungewißheit über den Fortbezug einer Rente krankhaft beeinflußt wird, vgl. RG. 73, 418. — Ist ein Ehemann zur Zahlung einer Unterhaltsrente an seine von ihm getrennt lebende Ehefrau nach §§ 1360, 1361 BGB. verurteilt worden, so stehen nach der Scheidung der Ehe dem Manne gegen die Dollstreckungsversuche der Frau auf Grund des früheren Urteils die Rechtsbehelfe der VollstreckungSgegenklage (§ 767) und der FeststellungSklage (§ 256), dagegen nicht derjenige auS § 323 zu. Anm. 1 a. E. a Erlaß einer einstweiligen Verfügung auf Einbehaltung fälliger Leistungen bis zur Entscheidung auf die Klage gemäß § 940 ist nicht unzulässig. OLG. 20, 320. — Der § 323 enthält eine weitere Ausdehnung des § 7 Abs. 2 des Reichshaftpflicht­ gesetzes v. 7./6. 71, wodurch dieser in Wegfall gekommen und die Möglichkeit, auf die Abänderung früherer rechtskräftiger Urteile zu klagen (Umwandlungsklage), für den Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen allgemein gegeben ist, und zwar im Unterschiede von § 767 für beide Parteien. RG. 52, 846, 63,119, s. Anm. 2 a. A. — Erforderlich ist eine förmliche Klage; auch wenn der Schuldner Herabsetzung der Leistung verlangt. FW. 07, 520". * Abs. 2 übereinstimmend mit § 767 Abs. 2. War also die gegenüber der Lage zur Zeit der Erhebung der Klage im Vorprozeß eingetretene wesentliche Aenderung der Verhältniße (z. B. die Verschlimmerung des Krankheitszustandes des eine Erhöhung des ihm im Vorprozeß Zuerkannten begehrenden Verletzten) schon vor der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder auch nur vorauszusehen, so daß sie im Vorprozeß hätte geltend gemacht werden können, so ist die Klage aus § 323 unzulässig. RG. 86,183, s. hierüber auch Anm. 2 (vgl. jedoch hier sAnm. 4] a. E. sRG. 104, 230] über die Unanwendbarkeit des § 258). — Anderseits hat das Gericht bei Prüfung der Frage, ob

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sich eine Abänderung der früheren Verurteilung als nötig erweist, nicht bloß diejenigen Verhältnisse, die zu der Abänderung Anlaß geben sollen, sondern die Gesamtheit der Faktoren nachzuprüfen, die für die frühere Beurteilung maßgebend waren. RG. 74,132, 75, 25, W. 18, i4i. — Daher kann auch der Beklagte, ohne daß die Rechtskraft deS im Vorprozeß ergangenen Urteils entgegensteht, die nach besten Erlastung ent­ standenen Einwendungen, die sich aus einer inzwischen zu seinen Gunsten eingetretenen wesentlichen Aenderung der Verhältniste ergeben, geltend machen, mögen sie die Höhe oder den Bestand seiner LeistungsPflicht betreffen; eine förmliche Widerklage ist nur erforderlich, wenn der Beklagte die Herabsetzung oder den Fortfall der wiederkehrenden Leistungen erreichen will. IW. 23, goou. — Es muß zur Zeit der Erlastung des Urteils in dem neuen Prozeß das im Dorprozeß ergangene Urteil rechtskräftig geworden sein; sonst steht der neuen Klage die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen. RG. 47, 405. — Die neue Klage (s. Anm. 3) ist nicht eine Fortsetzung des früheren Prozesses, denn es wird ein neuer nachträglich ein getretener Tatbestand geltend gemacht, der einen Anspruch auf Abänderung der festgestellten Leistungspflicht gibt. Daher findet auf die neue Klage § 767 Abs. 1 keine Anwendung und bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit des Gerichtnach den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften, ist insbesondere das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der jetzige Beklagte wohnt, und zwar gleichviel, ob durch die Klage der verurteilte Schuldner oder ob der Gläubiger eine Aenderung des früheren Urteilherbeiführen will. RG. 52, 346, IW. 05,133°, W. 11, 367, (IW. 11, 54822), auch OLG. 3, 328, 5, 20. — Hinsichtlich eines auf Erweiterung des im Borprozeß Zu­ erkannten gerichteten Anspruchs (z. B. auf Erhöhung der zugesprochenen Rente) be­ ginnt die Verjährung grundsätzlich (erst) in dem Zeitpunkt, mit dem die wesentliche Veränderung der Verhältniste deS Verletzten eingetreten ist und, falls eine Verjährung nach § 852 BGB. in Frage kommt, der Verletzte davon Kenntnis erhalten hat. RG. 86, 133, 384, 108, 39, IW. 06, 767»», 83210,08, 1011,09, 7251», 21,1083’, W. 13, 4. — Was die weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abänderungsklage betrifft, daß die Gründe, auf welche sie gestützt wird, nicht mehr durch Einspruch geltend gemacht werden können, so kommt hinsichtlich des Ausschlusses von Gründen weder die Zeit der Erhebung der Abänderungsklage noch die Zeit des Erlasses des neuen Urteils in Betracht, vielmehr ist, ebenso wie im Falle des § 767 Abs. 2 (vgl. RG. 40, 352, 55, 188, Anm. 7 § 767), die Geltendmachung solcher Gründe unzulässig, die zu einer Zeit entstanden sind, zu der die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen das in dem betreffenden Falle ergangene Versäumnisurteil noch nicht im Lauf oder Noch nicht abgelaufen war. RG. 104, 229. Während jedoch im Falle des § 767 Abs. 2 nur die Möglichkeit eines Einspruchs seitens des Schuldners in Frage kommt, steht ein Abänderungs(Erweiterungs)anspruch aus § 323 auch dem Kläger zu, und deshalb kann er einen solchen Anspruch nicht mehr geltend machen, wenn er ihn noch im Einspruchs­ verfahren, mag dies auch vom Beklagten veranlaßt sein, verfolgen konnte. RG. 104, 229. Hat der Beklagte gegen das ihn verurteilende Versäumnisurteil Einspruch eingelegt, aber dann den Einspruch im Einverständnis des Klägers zurückgenommen, so kann danach der Kläger mit einem Anspruch aus Erweiterung des Zuerkannten, die sich auf den Zeitraum bis zur Zurücknahme des Einspruchs bezieht, nicht durch­ dringen, weil er bis zur Zurücknahme des Einspruchs und der dadurch eintretenden Rechtskraft des Versäumnisurteils nach §§ 342, 278, 268 Nr. 2 insoweit schon damals zu einer Erweiterung des Klaganspruchs berechtigt gewesen wäre. RG. 104, 230. Einer Erweiterungsklage für diesen Zeitraum stände überdies die Vorschrift des § 323 Abs. 3 entgegen, wonach die Abänderung des Urteils nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen darf. RG. 104, 230. Zulässig ist aber eine nach Zurück­ nahme des Einspruchs erhobene Erweiterungsklage, die sich auf den Zeitraum nach Erhebung der Klage bezieht. Ihr kann nicht entgegengehalten werden, daß der Kläger einen solchen Anspruch bereits im Einspruchsverfahren als einen Anspruch für die Zukunft nach Maßgabe des § 258 hätte geltend machen können. Denn der § 323 setzt voraus, daß die Aenderung der Verhältnisse bereits im Zeitpunkt der Klagerhebung besteht; für die Anwendung des § 258 ist daher in diesem Falle kein Raum. RG. 104, 230. — Um einen Avänderungsanspruch nach § 323 handelt eS sich überhaupt nicht, wenn durch Klage oder Widerklage geltend gemacht wird, das Urteil im Vorprozeß sei durch unlautere Machenschaften des Gegners erschlichen,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz,

der dort zuerkannte Anspruch habe in Wirklichkeit niemals bestanden; vielmehr kommen in solchem Falle die Grundsätze über Schadensansprüche aus § 826 BGB. wegen Erschleichung eines Urteils (vgl. Anm. 1 § 767) zur Anwendung. W. 22, 45. ® Nach Erhebung der auf die Abänderung gerichteten Klage. Die Zeit nach Er­ hebung dieser ist gewählt, weil meist schwierig zu ermitteln ist, wann die Aenderung eingetreten ist. Mot. 108, IW. 06, 768". Es ist daher z. B. der Anspruch auf Weiter­ zahlung einer im Vorprozeß wegen Erwerbsausfalls bis zu einem bestimmten Lebens­ jahr des Verletzten zuerkannten Rente für die Zeit von Ablauf des Lebensjahrs bis zur Erhebung der AbänderungSklage unbegründet. RG. 86, 384. Dagegen kann für die Zeit nach Erhebung der Abänderungsklage auf Grund neu gestalteter Verhältnisse das frühere Urteil in seinem ganzen Umfange abgeändert und über Höhe und Dauer der wieder­ kehrenden Leistungen unbeschränkt anderweit erkannt, z. B. eine zugesvrochene Rente auch völlig in Wegfall gestellt werden. RG. 75, 24. In dieser Hinsicht ist der (jetzige) Kläger berechtigt, den ursprünglichen Klagantrag (z. B. auf Grund des Ergebnisses neuer Beweiserhebungen) durch höhere Bezifferung des abzusetzenden Betrages oder auch durch das Begehren nach völligem Wegfalle der Rente zu erweitern. RG. 75, 24. — Anderseits ist es, wenn die zur Abänderung des früheren Urteils Anlaß gebenden Umstände nur vorübergehender Natur sind, nicht unzulässig, die Abänderung nur für einen gewissen Zeitraum auszusprechen. W. 18,141. e Abs. 4 ist angefügt durch Art. 1 Ges. v. 13./8. 19 (RGBl. 1448), in Kraft vom 22./8. 19. Sodann ist durch die BO. v. 13./2. 24 an die Stelle von „§ 794 Nr. 1, 2 und 5" gesetzt „§ 794 Nr. 1 und 5", weil durch die nämliche VO. die frühere Nr. 2 § 794 (Vergleiche vor dem Amtsgericht im Falle des § 510c) gestrichen ist. — Danach ist, wenn in einem Schuldtitel der bezeichneten Art (gerichtlicher Prozeß­ vergleich, Vergleich im Güteverfahren, Vergleich gemäß § 118a nach Armenrechts­ gesuch, vollstreckbare Urkunde) eine Partei die Verpflichtung zur Entrichtung künftig fällig werdender wiederkehrender Leistungen übernommen hat und dann nach der Errichtung des Schuldtitels eine wesentliche Aenderung der Verhältnisse eintritt, welche für die Uebernahme der Verpflichtung zur Entrichtung von Leistungen oder für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, jeder Teil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des Schuldtitels für die Zeit nach Erhebung der Klage zu verlangen. — Die Novelle ergreift auch die vor ihrem Inkrafttreten errichteten Schuldtitel von ihrem Inkrafttreten ab für die fernere Dauer der Wirksamkeit der Schuldtitel, dagegen nicht auch die vorher errichteten und schon völlig erledigten Schuldtitel. OLG. 40, 376«, vgl. W. 21, 99, 23, 36. — Früher fand § 323 auf einen gerichtlichen Prozeßvergleich (§ 794 Nr. 1) keine Anwendung; ob und inwieweit ein solcher Vergleich mit der vorbezeichneten Verpflichtung (z. B. zur Gewährung einer Unterhalts­ rente) wegen einer später eintretenden wesentlichen Veränderung der Verhältnisse der Abänderung unterlag, richtete sich nach seinem Inhalt und war unter Umständen durch Vertragsauslegung zu ermitteln. W. 18, uo, OLG. 11, 83, 27, 91, 29, ii3, ns, 31,156. Dies gilt auch jetzt noch für andere Vergleiche (z. B. prtvatschriftliche oder sonst außergerichtliche), welche die Uebernahme der Verpflichtung zur Entrichtung künftiger wiederkehrender Leistungen enthalten; die Bestimmung in Abs. 4 stellt nur klar, daß die Eigenschaft eines Vergleichs als eines gerichtlichen, also als eines einem Urteile gleichstehenden Vollstreckungstitels, der Abänderbarkeit aus materiell­ rechtlichen Gründen nicht entgegensteht, schließt aber nicht die Geltendmachung eines Anspruchs auf Abänderung eines anderen Vergleichs aus materiellrechtlichen Gründen aus. RG. 106, 234, W. 23, 36, OLG.. 7, iio, 111, 40, 3760. Es kann daher Er­ höhung der in einem privatschriftlichen Vergleich festgesetzten Unterhaltsrente, die (mag sie auch in einer Schadensersatzpfltcht ihre rechtliche Grundlage haben) nach dem anzunehmenden (stillschweigenden) Parteiwillen bezweckt, dem Renten­ empfänger die Möglichkeit zu gewähren, sich aus den Rentmbeträgen ein bestimmtes, dem Geldwert entsprechendes Maß des zum Lebensunterhalt Erforderlichen zu ver­ schaffen, verlangt werden, wenn sich nachträglich der Geldwert derart ändert, daß es dem Rentenempfänger auch nicht annähernd mehr möglich ist, aus der festgesetzten Rentensumme sich das bestimmte Maß des zum Unterhalt Notwendigen anzuschaffen. RG. 106,233, W. 23, 36, 77, 78, IW. 21, 10927, 23, 952", OLG. 41, 271 Anm. Gleiches

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§§ 324,325.

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gilt aber auch von den in A-s. 4 bezeichneten Dergleichen solcher Art (3. B. von einem gerichtlichen Prozeßvergleich zwischen geschiedenen Eheleuten, in dem der Mann sich zur Zahlung einer fortdauernden Unterhaltsrente an die Frau verpflichtet hat). Gr. 65, 492 (W. 21, 99), auch W. 23, 3, 36, IW. 21, 1082«, 22, 1336’, (s. jedoch Anm. 7). Ein Vergleich zwischen einem Unterhaltsberechtigten und einem Unterhalts­ pflichtigen, der einen Verzicht auf künftige Unterhaltsgewährung enthält oder eine Minderung des künftig gesetzlich zustehenden Unterhalts zur Folge hat, steht, da er nach § 1614 Abs. 1 BGB. unwirksam ist, in keinem Fall einem Anspruch auf Erhöhung der UnterhaUsrente wegen erhöhter Bedürfnisse entgegen. W. 19, es (vgl. jedoch W. 19,69, OLG. 7, 110). Ueber die Bedeutung und Wirkung eines Vergleichs, in dem jede Partei sich vertraglich vorbehalten hat, eine Aenderung einer festgesetzten Unterhalts­ rente wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse zu verlangen, vgl. W. 12, 331, OLG. 26, 24i. 7 Auf Vergleiche über einmalige Abfindungen für Unterhaltsansprüche (z. B. unehelicher Äinber, § 1714 BGB.), welche erfüllt worden sind, findet Abs. 4 keine Anwendung, insbesondere kann nicht wegen nachträglich etngetretener Geldentwertung Erhöhung der berichtigten Abfindungen verlangt werden. RG. 106, 398, IW. 21, 10881, 22, 1403", OLG. 40, 376 £, 41, 271 (fl. M. IW. 22, 1536», 23, 950"). Auch ist bei Prüfung der Frage, ob ein Vergleich im Sinne des Abs. 4 der Abänderung auf Grund des § 323 zugänglich ist, der ihm zugrundeliegende Wille der Parteien in Betracht zu ziehen. Ist aus dem Vergleich als Wille der Parteien zu entnehmen, daß eine noch so erhebliche Aenderung bestimmter Verhältnisse (z. B. nachträglich ein­ tretende Geldentwertung bei übernommener Entrichtung einer Unterhaltsrente, s. Anm. 6) keinen Einfluß auf die Höhe der übernommenen Leistung haben sollte, so kann wegen nachträglicher Aenderung solcher Verhältnisse eine Aenderung des Ver­ gleichs nicht beansprucht werden. Gr. 65, 493 (IW. 21, losi»), W. 22, 27, auch W. 23, 77,78. Vgl. Gr. 66, 451 (IW. 23, 600") über Ablehnung der Erhöhung einer vereinbarten Unterhaltsrente, die von dem Vater nicht an die unterhaltsberechttgten Kinder, sondern an die Mutter zu zahlen ist als Entgelt für die von dieser über­ nommenen Verpflichtung, den Kindern den erforderlichen Unterhalt in Natur zu­ zuführen.

324. la 3ft bei einer nach den §§ 843—845 oder nach bett §§ 1578—1582 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurteilung zur Entrichtung einer Geldrente1 nicht auf Sicherheitsleistung? erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn sich die VermögenSverhälb» nisse des Derpstichteten erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urteil bestimmten Sicher­ heit verlangen. la § 324 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. 1 Bet der Verurteilung zur Enttichtung einer Geldrente in Fällen der Körper­ verletzung oder Tötung, §§ 618 Abs. 3, 843—845 BGB., oder der Ehescheidung bei Schuldigerklarung eines Ehegatten, § 1580 Abs. 1 Satz 2 BGB., hat das Gericht nach den Umständen zu entscheiden, ob, in welcher Art und für welchen Bettag der Ersatzpflichtige dem Berechttgten Sicherheit zu leisten hat. Ist auf letzteres nicht er­ kannt, so findet § 324 Anwendung, entsprechend dem den § 7 Abs. 3 Haftpflicht­ gesetzes v. 7./6. 71 ersetzenden Art. 42 EG. z. BGB. Mot. 109. 2 Vgl. BGB. §§ 843 Abs. 2, 1580, auch 618, 844, 845.

325. *aDas rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien* und diejenigen Personen, welche nach dem Einttitte der Rechtshängigkeit Rechts­ nachfolger 3 der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit be­ fangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, daß eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer4 geworden ist.4 Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten,4 finden entsprechende Anwendung.4

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Ver­ äußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegm den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht ge­ kannt hat.« Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängig­ keit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist7 *• § 325 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt.. 1 Sonstige Vorschriften über UrteilSwirkung hinstchtltch des PersonenkreiseS: §§ 68, 74, 76, 629, 643, 856, 997 ff., KO. § 147, BGB. §§425, 429, 1380, 1400, 1418, 1425, 1431, 1435, 1470, 1496, 1542, 1548, HGB. §§ 273, 696, GenossGes. §§ 51, 111, 113, 114, 129. — Grundsatz ist, daß ein Urteil nur zwischen den Parteien Recht schafft, zwischen denen es ergangen ist, soweit nicht die im Gesetze besonders vor­ gesehenen oder aus der besonderen rechtlichen Natur des Urteils sich ergebenden Aus­ nahmen Platz greifen. RG. 71, 199, 80, 322, Gr. 46, 435, IW. 09, i3i>. Ausnahmefälle in ersterer Hinsicht, in denen zufolge ausdrücklicher Bestimmung ein Urteil auch für und gegen andere Personen als die Prozehparteien wirtt: §§ 68, 76 Abs. 4, 326, 327, 643, 644,856 Abs. 4, 5, 976 Abs. 3 (f. ferner unten). Ausnahmen in zweiter Hinsicht bilden die sog. konstitutiven oder rechts gestaltenden Urteile, die einen rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Richterakt enthalten und denen wegen ihres rechtsändernden Charakters Wirksamkeit für und gegen jedermann beizumeffen ist. RG. 80, 323. Da­ gegen hat ein sog. deklarierendes oder feststellendes Urteil (z. B. ein solches, das aus­ spricht, es sei ein Rechtsgeschäft zufolge Anfechtung durch einen Beteiligten nichtig) nur zwischen den Parteien Rechtskraftwirkung, RG. 80, 324; deshalb hat z. B., wenn ein Vertragsteil gegen mehrere Dertragsgegner auf Grund Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung auf Feststellung der Nichtigkeit des Bertrags geklagt hat und gegenüber einem Vertragsgegner diese Nichtigkeit durch rechtskräftiges Urteil aus­ gesprochen ist, daS Urteil nicht Rechtskraftwirkung zugleich auch gegenüber dem anderen Dertragsgegner, RG. 65, 404, 71, 200, 91, 413, IW. 08, 280-°. Die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners ferner bewirkt nicht Rechtskraft gegenüber dem Bürgen. RG. 56, io9, 66, 334, IW. 09, 4192*, (W. 09, 448). Weiter bewirkt Abweisung der Klage des Verletzten gegen einen der als Gesamtschuldner auf Schadensersatz Belangten nicht Rechtskraft gegenüber dem aus §§ 426, 830, 840 BGB. von den anderen Gesamtschuldnern erhobenen AuSgleichungSanspruche. RG. 69, 422. Ein Urteil, das der Mietzinsen pfändende Gläubiger eines Grundstückseigentümers gegen Meter auf Zahlung der Mietzinsen als jenem Eigentümer gehöriger erstritten hat, wirkt nicht gegen den Nießbraucher am Grundstück, der die Mietzinsen für sich in Anspruch nimmt. W. 13, 421. — Ist aber eine offene Handelsgesellschaft rechtskräftig verurteilt, so können die wegen derselben Gesellschaftsschuld belangten einzelnen Teilhaber nicht mehr gegen das Bestehen der Schuld Einwendungen erheben, sondern nur solche Einwendungen, die ihre persönliche Haftung betreffen. RG. 34, ssi, 49, 340, IW. 02, 213. Ueberhaupt hat ein Urteil, das in einem mit einer offenen Handelsgesell­ schaft geführten Prozeffe über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesellschaftsschuld ergeht, insoweit, als es sich um die Feststellung einer Gesellschaftsschuld handelt, auch Rechtskraftwirkung für und gegen die einzelnen Gesellschafter. RG. 49, 341, W. 14,129. Umgekehrt ist ein Urteil, das in einem Prozeffe mit mehreren Personen, welche Teil­ haber einer offenen Handelsgesellschaft sind, über das Nichtbestehen eines das Ver­ mögen der Gesellschaft betreffenden Vertrags ergeht, für und gegen die Gesellschaft wirksam. W. 14, 129. — Auch sonst ist, wie schon nach ausdrücklichen Gesetzes­ bestimmungen Ausnahmen von der Regel de- § 325 gelten, daß die Rechtskraft deS Urteils nur unter den Parteien und deren Rechtsnachfolgern wirkt (vgl. oben für die ZPO., § 1380 BGB.), es nicht ausgeschlossen, auch eine im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochene Erstreckung der Rechtskraft aus Dritte, die nicht Rechtsnachfolger sind, dann anzunehmen, wenn sie sich au- der Natur des in Betracht kommenden RechtsverhültniffeS ergibt (so z. B. wirkt das vom Fideikommißbefitzer erstrittene Urteil über

Erster Abschnitt. Verfahren v. d. Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil.

§ 325.

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sein Recht zur Fideikommißfolge auch zugunsten der Familie, deren Haupt er war, wiewohl die Fideikommißfolger als solche grundsätzlich nicht Rechtsnachfolger des früheren Fideikommißinhabers sind). W. 14,135. — Vgl. Anm. 5 § 822 über Rechtskraftwirkung im Verhältnis zu einem Zessionar, Pfandgläubiger, Nießbraucher. Darüber, inwieweit ein in dem Rechtsstreit eines Ehegatten ergangenes Urteil für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, vgl. Anm. 3 § 52. Ueber Rechtskraftwirkung eines Urteils, betreffend Feststellung der rechtlichen Stellung eines ehelichen Kindes, vgl. § 643 u. Anm. 1 dort, sowie § 322 Anm. 4 a. E. — Der Kläger der Widerspruchsklage aus § 878 muß die rechtskräftige Feststellung der Forderung des Gegners gegenüber dessen Schuldner, obwohl die zwischen diesen beiden ergangene Entscheidung für ihn keine Rechtskraft schafft, als Beweistatsache für die unter diesen Parteien bewirkte Feststellung der Rechtslage gegen sich gelten taffen. OLG. 33,124. — Ein den Streit zwischen Erbbeteiligten über einen Anfall oder dessen Höhe entscheidendes rechtskräftiges Urteil ist auch gegenüber dem FiSkuS hinsichtlich der Erhebung der Erbschaftssteuer maßgebend. RG. 48,301, 69, 321, W. 15,297. — Ueber den Umfang der Rechtskraft der im PatentnichttgkeitSverfahren ergangenen Ent­ scheidungen, insbesondere wenn der Antrag auf Nichtigerklärung des Patentes abgewiesen ist, vgl. Anm. 5 § 322. — Ein strafgerichtliches Urteil hat, soweit eS eine Buße zuspricht, nur Wirkung unter den Parteien; Entschädigungsansprüche des Ver­ letzten gegen Dritte, die am Strafverfahren nicht beteiligt waren und nicht auch (als Mittäter) verurteilt sind, werden dadurch nicht berührt. RG. 79, 150. 2 Es ist von keinem Einfluß, ob die Rechtsnachfolge im Laufe des Rechtsstreit­ oder ob sie erst nach dessen Beendigung eingetreten ist. Gr. 43, 610, OLG. 9, 136, auch Anm. 5 § 265. — Dagegen wirkt das Urteil gegen den Rechtsnachfolger nicht, wenn die Rechtsnachfolge bereits vor der Klagerhebung eingetreten ist. RG. 57, 286, 62, 374, Gr. 55, 385. Vgl. aber § 407 BGB., § 372 HGB. und dazu Gr. 65, 386. Vgl. ferner Anm. 5 § 322 über die Einrede oder die Replik der rechtskräftig entschiedenen Sache in den Fallen, in denen eine Ueberttagung nur zur Einziehung statt­ gefunden hat und der alte und der neue Gläubiger nacheinander den Anspruch geltend machen. — Wegen der Kosten vgl. OLG. 1, 224, 5, ei, 13, 154. 8 Nach dem früheren § 236 Abs. 3 (vor Nov. v. 17./5. 98) war die Ent­ scheidung nur gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar. Jetzt wirtt sie auch für den Rechtsnachfolger. — Begriff des Rechtsnachfolgers: Anm. 6 § 265, Anm. 1 § 727. Da unter der Rechtsnachfolge nicht bloß der volle Rechtsübergang, sondern auch die Uebertragung oder der Erwerb eines minderen Rechtes zu verstehen ist (aaO.), ist hinsichtlich eines in Streit befangen gewesenen Grundstücks derjenige, der auf Grund Auflassung des Beklagten als Eigentümer in das Grundbuch ein­ getragen und in den Besitz des Grundstücks gesetzt worden ist, selbst dann, wenn die Auflassung (z. B. wegen Geisteskrankheit des Beklagten) nichttg, er also nicht Eigen­ tümer geworden ist, zufolge seines Eigenbefitzes Rechtsnachfolger. RG. 82, 38. Als Rechtsnachfolger im Sinne des § 325 ist auch derjenige anzusehen, an den eine Forderung zu einer Zeit abgetteten ist, als ein Prozeß des Schuldners gegen den bis. herigen Gläubiger auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung schwebte. Vgl. W. 12, 392, Anm. 5. — Das Urteil wirkt auch gegen denjenigen, der durch UeberWeisung den im Streite befangenen Anspruch zur Einziehung erworben hat. RG. 20, 420, Gr. 32, 1180, IW. 00,418", OLG. 39, 53, auch Anm. 4 § 265. Er ist, wenn er das den Beklagten verurteilende vorläufig vollstreckbare Urteil hat vollstrecken lassen, bei demnächstiger Aufhebung des Urteils dem Beklagten zur Rückzahlung des Beigetriebenen gemäß § 717 Abs. 2 auch persönlich verpflichtet, haftet ihm auch für Ersatz deS Schadens. IW. 98, 218». Ueber die Frage, ob ein Prozeß des Pfändungspfand­ gläubigers gegen den Drittschuldner Rechtskraft für und gegen den Pfändungsschuldner schafft, sowie ob, wenn der Pfändungspfandgläubiger auf die Rechte aus der UeberWeisung verzichtet (§ 843), eine Rechtsnachfolge des Pfändungsschuldners eintritt, vgl. RG. 83, ns, auch § 322 Anm. 5 a. E. — Ist die Rechtsnachfolge im Laufe des Rechtsstreits des Klägers gegen den Rechtsvorgänger als Beklagten eingetreten (hat z. D. der Beklagte die Gegenstände, die der Kläger auf Grund seines Eigentums herausverlangt hat, an einen anderen veräußert und übergeben) und hat dann der Kläger ein rechtskräftiges Urteil gegen den Rechtsvorgänger erstritten, so kann er nicht nochmals auf das Nämliche gegen den Rechtsnachfolger klagen, denn es fehlt ihm für

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch.

Verfahren in erster Instanz,

eine solche Klage ein berechtigtes, schutzwürdiges Jntereffe, da er, wenn er im Besttz einer die Nachfolge erweisenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde ist, sich nach § 727 VollstreckungSklausel erteilen lassen, andernfalls aus dem Urteil Klage gegen den Rechtsnachfolger gemäß § 731 auf Erteilung der VollstreckungSklausel er­ heben kann. RG. 88, 267, Sinnt. 5 § 322. < Z. B. Nießbraucher (IW. 15, 733), Pfandgläuvtger, Pächter, Mieter, Ver­ wahrer (§ 868 BGB.). Unter „Besitz" im Halbs. 2 ist also der dem mittelbaren Besitz gegenüberstehende unmittelbare Besitz (abgeleiteter Besttz) zu verstehen. Der Sigenbesttz fällt unter die Rechtsnachfolge des Halbs. 1. RG. 82, 38, Sinnt. 3. — Neber „in Streit befangene Sache" vgl. Sinnt. 2 tz 265. 5 Dgl. §§ 892, 893, 932 ff., 1032, 1138, 1155, 1157, 1207, 1208, 1242, 1244, 2366 BGB.; §§ 364,366, 367, 696 HGB. Soweit hiernach der gutgläubige Erwerber gegen einen Mangel im Rechte seines Vorgängers geschützt ist, braucht er auch daS Urtell nicht gegen sich gelten zu laffen. Mot. 109, RG. 108, 354. — Die entsprechende Anwendung der betteffenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts besteht aber nicht darin, daß in bezug auf die Urteilswirkung nur die Kenntnis von der Rechtshängigkeit (oder, wo daS bürgerliche Recht die auf grober Fahrlässigkeit bemhende Unkenntnis der Kenntnis gleichstellt, auch eine solche Unkenntnis von der Rechtshängigkeit) maßgebend ist (vgl. ALs. 3 Satz 1), sondern darin, daß in bezug aus die Urteilswirkung die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Kenntnis von dem Rechtsmangel gleichsteht. Daher wirkt das rechtskräftige Urteil gegen den Rechtsnachfolger der unterliegenden Partei nur dann nicht, wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbes weder den Rechtsmangel noch die Rechtshängigkeit kannte (oder infolge grober Fahrläffigkeit nicht kannte). RG. 79, 165, 88, 268, Gr. 60, 509, 61, 145. Hat der Kläger die Hypothek, aus der er gegen den Grundstückseigentümer klagt, zu einer Zeit erworben, als ein Prozeß des Grundstückseigentünrers gegen den früheren Hypothekengläubiger auf Feststellung deS Nichtbestehens der Hypothekenforderung schwebte, und ist dem Kläger dieser Prozeß zur Zeit des Erwerbes bekannt gewesen, so muß er, wenn der Prozeß zugunsten deS Grundstückseigentümers rechtskräftig entschieden ist, daS Urteil nach § 325 Abs. 1, 2 gegen sich gelten laffen und kann er sich nicht auf seinen angeblichen guten Glauben bezüglich deS Bestehens der Forderrmg (§§ 892, 1138 BGB.) be­ rufen. W. 12, 392. 6 Im Jntereffe des Gläubigers ist hier, abweichend von Abs. 2, selbst dem gut­ gläubigen Erwerber kein Schutz gewährt. Dem § 44 des Preuß. EigErwGes. v. 5./5 72 nachgebildet. 7 Abweichung von Satz 1, um den Ersteher vor Täuschung zu sichern. — Der Ersteher gilt also als Rechtsnachfolger des früheren Eigentümers. OLG. 19, 192. — Vgl. § 54 deS ZVG. (Kündigung einer Grund- oder Rentenschuld).

826. la@ht Urteil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen gegen den Vorerben als Erben gerichteten Anspruch oder über einen der Nacherbfolge1 unterliegenden Gegenstand? ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritt der Nacherbfolge rechtskräftig wird, für den Nacherben? Ein Urteil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand? ergeht, wirkt auch gegen den Nacherben, sofern der Vorerbe befugt^ ist, ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen? 1® § 326 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. 1 Durch Abs. 1 ist § 325 Abs. 1, der an sich nicht Anwendung finden könnte, weil der Nacherbe nicht Rechtsnachfolger des Vorerben, sondern des ErblafferS ist (§§ 2100, 2139 BGB.), auf diesen Fall zugunsten des Nacherben ausgedehnt. Mot. 110. 8 Ueber den Begriff „einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand" vgl. Sinnt. 2 § 242. — Er betrifft nicht, insbesondere auch nicht im Abs. 2, einen obligatorischen Anspruch. Von Ansprüchen dieser Art handelt lediglich Ms. 1 Halbs. 1 („gegen den Vorerben als Erben gerichteten Anspruch"), und zwar dahin, daß, wenn die Klage deS Drtttrn abgewiesen wird, dies auch zugunsten deS Nacherben wirkt. Gr. 62, 630.

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landger. ZwetterTitel. Urteil. §§ 326—328.

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Daraus folgt, daß, wenn der Dritte hinstchtlich des obligatorischen Anspruchs obsiegt, das Urteil regelmäßig keine Wirksamkeit gegen den Nacherden erlangt. Gr. 62, eso.

• Vgl. § 2112 BGB. — Er ist nicht befugt in den Fällen der §§ 2113—2115 BGB., sofern er nicht die stetere Stellung nach Maßgabe der §§ 2136, 2137 BGB. hat. Betrifft das Urteil einen Gegenstand, der zwar der Nacherbfolge unterliegt, über den aber zu verfügen der Vorerbe ohne Zustimmung des Nacherben nicht befugt ist, so wirkt das Urteil nicht gegen den Nacherben. RG. 75, 364. — Auch wenn die Verfügungsbeschränkung des Vorerden einen solchen Umfang hat, daß ihm nur Der« waltung und Nießbrauch zusteht, ist weder aus dem BGB., nach dem eine solche Be­ schränkung nicht mit der Rechtsstellung eines Vorerven unvereinbar ist, noch aus § 326, der sich nur über die Wirksamkeit eines zwischen einem Vorerben und einem Dritten ergangenen Urteils hinstchtlich des Nacherben verhält, zu folgern, daß ein solcher Vorerbe zur Klage bezüglich eines der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstandes nicht passtvlegittmiert wäre. Gr. 62, 628. < Vgl. die ähnliche Bestimmung in § 1380 BGB., wonach, wenn der Mann ein zum eingebrachten Gute der Frau gehörendes Recht im eigenen Namen geltend macht, daS Urteil insoweit auch gegen die Frau wirkt, alS der Mann befugt ist, über daS Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen.

327. la@tn Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht* ergeht, wirkt für und gegen den Erbend DaS gleiche2 gilt von einem Urteil, welches zwischen einem Testaments­ vollstrecker und einem Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechts­ streits berechtigt2 ist. i® § 327 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt.

1 §§ 2205, 2208, 2212 BGB. — Dagegen wirkt ein Urteil, das zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem gesetzlichen Erben in einem Rechtsstreite darüber, ob der Testamentsvollsttecker das Recht hat, das Testament zur Ausführung zu bringen, ergehendes Urteil hinstchtlich der Gülttgkeit des Testaments nur zwischen den Parteien, nicht auch zwischen dem gesetzlichen Erben und dem im Testamente Bedachten. IW. 19,725".

2 Ohne diese ausdrückliche Bestimmung würde die Wirksamkeit gegenüber dem Erven nicht eintteten, weil die betteffenden Befugniffe dem Testamentsvollstrecker auS eigenem Recht zustehen und er nicht, wie der Nachlaßpfleger, Vertreter des Erben ist. Mot. 111. s Vgl. § 2213 BGB. 328. la2)ie Anerkennung des Urteils eines ausländischen^ Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig fint);2 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher2 ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat,** sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt tft;4b 3. wenn in dem Urteil zum Nachteil einer deutschen2 Partei von den Vorschriften des Artikel 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder von der Vor­ schrift des auf den Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles des Artikel 27 desselben Gesetzes oder im Falle des Artikel 9 Abs. 3 zum Nachteil der Ehefrau eines für tot erklärten Ausländers von der Vorschrift des Artikel 13 Abs. 2 abgewichen ist;6

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A. II. Zivilprozeßordnung

Zweite- Buch. Verfahren in erster Instanz.

4. wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen

den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde/ 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist7 Die Vorschrift der Nr. 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht ent­ gegen, wenn das Urteil einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch betrifft und

nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war.° i® Der durch die Nov. v. 17./5.98 eingefügte § 328 schließt sich an die das inter­ nationale Privatrecht betreffenden Bestimmungen der Art. 7 ff. EG. z. BGB. an. Er enthält Vorschriften über die Anerkennung der von ausländischen (s.OLG. 13,154) Gerichten (nicht Verwaltungsbehörden, RG. 81, 376) erlassenen Urteile (s. RG. 16, 428, 27, 414, 49, 840, OLG. 17, 827, 18, 392) allgemeinen, nicht bloß, wie der dadurch in der Hauptsache ersetzte ftühere § 661, für die Zwangsvollstreckung. — Wenn in dem an die Stelle des früheren § 660 getretenen § 722 bestimmt ist, daß aus dem Urteil eine- ausländischen Gerichts die Zwangsvollstreckung nur dann stattfindet, wenn ihre Zulässtgkeit durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist, so bedeutet das nur, daß ein DollstreckungSurteil erforderlich ist, falls aus dem Urteil eine ZwangsVollstreckung im engeren Sinne vorgenommen werden soll. Abgesehen hiervon aber können, wenn die Voraussetzungen des § 328 vorliegen, auf Grund des rechts­ kräftigen ausländischen Urteils sonstige staatliche Handlungen, die einen Zwang gegen den Schuldner nicht enthalten (z. B. Eintragungen in öffentliche Bücher, wie eineRandvermerks im Heiratsregister auf Grund ausländischen Scheidungsurteils) im Inlande vollzogen werden, ohne daß es eines Vollstreckungsurteils bedarf. RG. 88, 248 (a. M. OLG. 6, 18). lb Für die Frage, ob ein Urteil ein ausländisches ist, ist beim Wechsel der Staatszugehörigkeit des Gebietsteils, in dem das Gericht seinen Sitz hat, der Zeitpunkt der Verkündung deS Urteils, nicht der Zeitpunkt, in dem die Vollstreckung begehrt wird, maßgebend. IW. 21, 5411. — Urteile der Schutzgebietsgerichte sind nicht aus­ ländische Urteile im Sinne des § 328. RG. 84, 26i. Ob einer der fünf Fälle vorliegt, in denen die Anerkennung des Urteils auSgeschloffen ist, muß von Amts wegen geprüft werden. RG. 36, 381, 75, 143. Dabei sind aber die in dem Urteil als feststehend angenommenen Tatsachen als richtige tatsächliche Grundlage zu behandeln, RG. 72, 124, 75, 150, OLG. 17, 323, und zwar auch dann, wenn das Urteil ein Versäumnisurteil ist und die Tatsachen nur zufolge der Säumnis des Beklagten als stillschweigend zugestanden angesehen sind, RG. 72, 124, 75, 150. — Bei Beurteilung der Geschäftsfähigkeit eines Aus­ länders hat der inländische Richter eine durch ein ausländisches Gericht ausgesprochene Entmündigung (z. B. wegen Verschwendung), wenn sie durch das zuständige Gericht ordnungsmäßig angeordnet worden ist, zu berücksichtigen, ohne die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Nachprüfung zu unterziehen. RG. 80, 262. 2 Es ist zu prüfen, ob das ausländische Gericht zur Erlaffung des Urteils zuständig gewesen wäre, wenn es die deutschen ZuständigkeitSvorschristen auf diejenigen Verhältniffe angewendet hätte, die den für die Zuständigkeit maßgebenden deutschen Verhältnissen entsprechen. RG. 51,135, 65, 330, 75,149, Gr. 45,1123, (IW. 00, ssoO, W. 21, 35, OLG. 5,120, 122, 6, 409, so z. B. auch im Falle des Urteils eines aus­ ländischen Gerichts über eine Ehescheidungsklage, ob nach § 606 Abs. 4 die Zuständigkeit dieses Gerichts gegeben sei, W. 21, 35. Dem ausländischen Urteil ist daher die An­ erkennung nicht zu versagen: wenn zwar die Parteien hinsichtlich des in Betracht kommenden Schuldverhältniffes sich durch Vereinbarung dem ausländischen Recht unter­ worfen haben, so daß für die Frage, wo der Erfüllungsort für die aus dem Schuld­ verhältnis sich ergebende Verpflichtung ist, das ausländische Recht zur Anwendung zu bringen ist, und dieses zwar einen Gerichtsstand des Erfüllungsortes nicht kennt, aber das betreffende ausländische Gericht bei Zugrundelegung der Vorschriften des deutschen Rechts, falls diese im Auslande gelten würden, zuständig ist, IW. 91, 33411, (1Z, 55220), Gr. 45, 1123, W. 13, 302; wenn zwar der von dem aus­ ländischen Gerichte zugelaffene Gerichtsstand (z. B. deS Wohnfitzes, des Erfüllungs­ ortes) dem deutschen Gesetze nicht entspricht, wenn aber die Zuständigkeit des Spruch-

Erster Abschn. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. § 328.

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gerichts nach deutschem Gesetze sich anderweit (z. B. als Gerichtsstand deS Vermögens, § 23) begründen läßt, RG. 51, 135, 75, 148, Gr. 45, 1123, (IW. 00, 590’), W. 08, 678, OLG. 33, 67, oder überhaupt auch nur irgendein anderes Gericht des aus­ ländischen Staates nach deutschem Gesetze zuständig wäre, RG. 51,137, 70, 436, 75,148, 107, 309, W. 08, 678 (anders RG. 27, 410). — Für die Prüfung gilt auch der Grundsatz, daß, wenn die klagebegründenden mit den die Zuständigkeit begründenden Behauptungen zusammenfallen, diese nicht des Beweises bedürfen (s. Vordem, vor § 12). RG. 61, 69, 75, 148, (in W. 13, 302 wird dieser Grundsatz für bedenklich erklärt, jedoch darüber nicht entschieden; vgl. auch darüber, daß, wenn der Beklagte die Einrede der Rechtshängigkeit wegen einer schon vorher vor einem ausländischen Gericht bezüglich des nämlichen Anspruchs erhobenen Klage erhebt, er die die Zu­ ständigkeit des ausländischen Gerichts für diese Klage begründenden Tatsachen be­ haupten und beweisen muß, Anm. 4 § 263). Deshalb kommt eS, wenn gemäß diesen Behauptungen das ausländische Gericht nach deutschen Gesetzen zuständig war, nicht weiter darauf an, ob demnächst bei der sachlichen Entscheidung des aus­ ländischen Gerichts diese Behauptungen als richtig oder unrichtig festgestellt sind. RG. 61, 69. Hat aber nach dem ausländischen Gesetze da- ausländische Gericht nicht nur daS Recht, zu untersuchen, ob es im gegebenen Falle zuständig, d. i. örtlich zuständig, gewesen sei, sondern soll eS auch die sachliche Zuständigkeit einer Erörterung unterziehen dürfen, was nur nach ausländischen Normen geschehen kann, so handelt es sich hierbei nicht lediglich um die Prüfung der Zuständigkeitsfrage im Sinne deS § 328 Nr. 1, sondern um eine dem deutschen Gericht fremde Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung. RG. 70, 436. — Hat das ausländische Gericht die Behauptungen deS Klägers, wodurch die Zuständigkeit des Gerichts (z. B. der Gerichtsstand deS Vermögens [§ 23] oder der des Erfüllungsortes [§ 29]) begründet wird, alS richtig festgestellt, so ist das inländische Gericht hieran gebunden. RG. 75, 147, Anm. 1 c. Dies gilt auch dann, wenn das Urteil ein DersäumniSurteil ist und die Behauptungen nur zufolge der Säumnis des Beklagten als stillschweigend zugestanden angesehen stnd. RG. 75, 147, Anm. Io. — Durch eine zwischen einem Inländer und einem Ausländer in einem Vertrage getroffene Vereinbarung, daß für beide Telle Erfüllungsort im Sinne des § 29 der Ort eines inländischen Gericht­ sein solle, wird für stch allein nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet (s. Anm. 2 § 38) und also die sonst gegebene Zuständigkeit des ausländischen Gericht­ nicht ausgeschlossen. IW. 12, 792*. Eine stillschweigende Vereinbarung über die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts gemäß § 39 ist nicht anzunehmen, wenn nach dem ausländischen Recht das betreffende ausländische Gericht zuständig ist. RG. 37, 371, IW. 96, 30110. Auch ist eine solche stillschweigende Vereinbarung nach deutschem Rechte nicht darin zu finden, daß nach Abschluß eines Kaufvertrages der deutsche Käufer die mit dem Vermerke „zahlbar und klagbar in. . ." versehene Faktura des ausländischen Verkäufers entgegennimmt, ohne fie zu beanstanden, sei eS auch, daß nach ausländischem Prozeßgesetze daraus eine derartige Vereinbarung zu entnehmen ist. RG. 65, 331. Die Vereinbarung der ausschließlichen Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts ist unwirksam, wenn auf Grund eines Urteils des aus­ ländischen Gerichts auf Vollstreckung in Deutschland nicht geklagt werden kann (Anm. 7 hier, §§ 722, 723). IW. 22, uoo*. — Unzuständig ist das ausländische Gericht stets dann, wenn nach deutschem Recht (wie z. B. für Ehesachen nach § 606) ein ausschließlicher Gerichtsstand in Deutschland begründet ist. IW. 06, 167". Daher ist ein von der Ehefrau in Amerika erwirktes Scheidungsurteil, wenn der Ehemann in Deutschland wohnt, nach § 606 Abs. 1 unwirksam, so daß die Ehe trotz des amerikanischen ScheidungSurteilS nach deutschem Recht als fortbestehend zu gelten hat. W 15, 144. • Ein Deutscher: früher §§ Iss. BGes. v. 1./6. 70 (BGBl. 355), jetzt §§ 1, 3 ff., 33 ff. Reichs- und Staatsangehörigkeitsges. v. 22./7. 13 (RGBl. 583). — Zu der Zeit, als die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung des ausländischen Gerichts erging. Wo der Wohnsitz des Schuldners war, ist gleichgültig. RG. 16, 429. Vorschützen der Einrede der Unzuständigkeit ist hier auch Einlassung. IW. 91, 272*. Ueber Zustellung in Person s. OLG. 17, 324. Nicht genügt: Ersatzzustellung (§§ 181 ff.), RG. 41, 425? öffentliche Zustellung (§§ 203 ff.), RG- 26, 130. — Für

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A. II.

Zivilprozeßordnung. Zweite- Buch. Verfahren in erster Instanz.

die Zustellung durch Rechtshilfe macht es leinen Unterschied, ob die Gewährung der Rechtshilfe im Inland oder Auslande, namentlich in deutschen Konsulargerichtsbezirken oder Schutzgebieten, erfolgt ist. Mot. 111. Vgl. hierüber sowie über Nachweis der den Prozeß einleitenden Ladung IW. 99, 88». — Vgl. ferner Art. lff. des Haager Abkommens über den Zivilprozeß v. 17./7. 05 (Zustellung durch Ersuchen der Vertragsstaaten [f. Anm. 5 § 110]). » Diese in dem früheren § 661 nicht enthaltene neue Bestimmung bezieht sich auf Ehesachen, Streitigkeiten über die eheliche Abstammung eines Kindes, Legitimation eines unehelichen Kindes, Adoption, sowie auf Schutz der Ehefrau eines im Inlands für tot erklärten Ausländers, die nicht mehr Deutsche ist, es aber bis zu ihrer Ver­ heiratung war, sofern von dem ausländischen Urteil die Eingehung der Ehe nicht nach den deutschen Gesetzen beurteilt worden ist. Ausländischen Urteilen in diesen Sachen soll die Anerkennung versagt sein, wenn sie zum Nachteil einer deutschen Partei von den durch die in Nr. 3 aufgeführten Vorschriften für maßgebend er­ klärten Grundsätzen des internationalen Privatrechts abweichen, wenn also bei An­ wendung der genannten Vorschriften die deutsche Partei hätte obsiegen müßen. Mot. 112. Vgl. hinsichtlich eines Scheidungsurteils eines von der russischen Sowjet­ regierung eingesetzten Volksgerichts W. 20, 134. ® Vgl. Art. 30 EG. z. BGB., § 158 GVG. n. F. — Verstoß gegen: die guten Sitten: RG. 72, 124; den Zweck eines deutschen Gesetzes: OLG. 5, 61, 19, ios, vgl. (zu Art. 30 EG. z. BGB.) NG. 60, 29», 73, 868, und (zu § 16 des öster­ reichischen Urheberrechtsgesetzes) IW. 12,7923, (W. 12, 46), 15,1204». Letzterer Verstoß ist nur gegeben, wenn der Unterschied zwischen den staatspolttischen und den sozialen Anschauungen, auf denen das im konkreten Falle maßgebende Recht des Auslandes und das davon abweichende Recht des Inlandes beruhen, so erheblich ist, daß die Anwendung des ausländischen Rechts die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde. RG. 60, 296, 63,19, 73, 368, 80, 129, 81, 377, IW. 05, 32i», W. 23,21. Weder gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt z. B. die Anerkennung einer Entscheidung, durch die das ausländische Prozeßgericht die Kosten auf einen Betrag festgesetzt hat, der nach deutschen Begriffen unverhältnismäßig hoch ist. RG. 82, 29. — Die tatsächlichen Feststellungen sind nicht nachzuprüsen. RG. 72, 124, OLG. 17, 323, auch W. 23, 21, s. Anm. lc. Auch nicht im Falle des Versäumnisurteils gegen den Beklagten die auf Grund der SäumniS als feststehend geltenden Tatsachen. RG. 72, 124, s. Anm. 1 c. 7 Zur Zeit der Erlaffung des BollstreckungSurteilS (§ 723). RG. 41, 424, W. 21, 34. — Für die Gegenseitigkeitsfrage kommt nicht der Staat in Betracht, dem der Kläger angehört, sondern der Staat, dessen Gericht daS Urteil erlaßen hat; ob der Kläger, der das Urteil erwirkt hat, Staatsangehöriger des rechtsprechenden Staateist oder nicht, ist ohne jede Bedeutung (wenn z. B. der Kläger Angehöriger der Tschecho­ slowakei durch deren Abtrennung von Oesterreich geworden, das Urteil aber von einem österreichischen Gericht erlassen ist, kommt es nur darauf an, ob die Gegen­ seitigkeit mit Oesterreich verbürgt ist, was der Fall ist, s. unten). W. 21, 34. — Gegenseitigkeit wird verbürgt nicht nur durch Gesetze, Staatsverträge und Deklarationen, sondern auch durch konstante Uebung der Gerichte. Pr. 447,448, Gr. 51,410, IW. 05,8788, 06, 5993. Erforderlich, aber auch genügend ist, daß die Bedingungen für die Erlaßung des BollstreckungSurteilS im ausländischen Staate im wesentlichen dieselben, ins­ besondere nicht erheblich schwerer sind. RG. 48, 878, 82, 30. Namentlich kommt eS darauf an, ob nach ausländischem Recht überhaupt eine Anfechtung der Gesetzmäßigkeit deutscher Urteile auS anderen Gründen als Nr. 1—4 zugelaßen wird. RG. 7, 410, 70, 437. Ist die RechtSkrastwirkung ausländischer Urteile derart wesenUich abgeschwächt, daß sie nicht lediglich durch Restitutionsgründe im Sinne des deutschen Prozeßrechtes (§ 580) beseitigt werden können, find die Urteile vielmehr Angriffen ausgesetzt, die ihrer Natur nach viel weiter gehen und von jenen Restitutionsgründen verschieden find, so ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt. RG. 70, 437. Ferner ist zur Gegen­ seitigkeit erforderlich, daß die deutschen Urteile im Auslande in wesentlich demselben Umfange als bindend anerkannt werden, wie dies bezüglich der ausländischen Urteile im Deutschen Reiche der Fall ist. Dies ist nicht gegeben, wenn das ausländische Gericht in die Lage kommen kann, einem deutschen Urteil aus Grund fachlicher,

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil.

§ 32S.

431

gegen den RechtSbestand deS Urteils gerichteter Einwendungen die Anerkennung zu versagen. RG. 70, 437, OLG. 19, loe. Gesichert ist auch gegenüber einem aus­ ländischen Gesetze, daS an stch die Vollstreckung ausländischer Urteile zu sichern be­ stimmt ist, die Gegenseitigkeit dann nicht, wenn die Anwendung deS sie scheinbar aus­ sprechenden Gesetzes derart zweifelhaft ist, daß immer noch mit der Möglichkeit einer Erörterung des durch das Urteil erledigten Rechtsstreites über den Rahmen deS § 723 Abs. 1 hinaus gerechnet werden muß. RG. 70, 438. — Gegenseitigkeit ist nicht verbürgt in bezug auf: Belgien, Chile (RG. 49, 340, 344), England (RG. 6, 872, 7, 410, OLG. 17, 157), Frankreich (RG. 8, 388, 36,887), Griechenland (Vers. v. 7./4. 22, PrJMBl. 119), Luxemburg, Niederlande (IW. 05, ?i6«, 22,497», 1400«, OLG. 17,158), Nordamerika (RG. 7,406, insbesondere auch nicht in Kalifornien, RG. 70, 434), Portugal, Rumänien (OLG. 25,103), Rußland (RG. 26,129, Gr. 29, 890, W. 20,134, OLG. 27,92), Schweden und Norwegen (RG. 8, 390), Türkei, (der deutsch-türkische Vertrag über Rechts­ schutz und gegenseitige Rechtshilfe in bürgerlichen Angelegenheiten v. 1L/1.17, 12./4.18 ist durch Artikel 290 Friedensvertrag v. 28./6. 19 wieder aufgehoben, W. 21, 35), Ungarn (Gr. 33, 1201, >JW. 88, 196«]). Verbürgt ist die Gegenseitigkeit in bezug auf: Aegypten, Brasilien, Dänemark (OLG. 17, 157), Mexiko, das Memelgebiet (PrJMBl. 19 S. 593), Oesterreich (österr. Exekutionsordnung v. 27./5. 96 u. österr. DO. v. 21./12. 99 iPrJMBl. 00 S. 79], DO. v. 10./12. 97 sRGBl. 1477], DO. v. 19./10. 04, jetzt Art. 25, 34 Vertrag v. 21./6. 23 sRGBl. II 55, 91], vgl. auch RG. 41, 424, 48, 378, 75, 148, W. 21, 34, OLG. 27, 92 Anm. 1), Polen (OLG. 39, 103 Anm., vgl. aber IW. 19, 936*), Schweiz (der größere Teil, ins­ besondere durch stete Uebung der Züricher Gerichte für den Kanton Zürich, IW. 06,599», OLG. 7, 288, 17, 827, 43, 142, nach RG. 107, 308, OLG. 43, 173 jedoch nicht verbürgt, weil eine solche Uebung die Gegenseitigkeit nicht Herstellen könne, wenn sie mit dem Gesetz shier Art. 59 Abs. 1 schweizer. Bundesverf. v. 29./5. 09, §§ 377, 107 der Zür. ZPO.] in Widerspruch stehe; für den Kanton Aargau, OLG. 27,172; für den Kanton Basel, OLG. 43, 143; für den Kanton Schaffhausen, PrJMBl. 19 S. 207; für den Kanton Zug, PrJMBl. 19 S. 289, 21 S. 308; nicht aber auch seitens der Berner Gerichte, Gr. 51, 411, IW. [05, 8733], 06, 599«, OLG. 9, 108, auch RG. 102, 83), Spanien (Art. 951—958 spanischen ZPO. v. 3./2. 81, RG. 82, 30). Hinsichtlich Italiens wurde früher die Gegenseitigkeit als verbürgt angesehen (IW. 99, 815®, OLG. 17, 323). Dies kann nicht mehr gelten, da nach den §§ 1, 2 des den Art. 491 der italienischen ZPO. abändernden Dekrets v. 20./7. 19 daS Prüfungsrecht der italienischen Gerichte gegenüber einem ausländischen Urteil in formeller Beziehung erweitert ist und auf Verlangen einer Partei auch eine sachliche Nachprüfung des Urteils stattfindet. Hinsichtlich: Galiziens vgl. IW. 19, 936>, Tscheche slowakei vgl. Vek. v. 25./6. 24 (RGBl. II 133). Durch Art. 7 des Haager inter­ nationalen Uebereinkommens zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze und der Gerichtsbarkeit auf dem Gebiete der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett v. 12./6. 02 (RGBl. 1904 S. 249) ist für die in einem der Vertragsstaaten (Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesterreich, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Ungarn) gefällten Ehescheidungsurteile die Gegenseitigkeit als verbürgt anzusehen in der Weise, daß durch deutsche Gerichte im Streitfall über Anerkennung eines in einem anderen Vertragsstaat erlaßenen Scheidungsurteils lediglich nachzuprüfen ist, ob die Bestimmungen des Uebereinkommens (z. V. über die Zuständigkeit des Prozetzgerichts im Art. 5) beobachtet worden sind. RG. 102, 83. Vgl. auch hinsichtlich der die Prozeßkosten betreffenden Entscheidungen Art. 19 des Haager Abkommens über den Zivilprozeß v. 17./5.05 (s. Anm. 5 § 110). • Sofern in einem ausländischen Staate zum Nachteile der deutschen Interessen anders verfahren werden sollte, kann daS im § 24 EG. z. ZPO. vorgesehene Dergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werden. Soweit durch Staatsvertrag die Frage der Anerkennung der Urteile anderweit geregelt ist, behält eS hierbei sein Bewenden. Mot. 112. 10. Verkündung der Beschlüsse.

329. (294.)

Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden

Beschlüsse l deS Gerichts müffen verkündet werdend

432

A. II.

Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Die Vorschriften der §§ 309, 310 finden auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorfitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechende Anwendung.^ Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Ver­ fügungen des Vorsitzenden und eines beauftragten oder ersuchten Richters find den Parteien* von Amts wegen zuzustellen.b i Bei Beschlüssen steht eS tm Ermessen deS Gerichts, inwieweit eS daS Partei­ vordringen in den Gründen erörtern will. RG. 30, 338, OLG. 39, 65. Auch ist eS nicht unbedingtes Erfordernis, daß Beschlüsse überhaupt mit Gründen versehen werden. IW. 00, 50», OLG. 39, 65. 2 Sonst sind sie unwirksam. IW. 82, 94.

3 § 309: Erlassung des Beschlusses nur durch die Richter, die der Verhandlung deigewohnt Haden; § 310: Verkündung in dem Termin selbst oder in einem sofort anzuberaumenden Verkündüngstermine; § 312: Wirksamkeit der Verkündung von der Anwesenheit der Parteien nicht abhängig; § 317 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3: Zustellung auf Betreiben der Parteien, vor Verkündung keine Ausfertigungen usw., Herstellung der Ausfertigungen. < Kostenfestsetzungsbeschlüsse sind stets auch dem Antragsteller förmlich zuzustellen. IW. 92, 216«. — Bei abweisenden Beschlüssen genügt Zustellung an den Antragsteller allein. RG. 11, 404. s Wenn daS Gericht nicht verkündete Beschlüffe nach ordnungsmäßiger Voll­ ziehung zu den Akten und mit diesen zur Gerichtsschreiberei gelangen läßt, gibt eS zu erkennen, daß die Entscheidung mitteilungsreif sei, und gibt es zugleich die An­ weisung, daß sie mitzuteilen sei; die Mitteilung selbst erfolgt durch den Gerichts­ schreiber, und zwar durch Zustellung (§ 209). RG. 90, 297. — Eine erforderliche Ladung ist gleichzeitig von Amts wegen zu erfassen. Vegr. 159, Pr. 125. — Zu­ stellung von Partei wegen ist unwirksam, insbesondere wird durch sie eine Frist für die Anfechtung des Beschlusses nicht in Lauf gesetzt. RG. 3, 376, IW. 00, is». — Die Zustellung wird durch Uebergabe einer beglaubigten Abschrift (nicht einer Aus­ fertigung) des Beschlusses bewirkt. Gr. 45,1122, (IW. 00, 689°), auch Anm. 1 § 170. — Erfolgt statt der förmlichen Zustellung eine einfache Mitteilung, so ist darum die Entscheidung nicht unwirksam; die Rüge der mangelnden Zustellung steht nur dem zu, der ein rechtliches Interesse an der Beobachtung der Form hat. RG. 11, 404. — Ausnahmen (Zustellung auf Befreiten der antragstellenden Partei): §§ 491 (Beschluß zur Sicherung deS Beweises), 829 Abs. 2 (Forderungs-Pfändungsbeschluß), 922 Abs. 2, 936 (Arrestbefehl, einstweilige Verfügung). — Anderseits werden auch verkündete Beschlüsse von Amts wegen zngestellt in den Fällen der §§ 659, 678, 683, 685 (Beschlüsse in Entmündigungssachen), ferner im Konkursverfahren: § 73 Abs. 2 KO. Vgl. auch §§ 141 Abs. 2 (Ladung der Partei von Amts wegen bei Anordnung persönlichen Erscheinens), 251a Abs. 1, 2 (Bekanntgabe eines Ver­ kündungstermins oder eines neuen Verhandlungstermins beim Ausbleiben beider Parteien). — Nicht verkündete Beschlüsse erhalten erst mit der Zustellung Bestand und Geltung nach außen; bis dahin können sie zurückgenommen, abgeändett, ver­ nichtet werden. RG. 11, 403, 46, 418, 50, 352, 62, 28, 96, 351, IW. 92, 94-, 07, 84i, OLG. 39, so (vgl. aber RG. 56, 360, wonach in Strafsachen ein ohne mündliche Verhandlung ergehender Beschluß bereits mit seiner bloßen Erlassung auch ohne förmliche Bekanntmachung an die Beteiligten wirksam wird, und eine Entscheidung erlassen ist, sobald sie nach vollständiger Abfassung zur Kenntnis für Personen' außerhalb des Gerichts bestimmt wird, spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem ihre Uebergabe an die Staatsanwaltschaft angeordnet wird). Gleiches gilt von Ver­ fügungen des Vorsitzenden. RG. 96, 351, Gr. 65, 247. — Ein in der mündlichen Verhandlung über die Hauptsache verkündeter Beschluß auf Ablehnung des Armen­ rechts bedarf nicht der Zustellung. OLG. 29,135.

tz 329.

Erster Abschnitt. Vers, vor d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisutteil

433

Dritter Titel. Perflumnisurtetl. Ein gegen eine auSbleibende oder nicht verhandelnde (§ 333) Partei ergehendes Urteil ist in der Regel ein Versäumnisurteil. RG. 6, 365, 10, 403, 24, 433, 28, 395, 35, 345. Dies auch dann: wenn der im Verhandlungstermine nicht erschienene Rechtsmittelkläger, der das Rechtsmittel zurückgenommen hat, des Rechtsmittels für verlustig erklärt wird, RG. 6, 364, oder sein Rechtsmittel für unzulässig erachtet und daher verworfen wird, da die Verwerfung eines Rechtsmittels als unzulässig (nicht nur durch kontradiktorisches Urteil, sondern) auch durch Versäumnisutteil erfolgen kann und gegebenenfalls erfolgen muß, RG. 50, 336, Gr. 61, 826, s. unten; wenn beim Ausbleiben des Beklagten und Berufungsbeklagten unter Abänderung der erstinstanz­ lichen Entscheidung nach dem Klagautrage erkannt wird, RG. 10, 403; wenn die Klage des ausgebliebenen Klägers wegen mangelnder Sicherheitsleistung avgewiesen wird, RG. 24, 433,' wenn in Ehesachen in der höheren Instanz gegen den aus­ gebliebenen Rechtsmittelkläger (sei er der Kläger oder der Beklagte) oder gegen den auSgebliebenen Kläger oder Widerkläger und Rechtsmittelbeklagten ein Urteil ergeht, RG. 27, 362, 28, 394, 35, 345, IW. 16, 751», 1122», OLG. 11, 91. Ausnahmen: § 618 Abs. 5 (in Ehesachen kein VersäumniSurteil gegen den Beklagten), Aum. 6 dott. Vgl. ferner Anm. 5 § 331 (kontradiktorisches Urteil gegen den Kläger trotz Ausbleibens des Beklagten). Nach § 331a kann die allein erschienene Partei statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beanttagen. — Die Bezeichnung als Versäumnisurteil genügt jedoch nicht immer. Es kommt darauf an, ob das Urteil nach feinem Inhalt wirklich auf totaler Versäumnis (Ausschluß einer Pattei mit neuem Vorbttngen als Säumnisfolge) beruht, gleichviel ob die totale Versäumnis vom Gericht mit Recht oder zu Unrecht angenommen sowie ob ein Antrag auf Erlaffung eines Versäumnisurteils gestellt worden ist oder nicht. RG. 39, 412, 50, 384, 90, 43, Gr. 36, 887, 61, 826, (W. 17, 255), IW. 97, 383% auch Vordem, vor § 300. Deshalb ist ein Urteil, wenn eS auf totaler Versäumnis der Pattei beruht und deren Folgen (Zugeständnis und Ausschluß der Rechtsbehelfe der säumigen Partei) im Urteil zur Verwirklichung gelangt sind, als ein Bersäumnisurteil anzusehen, auch wenn es ftch nicht als ein solches bezeichnet und die Absicht des Gettchts nicht auf Erlaß eines Versäumnis­ urteils, sondern eines kontradiktorischen Urteils gerichtet gewesen ist. RG. 28, 393, 35, 345, 90, 43, IW. 16, 751», 1122», (17, 769"), (W. 16, 259,17, 255), Gr. 61, 826. — Hat anderseits das Gettcht die Voraussetzungen eines VersäumniSnrteilS nicht für gegeben erachtet, so ist das Utteil nicht um deswillen als Versäumnisurteil an­ zusehen, weil letzteres hätte erlassen werden sollen, vielmehr ist ein solches Urteil nicht mit dem Einspruch, sondern als kontradiktorisches Urteil nur mit der Be­ rufung bzw. Revision anfechtbar. IW. 97, 383«. Daher ist, wenn im'erstinstanz­ lichen Urteil die nicht erschienene Partei als notwendiger Stteitgenoffe gemäß § 62 von dem anderen Stteitgenossen als vertteten angesehen ist, gegen das Urteil nur Berufung zulässig, auch wenn es als Versäumnisutteil bezeichnet ist. RG. 39, 411. Dies gilt auch, wenn nur bezüglich eines Teils des Stteitgegenstandes notwendige Streitgenoffenschaft vorliegt. Es ist dann auch nicht bezüglich des übttgen Teils ein Bersäumnisurteil zu erlassen, sondern es sind hinsichtlich dieses Teils die vom Gegner vorgebrachten Tatsachen gemäß § 138 Abs. 2 als nicht bestritten zu erachten und ist demnach ein konttadiktottsches Urteil über den ganzen Stteitgegenstand zu erlassen. IW. 98, 2597. — Ein Versäumnisutteil kann nicht nur über die materielle Sachlage, sondern auch über eine prozessuale Tatsache ergehen (z. B. auf Berwerfung eines Rechtsmittels wegen Unzulässigkeit, wenn das Rechtsmittel unÜatthaft oder nicht frist- oder formgerecht eingelegt ist). RG. 50, 386, Gr. 61, 826, f. oben. — Das Urteil zur Läuterung eines durch Eid bedingten Endurteils ist, auch wenn eine Pattei im Läuterungstermin nicht erscheint, kein Bersäumnisurteil. RG. 14, 345, OLG. 9, 75. Ferner enthalten Bestimmungen über das Versäumnisurteil: §§ 158 (Entfernung aus der Sitzung, Untersagung des Vottrags: gleich Versäumung), 238 Abs. 2 (Unzulässigkeit des Einspruchs seitens der die Wiedereinsetzung beanttagenden Partei), Zivilprozeßordnung.

18., Aust.

Atz

434

A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

239 Abs. 4 (Nichterscheinen der Rechtsnachfolger nach Aufnahme deS unterbrochenen Verfahrens), 313 Ads. 3, 317 Abs. 4 (abgekürzte Urteilsform und dessen Ausferti­ gung), 465 (Nichterscheinen im Eidesleistungstermin), 508 Abs. 1 (Zustellung im amtsgerichtlichen Verfahren), 513 Abs. 2 (Berufung gegen ein zweite- DersäumniSurteil), 542, 566 (Versäumnisverfahren in der Berufungs-, Revistonsinstanz), 600 Abs. 3 (Urkundenprozeß-Nachverfahren), 618 Abs. 2, 5 (Versäumnisurteil gegen den Beklagten in Ehesachen unzulässig), 635 (Versäumnisurteil gegen den Kläger bei einer Ehenichtigkeitsklage), 670, 679, 684, 686 (kein Versäumnisurteil gegen den Beklagten in Entmündigungssachen), 700 (Einspruch gegen einen VoüstreckungSbefehl), 881 (Nichterscheinen des widersprechenden Gläubigers im Verteilungs­ verfahren). — Dgl. Anm. 2 § 127 darüber, daß die Erlasiung eines Versäumnis­ urteils gegen eine arme Partei, der im Anwaltsprozeß ein Anwalt beigeordnet ist, dann ausgeschlossen ist, wenn der bestellte Anwalt an der Vertretung der Partei rechtlich oder tatsächlich verhindert und ein neuer Anwalt noch nicht beigeordnet ist. Gebühren: des Gerichts irüher für das Urteil (1) tz 18 Nr. 3 GKG. a. F., jetzt nach §§ 1, 20 Nr. 3 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 gebührenfrei, da nicht aus Grund streitiger Verhandlung ergangen (durch Prozeßgebühr [§ 20 Nr. 1] abgegolten); des Anwalt13 Nr. 1, 16, 27 GO. f. RA. (volle Prozeßgebühr, 6/l0 der Ver­ handlungsgebühr).

Voraussetzungen und Erlaß.

330. (295.) Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Ver­ handlung nicht, so ist auf Antrag1 das Versäumnisurteil dahin zu erlassen, daß der Kläger mit der Klage abzuweisen sei? 1 Ohne Antrag kein Versäumnisurteil. RG. 28, 398, IW. 03, 65*. — Auch Antrag nur bezüglich eines Teiles oder der Kosten zulässig. IW. 85, g. — Vgl. Anm. 2 § 335 (Nachweisung der Klagezustellung). 2 Wirkung: Der eingeklagte Anspruch gilt als aberkannt. RG. 7, 897. — Wenn das Fehlen von Prozeßvoraussetzungen, die von Amts wegen zu prüfen sind (z. B. nach § 56, vgl. RG. 1, 438), feststeht, kontradiktorisches Urteil auf Klagabweisung. Go, wenn ein Mangel der Legitimation des gesetzlichen Vertreters des Klägers vom Beginne des Prozesses an vorhanden gewesen und auch nicht zu beheben ist und im Verhandlungstermine der vermeintlich gesetzliche Vertreter oder sein Prozeßvertreter nicht erscheint. OLG. 26, 285 (hinsichtlich der Parteibezeichnung und der Kosten vgl. Anm. 5 § 56).

331. (296.) Beantragt i der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen 2 Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen deS Klägers als zugestanden an­ zunehmen? Soweit dasselbe den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennens soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen? 1 Ohne Antrag ist Erlaß eines Versäumntsurteils unzulässig. RG. 28, 398, IW. 03, 65*. Vgl. jedoch Vordem, vor § 330 (auf totaler Versäumnis beruhendes Urteil ist Versäumnisurteil, auch wenn ein Antrag auf Erlaß eines solchen nicht gestellt war). 2 Es muß totale Versäumung vorliegen; sonst ist § 331 nicht anwendbar. Sortiern, vor § 330. — Es kann aber auch über einen quantitativen Teil des Klaganspruchs Versäumnisurteil erlassen werden, wenn fich die Versäumnis (das Nichtverhandeln) nur auf diesen Teil bezieht. RG. 55, 310, IW. 85, 6, auch RG. 15, 390, IW. 14, 938"; vgl. hierzu Anm. 1 § 336 (Unzulässigkeit der Beschwerde gegen Ablehnung). 8 Dies gilt auch für die zur Begründung der sachlichen oder örtlichen Zu» ständigkeit vorgebrachten Tatsachen, soweit nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand be­ gründet ist. Vgl. aber Anm. 3 § 38 (keine stillschweigende Vereinbarung deS Gerichts­ standes bei Ausbleiben des Beklagten).

Erster Avschn. Verf. v. d. Landger. Dritter Tit. Versäumnisurteil.

§§ 330—331S. 435

< Eine inzwischen (§ 332) erfolgte Beweisaufnahme bleibt unberücksichtigt. Anm. 3 § 332. Kosten: § 344 und Anm. 2 § 93. — Dersäumniszwischenurteile find nur zulässig, wenn es sich um einen Zwischenstreit in den Fällen der §§ 347 Avs. 2, 239 Ads. 4, 471 Abs. 2 handelt. RG. 36, 428, OLG. 21, 86. Ein Versäumnisurteil dahin, daß ein Anspruch (nur) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt werde (§ 304), ist unzulässig. RG. 36, 428, vgl. Anm. 5 § 542 (auch in der Berufungsinstanz unzulässig). — Nach § 708 Nr. 3 sind VersäumniSurteile auch ohne Antrag in allen Fällen ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. 6 Sog. einseitig kontradiktorisches Urteil, gegen das dem Kläger (BerufungSkläger) nicht der Einspruch, sondern nur die Berufung (Revision) zusteht. RG. 15, 391, 78, 400, IW. 96, 637‘o. Wenn also in 2. Instanz trotz Ausbleibens deS BerufungSbeklagten die Be­ rufung zurückgewiesen wird, steht dem Berufungskläger gegen das Urteil die Revision zu (so­ fern die sonstigen Voraussetzungen für die Revision gegeben sind). RG. 78,400. — Ist in 2. Instanz DersäumniSurteil gegen den Kläger, aber auf Verurteilung des Beklagten ergangen, so kann Beklagter dagegen Revision einlegen und, wenn Kläger seiner­ seits Einspruch eingelegt hat und das Versäumnisurteil aufrecht erhalten ist, Revision auch gegen dieses Urteil einlegen. Für das Revistonsgericht kommt nur daS letztere Urteil in Betracht. IW. 03,15410.

331 a.1 Beim AuSvleiven? einer Partei im Termin zur münd­ lichen Verhandlung kann der Gegner statt eines BersaumniSurteilS eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen;^ dem Antrag ist zu entsprechens wenn der Sachverhalt für eine derartige Ent­ scheidung hinreichend geklart erscheint. ° Die Vorschriften deS § 251a Abs. 1 Satz 2 viS 4 finden entsprechende Anwendung.« 1 Durch die VO. v. 13./2. 24 ist § 331 a eingefügt, wonach die allein er­ schienene Partei statt eines Versäumnisurteils Entscheidung nach Lage der Akten beantragen kann. — Nach § 336 Abs. 2 ist die Ablehnung dieses Antrags unan­ fechtbar. 2 AlS ansgeblieden kann eine Partei nur gelten, wenn sie nicht erschienen ist, wiewohl sie ordnungsmäßig zum Termin geladen oder der Termin verkündet (§ 332), also nach § 218 ihre Ladung nicht erforderlich war. — Dem Ausbleiben steht ein Nichtverhandeln im Termine gleich (§ 333). s Wenn dem Antrag aus Entscheidung nach Lage der Akten nicht stattgegeben wird, kann die allein erschienene Partei nunmehr Erlasiung eines Versäumnisurteils beantragen. Es können aber auch beide Anträge in der Weise miteinander verbunden werden, daß in erster Linie Entscheidung nach Lage der Akten, Hilfsweise Erlasiung eines Versäumnisurteils beantragt wird. Ersterer Antrag ist allgemein auf Ent­ scheidung nach Lage der Akten zu stellen; unzulässig sind Einschränkungen und Be­ dingungen, wie etwa auf Erlasiung eines Beweisbeschlusses oder eines dem Antrag­ steller günstigen Urteils. < Während noch § 251a Abs. 1 es im freien Ermessen des Gerichts steht, ob eine Entscheidung nach Lage der Akten zu erlassen ist oder nicht, muß hier dem Antrag rnts-rochen werden, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. — Die Partei hat zu erwägen, ob es zweckmäßig ist, den Antrag zu stellen. a Z. B. ist der Sachverhalt dann nicht hinreichend geklärt und daher eine Ent­ scheidung nach Lage abzulehnen, wenn auf ein erhebliches, in einem Schriftsatz ent­ haltenes Vorbringen der erschienenen Partei von dem ausgebliebenen Gegner noch keine Erklärung in einem Schriftsatz abgegeben ist. Die Fiktion des Zugeständnisses der Behauptungen der erschienenen Partei, wie beim Versäumnisurteil (§ 331 Abs. 1), greift auch hier, wie im Falle des § 251 a Abs. 1 (s. dort Anm. 5), nicht Platz. ® Die Entscheidung nach Lage der Akten kann z. B. ein Bewetsbeschluß oder ein Urteil sein, über die auf letzteres entsprechend anzuwendenden Sätze 2—4 des § 251 a Abs. 1 (Voraussetzung streitige Verhandlung in einem früheren Termin; Bekanntgabe eines Verkündungstermins an die ausgebliebene Partei; Unterbleiben der

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Verkündung, wenn die ausgebliebene Partei dies vor dem Verkündungstermin bean­ tragt und ihr schuldloses Ausbleiben glaubhaft macht) sowie darüber, inwieweit bei der Entscheidung die Schriftsätze der Parteien und etwaige Beweisergebnisse zu berücksichtigen und welche Wirkungen damit verbunden sind, vgl. Anm. 5—8 § 251a. — Die Vorschrift, des § 331 a gilt auch in der Berufungs- und der Revistonsinstanz (§§ 542 Abs. 1, 557). Soll in höherer Instanz ein Urteil nach Lage der Akten erfassen werden, so muß in einem früheren Termin der nämlichen Instanz der Streitstoff zum Dortrag gebracht worden sein, damit dem Gericht eine sichere Grundlage für die Beantwortung der Frage geboten ist, ob sich die Sache nunmehr ohne nochmalige Verhandlung zum Erlaffe eines die Instanz endgültig beendigenden Urteils eigne; eine (streitige) mündliche Verhandlung in einer früheren Instanz genügt nicht. W. 24,194. — Gebühren: des Gerichts § 21 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 und d. VO. v. 13./2. 24 (volle Urteilsgebühr [§ 20 Nr. 3]); des Anwalts § 16 GO. f. RA. in d. F. d. VO. v. 13./2. 24 u. § 13 Nr. 1, 2 (volle Prozeß- u. Verhandlungsgebühr für den An­ walt der die Entscheidung nach Lage der Akten beantragenden Partei).

332. (297.) Als Verhandlungstermine im Sinne der vorstehenden Para­ graphen sind auch diejenigen Termine anzusehen, auf welche die mündliche Verhandlung vertagt ist,1 oder welche zur Fortsetzung8 derselben vor oder nach dem Erlaß eines Beweisbeschlusses bestimmt finb.8

1 §§ 227, 228, 335, 337. » §§ 136, 228, 370. 8 Es kann nicht auf die Fortsetzung der Verhandlung seitens einer erschienenen Partei allein eine kontradiktorische Entscheidung erfolgen, auch wenn die Partei dies beantragt. IW. 03,65». Jedoch kann auf Antrag der erschienenen Partei eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a erlassen werden. — Eine in­ zwischen erfolgte Beweisaufnahme bleibt bei Erlassung eines Versäumnisurteils unberücksichtigt. IW. 03, es», OLG. 27, 92. Dagegen ist sie bei Erlassung einer Entscheidung nach Lage der Akten zu berücksichtigen (s. Anm. 5 § 251a, Anm. 6 § 331a). — Ist ein Termin zur Beweisaufnahme und zugleich zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumt, so kann ein Versäumnisurteil nur ergehen, nach­ dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat (§ 367); ist aber der Termin auf den Einspruch der säumigen Partei gegen ein sie betreffendes Versäumnisurteil anberaumt worden, so ist Versäumnisurteil auf Verwerftmg des Einspruchs (§ 345) ohne zuvortge Aufnahme des beschloffenen Beweises zulässig. IW. 14, 938-«. 333. (298.) Als nicht erschienen ist auch diejenige Partei anzusehen, welche in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelte 1 Vgl. Sinnt. 1 § 334 über Begriff des Verhandelns. — Als nicht verhandelnd ist auch die Partei anzusehen, die wegen Nichtzahlung des Ausländer-Dorschusses nach § 85 GKG. nicht verhandeln darf. IW. 90, 256«. Gleiches gilt von Nichtzahlung der Prozeßgebühr (§ 20 Nr. 1) nach § 74 Abs. 1, 2 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 (vgl. für die Berufungs- und die Revisionsinstanz §§ 519 Abs. 6, 554 Abs. 7). — Auch diejenige Partei, die nur einen Sachantrag verliest, ohne ihn zu begründen. OLG. 35, 8i, 37, 142. Andererseits ist daraus allein, daß eine Partei keine Anträge stellt/ nicht zu folgern, daß sie nicht verhandelt; vielmehr ist es Tatfrage, ob in dem Vorbringen einer Partei ein „Verhandeln" zu sehen ist, z. B. enthält das Vorbringen, daß sich die Parteien verglichen hätten, eine sachliche Einlassung und ist daher als ein Verhandeln anzusehen. OLG. 39,55. Vgl. auch Anm. 1 § 334. — Erklärt eine Partei nach streitiger Verhandlung, nicht weiter verhandeln zu wollen, so findet § 333 keine Anwendung. OLG. 29,182, 39, 56. — Statt eines Versäumnisurteils kann bei Nichtverhandeln einer Partei der Gegner Entscheidung nach Lage der Akten beantragen. Anm. 2 § 331a. — Verhandeln beide Teile nicht: § 251a (Entschei­ dung nach Lage der Akten oder Anberaumung eines neuen Termins oder Anord­ nung des Ruhens des Verfahrens).

334. (299.) Wenn eine Partei in dem Termin verhandelt/ sich jedoch über Tatsachen/ Urkunden8 oder Eideszuschiebungen8 nicht erklärt, so finden die Vorschriften dieses Titels keine Anwendung.8

Erster Abschn. Vers. v.d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisurteil. §§ 332—335» 437 1 § 137 Abs. 1. — Die Stellung der Anträge kann schon für sich allein ein Verhandeln zur Sache darstellen, sofern darin eine, wenn arrch unvollständige Er­ widerung auf die sachlichen Auslassungen des Gegners enthalten ist. RG. 10, 392. In der Regel aber verhandelt eine Partei zur Sache noch nicht, wenn sie lediglich Sachanträge stellt, ohne sie zu begründen. Anm. 1 § 333. Wenn daher der Rechtsmittelkläger nach dem Verlesen der Parteianträge sogleich die Vertagung beantragt und nach der Ablehnung dieses Antrags nicht weiter verhandelt, so hat eine Ver­ handlung des Rechtsmittelklägers zur Sache noch nicht stattgesupden 'und kann des­ halb gegen ihn ein Versäumnisurteil nach § 333 erlassen werden, RG. 10, 386, IW. 94, 573« (vgl. aber auch RG. 85, 8?), oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a (s. dort Anm. 2). Ueberhaupt ist, ob eine Partei verhandelt hat, nach dem Inhalt der von ihr abgegebenen Erklärungen und den sonstigen Umständen des einzelnen Fall- zu beurteilen. RG. 31, 423, OLG. 27, 115, auch Anm. 1 § 333. Bei fortgesetzter Verhandlung vor denselben Richtern ist zur Annahme, daß ein Verhandeln im Sinne des § 334 stattgefunden hat, nicht die Wiederholung der Anträge erforderlich. RG. 31, 424. — Ueber Beginn der Verhandlung zur Hauptsache vgl. Anm. 2 § 271, Anm. 1 § 274. Ueber den Begriff streitige (kontradik­ torische) Verhandlung für die Gebührenberechnung vgl. Anm. 2 § 137. 8 § 138. « §§ 439, 510. < §§ 452, 455. ® Die Folgen der unterbliebenen Erklärungen (vgl. 88 138, 427, 439, 452, 455, 510) sind in dem kontradiktorischen Urteil zu berücksichtigen.

335» (300.) Der Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten ist zurüüzuweisen:1 1. wenn die erschienene Partei die vom Gerichte wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstandes erforderte Nachweisung nicht zu beschaffen vermag;? 2. wenn die nicht erschienene Partei nicht ordnungsmäßig, insbesondere nicht rechtzeitig geladen rotxr;8 3. wenn der nicht erschienenen Partei ein tatsächliches mündliches Vor­ bringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig* mittels Schriftsatzes mit­ geteilt war.8 Wird die Verhandlung vertagt, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin zu laden.8 1 Durch die VO. v. 13./2. 24 sind zwischen „Versäumnisurteils" und „ist" die Worte „oder einer Entscheidung nach Lage der Akten" mit Rücksicht auf den durch die nämliche VO. eingestellten 8 331a eingefügt und sind ferner hinter „zurückweisen" die Worte „unbeschadet des Rechts der erschienenen Partei, die Vertagung der münd­ lichen Verhandlung zu beantragen" gestrichen. Ebenso wie ein Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils ist nun, wenn die Partei statt eines Versäumnisurteils Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a beantragt, dieser Antrag bei Vor­ liegen einer der Gründe der Nr. 1—3 des Abs. 1 zurückzuweisen. Ferner ist durch Streichung der genannten Worte das frühere Recht der erschienenen Partei, Ver­ tagung und Anberaumung eines neuen Termins zu verlangen (RG. 23, 368, auch 62, 210, Gr. 55, 1055), beseitigt. Beantragt die erschienene Partei, nachdem ein von ihr gestellter Vertagungsantrag vom Gericht abgelehnt worden ist, weder Erlassung eines Versäumnisurteils noch Erlassung einer Entscheidung nach Lage der Akten, so steht es nach §251a im Ermessen des Gerichts, eine Entscheidung nach Lage der Akten zu erlassen oder einen neuen Verhandlungstermin anzuberaumen oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Vgl. auch § 337 (Vertagung von Amtswegen in den dort bezeichneten Fällen). — Der Richter ist verpflichtet, schon vor Eintritt in die Verhandlung und vor Zulassung der erschienenen Partei zu dem Anträge auf Erlaß des Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Versäumnisverfahren überhaupt erfüllt sind, z. B. auch nach § 220, ob der Aufruf der Sache nach Eintritt der TerminSstunde erfolgt ist. W. 14, 82.

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» §§ 56, 88 Abs. 2 (Parteifähigkeit, Prozeßfähigkeit, Legitimation eine- gesetz­ lichen Vertreters, sowie Vollmacht des Prozeßbevollmächtigten tat Parteiprozeß), 341, 519b, 566, 589, 597 (Unzulässigkeit des Einspruchs, der Berufung, Revision, Wieder­ aufnahmeklage, des Urkundenprozeffes). — Dazu gehört, auch beim Ausbleiben des Klägers, der Nachweis, daß die Klage zugestellt ist. RG. 21, 376. Dieser Nachweis kann aber durch andere Beweismittel alS durch die Zustellungsurkunde geführt werden. RG. 31, 433, IW. 98, 640, OLG. 17, 819. Im Amtsgerichtsprozeß ist nach §§ 496 Abs. 1, 497 Abs. 1, 498 Abs. 1 der Nachweis aus den Akten zu entnehmen. • §§ 217, 262, 499, 520, 555, 604 Abs. 2, 3 (Ladungs- und Etnlasiungsfristen im: Landgerichts-, Amtsgerichts-, Wechselprozeß). — Jedoch kann die Partei, die den Gegner ohne Einhaltung der Ladungsfrist (8 217) geladen hat, gegenüber dem gleich­ wohl erschienenen und zur Verhandlung bereiten Gegner nicht den Einwand erheben, daß sie selbst nicht rechtzeitig geladen sei. RG. 86, uo. Dieser Unterschied zwischen ladender und geladener Partei ist für die Einlegung der Rechtsmittel (Berufung, Revision) und des Einspruchs nicht dadurch beseitigt, daß nach den Nov. v. 5./6. 05 und v. 1./6. 09 (88 340 a, 520 Abs. 1, 555 Abs. 1) bei dieser Einlegung nicht mehr eine Ladung im Parteibetriebe, sondern eine Bekanntmachung des Termins vom Amts wegen stattfindet. Daher ist gegenüber dertenigen Partei, welche Einspruch gegen ein Versäumnisurteil eingelegt hat, die Erlassung eines Versäumnisurteil- (auf Verwerfung des Einspruchs, 8 345) auf Antrag des erschienenen Gegners auch dann zulässig, wenn zwischen dem Termin und dessen Bekanntmachung von AmtS wegen die Ladungsfrist nicht eingehalten ist. RG. 86, 139. Gleiches gilt im (erstinstanzlichen) Amtsgerichtsprozeß (vgl. 8 497 Abs. 1) hinsichtlich Erlassung eines Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gegenüber dem auSgebliebenen Kläger. — War eine Ladung nicht erforderlich, wie nach § 218 (ver­ kündeter Termin), so findet Nr. 2 keine Anwendung. < §§ 132, 217, 262. RG. 88, 67. Jedoch § 262 nicht bei schon rechtshängigen Sachen. RG. 15, 392. Ueber Rechtzeitigkeit der Mitteilung im Falle der Erlassung eines Urteils nach Lage der Akten s. Anm. 5 a. E. ® Der Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) braucht natürlich nicht vorher mitgeteilt zu sein. RG. 31, 404. Wohl aber der Antrag deS Rechtsmittelklägers; der nur die Rechtsmitteleinlegung, nicht auch einen Antrag enthaltende Schriftsatz genügt nicht. RG. 88, 67. Der Mitteilung eines Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung bedarf eS nicht (wie früher), da (nun) nach § 708 Nr. 3 alle Versäumnisurteile auch ohne Antrag für vorläufig vollstreck­ bar zu erklären sind und im Falle der Erlassung eines Urteils nach Lage der Akten dieses ohne Antrag entweder gemäß § 708 oder § 709 ohne Sicherheitsleistung oder gemäß § 710 S. 1 gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist. — Ueber die notwendige Form eines zugestellten Klagenachtrages vgl. OLG. 19, los. — Die Mitteilung mittels Schriftsatzes ist nicht erforderlich, wenn der Gegner von dem Vorbringen bereit- in einer früheren Verhandlung Kenntnis erlangt hat und dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich oder dem Gericht sonstwie erinnerlich ist. OLG. 27, 95. — § 335 Nr. 3 findet auch in Ehesachen zugunsten desjenigen Ehegatten, welcher als Beklagter oder in der Berufungsinstanz als Beklagter und zugleich Berufungsbeklagter im Verhandlungstermin nicht erschienen ist, entsprechende Anwendung, wiewohl nach 8 618 Abs. 5 ein Versäumnisurteil gegen den Nichterschienenen nicht erlassen werden darf. Die ent­ sprechende Anwendung führt dahin, daß, wenn dem Beklagten (und Berufungs­ beklagten) ein tatsächliches mündliches Vorbringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig (Anm. 4) mitgeteilt war, auch ein sog. einseitig kontradiktorische- Urteil gegen den aus­ gebliebenen Beklagten nicht zu erlassen ist. RG. 88, 66. — Im Falle der Erlassung eines Urteil- nach Lage der Akten ist eine schriftsatzliche Mitteilung neuen Vorbringens der erschienenen Partei, falls darauf bereits eine Gegenerklärung von der aus­ gebliebenen Partei in einem Schriftsatz abgegeben worden ist, auch dann als rechtzeitig im Sinne des § 335 Nr. 3 zu erachten, wenn die Fristen des § 132 nicht gewahrt sind. Liegt aber eine Gegenerklärung noch nicht vor und ist das Vorbringen für die zu erlassende Entscheidung erheblich, so kann ein Urteil nach Lage der Akten nicht erlassen werden (s. Anm. 5 § 331 a).

Erster Avschtt.

Vers. v. b. Lattbger.

Dritter Titel.

DersLumUiSurteil.

§ 836.

439

« Ausnahme von §§ 218, 312 Abs. 1 (zu verkündeten Terminen Ladung der Parteien nicht erforderlich). — Diese Ausnahme und die gleiche im § 337 Satz 2 find auf andere Fälle nicht auszudehnen. Insbesondere findet Abs. 2 § 335 nur dann Anwendung, wenn das Gericht den Anttag aus Erlassung eines Versäumnis­ urteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gemäß Abs. 1 § 335 zurück­ gewiesen hat und sodann auf Antrag der erschienenen Partei vertagt worden ist (f. aber Anm. 1 darüber, daß die Partei kein Recht auf Vertagung hat). In diesem Falle muß die erschienene Partei (im Amtsgerichtsprozetz der GerichtSschreiber, § 497 Abs. 1) die nicht erschienene zu dem neuen 'Termine laden; andernfalls kann sie in diesem Termin ein Versäumnisurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten) nicht beantragen. RG. 41, 355 (vgl. jedoch 23, 369). Desgleichen ist der Aus­ nahmefall deS § 337 Satz 2 nur dann gegeben, wenn daS Gericht aus den im § 337 angegebenen Gründen die Verhandlung über den Anttag auf Erlassung deS VersäumntsurteilS (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) von AmtS wegen vertagt. RG. 41, 355. Wenn dagegen lediglich einem Anttag der erschienenen Partei auf Vertagung deS Termins stattgegeben wird, ohne daß die Voraussetzungen des § 335 oder deS § 337 vorliegen und ohne daß überhaupt ein Anttag auf Er­ lassung deS VerfäumniSurteilS (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gestellt ist (s. Anm. 1 a. E.), so ist eine Ladung zu dem neuen Termin nicht erforderlich, vielmehr kann in diesem Termin auch ohne Ladung von der früher erschienenen Partei gegen den wiederum nicht erschienenen Gegner Versäumnisurteil (oder eine Ent­ scheidung nach Lage der Akten) beanttagt werden. RG. 41, 355, Gr. 55,1054, IW. 11, 284"), OLG. 15,134, auch Anm. 3 § 218.

336. (301.) Gegen den Beschluß, durch welchen der Antrag auf Er­ lassung des Bersäumnisurteils zurückgewiesen wird,* findet sofortige Be­ schwerde statt.2 Wird der Beschluß aufgehoben, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden.2 Die Ablehnung eines Antrags aus Entscheidung nach Lage der Alten ist unanfechtbar.* 1 Aus Grund des § 835 oder aus anderen Gründen (z. B. weil der nach Unter­ brechung das Verfahren Aufnehmende, der gegen den GegnerVersäumnisutteil beantragt, zur Aufnahme nicht legitimiert sei). RG. 37, 396, 55, 310, 63, 366, OLG. 37, isi. — Die Beschwerde wegen Nichterlassung eines Versäumnisurteils hinsichtlich eines quanti­ tativen Teils deS Klaganspruchs ist unzulässig, da das Gericht über die Angemessenheit eines solchen nur auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden kann. RG. 55, 310. Da­ gegen ist Beschwerde zulässig und begründet, wenn die Erlassung eines Versäumnis­ urteils gegen einen nicht erschienenen der mehreren Beklagten, die nicht in notwendiger Stteitgenossenschaft stehen, abgelehnt worden ist. RG. 55, 310. 2 § 577. - Vgl. IW. 99, 226", 00, 470* (Beschwerde gegen Vertagung von Amts wegen, wenn die Voraussetzungen des § 335 nicht vorliegen). — Beschwerde auch, wenn für die Entscheidung unrichtig die Form deS Urteils gewählt ist, oder wenn die bezüglich eines Teils der Klagforderung ein Versäumnisurteil ablehnende Entscheidung in das im übttgen dem Klaganttage stattgebende Versäumnisurteil mit ausgenommen war. RG. 15, 391, OLG. 19,108, 37, i5i. Ist jedoch wegen eines Mangels der im § 335 Nr. 1 bezeichneten Art (nicht der Anttag auf Versäumnisurteil, sondern) die Klage durch UrteU abgewiesen, so kann dieses nicht mit Beschwerde, sondern nur mit Be­ rufung angefochten werden. OLG. 23, 177 Anm. 8 In dem Beschwerdeversahren wird der Gegner nicht gehört. Er kann Rechts­ behelfe erst gegen das etwa auf Anweisung deS Beschwerdegerichts erlassene Ver­ säumnisurteil geltend machen. RG. 37, sös. * Der Abs. 2 ist durch die VO. v. 13./2. 24 mit Rücksicht auf den durch die nämliche VO. eingestellten § 331a hinzugefügt. Nach der danach unanfechtbaren Ablehnung deS AnttagS auf Entscheidung nach Lage der Akten kann die allein er­ schienene Partei nunmehr Erlassung deS Bersäumnisurteils noch beantragen, falls sie nicht schon im voraus hilfSweise dies beantragt hat (s. Anm. 3 § 331a). Stellt sie den Anttag nicht, so ist nach § 251a Abs. 2 zu verfahren, also entweder neuer

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Verhandlungstermin anzuberaumen (mit etwaigen Maßnahmen nach § 272 b oder §279a, s. Sttim. 9 § 251 a) oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (s. Anm. 10 § 251a).

337. (302.) DaS Gericht kann von Amts wegen die Verhandlung über den Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Sitten1 vertagen, wenn es dafür hält, daß die von dem Vorsitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist? zu kurz bemessen, oder daß die Partei durch Naturereignisse oder durch andere unabwendbare Zufälle? am Erscheinen verhindert worden fei.4 Die nicht erschienene Partei ist zu dem neuen Termin zu laden? 1 Durch die VO. v. 13./2. 21 sind die Worte „oder einer Entscheidung nach Lage der Akten" mit Rücksicht auf den durch die nämliche VO. eingestellten § 331a eingesügt. Durch die Vertagung der Verhandlung über den Antrag auf Erlassung einer Entscheidung nach Lage der Akten wird dem vorgebeugt, daß nach Anberaumung eines Termins zur Verkündung eines Urteils nach Lage der Akten die ausgebliebene Partei gemäß § 251a Abs. 1 Satz 4 (f. Anm. 6 § 331a) ihr Ausbleiben aus den tut § 337 bezeichneten Gründen genügend entschuldigt und damit die Verkündung des Urteils verhindert. 2 §§ 226 Abs. 3 (Abkürzung der Fristen), 239 Abs. 3 (Ladung von Rechts­ nachfolgern), 262 Abs. 2, 499 Abs. 2 (Zustellungen im Ausland). — Ist die Frist nicht vom Vorsitzenden bestimmt, sondern die gesetzliche, so ist § 337 nicht anwendbar. OLG. 23, 177. • § 233 Abs. 1. * Aus anderen Gründen (z. B. weil die Akten nicht zur Stelle sind oder weil der Beklagte ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts und Beiordnung eines Anwalts gestellt hat) darf die Vertagung nicht erfolgen. Eventuell, wenn Versäumnis­ urteil beantragt war, (gemäß § 336 Abs. 1 zulässige) Beschwerde. IW. 99, 225", 00, 470®, OLG. 15, 268, 23,177, auch Anm. 1 § 336. ® Ausnahme von § 218. Vgl. hierüber Anm. 6 § 335. Einspruch.

338. (303.) Der Partei, gegen welche ein Bersäumnisurteil erlassen ist,1 steht gegen dasselbe? der Einspruch* zu.4 1 Nicht dem abgewiesenen Kläger im Falle des § 331 Abs. 2. 3 Auch wenn eS vom erkennenden Gericht irrtümlich für ein kontradiktorisches Urteil erklärt ist. RG. 35, 345 u. Vordem, vor § 330. — Auch lediglich der Kosten wegen. Anm. 2 § 99. 3 Ausnahmen: §§ 238 Abs. 2, 345 (kein Einspruch, wenn gegen die die Wieder­ einsetzung beantragende oder gegen die Einspruch einlegende Partei ein Versäumnis­ urteil ergeht). — Nicht Berufung: § 513 Abs. 1, Gr. 36, 887. < Der Einspruch hemmt den Eintritt der Rechtskraft, nicht die angeordnete Dollstreckung; jedoch Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig. §§ 705, 707, 719.

339. (304.) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen;* sie ist eine Not­ und beginnt mit der Zustellung des DersäumnisurteilS? Muß die Zustellung im Ausland4 oder durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Dersäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluß, welcher ohne vorgängige mündliche Verhandlung erlassen werden fatttt,6 zu bestimmen?

frist

1 Anm. 1 § 222. — Im amtSgerichllichen Verfahren und gegen einen BollstreckungSbesehl eine Woche: §§508 Abs. 2, 700. D § 223 Abs. 3. - Wiedereinsetzung: § 233 Abs. 2. 3 Die Einlegung ist schon vor der Zustellung zulässig. RG. 3, 408, 9, 421, 40, 392. — Früher war nach §§516 Abs. 2, 552 Abs. 2 Einlegung der Berufung, der Revision

Erster Abschn. Berf. v. d. Landger. Dritter Tit. Versäumnisurteil. §§ 337—340.

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vor Zustellung des Urteils unzulässig. Durch die VO. v. 13/2. 24 sind diese Vor­ schriften gestrichen, so daß nun auch die Einlegung dieser Rechtsmittel vor Zustellung des Urteils zulässig ist. < §§ 199 ff. — Ausland im Sinne des § 339 waren auch deutsche Schutzgebiete. RG. 84, 261. » § 203. « Der Beschluß ist in diesem Falle beiden Parteien von Amts wegen zuzustellen. § 329 Abs. 3 (a. M. OLG. 13, 155: nur dem Antragsteller). — Der Beschluß, der, falls die Bestimmung einer Einspruchsfrist tut Urteil übersehen ist oder sich die Notwendigkeit der öffentlichen Zustellung erst nach Erlaffung des Urteils ergibt, von Amts wegen zu erlassen ist, stellt sich als eine Ergänzung des Urteils dar. Ordnungsmäßig ist dieser Beschluß mit dem Beschlüße zu verbinden, durch den eine öffentliche Zustellung bewilligt wird. RG. 63, 84. 7 Bewilligt das Gericht die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteus (§ 204), ohne daß in dem Urteil oder in dem Beschlüße eine Einspruchsfrist bestimmt ist, so läuft die Einspruchsfrist, wenn sie nachträglich durch Beschluß bestimmt wird, erst von der Zustellung dieses Beschlusses ab. RG. 63, 82. — Die Fristbestimmung ist nicht anfechtbar, insbesondere ist sie, auch wenn sie in das Urteil ausgenommen ist, der Berufung nicht zugänglich. IW. 99, 768’, auch RG. 98, 140. — Hat der gemäß § 199 im Auslande geladene säumige Beklagte weder gemäß §§ 174, 175 einen Zustellungsbevollmüchtigten benannt, noch einen Prozeßbevollmächtigteu bestellt, so kann die Zustellung des Versäumnisurteils gemäß § 175 durch Aus« gäbe zur Post erfolgen. Diese Zustellung gilt als im Jnlande vollzogen. Deshalb wird durch sie die zweiwöchige Frist des § 339 Abs. 1 in Lauf gesetzt und ist für die Erstreckung der Frist nach Abs. 2 kein Raum. RG. 57, 33b, auch RG. 98,13s. Wenn aber in solchem Falle oder sonst trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen deS Abf S (irrtümlich) eine Frist im Versäumnisurteil bestimmt wird, so ist doch, da jede Fristbestimmung bedeutet, daß ein Urteil erlaßen ist, dessen Rechtskraft nicht nach Ablauf der gesetzlichen Einspruchsfrist von zwei Wochen, sondern nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist eintrete, das Versämnnisurteil bis zur etwaigen Zurücknahme der Anordnung als ein solches anzusehen, für das nicht die gesetzliche, sondern die besonders festgesetzte Einspruchsfrist gilt; es ist daher der Einspruch nicht verspätet, wenn er zwar nach Ablauf der gesetzlichen Einspruchsfrist, aber innerhalb der in dem Urteile bestimmten Frist eingelegt ist. RG. 98, 139. — Ueber die Frage, ob die Fristbestimmung auch gilt, wenn demnächst doch im Jnlande zugestellt wird, vgl. OLG. 13, 156, 31, 54 (bejahend).

340. (305.) Die Einlegung des Einspruchs erfolgt durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozeßgerichte.' Die Einspruchsschrift? mufc3 enthalten: 1. die Bezeichnung des Urteils, gegen welches der Einspruch gerichtet wird; 2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Einspruchs eingelegt werde3. Die Einspruchsschrift3 soll zugleich dasjenige enthalten, was zur Vor­ bereitung der Verhandlung über die Hauptsache^ erforderlich ist. 1 Früher (vor Nov. v. 1./6. 09) „durch Zustellung eines Schriftsatzes". Die jetzige Art der Einlegung durch Einreichung eines Schriftsatzes entspricht der durch die Nov. v. 1./6. 09 nunmehr für alle Rechtsmittel (§§ 518, 553, 569) einheitlich gestalteten Rechtsmitteleinlegung. Die Etnspruchsschrtst nebst Terminsbesttmmung wird nach § 340 a dem Gegner von Amts wegen zugestellt. — Im amtsgerichtlichen Verfahren kann der Einspruch nach § 496 Abs. 2 auch mündlich zu Protokoll deS Gerichtsschreibers eingelegt werden. KB. 49. — Die Schrift ist bei dem GerichtSschreiber oder der für die Annahme von Eingängen bestimmten Stelle einzureichen; die Einreichung beim Vorsitzenden des Prozeßgerichts genügt nicht. OLG. 31, 55. — Hat das Nevisionsgericht ein streitiges Urteil des Berufungsgerichts dahin adgeändert, daß durch Bersäumnisurteil entschieden wird, so ist der Einspruch gegen dieses Urteil beim Berufungsgericht (nicht beim Nevisionsgericht) einzulegen. OLG. 42,14. 2 Dor d. Nov. v. 1./6.09: „der Schriftsatz". — Telegramm genügt. OLG. 31, 70. 8 Imperativ. Anm. 2 § 70. — Beim Mangel eines der unter Nr. 1, 2 auf-

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geführten Erfordernisse ist gemäß § 341 der Einspruch von Amts wegen zu verwerfen. IW. 87, 271. 4 Der Gebrauch des Wortes „Einspruch" ist nicht erforderlich; eS genügt der Ausdruck des Willens auf Erneuerung des Verfahrens in demselben Rechtsgange. OLG. 28, 97, IW. 19, 6872. — Eine den Einspruch einschränkende Erklärung berührt weder die Zulässigkeit noch die Wirkung des Einspruchs, die darin besteht, daß kraft Gesetzes der Rechtsstreit in vollem Umfange in die Lage vor dem Eintritte der Versäumnis zurück­ versetzt wird; einer den Umfang einschränkenden Erklärung kommt nur die Bedeutung einer Ankündigung des von der Partei beabsichtigten Antrags zu (Abs. 3). IW. 16,1122«. 5 Gestrichen ist durch Nov. v. 1./6. 09 die Nr. 3: „Die Ladung des Gegners zur mündlichen Verhandlung über die Hauptsache", weil nach §340a die Terminsbestimmung und -bekanntmachung von Amts wegen erfolgt. Für das frühere Recht ist zu be­ merken: Der Gebrauch deS Wortes „Hauptsache" (Gegensatz: Zulässigkeit deS Ein­ spruchs, § 341) in der Ladung war nicht unbedingt notwendig; vielmehr war eS genügend, wenn sich sonst ergab, daß durch die Ladung eine Verhandlung zur Sache selbst bezweckt wurde. OLG. 5, 64, 66. 6 Vgl. Anm. 5 (Hauptsache). — §§ 129, 272 Abs. 2.

840 a. *Der Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache ist von Amts wegen zu bestimmen und den Parteien bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung ist der Gegenpartei die Ein­ spruchsschrift von Amts wegen zuzustellen. Die erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften foö2 die Partei mit der Einspruchsschrift einreichen. 1 § 340 a ist durch die Nov. v. 1./6. 09 etngefügt.

Vgl. Anm. 1 § 340. • Instruktionen. Anm. 2 § 70. Werden die Abschriften nicht eingereicht, so hat die- nur die Erhebung von Schreibgebühren für ihre Anfertigung durch das Gericht zur Folge. § 71 Abs. 1 GKG. in d. Fass. v. 21./12. 22.

841. (306.) Das Gericht hat von Amts roegen1 zu prüfen, ob der Ein­ spruch an sich statthaft? und ob er in der gesetzlichen Form und Friste ein­ gelegt sei. Fehlt eS an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfend 1 Auch bei Nichterscheinen deS Gegners. » Vgl. §§ 338, 345. » Vgl. §§ 339, 340. < Durch Urteil nach mündlicher Verhandlung. §§ 300 Abs. 1, 538 Nr. 1. — Vgl. §§ 508 Abs. 3, 700 (Zuständigkeit für die Entscheidung bei einer Verweisung deS Rechtsstreits an ein anderes Gericht im amtsgerichtlichen und Mahnverfahren). — Gebühren: des Gerichts früher (5/10) § 26 Str. 6 u. Abs. 2, § 32 Abs. 1 GKG. a. F., jetzt nach § 20 Nr. 3 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 volle Urteilsgebühr; des Anwalts früher (*/10) §§ 20, 27 Abs. 1 GO. f. RA., jetzt, da § 20 durch Ges. v. 18./8. 23 (RGBl. I 813) gestrichen ist, volle Vertzandlungsgebühr gemäß § 13 Nr. 2.

842. (307.) Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozeß in die Lage zurückversetzt, in welcher er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.* 1 Der Kläger kann daher, wenn das Versäumnisurteil gegen den Beklagten er­ gangen ist, die Klage über die Grenzen des Versäumnisurteils hinaus erweitern und als Berufungsbeklagter sich noch der Berufung anfchließen. — Zwischenurteile und Beweiserhebungen treten wieder in Geltung. RG. 14, 343. — Des AuSspruchS der Zulässigkeit deS Einspruchs durch Zwischenurteil bedarf es zu dieser Zurückversetzung nicht. Gr. 45, 1131, IW. 09, 419“, OLG. 37, 210 (abw. OLG. 2, 210). Deshalb kann auch schon vor dem Termin zur Verhandlung über den Einspruch eine vor Erlaß deS Versäumnisurteils (z. B. nach § 379 wegen Nichtzahlung des Vorschußes) unter­ bliebene, jetzt zulässtg gewordene Beweisaufnahme nachgeholt werden. IW. 09, 41S-«, (W. 09, 468).

348. (308.) Insoweit die Entscheidung, welche auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen

Erster Abschn. Sets. v. d. Landger. Dritter Tit. Versäumnisurteil. §g 340 ä—345

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Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, daß diese Entscheidung aufrecht zu erhalten fei.1 Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.» 1 Falls inzwischen verhandelt worden ist, kann dteS auch durch ein zweites Versäumnisurteil geschehen. Anm. 2 § 345. 8 § 717 Abs. 2 (dann Ersatz des dem Beklagten durch die Vollstreckung deS Urteils entstandenen Schadens). — Wird auf ein durch Eid bedingtes Endurteil erkannt, so ist nicht die Aufhebung des Versäumnisutteils sogleich unbedingt aus­ zusprechen, sondern die Aufrechterhaltung oder Aufhebung des Versäumnisurteils erst von der Leistung oder Weigerung deS Urteilseides abhängig zu machen. W. 20, 87.

344. (309.) Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so find die durch die Versäumnis veranlaßten Kosten,1 soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge deS Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.» 1 Nicht auch die der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil. OLG. 17, 159. — Nach OLG. 23,177 kann der Kläger, auch nachdem der Beklagte Hauptgeld und Kosten an ihn nach der Klagerhebung bezahlt hat, gegen den demnächst nicht erschienenen Beklagten Versäumnisurteil auf Auferlegung der Kosten mit Recht erwirken. Vgl. jedoch Anm. 7 § 271. — Durch die Versäumnis veranlaßte Gebühren: des Gerichts für Versäumnisurteil stüher volle Entscheidungsgebühr nach § 18 Nr. 3 GKG. a. F., jetzt nach § 20 Nr. 3 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 keine Urteils gebühr, da nicht auf Grund streitiger Verhandlung ergangen (durch Prozeßgebühr [§ 20 Nr. 1] abgegolten); des Anwalts (6/to der Verhandlungsgebühr [§ 13 Nr. 2]) §§ 16, 27 Abs. 2 GO. f. RA., vgl. RG. 44, 400. 8 Auch im Falle der nach Erlaß eines Versäumnisutteils gegen den Beklagten erfolgten Klagerücknahme deS Klägers ttotz der Vorschttft deS § 271 Abs. 3. IW. 87, 812, OLG. 17, 320, 23, 176 (a. M. OLG. 29, 100, 35, 66, sJW. 18, 315*]). — Die säumige Pattei hat die durch die Versäumnis veranlaßten Kosten auch dann zu tragen, wenn bei Erlaß deS Versäumnisutteils der Klaganspruch schon erledigt war, eS sei denn, daß die Patteien vereinbart hätten (s. unten), daß in dem anberaumten Termin nicht verhandelt oder Versäumnisutteil zur Hauptsache nicht beantragt werden sollte, und die Gegenpattei trotzdem Versäumnisurteil beanttagt hätte. OLG. 25, 106. — Ist das Versäumnisutteil ungesetzlich ergangen, sind z. B. die Vorschriften des § 335 verletzt, so müssen gemäß § 91 auch die Kosten der Versäumnis dem unterliegenden Gegner auferlegt werden. W. 24,179. Vgl. RG. 62, 208, OLG. 32,275, 33,41, 43,129. Auch wenn eine Partei Vertagung der Verhandlung beanttagt und nach Ablehnung des AnttagS gegen stch hat Versäumnisurteil ergehen lassen, kann sie nach Einlegung des Einspruchs wegen der Kosten geltend machen, daß zufolge ungerechtfertigter Ablehnung der Vertagung (gegen die eine Beschwerde nicht zulässig ist, s. Anm. 5 § 227) das Versäumnisutteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen sei. IW. 06, ns**. Ein Ver­ säumnisurteil gegen den Beklagten ist auch dann ungesetzlich ergangen und die Kosten sind dem Kläger aufzuerlegen, wenn sein Vorbringen dem § 331 Abs. 2 nicht entsprochen hatte. IW. 22,1420*. — § 344 ist nicht zwingenden Rechts und kann im Verhältnis der Patteien zueinander durch Vereinbarung abgeändett werden (f. oben); er ist auch nicht anwendbar (vielmehr nur § 98), wenn in dem über die Hauptsache geschlossenen außergettchtlichen Vergleich über die Kosten nichts abgemacht ist. OLG. 31, 55.

345. (310.) Einer Partei^ die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung1 oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Haupt­ sache verhandelt, steht gegen das Versäunwisurteil, durch welches der Ein­ spruch verworfm trnrb,» ein weiterer Einspruch» nicht zu. 1 § 340 a. — Der Fall deS § 345 liegt auch vor, wenn nach Einlegung deS Gin-

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fpruchS gegen ein Versäumnisurteil das Amtsgericht wegen Unzuständigkeit ohne münd­ liche Verhandlung den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen hat (§ 276), und dort in der ersten mündlichen Verhandlung gegen dieselbe Partei ein Versäumnisurteil ergeht. IW. 20, 49b, 21, 1319", Gr. 61, 151, W. 09, 330, (16, 295). So ist ein Verzicht auf Einlegung des Rechtsmittels z. V. zu erblicken: in der Anzeige der Partei an das Berufungsgericht, daß die Parteien sich verglichen hätten, W. 09, 330; in der Erklärung der betreffenden Partei, sie verpflichte sich, gegen das ergangene Urteil kein Rechtsmittel einzulegen, Gr. 61, 151, (W. 16, 295). — Auch vertrags­ mäßig kann nach Erlaffung eines erstinstanzlichen Urteils das Rechtsmittel der Berufung ausgeschloffen werden. RG. 36, 421, 104, 135, Gr. 61, ist, W. 15, 186, (16, 295), IW. 17, 98V. In einem solchen Vertrage kann auch eine Gegenleistung für den Verzicht vereinbart werden, und ändert dann der Umstand, daß der Verzicht ver­ tragsmäßig gegen die Uebernahme einer Gegenleistung durch die andere Pattet erfolgt, an der Wirksamkeit des Verzichts nichts. RG. 45, 329, IW. 99, 745", 17, 98V, Gr. 61,151, (W. 16, 295), auch RG. 36, 421. Ein Derzichtsverttag ist aber nicht eine Prozeßhandlung wie die einseittge Verzichtserklärung nach § 514, sondern nach materiellrechtlichen Grundsätzen zu würdigen. Er unterliegt daher nicht der freien Nachprüfung durch das Revisionsgertcht. RG. 104, 135, W. 15, 186, Anm. 5 § 661. Für ihn besteht auch in Anwaltsprozeffen (§ 78) kein Anwaltszwang. W. 15, 186 (s. unten). Ferner gilt der für die einseittge Verzichtserklärung nach § 514 geltende Grundsatz, daß der Verzicht ausdrücklich erklärt werden muß (s. oben), nicht auch für -en Derzichtsverttag. W. 15,186, IW. 17,98V. — Auch vor Erlaffung des Urteils kann auf die Einlegung des Rechtsmittels (durch ein nach bürgerlichem Recht zu beurteilendes, der Annahme seitens des Gegners bedürfendes Rechtsgeschäft) rechtswirksam verzichtet werden. RG. 12, 434, 20, 399, 36, 421, 70, eo, 102, 221, 104, 135, Gr. 32,1199, IW. 93, 25V, 96, 172", 03, B 53"i, 400», OLG. 34, 85, Anm. 1 z 545. In Ehefachen dagegen ist eine solche VerzichtSveretnbarung nicht rechtswirksam. RG. 70, 59. Wohl aber ein Verzicht nach § 614, Anm. 11 § 617, und eine Verzichtsvereinbarung

Erster Abschnitt. Berufung. § 515

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nach-Erlassung des Urteils, RG. 104, 135, IW. 17, S8i?, W. 24, — Die Zuläsfigleit der Berufung ist vor der Einrede des Verzichts zu prüfen. Gr. 48, ii3S. — Für den dem Gericht erklärten Verzicht gemäß § 514 besteht Anwaltszwang. OLG. 19, sz. Dagegen ist er formfrei, wenn er dem Gegner erklärt wird. OLG. 25, iis, vgl. auch RG. 45, 329. Der erstinstanzliche Prozeßvevollmächtigte ist sowohl dem Gegner wie dem Gericht gegenüber auch noch nach der Urteilszustellung bis zur Rechtsmittel­ einlegung zur Derztchtserklärung beftrgt. W. 24, 132. — Ist dem Gegner oder dem Gericht, bevor die Verzichtserklärung dort eingegangen ist, ein Widerruf zugegangen, so ist die Verzichtserklärung nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB. unwirksam. RG. 104,137. Nachträglicher Widerruf aber ist mindestens dann wirkungslos, wenn der Gegner nicht zustimmt. RG. 105, 355. Erfolgt jedoch der Widermf vor Ablauf der Rechts­ mittelfrist und stimmt der Gegner zu, so geht daS Rechtsmittel dem Widerrufenden nicht verloren. W. 24, 132. Anders dagegen verhalt es sich, wenn beide Parteien auf das Rechtsmittel verzichtet haben. Zufolge des beiderseittgen Verzichts hat das Urteil formale Rechtskraft erlangt, welche die Parteien nicht mehr beseitigen können. Daher ist ein nachfolgender Widerruf nicht wirksam; dies selbst dann, wenn beide Parteien sich damtt einverstanden erklärt Haven, daß die beiderseittgen Verzichtserklärungen wieder aufgehoben sein sollten. W. 24, 132. — Ueber die Frage der Anfechtbarkeit des Verzichts vgl. Vordem. 3 vor § 128.

515. (476.) Die Zurücknahme der Berufung ist ohne EinwMgung des Berufungsbeklagten nur bis zum Beginne der mündlichen Verhandlung des Berufungsbeklagten zulässig? Die Zurücknahme erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Ver­ handlung erklärt wird, durch Zustellung eines Schriftsatzes. Abschrift des­ selben ist sofort nach erfolgter Zustellung auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen. Die Zurücknahme hat den Verlust des Rechtsmittels und die Ver­ pflichtung zur Folget die durch das Rechtsmittel entstandenen Kostenb zu tragen. Auf Antrag des Gegners sind diese Wirkungen durch Urteil auszusprechen.* 1 § 515 Abs. 1 ist dem § 271 Abs. 1 (Klagezurücknahme) nachgebildet, nur fehlen die Worte „zur Hauptsache". Der Grund für die Weglassung dieser Worte ist aber lediglich, daß das angefochtene Urteil auch allein eine Entscheidung über prozeßhindernde Einreden zum Gegenstände haben kann. Verhandlung im Sinne des § 515 Abs. 1 ist daher Verhandlung des Berusungsdeklagten über das mit der Berufung angefochtene erstinstanzliche Urteil. RG. 85, 88. In dem Verlesen deS Antrags des Berufungsbeklagten (§ 137 Abs. 1) auf Zurückweisung der Berufung des Gegners ist danach (vgl. Anm. 2 § 271) noch nicht der Beginn der mündlichen Verhandlung des Berufungsbeklagten zu erblicken, so daß auch noch nach Stellung eines solchen Antrags die einseittge Zurücknahme der Berufung durch den Berufungs­ kläger zulässig ist. Vgl. RG. 85, 88, OLG. 29, 131. Die Beschränkung der Be­ rufungszurücknahme im § 515 Abs. 1 stand früher auch in Wechselbeziehung zu den 88 521, 522; nachdem der Verufungsbeklagte sich durch Erklärung der Anschließung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht der Berufung wirksam angeschlossen hatte (s. Anm. 2 § 522 a), sollte dem Berufungskläger nicht mehr gestattet sein, dem Berufungsbeklagten die dadurch erlangten prozessualen Rechte ohne dessen Einwilligung durch Zurücknahme der Berufung zu entziehen. RG. 85, 86. Dies trifft zwar jetzt nicht mehr zu, da gemäß 8 522 a die Anschließung durch Einreichung der Berufungsanschlußschrift erfolgt. Dennoch ist auch jetzt, wenn der Berufungs­ beklagte außer dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung den AnschließungSantrag verlesen hat, in der Regel anzunehmen, daß die Berufung ohne lÄnwilligung des Berufungsbeklagten nicht mehr wirksam zurückgenommen werden kann; denn in dem Verlesen deS AnschließungSantrags liegt ein Angttff gegen das erstinstanzliche Urteil und somit in der Regel (s. jedoch unten) der Beginn der Verhandlung des Berufungs­ beklagten darüber. Vgl. RG. 85,88, auch RG. 103,125 (a.M.OLG.29,i3i). — Es wird

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A. n. Zivilprozeßordnung. Drittes Buch.

Rechtsmittel.

aber dadurch, daß gegen den im ersten Termin ausgebliebenen RechtSmittelkläger auf Anttag deS Rechtsmittelbeklagten versäumnisurteil auf Zurückweisung des Rechtsmittels ergangen ist, der RechtSmtttellläger nicht gehindert, nach eingelegtem Einspruch (zufolge dessen Wirkung: §8 342, 542) das Rechtsmittel ohne Einwilligung des Rechtsmittel­ beklagten zurückzunehmen. OLG. 23, iss. Gleiches gilt, wenn der in dem ersten Termin allein erschienene Rechtsmittelbeklagte zwar neben dem Anttag auf Zurückweisung des Rechtsmittels einen Anschließungsanttag verliest, aber dann (nicht Erlassung des dem Anschließungsanttag entsprechenden Versäumnisurteils beantragt, sondern) sofort Vertagung beanttagt, da unter diesen Umständen die Erklärungen des Rechtsmittel­ beklagten nicht einen Beginn der mündlichen Verhandlung deS Rechtsmittelbeklagten im Sinne deS § 515 Abs. 1 enthalten. RG. 103, 124. — Eine Zurücknahme der Berufung, die nach dem Beginne der mündlichen Verhandlung deS Berufungsbeklagten ohne dessen Einwilligung erfolgt, ist unwirksam. Sie kann also durch Wiederaufnahme der fallen gelassenen Anträge wieder rückgängig gemacht werden. W 22,129. — Die Einwilligung kann aber auch durch schlüssige Handlungen erklärt werden. W. 22,129. » Vgl. jedoch hinsichtlich der Zurücknahme des Rechtsmittels settenS eines der notwendigen Stteitgenoffen Anm. 3 § 516. — Die Zurücknahme des Rechtsmittels steht in ihrer Wirkung nicht unbedingt gleich dem in § 514 behandelten Verzicht auf daS Recht der Berufung, so daß eine Wiederaufnahme des Rechtsmittels auch innerhalb der Notfrist stets ausgeschlossen wäre. Es ist auch eine auf das eingelegte Rechtsmtttel beschränkte, unter Vorbehalt der Erneuerung erklärte Zurücknahme unter der Voraussetzung zulässig, daß die Beschränkung für das Gettcht und den Gegner erkennbar hervorttitt. Ein solcher Vorbehalt braucht bei der Zurücknahme nicht ausdrücklich erklärt zu werden; es genügt, wenn der Wille des Zurücknehmenden nach den begleitenden Umständen des Falles für den Gegner und das Gettcht zweifelsfrei ersichtlich ist. RG. 96, isg, auch 9, 420, 102, 365. Ist aber in dem Zeit­ punkt, in dem die Zurücknahme wirksam wird (nämlich, falls sie nicht in der münd­ lichen Verhandlung erklärt wird, in dem Zeitpunkt der Zustellung eines Schttstsatzes darüber an den Gegner), dem Gegner (oder seinem Prozeßbevollmächtigten, an den die Zustellung erfolgt) ein Vorbehalt der Erneuerung nicht erkennbar, so ist daS dem­ nächst erneut (sei es auch noch innerhalb der Rechtsmittelfttst) eingelegte Rechts­ mittel unzulässig. W. 21, 24. Vgl. im übrigen hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit deS Rechtsmittels im Falle seiner wiederholten Einlegung Anm. 1 § 535. — Früher fand, wenn gegenüber dem in der BerufungSschrist angekündigten Anttag in der münd­ lichen Verhandlung ein dem Gegenstände nach beschränkter Anttag gestellt wurde, Abs. 3 keine Anwendung. OLG. 11, 88 (a. M. 25, 120). ES waren in diesem Falle nur die durch die Ankündigung entstandenen Mehrkosten an Prozeßgebühren der Anwätte und die für teilweise Zurücknahme begründete Gettchtsgebühr bei der Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelinstanz in Bettacht zu ziehen. RG. 17, 374, 25, sso. DaS gleiche gatt bei teilweiser Zurücknahme der Berufung. RG. 7, s?o, 71, 17, IW. 02, 633“. Nach §519 in d. F. d. VQ. v. 13./2. 24 ist jetzt der Berufungsantrag ein wesentliches Erfordernis der Berufungsbegründungsschrift ebenso, wie der Revisionsanttag ein wesentliches Erfordernis der Revisionsbegrünvungsschttft ist. Deshalb gill bei teilweiser Zurücknahme der Berufung nun das in Anm. 2 § 566 bezüglich teilweiser Zurücknahme der Revision Bemertte entsprechend und ist daher auf Anttag der Berufungskläger gemäß Abs. 3 des Rechtsmittels bezüglich des zurückgenommeuen Teils für verlustig zu erklären. » Gebühren: deS Gerichts früher (i/10) § 46 GKG. a. F., jetzt § 30 S. 2 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 u. d. DO. v. 13./2. 24 (Prozetzgebühr [§ä 20 Nr. 1, 28] zu Via- wenn die Zurücknahme der Berufung vor Bestimmung des Termins zur münd­ lichen Verhandlung erfolgt; anderenfalls keine Ermäßigung); deS Anwalts (1) § 13 Nr. 1 GO. f. RA. * Auf diesen Ausspruch hat der RechtSmittelbeklagte ein unbedingtes Recht, IW. 93, 19=5 00, 71«, 04, 865», selbst dann: wenn der RechtSmtttellläger nach Zurück­ nahme des Rechtsmittels dem angefochtenen Urttil genügt, IW. 93,19», auch, wenn er die biShettgen Kosten der Rechtsmittelinstanz beglichen hat, Gr. 44, hss, (IW. 00, 71*), ferner wenn er „wegen Vergleichs" daS Rechtsmittel zurückzunehmen erklärt und der Rechtsmittelbeklagte den Abschluß eines Vergleichs bestreitet, RG. 68, 166,

Erster Abschnitt» Berufung. § 516

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IW. 04, 866», OLG. 40,373 (f. jedoch OLG. 15,88, iso). — Zu berücksichtigen aber ist gegenüber dem Antrag aus Abs. 3 S. 2 die eingewendete Vereinbarung, daß der Rechts­ mittelgegner den Anttag auf Verlustigerklärung nicht stellen soll. IW. 02, iss1». Auch ist der Einwand des Vergleichs zuzulassen und der etwaige Streit über den Inhalt der Abrede (nöttgensallS durch eine Beweisaufnahme) zu klären, wenn der Vergleich nur noch prozesiuale Bedeutung hat, nämlich, die nach der Berufungszurücknahme verbleibende Rechtshängigkeit zu beseittgen (z. B. wenn nach Inhalt des Vergleichs die Entscheidung zur Hauptsache bestehen bleiben soll, oder wenn die Hauptsache durch Erfüllung oder in anderer Weise erledigt ist, und nur noch wegen der Folgen der Zurücknahme Streit besteht), OLG. 29, 133, oder wenn der Vergleich die Kosten allein betrifft, OLG. 25,121. — Jedoch einseitig widerruflich ist die Zurücknahme nicht, ebensowenig wegen Irrtumanfechtbar, da sie rein prozessualer, nicht auch materiellrechtlicher Natur ist. RG. 81, i?s, W. 14, 2, OLG. 17, hi, 19,121, 31, § 584, 943 [im Wiederaufnahme-, im Arrestverfahrens) erlaffenen (z. B. bei Bestätigung einer vom Berufungsgettcht gemäß § 943 Abs. 1 erlassenen einstweiligen Verfügung, bei der Entscheidung über den Anttag auf Aufhebung eines vom Berufungsgericht ange­ ordneten Arrestes wegen Aenderung der Umstände gemäß § 927), RG. 5, 430, 50, 842, IW. 97, 420«, 02,22«, 10, 153«, sowie gegen ihre Urteile in der Beschwerdeinstanz (z. B. auf eine Beschwerde über Zurückweisung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung nach angeordneter mündlicher Verhandlung), RG. 52, 270, IW. 03, 386«. Nach dem durch die Nov. v. 22./5. 1910 hinzugefügten Abs. 2, der die Zulässigkeit der Revision gegen Entscheidungen in Arrestv erfahren und in Verfahren, betreffend einstweilige Verfügungen, überhaupt auöschließt, sind jedoch jetzt die vorgenannten Entscheidungen, soweit sie Arreste oder einstweilige Verfügungen betreffen, mit der Revision nicht mehr anfechtbar. — Letzteres gilt auch dann, wenn im Widerspruchsverfahren gegen einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung die Berufung als unzulässig verworfen ist; § 547 Nr. 1 ist hier zufolge der allgemeinen Vorschrift des § 545 Abs. 2 nicht anwendbar. RG. 74, 366. — Ueber Jrrevisibilität im Falle deS § 10 vgl. dort Anm. 1. • Anm. 2 § 511 (Begriff der Endurteile). — Endurieile find auch die Urteile: die auf Grund der §§ 538, 539 die Zurückverweisung in die 1. Inst, aussprechen, RG. 17, 8ß9, 24, 431; wodurch der Eintritt eines Dritten in den Rechtsstreit abge­ wiesen ist, Gr. 49, 662. Ist aber ein Anspruch in 1. Instanz durch Zwischenurteil dem Grunde nach für gerechtferttgt erklärt (§ 304) und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, so kann der Klüger nicht deswegen, weil die Begründung des Berufungs­ urteils eine Einschränkung des Anspruchs enthält, zulässig Revision gegen das Berufungsuttetl einlegen, da eine (der Rechtskraft fähige) Entscheidung (ein Endurteil) über die Einschränkung nicht ergangen ist. RG. 93, 156. — Ueber die Grenzen, in denen ein Läuterungsurteil der Revision zugängig ist, vgl. W. 08, 26g. — Ueber daS Erfordernis der Beschwerung des RevisionöklägerS durch die Entscheidung deS Be­ rufungsgerichts gilt bas in Anm. 3 § 511 für die Berufung Bemerkte entsprechend.

608

A. II.

Zivilprozeßordnung.

Drittes Buch.

Rechtsmittel.

546. (508.) In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche1 Ansprüche ist die Zulässigkeit der Revision durch einen 2ßertla deS BeschwerdegegenstandeS^ bedingt*, der den vom ReichSminister der Justiz nach An­ hörung eines Ausschusses deS Reichstags mit Zustimmung deS ReichSratS festzusetzenden Betrag übersteigt. In betreff des Werts des Beschwerdegegenstandes kommen die Vor­ schriften der §§ 3—9* zur Anwendung.

Der Revifionskläger hat diesen Wert glaubhaft zu machen;* zur Ver­ sicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassm werden.* 1 Bei anderen alS vermögensrechtlichen Rechtsstreitigketten findet die Revision stets statt. Vgl. jedoch Anm. 1 § 549 über Beschränkung der Revision in Ehesachen durch Art. I § 2 VO. v. 15./1. 24 bis zum 31./12. 25. — Für die Frage, ob eine RechtSstreittgkeit über einen verm'ögensrechllichen Anspruch vorliegt, ist die Natur desjenigen Rechts, für das die Klagepartei richterlichen Schutz verlangt, maßgebend; ist dieses ein Vermögensrecht, so ist es hinsichtlich der Anwendung des § 546 ALs. 1 einflußlos, wenn der Beklagte gellend macht, er habe die Eingriffe in daS Nägerische Recht zur Wahrung von Interessen nicht vermögensrechtlicher Natur vorgenouunen (z. B. Boykottierung einer Bierbrauerei). RG. 61, so, IW. 08, 456», 09, 499», (W. 08, 433, 09, 524). — Richt vermögensrechtliche Ansprüche find solche, die nicht auf eine Leistung in Geld oder Geldeswert hinauslaufen, namentlich Familien- und Standesverhältniffe, Ehrenrechte und Ehesachen betreffen. RG. 40, 412, IW. 00, 797. — Dermögensrechtliche Ansprüche find zunächst alle Ansprüche aus Rechtsverhältniffen, die aus Vermögensrechten abgeleitet werden; sodann aber auch Ansprüche aus nicht vermögensrechtlichen Verhältniffen, sofern sie eine Vermögenswerte Leistung zum Gegenstände haben. RG. 88, 333, IW. 00, 853». Dazu gehören auch Ansprüche: des Schriftstellers aus einem Verlagsvertrage gegen den Verleger, IW. 04, 891»; auf Unterhalt aus einem Familien- oder Eheverhaltniffe, IW. 00, 853°; gegen den Ehemann auf Leistung eines ProzeßkostenvorschuffeS für die Ehefrau im Laufe deS Ehefcheidungsprozeffes (vgl. Anm. 4 § 627), IW. 00, 853°; des Kaufmanns auf den ungestörten Gebrauch seiner Firma, IW. 01, 6527; des Handlungsgehilfen auf Erteilung eines Führungszeugniffes, IW. 02, 362“; auf Grund der §§ 3, 13, 14 Ges. gegen d. unl. Wettvew. v. 7./6. 09 (RGBl. 499), RG. 40, 412, IW. 99, 311»; auf Rückgängigmachung eines vom Konkursverwalter abge­ schloffenen Rechtsgeschäfts, IW. 99, 701»; auf eine bestimmte angeblich gekaufte Grabstelle, IW. 90, iso», vgl. Gr. 32, 885 (s. jedoch RG. 12, 280); auf Aufhebung einer gegen den Kläger verhängten Sperre und Aushändigung eines Handscheins, IW. 09, 499», (W. 09, 624). — Dagegen liegen kettle vermögenSrechlliche Ansprüche vor, wenn es sich z. B. handell: darum, oh einer Ehefrau während des Ehescheidungsprozeffes das Getrenntleben von ihrem Ehemanne zu gestatten ist, sei es auch, daß damtt vermögensrechtliche Ansprüche auf Zahlung von Alimenten und Herausgabe von Sachen als Nebenansprüche verbunden sind, RG. 46,382, IW. 00,797; um Geltendmachung eines Namensrechts, IW. 99,574»; um einen Anspruch auf Widerruf einer üblen Nachrede und Veröffentlichung einer Abbttte, W. 14,159; um einen Streit über die Art der Bestattung einer Leiche zwischen einem Angehörigen des Verstorbenen und demjenigen, dem durch letztwillige Verfügung die Bestattung auf­ gegeben ist, W. 12, 819; um die Anfechtung eines Beschluffes auf Ausschließung eines Mitgliedes aus einem Vereine, IW. 97, 134», 00, 417», sofern der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 21 BGB.), insbesondere nicht auf Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinns für den Verein gerichtet ist, mag es dem Verein auch darum zu tun sein, seine Mitglieder in chrer wirtschaftlichen Berufstättgkeit zu fördern, RG. 88,332. — Dagegen handelt es sich wiederum um einen vermögensrechtlichen Anspruch, wenn der Kläger die Feststellung begehrt, daß seine Ausschließung aus einer eingetragenen Genoffenschast und seine Absetzung als Vorstandsmitglied einer solchen ungerechtfertigt sei; denn eine Genoffenschaft bezweckt (§ 1 GenGes.) die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mttglieder,

Zweiter Abschnitt.

Revision.

§546.

609

und gehört daher das Rechtsverhältnis, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird, dem Vermögensrecht an. RG. 89, 337, W. 08, 176, IW. 16, ss?»-. — Sind dermögenSrechtliche Ansprüche zugleich mit solchen nicht vermögensrechtlichen Ansprüchen Streitgegenstand, die jene erst begründen, so kommt es, wenn die Entscheidung in beiden Richtungen durch Revision angefochten wird, für die Zulässigkeit der Revision in Ansehung auch der vermögensrechtlichen Ansprüche nicht darauf an, daß diese die Revistonssumme erreichen, IW. 00, 853», 02,93«, es sei denn, daß die nicht vermögens­ rechtlichen Ansprüche bereits in der Vorinstanz ihre Erledigung gefunden haben, IW. 00, 853».

la Durch das Ges. z. weiteren Entlastung der Gerichte v. 8./7. 22 war die Revistonssumme, die zuerst 1600 M., dann nach der Nov. v. 5./6. 05 2500 M., demnächst nach der Nov. v. 22J5.10 4000 M. betrug, auf 20000 M. erhöht worden. Nach mehreren weiteren Änderungen durch Ges. v. 27./3. 23 (500000 M.), DO. v. 23./7. 23 (5000000 M.), DO. v. 15./9. 23 (eine Milliarde M.), DO. v. 30./10. 23 (1500 M., vervielfältigt mit der jeweiligen Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten) ist die Revistonssumme schließlich durch Art. I der weiteren DO. z. Entlastung der Gerichte usw. v. 13./12. 23 (RGBl. I 1186) auf 1800 Goldmark festgesetzt worden. Durch die DO. v. 13./2» 24 ist sodann als der die Zulässigkeit der Revision bedingende Wert des Beschwerdegegenstandes in § 546 der Wert eingestellt, „der den vom Reichsminister der Justiz nach Anhörung eines Ausschusses des Reichstages mit Zustimmung des Reichsrats festzusetzenden Betrag übersteigt". Auf Grund dieser Bestimmung ist demnächst in der Bek. des Textes der ZPO. v. 13./5. 24 (RGBl. I 437) zugleich bestimmt, daß die im § 546 Abs. 1 vorgesehene Wertgrenze gemäß der in der genannten BO. v. 13./12. 23 erfolgten Festsetzung bis aus weiteres 1800 Gold­ mark beträgt. — Nach Art. IV Abs. 1, 2 der VO. v. 13./12. 23 ist der Wert des Beschwerdegegenstandes in Gold festzusetzen und bestimmt sich bei Ansprüchen, die eine in Reichswährung bestimmte Geldsumme betreffen, der Wert des Beschwerde­ gegenstandes nach dem Umrechnungssatze (Art. H Abs. 4) im Zeitpunkt der Ein­ legung des Rechtsmittels, und nach Art. II Abs. 4 der VO. ist für die Umrechnung der vom Reichsminister der Finanzen bekanntgegebene Geldumrechnungssatz (§ 2 der Durchführungsbestimmungen zur Aufwertungs-VO. v. 13./10. 23, RGBl. I 951) maßgebend. Der Reichsminister der Justiz ist ermächtigt, einen anderen Umrechnungssatz zu bestimmen. — Die Aenderungen der Revistonssumme gelten auch für daS Verfahren in Auseinandersetzungsangelegenheiten nach dem PreußGes. v. 10./10. 99, wiewohl die Änderungen erst nach Inkrafttreten des letzteren Ges., das hin­ sichtlich deSVerfahrens auf dieZPO. verweist, eingetreten sind. W. 13, 264, (FW. 13,606»). — Hat der in 2. wie in 1. Instanz abgewiesene Kläger zwar in 2. Instanz unter Er­ weiterung des erstinstanzlichen Anspruchs Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines die Revistonssumme übersteigenden Betrags beantragt und diesen Antrag auch in der Revistonsinstanz aufrechterhalten, ergibt sich aber aus der Sachdarstellung des Klägers selbst, daß die geltend gemachte Höhe des Anspruchs in bewußtem Widerspruch mit der Wirklichkeit steht und der Anspruch der Höhe nach in Wahrheit die Revisionssumme nicht erreicht, so ist die Revistonssumme als nicht gegeben zu erachten. RG. 97, 85.

2 Maßgebend für die Frage des Vorhandenseins der Revistonssumme ist in der Regel daS Interesse des RevistonsklägerS an dem Erfolge seiner Revision, auch wenn er in 1. Instanz Beklagter war. § 3 Anm. 1 am Ende. Jedoch darf, wenn der Beklagte Reviflonskläger ist, sein Interesse nicht über daS den Wert des Streitgegen­ standes bildende Jntereffe des Klägers hinaus Berücksichtigung finden, weil bas Be­ gehren jeder beklagten Partei, die nicht Widerklage erhoben hat, nicht auf Durch­ setzung eines eigenen Anspruchs, sondern nur auf Abwehr des Klaganspruchs, ganz oder zum Teil, gerichtet ist und sie sich nur darüber beschweren kann, daß die Klage auf den Streitgegenstand nicht in demselben Umfange, wie sie beantragt hatte, abgewiesen worden ist, mithin der Gegenstand ihrer Beschwerde als RechtSmtttelklägerin im Einzelfalle zwar einen geringeren, nie aber einen größeren Umfang als der Streitgegenstand der Klage haben kann. RG. 47, 420, 63, 99, 93,128, IW. 94, 5421, 95, 181», 5371, 96, 11, 74», 97, 57”, 287®, 02, 269a, 3621», 391«, 03, 261», 180«, 06, Zivilprozeßordnung. 18. Auf!.

39

610 476«,

A. II.

07, 84»,

Zivilprozeßordnung. Dritte- Buch. Rechtsmittel.

14, 543«, Gr. 46, 1145, W. 08, 540, 661, 09, 41, 11, 210, 300, 16, 57,

17,184, 18,149 (Ausnahme im Falle der Rechtsstreitigkeit über eine Grunddienst­ barkeit: Anm. 4 hier). Will Beklagter sich die nach seinem Interesse zu bemessende Revistonssumme sichern, so muß er, soweit es zulässig ist (§ 33), Widerklage erheben. RG. 47, 424, W. 11, 300. — Ueberhaupt kann sich der Beschwerdegegenstand zwar mit dem Streitgegenstände decken oder kleiner sein; niemals aber kann er den letzteren übersteigen. RG. 47, 420, 63, 99, Gr. 60,1030, auch IW. 01, 717% 17, 721-0. Wenn der RevistonSkläger mit seiner negativen Feststellungsklage abgewiesen ist, deckt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes mit dem Werte des Streitgegenstandes (der sich nach dem Betrage des Anspruches richtet, besten sich der Beklagte berühmt hat und besten Nichtvorhandensein zur richterlichen Anerkennung zu bringen die Klage bezweckt, RG. 12, 361, 71, 69, IW. 06, 755-'. Anm. 1 § 3); denn sein Reoistonsantrag will gleich ben von ihm in den Dortnstanzen gestellten Anträgen erreichen, daß dem Beklagten der von ihm behauptete Anspruch abgesprochen wird. RG. 71, 69. — Maßgebend für die Bemestung des Beschwerdegegenstandes sind lediglich die RevifionSanträge. IW. 05, 899». Wenn die Revision sich auf etnett Prinzipalen und einen eventuellen Anspruch erstreckt, richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem höheren Betrage des einen oder anderen Anspruchs. RG. 16, 342, IW. 02, 130», W. 08,153, Anm. 1 §3. — Ist ein Anspruch auf mehrere Klagegründe, die hinsichtlich des Streit­ wert- eine verschiedene Bemestung erforderten, ursprünglich gestützt, die Revision aber nur bezüglich eines der Klagegründe gerechtfertigt worden, so kommt für die Bemestung des Wertes des Beschwerdegegenstandes lediglich dieser Klagegrund in Be­ tracht, vgl. W. 17, 67. — Haben von mehreren Streitgenoffen (notwendigen oder nicht notwendigen) nur einzelne Revision eingelegt, so ist lediglich das Jntereste der letzteren für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes maßgebend. IW. 98, 460% 99, 432% auch 99,700». Haben aber mehrere Streitgenosten, die in einer Gesamthöhe von mehr als der Revisionssumme verurteilt worden sind, gemein­ schaftlich Revision eingelegt, so ist diese hinsichtlich aller zulässig, auch wenn die einzelnen Beschwerden verschiedene Ansprüche betreffen, Anm. 4 hier („Entsprechende Anwendung des § 5"), und sie wird auch durch eine Unterbrechung des Verfahrens gegen einen Streitgenosten (z. B. zufolge Konkurseröffnung) nicht unzulässig hinsichtlich des anderen, wenngleich besten Beschwerdegegenstand die Revisionssumme nicht er­ reicht, RG. 41, 414, auch IW. 97, 420». — Hat ein Nebenintervenient Revision ein­ gelegt, so ist nicht sein Jntereste, sondern das der von ihm unterstützten Partei maß­ gebend. IW. 00, 48’. — In einem Zwischenzeit über die Verpflichtung zur Stellung einer Sicherheit für die Prozeßkosten richtet sich der Beschwerdegegenstand nach dem Werte des Streitgegenstandes der Hauptsache. RG. 40, 416. — Mehrere durch Ge­ richtsbeschluß (§ 147) verbundene, bis zur Beendigung der Instanz verbunden ge­ bliebene Prozeffe gelten für die Berechnung der Revistonssumme als ein Prozeß. Anm. 4. — Ueber Zusammenrechnung des Gegenstandes der Klage und der Wider« klage s. Anm,4. — Bei vorgängiger Erlassung eines TeUurteils ist die Revision gegen das Schlußurteil in Ansehung derjenigen Kosten, die zu der in jenem Teilurteil entschiedenen Hauptsache gehören, dann schlechthin zulässig, wenn nur auch gegen das fragliche Teilurteil in zulässiger Weise von derselben Partei Revision eingelegt wird. Anm. 3 § 301. In gleicher Weise ist auch gegen die in einem Ergänzungsurteil (§ 321) enthaltene Kostenentscheidung ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes die Revision insoweit, als die fraglichen Kosten zur Hauptsache gehören, über die tn dem ergänzten Urteil entschieden ist, dann zulässig, wenn auch gegen das letztere Urteil von derselben Partei in zulässiger Weise Revision eingelegt ist oder eingelegt wird. Anm. 8 § 321. Hinsichtlich Zulässigkeit der Revision gegen die Sach­ entscheidungen im Schlußurteil bzw. Ergänzungsurteil aber vgl. Anm. 3. — Unerheblich ist es für die Frage der Zulässigkeit der Revision, ob im Rechtszuge der Berufung ein neuer Anspruch nur deshalb (unstatthafterwetse, § 529 Abs. 4) erhoben ist, um künstlich die Ltevifionssumme zu schaffen. W. 09, 84. 8 Ist nur ein Teil eines Anspruchs geltend gemacht, so muß dieser Teil die Revistonssumme erreichen. IW. 96, 248»% 98, 109% W. 08, 421. Eine gegen ben

ganzen Anspruch zur Aufrechnung gestellte, etwa die Revistonssumme erreichende Gegenforderung, die bei Zuerkennung des Teilanspruchs zurückgewiesen ist, bleibt

Zweiter Abschnitt. Revision. §546

611

außer Bettacht. RG. 49, 403. DaS gleiche gilt im Falle der Erlaffung von Teilurteilen für jedes Urteil, auch das Schlußurteil; der Wert der gegen diese mehreren

Urteile eingelegten Revisionsbeschwerden ist nicht zusammenzurechnen. RG. 13, 852, 17, 47, Gr. 55, 662, IW. 88, 98«, 89, 423», 96, 357», 97, 305», 98, 474», vgl. Anm. 3 § 301. Hat aber das Schlußurteil gegenüber dem Teilurteil nur akzessorischen Charakter (ist 8. B. durch das Teilurteil die Klage abgewiesen und durch das Schlußurteil nur noch auf Rückzahlung des auf Grund eines verurteilenden erstinstanzlichen Urteils eingezogenen Bettages und über die Kosten erkannt), so ist auch gegen daS Schluß­ urteil, selbst wenn sein Stteitwert die Revisionssumme nicht erreicht, die Revision zulässig. IW. 98, 261«. Hinsichtlich der Anfechtung der Kostenentscheidung im Schluß­ urteil vgl. Anm. 2 hier und Anm. 3 § 301. Auch findet eine Zusammenrechnung dann statt, wenn das eine Urteil zwar Teilurteil genannt, tatsächlich aber ein Zwischen­ urteil ist. RG. 6, 421, 7, 435, 8, 863, IW. 97, 304». Ein mit einem Teilurteil ver­ bundenes Zwischenurteil gemäß § 303 bleibt für die Revifion gegen daS Teilurteil aber außer Bettacht. W. 08, 95. — Ein Ergänzungsurteil (§ 321) steht zum Haupt­ urteil in dem nämlichen Derhältnifle wie ein Teilurteil zum Schlußurteil. ES ist ein ganz selbständiges Urteil, in Ansehung dessen, wenn es mit der Revision angefochten wird, die Revifionssumme besonders gegeben sein muß. W. 09, 254, Anm. 8 § 321. Dgl. aber hinsichtlich der Kosten Anm. 2 hier und Anm. 8 § 321. — Ist eine Ent­ scheidung hinsichtlich mehrerer selbständiger Ansprüche angefochten, liegt aber nur hinstchtlich eines Anspruchs ein durch Rechtsmittel anfechtbares Urteil vor, so muß der Stteitwert dieses Anspruchs allein die Revifionssumme erreichen. RG. 42, 857. Insbesondere find, wenn in dem mit der Revifion angefochtenen Urteile über mehrere selbständige Ansprüche zuungunsten deS RevifionSklägers erkannt worden ist, bei Be­ rechnung der Revifionssumme diejenigen Ansprüche nicht zu berücksichtigen, hinsichtlich deren die Revision nicht gemäß § 554 begründet worden ist oder die Revision über­ haupt unzulässig war. RG. 62, is, 66, iso, 325. — Ferner kann dadurch, daß ein RevisionSanttag über die Grenzen des durch die Revision angefochtenen Urteils hinaus gestellt wird, daS Erfordernis der Revisionssumme nicht erfüllt werden. RG. 47, 422, IW. 06, 202--. — Ein zwischen den Parteien in der Dortnstanz gettoffenes, den Stteitwert minderndes Abkommen ist, toetttt die Parteien dem Gericht hiervon keine Mitteilung gemacht, auch die Anttäge nicht geändert Haven, hinsichtlich der Berech­ nung der Revisionssumme sowie des Streitwertes überhaupt nicht zu berückstchttgen. IW. 98, 261». — Hinsichtlich der Frage, ob die Zulässigkeit des Rechtsmittels sich nach dem Zeitpunkte der Einlegung der Revision oder nach der Sachlage zur Zeit der mündlichen Verhandlung bestimmt, vgl. Anm. 4 („Entsprechende Anwendung deS § 4"). — Die Revision ist unzulässig, wenn zwar in dem Anträge mehr als die Revisionssumme gefordert ist, die zu dessen Begründung aufgestellte Rechnung aber einen unter der Revisionssumme verbleibenden Bettag ergibt. RG. 34, 417, vgl. Anm. 2. — Ist die Revifion aus Grund des § 546 mangels Vorliegens der Revisionssumme nicht zuläsfig, dagegen nach § 547, so ist die Prüfung des angefochtenen Urteils auf die letzteren RevistonSgründe zu beschränken. Anm. 1 § 547. — Ueber die Revifion wegen Unzuständigkeit deS Gerichts vgl. Anm. 2 § 547. — Allgemeine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision ist, daß der Revisionskläger durch das Vorderurteil wenigstens formell beschwert ist. Vgl hierüber und über die Ausnahmen die auf die Berufung bezüglichen Bemerkungen in Anm. 3 § 511, die auch für die Revision gelten. — Aus ihnen ergibt sich, daß, wenn die Klage in der Berufungsinstanz lediglich deswegen abgewiesen ist, weil die (an sich für begründet erachtete) Klageforderung durch eine vom Beklagten nur eventuell (b. i. nur für den Fall, daß der Klaganspruch für begründet erachtet werden sollte und er zur Leistung verurteilt werden würde) zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung gettlgt sei, dem Beklagten gegen daS Berufungsurteil die Revifion zusteht, sofern die sonstigen Erfordernisse der Revision gegeben sind. RG. 78, 401, Gr. 59, 921, (W. 15, ios). Ist der Klage zu einem Teil stattgegeben und der andere Teil lediglich wegen der eventuellen Aufrechnung ab. gewiesen, so ist für die Revision des Beklagten, wenn sie die Entscheidung bezüglich beider Teile zugleich angreift, die Revisionssumme vorhanden, sofern diese die beiden Teile zusammen erreichen, mag auch der eine oder der andere Teil für fich allein die Revifionssumme nicht ausmachen. RG. 78, 401.

612

A. II. Zivilprozeßordnung. Drittes Buch. Rechtsmittel.

* Und deS § 148 KO. RG. 10, es. — § 10 (früher § 9a) GKG. in d. F. v. 21./12. 22 dagegen betrifft nur die Bestimmung des der Berechnung -er Gebühren (z. B. bei Unierhaltsansprüchen) zugrunde zu legenden Stteitwertes; auf die Be­ rechnung der Revistonssumme findet er nicht Anwendung. IW. 00, 413', 03, 27«, 07, 80», 08, 13», auch Anm. 5 § 9 ZPO. — Der Wert des DeschwerdegegenstandeS kann niemals den Wert deS Streitgegenstandes übersteigen, für den zunächst der mtt der Klage erhobene Anspruch, also daS Jntereffe deS Klägers, maßgebend ist. Amn. 2. Dgl. über Streitwert der höheren Instanzen tat allgemeinen Anm. 1 §3 a. E. Entsprechende Anwendung deS § 4: Aus dieser Anwendung folgt, dass sich die Berechnung deS Wertes deS Beschwerdegegenstandes und damit die Zulässigkeit der Revision, soweit eS auf diesen Wert ankommt, nach dem Zeitpunkt der RevifionSeinlegung bestimmt, RG. 15, 407, 39, 395, 76, 294, IW. 00, 437», 05, ne»», Gr. 56, 1066, 60, 1029. Früher mit der Maßgabe jedoch, daß, wenn der Wert (z. B. der herauSzugebenden Sache) sich nach der Klagerhebung erhöht hatte, nicht der Wert zur Zeit der Revisionseinlegung, sondern der zur Zeit der Klagerhebung maßgebend war, weil (s. Anm. 2) der Wert deS Beschwerdegegenstandes niemals höher als der Stteitwert zur Zeit der Klagerhebung sein konnte, RG. 98, 87, W. 18, 149, 20, 24, 69; daher blieb sowohl eine nach der Klagerhedung bis zur Revisionseinlegung als auch eine nach der RevifionSeinlegung etwa einttetende Steigerung des Wertes deS Streitgegen­ standes, wodurch die nach dem Wette zur Zeit der Klagerhebung (Revisionseinlegung) nicht vorhandene Revistonssumme erst erreicht wurde, außer Betracht, IW. 05, ne«, W. 18,149; Voraussetzung für die Maßgeblichkeit deS Wertes zur Zeit der Klage­ erhebung war, daß der Streitgegenstand selbst sich in der Zwischenzeit bis zur Revisions­ einlegung nicht geändert, daß insbesondere die ursprünglich gefordette Leistung nicht inzwischen in ihrer Menge oder ihrem Umfange zugenommen oder abgenommen hatte, RG. 97, 87, s. unten; eine Veränderung des Stteitgegenstandes lag aber nicht vor, wenn eine Geldsumme in ausländischer Währung eingeklagt war und in der Zwischenzeit bis zur Revisionseinlegung sich der Stand der fremden Valuta erhöht hatte, der Wett deS Beschwerdegegenstandes bestimmte sich daher nach dem Kursstände zur Zeit der Klagerhebung, RG. 98, 86, auch 221. Jetzt nach der auf dem Ges. v. 8./7.22 beruhenden neuen Fassung des entsprechend anzuwendenden §4 Abs. 1 (s. dott Anm. la) bestimmt sich der Wett deS Beschwerdegegenstandes stets nach den WettSverhältnissen zur Zeit der Revisionseinlegung. Vgl. RG. 107, 55. Jedoch nach Art. VI d. Ges. richtet sich die Zuläffigkett der Revision gegen die vor dem 1./8. 22 verkündeten oder von Amts wegen zugestellten Entscheidungen nach den bishettgen Vorschttsten. — Wenn nach Revisionseinlegung über das Vermögen deS Beklagten der Konkurs eröffnet wird, ist für die Berechnung der Beschwerdesumme nicht § 148 KO. maßgebend, sondern die Höhe des WetteS des Beschwerdegegenstandes zur Zeit der Revisionseinlegung, so daß die Revision zulässig bleibt, wenn der Wett des Beschwerdegegenstandes zu dieser Zeit die Revistonssumme erreichte. RG. 76, 292, 109,154, IW. 96, 283«. Gleiches gilt auch, wenn nach der Revisionseinlegung der Wett deS Beschwerdegegenstandes sich derart mindett, daß er nicht Mehr die Revistonssumme erreicht. W. 12, 852. — Hinsichtlich der Frage, welcher Zeitpunkt maßgebend ist, wenn es sich darum handelt, ob nach dem Umfange deS Beschwerdegegenstandes (und dem Wette dieses Umfanges) die Revision zulässig ist, kommt tz 4 an sich nicht zur Anwendung. RG. 15,407,76,293, 107,54. Jedoch ist auch in dieser Beziehung die Sachlage zur Zeit der Revisionseinlegung in der Regel entscheidend, so daß eine spätere Veränderung des Umfanges deS Be­ schwerdegegenstandes (z. B. Tod deS Klägers, wodurch dem von ihm ersetzt ver­ langten Schaden ein zeitliches Ende gesetzt wird) hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision regelmäßig ohne Einfluß ist, insbesondere dem Revistonskläger daS aus der bishettgen Zulässigkttt der Revision erworbene Recht nicht entzieht. RG. 5, 887, 18, 420, 20, 431, 77, 15, IW. 96, 283«, 98, 662«, 00, 437«, W. 12, 352, (anders die Begründung in RG. 76, 293, IW. 11, 988-, Gr. 60, 1030, [W. 16, 148], wonach stets die Sachlage tm Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entscheidend sein und die Revision immer unzulässig werden soll, wenn bis zur mündlichen Ver­ handlung der Umfang deS Beschwerdegegenstandes, sei es zufolge zufälliger äußerer Erttgniffe sz. B. Tod des Derpflegungsbedürftigen, von besten Einttttt ab die Er­ stattung von Verpflegnngsgeldern aufhörts, sei es zufolge außergettchtlicher Hand-

Zweiter Abschnitt. Revision.

§ 546.

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langen der Parteien, unter die Revistonssumme herabsinkt). Daher wird durch Handlungen deS Revifionsbeklagten nach der Revisionseinlegung, wodurch der Umfang des ursprünglichen Beschwerdegegenstandes vermindert und der Wert des noch ver­ bleibenden Beschwerdegegenstandes auf einen nicht mehr die Revistonssumme er­ reichenden Betrag herabgesetzt wird, die Revision nicht unzulässig (3. B. nicht durch Zahlungen, Verzichte, Anerkenntnisse usw. des Revifionsbeklagten). RG. 5, 887, 18, 420, IW. 96, 283», 98, 662", 02, 422», 22, 500®, vgl. jedoch RG. 107, 56. Auch sind einseitige Erklärungen deS Revifionsbeklagten nach dieser Richtung (z. B. daß die Schuld deS RevistonSklägers durch Zahlungen sich auf einen die Revistonssumme nicht mehr erreichenden Betrag ermäßigt habe) überhaupt nicht zu berücksichtigen, solange nicht der RevistonSkläger seinen Revistonsantrag abgeändert hat. RG. 5, 387, IW. 97, eov, 99, 830», W. 12, 870. So wird, wenn der Kläger nach Erlassung deS BerusungSurteilS, das zu seinen Gunsten ergangen ist, in einem Schreiben auf einen Teil deS KlaganfpruchS verzichtet, der Beklagte aber den Verzicht nicht angenommen hat, der Wert des Beschwerdegegenstandes der vom Beklagten eingelegten Revision und die danach gegebene Zulässigkeit dieser durch den Verzicht nicht berührt. W. 17, 133. Wenn dagegen der Revision-kläger nach der Revisionseinlegung den Beschwerdegegenstand dadurch herabsetzt, daß er in der mündlichen Verhandlung einen gegenüber dem schriftlichen Revistonsantrag einen geringeren Beschwerdegegenstand, dessen Wert die Revisionssumme nicht mehr erreicht, umfassenden Antrag stellt und diesen allein begründet, wird die Revision unzulässig, weil nach § 559 auch in dieser Hinsicht nur die mündlich gestellten Anträge und die mündlich vor­ gebrachten Begründungen maßgebende Bedeutung haben. RG. 74, 825, auch 107, 53, wo zwar der obigen Begründung in RG. 76, 293 beigestimmt wird, die Ent­ scheidung auf Verwerfung deS Rechtsmittels aber doch darauf beruht, daß der Rechtsmittelkläger (es handelte sich nicht um die Revistonssumme, sondern um die Berufungssumme nach Maßgabe deS § 20 EntlVO. in früherer Fassung) einen der während der Instanz eingetretenen Verminderung deS Umfanges deS Beschwerde­ gegenstandes, wodurch der Wert dieses Umfanges (dort ein bestimmter Geldbetrag) sich unter die Beschwerdesumme stellte, entsprechenden Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt hatte (vgl. jedoch RG. 77,14, wo angenommen wird, daß die gegen die svom Berufungsgericht für begründet erklärte! Einrede der Unzulässigkeit deS Rechtsweges gerichtete Revision zulässig bleibt, auch wenn der Kläger, weil in­ zwischen ein die Klage sachlich abweisendes rechtskräftiges Urteil ergangen ist, in der mündlichen Verhandlung nur noch einen auf den Kostenpunkt beschränkten Revisions­ antrag stellt; sowie Gr. 56, 344, (IW. 11, tsy»), wo die Revision deS Kläger-, bei deren Einlegung die Verurteilung des Beklagten zur Befreiung des Klägers von einer Schuld an einen Dritten beantragt war, auch noch für zulässig erklärt ist, nachdem der Kläger selbst den Dritten befriedigt und dann nur noch beantragt hatte, dem Be­ klagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen; vgl. auch W. 12, isi). Dies gilt auch, wenn der Revisionskläger, nachdem er allgemeinhin, also auch zur Haupt­ sache Revision eingelegt hatte, in der mündlichen Verhandlung die Hauptsache für erledigt erklärt und nur noch Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits an den Gegner beantragt, so daß, wenn die Kosten die Revisionssumme nicht erreichen, die Revision unzulässig ist, und zwar gleichviel, aus welchen Gründen der Revisions­ kläger seine etwaige ursprüngliche Absicht, seine Beschwerde in weiterem Umfange gellend zu machen, nachheraufgegeben hat. W. 20,121, (IW. 20,558). — Handlungen deS Revifionsbeklagten oder Veränderungen der Sachlage (z. B. Untergang des ein­ geklagten Rechts), die vor Einlegung der Revifion hinsichtlich deS Umfangs des Beschwerdegegenstandes eintreten, können ohne jede Unterscheidung die Zulässigkeit der Revision beeinflussen. RG. 15, 406, Gr. 51,1068, IW. 07, 712«. So z.,B. ist die Revifion unzulässig, wenn der in 2. Instanz abgewiesene Kläger wegen seiner Forderung in der Zett zwischen Erlassung de» BerufungSurtellS und Revisions­ einlegung vollständig klaglos gestellt worden ist. RG. 15, 406, IW. 07, 712*. Vgl. auch RG. 71, 195 (Erledigung eines Anspruchs auf Unterlassung wetterer Verletzungen zufolge Erlöschens des Gebrauchsmusterschutzes). Hat der Kläger auf Grund eines erstinstanzlichen vorläufig vollstreckbaren Urteils den in einer ausländischen Wahrung auSgedruckten UrteilSLettag in deutscher Währung Leigetriebeu, wird dann in

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Drittes Buch.

Rechtsmittel.

der Berufungsinstanz die Klage abgewiesen und der Kläger zur Rückzahlung der veigetriebenen Summe verurteilt, so kommt für die Revision des Klägers als Revisions­ summe nur noch der beigetriebene Markbetrag in Betracht; bleibt der Markbetrag unter der Revisionssumme zurück, so ist die Revision unzulässig, auch wenn der Kurswert des ursprünglichen Urteilsbetrags zur Zeit der Revisionseinlegung höher ist. IW. 23, 991« (s. jedoch Gr. 53, nie, W. 21, 77 unten in den Bemerkungen zu § 5). — Der Zeitpunkt der Erhebung der Klage ist hinsichtlich des Umfang- des Beschwerdegegenständes ebenfalls (hinsichtlich des Wertes s. oben) nicht maßgebend. RG. 7, 385, IW. 00, 438-. Handelt es sich daher um Forderungen, die den Grund des Wachsens in sich selbst tragen (wie Lagergelder oder Futterkosten), so können sie revisibel sein, wenn sie zwar nicht zur Zeit der Klagerhebung, aber zur Zeit der Revisionseinlegung die Revistonssumme erreicht haben (es sei denn, daß es sich um bloße Nebenforderungen im Sinne des § 4 handelt, s. unten). Gr. 33,125, IW. 98, 353». — Werden Nebenforderungen (Anm. 2 § 4) neben einer Hauptforderung mit der Revision verfolgt, so bleiben sie gemäß § 4 bei Berechnung der Revistonssumme außer Betracht. RG. 47, 256, 60, 114, IW. 04,11310. Es ist aber eine lediglich auf solche Ansprüche, die in der Berufungsinstanz als Nebenforderungen geltend gemacht sind (z. B. Zinsen), begrenzte Revision (z. B. weil die Hauptforderung zugesprochen und nur die Nebenforderung aberkannt ist) zulässig, vorausgesetzt, daß der Betrag dieser Nebenforderungen zur Zeit der Revisionseinlegung die Revistonssumme erreicht. RG. 47, 256, 60,114, IW. 96, 371», 03, 971. Ferner ist, auch wenn Revision wegen Hauptforderung und Nebenforderung (Zinsen) zugleich eingelegt ist, zu dem Betrage

jener der Teil dieser hinzuzurechnen, der sich auf eine nicht den Gegenstand der Revision bildende andere Hauptforderung bezieht. RG. 60, 112. Entsprechende Anwendung de- § 5: Wenn die Revistonsbeschwerde die Klage und die Widerklage betrifft oder der Revisionsbeklagte sich der zulässigen Revision anschließt, ist der Wert nach der Gesamtheit der Beschwerdegegenstände zu berechnen. Die Bestimmung deS $ 5, daß eine Zusammenrechnung des Gegenstandes der Klage und der Widerklage nicht stattfindet, ist nur für die Bestimmung der Gerichtszuständigkett von Bedeutung, dagegen nicht auf die Berechnung der Revistonssumme zu beziehen. RG. (DZS.) 7, 385, 388, 46, 398, Gr. 32,1170, IW. 91, 3051, 09, 727«, Anm. 2 § B. DieS gilt aber nicht, wenn der Stteitgegenstand für Klage und Widerklage der gleiche ist, so daß mit der Widerklage nur das Gegenteil deS Klaganspruchs gefordert wird. Anm. 2 § 5. — Sind mehrere Prozesse zur gemeinschaftlichen Ver­ handlung und Entscheidung verbunden (§ 147), so sind für die Frage der Zulässigkeit der Revision die Beschwerdewerte in den verbundenen Sachen zusammenzurechnen. RG. 44, 419, IW. 99, 90», 00, 510*, 09, 77«, Anm. 1 § 6. Dies gilt auch dann, wenn vom Berufungsgericht (unzulässigerweise) gleichzeitig gesonderte Urteile erfassen sind. IW. 09, 7718, (W. 09, 253). — Auch ein nach Maßgabe des § 302 Abs. 4, des § 600 Abs. 2 oder des § 717 Abs. 2 im anhängigen Rechtsstreite geltend gemachter Schaden-ersatzanspruch ist, durch Zusammenzählung seines Bettages mtt dem Bettage der Klage, die Revisionssumme herzustellen, dann geeignet, wenn bezüglich seiner förmliche Widerklage erhoben worden ist. RG. 63, 368, Gr. 53, nie, (IW. 09, 23»), W. 21, 77. Ist aber der Klager, nachdem er in 1. Instanz obgestegt hatte, in 2. Instanz ohne Widerklage, lediglich auf Verteidigungsantrag des Beklagten zur Rückerstattung deS beigettiebenen Bettages verurteilt, so ist in der Revisionsinstanz der Wert des BeschwerdegegenstandeS der nämliche wie der Wert des StteitgegenftandeS der Klage, insbesondere nicht höher, wenn dem Beklagten etwa auch Zinsen zugesprochen worden sind. Gr. 53, ine, (IW. 09,23»), W.21,77. — Auch wenn von mehreren Streitgenoffen Revision eingelegt wird, sind die Beschwerdewerte zusammenzurechnen, mögen auch die Beschwerden verschiedene Ansprüche Betreffen. RG. 5, 355, 41, 414 46, 307, IW. 97, 420», 00, 665», 09, 77». Dies gilt jedoch nicht, wenn die Stteitgenoffen nicht ge­ meinschaftlich in einem Schriftsatz, sondern nacheinander in je einem besonderen Schriftsatz Revision eingelegt haben, mögen auch die mehreren Revisionen demnächst gleichzeitigen Verhandlung miteinander verbunden werden. IW. 11, 817" 415). Entsprechende Anwendung de- § 7. Wenn das Bestehen oder Nichtbestehen einer Grunddienstbarkeit Gegenstand des StteiteS ist, findet die für den Wert des Streit-

zur

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gegenständes gegebene besondere Vorschrift des 8 7 auch in betreff des Wertes des Beschwerdegegenstandes Anwendung, so datz, wenn der Revisionskläger der Beklagte ist, abweichend von den sonst geltenden Grundsätzen (s. Anm.2), nicht sein Interesse dem Höchstbetrage nach durch daS Jntereffe des Klägers begrenzt wird, sondern sein Jntereffe, wenn eS höher ist, selbständige Berücksichtigung zu finden hat; denn er hat nach § 7 das Recht, den Streitgegenstand nach diesem höheren Jntereffe, das sich, je nachdem er Eigentümer des herrschenden oder des dienenden Grundstücks ist, aus dem Mehrwert des herrschenden oder aus dem Minderwert des dienenden Grund stücks ergibt, Bemessen zu lassen, auch wenn dies in den Vorinstanzen nicht geschehen ist. RG. 63, loo, 67, 8i, IW. 08, 277«, 09, 319», W. 11, 300, OLG. 27, ia. Jedoch gilt dies nur mit der Einschränkung, daß, wiewohl eS sich um eine Grund­ dienstbarkeit handelt, der Revisionsklüger, besten Interesse an dem Bestehen oder Nichtbestehen der Grunddienstbarkeit den Betrag der Revtstonssumme nicht erreicht, sich nicht auf das höhere Interesse des Reviflonsbeklagten berufen kann. RG. 16, 842, 45, 404, 63, Sv, IW. 87, 431», 88, 408», 97, 109“, 09, 319», 395“, 11, 948“, W. 09, 430. Ist also der Eigentümer des dienenden Grundstücks der Revisionskläger, so kommt hinsichtlich der Berechnung der Beschwerdesumme stets nur die Wert« Minderung des dienenden Grundstücks in Betracht, gleichviel ob der Revisionskläger auf Feststellung des Bestehens der Grunddienstbarkeit verklagt ist oder er auf Fest­ stellung des NichtbestehenS der Grunddienstbarkeit geklagt hat, und gleichviel, ob der Minderwert des dienenden Grundstücks höher oder niedriger als der Mehrwert des herrschenden Grundstücks ist. Wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks der Revisionskläger ist, bestimmt sich die Beschwerdesumme stets nur nach dem Mehrwert des herrschenden Grundstücks, gleichviel, ob der Revisionskläger auf Feststellung des Bestehens der Grunddienstbarkeit geklagt hat oder er aus Feststellung des Nichtbestehens der Grunddienstbarkeit verklagt ist, und gleichviel, ob der Mehrwert des herrschenden Grundstücks höher oder niedriger als der Minderwert des dienenden Grundstücks ist. Entsprechende Anwendung deS § 9: Die nach der Klagerhebung bis zur Revisions­ einlegung fällig werdenden Bezüge an wiederkehrenden Leistungen dürfen zur Berechnung der Revistonsfumme nicht zu dem nach § 9 zu berechnenden Kapital hinzugerechnet werden. RG. 23, 359, 77, 825, IW. 91, 221», 94, 117», 420». Dagegen sind die ge­ zahlt verlangten Rückstände aus der Zeit vor der Klagerhebung als selbständige An­ sprüche in Rechnung zu stellen. RG. 77, 325. Dies gilt, wenn ursprünglich auf Fest­ stellung der Verpflichtung zum Ersätze des etwa künftig noch entstehenden Schadens geklagt und dann im Laufe deS Rechtsstreits zur Leistungsklage auf Zahlung von Renten übergegangen worden ist, auch von den Rentenbeträgen für die Zett bis zum Uebergange zur Leistungsklage. RG. 77, 324. Vgl. Anm. 2 § 9. 6 § 294. — Zur Zeit der nach § 554 a vorzunehmenden Prüfung deS RevifionSgerichtS. Der Revisionskläger hat kein Recht darauf, daß ihm zur nachträglichen Glaubhaftmachung Gelegenheit gegeben werde. RG. 68, 840, Gr. 56, 1066, IW. (12, 643“), 21,107*, W. 08,104,11,98. — An die übereinstimmenden Angaben beider Parteien ist das Gericht nicht gebunden, ebensowenig ist es durch die niedrigeren Angaben des Revistonskiägers in früheren Instanzen oder durch frühere gerichtliche Festsetzungen in Ausübung des freien Ermessens behindert. IW. 98, 268«, 94, 55*. Auch sind außergerichtliche, nach Revisionseinlegung abgegebene Erklärungen deS RevisionsklägerS, daß er das Berufungsurteil nur in einer bestimmten Höhe anfechten wolle, für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bedeutungslos. IW. 97, eoi», 02, 429“, 11, 817”. Vgl. jedoch IW. 11, 459“ (zu berücksichtigen ein von den Par­ teien im Laufe der Revistonstnstanz geschlossener Vergleich, aus dem erst die wirkliche Bedeutung des Revistonsantrages erhellt). Soll durch eine Bescheinigung über den Wert des Streitgegenstandes die Glaubhaftmachung erfolgen, so muß auch noch die Sachkunde des Aussteller- der Urkunde bescheinigt werden. IW. 03, 401«. Beweise, die nicht sofort verwertet werden können, sind auszuschließen (§ 294 Abs. 2). RG. 68, 840. — Ist in der Berufungsinstanz vom Revisionskläger eine dem richterlichen Er­ messen überlassene, nicht summenmäßig bezeichnete Erhöhung des ihm in 1. Instanz zu­ gesprochenen SchadenSersatzbetrageS verlangt worden, so kann bezüglich der Erhöhung in der Regel eine RevtstonSsumme nicht als glaubhaft gemacht angenommen werden. RG.61,20.

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« Früher (vor Nov. v. 17./5. 98): „Der Eid als Mittel der Glaubhaftmachung ist ausgeschlossen." Dgl. Anm. 3 § 294. — Berufung aus einen Sachverständigen genügt nicht, es sei denn, daß er zur sofortigen Vernehmung gestellt wird. RG. 10, 322, IW. 93, 2521, 07, 54". Eine einfache schriftliche Erklärung eines Dritten, daß er ein Grundstück von einer Partei zu einem bestimmten Preise gekauft habe, ist zur Glaubhaftmachung des ernstlichen DertragsschlufseS zu diesem Preise nicht genügend. IW. 11, 217".

547. (509.) Ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes* findet die Revision statt: 1. insoweit es sich um3 die Unzulässigkeit des Rechtswegs3 oder dieUnzulässtgkett der Berufung3 handelt:3 2. in den Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, für welche die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zu­ ständig find.3 1 Soweit eS sich nicht um einen der RevisionSgründe der Nr. 1, 2 handelt, greift auch in derselben Sache die Vorschrift deS § 546 Platz, d. h. es muß bei vermögens­ rechtlichen Ansprüchen, wenn die'Sache auch im übrigen in die Revistonsinftanz erwachsen soll, die RevifionSsumme vorhanden sein. RG. 3, 423, 6, ssö, 96, 74, Gr. 43, 207, 50, 1053, (IW. 99, 39», 09, 61"), W. 10, si, 14, 131, auch IW. 04, 40*. Ist daher die Entscheidung auf zwei Entscheidungsgründe gestützt, so ist, wenn die RevistonSsumme fehlt und nur bezüglich eines Entscheidungsgrundes ein Revisions­ grund aus § 547 gegebm ist, die Revision bezüglich deS anderen Entscheidungsgrundes unzulässig. IW. 00,494*, W. 10, si, 14,120,131. So ist z. B., wenn ein Klaganspruch auf Verletzung einer Amtspflicht, für die der Fall des § 547 Nr. 2 gilt (z. B. gegen einen preußischen Notar), und zugleich auf Verletzung einer Derttagspflicht gestützt ist, in der Revistonsinstanz beim Fehlen der RevistonSsumme auf die Frage, ob eine Derttagspflicht verletzt ist, nicht einzugehen. W. 14, 120, auch 13, 195. Vgl. jedoch RG. 95, 216 in Anm. 6, sowie IW. 00, 853« in Anm. 1 § 546 (in Zusammenhang stehende vermögensrechtliche und nicht vermögensrechtliche Ansprüche).

2 Früher schlossen sich an „insoweit es sich um" die Wotte an „die Unzuständigkeit des Gettchts oder". Durch die Nov. v. 5./6. 05 wurde zwischen „die" und „Un­ zuständigkeit" das Wort „sachliche" eingefügt. Danach war nur noch, wenn eS sich um die fachliche Unzuständigkeit handelte, wegen Unzuständigkeit des Gerichts ein be­ sonderer Revisionsgrund gegeben. Durch die Nov. v. 22./5. 1910 sind die Worte „die sachliche Unzuständigkeit des Gerichts oder" gestrichen. Danach ist jetzt nicht nur, wie schon nach der Nov. v. 5./6. 05, bezüglich der örtlichen, sondern auch bezüglich der sachlichen Unzuständigkett gemäß der Regel deS § 546 die Revision nur noch im Falle nichtvermögensrechtlicher Ansprüche oder, falls es sich um vermögensrechtliche Ansprüche handelt, nur noch bei Vorhandensein der RevistonSsumme zulässig. RG. 76, 177, 78, 878. — Nach § 549 Abs. 2 kann aber im Falle vermögensrechtlicher Ansprüche die Revision überhaüpt nicht mehr daraus gestützt werden, daß das Gericht seine örtliche Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat. Dgl. die gleiche Bestimmung für die Berufung im § 512 a. — Sachliche Zuständigkeit: Anm. 1 § 1. Auch hinsichtlich sachlicher Zuständigkeit findet nach § 10 die Revision überhaupt nicht statt, wenn das Berufungsgericht die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts bejaht hat. Anm. 1 § 10. Unzulässig ist die Rüge, daß nicht die erkennende, sondern eine andere Kammer des Landgerichts nach der Geschästsverteilung zur Entscheidung zuständig gewesen sei. IW. 06, 143", auch RG. 45, 343, 47, 379, IW. 00, 182’. — Richt die Zulässigkeit deS Rechtsweges, sondern die sachliche Zuständigkeit betrifft die Frage, ob die orderttlichen Gerichte oder Sondergerichte, insbesondere die durch § 14 GDG. zugelassenen (z. B. Auseinandersetzungsbehörden, Gewerbe- oder Kausmannsgerichte, Reichswirtschastsgettcht), für die Entscheidung des Rechtsstrettes zuständig find. RG. 76, 176, 103, 103, 107, 77, IW. 10, 839’®, 11, 64", 334", auch RG. 72, 296, 108, 102, IW. 03, 342®. Daher ist, insoweit es sich um Unzuständigkeit des ordentlichen Gerichtes handelt, die Revision nicht mehr aus dem besonderen Revifionsgrunde des § 547

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Rr. 1 (Unzulässigkeit des Rechtsweges), sondern nur nach Maßgabe des § 546 zulässig. RG. 76, 177. Vgl. auch hinsichtlich der Berufung wegen sachlicher Un­ zuständigkeit deS Gerichts § 528 u. dort Sinnt. 4. s Ueber Unzulässigkeit des Rechtswege- vgl. tont. 2 § 13 GVG., tont. 4 § 27 ZPO., und über Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs auch noch in der Revisions­ instanz von Amt- wegen vgl. Anm. 1 § 17 GVG. — Zulässig ist die Revision immer dann, wenn die Parteien sich um die Zulässigkeit deS Rechtswege- streiten oder wenn eine Einrede auf ein Gesetz gestützt wird, das die Zulässigkeit deS Rechtsweges aus­ schließt. IW. 99, 89», auch RG. 3, 42s, 6, 835, 16, 335, 28, 857. Ist in 2. Instanz entgegen der 1. Instanz die Zulässigkeit des Rechtsweges bejaht und in der Sache selbst erkannt, so ist, wenn nicht die Entscheidung hinsichtlich des Rechtsweges an­ gefochten, sondern andere Rechtsverletzungen gerügt werden, die Revision gegen das eine revisible Summe nicht umfassende Urteil nicht zulässig. IW. 04, 40», auch tont. 1. Ist durch rechtskräftiges Zwischenurteil (§ 275 tos. 2) der Rechtsweg für zulässig erklärt, so kann Zulässigkeit der Revision nach § 547 Nr. 1 nicht mehr in Frage kommen. IW. 11, 459». — Die Ausschließung des Rechtsweges darf nicht auf Ver­ trag oder Privatautonomie beruhen, sondern nur auf Gesetz. RG. 16, 870, IW. 97, 305«, 00, 750«. — Ist, nachdem in 1. Instanz die Einrede der Unzulässigkeit des Rechts­ weges durch Zwischenurteil (§ 275) verworfen war, in 2. Instanz ein Hilfsantrag gestellt, für den der Rechtsweg zulässig ist, so kann, wenn die Berufung zurück­ gewiesen wird, und dann in der Reviflonsinstanz der Kläger den Hauptanspruch fallen läßt, vom Revistonsgertcht ausgesprochen werden, daß der Rechtsweg wegen des Hilfsantrages zulässig sei. IW. 09, 280«. — Hinsichtlich Streits über Zuständigkeit eines SoudergerichtS vgl. tont. 2. < § 519 b. — Oder um die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist, RG. 30, 847, IW. 01, 837», oder wenn die Berufung während der Unterbrechung des Verfahrens eingelegt ist, RG. 27, 353, IW. 08, 203“, (W. 08, 264). — Wird aber gegen ein Urteil, daS den gegen ein Versäumnisurteil in 2. Instanz eingelegten Einspruch als unzulässig verworfen hat, Revision eingelegt, so kommt § 546, nicht § 547 zur Anwendung. Gr. 29,1121, IW. 05, 730«. — Ist nicht durch Urteil, sondern durch Beschluß gemäß § 519b tos. 2 Halbs. 1 die Berufung als unzulässig verworfen, so findet dagegen nach § 519 b tos. 2 Halbs. 2 nur die sofortige Beschwerde statt. — Unter „Berufung" ist auch die Anschlußberufung zu verstehen, fo daß, wenn diese durch Urteil (nicht durch Beschluß nach §§ 519b tos. 2, 522 a tos. 2) als unzulässig zurückgewiesen ist, die Revision ohne Rückstcht auf das Vorhandensein einer Revistonssumme zulässig ist. RG. 46, 415, Gr. 49, 1030. — Wenn im Widerspruch-verfahren gegen einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung die Berufung als unzulässig verworfen ist, findet gemäß § 545 tos. 2 die Revision nicht statt. RG. 74, 866, tont. 2 § 545. 8 Einerlei, ob diese Fragen vom Berufungsgericht bejaht oder verneint sind, und deshalb im letzteren Falle von ihm in der Sache entschieden ist. RG. 3, 432, IW. 08, 203», (W. 08, 264). 8 Dgl. über Ansprüche, für die die Landgerichte ausschließlich zuständig sind, § 71 tos. 2, 3 GVG. n. F. u. tont. 3—15 dort. — Für die Anfechtungsklage gegen ein Aus. fchlußurteil gemäß § 957 tos. 2 ist daS Landgericht, in dessen Bezirke daS AufgebotSgerich. einen Sitz hat, ausschließlich zuständig. RG. 78, 877. Vgl. auch IW. 09, 61“, (W. 09, 212) (Rückerstattung zu Unrecht erhobener Zollgefälle; Vereinbarung der Zu­ ständigkeit des Landgerichts eines deutschen Landes in Sachen, die in 1. Instanz vor die Gerichte eines Schutzgebietes gehören), RG. 107, 61 (Ansprüche gegen Kommunal­ verbände wegen Amispflichtverletzungen ihrer Beamten gemäß § 4 preuß. Ges. v. 1./8.09 und Art. 131 RVerf.), W.09, 488 (die Landgerichte sind für PenfionSansprüche gegen den Reichsfiskus auf Grund des früheren Militärpensionsges. v. 27./6.71 nicht ausschließlich zuständig; vgl. aber jetzt § 42 tos. 3 RGes. v. 31./5.06), IW. 11, 990»% (W. 11, 453) (Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen einen mecklenburgischen Revierjäger). — Eine nach § 272 tos. 2 HGB. zur ausschließlichen Zuständigkeit der Landgerichte gehörende Anfechtungsklage gegen einen Beschluß der Generalversammlung einer Aktien­ gesellschaft hat zur Voraussetzung, daß ein seiner Form nach gültiger Beschluß vor­ liegt. Wird daher mit der Klage Formwidrigkeit des Beschlusses geltend gemacht

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z. V. daß er nicht gemäß § 259 Abs. 2 HGB. protokolliert sei), so handelt es sich nicht um eine Anfechtungsklage im Sinne des § 272 Abs. 2 HGB., sondern um eine Feststellungsklage und ist ein Fall des § 547 Nr. 2 nicht gegeben. IW. 12, 802*>. — Die Zuständigkeit des Reichsgerichts wird, wenn ein Fall der Nr. 2 nicht vorliegt, auch nicht dadurch begründet, daß das Landgericht bei einem Wert des Streitgegenstandes unter dem im § 23 Nr. 1 GVG. als Zuständigkeitsgrenze für die Amtsgerichte be­ stimmten seine ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 71 Abs. 3 GVG. n. F. (irrtümlich) angenommen hat. RG. 46, 340. — Für die Entscheidung darüber, ob unter Voraussetzung der Richtigkeit des Parteivorbringens es sich rechtlich um einen Anspruch handelt, der eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet, ist es ohne Belang, daß die Partei diese Frage bejaht. RG. 58, 246. Anderseits ist, wenn es sich um einen Anspruch gegen einen Beamten fz. B. einen preußischen Notar) handelt und alS Grund des Anspruchs eine Amtspflichtverletzung, auf die § 71 Abs. 3 GVG. zutrifft, in Frage kommt, die Revision hinsichtlich dieser Frage auch dann zulässig, wenn der Kläger den Anspruch nicht ausdrücklich mit dem Vorhandensein einer Amtspflichtverletzung begründet und das Berufungsgericht das Bestehen einer Amtspflicht verneint und die höchstens gegebene Vertragspflicht (wofür die Revtstonssumme fehlt, s. Anm. 1) für nicht verletzt erklärt hat. W. 14, 120, IW. 13, 4901». Ist die Klage auf Verletzung einer Amtspflicht (§ 839 BGB.) und zugleich auf Verletzung einer BertragSpflicht (z. B. nach § 676 BGB.) gestützt und hat der Berufungsrichter auf Grund desselben Sachverhalts die Klage aus beiden Gesichtspunkten für begründet erklärt, so kann das RevtstonSgericht trotz Fehlens der Revtstonssumme nachprüfen, ob Verletzung einer Vertragspflicht vorliegen kann und vorliegt. RG. 95, 216. Ist jedoch der Klage­ grund der Amtspflichtverletzung schon im erstinstanzlichen Urteil ganz in den Hinter­ grund getreten und in dem Berufungsurteil überhaupt nicht herangezogen worden, so ist er nicht in die Revistonstnstanz gediehen und ist daher, wenn die Revtstonssumme nicht gegeben ist, die Revision alS unzulässig zu verwerfen. RG. 101, 351. — Vgl. auch IW. 08, gso«, (W. 08, 539) (Zuständigkeit für die Klage auf Nichtigkeitserklärung der von einer Genossenschaft gegen ein Mitglied beschlossenen Ausschließung). — Vgl. Anm. 2 § 11 darüber, daß das Revistonsgertcht an Verweisungen vom Amts­ gericht an das Landgericht wegen sachlicher Unzuständigkeit hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des § 547 Nr. 2 nicht gebunden ist. — Kosten: § 97 Abs. 3 (bei einem Objekt bis zu fünfhundert Goldmark trägt die Staatskasse die Kosten ihrer Revision auch im Falle des Obsiegens).

548. (510.) Der Beurteilung des Revifionsgerichts unterliegen auch die­ jenigen Entscheidungen, welche dem Endurteile vorausgegangen ftrtb,1 sofern nicht dieselben nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar* find. 1 Zwischenurtelle gemäß § 303, die für das Berufungsgericht nach § 318 bei Erlassung seines Endurteils bindend und (nur) mit diesem, wenn es darauf beruht, anfechtbar sind. — Auch ein die Einrede der nicht gehörigen Klagezustellung ver­ werfendes Zwischenurteil, da diese Einrede nicht zu den Prozeßhindernden im Sinne der §§ 274, 275 (s. Anm. 2) gehört. IW. 00, 312-, vgl. Anm. 1 § 253. Ferner Nichtverstattung einer Partei zum Worte unter Verletzung des § 137 Abs. 4. IW 05, 60«. — Reue Tatsachen aber, die nach einem vom Berufungsgericht erlassenen Zwischenurtett nachträglich in bezug aus den durch dieses Urteil erledigten Streitpunkt vorgebracht worden sind, dürfen auch vom RrvifionSgericht nicht berücksichtigt werden. RG. 86, 238, FW 98, 46», Gr. 41, 874, 48, 1121.

8 Durch die Nov. v. 22./5.10 sind die früheren Worte „oder mit der Beschwerde anfechtbar" als gegenstandslos geworden gestrichen, weil nach § 567 Abs. 2 (jetzt Abs. 3) Beschwerden an das Reichsgericht nicht mehr zulässig, daher die dem Gndurteile vor­ ausgegangenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte insoweit, als sie früher mit der Beschwerde anfechtbar waren, fortan unanfechtbar und schon deshalb der Nachprüfung des Revisionsgerichts entzogen sind. Begr. 14. — Ueber Entscheidungen, die überhaupt unanfechtbar sind, vgl. Anm. 2 § 512. — Instanzabschließende Teilentscheidungen (Teilurteil [§ 301], Vorbehaltsurteil [§ 302, § 599], Zwischenurteile, die in betreff der Rechtsmittel als Endurteile anzusehen sind [§ 275, § 304]) müssen selbständig mit

Zweiter Abschnitt.

Revision.

§§548, 54V

619

der Revision angefochten werden. Dgl. RG. 39, 391. — Nach früherem Recht konnte, wenn über ein Gesuch um Ablehnung eines Sachverständigen vom Berufungsgericht unter Verletzung des § 406 im Urteil, nicht durch besonderen Beschluß entschieden war, so daß ein Beschwerderecht nicht in Frage kommen konnte, das Urteil wegen des prozessualen Verstoßes mit der Revision angefochten werden. RG. 60, ho. Gleiches galt, wenn ein AuSsetzungSanttag in den Gründen deS Berufungsurteils abgelehnt war. IW. 09,45*. Nicht aber war, wenn durch besonderen Beschluß die genannten Gesuche zurückgewiesen waren, dieser Beschluß durch Revision anfechtbar, weil er nur mit der sofortigen Beschwerde (§§ 252, 406 Abs. 5) angefochten werden konnte. IW. 07, ns», 09, 270«. Fraglich ist, ob diese Unter­ scheidung jetzt noch gelten kann, da nach dem jetzigen § 667 Abs. 3 der Beschluß nicht mehr mit der Beschwerde an das Reichsgericht anfechtbar ist. In IW. 15, 592w sind jetzt hinsichtlich der Zurückweisung eines Gesuchs um Ablehnung eines Sach­ verständigen beide Fälle gleichgestellt und ist angenommen, daß die Entscheidung auch dann, wenn sie (unzulässigerweise) im Urteil erfolgt ist, mit Revision nicht anfechtbar ist, weil der Reviflonskläger durch die Nichtbeobachtung der Form des Beschlusses nicht beschwert sei. Jedenfalls ist auch jetzt, wenn ein Gesuch um Ab­ lehnung eines Sachverständigen oder ein Antrag auf Aussetzung (z. B. nach § 247) durch besonderen im Sitzungsprotokoll beurkundeten Beschluß vom Berufungsgericht ab­ gelehnt worden ist, dieser (gemäß §§ 252, 406 Abs. 5, 567 Abs. 3, 548) mit der Revifion nicht anfechtbar. W. 17, 5, 43. — Auch die (vom Berufungsgericht be­ schlossene) Ablehnung eines VertagungSanttagS (8 227) ist unanfechtbar (§ 567 Abs. 3, f. auch Anm. 5 § 227) und daher nach § 548 der Beutteilung des Revisionsgerichts entzogen. RG. 81, 321, Gr. 66, 688, W. 17, 43. Wenn jedoch die Ablehnung des VertagungSanttagS sich als Versagung des rechtlichen Gehörs darstellt, kann darauf eine Revistonsrüge gestützt werden; dies wird besonders dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht von seinem pflichtmäßigen Ermessen, ob der Partei noch Gelegenheit zu weiteren, bisher ohne Verschulden unterlasienen Erklärungen gegeben werden könne, einen unsachgemäßen Gebrauch gemacht und damit der Partei die Möglichkeit ent­ zogen hat, stch erschöpfend über das Beweisergebnis oder neues Vorbringen des Gegners zu erklären. Gr. 66, 688. Auch sonst kann, wenn eine Entscheidung des Berufungsgettchts zur Folge hat, daß einer Pattei das rechtliche Gehör gesetzwidttg beschränkt worden ist (z. B. wenn in einer Ehescheidungssache ein vom prozeßbevollmächttgten Anwalt zur Verttetung in der mündlichen Verhandlung substituietter beim Berufungsgettcht nicht zugelaffener Anwalt vom Berufungsgettcht zurückgewiesen und seine Anttäge nicht berückstchttgt worden sind), die Gesetzesverletzung, weil die Pattei nicht nur durch die Entscheidung, sondern- unabhängig davon auch durch das Utteil selbst in ihren prozesiualeu Rechten gesetzwidttg verkürzt ist, mit Erfolg zum Gegenstand einer RevistonSbeschwerde gemacht werden. RG. 83, i. — Der Beschluß deS Berufungsgerichtes, einen Urteilseid von der schwurpflichttgen Partei noch einmal zu erfordern, weil die in eineur früheren Schwurtermin abgegebene Ettlärung nicht alS Eidesweigerung im Sinne des § 464 Abs. 2 aufzufassen sei, kann gegebenenfalls nur mtttels Einlegung der Revifion gegen daS demnächstige Läuterungsutteil angefochten werden. IW. 05, 729«*.

54V. (511.)

Die Revision kann nur darauf gestützt werdens daß die

Entscheidung auf der Verletzung eines ReichSgesetzeS? oder eines Gesetzes,

besten Geltungsbereich

sich über dm Bezirk des Berufungsgerichts hinaus

erstreckt,* beruhet In Rechtsstreitigkeiten

über vermögensrechtliche Ansprüche kann die

Revifion nicht darauf gestützt werden, daß daS Gericht seine örtliche Zu­

ständigkeit mit Unrecht angenommen 8qL5

1 Nach § 6 EG. kann jedoch durch Kaiserliche Verordn, bestimmt werden, einer­ seits, daß die Verletzung von Gesetzen, obgleich deren Geltungsbereich fich über den Bezirk deS Berufungsgettchts hinaus erstteckt (s. Anm. 3), die Revision nicht begründe, anderseits, daß die Verletzung von Gesetzen, obgleich deren Geltungsbereich sich nicht

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A. II. Zivilprozeßordnung. Rechtsmittel. Drittes Buch.

über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, die Revision begründe. Auf Grund dieses Vorbehalts ist erlassen die Der., vetr. die Begründung der Revision in bürgerlichen RechtSstreitigkeiten, v. 28./9. 79 (RGBl. 299), welche lautet:

§ 1. Die Revision kann vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieser Verordnung auf die Verletzung anderer Gesetze als derjenigen des ge­ meinen oder französischen Rechts nur gestützt werden, wenn dieselben über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus für den ganzen Umfang mindestens zweier deutscher Bundesstaaten oder zweier Provinzen Preussens oder einer preussischen Provinz und eines anderen Bundesstaats Geltung erlangt haben. 8 2. Verletzung der Gesetze des gemeinen Rechts und der Gesetze des französischen Rechts, soweit letztere in anderen deutschen Ländern ausser Elsass-Lothringen Geltung erlangt haben, begründet die Revision, auch wenn der Geltungsbereich. der einzelnen Bestimmung sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. 8 3 (betr. Gesetze des Lehnrechts, ist vom Reichstag nicht genehmigt). § 4. Die Revision kann nicht gestützt werden auf die Verletzung der französischen Gesetze über das Enregistrement, den Stempel, die Hypotheken-, Transkriptions- und Gerichtsschreibereigebühren, sowie ähnliche Gefälle, welche durch die Enregistrementsverwaltung zu erheben sind. 8 5. Die Revision kann auf die Verletzung derjenigen in der Mark Brandenburg geltenden Gesetze, welche durch das Publikationspatent vom 5. Februar 1794 als Vorschriften der bisherigen subsidiarischen Rechte aufrecht erhalten sind, nicht gestützt werden. 8 6. Soweit über die Revision vom Königlich bayerischen obersten Landes­ oriente zu entscheiden ist, findet die Bestimmung des § 1 nicht Anwendung, .uf die Verletzung von Gesetzen 1. des Koburger Landrechts. 2. des Rechts des Bistums Fulda, 3. des Gräflich Erbachschen Landrechts, 4. des Rechts der Grafschaft Solms, 5. des Rechts des Fürstentums Löwenstein kann die Revision nicht gestützt werden. § 7. Die Revision wird begründet durch Verletzung des badischen Land­ rechts, einschliesslich der Zusatzartikel, der beiden Einführungsedikte vom 3. Februar und 22. Dezember 1809 und der unter XVIII des ersteren Einführungs­ edikts neben dem Landrecht aufrecht erhaltenen Vorschriften des bürger­ lichen Rechts, sowie durch Verletzung derjenigen gesetzlichen Vorschriften, welche bestimmte Vorschriften der vorgedachten Gesetze ausdrücklich erläutern, aus­ dehnen, beschränken, aufheben oder ersetzen, endlich, soweit nicht schon die vorstehenden Bestimmungen Anwendung finden, durch Verletzung folgender Grossherzoglich badischer Gesetze: 1. des Gesetzes vom 6. Marz 1846, betreffend die privatrechtlichen Folgen von Verbrechen, 2. der Art. 2. 3, 6—3 des Gesetzes vom 6. August 1862, betreffend die Ein­ führung des Deutschen Handelsgesetzbuchs, 3. des Gesetzes vom 9. Dezember 1875 zum Vollzug des Reichspersonen­ standsgesetzes, 4. der An. 3, 4, 6—11, 84, 92 des Gesetzes vom 25. August 1876, betreffend die Benutzung und Instandhaltung der Gewässer, 6. des Gesetzes vom 6. Februar 1879, Betreffend die Verwaltung der frei­ willigen Gerichtsbarkeit und des Notariats. Die vorstehenden Bestimmungen finden nicht Anwendung, soweit die bezeichneten Gesetze am 1. Oktober 1879 ausser Kraft getreten sind. § 8. Die Revision wird begründet durch Verletzung der folgenden Gross­ herzoglich hessischen Gesetze: 1. der Verordnung vom 28. August 1827, die vormundschaftlichen Verhält­ nisse in der Provinz Rheinhessen betreffend; 2. der Art. 9—11 des Gesetzes vom 17. September 1841, betreffend Einführung des Strafgesetzbuchs und des § 9 des Gesetzes vom 30. Dezember 1870 betreffend Einführung des Reichsstrafgesetzbuchs; 3. des Gesetzes vom 6. Juni 1849, betreffend die Vereinfachung des Ver­ fahrens bei der Eröffnung von Erbschaften, Teilungen, Versteigerungen, Rangordnungs- und Distributionssachen in Rheinhessen. § 9. Die Revision wird begründet durch Verletzung der folgenden Gross­ herzoglich oldenburgischen Gesetze: 1. des revidierten Staatsgrundgesetzes vom 22. November 1852 2. des revidierten Zivilstaatsdienergesetzes vom 28. März 1867; 3. des für das Herzogtum Oldenburg erlassenen Gesetzes vom 8. April 1876, betreffend Eigentumserwerb an Grundstücken und deren dingliche Belastung, sowie der für dasselbe Gebiet erlassenen Grundbuchordnung von demselben Tage. § 10. Die Revision wird begründet durch Verletzung des Herzoglich braun­ schweigischen Gesetzes vom 8. März 1878, betreffend den Eigentumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Ge­ rechtigkeiten und der Grundbuchordnung von demselben Tage.

5

Zweiter Abschnitt. Revision. § 549.

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§ 11. Die Revision wird begründet durch Verletzung der §§ 80, 41 und 54 des hamburgischen Einführungsgesetzes zum Deutschen Handelsgesetzbuche vom 22. Dezember 1865. § 12. Die Revision wird begründet durch Verletzung der nachfolgenden in Elsass-Lothringen geltenden Gesetze: 1. des Gesetzes vom 14. Juli 1819 über Aufhebung des droit d’aubaine (bulletin des lois VII. särie No. 6986); 2. des Gesetzes vom 29. April 1845 über Bewässerungen (bulletin des lols IX. särie No. 11951); 3. des Gesetzes vom 11. Juni 1847 über die Bewässerungen (bulletin des lois IX. slrie No. 13645); 4. des Gesetzes vom 10. Juni 1854 sur le libre Icoulement des eaux provenant du drainage (bulletin des lois XI. Bärte No. 1555); 5. des Gesetzes vom 23. März 1855 über die Transkription (bulletin des lois XI. sdrie No. 2474); 6. des Berggesetzes vom 16. Dezember 1873 (Gesetzblatt für Elsass-Lothringen S.897); § 18. Gesetz im Sinne dieser Verordnung ist jede Rechtsnorm. Dgl. hierzu die Bek., Bett. Genehmigung der Der. durch den Reichstag, v. 11./4.80 (RGBl. 102). Ferner ist die Zulässigkeit der Revision hinsichtlich einzelner Landesgesetzt erweitert durch die RGesetze, Bett, die Begründung der Revision in Bürgerlichen RechtSstreitigkeiten, v. 15./3.81 (RGBl. 38), v. 24./6. 86 (RGBl. 207) u. v. 30./3. 93 (RGBl. 139). Zu § 12 Nr. 6 Der. v. 28./9. 79, vgl. IW. 11, iv4»; zu § 10 vglRG. 94, 6. — Ueber den Begriff des Gesetzes, auf dessen Verletzung die Revision allein gestützt werden kann, vgl. Anm. 1 § 550. — Durch Art. I VO. v. 15./1. 24 (RGBl. I 29), in Kraft vom 15./2. 24, ist das Rechtsmittel der Revision bis zum 31/12. 25 nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Beschränkt worden:

.§ 1. Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass die Ent­ scheidung auf der Verletzung der §§ 139, 286, 287 der Zivilprozessordnung beruhe. § 2. Gegen das Urteil eines Oberlandesgerichts in einem Rechtsstreit der die Scheidung oder Anfechtung einer Ehe oder die Herstellung des ehe­ lichen Lebens zum Gegenstände hat, findet die Revision nur statt, wenn sie in dem Urteil für zulässig erklärt wurde. Das Oberlandesgericht hat die Re­ vision zuzulassen, wenn es von einer Entscheidung des Reichsgerichts oder, soweit eine solche nicht ergangen ist, von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweicht oder wenn sonst von der Zulassung der Revision die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erwarten ist.« Art. II enthält Uebergangs Vorschriften. Danach kann Bis zum 31./12. 25 die Revision nicht darauf gestützt werden, daß der Vorsitzende den Vorschriften des § 139 zuwider nicht auf vollständige Er­ klärung der Parteien oder auf Stellung sachdienlicher Anträge hingewirkt habe, noch darauf, daß das Berufungsgericht entgegen den Bestimmungen des § 286 nicht den gesamten Inhalt der Verhandlungen und das Ergebnis einer Beweisaufnahme Be­ rücksichtigt oder nicht die für seine Ueberzeugung leitend gewesenen Gründe im Urteil angegeben habe (vgl. Anm. 9 über Unterschied einer Verletzung des § 551 Nr. 7 dort), noch Bei Schadensersatzprozeffen darauf, daß das Berufungsgericht entgegen der Vorschrift des § 287 nicht alle für die Entstehung oder die Höhe des Schadens in Betracht kommenden Umstände gewürdigt habe, und kann ferner ein Urteil BeS Berufungsgerichts in Ehesachen (§§ 606 ff.) mit der Revision nur dann angefochten werden, wenn daS Berufungsgericht, insbesondere aus den im § 2 Satz 2 aufgeführten Gründen, • deren Vorliegen nach dieser MußVorschrift daS Berufungsgericht stets in Erwägung zu ziehen hat, die Revision in seinem Urteil für zulässig erklärt hat. — Ist letzteres nicht geschehen in einem Ehesachen-Urteil, durch das die Berufung als unzulässig verworfen worden ist ($ 519b Abs. 1), so findet auch hiergegen (trotz der Vorschrift des § 547 Nr. 2) die Revision nicht statt. Für den Fall, daß die Berufung durch Beschluß verworfen worden ist (§ 519 b Abs. 2 Halbs. 1), wird § 2 entsprechend dahin anzuwenden sein, daß die sofortige Beschwerde dagegen (§ 519 b Abs. 2 Halbs. 2, § 567 Abs. 3) nur dann gegeben ist, wenn sie das Berufungsgericht in seinem Beschluß für zu­ lässig erklärt hat. RG. 108, 383, Anm. 7 § 519 b. Gleiches gilt, wenn, nachdem die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist (§516) oder der BerufnngSbegründungsfrist (§ 519 Abs. 2) oder der Frist zum Nachweis der Zahlung der Prozeßgebühr (§519 Abs. 6) als unzulässig verworfen worden war, das OberlandeSgericht einen Antrag aus

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A. II.

Zivilprozeßordnung. Drittes Buch.

Rechtsmittel.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen hat. RG. 108, 384 Da die Entscheidung, ob in einer bestimmten Ehesache die Reviston zulässtg ist, in die Hand deS Oberlandesgerichts gegeben ist, unterliegt ein Urteil (oder ein Beschluß) des OberlandeSgerichts, in dem eine Erklärung über die Zulässigkeit der Reviston (der Beschwerde) nicht enthalten ist, nicht der Nachprüfung des Reichsgerichts nach der Richtung, ob nicht daS Oberlandesgericht die Reviston (die Beschwerde) hätte für zulässtg erklären sollen oder müffen (§ 2 Satz 2 DO.). RG. 108, 349. 2 Sind reichSrechtliche Bestimmungen in ein Landesgesetz, das an stch der Revision nicht unterliegt, alS reichsrechtliche Vorschriften, nicht als landesgesetz­ liche, nur inhaltlich mit dem Reichsrecht übereinstimmende, ausgenommen, so kann auf die Verletzung dieser Rechtsnormen die Revision gestützt werden. RG. 65, 247, 59, 27, 82, 49, 89, 362. Daher waren z. B. die Vorschriften des ReichsbeamtengesetzeS, soweit sie durch Att. I Abs. 1 Ges. v. 23./12. 73 als für Reichsbeamte geltend in ElsaßLothringen eingefühtt waren, im Geltungsbereiche deS Att. I Abs. 1 revisibel. RG. 82,49. Gleiches gilt hinsichtlich der durch hamburgisches Landesgesetz auf die zur Zeit des Inkrafttretens des BGB. bestehenden Ehen für anwendbar erklärten Dorschttften des BGB. über die allgemeine Gütergemeinschaft. RG. 89, 362. Ebenso hinsichtlich der Vorschrift des § 839 BGB., wenn ein Anspruch auf Grund eines der (nach dem Umfang der Geltung nicht revisiblen) gemäß Art. 77 EinfG. z. BGB. erlassenen, die Haftung deS Staates und der Kommunalverbände für das Verschulden ihrer Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt einführenden Gesetze (z. B. des Oldenburgischen Staatshaftungsgesetzes, des Anhaltischen Gesetzes Nr. 1304 v. 2 /4.10) geltend gemacht wird, weil diese Gesetze ihren Sondertatbestand mit dem des §839 BGB. derart verbinden, daß eine Verurteilung nur erfolgen kann, wenn auf die Voraussetzungen deS § 839 BGB., insbesondere auch hinsichtlich des Verschuldens, erfüllt sind, so daß die Frage, ob die Amtspflichtverletzung vorsätzlich oder fahrläffig verübt ist, der Nach­ prüfung des Revisionsgettchts unterliegt. IW. 21, 1237", 23, ev2". (Dagegen ist hier die Prüfung der Beweislast dafür, ob das vom Kläger behauptete Versehen einem Beamten oder einem sonstigen Angestellten zur Last fällt, unzuläffig, weil diese Frage mit der nach dem irreviflblen Staatshaftungsgesetz und Staatsbeamtenrecht zu be­ antwortenden Frage unmittelbar zusammenhängt, wer als Beamter des Staats anzusehen ist. IW. 23,6021«.) Vgl. jetzt Att. 131 Abs. 1 RVerf. v. 11./8.19, der an die Stelle der landesgesetzlichen Staatshaftungsgesetze getteten ist (RG. 102, 166, 106,34,107,61). — Anders verhält es stch, wenn die reichsrechtlichen Dorschttften dadurch, daß im Landesgesetz ans sie Bezug genommen ist, zu einem Bestandteil deS letzteren gemacht find, wenn sie insbesondere durch Landesgesetz auf Rechtsverhältnisse ausgedehnt worden sind, auf die sich die allgemeine Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung überhaupt nicht erstreckt. Die tatsächliche Uebereinstimmung der anzuwendenden landesgesetzlichen Normen mit den reichsrechtlichen Vorschriften verleiht jenen Normen, wenn die Landesgesetze nach dem Umfange ihres Geltungsgebiets irrevifibel sind, nicht die Revisibilität. RG. 82, 49, IW. 08. 20116, 13, 50024, 655«, 21, 1237 K, W. 09, 469, 16, 27, 257, Gr. 56,1063. Daher waren z. B. Vorschttften des Reichsbeamtenges., soweit sie durch Art. I Abs. 2 Ges. v. 23./12.73 auf die Rechtsverhältniffe der elsaß-lothttngischen Landesbeamten und Lehrer an öffentlichen Schulen für anwendbar erklärt worden waren, im Falle der Anwendung auf solche, in der elsaß-lothttngischen Landesverwaltung beschäfttgte Personen nicht revisibel. RG. 82, 49 (vgl. jedoch RG. 7, 73). Sofern auf das Beamtendienstver­ hältnis oder sonst bet Beurteilung staatsrechtlicher Fragen zur Ausfüllung einer Lücke an sich revisible Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes (z. B. § 618 BGB.) entsprechend anzuwenden sind, handelt es sich bei dieser Anwendung um das dem öffentlichen Rechte angehörende Beamtenrecht oder sonstige Staatsrecht, besten Regelung dem Landesrechte Vorbehalten ist. Soweit dieses irrevifibel ist, sind es auch die nur als sein Bestand­ teil angewendeten genannten Bestimmungen. RG. 95, 146, 97, 44, 104, eo, 109,10, Gr. 61, 663, (W. 17,53). Desgleichen ist, wenn das landesgesetzliche Staatsrecht (z. B. das braunschweigische) irrevisibel ist, auch das auf Grundsätzen der Wistenschast aufgebaute sog. subsidiäre (landcsrechtliche) StaatSrecht (z. B. über die Frage der Bedeutung eines Irrtums der Behörde bei Anstellung eines Beamten) nicht revisibel, da es seinen Anspruch auf Geltung als wirkliches Recht nur aus der Zulaffung durch das im übrigen gellende positive landesrechtliche StaatSrecht entnimmt. W. 14, 270.

Zweiter Abschnitt.

Revision.

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Vgl. ferner oben IW. 23, 602". — Auch prozeßrechtliche Revisionsrügen sind, wenn dem Klaganspruch nichtrevisibles Recht zugrunde liegt, in der Regel unzulässig. IW. 23, 602“. — Eine von einem Gouverneur einer in Feindesland eroberten Festung erlassene gesetzgeberische Bekanntmachung ist weder ein Reichsgesetz noch Gesetz eines deutschen Landes und daher nicht revisibel. W. 18, 44. » Auf Verletzung eines Gesetzes, das nicht ein ReichSgesetz ist, kann, sofern nicht eine der sich aus Anm. 1 ergebenden Ausnahmen Platz greift, gemäß § 549 in Ver­ bindung mit § 6 EG. u. § 1 Der. v. 28./9. 79 (Anm. 1) nur dann die Revision gestützt werden, wenn das Gesetz im Bezirke deS Berufungsgericht-, fei es auch nur in einem Teil davon, Geltung hat, RG. 6, 89, 418,63, 3is, 103, iv4, IW. 99,93«, W. 13, 125,332, und außerdem noch mindestens in dem Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts, RG. 36, 428, 39, 97, 308, 55, 316, 102,248, IW. 89, 432", 99, 201«*, 00, 16«, 83««, 02, 814«, 03, 420«, und zwar in der Weise, daß sich im ganzen für das betreffende Gesetz ein Geltungsbereich ergibt, der mindesten- den vollen Umfang zweier Bundesstaaten (jetzt deutscher Länder, Art. 2 RDerf.) oder zweier preußischer Provinzen oder eine- Bundesstaats (deutschen Landes) und einer preußischen Provinz begreift, wobei der Bezirk des Berufungs­ gerichts mitgezählt wird, wenn daS Gesetz in dessen ganzen Bezirke (nicht bloß in einem Teil) gilt, RG. 55, 316, 65, 14s, IW. 02, 314«, W. 24, 134 (daher ist z. B. nicht revisibel: die Konststorial- u. Disttationsordnung von 1573, weil ihr Geltungs­ gebiet nur den Hauptbestandteil der Provinz Brandenburg und einzelne Teile von fünf anderen Provinzen umfaßt, RG. 65, iso; die Rheinschiffahrtspolizeiordn. v.l./l. 13, weil sie nur für den Rheinstrom, nicht für den ganzen Umfang zweier preußischer Provinzen gilt, W. 24, 134). — Es genügt nicht, wenn zwar in einem anderen Oberlandesgerichtsbezirke gleiche Bestimmungen gelten, aber auf Grund anderer Gesetze. IW. 01, 122*. Jedoch ist die Identität eines an verschiedenen Orten geltenden Rechts nicht schlechthin an die Voraussetzung der Identität der Rechts­ quelle gebunden. RG. 5, 361, 405, 29, ioi. — Die Revisibilität einer Rechtsnorm ist dadurch bedingt, daß sie im Jnlande (im Bezirke deS Berufungsgerichts) als Gesetzesrecht gilt. Uebereinstimmung des zur Anwendung kommenden ausländischen (z. B. in Frankreich geltenden Code civil) mit dem deutschen (z. B. im Rheinland geltenden) Recht ergibt nicht die Revisibilität des ersteren. RG. 6, 413,8, 88, 10, iiß, 63, 818, 78, 49, IW. 96, 301’, 872", 463", 97, 20918, 99, 93«, 11, 718-8, W. 12, 353. Ueberhaupt kann die Revision niemals darauf gegründet werden, daß ausländisches Recht nicht richtig erkannt oder ausgelegt sei. RG. 6, 412, 10, lis, 172, 63, 818, 74, 433, 76, 284,78, 49, 81, 376, 82, 31, 91, 141, 95,272, 104, 392, Gr. 28, 889, 37, 419, 52, 144, IW. 00, 27818, 11, 718“, 13, 1154", W. 12, 353, 14, 2, 17, 113, 173, 23, 21, vgl. Anm. 1 § 562. In dieser Hinsicht ist ein von Deutschland während des Krieges besetztes Gebiet als Ausland anzusehen und find die dort geltenden Gesetze, einschließlich der von der deut­ schen Verwaltung erlassenen, ausländisches Recht. RG. 106,62, Gr. 61, 827, (W. 17,128), Anm. 2 a. E. (Hat jedoch das Berufungsgericht erklärt, da die Parteien Abweichungen der verschiedenen Rechte voneinander nicht behaupten wollten, lasse es dahingestellt, welches Recht maßgebend sei, und bringe deutsches Recht zur Anwendung, so ist die Frage, ob das deutsche Recht richtig gehandhabt ist, vom Revisionsgerichte nachzuprüfen. RG. 71, io, W. 17,151). — Dagegen kann die Revision auf die Behauptung gestützt werden, daß die Grundsätze des internationalen Privatrechts verletzt seien, also statt des inländischen Rechts das ausländische zur Anwendung gebracht worden sei, oder umgekehrt. RG. 2,13, 6, 395, 24, 383, Gr. 28, 889, IW. 00, 557«, auch RG. 76, 284. Auch Vorschriften einer internattonalen Uebereinkunft sind, wenn diese in Deutschland von den gesetzgebenden Körperschaften ratifiziert und verkündet ist, revisibel. RG. 40 112, 57,142. — Die HauSgesetze der Familien des hohen Adels sind nicht revisibel. RG. 43, 412, IW. 02, 422«. — Entscheidungen, die sich nicht darauf beschränken, dem Landesgesetz einen bestimmten Inhalt zu geben, sondern unter Zuhilfenahme allgemeiner Recht-begriffe oder Rechtssätze Folgerungen aus der Auslegung desselben gewinnen, binden das Revtfionsgertchl nicht. RG. 2, 70, 3, 205, 5, 872, 6, 895, 10,124. Ins­ besondere unterliegt die Entscheidung über das Bestehen eines parttkularen RechtssatzeS insofern der Nachprüfung, als der Bejahung oder Verneinung RechtSrrgeln zu­ grunde liegen, die selbst revisibel sind, RG. 2, 184, 5, sei, 20, 210, verb. mit 3,150, 4, 202, 5,185, 6, 135, z. B. soweit ein Konflikt des Parttkularrechts mit dem Reichs-

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A. II. Zivilprozeßordnung. Drittes Buch.

Rechtsmittel.

recht behauptet wird, RG. 2, 94, 15, 28. — Steht im konkreten Falle fest, daß die zur Anwendung zu dringenden Rechtsnormen dem irrevifiblen Rechte entnommen werden müssen, so ist nach § 562 die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen imb den Inhalt dieser Rechtsnormen für das Revistonsgericht maßgebend. RG. 60 170. Ist aber streitig, ob nicht statt des trrevistblen revifibleS Recht zur Anwendung zu kommen habe (z. B. weil die vom Berufungsgerichte der Entscheidung zugrunde gelegten irrevifiblen Rechtsnormen durch revisibles Recht aufgehoben worden feien), so steht dem RevifionSgerichte die Prüfung der Frage, ob nicht statt des irrevifiblen revifibleS Recht die Grundlage der Entscheidung zu Bitten hatte, in vollem Umfange zu. RG. 60, 170, 79, 81, IW. 99, 201*, auch RG. 2,184, 5, 872. Auch sonst kann die Revision darauf gestützt werden, daß durch die Anwendung nicht revifibler Rechts­ normen ein revifibleS Gesetz verletzt worden sei. RG. 102, 271. — Nach RG. 5, 417 sollen ausgehobene Landesgesetze, die nur noch infolge der Nichttückwirkung deS neuen Rechtes auf vorangegangene Fälle Anwendung finden, nicht revisibel sein. Jeden­ falls kann die Prüfung -es Berufungsurteils nur auf Grundlage der zur Zeit seiner Verkündung in Geltung gewesenen, nicht aber auf Grundlage erst nach Erlafiung des BerufungSurteUS in Kraft getretener Gesetze durch das Revistonsgericht erfolgen, RG. 45, 98,420,77,9,100,246, IW. 00,147, (15,10220), Gr. 59,502, es sei denn, daß die neuen Gesetze mit rückwirkender Kraft ergangen find, RG. 100,246, 101,147, 108,143, IW. 00, 154», 189«, oder daß es sich um authrnttsche Interpretationen handelt, durch die nach dem Berufungsurteil mittels eines späteren Gesetzes der wahre Inhalt eines früheren Gesetzes festgestellt ist, und die auch in der RevifionSinstanz zu beachten sind, RG. 63, 143. Eine Ausnahme bilden ferner die §§ 14, 15 des RG. über die durch innere Un­ ruhen verursachten Schäden v. 12./5. 20 (RGBl. 941), weil sie in den Prozeßbettieb eingreifen und daher auch vom Revisionsgericht zu beachten sind. IW. 21, 275*. Vgl. auch wegen Berücksichtigung: von Vorschriften des öffentlichen Rechts, die erst nach Erlassung des BerusungsuneilS in Kraft getteten sind, Anm. 4 § 561; einer Patentvernichtung innerhalb der RevistonSinstanz Anm. 4 § 561. — Wegen Verletzung von Auslegungsregeln eines revistblen Gesetzes Bet Auslegung irrevisibler Gesetze kann ein Urteil nicht aufgehoben werden. RG. 39,885 (vgl. dagegen IW. 96, 667"). — Revisibel z. B.: Rechtsnormen des gemeinen deutschen Rechtes, auch als subfidiäres deutsches Recht beim Mangel partikularrechtlicher Normen, und selbst wenn sie parttkularrechtlich kodifiziert find, RG. 3, 203, 5, 403, 100, 233, W. 14, 270; gemeines deutsches Lehnsrecht, W. 17,71; gemeines protestantisches Kirchen-, insbesondere Eherecht, RG. 1, 826, 15, 191, FW. 08, 756; gemeines deutsches Staatsrecht, RG. ß, 204 (vgl. da­ gegen hinsichtlich des alS subfidiäres landesrechtliches Staatsrecht gellenden gemeinen deutschen Staatsrechtes W. 14^ 270, Anm. 2); als Landesgesetze publizierte päpstliche Bullen, RG. 2, 342; Rechtsnormen über das Verhältnis des ParttkularrechteS zum gemeinen Recht, IW. 05, 88"; allgemeine Grundsätze des gemeinen oder preußischen Rechts über Bildung eines lokalen Gewohnheitsrechtes, RG. 2, 421, 76, 114, Gr. 55, 99, IW. 05, 88", 10, 662"; französisches Recht in Frankfurt a. M., Gr. 51, 1070, IW. 07, 311»; das anhaltische Berggesetz i. d. Fass. v. 2O./3. 96, IW. 16, 1338». Jrrevifibel z. B.: Bestehen und Inhalt eines parttkularen Gewohnheitsrechtes für ein preußisches oder ein gemeinrechtliches Gebiet, soweit nicht etwa die allgemeinen Grund­ sätze des preußischen oder gemeinen Rechtes über die Bildung eines Gewohnheitsrechts verletzt sind, RG. 76, 114, 94, 72, Gr. 55, 99, IW. 01, 652», 05, 88", 12, 484"; weftfäl. GütergeuieinschGes. v. 16./4. 60, RG. 60,170, 82, 268, IW. 05, 219”; mark. Konfist.u. VifitOrdn. v. 1573, RG. 65, ieo; gemeines Recht in Schleswig, Gr. 49,1037; gemeines Recht im Oberlandesgerichtsbezirk Cöln, RG. 41, 350. Vgl. ferner RG. 2 882 (BadGes. v. 28./8. 35), 12, 805 (BadEG. v. 3./3. 79), IW. 91, 413 (Stiftungs­ urkunde v. 24./12.1696), 98,864 (Lippescher Vergleich v. 24./5.1792), 05,222 (rheinische Notariatsordn.), 06, 117 (PrGes. v. 14./3. 80), 07, 81» (rheinische Städteordn.), 09, 819» (PrALR. im Cölner Bezirk), 10,11624 (BadAG.), 10, 241" (hamburgisches Stempelgesetz), 11, 490» (PrALR. im Bezirk Frankfurt a. M.), 12, 484" (Urbarien über die Rechtsverhältnisse zwischen Otts- und Kirchengemeinden in Schlesien), 14, 48» (badisches Wafsergesetz v. 26./6. 99), W. 11, 479 (PrGes., betr. Uebersetzen über den Rhein v. 4./7. 40), 12, 268 (gemeines Recht in Sachsen), 13,126 (eheliches Güterrecht nach märllschem Recht oder Sachsenspiegel im Bezirk Düsseldorf), 15, 53 (VO. v. 15./5.

Zweiter Abschnitt. Revision. §549

625

06 über die Schiffahrt auf der Oder), RG. 75, 76 (Vayer. Hypothekenges. v. 20./12. 03), RG. 78, 156 (bremisches Einkommensteuerges. v. 20./4. 05), RG. 92, 354 (Anspruch wegen Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit durch einen Staatsanwalt in Mecklenburg), Gr. 63, 748 (Schulordnung für die Provinz Preußen v. 11./12. 1845), RG. 102, 14 (Frankfurter Land gemeindeordnung von 1824). — Wenn neue Gesetze ein früher geltendes Landesgesetz, das nach der DO. v. 28./9. 79 (f. Anm. 1) revisibel war (z. B. das badische Wafferges. v. 25./8. 76 nach Nr. 74 DO ), nicht bloß ergänzen, sondern eine vollständige und umfaffende Neuregelung der betreffenden Rechtsmaterie enthalten (z. B. das badische Wafferges. v. 26./6. 99), sind sie, falls sie nicht durch eine neue VO. für revisibel erklärt worden sind, irrevistbel. IW. 04, 465», 10, 116-", Gr. 58, 485, (W. 14, 33). Ebenso für gothaisches Berggesetz v. 23./10. 1899 im Gegensatz zu dem Gesetz von 1868. Gr. 61, 493, (IW. 16, 494“, w. 16, 179), auch W. 13, 332, 17, 254. Anders ist die Sach­ lage hinsichtlich des anhaltischen Berggesetzes v. 20./3. 96 im Verhältnis zu dem früheren anhaltischen Berggesetz v. 30./4. 75. Gr. 61, 492, (W. 16, 236). — Vgl. ferner Anm. 1 § 550 über den Begriff der Gesetze, die, wenn sie hinsichtlich des Umfangs des Geltungsgebietes die Erfordernisse des Abs. 1 und des § 1 VO. v. 28./9. 79 erfüllen (s. oben), revisibel sind, und § 562: die Entscheidung des Berufungsgerichts über daS Bestehen und den Inhalt irrevistbler Gesetze ist für das Revistonsgertcht maß. gebend (s. oben RG. 60, 170 über die Bedeutung). * ES kann also, falls nicht ein absoluter RevisionSgrund gemäß § 551 vorliegt (RG. 83, 4), eine Gesetzesverletzung nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Be­ rufungsurteils führen, wenn die Entscheidung auf dem Mangel beruht, d. t. wenn mindestens die Möglichkeit gegeben ist, daß ohne die Gesetzesverletzung anders erkannt worden wäre. RG. 82,275. Das angefochtene Urteil beruht mithin nicht auf der Verletzung deS Gesetzes, wenn feststeht, daß auch ohne sie nicht ander- entschieden worden wäre, so daß die Partei nicht dadurch beschwert ist (Ausnahme: § 551). RG. 57, 18S. Z. B. ist die Partei nicht beschwert, wenn im Urkundenprozeß nach einem in 2. In­ stanz erlassenen Vorbehaltsurteil daS Nachverfahren unrichtiger Weise (vgl. Anm. 1 8 600) bei dem Gericht erster Instanz eingeleitet, dann aber in die zweite Instanz gediehen ist und hort über den ganzen Prozeßstoff nochmals verhandelt worden ist. RG. 57, iss. — Entspricht ferner der Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht den Vorschriften der §§ 313 Nr. 3, 643, so führt dies nur dann zur Aufhebung, wenn dadurch der Ueberblick über das Parteivorbringen derart erschwert ist, daß daS RevistonSgettcht die Prüfung des Urteils nicht mit genügender Sicherheit vornehmen kann. IW. 07, 483», 08, 685», 12, 249". — Ein Berufungsurteil kann auch nicht lediglich wegen Mängel des Verfahrens erster Instanz angefochten werden. Anm. 4 § 539. — Die mangelnde Revisibilität einer Rechtsnorm gilt nicht bloß nach der positiven, sondern auch nach der negativen Seite; die Entscheidung ist sowohl, soweit eine solche Gesetzesbestimmung zu Unrecht angewendet, als auch, soweit ihre Anwendung zu Unrecht unterblieben sein soll, der Nachprüfung in der Revistonsinstanz entzogen. IW. 01, 122®, auch 252». — Das Berufungsgericht muß aber die Rechtsquellen, die es im einzelnen anwendet, genau bezeichnen. IW. 00, 524», 05, 374». Es ist nicht zu billigen, wenn der Berufungsrichter es dahingestellt sein läßt, ob ausländisches oder deutsches Recht anzuwenden sei; für Privatrechtsverhältnisse ist im Streitfälle regelmäßig nur ent­ weder das ftemde oder das deutsche Recht maßgebend, und in den Grenzen des § 293 hat der deutsche Richter auch das maßgebende fremde Recht von Amts wegen zu ermitteln. RG. 71, 9, 100,81, W. 17, 151, 21, 14s. Wenn jedoch der Berufungs­ richter in solchem Falle zugleich feststellt, daß in den entscheidenden Vorschriften das ausländische Recht mit dem deutschen Recht übereinstimmt, so ist, sofern auslän­ disches Recht zur Anwendung zu bringen ist, diese Auslegung deS ausländischen Rechts nach § 562 für das Revistonsgertcht bindend. W. 15, su. 6 Abs. 2 ist durch Nov. V.5./6.05 htnzugefügt. Vgl. hierüber Anm. 2 § 547. Vgl. auch die jetzt durch die DO. v. 13./2. 24 eingefügte gleiche Bestimmung für die Be­ rufung im §512 a. — Die Bestimmung schließt für den Fall, daß das Berufungsgericht die örtliche Zuständigkeit bejaht hat, eine Anfechtung der Entscheidung hierüber schlechthin auS, ohne zu unterscheiden, auf welchen rechtlichen Erwägungen die Entscheidung über die Zuständigkett beruht, z. B. auch eine Anfechtung, die sich darauf gründet, daß der Ent-

Ztvllprozeßordmrng. 18. Aufl.

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626

A. II.

Zivilprozeßordnung.

Dritte- Buch.

Rechtsmittel.

scheidung über die Zuständigkeit eine unrichtige Auffassung über Parteifähigkeit, gesetz­ liche Vertretung einer Partei oder sonstige Prozeßvoraussetzungen zugrunde liege. RG. 93, toi, W. 16,151, (IW. 16, 1022“). Ein Unterschied ferner zwischen dem Fall, in dem die örtliche Zuständigkeit eine- ausländischen Gerichts neben derjenigen eines deutschen Gerichts in Frage steht, und dem Fall, in dem die Wahl zwischen deutschen Gettchten zu treffen ist, besteht nicht; auch im ersteren Fall findet, wenn daS deutsche Gericht seine örtliche Zuständigkeit angenommen hat, die Bestimmung deS Abs. 2 An­ wendung, so daß die Revifion nicht daraus gestützt werden kann, es sei nicht da- be­ treffende deutsche, sondern ein ausländische- Gericht öttlich zuständig. W. 15, 247. — Ist mit der Revision lediglich die die Einrede der öttlichen Unzuständigkeit verwerfende Entscheidung des Berufungsgerichtes angefochten worden, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (nicht als unbegründet zurückzuweisen). RG. 93, 352. — Die Frage, ob ein Schiedsspruch auf der Gerichtsschreiberei des örtlich zuständigen Gerichts nieder­ gelegt ist (§ 1039), ist durch Abs. 2 nicht der Nachprüfung durch das Revifionsgericht entzogen. RG. 68, iss.

550» (512.) Das Gesetz* ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet wordm ist? 1 Nach § 12 EG. ist Gesetz im Sinne der ZPO. jede Rechtsnorm. Diese Ledeutet ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und Erkenntnisquelle eine jede Satzung, die für Fälle bestimmter Art als Regel dient und objektives Recht schafft, somit

einen Nechtssatz aufstellt, gleichviel ob dieser gebietender, verbietender oder bloß verechttgender Natur ist, RG. 3, 426, 79, 165, IW. 00, 533-°; und nicht nur aus­ drücklich und förmlich gesetztes Recht hat als Rechtsnorm zu gelten, sondern auch jeder aus dem Wege der Folgerung aus Sinn und Zusammenhang der Gesetze ab­ zuleitende Rechtsgrundsatz, RG. 6, 237, 46, 43. — Zu den Rechtsnormen gehören zunächst die Gesetze im engeren Sinne, worunter zu verstehen ist: „eine jede nach den Grundsätzen des öffentlichen Rechts deS Deutschen Reiches und seiner Mitgliedstaaten über die Quellen deS objektiven Rechts in gülttger Weise geschaffene Norm des objekttven (nicht Vertrags-) Rechts." RG. 18,215, 68, i 260), OLG. 15, 167.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§ 718

779

i» Nach dem durch die Nov. v. 22./S. 1910 hinzugefügten Abs. 3 gilt bezüglich der Urteile der Oberlandesgerichte der vor der Nov. v. 17./5. 98 hinsichtlich aller Urteile in Geltung gewesene Rechtszustand. Vgl. hierüber Anm. 3, 5. Der frühere Satz 3: „Die Vorschriften des § 541 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung" ist durch die VO. v. 13./2. 24 gestrichen und durch die jetzigen Sätze 3, 4 ersetzt worden, welche die bisherigen Sätze 2, 3 des § 541 Abs. 2 wörtlich wiedergeben. Sachlich ist also keine Aenderung eingetreten; die neue Fassung ist durch den Fortfall des § 541 verursacht wordev. — Hiernach hat der Kläger, der ein in venuö gensrechtlichen Streittgkeiten er­ gangenes Urteil eines Oberlandesgerichts gegen den verurteilten Beklagten vollstrecken läßt, diesem, wenn das Urteil vom Revifionsgericht ausgehoben oder abgeändert wird, nicht, wie nach Abs. 2 im Falle der Aufhebung oder Abänderung anderer gegen den Beklagten vollstreckter Urteile, den durch die Vollstreckung oder durch eine zu deren Abwendung gemachte Leistung entstandenen Schaden zu ersetzen, sondern nur das Gezahlte oder Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtsertigtm Bereicherung zu erstatten. Mit der Zahlung oder Leistung sind die materiell­ rechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit des Erstattungsanspruchs verbunden, auch wenn der Antrag auf Erstattung nicht gestellt wird. Materiellrechtliche Einwendungen (z. B. die der Aufrechnung) sind nicht zulässig. RG. 103, 352, OLG. 26, 374, vgl. Anm. 3. Ein Anspruch aus Schadensersatz, wozu insbesondere auch der Anspruch auf Zinsen von dem Gezahlten gehört, kann nur bei Nachweis eines Verschuldens nach Maßgabe der §§ 828 ff. BGB. geltend gemacht werden, und zwar nur mit besonderer Klage ivgl. Anm. 8). — Dies galt früher nicht hinsichtlich der gegen den Beklagten vollstretten Versäumnisurteile der Oberlandesgerichte, weil diese in § 708 Nr. 7 von den ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklärenden Urteilen ausgenommen waren. Im Falle ihrer Aufhebung oder Abänderung konnte der Beklagte nach der Regel )es Abs. 2 Schadensersatz ohne Nachweis eines Verschuldens (s. Anm. 8) ver­ langen, und zwar auch in dem anhängigen Rechtsstreite (s. Anm. 9). Nachdem die Ausnahme in § 708 Nr. 7 durch VO. v. 13./2. 24 gestrichen ist (s. Anm. 8 § 708), findet euch bei Aufhebung oder Abänderung dieser Urteile auf die Erstattungspflicht des KligerS der Abs. 3 (nicht Abs. 2) Anwendung. 718. (656.) In der Berufungsinstanz ist über die vorläufige Dollstreckbarkeisi auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheidend 3 Eine Anfechtung der in der Berufungsinstanz über die vorläufige Dollstreckbrrkeit erlassenen Entscheidung findet nicht statt4 1 Vgl. §§ 534, 560 (ein nicht oder nicht unbedingt für vorläufig vollstreckbar er­ klärtes Urteil 1. oder 2. Instanz ist, soweit es nicht in höherer Instanz angefochten wird, aus Antrag in der mündlichen Verhandlung für vorläufig vollstreckbar zu erklären). — Du Vorschrift bezieht sich nicht aus die Bestimmung der Art d er chrer Höhe nach festgesetten Sicherheitsleistung. Anm. 2 § 710 und Anm. 1 § 714, OLG. 21, 104. Vgl. jÄoch Anm. 3 über Herabsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung. 8 Die Entscheidung muß stets auf Grund mündlicher Verhandlung und durch Urteil irfolgen. RG. 66, 305, Gr. 38, i?8, IW. 01, 38", vgl. Anm. 2 § 710. — Die virläufige Vollstreckbarkeit kann auch allein Gegenstand der Berufung sein. RG. 2-, 423, 25, 424, IW. 12, 247". Ist zugleich in der Hauptsache Berufung ein­ gelegt, so ist durch Teilurteil gemäß § 801 über die Vollstreckbarkeit zu entscheiden, da dieß einen Teil des Streitgegenstandes bildet. OLG. 13,179, auch RG. 25, 424, 104, 3(3, IW. 06, 502". — Gebühren: des Gerichts früher (5/10) § 26 Nr. 7, vgl. jedoch auch § 28 GKG. a. F., jetzt §§ 20 Nr. 3, 28 GKG. in d. F. v. 21./12. 22 (doppele Gebühr); des Anwalts früher § 20 (5/10), jetzt, nachdem § 20 durch Ges. t. 18.-8. 23 gestrichen, die vollen Gebühren der §§ 13, 52 GO. f. RA. in d. F. v. 21./12.22, 18./8. 23, vgl. jedoch § 25 (dieselbe Gebühr in der Instanz nur einmal). 8 Der ftühere Abs. 2: „Die Bestimmung des § 524 über die Vertagung der mündlihen Verhandlung findet in diesem Falle keine Anwendung" ist durch die Text-B:!. v. 13./5. 24 gestrichen worden, weil die Bestimmung des § 524 durch die BO. V.13./2. 24 überhaupt beseitigt ist. 4 Gleichviel, ob die Entscheidung wegen Unrichtigkeit oder ob sie wegen Unzuläsfigker anzufechten gesucht wird. RG. 59, 64, IW. 05, 502" (anders wie in den

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

Fällen der §§ 707, 719, s. Anm. 8 § 707). — Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist Gegen­ stand der vorn Berufungsgericht zu erlaffenden Entscheidung auch dann, wenn die Partei, zu deren Gunsten ein den Gegner zu einer Leistung verurteilendes, gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil ergangen ist, gegen das Urteil Berufung wegen der Höhe der Sicherheitsleistung eingelegt hat und in der Be­ rufungsinstanz Herabsetzung der Sicherheitsleistung verfolgt, RG. 66, 305, 104, 303, IW. 05, 50233, und deshalb ist die in solchem Falle vom Berufungsgericht (durch Teilurteil, s. Anm. 2) erlassene Entscheidung, wodurch die Sicherheitsleistung herab­ gesetzt worden ist, eine in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit erlassene Entscheidung im Sinne des Abs. 2, so daß Revision gegen dieses Urteil nicht zulässig ist, RG. 104, 303.

719. (657.) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so finden die Vorschriften des § 707 entsprechende Anwendung.' Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erkürtes Urteil ein­ gelegt, so hat das Revisionsgericht auf Antrag anzuordnen, daß die Zwangs­ vollstreckung einstweilen eingestellt werde, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde? Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen? 1 Nach dieser Vorschrift des Abs. 1 tarnt also das Einspruchs- oder das Be­ rufungsgericht auf Antrag auordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung (des Schuldners) einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung (deS Gläubigers) stattfinde. W. 15, 132. Die Vorschrift findet auch aus die gegen Sicherheitsleistung (§§ 710 S. 1, 713) vorläufig vollstreckbaren Urteile Anwendung. RG. 37, 411, OLG. 13, 78, 18, 391, auch RG. 27, 864. Hierbei kann die vorläufige Vollstreckbarkeit auch von einer anderen oder höheren Sicherheit, als in der' Vorentscheidung, abhängig gemacht, RG. 27, 864, 66, 806, auch 37, 412, oder die Bedingung der Sicherheitsleistung ganz in Wegfall gebracht werden, RG. 47, 419. Ferner findet die Vorschrift auch aus die erst in der Berufungsinstanz gemäß § 634 für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteile Anwendung, wenn die Berufung auch aus den zunächst nicht angefochtenen Teil des erstinstanzlichen Urteils ausgedehnt wird. IW. 01, 59». Desgl. im Falle des Einspruchs gegen DollstreckungSbesehle (§ 700). OLG. 36, 113 Anm. — Dagegen nicht aus: rechtskräftige DorbehaltSurtelle im Urkundenprozeß wegen Anhängigbleibens des Rechtsstreites im ordentlichen Verfahren, IW. 10, 6922, OLG. 29, 229, Anm. 2 § 707; gerichtliche Vergleiche (§ 794 Nr. 1), wenn sie mit der Berufung als rechtsungültig angefochten werden, Gr. 64, 679, Anm. 2 § 707, Anm. 4 § 794; Arrestbesehle oder einstweilige Verfügungen, IW. 87, 312, 93, 5401», 94,142s, 22,14112», OLG. 25,149, auch nicht, wenn sie durch Urteil erlassen sind, da diese Urteile, wenngleich aus ihnen die Vollziehung unmittelbar stattfindet, doch nicht zu den vorläufig vollstreckbaren Urteilen im technischen Sinne gehören, RG. 40, 383, 42, 361, IW. 00, 623°, OLG. 17, sßo, es sei denn, daß die einstweilige Verfügung dem Gläubiger volle Befriedigung verschafft (wozu sie aus­ nahmsweise in der Lage ist, Anm. 1 § 938), IW. 24, 980». Jedoch ist die Vorschrift aus die einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung aushebenden Urteile (vgl. § 708 Ziff. 6) anwendbar, soweit sie eine Vollstreckung zulassen (z. B. die Löschung einer Vor­ merkung anordnen). RG. 26, 401. — Zn der Berufungsinstanz ist der Antrag nur so lange zulässig, als noch nicht über die Aufhebung der vorläufigen Vollstreckbarkeit gemäß § 718 entschieden ist. Wenn das BerusungSurteU bereits erlassen ist, kann das Berufungsgericht die Anordnung, selbst wenn durch das Urteil die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht aufgehoben ist, nicht mehr treffen. RG. 86, 431. Ueber das Verhältnis des § 719 zu § 718 vgl. Anm. 2 § 718. — Ist das Urteil bereits voll­ streckt, so handelt es sich nur noch um Rückforderung des Beigetriebenen (§ 717 Abs. 2), nicht um Einstellung der Zwangsvollstreckung. Anm. 6 § 707. In diesem Falle kann nur die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Frage kommen. IW. 99, 3947. Dies jedoch auch nicht, wenn daS Urteil selbst eine einstweilige Der-

Erster Abschnitt. Allgemeine Besttmmungcn. § 719

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fügung betrifft, durch die eine Handlung untersagt ist; in diesem Falle ist die Auf­ hebung deS Urteils der allein zulässige Weg. RG. 40, 383. — Der Antrag muß, ab­ gesehen von dem Falle des Einspruchs, beim Berufungsgericht gestellt werden. Anm. 3 § 707. Da der Rechtsstreit bei diesem mit der Einreichung der BerufungSschrift (§ 618) anhängig wird, ist von diesem Augenblicke an der Anttag zulässig. — Dgl. im übrigen die Anm. 3—8 § 707, insbesondere (Anm. 5) wegen der Gebühren und (Anm. 8) darüber, ob und inwieweit eine Anfechtung deS BeschluffeS stattfindet, und daß das Gericht im Laufe der Instanz seine Anordnung bei eingettetener Deränderung der Sachlage von Amts wegen wieder ausheben kann. — Ergeht ein die Vorentscheidung aufrecht erhaltendes (z. B. die Berufung zurückweisendes) End. urteil, so wird die Anordnung von selbst und ohne daß es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf, außer Kraft gesetzt. RG. 42, 370. — Die §§ 707, 719 finden auch auf Urteile der Gewerbe, und KanfmannSgerichte Anwendung. IW. 96, eoo, OLG. 15, 1. 8 Durch die Nov. v. 22./B. 1910 sind die Abs. 2, 3 hinzugefügt und im Abs. 1 an Stelle von „ein Rechtsmittel" gesetzt „die Berufung". Danach gelten für den Fall, daß nach Einlegung des Rechtsmittels der Revision Einstellung der Zwangs­ vollstreckung beantragt wird, nunmehr die besonderen Bestimmungen der Abs. 2 u. 8 und ist die entsprechende Anwendung des § 707 (Anm. 1) für die Revisionsinstanz ausgeschloffen. W. 15,132. — Aus den Worten „hat anzuordnen" im Abs. 2 folgt, daß das Revistonsgericht auf den Anttag des Revisionsklägers nicht in eine materielle Prüfung über die Aussichten der Revision einzutreten, sondern sich auf die Prüfung zu beschränken hat, ob glaubhaft gemacht ist, daß die Vollstreckung des ober­ landesgerichtlichen Urteils dem Revisionskläger einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. KB. 35, W. 14,175, 15, is2, auch RG. 104, 304. Wird dieses für glaubhaft gemacht erachtet, so hat das Revistonsgericht die fragliche Anordnung zu erlaffen, ohne Rücksicht darauf, ob das Urteil ohne oder nur gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers vorläufig vollstreckbar ist. RG. 79, 224. — Vorgesehen ist lediglich eine Anordnung auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung; daher ist eine Anord­ nung auf Herabsetzung der Sicherheit, die der Schuldner etwa nach dem Berufungsurteil zur Abwendung der Vollstreckung des Urteils zu leisten hat, unzulässig, da sie gegenüber der einstweiligen Einstellung nicht ein Weniger, sondern eine andere Anordnung sein würde. W. 15, 132. — Unter „nicht zu ersetzendem Nachteil" ist ein solcher Nachteil zu verstehen, den der Gläubiger dem Schuldner nicht zu ersetzen vermag. W. 15,132. Es muß glaubhaft gemacht werden, daß die Vollstreckung zum Nachteile des Revistonsklägers einen Zustand herbeiführt oder eine Wirkung auslöst, die nach­ träglich nicht wieder beseitigt oder ausgeglichen werden kann (anders in den Fällen §§ 710 S. 2, 917). Z. B. ist eine bloße Erschwerung der Rechtsverfolgung im Auslande nicht genügend. RG. 79, 223. Ferner stellt einen nicht zu ersetzenden Nachteil, den die Vollstreckung des Urteils bringen würde, im Falle mehrerer verurteilter Beklagter für keinen von diesen Beklagten die Tatsache dar, daß der Kläger gegen den einen Beklagten den Anttag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt hat und somit die Gefahr des Konkurses über das Vermögen dieses Beklagten droht. W. 14,175. — Aus dem Wortlaute des Abs. 2 ergibt sich, daß das Revistonsgericht, wenn es dem Anttage stattgibt, nicht selbst die Zwangsvollstreckung einzustellen, sondern nur anzuordnen hat, daß die Zwangsvollstreckung einzustellen ist. KB. 35. — Die Vorschrift des Abs. 2 ist nicht bestimmt für Fälle, in denen den Parteien die Gewährung ausreichender Hilfe schon in der Berufungsinstanz geboten ist; sie dient vielmehr nur zur Be­ friedigung eines erst nach Erlaffung des Berufungsurteils hervorgettetenen BedürfSjffeS. Daraus ist zu folgern, daß, wenn der Anttagsteller in der Lage war, vor dem erusungsgericht Anttäge gemäß §§ 712 und 713 Abs. 2 zu stellen, insbesondere mit der gleichen für den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung jetzt gegebenen Begründung zu beanttagen, daß das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werde (§ 712), der Anttag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht zu­ lässig und vom Revisionsgettcht von vornherein zurückzuweisen ist. RG. 83, 299. — Ist mit der Revision ein lediglich über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidendes (vgl. Anm. 3 § 718) BerufnngSurteil (Teilurteil, s. Anm. 2 § 718) angefochten, so ist, wie nach § 718 Abs. 2 die Revision, desgleichen ein Anttag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil unzulässig. RG. 104, 303,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung.

8 ASs. 8 bezieht sich nur auf eine Entscheidung nach Maßgabe des Abs. 2. Für die Fälle des Abs. 1 enthält schon der dort in bezug genommene § 707 im Abs. 2 die gleiche Bestimmung (bezüglich der fakultativen mündlichen Verhandlung).

720. (659.) Ist in Gemäßheit des § 713 Abs. 2 dem Schuldner, nachge­ lassen, durch Sicherheitsleistung^ oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden,2 so ist gepfändetes Geld oder der Erlös gepfändeter Gegen­ stände zu hinterlegend 1 §§ 108 ff. 8 Nämlich: Ohne daß er davon Gebrauch gemacht hat, so daß es zur Zwangsvollstreckung gekommen ist. 8 Ausnahme von § 815 Abs. 1. Dem Schuldner soll die nachträgliche Sicherheits­ leistung oder Hinterlegung behufs Abwendung weiterer Zwangsvollstreckung ermöglicht werden. — Mit der Hinterlegung erwirbt der Gläubiger ein Pfandrecht an dem Anspruch auf Auszahlung des hinterlegten Betrages gegen den Staat. W. 18, 30, (IW. 13, 10217). — Will der Schuldner von der Befugnis nicht Gebrauch machen, zahlt er vielmehr dem Gerichtsvollzieher vor der Pfändung das Geld, ohne die Hinterlegung zu verlangen, so findet die Vorschrift keine Anwendung, sondern das Geld ist vom Gerichtsvollzieher an den Gläubiger auszuzahlen. KB. 175. — Vgl. Anm. 1 § 754 darüber, daß, wenn der Gerichtsvollzieher das Geld nicht hinterlegt, sondern unter« schlägt, den Schuldner der Verlust trifft, er nicht befreit wird und der Gläubiger ihm für den Schaden nicht haftet.

7211. Wird auf Räumung einer Wohnung erkannt^ so sann8 das Gericht aus Antrags dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Frist zur Räumung8 gewähren.8 Auf den Antrag finden die Vorschriften der §§ 714, 716 entsprechende Anwendung.? 1 Die durch die Nov. v. 17./5.98 eingefügte Vorschrift bezweckt, Härten bei sofortiger Vollstreckung des Raumungsurteils zu vermeiden. Mot. 146. Sie ist eine rein prozeßrechtliche Vorschrift,' eine Aenderung der materiellen Rechtslage wird durch die Gewährung einer Räumungsfrist nicht bewirkt. IW. 22, 818». — Die Vorschrift gilt auch im Derf. nach dem RGes. über Mieterschutz und Mieteinigungsämter v. 1./6. 23 (RGBl. I 353) (§ 5 Abs. 3). — Ueber das Verfahren des Gerichtsvollziehers bei der Räumung vgl. Anm. 1 § 885. 8 § 885. — Die Befugnis des Gerichts greift in gleicher Weise bei rechtskräftigen wie bei vorläufig vollstreckbaren Urteilen (§ 709 Nr. 1) Platz. Mot. 146. Sie ist auch nicht auf Räumungsurteile beschränkt, die auf Grund eines Mietverhältniffes ergehen, sondern ist auch gegeben, wenn die Klage auf ein anderes Rechtsverhältnis (z. B. auf Eigentum oder Besitz) gestützt ist. IW. 22, 818». 3 Die Fristgewährung ist abzulehnen, wenn sie unverhältnismäßige Nachteile für den Vermieter zur Folge haben würde, z. B. dann, wenn die Räume bereits anderweit vermietet sind. KB. 176. 4 Der Richter hat gemäß § 139 i. d. F. v. 13./2. 24 (früher nur im Verfahren vor den Amtsgerichten gemäß § 502) auf Stellung dieses Antrages geeignetenfalls hinzuwirken. KV. 176, IW. 21, 1362». — Der Beklagte macht mit Stellung des Antrags nicht einen selbständigen Anspruch geltend, den er etwa einklagen oder im Wege der Widerklage verfolgen könnte. IW. 15, 416, 465. — Ein von dem Gegner erhobener Widerspruch ist nicht als Widerspruch gegen einen Anspruch anzusehen. Daher wird, wenn der Beklagte den Räumungsanspruch anerkennt und die Bestim­ mung einer Räumungsfrist beantragt, durch den Widerspruch des Klägers gegen diesen Antrag die Verhandlung nicht zu einer streitigen im Sinne des 8 20 Nr. 3 GKG. i. d. F. v. 21./12. 22 (früher des § 19 a. F.). IW. 15, 416. ® Bei der Räumungsklage gegen einen Pächter ist die Fristgewährung insoweit statthaft, als dabei eine Wohnung in Frage kommt. KB. 177. 6 Die Gewährung der Frist ist von Gegenerklärungen des Gläubigers unab­ hängig. IW. 15, 416. — Die Entscheidung ist unter denselben Voraussetzungen und mit denselben Rechtsmitteln angreifbar wie das Urteil überhaupt. KB. 177.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§§ 720—723.

783

7 Der Antrag ist also seitens des Beklagten vor dem Schluffe der letzten mündlichen Verhandlung zu stellen. Im Falle der Uevergehung des Antrages findet eine Er. gänzung des Urteils gemäß § 321 statt. Mot. 147. 3. Vollstreckung ausländischer Urteile.

722. (660.) Aus dem Urteil eines ausländischen Gerichts* findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch ein Dollstreckungs­ urteil ausgesprochen ist2 Für die Klage auf Erlassung desselben ist das Amtsgericht oder Land­ gericht, bei welchem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand2 hat, und in Ermangelung eines solchen das Amtsgericht oder Landgericht zu­ ständig,^ bei welchem in Gemäßheit des § 23 gegen den Schuldner Klage er­ hoben werden famt.6 1 Urteil: „gerichtliche Entscheidung, die einen Rechtsstreit zwischen Patteien auf Grund eines Leiden Parteien Gehör gewährenden, ordentlichen oder summarischen prozeffualen Verfahrens erledigt." RG. 16, 428. Unter diesen Voraussetzungen auch Beschlüffe (z. B. über Alimentenansprüche der Ehefrau im Laufe eines Scyeidungsprozeffes). OLG. 18, 392. Ferner stehen gerichtliche Kostenfestsetzungen (s. Sinnt. 1, 8 § 728) einem Urteil gleich. W. 08, 686. — Für die Frage, ob das zu vollstreckende Urteil ein ausländisches ist, ist der Zeitpunkt seiner Verkündung, nicht der Zeitpunkt, in dem die Vollstreckung begehrt wird, maßgebend und zwar auch dann, wenn das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist. IW. 21, 541*. — Wegen ausländischer Schiedssprüche vgl. Anm. 1 § 1042. — Zur Zwangsvollstreckung aus dem Urteil eines Schutzgebietsgerichts bedurfte es eines Vollstreckungsurteils nicht. RG. 84, 261. 8 Es ist nicht zulässig, auf Grund des ausländischen Urteils im Jnlande eine auf abermalige Verurteilung gerichtete Judikatsklage zu erheben, da die §§ 722, 723 die Zwangsvollstreckung aus ausländischen Urteilen erschöpfend regeln. RG. 16, 8. 8 Hat der Erve die Aufnahme des allgemeinen Vorbehalts seiner Haftungs« beschränkung in das Urteil des HauptprozeffeS gemäß § 780 erwirkt, so steht seiner Klage auf Erklärung der Unzulässigkeit der demnächst vom Gläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung mit dem Einwande, daß ein Aufgebot der Nachlaß gläubiger gemäß §§ 1970 ff. BGB. stattgefunden habe und in diesem Verfahren jener Gläubiger durch Ausschlußnrteil (§ 995) ausgeschlossen sei, die Vorschrift des § 767 Abs. 2 nicht deswegen entgegen, weil das Ausschlußurteil bereits vor dem Urteil des Haupt­ prozesses erlassen war und er die Ausschließung schon im Hauptprozeffe hätte geltend machen können. RG. 83, 330, Anm. 3 § 780. — §§ 769, 770: Anordnung der einst, weiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung. — Die Ablehnung der Eröffnung deS NachlatzkonkurseS wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse (§ 1990 BGB.) rechtfertigt nicht den Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem gegen den Erben erwirkten Leistungsurteil überhaupt vorläufig einzustellen, da dieser Umstand (anders wie die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des Nachlaßkonkurses [§ 1975 BGB l) die Nachlaßgläubiger nicht an dem Vetteiben der Zwangsvollstreckung hindert, sondern nur eine Einwendung des Erben gegen die von einem solchen Gläubiger erwirkten, über den Nachlaß hinausgreifenden Vollstreckungsmaßregeln be­ gründet. OLG. 37, 170 (vgl. aber OLG. 35, 177, 36, 228). — Gebühren für das Verfahren über Anträge auf vorläufige Einstellung: des Gerichts früher § Sb Nr. 1 GKG. a. F. ?/io), jetzt § 34 Nr. 1 GKG. i. d. F. v. 21 ./12. 22 (V4); des Anwalts (3/1n) § 23 Nr. 2, § 80 Nr. 2, jedoch auch § 29 Nr. 4 GO. f. RA. i. d. F. v. 21./12. 22. d) in Ansehung deS Ehegatten, deS UebernehmerS eines Ver­ mögens, der Abkömmlinge, des Vermächtnisnehmers.

786? auf die

Die Bestimmungen des § 780 Abs. 1 und der §§ 781—785 finden

nach § 14892 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

eintretende beschränkte

Haftung, die Bestimmungen des § 780 Abs. 1 und der §§ 781,

785

finden

auf die nach beit §§ 419,3 1480,4 1504,6 2187® des Bürgerlichen Gesetzbuchs

eintretende beschränkte Haftung entsprechende? Anwendung?

1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 93. — Die Verhältnisse liegen hier ähnlich wie beim Erben. Mot. 161. 2 Beschränkte Haftung des überlebenden Ehegatten für die GesamtgutSverbind« lichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft, wenn er vor Einttitt der letzteren hierfür nicht persönlich haftete. 8 Haftung des UebernehmerS eines Vermögens. Sie veschräntt sich ans den Bestand des letzteren und die ihm aus dem Derttage zustehenden Ansprüche. Die §§ 1990, 1991 BGB. finden entsprechende Anwendung. — § 419 BGB. setzt nicht ben Tatbestand einer wirklichen Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB. voraus, sondern lediglich den der Uebernahme eines VermögensinbegriffS, kraft deren, einerlei, waL die Beteiligten gewollt Haven, der Uebernehmer neben dem bisherigen Schuldner für dessen Schulden mit dem Bestände des übernommenen Vermögens den Gläubigern unmittelbar verhaftet wird (z. B. gegeben im Falle der Uebernahme des Vermögens einer Aktiengesellschaft). RG. 69, W3. — Der Vorbehalt der Beschränkung -er Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens (§ 780 Abs. 1) kann auf die einfache Geltendmachung eines bezüglichen Einwandes im Urteil allgemeinhin ausgesprochen werden. Das Gericht braucht nicht schon in dem Urteil über das Vorhandensein der materiellen Voraussetzungen der Beschränkung zu entscheiden. Bei der Zwangs« Vollstreckung kann ded Gläubiger nach § 781 jedes beliebige DermögenSstück des Schuldners zu seiner Befriedigung in Angriff nehmen und dadurch den letzteren zwingen, die Unzuläsfigkeit dieses Vorgehens nach Maßgabe der §§ 785, 767 darzulun. RG. 69, 291, 292, auch Anm. 8 § 780, Anm. 2, 8 § 781. * Geltendmachung beschränkter Haftung eines Ehegatten nach Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft hinsichtlich der vor der Teilung nicht berichtigten Gesamtgutsverbindlichkeiten: RG. 75, 295, 79, 349, 806, OLG. 13, 192. — Der Ehegatte,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

der bei der Teilung nichts von dem Gesamtgute erhalten hat, haftet für eine Gesamtgutsverbindlichkeit nicht. Daher muß in dem Rechtsstreite eine- Gesamtgut. gläubiger- gegen einen solchen Ehegatten, bevor dessen Verurteilung (mit Beschränkung der Haftung auf das aus dem früher gemeinschaftlichen Vermögen Erhaltene) aus­ gesprochen werden kann, festgeftellt werden, daß dem Ehegatten Gegenstände des Gesamt, gut- zugeteilt worden sind. RG. 75, 296. ® Beschränkte Haftung der anteil-berechtigten Abkömmlinge bei fortgesetzter Güter» gemeinschaft hinsichtlich der vor der Teilung nicht berichtigten Gesamtgutsvervindlichkeiten. « Der mit einer Auflage beschwerte Vermächtnisnehmer kann die Erfüllung insoweit verweigern, als hierzu das Vermächtnis nicht ausreicht. 7 Die §§ 782—784 sind bei den letzteren vier Fällen nicht zitiert, weil sie nur für die besondere Gestaltung der Haftung bei der Erbschaft und der fortgesetzten Gütergemeinschaft passen. Mot. 162. ® Gebühren wie in Anm. 8 § 785.

14. Vollstreckung in ein aufgegebenes Grundstück.

787? Soll durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an einem Grund­ stück, das von dem bisherigen Eigentümer nach § 928 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht er­ worben worden ist, geltend gemacht werden, so hat das Dollstreckungsgericht auf Antrag einen Vertreter zu bestellm, dem bis zur Eintragung eines neuen Eigentümers die Wahrnehmung der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Zwangsvollstreckungsverfahren obliegt? 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 2 UeLereinstimmend mit der Vorschrift, die der § 58 hinsichtlich der Erhebung der Klage trifft. — Der § 787 ist nur anwendbar, wenn das Urteil gegen den bis­ herigen Eigentümer ergangen ist und dieser das Eigentum während des Prozesses (§ 265) oder nach dessen Beendigung aufgegeben hat. Ist das Grundstück noch vor Erlaß eines Urteils aufgegeben worden und hat das Prozetzgericht gemäß § 58 einen Vertreter bestellt, so bleibt der so bestellte Vertreter auch im Vollstreckungsverfahren tat Amte; eine Neubestellung ist unnötig. OLG. 35,32. — Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung kann also gegen den bestellten Vertreter etageleitet werden. RG. 80, 312. Der § 17 ZVG., wonach die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden darf, wenn der Schuldner alS. Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist, findet in diesem Falle keine Anwendung. Mot. 162.

15. Kosten der Vollstreckung.

788. (697.) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendigl waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie find zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben? Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zu­ stellung des Urteils? Die Kosten der Zwangsvollstreckung find dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil? aus welchem dieselbe erfolgt ist, aufgehoben wird? i Außer Gebühren und Auslagen deS Gerichtsvollziehers (auch der durch die Voll­ ziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entstehenden, und zwar trotz der wegen Verstoßes gegen die §§ 788, 928 wirkungslosen Vorschrift des § 102 Abs. 5 PrGeschAnw. f. GV. v. 24.3.14 sJMBl. 3431, wonach der Gerichtsvoll­ zieher wegen dieser Gebühren und Auslagen sich an den Auftraggeber halten soll, IW. 16,1554, 20, io462) und Urteil-kosten: außergerichtliche Kosten, insbesondere die Anwaltsgebühren, mit Ausnahme solcher für Erhebung der Forderung, RG. 22, 322, IW. 98, 658% 16, 214, OLG. 20, 845, für den Antrag auch dann, wenn der Schuldner zwar dein Urteil genügt, aber durch Verzögerung der Befolgung deS Urteils zu dem Antrag Veranlassung gegeben hat, IW. 98, 658». Ferner Kosten: für die Er» langung eine- RrchtSkrastzeugnisseS, OLG. 25, 64; der Vorbereitung einer Doll»

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

HK 787, 788.

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streckungsmaßregel (3. B. eines Gutachtens über die Höhe der vom Schuldner ge­ mäß § 887 Abs. 2 vorauszuzahlenden Kosten), jedoch nur dann, wenn die vor­ bereitete Vollstreckungsmaßregel auch wirklich in Gang gebracht (im Falle des § 887 also mindestens der Antrag gestellt) worden ist, OLG. 25, i?i; der Vorbereitung von Handlungen des Gläubigers auf Grund von Ermächtigungen gemäß §§ 928, 936, Gr. 30, lies; der Rückgabe einer von dem Gläubiger behufs vorläufiger Voll, preckung des Urteils bestellten Sicherheit, gleichviel, ob bei der Rückgabe die Mit­ wirkung des Gerichts in Anspruch genommen wird oder nicht, Gr. 88, 501, (IW. 93, 56P6); eines Antrags gemäß § 888 zur Erzwingung von Handlungen des Schuldners, selbst wenn die beantragte gerichtliche Entscheidung unterbleibt, weil der Schuldner inzwischen seiner Verpflichtung nachgekommen ist, OLG. 23, 209; auch die Gerichtskosten eines Beschlußes aus § 888, OLG. 29, 202. Der Schuldner hat auch die Mehrkosten mehrfacher Beitreibungen zu tragen, da der Gläubiger nicht verpflichtet ist, zu warten, bis er in der Lage ist, sämtliche entstandenen und festzusetzenden Kosten gemeinsam beizutreiben. IW. 18,1091. — Dagegen nicht Kosten solcher Vollstreckungs­ maßregeln, von denen eine, wenn auch nur teilweise Befriedigung des Gläubigers von vornherein nicht erwartet werden konnte. IW. 99,41». Ueberhaupt hat der Schuldner nur die notwendigen Vollstreckungskosten zu tragen, also nicht solche, die vom Gläubiger vermieden werden konnten. OLG. 23,209. Auch nicht: Kosten der durch Stundungsgefuche des Schuldners veranlaßten Korrespondenz des Prozeß­ bevollmächtigten des Gläubigers mit dem Schuldner und dem Gerichtsvollzieher, IW. 13, 396; Kosten, die nur mittelbar der Vollstreckung dienen, wie die Kosten für die Beschaffung der vom Gläubiger zu leistenden Sicherheit (z. B. an die Bank ent­ richtete Provision), IW. 18, 743“, (OLG. 37, i?o Anm. 1); Kosten der Beschwerde gegen Ablehnung der Erteilung des Rechtskraftzeugniffes (Anm. 3 § 706), OLG. 25, 64; Kosten, die dem Kläger dadurch entstanden sind, daß er, nachdem das zwischen den Parteien bestehende Gesellschastsverhältnis rechtskräfttg aufgelöst und der Beklagte mit den Kosten belastet worden ist, ein Verfahren zur Ernennung eines Liquidators für die Gesellschaft eingeleitet hat, OLG. 35,127; Kosten für die Erwirkung der Auszahlung eines hinter­ legten Bettages, in die einzuwtlligen der Schuldner verurteilt worden ist, OLG. 89, 112. — Der Gerichtsvollzieher hat sich von der Zulässigkeit und Angemeffenheit des Ansatzes der außergerichtlichen Kosten zu überzeugen. Vgl. § 60 Ziff. 1 Preuß. Geschäftsanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14 (JMBl. 343). — Gegen seine Kosten­ berechnung oder gegen seine Weigerung, die Kosten mitbeizutreiben, findet die Erinnerung gemäß § 766 Abs. 2, gegen den darauf ergehenden Beschluß die foforttge Beschwerde gemäß § 793 statt. IW. 21, 279». — Auch wenn die Forderung nebst Zinsen usw. bereits getUgt ist, findet wegen der restierenden Kosten § 788 Anwendung. OLG. 20, 345, auch Anm. 2, § 60 Ziff. 1 Pr. GeschAnw. — Über Ersetzung der Auslagen deS ArmenanwaltS durch die Staatskaffe, falls sie vom Schuldner nicht betgetrteben werden können, vgl. Anm. 5 a § 115. 2 Auch Kosten einer früheren fruchtlosen Zwangsvollstreckung. Der Beibringung eines besonderen vollstreckbaren Titels hierüber bedarf es nicht. KGJ. 80, a 250, OLG. 5, 452, IW. 21,279». — Die Vollstreckungsrosten können aber, wenn sie nicht zugleich mit dem Anspruch beigettteben worden sind, oder es sich um Kosten einer fruchtlosen Zwangsvollstreckung handelt, besonders festgesetzt werden. Für diese Festsetzung ist nicht das Vollstreckungsgericht zuständig, wiewohl es, wenn es nicht bloß die Voll­ streckung durchzuführen, sondern gleich dem Prozeßrichter einen besonderen Sttett zu entscheiden hat (vgl. §§ 766, 769 Abs. 1, 899 f.), die Kosten der Entscheidung fest­ zusetzen hat; vielmehr erfolgt die Festsetzung gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 103 Abs. 2 durch den GerichtSschreiber des Prozetzgerichts. RG. 85, 132, Gr. 80, lies, 38, 603, IW. 90, 1571, (98, 658 ), KGJ. 30, A253, OLG. 15, s, 16, 826, 17, 200, 26, 391 (anders: 15, 281 ^Nachweis besonderen Interesses); 11, 100, 13, 192, 194 fGerichtsschreiber des Vollstreckungsgerichts zuständig)). Vgl. auch RG. 44, 373, IW. 99, 483®, 827®, OLG. 14, 164, 41, 254 (Festsetzung von Arrestvollziehungskosten). Dem Gläubiger fallen jedoch die Kosten der Festsetzung zur Last, wenn eine gleichzeittge Beitreibung der Kosten sowohl nach der Natur der Dollstreckungshandlung als auch nach den Vermögensverhältnissen des Schuldners möglich war. Gr. 80, nes, auch Gr. 88, 503, (IW. 98, 658®). Erfolgt keine Festsetzung durch KostenfestsetzungSZivilprozeßordnung. 18. Ausl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

beschluß, so kann der Schuldner den Einwand, daß die Kosten nicht erforderlich ge­ wesen seien, nur im Wege der Erinnerung nach § 766 geltend machen. IW. 24, 202«. — § 788 findet auch Anwendung aus die Zwangsvollstreckung durch Eintragung einer SicherungShypothek (§ 866) hinsichtlich der Eintragungskosten (s. Anm. 4 § 867), da unter „Beitreibung" nicht die Bewirkung der Befriedigung, sondern die Vornahme von Zwangsvollstreckungsmaßregeln überhaupt zu verstehen ist. RIA. 6, 75, (KGJ. 80, a 249). Wegen der Eintragungskosten kann die Staatskasse sich unmittelbar an den Schuldner halten, da dieser sie unter allen Umständen erstatten muß; sie braucht nicht erst den umständlichen Weg der Pfändung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Schuldner und der demnächstigen Zwangseinziehung vom Schuldner zu beschreiten. OLG. 37, i?i. Ueber Eintragung der Kosten früherer frucht­ loser Zwangsvollstreckung vgl. Anm. 3 § 867. — Reicht der vom Schuldner nachgewiesener, maßen kurz vor der Zwangsvollstreckung an den Gläubiger übersandte Betrag zur Deckung der Zwangsvollstreckungskosten nicht aus, so kann wegen des ungedeckten Betrages der Kosten allein die Zwangsvollstreckung weiter fortgesetzt werden. RG. 49, 398, auch Anm. 1 a. E. hier, Anm. 11 § 775. — Für die Frage, welche Aufwendungen als Kosten der Zwangsvollstreckung der Gläubiger vom Schuldner erstattet verlangen kann, sind nicht lediglich und stets die Vorschriften der ZPO., insbesondere § 788, maßgebend. Wenn es sich um Erstattung nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren selbst handelt, sondern außerhalb dieses Verfahrens Kosten der Zwangsvollstreckung, namentlich Aufwendungen des Gläubigers (z. B. Vorschüsse an den Zwangsverwalter) erstattet verlangt werden, was zulässig ist, da die Vorschriften der ZPO. nur die Kostenftage im Prozeß regeln, so ist die Frage, ob ein Schuldgrund für den Erstattungsanspruch (z. B. hinsichtlich Zinsen von Aufwendungen) gegeben ist, nicht nach den prozeß­ rechtlichen Bestimmungen der ZPO., sondern nach dem materiellen bürgerlichen Recht (z. B. durch Zwangsvollstreckung ersetzter Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 670, 677, 683 BGB.) zu beurteilen. W. 21, 121 (IW. 21, 1247-«). • Durch diesen Zusatz d. Nov. v. 1./6. 09 wird zur Beseitigung von Zweifeln klargestellt, daß die bett. Kosten nicht durch Beschluß nach §§ 103 ff. festgesetzt zu werden brauchen. Wichtig ist dies besonders für den Fall des § 105 (Verbindung des Beschlusses mit dem Urteil), da hierbei diese Kosten im Festsetzungsbeschluß nicht schon mitberückstchtigt werden können. — Vgl. über die Kosten der Ausfertigung § 71 GKG. in d. Fass. v. 21 ./12. 22, 23./12. 23 und § 76 Abs. 2 Nr. 2, auch §§ 24 Nr. 1, 85 GO. f. RA. in d. Fass. v. 21./12. 22, 18./8. 23, 18./12. 23, 13./2. 24. Nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 GO.f.RA. kann der Anwalt für die von ihm zum Zwecke der Herstellung einer abgekürzten Urteilsausfertigung (§ 317 Abs. 4) gefertigte beglaubigte Abschrift der Klageschrift Schreibgebühren beanspruchen. * Nicht bloß die vorläufige Vollstreckbarkeit. Begr. 417. 8 Gemäß § 928 auch bie Kosten der Vollziehung eines von Anfang an für ungerechtfertigt erklärten Arrestes oder einer aufgehobenen einstweiligen Verfügung (z. B. der Einttagung einer durch diese angeordneten Vormerkung). RG. 7, 376, 22, 169, IW. 00, 736° Die Ersatzpflicht folgt übrigens (jetzt) auch aus § 945. Gr. 55, 1080, (IW. 11, 659»«, W. 11, 417). Dagegen fallen die Kosten der Arrestvoll­ ziehung bei deren Aufhebung wegen Hinterlegung des in dem Arrestbefehle sestgestellten Geldbettages nach § 934 nicht unter Abs. 2; diese Kosten hat also der Schuldner zu tragen. OLG. 27, iss. — Zu erstatten nach Abs. 2 find aber die Kosten eines auf­ gehobenen KostenfestsetzungSbeschluffes. IW. 89, 236». Ueber Ersatz des durch eine ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung oder Vollziehung eines Arrestes entstandenen Schadens vgl. §§ 717 Abs. 2, 3 und 945. 16. Ersuchen an eine Behörde.

789. (698.) Wird zum Zwecke der Vollstreckung das Einschreiten einer Behörde erforderlich,* so hat das Gericht die Behörde um ihr Einschreiten zu ersuchen. 1 Vgl. §§ 758, 790—792.

790. (699.) Soll die Zwangsvollstreckung gegen einen Soldaten1 in Kasernm und anderen militärischen Dienstgebäuden oder aus Kriegsfahrzeugen

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§§ 789—792*

851

erfolgen, so hat auf Antrag des Gläubigers das Bollstreckungsgericht die zuständige Militärbehörde3 um die Zwangsvollstreckung zu ersuchen3 Die gepfändeten Gegenstände sind einem von dem Gläubiger zu beauf­ tragenden Gerichtsvollzieher zu übergebend 1 Früher „eine dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Person des Soldatenstandes". Dazu § 88 ReichsmilitGes. v. 2./5. 74 (RGBl. 45), § 4 u. Anl. z. MilitStGB. v. 20./6. 72 (RGBl. 174, 204). Die jetzige Fassung beruht auf der Text-Bek. v. 13./5. 24. Dazu §§ 1—7, 43 Retchswehrges. v. 23./3. 21, 18./6.21 (RGBl. 329, 787). 3 Vgl. früher die Bek. im ZBl. f. d. D. Reich 1880 S. 493. Jetzt Verf. d. RWMin. v. 4./11. 22 (HVBl. 491). 3 Gebühren des Gerichts: früher nach § 47 Nr. 13 GKG. a. F., jetzt nach § 1 GKG. i. d. F. v. 21./12. 22 gebührenfrei, da eine besondere Gebühr nicht vorgesehen. 4 Ueber das Verfahren des Gerichtsvollziehers in diesem Falle s. für Preußen § 84 Geschäftsanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14 (JMBl.343). — Gebühren des Gerichts­ vollziehers: § 4 GO. f. GB. i. d. F. v. 14./12. 22.

791. (700.) Soll die Zwangsvollstreckung in einem ausländischen Staate erfolgen, dessen Behörden im Wege der Rechtshilfe die Urteile deutscher Gerichte vollstrecken, so hat auf Antrag des Gläubigers das Prozeßgericht erster Instanz die zuständige Behörde des Auslandes1 um die Zwangsvoll­ streckung zu ersuchen.3 Kann die Vollstreckung durch einen Reichskonsul erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen zu richtend

1 Wegen des unmittelbaren Verkehrs mit ausländischen Gerichtsbehörden vgl. Vordem, vor § 156 GVG. u. Anm. 3 § 199. Vgl. auch Art. 18, 19 des Haager Abkommens über den Zivilprozeß v. 17./7. 05 (RGBl. 09 S. 410) (Entscheidungen, die dem ausländischen Kläger die Prozeßkosten auferlegen, sind in den Vertrags­ staaten Belgien, Dänemark, (Frankreich), Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Oesterreich, (Portugal, Rumänien), Rußland, Schweden, Schweiz, Spanien, Ungarn vollstreckbar). Vgl. Anm. 5 § 110. 2 Gebühren: des Gerichts früher § 35 Nr. 2 GKG. a. F. (2/10), jetzt § 84 Nr. 2 GKG. t. d. F. v. 2L/12. 22 (*/ Z. B. weil es an einer Voraussetzung der Zwangsvollstreckung fehlt oder die gepfändete Forderung der Zwangsvollstreckung nicht unterworfen ist. Mot. 170. • Der durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügte Abf. 2 bezweckt den Schutz de- Dritt­ schuldners, der stch mit dem Gläubiger hinstchtlich der Forderung in ein Rechtsgeschäft eingelafien hat, dem Schuldner gegenüber. Vgl. die ähnliche Vorschrift deS § 409 BGB. (Anzeige einer stch demnächst als unwirksam ergebenden Abtretung einer Forderung). Mot. 170. — Anderseits ist der Drittschuldner dem Gläubiger gegenüber nicht berechtigt, dessen Aktivlegitimation aus dem Grunde zu leugnen, weil die Ueberweisung zu Unrecht erfolgt sei. Ebensowenig kann er einwenden, daß der BollstreckungStitel ungeeignet sei oder seine Wirksamkeit (z. B. durch Vergleich, Zahlung) verloren habe. Nur der Schuldner kann diese Einwendungen im Wege der Beschwerde gemäß § 798 bzw. im Wege der Klage gemäß § 767 geltend machen. RG. 38, 400, IW. 00, 426, OLG. 5, io, auch IW. 01,187*. * Die Einfügung der Nov. v. 17./5. 98 über die Auskunfterteilung entspricht der Vorschrift des § 402 BGB. Mot. 171.

5 Ist nur ein Teil der Fordemng überwiesen, so muß die über die ganze Forderun­ lautende Urkunde zur Einziehung des überwiesenen Teils unter der Verpflichtung zur Rückgabe herausgegeben werden. RG. 21, 368. 6 §§ 883 ff. — Für den Anspruch aus Herausgabe bildet der UeberweisungSbeschluß zugleich den BollstreckungStttel. RG. 21, 364, IW. 98, 642". Vgl. Preußen: § 89 Ziff. 1, 2 Geschäftsanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14. (JMBl. 343). — Der Gläubiger ist durch die Ueberweisung der Forderung legitimiert, aus dem Rechte deS Schuldners gegen einen dritten Besitzer der Urkunde auf deren Herausgabe zu klagen. RG. 21, 364. Insbesondere kann auch der Gläubiger, der stch eine Brieshypothek hat überweisen lassen, von dem dritten Besttzer Herausgabe deS Briefes verlangen, und zwar auch dann, wenn ihm nur ein Teil überwiesen ist. Letzterenfalls mutz er aller­ dings den Brief nach gemachtem Gebrauche zurückgeben. IW. 04, 92" (a. M. OLG. 33, in: zur Begründung des Herausgaveanspruchs des Pfändungsgläubigers gegen den dritten Besttzer des Hypotheken- fGrundschuld-s Briefs genügt nicht die Ueber­ weisung der Hypothek sGrundschuld^, sondern bedarf es noch der besonderen Pfändung und Ueberweisung des Heraüsgabeanspruchs des Schuldners). Vorausgesetzt ist aber, daß dem Schuldner selbst ein Anspruch aus Herausgabe der Urkunde (wie z. B. bei Schuldscheinen und den diesen im § 952 BGB. gleichgestellten Ur­ kunden) zusteht (was z. B. bei Pfändung von Ansprüchen aus gegenseittgen Derttügen bezüglich der Verttagsurkunde nicht der Fall zu sein braucht). OLG. 18, 208, 14,185. — Eine selbständige Pfändung der Beweisurkunden ohne vorgängige Pfändung der Forderung (§ 829) findet nicht statt. RG. 26, io, OLG. 43, 155. Vgl. aber IW. 22, 505**. — Ueber Pfändung von Sparkassenguthabrn vgl. OLG. 27,130,132. 837? Zur Ueberweisung einer gepfändeten Forderung, für welche eine Hypothek besteht, genügt die Aushändigung, des UeberweisungsbeschlusseS an den Gläubiger?» Ist die Erteilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so ist zur Ueberweisung an Zahlung- Statt die Eintragung der Ueberweisung in das Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des UeberweisungsbeschlusseS? Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit eS stch um die Ueber­ weisung der Ansprüche auf die im § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be­ zeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt bei einer Sicherungshypothek im Falle des § 1187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Ueberweisung der Hauptforderung? Bei einer Sicherungshypothek der im § 1190 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art° kann die Hauptforderung nach den allgemeinen Vorschriften« gepfändet und überwiesen werden, wenn der Gläubiger die Ueberweisung der Forderung ohne die Hypothek an ZahlungS Statt beantragt?

§04

A. II. Zivilprozeßordnung, Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. la Entsprechend der Vorschrift des §1164 BGB. über Abtretung einer Hypotheken­ forderung. Die Uebergabe des Hypothekenbriefs an den Gläubiger ist hier nicht besonders vorgeschrieben, weil sie schon zur Pfändung erfordert wird (§ 880 Abs. 1). Mot. 171. — Der Gläubiger muß demnächst den UeberweisungSbeschluß dem Dritt­ schuldner zustellen lassen. 2 Sowie die Eintragung der Pfändung: § 830 Abs. 1 Satz 3. — Jede Ueberweisung setzt überhaupt eine wirksame Pfändung voraus. Anm. 2 § 835. Daher wird die Ueber­ weisung einer Hypothek vor Eintragung der Pfändung bzw. Erlangung des Briefes nicht wirksam. KGJ. 28, a 136. Jedoch können Pfändung und Ueberweisung vom Gläubiger gleichzeitig beantragt und vom Gericht in einem Beschlusse zusammengefaßt werden. KGJ. 28, a 136. — Bei der Ueberweisung zur Einziehung bedarf es der Eintragung nicht, da diese Art der Ueberweisung eine Aenderung des auf Grund der Pfändung bereits eingetragenen Rechtes nicht in sich schließt. Mot. 171. Sie ist auch (neben der Ein­ tragung der Pfändung) nicht statthaft. KGJ. 26, a 802, 28, a 137, 83, a 274, OLG. 30,18. Dagegen ist die Umschreibung der Hypothek aus den Gläubiger bei der Ueber­ weisung an Zahlungsstatt zulässtg. KGJ. 26, a 302, 28, a 137, 88, a 274. Vgl. § 1166 BGB., §§ 26, 80 GBO. (Erfordernisse des Eintragungsanttages). — Aber auch die Ueberweisung zur Einziehung berechtigt den Gläubiger, über die Hypothek löschungSsähig zu quittieren. KGJ. 28, A147, 81, A816, OLG. 8, 392. Die bloße (abstrakte) Löschungsbewilligung (ohne Quittung) reicht jedoch nicht aus, selbst wenn der Gläubiger Eigentümer des Grundstücks geworden ist. OLG. 41, 179. • Früher konnte sich der Gläubiger bei der Ueberweisung an Zahlungsstatt wie ein Zessionar auf seinen guten Glauben an die Grundbucheinträye berufen (RG. 10, 253, 29, 244, Gr. 28, lioß, 88, ii83), nicht dagegen bei der Ueberweisung zur Ein­ ziehung (RG. 7, 238, 8, 877). Jetzt schützt der öffentliche Glaube des Grundbuchs (§§ 891 ff., 1165 BGB.) den im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgenden Erwerb einer Hypothek überhaupt nicht mehr, sondern nur den rechtsgeschäftlichen Erwerb. Anm. I § 898. Vgl. hinsichtlich der danach dem Eigentümer als Drittschuldner zustehenden Einwendungen Anm. 3 § 835. < Wegen dieser Ausnahmefälle und des Grundes der Abweichung von der Regel des Abs. 1 f. Anm. 6 § 830. Bei Pfändung rückständiger Zinsen (§ 1159 BGB.) von Buchhypotheken ist danach nicht die Einttagung der Ueberweisung an ZahlungSstatt in das Grundbuch erforderlich. RIA. 12, 148, (KGJ. 42, 254). 6 Stcherungshypothek für eine Forderung in der Weise, daß nur der Höchftbettag bestimmt ist, bis zu dem das Grundstück haften soll. ® Der Abs. 8 (Ueberweisung lediglich der Forderung an Zahlungsstatt) entspricht der Vorschrift des § 1190 Abs. 4 BGB., wonach die gesicherte Forderung nach den für die Uebertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften mit der Maßgabe abgetreten werden kann, daß der Uebergang der Hypothek auSgeschlosten ist. Die allgemeinen Vorschriften sind hier die §§ 829, 835. Es bedarf also hier nicht der Einttagung, während diese nach Abs. 1 Satz 2 und § 830 Abs. 1 Satz 8 er­ forderlich ist, wenn die Forderung mit der Hypothek überwiesen werden soll. Mot. 171. 7 Nach § 867 Abs. 6 finden die Vorschriften des § 887 auf die Ueberweisung von Grundschuld-, Rentenschuld, und Reallastenforderungen entsprechende Anwendung.

838? Wird eine durch ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache gesicherte Forderung überwiesen, so kann der Schuldner die Herausgabe des Pfandes an den Gläubiger verweigern, bis ihm Sicherheit für die Haftung geleistet wird, die für ihn aus einer Verletzung der dem Gläubiger dem Verpfänder gegenüber obliegenden Verpflichtungen entstehen kann? 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. * An sich müßte er nach § 1261 Abs. 1 BGB. das Pfand herauSgeben. Ander­ seits müßte der Gläubiger gemäß §§ 1261 Abs. 2 Satz 1, 1214 ff. an Stelle deS Schuldners (Faustpfandgläubigers) in die mit dem Pfandrechte verbundenen Ver­ pflichtungen gegen den Verpfänder (§§ 1214, 1216, 1217, 1218, 1228, 1248 BGB.) eintreten, widrigenfalls bei Nichterfüllung der Schuldner (Faustpfandgläubiger) wie

Zweiter Abschnitt. Geldforderungen. Erster Ttt. Bewegt. Vermögen,

gg 838—840» 905

ein Bürge für den vom Pfändungsgläubiger zu ersetzenden Schaden hasten würde. Da die UeLerweisung aber nicht auf dem Willen des Schuldners beruht, so ist letzterer für befugt erklärt, die Herausgabe des Pfandes bis zur Sicherheitsleistung (§ 282 BGB ) für die im § 1251 Abs. 2 Satz 2 BGB. vorgeschriebene Haftung zu ver­ weigern. Mot. 172.

839. (738.) Ist in Gemäßheit des § 718 Abs. 2 dem Schuldner nach­ gelassen, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden, so findet die Ueberweisung gepfändeter Geldforderungen nur zur Einziehung und nur mit der Wirkung statt, daß der Drittschuldner den Schuldbetrag hinterleget

1 § 720. — Mit der Hinterlegung erwirbt der Gläubiger an dem hinterlegten Gelde bzw. an der Forderung gegen die Staatskaffe (Hinterlegungsstelle) auf Rück­ erstattung ein Pfandrecht. § 288 BGB. 840. (739.) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen,* von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses8 an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären: 1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit fei;8 2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;* 3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.8 Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muß in die Zustellungs­ urkunde8 ausgenommen werden? Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden? Die Erklärungen8 des Drittschuldners können bei Zustellung des Pfän­ dungsbeschlusses oder innerhalb der im ersten Absatz bestimmten Frist an den Gerichtsvollzieher erfolgen. Im ersteren Falle find dieselben in die Zu­ stellungsurkunde aufzunehmen und von dem Drittschuldner zu unterschreiben?

1 Anm. 1 § 222. * § 829 Abs. 2, 8 (Zustellung an den Drittschuldner). * Bejaht der Drittschuldner diese Frage, so liegt darin nicht lediglich eine AuS« tunst über die Existenz der Forderung und die zeitige Willensmeinung des Schuldners hinsichtlich ihrer Bezahlung, sondern in derRegel eine auf vertragliche Anerkennung der For. derung bzw. Zusage der Zahlung gerichtete Willenserklärung, die den Drtttschuldner dem Gläubiger gegenüber verpflichtet. RG. 29, 838, 41, 419, OLG. 20, 858, 27, 132 , 40, 409, KGJ. 39, a 234, auch RG. 83, 185 (a. M. OLG. 43, iss). Der Erklärende kann daher z. B. nicht mehr einwenden: daß er wegen Eintritts einer Bedingung von dem Vertrage, aus dem die Forderung gegen ihn hervorgeht, mit Recht zurückgetreten sei, RG. 41, 41»; daß die Forderung bereits einem Dritten übertragen sei, OLG. 20, 858. Auch ist eine nicht vorbehaltene Austechnungseinrede ausgeschloffen. RG. 29,838, 41,422. Der Erklärende kann aber in dem Prozesse des Gläubigers gegen ihn eine unrichtige Erklärung wegen ZrrtnmS oder BettugeS anfechten, RG. 41, 423, IW. 88, 288% ein Anerkenntnis auch gemäß § 812 BGB. kondizieren, OLG. 20, 858. — Das An­ erkenntnis hat nur für das Verhältnis zwischen dem PfändungSglänbiger und dem Drittschuldner Bedeutung. Die Frage, ob der gepfändete Anspruch dem Pfändung-« schuldner wirklich zusteht, wird dadurch nicht entschieden. KGJ. 39, a 234. — Teilt der Drittschuldner ans die PsändungSankündignng (§ 845) dem Gläubiger mit, daß er das Kapital gegen Quittung bei ihm in Empfang nehmen könne, so liegt darin keine Erklämng nach § 840 Nr. 1. OLG. 40, 40s. * Dgl. Anm. 2 § 829 (vorherige Abtretung an einen Dritten). ® ES ist dann Sache des Gläubiger-, seine Zuziehung zu dem auf die ältere Pfändung etwa noch schwebenden Verfahren zu veranlaffen. IW. 91, 390».

906

A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

6 § 191. — Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärungen kann nur er* folgen, wenn die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher unmittelbar bewirtt wird, nicht auch, wenn durch Vermittelung der Post (§ 194). KB. 204, vgl. 8 88 Ziff. 2 Preuß. GefchäftSanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14 (JMBl. 343). 7 Die Aufnahme der Aufforderung in die ZusteüungSurkunde ist Voraussetzung für die Entstehung der SchadenSersatzpflicht aus Abs. 2 Satz 2. Ist die Aufnahme unterblieben, so haftet der Drittschuldner auf Grund dieser Vorschrift selbst dann nicht, wenn er auf direkte Aufforderung des Gläubigers eine falsche Auskunft ertettt hat. RG. 60, 830. — Hat der Drittschuldner trotz rechtswirksamer Aufforderung die Erklärung nicht abgegeben und den Gläubiger dadurch zur Erhebung der Leistung-, klage auf Grund des Pfändungs- und Ueberweisungsbeschlusses gegen ihn veranlaßt, so können, wenn stch jetzt erst herausstellt, daß die Forderung gegen ihn nicht be­ gründet ist, ihm nicht etwa die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden. Vielmehr hat nach den allgemeinen Vorschriften der Gläubiger die Kosten zu tragen, wenn seine Klage abgewiesen wird oder er ste zurücknimmt. Er kann dann nur Erstattung des KostenbettagS in einem besonderen Prozeß als Schadensersatz verlangen. OLG. 21, 107, 31, 120, 39, 43. s Klage auf Abgabe der Erklärungen ist nicht statthaft. OLG. 14, iso, 29,220 Anm. v Die Erklärung eines Bureauangestellten des Dttttschuldners über die An­ erkennung der Forderung und die Zahlungsbereitschaft des Drittschuldners (Abs. 1 Nr. 1) braucht der Gettchtsvollzieher nicht zu protokollieren, da nicht angenommen werden kann, daß jener über die Zahlungspflicht des Drittschuldners eine für diesen bindende Erklärung abgeben und in dessen Namen unterzeichnen darf. IW. 16,1295*.

Beitreibung.

841» (740.) Der Gläubiger, welcher die Forderung einklagt, ist ver­ pflichtet, dem Schuldner gerichüich den Streit zu verkünden/ sofern nicht eine Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung erforderlich wirb.8 1 §§ 72, 73. — Grund für die Auferlegung der Verpflichtung zur StreitVerkündung ist nicht die dem Schuldner drohende Rechtskraftwirkung des ergehenden Urteils, sondern die dem Pfändungsgläubiger bei der Einziehung der Forderung obliegende Sorgfaltspflicht. RG. 83, 120. Wird die Streitverkündung unterlassen, so kann unter Umständen für den Schuldner ein Schadensersatzanspruch gegen den Pfändungspfandgläubiger gegeben sein. RG. 83, 121. — Vgl. Anm. 8 § 886 (Un­ zulässigkeit von Einwendungen gegen den vollstreckbaren Titel). 2 §§ 199, 203.

842. (741.) Der Gläubiger, welcher die Beitreibung einer ihm zur Einziehung * überwiesenen Forderung verzögert, haftet dem Schuldner für den daraus entstehenden Schadens 1 An Zahlungsstatt: § 835 AVs. 2 (sofortige Befriedigung durch die Ueberwrisung). 2 Vgl. RG. 77, 148.

843» (742.) Der Gläubiger kann auf die durch Pfändung und Ueberweisung zur @ht3td)imö1 erworbenen Rechte unbeschadet seines Anspruchs verzichten8 Die Derzichtleistung erfolgt durch eine dem Schuldner zu­ zustellende Erklärung. Die Erklärung ist auch dem Drittschuldner zuzustellen.8 1 Nicht auch Ueberweisung an ZahlungSstatt: § 885 Abs. 2 (sofortige Be­ friedigung durch die Ueberweisung). 2 Ueber die Wirkung deS Verzichts im Verhältnis zum Pfändungsschuldner vgl. RG. 77, 148, 83, 121, Gr. 49, 1063. Der Gläubiger verliert im Prozesse gegen den Dttttschuldner die Berechtigung, Zahlung an fich oder auch nur an den Schuldner zu verlangen. OLG. 25, 189. — Zufolge der Erklärung werden die ZwangsvollstreckungSmaßregeln aufgehoben. Eine gerichttiche Aufhebung ist nicht erforderlich; jedoch ist ste zuläsfig. Gr. 87, 427 (anders OLG. 14, iso). — Kosten der Vollstreckung: §§ 788, 91. RG. 15, 409.

Zweiter Abschnitt. Geldforderungen. ErsterTitel. Bewegl. Vermögen. §§

841—845. 907

• Jnsttuktionell. Zur Wirksamkeit deS Verzichts genügt die Zustellung an den Schuldner. RG. 1b, 409. — Die Erklärung eines von mehreren Pfändung--und UeberweisungSgläubigern an den Drtttschuldner, daß er zugunsten eines nachstehenden Gläubiger- zurücktteten wolle, gewährt diesem die Legitimation, die Forderung nun für sich (vgl. §§ 853, 856) einzuziehen; eines Verzichts des besserberechtigten Gläubigers gemäß § 843 bedarf es nicht. IW. 13, 8852«. Anderweite Verwertung.

844. (743.) Ist die gepfändete Forderung eine bedingte oder eine be­ tagte 1 oder ist ihre Einziehung wegen der Abhängigkett von einer Gegen­ leistung oder aus anderen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, so kann das GerichtlB auf Antrag an Stelle der Ueberweisung eine andere Art der Verwertung anordnen.^ Vor dem Beschlusse, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, ist der Gegner zu hörens sofern nicht eine Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung erforderlich wird> 1 Ueber Zulässigkeit der Pfändung bedingter oder betagter Forderungen vgl. Anm. 1 § 851. 1Ä Zuständig zur Anordnung ist das VollstreckungSgericht. RG. 61, 332. Ueber Zuständigkeit des Gerichtsschreibers an Stelle des Richters vgl. Anm. la § 828. — Wird die Anordnung von einem unzuständigen Gericht erlassen, so ist sie unwirksam. RG. 61, 832, auch Anm. 4 § 828. Ueber Heilung eines solchen Mangels aber, wenn die öffentliche Versteigerung eines Wechsels angeordnet ist, vgl. RG. 61, 833. Wird eine Hypothek ohne gettchtliche Anordnung versteigert, fo ist die Versteigerung unwirksam. OLG. 11, ui. 2 Z. B. öffentliche Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher oder Verkauf aus freier Hand. RG. 35, 76, 91, 432, 97, 41, KGJ. 28, a 129, 81, a 316. Wird eine Hypothekenforderung auf richterliche Anordnung meistbietend versteigert, so ersetzt der Zuschlag die zur Abtretung der Forderung nach § 1154 BGB. erforderliche Abttetungserklärung, und erhält der Ersteher dann noch den Hypothekenbrief, so ist der Ueber­ gang der Forderung nebst Hypothek gemäß §§ 1154 Abs. 1, 1153 BGB. vollzogen. KGJ. 81, a 316, 83, a 269. — Bei einer solchen öffentlichen Versteigerung kann auch der Gläubiger mitbieten, und wenn ihm der Zuschlag erteilt wird, gilt für ihn das gleiche wie bei der Erteilung deS Zuschlags an einen Dritten. KGJ. 81, A317. — Wird die Versteigerung der Anwartschaft des Schuldners aus den durch Zahlung des Restkaufpreises bedingten Eigentumserwerb an unter Vorbehalt deS Eigentum- bis zur völligen Zahlung des Kaufpreises ihm verlausten Sachen gemäß §§ 857, 844 angeordnet, so erlischt mit der Anordnung das Widerspruchsrecht des Schuldners aus § 267 Abs. 2 BGB. gegen die Zahlung des Restkaufpreises durch den Ersteher. OLG. 35, 182. Vgl. Anm. 1 § 847. — Ist die Forderung für mehrere Gläubiger nacheinander gepfändetso kann auch auf Anttag des nachpsändenden Gläubigers die andere Verwertung an, geordnet werden; der restpfändende Gläubiger kann dagegen nicht etwa die Widerspruchs­ klage nach § 771 erheben, auch nicht, wenn ihm die Forderung zur Einziehung über­ wiesen ist, ihm steht nur, wenn die Art der Verwertung für ihn nachteilig ist, die Ettnnerung nach § 766 dagegen zu. RG. 97, 41. — Die Anordnung und die UeberWeisung zur Einziehung können auch zugleich nebeneinander erlassen werden. KGJ. 28, A123. — Eine Verwertung durch Vorrechtseinräumung im Grundbuch ist nicht zu­ lässig. RG. 25, 409. Ebensowenig die Anordnung der Versteigerung einer nur teilweise gepfändeten Forderung zum vollen Bettage. Gr. 87, 422, KGJ. 28, a 181, OLG. 5, ess. — Gebühren: deS Gerichts früher $§ 35 Nr. 2, 39 GKG. a. F. (a/10), jetzt §§ 34 Nr. 2, 35 GKG. in d. Fass. v. 21./12. 22 (V4); des Anwalts (Vio) § 28

früher Nr. 2, jetzt (Fass. v. 21./12. 22) Nr. 18 GO. f. RA. 2 Schttftlich oder mündlich. < §§ 199, 208.

Ankündigung der Pfändung.

845. (744.) Schon vor der Pfändung kann der Gläubiger auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtttels1 durch den Gerichtsvollzieher? dem Dritt-

SOS .

A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung,

schuldner und dem Schuldner die Benachrichtigung, daß die Pfändung be­ vorstehe, zustellen lassen mit der Aufforderung an den Drittschuldner, nicht an den Schuldner zu zahlen, und mit der Aufforderung an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere der Einziehung der­ selben, zu enthalten. Der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Aus­ fertigung und der Zustellung des Schuldtitels bedarf es nichts Die Benachrichtigung an den Drittschuldner hat die Wirkung eines Arrestes (§ 930),4,6 sofern die Pfändung der Forderung innerhalb drei Wochen3 bewirkt rotrb.6 Die Frist beginnt mit dem Tage? an welchem die Benach­ richtigung zugestellt ist7 1 §§ 704, 794, 801. Dgl. Anm. 3. — Auch Arrestbefehls. RG. 8, 430, 71, 182, IW. 07, 207". Jedoch muß in diesem Falle die gerichtliche Pfändung nicht nur innerhalb der Frist deS § 845 Abs. 2, sondern auch innerhalb der des § 929 Abs. 2 (Vollziehungsfrist) erfolgen. IW. 07, 207" (a. M. OLG. 2, 368). r Bei mehreren Aufträgen hat der Gerichtsvollzieher ebenso wie bei Pfändungen körperlicher Sachen die Pfändungsankündigungen aller Gläubiger ohne Rückficht auf die Reihenfolge der Aufträge gleichzeitig zuzustellen. Gr. 89,1170, auch Anm. 2 § 808, § 83 Ziff. 1 Preuß. Geschäftsanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14 (JMBl. 343).

8 Da die Ankündigung der Pfändung (Dorpfändung) nicht bloß eine Vor­ bereitung der Zwangsvollstreckung, sondern eine BoüstreckungSmaßregel selbst ist, so setzte sie früher gemäß § 750 die vorgängige Zustellung des Schuldtitels voraus (IW. 95, 127», 97, 135"). Dies ist durch den durch die Nov v. 17./5. 98 hinzugefügten Satz 2 geändert, damit die Vorpfändung sofort nach Verkündung (ohne zuvorige Zustellung oder auch nur Ausfertigung) eine- vorläufig vollstreckbaren Urtells erfolgen kann. KB. 206, RG. 71, 182, 83, 333. Auch dann genügt das Vorliegen eines voll­ streckbaren Schuldtitels und ist die zuvorige Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (Vollstreckungsklausel, §§ 725 ff.) nicht erforderlich, wenn zur Zeit der Vor­ pfändung ein Wechsel in der Person deS in dem Schuldtitel bezeichneten Gläubigers oder Schuldners eingetreten ist. RG. 71,182- Deshalb kann z. B. die Vorpfändung auf Grund einer vollstreckbaren Urkunde (§ 794), wenn die darin bezeichneten Parteien oder eine von ihnen verstorben, Erben oder sonstige Rechtsnachfolger an ihre Stelle getreten stnd, bereits erfolgen, bevor eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde für oder gegen die Rechtsnachfolger erteilt ist. RG. 71, 179. Jedoch zur Zeit der endgültigen Pfändung muß das in dieser Hinflcht Fehlende vorschriftsmäßig nachgeholt sein. RG. 71, 182. — Ferner brauchen die im § 750 Abs. 2 bezeichneten BeweiSurkunden (z. B. Erbschein) vor der Vorpfändung nicht zugestellt zu sein. RG. 71, 182. Auch § 751 Abs. 2 gilt hier nicht. OLG. 15, s. — Ein vollstreckbarer Schuldtitel muß jedoch zur Zeit der Ankündigung an sich bereits bestehen; anderen» falls ist die Ankündigung (Vorpfändung) unwirksam, auch wenn später der Schuld­ titel erlangt wird. RG. 82, 43, 83, 334, IW. 97, 135". Ist ein Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, so muß die Sicherheit vor der Borpfändung geleistet sein. OLG. 21,112. - Gebühr deS Anwalts (3/10) § 23 früher Nr. 2, jetzt (Fast. v. 21./12. 22) Nr. 18 GO. f. RA., IW. 95, 127», 98, 644"; wenn jedoch demnächst die gerichtliche Pfändung von demselben Anwalt veranlaßt wird, kann nach § 31 für die Ankündigung und die Pfändung nur einmal die Gebühr aus 8 28 Nr. 18 in Ansatz gebracht werden, IW. 97, 468«, OLG. 4, 272. < Für die Wirkung der Vorpfändung (Pfändungsankündigung) als Arrest ist die Benachrichtigung an den Drittschuldner entscheidend. Die Benachrichtigung an den Schuldner ist nur instruktionell vorgeschrieben. RG. 8, 419, 26, 425, 83, 334, Gr. 57, 98i, (W. 13, 351). — Mit der Benachrichtigung an den Drittschuldner ist die Aufforderung, nicht mehr an den Schuldner zu zahlen, zu verbinden. IW. 93, 541*0. — Zulässig ist die Vorpfändung bei allen der Pfändung nach §§ 829 ff. unter­ liegenden Forderungen, auch bei Hypothekenforderungen. RG. 71,183, OLG. 23,213, auch RG. 55, 878, 56, 13, 59, 313, 61, 876. Im Falle der Vorpfändung bezüglich Gigeutümerhypotheken und der sich daraus ergebenden Ansprüche aus den Versteige-

Zweiter Abschnitt. Gelbforderungen. Erster Titel. Bewegliche Vermögen,

g 845.

909

rungSerlöS wird, da ein Drittschuldner fehlt, die Vorpfändüng gemäß § 857 Abs. 2 mit der Zustellung an dm Schuldner wirksam. RG. 71, 183. Vgl. auch OLG. 18, 206 (Geschäftsanteil einer Gesellschaft m. b. H.). Darüber, ob und inwieweit die Vorpfändüng künftiger Forderungen wirksam erfolgen kann, vgl. Anm. 1 § 851. ® Anm. 1 § 222. — Tag der Zustellung nicht mitzurechnen. OLG. 14, ist. 6 Die (dem Gesetz entsprechende, OLG. 18, 206, 14, 211) nachgeholte gericht­ liche Pfändung wirkt alsdann von dem Augenblicke der Vorpfändung ab (ex tune). RG. 17, 828, 26, 425, IW. 98, 49", 07, 207". — Bor dieser Nachholung hat die Vor­ pfändung die Wirkung eines bedingtm ArrestpsandrechtS (§§ 930, 804). Gr. 89, 1159, OLG. 19, 9, auch RG. 83, 333, Gr. 57,984, (W. 13,351), OLG. 35,13L. Wird aber über das Vermögen des Schuldners während deS Laufes der Frist der Konkurs eröffnet, so ist die gerichtliche Nachpfändung nach der Konkurseröffnung (§14 KO.) nicht mehr zulässig. RG. 26, 42s, 42, 365. Ebenso auch schon nicht nach Erlaffung des allgemeinen Veräußerungsverbots (§ 106 KO.). RG. 26, 426. Desgleichen nicht, nachdem die vorgepfändete Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung in das un­ bewegliche Vermögen beschlagnahmt worden ist. RG. 59, 91. Dagegen wird die Vorpfändung nicht schon dadurch unwirksam, daß die nachfolgende gerichtliche Pfändung nach §§ 29 ff. KO. der Anfechtung unterliegt. RG. 42, 365, 83, 332. Für die Be­ urteilung der Anfechtbarkeit der Pfändung ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Pfändung, nicht der Zeitpunkt der Vorpfändung als entscheidend zugrunde zu legen. OLG. 26, 401. — Wird, nachdem MietzinSansprüche gemäß § 845 vorgepfändet worden sind, da­ vermietete Grundstück veräußert oder versteigert, so stehen die Mietzinsansprüche nunmehr dem Grundstückserwerver nach § 571 BGB., § 57 ZVG. aus eigenem Recht, nicht alS Rechtsnachfolger des bisherigen Eigentümers zu. Da aber die Vorpfändung als eine bedingte Pfändung gilt, wirkt sie unter der Voraussetzung der rechtzeitigen ge­ richtlichen Pfändung im Rahmen des § 573 S. 1 BGB. (laufende- und gegebenenfalls (Ges. v. 8./6. 15 Art. 2] folgende- Kalendervierteljahr) auch gegen­ über dem Grundstückserwerber. Die gerichtliche Pfändung kann daher wirksam auch nach der .Veräußerung oder Bersteigcrung deS Grundstück- erfolgen. OLG. 21, 108. — Entbehrt die Vorpfändüng wegen eines ihr selbst innewohnmden Mangels von vomherein der Wirkung, z. B. weil die Benachrichtigung dem Dritt­ schuldner nicht ordnungsmäßig zugestellt ist (Anm. 4) oder weil der angegebene Schuldtitel in Wahrheit noch nicht vollstreckbar war (Anm. 3), so hat die nach­ folgende Pfändung nur ihre gewöhnliche Bedeutung und Wirkung (§ 829). RG. 83, 334, Gr. 57, 984, (W. 13, 351). — Ist die Vorpfändung zwar vom Gerichts­ vollzieher nicht ordnungsmäßig zugestellt worden, so daß sie unwirksam ist, hat aber auch der Gläubiger, wiewohl er annahm, daß die Vorpfändung ordnungsmäßig zu­ gestellt sei, die gerichtliche Pfändung innerhalb der dreiwöchigen Frist nicht zu­ stellen lasten, so haftet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger nicht für den Schaden, der diesem daraus erwächst, daß die Pfändung nicht den Rang aus der Vorpfändung hat. Gr. 57, 982, (W. 13, 351). — Ueber Unanwendbarkeit der Vorschrift de- § 945 (Schadensersatzpflicht des Gläubigers) im Falle der Unzulässigkeit der Vorpfändüng aus dem Grunde, weil die gepfändete Forderung nicht dem Vollstreckungsschuldner zu­ stand, vgl. Anm. 1 a. E § 945. 7 Ueber ausreichende Bezeichnung der vorzupfändenden Forderung vgl. OLG. 6, 407, 19, 10. — Es ist zulässig, gegen den Vorpfändenden darauf zu klagen, daß die Vorpfändung wegen Mangels eines vollstreckbaren Schuldtitels oder wegen Nichteinhaltung der Frist des Abs. 2 ungültig sei. IW. 97, 135«. — Wirksamkeit einer durch mündlich Bevollmächtigten bewirkten oder erst nachträglich genehmigten vorpfändüng: Anm. 8, ,9 § 89. — Ueber Zulässigkeit der Widerspruch-klage aus § 771 auch schon gegenüber einer Dorpfändung vgl. OLG. 11, iss, 19, 8 (anders 15,162). — Befugnis zur Hinterlegung gemäß § 858: OLG. 14, 210. — § 845 ist nach §§ 22, 146 ZVG. auch bei der Zwangsversteigerung (Zwang-verwaltung) anzuwenden, soweit die Beschlagnahme sich auf eine Forderung miterstreckt.

2.

Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen.*

1 Durch Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe einer Sache wird nicht die Sache selbst gepfändet, RG. 7, 293; das Pfandrecht an der Sache beginnt erst mit dem

910

A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

Zeitpunkte der Herausgabe der Sache an den Gerichtsvollzieher und steht den inzwischen durch körperliche Pfändung der Sache erworbenen Pfandrechten nach, RG. 18, 844, 25, 187. — Jedoch kann derjenige, der ein die Veräußerung hinderndes Recht an der herauSzugebenden beweglichen Sache behauptet, bereits gegen die Pfändung des An« fpruchS auf Herausgabe WiderspruchSklage gemäß § 771 erheben. RG. 48, 295.

846. (745.) Die Zwangsvollstreckung in Ansprüche, welche die Heraus­ gabe oder Leistung körperlicher Sachen zum Gegenstände habens erfolgt nach den Vorschriften der §§ 829—845 unter Berücksichtigung der nachfolgenden Bestimmungen.? 1 Vgl. §§ 883, 884. — Darunter fallen, wie § 848 Abs. 2 ergibt, nicht nur Ansprüche auf die tatsächliche Herausgabe einer Sache, sondern auch Ansprüche auf Herausgabe der Sache zu Eigentum, also auch der Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks. OLG. 33, ns. — Auch wenn der Dritte Sachen des Schuldner- im Gewahrsam- hat und diese herau-zugeben dem Gerichtsvollzieher verweigert. RG. 14, 365, 25, 187. — Die Pfändung eines Anspruchs des Vollstreckungsschuldners auf Uebereignnng beweglicher Sachen ist auch dann zulässig, wenn der Anspruch noch von Gewährung einer Gegenleistung abhängig ist (vgl. § 844; in solchem Falle Pfändung „gegen Bewirkung der Gegenleistung", welche Bedingung sich auch dann erledigt, wenn die Gegenleistung von anderer Seite als dem pfändenden Gläubiger, insbesondere vom Vollstreckungsschuldner, bewirkt wird). W. 14, 347, (IW. 14, 41517). Dies auch dann, wenn die Sachen sich noch oder schon im Gewahrsam de- Dollstreckungsschuldners befinden (z. B. der Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf die zur Sicherheit über­ eigneten, in seinem Gewahrsam velaffenen Sachen gegen den Gläubiger, falls defien gesicherte Forderung gettlgt ist); würden die Sachen selbst beim Vollstreckungsschuldner gepfändet, so würde sich der pfändende Gläubiger der Widerspruchsklage des Eigen­ tümers (des Drittschuldners bezüglich des Uebereignungsanspruchs) nach § 771 aus­ setzen. W. 14, 847, (IW. 14, 41517). — Ueber Vertretung des preuß. JustizfiSkuS bei Pfändung von Herausgabeansprüchen vgl. Berf. v. 6./3. 14 (JMBl. 281). 2 Nämlich der §§ 847—849, 854—856. — Ueber das Erfordernis der bestimmten Bezeichnung der herauszugebenden Sachen im Pfändungsbeschluß vgl. Anm. 1 § 829. — Erfährt der Anspruch, nachdem er wirksam gepfändet worden ist, Wandlungen, infolge deren er statt auf Herausgabe oder Leistung der Sachen nunmehr auf Zahlung einer Geldsumme zu richten ist (werden z. B. nach Pfändung eines Anspruchs auf Uevereignung beweglicher Sachen [f. Anm. 1] diese vom Eigentümer fund Drittschuldner! veräußert), so tritt an die Stelle des ersteren Anspruchs der Anspruch auf Zahlung, so daß dieser nun als gepfändet gilt. W. 14, 847. — Gebühren: des Gerichts früher §§ 35 Nr. 2, 39 GKG. a. F. (?/10), jetzt §§ 34 Nr. 2, 85 GKG. in d. Faff. v. 21./12. 22 (V IW. (14,415«), 21,535®, OLG. 10,381,19, n, auch IW. 02, 529«. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen den Drittschuldner ist jedoch die Nachholung der Anordnung erforderlich. IW. 21,535®, OLG. 19,12, 33,113. Die Nach­ holung ist aber auch dann noch zulässig, wenn inzwischen Konkurs über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist. OLG. 19, 12. — Verweigert der Drittschuldner trotz der Pfändung deS Anspruchs dem Gerichtsvollzieher die Herausgabe, so darf dieser ihm die Sache nicht gewaltsam wegnehmen, sondern der Gläubiger muß, sofern er dies nicht schon bei der Pfändung getan hat, sich den Anspruch zur Einziehung nach § 886 überweisen lassen und auf Ablieferung an den Gerichtsvollzieher gemäß § 847 klagen. RG. 26, 187, IW. 02, 529«, OLG. 33, 113. Vgl. für Preußen: § 91 Ziff. 1—3 Geschästsanw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14 (JMBl. 343). — Erst mit der Herausgabe an den Gerichtsvollzieher für den Gläubiger wird das Pfandrecht an der Sache erworben. RG. 18, 344, 26, 187, RG. 7, 298, OLG. 11,113, 16, 162, 19, 13, 20, 360, 33,113, 37, 202. Die Rangordnung der Pfändungen für mehrere bestimmt sich nach der Reihen, folge der Anspruchspfändungen. RG. 18, 344, OLG. 11,113. — Die herauszugebende Sache muß pfändbar sein (§ 811). OLG. 18, 203, 37, 202. DeSgl. auch der Heraus, gabeanspruch. Daher ist z. B. die Pfändung des Anspruchs auf Auslieferung eines Geld­ briefes gegen die Postanstall unzulässig. RG. 48, 98. Unzulässig ist auch die Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe von Gegenständen, die nach § 865 der Zwangsvoll­ streckung ins bewegliche Vermögen nicht unterliegen (Bestandteile, Zubehör eines Grund­ stücks). OLG. 37, 202. — Wegen Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe einer dem Schuldner und einem Dritten gemeinschaftlich gehörenden Sachers. RG. 18, 176. — WiderspruchSklage eines Dritten aus § 771 schon gegen die AnspruchSpsändung: OLG. 16,162. — Die Pfändung der dem Schuldner alS Mieter (Käufer) aus Möbelleih. Verträgen (AVzahlungskäufen) zustehenden Rechte ist nach §§ 857, 829 (ähnlich wie bei den durch die §§ 846, 847 betroffenen Ansprüchen) zulässig. Der Pfändende erlangt da­ durch die Möglichkeit, die fälligen Mietzinsraten zu bezahlen, so daß der Schuldner das Eigentum an den Sachen erwirbt. Der Veräußerer (der unter Eigentumsvorbehalt verkauft hat) darf nach der Pfändung, auch wenn der Schuldner widerspricht, nicht die Annahme der Zahlung auf Grund des § 267 Abs. 2 BGB. verweigern. OLG. 20, 349,351, 23, 220, 35,182. Jedoch erlangt hier der Pfändende ein Pfandrecht an der Sache erst durch Pfändung gemäß § 808, nachdem die Sache in das Eigentum deS Schuldners üvergegangen ist. OLG. 20, 349. Ueber Versteigerung der gepfändeten Anwartschaft in diesem Falle vgl. Anm. 2 § 844.

2 Wenn nämlich der Drittschuldner entweder die Sache an den Gerichtsvollzieher freiwillig herausgegeben hat oder aus Klage deS Gläubigers (f. Anm. 1) verurteilt ist, die Sache zum Zwecke der Zwangsvollstreckung an einen Gerichtsvollzieher heraus­ zugeben. Im letzteren Falle hat der Gerichtsvollzieher die Sache nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen (§§ 883 ff.) dem Drittschuldner wegzunehmen. Vgl. § 91 Ziff. 8, 6 Preuß. Geschäftsanw. f. GD. s §§ 814—826; auch § 764 (Vollstreckungsgericht).

RG. 86, 378.

848. (747.) Bei Pfändung eines Anspruchs, welcher eine unbewegliche Sache betrifft, ist anzuordnen, daß die Sache an einen auf Antrag des Gläubigers vom Amtsgerichte der belegenen Sache zu bestellenden Sequester herauSzugeben fei.1

Ist der Anspruch auf Uebertragung des Eigentums gerichtet, so hat die Auflassung an den Sequester als Vertreter des Schuldners zu erfolgen. Mit dem Uebergange des Eigentums auf den Schuldner erlangt der Gläubiger eine Sicherungshypothek für seine Forderung. Der Sequester hat die Eintragung der Sicherungshypothek zu bewilligend

912

A. II.

Zivilprozeßordnung. Achte- Buch. Zwangsvollstreckung.

Die Zwangsvollstreckung in die herausgegebene Sache wird nach den für die Zwangsvollstreckung in unbewegliche Sachen geltenden Vorschriften bewirkt.* 1 Dgl. Sinnt. 1 § 847. — Sind Vollstreckungsgericht und Amtsgericht der Lelegenen Sache verschiedene Gerichte, so ist bei ersterem der Pfändung-beschluß und die Herausgabeanordnung und dann auf Grund dieser bei dem letzteren Gericht die Bestellung des Sequesters zu erwirken. Ueber Zuständigkeit des Gerichtsschreibers sowohl des Vollstreckungsgerichts wie des Amtsgerichts der belegenen Sache an Stelle des Richters vgl. Anm. la § 828. — Ist der Drittschuldner zur Auslastung eines Grundstücks an den Vollstreckungsschuldner verurteilt und dann dieser Anspruch gepfändet, so verliert durch die Beschlagnahmewtrkung des Pfändungsverbots (§§ 829 S. 2, 846) der Vollstreckungsschuldner die Verfügungsbefugnts über den Urteilsanspruch, insbesondere das Recht, unter Vorlegung des Urteils die Auflastungseinignng (§ 925 BGB.) zum Abschlüsse zu bringen (vgl. Anm. 2 § 894); diesen Mangel des Versügungsrechts hat auch das Grundbuchamt zu berücksichtigen. KGJ. 27, A97, OLG. 36, 151.

2 Der durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügte Abs. 2 schließt sich an die ähnliche Be­ stimmung des früheren § 17 Preuß. AG. z. ZPO. v. 24./8. 79 und an die Vorschriften der §§ 1282,1287 BGB. an: danach ist der PfandgläuViger bei einem Pfandrecht an einer Forderung auf Uebertragung des Eigentums an einem Grundstück ermächtigt, das Eigen­ tum für den Pfandschuldner zu erwerben und an Stelle des letzteren die Auslastung entgegenzunehmen, und er erwirbt mit dem auf diese Weise erfolgten Uebergange des Eigentums auf den Schuldner kraft Gesetzes eine Sicherungshypothek (§ 1184 BGB.) an dem Grundstücke. Mot. 172. Als Eigentümer ist der Schuldner (nicht der Sequester als solcher) ins Grundbuch einzutragen. OLG. 43, iso. — Die Sicherungshypothek entsteht kraft Gesetzes ohne die sonst zur Hypothekbestellung nach § 878 Abs. 1 BGB. erforderliche Eintragung ins Grundbuch. Die Eintragungsbewilligung des Sequesters dient nur der Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung. RG. 71, 430, Gr. 57, 1092, (W. 13, 390), OLG. 43, iso. Die Hypothek gehört zu den im 8 9 Nr. 2 ZVG. gemeinten Rechten, die ohne Eintragung als dingliche Rechte am Grundstücke bestehen. RG. 71, 430. Die Zwangsvollstreckungsbeschränkungen deS § 866 finden auf sie keine Anwendung. — Voraussetzung für den Uevergang des Eigentums und die Erlangung der Hypothek ist eine wirksame Pfändung des Anspruchs auf Uebertragung des Eigentums (Auslastung) gemäß §§ 829,846. Ist z. B. die Pfändung deshalb nicht wirksam, weil die Zustellung des Pfändungsbeschlustes an den Drittschuldner nicht erfolgt ist( § 8.9 Abs. 3), so ist trotz geschehener Auftastung an den Sequester das Eigentum auf den Schuldner nicht übergegangen und hat trotz der auf Grund der Bewilligung deS Sequesters erfolgten Eintragung der Sicherungshypothek der Gläubiger eine gültige Hypothek für seine Forderung nicht erlangt. Gr. 57, 1091, (W. 13, 390). Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen Anspruch auf Uebertragung des Eigentums (Aus­ lastung) gegen den pfändenden Gläubiger selbst handelt, dieser also selbst Drittschuldner ist. Gr. 57, 1087, (W. 13, 890), vgl. Anm. 2, 5 § 829. Es genügt aber auch die Pfändung deS Auftastungsanspruchs auf Grund eines Arrestes; dann erlangt der pfändende Gläubiger mit dem Uebergange des Eigentums auf den Schuldner eine Arresthypothek im Sinne des § 932, also eine Höchstbetrag-Sicherungshypothek zu dem im Arrestbefehle festgestellten Betrage, durch besten Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt wird. OLG. 33,112. — Zur Geltendmachung des Auflastungsanspruchs im Prozeßwege ist nicht der Sequester, sondern lediglich der Gläubiger berechtigt. OLG. 33, ns. Aber, auch wenn dem Gläubiger der Anspruch auf Auftastung des Grundstücks zur Einziehung überwiesen ist, wofür § 848 nicht eine Grundlage bietet (sondern §§ 835, 846), kann der Gläubiger nicht darauf klagen, daß ihm aufgelasten werde, sondern immer nur verlangen, daß die Auslastung an den Sequester an Stelle des Schuldners geschehen solle. IW. 08, 24220. Hatte der Gläubiger den Auflastungsanspruch auf Grund eines Arrestes gepfändet (s.oben), so kann er erst klagen, nachdem er wegen seiner Forderung einen vollstreck­ baren Titel erlangt und auf Grund dieses Titels die Ueberweisung des Auslastungs­ anspruchs zur Einziehung erwirkt hat. OLG. 33, 113. — Haben Auftastung und Uebergabe schon stattgefunden, bevor die Pfändung des Uebereignungsanspruchs be­ antragt wird, so. ist, auch wenn die Eintragung des Schuldners als Eigentümernoch nicht erfolgt ist, weil das Grundbuchamt die Beseitigung von Bedenken auf-

ZwetterAbschnitt. Veldforderungen. Erster Titel. Bewegl. Vermögen. AZ 848—850. 913 gegeben hat, die Pfändung avzulehnen, da ei» Anspruch des Schuldner- auf Uevereiguung nicht mehr besteht, sei» Vertragsgegner vielmehr alle Verpflichtungen aus dem Vertrage erfüllt hat. OLG. 23, zi«. — Ueber Entstehung der Hypothek als HbchstbeiragShypothek im Falle der Pfändung auf Grund wertbeständigen Schuldtitels vgl. $ 13 EntlBek. in der Fast. v. 13./5. 24 (Anhang I). s Vgl. §§ 1 ff. 8VG-, §§ 864 ff. ZPO.—«ebühren für die Bestellung des SequestreS: deS Gerichts früher nach § 47 Nr. 3 GKG., jetzt nach § 1 GKG. in d. Faff. v. 21./12. 22 gebührenfrei, da eine besondere Gebühr nicht vorgesehen; des Anwalts (3/io) § 28, früher Nr. 1, jetzt Nr. 7, vgl. jedoch auch früher § 31, jetzt 8 29 Nr. 6 GO. f. RA. i» d. Faff. v. 21./12. 22 (durch Hauptgebühen mitabgegoltenj. — Die Vergütung für dm Sequester ist unter entsprechender Anwendung des § 168 ZVG. vom Voll­ streckungsgericht festzusetzm. OLG. 19, iss, vgl. Pr.Berf., betr. die Geschäftsführung der Verwalter, welche bet der Zwangsverwaltung bestellt werden, und die den Verwaltern zu gewährende Vergütung, v. 8./12. SS (JMBl. 791), 30./12. 03 (JMBl. 04 ®. 2), 22./8.17 (JMBl. 294), 22./S. 20 (JMBl. 227), 2S./S., 12./11. 21 (JMBl. 319, 570), 11./2. 22 (JMBl. 45), 29./9. 22 (JMBl. 406).

849. (748.) Eine Ueberweisung bet tm § 846 bezeichneten Ansprüche an Zahlung- «Statt1 ist unzulässig. 1 Zur Einziehung zulässig.

§§ 835, 846.

U«pfändbare Ansprüche.

850. (749.) Der Pfändung1 find nicht unterworfen:"

1. der Arbeit-- oder Dienstlohn nach dm Bestimmungm des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1869 (Bundesgesetzbl. 1869 S. 242 und 1871 S. 63, Reich-gesetzbl. 1897 S. 159, 1898 S. 332) und der Verordnung

»der Lohnpfändung vom 25. Juni 1919 (ReichSgcsetzbl. 1919 S. 589, 1921 3 1 Die auf das Aufgebotsverfahren bezüglichen Vorschriften der ZPO. beschräntten sich früher darauf, in den §§ 823—836 allgemeine Bestimmungen zu tteffen, die, soweit nicht reichsgesetzlich oder nach Maßgabe des § 11 des EG. z. ZPO. durch Landesgesetz ein anderes bestimmt war, für alle Aufgebotsfälle galten. Nur das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung von Urkunden war in den §§ 887 vis 850 besonders geregelt. Aber auch hier waren der Landesgesetzgevung in weitem Umfange Abweichungen gestattet (so §§ 837 Abs. 2, 849). Durch

Zivilprozeßordnung. 18. Aufl.

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1026

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren,

die Nov. z. ZPO. v. 17./6. 98 hat daS AufgevotSverfahren eine anderweite Regelung erfahren. Zwar die allgemeinen Bestimmungen der §§ 828—886 (jetzt 946—969) sind sachlich unverändert gelaffen. Auch ist es bei dem Vorbehalt tot § 11 des EG. verblieben, wonach die Landesgesetze in anderen als in den durch ein Reichsgesetz be­ stimmten Fällen die Anwendung der Bestimmungen der ZPO. auSschließen oder diese durch andere Vorschriften ersetzen können. Jedoch ist infolge der reichsgesetzlichen Regelung der wichtigsten, ftüher auf Landesrecht beruhenden AufgebotSfälle das An­ wendungsgebiet für jenw Vorbehalt erheblich beschränkt. Anderseits sind auch jetzt bezüglich einzelner durch Reichsgesetz geordneter Aufgebotsfälle im § 1024 Abs. 1 gewisse Abweichungen von den §§ 948, 960, 966 der LandeSgesetzgebung freigelaffen. — Hinsichtlich des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der KrastloSerklärung von Urkünden sind gegenüber dem ftüheren Rechte (WO. Art. 73, a. HGB. Art. 801, 802, 805) die Fälle, in denen ein solches AufgevotSverfahren reichsgesetzlich zugelasien ist, durch daS BGB. (§§ 799, 808, 1162, 1192, 1199) und das neue HGB. (§ 228) erheblich vermehrt. Durch die neuen Vorschriften in den §§ 1008—1028 ist nun für alle diese Fälle das Verfahren unter Beseitigung der Landesgesetze einheitlich geregelt. Rur in den §§ 1006 Abs. 8, 1009 Abs. 8 Satz 2, 1028 Satz 2, 1024 Abs. 2 und in den Art. 101, 102, 177 EG. z. BGB. find nach einzelnen Richtungen Vorbehalte für die Landesgesetzgebung gemacht worden. — Neben dem Urkunden­ aufgebot ist noch für eine Anzahl anderer durch das BGB. zugelaffener Aufgebots­ fälle das Verfahren besonders geregelt worden: 1. in den §§ 960—976: Aufgebot zum Zwecke der Todeserklärung (§§ 14—17 BGB.); 2. in den §§ 977—981: zum Zwecke der Ausschließung deS Eigentümers eines Grundstücks (§ 927 BGB.); 8. in den §§ 982—988: zum Zwecke der Ausschließung eines Hypotheken-, Grundschuld­ oder Rentenschuldgläubigers (§§ 1170, 1171 BGB.), sowie der Löschung einer Vor­ merkung, eines Vorkaufsrechts, einer Reallast und eines Schiffspfandrechts (§§ 887, 1104, 1112, 1269 BGB.); 4. in den §§ 989—1001: zum Zwecke der Ausschließung von Rachlaßgläubigern und GesamtgutSgläubigern (§§ 1970, 1489 BGB.); 6. in dem § 1002: zum Zwecke der Ausschließung von SchiffSgläubigern (§ 766 HGB., § 110 BinnenschiffGes. v. 16./6. 96 in d. Fast. v. 20./6. 98 sRGBl. 868]). 2 Gemäß § 18 Abs. 1 EG. bleiben die reichsgesetzlichen Vorschriften über das gerichtliche AufgebotSversahren unberührt. Solche enthallen: § 6 BGes. v. 9./11. 67 (BGBl. 167); BGes. v. 26-/4. 71 (BGBl. 91); RGes. v. 12./6. 78 (RGBl. 91) (Schuldurkunden), s. jetzt Anm. 2 § 946; § 8 Statut d. Reichsbank v. 21./5. 76 (RGBl. 208) (Reichsbankanteilscheine), vgl. § 44 Nr. 8 RBankG. v. 30./8. 24. — Wegen der auf Grund des Vorbehalts im § 11 EG. erlassenen Bestimmungen für landesrechtliche AufgebotSfälle f. Anm. 8 dort. — Richt hierher gehören die nicht von Gerichten zu erlaffenden Aufgebote: bei Eheschließungen, § 1816 BGB., §§ 44ff. RGes. v. 6./2. 76 (RGBl. 28) in d. Fass. d. Art. 46 EG. z. BGB.; gemäß §§ 26 ff. Strandungsordn. v. 17./6. 74 (RGBl. 78), deren § 25 avgeändert ist durch RGes. v. 30./12. 01 (RGBl. 02 S. 1); nach §§ 17 Abs. 2, 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 GewOrdN. in d. Fass. v. 26./7. 00 (RGBl. 871); gemäß §§ 297, 801 Abs. 1, 808 Abs. 8, 806 Abs. 6, 820 Abs. 3, 884 Abs. 2 HGB. • Gebühren: des Gerichts früher (Vio) § 44 GKG. a. F., jetzt CU Verfahrens­ gebühr) 8 33 Nr. 6 GKG. in d. Fass. v. 21./12. 22; des Anwalts (*/10) § 40 GO. f. RA. ,

I. Allgemeine Bestimmungen.

Zulässigkeit.

946. (823.) Eine öffentliche gerichtliche* Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten ftodet mit der Wirkung, daß die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat, nur in den durch das Gesetzt bestimmten Fällen statt. Für das Aufgebotsverfahren ist das durch das Gesetz bestimmte Gericht zuständig. 1 DaS nicht gerichtliche Aufgebotsverfahren wird hierdurch nicht berührt. Vordem. 2.

Dgl.

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1027

3 Reichsgesetz oder Landesgesetz. Fälle des ersteren: §§ 14—17, 799, 808, 887, 927„ 1104, 1112, 1162, 1170, 1171, 1192, 1199, 1269, 1970 BGB.; §§ 228, 766 HGB.; Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen: §§14 ff. Reichsschuldenordnung v. 13./2.24 (RGBl. I 95). Fälle des letzteren in Preußen: Fideikommisse, Stiftungen, Lehen: §§ 9 ff. Ges. v. 16./2. 40 (GS. 20), Art. 2 §§ 10, 11 AG. z. BGB. v. 20./9. 99 (GS. 177); Kuxscheine: § 110 Bergges. v. 24./6. 66 (GS. 706); Hinterlegte Gelder, Wertpapiere, Kostbarkeiten: §§ 27 ff. Hinterlegungsordn. v. 21./4. 18 (GS. 226), §§ 25, 80, 56 AusfDorschriften v. 5./2. 14 (JMBl. 115); RentengutswiederkaufSberechtigte: Art. 29 § 11 AG. z. BGB.; Schuldverschreibungen und Schatzanweisun­ gen: § 16 Abs. 1 Pr. Staatsschuldenordnung v. 12./3. 24 (GS. 132). • Und zwar daS Amtsgericht: § 23 GBG.; §§ 961, 978, 988, 990, 1002, 1006, 1006 ZPO. — Dgl. aber § 8 Abs. 8 EG. z. GBG., Anm. 2 § 11 EG. z. ZPO. (Zulässigkeit der Bestimmung eines anderen Gerichts für landesrechtliche Aufgebots­ fälle). Preußen: § 49 AG. z. GBG. v. 24./4. 78 (für die Fideikommiß- und Lehen­ sachen die OverlandeSgerichte).

947. (824.) Der Antrag kann schriftlich oder zum Protokoll deS Gerichtsschreibers* gestellt werdend Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgend Ist der Antrag zulässig, so hat das Gericht das Aufgebot zu erlassen. In dasselbe ist insbesondere autzunehmen:* 1. die Bezeichnung des Antragstellers; 2. die Aufforderung, die Ansprüche und Rechte spätestens im Aufgebots­ termin anzumelden 3. die Bezeichnung der Rechtsnachteile, welche eintreten, wenn die An­ meldung unterbleibt;« 4. die Bestimmung eines Aufgebotstermins? 1 § 78 Abs. 2 (kein Anwaltszwang). 2 Besonderer Inhalt deS Antrags für einzelne AufgebotSsälle: §§ 963, 980, 986, 988, 992, 1001, 1002 Abs. 4, 1007. — AntragSberechtigte: §§ 962, 979, 984, 991, 1001, 1002 Abs. 8, 1004. 8 Dann ist sie von Amts wegen zuzustellen. § 829 Abs. 8. — Die Ent­ scheidung erfolgt stets durch Beschluß. Gegen Zurückweisung deS Antrags steht die Beschwerde gemäß § 667 zu. — Gebühren: des Gerichts früher (1/10) 8 44 Nr. 1 GKG. a. F., jetzt vgl. Vordem, vor § 946; deS Anwalts (3/w) § 40 Nr. 1, 2 GO. f. RA. * Nur dies ist sein wesentlicher Inhalt: das andere steht im Ermeßen deS Gerichts. RG. 82, iso. » Vgl. jedoch § 961. 6 Vgl. § 37 Nr. 4, 6 ZVG. 7 Vgl. Anm. 1 § 962.

Oeffentliche Bekanntmachung.

948. (825.) Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch einmalige1 Einrückung in

den Deutschen Reichsanzeiger,* sofern nicht das Gesetzt für den betreffenden Fall eine abweichende Anordnung getroffen hat.

*DaS Gericht kann anordnen, datz die Einrückung noch in andere Blätter und zu mehreren Malen erfolge. 1 Früher lautete § 948: „Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots er­ folgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger, außerdem aber, sofern nicht das Gesetz für den betreffenden Fall eine abweichende Anordnung getroffen hat, nach den im § 204 für Ladungen gegebenen Vorschriften." Durch die Text-Bek. v. 13./5. 24 ist „einmalige" zwischen „durch" und „Einrückung" eingefügt und an Stelle der Worte „außerdem aber, . . . nach den im § 204 für Ladungen gegebenen Vorschriften" der neue Abs. 2 gesetzt. — Einrückung in den Reichsanzeiger in Konsularsachen nicht erforderlich: § 29 RGes. über die Konsulargerichtsbarkeit v. 7./4. 00 (RGBl. 213).

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A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren.

2 Reichsgesetz oder Landesgesetz. EG., auch §§ 1009, 1023, 1024.

Vgl. Vordem. 2 vor § 946 und Anm. 3 § 11

949. (826.) Auf die Gültigkeit der öffentlichen Bekanntmachung hat es keinen Einfluß, wenn das anzuhestende Schriftstück von dem Orte der An­ heftung zu früh entfernt ist oder wenn im Falle wiederholter Bekannt­ machung die vorgeschriebenen Zwischenfristen' nicht eingehalten sind? 1 Bezieht sich nicht auf die Aufgebotsfristen der §§ 960, 966, 987 Abs. 8, 1002 Abs. 5, 1015, auch nicht aus die Fristen der §§ 1010—1014. 2 Dgl. § 206 Abs. 8.

950. (827.) Zwischen dem Tage, an welchem die Einrückung oder die erste Einrückung des Aufgebots in den Deutschen Reichsanzeiger erfolgt ist, und dem Aufgebotstermin muß, sofern daS Gesetz* nicht eine abweichende Anordnung enthält, ein Zeitraum (Aufgebotsfrist)2 von mindestens sechs Wochen2 liegen. 1 Reichsgesetz oder Landesgesetz. Dgl. Dorbem. 2 vor § 946 u. Anm. 8 § 11 EG., auch §§ 1028, 1024. » Das Wort „(Aufgebotsfrist)" ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingeschaltet. 3 Anm. 1 § 222.

951. (828.) Eine Anmeldung, welche nach dem Schluffe des Aufgebots­ termins? jedoch vor Erlassung des Ausschlußurteils erfolgt, ist als eine rechtzeitige anzusehen. 1 Z. B. wenn ein neuer Termin bestimmt worden ist. 964, 966.

Dgl. §§ 962 Abs. 3,

AuSschlußurteil.

952. (829.) Das AuSschlußurteil ist in öffentlicher Sitzung auf Antrag zu erlassen? 2 Einem in der Sitzung gestellten Antrag wird ein Antrag gleichgeachtet,2 welcher vor dem Aufgebotstermin schriftlich gestellt oder zum Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt wordm ist. Bor Erlassung des Urteils kann eine nähere Ermittelung, insbesondere die Derstcherung der Wahrheit einer Behauptung des Antragstellers an Eides Statt? angeordnet werden. Gegm den Beschluß, durch welchen der Antrag auf Erlassung des Ausschlußurteils zurückgewiesen wird, sowie gegm Beschränkungen und Vor­ behalte, welche dem Ausschlußurteile beigefügt find, findet sofortige Be­ schwerde statt, b 1 Durch Verkündung, wenn möglich im Aufgebotstermin. § 947 Nr. 4. — Durch das Ausschlußurteil werden diejenigen ausgeschlossen, die auf das Aufgebot ihre Ansprüche oder Rechte nicht angemeldet haben. Denjenigen dagegen, die recht­ zeitig Ansprüche oder Rechte angemeldet haben, werden diese im Urteil Vorbehalten. Vgl. Anm. 1, 2, 3 § 963. — Gebühren: des Gerichts früher O/io + Vio) §44 Nr. 2, 8 GKG. a. F., jetzt vgl. Vorbem. vor § 946; des Anwalts (2/10) § 40 Nr. 4 GO. f. RA. 2 Nach dem durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügten Abs. 2 ist der (vielleicht entfernt wohnende) Antragsteller nicht mehr, wie früher, genötigt, den Antrag aus Erlassung des Ausschlußurteils im Aufgebotstermine zu stellen. KB. 220, 221. • D. h. wenn der Antragsteller noch vor dem Termine den Antrag auf Er­ lassung des Ausschlußurteils gestellt hat, soll er nach jeder Richtung so behandelt werden, wie wenn er im Termin erschienen wäre und den Antrag gestellt hätte. Deshalb beginnt auch in diesem Falle der Lauf der im Abs. 4 vorgesehenen Be-

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schwerdefrist gemäß § 577 Abs. 2 mit der Verkündung deS Beschlusses, durch den etwa

der Antrag abgewiesen wird. KB. 221, Anm. 6. < Die Fassung des Abs. 3 bezüglich der Versicherung an Eides Statt beruht aus der Nov. v. 17./5. 98. Früher: die „eidliche Versicherung". Vgl. Anm. 8 § 294. ® Die Beschwerdefrist von zwei Wochen beginnt mit der Verkündung der Ent« scheidung. § 577 Abs. 2. Vgl. Anm. 3. — Die sofortige Beschwerde findet auch statt zur Beseitigung der in dem Ausschlußurteil zugunsten Dritter ausgesprochenen Vorbehalte. Begr. 483.

953. (830.) Erfolgt eine Anmeldung, durch welche das von dem An­ tragsteller zur Begründung des Antrags behauptete Recht bestritten wirb,1 so ist nach Beschaffenheit des Falles entweder das Aufgebotsverfahren bis zur endgültigen Entscheidung über das angemeldete Recht auszusetzen 2 oder in dem Ausschlußurteile das angemeldete Recht vorzubehalten.^ 1 Nur diesen Fall der Anmeldung (z. B. Auftreten eines angeblich bester Be« rechtigten) behandelt § 953. Die Anmeldungen können auch einen Widerspruch gegen das Verfahren auf Grund solcher Umstände enthalten, die schon bei Erlassung des Aufgebots zu berücksichtigen gewesen wären. Stellt sich danach der Antrag auf Er­ lassung des Ausschlußurteils von vornherein als unbegründet dar, so ist der Antrag zurückzuweisen. Ferner können die Anmeldungen lediglich eine Einschränkung des Rechts des Antragstellers zum Gegenstände haben, wie «z. B. beim Aufgebot eines Grundstücks die Anmeldung eines Rechts an stemder Sache. Dann find nur diese einschränkenden Ansprüche von der im übrigen auszusprechenden Ausschließung aus­ zunehmen. Es kann aber auch durch die Anmeldung das ganze Aufgebotsverfahren erledigt werden, wie z. B. wenn der behufs Todeserklärung aufgebotene Verschollene fich meldet oder die aufgebotene Urkunde vorgelegt wird. Begr. 488. — Wegen der Gebühr des Anwalts (’/10) vgl. § 40 Abs. 2 GO. f. RA. 2 Durch gemäß § 829 zuzustellenden, nach Maßgabe des § 252 anfechtbaren Beschluß. — Ein gerechtfertigter Anlaß zur Aussetzung des Verfahrens wird in der Regel nur dann gegeben sein, wenn durch die Anmeldung mit dem materiellen Rechte des Antragstellers zugleich die Zuläsfigkeit des ganzen Aufgebotsverfahrens in Frage gestellt wird, wie z. B. wenn bei dem Aufgebote von Urkunden ein angeblich besser Berechtigter austritt (§ 1004), oder wenn bei dem Aufgebote der Nachlaßgläubiger ein angeblich näherer Erbe als der Antragsteller (§ 991) Rechte an dem Nachlasse anmeldet. RG. 67, 98. — Die endgültige Entscheidung erfolgt nicht im Aufgebots, verfahren, das nur die Feststellung der Rechtsnachteile gegen den sich nicht Meldenden bezweckt, sondern in einem, auch hinsichtlich der Zuständigkeit den allgemeinen Vor­ schriften unterliegenden besonderen Rechtsstreit. RG. 67, 08® Unter Ausschließung aller übrigen Beteiligten, die fich nicht gemeldet haben. RG. 67, ss. — Es find aber nur die im Aufgebotsverfahren beim Aufgevotsrichter an. gemeldeten Rechte zu berücksichtigen, nicht auch Anmeldungen, die vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens (z. B. bei dem erst später als Aufgebotsgericht gemäß § 990 zuständig werdenden Amtsgericht als Nachlaßgericht) erfolgt sind. OLG. 42, 22. — Damit das Urteil, das den Anmeldenden ihre Rechte vorbehält, fle also mit diesen Rechten nicht ausschließt, zu einem vorbehaltlosen Ausschlußurteil wird (und z. B. eine gemäß § 1170 Abs. 1 BGB. aufgevotene Hypothek nach § 1170 Abs. 2 von dem Grundstückseigentümer erworben wird), ist erforderlich, daß der Antragsteller den Vorbehalt rechtswirksam beseitigt, insbesondere durch Verzicht der Anmeldenden auf ihre Rechte aus dem Vorbehalt oder durch ihre rechtskräftige Ver­ urteilung zur Abgabe dieser Verzichtserklärung. RG. 67, 100, RIA. 6, 145, KGJ. (80, A 269), 83, A 210.

954. (831.) Wenn der Antragsteller weder in dem Aufgebotstermin er­ schienen ist noch vor dem Termin den Antrag auf Erlassung des Ausschluß­ urteils gestellt hat,' so ist auf seinen Antrag ein neuer Termin zu bestimmen. Der Antrag ist nur binnen einer vom Tage des Aufgebotstermins laufenden Frist von sechs Monaten zulässig.?

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A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch.

AufgevotSverfahren.

1 Früher: „Ist (der Antragsteller in dem AufgebotStermine) nicht (erschienen.") Die jetzige Fassung durch die Nov. v. 17./5. 98 entspricht dem Avs. 2 des § 952. Dgl. Anm. 2, 3 § 952.

2 Später ist der Antrag aus Erlassung eines neuen Aufgebots zu richten. Äegr. 468. — Gegen Versäumung der Frist findet Wiedereinsetzung nicht statt, da die Frist keine Notfrist, sondern eine gesetzliche Frist ist.

§§ 228 Abs. 8, 288.

955. (832.) Wird zur Erledigung des Aufgebotsverfahrens ein neuer Termin bestimmt,1 so ist eine öffentliche Bekanntmachung des Termins nicht erforderlich. 1 Gemäß § 954 oder auS einem anderen Grunde (z. B. § 952 Abs. 8).

956. (833.) Das Gericht kann1 die öffentliche Bekanntmachung deS wesentlichen Inhalts des Ausschlußurteils durch einmalige Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger anordnen? i Vgl. dagegen § 1017 Abs. 2 (muß angeordnet werden).

2 Anm. 1 § 948.

Anfechtungsklage.

957. (834.) Gegen das Ausschlußurteil findet ein Rechtsmittel nicht stattDas Ausschlußurteil kann bei dem Landgericht, in dessen Bezirke daS Aufgebotsgericht seinen-Sitz hat, mittels einer gegen den Antragsteller zu erhebenden Klage angefochten werden1: 1. wmn ein Fall nicht vorlag, in welchem das Gesetz das Aufgebots­ verfahren zuläßt8; 2. wenn die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots oder eine in dem Gesetze vorgeschriebene Art der Bekanntmachung unterblieben ist8; 3. wenn die vorgeschriebene Aufgebotsfrist8 nicht gewahrt ist; 4. wenn der erkennende Richter von der Ausübung des Richteramts krast Gesetzes ausgeschlossen war;8 5. wenn ein Anspruch oder ein Recht ungeachtet der erfolgten Anmeldung8 nicht dem Gesetze gemäß in dem Urteil berückstchtigt ist; 6. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen die Restitutions­ klage wegen einer strafbaren Handlung stattfindet? 1 Zur Erhebung der Anfechtungsklage ist derjenige berechtigt, an den stch das Aufgebot gerichtet hat. OLG. 29, 276. — DaS dem AusgebotSgericht übergeordnete Landgericht ist sowohl sachlich ohne Rücksicht auf den Streitwert als auch örtlich aus­ schließlich zuständig, und zwar auch dann, wenn das als Aufgebotsgericht tätig ge­ wordene Amtsgericht (örtlich) nicht zuständig war. RG. 78, 877- — Eine FeststellungSklage wegen Auslegung des Ausschlußurteils aber kann gemäß § 256 erhoben werden, ohne daß die Beteiligten an die für die Anfechtungsklage aus § 957 geltenden gesetzlichen Schranken gebunden find. RG. 48, 367, 371. 2 Anm. 2 § 946. — Nr. 1 greift nicht stets Platz, sobald eine gesetzliche Voraussetzung für den Erlaß deS Ausschlußurteils fehlt, sei es, daß der Mangel schon dem Aufgebotsrichter erkennbar war oder flch erst nachträglich herausgestellt hat. Vielmehr kann die Anfechtung des Ausschlußurteils auf Nr. 1 nur dann gestützt werden, wenn behauptet wird, daß das Aufgebotsverfahren zu Unrecht eingeleitet worden sei, daß es also an einem das Verfahren als Ganzes rechtfertigenden materiell-rechtlichen Aufgebotsgesetz gefehlt habe. Ist die Einleitung des AufgebotS-

verfahrenS auf Grund eines das Verfahren an flch zulaffenden Gesetze- ersolgt, und hat der Aufgebotsrichter bet Erlassung des Ausschlußurteils nur gegen einzelne Bestimmungen des betreffenden Gesetzes oder gegen sonstige Gesetzesvorschriften gefehlt, so ist die Möglichkeit einer Abhilfe nur bei Vorliegen einer der unter Nr. 2—6 be­ stimmten Voraussetzungen gegeben. RG. 48, 367, OLG. 29, 276. Insbesondere ist Fehlen eines dem $ 947 entsprechenden Antrags kein AnsechtungSgrund. OLG. 29, 276.

88 955-961

1031

b Die Bekanntmachung muß zu ihrer Gültigkeit dm in § 947 Abs. 8 besonders aufgeführten Inhalt Haden. RG. 82, i3g. — Durch Nr. 2 wird auch der Fall be­ troffen, in dem zwar die Bekanntmachung der zum Zwecke des Aufgebots erlassenen richterlichen Verfügung entspricht, aber der richterliche Erlaß selbst in einem der durch § 947 Abs. 2 vorgesehenen Punkte den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht wird und eineS für das Aufgebot seinem Inhalte nach wesentlichen Bestandteils ermangelt. Gr. 47, H93, (IW. 08,126“). — Die Unterlassung der im § 994 Abs. 2 vorgeschriebenen besonderen Zustellung begründet nicht die Anfechtung, da eS sich nur um die Ver­ letzung einer Sollvorschrift handelt, und zwar auch dann nicht, wenn der Kläger alS Nachlaßgläubiger im Verzeichnisse (§ 992) enthalten oder dem Gericht seine Eigen­ schaft auf andere Weise angezeigt war. OLG. 42, 22. * §§ 960, 966, 987 Abs. 8, 994 Abs. 1, 1010, 1013, 1014, 1016. 6 §41. 6 §§ 961, 968. 7 § 680 Nr. 1—6.

958. (835.) Die Anfechtungsklage ist binnen der Notfrist* eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem der Kläger Kenntnis von dem AuSschlußurteil erhalten hat? in dem Falle jedoch, wenn die Klage auf einem der im § 957 Nr. 4, 6 bezeichneten An­ fechtungsgründe beruht und dieser Grund an jenem Tage noch nicht zur Kenntnis des Klägers gelangt war, erst mit dem Tage, an welchem der An­ fechtungsgrund dem Kläger bekannt geworden ist. Nach Ablauf von zehn Jahren? von dem Tage der Verkündung des AuSschlußurteils an gerechnet, ist die Klage unstatthaft. 1 § 223. 8 Anm. 1 § 222. — Die Anfechtungsklage gegen ein nach der Der. v. 9./8. 17 (f. Anm. 1 § 960) erlassenes Ausschlußurteil ist an die Fristen des § 958 nicht ge­ bunden (§ 12 Abs. 2 der Der.). • Die Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger allein genügt nicht zur An­ nahme der Kenntnis.

959. (836.) Das Gericht kann die Verbindung mehrerer Aufgebote anotbtten, auch wenn die Voraussetzungen des § 147 nicht vorliegen. II. Aufgebot zum Zwecke der Todeserklärung.

969.' Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung? gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. 1 Die §§ 960 bis 1002 sind durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. 8 Vgl. §§ 18—17 BGB., Art. 9 EG. z. BGB. — Vgl. auch die auf Grund des § 3 ErmGes. v. 4./8. 14 (RGBl. 327) erlassene Der. des Bundesrats über die Todeserklärung Kriegsverschollener v. 18./4. 16 (RGBl. 296) t. d. Fass, der Der. v. 9./8. 17 (RGBl. 704). Das „Vermißtsein" im Sinne der Verordnung braucht nicht auf dem Kriegsschauplatz eingetreten zu sein. LG. II Berlin in PrJMBl. 1921 S. 368. Dazu Preuß. Verf. v. 13./6.16 (JMBl. 129), 31./10. 16 (JMBl. 291), 20./8. 17 (JMBl. 291). Zulässigkeit.

961? Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke der Verschollene den letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohn­ sitzes wird daS zuständige Gericht für Angehörige eines deutschen Landes1 von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung? für andere Verschollene? von dem ReichSminister der Justiz* durch allgemeine An­ ordnung bestimmt? 1 § 961 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. Auf Grund der RVerf. v. 11./8.19 und der Ermächtigung im Art. VIII BO. v. 13./2. 24 ist durch die Text-

1032

A. II Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebot-Verfahren.

Bek. v. 13./5. 24 an Stelle des Wortes „Bundesstaates" gesetzt „deutschen LandeS" und das Wort „Reichskanzler" ersetzt durch „Reichsminister der Justiz." 2 Preußen: Vers. v. 27./11. 99 (JMBl. 887); Bayern: Vers. v. 25,/2. 00 (JMBl. 582); Sachsen: § 2 Vers. v. 1./11. 99 (GBBl. 481); Württemberg: Derf. v. 31./7. 99 (RegBl. 555). Hierdurch ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts der Hauptstadt des betreffenden deutschen Landes bestimmt. s D. h. für Deutsche, die keinem deutschen Land angehören, und für Ausländer, die nach Art. 9 Abs. 2 EG. z. BGB. im Jnlande für tot erklärt werden. Mot. 194. Vgl. § 1320 Abs. 8 BGB. * Bek. v. 8./3. 00 (RGBl. 128) u. v. 21./4. 06 (RGBl. 463) (Amtsgericht Berlin-Mitte).

962»la Antragsberechtigt ist der gefefclidjc $ertreter1 des Verschollenen sowie jeder, der an der Todeserklärung ein rechtliches Interesse3 hat. Der gesetzliche Vertreter bedarf zu dem Antrag der Genehmigung des Dormundschaftsgerichts? »«Anm. 1 § 960. 1 Eltern, Bormund, Pfleger. §§ 1630, 1684, 1778, 1896, 1911 BGB. 2 Namentlich der Ehegatte, der gesetzliche oder eingesetzte Erbe, der LehnS- oder Fideikommißnachfolger. Ader auch jeder andere, für den ein Recht von dem Tode deS Verschollenen adhängt, und zwar selbst dann, wenn es sich um ein Recht gegen einen Dritten handelt, z. B. wenn jemand eine- auf den Tod des Verschollenen gestellte Versicherungspolice besitzt. Mot. 194. « Vgl. § 1847 Abs. 1 BGB., §§ 85 ff. RFGG.

963? Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforder­ lichen Tatsachen3 vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft3 zu machen. 1 Anm. 1 § 960.

2 §§ 14—17 BGB.

» § 294.

Oesfentliche Bekanntmachung.

964? In das Aufgebot ist aufzunehmen-? 1. die Aufforderung an den Verschollenen, sich spätestens im Aufgebots­ termin zu melden, widrigenfalls die Todeserklärung erfolgen werde; 2. die Aufforderung an alle, welche Auskunft über Leben oder Tod des Verschollenen zu erteilen vermögen, spätestens im Aufgebotstermin dem Gericht Anzeige zu machen. 1 Anm. 1 § 960. 2 Ergänzung deS im § 947 Abs. 2 Satz 2 vorgeschriebenen allgemeinen Inhalts' deS Aufgebots.

965? Die Aufgebotsfrist muß mindestens sechs Monate 2 betragen. 1 Anm. 1 § 960. 2 Anm. 1 § 222. - § 6 Der. v. 9./8. 17 (s. Anm. 1 § 960): einen Monat. 966? In den Fällen der §§ 15—17 des Bürgerlichen Gesetzbuchs3 kann die Bekanntmachung des Aufgebots durch öffentliche Blätter unterbleiben. Das gleiche gilt, wenn seit der Geburt des Verschollenen hundert Jahre verstrichen find. Unterbleibt die Bekanntmachung durch öffentliche Blätter, so mufc3 die Aufgebotsfrist mindestens sechs Wochen betragen; sie beginnt in diesem Falle mit der Anheftung des Aufgebots an die Gerichtstafel.

1 Anm. 1 § 960. 2 Kriegs., See. und Lebensgefahrverschollenheit. Vgl. § 7 Der. v. 9./8. 17 (s. Anm. 1 § 960). Für die übrigen Fälle und, soweit in den Fällen des Abs. 1 von der dort gewährten Befugnis nicht Gebrauch gemacht wird: § 948.

88 962-970

1033

3 D. h. „so braucht ste nur 6 Wochen zu betragen". der im § 965 abgekürzt. Mot. 195.

Beitritt zum Verfahren.

Die Frist ist gegenüber

Ermittelungen.

Anmeldungen.

967? Jeder Antragsberechtigte? kann neben dem Antragsteller oder statt des Antragstellers in das Verfahren eintreten? Durch den Eintritt erlangt er die rechtliche Stellung eines Antragstellers. 1 Anm. 1 § 960. » Anm. 1, 2 § 962. 3 Wenn dieser stirbt oder seinerseits das Verfahren nicht fortsetzt. Wiederholung des Verfahrens vermieden werden. Mot. 195. * Gemäß § 947 Abs. 1.

Es soll die

968? Das Gericht hat? unter Benutzung der in dem Antrag ange­ gebenen Tatsachen und Beweismittel von Amts wegen die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die ge­ eignet erscheinenden Beweise? aufzunehmen. 1 Anm. 1 § 960. 3 Nicht bloß „kann" wie im § 952 Abs. 8. Es sollen für dieses Verfahren mit Rücksicht darauf, daß es an einem Gegner des Antragstellers fehlt und die Todeserklärung weitgehende, auch im Verhältniffe zu Dritten sich äußernde Wir­ kungen hat, sichere Grundlagen geschaffen werden. 8 Glaubhaftmachung (§ 294) genügt hier nicht (wie für Erlassung des Auf­ gebots): § 970 Abs. 1.

969? Wird derjenige, welcher sich als der angeblich Verschollene meldet, als solcher von dem Antragsteller nicht anerkannt? so ist das Ver­ fahren auszusetzen.? i Anm. 1 § 960. 3 Wird er anerkannt, so ist der Anttag auf Todeserklärung zurückzuweisen. — Sofortige Beschwerde: § 952 Abs. 4. 8 Die Entscheidung des Streites liegt dann dem Prozeßgericht ob. Mot. 195. Vgl. Anm. 1 z 953.

Urteil.

970?a Das Gericht hat die Todeserklärung nur auszusprechen, wenn die zur Begründung derselben erforderlichen Tatsachen1 für erwiesen? er­ achtet werden. In dem Urteil ist der Zeitpunkt des Todes nach Maßgabe des 8 18 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzustellen? ia tont. 1 § 960. i §§1 3—17 BGB. 3 Glaubhaftmachung (§ 294) genügt nicht. Vgl. Anm. 1, 2 § 968. 8 Dadurch wird gemäß § 18 Abs. 1 BGB. die Vermutung deS Eintritte- des Todes an diesem (vom Zeitpuntte der Erlassung deS Urteils unabhängigen) Tage begründet. IW. 10, ios1, KGJ. 45, 152. Diese Vermutung gilt für das ganze Gebiet des Vermögens- und Erbrechts und gegenüber jedermann. KGJ. 45, 153. Daher hat auch das Nachlaßgericht in dem Verfahren aus Erteilung eines Erbscheins, wenn ihm vom Antragsteller zum Nachweise des Wegfalls eines Besserberechtigten ein diesen betreffendes Todeserklärungsurteil vorgelegt wird, zufolge der Vermutung den für tot Erklärten als weggefallen zu behandeln. KGJ. 45, 153. Diese Wirkung der Todeserllärung kann nur mit der Anfechtungsklage gemäß §§ 957, 973, und nur soweit eine solche zulässig ist, beseitigt werden. IW. 10, 103», auch Anm. 3 § 973. Jedoch kann jederzeit, auch ohne Erhebung der Anfechtungsklage, und selbst wenn diese unzulässig geworden ist, der Gegenbeweis gegen die Vermutung deS § 18 Abs. 1 BGB. geführt werden. IW. 10, 103», KGJ. 45, 153. — Anfechtung des Urteils wegen Unrichtigkeit deS als Todestag angenommenen Zeitpunktes: § 973.

1034

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebot-verfahren.

971? Die dem Antragsteller erwachsenen Kostm, welche zur zweckent­ sprechenden Durchführung des Verfahrens notwendig warm, fallen, wmn die Todeserklärung erfolgt, dem Nachlaß zur Last? 1 Sinnt. 1 § 960. 3 Im Anschluß an § 846 II, 18 Preutz. ALR. und Art. 117 Bayer. AG. z. ZPO. v. 2S./2. 79. — Im Falle des Nachlaßkonkurses find die Kosten gemäß § 224 Nr. 3 KO. Masseschulden. Sie gelten "also als Nachlaßverbtndlichkeiten. RG. 90, 93. Gegenüber der Staatskasse ist der Antragsteller Kostenschuldner (früher § 89 GKG. a. F., jetzt § 77 GKG. in d. F. v. 21./12. 22).

Bestellung eine» AusgedotSgericht».

972? Die Erledigung der Aufgebotsanträge kann von der Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht über­ tragen werden? Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 961 zuständige Gericht? Mrd das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 961 zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichts­ tafel des letztere» Gerichts öffmtlich bekanntzumachen? i Sinnt. 1 § 960. 3 Vgl. s. Preußen AG. z. ZPO. v. 6./10. 99 (GS. 378). 3 Abs. 1 Satz 2 findet tot Falle des Aufgebotsverfahrens nach der Ber. v. 9./8.17 (s. Sinnt. 1 § 960) keine Anwendung (§ 8 der Der.). * Vgl. 83 948, 949, 967 Abs. 2 Nr. 2, 966.

Anfechtungsklage.

973.ia Die Anfechtungsklage findet außer den Fällen des § 957 Abs. 2 auch dann statt, wmn die Todeserklärung mit Unrecht erfolgt1 oder der Zeitpunkt des Todes1 des Verfchollenm unrichtig festgestellt ist? ia Sinnt. 1 § 960. i § 957 Ws. 2 läßt die Anfechtung nur wegm wtsenüicher Mängel de» Ver­ fahrens zu. Deshalb ist in Anbetracht der eingreifenden Rechtsfolgen der Todes­ erklärung hier auch noch die sachliche Nachprüfung durch daS Prozeßgericht zügelnsten worden. Mot. 196. - Vgl. §§ 970 Abs. 2, 976 Stof. 8 BGB. 3 Diese besondere Bestimmung ändert nichts daran, daß daS AuSschlußurtell auch beim Aufgebot zum Zwecke der Todeserklärung gemäß § 957 Stof. 1 formell mit der Verkündung die Rechtskraft erlangt. W. 11, 88, auch Sinnt. 3 § 970.

974? Zur Erhebung der Anfechtungsklage ist jeder berechtigt, der an der Aufhebung der Todeserklärung oder an der Berichtigung des Zeitpunkts des Todes ein rechtliches Interesse hat? Die Anfechtungsklage ist gegen denjenigen zu richten, welcher die Todes­ erklärung erwirkt hat, falls aber dieser die Klage erhebt oder falls er ver­ storben oder sein Aufenthalt unbekannt oder im Ausland ist, gegm den Staatsanwalt? 1 Anm. 1 § 960. 3 Dgl. Sinnt. 2 § 962. 8 Im wesentlichen übereinstimmend mit der für das Entmündigungsverfahren geltenden Vorschrift des § 684 Stof. 8. — Die Anfechtungsklage ist auch dann gegen den AutragSberechttgten zn richten, der den Antrag gestellt hat, wmn er in­ zwischen feine Antragsverechtigung verloren hat. RG. 74, gzo. Hat aber den An­ trag ein dem Verschollenen gemäß § 1911 BGB. bestellter Abwesenheitspfleger ge­ stellt, besten Amt mit der Erlastung des AuSschlußurteils erloschen ist, so ist die An­ fechtungsklage nicht gegen ihn, auch nicht gegen den Verschollenen, vertreten durch einen neu zu bestellenden Pfleger, sondern in entsprechmder Anwendung des Abs. 2 gegen den Staatsanwalt zu richten. RG. 74, 327.

SS 971-979.

1035

975? Auf das Verfahren über die Anfechtungsklage findm die Vor­ schriften der 88 667, 669, 670, des 8 673 Abs. 1 und des 8 956 entsprechende Anwendung? 1 2

Anm. 1 $ 960. Insbesondere also die Vorschriften, durch die das BerfügungSrecht der Parteien über den Prozeßstofs eingeschränkt wird.

976?* Die Anfechtungsklage ist, sofern sie nicht auf einen der im 8 957 Abs- 2 bezeichneten Gründe gestützt wird, nur innerhalb der Frist von einem Monat* zulässig. Die Frist beginnt mit der Erlassung des die Todeser­ klärung aussprechenden Urteils? Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf dieser Frist? Mehrere Anfechtungsprozesse find zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung zu verbinden? Die Vorschrift des 8 62 findet Anwendung. Wird infolge einer Anfechtungsklage die Todeserklärung aufgehoben ° oder eine andere Todeszeit festgestellt? so wirkt das Urteil für und gegen alle. ia Anm. 1 § 960. 1 Keine Notfrist (§

228 Abs. 8), wie die deS § 958. — Ist die AnfechtungSfrist versäumt, so behält daS Urteil auch dann seine Wirksamkeit, wenn der Verschollene nach der Todeserklärung wieder aufgetreten ist. Der frühere Verschollene muß gegenüber einem jeden, der sich auf die Todeserklärung beruft, zur Widerlegung der Vermutung aus § 18 Abs. 1 BGB. seine Identität mit dem für tot Erklärten von neuem beweisen. Gr. 47,1193, (IW. 03,126"). — Die Anfechtungsklage gegen ein nach der Der. v. 9./8. 17 (s. Anm. 1 8 960) erlassenes Ausschlußurteil ist an die Frist des 8 976 nicht gebunden (§ 12 Abs. 2 der Ver.).

2 2

Abweichend von § 958. Dadurch soll mit Rücksicht auf die im Abs. 8 bestimmte Wirkung des Ur­ teils und die sich unter Umständen widerstreitenden Interessen der verschiedenen Be­ teiligten verhütet werden, daß das Urteil vor Ablauf der Anfechtungsfrist ergeht. Mot. 196. 4 Behufs einheitlicher Feststellung des Sachverhalts mit Rücksicht auf die tat Abs. 8 bestimmte Wirkung des Urteils. Mot. 196. 6 Wenn die Todeserklärung mit Unrecht erfolgt ist. 6 Das Prozeßgericht hat den Zeitpunkt des TodeS selbst zu ermitteln und ihn eventuell nach Maßgabe des § 18 Abs. 2 BGB. anderweit festzustellen. Mot. 196.

III. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung eine- Grundstückseigentümers. 977? Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des Eigentümers ejnes Grundstücks2 nach 8 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen.

1 2

Anm. 1 § 960. Das sich seit 30 Jahren im Eigenbefitz eines anderen befindet. 8 Im übrigen gelten die allgemeinen BerfahrenSvorschriften (§§ 947—959). ZulLsfigkeit.

978? Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke daS Grundstück be­ legen ist? 1 Anm. 1 § 960.

979?

2

Vgl. § 1005 Abs. 2. — Ausschließlicher Gerichtsstand.

Antragsberechtigt ist derjenige, welcher daS Grundstück seit der im 8 927 deS Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Zeit 2 im Eigenbefitze^ hat.

1

Anm. 1 § 960.

1036

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren.

2 Dreißig Jahre. — Hierauf kommt jedoch die während des Besitzes eines RechtsVorgängers oder mehrerer Rechtsvorgänger verstrichene Zeit zur Anrechnung (§§ 927 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB.). Mot. 197. s § 872 BGB. — Hat der bisherige Eigenbesitzer das Grundstück verkauft und den Eigenbefltz auf den Käufer übertragen, so ist nur der Käufer zum Auf­ gebotsantrage berechtigt. W. 17, 271.

980? Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforder­ lichen Tatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft? zu machen. 1 Anm. 1 § 960. 2 § 294. Oeffentliche Bekanntmachung.

981? In dem Aufgebot 2 ist der bisherige Eigentümer aufzufordern, sein Recht spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung erfolgen werde? 1 Anm. 1 § 960.

2 Vgl. f. Preußen § 8 AG. z. ZPO. v. 6./10. 99 (GS. 388). 8 Der Antragsteller wird durch das AuSschlußurteil noch nicht Eigentümer deS Grundstücks; erst durch die Eintragung im Grundbuch erlangt er Eigentum. § 927 Abs. 2 BGB. — Voraussetzung für die Eintragung ist aber ein vorbehaltloses Aus­ schlußurteil. Ist ein Eigentumsrecht angemeldet und gemäß § 953 Vorbehalten, so kann die Eintragung erst erfolgen, nachdem der Vorbehalt durch freiwillig abgegebene oder gemäß § 894 ersetzte Verzichterklärung beseitigt ist. KGJ. 83, A210, (OLG. 15, 353), auch RG. 67, 95, 76, 359. Deshalb ist, wenn ein Grundstück, dessen Eigentumsverhältnisse nach dem Grundbuch unklar sind, von dem Eigenbesitzer ver­ kauft wird, der Anspruch auf den Kaufpreis gegen den Käufer als durch Ergehen eines vorbehaltlosen Ausschlußurteils aufschiebend bedingt (nicht als betagt) anzusehen. W. 17, 27i. — Durch das Ausschlußurteil wird jedes Eigentum, das bisher an dem Grundstück bestanden hatte, beseitigt; nicht nur der im Grundbuch Eingetragene, sondern auch, wer als dessen Erbe oder sonst außerhalb des Grundbuchs Eigentum hatte, wird ausgeschlossen; selbst das etwaige Eigentum des Anttagstellers geht unter. Das Grundstück wird herrenlos. Der Antragsteller hat jedoch das Recht (§ 927 Abs. 2 BGB.), das Eigentum des Grundstücks dadurch zu erlangen, daß er sich als Eigentümer in das Grundbuch eintragen läßt. RG. 76, 357. Ein Urteil aber, durch das nur der namentlich bezeichnete eingetragene Eigentümer mit seinem Rechte ausgeschloffen worden ist, hat die vorbezeichnete weitgehende Wirkung nicht. RG. 76,360-

IVa. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung eines Hypotheken-, Grundschuld, oder Rentenschuld-GläubigerS.

982? Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldgläubigers auf Grund der §§ 1170, 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs? gelten die nachfolgenden be­ sonderen Bestimmungen. 1 Anm. 1 § 960. 2 Danach kann ein unbekannter Hypothekengläubiger (und demgemäß nach den §§ 1192 Abs. 1, 1199 BGB. auch ein Grundschuld- und Rentenschuldgläubiger) mit seinem Recht ausgeschloffen werden, wenn seit der letzten Einttagung 10 Jahre ver­ strichen sind (§ 1170 BGB.) oder der Eigentümer den Bettag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt (§ 1171 BGB.). — Im ersteren Falle wird bereits geschehene Tilgung der Post vorausgesetzt und erfolgt das Aufgebot zum Zwecke der Löschung; im zweiten Falle wird Tilgung der noch bestehenden Post bezweckt. — Verschieden von beiden ist das Aufgebot eines abHanden gekommenen Hypotheken- usw. Briefes: §§ 1003 ff. Zulässigkeit.

983? Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das belastete Grundstück belegen ist?

88 98Ü-S86 1 Anm. 1 § 960.

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» Vgl. § 1006 Abs. 2

984?a Antragsberechtigt ist der Eigentümer deS belasteten Grundstücks? Im Falle des § 1170 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch ein im Range gleich- oder nachstehender Gläubiger, zu dessen Gunsten eine Vormerkung nach § 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs2 eingetragen ist und bei einer Ge­ samthypothek, Gesamtgrundschuld oder Gesamtrentenschuld2 außerdem der­ jenige antragsberechtigt, welcher auf Grund eines im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes Befriedigung aus einem der belasteten Grundstücke verlangen kann, sofern der Gläubiger oder der sonstige Berechtigte für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat? Anm. 1 § 960. 1 Sowohl in dem Falle deS § 1171 als auch dem des § 1170 BGB. (Anm. 1 § 982). Außerdem gilt für den letzteren Fall auch Abs. 2. 2 Zur Sicherung des Anspruchs aus Löschung der Hypothek. 8 § 1176 Abs. 2 BGB. < Hierdurch wird dem Gläubiger oder dem sonstigen Berechtigten, wenn er die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben will, die Möglichkeit gegeben, die Löschung vorgehender oder gleichstehender Rechte herdeizuführen, welche die Erzielung eines seine Befriedigung sichernden Gebots erschweren oder das Gebot zu seinem Nachteil erhöhen würden (tat Anschluß an das Preuß. Ges. v. 13./7. 83 § 6 u. das Bayer. Ges. v. 29./6. 86 Art. 11 Abs. 2). Mot. 197. Verfahren und Urteil.

985? Der Antragsteller hat vor der Einleitung des Verfahrens glaub­ haft2 zu machen, daß der Gläubiger unbekannt2 ist. 1 Anm. 1 § 960. s § 294. 8 Unbekannt ist der Gläubiger auch dann, wenn er pch als solcher in der für daS Grundbuchverfahren vorgeschriebenen Form nicht legitimieren kann. RG. 67, ioo, RG. 45, 303.

986?a Im Falle des §1170 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Hat der Antrag­ steller vor der Einleitung des Verfahrens auch zu machen, daß nicht eine das Aufgebot ausschließmde Anerkennung2 deS Rechtes des Gläubigers erfolgt ist. Ist die Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber bestellt oder der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt,2 so hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß die Schuldverschreibung oder der Brief bis zum Ablauf der im § 801 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Friste nicht vorgelegt und der An­ spruch nicht gerichtlich geltend gemacht worden ist. Ist die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung erfolgt, so ist die im Abs. 1 vorgeschriebene Glaubhaftmachung erforderlich. Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen der Abs. 1, 2 die Ver­ sicherung des Antragstellers an Eides Statt? unbeschadet der Befugnis des Gerichts, anderweitige Ermittlungen anzuordnen. In dem Aufgebot2 ist als Rechtsnachteil anzudrohen, daß die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte erfolgen werdet Wird daS Aufgebot auf Antrag eines nach § 984 Abs. 2 Antrags­ berechtigten erlassen, so ist es dem Eigentümer des Grundstücks von Amts­ wegen mitzuteilen.2 la Anm. 1 § 960.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch.

Aufgevotsverfahren.

i § 294. — Außer der Unbekanntheit bei Gläubiger! (§ 986). 8 Anerkennung bei antragstellenden Eigentümer! beut Gläubiger gegenüber innerhalb der zehnjährigen Frist (f. Anm. 1 § 982) durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer nach § 208 BGB. zur Unterbrechung der Ver­ jährung geeigneten Weise, die das Aufgebot ausschließen würde. Mot. 198. Die Frist muß bereits vor Einleitung deS VerfahrmS abgelaufen sein. • §§ 793 ff., 1187—1189, 1196, 1199 BGB. * Derartige Ansprüche erlöschen in 30 Jahren seit Eintritt der Leistungszeit, wenn nicht der Anspruch gerichtlich geltmd gemacht oder die Urkunde vorgelegt wird. § 801 Abs. 1 BGB. 8 Dgl. Anm. 2 § 294 und § 962 Abs. 8. — Vgl. auch RG. 45, 301 (falsche eidesstattliche Versicherung des Anttagstellers, daß ihm die Erben des Hypotheken­ gläubigers unbekannt seien). 8 Vgl. f. Preußen § 8 AG. z. ZPO. v. 6./10. 99 (GS. 388). 7 Mit dem gleich einer Löschungsbewilligung wirkenden Aulschlußurteil geht die Hypothek usw. auf den Eigentümer über. Eines besonderen Aufgebotes deS dem Gläubiger erteilten Hypotheken- usw. Briefes bedarf eS nicht, da dieser durch das Ausschlußurteil von selbst kraftlos wird. §§ 1170 Abs. 2, 1192 Abs. 2, 1199 BGB. — Erforderlich ist jedoch, daß ein vorbehaltloses (§ 963) Ausschlußurteil er­ lassen ist. Sind tot Aufgebotsverfahren Rechte angemeldet und beit Anmeldenden tot Ausschlußurteil ihre Rechte Vorbehalten, so muß der anttagstellende Eigentümer erst die Beseitigung deS Vorbehalts, insbesondere durch Verzicht auf die Rechte auS dem Vorbehalt oder durch rechtskräftige Verurteilung zur Verzichtserklärung, herbeiführen; solange daS Ausfchlußurteil nicht auf diese Weise vorbehaltlos geworden ist, geht die Hypothek nicht gemäß § 1170 Abs. 2 BGB. auf den Eigentümer über. RG. 67, SV ff., RIA. 6, 145, (KGJ. 80, a 269). — Das Ausschlußurteil richtet sich gegen jeden, dem das Gläubigerrecht zusteht, mag er als Berechttgter im Grundbuch eingettagen stehen oder nicht, KGJ. 34, a bo3, auch gegen denjenigen, der sein Gläubigerrecht nicht nachzuweisen vermag und deshalb als unbekannter Gläubiger zu gelten hat, RG. 67, loo, RG. 45, 303. Auch etwaige an der Hypothek dinglich Berechtigte, z. B. Pfandgläubiger oder Meßvraucher, werden mit ihren Rechten an der Hypothek ausgeschloffen, während ihre Rechte an der persönlichen Forderung ebenso wie diese selbst bestehen bleiben. KGJ. 84, A301. 8 Damit der Eigentümer, da er in diesem Falle nicht Anttagsteller ist, in der Lage ist, sein Interesse rechtzeittg zu wahren.

987»la Im Falle des § 1171 des Bürgerlichen $cfcfc6uäjs1 hat der Antragsteller sich vor der Einleitung deS Verfahrens zur Hinterlegung deS dem Gläubiger gebührenden Betrags? zu erbieten? In dem Aufgebot* ist als Rechtsnachteil anzudrohen, daß der Gläubiger nach der Hinterlegung des ihm gebührenden Betrags seine Befriedigung statt aus. dem Grundstück nur noch aus dem hinterlegten Betrage verlangen könne und sein Recht auf diesen erlösche, wenn er sich nicht vor dem Ablauf von dreißig Jahrm nach der Erlassung des Ausschlußurteils bei der Hinter­ legungsstelle melde? Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so erweitert sich die Aufgebotsfrist um die Kündigungsfrist? Das Ausschlußurteil darf erst dann erlassen werden, wenn die Hinter­ legung erfolgt ist? 1» Anm. 1 § 960. 1 Vgl. Anm. 1 § 982. 8 Kapital unb vierjährige Zinsen; letztere jeboch nur, wenn ste tot Grundbuch eingetragen sind. Vgl. §§ 197, 201 BGB. 8 Zur Einleitung des VerfahrmS genügt das Erbieten. Dagegen muß bei Erlassung des Urteill die Hinterlegung bereitl erfolgt feto, und zwar mit dem Verzicht auf das Recht zur Rücknahme. Vgl. § 876 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

88 987-990.

1039

< Dgl. f. Preußen § 8 AG. z. ZPO. v. 6./10. 99 (GS. 388). » Dgl. § 882 BGB., Art. 145 EG. z. BGB. — Mit der Erlassung deS AuS. fchlußurteUS gllt der Gläubiger als befriedigt. Eines besonderen Aufgebots des dem Gläubiger erteilten Hypotheken, usw. Briefes bedarf eS nicht; er wird durch das Ausschlußurteil von selbst krastloS. §§ 1171 Abs. 2, 1192 Abs. 2, 1199 BGB. 6 Entsprechend dem § 106 Nr. 2 der Preuß. GrundVOrdn. v. 6./5. 72. Dgl. § 199 Satz 2 BGB.

IV b. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung des Berechtigten bei der Vormerkung, dem Vorkaufsrecht, der Reallast und dem Pfandrecht an Schiffen.

988?

Die Vorschriften des § 983, des § 984 Abs. 1, des § 985, des § 986 Abs. 1—4 und des § 987 finden auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der in den §§ 887,

1104, 1112, 1269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

für die Vormerkung, das Vorkaufsrecht, die Reallast und für das Pfandrecht

an Schiffen bestimmten * Ausschließung des Berechtigten entsprechende An­

wendung.

In dm Fällen der §§ 887, 1104, 1112 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch derjenige antragsberechtigt, welcher auf Grund eines im Range gleich­ öder nachstehmden Rechtes Befriedigung aus dem Grundstück verlangen kann, sofem er für seinen Anspruch einen vollstreckbarm Schuldtitel erlangt hat?

Das Aufgebot ist dem Eigentümer des Grundstücks von Amts wegen mitzuteilen?

i Anm. 1 § 960. 8 In allen diesen Fällen ist die Zulässigkeit des Aufgebotsverfahrens davon abhängig, daß der Berechttgte unbekannt ist und die im § 1170 BGB. (f. Anm. 2 § 982) sür die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Hinsichtlich deS Schiffspfandrechts findet außerdem das Verfahren dann statt, wenn die Voraussetzungen des § 1171 BGB. (f. Anm. 2 § 982) gegeben sind. .8 Abs. 2 ist auf das Schiffspfandrecht nicht ausgedehnt, weil nach § 169 Abs. 1 ZVG. bei der Zwangsversteigerung eines Schiffes die Vorschriften über das geringste Gebot keine Anwendung finden, vielmehr durch den Zuschlag alle Pfand­ rechte an dem Schiffe erlöschen. — Aufgebot der Schiffsgläubiger im Falle der freiwilligen Veräußerung: § 1002. < Vgl. § 984 Abs. 2. » Vgl. Anm. 7 § 986.

Va. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern. 989?

Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlabgläubigern? auf Grund des § 1970 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

geltm die nachfolgenden besonderm Bestimmungen?

1 Anm. 1 § 960. 8 §§ 1967—1969 BGB. Nicht Pfand-, Hypotheken- und die diesen nach § 49 KO. gleichstehenden Gläubiger: § 1971 BGB.; auch nicht PflichtteilSberechttgte, Dermächtnisnehmer: § 1972 BGB. • Neben den allgemeinen der §§ 946—959. — Im wesentlichen übereinstimmend mit dem Prmß. Ges. v. 28./3. 79, betr. die Zwangsvollstreckung gegen Benestzialerben und das Aufgebot der Nachlaßgläubiger (GS. 293). — Die" Kosten des Auf­ gebots hat der Antragsteller zu tragen: früher § 89 GKG. a. F., jetzt § 77 GKG. in d. F. v. 21./12. 22. Im Falle des NachlaßkonkllrseS aber geltm sie als Maffeschulden: § 224 Nr. 4 KO. — Nach § 2061 BGB. ist auch eine außergerichtliche Aufforderung von Nachlaßgläubigem durch einen Miterven zulässig. Zuläsfigreit.

990? Zuständig ist das Amtsgericht, dem die Verrichtungen deS Nachlaßgerichts obliegen?

Sind diese Verrichtungen einer anderen Behörde als

1040

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren.

einem Amtsgericht übertragen? so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sih hat. i Anm. 1 § 960. 8 Also in der Regel das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Erblasser zur Zeit des ErVanfalls seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hatte. Dgl. § 78 RFGG. 8 Aus Grund des Art. 147 Abs. 1 EG. z. BGB. — Dgl. § 195 RFGG.

SSI? Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern er nicht für die Nachlaß­ verbindlichkeiten unbeschränkt haftet? Zu dem Antrag find auch ein Nachlaßpfleger^ und ein Testamentsvoll­ strecker berechttgt, wenn ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht. Der Erbe und der Testamentsvollstrecker fönnett den Antrag erst nach der Annahme * der Erbschaft stellen? 1 Anm. 1 § 960. 8 Beim Vorhandensein mehrerer Miterben kann jeder von ihnen, auch gegen den Willen der anderen, das Aufgebot veanttagen, während nach § 2062 BGB. die Nachlaßverwaltung nur von allen gemeinschaftlich beantragt werden kann. Vgl. § 997. — Der Erbe soll in den Stand gesetzt werden, sich über die Höhe deS Schuldenbestandes zuverlässige Kenntnis zu verschaffen und dadurch eine Grundlage für die Entschließung zu gewinnen, ob er seine beschränkte Haftung geltend machen will. Dies trifft auf den Erben, der das Recht aus Beschränkung der Haftung bereits gegenüber allen Rachlaßgläubigern verloren hat (§§ 1994 Abs. 1 Satz 2, 2005 Abs. 1 BGB.), nicht zu. Jedoch steht eine lediglich einzelnen Gläubigern gegenüber eingettetene unbeschränkte Haftung (§ 2006 Abs. 8 BGB., § 780 Abs. 1 ZPO.) dem Anträge des Erben auf Aufgebot nicht entgegen. Mot. 199. — Ausnahme in dem Falle des § 997 Abs. 2 (Antrag auch des unbeschräntt haftenden Erben). 3 Hierunter ist der zufolge § 1975 BGB. zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubtger bestellte Nachlaßverwalter, der unter Umständen (nämlich dann, wenn er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlaßverbtndlichkeiten an­ zunehmen) sogar den Gläubigern gegenüber bei Nichtstellung des Aufgebotsanttages verantwortlich ist (§§ 1980 Abs. 2 Satz 2, 1985 Abs. 2 BGB.), mitzuverstehen. Mot. 199, OLG. 19, 164, vgl. W. 17, 27. Zulässig ist der Anttag des Nachlaß­ verwalters, wenn der Erbe unbeschränkt haftet. OLG. 19, 164. < Weil durch die Ausschlagung der Erbschaft ein bereits vorher eingeleitetes Aufgebotsverfahren gegenstandslos werden könnte. Mot. 200. — Der Erbe ist zu dem Anttage nicht befugt, wenn er unbeschränkt haftet. OLG. 19, 164. 8 Ausnahmsweise weitere AntragSberechtigung: §§ 999, 1000.

992? Dem Antrag ist ein Verzeichnis der bekannten Nachlaßgläubiger mit Angabe ihres Wohnorts beizufügen? i Anm. 1 § 960. 8 Zum Zwecke der Zustellung des Aufgebots an diese Gläubiger: § 994 Abs. 2.

Oeffentliche Bekanntmachung.

993? Das Aufgebot soll nicht erlassen werden, wenn die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt ist? Durch die Eröffnung des Nachlaßkonkurses wird das Aufgebotsverfahren beendigt? i Anm. 1 § 960. 8 Weil neben dem Nachlaßkonkurse (§§ 214 ff. KO.) für das Aufgebotsverfahren kein Raum ist. Mot. 199. 8 Wenn Ausschlußurteil unter Verletzung des Abs. 2 erfassen wird: Anfechtung gemäß § 957 Nr. 1.

1041

88 990-997.

994?

Die Aufgebotsfrist soll höchstens sechs Monate betragen. Das Aufgebot soll den Nachlaßgläubigern, welche dem Nachlaßgericht

angezeigt sind und deren Wohnort bekannt ist, von Amts wegen zugestellt werden.

Die Zustellung kann durch Aufgabe zur Post erfolgen?

i Anm. 1 § 960.

s Mindestens sechs Wochen: § 950. » §§ 208 ff., 213, 175, 192. Einer (öffentlichen, §§ 203 ff.) Zustellung an Gläubiger, deren Wohnort unbekannt ist, bedarf es nicht.

995? In dem Aufgebot ist den Nachlaßgläubigern, welche sich nicht melden, als Rechtsnachteil anzudrohen, daß sie, unbeschadet des Rechtes, vor den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen berücksichtigt zu werden, von dem Erben nur insoweit Befriedigung verlangen

können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Ueberschuß ergibt?

1 Anm. 1 § 960. 2 Der im § 995 bezeichnete Recht-nachteil trifft alle Gläubiger, die sich nicht melden, gleichviel, ob sie von dem Antragsteller in dem Verzeichnisse des § 992 be­ nannt waren und die im § 994 Abs. 2 vorgeschriebene Zustellung erhielten oder ob sie dem Nachlaßgericht nicht angezeigt worden, letzterenfalls auch dann, wenn fie dem Antragsteller bekannt waren. IW. 10, 713», (W. 10, 257). Auch solche Gläubiger, die zwar ihre Ansprüche beim Nachlaßverwalter oder Nachlaßgericht, aber nicht im Auf­ gebotsverfahren beim Aufgevotsrichter angemeldet haben. OLG. 42, 22. Vgl. hinsichtlich dieses Rechtsnachteils § 1973 BGB. —Weitere Wirkungen des Aufgebots: §§ 2015,2045, 2060 Nr. 1 BGB.; §§ 219, 226 KO. Vgl. auch RG. 42, 338, OLG. 17, 334. — Ueber Zulässigkeit der Geltendmachung der durch Ausschlußurteil erfolgten Ausschließung auch noch in der Zwangsvollstreckungsinstanz, wenn dem Erben im Urteil des Hauptprozeffes auch nur allgemein die Beschränkung seiner Haftung gemäß § 780 Vor­ behalten worden ist, vgl. Anm. 3 § 780, Anm. 3 § 785. Anmeldung. 996? Die Anmeldung einer Forderung2 hat die Angabe des Gegen­ standes und des Grundes der Forderung zu enthalten. Urkundliche Beweis­

stücke sind in Urschrift oder in Abschrift beizufügen. Das Gericht hat die Einsicht der Anmeldungen jedem zu gestatten, der

ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

1 Anm. 1 § 960.

2 Beim Nachlaßgericht: § 990.

Sonderbestimmungen bezüglich einzelner Antragsberechtigten. Mehrere Erben. 997?a Sind mehrere Erben vorhanden, so kommen der von einem Erben1 gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurteil, unbe­

schadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die unbeschränkte Haftung? auch den anderen Erben zustatten? Als Rechtsnachteil ist den Nachlaßgläubigern, welche sich nicht melden, auch* anzudrohen, daß jeder

Erbe nach der Teilung des Nachlasses nur für den seinem Erbteil entsprechen­

den Teil der Verbindlichkeit haftet? Die Erlassung des Aufgebots mit Androhung des im Abs. 1 Satz 2 be­

stimmten Rechtsnachteils kann von jedem Erben auch dann beantragt werden, wenn er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet?

»»Anm. 1 § 960. 1 Vgl. Anm. 1 § 991. 2 § 2018 BGB. 8 Entsprechend § 2063 BGB., wonach die Errichtung des Inventars durch einen Miterben auch den übrigen Erben zustatten kommt, soweit nicht ihre Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt ist. Mot. 200. Zivilprozeßordnung. 18. Aufl.

66

1042

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. Aufgebot-verfahren.

< Außer den RechtSnachteUen deS § 1978 BSD. gemäß § 996 ZPO, (f. dort Anm. 2). ® Entsprechend § 2060 Nr. 1 BGB. « Ausnahme von der Regel deS § 991 Adf. 1 mit Rücksicht darauf, daß gemäß § 2060 Nr. 1 BGB. der Miterbe nach der Teilung des Nachlasses den im AufgeVotS­ verfahren ausgeschlosienen Gläubigern auch dann nur für den seinem Erbteil ent­ sprechenden Teil Ihrer Forderungen hastet, wenn sein Recht auf beschränkte Haftung erloschen ist. Don Bedeutung ist dieses Antragsrecht des unbeschränkt hastenden Erben für den Fall, daß keiner seiner Miterben das Aufgebotsverfahren beantragen will. Mot. 200. Nacherven.

998? Im Falle der Nacherbfolge - findet die Vorschrift des § 997 Abs. 1 Satz 1 auf den Dorerben und den Nacherben8 entsprechende Anwendung? 1 Anm. 1 § 960* » §§ 2100 ff. BGB. » Der Nacherbe hat neben dem Vorerben auch daS Recht zur Stellung deS Aufgebotsantrages. < Um die Möglichkeit eine- wiederholten Verfahrens auszuschließen. Mot. 200. Vgl. § 2144 Abs. 2 BGB. Ehegatten im Falle einer Erbschaft der Eheftau.

999? Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlab zum ein­ gebrachten Gute oder zum Gesamtgut, so kann sowohl die Ehefrau als der Ehemann2 das Aufgebot beantragen, ohne daß die Zustimmung des anderen Teiles erforderlich ist. Das gleiche gilt, wenn der Nachlaß zum Gesamtgut gehört, auch nach der Beendigung der Gemeinschaft? Der von dem einen Ehegatten gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurteil kommen auch dem anderen Ehegatten zustatten? 1 Anm. 1 $ 960. 8 Da die Nachlaßgläubiger auS dem eingebrachten Gute und aus dem Gesamtgute Befriedigung verlangen können und der Ehemann, sofern der Nachlaß zum Gesamt­ gute gehört, auch persönlich für die Nachlaßverbindlichreiten hastet (§§ 1411, 1459, 1549 BGB.). Mot. 201. 8 Weil die persönliche Haftung des Ehemannes für die Nachlaßverbindlichretten fortdauert (§ 1459 Abs. 2 BGB.). Mot. 201. < Vgl. §§ 997, 998 ZPO., § 2008 Abs. 1 Satz 8 BGB. ErbschastSkäufer.

1000? Hat der Erbe die Erbschaft verkauft? so kann sowohl der Käufer als der Erbe daS Aufgebot beantragen. Der von dem einem Teile gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurteil kommen, unbeschadet der Vorschriften deS Bürgerlichen Gesetzbuchs über die unbeschränkte Haftung, auch dem anderen Teile zustatten? Diese Bestimmungen finden entsprechende Anwendung, wenn jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder fich zur Veräußerung einer ihm angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft in sonstiger Weise verpflichtet hat? 1 Diese Vorschriften (Anm. 1 § 960) entsprechen den im § 997 Abs. 1 Satz 1 für den Fall der Mehrhett von Erbm vorgesehenen Bestimmungen. s §§ 2871 ff. BGB. 8 Dem ErbschastSkauf verwandte Verträge. Vgl. § 2385 BGB. Vb. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von GesamtgutSglaubigern.

1001? Die Bestimmungen der §§ 990—996, 999, 10002 finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf das Aufgebotsverfahren zum

SS 998-1003

1043

Zwecke der nach dem § 1489 Abs 2 und dem § 1970 deS Bürgerlichen Ge­

setzbuchs zulässigen3 Ausschließung von Gesamtgutsgläubigern entsprechende Anwendung. 1 Anm. 1 § 960. s Nicht die §§ 997, 998, deren Vorschriften hier mit Rücksicht auf ihre Voraussetzungen nicht anwendbar sind. • Der überlebende Ehegatte haftet nach § 1489 BGB. für die Gesamtguts­ verbindlichkeiten persönlich. Soweit ihn jedoch die persönliche Haftung nur infolge deS Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, finden die für die Haftung deS Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften (§§ 1970 ff. BGB.) entsprechende Anwmdung (§ 1489 BGB.). Demgemäß ist auch ein Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung der Gesamtgutsgläubiger sür zulässig erklärt. Mot. 201.

VI. Aufgebot zum Zwecke der Ausschließung von Schiffsgläubigern.

1002.1*

Für daS Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung* von Schiffsgläubigern3 auf Grund des § 765 des Handelsgesetzbuchs und des § HO deS Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der

Binnenschiffahrt? gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen? Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke sich der Heimatshafen oder der HeimatSort des Schiffes befindet.

Unterliegt daS Schiff der Eintragung in das Schiffsregister, so kann der

Antrag erst nach der Eintragung der Veräußerung des Schiffes gestellt werden? Der Antragsteller hat die ihm bekannten Forderungen von Schiffs­

gläubigern anzugeben. Die Aufgebotsfrist muß mindestens drei Monate betragenIn dem Aufgebot ist den Schiffsgläubigern, welche sich nicht melden, als Rechtsnachteil anzudrohen, daß ihre Pfandrechte erlöschen, sofern nicht ihre

Forderungen dem Antragsteller bekannt sind?

»«Anm. 1 § 960. 1 Im Falle der freiwilligen Veräußerung eines Schiffes. — Aufgebot unbe­ kannter Schiffspfandgläubiger, die befttebigt sind oder befriedigt werden sollen: § 988. 2 § 754 HGB., § 102 Binnenschiffes. 8 V. v. 15./6. 95 in d. Fass. v. 20./5. 98 (RGBl. 868). — Aus Grund dieser Vorschriften ist im Falle der fteiwilligen Veräußerung eines Schiffes der Erwerber berechttgt, die Ausschließung der unbekannten Schiffsgläubiger mit ihren Pfand­ rechten im Wege des Aufgebotsverfahrens zu beanttagen. < In der Hauptsache entsprechend den auf Grund des Art. 768 des früheren HGB. in den Bundesseestaaten erlassenen Gesetzen (vgl. insbesondere Art. 58 §§ 1—8 Preuß. EG. z. HGB. v. 24./6. 61), sowie dem § 111 Abs. 2, 8 des BinnenschiffGes. in d. früh. Fass. v. 15./6. 95 (s. Art. 12 EG. z. neuen HGB.). 8 Dgl.: §§ 4, 8, 9 RGes., Bett, das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, v. 22./6. 99 (RGBl. 819); §§ 100 ff. RFGG.; §§ 119 ff. BinnenschiffGes. 6 Vorbehalt für die Landesgesetzgebung hinsichtlich der Art der Veröffentlichung: § 1024 Abs. 1. vn. Aufgebot zum Zwecke der Kraftlos erklärung von Urkunden.

1003. (837.)1 Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftlos­ erklärung einer Urkunde gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen.

1 Durch die §§ 1003 ff. in der Fassung der Nov. v. 17./5. 98 ist, nachdem die Zulässigkeit der Kraftloserklärung von Urkunden durch das BGB. und daS HGB. ein­ heitlich geregett worden ist, auch das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Urkunde einheitlich geordnet und find die bezüglichen landesgesetzlichen Dorschristen beseitigt. Rur nach bestimmten Richtungen hin (vgl. §§ 1006 Abs. 8, 1028, 1024) sowie im EG. z. BGB. (Art. 101, 102, 177) sind der Landesgesetzgebung noch Abweichungen Vorbehalten. Vgl. Vordem. 1 vor § 946.

1044

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. AufgevotSverfahren.

2 Nur in den Fällen, in denen die gerichtliche KraftloSerklärung abhanden ge­ kommener oder vernichteter Urkunden gesetzlich zugelassen ist. Dies ist reichSgesetzttch der Fall: bei Jnhaber-Schuldverschreibungen, sofern nicht in der Schuldurkunde das Gegenteil bestimmt ist, § 799 BGB., Art. 101 EG. z. BGB., und den diesen gleich­ stehenden Inhaber-, Grundschuld- und Rentenschuldbriesen, §§ 1195, 1199 BGB.; bei den im § 808 BGB. bezeichneten Legitimation--apieren (Sparkassenbüchern, Pfand­ scheinen, Depotscheinen), vgl. Art. 102 Abs. 2 EG. z. BGB. u. § 1028 ZPO.; bei Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriesen, §§ 1162, 1192, 1199 BGB., vgl. § 1024 Abs. 2 ZPO.; bei Aktien- und JnterimSscheinen, § 228 HGB., Art. 26 EG. z. HGB., und den in den §§ 868, 866 Abs. 2 HGB. bezeichneten Urkunden (kaufm'ännische Anweisungen [f. Anm. 1 § 1004] und DerpflichtungSscheine, Konnossemente, Ladescheine, Lagerscheine, Bödmereibriefe, TranSportverficherungSpolicen, wenn sie an Order lauten); bei Wechseln, Art. 78 WO.; bei Schecks, § 27 ScheckGes. v. 11/3. 08 (RGBl. 71); bei ReichSbankanteilscheinen, §§ 8, 9 Reichsbankstatut früher v. 21./6. 76, jetzt v. 3./9. 00 (RGBl. 793); bet Reichsschuldscheinen, früher §§ 16 ff. RSchuldO. v. 19./3.00 (RGBl. 129), jetzt §§ 14 ff. RSchuldO. v. 13./2. 24 (RGBl. I 95). Dgl. auch § 807 BGB., Art. 102 EG. z. BGB. Ferner landesrechtlich: bei Schuldver­ schreibungen oder Schatzanweisungen, § 14 Pr. Staatsschuldenordnung v. 12./3.24 (GS. 132). — In anderen Fällen findet ein Aufgebot von Urkunden nicht statt. Für dieses wird beim Verlust Ersatz geboten: bei sog. Rektapapieren (gewöhnlichen Schuld­ urkunden, Anweisungen, §§ 788 ff. BGB.) durch § 871 BGB. (beglaubigtes An­ erkenntnis des Gläubigers, daß die Schuld erloschen sei), s. das Nähere Anm. 1 § 1004; bei einer DollmachtSnrkunde durch § 176 BGB. (KraftloSerklärung seitens des Vollmachtgebers durch öffentliche Bekanntmachung); bei einem Erbschein durch § 2861 BGB. (KraftloSerklärung durch Beschluß deS Nachlaßgerichts); bei Zeugniffen für den Testamentsvollstrecker durch § 2368 BGB. — Ausdrücklich ausge­ schlossen ist das Aufgebot: bei den im § 799 Abs. 1 Satz 2 BGB. bezeichneten Schuldverschreibungen und Anteilscheinen; bei ReichSkaffenscheinen, § 6 RGes. v. 80./4. 74 (RGBl. 40); Sei Banknoten, ftüher § 4 Abs. 8 Bankges. v. 14./8. 76 (RGBl. 177), avgeändert durch RGes. 6. 1./6. 09 (RGBl. 516), jetzt § 32 Abs. 2 Reichs-Bankges. v. 30./8. 24 (RGBl. II 235), § 10 Abs. 2 Reichs-Privatnotenbankges. v. 30./8. 24 (RGBl. II 246).

1004. (838.) Bei Papieren, welche auf den Inhaber lauten1 oder welche durch Indossament übertragen werden können und mit einem Blanko­ indossamente versehen find, ist der bisherige Inhaber des abhandenge­ kommenen oder vernichteten Papiers8 berechtigt, das Aufgebotsverfahren zu beantragen. Bei anderen Urkunden ist derjenige zu dem Antrag berechtigt, welcher das Recht aus der Urkunde geltend machen samt.8 1 Dgl. Anm. 2 § 1008. — Kaufmännische Anweisungen unterliegen nach den §§ 868, 366 Abs. 2 HGB. der KraftloSerklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens nur dann, wenn sie an Order ausgestellt find (s. Anm. 2 § 1008). Andere kaufmännische Anweisungen, sowie die Anweisungen deS BGB. (§§ 783ff.) können ebenso­ wenig, wie sonstige Rektapapiere, auS denen der Schuldner nur gegen Aushändigung oder Beibringung des Papiers zu zahlen verpflichtet ist, insbesondere Ladescheine, Bödmereibriefe, Seeassekuranzpolicen (§§ 448, 688 Abs. 2, 887 HGB.), zum Zwecke der KraftloSerklärung aufgeboten werden. Bezüglich ihrer kommt vielmehr § 871 Satz 2 BGB. zur Anwendung, wonach der Schuldner, wenn der Gläubiger behauptet, zur Rückgabe der Schuldurkunde außerstande zu sein, das öffentlich beglaubigte An­ erkenntnis verlangen kann, daß die Schuld erloschen sei. Dadurch ist für die Fälle, in welchen ein nicht auf den Inhaber oder an Order lautendes Papier abhanden gekommen ist, das ftühere gerichtliche Amortisationsverfahren ersetzt. KB. 222, 228, auch Anm. 2 § 1008. * Früher: „letzte Inhaber". Durch die jetzige Faff. durch die Nov. v. 17./5. 98 ist Abs. 1 mit § 799 BGB. in Einklang gebracht. Mot. 202.

SS 1004—1007.

1045

• Auch der zur Verfügung berechttgte Schuldner. — Mit der Verkündung des Ausschlußurteils (§ 957 Abs. 1) gilt die Urkunde mit Wirkung für und gegen alle auch dann als kraftlos, wenn derjenige, der das Urteil erwirkt hat, zur Stellung deS Antrags auf Erlaß des Aufgebots nicht berechtigt war. KGJ. 45,297, Anm.l § 1018.

1005. (839.) Für das Aufgebotsverfahren ist das Gericht* deS Ortes zuständig, welchen die Urkunde als den Erfüllungsort? bezeichnet. Enthält die Urkunde eine solche Bezeichnung nicht, so ist das Gericht zuständig, bei welchem der Aussteller seinen allgemeinen Gerichtsstand3 hat, und in Er­ mangelung eines solchen Gerichts dasjenige, bei welchem der Aussteller zur Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. s» Ist die Urkunde über ein im Grundbuch eingetragenes Recht ausgestellt, so ist das Gericht der belegenen Sache* ausschließlich zuständig. 1 Das Amtsgericht. Anm. 8 § 946. 2 Vgl. § 29 ZPO., Art. 78 WO. » §§ 18—19. «» Fassung der Nov. v. 17./5. 98. < Vgl. §§ 24, 25, 978, 988. — Liegen die für eine aufzubietende Hypothekenpost verpfändeten Grundstücke in den Bezirken verschiedener Gerichte, so ist das zuständige Gericht gemäß § 36 Nr. 4 zu bestimmen. RG. 45, 388 (a. M. OLG. 2, 425).

1006. 1$)te Erledigung der Anträge auf Erlassung des Aufgebots zum Zwecke der Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers kann von der Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 1005 zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 1005 zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichts­ tafel des letzteren Gerichts öffentlich bekanntzumachen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldver­ schreibungen auf den Inhaber, die ein deutsches Land oder früherer2 Bundesstaat oder eine ihm angehörende Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes ausgestellt oder für deren Bezahlung ein deutsches Land oder früherer2 Bundesstaat die Haftung übernommen hat, ein be­ stimmtes Amtsgericht für ausschließlich zuständig erklärt wird? 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. Vgl. § 972. 2 Die Worte „deutsches Land oder ftüherer" vor „Bundesstaat" sind auf Grund der RVerf. v. 11./8.19 und der Ermächtigung im Art. VIII VO. v. 13./2.24 durch die Text-Bek. v. 13./5. 24 eingefügt worden. s Bayern: Art. 29 AG. z. ZPO. u. KO. v. 28./2. 79 in d. Fast. v. 26./6. 99 (GVBl. 401). - Sachsen: § 12 AG. z. ZPO. u. KO. v. 21./«. 00 (GVBl. 822). — Württemberg: Art. 180 AG. z. BGB. u. dessen Nebengesetzen v. 28./7. 99 (RegBl. 478). — Baden: § 13 AG. z. ZDG. u. ZPO. v. 18./«. 99 (GVBl. 267). — Vgl. hinsichtlich der Jnhaberschuldverschreibungen in Preußen Art. 18 § 9 AG. z. BGB. V. 20./9. 99 (GS. 277).

1007. (840.) Der Antragsteller hat zur Begründung des Antrags: 1. entweder eine Abschrift der Urkunde beizubringen, oder den wesent­ lichen Inhalt der Urkunde und alles anzugeben, was zur vollständigen Erkennbarkeit derselben erforderlich ist2. den Verlust der Urkunde sowie diejenigen Tatsachen glaubhaft zu machen,* von welchen seine Berechtigung abhängt, das Aufgebots­ verfahren zu beantragen)

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A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. AufgeVotSverfahren.

3. sich zur Versicherung der Wahrheit seiner Angaben an Eides Stott8 zu erbieten 8 1 § 294. 2 Fassung der Nov. v. 17./5. 98. Früher: „eidliche Versicherung". Vgl. An«. 4 § 952 und Anm. 3 § 294. 8 Vgl. (früher § 21, jetzt) § 14 RSchuldO. v. (früher 19./3. 00 jetzt) 13./2.24 (RGBl. 195), § 8 Reichsbankstatut (früher v. 21./5. 75, jetzt) v. 3./9. 00 (RGBl. 793) (s. § 44 Nr. 3 RBandG. v. 80./8. 24) mit § 799 Abs. 2 BGB. (Beibringung von behördlichen Zeugnissen in diesen Fällen).

Oeffentliche Bekanntmachung.

1008. (841.) In dem Aufgebot ist der Inhaber der Urkunde auszu­ fordern, spätestens im Aufgebotstermine seine Rechte bei dem Gericht anzu­ melden und die Urkunde vorzulegen. Als Rechtsnachteil ist anzudrohen, daß die Krastloserklärung der Urkunde8 erfolgen werde. 1 Vgl. jedoch § 951 (nachträgliche Anmeldung bis zur Erlassung deS Ausschluß, urteil- noch rechtzeitig). 2 Gegenüber dem daraus Verpflichteten. Rechte eine- Dritten an der Urkunde werden durch das Aufgebot nicht berührt. Pr. 2262.

1000. (842.) Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots 1 erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und in dem Lokale der Börse, wenn eine solche am Sitze des Aufgebotsgerichts besteht, sowie durch einmalige8 Einrückung in den Deutschen RetchDanzetger? DaS Gericht kann anordnen, daß die Einrückung noch in andere Blätter und zu mehreren Malen erfolge. -Betrifft das Aufgebot ein auf den Inhaber lautendes Papier und ist in der Urkunde vermerkt oder in den Bestimmungen, unter denen die er» forderliche staatliche Genehmigung erteilt worden ist, vorgeschrieben, daß die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter zu erfolgen habe, so muß die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter erfolgen. DaS gleiche gilt bei Schuldverschreibungen, die von einem deutschen Lande oder früheren- Bundesstaat ausgegeben sind, wenn die öffentliche Bekannt­ machung durch bestimmte Blatter landesgesetzlich* vorgeschrieben ist. 1 DeS vollständigen Aufgebots, nicht bloß eines Auszugs (§ 947 Abf. 2). 2 Früher „dreimalige", abgeändert durch Art. 11 Ges. z. Vereins, des Aufgebots­ verfahrens v. 8./3. 22 (RGBl. 269). • Durch die Text-Bek. v. 18./5.24 sind im Abs. 1 die Worte „die im § 204 Abs. 2 bezeichneten Blätter" durch die Worte „den Deutschen Reichsanzeiger" ersetzt und ist auf Grund der RVerf. v. 11./8. 19 und der Ermächtigung im Art. VIII Abs. 2 BO. v. 13./2. 24 in dem durch die Nov. v. 17./5. 98 etngefügten Abs. 3 vor „Bundesstaat" etngefügt „deutschen Lande oder früheren". * Sachsen: § 12 AG. z. ZPO. u. KO. v. 21./6. 00 (GBBl. 822). — Württem. berg: Art. 180 Abs. 2 AG. z. BGB. u. dessen Nebenges. v. 28./7.99 (RegBl. 478).

1010. (843.) Bei Wertpapieren, für welche von Zeit zu Zeit Zins-, Renten-l oder Gewinnanteilscheine ausgegeben werden, ist der Aufgebots­ termin so zu bestimmen, daß bis zu demselben der erste einer seit der Zeit des glaubhaft gemachten8 Verlustes ausgegebenen Reihe von Zins-, Mcntat»1 oder Gewinnanteilscheinen fällig geworden ist und seit der Fälligkeit des­ selben sechs Monate abgelaufen sind. Dor Erlassung des Ausschlußurteils hat der Antragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen Frist ausgestelltes Zeugnis der betreffenden

88 1007-1012

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Behörde, Kasse oder Anstalt beizubringen, daß die Urkunde seit der Zeit des glaubhaft gemachten8 Verlustes ihr zur Ausgabe neuer Scheine nicht vor­ gelegt sei und daß die neuen Scheine an einen anderen als den Antragsteller nicht ausgegeben feiert.8 1 Die Rentenscheine sind entsprechend den §§ 799, 801, 804, 805 BGB. durch die Nov. v. 17./5. 98 htnzugefügt. 2 § 294. 8 Dadurch wird die Vermutung begründet, daß die Urkunde nicht Im Besitz eines gutgläubigen Dritten ist. — Hat ein Dritter auf Vorlegung des Erneuerungsscheins (Talons) die neuen Scheine erhalten, so ist ein AuSschlußurteil überhaupt nicht zulässig. — Verpflichtung zur Ausstellung des ZeugnifleS: § 799 Abs. 2 BGB. — Bet Be­ stimmung des Aufgebotstermins ist die Vorschrift des § 1015 Satz 2 zu beachten, wonach die Frist nicht mehr als ein Jahr betragen darf. Läuft hiernach die in § 1010 Abs. 1 bestimmte Frist erst später als nach einem Jahr ab, so ist die Stellung des Aufgebotsantrags noch nicht zulässig.

1011. (844.) Bei Wertpapieren, für welche Zins-, Renten-* oder Gewinnanteilscheine zuletzt für einen längeren Zeitraum als vier Jahre ausgegeben find, genügt es, wenn der Aufgebotsterunn so Bestimmt wird, daß bis zu demselben seit der Zeit des glaubhaft gemachten8 Verlustes von den zuletzt ausgegebenen Scheinen solche für vier Jahre fällig geworden und seit der Fälligkeit des letzten derselben sechs Monate abgelaufen find.8 Scheine für Zeitabschnitte, für welche keine Zinsen, Renten oder Gewinn­ anteile gezahlt werden, kommen nicht in Betracht. Dor Erlassung des AuSschlußurteils hat der Antragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen Frist ausgestelltes Zeugnis der betreffenden Behörde, Kasse oder Anstalt beizubringen, daß die für die bezeichneten vier Jahre und später etwa fällig gewordenen Scheine ihr von einem anderen als dem Antragsteller nicht vorgelegt feiert.4 Hat in der Zeit seit dem Erlasse des Aufgebots eine Ausgabe neuer Scheine stattgefunden, so muß das Zeugnis auch die im § 1010 Abs. 2 bezeichneten Angaben enthalten. 1 Die Rentenscheine sind entsprechend den §§ 799, 801, 804, 805 BGB. durch die Nov. v. 17./5, 98 hinzugefügt. 2 § 294. 8 Vgl. Anm. 8 § 1010. § 1011 ist eine Ausnahme von § 1010. Es braucht nicht wie im Falle des letzteren Paragraphen die Ausgabe einer neuen Zinsscheinreihe abgewartet zu werden, sondern es genügt schon die Fälligkeit von Scheinen für vier Jahre der zur Zeit des Verlustes lausenden Reihe, ohne daß die vier Jahre sich un­ mittelbar an den Verlust des Papiers anzuschließen brauchen. IW. 21, lis*. < Da die vier Jahre sich nicht unmittelbar an den Verlust des Papiers anzu­ schließen brauchen (Anm. 3), ist eS unerheblich, ob zwischen dem Verlust des PapierS und dem Beginne der vier Jahre noch Zinsscheine vorgelegt worden sind. IW. 21, ns*.

1012.18 Die Vorschriften der §§ 1010, 1011 finden insoweit keine An­ wendung, als die Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine, deren Fälligkeit nach diesen Vorschriften eingetreten sein muß, von dem Antragsteller vor­ gelegt werden? Der Vorlegung der Scheine steht eS gleich,8 wenn das Zeugnis der betreffenden Behörde, Kaffe oder Anstalt beigebracht wird, daß die fällig gewordenen Scheine 8 ihr von dem Antragsteller vorgelegt worden seien. Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 1 Also, wenn nur die Haupturkunde, nicht auch, wenn die ZinS> usw. Scheine in Verlust gekommen sind. ES soll hier dadurch, daß die Vorschriften der §§ 1010, 1011 über die Wartefristen für nicht anwendbar erklärt sind, dem bisherigen Inhaber der verloren gegangenen Haupturkunde ermöglicht werden, die KraftloSerklärung so schnell wie möglich zu bewirken, da hier Rücksicht auf einen gutgläubigen Besitzer

A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. AufgevotSverfahren.

1048

nicht zu nehmen und deshalb die Hinausschiebung des Aufgebotstermins nicht geboten ist. Mot. 202. — Vorgelegt werden müssen: im Falle deS § 1010 sämtliche (nach dem Verluste fällig werdende) Zinsscheine der zur Zeit des Verlustes lausenden Zinsscheinreihe und der erste Schein der nach dieser ausgegebenen Reihe; im Falle deS § 1011 von den nach dem Verluste fällig werdenden Scheinen der zur Zeit des Verlustes laufenden Reihe Scheine für 4 Jahre. — Die Scheine brauchen noch nicht fällig zu sein (anders Satz 2). Vgl. jedoch § 1010 (Ausgabe einer neuen Zins­ scheinreihe erforderlich). 8 Um dem Antragsteller die Einlösung der fällig gewordenen Scheine zu ermöglichen. 8 Nämlich alle, deren Fälligkeit nach den §§ 1010, 1011 eingetreten sein mutz und eingetreten ist, oder die bisher fälligen von ihnen, wenn die weiteren dem Ge­ richte selbst vorgelegt werden.

1018. (845.) Bei Wertpapieren, für welche Zins-, Renten-* oder Gewinn­ anteilscheine ausgegeben sind, aber nicht mehr ausgegeben werdens ist, wenn nicht die Voraussetzungen der §§ 1010, 1011 vorhanden sind, der Aufgebots­ termin so zu bestimmen, daß bis zu demselben seit der Fälligkeit des letzten ausgegebenen Scheines sechs Monate adgelaufen fhtb.3 1 Die Rentenscheine sind entsprechend den §§ 799, 801, 804, 805 BGB. durch die Nov. v. 17./6. 98 htnzugefügt. 8 Zufolge Kündigung oder Auslosung. 8 Ausnahme von § 1010. — Ein Zeugnis der Behörde gemäß ALs. 2 des § 1010 ist nicht beizubringen.

1014. (846.) Ist in einer Schuldurkunde eine Derfallzeit angegeben, welche zur Zeit der ersten Einrückung des Aufgebots in den Deutschen Reichs­ anzeiger noch nicht eingetreten ist, und find die Voraussetzungen der §§ 1010 bis 1013 nicht vorhanden, so ist der Aufgebotstermin so zu bestimmen, daß seit dem Verfalltag sechs Monate abgelaufen ftttb.1 1 Vgl. § 1024 Abs. 2.

1015. (847.) Die Aufgebotsfrist* muß mindestens sechs Monate betragen. Der Aufgebotstermin darf nicht über ein Jahr hinaus bestimmt werdens solange ein so naher Termin nicht bestimmt werden kann, ist das Aufgebot nicht zulässig? 1B Fassung der Nov. v. 17./5. 98. 1 § 950. — Wenn Frist nicht eingehalten wird: Anfechtung des Ausschluß­ urteils gemäß § 957 Nr. 3. 8 Damit nicht die Bekanntmachung des Termins unverhältnismäßig lange Zeit vor diesem erfolgt und deshalb ihre Zweckbestimmung verfehlt, den Termin auch zur Kenntnis aller zu bringen, die das Papier etwa in der Zwischenzeit erworben haben. Mot. 208 (vgl. früher Art. 6 Abs. 3 Bayer. Ges. v. 18./3. 96). 8,Die Bestimmung eines so nahen Termins kann unzulässig sein wegen der nach den §§ 1010 ff. etnzuhaltenden Fristen. — Vgl. § 1024 Abs. 2. Anmeldung.

1016. 1 Meldet der Inhaber der Urkunde vor dem Aufgebotstermin seine Rechte unter Vorlegung der Urkunde an, so hat das Gericht den Antrag­ steller hiervon zu benachrichtigen und ihm die Einficht der Urkunde innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu gestatten? Auf Antrag des Inhabers der Urkunde ist zur Vorlegung derselben ein Termin zu bestimmen. 1 Eingesügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 8 Weil er unter Umständen ein Interesse daran haben kann. früher § 19 Sächs. Ges. v. 6./8. 79).

Mot. 203 (vgl.

88101S-1V18

1049 Ausschlußurteil.

1017.

(848.)

Irr dem Ausschlußurteil ist die Urkunde für kraftlos zu

erklären. Das Ausschlußurteil ist seinem wesentlichen Inhalt nach durch den Deutschen Reichsanzeiger* bekanntzumachen. Die Vorschriften des § 1009 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.2 In gleicher Weise hat nach eingetretener Rechtskraft die Bekannt­ machung des auf die Anfechtungsklageb ergangenen Urteils, soweit dadurch die Krastloserklärung aufgehoben wird, zu erfolgen. 1 Anrn. 1 § 948 (in Konsularsachen nicht erforderlich). 2 Satz 2 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 hinzugesetzt. Danach hat bei Inhaber­ papieren die Bekanntmachung noch durch andere Blätter zu erfolgen. • §§ 957, 958.

1018. (850.) Derjenige, welcher das Ausschlußurteil erwirkt hat, ist dem durch die Urkunde Verpflichteten gegenüber berechtigt, die Rechte aus der Urkunde geltend zu machend Wird das Ausschlußurteil infolge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so bleibm die auf Grund des Urteils von dem Verpflichteten bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Verpflichtete zur Zeit der Leistung die Aufhebung des Ausschluß­ urteils gekannt 6at2 1 Dgl. Anm. 2 § 1003. Auch Art. 78 Satz 2 WO. —Der Antragsteller wird also dem Verpflichteten gegenüber durch das Urteil in gleicher Weife legitimiert, wie wenn er im Besitze der Urkunde wäre. W. 12,378, RIA. 8, iss, (KGJ. 34, A 344), OLG. 88,12. Die Rechte Dritter aber werden durch das Urteil nicht berührt, und ihnen gegenüber schafft das Urteil dem Antragsteller keine materielle Legitimation. RIA. 8,158, 13, 255, (KGJ. 84, A 344, 45, 297), OLG. 38,12. — Damit steht nicht im Widerspruche, daß mit der Verkündung des Ausschlußurteils (§ 957 Abs. 1) die Urkunde mit Wirkung für und gegen alle als kraftlos gilt und mit Wirkung für und gegen alle durch das Urteil ersetzt wird, bis eine neue Urkunde gebildet ist; bis dahin ist das Ausschlußurteil an Stelle der für kraftlos erklärten Urkunde Träger des Rechts. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 297). Kommt z. B. ein für kraftlos erklärter Hypothekenbrief wieder zum Vorschein, so kann er fortan die Erwerbung der Brieshypothek unter keinen Umständen mehr vermitteln. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 298). — Dies gilt auch dann, wenn das Urteil von einem zur Beantragung des Aufgebots nicht gemäß § 1004 Berechtigten erwirkt ist. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 297). Es entzieht sich daher z. B. der Nachprüfung des Grund­ buchamts, 'ob ein Ausschlußurteil über einen Hypothekenbrief von einem zur Ver­

fügung über die Hypothek Berechttgten (§ 1004 Abs. 2) erwirkt ist. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 297). — Ueber die Verpflichtung zur Ausstellung einer neuen Urkunde vgl.: § 800 BGB.; § 228 Abs. 1 Satz 2 HGB.; § 67 GBO., wonach für Hypotheken, und Grundschuldbriese ein öffentlich.rechtlich er Anspruch gegen das Grundbuch amt aus AuS. pellung eines neuen Briefes besteht, KGJ. 84, A343; (früher §§ 16, 21, jetzt) § 14 RSchuldO. v. (früher 19./3. 00, jetzt) 13./2. 24 (RGBl I 95); § 8 Reichsbankstatuts (früher v. 21./5. 75, jetzt) v. 3./9. 00 (RGBl. 793). Ist ein Hppothekenbries für kraftlos erklärt (§ 1017 Abs. 1), so kann auf Grund des dem Grundbuchamte vorzulegevden Ausschlußurteils gemäß § 67 GBO. auf Antrag eines Berechttgten ein neuer Hypothekenbrief gebildet werden. Dabei macht es, sofern der das Urteil Vorlegende Berechttgter zu der Hypothek im Sinne des § 67 GBO. ist, keinen Unterschied, ob das Urteil von dem Borlegenden oder einem Dritten erwirkt war, und es ist auch nicht erforderlich, daß, wenn das Urteil auf Antrag eines Dtttten ergangen ist, dieser seine Rechte aus dem Urteil an den Vorlegenden ab. Getreten hat. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 298) (s. oben: Erwirkung des Urteils durch einen Nichtberechttgten). Ist der vorbezeichnete Antrag von dem Hypothekengläubiger

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A. II. Zivilprozeßordnung. Neuntes Buch. AufgebotSverfahren.

unter Einreichung deS Urteils beim Grundbuchamte gestellt, so kann bereits die Brief­ hypothek unter Ersatzübergade gemäß § 1117 BGB. (Vereinbarung der Aushändigung des zu bildenden Hypothekenbriefes an den Zessionar) abgetreten werden. RG. 84, 316, RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 299), OLG. 88,11. Zur Löschung der Hypothek genügt über­ haupt die Vorlegung des Ausschlußurteils beim Grundbuchamte; es bedarf dazu nicht noch erst der Herstellung eines neuen Hypothekenbriefs. § 42 Abs. 2 GBO., RIA. 13, 255, (KGJ. 4 5 296). Dagegen kann die zur Abtretung der Briefhypothek erforderliche Uebergabe deS Hypothekenbriefs (§ 1154 Abf. 1 BGB.) durch die Uebergabe lediglich des Ausschlußurteils (abgesehen von dem vorbezeichneten Fall der bereits beantragten Herstellung eines neuen Briefes und der vereinbarten Ersatzübergabe) nicht ersetzt werden; vielmehr bedarf es zur Abtretung der Uebergabe des auf Grund des Urteils hergestellten neuen Hypothekenbriefs. RIA. 13, 255, (KGJ. 45, 294). Durch den Besitz des an Stelle des für kraftlos erklärten Briefs getretenen Ausschlußurteils wird auch weder nach § 1117 Abs. 3 BGB. noch nach § 1018 ZPO. die Vermutung begründet, daß der für kraftlos erklärte Brief vor der Erlasiung des Ausschlußurteils übergeben worden ist. OLG. 38, 11. — AuS einem nach Erhebung des Protestes mangels Zahlung abhanden gekommenen und demnächst für kraftlos erklärten Wechsel kann gegen Akzep­ tanten, Aussteller, Indossanten, überhaupt Bormänner unter Aushändigung des Ausschlußurtetls Regreß genommen werden. RG. 49, 132, auch KGJ. 45, 298. 2 Der durch die Nov. v. 17./5.98 hinzugefügte Abs. 2 bezweckt, den auS der Urkunde Verpflichteten, der im Vertrauen auf das Ausschlußurteil Leistungen bewirkt hat, zu sichern, damit er bei Aufhebung des Urteils infolge Anfechtung nicht noch einmal zu leisten braucht. Mot. 208 (vgl. früher Art. 10 Bayer. Ges. v. 18./8. 96).

ZahlungSsperre. Die durch die Nov. v. 17./5. 98 eingesügten §§ 1019—1022 enthalten die nähere Regelung der schon im BGB. (§§ 799 Abs. 2, 802) und im HGB. (§ 228) bei Inhaber­ papieren vorgesehenen Einrichtung der ZahlungSsperre (in der Hauptsache überein­ stimmend mit den Art. 8, 5, 6 Abs 8, 7, 8 Bayer. Ges. v. 18./8. 96). Mot. 208.

101V. * Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers? so hat das Gericht auf Antrag an den Aussteller sowie an die in dem Papier und die von dem Antragsteller be­ zeichneten Zahlstellen das SB erbot3 zu erlassen, an den Inhaber des Papiers eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renten- oder Gewinn­ anteilscheine oder einen Erneuerungsschein auszugeben (Zahlungssperre); mit dem Derbot ist die Benachrichtigung von der Einleitung des Aufgebots­ verfahrens zu verbinden. Das Verbot ist in gleicher Weise wie das Aufgebot öffentlich bekanntzumachen? Das an den Aussteller erlassene Verbot ist auch den Zahlstellen gegen­ über wirksam, welche nicht in dem Papiere bezeichnet sind. Die Einlösung der vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine wird von dem Verbote nicht betroffen.3 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 8 Vgl. Anm. 2 § 1008 u. Anm. 1 § 1004. Auch ein LotterieloS. W. 12, 878. • Die Zahlungssperre erfolgt regelmäßig zugleich mit der Einleitung deS Aufgebots­ verfahrens. Ausnahme f. § 1020. — Eine dem Verbote zuwider geschehene Leistung wirkt nicht gegen den Antragsteller. Vgl. §§ 185, 186 BGB., Mot. 208. < §§ 1009, 1028. ® Entsprechend dem § 808 BGB.

1020. 13ft die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 1015 Satz 2 unzulässig? so hat das Gericht die Zahlungssperre auf Antrag schon vor der Einleitung deS Verfahrens zu verfügen, sofern die übrigen Erfordernifse für die Einleitung vorhanden find. Auf den Antrag finden die Vorschriften deS §. 947 Abs. 1 Anwendung.3 DaS Verbot ist durch Anheftung

$5 1019-1022

1061

an die Gerichtstafel und durch einmalige Einrückung in den Deutschen

Reichsanzeiger öffentlich dekanntzumachen? 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./6. 98. 2 Kann also der AufgebotStermin nicht innerhalb eines Jahres bestimmt werden, stnd aber im übrigen die Erfordernisse für die Einleitung des Verfahrens vorhanden, so soll die Zahlungssperre, damit ste nicht ihren Zweck verfehle, nicht (Ausnahme von § 1019) bis zur Einleitung des Verfahrens verschoben werden. Mot. 204. s Gemäß Satz 1 auch § 1007 (Begründung deS Antrags). < Der frühere Satz 3: „Das Verbot ist nach Maßgabe des § 948 öffentlich be­ kannt zu machen" hat durch Artikel 1 Nr. 2 Ges. z. Vereinfachung des Aufgebotsversahrens v. 8./S. 22 (RGBl. 269) seine jetzige Fassung mit Ausnahme der Worte „den Deutschen Reichsanzeiger" erhalten. Diese Worte stnd durch die Text-Bek. v. 13./5. 24 an Stelle der früheren Worte „die im § 204 Abs. 2 bezeichneten Blätter" gesetzt worden.

1021* *Wird die Zahlungssperre angeordnet, bevor seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes Zins-, Renten- oder Gewinnanteilscheine ausgegeben worden finb,2 so ist die Beibringung des im § 1010 Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses nicht erforderlich? 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./6.98. 2 Der etwaige Besttzer des Papiers ist zufolge der Vorschrift deS § 1019 nicht mehr in der Lage, neue Scheine durch Vorlegung des Papiers bei der zur Aus­ gabe bestimmten Stelle zu erhalten. Vielmehr bleibt ihm, wenn diese Stelle die Aushändigung der Scheine unter Berufung auf die Zahlungssperre verweigert, nur der Weg, das Papier dem Gerichte gemäß § 1022 vorzulegen und die Aufhebung der Zahlungssperre zu bewirken. Dann kann er die neuen Scheine an der Aus­ gabestelle erheben. Unterläßt er es dagegen, flch an das Gericht zu wenden, so besteht der Verdacht, daß er das Papier nicht in gutem Glauben erworben habe. Deshalb ist hier die sonst zum Schutze gutgläubiger Erwerber gebotene Beibringung des im § 1010 Abs. 2 vorgeschrievenen Zeugnisses für nicht erforderlich erklärt. Mot. 204. 2 Gehören die Papiere zu den im § 1010 Abs. 1 bezeichneten, so ist für die Bestimmung des Aufgebotstermins der Zeitpuntt maßgebend, in dem hinstchtlich des aufzubietenden Papiers der erste Schein fällig gewesen sein würde, wenn die Aus­ gabe nicht infolge der Zahlungssperre unterblieben wäre. Mot. 204.

1022? Wird das in Verlust gekommene Papier dem Gerichte vor­ gelegt oder wird das Aufgebotsverfahren in anderer Weise2 ohne Erlassung eines AusschlußurteilS erledigt, so ist die Zahlungssperre von Amts wegen aufzuheben. Das gleiche gilt, wenn die Zahlungssperre vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens angeordnet worden ist2 und die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hinder­ nisses beantragt wird. Ist das Aufgebot oder die Zahlungssperre öffentlich bekanntgemacht worden, so ist die Erledigung deS Verfahrens oder die Auf­ hebung der Zahlungssperre von Amts wegen durch den Deutschen Reichs­ anzeiger bekanntzumachen? Im Falle der Vorlegung deS Papiers ist die Zahlungssperre erst aufzuheben, nachdem dem Antragsteller die Einsicht nach Maßgabe deS § 1016 ge­ stattet worden ist. Gegen den Beschluß, durch welchen die Zahlungssperre aufgehoben wird, findet sofortige Beschwerde statt? 1 2 stellers 4 6

Etngefügt durch die Nov. v. 17./5.98. Z. B. durch Zurücknahme des Antrags oder durch Nichterscheinen des Antrag­ im AufgebotStermin (§ 954). Mot. 204. » Dgl. § 1020. Um das Papier nicht dauernd in seiner VerkehrSfähigkeit zu beeinträchtigen. § 577. — Entsprechend dem § 934 Abs. 4.

1052

II. Zivilprozeßordnung.

Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren.

§§1023,1024.

Urkunden mit der Bestimmung, daß die Leistung eit jeden Inhaber bewirkt werden kann. 1023.1» Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Urkunde der im § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnetm Art? so finden die Vorschriften des § 1006, des § 1009 Abs. 3, des § 1017 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 1019—1022 entsprechende Anwendung? Die Landes­ gesetzeb kennen über die Veröffentlichung des Aufgebots und der im § 1017 Abs. 2, 3 und in den §§ 1019, 1020, 1022 vorgeschriebenen Bekannt­ machungen sowie über die Aufgebotsfrist abweichende Vorschriften erlassen? i» Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 1 Urkunden, die den Gläubiger benennen, aber mit der Bestimmung ausgegeben werden, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werde» kann, z. B. Sparkassenbücher, VerficherungSpolieen, HinterlegungSscheinr. 2 Diese Paragraphen sind besonders aufgeführt, weil fle speziell von Inhaber­ papieren handeln. Nach § 1008 finden aber die allgemeinen, für die Kraftloserklärung von Urkunden geltenden Vorschriften ebenfalls Anwendung, soweit nicht von der LandeSgesehgebung Sonderborschristen gemäß der im Satz 2 gewährten Befugnis er­ lassen find. • Preußen: 8 7 AG. z. ZPO. v. 24./8. 79 in d. Fast. v. 6./10. 99 (GS. 888). — Bayern: Art. 80 AG. z. ZPO. u. KO. v. 2S./2. 79 in d. Fast. v. 26./«. 99 (GBBl. 401). — Sachsen: § 10 Der. z. AuSs. d. ZPO. u. KO. v. 20./11. 99 (GVBl. 583). — Bade»: §§ 14, 15 AG. z. ZVG. u. ZPO. v. 18./«. 99 (GBBl. 267). « Daneben verbleibt es bet dem sich auS Art. 102 Abs. 2 EG. z. BGB. ergebenden Vorbehalte, demznfolge die landeSgesetzlichen Vorschriften unberührt bleiben, die sür die Krastloserklärung der LegitimationSpapiere ein andere» Versehre» als daS Aufgebotsverfahren bestimmen. Mot. 205. Vgl. Vordem. 2 vor § 946, Anm.2 § 1008. vm. Vorbehalt« sür LandeSgesehe. 1024? Bei Aufgeboten, welche auf Grund der §§ 887, 927, 1104, 1112, 1162, 1170, 1171, 1269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs? sowie auf Grund des § 765 des Handelsgesetzbuchs und des § 110 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt? ergehen, können die Landesgesetzeb die Art der Veröffentlichung des Aufgebots und des Ausschlußurteils sowie die Aufgebotsfrist anders bestimmen, als in den §§ 948, 950, 956 vorgeschrieben ist. Bei Aufgeboten, welche auf Grund des § 1162 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs ergehen, können die Landesgesetzeb die Art der Veröffentlichung des Aufgebots, des Ausschlußurteils und des im § 1017 Abs. 3 bezeichneten

Urteils sowie die Aufgebotsfrist auch anders bestimmen, als in den §§ 1009, 1014, 1015, 1017 vorgeschrieben ist. 1 Eingefügt durch die Nov. v. 17./5. 98. 2 Aufgebot-verfahren zum Zwecke der Ausschließung: eines Eigentümers (§ 927 BGB-, §§ 977 ff. ZPO.); eines Hypotheken., Srundschuld. oder Rentenschuldgläubigers (§§ 1170, 1171 BGB., §§ 982 ff. ZPO.); eines auS Vormerkungen, Vorkaufsrechten, Reallasten oder EchiffSpfandrechten Berechtigten (§§ 887, 1104, 1112, 1269 BGB., § 988 ZPO.); eines Schiffs,läubi,er» (§ 765 HGB-, § 110 BtnnenfchiffGef. fAnm. 8 § 1002], § 1002 ZPO ). Ferner zum Zwecke der Kraftloserklärung von Hypotheken-, Srnndschuld. oder Rentenschuldbriefen (§ 1162 BGB., §§ 1003 ff. ZPO.). » Preußen: § 8 AG. z. ZPO. v. 24./8. 79 in b. gaff. v. 6./10. 99 (GS. 888). — Bayern: Art. 81 AG. z. ZPO. u. KO. v. 2S./2. 79 in d. Fass. v. 26./«. 99 (GBBl. 401). — Sachsen: § 12 AG. z. ZPO. u. KO. v. 21./6. 00 (GBBl. 822). — Württemberg: Art. 16 AG. z. ZPO. v. 18./8. 79 in d. Fass. v. 81./7. 99 (RegBl. 545). — Baden: § 16 Abs. 2 AG. z. ZBG. u. ZPO. v. 18./«. 99 (GBBl. 267). < Preußen: § 9 AG. z. ZPO. — Bayern: Art. 30 AG. z. ZPO. u. «O. — Sachsen: § 12 AG. z. ZPO. u. KO. v. 21./6. 00 (GBBl. 822). — Württemberg: Art. 17 AG. z. ZPO. — Badea: § 16 Abs. 1 AG.z. ZBG. u. ZPO.

Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

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Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahre»?-2-8- * 1 Die Vorschriften der ZPO. finden nicht Anwendung auf daS Verfahren vor solchen Schiedsgerichten, die nicht zufolge deS Willens der Parteien gebildet sind und zur Ent­ scheidung eines Rechtsstreits in Funktion treten, sondern durch Gesetz zur Entscheidung gewisser Streitigkeiten mit dem Charakter von Behörden oder Sondergerichten oder Verwaltungsgertchten ein für allemal berufen sind. RG. 108, iss, IW. 95, 296», 96, i11,10, 484”, 20, 157«. Z.B. nicht auf: frühere Schiedsgerichte für Arbeiterverstcherung, §§ 108 ff. des (durch die RBO.V. 19./7.11 aufgehobenen) Jnvaltdenverstcherungsgef. v. 18./7.99 (RGBl. 468); Schiedsgerichte für Angestelltenverficherung, §§ 156 ff. Verflcherungsges. f. Angestellte v. 20./12. 11 (RGBl. 989), dazu VO. betr. Geschäftsgang u. Verfahren». 21./6.18 (RGBl. 829), 18./1. 19 (RGBl. 42); früher Etnigungsämter gemäß §§ 62ff. RGef.,betr. die Gcwerbegertchte, v. 29./7. 90 i. d. gaff. v. 20./9. 01 (RGBl. 858), jetzt aufgehoben durch Art. III BO. über daS Schlichtungswesen v. 80 /10. 23 (s. unten); Hypotheken, und Mieteinigungsämter gemäß § 1 BO. v. 15/12.14 (RGBl. 511), früher DO. zum Schutze der Mieter v. 26./7.17 i. d. Fass. v. 2S./9.18 (RGBl. 1140), 22./6.19 (RGBl. 591), 11./5. 20 (RGBl. 949), 11./7. 21 (RGBl. 988), DO. über Maßnahmen gegen WohnungSmangel v. 23 /9.18 (RGBl. 1148), 22-/6.19 (RGBl. 591), 11./5. 20 (RGBl. 949), 11./7. 21 (RGBl. 938), jetzt §§ 37 ff. RGes. über Mieterschutz und Mietetnigungsämter v. 1./6. u. 24./12.23 (RGBl. I 358, 1247), 14./2. 24 (RGBl. I 1179), Anordnung für das Verfahren v. 19./9. 23 (RGBl. I 889), PrAusfVO. v. 15./8. u. 25-/9. 23 (GS. 405, 449, 450), Reichsmietenges. v. 24./3. 22 RGBl. 273), Wohnungsmangelges. in d. gaff. v. 28./7. 23 (RGBl. I 754), 7./4. 24 (GS. 220), § 6 Reichs-Kleingarten- und Kletnpachtlandordnung v. 31./7.19 (RGBl. 1371); Schiedsgerichte zur Entscheidung über die Erhöhung von Preisen f. d. Lieferung von elektr. Arbeit, GaS und LeitungSwaffer gemäß BO. v. 16/6. 22 (RGBl. I 510), dazu DO. über die Schiedsgerichte v. 16./6. 22 (RGBl. I 511), 28./12. u. 28/7. 23 (RGBl. 1 162, 759) IW. 20, 157«; Schiedsstellen gemäß BO. über Sammelhetzungsund Warmwasserversorgungsanlagen in Mieträumen v. 22/6.19 (RGBl. 595), in Kraft bis 30/6. 22 (Ges. v. 20/3. 22 (RGBl. 279]); Schiedsgericht gemäß §§ 10, II Ges., betr. die Sozialifiernn, der ElektrizitätSwirtschast, v. 31./12.19 (RGBl. 1920 S. 19); Pachteinigungsiimter gemäß Pachtschutzordnung v. 9/6.20 (RGBl. 1198), Ges. z Verlängerung d. Pachtschutzordnung v. 29/6. 22 (RGBl. I 529), 18/2. 24 (RGBl. I 68); SchlichtungSauSschüffe früher gemäß §§ 15, 19 VO. über Tarifverträge usw. v. 28/12.18 (RGBl. 1456) i. d. gaff, des § 104 Betriebsräteges. v. 4/2. 20 (RGBl. 147) (über Vereinbarung des SchlichtungSausfchuffes alS SchiedSinstanz gemäß §§ 1025 ff. ZPO. vgl. Erl. V. 4/10. 20 sHMBl. 299]) oder gemäß §§82 Abs. 8, 86 f. Betriebsräteges. v. 4/2.20 (RGBl. 147) oder gemäß VO. über die Entlassung von Arbeitern und Angestellten während der wirtschaftlichen Demobilmachuvg v. 8/9. 19, 12/2. 20 (RGBl. 19 S. 1500; 20 S. 218), vgl. dazu RG. 104, 171, 231, 417, jetzt SchlichtungSauSschüffe und Schlichter gemäß BO. über das Schlichtungswesen v. 80/10. 23 (RGBl. 1 1048), dazu Erlaß, betr. Neuregelung des Schlichtungswesens, v. 15./1.24 (HMBl. 43); ReichSwirtschasts,«richt gemäß §§ 18ff. BO. v. 21./5.20 (RGBl. 1167) (vgl. Anml 5 §13®»®.), auch nicht, wenn seine Zuständigkeit auf Grund der VO. v. 18/2. 20 (RGBl. 276) durch Vereinbarung der Parteien begründet worden ist (§§ 5 ff); VersorgungSgerichte und ReichsverforgungSgericht gemäß ftüher Art. II VO. v. 1/2. 19, Best. v. 18/2. 19 (RGBl. 149, 217), 28/11.21 (RGBl. 1490), jetzt Ges. über das Verfahren in Versorgungssachen v. 10/1. u. 22/12.22 (RGBl. 591982), 27/10. 23 (RGBl. 1999), 12/2. u. 4/8.24(RGBl.I 59,677), AussBeft. V.30./1.U. 80/10.22 (RGBl.79,1018), § 16 Personenschädenges. v. 15/7. 22 (RGBl. I 620); Reichsschiedsgericht zur Sicherung einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung gemäß § 7 Ges. v. 21/12. 20 (RGB!. 2117), Erl., betr. Vorschriften über das Verfahren v. 25/4.21 (RGBl. 491); Schiedrichter gemäß § 45 Reichsbahnges. v. 30/8. 24 (RGBl. II 272). — Auch nicht auf londe-gesetzlich geordnete schiedsrichterliche Verfahren in gewissen Verwaltungs-

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A. II. Zivilprozeßordnung.

streitsachen. Dgl. z. B. Preußen: §§ 21 ff. DorflutGes. v. 19./11. 1811 (GS. 862), KadOrd. v. 6./11. 46 (GS. 482); Pachtschutzordnung v. 27./9. it. 81./10. 22 (GS. 297, 311), DO. z. Ausdehnung der Pachtschutzordnung auf Jagdpacht- und Fischerei­ pachtverträge v. 23./11. 22 (GS. 440), 20 /6 23 (GS. 286), Leide adg. durch DO. v. 27./ 2.24 (GS. 115), § 7a DO. über anderweite Festsetzung von Geldbeträgen aus AltenteilSverträgm v. 8./9. 23 (GS. 483), dazu DO. über Rechtsbeschwerde u. Bei­ fitzerberufung v. 23./7.21 (GS. 488) und Derf., betr. den Erlaß einer Geschäftsordnung f. d. Pachteinigungsämter, v. 26./1. 21 (JMBl. 83) i. d. Fass. v. 17./8. 21 (JMBl. 445); DO. über das Schlichtungswesen im Bereiche der Wafferbauverwaltung, v. 28./4.20 (GS. 841); Ges. Betr. Errichtung eines Landesschiedsgerichts (auf Grund des RGes. zur Sichemng einer einheitlichen Regelung der Beamtenbesoldung v. 21./12. 20, f. oben) v. 24./3. 22 (GS. 76), dazu Dorschr. über das Verfahren v. 4./9. 22 (MBl.i. D. 921), 15./1. 28 (MBl. i. D. 219), 1./2. 24 (MBl. i. D. 203). — Dgl. auch: Art. 28 WelchostvertrageS v. 4./7. 91 (RGBl. 92 S. 503); Art. 57 Nr. 8 deS internatio» nalen Uevereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr, v. 14./10. 90 (RGBl. 92 S. 798); § 28 Börsengesetzes v. 22./S. 96 t. d. Fass. v. 27./5. 08 (RGBl. 215), da­ zu OLG. 29, 281. — Dgl. ferner Preußen: § 116 Abs. 2 BergGes. v. 24./6. 66 (GS. 706). — Dagegen finden die Vorschriften des zehnten Buches der ZPO. im wesentlichen Anwendung auf d. Derf. vor dem Schiedsgericht z. Entscheidung über die Erhöhung von BeförderungSpreisen der Eisenbahnen, Kleinbahnen (Lokalbahnen usw.), Straßenbahnen u. Anschlußbahnen gemäß § 4. Abs. 4 Ver. v. 21./2. 20 (RGBl. 255), 23./3. 21 (RGBl. 344), Bek. v. 7./4. 21 (RGBl. 450). 2 Hierher gehören nicht SchiedSgutachter (Arbitratoren, Schätzer, Schätzungs­ männer, Sachverständigenkommisstonen, Kommissionen im Derstcherungsrecht sOLG. 40, 438]; vgl. auch §§ 317 ff. BGB.). Diese, deren Bestellung von bett Parteien bindend vereinbart werden kann, RG. 96, 69, IW. 02,636«, 10,716", W. 10, 4,15,137, und deren Ernennung nicht bloß Privatpersonen, sondern auch Behörden (z. B. Handels­ kammern) übertragen werden kann, RG. 26, 3?i, 53, 387, 94, i7S^ aber nicht einem Gericht, RG. 94, 172, find einerseits nicht Sachverständige im Sinne der §§ 402 ff., denn sie erstatten nicht Gutachten, die der Prüfung des Gerichts unterliegen; ander­ seits find sie aber auch nicht Schiedsrichter, denn ste entscheiden nicht einen Rechtsstreit wie durch einen Richterspruch, sondern geben nur über einzelne, für das streitige Rechts­ verhältnis erhebliche Tatfragen einen Spruch ab, der für das Gericht maßgebend fein soll, RG. 6, 201, 10, 130, 24, 357, 29, SIS, 45, 850, 67, 73, 87, 193, 96, 59, Gr. 80, 1028, 39, 696, IW. 97, 9-7, 02, 636«, 06, 573", 09,19921, 11, 45927, W. 15,137, OLG. 21,116,117, 26, 237, 40, 488; dies gilt auch dann, wenn die betreffenden Personen als Schiedsrichter bezeichnet find, RG. 84,412, Gr. 46,425,89,696, IW. 06,573", 09,19921, W. 15,137,OLG. 42,23, und wenn bestimmt ist, daß fie über die Talfrage mit Ausschließung des Rechtsweges entscheiden sollen, RG. 6,201,10, iso, 24,857,411, 45,850, Gr. 80,1028, IW. 06, 673", 09, 199-1, OLG. 17,210, 35, i6i. Daher ist z. B., wenn die in dem Auseinander­ setzungsverfahren zwischen Handelsgesellfchastern bestellten Schiedsrichter nicht über die Höhe deS Auseinandersetzungsguthabens selbst, sondern endgültig nur darüber ent­ scheiden sollen, zu welchen Werten die Auseinandersetzungsgegenstände in die Berechnung deS Guthabens einzustellen find, ein Schiedsvertrag nicht geschloffen und find die Wert­ festsetzungen dieser Schätzer nicht als Schiedssprüche im Sinne deS Gesetzes anzusehen. RG. 67, 71, 96, 60. SchiedSgutachter ist auch ein durch Vertrag von den Beteiligten vorgesehener Vertrauensmann, der einen streitigen Punkt, deffen Regelung zur Be­ stimmtheit des Dertragsinhalts gehört, mit bindender Wirkung erledigen soll (z. B. der Dritte in §z 317 ff. BGB., der bei feststehender Leistung die Gegenleistung be­ stimmen soll, oder der Dritte, dem bei Kartellverträgen eine für das Verhalten der Kartellgmoffen maßgebende Regelung überlaffen ist). W. 15,137. — Auf derartige Verträge find schlechthin und unmittelbar die §§ 817ff. BGB. anzuwenden, wenn der SchiedSgutachter zur Ergänzung des Vertragswillens der Parteien eine Leistung be­ stimmen soll. Danach (§ 319 BGB.) kann der Spruch des Schiedsgutachters durch den Nachweis offenbarer Unbilligkeit oder parteiischen Ermessens angefochten werden. RG. 96, 60, IW. 00, 671“, 1J, 459“, OLG. 25, 237, 37, 203. Es kann aber auch Inhalt des SchiedSgutachtervertrages sein einmal, daß der Gutachter lediglich eine den Parteien noch unbekannte, ihrem Inhalte nach aber bereits objektiv bestimmte Leistung

Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

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zu einer den Parteien bekannten machen, somit den vorhandenen Inhalt des Ver­ trags klarstellen soll, und ferner, daß der Gutachter nur gewisse Unterlagen und Tatsachen vermöge seiner Sachkunde beschaffen uno feststellen soll, die für die Be­ stimmung einer Vertragsleistung erst mittelbar maßgebend werden und erst die Elemente für ste bilden sollen. RG. 86, eo. In diesen beiden letzteren Fällen sind die §§ 318, 319 BGB. entsprechend anzuwenden, und zwar § 819 dahin, daß das Gutachten wegen offenbarer Unrichtigkeit angefochten werden kann. RG. 96, 61. Jedoch dürfen zum Nachweise der Unbilligkeit (in dem ersten Falle) und der Un­ richtigkeit (in den letzteren Leiden Fällen) neue Tatsachen nicht unbeschränkt vor­ gebracht werden; vielmehr kann eine Beweiserhebung nur über solche Tatsachen nachgelaffen werden, aus denen das Offenliegen der Unbilligkeit bezw. der Unrichtigkeit sich mindestens für den Sachkundigen ergibt. RG. 96, 62. — Die Unterscheidung zwischen Schiedsrichter und Schiedsgutachter ist besonders von Wesentlichkeit hin­ sichtlich der Frage, ob die prozeßhindernde Einrede aus § 274 Ziff. 3 (daß die Ent­ scheidung deS Rechtsstreits durch Schiedsrichter zu erfolgen habe) gegeben ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein Schiedsvertrag geschloffen ist, nicht, wenn nur Arbitratoren bestellt sind. RG. 24, 411, IW. 99, 701", 726», Gr. 46, 422, auch IW. 01, 804*. Von Bedeutung ferner ist die Frage, ob im Etnzelfall ein Vertrag mit einem Schiedsrichter (vgl. hierüber Anm. 1 § 1025) oder ein solcher mit einem Schiedsgutachter vorliegt, dafür, ob der Bestellte von den Parteien zur Er­ füllung seiner Verpflichtung im Klagewege angehalten werden kann, und ob er dem von den etwaigen anderen Bestellten in der Mehrheit erlaffenen Spruch sich fügen und ihn vollziehen muß. Hinsichtlich des Schiedsrichters ist dies beides zu bejahen (Anm. 1 § 1025, § 1038); dagegen kommt es hinsichtlich der Ersüllungsverpflichtung eines Schiedsgutachters auf die im Einzelfall besonders getroffenen Vereinbarungen an und hinsichtlich der Frage der Maßgeblichkeit eines Mehrheitsbeschluffes tuf den Willen der Vertragschließenden in dieser Beziehung unter Beachtung der §§ 317 ff. BGB. RG. 87, 193, 195, auch W. 15,137, OLG. 40, 438. — Anderseits kann auch trotz der BeZeichnung „Sachverständiger" usw. ein echter SchiedSvertrag vorliegen. Es kommt darauf an, ob nur über einzelne Fragen ein Gutachten abgegeben oder über die Ansprüche der Parteien endgültig entschieden werden soll. OLG. 21, ne, 121, 23, 244, 245, 253, 35, isi, 37,203. Dabei ist unter Umständen, wenn über die Höhe des Anspruchs kein Streit besteht, auch nicht einmal eine ziffernmäßige Verurteilung einer Partei erforderlich. OLG. 23, 258. — Nicht hierher gehören auch „SchiedSrnanner". Vgl. Preußen: SchiedsmannSordn. v. (früher 28./S. 79, abgeändert durch Art. 8 AG. z. RGes., vetr. Aend. d. ZPO., v. 22./9. 99, jetzt v.) 3./12.24 (GS. 751). Dgl. ferner über Sachverständigen­ kammern Anm. 2 § 404. — Dgl. über die Klausel: „Hamburger Arbitrage" beim Getreide­ geschäft OLG. 17,210,33,137,138; „Hamburger Handelskammerarbitrage" OLG. 35,149, 158 Anm.; „auf Antwerpener Arbitrage" OLG. 9, 89; „freundschaftliche Arbitrage" OLG. 39, 93; dieselbe in Hamburger Schlußnoten OLG. 21, 119, 25, 288, 33, 137, 35,158Anm.; „BreSlauer Arbitrage" OLG. 38, 57; „Durcharbitrage" OLG. 43,170. — Der Spruch des in Preußen durch landesherrlich genehmigtes Reglement v. 11./4.81 ein­ gerichteten „Großen Schiedsgerichts in Rennangelegenheiten", daß eine bestimmte einem Rmnverein nicht angehörende Person (z. B. wegen betrügerischer Handlung mit Bezug auf Rennen) von allen Rennbahnen auszuweisen sei, hat nicht die rechtliche Bedeutung eines Schiedsspruchs im Sinne der §§ 1025 ff. Gr. 58, 1102 (wo auch auSgeführt ist, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Richtungen gegen einen Rennverein, der von der Entscheidung einen rechtswidrigen Gebrauch gemacht hätte, vom Ausgewiesenen im ordentlichen Rechtswege vorgegangen werden kann), (OLG. 33, 145 Anm.). Vgl. W. 17, 175, wonach die Schiedsgerichtsklausel im § 11 des genannten Reglements sich nicht auf Totalisatorwettverträge erstreckt. 8 Die prozeßhindernde Einrede des SchiedSvertrageS (f. Anm. 2 hier u. Anm. 5 §274) ist so lange zulässig, bis ein formell gültiger Schiedsspruch gefällt ist und der Vertrag da­ mit seine Erledigung gefunden hat. Solange dieser Spruch nicht im Wege der Klage aus § 1041 aufgehoben oder besten Ungültigkeit nicht durch Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung gemäß § 1042 Abs. 2 ausgesprochen ist, steht dem Beklagten nur noch die Einrede der entschiedenen Sache zur Seite. Gr. 61, 404, W. 08, 425, IW, 10, 71117, Purch einen nicht formell gültigen, insbesondere nicht sämtlichen

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Büch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Erfordernissen des § 1039 genügenden Schiedsspruch wird die Einrede auch dann nicht ausgeschloffen, wenn der Schiedsspruch auf Klage gemäß § 1041 aufgehoben wird. Gr. 51, 403 (anders IW. 08, iS", [W. 08, 270], s. Anm. 1 § 1041). Ist aber ein formell gültiger Schiedsspruch auf Klage gemäß § 1041 aufgehoben, so dürfen die Parteien auf den durch die Erlassung des Spruches endgültig erledigten Schiedsvertrag nicht zurückgreifen, vielmehr unterliegt der Streit nunmehr allein der Entscheidung der ordentlichen Gerichte. RG. 41, 396, 108, 379, Gr. 51, 405, OLG. 15, 300. Vgl. jedoch Anm. 1 § 1041. — Ist der Abschluß des Schiedsvertrages zugleich mit dem Klaganspruch und abhängig davon streitig, so stnd in Ansehung der Zuständigkeit des Gerichts die selbst unbewiesenen Klagebehauptungen als maßgebend zu erachten. W. 10, so, 298, IW. 24, 1183u — Es kann auch auf Feststellung, daß über einen Anspruch durch Schiedsrichter zu entscheiden sei, geklagt werden. Anm. 1 § 1025. — Auf Feststellung einer KonkursForderung ist nach § 146 Abs. 2 S. 1 KO. „im ordentlichen Verfahren" Klage zu

erheben. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, daß auf Feststellung einer streitigen Koukursforderung gegen den Konkursverwalter ein Schiedsgerichtsverfahren auf Grund eines mit dem Gemeinschuldner vor dem Konkurse geschlossenen SchiedsvertrageS nicht zulässig sei. OLG. 11, 362 42, 78 Anm., vgl. auch 13, 246, 19, 226 (a. M. OLG. 5, 203). — Hat das Schiedsgericht, das allein in Betracht kommt (z. B. das Große Schiedsgericht in Nennangelegenheiten, s. Vordem. 2 a. E.), sich zur Entscheidung über den betreffenden Anspruch für unzuständig erklärt, so ist das Hindernis, das der Zuständigkeit der Staatsgerichte, über den Anspruch zu entscheiden, entgegenstand, endgültig behoben. RG. 108, 378. < Die Schiedsrichter haften nicht für ein bei Erlassung des Schiedsspruchs be­ gangenes bloßes Versehen, sondern nur, wenn sie das Recht vorsätzlich gebeugt oder sonst arglistig gehandelt haben. RG. 41, 251.

1. SchiedSvertrag.

1025. (851.) Die Vereinbarung,* daß die Entscheidung einer Rechtsstreitigkeit? durch einen oder mehrere Schiedsrichter^ erfolgen solle, hat insoweit rechtliche Wirkung, als die Parteien berechtigt* stnd, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen. 1 Ein dem Vergleich (§ 779 BGB.) ähnlicher SchiedSvertrag (compromissum), der den allgemeinen Vorschriften hinsichtlich der Schließung (§§ 145—155 BGB.), der Auslegung (§ 157 BGB.), der Anfechtung (§§ 119—124, 142—144 BGB.) und der Aufhebung der Verträge unterliegt. DormundschastSgerichtliche Genehmigung: § 1812 Nr. 12 BGB., OLG. 6, 66. Genehmigung des GläubigerauSschuffeS: § 188 Nr. 2 KO. Prozeßvollmacht (§ 81) ermächtigt nicht zum Abschluß eines Schieds­ vertrages. Anm. 7 § 81. — Die Schiedsgerichtsklausel kann auch stillschweigend als vereinbart anzusehen sein z. B.: bei jahrelanger Geschäftsverbindung der Parteien, wenn sie in dem betreffenden Handelszweige (z. B. im hamburgischen Getreidehandel) all­ gemein üblich ist, OLG. 37, 202; wenn Kaufleute sich Markt- oder Börsenordnungen, die eine Schiedsgerichtsklausel enthalten, unterwerfen, ohne sie im einzelnen zu kennen, IW. 22, 707-; wenn der Käufer „im Anschluß an Verkäufers Kontrakt und Maßnahmen" kauft, ohne mit der Klausel eine klare Vorstellung zu verbinden und sich nach ihrem Sinn erkundigt zu haben, der Verkäufer aber mit seinem Lieferanten ein Schiedsgericht vereinbart hatte, IW. 22, 707«; wenn der Agent (Makler) Geschäfte zu Bedingungen vermittelt, die nicht nur hinsichtlich der Vertragsparteien, sondern auch in Bezug auf alle bei den Geschäften beteiligten Personen (Agenten, Makler) für maßgebend erklärt stnd und die Schiedsgerichtsklausel enthalten, OLG. 42, 23. — Ein Schiedsvertrag, wonach eine Partei über die von der anderen Partei erhobenen Ansprüche Schiedsrichter sein, insbesondere Mitglieder einer Vereinigung bei Streitigkeiten zwischen jenen und dieser dem Schiedssprüche der Gesamtheit der Mitglieder oder der Vereinigungsvertretung unterworfen sein sollen, ist unwirksam. RG. 58, 387, 55,326, 80, i9i, 88,402, 90, 308, 93,288, IW. 06, 396-«, 19,109» (W, 19, 122), auch OLG. 9, 285, 21, 124. Deshalb ist auch die in dem Statut einer Gesellschaft getroffene Bestimmung, daß die Generalversammlung zur Entscheidung über alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrage mit Ausschluß des Rechtsweges berufen

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1057

sei, unwirksam, weil die Gesellschaft dadurch zum Richter in eigener Sache bestellt ist. IW. 06, 396". Gleiche- gilt, wenn in der Satzung eine- Vereins (vgl. Anm. 1 § 1048) bestimmt ist, daß die Vereinsversammlung nicht nur über die sachlichen Gründe für die Ausschließung eines Mitgliedes, worüber zu entscheiden die Gerichte nicht Berufen sind, sondern auch über die Erfüllung der äußeren Bedingungen einer Ausschließung in unanfechtbarer Weife zu befinden haben soll. RG. 80, isi. Dgl. im übrigen RG. 88, 395 darüber, ob und inwieweit durch die Satzung eines Vereins Streitigkeiten über die Dauer der Mitgliedschaft der Entscheidung eines Schiedsgerichts unterworfen, die Zusammensetzung und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch eine in der Vereinssatzung vorbehaltene Ausführungsverordnung des Vereins geregelt werden können, und unter welchen Voraussetzungen das „Dereinsschiedsgericht" ein BereinSorgan ist, dem die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen dem Verein und einem Mitglieds nicht übertragen werden tarnt. Wirksam ist die Bestimmung in einer Vereinssatzung, welche die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern durch ein Schiedsgericht vorsteht, an dem einzelne DereinSmitgtteder aus Grund einer im voraus erfolgten Abordnung teilzunehmen haben, RG. 51, 392, 90, 308, sofern die als Schiedsgericht berufene Stelle das erforderliche Maß von Selbständigkeit gegenüber dem Vereine hat, RG. 90, 310. — Ein rechtswirksamer Schiedsvertrag ist nicht vorhanden, wenn es im Belieben der Parteien steht, sich dem Schiedsspruch zu unterwerfen oder nicht. Desgl. nicht, wenn den Parteien gestattet ist, allgemeinhin (abgesehen von § 1041) die Entscheidung der ordentlichen Gerichte anzu­ rufen. IW. 94, 56», 07, 748«, W. 08, 110. Weiter nicht, wenn nur eine SchlichtungSkommisston eingesetzt ist und nicht sicher feststeht, daß die Kommission im Falle deS Mißlingens des Einigungsversuchs die Streitigkeit in einer für beide Teile bindendm Weise entscheiden soll. OLG. 25, 235, 35, 156. Auch nicht, wenn nur eine Partei berechtigt sein soll, auf schiedsrichterliche Entscheidung anzutragen. OLG. 35, 157. Ferner nicht, wenn eS von dem unanfechtbaren Ermessen eines Dritten ab­ hängen soll, darüber zu befinden, ob ein zwischen den Parteien entstehender Streit im Einzelfalle durch das ordentliche Gericht oder durch ein Schiedsgericht entschieden werden soll. RG. 85, 179. — Zulässig dagegen und insbesondere nicht durch § 133 HGB. ausgeschlossen ist eine Vereinbarung, wodurch die Entscheidung darüber, ob eine offene Handelsgesellschaft wegen eines wichttgen Grundes auszulösen sei, einem Schied-gericht übertragen wird. RG. 71, 254. — Die Uebertra-ung der Rechte aus einem Schiedsvertrage ist zulässig. Der Zessionar einer Forderung tarnt, wenn es der Ze­ dent dürfte, gleichfalls Feststellung der ihm abgetretenen Forderung im schiedsrichter­ lichen Verfahren verlangen. RG. 56,182. — Zufolge Kriegsausbruchs aber verliert ein Schiedsvertrag, bei dem der eine Teil Deutscher, der andere Teil feindlicher Aus­ länder ist, seine Wirksamkeit. Gr. 64, 624. — Wegen Ernennung von Schieds­ richtern durch einseitige Willenserklärung (letztwillige Verfügung, Stiftung) vgl. § 1048. — Ist der Vertrag, dem der Schiedsvertrag beigefügt ist, ungültig (z. B. weil es sich um ein Spielgeschäft, ein nichtoffizielles Börsentermingefchäft handelt), so ist es auch der SchiedSverttag, es sei denn, daß der Streit über die Gültigkeit des Vertrages gerade vom Schiedsgericht entschieden werden soll, RG. 27, 379, 58, 154, IW. 05, 401«, 15, 1006«, W. 10, so, (15, 263), 19, 201, auch RG. 105, 386, Anm. 4 § 1041, oder daß die Parteien alle Streittgkeiten, die sich auf Grund der Tatsache ihrer Verttagsverhandlung ergeben würden, dem Spruch des Schiedsgerichts unter­ werfen wollten, auch hinsichtlich der Frage, ob ein Vertrag überhaupt zustande ge­ kommen sei (z. B. durch die Klausel „Berliner Handelsgevräuche", wonach die Ver­ einbarung „Berliner Arbitrage" bedeutet, daß alle aus dem Vertrage entstehenden Streittgkeiten unter Ausschluß der ordentlichen Gettchte durch das SchiedSgettcht entschieden werden), IW. 24, 1183«. Dagegen bleibt in der Regel, wenn ein dem Hauptvertrag beigefügter Schiedsvertrag nichtig ist, der Hauptvertrag trotz Ungültigkeit des Schtedsvertrages bestehen, wenn er an sich gültig ist. Gr. 27, 1056, IW. 14, 773«. Ein Schiedsvertrag, der stch auf Börsentermingeschäfte bezieht, ist zwar dann rechtswirksam, wenn die unter den Beteiligten streittg gewordene Frage, ob unverbindliche Börsentermingeschäste (§69 BörsenGes.) vorliegen, zur Entscheidung gebracht werden soll. W. 14, 309, s. oben. Gehen aber die Be­ teiligten beim Vertragsschluß selbst davon aus, daß es stch um Geschäfte handelt, Zivilprozeßordnung.

18. Aufl.

67

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A. n. Zivilprozeßordnung.

Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren,

die nach dem BörsenGes. unverbindlich seien, und erklären fie, eS solle das Schiedsgericht den zwischen ihnen bestehenden Streit so entscheiden, wie er entschieden werden müßte, wenn Ansprüche aus Börfentermingefchäften unbeschränkt klagbar wären, so ist der Schiedsvertrag rechtsunverbindlich, auch dann, wenn die streitigen An­ sprüche auf Verletzung vertragsmäßiger Kommisstonärpflichten oder auf arglistige Täu­ schung oder auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützt werden. W. 14, 309. —- Unter den Voraussetzungen des § 256 kann auch auf Feststellung geklagt werden, daß über einen streitigen Anspruch durch Schiedsrichter zu entscheiden sei. OLG. 18, 843, 25, 243. — Durch den SchiedSvertrag und den Vertrag mit den Schiedsrichtern übernehmen die Schiedsparteien die Verpflichtung, alles -u tun, um den Schiedsrichtern die Fällung de» Spruchs zu ermöglichen. RG. 74, 321, IW. 16, 680». Verletzt eine Partei schuld­ haft diese DertragSpfltcht (z. B. dadurch, baß sie den vom Schiedsgericht in einem Beweisbeschluß angeordneten Kostenvorschuß nicht hinterlegt), so hat fie den daraus der anderen Partei erwachsenen Schaden zu ersetzen. IW. 16, 580». — Einen zwischen den Parteien und dem Schiedsrichter geschloßenen vertrag (receptum) be­ treffen die Bestimmungen deS zehnten Buches nicht. Er ist ein vertrag eigener Art, welcher dem Schiedsrichter, da er über den Parteien stehend den Rechtsstreit gleich wie der Staatsrichter entscheiden soll, eine Stellung einräumt, wie sie weder beim Auftrage, noch bei dem Dienst- oder Werkverträge zu finden ist. RG. 41, 251, 59, 247, 66, 175, 74, 323, 87, 193, 94, 218, W. 13, 76, Gr. 65, 497, OLG. 10, 177, 35, 167 (anders OLG. 9, 87). Ein solcher Vertrag ist schon dann anzunehmen, wenn der Schiedsrichter sich gegenüber der ihn zum Schiedsrichter ernennenden Partei hinsichtlich Uebernahme des Amtes irgendwie zustimmend geäußert hat. RG. 59, 252, OLG. 35, 158, Anm. 2a § 1031. DaS Vertragsverhältnis besteht zwischen jedem Mitgliede des Schiedsgericht» und beiden Schiedsparteien, und zwar auch dann, wenn jede Partei einen Schiedsrichter gewählt hat und die Schiedsrichter einen Obmann be­ stimmt haben. RG. 41, 251, 256, 59, 261, 94, 211, IW. 17, 46”, (W. 16, 297), OLG. 35, 157. Die Verpflichtung aus einem solchen Vertrage kann der Schieds­ richter nicht einseitig lösen, vielmehr kann er (wenn er ein im Schiedsvertrage nicht ernannter Schiedsrichter ist, s. Anm. 4 § 1033) durch Klage zur Erfüllung seiner Ver­ pflichtung gezwungen werden, RG. 59, 247,87,193,101, 898, Gr. 44,191, IW. (99,165»), 17,46», 24,1178*, W. 13,76, (16,297), OLG. 19,166, Anm. 2a § 1031, selbst von der Schiedspartei, die ihn nicht ernannt hat, RG. 101, 892, Gr. 65, 497, auch zur unterschriflichen Vollziehung eines von der Mehrheit der Schiedsrichter beschlossenen Schiedsspruchs, RG. 87, 198, IW. 24,1178*, auch eines Teilschtedsspruchs oder eines Schiedsspruchs erst über den Grund deS Anspruchs, RG. 101, 898. Ueber die Berechtigung deS Schieds­ richters aber zum Rücktritt vom Vertrage aus wichttgen Gründen vgl. Anm. 2a § 1031. — Die Gebühren der Schiedsrichter bestimmen fich nach der Vereinbarung mit den Parteien. OLG. 21, 114,33, 143. Ist nichts vereinbart, so sind die §§ 612,632 BGB. (angemessene Vergütung) entsprechend anzuwenden. RG. 94,212, OLG. 21,114, 43, 169 Anm. Der Schiedsrichter kann den Honoraranspruch nicht bloß gegen die Partei, die ihn ernannt hat, sondern gegen jede Partei geltend machen; die Parteien hasten ihm nach tz 427 BGB. als Gesamtschuldner. Jedoch find abweichende Vereinbarungen in dem Sinne zu­ lässig, daß der Schiedsrichter sich zunächst an die Partei halten soll, die ihn ernannt hat. RG. 94, 212, OLG. 35, 15s. Einen Anspruch auf Vorschuß (auch für bare Auslagen) haben die Schiedsrichter nicht. OLG. 21, 114. Findet die Tätigkeit des Schiedsrichters (z. B. infolge seiner nachträglichen Ablehnung) ein vorzeittgeS Ende, so ist die bloße Tatsache der Beendigung deS Vertragsverhältnisses noch kein Grund, ihm eine Vergütung für das bis dahin Geleistete zu versagen, eS sei denn, daß sonstige Umstände seinem Anspruch entgegenstehen. RG. 94, 213, OLG. 48, 169 Anm. Vgl. auch OLG. 15, 299 sowie darüber, ob dem Schiedsrichter ein Honoraranspruch auch zusteht, wenn der Schiedsspruch ungülttg ist, OLG. 10,177, 23, 248. — Darüber, daß ein Derttag mit einem SchiedSgutachter von anderer Art und mit anderem Pflichtenkreis ist, vgl. Vordem. 2. 8 In ihrer Gesamtheit, nicht bloß einzelner, für die Entscheidung erheblicher Latfragen. IW. 98, 424», OLG. 19,178, auch RG. 67,73, Vorbem. 2, vgl. aber OLG. 8, 168,17,211. Jedoch kann auch ein Teil deS gesamten StreitstoffS oder ein Element eines Rechts­ verhältnisse» (z. B. ob und von wann ab die Hauptforderung verzinslich ist, oder die Frage

6 1025.

1069

der Berechtigung des Verkäufers, dte Höhe seiner Schadensersatzforderung wegen Verzugdes Käufer- durch Vornahme einer öffentlichen Versteigerung festzustellen) Gegen­ stand eines Schiedsvertrages sein. RG. 62, 354, IW. 18, 137», Gr. 65, 498. Die Wirksamkeit und Gültigkeit eine- den Streitfall nicht erschöpfenden Schiedsspruchs hängt aber davon ab, daß nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien das Schiedsgericht in einem bei ihm anhängig gemachten Streitfall auch befugt sein sollte, stch auf den Erlaß. einer bedingten Entscheidung, die nur einen von mehreren Streitpunkten end­ gültig erledigt, zu beschränken. Nur bei Bejahung der Frage darf daS Staatsgericht den Schiedsspruch als eine maßgebliche teilweise Grundlage für seine Entscheidung benutzen, bei Verneinung der Frage hat eS den vom Schiedsgericht entschiedenen Streitpunkt selbständig zu prüfen. IW. 18, 137“ Bezüglich eines Schadensersatz­ anspruches kann, wenn er dem Grunde nach feppeht, die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung einem Schiedsgericht übertragen werden. IW. 09, i9v". Nicht aber kann, wenn Grund und Betrag des Anspruchs streitig find, die Entschei­ dung über den letzteren allein einem Schiedsgericht übertragen werden. OLG. 5, 205, 19,178. Die erforderliche Bestimmtheit in bezug auf da- den Gegenstand der Abrede bildende Rechtsverhältnis (vgl § 1026) ist jedoch gegeben, wenn nach der getroffenen Abrede eine bestimmte Art der auf Grund des Rechtsgeschäfts möglicherweise entstehenden Rechtsstreitigkeiten durch da- Schiedsgericht, die übrigen Streitigkeiten durch die ordent. lichen Gerichte entschieden werden sollen und eine im voraus bestimmte Vertrauens­ person (sei eS auch der Schiedsgerichtsobmann oder der Dorfitzende eines Verbandes, dem nur die eine Partei angehört) darüber entscheiden soll, ob ein Streit der ersteren oder der letzteren Art vorliegt. IW. 19, 250* — Ist die Schiedsgerichtsklausel auf Streitigkeiten aus dem DertragSverhältniffe beschrankt, so greift ste nicht Platz bei Ansprüchen auS unerlaubter Handlung, die zwar auf dem Boden des Vertrags erwachsen find, aber eine besondere Gestaltung durch Umstände erhalten haben, die außerhalb des Vertrags liegen (so, wenn eine Partei den Vertrag in der vor dem Vertragsschluß gefaßten Absicht schließt, ihn nicht zu halten, aber den Vertragsgenoffen betrüglich zu binden, und dieser wegen planmäßiger, fortgesetzter Verletzung der Vertragspflichten Schadensersatzansprüche geltend macht). IW. 18, 263«. — In dem widerspruchslosen Verhandeln beider Parteien jedoch auch über Streitpunkte, die nach dem SchiedSvertrag an stch nicht vor das Schiedsgericht gehörten, kann der Ausdruck des Willens beider Teile gefunden werden, auch diese Streitpunkte der Entscheidung deS Schiedsgerichts zu unterwerfen, W. 12, 468, Anm. 4 § 1041. — In dem SchiedSvertrag über ein Rechtsverhältnis liegt, wenn er nicht ausdrücklich oder stillschweigend Abweichendes bestimmt, von selbst dte Der« einbarung, daß auch Einreden gegen die aus diesem Rechtsverhältnis hergeleitete Forderung der schiedsgerichtlichen Entscheidung unterliegen; dies gilt auch von der Einrede der Aufrechnung mit einer Gegenforderung. Gr. 61, 498, (W. 16, 296, IW. 17, 45“). — Die Rechtsstreitigkeit muß an stch der Entscheidung der ordentlichen Gerichte unterliegen. Dgl. § 1045 und Vordem. 1. 8 Ueber den Gegensatz zwischen Schiedsrichter und Schiedsgutachter vgl. Vordem. 2. — Auch eine öffentliche Behörde als solche kann (innerhalb der iür ftaatSsettig bei­ gelegten Zuständigkeit) zum Schiedsrichter bestellt werden. RG. 18, 407. Auch ein Gewerbegericht. IW. 12, 303«, (W. 12,138). Aus der Tatsache allein, daß eine Partei bei einer Behörde (z. B. dem Mieteinigungsamt), die von der Gegenpartei um eine Entscheidung angerufen ist, ihrerseits einen Antrag stellt, ist aber der Ab­ schluß eines SchiedsvertrageS nicht zu folgern. IW. 20, 157«. Ueber Vereinbarung der Zuständigkeit: des ReichSwirtschaftSgerichtS vgl. Vordem. 1; der SchlichtungSauSschüffe vgl. Erl. v. 4./10.20 (PrHMBl. 299). Ferner eine Firma (in diesem Falle ist jeder vertretungSVerechtigte Firmeninhaver befugt, das Amt des Schiedsrichters auszuüven). OLG. 32, ioo. — Zulässig ist eS auch, auf ein ausländisches Schiedsgericht zu kompromittieren, selbst wenn beide Parteien im Deutschen Reiche wohnen. RG. 30, 368, Gr. 39, 1153, FW. 95, 505®, 12, 358« (W. 12, 139), OLG. 23, 245,247. Von dem Schiedsgericht find dann die nach dem örtlichen Recht maßgebenden Formvorschristen zu beobachten. RG. 80, 368, IW. 96, 505», Gr. 89, ii58ff. Sollen aber die durch das deutsche Gesetz zugelaffenen prozessualen Maßnahmen durchgeführt, z. B. der Vollstreckungsveschluß (§ 1042) erwirkt werden- so kann dies nicht geschehen, wenn nicht den zwingenden deutschen Vorschriften, insbesondere dem § 1039 genügt ist. IW. 12, 67*

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A ll. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliche-Verfahren.

358”, (W. 12,139). — Existiert der im SchiedSvertrage Genannte Schiedsrichter nicht, so ist, wenn er auch nur als höhere Instanz berufen ist, der Schiedsvertrag von vornherein unwirksam und ungültig. OLG. 33, 142. — Ueber Bestimmung des Schiedsgerichtes, wenn zwischen mehreren Schiedsgerichten einer Partei die Wahl zusteht, vgl. OLG. 17, 208. — Von den Vertragschließenden kann auch wirksam vereinbart werden, daß hinstchtlich der aus dem Vertrage stch ergebenden Streitigkeiten für Klagen des einen (z. B. des Käufers) ausschließlich ein Schiedsgericht zuständig sein, dagegen dem anderen Teil (z. B. dem Verkäufer) für seine Klagen das Wahlrecht zwischen Schiedsgericht und StaatSgericht zustehen solle. RG. 88,179. * Ueber die Grenzen der Berechtigung vgl. IW. 01, 2077. — Nicht z. B. über Ehescheidung--, StatuSsachen. Dagegen zulässtg über die Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft gemäß § 188 HGB. Anm. 1.

1026. (862.) Ein Schiedsvertrag über künftige RechtSstreitigkeiten hat keine rechtliche Wirkung, wenn er nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis und die aus demselben entspringenden Rechtsstreitigkeitml sich bezieht. 1 Wegen Schiedsverträge über künftige RechtSstreitigkeiten und der Frage, ob das Erfordernis eines bestimmten Rechtsverhältnisses gegeben ist, vgl. RG. 86, 421, 85, 18O, IW. 05, 401«, 08, 458«, 12, 303”. Ein bestimmtes Rechtsverhältnis ist z. B. der gemeinschaftliche Betrieb von KommisflonSgeschästen seitens der Parteien. W. 08, 568. Nicht aber ein Kreis von RechtSstreitigkeiten, der lediglich durch Mitgliedschaft an einer Börse bestimmt wird. OLG. 15, 123, 33, 138. Unwirksam ist insbesondere eine Schiedsgerichtsklausel, durch die stch mehrere Personen für alle Streitigkeiten unter ihnen ganz allgemein der Entscheidung eines Schiedsgerichts unterwerfen, es sei denn, daß die Vereinbarung des Schiedsgerichts für den Einzelfall aus irgend­ welchen Umständen hervorgeht. OLG. 35, 147. Darüber, daß auch ein Teil oder ein Element eines Rechtsverhältniffes Gegenstand eines Schiedsvertrages sein kann und daß die erforderliche Bestimmtheit auch dann gegeben ist, wenn nach der ge­ troffenen Abrede eine besttmmte Art der auf Grund des Rechtsgeschäfts möglicherweise entstehenden RechtSstreitigkeiten durch daS Schiedsgericht, die übrigen Streitigkeiten durch die ordentlichen Gerichte entschieden werden sollen, vgl. Anm. 2 § 1025. — Unter Streitigkeiten aus einem Vertrage fallen auch die wegen seiner Aushebung aus Grund einer Vertragsverletzung. Gr. 27, 1053. — Darüber, daß das Schiedsgericht nicht auch über Verzugszinsen, die erst nach Erlaffung eines Schiedsspruches entstanden find, zu entscheiden befugt ist, vgl. OLG. 19,169.

1027. (853.) Ist nach dm Bestimmungm des bürgerlichen Rechtes ein mündlich geschloffener Schiedsvertrag gültig,* so kann jede Partei die Er­ richtung einer schristlichm Urkunde über dm Vertrag verlangm.

1 Im BGB. herrscht der Grundsatz der Formfreiheit; danach find auch mündlich geschloffene Schiedsverträge gültig. — Vgl. für früheres Recht hinstchtlich der Frage, ob der SchiedSvertrag ein Handelsgeschäft sein kann, Gr. 27, 105. 1028. (854.)1 Ist in dem SchiedSvertrag eine Bestimmung über die Emennung der Schiedsrichter nicht enthaltm, so wird von jeder Partei ein Schiedsrichter ernannt.? 1 Für das Verfahren bei Bestellung des Schiedsgerichts ist in erster Linie der SchiedSvertrag maßgebend (§ 1025). Die §§ 1028, 1029 find nur dazu bestimmt, einen hierin unvollständigen SchiedSvertrag zu ergänzen Und so die von den Par­ teien gewollte Ausführbarkeit des Schiedsvertrags herbeizuführen. Sie wiederholen als eine nur die Vertragslücke ausfüllende "Vorschrift das, was erfahrungsgemäß gewöhnlich und regelmäßig über die Konstituierung des Schiedsgerichts verabredet wird. RG. 87, 18ö. 2 Der einen Partei kann im Schiedsvertrag ein größerer Einfluß aus die Zu* sammensetzung des Schiedsgerichts eingeräumt werden wie der anderen. IW. 19,109«. Die Ernennung der Schiedsrichter kann sogar einer Partei allein oder einem Dritten übertragen werden; der Dritte braucht nicht individuell bestimmt zu sein, eS genügt,

8S 1026-1029.

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daß eine dem Vertragswillen gemäße Bestimmung desselben möglich ist. RG. 26, 373, IW. 19,109», auch IW. 97, 400*, W. 16, iis, OLG. 85, iss. Ferner kann bei Uneinigkeit der zunächst bestellten Schiedsrichter die Ernennung eines Obmanns einer der Parteien allein übertragen werden. JW.21,179» OLG. 40, 439. Auch der Vorsitzende einer Zivilkammer, die unter Umständen über die Sache gemäß § 1045 zu entscheiden hätte, kann dazu berufen werden, eine bestimmte Person als Schiedsrichter zu be­ zeichnen. RG. 58, i. Ferner eine Behörde (z. B. eine Handelskammer oder Gewerbekammer). RG. 26, 373, 58, 887, 94, i?s, OLG. 13, 247, 19, iss, 27,1S3. Da­ gegen nicht das Gericht. OLG. 35, iss, auch RG. 94, 172. Ueber die Folgen, die eintreten, wenn der Dritte seine Mitwirkung bei der Ernennung versagt oder er wegfällt, vgl. Anm. 2 § 1033. Ferner kann die Auswahl des zweiten Schiedsrichters dem von einer Partei bestellten Schiedsrichter überttagen werden. OLG. 35,146. — Wird ein Obmann zugezogen, so entspricht es der Regel, daß er an allen Entscheidungen des Schiedsgerichts tetlnimmt; die (an sich zulässige) Vereinbarung, daß der Obmann nur bei Teilentschetdungen, über die eine Einigung unter den ernannten Schiedsrichtern nicht erzielt wird, mit wirken oder die Entscheidung sogar ohne die SchtedSttchter treffen soll, muß als Ausnahme von der Regel auS dem Schiedsvertrag oder aus den Umständen klar erkennbar sein. IW. 21, 1320». — Vgl. Anm. la § 1029 (Ernennung durch die Parteien gemeinsam). — Unterbrechung der Verjährung in diesem Falle: § 220 Abs. 2 BGB.

1029. (855.)1 Steht beiden Parteien die Ernennung von Schieds­ richtern 8u,la so hat die betreibende Partei^ dem Gegner dm Schiedsrichter schrifüich mit der Aufforderung zu bezeichnen? binnm einer einwöchigm Frist* seinerseits ein Gleiches zu tun. Nach fruchtlosem Ablaufs der Frist wird auf Antrag der betreibenden Partei der Schiedsrichter von dem zuständigen Gericht ernannt? 1 Vgl. Anm. 1 § 1028 darüber, daß für das Verfahren bei Bestellung des Schiedsgerichts in erster Linie der SchiedSverttag maßgebend ist. la Trifft nicht den Fall, daß der oder die Schiedsrichter von den Parteien gemeinsam zu ernennen sind, die Parteien sich also noch über die Ernennung zu einigen haben. Hierüber vgl. RG. 83, 265, OLG. 21, ne. — Die (nicht im Schiedsvertrage vorgesehene) nachttägliche Einigung über die Person des Schiedsrichters hat, solange nicht die Parteien zu erkennen geben, daß sie den ursprünglichen Schiedsvertrag inhattlich abändern wollen, im Zweifel nur die Bedeutung, daß der bisherige Schiedsverttag ausgeführt wird und an Stelle der Ernennung je eines Schiedsrichters durch jede Partei eine Einigung über eine gemeinsame Ernennung des Schiedsrichters er­ folgt. Fällt alsdann dieser gemeinsam ernannte Schiedsrichter weg, so tritt nicht die Folge des § 1033, sondern diejenige des § 1031 ein: jede Partei hat an Stelle des weggefallenen Schiedsrichters auf Aufforderung des Gegners einen neuen Schieds­ richter zu bestellen. OLG. 33, 145. — § 1029 findet auch im Falle eines Schieds­ vertrages zwischen einem Deutschen und einem Ausländer gegen diesen Anwendung, wenn nach dem Patteiwillen das Schiedsgettcht in Deutschland tagen und unter den Normen deutschen Rechts stehen sollte. OLG. 29, 283. — Dagegen nicht auf die Ernennung von Schiedsgutachtern (Schiedsmännern). OLG. 42, 23, Vordem. 2 vor § 1025. » Betreibende Partei ist die an Erlangung des Schiedsspruchs interesfiette und deshalb die Bildung deS Schiedsgettchts betreibende Pattei. IW. 98, so-». • Ist die Aufforderung (nach Abs. 1) an einen Vertreter des Gegners erfolgt, dem ti Wirklichkeit die VertretungSbefugnis (z. B. wegen rechtsunwirksamer richterlicher Ernennung) nicht zusteht, so ist die Ernennung des SchiedsttchterS (Abs. 2) für den Gegner rechtsunwirksam und unterliegt der unter deffen Mitwirkung erlassene Schiedsspruch nach § 1041 Nr. 1 der Aufhebung. Gr. 68, 646. — Die be­ treibende Partei hat ihren Antrag wenigstens soweit zu begründen, daß ihr Gegner daraus ersehen kann, welchen Schiedsvertrag sie auszuführen beabstchttgt, und flr hat auch noch weitergehend darzulegen, welche RechtSstreitigkeit im besonderen in Frage steht, zumal wenn der SchiedSverttag so verschiedene Stteittgkeiten ermög-

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A. n. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren,

licht, daß davon auch schon die Auswahl der für das Schiedsrichteramt in Frage kommenden Persönlichkeit abhängt. Dagegen kann der Antragsgegner die Anführang der für die angeblichen Ansprüche des Antragstellers in Betracht kommenden Rechts­ gründe nicht verlangen. OLG. 33, 139. — Zur Bezeichnung des Schiedsrichters genügt die einfache Namhaftuiachung, gleichviel ob der Namhaftgemachte zur Ueber­ nahme des Amtes bereit ist oder das Amt schon übernommen hat. OLG. 40, 489. Da anderseits die Bezeichnung des Schiedsrichters nicht eine Prozeßhandlung im Sinne des § 281 Abs. 2 ist, kann nach Ablauf der Frist die Bezeichnung nicht nachgeholt werden, bis die mündliche Verhandlung über den Antrag geschlossen ist. Vielmehr geht die säumige Partei mit dem Ablauf der Frist ihres Ernennungsrechts verlustig und erlangt die betretbmde Partei einen Anspruch auf Ernennung des Schiedsrichters durch das Gericht. ER®. 46,382, OLG. 29,284, Anm. 3 § 281. Auch wenn der demnächst auf Betreiben des Gegners er­ nannte Schiedsrichter das Amt nicht übernimmt oder niederlegt, lebt das Ernennungs­ recht der ersteren Partei nicht wieder auf. OLG. 19, i?4- Jedoch wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß daS Gericht seinerseits die von der Partei nachträglich benannte Person als Schiedsrichter ernennt. OLG. 17, 213, IW. 21, 768«. — Vgl. OLG. 6, 620 (Unzulässigkeit der Bezeichnung eines ausländischen Schiedsrichters).< Dgl. Anm. 1 § 222. 6 Die Ernennung erfolgt jetzt (Nov. v. 17./6. 98) nicht, wie früher (Gr. 84, 1185), durch Urteil, sondern durch Beschluß. § 1046 Abs. 2. — Die Ersatzbestellung des Schiedsrichters kann im Schieds vertrage dem Gegner übertragen werden. OLG. 33, 147. — Ist nicht beabstchtigt, dem Schiedsgericht auch die Entscheidung der Frage zu überweisen, ob der den Anspruch selbst begründende Vertrag rechtsgültig zustande gekommen ist, so hat daS um Ernennung eines Schiedsrichters angerufene Gericht zu prüfen, ob der Vertrag rechtsverbindlich ist, und verneinendenfallS die Ernennung des Schiedsrichters abzulehnen. IW. 02, 171«, OLG. 18, 248, 23, 250, 251, 25,289. Hat jedoch die in einem Hauptvertrag enthaltene Schiedsvertragsklausel nach dem maßgebenden Willen der Vertragschließenden eine selbständige Natur, betcrrt, daß erst dem Schiedsgericht die Entscheidung darüber zukommt, ob der Vertrag, dem jene Klausel beigefügt ist, rechtswirksam besteht, so hat das Gericht in dem Beschlußversahren nach § 1029 Abs. 2 nur über die Rechtswirksamkeit des Schiedsvertrages, nicht auch über die Rechtswirksamkeit des Hauptvertrages zu entscheiden und erstreckt sich die RechtSkrastwirkung der in dem Beschlußverfahren ergehenden Entscheidung äußerstenfalls auch nur auf jene, nicht auf diese Rechtswirksamkeit. IW. 14, 773«. DaS Gericht hat aber ferner zu prüfen, ob der Schiedsvertrag sich aus den Streitfall bezieht. OLG. 23, 251, 33, 139. Die Prüfung hat sich jedoch nicht darauf zu erstrecken, ob wirklich ein Streitfall des vorgetragenen Inhalts vorliegt, und ob der Anspmch, den der Antragsteller geltend machen will, rechtlich und tatsächlich begründet ist. OLG. 23, 251, 25, 240, 33, 140. Auch über den Einwand der rechtskräftig ent­ schiedenen Sache ist nicht in dem Verfahren aus § 1029 Abs. 2, sondern in dem neuen schiedsrichterlichen Verfahren zu entscheiden. OLG. 23, 250, 33,140. — Ueber die Voraussetzungen der Zulässtgkeit des Antrags aus Ernennung eines Schiedsrichters für den Gegner, nachdem über besten Vermögen der KonkmS eröffnet worben ist, vgl. OLG. 18, 246. Ueber die Zuständigkeit für den Fall: daß der säumigen Partei gemäß Vereinbarung die Wahl bezüglich mehrerer Schiedsgerichte zustehen soll, vgl. OLG. 17, 208; daß eine Klausel „nach Hamburger Arbitrage" vereinbart ist, vgl. OLG. 17, 211, Vor­ dem. 2 vor § 1025. Nicht um „Ernennung" eines Schiedsrichters handelt es stch, wenn eine Partei ihrer Vertragspflicht entsprechend dazu angehalten werden soll, eine Eingabe an einen Dritten (z. B. eine Handelskammer) zu unterzeichnen, dem in dem Schiedsvertrage die Ernennung des Schiedsrichters übertragen worden ist. Hier ist gegen die sich weigernde Partei nur die Klage im ordentlichen Rechtswege auf Unterzeich­ nung der Eingabe gegeben. OLG. 23, 258, Anm. 1 § 1045. — Da der Schieds­ vertrag in erster Linie maßgebend ist (Anm. la), kommen die sonst einschlägigen Vorschriften des 8 1029 nicht zur Anwendung, wenn in dem Schiedsvertrage z. B. bestimmt ist: die betreibende Partei brauche eine Aufforderung zur Bestellung eines Schieds­ richters an den anderen Teil überhaupt nicht zu erlasten, der Verlust des Er­ nennungsrechts sei vielmehr mit dem Ablauf einer Bestimmten Zett oder mit dem Eintritt einer bestimmten Tatsache gegeben; oder, die bloße Aufforderung, also ohne

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Fristsetzung und ohne Androhung des Rechtsnachteils, mache den ihr nicht sofort oder nicht in bestimmtet Frist nachkommenden Gegner des Ernennungsrechts verlustig; oder, statt des säumigen Teiles solle nicht das zuständige Gericht, sondern irgend jemand sonst ober irgendwelche sonstige Behörde (z. B. die Handelskammer, OLG. 35, 158) den zweiten Schiedsrichter ernennen. RG. 87, 185. — Sollen nach dem Schiedsvertrage die Schiedsrichter einen Obmann wählen, können sie sich hierüber aber nicht einigen, so kann dieser Mangel nicht dadurch ersetzt werden, daß das Gericht den Obmann ernennt. OLG. 29, 383. — Gebühren: des Gerichts früher (3/10) § 34 Nr. 2 GKG. a. F, jetzt (V2) § 33 Sir. 7 GKG. in d. Fast. v. 21./12. 22; des An­ walts (6/10) § 22 GO. f. RA.

1030. (856.) Eine Partei ist an die durch sie erfolgte Ernennung eines Schiedsrichters dem Gegner gegenüber gebunden, sobald derselbe die An­ zeige von der Ernennung erhalten hat.i 1 Sie kann dem Schiedsrichter nicht einseitig aufkündigen; vielmehr bleibt dieser trotz der Kündigung zur Ausübung des Amtes befugt. IW. 96, 479". Wenn aber der Schiedsrichter die Ausführung des Amtes verweigert und daraus an seiner Stelle ein anderer ernannt wird (§ 1081), so findet § 1030 hinsichtlich des zuerst bestellten Schiedsrichters keine Anwendung. OLG. 40, 43v. — Wirksamer Widerruf vor Zu­ gehen der Anzeige: § 180 Abs. 1 BGB.

1031. (857.) Wenn ein nicht in dem Schiedsvertrag ernannter* Schieds­ richter stirbt oder aus einem anderen Grunde wegfällt 2 oder die Uebernahme oder die Ausführung des Schiedsrichteramts verweigert?», so hat die Partei^ welche ihn ernannt hat,^ auf Aufforderung des Gegners binnen einer ein­ wöchigen Fristb einen anderen Schiedsrichter zu bestellen. Nach fruchtlosem Ablaufs der Frist wird auf Antrag der betreibenden Partei der Schieds­ richter von dem zuständigen Gericht ernannt.^ 1 Ist der Schiedsrichter in dem Vertrage ernannt: § 1083. — Haben aber die Parteien zunächst nur allgemein schiedsrichterliche Entscheidung vereinbart und erst nachträglich sich über die Person des Schiedsrichters geeinigt und fällt alsdann dieser gemeinsam ernannte Schiedsrichter weg, so findet § 1031 Anwendung. Anm. la § 1029. » Dem Wegfall eines Schiedsrichters ist es gleichzustellen, wenn ein Schieds­ richter (z. B. durch Kriegsdienst oder durch andauernde Erkrankung) auf unabfehbare Zeit an der Ausübung der schiedsrichterlichen Tätigkeit behindert ist. OLG. 30, 3ßi, 31, 378, vgl. Anm. 3 § 1033. — Mit dem Wegfall der durch die Parteien ernannten Schiedsrichter ist nicht auch das Amt des von diesen Schiedsrichtern gewählten Ob­ manns als erledigt zu betrachten. IW. 98, 358". — Wenn der von einer Partei ernannte Schiedsrichter von der Gegenpartei abgelehnt wird, ist diese Partei nicht ohne weiteres berechtigt, von jener die Ernennung eines anderen Schiedsrichters zu fordern; vielmehr ist sie zu diesem Verlangen wegen Wegfalls des Schiedsrichters erst dann berechtigt, wenn durch Gerichtsbeschluß rechtskräftig seststeht, daß die Ablehnung begründet ist. IW. 08, 382». L» Im Falle eines Vertrages mit dem Schiedsrichter kann jede Partei, auch die, die ihn nicht ernannt hat, gegen ihn bei Weigerung auch auf Erfüllung seiner Verpflichtung klagen. Anm. 1 tz 1025. Aber auch wenn ein solcher Vertrag nicht geschloflen, jedoch das Amt übernommen ist, kann gegen den (tot Schiedsvertrage nicht ernannten) Schiedsrichter (z. B. im Falle der Weigerung, einen bereits gefällten Schiedsspruch zu unterzeichnen) auf Abgabe des Schiedsspruchs geklagt werden. RG. 69, 252, 101, 893, Gr. 61, 406, (IW. 06, 53"), W. 13,76, OLG. 19, 166 (anders in den Fällen des § 1088 [im Schiedsvertrage ernannten Schiedsrichters). Selbst dann, wenn der Schiedsrichter vom Gegner ernannt ist, ist er der Partei gegenüber zufolge Uebernahme des Amtes zur Ausführung der übernommenen Tätigkeit verpflichtet. Gr. 61, 406, 65, 497. Jedoch, wenn auch der Schiedsrichter mit der Uebernahme des Amtes verbunden ist, den Streit der Kompromittenten durch seinen Spruch

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zu entscheiden und er seine Zusage nicht willkürlich zurücknehmen darf (Anm. 1 § 1025), so ist er bet dem eigenartigen Charakter des Rezeptums (s. Anm. 1 § 1025), für das nicht allein die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den Rücktritt von Verträgen in Betracht kommen, doch aus wichtigen Gründen zum Rücktritt vom Schieds­ richteramt berechtigt. RG. 101, 393, Gr. 54,1160, 65, 498, IW. (09,694-«), 24, 1178«, W. 13, 76, Anm. 1 § 1025. So z. B.: wenn den Umständen nach aus überwiegen­ den persönlichen Gründen ihm die Fortführung seiner schiedsrichterlichen Tättgkeit nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, Gr. 65, 498; wenn er von der Entscheidung des Rechtsstreits zugunsten oder zuungunsten der einen oder der anderen Partei selbst Nachteile zu besorgen hätte und er sich einem Konflitt zwischen der Pflicht zur unparteiischen Ausübung des Richteramts und der Wahrnehmung seiner persönlichen Interessen aussetzen müßte, RG. 101, 393, Gr. 54, lieo, (IW. 09, 694-«); wenn der Schiedsrichter ein Staatsbeamter ist und von der ihm vorgesetzten Dienstbehörde die ihm zunächst erteilte Genehmigung zur Uebernahme des Schieds­ richteramtes widerrufen wird, W. 13, 76; wenn er zu der Ueberzeugung gelangt, daß den anderen Mitgliedern des Schiedsgerichts die Eignung zu dem Amt, insbesondere die erforderliche Unparteilichkeit, mangelt, IW. 24, H78*. Jedoch bildet der Um­ stand, daß der Schiedsrichter sachlich mit seinen Vorschlägen und seiner Meinung gegenüber seinen Mitschiedsrichtern nicht durchgedrungen ist, keinen wichtigen Grund zum Rücktritte. Gr. 65, 498, IW. 24, 1178*. Auch kann der Schiedsrichter, wenn er an der Fällung des Schiedsspruchs mitgewirkt hat, den Kündigungsgrund nicht mehr geltend machen und darf sich der Unterzeichnung, Zustellung und Nieder­ legung des Spruchs nicht entziehen. IW. 24, 1178«. Ist ein Teilschieds­ spruch oder ein Schiedsspruch über den Grund des Anspruchs erst erlassen, aber noch nicht vollzogen und kündigt dann der Schiedsrichter, so kann die Sachlage eine derartige sein, daß der Schiedsrichter zur Unterzeichnung des Schieds­ spruchs und zur Mitwirkung an dessen Zustellung und Niederlegung zu verurteilen (s. oben), dagegen weder (wegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung, z. B. persönlicher Zerwürfnisse mit den anderen Schiedsrichtern) zu einer weitergehenden schieds­ richterlichen Tätigkeit noch (mangels eines Verschuldens) zum Ersatz des der betressenden Partei durch Verweigerung der Erfüllung der vertraglichen Leistung entstandenen Schadens für verpflichtet zu erachten ist. RG. 101, 392. — Der Rücktritt vom Vertrage (die Amtsniederlegung) ist anderseits nicht unwiderruflich. W. 16, »97, (IW. 17, 46"). Hat daher der Schiedsrichter z. B. erklärt, daß er sein Amt niederlege, und die Unterschrift unter dem erlassenen Schiedsspruch verweigert, demnächst aber doch den Schiedsspruch unterschrieben, so liegt hierin ein wirksamer Widerruf der Amtsnieder­ legung. W. 16, 897, (IW. 17, 46"). 8 Falls sie nicht etwa selbst arglistig den Schiedsrichter zur Weigerung der Aus­ führung des Schiedsrichteramts veranlaßt hat. Gr. 44, 191, (IW. 99, 165'»). * § 1029 Abs. 1. — Auch anzuwenden aus den nach § 1029 Abs. 2 durch das Gericht ernannten Schiedsrichter. IW. 88, 17« (a. M. OLG. 35, leo, vgl. ferner OLG. 17, 214, wonach ohne weiteres, also ohne die Voraussetzungen des § 1031 Satz 2, wiederum das Gericht einen Ersatzschiedsrichter zu ernennen befugt sein soll). Ferner ist die Vorschrift anzuwenden auf den Fall, daß ein tzn Schiedsvertrage er­ nannter Schiedsrichter fortfällt, im Vertrage aber bestimmt ist, daß dann ein Schiedsrichter durch die Partei ernannt werden soll, und diese sich weigert, die Er­ nennung vorzunehmen. OLG. 23, 268. » Vgl. Anm. 1 § 222. 6 Vgl. Anm. 3 § 1029. 7 Vgl. Anm. 6 § 1029. — Ist in dem Schiedsvertrage ein Schiedsgericht vor­ gesehen, das im Auslande seinen Sitz haben soll, so ist auf die Frage, ob und unter welchen Umständen das staatliche Gericht an Stelle einer Partei einen Schiedsrichter zu ernennen hat, desgleichen, welches Gericht dafür zuständig ist, das ausländische Recht dafür anzuwenden und kommen für die Ernennung nur die ausländischen Ge­ richte in Frage. OLG. 33, 140. — Gebühren: vgl. Anm. 5 § 1029.

10L2. (858.) Ein Schiedsrichter kann aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines

Richters berechtigen.*

z1032.

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Die Ablehnung kann außerdem erfolgen, wenn ein nicht in dem Schieds­ vertrags ernannter Schiedsrichter die Erfüllung seiner Wichten ungebührlich verzögert.* * Minderjährige, Taube, Stumme und Personen, welchen die bürger­ lichen Ehrenrechte aberkannt sind, können abgelehnt werden. i Also nach Maßgabe der §§ 41 (AuSschließungögründe), 42 (Ablehnung-gründe), 48, 44 Abs. 4 (keine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn die Partei vor dem Schiedsrichter in eine Verhandlung sich eingelassen oder Anträge gestellt hat, sofern nicht glaubhaft gemacht wird, daß der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei). RG. 47, 401, 53, 389. Die im § 41 aufgeführten Gründe Haven in betreff eines Schiedsrichters nicht die Bedeutung von gesetzlichen Ausschließungsgründen, wohl aber können sie als Ablehnungsgründe geltend gemacht werden. IW. 04, 495»», OLG. 18, 248. — Jedoch darf auch ohne ausdrück­ liche Ablehnung niemand in eigener Sache Schiedsrichter sein. RG. 29, 819, 53, 389, Gr. 86, 1216, OLG. 19, 168, 169, 21, 124, auch IW. 09, 432«, OLG. 23, 243. Ist eine juristische Person in einer Streitsache Partei, so ist eine jede zu ihrer gesetzlichen Vertretung Berufene Einzelperson von Ausübung schiedsrichterlicher Tätigkeit in der Streitsache ausgeschlossen selbst dann, wenn das Vertretungsorgan aus mehreren Personen besteht. RG. 93, 288. Jenes gilt aber nur dann, wenn der Schiedsrichter am Rechtsstreit unmittelbar beteUigt ist, was z. B. nicht der Fall ist bei Mitgliedern eines Vereins, wenn eS sich um die Zcchlung einer Geldbuße an den Verein handelt. W. 10, 186. Dieser Fall liegt ferner nicht vor und es ist auch die Ablehnung unbegründet, wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft in einem Strafverfahren der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter Schiedsrichter sein soll. OLG. 25, 241. Desgl. nicht, wenn der Schiedsrichter als Mäkler das streitige Rechtsgeschäft zwischen den Parteien vermittelt hat, ohne daß er das Recht des Selbst­ eintritts hatte. OLG. 32, 101. — Vgl. über Ablehnungsgründe: IW. 98, 459, 04, 495»», 18, 572», (OLG. 37, 204) (Ablehnung eines Anwalts, der regelmäßig oder in einer gleichliegenden Sache Rechtsbeistand der Partei ist oder gewesen ist), RG. 51, 892 (Ablehnung begründet wegen tadelnder Aeußerungen, nicht aber, weil Schieds­ richter ebenfalls Vereinsmitglied), OLG. 8,129 (Bürgermeister nicht Schiedsrichter in Streitigkeiten der Gemeinde), OLG. 5, 205, 31, 16 (37, 88) (Ablehnung begründet, wenn die Gegenpartei, die den Schiedsrichter ernannt hat, sich durch vorherige Be­ sprechung davon überzeugt hat, daß er ihren Standpunkt vertritt), OLG. 6, 206 (Ab­ lehnung wegen Wohnfitz des Schiedsttchters im Ausland), OLG. 15, 298 (Ablehnung begründet, wenn ein Schiedsrichter auf Antrag einer Pattei mit dieser allein eine öttliche Bestchttgung vorgenommen hat), OLG. 23, 252 (Ablehnung begründet, wenn über das Fortbestehen eines Pachtvertrags Streit besteht und der in dem Vettrage ernannte Schiedsttchter mit der einen Pattei einen neuen Pachtvettrag über dasselbe Pachtgebiet geschloffen hat). Die bloße Tatsache, daß eine Pattei mit dem Schieds­ ttchter über die Annahme des Schiedsrichteramts einen Verttag geschloffen und dattn ihm eine bestimmte Vergütung versprochen hat, ist nicht geeignet, Mißtrauen in die Unpatteilichkeit des Schiedsttchters zu rechtfettigen, es sei denn, daß besondere.Um­ stände für einen solchen Verdacht, wie eine übermäßig hohe Entschädigung, Versprechen eines der Pattei günstigen Spruchs, vorgebracht werden. OLG. 33, 142. — Ist ein Schiedsspruch gemäß § 1041 aufgehoben, demnächst aber von den Patteien über dieselbe Streitigkeit ein neuer Schiedsvettrag (sei es auch stillschweigend) vereinbart, so kann ein Schiedsttchter nicht allein deswegen abgelehnt werden, weil er Mttglied des ersten Schiedsgettchts gewesen ist (§ 41 Nr. 6 ist also nicht entsprechend anwendbar). OLG. 18, 248, auch 15, 300. — Die das Verfahren vetteffenden Dorschttsten der §§ 44 Ads. 1—3, 45, 46 finden auf die Ablehnung im schiedsttchterlichen Verfahren keine Anwendung. RG. 18, 350. Vielmehr bestimmt sich das Verfahren nach § 1045 Ads. 1, 2. Ueber Anwendbarkeit deS § 44 Ads. 4 aber vgl. IW. 18, 572», (OLG. 37, 204). — DaS Schiedsgericht ist nicht genötigt, zufolge der Ablehnung das Bewahren zu unterbrechen und zunächst über die Ablehnung zu verhandeln. W. 08, 269, OLG. 5, 206, Anm. 5 § 1037. — Im Wege der Beschwerde -egen die Ernennung eine- Schieds­ ttchter- (§ 1029 Abs. 2) kann die Ablehnung nicht gellend gemacht werden. OLG. 17,

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215. — Das ALlehnungSrecht füllt fort, wenn die Schiedsrichter im Bertrage ernannt sind und das Vorhandmseiu deS ALlehnungSgrundeS den Parteim bereits bei der Ernennung bekannt war. RG. 53, 38», IW. 96, 238», 99, 538", 09, 452«. — Stellt die Ablehnung sich als eine mißbräuchliche Ausübung des ALlehnungSrecht- dar, so

kann das Schiedsgericht, ebenso wie daS ordentliche Gericht in einem Rechtsstreit (Anm. 3 § 45), darüber als unbeachtlich hinweggehen. RG. 92, 250, W. 16, 154. Auch wenn daS Schiedsgericht sich nicht ausdrücklich darüber ausgesprochen hat, daß es eine erfolgte Ablehnung als eine mißbräuchliche außer acht laste, ist eS Sache der ordentlichen Gerichte, nachzuprüfen, ob überhaupt eine zu beachtende Ablehnung vor­ gelegen hat. RG. 92, 231, vgl. Anm. 5 § 1037, Anm. 4 § 1041. — Ueber Unznlässigkeit der Anfechtung des Schiedsspruchs auf Grund nachträglicher Ablehnung, anderseits Zulässigkeit der Geltendmachung im Wege der Klage gemäß § 1041 Nr. 1, wenn die Ablehnung bereits im Schiedsgerichtsverfahren erfolgt ist, f. Anm. 4 tz 1041. Hat aber der Schiedsrichter, nachdem daS Ablehnung-gesuch durch gericht­ lichen Beschluß (§ 1045) rechtskräftig zurückgewiefen war, den Schiedsspruch erlassen, so kann dieser nicht noch wegen angeblich begründeter Ablehnung mit der Klage aus § 1041 angefochten werden. Gr. 54, 1162, (IW. 10, 192«). — Ueber die Voraussetzungen für die Ernennung eineS anderen Schiedsrichters zufolge Ablehnung f. Anm. 2 § 1031. — Zulässig ist eine Bestimmung im SchiedSvertrage, wonach die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch im voraus einer dritten Person überttagen wird. RG. 58, ss?, IW. 10, 714«, W. (10, 304), 16, 154, OLG. 29, 287, Anm. 3 § 1045. — Auch kann die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für das Ablehnungsverfahren durch Vertrag auSgeschlosten werden. OLG. 33, 143 Anm. 1. — Die Bestimmungen über die Ablehnung von Schiedsrichtern finden keine entsprechende Anwendung auf Per­ sonen, die nach dem SchiedSvertrage nur zur Ernennung von Schiedsrichtern berufen sind (Anm. 2 § 1028). W. 16, 118. • Soudern gemäß § 1029, — Ist der säumige Schiedsrichter tot SchiedSvertrage ernannt: § 1038 Nr. 1. 8 Vgl. über ungebührliche Verzögerungen OLG. 17, 209. 4 Durch das Ges. über die Zulassung der Frauen zu den Aemtern und Berufen der Rechtspflege v. 11./7. 22 ist daS Wort „Frauen" gestrichen.

1038. (859.) Der Schiedsvertrag tritt außer Krafts sofern nicht für den betreffenden Fall durch eine Vereinbarung der Parteien Vorsorge ge­ troffen ist: 1. wenn besümmte Personen in dem Vertrage zu Schiedsrichtern er­ nannt find 2 und ein Schiedsrichter stirbt oder aus einem anderen Grunde* wegfällt oder die Uebernahme des Schiedsrichteramts ver­ weigert oder von dem mit ihm gefchloffenm Vertrage zurücktritt* oder die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich verzögert) 2. wenn die Schiedsrichter * dm Parteim anzeigm, daß unter ihnm Stimmengleichheit sich ergebm habe? 1 Abgesehen von dm allgemeinen Berttag-aufhebungSgründen oder Erledigung deS Streites (z. B. durch Vergleich). — Nicht dmch Tod einer Partei. — Ueber Aufhebung durch Fällung deS Schiedsspruchs, insbesondere wenn dieser unwirksam, vgl. Anm. 1 tz 1041. — Ueber den Fall der Konkurseröffnung über das Vermögen einer Partei vgl. Vordem. 8 a. E. vor § 1025. • Auch wenn nur ein Schiedsrichter ernannt ist. IW. 88, 17«. — Dagegen findet § 1038 nicht Anwendung, wenn nach dem SchiedSvertrage der SchiedSttchter von einem Dtttten zn ernennen, die Ernennung auch erfolgt ist, der SchiedSttchter aber die Uebernahme des Amtes ablehnt. IW. 97, 4oo«, OLG. 17, 212. Wohl aber ist § 1033 entsprechend anzuwenden, so daß der Schiedsvertrag unwirksam wird, wenn der Dritte (z. B. eine Behörde) die Mitwirkung bei der Ernennung eineS SchiedSttchterS versagt, oder er wegfällt. RG. 108, 246, OLG. 18, 247 (a. M. OLG. 17. 212, wonach § 1029 entsprechend anzuwenden sein soll). — Falls der SchiedS­ ttchter nicht im Bettrage ernannt ist, kommt, wenn einer der HinderungSgründe des § 1088 Nr. 1 eintritt, § 1081 zur Anwendung. So auch, wmn die Parteien zunächst

s§ 1033,1034

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allgemein schiedsrichterliche Entscheidung vereinbart und fich später über einen be­ stimmten Schiedsrichter geeinigt haben, dieser aber dann wegfällt. Anm. 1 tz 1029, Anm. 1 § 1031. — Ist eine Partei, wenn Schiedsrichter im Vertrage nicht ernannt find, mit der Ernennung säumig, so tritt nicht der Vertrag außer Kraft, sondern ist nach § 1029 zu verfahren. OLG. 17, 213, 214, 19, 174. 8 Vgl. Anm. 1 § 1032 (Ablehnung). Vgl. auch OLG. 23, 843 (unmittelbare Beteiligung des im Vertrage ernannten Schiedsrichters). Wenn der im Schiedsvertrage benannte Schiedsrichter, sei er auch nur als höhere Instanz berufen, nicht existiert, so ist der Schiedsvertrag von vornherein unwirksam und ungültig. OLG. 33,142. — ES braucht nicht unwiderruflich festzustehen, daß der zum Schiedsrichter Ernannte für alle Zeiten nicht mehr in der Lage sein wird, die ihm übertragene Tätigkeit aus­ zuüben, vielmehr hat mit Rücksicht auf den Zweck der Schiedsgerichtsabrede, die Ent­ scheidung einer Streitigkeit auf einfachere und raschere Weise herbeizuführen, ein Schiedsrichter schon dann als „weggesallen" zu gelten, wenn ihm die Ausübung der schiedsrichterlichen Tätigkeit aus irgendeiner Ursache für eine nicht absehbare Zeit un­ möglich geworden ist (z. B. wegen einer voraussichtlich längere Zeit andauernden, in ihrem Ende nicht absehbaren Krankheit, wegen der nach Kriegsausbruch erfolgten Einziehung zum Heere, welche die Befürchtung einer der Betroffenen Partei nicht zu­ zumutenden Verzögerung der Entscheidung begründet). RG. 88, 297, OLG. 35, ieo, Anm. 2 § 1031 (vgl. aber bezüglich der Einziehung zum Heeresdienst tot Kriegsfälle OLG. 32, 304). Vgl. auch Gr. 61, 288, IW. 15, 995», (17, 214-), (zufolge Kriegs­ ausbruchs Wegfall des Schiedsgerichts feindlicher Nation), RG. 97, 161 (infolge Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Zwangswirtschaft nach Kriegsaus­ bruch Unmöglichkeit der Bestellung des Schiedsgerichts in der vertraglich vor­ gesehenen Weise). * Gleichviel, ob der Rücktritt aus berechttgtem Grunde oder grundlos erfolgt. RG. 18, 869. Der Rücktritt ist an keine zeilliche Grenze gebunden. Der Schieds­ richter kann bis zur Zustellung oder Hinterlegung des Schiedsspruchs zurücktreten. RG. 18, 369, 87, 412. Er ist aber, wenn fein Verhalten arglistig ist, den Parteien schabenSerflchpflichtig. RG. 87,412. Dagegen ist eine Klage auf Abgabe eines Schieds­ spruches gegen den Schiedsrichter ausgeschlossen, da eben der SchiedSvertrag außer Kraft treten soll. RG. 59, 247 (anders in den Fällen des § 1081 [tot Schiedsvertrage nicht ernannter Schiedsrichters, s. dort Anm. 8). — Der Verweigerung der Uebernahme des Schiedsrichteramts durch den ernannten Schiedsrichter steht es gleich, wenn daS in dem Schiedsvertrage benannte Schiedsgericht (z. B. ein Börsenschiedsgericht) die Entscheidung wegen Unzuständigkeit ablehnt. OLG. 33, 143. 8 Gleichviel, ob sie im Berttage oder gemäß §§ 1029, 1081 ernannt find. 6 Ueber Zuziehung eines Obmanns in diesem Falle vgl. Anm. 2 § 1028, Anm. 5 a. E. § 1029. 2. Verfahren vor dem Schiedsgericht.

1034. (860.) Die Schiedsrichter haben vor Erlassung des Schiedsspruchs die Parteien

zu

hören*

und

das

dem

Streite zugrunde liegende Sach­

verhältnis zu ermitteln, soweit fie die Ermittlung für erforderlich erachten. In Ermangelung einer Vereinbarung der Parteien über das Verfahrt

wird dasselbe von den Schiedsrichtern nach freiem Ermessen bestimmt.*

1 Ueber das Erfordernis der Anhörung der Parteien vgl. Anm. 8 § 1041. — Soll nach dem Schiedsvertrage bei Uneinigkeit der beiden zunächst berufenen Schieds­ richter ein Obmann allein und endgültig entscheiden, so wird vor diesem Obmann nicht ein neues Verfahren eröffnet, das zur nochmaligen Gewährung deS rechtlichen GehörS verpflichtet. Gr. 58, 490. Das gleiche gilt, wenn wegen Uneinigkeit der zunächst bestellten Schiedsrichter nachträglich ein Obmann Hinzutritt. IW. 19, 46*. — Sind die Parteien zum Erscheinen tot Termin aufgefordert, so kommt eS nicht darauf an, ob fie erschienen find. RG. 28, 434, Gr. 81, 451. — Die Zulaffung von Anwälten ist nur geboten, toenn ohne fie der Vorttag deS Sach- und StrettstandeS nicht erfolgen kann. IW. 06, b?4»«. — Folge der Richtanhörung: § 1041 Nr. 4. 8 ES kann ein Znstauzenzug tot schiedsrichterlichen Verfahren vereinbart werden, RG. 17 485 74, 807, IW. 95, 505», 10, 714», auch unbeschadet der VollstreckbarkeU,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

RG. 29, 890. — Im übrigen ist eine Vereinbarung nur insoweit unzulässig, als zwingende Vorschriften der ZPO. oder des öffentlichen Rechts entgegenstehen. RG. 29, 889 (über die Wahl des Obmanns), Gr. 87, 756 (über die Art und Weise der Zustellungen), IW. 95,505* (Verzicht auf Geltendmachung von Verfahrensmängeln). Unzulässig aber ist ein Schiedsvertrag mit Vorbehalt des Rechtsweges. Anm. 1 § 1041. ■ Das Schiedsgericht ist in der Handhabung des gewählten Verfahrens völlig frei gestellt; es ist in jedem Augenblick auch ohne Verständigung der Parteien befugt, davon abzuweichen, soweit dadurch der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör nicht verkürzt wird. RG. 40, 401, 405, 47, 424, 74, 324, IW. 16, 580’, 19, 46", OLG. 5, 207, 35, 161, 161 Anm., 37,205. Es ist nicht einmal an die gesetzlichen Regeln der ZPO. (§§ 1025 ff.) gebunden. IW. 21, 124827. Auch Teilschiedssprüche können erlassen werden. IW. 10, 70--, 24, 906i, OLG. 2, 95, Anm. 1 § 1089. Ferner sind Zwischenentscheidungen im Sinne der §§ 808, 804 nicht ausgeschlossen. IW. 24, 906i, OLG. 19, 172, 37, 208. — Eine Streitverkündung im Schiedsgerichtsverfahren aber hat nicht die Wirkungen der §§ 68, 74 Abf. 8. RG. 55, u. — Wegen Nichtan­ wendung der Vorschriften über das BersäumniSversahren, über die Voraussetzungen der Widerklage, des § 308 vgl. OLG. 5, 207, über die Zulässigkeit der Wider­ klage auch IW. 20, 7041. Die Vorschriften über Unterbrechung des Verfahrens (§§ 289 ff.) finden nicht Anwendung (z. B. sind die Schiedsrichter durch die Konkurseröffnung über das Vermögen einer Partei nicht behindert, daS Verfahren fortzufetzen). RG. 62, 24. Vgl. jedoch Anm. 5 § 1029 (Ernennung eines Schieds­ richters nach Konkurseröffnung). — Zur Anordnung eines Arrestes oder Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist das Schiedsgericht nicht zuständig. RG. 81, 374. — Die Bestimmungen des GVG. über Beratung und Abstimmung (§§ 192 ff.) finden keine Anwendung. IW. 21, 124327. Schriftliche Beratung und Abstimmung sind daher zulässig. OLG. 27, 197, Die Schiedsrichter find auch nicht gehindert, eine rechtskundige Person als Berater zuzuziehen und durch diese den Schiedsspruch ab­ fassen zu lassen. IW. 12, 1062«, 17, 46", 21, 124927. — Das Schiedsgericht hat auch über die Kosten deS Schiedsgerichtsverfahrens zu entscheiden. Anm. 2 § 1040. Es kann auch in einem Beweisvefchlusse die Hinterlegung eines KostenvorschuffeS durch die Parteien anordnen. IW. 16, 5807, Anm. 1 § 1035. Die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes kann ohne rechtliches Gehör der Parteien nicht erfolgen. IW. 06, 477*0. Desgl. nicht die Festsetzung der Kosten deS Schiedsverfahrens. OLG. 25, 243, Anm. 3 § 1040. — Bestimmung der Art und Weife der Wahl des ObmannS: RG. 29, 390.

1VL5. (861.) Die Schiedsrichter können Zeugen und Sachverständige vernehmen, welche freiwMg vor ihnen erscheinen.*

Zur Beeidigung eines Zeugen 2 oder eines Sachverständigen * und zur Abnahme eines Parteieids * find die Schiedsrichter nicht befugt. 1 Es können auch einzelne Schiedsrichter mit der Vernehmung beauftragt werden. Hierbei sind die Schiedsrichter an eine bestimmte Form der Beweiserhebung nicht ge­ bunden. OLG. 15, 301. — Die Schiedsrichter sind befugt, die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen von einem von der beweispflichtigen Partei zu leistenden Kosten­ vorschuß abhängig zu machen, IW. 16,580», Anm. 3 § 1034; sie brauchen dies aber nicht zu tun, es sei denn, daß darüber in dem Vertrage mit den Schiedsrichtern bindende Vorschriften gegeben find, RG. 74, 234. — Zur Zahlung einer Entschädigung für die von den Schiedsrichtern vernommenen Zeugen und Sachverständigen find nicht die Schiedsrichter, sondern die von diesen bei dem Vertragsschluß mit den Zeugen und Sachverständigen als vertreten anzusehenden Schiedsparteien verpflichtet, und zwar als Gesamtschuldner, gleichviel auf wessen Vorschlag die Vernehmung stattgefunden hat. RG. 74, 321, OLG. 21, 122. Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt nicht durch daS Schiedsgericht. RG. 74, 324, OLG. 21, 122. Die Höhe der Entschädigung richtet sich, wenn darüber nichts in dem Vertrage mit dem Zeugen oder Sachverstän­ digen bestimmt ist, nicht ohne weiteres nach der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. OLG. 21, 122.

* 88 891, 892.

• § 410.

* §§ 469—461, 477.

88 1035-1037.

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1036. (862.) Eine von den Schiedsrichtern für erforderlich erachtete richterliche Handlung, zu deren Vornahme dieselben nicht befugt sind,' ist auf Antrag einer Partei," sofern der Antrag für zulässig erachtet wird, von dem zuständigen Gerichte vorzunehmen." Dem Gerichte, welches die Vernehmung oder Beeidigung eines Zeugen oder eines Sachverständigen angeordnet hat, stehen auch die Entscheidungen zu, welche im Falle der Verweigerung des Zeugnisses * oder des Gutachtens erforderlich werden."

1 2

Z.B. zur Veranlassung der Rechtshilfe eines auswärtigen Gerichts. OLG. 27, iss. Nicht aus Ersuchen des Schiedsgerichts. — Nach OLG. 23, 262 müssen, wenn die eidliche Vernehmung von Zeugen beantragt wird, diese vorher vom Schiedsgericht namentlich genannt worden sein, und genügt es nicht, wenn das Schiedsgericht ihre Bezeichnung den Parteien überlasten hat. . • Das Gericht hat hierbei zu prüfen, ob die Handlung (z. B. die nicht eidliche Vernehmung von Zeugen, die freiwillig vor dem Schiedsgericht erscheinen, § 1035) von dem Schiedsgerichte nicht selbst vorgenommen werden kann, und ob die richter­ liche Handlung zulässig ist. OLG. 23, 261, 27, iss. Jedoch ist, um die Anrufung des Gerichts zu rechtfertigen, ein förmlicher Nachweis, daß Zeugen, deren Vernehmung beantragt wird, vor dem Schiedsgericht freiwillig nicht erschienen sind, nicht er­ forderlich; es genügt, wenn nach den Umständen des Falles mit einem freiwilligen Erscheinen der Zeugen von vornherein nicht zu rechnen ist. OLG. 27, iss. — Gemäß § 379 kann das Gericht die Vernehmung von Zeugen von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen. OLG. 23, i?8. — Gebühren: des Gerichts früher (8/10) § 84 Nr. 2 GKG. a. F., jetzt (V2) § 33 Nr. 7 GKG. i. d. F. v. 21./12. 22; aber gebührenfrei (früher nach § 47 Nr. 1 GKG. a. F., jetzt nach § 1 GKG. n. F., da keine besondere Gebühr vorgesehen), wenn es stch um eine Entscheidung über dieProzeßund Sachleitung (z. B. die Anordnung, eine ausländische Behörde um die Bewirkung der Zustellung des Schiedsspruchs zu ersuchen) handelt, OLG. 25, 244; wegen der Gebühren des Anwalts vgl. § 91 Avs. 2 GO. f. RA. 4 §§ 888-890. » §§ 407—409.

1037. (863.) Die Schiedsrichter können das Verfahren fortsetzen und den Schiedsspruch erlassen,1 auch wenn die Unzulässigkeit des schiedsrichter­ lichen Verfahrens 2 behauptet, insbesondere wenn geltend gemacht wird, daß ein rechtsgültiger Schiedsvertrag nicht bestehe," daß der Schiedsvertrag sich auf den zu entscheidmden Streit nicht beziehe* oder daß ein Schiedsrichter zu den schiedsrichterlichen Verrichtungen nicht befugt sei." 1 Sie können aber auch ihre Entscheidung vis zur gerichtlichen Feststellung dieser Streitpunkte (§ 256) auSsetzen. Gr. 89, 1173. 2 Vgl. Anm. 4 § 1041. — Bestreitet aber eine Partei schon vor Einleitung des Schiedsverfahrens die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, so darf ein Schiedsverfahren überhaupt nicht eingeleitet werden. OLG. 30, 31s. » Vgl. Anm. 1 § 1025. * Vgl. § 1026, Anm. 2 § 1025, auch RG. 23, 427. 8 Z. B. im Falle der Ablehnung des Schiedsrichters. Das Schiedsgericht braucht also die Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Ablehnung (§ 1045) nicht avzuwarteu. IW. 14, 10333. Wird vor Erlassung der gerichtlichen Entscheidung über ein AblehmngSgesuch ein Schiedsspruch erlassen, so ergeht er unter Vorbehalt der Ent­ scheidung des Gerichtes über das Ablehnungsgesuch. Entscheidet das Gericht demnächst, daß die Ablehnung begründet war, so wird wegen der Mitwirkung eines un­ fähigen Schiedsrichters der Schiedsspruch unwirksam. Wird aber die Ablehnung vom Gerichte für nicht begründet erklärt, so erweist stch der Spruch als zu Recht bestehend. IW. 09, 552«, 14, 10433, (W. 09, 162). ES ist also in einem solchen Falle, gleichviel ob die Schiedsrichter ihrerseits über das Ablehnungsgesuch eine Ent­ scheidung getroffen Haven oder nicht, in dem Verfahren nach § 1041 oder nach

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Z 1042 vom Gericht zu prüfen, ob da- Ablehnun-S-efuch begründet war oder nicht. IW. 09, 55", W. (09, 162), 16, 154, OLG. 29, 288, auch RG. 92, «i, Anm. 1 § 1032, Anm. 4 § 1041.

Schiedsspruch.

1038. (864.) Ist der Schiedsspruch von mehreren Schiedsrichtern zu erlassen, so ist die absolute Mehrheit der Stimmen entscheidend,* sofern nicht der Schiedsvertrag ein anderes bestimmt2 1 Auf Schiedsgutachten findet § 1038 keine Anwendung. — Stimmengleichheit: § 1088 Nr. 2.

Vordem. 2 vor § 1025.

2 Wegen Mängel der Abstimmung kann ein Schiedsspruch, der von allen Schieds­ richtern unterschrieben ist, nicht angefochten werden. RG. 88, 410. — Ueber die Art der Entscheidung bei einem mit zwei Schiedsrichtern und einem Obmann besetzten Schieds­ gericht vgl. W. 09, 162. 1039. (865.) Der Schiedsspruch* ist unter Angabe des Tages der Ab­ fassung von den Schiedsrichtern zu unterschreiben,2 den Parteien2 in einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung2 zuzustellen2 und unter Beifügung der Beurkundung der Zustellung auf der Gerichtsschreiberei des zuständigen Gerichts2 niederzulegen.'* 1 Mit Gründen : § 1041 Nr. 5. — Eine nachträgliche Berichtigung oder Ergänzung und auch eine sonstige Aenderung des Schiedsspruches durch die Schiedsrichter ist zulässtg, wenn ein rechtswirksamer Abschluß des Verfahrens durch gehörige Niederlegung des Spruchs noch nicht stattgefunden hat. W. 09, 262, 12, 140, IW. 10, 482", OLG. 27, 199. Nach der Zustellung und Niederlegung des Spruchs ist nur noch eine Be­ richtigung offenbarer Unrichtigkeiten gemäß § 819 Avf. 1 zulässig. Anm. 2 a. E., Anm. 7. — Auch eine Zerlegung der schiedsgerichtlichen Aufgabe in verschiedene Teile durch TeUschiedSsprüche ist zulässig. IW. 10, vo", OLG. 2, 95, Anm. 3 § 1084.

2 Unerheblich ist, ob die Datierung über oder unter dem Schiedsspruch steht sowie ob in der Datierung der richtige Tag der Abfaffung angegeben ist. IW. 08, i?«, W. 08, (log), 569, OLG. 29, 286. Es genügt aber nicht, wenn im Schiedssprüche lediglich angegeben ist, er sei „auf Grund der Verhandlung vom usw." erlassen. OLG. 23, 258. — Weigert ein Schiedsrichter die Unterschrift oder stirbt er vorher, so ist ein gültiger Schiedsspruch nicht zustande gekommen (§ 315 über Ersatzunterschrift ist nicht anwendbar, IW. 08, 15»). RG. 5, 397, 18, 370, IW. 95, 225", 08,1517, 10, 482", 17,4617, (W. 16, 297). Die in der Verweigerung der Unterschrift liegende Amts­ niederlegung (Rücktritt vom Rezeptum) kann aber vom Schiedsrichter widerrufen werden (Anm. 2a § 1031); ein solcher Widerruf ist gegeben, wenn der Schiedsrichter nachttäglich doch den Schiedsspruch unterschreibt, und es wird dann der Schieds­ spruch wirksam. IW. 17, 46», (W. 16,297). Darüber, daß ein Schiedsrichter im Klagewege zur unterschristlichen Vollziehung eines von der Mehrheit der Schiedsrichter gefaßten Schiedsspruchs von den Parteien angehalten werden tarnt, vgl. Anm. 1 § 1025. — Der Schiedsspruch ist „unterschrieben", wenn er von den Schiedsrichtern mit NamenSunterschrift versehen ist. Daß die Schiedsrichter lesen und mehr als ihren Namen schreiben können, ist vom Gesetz nicht erfordert. W. 10, 258. Ueberhaupt ist, wenn der schriftlich abgefaßte Schiedsspruch von den Schiedsrichtern mit Namensunterschrist versehen ist, unanfechtbar dargetan, daß der über der Unterschrift stehende Text ihrer zusammenwirkenden Willensmeinung entspricht und der Schiedsspruch gesetz- und ord­ nungsmäßig zustandegekommen ist. IW. 11, 989", (W. 11, 457). — Es genügt jedoch nicht, wenn ein Schiedsrichter im Auftrage der übrigen unterschrieben hat. IW. 08,15», OLG. 29, 289 (f. dagegen hinsichtlich der Zustellung und Niederlegung Anm. 7). — Die Schiedsrichter können aber auch noch nach Abfassung und Unterzeichnung des Spruchs, unter Wiedereröffnung der Verhandlung, einen anderen Spruch fällen, solange eine ordnungsmäßige Zustellung und Hinterlegung des Spruchs nicht statt­ gefunden hat. RG. 88, 393, 41, 398, IW. 02, 133", 11, 989», (W. 11, 457), OLG. 18, 249, 19, 167, s. auch Anm. 1. — Auch eine nachträgliche Berichtigung des SchiedsspruchS gemäß § 819 Abs. 1 durch die Schiedsrichter ist zulässig, W. 13, 343, (IW.

SS 1088,1080

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13, 656"), mit der Maßgabe, daß den Staatsgerichten die Nachprüfung obliegt nach der Richtung, ob hinsichtlich der Berichtigung ein unzulässtges Verfahren im Sinne des § 1041 Abs. 1 Nr. 1 stattgefunden habe, W. 13, 343, (IW. 13, 656"). Letzteres ist z. B. der Fall, wenn der ordnungsmäßig zugestellte und niedergelegte Spruch nicht mit Gründen versehen war (§ 1041 Nr. 5) und nachträglich ein neues Exemplar des Spruchs unter Beibehaltung des entscheidenden Teils und des Datums mit einer Begründung hergestellt, von neuem zugestellt und niedergelegt wird. OLG. 41, 271. 8 Oder ihren Prozeßbevollmächtigten. RG. 18, 431, Gr. 87, 768. Die Vorschrift des § 176 jedoch gilt für das Schiedsgerichtsverfahren nicht. Die Zustellung kann ebensowohl an die Partei selbst wie an den Bevollmächtigten rechtswirksam erfolgen. Gr. 37, 765, OLG. 19, 172. < Einfache oder beglaubigte Abschrift genügt nicht. RG. 5, 897, 18, 481, IW. 02,126«, 09, 732", auch Gr. 67,1095. Ein erheblicher Mangel aber ist es nicht, wenn die den Parteien zugestellte, von den Schiedsrichtern unterschriebene Urkunde (wenn ihre Uebereinstimmung mit der Urschrift feststeht) nicht ausdrücklich als Ausfertigung bezeichnet ist. IW. 08, 5o21, 08, 490«, (W. 08, 691), OLG. 35,160, leo sinnt., 37, 205, vgl. jedoch OLG. 6, 143. Die Unterschrift unter der Ausfertigung muß von allen Schiedsrichtern vollzogen sein, die Unterzeichnung durch nur einen Schiedsrichter genügt nicht, selbst wenn er die Unterzeichnung für die übrigen Schiedsrichter in deren Auftrage mit vollzogen hat. IW. 08,15", OLG. 29, 289. 8 Aus Betreiben der Schiedsrichter, nicht der Parteien. RG. 6, 401. Die Zu« stellung muß gemäß den für Zustellungen allgemein geltenden Vorschriften der §§ 166 ff. erfolgen, insbesondere in der Regel durch einen Gerichtsvollzieher. IW. 09, 732". Vgl. jedoch Anm. 3 (§ 176 nicht anwendbar). Im übrigen vgl. Anm. 7. e Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach den tz§ 1046, 1047. RG. 80, 854, 68, 184. Im Schiedsvertrage kann nicht angeordnet werden, daß die Nieder­ legung bei einem anderen Gerichte zu erfolgen hat als dem nach § 1045 zuständigen Gericht, auch wenn deffen Zuständigkeit ausschließlich aus dem Vertrage beruht. OLG. 23, 254. Ist die Niederlegung bei einem unzuständigen Gericht erfolgt und geht der Schiedsspruch bei der Uebersendung an das zuständige Gericht verloren, so ist die Niederlegung im Sinne des § 1089 nicht erfolgt, selbst wenn die Ueber­ sendung auf Ersuchen der Schiedsrichter erfolgte. OLG. 40, 440 Anm. 7 Die Niederlegung erfordert die Übersendung zum Zwecke der Verwahrung durch die Gerichtsschreiberei, die Uebersendung lediglich zu Prozeßzwecken genügt nicht. IW. 21, 845". — Die Zustellung und die Niederlegung sowohl des Schiedsspruchs als auch der über die Zustellung lautenden Urkunden auf der Gerichtsschreiberei sind wesentliche Erfordernisse eines Schiedsspruchs. RG. 18, 870, 87, 413, 49, 409, 61, 406, 68, 184, IW. 96, 225", 08, 272«, 09, 732", 16, 965", W. 08, 271, 10, 81, auch Gr. 57, 1095, Anm. 2. Sie entfallen auch nicht dadurch, daß die Zustellung oder die Niederlegung (z. B. wegen Vernichtung des Schiedsspruchs) unmöglich werden. IW. 21, 345». Sie müssen auf Betreiben aller Schiedsrichter erfolgen. IW. 08, 15" (W. 08, 270), auch IW. 08, i?--. Diese Vorschriften sind zwingendes Recht, die Parteien können auf ihre Befolgung nicht verzichten. IW. 16, 965". Ihre Beobachtung ist von dem Gerichte von Amts wegen zu prüfen und eventuell der Antrag auf Vollstreckbarkeits­ erklärung (§ 1042) abzuweifen. RG. 6, 400, 49, 409, 61, 406, 68,184, 77, 316, Gr. 82, 435, IW. 89, 84«, 01, 843", W. 10, 81. Ist die Zustellung oder Niederlegung unterblieben oder nur von einzelnen der Schiedsrichter (z. B. weil ein Schiedsrichter inzwischen ver­ storben ist oder die Vollziehung verweigert) betrieben worden, so ist der Schiedsspruch unwirksam. RG. 77, 816, IW. 08, 15", 10, 482", 21, 845», (W. 08, 270). Die Schiedsrichter können dann (z. B. auf neue Einwendungen einer Partei gegen den zugestellten jaber noch nicht niedergelegtenj Schiedsspruch) einen anderweiten Schieds­ spruch erlassen. RG. 77, 815. — Jedoch kann ein Schiedsrichter allein sowohl die Zu­ stellung als auch die Niederlegung (nicht die Unterzeichnung, s. Anm. 2) bewirken, wenn er von den übrigen ausdrücklich oder stillschweigend dazu beauftragt ist. RG. 37, 413, Gr. 82, 434, 89, 1178, 57, 1096, IW. 96, 225", 06, 738-, 08, 15", (W. 08, 270), OLG. 9, 90, 26, 245. Eine Vermutung für diese Ermächtigung kann aus der Tat­ sache der Unterzeichnung des Schiedsspruchs durch die anderen Schiedsrichter her-

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geleitet werden. RG. 37, 41s. Ferner kann dmch einen von allen Schiedsrichtern Leauftragten Dritten (z. B. einen Gerichtsvollzieher) die Niederlegung bewirtt werden, FW. 87, 206, OLG. 9, 90, mag dieser auch der Vertreter einer der Parteien sein, OLG. 27, 199. Auch kann die nicht oder nur mangelhaft erfolgte Zustellung oder Niederlegung des Spruchs noch nach Stellung des Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung (§ 1042) nachgeholt werden. RG. 18, 430, Gr. 81, 451, 87, 765, 89, 157, OLG. 21,120. Weiter kann der Inhalt der Zustellungsdeurkundung, die dem nieder­ gelegten Schiedsspruch deigefügt worden ist, im Falle ihrer Unrichttgkeit durch die den Parteien ausgelieferten Zustellungsurkunden richttg gestellt werden. Gr. 57, ross. — Die Zustellung und Niederlegung des Spruchs schließt seine nachträgliche Berichttgung gemäß §319 Abs. 1 (tont. 2 § 319) nicht aus. Anm. 2 a. E. — Darüber, ob das schiedsrichterliche Verfahren durch den Schiedsspruch beendigt wird, auch wenn er wegen Fehlens der Erforderniffe des § 1039 formell nicht gültig ist, vgl. Anm. 1 § 1041. — — Ist durch den Schiedsvertrag ein schiedsgerichtlicher Jnstanzenzug eingerichtet (f. tont. 2 § 1034) dergestalt, daß gegen die Entscheidung der ersten Instanz in gewisser Frist die Berufung an ein Schiedsgericht zweiter Instanz stattündet, so braucht der Spruch der ersten Instanz, wenn Berufung eingelegt wird, nicht gemäß §1039 den Parteien -»gestellt und niedergelegt zu werden; vielmehr bildet dann den Schiedsspruch im Sinne des § 1039 erst die Entscheidung des Berufungsschiedsgerichts. RG. 74, 307. — Sind für einen nur bestimmte Grundsätze aussprechenden Schiedsspruch zwar die Erforderniffe zu seiner Wirksamkeit nach § 1039 nicht erfüllt, ist er insbesondere nicht zugestellt und bei Gericht niedergelegt, haben stch aber die Parteien mit den Grundsätzen einverstanden erklärt, so Haven diese als vertragsmäßige Grundlage des zwischen den Parteien be­ stehenden Rechtsverhältniffes zu gelten, wenn stch aus dem Rechtsverhältnis demnächst weitere Streittgkeiten ergeben. W. 16, 209.

1040. (866.) Der Schiedsspruch hat unter den Parteien* die Wirkungen eines rechtskräftigen 2 gerichtlichen Urteilst 1 Wird der Anspruch, der den Gegenstand des Schiedsverfahrens bildet, ge­ pfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen, so schafft der zwischen dem Vorgläubiger und dem Schuldner ergehende Spruch auch zwischen dem Pfändungs­ gläubiger und dem Schuldner materielles Recht. OLG. 39, 96, tont. 4 § 1042. s § 705. — Weder Rechtsmittel noch Einspruch sind statthaft. Anm. 1 § 1041. — Durch den Schiedsspruch wird die Einrede der rechtSkrästtg entschiedenen Sache gemäß § 822 begründet, und zwar ohne daß es eines DollstreckungSbeschluffeS (§ 1042) bedarf. Jedoch muß den Erforderniffen des § 1039 (f. tont. 2, 7 dort) genügt fein. RG. 88,396, W. 08, 425, 10, 299, 14, 129, (16, 296), Gl. 61, 498, IW. (17, 45"), 20, 7041, 21, 345". Dies gilt auch, wenn es sich nicht um einen Leiflungs-, sondern um einen Bewirkungs­ oder einen Feststellungsspruch handelt. W. 14, ?o. Solange allerdings ein Vollstreckungsbeschluß (§ 1042) nicht erlassen ist, Hat der Schiedsspruch, auch wenn er lediglich eine Feststellungsentscheidung enthält, nicht volle Wirksamkeit; jedoch nur insofern nicht, als er vis zum Erlaß des VollstreckungsbeschluffeS noch keinen Vollstreckungstttel bildet (Anm. 3 hier, tont. 3 § 1042), und er nicht gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen (§ 1041) gesichert ist; materiell-rechtlich aber.wirkt er auch schon vor und ohne VollstreckungSbeschluß wie ein rechtSkräfttgeS Urteil. W. 14, 70. Deshalb kann auf einen Schiedsspruch, der einen Anspruch als bestehend feststellt, die LeistungSklage schon vor Erlaß des* Vollstreckungsbeschlufses gegründet werden; allerdings steht dem Gegner dann das Recht zu, schlechthin und, ohne auf den Weg der Klage nach § 1041 verwiesen werden zu können, AushebungSgründe gellend zu machen und damit der Wirksamkeit des Schiedsspruchs und dem auf ihn gegründeten Leistungsanspruche den Boden zu entziehen. W. 14, ?o. — Die Erhebung des Einwandes der rechtSkrästtg ent­ schiedenen Sache kann jedoch jede Partei nnterlaffen; die Parteien können auch ausdrücklich oder sttllschweigend vereinbaren, daß der ergangene Spruch hinsichtlich eines oder mehrerer der entschiedenen Streitpunkte unter den Parteien nicht gelten und insoweit durch einen neuen Schiedsspruch ersetzt werden, der Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache also ausgeschlossen sein soll. IW. 20, 7041. — Ueber Ungültigkeit von SchiedSverttägen aber, die dem Grundsätze des § 1040 widersprechen, vgl. IW. 07,7-18» in tont. 1 § 1025. — Ist in einem Schiedsgerichtsavkommen bestimmt, daß die ordent-

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ttchen Gerichte ausschließlich über die Höhe der sich aus dem zu fällenden Schieds­ spruch ergebenden Geldforderungen entscheiden, für alle übrigen Streitfragen das Schiedsgericht zuständig fein solle, so ist, soweit das Schiedsgericht die Ansprüche für berechtigt erklärt, der Schiedsspruch nicht einem Zwischenurteil nach § 804 gleich zu achten, sondern (was z. B. für die Verjährung von Bedeutung ist) einem Feststellungs­ urteil nach § 256. RG. 100, 118. s Die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch findet aber nur auf Grund eines Bollstreckungsbeschlusses gemäß § 1042 statt. Hinsichtlich der Erfordernisse der Schiedsspruchsentscheidung als Voraussetzung für die Erlasiung eines Vollstreckungsbeschluffes vgl. Anm. 1, 3 § 1042. — Auf Schiedssprüche findet, auch wenn ein Vollstreckungsveschluß nach § 1042 nicht hinzugekommen ist, § 767 Anwendung, insbeson­ dere Abs. 2 bezüglich der Beschränkung der Einwendungen, die mit der Vollstreckungs­ gegenklage gegen den durch den Schiedsspruch festgestellten Anspruch erhoben werden können. Gr. 61, 497, (W. 16, 296, IW. 17,45"), OLG. 89, 97, Anm. 2 § 767. — Der Schiedsspruch hat auch über die Kostenpflicht zu entscheiden. IW. 94, 543», OLG. 9, 88, 19, 170, auch RG. 74, 324, OLG. 13, 243 Anm. Ist dies Unterlasten, so kann bei dem Schiedsgericht die Ergänzung beantragt werden. RG. 59,149, IW. 94, 543«. Auch der Betrag der Kosten ist vom Schiedsgericht entweder sogleich im Schiedsspruch oder durch ergänzenden Spruch festzusetzen; der Gerichtsschreiber des ordentlichen Gerichts ist für die Festsetzung nicht zuständig, es sei denn, daß ein ergänzender Spruch vom Schiedsgerichte nicht mehr erlangt werden kann (z. B. weil es feine Tätigkeit verweigert oder ein Schiedsrichter gestorben ist oder sich erhebliche Schwierigkeiten hierbei ergeben). RG. 59,149, OLG. 9, 88, 15, 95, 19,170, 21, 121, 25, 242, 43, 132, auch Anm. 3 § 1042. Der Schiedsspruch, der den Betrag der Kosten festsetzt, muß denselben Erfordernisten wie jeder andere Schiedsspruch genügen, daher ist z. B. vor der Festsetzung die Gegenpartei zu hören und der Beschluß mit Gründen zu versehen (§ 1041 Nr. 4 u. 5). OLG. 25, 243. Wegen Festsetzung des Streit­ wertes s. Anm. 3 § 1034. Daß die Schiedsrichter befugt sein sollen, auch die ihnen selbst zu zahlenden Beträge festzusetzen, wird in der Regel nicht der Abstcht der bei dem Schiedsvertrage Beteiligten entsprechen. Danach ist die Befugnis zu ver­ neinen, sofern sich nicht aus dem Schiedsvertrage etwas anderes ergibt. OLG. 19,170, 29, 286, 33, 142. — Der Schiedsspruch unterliegt nicht der freien Prüfung des Revisions­ gerichts, vielmehr ist das letztere an die Auslegung des Schiedsspruchs seitens des Jnstanzgerichts gebunden. RG. 8, 357, 40, 420, IW. 96, 27v.

3. Aufhebung des Schiedsspruchs. — Dollstreckungsurteil.

1041. (867.)

Die Aufhebung des Schiedsspruchs1

kann2 beantragt werdend 1. wenn das Verfahren unzulässig nmr;4 2. wenn der Schiedsspruch eine Partei zu einer Handlung verurteilt, deren Vornahme verboten ist;6 3. wenn die Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten nmr,6 sofern sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;^ 4. wenn der Partei in dem Verfahren das rechtliche Gehör nicht ge­ währt war,6 5. wenn der Schiedsspruch nicht mit Gründen versehen ist;9 6. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen in den Fällen der Nr. 1—6 des § 580 die Restitutionsklage stattfindetw Die Aufhebung des Schiedsspruchs findet aus den unter Nr. 4, 5 erwähnten Gründen nicht statt, wenn die Parteien ein anderes vereinbart .haben." * Die Aushebung ist der einzige, gegen einen Schiedsspruch zulässige Rechtsbehelf. Ein gerichtlicher Rechtsmittelzug gegenüber einem Schiedsspruch kann auch nicht durch DerZivt.'prozebordnung. 18. Ausl.

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einvarung der Parteien begründet werden. RG. 17,435, JW.94, 56?, auch 01®. 13,480 15,857. Vgl. Anm. 2 §1034 (zulässig dagegen Vereinbarung eines schiedsrichterlichen JnstanzenzugeS). — Voraussetzung der Aufhevungsklage ist, daß daS schiedsrichter­ liche Verfahren in formeller Beziehung gemäß § 1089, insbesondere durch Zustellung und Niederlegung eines von den Schiedsrichtern unterzeichneten Schiedsspruchs, ab­ geschlossen ist. RG. 49, 400, IW. 03, 27", W. 10, 81, 16, i50. Ist dies noch nicht geschehen (z. B. weil ein ausländisches Schiedsgericht den Schiedsspruch erlaßen hat) und daher für eine Aushebungsklage nach § 1041 noch kein Raum (f. unten W. 08,271), so ist eine aus Erklärung der Nichtigkeit des ergangenen Schiedsspruchs gerichtete Fest« stellungSklage zulässig, wenn die im § 256 vorgesehenen Erfordernisse einer Feststellungs­ klage vorliegen. W. 16, iso. — Eine den Rechtsstreit nicht erledigende, sich alS ein Zwischenurteil im Sinne des §308 darstellende schiedsgerichtliche Entscheidung kann nicht selbständig mit der Klage aus § 1041 angefochten werden. RG. 69, 68 (§ 303 betrifft jedoch jetzt nicht mehr selbständige Angriffs- oder Vertetdigungsmittel). — Liegt ein

formell ordnungsmäßiger Schiedsspruch vor, so ist dieser nicht schlechthin deshalb nichtig, weil seine Aushebung (z. B.: wegen Nichtgewährung rechtlichen GehörS, oder weil die Schiedsrichter mit Recht wegen Besorgnis der Befangenheit avgelehnt sind) im Wege der Aushebungsklage verlangt werden kann. Die Schiedsrichter stnd daher zur Fällung eines neuen Schiedsspruchs nicht zuständig. IW. 04, 43», W. 11, 143. Dies auch dann nicht, wenn der Schiedsspruch zufolge Klage auf Grund § 1041 tatsächlich zur Aufhebung gelangt ist. IW. 96, 65917, Gr. 61, 405, W. 11,143, OLG. 88, 67. Vielmehr unterliegt nunmehr der Streit der Parteien allein der richterlichen Entscheidung. RG. 41, 396, 398, 108, 879, Gr. 61, 405, W. 11, 143, IW. 14, 104", OLG. 16, 300, 21, ns, 88, 67, auch IW. 00,72?. Wird das Urteil eines Berufungs­ schiedsgerichts. (s. Anm. 2 § 1034) aufgehoben, so wird der Schiedsvertrag nicht nur bezüglich des Berufungsverfahrens, sondern im ganzen unwirksam. IW. 16,1594*. — Jedoch können die Parteien einen neuen Schiedsvertrag vereinbaren und auch die früheren Schiedsrichter wieder ernennen. OLG. 18, 248, 16, 300, auch IW. 08, 15», 20, 7041, (W. 08, 27o). Rach Gr. 61, 405 ist aber, wenn ein formell gültiger Schiedsspruch nicht

zustande gekommen ist, z. B. ein Schiedsrichter seine Unterschrift verweigert hat oder sonst eines der Erforderniffe des § 1089 fehlt, auch wenn auf Klage der Schiedsspruch gemäß § 1041 aufgehoben ist (was unnötig ist und nur die Bedeutung einer Feststellung der Unwirksamkeit des Schiedsspruches hat), der SchiedSvertrag in Kraft geblieben und so zu verfahren, wie wenn der Schiedsspruch nicht erlaffen worden wäre (anders IW. 08, 1517, [W. 08, 270], wonach, wenn ein Schiedsspruch nicht auch von einem inzwischen verstorbenen Schiedsrichter zugestellt und hinterlegt ist, er also nach § 1039 nicht formell gültig ist, zufolge Aufhebungsurteils gemäß § 1041 Nr. 1 die Entscheidung des RechSstreites nunmehr den Gerichten unterliegen soll; anders auch W. 08, 271, wonach, wenn das Schiedsgerichtsverfahren noch nicht gemäß § 1089 formell beendet ist sz. B. wegen Fehlens der Niederlegung des Spruches!, die Aufhebungsklage ohne Eingehen auf die angeblich die Aufhebung recht­ fertigenden Gründe abzuweisen ist, s. oben). — Schließen die Parteien einen Vergleich, so ist das Schiedsverfahren über die durch den Vergleich erledigten Puntte und über den Vergleich selbst ausgeschloffen. OLG. 8, 85. Der Vergleich hebt jedoch den Schiedsvertrag dann nicht auf, wenn in dem Vergleich oder sonst irgendwie der Wille der Parteien zum Ausdruck gekommen ist, daß über einen die Gültigkeit oder den Inhalt des Vergleichs betreffenden Streit das Schiedsgericht entscheiden solle. OLG. 27, 195. Ist der Vergleich wegen Formmangels nichtig oder wieder auf­ gehoben, so bleiben die durch den Vergleich nicht aufgelösten alten Rechtsbeziehungen der Parteien zueinander in vollem Umfange bestehen, also auch die Vereinbarung über die Entscheidung durch Schiedsrichter. RG. in OLG. 27, 195 Anm. 1. — Ver­ hält sich der Schiedsspruch über mehrere Ansprüche, so ist, wenn ein AufhebungSgrund nur bezüglich eines Anspruchs vorliegt, nur der betreffende TeU des Schieds­ spruchs aufzuheben. RG. 46, 419. — Zu einer Prüfung der fachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs ist das Gericht nicht befugt. RG. 47 , 424. In dem unter § 1041 Nr. 1 fallenden (s. Anm. 4) Fall jedoch, daß im Schiedsverfahren die Zuständigkeit deS Schiedsgerichts bestritten worden ist, weil der die Schiedsklausel enthaltende Vertrag Nichtig sei, ist, mag auch das Schiedsgericht seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit

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des schiedsgerichtlichen Verfahrens angenommen Haven, daS Staatsgericht vefugt und verpflichtet, diese Entscheidung nachzuprüfen. RG. 105, 886, 108, uo. Gleiches gilt für dm Fall des § 1041 Nr. 2 (Verurteilung zu einer verbotenen Handlung). RG. 108, uo. — Auf ausländische Schiedssprüche findet § 1041 nicht Anwendung. IW. 01, 721», OLG. 18, 260» » Nur an- den Gründen des § 1041. Jedoch auch wegen Widerfinnigkeit des Schiedsspruchs. RG. 88, 412, IW. 01, i6i». — Die nachträgliche Geltend­ machung eine- anderen als beS der Klage zugrunde liegenden Aufhebungsgrundes enthält eine unzulässige Aenderung des KlagegrundeS. RG. 28, 482, OLG. 18, 261. Dagegen kann nach Abweisung der Aufhebungsklage aus einem anderen Grunde von neuem auf Aushebung geklagt werden. RG. 28, 432. Vgl. jedoch § 1044. • Im Wege der Klage bei dem nach den §§ 1045, 1046 zuständigen Gericht. — Gebühren: deS Gerichts früher (5/10) §26 Nr. 10 GKG. a. F., jetzt, da keine Sonder­ gebühr vorgesehen, die vollen Gebühren des § 20 GKG. in d. F. v. 21./12. 22; des Anwalts früher (t/10) § 20 GO. f. RA., jetzt, nachdem § 20 durch Ges. v. 18./8. 28 gestrichen ist, die vollen Gebühren deS § 13 GO. f. RA. < Zu Nr. 1. Es handelt fich hier zunächst um den Fall, daß daS schieds­ richterliche Verfahren im ganzen unzulässig ist, ein solches Verfahren überhaupt nicht stattfinden durfte. Aber auch, wenn das vom Schiedsgericht eingeschlagene Verfahren an wesentlichen, seine Grundlage angehenden Mängeln leidet, insbesondere eine von den Parteien vereinbarte oder gesetzliche wesentliche DerfahrenSvorschrift verletzt ist. RG. 24, 397, 85, 422, 40, 401, 46, 419, 47, 424, IW. 97, 325», W. 13,180 OLG. 9, 91. Ueber wesentliche und unwesentliche Mängel deS Verfahrens vgl. RG. 47, 424. Ueber Unzulässigkeit der Anfechtung nach Nr. 1 wegen Verletzung der Vorschrift des § 1034 Avs. 1 (rechtliches Gehör der Parteien), wenn die Parteien eine Einschränkung des rechtlichen Gehörs im Schiedsvertrage vereinbart haben, s. Anm. 11. Sind beide Parteien über die Streitsache gehört, so enthält ein weiteres Verhandeln des Schieds­ gerichts mit nur einer Partei nicht die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvor­ schrift, es sei denn, daß von der Partei Tatsachen geltend gemacht find, die dem Gegner unbekannt geblieben und auf die Entscheidung von Einfluß gewesen find. IW. 11, 989“, (W. 11, 457). Zuziehung eines Dritten als Ratgeber in einzelnen Fragen bei der Beratung des Schiedsgerichts ist nicht unzuläsflg. IW. 12, 1062«, (W. 12, 468). — Ferner gehört unter Nr. 1 der Fall, daß der Schiedsvertrag ungültig ist, insbesondere wegen Ungültigkeit deS Hauptvertrages (z. B. zufolge VorliegenS reiner Differenzgeschäfte). RG. 27, 378, 31, 897, 36, 245, 43, 407, 105, 886, IW. 98,480», 05, 401“, 15,1006», 20, 649”, W. 10,80, (15,263) (vgl. über Ungültigkeit des Schiedsvertrages Anm. 1 § 1025). Weiter, wenn das Schiedsgericht über Streitpuntte entschieden hat, avf die sich der Schiedsvertrag nicht erstreckte, RG. 8, 379, Gr. 49, 1077, W. 13, iso, OLG. 19, 172, 176, oder die Gegenstand des Parteibegehrens nicht gewesen find, Gr. 51, löse, IW. 20,7041. Jedoch kann in allen diesen Fällen die Unzulässigkeit des Verfahrens von der klagenden Partei nicht geltend gemacht werden, wenn sie sich vor­ behaltlos und ohne wenigstens allgemeine Rüge des Mangels vor dem Schieds­ gericht ringelaffen hat. RG. 27,378, 29,891, 48, 407, 105, 886, Gr. 36,1210, 87,765, 89, 1178,49,1077, W. 12, 468, s. auch unten. Insbesondere ist die Geltendmachung der Ungültig* keit des Schiedsvertrages nur zulässig, wenn sie bereits vor dem Schiedsgericht wenigstens stillschweigend erfolgt ist, RG. 27, 880, 48, 407, 105, 386, IW. 95, 297», OLG. 43, 169, sei es auch nur in unsubstanziierter Weise, Gr. 36, 1210, 89, 1173, IW. 05,40i», OLG. 25, 246, oder wenn sich die Partei vor dem Schiedsgericht überhaupt nicht eingelaffen hat, RG. 81, 397, 899. Ist vor dem Schiedsgericht zwar die Ungültigkeit des Vertrags, der eine Schiedsgerichtsklausel enthält, geltend gemacht worden, aber nur zur Verteidigung gegen den Klaganspruch in sachlicher Hinsicht, nicht um die Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts zur Sachentscheidung in Abrede zu stellen, so ist ein nachträgliches gültige- SchiedSabkommen, demzufolge das Schiedsgericht allein darüber zu entscheiden hat, ob der Vertrag gültig ist oder nicht, als vorliegend zu erachten und kommt daher eine Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens im Sinne von Nr. 1 nicht in Frage. RG. 105, 886. Auch kann eine Partei, nachdem sie sich vor dem Schiedsgericht vorbehaltslos in eine Ver­ handlung eingelaffen hat, nicht nachträglich vor dem Schiedsgericht die Un68*

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zulässtgkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens unter Berufung darauf geltend machen, daß das Schiedsgericht überhaupt nicht oder zurzeit noch nicht oder in dieser Zu­ sammensetzung nicht für die Entscheidung des Streites zuständig sei, oder daß gewisse Streitpunkte, über die zuvor verhandelt worden ist, nicht unter den Schiedsvertrag fielen. W. 14,69, s. auch oben. — Ist der dem Kläger zuerkannte Anspruch von einer Gegenleistung abhängig, die unzulässig ist (z. B. Eintragung einer nicht eintragbaren Verpflichtung ins Grundbuch), so unterliegt der Schiedsspruch der Aufhebung nach Nr. 1 § 1041. RG. 67, 331. — Das Gericht hat auch zu prüfen, ob die Ablehnung eines Schiedsrichters vom Schiedsgericht mit Grund znrückgewiesen ist. RG. 13, 851, 40, 401, IW. 99, 72ßi. Hat eine Ablehnung vor dem Schiedsgericht stattgefunden, aber die ablehnende Partei die endgültige Entscheidung über die Ablehnung durch das Staatsgericht im Beschlußv erfahren gemäß § 1045 nicht herbeigesührt, so hat das über die Aufhebungsklage (§ 1041) erkennende Gericht die Entscheidung über die Ab­ lehnung zu treffen. W. 16, 154, auch Anm. 5 § 1037. Ist aber im schiedsrichter­ lichen Verfahren die Ablehnung unterblieben, so kann die Anfechtung des Schieds­ spruchs nicht deswegen erfolgen, weil ein Schiedsrichter hätte abgelehnt werden können. RG. 44, 391, IW. 99, 726i, 17, 46", OLG. 27, 200, auch Anm. 8 § 43 sowie IW. 10, 19221, Anm. 1 § 1032 (Schiedsspruch nach rechtskräftiger Zurückweisung deS Ab­ lehnungsgesuches nicht mit Klage aus § 1041 anfechtbar). Dabei ist es unerheblich, ob die zur Ablehnung berechtigte Partei mit oder ohne Kenntnis des Ablehnungs­ grundes vor dem Schiedsgericht verhandelt hat. OLG. 27, 200. Dies gilt auch von der unterbliebenen Ablehnung eines Sachverständigen. IW. 99, 726i. — Ist eine frühere im ordentlichen Verfahren erhobene Klage auf Grund der Einrede des Beklagten, daß der Rechtsstreit von einem Schiedsgericht zu entscheiden sei, ab­ gewiesen, so kann der Beklagte gegenüber dem darauf ergangenen Schiedssprüche die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens wegen Nichtbestehens eines Schieds­ vertrages nicht mehr geltend machen. RG. 40, 401. Desgl. nicht, wenn der Kläger die im ordentlichen Verfahren erhobene Klage auf die Ankündigung des Be­ klagten, daß er die Einrede der Zuständigkeit des Schiedsgerichts (§ 274 Abs. 2 Nr. 3) erheben werde, zurückgenommen hatte. IW. 13, 655". — Beim Konkurse kann nicht ein Teil zur Konkursmaffe angemeldet und der andere Teil, wegen dessen Befriedigung aus der Konkursmasse nicht verlangt wird, einer schiedsrichter­ lichen Entscheidung unterbreitet werden. IW. 89, 207", Gr. 41, 1200. 5 Zu Nr. 2. Ueber den Begriff der verbotenen Handlungen vgl. RG. 26, 876. Ueber Nachprüfung des Schiedsspruchs durch das Gericht hinsichtlich der Frage, ob die Handlung, zu der verurteilt worden, verboten ist, vgl. Anm. 1 a. E. Auch wenn die Handlung erst nach Erlaß des Schiedsspruchs infolge Aenderung der Gesetz­ gebung eine verbotene geworden ist, findet die Nr. 2 Anwendung. RG. 108,140. 6 Zu Nr. 3. Die Partei muß nach den allgemeinen, für die Vertretung im bürgerlichen Recht gegebenen Vorschriften vertreten sein, nicht aber nach den Vor­ schriften der ZPO. Z. B. findet § 80 ZPO. (Nachweis der Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmachtsurkunde) auf das schiedsrichterliche Verfahren keine An­ wendung. W. 10, 482. 7 § 89 Abs. 2. 8 Zu Nr. 4. Das Erfordernis des rechllichen Gehörs ist weniger streng zu nehmen als im ordentlichen Prozeßverfahren. IW. 05, 157", 10, 70", W. 16, 181. Es genügt Gewährung des rechtlichen GehörS in irgendeiner Weise, sei es auch nur schriftlich. RG. 47, 424, IW. 96,173-°, 06, 54", 10, ?0", W. 10, 482, Gr. 58, 493, OLG. 35, 161. Nur darauf kommt es an, daß den Parteien Gelegenheit geboten war, alles ihnen erforderlich Scheinende den Schiedsrichtern vorzutragen. RG. 23, 434, 47, 424, IW. 96, 434», 98, 389", 60733, 99, 53926, 00, 525", 06, 157", 12, 249", W. 15,68, OLG. 35,161. Eine Aenderung des vom Schiedsgericht in Aussicht gestellten Verfahrens kann unter Umständen eine Versagung des rechtlichen Gehörs darstellen; die Aenderung kommt aber für Einwendungen der Partei nur in Be­ tracht, wenn sie dadurch in ihren Rechten verkürzt wurde oder verkürzt werden konnte. OLG. 35, 161 Anm., 37,206, Anm. 3 § 1034. Wird nach der Anhörung der Parteien ein Termin zur Augenscheinseinnahme anberaumt, ohne daß ein nochmaliges recht­ liches Gehör in Aussicht gestellt wird, so ist die vom Schiedsgericht nachträglich be­ liebte Aenderung des von ihm zunächst in Aussicht gestellten Verfahrens für das

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rechtliche Gehör der Parteien ohne Bedeutung. IW. 19,46". Nicht erforderlich ist auch, daß über jede einzelne von den Schiedsrichtern ermittelte oder ihnen von vornherein bekannte Tatsache den Parteien Mitteilung behufs Aeußerung gemacht wird; vielmehr ist es Sache der Parteien, in den Erklärungen, zu denen ihnen Gelegenheit gegeben wird, bereits das gesamte Sach- und Rechtsverhältnis zu berücksichtigen und auch auf Eventuali­ täten einzugehen. IW. 05, 157", 10, 7o« OLG. 27, 200 «nm. 1 (vgl. jedoch IW. 10, 58523, 91628 sZusage: einer weiteren mündlichen Verhandlung; der Mitteilung, falls eine Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sein sollte]). Auch wenn in dem Schiedsvertrage bestimmt ist, daß die Verhandlungen mündlich sind, können die Parteien nur ein einmaliges mündliches Gehör verlangen. OLG. 37, 208. Es ge­ nügt auch, wenn nur einzelne Schiedsrichter tut Auftrage der übrigen die Parteien hören, Gr. 48, ii62, IW. 09, 42120, (W. 09, 471), OLG. 15, 300, oder wenn das Parteivorbringen nur vor einem Teile der Schiedsrichter erklärt, aber zur Kenntnis der andern Schiedsrichter gebracht ist, Gr. 58, 493, OLG. 27, 200, und so ist auch, wenn nach dem Schiedsvertrage bei Uneinigkeit der beiden zunächst berufenen Schieds­ richter ein Obmann allein und endgültig entscheiden soll, der Obmann zur noch­ maligen Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, Gr. 58, 490. Ferner besteht nicht ein Anspruch der Parteien auf Mitteilung des Ergebnisses einer vom Schiedsgericht angeordneten Beweisaufnahme, insbesondere eines Gutachtens, W. 11, 142, OLG. 21, 125, 35, 161, oder des Inhalts herbeigezogener Akten, deren Ein­ forderung den Parteien bekannt gegeben war und die sie einsehen konnten, W. 14, 70, es sei denn, daß durch die Beweisaufnahnte neues Material oder ein neuer Ge­ sichtspunkt hervorgetreten ist, IW. 00,803», W. 11,142, OLG. 35, 161, oder daß das Schiedsgericht den Parteien ein nochmaliges Gehör nach einer Beweisaufnahme in bindender Weise als Kampfesregel zugesprochen hat, OLG. 35, 161. Nicht genügt es aber, wenn die Schiedsrichter sich lediglich aus Akten Information geholt haben, ohne den Parteien selbst Gelegenheit zur Aeußerung über die Sachlage gegeben zu haben. W. 16, i8i. — Ueber Einschränkung des rechtlichen Gehörs durch den Schiedsvertrag vgl. OLG. 37, 207, Anm. 11 hier. Ueber den Anspruch der Zwischen­ glieder auf Gehör im Falle der „Durcharbitrage" vgl. OLG. 43, 171. 9 Zu Nr. 5. Es wird nur erfordert, daß eine sachliche Begründung gegeben ist, mag sie auch nicht vollständig, erschöpfend und sachgemäß sein. NG. 23, 436, 47, 424, W. 10, 258, 14,70, OLG. 27, 198, 199. — Der Schiedsrichter kann sich bei der Abfassung der Begründung der Hilfe eines Rechtsverständigen bedienen und braucht überhaupt die Gründe nicht selbst zu verfassen; es genügt, wenn er die von einem anderen verfaßten Gründe genehmigt und unterschreibt. IW. 12, 1062«, 17, 46", 21, 1243-7. — Eine Bezugnahme auf einen in derselben Angelegenheit vorangegangenen, eine Be­ gründung enthaltenden Schiedsspruch genügt, auch wenn dieser den Parteien zwar mitgeteilt, aber noch nicht ordnungsmäßig zugestellt ist. RG. 68, 184. — Es ist nicht erforderlich, daß ein in den Gründen als unbegründet erklärter Teil eines An­ spruchs ausdrücklich im Tenor abgewiesen wird. IW. 12, 1062«, (W. 12, 468). — Ueber die Unzulässigkeit der nachträglichen Hinzufügung einer Begründung vgl. Anm. 2 a. E. § 1039. 10 Zu Nr. 6. Außer den Voraussetzungen des § 580 für die Restitutionsklage muß in den Fällen der Nr. 1—5 auch die fernere Voraussetzung des § 581 (rechts­ kräftige Verurteilung wegen der Straftat oder Nichtdurchführbarkeit des Strafverfahrens) vorliegen. IW. 01, 721". — Die Aufhebungsklage ist nicht gegeben in den Fällen der Nr. 7 (Auffinden eines neuen Urteils oder einer neuen Urkunde), weil hier die Auf­ hebung eine materielle Beurteilung der Sache durch das staatliche Gericht erfordern würde. RG. 41, 256. 11 Die Dereürbarung, daß die Anfechtung des Schiedsspruchs vor Gericht aus­ geschlossen sein soll, hat die rechtliche Bedeutung, daß die Aufhebung wegen der Gründe zu 4 und 5 nicht stattfinden darf. RG. 35, 426, Gr. 40, 844, OLG. 29,290, 37,204 Anm. Ueber Verzicht auf die Anfechtungsgründe der Nr. 4, 5 im Schieds­ vertrage vgl. OLG. 23, 256. Vereinbaren die Parteien im Schiedsverfahren eine Einschränkung des rechtlichen Gehörs, so ist trotz der Vorschrift des § 1034 Abs. 1 der Schiedsspruch auch nach Nr. 1 wegen Unzulässigkeit des Verfahrens nicht an­ fechtbar. OLG. 37, 206. Ein Verzicht aus den Anfechtungsgrund der Nr. 5 ist

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anzunehmen, wenn die Parteien sich einem Schiedsverfahren (3. B. einem aus­ ländischen) unterwerfen, in welchem die Schiedssprüche nicht mit Gründen versehen zu werden brauchen. RG. 30, 371, OLG. 35, iei, auch 13, 251.

1942. (868.) Aus dem Schiedsspruch* findet die Zwangsvollstreckung nur statt, roetttt2 er durch Beschluß2 für Vollstreckvar erklärt ist? ° Der Beschluß ist nicht zu erlassen, wenn sich der Spruch über eine gesetzliche Vorschrift hinweggesetzt hat, auf deren Innehaltung die Parteien rech IS wirksam nicht hätten verzichten können/ °Wird Vinnen einer vom Gerichte zu vestimmenden Frist nach­ gewiesen, daß die Klage aus Aushevung deS Spruches erhoven ist, fo ist die Beschlußfassung viS zur Erledigung deS Rechtsstreits auSzusetzen? 1 Auch aus einem ausländischen, den Bestimmungen der ZPO. entsprechenden Schieds­ sprüche. Die "§§ 722, 723 sind auf einen solchen nicht anwendbar. RG. b, gvv, OLG. 35,161, 43, iss. Dagegen findet aus einem den Bestimmungen der ZPO. nicht entsprechenden, ausländischen Schiedssprüche nur die Erfüllungsklage statt. RG. 30, 369, IW. 97, 84«, 01, 424«, W. 12,139, 15, es. — Voraussetzung für die Voll­ streckbarkeitserklärung ist, daß ein' sämtlichen Erfordernissen deS § 1039 (Unterschrift, Zustellung, Niederlegung) in formeller Hinsicht genügender Schiedsspruch, der das schiedsrichterliche Verfahren abschließt und einen Anspruch zuerkennt, vorliegt. Vgl. RG. 5, 400, 49, 409, 61, 406, Gr. 61, 404, IW. 09, 732", 21, 346«, W. 10, 81. Haben sich die Schiedsrichter als zur Entscheidung nicht zuständig erklärt (z. V. well in einem früheren Schiedsgerichtsverfahren die Sache durch Vergleich erledigt sei), so liegt kein durch Vollstreckungsbeschluß gemäß § 1042 staatlich anerkennungsfähiger Schieds­ spruch vor. RG. 62, 283, 108, 379 (vgl. für diesen Fall Vordem. 3 vor § 1026). Hat das Schiedsgericht mehrere Sprüche erlassen, so hat das ordentliche Gericht zu prüfen, ob das Verfahren zur Zeit der Erlassung des Spruchs, dessen Voll­ streckbarkeitserklärung beantragt wird, nicht schon durch einen vorausgegangenen Spruch abgeschlossen und seine Fortsetzung daher unzulässig war. IW. 24, sos». Ferner kann zu einer schiedsrichterlichen Entscheidung, die den Charakter einer Zwischenentscheidung im Sinne des § 303 trägt, ein Vollstreckungsbeschluß nicht erlassen werden. RG. 69, 62, 85, 393, IW. 24, 906i, auch IW. 18,137» (§ 803 betrifft übrigens jetzt auch nicht mehr selbständige Angriffs- oder Vertetdigungsmittel). Dagegen zu einem Schiedsspruch, der sich als Teilurteil im Sinne des § 301 darstellt (vgl. Anm. 2 § 1026). RG. 99, 129, IW. 24, 9071. Ferner kann ein Vollstreckungs­ beschluß zwar nicht für einen solchen Schiedsspruch erlassen werden, der eine unter alternativen Bedingungen erlassene Endentscheidung, welcher noch eine ab­ schließende unbedingte Entscheidung zu folgen hätte, enthält, wohl aber für einen Schiedsspruch, der als eine endgültige unbedingte Entscheidung über eine bedingte LeistungSpflicht (z. B. über bedingte Wandelungsvollziehung) aufzufassen ist. RG. 85, 891. — Für einen Schiedsspruch gegen den Gesellschafter einer offenen Handels­ gesellschaft, der lediglich auf Grund eines früheren Schiedsspruchs gegen die Gesellschaft in dem nur von der Gesellschaft, nicht vom Gesellschafter vereinbarten Schieds­ verfahren erlassen worden ist, ist der Vollstreckungsbeschluß zu versagen, weil nach § 129 Abs. 4 HGB. ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Titel gegen den einzelnen Gesellschafter nicht vollstreckbar ist. OLG. 40, 440. — Deswegen, weil im schiedsrichterlichen Verfahren noch ein, bestimmungsgemäß die'Vollstreckung nicht aufschiebendes, Rechtsmittel (s. Anm. 2 § 1034) stattsindet, kann die Vollstreckbarkeits­ erklärung nicht versagt werden. RG. 29, 290. 2 Durch die VO. v. 13./2. 24 sind im Abs. 1 an die Stelle der Worte „ihre Zulässigkeit durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist" gesetzt worden die Worte „er durch Beschluß für vollstreckbar erklärt ist". Danach erfolgt die Vollstreckbarkeits­ erklärung des Schiedsspruchs nicht mehr auf Klage durch Urteil, sondern auf Antrag durch Beschluß, der, da er in den § 1045 Abs. 1 ausgenommen ist, ohne mündliche Verhandlung, aber erst nach zuvoriger Anhörung deS Gegners erlassen und mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann (§ 1045 Abs. 2, 3).

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3 Der Vollstreckungsbeschlutz dient aber nicht lediglich dazu, den Titel für eine etwaige Vollstreckung des Schiedsspruchs zu geben, sondem er hat, wie sich aus den §§ 1040—1042 ergibt, noch den wetteren Zweck, durch einen Ausspruch des ordent­ lichen Richters die volle Rechtswirksamkeit und Unanfechtbarkeit des Schiedsspruchs sicherzustellen. RG. 99, 129. Daher kann der Vollstreckungsbeschluß auch lediglich be­ hufs gerichtlicher Bestätigung des Schiedsspruchs (nicht behufs Ermöglichung der Zwangsvollstreckung) erwirkt werden, RG. 16, 420 (vgl. aber OLG. 35,154), und selbst bei solchen Schiedssprüchen, die zu Zwangsvollstreckungen keinen Anlaß geben (z. B. bei einem Schiedsspruch: nur über den Grund des Anspruchs; auf Feststellung einer Verpflichtung), RG. 99, 129, IW. 95, 225", 96, 685-, Gr. 89, ins, W. 11, 419, 14, 70, OLG. 39, 95 Anm., vgl. Anm. 2 § 1040 (Wirkung solcher Schiedssprüche vor Erlaß des Vollstreckungsbeschlufles). Ferner auch lediglich wegen der Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens,' RG. 19, 407, IW. 94, 543°, 05, 25»®, oder auch nur eines Teils davon, sofern der Betrag im Schiedsspruch festgesetzt ist, OLG. 9, 88, auch Anm. 8. Vgl. jedoch OLG. 18, 250 (Antrag auf Vollstreckungs­ beschluß nur bezüglich des ganzen Schiedsspruches, nicht lediglich wegen des günstigen Teiles zulässig). — Die Formel des Vollstreckungsbeschlufles darf nicht eine neue Verurteilung aussprechen. OLG. 27,194. Der Tenor des Schiedsspruches kann aber durch den Vollstreckungsbeschluß erläutert werden. W. 08, 670. — Hat der Schieds­ spruch nur eine Feststellung getroffen, so muß der Kläger, wenn er seinen Anspruch auf Leistung verwirklichen will, auf Grund des Schiedsspruchs die Leistungsklage erheben, gleichviel ob gemäß § 1042 ein Vollstreckungsbeschluß ergangen ist oder nicht. OLG. 29, 291. Vgl. Anm. 2 § 1040. 4 Der Antrag ist bei dem nach § 1045 zuständigen Gericht zu stellen. Eine Mahnung auf Erfüllung braucht dem Anträge nicht vorangegangen zu sein. OLG. 18, 251. — Ist eine Widerklage vor dem Schiedsgericht erhoben, so bestimmt sich die Zuständigkeit für die Vollstreckbarkeitserklärung der Entscheidung über den Widerklag­ anspruch und die Kosten danach, ob die Widerklage nach § 83 bei dem Gericht, das über die Klageforderung zu entscheiden hatte, erhoben werden konnte. RG. 54,48. — Früher konnte auch in dem gerichtlichen Verfahren auf die Klage aus § 1042 eine Widerklage erhoben werden, wenn die Voraussetzungen des § 33 gegeben waren. W. 10,47i. Ferner war in diesem gerichtlichen Verfahren (anders im Schieds­ gerichtsverfahren s. Anm. 8 § 1084) auch Streitverkündung mit den Wirkungen der §§ 68, 74 Abs. 3 zuläsffg. RG. 55, u. Dies kommt jetzt nicht mehr in Betracht, da nun die Vollstreckbarkeitserklärung im Beschlußverfahren erfolgt. — Das schieds­ richterliche und das Verfahren betr. Erlassung des Vollstreckungsbeschluffes stellen keinen einheitlichen Prozeß dar. Deshalb ist die nach Zustellung und Hinterlegung des Schieds­ spruchs ausgesprochene Abtretung der Rechte aus ihm nicht etwa nach § 265 Abs. 2 einflußlos, sondern entzieht dem Zedenten die Aktivlegitimation für das gerichtliche Verfahren. OLG. 23, 254 Anm. Ist die Forderung während des schiedsrichterlichen Verfahrens auf einen Dritten übergegangen, so kann dieser den Antrag auf Erlaffung des Vollstreckungsbeschlusses stellen. RG. 41, 397, W. 11, 419, auch Gr. 55, 383. Auch der Pfändungspsandgläubiger, dem die Forderung zur Einziehung Überwiesen worden ist, kann den Antrag stellen. OLG. 39,95. Anderseits kann der Bollstreckungsbeschluß auch gegen den Rechtsnachfolger des im Schiedssprüche bezeichneten Schuldners im Sinne des § 727 erlassen werden. OLG. 15, 301. Unzulässig aber ist ein Vollstreckungsbeschluß gegen den mit den Befugniffen der §§ 2205, 2207 BGB. versehenen Testamentsvollstrecker, wenn der Schiedsspruch nur gegen den Erben erlaffen ist. RG. 56, 327. — Gebühren: des Gerichts früher (»/10) § 26 Nr. 8 GKG. a. F., jetzt (volle Gebühr) § 30a GKG. in d. Faff. des Art. V VO. v. 13 /2. 24; des Anwalts früher (6/10) § 20 GO. f. RA. a. F., jetzt, nachdem § 20 schon durch das Ges. über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtskosten v. 18./9. 23 gestrichen war, gemäß dem durch VO. v. 13./2. 24 eingefügten § 40 a die volle Gebühr. — Die Kosten des schiedsrichterlichen Ver­ fahrens bilden keinen Teil der Kosten des Verfahrens über die Erlaffung des Vollstreckungsbeschlufles. IW. 94, 543°, OLG. 21, 121, s. Anm. 3 § 1040. Die ersteren Kosten werden vom Schiedsgericht festgesetzt (s. Anm. 8 § 1084, Anm. 3 § 1040). Diese Festsetzung ist auch vollstreckbar, wenn die Zulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 1042 ausgesprochen worden ist. IW. 05, 25-®. Das ordentliche Gericht oder der

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Gerichtsschreiber desselben hat über den Betrag der Kosten des schiedsgerichtlichen Ver­ fahrens, wenn er nicht schon in dem Schiedssprüche festgesetzt ist, keine Entscheidung zu treffen. Vielmehr ist ein ergänzender Spruch des Schiedsgerichts zu erwirken. RG. 69, 149, OLG. 19,170, 21, 121, sowie Anm. 3 § 1040 (a. M. OLG. 11, ivi). » Durch die VO. v. 13./2. 24 find an die Stelle des Abs. 2: „das Vollstreckungs­ urteil ist nicht zu erlösten, wenn ein Grund vorliegt, aus welchem die Aufhebung des Schiedsspruchs verlangt werden kann" die jetzigen Absätze 2 und 3 gesetzt worden. ® Vorschriften, wegen deren Verletzung durch das Schiedsgericht der Beschluß gemäß Abs. 2 nicht zu erlassen ist, find z.B. die über Nichtigkeit von Rechtsgeschäften wegen Formmangels, Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (z. B. des Differenz-, des Preis­ treibereigeschäfts), Verstoßes gegen die guten Sitten (§§ 125, 134, 138 BGB.); unter „hinweggesetzt" sind Fälle zu verstehen, in denen ersichtlich ist, daß das Schiedsgericht die zwingende Vorschrift trotz Kenntnis ihres Vorhandenseins und ihrer Verbindlichkeit unberücksichtigt gelassen hat. — Im übrigen hat das Gericht die materielle Richtigkeit des Schiedsspruchs nicht zu prüfen. Dies galt auch schon nach früherem Recht, RG. 26, 371, 376, 47, 424, 105, 386, Gr. 37, 767, IW. 97, 632", insbesondere waren Einwendungen gegen den durch den Schiedsspruch festgestellten Anspruch, die vor dem Schiedsgericht hätten geltend gemacht werden können, aber nicht geltend gemacht worden waren, nicht zu berücksichtigen, Gr. 61, 497, (W. 16, 296, IW. 17, 45"), Anm. 2 § 767. Früher aber waren Einwendungen gegen den Anspruch, die nach dem Schiedssprüche entstanden waren (z. B. des Zurückbehaltungsrechtes, der Aufrechnung, des Ver­ gleichs, des nachträglichen Erlöschens des Erfüllungsanspruchs des Klägers wegen Leistungsverzugs gemäß § 326 BGB.) und sonst nach § 767 (über die Anwend­ barkeit des § 767 auf Schiedssprüche vgl. Anm. 2 § 767) hätten verfolgt werden müssen, zulässig und schon in diesem Verfahren zu berücksichtigen. IW. 95,127®, 08,341-°, 20, 49", Gr. 55, 1081, (W. 11, 306, IW. 11, 374®°), OLG. 16, 4, 17, 215, 33, 146, 35,161, 39, 95, 43, 171. Dies kann jetzt nicht mehr gelten, da nun im Beschluß­ verfahren zu entscheiden ist und nur wenn ein Fall des Abs. 2 (s. oben) vorliegt, Nicht­ erlaß des Beschlusses, sonst Fristvestimmung für Aufhebungsklage vorgeschrieben ist, während früher das Vollstreckungsurteil schon dann nicht zu erlassen war, wenn ein Aufhebungsgrund nach § 1041 vorlag. Wird einer dieser Aufhebungsgründe oder eine der vorbezeichneten materiellen Einwendungen, die zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen kann, vom Schuldner geltend gemacht, so hat das Gericht dem Schuldner gemäß Abs. 3 eine Frist zum Nachweis der Erhebung der Aufhebungsklage gegen den Gläubiger zu setzen. Wird dieser Nachweis fristgemäß erbracht, so ist die Beschlußfassung über die Voll­ streckbarkeitserklärung bis zur Erledigung des Rechtsstreits darüber, ob der Schieds­ spruch aufzuheben ist, auszusetzen. Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so erledigt sich der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung. Falls aber der vorbezeichnete Nachweis nicht fristgemäß erbracht wird, ist der Schiedsspruch ohne Rücksicht auf erhobene Einwendungen für vollstreckbar zu erklären. Dgl. jedoch § 1044 (nachträgliche Auf­ hebungsklage). — Dagegen ist, wenn ein Schiedsspruch vor gerichtlicher Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch (§ 1045) erlassen ist, in dem Beschlußverfahren zu prüfen, ob das Ablehnungsgesuch begründet ist, da, wenn dies der Fall ist, ein gültiger Schiedsspruch (s. Anm. 1) nicht vorliegt. Anm. 5 § 1037. —. Ist die Verwirklichung des Spruchs nach dem Abschluß des Schiedsverfahrens unmöglich.geworden, so hat zwar das ordentliche Gericht zunächst die Rechtsbeständigkeit und damit die Vollstreck­ barkeit des Schiedsspruchs festzustellen (s. Anm. 1), dann aber auch auf Antrag deS Berechtigten die Folgen festzustellen, die sich aus der nach Erlassung des Spruchs veränderten Rechtslage ergeben; beide Feststellungen können einheitlich in derselben Entscheidung ausgesprochen werden (vgl. § 260). IW. 20, 49". — Verhält sich der Schiedsspruch über mehrere Ansprüche, so ist, wenn ein AufhebungSgrund nur bezüglich eines Anspruchs im Wege der Klage mit Erfolg geltend gemacht worden ist (s. oben), nur hinsichtlich dieses der Vollstreckungsbeschluß zu versagen. RG. 46, 419. 7 Die Klage, wegen der die Beschlußfassung auszusetzen ist, ist in erster Linie die auf eine der sechs Nummern des § 1041 Abs. 1 gestützte Klage. Jedoch werden auch Klagen, mit denen noch zulässige materiellrechtltche Einwendungen gegen den Anspruch (s. Anm. 6) geltend gemacht werden, mit dem Ziele der Aufhebung deS Schiedsspruchs, hierher zu rechnen sein.

§§ 1043-1044«

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1043, (869.) Durch Art. II 110 VO. v. 13./2. 24 ist der § 1043: „Nach Er­ lassung des Vollstreckungsurteils kann die Aufhebung des Schiedsspruchs nur aus den tut § 1041 Nr. 6 bezeichneten Gründen und nur dann beantragt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden außerstande gewesen sei, den Aufhebungsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen." gestrichen worden, so daß nun auch nach Erlassung des Beschlusses auf Vollstreckbarkeitserklärung nicht nur wegen der Restitutionsgründe des § 1041 Nr. 6, sondern wegen aller Gründe des § 1041 Nr. 1—6 und auch, wenn sie früher hätten vorgebracht werden können (nicht, wie bisher, in dem Verfahren auf Vollstreckbarkeitserklärung, da dieses jetzt ein Beschlußversahren ist, sondern durch Aufhebungsklage, wegen deren nach § 1042 Abs. 3 das Verfahren auszusetzen gewesen wäre), die Aufhebungsklage (allerdings nur innerhalb der Frist des § 1044, s. Anm. 6 § 1042) noch erhoben werden kann.

1044. (870.) ^Die Klage auf Aufhebung eines für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs ist vor Ablauf der Notfrist1 eines Monats 2 zu erheben? Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem die Partei von dem Auf­ hebungsgrunde Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechts­ kraft des Beschlusses, welcher den Spruch für vollstreckbar erklärte. Nach Ablauf von zehn Jahren, von dem Tage der Rechtskraft des Beschlusses an gerechnet, ist die Klage unstatthaft. Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so ist zugleich der ihn für voll­

streckbar erklärende Beschluß auszuheben. 1Ä Der § 1044 lautete früher: (Abs. 1) „Die Klage auf Aufhebung des Schieds­ spruchs ist im Falle des vorstehenden Paragraphen binnen der Notfrist eines Monats zu erheben." (Abs. 2) „Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem . . ., jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Vollstreckungsurteils. Nach Ablauf von zehn Jahren, von dem Tage der Rechtskraft des Urteils an gerechnet, ist die Klage un­ statthaft." (Abs. 3) „Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so ist zugleich die Aufhebung des Vollstreckungsurteils auszusprechen." Die Aenderungen durch die VO. v. 13./2. 24 sind durch die Streichung des § 1043 (s. die Bem. dort) und durch die Ersetzung des Vollstreckungsurteils durch einen Vollstreckungsbeschluß im § 1042 veranlaßt worden.

1 § 228.

2 Anm. 1 § 222.

» Vgl. §§ 586, 958.

1044a.1 Hat sich der Schuldner in einem von dem Schiedsgerichte vermittelten Vergleiche der sofortigen Zwangsvollstreckung unter­ worfen, so findet die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleiche statt, wenn er durch Beschluß für vollstreckbar erklärt ist. Der Beschluß darf nur ergehen, wenn der Vergleich unter Angabe deS TageS feineS Zustandekommens von den Schiedsrichtern und den Parteien unterschrieben und aus der GerichtSschreiberei deS zuständigen Gerichts niedergelegt ist. Der Beschluß ist nicht zu erlassen, wenn der Vergleich der Rechtswirksamkeit entbehrt. § 1044 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. 1 Der durch die VO. v. 13./2. 24 eingefügte § 1044a gibt für einen vor dem Schiedsgericht geschlossenen mit der Klausel der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung versehenen Vergleich Vorschriften über die Vollstreckbarkeits­ erklärung durch Beschluß und die formellen Voraussetzungen hierfür sowie über Ver­ sagung des Beschlusses, wenn der Vergleich rechtsunwirksam ist (z. B. wegen Geschäfts­ unfähigkeit einer Partei), und über Aufhebung des Beschlusses, wenn der Vergleich nachträglich (z. B. zufolge nunmehriger Feststellung seiner Rechtsunwirksamkeit) auf­ gehoben wird.

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A.II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliche-Verfahren.

4. Allgemeine Bestimmungen.

1045» (871.)1 Für die gerichtlichen Entscheidungen über die Ernennung? oder die Ablehnung v eine- Schiedsrichters oder über das Erlöschen eines SchiedsvertragSoder über die Anordnung der von den Schiedsrichtern für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen 6 und zur Erlassung der in den 88 1042, 1044a bezeichneten Beschlüsse* ist das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig, welches in einem schriftlichen Schiedsvertrag« als solches bezeichnet ist, und in Ermangelung einer derartigen Bezeichnung das Amtsgericht oder das Landgericht, welches für die gerichtliche Geltend­ machung des Anspruchs? zuständig sein würde. Die Entscheidung* kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung er­ folgen? Dor der Entscheidung ist der Gegner zu hören? Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt10 1 Früher mußte über die sämtlichen gerichtlichen Akte des damaligen § 1046 durch Urteil entschieden werden (Gr. 84, nss). Die Aenderung durch die Nov. v. 17./6. 98 bezweckte, diese Akte, weil es sich dabei um eine außerhalb der eigentlichen Rechtsprechung liegende Tätigkeit des Gerichts handelt, im Beschlußverfahren zur Erledigung bringen zu lasten. Mot. 206, OLG. 18, 244. Durch die DO. v. 13./2. 24 sind ferner hinter den Worten „richterlichen Handlungen" die Worte „und zur Erlastung der in den §§ 1042, 1044 a bezeichneten Beschlüste" eingefügt. Danach sind die im Abs.l be­ zeichneten Gerichte auch zur Erlastung der Beschlüste auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs (§ 1042) und eines vor dem Schiedsgericht geschlossenen mit der Klausel der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung versehenen Ver­ gleichs (§ 1044a) für zuständig erklärt. Zugleich ergibt sich daraus gemäß Abs. 2,3, daß auch diese Beschlüsse ohne vorgängige mündliche Verhandlung erlassen werden können, daß vor der Entscheidung der Gegner zu hören ist und daß gegen die Veschlüffe die sofortige Beschwerde stattstndet. — Eine irrtümlich in Urtetlsform erlassene Ent­ scheidung ist als Beschluß zu behandeln. OLG. 18, 246. — Der § 1045 bestimmt nur die örtliche Zuständigkeit für die in ihm erwähnten richterlichen Handlungen, verleiht aber nicht dem Gerichte die sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung aller sich in einem Schiedsgerichtsverfahren ergebenden Streitigkeiten. Die Frage, welche Ent­ scheidungen das Gericht zu treffen befugt ist, entscheidet sich vielmehr ausschließlich nach -en sonstigen gesetzlichen Vorschriften. OLG. 23, 258. Daher keine Befugnis des Gerichts, eine Partei zur Unterzeichnung einer Eingabe anzuhalten, durch die die Ernennung der Schiedsrichter herveigeführt werden soll. Vgl. Anm. 5 § 1029. — Ueber Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes vgl. Anm. 1 § 8. Gebühren: des Gerichts früher (’/10) §§ 84 Nr. 2, 89 Abs. 1 GKG. a. F., jetzt (6/io für das Verfahren bei Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters, bei Erlöschen eines Schiedsvertrags oder bei Anordnung der von den Schiedsrichtern für erforderlich er­ achteten richterlichen Handlungen) §§ 33 Nr. 7, 35 Abs. 1 GKG. in der Fast. v. 21./12. 22 und (volle Gebühr für das Verfahren über Anträge auf Vollstreckvarerklärung eines Schiedsspruchs oder eines von einem Schiedsgerichte vermittelten Vergleichs) $ 30a GKG. in d. Fast, des Art. V VO. v. 13./2. 24; deS Anwalts (*/w) § 22 GO. f. RA., wenn die Tätigkeit des Anwalts eine gerichtliche Entscheidung über die Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters, das Erlöschen eines SchiedSvertragS oder die Anordnung der vom Schiedsgerichte für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen betrifft, dagegen (volle Gebühr) § 40a GO. f. RA. in d. Fast. deS Art. VT DO. v. 13./2. 24 im Verfahren über Anträge auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs oder eines von einem Schiedsgerichte vermittelten Vergleichs, jedoch Anrechnung der Gebühr auf die Prozeßgebühr im Falle der Klage auf Auf­ hebung des Schiedsspruch- gemäß § 1042 Abs. 3 ZPO. — Ueber Festsetzung der Kosten deS Schiedsgerichtsverfahrens durch das Schiedsgericht vgl. Anm. 2 8 1040, Anm. 8 § 1042. * 88 1028, 1029,1081. Dgl. OLG. 17, 216, Anm. 5 81029.—Um „Ernennung" handelt es sich auch dann, wenn die Ernennung von der anderen Partei mit der Be-

§ 1045.

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Häuptling bekämpft wird, der Ernannte habe nicht die im SchiedSvertrag ausbedungenen Eigenschaften. RG. 47, *oi. — In dem Verfahren über die Ernennung eines Schiedsrichters ist der Einwand zulässig, daß ein SchiedSvertrag überhaupt nicht bestehe, IW. 03, 433% OLG. 18, 248, und kann darüber mit Rechtskraftwirkung entschieden werden, OLG. 19, 175. — Zulässigkeit der Übertragung der Ernennung an einen Dritten: Anm. 2 § 1028. — Ueber die Aufgaben des Gerichts nach § 1045, wenn in dem Schiedsvertrage die Ersatzbestellung des Schiedsrichters tat Falle des § 1029 an Stelle des Gerichts dem Gegner übertragen ist, vgl. OLG. 33,147. * Ablehnungsgründe und Voraussetzungen für die Ablehnung: § 1032 und Anm. 1 dort. — Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte kann für daS Ab­ lehnungsverfahren durch Vertrag ausgeschlossen werden. OLG. 33,143 Anm. 1. — Auch einem Dritten (z. B. dem Vorsitzenden eines Vereins von Firmen), insbesondere einer Behörde (z. B. Handelskammer), kann die Entscheidung über die Ablehnung über­ tragen werden. RG. 58, 887, IW. 10, 714-», W. (10, 304), 16,154, OLG. 29, 287, Anm. 1 § 1032. — Die ablehnende Partei kann auch schon vor Beginn des schieds­ richterlichen BersahrenS in Gemäßheit des § 1045 vorgehen, wenn der Streitstoff zur Beurteilung, ob Befangenheit deS Schiedsrichters vorliegt, schon genügend präzisiert ist und der Rechtsstreit in bestimmter Aussicht steht. IW. 08, 40P

Grundrisse der Rechtswissenschaft Unter Mitarbeit von Prof Dr. Ernst v. Beling-München, Prof. Dr. G. I. EberS-Köln a. Rh., Dr. Alexander Elster-Berlin, Prof. Dr. Friedrich Endemann-Leidelberg, Prof. Dr. Lans Fehr-Bern, Prof. Dr. Leinrich Gerland-Iena, Prof. Dr. ZuliuS v. Gierke-Göttingen, Prof. Dr. Justus Wilh. Leddmann-Zena, Prof. Dr. Lerbert Kraus-Königsberg i Pr., Prof. Dr. Leinrich Lehmann-Köln a. Rh., Prof. Dr. Claudius Freiherr v. Schwerin-Freiburg i. B., Prof. Dr. Fritz Stier-Somlo-Köln a Rh. herausgegeben von den Professoren Dr. Lans Fehr-Bern, Dr. Leinrich Gerland-Iena, Dr. IustuS Wilh. Lebemann-Jena, Dr. Leinrich Lehmann-Köln a. Rh. und dem redaktionellen Leiter Prof. Dr. Fritz Stier-SomloKöln a. Rh. Bisher sind erschienen: Band I. Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches von Oberlandesaerichtsrat Professor Dr. Leinrich Lehmann, Köln. 1922. Oktav. 2. Auflage. Rm. 6 —, geb. 7.50. Band II. Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches von OberlandeSgerichtsrat Prof. Dr. Justus Wilhelm Lebemann, Jena. 1920. Oktav. Rm. 7.50, geb. 9.Band III. Sachenrecht von Oberlandesgerichtsrat Professor Dr. Justus Wilhelm Lebemann, Jena. 1924. Oktav. Rm. 12.—, geb. 13.50. Banb V. Erbrecht von Geheimrat Professor Dr. Friedrich Endemann, Leidelberg. 1923. Oktav. Rm. 3 —, geb. 4.50. Banb VI. Lanbelsrecht und Schiffahrtsrecht von Prof. Dr. Julius v. Gierke, Göttingen. 2. Auflage 1925 in Bearbeitung. Band VII. Recht der Wertpapiere leinschließlich Wechsel- und Scheckrecht) von Dr. Claudius Frh. von Schwerin, Freiburg i. B. 1924. Oktav. Rm. 7.-, geb. 8.50. Band VIII. Gewerblicher Rechtsschutz, umfassend Urheber­ und Verlagsrecht, Patent- und Musterschutzrecht, Warenzeichen»eichenrecht und Wettbewerbsrecht von Dr. jur. Alexander Elster, Berlin. 1921. Oktav. Rm. 5.—, geb. 6.50. Band IX. Einführung in die Rechtswissenschaft von Ober­ landesaerichtsrat Professor Dr. Justus Wilhelm Lebemann, Jena. — 2. Auflage in Vorbereitung. Band X. Deutsche Rechtsgeschichte von Professor Dr. Lans Fehr, Bern. Zweite Auflage. 1925. Oktav. Im Druck. Band XII. Römisches Privatrecht von Geheimrat Professor Dr. Friedrich Endemann, Leidelberg 1925. Oktav. Band XIII. Grundzüge deS deutschen Privatrechts von Professor Dr. Freiherr von Schwerin, Freiburg i. B. 1919. vktav. Rm. 6.—, geb. 7.50. Band XVI. DaS deutsche Reichsstrafrecht von Professor Dr. L. Gerland, Jena. 1922. Oktav. Rm. 10.—, geb. 11.50. Band XVIII. Deutsches Reichs- und Landesstaatsrecht I von Professor Dr. Fritz Stier-Somlo, Köln a. Rh. 1924. Oktav. Rm. 16 50, geb. 18.—.

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Bürgerliches Gesetzbuch nebst EmführungSgesetz Von Dr. QI. Achilles Zn Verbindung mit Professor Dr. Andre, Senatspräfldent Meyer, Senatspräfident a.Reichsgericht Dr. Strecker, Staatsrat Dr. v. A n z n e r

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