Unfallbegutachtung [Reprint 2020 ed.] 9783112313688, 9783112302415


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German Pages 169 [192] Year 1972

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Geleitwort
Inhaltsübersicht
1. Teil. Rechtliche Gesichtspunkte der Unfallbegutachtung
2. Teil. Unfallbegutachtung
Schrifttum
Sachregister
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Unfallbegutachtung [Reprint 2020 ed.]
 9783112313688, 9783112302415

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UNFALLBEGUTACHTUNG

UNFALLBEGUTACHTUNG BEGRÜNDET VON PAUL ROSTOCK t

von

Dr. Dr. E. Günther Facharzt für Chirurgie, Köln und

Assessor R. H y m m e n Köln 6., neubearbeitete und erweiterte Auflage mit 21 Abbildungen im Text und einem Anhang mit 183 Abbildungen

DE

WALTER D E G R U Y T E R & CO. • BERLIN • NEW YORK BERLIN 1972

ISBN 3110035189 © Copyright 1972 by Walter de G r u y t e r & Co., vormals G. J . Göschen'sdie Verlagshandlung, J . Guttentag Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, K a r l J . Trübner, Veit 8c Comp., D 1 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz und Druck: Druckhaus Deutz G m b H , Köln-Deutz Einbandgestaltung: U . Hanisch, D 1 Berlin-Zehlendorf Printed in Germany

Geleitwort

Die vorliegende 6. Auflage der von PAUL ROSTOCK begründeten Unfallbegutachtung soll den bisherigen Zweck des Werkes unter Berücksichtigung der vielfach eingetretenen Änderungen erneut erfüllen. Mit der Darstellung der Aufgaben und Leistungsvoraussetzungen der Sozialversicherung, besonders der gesetzlichen Unfallversicherung, dient das Buch dem Bedürfnis von Arzt und Laien nach übersichtlicher Orientierung. Die Aufgabe des Arztes bei der Begutachtung und die anzuwendenden technischen Mittel werden erörtert und schwierige Fragen bei der Feststellung von Ursachenzusammenhängen behandelt. Dazu gehört auch die Darstellung der anerkannten Berufskrankheiten. Von besonderem Wert für die Praxis des Gutachters werden die als Riditlinien für den einzelnen Fall dargestellten Rentensätze sein. Sie sind durch viele graphische Darstellungen besonders veranschaulicht. Es war unser Ziel, einen Ratgeber in gedrängter Form für die täglich auftauchenden Fragen der Begutachtung im Bereich der Unfallversicherung zu schaffen. Besonderen Einzelfällen, wie etwa selteneren Erkrankungen oder anderen schwierigen Aufgaben, muß stets auf breiterer Grundlage nachgegangen werden. Für Verbesserungsvorschläge und Kritik wären wir weiterhin dankbar. Wir hoffen, daß auch diese 6. Auflage eine freundliche Aufnahme finden wird. Köln, Juli 1972 E . GÜNTHER I L HYMMEN

Inhaltsübersicht 1. Teil RECHTLICHE GESICHTSPUNKTE DER UNFALLBEGUTACHTUNG von Assessor R . Hymmen, Köln

I. Allgemeines II. Gesetzliche Unfallversicherung A. Berufsgenossenschaften als Unfallversicherungsträger B. Aufbringung der Mittel — Ablösung der Haftpflicht C. Andere Unfallversicherungsträger D. Versicherter Personenkreis E. Versicherungsfall 1. Arbeitsunfall 2. Ursachenbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung 3. Verschlimmerung 4. Dem Arbeitsunfall gleichgestellte Tatbestände a) Unfälle bei der Verwahrung des Arbeitsgeräts, Unfälle auf dem Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit (Wegeunfälle) b) Unternehmen der Binnenschiffahrt c) Berufskrankheiten F. Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten 1. Abstrakter Schadensersatz 2. Sachleistungen a) Heilbehandlung b) Berufshilfe c) Pflege 3. Geldleistungen a) Verletztenrente b) Vorläufige Rente — Dauerrente c) Entschädigung von Hinterbliebenen d) Abfindungen G. Verhältnis der Unfallversicherungsträger zu den Ärzten H. Verfahren

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III. Krankenversicherung A. Allgemeines B. Träger der Krankenversicherung C. Aufbringung der Mittel D. Versicherter Personenkreis E. Versicherungsfall F. Leistungen der Krankenversicherung G. Beziehungen zwischen Kranken- und Unfallversicherung H. Beziehungen zu den Ärzten I. Verfahren

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IV. Rentenversicherung A. Allgemeines B. Träger der Rentenversicherung C. Aufbringung der Mittel D. Versicherter Personenkreis E. Versicherungsfall 1. Berufsunfähigkeit 2. Erwerbsunfähigkeit 3. Alter 4. Tod 5. Wartezeit 6. Besondere Versicherungsfälle der Knappschaftsversicherung

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VIII

Inhaltsübersicht F. Leistungen 1. Sachleistungen 2. Geldleistungen G. Beziehungen zur Unfallversicherung H . Verfahren

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V. Die Rehabilitation und ihre Träger A. Allgemeines B. Träger der Rehabilitation C. Zusammenwirken der Rehabilitationsträger VI. Private Unfallversicherung A. Allgemeines B. Träger der Versicherung — Versicherter Personenkreis — Aufbringung der Mittel . C. Versicherungsfall D. Leistungen E. Verfahren

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2. Teil UNFALLBEGUTACHTUNG von Dr. Dr. E. Günther, Köln I. Allgemeines 1. Gutachtertätigkeit des Arztes 2. Rechtliche Stellung des Gutachters und seine Aufgaben 3. Formulierung der Gutachten 4. Befunderhebung 5. Entgegengesetzte Meinungen der Sachverständigen 6. Untersuchung des Verletzten f ü r die Begutachtung 7. Personenverwechslungen bei der Untersuchung 8. Fehler und Irrtümer im Gutachten 9. Die Würdigung der Beweiskraft 10. Allgemeine Form des Gutachtens 11. Ausstellung von Bescheinigungen und Zeugnissen 12. Auskunftspflicht des Arztes 13. Schweigepflicht des Arztes 14. Anhörung der behandelnden Ärzte vor der ersten Rentenfestsetzung 15. Sachkunde und Gutachternachwuchs 16. Schwierige Krankheitsfälle 17. Gebühren 18. Vordrudcgutachten 19. Form des Freien Gutachtens 20. Das Gutachten zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen U n f a l l und Körperschaden 21. Wichtige Untersuchungsmethoden f ü r die Begutachtung 22. Stimulation 23. Vorschlag f ü r einen Meßbogen „Obere Gliedmaße" 24. Vorschlag f ü r einen Meßbogen „Untere Gliedmaße" II. Spezielles A. Die wichtigsten Rentensätze 1. Körperoberfläche 2. Kopf 3. Brustkorb u n d Brusthöhle 4. Wirbelsäule 5. Becken 6. Bauchdecken u n d Bauchorgane 7. H a r n o r g a n e

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Inhaltsübersicht 8. 9. 10. 11. 12.

IX

Männliche Geschlechtsorgane Weibliche Geschlechtsorgane Obere Gliedmaße Untere Gliedmaße Anhaltspunkte für die Bemessung von Pflegegeld

74 74 74 78 82

B. Die Begutachtung von Fragen des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Körperschäden und Arbeitsunfall

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C. Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

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1. Thermische Schädigungen . . a) Erfrierungen und Verbrennungen b) Sonnenstich c) Hitzschlag 2. Verletzungen durch Einwirkungen des elektrischen Stromes . ). Akute Schädigungen durch Röntgenstrahlen, radioaktive Stoffe und andere ionisierende Strahlen 4. Intoxikationen a) Vergiftungen b) Gasvergiftung c) Insektenstiche 5. Infektionskrankheiten . . . . a) Diphtherie b) Typhus abdominalis, Paratyphus c) Tuberkulose d) Milzbrand e) Rotz 6. Parasitäre Erkrankungen a) Aktinomykose b) Lues

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86 86 86 86 86 86 86

12.

13. 8 8

7. Wundinfektionskrankheiten a) Blutergußinfektion . . . . b) Erysipel c) Lymphagitis d) Allgemeininfektion . . . . e) Tetanus f) Wunddiphtherie

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8. Geschwülste

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9. Stoffwechselkrankheiten und Krankheiten der endokrinen Drüsen a) Diabetes mellitus . . . . b) Fettleibigkeit c) Nebennieren d) Altersveränderungen . .

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10. Erkrankungen des Blutes . . a) Leukämie b) Perniziöse Anämie . . . c) Milzzerreißungen . . .

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11. Erkrankungen des Gefäßsystems a) Herzmuskel und Herzklappen b) Aortenaneurysma . . . .

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14.

15.

16.

c) Aneurysmen peripherer Gefäße d) Krampfadern e) Unterschenkelgeschwüre . . f) Thrombose g) Embolie h) Arteriosklerose, Atheromatose i) Apoplexie k) ' Endangiitis obliterans 1) Gangrän einer Gliedmaße Erkrankungen der Atmungsorgane a) Lungenverletzungen . . b) Lungenentzündung c) Lungenemphysem d) Lungentuberkulose e) Lungenblutung f) Lungenembolie g) Pleuritis . . . Erkrankungen der Bauchdecken a) Eingeweidebrüche . . . . b) Bauchfellentzündung . . . Erkrankungen des Magen- und Darmkanals a) Ösophagusdivertikel . . . b) Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür c) Magenblutung d) Magensenkung e) Magenkrebs f) Darmzerreißungen . . . . g) Darmgeschwüre h) Darmverschluß i) Appendizitis k) Mastdarmvorfall 1) Mastdarmfisteln Erkrankungen der Leber, der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse a) Virushepatitis b) Chronische Hepatitis Zirrhose c) Gallenblasenentzündung . . d) Pankreasnekrose e) Pankreaszysten Erkrankungen des Harnsystems a) Nierenstein und Ureterstein b) Hydro- und Pyonephrose . c) Wanderniere d) Nierenentzündung . . . .

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X

Inhaltsübersicht e) Nierentuberkulose . . f) Nierenbeckenentzündung g) Blasenstein h) Harnröhrenstrikturen . 17. Genitalerkrankungen . . 18. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes a) Furunkel b) Panaritium c) Zellgewebsentzündung (Phlegmone) 19. Erkrankungen der Muskeln, Sehnen und Schleimbeutel a) Muskelrisse b) Muskelhernien . . . . c) Myositis ossificans . . d) Lumbago (Hexenschuß) e) Bandscheibenvorfall im Bereich der Wirbelsäule . f) Bizepssehnenriß . . . g) Riß der Achillessehne . h) Tendovaginitis crepitans i) Dupuytren'sche Kontraktur . k) Schleimbeutelentzündungen 1) Periarthritis humero-scapularis 20. Erkrankungen der Knochen und Gelenke a) Akute hämatogene Osteomyelitis b) Ostitis fibrosa c) Tuberkulose der Knochen und Gelenke

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d) Spontanfrakturen . . . e) Dornfortsatzbruch . . f) Navikularpseudarthrose der Hand g) Lunatumnekrose (Mondbeintod) h) Spondylarthrose . . . . i) Bechterewsche Erkrankung k) Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) 1) Arthrosis deformans . . m) Habituelle Luxationen n) Meniskuslösungen . . . o) Gelenkrheumatismus . . p) Ganglion q) Gelenkmäuse r) Osteonchondritis dissecans s) Gelenkchondromatose . . t) Gicht u) Knochennekrosen . . . 21. Erkrankungen des Nervensystems a) Epilepsie b) Psychoreaktive Syndrome c) Hirnabzeß d) Ischias e) Hämotomyelie f) Neufibromatose . . . . g) Progressive spinale Muskelatrophie 22. Erkrankungen der Augen a) Grüner Star (Glaukom) . b) Grauer Star c) Netzhautablösung . . .

E. Merkblätter für die ärztliche Untersuchung bei den Berufskrankheiten

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D. Die entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten

Nr. 1 Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine . Nr. 2 Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen . Nr. 3 Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon . N r . 4 Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologen . . Nr. 5 Erkrankungen durch Nitrooder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologen oder deren Abkömmlinge Nr. 6 Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen . Nr. 7 Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen . Nr. 8 Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungen .

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Nr. 9 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe oder halogenierte Alkyl-, oder Alkylaryloxyde oder -sulfide Nr. 10 Erkrankungen durch Kadmium oder seine Verbindungen Nr. 11 Erkrankungen durch Kohlenoxyd Nr. 12 Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen Nr. 13 Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol) . . . Nr. 14 Erkrankungen durch Phosphor oder seine Verbindungen Nr. 15 Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen

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XI

Inhaltsübersicht Nr. 16 Erkrankungen durch Salpetersäureester Nr. 17 Erkrankungen der Zähne durch Säuren Nr. 18 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff . . . Nr. 19 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff . . . Nr. 20 Erkrankungen durch Thallium oder seine Verbindungen Nr. 21 Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen Nr. 22 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch ständigen Druck Nr. 23 Drucklähmungen der Nerven Nr. 24 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft Nr. 25 Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Preßluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen sowie bei der Arbeit an Anklopfmaschinen . . . . Nr. 26 Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit Nr. 27 Erkrankungen durch Röntgenstrahlen, durch die Strahlen radioaktiver Stoffe oder andere ionisierende Strahlen Nr. 28 Grauer Star durch Wärmestrahlung Nr. 29 Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen durch Aluminium oder seine Verbindungen Nr. 30/31 Nr. 30 — Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) Nr. 31 — Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) in Verbindung mit Lungenkrebs Nr. 32 Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen Nr. 33 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallstäube bei der Herstellung oder Schrifttum Stichwortverzeichnis . . . . Bildtafeln I—XVII (Anhang)

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Verarbeitung metallen

von

Hart-

Nr. 34/35 Nr. 34 — Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) Nr. 35 — Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose) Nr. 36 Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lunge durch Thomasmehl (Thomasphosphat) Nr 37 Infektionskrankheiten Nr. 38 Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten . Nr. 39 Wurmkrankheit der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale oder Anguillula instestinalis . . Nr. 40 Augenzittern der Bergleute . Nr. 41 Bronchialasthma, das zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat Nr. 42 Meniskusschäden nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tage Nr. 43 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätzr, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben Nr. 44 Tropenkrankhedten, Fleckfieber, Skorbut Nr. 45 Abrißbrüche der Wirbelfortsätze Nr. 46 Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben . . . . Nr. 47 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe

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1. Teil

Rechtliche Gesichtspunkte der Unfallbegutachtung von Assessor Reinhard Hymmen, Köln

I. Allgemeines Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen über die Folgen eines Unfalls ist erforderlich, um über die etwaigen Rechtsansprüche der von dem Unfall betroffenen Personen entscheiden zu können. Sowohl diese Ansprüche selbst als auch die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber sind von dem Rechtsverhältnis abhängig, aus dem die von einem Unfall betroffene Person ihre Ansprüche herleitet. Ein solches Rechtsverhältnis kann privatrechtlicher Natur gegenüber einem Schädiger sein, etwa aus der schuldhaften, d. h. vorsätzlichen oder fahrlässigen und rechtswidrigen Verursachung eines Unfalls (unerlaubte Handlung §§ 823 ff. Bürgerliches Gesetzbuch) oder aus strengeren Haftungsverpflichtungen, wie z. B. der des Kraftfahrzeughalters (§ 7 Straßenverkehrsgesetz). Privatrechtlicher Natur sind auch die Rechtsansprüche, die sich aus den Versicherungsverträgen über eine private Unfallversicherung ergeben. Von besonderer Bedeutung für die ärztliche Begutachtung von Unfallfolgen sind jedoch die Rechtsansprüche von Unfallgeschädigten öffentlich-rechtlicher Natur. Solche Ansprüche ergeben sich vor allem aus dem öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis zu den Trägern der Sozialversicherung. Dies sind in erster Linie die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, außerdem kann aber auch das Versicherungsverhältnis zu den Trägern der Kranken- und der Rentenversicherung berührt sein. Während die privatrechtlichen Ansprüche, soweit nicht eine außergerichtliche Erledigung erfolgt, vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen sind, wird über die öffentlichrechtlichen durch Verwaltungsakt (Bescheide) entschieden. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung durch Verwaltungsakt unterliegt der Prüfung durch die besonderen Verwaltungsgerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Eine der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, ebenso aber auch für eine rechtmäßige Entscheidung in anderer Weise, ist die sachgemäße Begutachtung. Dafür sind Kenntnisse über die Grundsätze der öffentlich-rechtlichen und privaten Versicherung erforderlich. Denn wenn auch der Gutachter nicht die Aufgabe hat, aus den mit den Mitteln der ärztlichen Wissenschaft gewonnenen Erkenntnissen über den Sachverhalt rechtliche Schlüsse zu ziehen, so muß ihm doch bekannt sein, welche durch ein Gutachten festzustellenden Tatsachen für eine Entscheidung rechtserheblich sind. Das gilt insbesondere für die mit der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs und der Minderung der Erwerbsfähigkeit zusammenhängenden Fragen. Der nachfolgende Überblick erscheint daher geboten.

II. Gesetzliche Unfallversicherung A. Berufsgenossenschaften als Unfallversicherungsträger Die gesetzliche Unfallversicherung hat die Aufgabe, den versicherten Personen für die Folgen von Arbeitsunfällen Schadensersatz zu leisten. Diese Aufgabe wird einmal von den nach Gewerbezweigen gegliederten gewerblichen, den landwirtschaftlichen Be1 •

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Gesetzliche Unfallversicherung

rufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft wahrgenommen. Ihrer Verfassung nach sind die Berufsgenossenschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Satzungsbefugnis. Sie führen die ihnen durch das Gesetz übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung im Wege der'Selbstverwaltung durch. An dieser Selbstverwaltung sind die Mitglieder, nämlich die durch das Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichteten Unternehmer („Berufs-Genossen") und die Versicherten — dies sind die Arbeitnehmer dieser Unternehmer — paritätisch beteiligt.

B. Aufbringung der Mittel - Ablösung der Haftpflicht Die für die Aufgaben der Berufsgenossenschaften erforderlichen Mittel werden von den Mitgliedern, das heißt also von den Unternehmern allein aufgebracht, von den Versicherten werden keine Beiträge erhoben. Mit den Beiträgen zu der für ihn zuständigen Berufsgenossenschaft löst der Unternehmer seine etwaige Haftpflicht gegenüber dem Arbeitnehmer (Versicherten) aus Unfällen ab. E r kann also den Versicherten, der ihn wegen eines Arbeitsunfalls in seinem Unternehmen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will, an seine Berufsgenossenschaft verweisen, es sei denn, daß der Unternehmer den Unfall vorsätzlich oder bei Teilnahme am allgemeinen Verkehr verursacht hat (§ 636 Reichsversicherungsordnung).

C. Andere Unfallversicherungsträger Mit der Ausdehnung des Versicherungsschutzes durch die gesetzliche Unfallversicherung im Laufe der Entwicklung sind außer den Berufsgenossenschaften noch andere Träger der gesetzlichen Unfallversicherung entstanden. Für die Versicherten in den öffentlichen Diensten sind die Ausführungsbehörden für Unfallversicherung des Bundes, der Länder, der Bundesbahn und der Bundespost, die Eigenunfallversicherung der Städte über 500 000 Einwohner, die Gemeindeunfallversicherungsverbände usw. zuständig. (S. auch D. „Versicherter Personenkreis".) D. Versicherter Personenkreis Die Bestimmungen über die gesetzliche Unfallversicherung sind im 3. Buch der Reichsversicherungsordnung in den §§ 537 bis 895, 978 und 1147 enthalten. Das 3. Buch der Reichsversicherungsordnung mit den Bestimmungen über die Unfallversicherung ist zuletzt durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 mit Wirkung vom 1. Juli 1963 neu gefaßt worden (Bundesgesetzblatt Teil I 1963, S. 241 ff.). Nach diesen Vorschriften sind zunächst einmal alle Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis beschäftigt sind. Der Versicherungsschutz ist unabhängig von der Stellung der Person im Unternehmen. Das bedeutet, daß der Vorsitzende des Vorstandes etwa einer Aktiengesellschaft ebenso gegen Arbeitsunfall versichert ist, wie der jüngste Lehrling des Unternehmens. Der Umfang des versicherten Personenkreises ist am ehesten aus der maßgebenden gesetzlichen Vorschrift selbst zu entnehmen. § 539 der Reichsversicherungsordnung zählt den folgenden Personenkreis auf: 1. die auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten, 2. Heimarbeiter, Zwischenmeister, Hausgewerbetreibende (§ 162) und ihre im Unternehmen tätigen Ehegatten sowie die sonstigen mitarbeitenden Personen,

Versicherter Personenkreis

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3. Personen, die zur Schaustellung oder Vorführung künstlerischer oder artistischer Leistungen vertraglich verpflichtet sind, 4.

Personen, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes oder im Vollzug des Bundessozialhilfegesetzes der Meldepflicht unterliegen, wenn sie a) zur Erfüllung ihrer Meldepflicht die hierfür bestimmte Stelle aufsuchen oder b) auf Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit oder einer seemännischen Heuerstelle diese oder andere Stellen aufsuchen,

5. Unternehmer, solange und soweit sie als solche Mitglieder einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sind, ihre mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten und die in Unternehmen zum Schutze und zur Förderung der Landwirtschaft einschließlich der landwirtschaftlichen Selbstverwaltung und ihrer Verbände Tätigen, 6. Küstenschiffer und Küstenfischer als Unternehmer gewerblicher Betriebe der Seefahrt (Seeschiffahrt und Seefischerei), die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und die bei dem Betrieb regelmäßig keine oder höchstens zwei kraft Gesetzes versicherte Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigen, sowie deren im Unternehmen tätigen Ehegatten, 7. die im Gesundheits- oder Veterinärwesen oder in der Wohlfahrtspflege Tätigen, 8. die in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen Tätigen sowie die Teilnehmer an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der Lehrenden, 9. Personen, die a) bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder N o t Hilfe leisten oder einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen, b) einem Bediensteten des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer anderen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, der sie zur Unterstützung bei einer Diensthandlung heranzieht, Hilfe leisten, c) sich bei Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer strafbaren Handlung verdächtig ist, oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen, 10. Blutspender und Spender körpereigener Gewebe, 11. Personen, die auf Grund von Arbeitsschutz- oder Unfallverhütungsvorschriften ärztlich untersucht oder behandelt werden, 12. a) Personen, die Luftschutzdienst leisten, wenn sie hierzu durch eine zuständige Stelle herangezogen sind oder wenn sie handeln, weil Gefahr im Verzuge ist, b) freiwillige Helfer des Bundesluftschutzverbandes, c) Teilnehmer an den Ausbildungsveranstaltungen des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz, des Bundesluftschutzverbandes oder des Luftschutzhilfsdienstes einschließlich der Lehrenden,

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Gesetzliche Unfallversicherung 13. die für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder eine andere Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätigen, wenn ihnen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts gewährt wird, und die von einem Gericht, einem Staatsanwalt oder einer sonst dazu berechtigten Stelle zur Beweiserhebung herangezogenen Zeugen, 14. a) Kinder während des Besuchs von Kindergärten, b) Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen, c) Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung und ehrenamtlich Lehrende in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen, soweit sie nicht bereits zu den nach den Nummern 1 bis 3 und 5 bis 8 Versicherten gehören, d) Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen, soweit sie nicht bereits zu den nach den Nummern 1 bis 3 und 5 bis 8 Versicherten gehören, 15. Personen, die bei dem Bau eines Familienheimes (Eigenheim, Kaufeigenheim, Kleinsiedlung), einer eigengenutzten Eigentumswohnung, einer Kaufeigentumswohnung oder einer Genossenschaftswohnung im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind, wenn durch das Bauvorhaben öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen geschaffen werden sollen. Dies gilt auch für die Selbsthilfe bei der Aufschließung und Kultivierung des Geländes, der Herrichtung der Wirtschaftsanlagen und der Herstellung von Gemeinschaftsanlagen. Für die Begriffsbestimmungen sind die §§ 5, 7 bis 10, 12, 13 und 36 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung vom 1. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1618) maßgebend. 16. Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes vom 18. Juni 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 549), die im Ausland f ü r eine begrenzte Zeit beschäftigt sind oder im Ausland oder im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine soldie Beschäftigung vorbereitet werden. Gegen Arbeitsunfall sind ferner Personen versichert, die wie ein nach Absatz 1 Versicherter tätig werden; dies gilt auch bei nur vorübergehender Tätigkeit.

Die Fassung des § 539, Abs. 1 Nr. 14 der Reichsversicherungsordnung ist durch das „Gesetz über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten" vom 18. 3. 1971 (Bundesgesetzblatt I 1971, S. 237 ff.) eingeführt worden. Mit diesem am 1. 4. 1971 in Kraft getretenen Gesetz wurden Schüler und Studenten und Kindergartenkinder in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen. Darüber hinaus genießen Personen Versicherungsschutz, die während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder auf Grund strafrichterlicher Anordnung wie ein nach der zuvor genannten Vorschrift Versicherter tätig werden. Soweit Personen durch eine versicherte Tätigkeit außerhalb der gewerblichen oder der Landwirtschaft einen Arbeitsunfall erleiden (z. B. Blutspender, Lebensretter o. ä.) sind für die Betreuung und Entschädigung nicht die Berufsgenossenschaften, sondern die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand zuständig (Ausführungsbehörden des Bundes oder der Länder, Gemeindeunfallversicherungsverbände usw.). Diese Versicherungsträger sind auch in der Regel für die Unfallversicherung von Schülern, Studenten und Kindergartenkindern zuständig und haben daher durch das oben angeführte Gesetz vom 18. 3. 1971 seit dem 1. April 1971 (s. o. N r . 14 a—d) neue und sehr bedeutungsvolle Aufgaben auf dem Gebiet der Heilbehandlung und der Rehabi-

Ursadienbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung

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litation von Unfallfolgen bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden erhalten. Diesen besonderen Aufgaben muß auch die Begutachtung gerecht werden. Beamte, Soldaten, Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen, Schwestern vom Deutschen Roten Kreuz und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, selbständig beruflich tätige Ärzte, Heilpraktiker, Zahnärzte, Dentisten und Apotheker sind versicherungsfrei. Unternehmer können dann versichert sein, wenn die Satzung des Trägers der Unfallversidierung die Versicherung auf Unternehmer erstreckt. Im anderen Falle können sie der Unfallversicherung freiwillig beitreten. E. Versicherungsfall 1. Arbeitsunfall Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 548 Reichsversicherungsordnung) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer Tätigkeit erleidet, durch die er in den versicherten Personenkreis einbezogen wurde, z. B. also ein Unfall bei der Tätigkeit im Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis (§ 539, Abs. 1 N r . 1 Reichsversicherungsordnung), als Heimarbeiter, Zwischenmeister, Hausgewerbetreibender (§ 539, Abs. 1 N r . 2 Reichsversicherungsordnung) usw. (s. o. D. „Versicherter Personenkreis"). Als versicherte Tätigkeit gilt auch das Geldabheben bei einem Bankinstitut bei bargeldloser Lohnzahlung, und zwar das erstmalige Aufsuchen der Bank nach Ablauf eines Lohn- oder Gehaltszahlungszeitraumes. Der Begriff des Unfalls ist im Gesetz nicht definiert, sondern durch die Rechtsprechung entwickelt. Danach ist ein Unfall ein körperlich schädigendes, plötzliches, d . h . zeitlich begrenztes Ereignis. Das Erfordernis der zeitlichen Begrenzung ist erfüllt, wenn das schädigende Ereignis innerhalb einer Arbeitsschicht eingetreten ist, auch wenn ein näherer Zeitpunkt der Schädigung nicht festgestellt werden kann. Weil nach der zuvor angeführten gesetzlichen Bestimmung ein Unfall dann ein Arbeitsunfall ist, wenn ein Versicherter ihn bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, muß das körperlich schädigende zeitlich begrenzte Ereignis mit der versicherten Tätigkeit in ursächlichem Zusammenhang stehen. Ob dieser Zusammenhang im Einzelfall nachgewiesen ist, ist in der Regel eine Frage, die durch die rechtliche Würdigung des Sachverhalts zu beantworten ist. Dabei können ärztliche Befunde oder die persönlichen Angaben des Verletzten zum Unfallhergang beim Arzt allerdings von Bedeutung sein. Die Mitwirkung des ärztlichen Gutachters mit seinem Sachverstand ist jedoch vorwiegend zur Klärung einer weiteren Frage erforderlich. Denn außer dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem zeitlich begrenzten Ereignis und der versicherten Tätigkeit muß ein solcher zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden bestehen. Für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist demnach zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles (Versicherungsfall) die Feststellung eines zweifachen Kausalzusammenhangs erforderlich, nämlich: 1. zwischen versicherter Tätigkeit und Unfallereignis — sogenannte haftungsbegründende Kausalität — 2. zwischen Unfallereignis und Körperschaden — sogenannte haftungsausfüllende Kausalität —. 2. Ursachenbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung Für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung gilt — wie das auch auf andere Rechtsgebiete etwa des Strafrechts oder des Zivilrechts zutrifft — ein ihr eigentümlicher

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Begriff der rechtserheblichen Verursachung. Das ist für die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität bei den sogenannten Zusammenhangsgutachten (s. dort S. 84), wie schon aus der Bezeichnung hervorgeht, v o n besonderer Bedeutung. Wenn nämlich an dem eingetretenen Erfolg (Körperschaden) mehrere Ursachen und nicht das angeschuldigte Ereignis allein mitgewirkt haben, so kann ein Arbeitsunfall nur anerkannt werden, wenn dieses Ereignis den schädigenden Erfolg wesentlich mitverursacht hat, wenn es also eine wesentliche Teilursache ist. In einem Urteil des Bundessozialgerichts (14. 7 . 1 9 5 5 — 8 R V 177/54 — ) sind zu diesem Ursachenbegriff in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung folgende Ausführungen gemacht: „. . . Danach sind nur solche Ursachen als adäquat und damit rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben, während die sonstigen Glieder der Kausalreihe, die nur rein philosophisch, nicht aber als Ursachen im Rechtssinne in Betracht kommen, auszuscheiden sind. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, so sind sie rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs annähernd gleichwertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber dem anderen eine überragende Bedeutung zu, so ist der betreffende Umstand allein Ursache im Rechtssinne " Bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs ist also die Frage zu beantworten, ob ein Ereignis wesentlich den Erfolg herbeigeführt hat oder ob es nur eine rechtlich unbeachtliche Gelegenheitsursache darstellt, die den Erfolg „ausgelöst" hat. (Beispiel: Eintritt einer habituellen Luxation während der Arbeit.) Dabei ist u. U . auch darüber zu entscheiden, ob durch den U n f a l l ausgelöste Geschehensabläufe, die außerhalb des körperlich-organischen, also im seelischen Bereich, liegen, als wesentliche Ursache anzusehen sind. Diese Geschehensabläufe werden im Sprachgebrauch als „Unfallneurosen" bezeichnet. Solche seelischen Störungen sind nur unter besonderen, sorgfältig zu prüfenden Voraussetzungen wesentlich, die hier nur skizziert werden können. D i e frühere Rechtsprechung, nach der die Unfallneurose als nicht unmittelbar organisch bedingt, sondern nur als eine psychologisch verständliche Reaktion und damit nicht als Unfallfolge im Rechtssinne angesehen wurde, ist durch das Bundessozialgericht nicht fortgesetzt worden. In dem maßgeblichen Urteil dieses Gerichts v o m 18. 12. 1962 (Entscheidungen des Bundessozialgerichts, Bd. 18, S. 173 ff.) heißt es vielmehr dazu u. a.: „Auch bei psychischen Reaktionen kann der „Anlage" nicht in jedem Fall von vornherein eine so überragende Bedeutung beigemessen werden, daß sie rechtlich die allein wesentliche „Ursache" ist und die vom Unfallereignis oder seinen organischen Folgen ausgehenden Einwirkungen auf die Psyche als rechtlich unwesentlich in den Hintergrund treten. Vielmehr ist u. a. zu prüfen, ob das Unfallereignis und seine organischen Auswirkungen ihrer Eigenart und Stärke nach unersetzlich, d. h. z. B. nicht mit anderen alltäglich vorkommenden Ereignissen austauschbar sind, und ob die Anlage so leicht „ansprechbar" war, daß sie gegenüber den psychischen Auswirkungen des Unfallereignisses die rechtlich allein wesentliche Ursache ist. Hierbei wird die Schwere des Unfallereignisses — im Verhältnis zu den später vorliegenden Erscheinungen betrachtet — vielfach gewisse Anhaltspunkte geben können. Weiterhin ist von Bedeutung, ob vor dem Unfallereignis eine völlig latente „Anlage" bestand oder ob diese sich bereits in Symptomen manifestiert hatte, deren Entwicklung durch das Unfallereignis — dauernd oder nur vorübergehend — beeinflußt worden ist." und weiter: „Auch nach der Auffassung des erkennenden Senats ist allerdings ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang in der Regel zu verneinen, wenn die psychischen Reaktionen wesentlich die Folge wunschbedingter Vorstellungen sind, die z. B. mit der Tatsache des Versichertseins oder auch mit persönlichen Lebenskonflikten in Zusammenhang stehen."

Ursachenbegriff in der gesetzlichen Unfallversicherung

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Von dergleichen psychischen Reaktionen sind die Tatbestände der bewußten Aggravation und Simulation zu trennen. Sie sind keine Unfallfolgen. In das Gebiet der rechtlichen Beurteilung seelischer Reaktionen auf ein Unfallereignis fällt auch die Frage, ob ein Selbstmord wesentlich durch einen Unfall verursacht worden ist. D a absichtliches Verursachen eines Unfalls den Versicherungsschutz ausschließt, ist der Selbstmord an der Arbeitsstelle und durch Betriebseinrichtungen kein Arbeitsunfall. Ein Selbstmord jedoch, der in einem durch einen Arbeitsunfall verursachten Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wird, ist eine Folge dieses Unfalls, so daß die Hinterbliebenen zu entschädigen sind. Ein rechtserheblicher Ursachenzusammenhang eines Freitodes mit einem Unfall kann aber auch schon dann bestehen, wenn die Fähigkeit zur Willensbildung durch Auswirkungen des Unfalls wesentlich beeinträchtigt war. Für die Entscheidung kommt es darauf an, in welchem Umfang bei Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit die seelische Störung (Depression) durch Auswirkungen des Unfalls hervorgerufen war. Ist eine solche Störung rechtlich wesentlich durch Unfallfolgen verursacht, so ist zu prüfen, in welchem Umfang dadurch die Fähigkeit des Verstorbenen „zu vernunftgemäß würdigenden folgerichtigen Überlegungen und darauf aufgebauter Entschließung beeinträchtigt war und welche Bedeutung derartige Veränderungen der Persönlichkeit f ü r den ,Entschluß' zur Selbsttötung hatten" (Bundessozialgericht Urteil vom 18. 12. 1962, Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bd. 18, S. 163). Es ist nicht erforderlich, daß ein Kausalzusammenhang mit Sicherheit nachgewiesen ist, es genügt vielmehr, daß er wahrscheinlich ist. Wahrscheinlich ist ein Zusammenhang nach der Rechtsprechung dann, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, daß sich darauf die richterliche Uberzeugung gründen kann. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt weder f ü r die haftungsbegründende, noch für die haftungsausfüllende Kausalität. Auf der anderen Seite wird ein besonderes Maß von Wahrscheinlichkeit wie „mit an Sicherheit grenzender" oder „überwiegender" Wahrscheinlichkeit nicht gefordert. In diesem Zusammenhang ist auf folgende Besonderheit zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hinzuweisen. Nach § 589, Abs. 2 Reichsversicherungsordnung besteht bei den Berufskrankheiten Asbestose (Nr. 30 der Anlage zur 7. Berufskrankheitenverordnung), Asbestose in Verbindung mit Lungenkrebs (Nr. 31), Silikose (Nr. 34) und Silikotuberkulose (Nr. 35) eine gesetzliche Vermutung dafür, daß der eingetretene Tod eines Versicherten Folge der Berufskrankheit ist, wenn der Versicherte zu Lebzeiten wegen einer der zuvor genannten Berufskrankheiten um 50 oder mehr vom Hundert in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert war. Diese Vermutung gilt nur dann nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht. Offenkundig bedeutet in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung, daß eine dieser Berufskrankheiten „ . . . mit einer jeden ernsthaften Z w e i f e l ausschließenden Wahrscheinlichkeit den T o d des Versicherten in medizinischem Sinne nicht erheblich mitverursacht und ihn mit einer jeden ernsthaften Z w e i f e l ausschließenden Wahrscheinlichkeit nicht um wenigstens ein Jahr beschleunigt hat." (Bundessozialgericht Urteil v o m 14. 3. 1968, Entscheidungen des Bundessozialgerichts Band 28, S. 38 f f . / 4 1 )

In der zitierten Entscheidung weist das Bundessozialgericht weiter darauf hin, daß die Vorschrift des § 589, Abs. 2 den Zweck habe, in den genannten Fällen die Hinterbliebenenrente grundsätzlich zu gewähren und daß daher nur in besonderen Ausnahmefällen von der Gewährung dieser Hinterbliebenenrente abgesehen werden könne.

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Durch den Arbeitsunfall können auch mittelbare Unfallfolgen rechtlich wesentlich verursacht sein. Sie sind den unmittelbaren rechtlich gleichwertig und in verschiedener Form denkbar (Beispiele: Hepatitis durch Behandlung mit Injektionen, Sturz infolge schwerer durch den Unfall verursachter körperlicher Behinderung u. ä.). Das Gesetz bezeichnet es ausdrücklich als mittelbare Unfallfolge, wenn der Versicherte auf einem notwendigen Wege zur Heilbehandlung eines Arbeitsunfalls bzw. zur orthopädischen Versorgung oder wegen einer zur Aufklärung des Sachverhalts angeordneten Untersuchung oder bei der Durchführung solcher Maßnahmen einen Unfall erleidet (§ 555 Reichsversicherungsordnung) . 3. Verschlimmerung Folgen eines Unfalls können sich sowohl verschlimmern als auch bessern. Solche Änderungen in den Unfallfolgen sind nur dann rechtserheblich, wenn sie wesentlich sind. Wesentlich ist eine Änderung, wenn sich dadurch der Prozentsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf die Dauer um mehr als 5 v. H . geändert hat (Beispiel: 20 v. H . auf 30 v. H., 25 v. H . auf 33Vs v. H . usw. und umgekehrt). Dieser Grundsatz gilt nach der letzten Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. 3. 1971 — 2 RU 39/70 — ohne Einschränkung. Das Bundessozialgericht hat mit diesem Urteil die frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach unter bestimmten Umständen eine Änderung um 5 v. H . als wesentlich anzusehen war, so wenn etwa die Gewährung oder der Entzug einer Verletztenrente davon abhing. Das Gericht hat dazu ausgeführt, es halte es für geboten, „ . . . an dem auf jahrzehntelange unfallmedizinische Erfahrung gestützten Prinzip, daß Abweichungen um nicht mehr als 5 v. H. bei der Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit außer Betracht bleiben müssen, festzuhalten und diesen Grundsatz noch dadurch zu festigen, daß Ausnahmen hiervon nicht mehr anerkannt werden . . . "

Ein Arbeitsunfall kann aber auch ein bestehendes Leiden verschlimmern. Ist der Unfall eine wesentliche Teilursache für eine solche Verschlimmerung, so ist die Verschlimmerung Unfallfolge. Es sind verschiedene Möglichkeiten einer solchen Verschlimmerung denkbar. Die Verschlimmerung kann eine vorübergehende oder dauernde sein, sie kann einmalig oder auch richtunggebend, d. h. den ganzen weiteren Verlauf bestimmend sein. Die Frage der Verschlimmerung eines bestehenden Leidens durch einen Unfall ist bei Tod durch dieses Leiden besonders zu prüfen. Der Unfall ist als wesentliche Teilursache dann anzuerkennen, wenn das Leben des Versicherten durch den Unfall um wenigstens ein Jahr verkürzt worden ist.

4. Dem Arbeitsunfall gleichgestellte Tatbestände a) Unfälle bei der Verwahrung des Arbeitsgeräts, Unfälle auf dem Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit (Wegeunfälle) Als Arbeitsunfälle werden nicht nur die Unfälle in unmittelbarem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit entschädigt, sondern auch Unfälle, die nur in mittelbarem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. So gilt ein Unfall bei einer mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Verwahrung, Beförderung, Instandhai-

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tung und Erneuerung des Arbeitsgeräts als Arbeitsunfall, und zwar auch dann, wenn dieses Arbeitsgerät vom Versicherten gestellt wird (§ 549 RVO). Angesichts der Entwicklung des Verkehrs sind die Unfälle, die der Versicherte auf dem Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit erleidet, von besonderer Bedeutung. Dabei ist „Weg" nicht im Sinne von Wegstrecke, sondern von Fortbewegung von einem bestimmten Ausgangspunkt auf ein bestimmtes Ziel hin zu verstehen. Versichert ist nur der unmittelbare verkehrsgerechte Weg von der Wohnung des Versicherten zur Arbeitsstätte. Das gleiche gilt für die Wege von und zur Schule, zur Hochschule und zum Kindergarten und zu deren Veranstaltungen (§ 550 RVO). Durch das Gesetz über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. 3. 1971 (s. o. unter D) ist der Versicherungsschutz auf dem Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit durch die nachfolgende Ergänzung des § 550 Reichsversicherungsordnung erweitert worden: „ . . . Die Versicherung ist nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherte von dem unmittelbaren Wege zwischen der Wohnung und dem Ort der Tätigkeit abweicht, weil sein Kind (§ 583, Abs. 5 RVO), das mit ihm in einem Haushalt lebt, wegen seiner oder seines Ehegatten beruflicher Tätigkeit fremder Obhut anvertraut wird "

Danach sind Versicherte auf dem Wege zur Arbeit oder auf dem Heimweg von der Arbeit auch auf einem Umweg versichert, wenn dieser Umweg wegen der durch die berufliche Tätigkeit der Eltern notwendigen Unterbringung ihres Kindes in fremder Obhut erforderlich ist. Als Kinder gelten nach dem in der ergänzten Vorschrift genannten § 583, Abs. 5 Reichsversicherungsordnung 1. die ehelichen Kinder, 2. die in den Haushalt des Verletzten aufgenommenen Stiefkinder, 3. die für ehelich erklärten Kinder, 4. die an Kindes Statt angenommenen Kinder, 5. die unehelichen Kinder eines männlichen Verletzten, wenn seine Vaterschaft oder seine Unterhaltspflicht festgestellt ist, 6. die unehelichen Kinder einer Verletzten, 7. die Pflegekinder (d. h. Personen, mit denen der Verletzte durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie in seinem Haushalt aufgenommen hat — § 2, Abs. 1, Nr. 6 Bundes-Kindergeldgesetz), wenn das Pflegekindschaftsverhältnis vor dem Arbeitsunfall begründet worden ist, 8. die Enkel und Geschwister, die der Verletzte vor dem Arbeitsunfall, entsprechend § 2, Abs. 1, Nr. 7 Bundes-Kindergeldgesetz, in seinen Haushalt aufgenommen hat oder überwiegend unterhält. Andere Umwege und Zwischenaufenthalte können den Zusammenhang unterbrechen, wenn sie in unverhältnismäßiger Zeitdauer zur Wegstrecke stehen, auch lösen. Die Wahl des Verkehrsmittels, mit dem der Versicherte den Weg zurücklegt, ist ohne Bedeutung. Der Weg beginnt und endet jeweils an der Außentür des Unternehmens bzw. an der Außenhaustür des Wohngebäudes. Wege innerhalb des Wohngebäudes sind nicht mehr versichert. Wenn der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung von dem O r t der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat, gilt auch der Weg zu dieser ständigen Familienwohnung als versichert. b) Unternehmen der Binnenschiffahrt Bei den Unternehmen der Binnenschiffahrt ist ein besonderer Versicherungsschutz für Tätigkeiten gegeben, die in mittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit in der Binnen-

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Schiffahrt stehen. In diesen Unternehmen gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall, der durch Elementarereignisse, durch die in einem Hafen eigentümlichen Gefahren im H a f e n gebiet, bei der Beförderung vom Land zum Fahrzeug oder vom Fahrzeug zum Land oder beim Retten oder Bergen von Menschen oder Sachen eintritt. c) Berufskrankheiten Während nach altem Recht das Recht der Unfallversicherung auch auf Berufskrankheiten ausgedehnt war, gelten nach der Neuordnung des Rechtes der gesetzlichen Unfallversicherung durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz Berufskrankheiten nunmehr als Arbeitsunfälle. Berufskrankheiten sind nach den gesetzlichen Vorschriften die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Zur Zeit ist die der 7. Berufskrankheitenverordnung vom 20. 6. 1968 (Bundesgesetzblatt Teil I 1968, S. 721 ff.) als Anlage 1 angefügte Liste maßgebend (s. S. 111, und dazu die Merkblätter des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zu den in dieser Liste ausgeführten Berufskrankheiten). In der 7. Berufskrankheiten-Verordnung ist die in den vorangehenden Rechtsverordnungen enthaltene Bezeichnung der Unternehmen, in denen die Berufskrankheiten erworben sein mußten, um entschädigungspflichtig zu sein, entfallen. Diese Bezeichnung hatte ihre praktische Bedeutung ohnehin weitgehend verloren. Zu beachten ist aber weiterhin, daß 1. Infektionskrankheiten (Nr. 37 der Liste) 2. Augenzittern (Nr. 40) 3. Meniskusschäden (Nr. 42) als Berufskrankheiten nur anerkannt werden, zu 1. wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war; zu 2. bei Bergleuten; zu 3. nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tage. Wenn auch Berufskrankheiten durch ein Unfallereignis, d. h. also ein zeitlich begrenztes Ereignis, entstehen können, wie z. B. bei Erkrankung durch Einwirkung von Kohlenoxyd, so ist doch im allgemeinen ein Zeitpunkt für das Entstehen einer Berufserkrankung nicht feststellbar oder die Erkrankung wird erst durch längere Einwirkung des schädigenden Stoffes erworben. Da nun aber eine Berufskrankheit als Arbeitsunfall giltt, m u ß der Zeitpunkt der Entstehung fingiert werden. Das Gesetz (§ 551 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung) bestimmt daher, daß als Zeitpunkt des Arbeitsunfalls der Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit gilt. Krankheit im Sinne der Krankenversicherung beginnt entweder mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit oder mit der Notwendigkeit, wegen einer Erkrankung ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Für die Berechnung der Entschädigung und für die Berechnung von Ausschlußfristen können noch andere Zeitpunkte fingiert werden; hierauf ist aber im Zusammenhang dieser Darstellung nicht einzugehen. Bei Berufskrankheiten sind besondere Verfahrensvorschriften von Bedeutung. So besteht nach der Berufskrankheiten-Verordnung für jeden Arzt oder Zahnarzt die gesetzliche und erzwingbare — der Anzeige etwa nach dem Bundesseuchengesetz rechtlich vergleichbare — Pflicht, eine Anzeige zu erstatten, falls er den begründeten Verdacht hat, daß bei einem Versicherten eine Berufskrankheit besteht (§ 5, 7. Berufskrankheiten-Ver-

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Ordnung). Die Anzeige ist unverzüglich dem zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften usw.) oder der f ü r den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle — in der Regel dem Staatlichen Gewerbearzt — zu erstatten. Dazu ist der in der Anlage 3 der 7. Berufskrankheiten-Verordnung festgelegte Vordruck „Ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit" (grüne Farbe) zu verwenden. Die Vordrucke werden von den Bezirksstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellt. Weiterhin h a t die f ü r den medizinischen Arbeitsschutz (Staatlicher Gewerbearzt) zuständige Stelle, falls sie es f ü r erforderlich hält, den Versicherten zu untersuchen oder f ü r Rechnung des Unfallversicherungsträgers untersuchen zu lassen und diesem Träger ein Gutachten zu erstatten. Schlägt die Stelle dem Unfallversicherungsträger Beweiserhebungen vor, so hat der Träger solchen Vorschlägen zu folgen, es sei denn, d a ß eine entsprechende Beweiserhebung bereits eingeleitet ist. Außerdem besteht eine gegenseitige Informationspflicht über die eingeleiteten Maßnahmen. Die f ü r den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle ist also bei Berufskrankheiten im Gegensatz zu dem sonstigen Verfahren im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung in gewissem Umfang H e r r des Ermittlungsverfahrens (§ 7). Besondere gutachtliche Aufgaben ergeben sich aus der Verpflichtung der Unfallversicherungsträger zur Vorbeugung von Berufskrankheiten. Besteht nämlich f ü r einen Versicherten die Gefahr, daß eine Berufskrankheit entsteht, wieder auflebt oder sich verschlimmert, so hat der Versicherungsträger „mit allen geeigneten Mitteln dieser Gefahr entgegenzuwirken" (§ 3). U m diese Mittel — etwa vorbeugende Heilbehandlung, Kurgewährung o. ä., aber auch Wechsel des Arbeitsplatzes oder des Berufes — einzusetzen, bedarf es der gutachtlichen Stellungnahme und der Mitwirkung des arbeitsmedizinisch erfahrenen Arztes. D a bereits das Entstehen einer Berufskrankheit zu verhindern ist, kann die ärztliche Tätigkeit bereits vor dem Zeitpunkt erforderlich sein, zu dem die „Ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit" zu erstatten wäre. Minderungen des Verdienstes oder sonstige wirtschaftliche Nachteile, die der Versicherte durch die Einstellung der gefährdenden Tätigkeit erleidet, sind vom Unfallversicherungsträger durch als „Übergangsleistungen" bezeichnete Geldleistungen auszugleichen. Nicht unmittelbar in den Bereich des Rechtes der Berufskrankheiten, jedoch in das Gebiet der Vorbeugung gegen außergewöhnliche Unfall- oder Gesundheitsgefahren bei der Arbeit und damit auch von Berufskrankheiten gehören die vorbeugenden ärztlichen Untersuchungen, über die die Berufsgenossenschaften Vorschriften zu erlassen haben (§ 708, Abs. 3 RVO). Dabei ergeben sich spezielle gutachtliche Aufgaben f ü r den arbeitsmedizinisch erfahrenen Arzt. Für diese Aufgabe gibt der H a u p t v e r b a n d der gewerblichen Berufsgenossenschaften „Grundsätze f ü r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen" heraus, die ständig ergänzt werden. Die Beschränkung der Entschädigungspflicht auf diejenigen Krankheiten, die in der jeweils geltenden Liste der Berufskrankheiten enthalten sind, kann zu H ä r t e n führen. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, daß beruflich erworbene Erkrankungen festgestellt werden konnten, etwa durch die Verwendung neuartiger Stoffe in der Industrie o. ä., die nicht in der Verordnung enthalten waren. Da zwischen der Zusammenstellung der einzelnen Listen naturgemäß längere Zeiträume eintreten, waren die Ansprüche auf Entschädigung für solche Erkrankungen abzulehnen. Dies führte in Einzelfällen zu unbilligen Entscheidungen. Die durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz geänderten gesetzlichen Vorschriften sehen f ü r solche Fälle eine Möglichkeit der Entschädigung vor. Es sollen von der Bundesregierung in die obengenannte Rechtsverordnung solche Krankheiten aufge-

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nommen werden, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Wird nun eine Erkrankung dieser Art festgestellt, die nicht in die Rechtsverordnung aufgenommen ist, so soll der Unfallversicherungsträger sie wie eine Berufskrankheit entschädigen. Voraussetzung ist, daß neue Sachverhalte und neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die zur Zeit der Abfassung der Rechtsverordnung noch nicht vorlagen, f ü r den Ursachenzusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit des Erkrankten sprechen.

F. Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten 1. Abstrakter Schadensersatz Die gesetzliche Aufgabe der Unfallversicherung ist es, 1. Arbeitsunfälle zu verhüten, 2. nach Eintritt eines Arbeitsunfalls den Verletzten, seine Angehörigen und seine Hinterbliebenen zu entschädigen. Für die Begutachtung ist vor allem die zweite Aufgabe, nämlich die der Entschädigungsleistung, von Bedeutung. Bei der Erfüllung der hier gestellten Aufgabe, öffentlich-rechtliche Schadensersatzansprüche des Versicherten zu befriedigen, sind die Berufsgenossenschaften auf die Unterstützung der Ärzte sowohl bei der Behandlung der Verletzten als auch bei ihrer Entschädigung angewiesen. Der Anspruch des Versicherten auf Geldleistungen ist dabei ein abstrakter, d. h. die zu gewährenden Geldleistungen werden nicht individuell nach dem eingetretenen Schaden, wie Einkommensverlust o. ä. berechnet, sondern nach allgemeinen f ü r alle Versicherten gleichmäßig geltenden Maßstäben, die durch die gesetzlichen Vorschriften festgelegt sind. Ein Versicherter kann also wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls auch dann einen Anspruch auf Geldleistungen haben, wenn ihm ein Einkommensverlust durch den Unfall nicht entstanden ist. Entschädigt wird nur der Körperschaden, nicht aber der Sachschaden. Auch besteht kein Anspruch auf Schmerzensgeld. Allerdings werden der Verlust oder die Beschädigung eines beim Unfall getragenen Körperersatzstückes oder größeren orthopädischen Hilfsmittels als Körperschaden angesehen und ersetzt bzw. wiederhergestellt. Die Entschädigungsansprüche des Versicherten sind durch Sach- und Geldleistungen zu befriedigen. 2. Sachleistungen Unter Sachleistungen fallen alle Maßnahmen zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, der Berufshilfe und zur Erleichterung der Verletzungsfolgen. Sie sind der wesentliche Teil der medizinischen und sozialen Rehabilitation eines Unfallverletzten. Als derartige Maßnahmen sieht das Gesetz Heilbehandlung, Pflege und Berufshilfe vor. a) Heilbehandlung Die Heilbehandlung hat mit allen geeigneten Mitteln zu erfolgen und umfaßt die ärztliche (zahnärztliche) Behandlung, die Versorgung mit Arznei, Heilmitteln, die Ausstattung mit Körperersatzstücken und orthopädischen Hilfsmitteln, die Durchführung

Sachleistungen

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von Versehrten-Leibesübungen und andere geeignete Heilmaßnahmen. Außerdem ist erforderlichenfalls Pflege zu gewähren. Dabei sind die Träger der Unfallversicherung verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst bald nach dem Arbeitsunfall einsetzende, schnelle und sachgemäße Heilbehandlung, insbesondere unfallmedizinische Versorgung, gewährleistet wird. Die Verantwortung für die Durchführung der Heilbehandlung wird den Unfallversicherungsträgern ausdrücklich übertragen. Zur Durchführung ihrer Aufgaben auf dem Gebiete der Heilbehandlung haben die Berufsgenossenschaften seit Jahrzehnten besondere organisatorische Maßnahmen entwickelt. Sie stehen unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit einer möglichst bald nach dem Arbeitsunfall einsetzenden schnellen und sachgemäßen, insbesondere — soweit nötig — fachärztlichen oder besonderen unfallmedizinischen Versorgung. Daher werden diese organisatorischen Maßnahmen von den beiden Grundsätzen der Rechtzeitigkeit und der Auswahl getragen. Es kommt für den Erfolg der Heilbehandlung nämlich wesentlich darauf an, daß der Unfallverletzte unverzüglich nach dem Unfall ärztliche Versorgung erfährt und daß bei dieser Versorgung zugleich festgestellt wird, ob die Art der Verletzung eine besondere fachärztliche oder unfallmedizinische Behandlung erfordert. Diese Aufgaben hat der von den Berufsgenossenschaften bestellte Durchgangsarzt. Er führt die Erstversorgung durch, legt den festgestellten Befund und seine Diagnose nieder und entscheidet kraft der ihm erteilten Ermächtigung darüber, ob besondere fachärztliche Behandlung erforderlich ist. Ist sie erforderlich, dann leitet der Durchgangsarzt diese Behandlung als berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung ein. Bei Verletzungen auf dem Fachgebiet der Augenheilkunde oder der Hals-NasenOhren-Erkrankungen übernehmen diese Aufgabe alle Fachärzte dieser Fachgebiete. Bei einer vertraglich festgelegten Auswahl von Verletzungen auf diesem Fachgebiet leiten sie berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung ein. Bei bestimmten schweren Verletzungen, die stationärer Behandlung bedürfen, ist die Auswahl vorweg getroffen worden. Diese Verletzungen werden durch das sogenannte Verletzungsartenverfahren erfaßt. Für die Behandlung solcher schweren Verletzungen sind nur Krankenhäuser zugelassen, die über besondere personelle und technische Einrichtungen verfügen. Die durch diese besondere Auswahl festgelegten Verletzungsarten sind in einem besonderen Verzeichnis enthalten. Es handelt sich um folgende Verletzungsarten (Stand 1966): 1. Ausgedehnte oder tiefgehende Verbrennungen oder Verätzungen 2. Ausgedehnte oder tiefgehende Weichteilverletzungen 3. Quetschungen mit drohenden Ernährungsstörungen, ausgenommen an Fingern und Zehen 4. Verletzungen mit Eröffnung großer Gelenke 5. Eitrige Entzündungen der großen Gelenke 6. Verletzungen der großen Nervenstämme an Arm oder Bein und Verletzungen der Nervengeflechte 7. Quetschungen oder Prellungen des Gehirns (contusio oder compressio cerebri) 8. Quetschungen oder Prellungen der Wirbelsäule mit neurologischen Ausfallserscheinungen 9. Brustkorbverletzungen, wenn sie mit Eröffnung des Brustfells, mit erheblichem Erguß in den Brustfellraum, mit stärkerem Blutverlust oder mit Beteiligung innerer Organe verbunden sind 10. Stumpfe oder durchbohrende Bauchverletzungen

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11. Verletzungen der Nieren- oder Harnwege 12. Verrenkungen der Wirbel, des Schlüsselbeins, im Handwurzelbereich, des Hüftgelenks, des Kniegelenks oder im Fußwurzelbereich 13. Verletzungen der Beugesehnen der Finger, der körperfernen Sehne des Armbizeps und der Achillessehne 14. Folgende Knochenbrüche: a) Offene Brüche des Hirnschädels b) Geschlossene Brüche des Hirnschädels mit Gehirnbeteiligung, ausgenommen mit leichter Gehirnerschütterung c) Brüche im Augenhöhlenbereich d) Wirbelbrüche, ausgenommen Dorn- und Querfortsatzbrüche e) Schulterblatthalsbrüche mit Verschiebung f) Offene Brüche des Ober- und Unterarms g) Geschlossene Brüche des Ober- und Unterarms mit starker Verschiebung oder mit Splitterung, ausgenommen Speichenbrüche an typischer Stelle h) Brüche mehrerer Röhrenknochen oder mehrfache Brüche eines Röhrenknochens i) Beckenbrüche, ausgenommen Beckenschaufelbrüche und unverschobene Scham- und Sitzbeinbrüche j) Brüche des Oberschenkels einschließlich des Schenkelhalses k) Klaffende Brüche oder Trümmerbrüche der Kniescheibe 1) Offene Brüche des Unterschenkels m) Geschlossene Brüche des Unterschenkels mit starker Verschiebung oder Splitterung n) Brüche eines Knöchels mit Verschiebung oder Splitterung o) Brüche des Fersenbeins mit stärkerer Höhenverminderung oder Verschiebung, Brüche des Sprungbeins, verschobene Brüche des Kahn- oder Würfelbeins oder eines Keilbeins p) Stark verschobene oder abgeknickte Brüche eines Mittelfußknochens. Schließlich sind noch an der Durchführung der Heilbehandlung die Ärzte zu beteiligen, die dazu fachlich befähigt, entsprechend ausgestattet und zur Übernahme der damit verbundenen Pflichten bereit sind. Es handelt sich u m die sogenannten H-Ärzte, deren Beteiligung durch von den kassenärztlichen Vereinigungen zusammen mit den Landesverbänden der gewerblichen Berufsgenossenschaften zu bildende Ausschüsse ausgesprochen wird. Die Verantwortung der Unfallversicherungsträger für die Heilbehandlung und die daraus folgende Notwendigkeit organisatorischer Maßnahmen bewirken, daß der Grundsatz der freien Arztwahl nicht, bzw. nur eingeschränkt gilt. Solange der Verletzte während der Heilbehandlung arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung ist und kein Entgelt erhält, hat er Anspruch auf Verletztengeld. Arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung ist ein Versicherter, wenn er wegen seiner Verletzung bzw. Erkrankung nicht oder doch nur unter der Gefahr, seinen Zustand in absehbarer Zeit zu verschlimmern, fähig ist, seine bisherige unmittelbar vor dem Unfall ausgeübte Tätigkeit fortzusetzen. Das Verletztengeld wird nach den gleichen Grundsätzen wie das Krankengeld berechnet, ist aber vielfach höher als dieses Krankengeld selbst. Im Falle berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung haben die Unfallversicherungsträger das gesamte Verletztengeld zu übernehmen, bei kassenärztlicher Heilbehandlung trägt die Krankenkasse ihr Krankengeld bis zum Ablauf des 18. Tages nach dem Unfall.

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b) Berufshilfe Mit der Berufshilfe sollen unter Anwendung aller geeigneten Mittel dem Verletzten die Wiederaufnahme seines früheren Berufs, die Aufnahme eines anderen Berufs oder einer anderen Erwerbstätigkeit ermöglicht bzw. ihm zur Erhaltung oder Erlangung einer Arbeitsstelle verholfen werden. Die Berufshilfe umfaßt die Maßnahmen zur Wiedergewinnung der Fähigkeit, den bisherigen oder einen nach Möglichkeit gleichwertigen Beruf oder eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, weiterhin die Ausbildung für einen anderen zumutbaren Beruf oder eine andere zumutbare Erwerbstätigkeit und schließlich Hilfe zur Erhaltung oder Erlangung einer zumutbaren, nach Möglichkeit gleichwertigen Arbeitsstelle im Zusammenwirken mit der Bundesanstalt für Arbeit. Außerdem soll die nachgehende Berufshilfe betrieben werden, d. h. also, die Berufsgenossenschaft hat auch für den weiteren beruflichen Werdegang des Versicherten zu sorgen. Die Berufshilfe als Maßnahme der Rehabilitation eines Unfallverletzten ist von großer Bedeutung. Daher muß auch ein ärztlicher Gutachter, der einen Unfallverletzten wegen der Unfallfolgen untersucht und begutachtet, den nach dem Unfall verbliebenen Leistungszustand des Verletzten prüfen. Er sollte nach ärztlichen Gesichtspunkten Ratschläge für zweckmäßige berufshelferische Maßnahmen erteilen. c) Pflege Schwerwiegende Unfallfolgen bedingen besondere Maßnahmen der Unfallversicherungsträger, wenn der Versicherte durch sie pflegebedürftig wird. Eine solche Pflegebedürftigkeit besteht dann, wenn der Verletzte infolge des Arbeitsunfalls so hilflos ist, daß er nicht ohne Wartung und Pflege sein kann. Beispiele für eine solche Pflegebedürftigkeit sind Querschnittlähmungen, Erblindungen o. ä. Die Gewährung von Pflege ist eine Sachleistung und besteht in der Gestellung der erforderlichen Hilfe und Wartung durch Krankenpfleger, Krankenschwestern oder Hauspflege, bzw. in der Gewährung von Unterhalt und Pflege in einer geeigneten Anstalt, wenn der Verletzte einer solchen Unterbringung nicht widerspricht. Die besondere Lage auf dem Gebiet der pflegerischen Berufe macht solche Maßnahmen in aller Regel nicht möglich. Der Verletzte ist vielmehr darauf angewiesen, im eigenen Familienkreis die erforderliche Pflege zu finden. Daher sieht das Gesetz vor, daß anstelle dieser pflegerischen Maßnahmen ein Pflegegeld gewährt werden kann. In der Praxis wird entsprechend verfahren (S. 82). Als Pflegegeld ist ein Betrag zwischen DM 145,— bis DM 583,— monatlich durch die gesetzlichen Vorschriften vorgesehen. Stand 1. 1. 1971. Das Pflegegeld ist den Veränderungen der durchschnittlichen Bruttolohn- und -gehaltssumme durch Gesetz anzupassen (§ 579 RVO). Ein solches Pflegegeld kann angemessen erhöht werden, wenn die Aufwendung für fremde Wartung und Pflege den Betrag übersteigen. 3. Geldleistungen a) Verletztenrente Nach Beendigung der Heilbehandlung und Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung hat der Versicherte Anspruch auf Verletztenrente, wenn bei ihm wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls eine Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus besteht. Der Beginn einer durch den Arbeitsunfall verursachten Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung steht dem Fortfall der Arbeitsunfähigkeit gleich, jedoch setzt die Zahlung der Verletztenrente spätestens mit dem Beginn der 79. Woche ein, es sei denn, daß der Verletzte sich zu dieser Zeit noch in stationärer Behandlung befindet. War der Versicherte wegen des Arbeitsunfalls nicht arbeitsunfähig, hat er aber durch diesen eine Minde2 Günther-Hymnen, Unfallbegutaditung

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rung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche hinaus erlitten, so hat er Anspruch auf Rente vom Tage nach dem Arbeitsunfall ab. Voraussetzung für die Zahlung einer Verletztenrente ist demnach der Versicherungsfall (Arbeitsunfall oder gleichgestellte Tatbestände), der Fortfall der Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen oder die diesem Fortfall gleichgestellten Tatbestände und schließlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus. Diese Minderung der Erwerbsfähigkeit muß wenigstens ein Fünftel (20 v. H.) entweder durch die Folgen des Arbeitsunfalls allein oder durch mehrere Arbeitsunfälle betragen. Den Arbeitsunfällen stehen dabei gleich, Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigung gewähren. H a t der Verletzte infolge des Arbeitsunfalls seine Erwerbsfähigkeit verloren, so erhält er die Vollrente. Diese beträgt 2/s des Jahresarbeitsverdienstes. Im anderen Falle erhält er als Teilrente den Teil der Vollrente, der dem Grade der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit entspricht. Die Höhe der Verletztenrente richtet sich nach dem Einkommen des Versicherten im Jahre vor dem Arbeitsunfall (sogenannter Jahresarbeitsverdienst). Der Jahresarbeitsverdienst beträgt mindestens das Dreihundertfache des sogenannten Ortslohns, höchstens DM 36 000,—, sofern nicht die Satzung eines Unfallversicherungsträgers einen höheren Betrag bestimmt. Bei Arbeitsunfällen von Schülern und Kindern ist bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres die Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes besonders geregelt (§ 575, Abs. 3 RVO). Wesentliche Vorausetzung für die Gewährung einer Verletztenrente durch den Unfallversicherungsträger ist daher das Vorliegen einer rechtserheblichen Minderung .der Erwerbsfähigkeit. Zu ihrer Feststellung ist das ärztliche Gutachten erforderlich. Bei der Begutachtung muß der für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebliche Begriff der Erwerbsfähigkeit bzw. der Minderung der Erwerbsfähigkeit berücksichtigt werden. Zur Feststellung der verbliebenen Erwerbsfähigkeit nach dem Arbeitsunfall ist von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor dem Arbeitsunfall auszugehen. Diese ist der vollen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor der eingetretenen Schädigung gleichzusetzen. Danach ist durch entsprechende Untersuchung festzustellen, ob diese Erwerbsfähigkeit durch den Körperschaden auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens eingeschränkt worden ist. Da es sich um einen abstrakten Schadensersatz handelt, ist für die Schätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit grundsätzlich der Bezug auf die Möglichkeiten des Gesamtgebiets des Erwerbslebens (allgemeiner Arbeitsmarkt) erforderlich. Bei dieser Schätzung kann von allgemeinen Erfahrungssätzen, wie sie nachfolgend dargelegt sind, ausgegangen werden. Jedoch muß dabei stets der Einzelfall mit seinen Besonderheiten berücksichtigt werden. Es gibt keine sogenannte „Gliedertaxe" oder „Knochentaxe". Der grundsätzliche Bezug auf das Gesamtgebiet des Erwerbslebens gilt nicht ohne jede Rüdssicht auf die individuellen Verhältnisse des Verletzten. Kann der Verletzte „bestimmte, von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen", ohne daß ein Ausgleich „durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihm zugemutet werden kann", vorhanden ist, so sind solche Nachteile „bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen" (§ 581 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung).

Geldleistungen

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Da damit der Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung nicht aufgegeben wird, können dergleichen Nachteile nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Allein die Tatsache etwa, daß ein erlernter Beruf wegen der Unfallfolgen nicht mehr ausgeübt werden kann, genügt nicht. Es muß sich im Einzelfall vielmehr um ganz spezielle berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse handeln, deren Ausübung durch den Unfall beeinträchtigt wird, zugleich muß die Verweisung auf die zumutbare Nutzung anderer Fähigkeiten unmöglich sein. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit muß durch 5 teilbar sein oder 33 V3 bzw. 66 2 /3 v. H . betragen. Eine Minderung von weniger als 10 v. H . ist nicht zu berücksichtigen. b) Vorläufige Rente - Dauerrente Die Verletztenrente wird als vorläufige oder Dauerrente gewährt. Eine vorläufige Rente wird während der ersten 2 Jahre festgestellt, wenn die Rente noch nicht als Dauerrente festgesetzt werden kann. Diese vorläufige Rente kann bei Änderung der Verhältnisse jederzeit anders festgestellt werden, vorausgesetzt, daß die Änderung wesentlich ist (S. 10, Abschnitt E 3). Die Rente wird mit Ablauf von 2 Jahren nach dem Unfall Dauerrente. Eine solche Dauerrente kann bei Vorliegen wesentlicher Änderungen, jedoch nur in Abständen von mindestens einem Jahr nach dem Zeitpunkt, zu dem kraft Gesetzes Dauerrente geworden oder der letzte Bescheid über eine Dauerrente zugestellt worden ist, geändert werden. Für den Unfallversicherungsträger kann es von beträchtlicher Bedeutung sein, wenn die vorläufige Rente nicht kraft Gesetzes zur Dauerrente wird, sondern eine besondere Feststellung der Dauerrente erfolgt. Denn die erste Feststellung der Dauerrente in anderer Weise als die der vorläufigen setzt eine Änderung der Verhältnisse nicht voraus. Die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit hat demnach unabhängig von früherer Einschätzung nach dem objektiven Befund zu erfolgen. Daher ist es besonders wichtig, daß die Begutachtung für die erste Feststellung der Dauerrente unverzüglich nach Erteilung des Auftrages erfolgt. c) Entschädigung von Hinterbliebenen Die Entschädigung der Hinterbliebenen richtet sich bei Arbeitsunfällen mit tödlichem Ausgang ebenfalls nach dem Einkommen (Jahresarbeitsverdienst) des Versicherten im Jahre vor dem Unfall. Anspruchsberechtigt sind die hinterbliebene Ehefrau, die ehelichen, außerehelichen und an Kindes Statt angenommenen Kinder, Stief- und Pflegekinder unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen, unter bestimmten Bedingungen auch der Witwer und Eltern bzw. Großeltern. Die gesamte Entschädigung darf 4 /s des Jahresarbeitsverdienstes nicht überschreiten (näheres §§ 589—602 Reichsversicherungsordnung, zum Begriff des hinterbliebenen Kindes s. außerdem S. 11 unter 4 a). d) Abfindungen Der Anspruch auf Verletztenrente und der Anspruch auf Witwenrente können vom Unfallversicherungsträger abgefunden werden. Das Gesetz sieht für solche Abfindungen mehrere Möglichkeiten vor. Für die Entscheidung über eine Abfindung ist auch das ärztliche Gutachten von Bedeutung. Wenn nach allgemeinen Erfahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu erwarten ist, daß nur eine vorläufige Rente zu gewähren 2 *

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ist, so kann der Träger der Unfallversicherung diesen voraussichtlichen Rentenaufwand durch eine sogenannte Gesamtvergütung in der Höhe der voraussichtlichen Zahlungen abfinden. Diese Gesamtvergütung ist bei Unfallverletzungen, deren Folgen innerhalb der ersten 2 Jahre nach dem Unfall ohne wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit auszuheilen pflegen, von erheblicher praktischer Bedeutung. Der Gutachter wird zu überlegen haben, ob eine solche Gesamtvergütung empfohlen werden kann. Der Versicherte kann nach Ablauf des Zeitraums für den die Gesamtvergütung festgesetzt war, Antrag auf weitere Zahlung der Verletztenrente stellen. Der Versicherungsträger muß dann prüfen, ob noch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt, die den Anspruch auf weitere Zahlung der Verletztenrente begründet. Während die Gesamtvergütung vom Antrag des Verletzten unabhängig ist, können andere Abfindungen nur auf Antrag des Verletzten vorgenommen werden. Dabei ist zu unterscheiden, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Dauerrente von weniger als 30 v. H . der Vollrente oder von 30 v. H . und mehr zusteht. Ist die Dauerrente niedriger als 30 v.H., so wird auf Antrag des Verletzten mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrage endgültig abgefunden. Der Kapitalwert der Rente ergibt sich aus einer Rechtsverordnung der Bundesregierung. Er ist abhängig vom Lebensalter des Verletzten zur Zeit des Unfalls und von dem seit dem Unfall vergangenen Zeitraum in Jahren. Sind mehr als 15 Jahre seit dem Unfall vergangen, so wird ein besonderer Schlüssel für die Feststellung des Kapitalwertes angewandt. Dem Antrag eines Versicherten auf Abfindung der Dauerrente kann nur entsprochen werden, wenn die Abfindung im wohlverstandenen Interesse des Versicherten liegt. Außerdem muß sichergestellt sein, daß der endgültige Zustand der Verletzungsfolgen erreicht ist und daß wesentliche Änderungen für den Zeitraum nach der Abfindung nicht mehr zu erwarten sind. Schließlich muß festgestellt werden, ob der Versicherte sich in einem Gesundheitszustand befindet, der eine Kapitalabfindung rechtfertigt. Für diese beiden letzteren Feststellungen wird eine ärztliche Begutachtung erforderlich sein. Das trifft auch zu, sofern es sich um die Abfindung einer Dauerrente von 30 v. H . der Vollrente oder mehr bzw. einer Witwenrente handelt. Eine Abfindung dieser Renten kann nur zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes oder grundstücksgleicher Rechte erfolgen. Der Rentenempfänger muß das 21., darf aber noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben. Die Abfindungssumme beträgt das 9 fache des der Abfindung zu Grunde liegenden Jahresbetrags der Rente. Soweit die Rente abgefunden ist erlischt der Anspruch darauf für 10 Jahre mit Ablauf des Monats der Auszahlung. G. Verhältnis der Unfallversicherungsträger zu den Ärzten Die zahlreichen und mannigfaltigen Aufgaben der Unfallversicherungsträger bei der Entscheidung über Sach- und Geldleistungen sind nur im Zusammenwirken mit den Ärzten zu erfüllen. Die Beziehungen zu den Ärzten bedürfen daher besonderer Regelung. Die gegenseitigen Verpflichtungen sind teils gesetzlicher, teils vertraglicher Natur. Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Anzeigepflicht des Arztes von Berufskrankheiten (S. 12) ist vor allem die Auskunftspflicht des behandelnden Arztes von Bedeutung. Sie ist in § 1543 d der Reichsversicherungsordnung festgelegt in dem es heißt: „Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, dem Träger der Unfallversicherung Auskunft über die Behandlung und den Zustand des Verletzten zu erteilen . . . "

Für solche Auskunft hat der Arzt Anspruch auf eine Gebühr.

Verfahren

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Die Auskunft nach dieser gesetzlichen Vorschrift ist eine befugte Auskunft. Der Arzt verstößt demnach mit einer solchen Auskunftserteilung nicht gegen die Verpflichtung, das Berufsgeheimnis zu wahren, denn nur die unbefugte Offenbarung durch den Arzt ist strafbar. Die Auskunftsempfänger, nämlich die Organe des Unfallversicherungsträgers und seine Angestellten, sind ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet. Unbefugte Offenbarung dessen, was in amtlicher Eigenschaft über Krankheit oder andere Gebrechen Versicherter oder ihre Ursachen bekannt geworden ist, wird nach § 141 der Reichsversicherungsordnung mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten bestraft. Die Auskunftserteilung des Arztes ist erzwingbar. Gegen den zur Auskunft verpflichteten Arzt kann eine Ordnungsstrafe verhängt werden, wenn er die Auskunft nicht oder nicht in angemessener Frist erteilt. Zur Auskunftserteilung gehören auch die Herausgabe der Röntgenbilder und Mitteilungen über die vom Arzt gemachten Aufzeichnungen. Die gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen der Unfallversicherungsträger und der Ärzte sind im Abkommen Ärzte/Berufsgenossenschaften (Ärzteabkommen) festgelegt. In diesem Abkommen wird ausdrücklich festgestellt, daß die Unfallversicherungsträger für die Erfüllung ihrer Aufgaben der Mitarbeit aller Ärzte bedürfen. Für die Begutachtung ist wesentlich, daß der Arzt, der die erste ärztliche Versorgung geleistet oder den Verletzten behandelt hat, der Berufsgenossenschaft die Auskünfte, Berichte und Gutachten erstattet, die sie im Vollzuge ihrer gesetzlichen Aufgaben von ihm einholt (Ltn. 54). Dagegen verpflichten sich die Berufsgenossenschaften alle Auskünfte, Befundberichte und Gutachten lediglich für ihre eigenen Zwecke zu verwenden und ohne Einwilligung des betreffenden Arztes nicht Dritten zur Kenntnis zu geben, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften für die Berufsgenossenschaften eine Auskunftspflicht besteht (Ltn. 56). Für den Gutachter ist weiter von Bedeutung, daß der Unfallversidierungsträger darüber entscheidet, ob ein Formulargutachten oder ob ein freies Gutachten erstellt werden soll. Schließlich ist auf die im Abkommen übernommene Verpflichtung der Ärzteschaft zu pünktlicher Berichterstattung hinzuweisen. Für Rentengutachten ist eine Frist von längstens 3 Wochen vom Tage des Eingangs der Anforderung ab gerechnet vorgesehen (Ltn. 57). In diesem Zusammenhang ist auch der Vollständigkeit halber auf die vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegebenen Drucksache „Hinweise für die Erstattung von Berichten und Gutachten" hinzuweisen. H . Verfahren Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wird das Verfahren von Amts wegen betrieben. Der Versicherte braucht demnach nicht Anträge auf Entschädigung zu stellen. Vielmehr muß der Unfallversicherungsträger die Ermittlungen durchführen, die erforderlichen Gutachten beiziehen und über die Ansprüche des Unfallversicherten entscheiden. Soweit es sich um Entscheidungen über Verletzten- bzw. Hinterbliebenenrenten, über Pflege, Heilanstaltspflege oder Anstaltspflege oder über Kapitaläbfindungen handelt, ist die sogenannte förmliche Feststellung vorzunehmen. An der förmlichen Feststellung sind Vertreter der Versicherten zu beteiligen. Die förmliche Feststellung erfolgt durch die vom Vorstand eines Unfallversicherungsträgers eingesetzten Rentenausschüsse. Diese Rentenausschüsse sind mit einem Vertreter der Arbeitgeber und einem Vertreter der Versicherten besetzt. Die Rentenausschüsse haben die Feststellung der Entschädigung vorzunehmen, nachdem von den Verwaltungen die Entscheidungen entsprechend vorbereitet sind.

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Krankenversicherung

Sowohl die förmliche Feststellung durch Rentenbescheid als auch andere Entscheidungen des Versicherungsträgers über Ansprüche des Unfallverletzten sind hoheitliche Akte, sogenannte Verwaltungsakte. Sie sind daher nach rechtsstaatlichen Grundsätzen stets durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit nachprüfbar. Eine solche Nachprüfung abliegt den besonderen Verwaltungsgerichten der Sozialgerichtsbarkeit. In erster Instanz entscheiden über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes der Unfallversicherungsträger die Sozialgerichte, in der Berufungsinstanz die Landessozialgerichte und in der Revisionsinstanz das Bundessozialgericht. Auch diese Gerichte bedürfen für die Urteilsfindung der Beweisführung durch ärztliche Gutachten. Dem Versicherten entstehen durch die Anrufung der Sozialgerichtsbarkeit keine Kosten.

III. Krankenversicherung A. Allgemeines Ein kurzer Überblick über das System der gesetzlichen Krankenversicherung erscheint zweckmäßig, einmal weil ein Unfall mit seinen schädigenden Folgen als regelwidriger Körperzustand auch Krankheit bedeutet, außerdem weil der überwiegende Teil des in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreises zugleich in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Wegen dieses zweifachen Versicherungsverhältnisses können aus demselben Ereignis gleichzeitig Ansprüche sowohl gegen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wie die der Krankenversicherung entstehen. D a aber Doppelleistungen nicht erbracht werden, muß bestimmt werden, welcher Versicherungsträger in solchen Fällen leistungspflichtig ist. Ein summarischer Uberblick erscheint in diesem Zusammenhang gerechtfertigt, weil Fragen der Unfallbegutachtung im Gebiet der Krankenversicherung kaum zu beantworten sind. Sie können sich gelegentlich bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls ergeben, sie können aber auch bei der Prüfung der Frage entstehen, ob eine Krankheit Folge eines Unfalls und daher in den Bereich der Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers fällt oder, ob eine Krankheit vorliegt, für deren Versicherungsschutz allein die Krankenversicherung zuständig ist. Die Krankenversicherung hat die Aufgabe bei Krankheit, Entbindung und Tod, also bei den kurzfristigen Wechselfällen des Lebens, den Versicherten Versicherungsschutz zu gewähren. B. Träger der Krankenversicherung Die Aufgaben der Krankenversicherung werden von den Krankenkassen wahrgenommen. Sie sind wie die Träger der Unfallversicherung Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts. Ihre Organe sind gleichfalls paritätisch je zur Hälfte aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammengesetzt. Träger der Krankenversicherung sind die Ortskrankenkassen, die Landkrankenkassen :: "), die Betriebskrankenkassen und die Innungs-Krankenkassen. Die Aufgaben der Krankenkassen für Versicherte aus dem Bergbau und aus den seemännischen Berufen werden von der Bundes-Knappschaft bzw. der See-Krankenkasse durchgeführt. Schließlich sind für bestimmte Personenkreise die Ersatzkassen gebildet, denen Angehörige dieser Personenkreise freiwillig beitreten können. *) Ab 1. 10. 1972 die landwirtschaftlichen Krankenkassen bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossensdiaften. (Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vom 10. 8. 19/2 — B G B l T , S. 1433 ff. — ) .

Leistungen der Krankenversicherung

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C. Aufbringung der Mittel Die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlichen Mittel werden durch Beiträge aufgebracht. Die Beiträge werden grundsätzlich je zur Hälfte von den Versicherten und von den Arbeitgebern dieser Versicherten gezahlt. Die Festsetzung des Beitragssatzes erfolgt durch die Satzung der Krankenkasse. D. Versicherter Personenkreis Auch bei der Krankenversicherung besteht wie bei den anderen Trägern der Sozialversicherung für bestimmte Personengruppen Versicherungszwang. Zu diesen Personengruppen gehören: Arbeiter einschließlich Gesellen, Hausgehilfen, Gehilfen, Lehrlingen und Seeleuten, Angestellte, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung der Arbeiter geltenden Beitragsbemessung nicht übersteigt (1. 1. 1972 DM 1575,— monatlich), Personen, welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Rentenversicherung der Angestellten erfüllen und die Rente beantragt haben, Hausgewerbetreibende, selbständige Lehrer, Erzieher und Musiker, die keine Angestellten beschäftigen, Artisten, Hebammen, in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen, die in ihrem Betrieb keine Angestellte beschäftigen. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung bzw. einer freiwilligen Fortsetzung einer beendeten Pflichtversicherung. E. Versicherungsfall öffentlich-rechtliche Ansprüche des Versicherten gegenüber dem Träger der Krankenversicherung bestehen auf Leistungen an Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, Krankenhilfe, Wochenhilfe, Sterbegeld und an Familienhilfe. Krankheit im Sinne der Krankenversicherung liegt dann vor, wenn ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand Krankenpflege erfordert oder Arbeitsunfähigkeit verursacht. Arbeitsunfähig ist der Versicherte dann, wenn er wegen seiner Krankheit nicht oder doch nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Arbeitsunfähigkeit wird durch den Arzt festgestellt. F. Leistungen der Krankenversicherung Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung werden Sach- und Geldleistungen gewährt. Dabei wird zwischen Regel- und Mehrleistungen unterschieden. Die Regelleistungen sind die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtleistungen der Krankenkasse, die von den Trägern der Krankenversicherung nicht unterschritten werden können. Mehrleistungen sind die Leistungen, die über diese Regelleistung hinaus durch die Satzung der einzelnen Krankenkasse festgelegt und den Versicherten dieser Kasse gewährt werden. An Sachleistungen hat der Versicherte Anspruch auf ärztliche (zahnärztliche) Behandlung, ferner auf Arznei, Brillen, Bruchbänder und andere kleinere Heilmittel. Während in der gesetzlichen Unfallversicherung die Heilbehandlung mit allen geeigneten

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Krankenversicherung

Mitteln durchgeführt werden muß, gilt für den Bereich der Krankenversicherung der Grundsatz, daß die Maßnahmen ausreichend und zweckmäßig sein müssen, jedoch das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten haben. In diesem Rahmen kann der Träger des Krankenversicherung, falls erforderlich, auch stationäre Behandlung in einem Krankenhaus gewähren. Die Sachleistungen sind nicht nur dem Versicherten selbst, sondern auch dem unterhaltsberechtigten Ehegatten und den unterhaltsberechtigten Kindern als Familienhilfe zu gewähren. An Barleistungen hat der Versicherte für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld, sofern er nicht während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt erhält. Als Arbeitsentgelt gilt nicht der Zuschuß des Arbeitgebers im Krankheitsfalle. Die Höhe des Krankengeldes richtet sich nach der Höhe des Verdienstes im letzten Lohnabrechnungszeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Empfänger einer Rente aus der Rentenversicherung wegen Erwerbsunfähigkeit oder als Altersruhegeld hat in der Regel keinen Anspruch auf Krankengeld. Das gleiche gilt bei Bezug von Übergangsgeld von der Rentenversicherung. Beim Tode des Versicherten wird ein Sterbegeld gezahlt, das ein Beitrag für die Bestattungskosten sein soll. Auf die Erörterung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und des Versicherungsfalls der Wochenhilfe und der Entbindung wird in diesem Zusammenhang verzichtet.

G. Beziehungen zwischen Kranken- und Unfallversicherung Die Tatsache, daß der versicherte Personenkreis der Unfallversicherung sich weithin mit dem der Krankenversicherung deckt, macht eine Regelung des Verhältnisses zwischen den Versicherungsträgern erforderlich. Grundsätzlich haben die Krankenkassen bei einem Arbeitsunfall dem krankenversicherten Verletzten ihre Sach- und Geldleistungen zu gewähren. Wenn allerdings im Einzelfall die besonderen Möglichkeiten der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung dem Unfallversicherungsträger die Übernahme dieser Heilbehandlung angezeigt erscheinen läßt, entfallen insoweit die Ansprüche des Verletzten gegen die Krankenversicherung. Übernommen wird die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung stets bei den Fällen des Verletzungsartenverfahren (S. 15) und bei den f ü r die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung vorgesehenen Verletzungen im Fachgebiet der Augenärzte bzw. der Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten (S. 15). Es ist davon auszugehen, daß etwa 20 v. H . der Unfallverletzten berufsgenossenschaftlicher Behandlung bedürfen und 80 v. H . in kassenärztlicher Behandlung verbleiben. Die Krankenkassen unterstützen die Berufsgenossenschaften bei der Durchführung des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens. Da die Unfallversicherungsträger bei berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung auch die Geldleistungen zu übernehmen haben, zahlen die Krankenkassen in diesen Fällen auf Grund besonderer Vereinbarungen das Verletztengeld im Auftrage und für Rechnung des zuständigen Versicherungsträgers aus. Im Falle kassenärztlicher Behandlung haben die Berufsgenossenschaften den etwaigen Unterschied zwischen dem Krankengeld der Krankenversicherung und dem Verletztengeld der Unfallversicherung bis zum 18. Tag nach dem Arbeitsunfall zu tragen. Nach diesem Tag sind der Krankenkasse die gesamten Geldleistungen, außer einem etwaigen Sterbegeld, zu erstatten.

Träger der Rentenversicherung

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H. Beziehungen zu den Ärzten Während in der Unfallversicherung die Beziehungen zwischen den Ärzten und den Zahnärzten einerseits und dem Versicherungsträger andererseits vornehmlich auf der vertraglichen Grundlage des Abkommens Ärzte/Berufsgenossenschaften bzw. des Zahnärzteabkommens beruhen, ist das Verhältnis der Krankenversicherung zu den Ärzten bzw. Zahnärzten in einem besonderen Abschnitt der Reichsversicherungsordnung geregelt (§§ 368 ff. Reichsversicherungsordnung). Der Arzt wird durch eine besondere Zulassung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet und zugleich ordentliches Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung. Die kassenärztlichchen Vereinigungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Grundsätzlich hat der krankenversicherte Patient die freie Arztwahl. J. Verfahren Sofern der Versicherte Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch nehmen will, muß er tätig werden. Er muß für die Krankenhilfe einen Krankenschein lösen und Arbeitsunfähigkeit wegen einer Krankheit seiner Krankenkasse melden. Wie in der Unfallversicherung sind die Entscheidungen des Trägers im Einzelfall Verwaltungsakte, und der Nachprüfung durch die Sozialgerichtsbarkeit unterworfen.

IV. Rentenversicherung A. Allgemeines Da die gesetzliche Rentenversicherung die Aufgabe hat, die Versicherten und ihre Hinterbliebenen gegen die Wagnisse der Berufsunfähigkeit, der Erwerbsunfähigkeit, des Alters und des Todes, d. h. also vor den langfristigen Wechselfällen des Lebens, zu schützen, ist ein Überblick über diesen Zweig der Sozialversicherung hier geboten. Denn die Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit können Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit verursachen oder zum Tode führen. Gleichwohl muß ein kurzer Hinweis aus den gleichen Gründen wie bei der Betrachtung der Krankenversicherung genügen, zumal die in der Unfallversicherung so bedeutsamen Fragen des Ursachenzusammenhangs und der abgestuften Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Begutachtung in diesem Rechtsgebiet entfallen. B. Träger der Rentenversicherung Die Aufgaben der Rentenversicherung werden für die Arbeiter von den Landesversicherungsanstalten, der Bundesbahnversicherungsanstalt für die Arbeiter der Bundesbahn und der Seekasse für Seeleute, Küstenschiffer und Küstenfischer wahrgenommen. Für die Angestellten obliegen diese Aufgaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Für die im Bergbau tätigen Versicherten (Arbeiter und Angestellte) ist die Bundes-Knappschaft zuständig. Die Versicherungsanstalten sind wie alle Träger der Sozialversicherung juristische Personen des öffentlichen Rechts. Die Organe dieser juristischen Personen sind paritätisch aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zusammengesetzt.

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Rentenversicherung

C. Aufbringung der Mittel Die zur Wahrnehmung erforderlichen Mittel werden durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber und einen Bundeszuschuß aufgebracht. D. Versicherter Personenkreis Die Rentenversicherung umfaßt praktisch alle Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge, soweit sie nicht (z. B. Beamte, Richter, Soldaten oder Rentner mit Altersruhegeld) versicherungsfrei sind. Dabei kommt es auf die N a t u r des Arbeitsverhältnisses an, ob die Versicherung durch die Landesversicherungsanstalten oder die Bundesversicherungsanstalt f ü r Angestellte durchgeführt wird. Eine Weiterversicherung ist möglich, der Versicherte kann außerdem zu seinen Pflicht- oder Weiterversicherungsbeiträgen Höherversicherungsbeiträge entrichten. Der im Gesetz bestimmte Personenkreis ist zwar der Versicherungspflicht unterworfen, der Pflichtige wird aber erst durch die Entrichtung von Beiträgen Versicherter. E. Versicherungsfall Ein Anspruch auf Leistungen der Rentenversicherung besteht bei Berufsunfähigkeit Erwerbsunfähigkeit Alter Tod Zu den Aufgaben der Träger der Rentenversicherung gehört außerdem die Förderung von Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse in der versicherten Bevölkerung. 1. Berufsunfähigkeit Berufsunfähigkeit liegt bei einem Versicherten dann vor, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die H ä l f t e derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfäihigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung; § 23 Abs. 2 Angestellten-Versicherungsgesetz). Der Begriff der Berufsunfähigkeit ist demnach weitaus individueller als der der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Unfallversicherung mit dem Bezug auf das gesamte Gebiet des Erwerbslebens. Dies wird besonders zu beachten sein, wenn die durch einen Unfall etwa verursachte Berufsunfähigkeit und die Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erörtern sind. Die Frage der Kausalität des Leidens bleibt außer Betracht. Im Bereich der Rentenversicherung ist im übrigen eine Tätigkeit, f ü r die der Versicherte mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult ist, stets zumutbar. 2. Erwerbsunfähigkeit Die Erwerbsunfähigkeit liegt bei einer weitaus umfassenderen Einschränkung der körperlichen und geistigen Kräfte vor. Sie ist dann anzuerkennen, wenn der Versicherte infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regel-

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mäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (§ 1247 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung; § 24 Abs. 2 Angestellten-Versicherungsgesetz). 3. Alter Der Eintritt des Versicherungsfalles erfolgt beim Erreichen der im Gesetz vorgesehenen Altersgrenze. Sie liegt im allgemeinen bei der Vollendung des 65. Lebensjahres, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogen werden. 4. Tod Beim Tode des Versicherten entstehen die Ansprüche der bezugsberechtigten Hinterbliebenen, nämlich der Witwe, u. U. der geschiedenen Witwe oder des Witwers und der Waisen. 5. Wartezeit Renten aus der Rentenversicherung sind nur dann zu gewähren, wenn beim Eintritt des Versicherungsfalles die für jeden Versicherungsfall besonders bestimmten Mindestversicherungszeiten (Wartezeiten) zurückgelegt sind. Sie betragen für das Altersruhegeld 180, für die anderen Versicherungsfälle 60 Monate. Die Wartezeit gilt als erfüllt, wenn der Versicherungsfall durch einen Arbeitsunfall (Berufskrankheit) verursacht worden ist. 6. Besondere Versidierungsfälle der Knappsdiaftsversicherung Als Besonderheit kennt die knappschaftliche Rentenversicherung außer den zuvor aufgeführten Versicherungsfällen die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit. Sie liegt dann vor, wenn ein Versicherter infolge von Krankheit oder Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen und geistigen Kräfte weder imstande ist, die von ihm bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit auszuüben, noch imstande ist, andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben auszuüben (§ 45 Abs. 2 Reichsknappschaftsgesetz). Der Versicherungsfall führt, wenn die Wartezeiten erfüllt sind, zur Bergmannsrente. F. Leistungen Auch in der Rentenversicherung sind Sach- und Geldleistungen zu gewähren. Die Geldleistungen (Renten) haben Lohnersatzfunktion. Daher ist ihre Höhe abhängig von dem Wert der geleisteten Arbeit (Höhe der geleisteten Beiträge bis zum Versicherungsfall), gemessen an dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten, d. h. von der sogenannten persönlichen Bemessungsgrundlage. Diese Grundlage, die Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre und die Art der zu gewährenden Rente (Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits- usw. -Rente) bestimmen die Höhe der Leistung. 1. Sachleistungen Den Trägern der Rentenversicherung ist eine umfassende Rehabilitation ihrer Versicherten entweder zur Verhinderung oder zur Beseitigung von Berufs- und Erwerbs-

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Rentenversicherung

Unfähigkeit aufgegeben. Es geht dabei sowohl um die medizinische als um die soziale Rehabilitation. Ihr dienen die Sachleistungen. Es sind Heilbehandlung, Berufsförderung und soziale Betreuung zu gewähren. Dazu geeignete Maßnahmen sind von den Trägern der Rentenversicherung dann durchzuführen, wenn die Erwerbsfähigkeit gefährdet oder gemindert ist und sie durch diese Maßnahmen voraussichtlich erhalten oder wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die Sachleistungen können auch den Beziehern von Renten unter besonders bestimmten Voraussetzungen zugute kommen. Die Frage, ob dergleichen Maßnahmen ärztlich zu empfehlen sind, kann auch im Rahmen der Unfallbegutachtung durchaus auftreten. Die Heilbehandlung umfaßt alle erforderlichen medizinischen Maßnahmen, insbesondere Behandlung in Kur- und Badeorten, falls erforderlich in Kurheimen, Sanatorien und Spezialkliniken. Bei der Berufsförderung werden Maßnahmen zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit im bisherigen Beruf, zur Ausbildung für einen anderen zumutbaren Beruf oder Hilfe zur Erhaltung oder zur Erlangung einer Arbeitsstelle gewährt. 2. Geldleistungen Als Geldleistungen wird während der Rehabilitationsmaßnahmen und zur Erfüllung der Aufgabe der sozialen Betreuung Übergangsgeld gewährt. Seine Höhe richtet sich nach dem Arbeitsentgelt des Versicherten. Art und Höhe der Rente ist von der Art des Versicherungsfalles abhängig. Danach sind bei entsprechenden Voraussetzungen zu gewähren Berufsun fähigkeitsren te Erwerbsunfähigkeitsrente Altersruhegeld Witwenrente Waisenrente Geschiedenen-Witwenrente. Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrente können auf Zeit gewährt werden, wenn begründete Aussicht darauf besteht, daß die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben wird. G. Beziehungen zur Unfallversicherung Aus den Aufgaben der Rentenversicherung ergibt sich insbesondere auf dem Gebiet der Rehabilitation die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern. Denn auch hier, wie in der Krankenversicherung, decken sich die versicherten Personenkreise weithin. Daher besteht die Notwendigkeit der Koordination von Maßnahmen der Rehabilitation. Entlastet ein von der Rentenversicherung einem Unfallverletzten gewährtes Heilverfahren eine Berufsgenossenschaft, so hat die Berufsgenossenschaft die Kosten zu erstatten. H. Verfahren Die Leistungen der Rentenversicherung setzen einen Antrag des Versicherten voraus. Der Versicherte muß also tätig werden, um die im Versicherungsfall zustehenden Leistungen zu erhalten. Die Feststellung der Leistungen bzw. die Entscheidung darüber erfolgt durch Bescheid. Solche Bescheide sind als Verwaltungsakte durch die Sozialgerichtsbarkeit nachprüfbar.

Träger der Rehabilitation

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V. Die Rehabilitation und ihre Träger A. Allgemeines Die Unfallbegutachtung ist nicht nur als Grundlage der Entscheidung über öffentlichrechtliche Entschädigungsansprüche in der Form von Geldleistungen von Bedeutung. Es hat sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation des durch einen Unfall — ebenso aber auch aus anderer Ursache — gesundheitlich, d. h. in seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigten Menschen den Geldleistungen gegenüber vorrangig ist. Dieser Erkenntnis trägt die rechtliche Entwicklung zunehmend Rechnung. Es ist zu erwarten, daß der Grundsatz „Rehabilitation geht vor Rente" durch zukünftige gesetzliche Vorschriften besondere Geltung erhalten wird. Das bedeutet, daß außer dem behandelnden Arzt auch der ärztliche Gutachter bei der Untersuchung und Begutachtung eines Unfallverletzten neben den Feststellungen etwa zum Kausalzusammenhang oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit sachverständige Vorschläge für etwa erforderliche Maßnahmen der Rehabilitation abgeben sollte, worauf an anderer Stelle mehrfach hingewiesen wurde. Ohne die Mitwirkung des sachverständigen Arztes ist eine sinnvolle Rehabilitation nicht denkbar. Die Feststellung des Abkommens Ärzte/Berufsgenossenschaften (s. S. 21), daß die Unfallversicherungsträger für die Erfüllung ihrer Aufgaben der Mitarbeit aller Ärzte bedürfen, gilt für alle Träger der Rehabilitation. Das Ziel der Rehabilitation ist nur im Zusammenwirken aller für die entsprechenden Maßnahmen zuständigen Sachverständigen, der Träger der Rehabilitation und nicht zuletzt der Rehabilitanden selber zu erreichen.

B. Träger der Rehabilitation Die Rechtsansprüche auf Rehabilitation bestehen entsprechend der Gliederung des Systems der sozialen Sicherheit im Geltungsbereich des Grundgesetzes und im Land Berlin gegen mehrere Sozialleistungsträger. Das sind zunächst die bereits behandelten Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und der Rentenversicherung, die ihren Versicherten in der Unfallversicherung Heilbehandlung und Berufshilfe (S. 14 Abschn. 2 a, S. 17 Abschn. 2 b), in der Rentenversicherung Heilbehandlung, Berufsförderung und soziale Betreuung zu gewähren haben (S. 27 Abschn. F l ) . Ähnliche Leistungen sind nach dem Bundesversorgungsgesetz dem mit diesem Gesetz erfaßten Personenkreis zu gewähren. Die Beschädigten haben Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung. Diese hat zum Ziel, die Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben oder die Folgen der Schädigung zu erleichtern (§ 10 Abs. 1). Ferner besteht Anspruch auf Berufsfürsorge. Den Beschäftigten ist jede Hilfe zu gewähren, die der Erlangung, Wiedererlangung oder Besserung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit dient und sie befähigt, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit Nichtbeschädigten zu behaupten (§ 26, Abs. 1). Weiterhin hat die Bundesanstalt für Arbeit Aufgaben auf dem Gebiet der beruflichen Rehabilitation, deren Rechtsgrundlage das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6. 1969 (Bundesgesetzblatt I, S. 582) ist. Mit den nach dem Arbeitsförderungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen soll „ein hoher Beschäftigungsstand erzielt und aufrecht erhalten, die

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Die Rehabilitation und ihre Träger

Beschäftigungsstruktur ständig verbessert und damit das Wachstum der Wirtschaft gefördert" werden (§ 1). Die Maßnahmen sollen u . a . insbesondere „dazu beitragen, die berufliche Eingliederung körperlich, geistig oder seelisch Behinderter zu fördern" (§ 2, N r . 4). Die Aufgaben, die sich bei der Durchführung dieser und der anderen Maßnahmen ergeben, werden von der als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung gebildeten „Bundesanstalt für Arbeit" mit ihrer Hauptstelle, den Landesarbeitsämtern und den Arbeitsämtern durchgeführt. Die Bundesanstalt hat „zur beruflichen Eingliederung der körperlich, geistig und seelisch Behinderten geeignete Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung zu treffen, die erforderlich sind, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder herzustellen" (§ 57). Sie t r i f f t diese Maßnahmen selbst, soweit nicht ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Das Arbeitsförderungsgesetz trägt der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung seit vielen Jahren gesicherten Erkenntnis Rechnung, daß mit den Maßnahmen der Wiedereingliederung so früh wie möglich begonnen werden muß. Die Bundesanstalt ist nämlich verpflichtet, die Behinderten möglichst frühzeitig über die für sie geeigneten Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung zu beraten. Diese Beratung soll bereits in der Krankenanstalt, Heilstätte oder ähnlicher Einrichtung im Zusammenwirken mit dem Arzt der Einrichtung und dem etwaigen Träger der späteren Maßnahmen erfolgen (§ 59, Abs. 2). Schließlich haben die Träger der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in der Fassung vom 18. 9. 1969 (Bundesgesetzblatt I, S. 1688) Aufgaben der Rehabilitation. Ganz allgemein umfaßt die Sozialhilfe „Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen" (§ 1). Sie ist demjenigen zu gewähren, der sich nicht selbst helfen kann oder keine Hilfe von Angehörigen bzw. von anderen Trägern von Sozialleistungen erhält. Zur Hilfe in besonderen Lebenslagen gehört u. a. die Eingliederungshilfe f ü r Behinderte. Die Eingliederungshilfe ist Körperbehinderten, Blinden und dauernd wesentlich Sehbehinderten, in der Hörfähigkeit oder der Sprachfähigkeit wesentlich Beeinträchtigten und Personen, die geistig oder seelisch behindert sind bzw. den von solchen Behinderungen bedrohten Personen zu gewähren (§ 39 Abs. 1). Körperbehinderte sind Personen, „die in ihrer Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung ihres Stütz- oder Bewegungssystems nicht nur vorübergehend wesentlich behindert sind oder bei denen wesentliche Spaltbildungen des Gesichts oder des Rumpfes bestehen", demnach auch Unfallverletzte mit entsprechenden Verletzungsfolgen. Als Maßnahme zur Eingliederung sind genannt (§ 40): Ärztliche Behandlung, Versorgung mit Körperersatzstücken und Hilfsmitteln, Hilfe zur Schulbildung, Ausbildung, Fortbildung, Umschulung, zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben und nachgehende Maßnahmen. Zur Durchführung der Maßnahmen ist durch den Träger der Sozialhilfe ein Gesamtplan aufzustellen, an dem der behandelnde Arzt neben anderen Stellen zu beteiligen ist (§ 46). Im Bereich der Krankenversicherung haben die Vertrauensärzte die Aufgabe, die Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit u. a. dann durchzuführen, wenn dies inbesondere zu Einleitung von Maßnahmen der sozialen Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich erscheint (§ 369 b, Abs. 1, N r . 2 RVO).

C. Zusammenwirken der Rehabilitationsträger Bei der durch die Gliederung bedingten Vielfalt der Verpflichtungen zu Maßnahmen der Rehabilitation liegt die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der Rehabilitationsträ-

Zusammenwirken der Rehabilitationsträger

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ger auf der Hand. Es ist zu verhindern, daß bei Zuständigkeit z. B. aus verschiedenen Versicherungsverhältnissen (etwa Unfallversicherung und Rentenversicherung wegen der Folgen eines Unfalls eines Versicherten) Rehabilitationsmaßnahmen nebeneinander her getroffen werden. Weiterhin muß vermieden werden, daß bei einer Mehrzahl denkbarer Rehabilitationsträger wertvolle Zeit für die Rehabilitation durch die Suche nach der Zuständigkeit verloren geht. Für die Rehabilitation als gemeinsame Aufgabe ihrer Träger hat sich die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation gebildet. Die in dieser Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation zusammengeschlossenen Träger haben eine am 1. 10. 1971 in Kraft getretene Vereinbarung geschlossen, der sich auch die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung angeschlossen haben. Diese Vereinbarung regelt in umfassender Weise das Zusammenwirken der Rehabilitationsträger, der Krankenversicherung und der Ärzteschaft, die gegenseitige Unterrichtung und das Verfahren bei der Aufstellung von Rehabilitationsplänen. Im Zusammenhang dieses Leitfadens für Fragen der Begutachtung sind zwei Punkte von Bedeutung, 1. Es werden Auskunfts- und Beratungsstellen für die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter gebildet. a) Atiskunftsstellen haben die Aufgabe, den Behinderten über ihre Rehabilitationsmöglichkeiten allgemein Rat und Auskunft zu erteilen; den im Einzelfall zuständigen Träger der Rehabilitation festzustellen und den Behinderten oder ggfls. seinen gesetzlichen Vertreter hierüber zu unterrichten. Bei Zweifeln über die Zuständigkeit hat die Auskunftsstelle dafür zu sorgen, daß die Vorleistungspflicht der Träger der Sozialhilfe oder der Bundesanstalt für Arbeit zum Zuge kommt; Anträge auf Rehabilitationsmaßnahmen entgegenzunehmen und an den zuständigen Träger der Rehabilitation weiterzuleiten. Auskunftsstellen sind einzurichten bei den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung, den gesetzlichen Trägern der Rehabilitation, den Versicherungsämtern, den Gesundheitsämtern. b) Beratungsstellen haben die Aufgabe, Behinderte über ihre Rehabilitationsmöglichkeiten individuell und umfassend zu beraten; Behinderten im Rahmen des Gesamtplanes während und nach Rehabilitationsmaßnahmen behilflich zu sein, um ihre dauerhafte Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft sicherzustellen. Beratungsstellen sind einzurichten bei den gesetzlichen Trägern der Rehabilitation (s. o. B.), den Gesundheitsämtern. 2. Bedeutungsvoll für die ärztliche Praxis auch bei der Begutachtung sind die § § 3 und 5 der Vereinbarung über die Veranlassung von Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung durch Ärzte und die Beratung. Sie lauten: § 3 Veranlassung von Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung durch Ärzte Die Ärzte (z. B. freipraktizierende Ärzte/Krankenhausärzte/Werksärzte) unterrichten im Einvernehmen mit dem Behinderten die Krankenkasse oder eine andere Auskunftsstelle, wenn Maßnahmen der Arbeits- oder Berufsförderung angezeigt erscheinen. Das Nähere regeln Vereinbarungen zwischen der Bundes-

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Private Unfallversicherung

ärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Rehabilitationsträgern sowie den Krankenkassen auf Bundesebene. § 5 Beratung (1) Befindet sich ein Behinderter nicht nur vorübergehend in einer Krankenanstalt oder einer medizinischen Rehabilitationsstätte und kommt für ihn eine Arbeits- und Berufsförderung in Betracht, so veranlaßt der zuständige Rehabilitationsträger seine Beratung im Zusammenwirken mit dem Arzt der Einrichtung und den Fachdiensten der Bundesanstalt für Arbeit. (2) Die Rehabilitationsträger richten in medizinischen Rehabilitationsstätten und Schwerpunktkrankenhäusern regelmäßige Sprechtage ein. Andere Einrichtungen sind nach Bedarf von den Fachkräften der Rehabilitationsträger zu besuchen. Die Durchführung im einzelnen regeln auf der Ebene der Landesversicherungsanstalten bezirkliche Absprachen der Rehabilitationsträger.

VI. Private Unfallversicherung A. Allgemeines Die Versicherung der Wechselfälle des Lebens wie Unfall, Krankheit, Alter, Tod ist außerhalb der Versicherung durch gesetzlichen Zwang in der Sozialversicherung auch durch Versicherungsverträge möglich. Eine solche Versicherung wird auf Grund eines freiwilligen Entschlusses sowohl des Versicherungsnehmers als auch des Versicherers, eine entsprechende vertragliche Regelung zu treffen, abgeschlossen. Der Versicherungsvertrag ist demnach privatrechtlicher Natur. Für den Bereich der Unfallbegutachtung ist die auf einem solchen privatrechtlichen Vertrag beruhende Unfallversicherung von Bedeutung. Art und Umfang dieser Versicherung richten sich nach dem Versicherungsvertragsgesetz und nach den „Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB)", die für alle Versicherer einheitlich gelten. Auch hier kann es sich nur um einen Überblick handeln; auf die einschlägige Literatur wird verwiesen. B. Träger der Versicherung — versicherter Personenkreis — Aufbringung der Mittel Versicherer sind die in verschiedener Rechtsform bestehenden Versicherungsgesellschaften, soweit sie diese Art von Versicherung betreiben. Die Mittel werden durch die Beiträge der Versicherungsnehmer beschafft. Versicherungsnehmer sind die Personen, die mit dem Versicherer einen entsprechenden Vertrag geschlossen haben für die Dauer des Vertrages. Ein solcher Vertrag ist auch für die Versicherung von Unfällen möglich, die einem anderen als dem Versicherungsnehmer zustoßen. Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen einer Unfallversicherung ist die Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers. Nicht versicherungsfähig sind Geisteskranke, Blinde und Personen, die von Epilepsie oder schweren Nervenleiden befallen sind. Weiterhin sind nicht versicherungsfähig Personen, die nach den festen Invaliditätsgraden der AUB (s. u. D. Leistungen) mehr als 70 v. H . dauernd arbeitsunfähig sind. Diese nicht versicherungsfähigen Personen sind trotz Beitragszahlung nicht versichert. Soweit Versicherte nach Vertragsschluß von Krankheiten oder Gebrechen befallen werden oder mehr als 70 v. H . dauernd arbeitsunfähig werden, erlischt der Versicherungsschutz.

Versicherungsfall

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C. Versicherungsfall Versicherungsschutz wird gegen die Folgen der dem Versicherten während der Vertragsdauer zustoßenden Unfälle gewährt. Im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung sind also auch Unfälle des täglichen Lebens einbegriffen; ein Zusammenhang mit einer bestimmten Tätigkeit oder Verrichtung ist nicht erforderlich. Der Begriff des Unfalls ist in § 2 der AUB definiert und lautet: „Ein Unfall liegt vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet."

Außerdem ist bestimmt, daß unter den Versicherungsschutz fallen a) durch plötzliche Kraftanstrengungen des Versicherten hervorgerufene Verrenkungen, Zerrungen und Zerreißungen, b) Wundinfektionen, bei denen der Ansteckungsstoff durch eine Unfallverletzung im Sinne der Definition des Begriffs „Unfall" in den Körper gelangt ist. Unter den Versicherungsschutz fallen nicht: a) Berufs- und Gewerbekrankheiten b) Erkrankungen infolge psychischer Einwirkung c) Vergiftungen infolge Einführung fester oder flüssiger Stoffe durch den Schlund, Malaria, Flecktyphus und sonstige Infektionskrankheiten, Gesundheitsschädigungen durch energiereiche Strahlen mit einer H ä r t e von mindestens 100 Elektronenvolt, durch Neutronen jeder Energie und durch künstlich erzeugte ultraviolette Strahlen und durch Laserstrahlen, Gesundheitsschädigungen durch Licht, Temperatur und Witterungseinflüsse. In solchen Fällen besteht Versicherungsschutz dann, wenn es sich um Folgen eines unter die Versicherung fallenden Unfallereignisses handelt. Dabei gilt die Entstehungsursache der Infektionskrankheit selbst nicht als Unfallereignis. Eine Reihe von Tatbeständen werden von der Versicherung ausgeschlossen, wie Unfälle durch Kriegsereignisse o. ä., Unfälle bei der vorsätzlichen Ausführung von Verbrechen und Vergehen, Operationen, soweit nicht durch ein Unfallereignis veranlaßt, Unfälle infolge von Schlaganfällen und Krampfanfällen, die den ganzen Körper ergreifen, von Geistes- oder Bewußtseinsstörungen einschließlich solcher, die durch Trunkenheit verursacht sind, soweit diese Anfälle oder Störungen nicht durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen worden sind. Der Versicherte muß den Unfall unfreiwillig erleiden. Vorsätzlich zugefügte Verletzungen, wie Selbstbeschädigung, Selbstmord usw. sind daher keine Unfallereignisse im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen. Hierzu ist aber das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. 6. 1967 von Bedeutung, durch das in das Versicherungsvertragsgesetz ein neuer § 180 a eingefügt worden ist. Dieser lautet: „Hängt die Leistungspflicht des Versicherers davon ab, daß der Betroffene unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erlitten hat, so wird die Unfreiwilligkeit bis zum Beweise des Gegenteils vermutet. Auf eine Vereinbarung, durch die von den Vorschriften des Absatzes 1 zum Naditeil des Betroffenen abgewichen wird, kann sich der Versicherer nicht berufen."

Der Versicherer muß demnach beweisen, daß die erlittene Gesundheitsbeschädigung nicht unfreiwillig war. Auch im Bereich der privaten Unfallversicherung wird der Gutachter sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob bei den Unfallfolgen andere mitwirkende Fakto3 Günther-Hymnen, Unfallbegutaditung

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Private Unfallversicherung

ren von Bedeutung sind. Wenn bei den Unfallfolgen Krankheiten oder Gebrechen mitgewirkt haben, so ist nach den AUB die Leistung aus der Unfallversicherung entsprechend dem Anteil dieser Krankheiten oder Gebrechen zu kürzen. Der Anteil muß aber mindestens 25 v. H. betragen. Handelt es sich um Blutungen aus inneren Organen oder um Gehirnblutungen, so leistet der Versicherer nur dann, wenn für diese Schäden die überwiegende Ursache ein Versicherungsfall, nicht aber eine innere Erkrankung oder ein Gebrechen gewesen ist. Bauch- oder Unterleibsbrüche werden nur dann entschädigt, wenn sie durch eine gewaltsame, von außen kommende Einwirkung entstanden sind. Die Entschädigung von Unfallneurosen, d. h. von psychischen oder nervösen Störungen, die im Anschluß an einen Unfall eintreten, werden anders als in der gesetzlichen Unfallversicherung behandelt. Solche Störungen werden nur dann entschädigt, wenn sie auf eine durch den Unfall verursachte organische Erkrankung des Nervensystems oder auf eine durch den Unfall neu entstandene Epilepsie zurückzuführen sind.

D. Leistungen Die private Unfallversicherung kennt nur Geldleistungen. Ihre Höhe hängt von der bei Abschluß der Versicherung vereinbarten Entschädigungssumme und von dem Umfang der Unfallfolgen ab. Die Todesfallentschädigung wird durch die versicherte Todesfallsumme bestimmt. Bei der sogenannten Invaliditätsentschädigung, d. h. also bei Leistungen wegen einer Beeinträchtigung infolge eines Unfalls, wird die Ganzinvalidität und die Teilinvalidität unterschieden. Dabei werden die folgenden durch die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen bestimmten Invaliditätsgrade angenommen. Diese lauten: a) bei Verlust v. H . eines Armes im Schultergelenk 70 eines Armes bis oberhalb des Ellenbogengelenkes 65 eines Armes unterhalb des Ellenbogengelenkes 60 einer Hand im Handgelenk 55 eines Daumens 20 eines Zeigefingers 10 eines anderen Fingers 5 b) bei Verlust eines Beines über Mitte des Oberschenkels eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels eines Beines bis unterhalb des Knies eines Beines bis zur Mitte des Unterschenkels eines Fußes im Fußgelenk eines Fußes mit Erhaltung der Ferse (nach Pirogoff) einer großen Zehe einer anderen Zehe c) bei gänzlichem Verlust der Sehkraft beider Augen eines Auges sofern jedoch die Sehkraft des anderen Auges vor Eintritt des Versicherungsfalles bereits verloren war bei gänzlichem Verlust des Gehörs auf beiden Ohren

70 60 50 45 40 30 5 2 100 30 70 60

Verfahren

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auf einem Ohr 15 sofern jedoch das Gehör auf dem anderen Ohr vor Eintritt des Versicherungsfalles bereits verloren war 45 bei gänzlichem Verlust des Geruchs 10 bei gänzlichem Verlust des Geschmacks 5 Die vollständige Gebrauchsunfähigkeit eines Körperteils oder Sinnesorgans hat den gleichen Invaliditätsgrad wie der Verlust. Handelt es sich um einen teilweisen Verlust oder eine teilweise Gebrauchsunfähigkeit, so wird der entsprechende Teil des Satzes angenommen. Soweit sich der Invaliditätsgrad nicht nach den festen Sätzen bestimmen läßt, ist bei der Bemessung des Invaliditätsgrades in Betracht zu ziehen, inwieweit der Versicherte imstande ist eine Tätigkeit auszuüben, die seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und die ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zugemutet werden kann. Insoweit kann also der individuelle Zustand des Versicherten bei der an sich abstrakten Schadensbemessung eine Rolle spielen. Grundsätzlich aber kommt es nicht auf die konkreten Berufs- und Erwerbsverhältnisse des Versicherten an, sondern es ist die durch die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen gesetzte abstrakte Bemessung vorzunehmen. Bei der Ganzinvalidität erhält der Versicherte die volle, bei Teilinvalidität den dem Grade der Invalidität entsprechenden Teil der Versicherungssumme für den Invaliditätsfall. Wenn aber ein Unfall innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet zum Tode führt, so wird als Entschädigung nur die versicherte Todesfallsumme geleistet. Die als dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit bezeichnete Invalidität als Unfallfolge muß innerhalb eines Jahres vom Unfalltage an gerechnet eingetreten sein. Bei der Bemessung der Invalidität sind Krankheiten oder Gebrechen, die den Versicherten in seiner Arbeitsfähigkeit dauernd behindert haben, einzubeziehen. In diesem Falle wird von der nach dem Unfall vorhandenen Gesamtinvalidität ein Abzug gemacht, der der schon vorher vorhanden gewesenen Invalidität entspricht. Audi diese wird nach den Grundsätzen, die oben dargelegt wurden, bemessen. Neben der Entschädigung für Todesfall und Invalidität können auch Tagegelder- und Heilkostenversicherungen abgeschlossen werden. E. Verfahren Der Versicherte hat gegenüber dem Versicherer bei Eintritt eines Unfalls verschiedene Verpflichtungen. Er muß einen Unfall, der voraussichtlich eine Entschädigungspflicht herbeiführt, unverzüglich anzeigen. Falls der Tod Folge eines Unfalls ist, muß die Anzeige spätestens innerhalb von 48 Stunden telegraphisch erfolgen. Der Versicherte muß spätestens am 4. Tage nach dem Unfall einen Arzt zuziehen, ferner muß er sich der ärztlichen Behandlung bis zum Abschluß des Heilverfahrens regelmäßig unterziehen. Er muß für angemessene Krankenpflege und nach Möglichkeit für Abwendung und Minderung der Unfallfolgen sorgen. Er ist verpflichtet, entsprechende Vordrucke im Versicherungsfall auszufüllen (Schadenanzeigen) und alle verlangten sachdienlichen Auskünfte zu erteilen. Den behandelnden Arzt muß der Versicherte von der Schweigepflicht entbinden und alle mit dem Unfall beschäftigten Stellen ermächtigen, dem Versicherer auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Außerdem ist der Versicherte verpflichtet, den vom Versicherer bezeichneten Arzt zur Untersuchung aufzusuchen. Der Versicherer seinerseits ist verpflichtet, sich spätestens innerhalb eines Monats darüber zu erklären, ob er den Anspruch auf die Todesfallsumme, Tagegeld oder Heil3

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Private Unfallversicherung

kosten und wieweit er sie anerkennt. Bei der Invaliditätsentschädigung beträgt diese Frist 3 Monate. Bie Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Unfallfolgen oder darüber, ob und in welchem Umfang der eingetretene Schaden auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist, sind zwei Verfahrensarten denkbar. Der Versicherte kann Klage vor den ordentlichen Gerichten erheben oder eine Entscheidung des Ärzteausschusses beantragen. Der Ärzteausschuß setzt sich aus zwei Ärzten zusammen, von derfen jede Partei einen benennt, außerdem einem Obmann, der von den beiden, von den Parteien benannten Ärzten gewählt wird und ein auf dem Gebiet der Unfallbegutachtung erfahrener Arzt sein soll. Wenn die von den Parteien in den Ärzteausschuß gewählten Ärzte nicht binnen einem Monat zu einer Einigung über den Obmann gelangen, wird dieser auf entsprechenden Antrag einer Partei von dem Vorsitzenden der örtlich zuständigen Ärztekammer benannt. Die Entscheidung des Ärzteausschusses ist für die Vertragsteile bindend. In Fällen, die nicht Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Unfallfolgen oder darüber betreffen, ob und in welchem Umfang der eingetretene Schaden auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist, ist für eine Entscheidung das ordentliche Gericht anzurufen.

2. Teil

Unfallbegutachtung von Dr. Dr. E. Günther, Köln

I. Allgemeines 1. Gutachtertätigkeit des Arztes Die Unfallbegutachtung steht mit der Fürsorge für unsere Unfallversidierten in einem engen Zusammenhang. Sie hat die wichtige Aufgabe, die Beweisgrundlagen für rechtliche Entscheidungen über etwaige Entschädigungsansprüche des Verletzten hauptsächlich an die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu schaffen. Die Tätigkeit als Gutachter wird zwar von vielen Ärzten oft als wesensverschieden von ihren beruflichen Beziehungen zu einem Verletzten empfunden. Es gibt jedoch bei der Ausdehnung der Sozial- und Privatversicherung heute wohl kaum noch einen Arzt, der nicht auch gutachterlich für seine eigenen Patienten tätig sein müßte. Wenn ärztlicherseits bedacht wird, daß die eingeforderten gutachterlichen Äußerungen zur Prüfung von Schadenersatzansprüchen der Patienten für die Folgen von Unfällen erforderlich sind, dann wird den Ärzten auch diese Seite ihrer Tätigkeit nicht als wesensverschieden von ihren sonstigen gesellschaftspolitischen Aufgaben im Dienst ihrer Mitmenschen erscheinen können.

2. Rechtliche Stellung des Gutachters und seine Aufgaben Der Gutachter hat nach dem Gesetz die Stellung eines allerdings unentbehrlichen „Gehilfen". Er entscheidet also niemals selbst und er ist auch in keiner Weise persönlich an der Entscheidung der Verwaltungen oder Gerichte beteiligt. Er hat nur die Aufgabe, der in der Sache entscheidenden Stelle (Rentenausschuß, Gericht) durch seine sachverständigen Darlegungen die für die Rechtsfindung erforderlichen Beweismittel zu liefern. N u r diese Stellen allein — nicht der Gutachter — tragen auch die Verantwortung für die jeweilige Entscheidung. Die oft tiefgreifenden Auswirkungen, die diese Entscheidungen in menschlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht für den Betroffenen haben können, sollten es jedem Gutachter — schon im wohlverstandenen eigenen Interesse — verbieten, irgendwie durch gefühlsbetonte Äußerungen Einfluß auf die Entscheidung zu nehmen, ganz abgesehen davon, daß er durch einen solchen Versuch gegen das oberste Gesetz strengster Unparteilichkeit verstoßen würde. Als ein solcher Verstoß gilt auch die Erteilung von Ratschlägen in Rechtsfragen an seine Gutachterpatienten, die sich auf den vorliegenden Begutachtungsfall beziehen. Der Gutachter soll den Dingen völlig unpersönlich und unvoreingenommen gegenüberstehen und jede gefühlsmäßige Einstellung vermeiden. Es darf auch nicht der leiseste Zweifel an seiner Unparteilichkeit entstehen. Er soll sich ferner immer genau und

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Arzt und Gutachten

in reiner Sachlichkeit an den ihm erteilten Auftrag halten und es unterlassen, sich in seinem Gutachten mit Dingen zu befassen, die außerhalb seines medizinischen Fachgebietes liegen, wie z. B. versicherungsrechtliche Fragen. Wenn er so verfährt, dient er der Sache und sich selbst am besten.

3. Formulierung der Gutachten Auf größte Genauigkeit in der Formulierung des Gutachtens ist besonders zu achten. Der Gutachter soll sich klar und unzweideutig für ein „Ja" oder für ein „Nein" aussprechen. Wenn die Begutachtung besonders schwierig ist, weil sichere Forschungsergebnisse nicht vorliegen oder wenn es um nicht feststehende Tatsachen geht, wird in solchen Fällen mitunter die Formel „mit Wahrscheinlichkeit" gebraucht. Der Gutachter sollte jedoch diese, auf Vermutungen sich stützenden Begriffe möglichst vermeiden und klar Ja oder Nein sagen. Denn letztlich braucht der Richter für seine Entscheidung eine feste Grundlage. Das Gutachten soll dem neuesten Stand medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse und den Erfahrungen der Praxis entsprechen. Anstelle der medizinischen und der wissenschaftlichen Fachausdrücke verwende man soweit wie möglich die leichtverständlichen deutschen Bezeichnungen. Eine Vereidigung der Gutachter und Sachverständigen ist in der Gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen nicht üblich, wohl aber vor Gericht. Von diesem kann der Arzt als Zeuge, Gutachter und Sachverständiger vernommen werden. 4. Befunderhebung Eine genaue und vollständige Befunderhebung ist für die Rechtsfindung von größter Wichtigkeit. Gutachten, die diesen Erfordernissen nicht entsprechen, sind deshalb allein schon aus diesem Grunde nicht verwertbar. Ergibt eine Nachprüfung des Befundes durch andere Gutachter die Richtigkeit desselben, dann ist durch diese Bestätigung des Befundes dem Versicherten und der Sache mehr gedient, als durch gelegentlich unsachliche Äußerungen gegen Vorgutachter. 5. Entgegengesetzte Meinungen der Sachverständigen Die schwierigen medizinischen Sachverhalte bringen es mit sich, daß Gutachter im Ringen um die Wahrheit zu verschiedenen, oft stark entgegengesetzten Meinungen über dieselben Fragen kommen können. Das ist aber nichts Außergewöhnliches. Das kommt auf anderen Gebieten des Lebens auch vor. Es sollte jedoch in solchen Fällen gerechterweise kein Gutachter den Standpunkt vertreten, daß nur seine eigene Ansicht die „allein richtige" sei. 6. Untersuchung des Verletzten für die Begutachtung Der Gutachter muß durch eine eigene, persönliche Untersuchung des Verletzten die für die Erstellung seines Gutachtens erforderlichen Untersuchungsarbeiten selbst, also persönlich ausführen. Diese Grundforderung ist unerläßlich. Sie sollte für jeden Gutachter etwas Selbstverständliches sein.

Allgemeine Form des Gutachtens

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Die Abwälzung der für den Laien sichtbaren wichtigen Untersuchungsgänge auf andere Ärzte oder auf das ärztliche Hilfspersonal ist unerwünscht, unzweckmäßig und nicht selten auch erst der Anlaß zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Denn die Verletzten begründen ihre Einsprüche gegen Rentenbescheide oft damit, daß sie einige von den im Gutachten genannten Ärzten überhaupt nie gesehen hätten. Bei der auftraggebenden Stelle stößt es zudem auf Unverständnis, wenn ein Gutachter, dessen eigene Ansicht man ja gerade hören wollte, nun bei der Begutachtung nur als Nebenperson erscheint. 7. Personenverwechslungen bei der Untersuchung Es kann, wenn auch wohl nur in vereinzelten Fällen, vorkommen, daß die zur Begutachtung erscheinende Person nicht personengleich ist mit der versicherten Person. Es kann jedoch nicht die Aufgabe eines Gutachters sein, sidi jedesmal durch Prüfung der Ausweispapiere Sicherheit über die Personengleichheit zu verschaffen. Bei einem Verdacht auf eine Verwechslung sollte das im Gutachten erwähnt werden. 8. Fehler und Irrtümer im Gutachten Für die Auswirkungen eines leichtfahrlässigen Fehlers oder Irrtums haftet der Gutachter in der Regel nicht. Er ist aber schadenersatzpflichtig, wenn er grobfahrlässig oder in böswilliger Absicht gehandelt hat (Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. 1. 68 [AZ: V I Z R 153/66]). Beide Fälle können ein ehrengerichtliches Verfahren und zivilrechtliche Weiterungen nach sich ziehen. Hierzu sei auch noch auf § 278 des Strafgesetzbuches hingewiesen. Er lautet: „Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, welche ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Mensdien zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Freiheitsstrafen von einem Monat bis zu 2 Jahren bestraft".

9. Die Würdigung der Beweiskraft Die Würdigung der Beweiskraft eines Gutachtens ist Sache der zuständigen Behördenstellen und letzten Endes also des Richters. Es ist dem freien Ermessen dieser Stellen überlassen, inwieweit sie den Ausführungen des Gutachters folgen wollen. Im Streitverfahren kann der Versicherte die Anhörung eines bestimmten Gutachters verlangen. Das Sozialgericht wird aber in der Regel nicht von übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen abweichen. Es kann allerdings, soweit es um die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit geht, insofern abweichen, als es die ärztlichen Beurteilungen nur als Anhalt für seine eigene Schätzung dieser Minderung verwendet. 10. Allgemeine Form des Gutachtens Schriftliche Gutachten sowie Berichte und Stellungnahmen sind nur in Maschinenschrift zu erstatten. Das ist, abgesehen davon, daß Handgeschriebenes oft nur schwer lesbar ist und dadurch leicht Schwierigkeiten entstehen können, auch schon mit Rücksicht auf den zwischenstaatlichen Verkehr der gesetzlichen Unfallversicherungsträger erforderlich.

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Form des freien Gutachtens

Es empfiehlt sich, von allen Schriftstücken einen Durchschlag zu machen und das Zweitstück zu den eigenen Akten des Gutachters zu nehmen. Bei der Formulierung aller schriftlichen Gutachten und Äußerungen (Krankenblatt!) ist stets zu beachten, daß diese Schriftstücke in einem Streitverfahren dem Verletzten (oder seinem Rechtsvertreter) unmittelbar durch das Recht der Akteneinsicht oder mittelbar durch Anforderung einer Abschrift oder Ablichtung, die er von dem Versicherungsträger oder vom Sozialgericht verlangen kann, in der Regel bekannt werden. Die Stellen in den Akten, die sich nicht zur Bekanntgabe an den Versicherten eignen, wie z. B . über einen ungünstigen Verlauf des Heilverfahrens oder — was wohl nur selten vorkommen wird — über sein nicht einwandfreies persönliches Verhalten, sind in geeigneter Weise durch einen Sperrvermerk des Gutachters von der Bekanntgabe auszuschließen (z. B . durch Einklammerung mit Farbstift oder durch darübergeklebte schmale Papierklappen). D e r Gutachter sollte es unterlassen, dem Versicherten, der j a nicht sein Auftraggeber ist, von sich aus sein eigenes Gutachten zugänglich zu machen oder sich zu ihm über seine eigenen Auffassungen zu äußern. Das überlasse man den Behörden. 11. Ausstellung von Bescheinigungen und Zeugnissen Bescheinigungen und Zeugnisse, die ein Arzt einem Patienten ausstellt, müssen besonders dann zurückhaltend und vorsichtig abgefaßt sein, wenn dem Arzt die Leidensvorgeschichte und der Inhalt etwa vorhandener Akten nicht genau bekannt sind. D e r Arzt sollte sich in derartigen Attestfällen streng darauf beschränken, seinen eigenen Befund kurz mitzuteilen. Zu der Frage einer etwaigen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder gar eines ursächlichen Zusammenhanges sollte der Arzt sich, wenn überhaupt, nur äußerst vorsichtig und zurückhaltend äußern. D e r vom Patienten angegebene Verwendungszweck ist in dem Attest zu vermerken. Das ist erforderlich, weil die oft sehr verschiedenartigen Verwendungsmöglichkeiten, die einen Mißbrauch nicht ausschließen, sich im voraus meist kaum übersehen lassen. 12. Auskunftspflicht des Arztes Nach § 1543 d der R V O ist jeder A r z t zur Auskunfterteilung an den zuständigen Versicherungsträger über einen von ihm behandelten Unfallversicherten verpflichtet. Die Verpflichtung ist erzwingbar. Sie bezieht sich nicht nur auf eine etwa zur Zeit laufende Behandlung, sondern sie erstreckt sich auch auf die Behandlungen in zurückliegenden J a h r e n . Das gilt auch für die Übersendung von Röntgenaufnahmen und Krankenblattunterlagen. Statt der Urschriften können Kontaktabzüge oder beglaubigte Ablichtungen eingereicht werden. Die dadurch entstehenden Kosten werden immer voll erstattet. Bei verzögerter oder gar nicht erteilter Auskunft entstehen stets Schwierigkeiten mit der Ärztekammer, dem Ordnungsamt, dem Versicherungsamt und den Gerichten. In solchen Fällen können empfindliche Strafen verhängt werden. Auch ist es deswegen schon zu hohen, zivilrechtlichen Haftpflichtansprüchen gekommen. Wenn die gesetzten Fristen aus triftigen Gründen nicht eingehalten werden können, muß unter Angabe der Hinderungsgründe rechtzeitig, d. h. so früh, wie es nach den besonderen Umständen des Falles möglich ist Fristverlängerung beantragt werden. Es dient der Achtung vor dem gesamten Ärztestand und dem Ansehen des einzelnen Arztes, wenn solche Anfragen, die stets im Interesse des Versicherten ergehen, immer umgehend und erschöpfend beantwortet werden.

Gebühren

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13. Schweigepflicht des Arztes Die Bestimmungen über die Schweigepflicht des Arztes sind leider etwas lückenhaft, so daß manche Frage offengeblieben ist. Im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung ist der Arzt durch seine Auskunftspflicht und durch die Pflicht zur Meldung der Behandlung eines Unfallverletzten von der Schweigepflicht in vollem Umfang befreit. Für die sonstigen Fälle fehlt es an einer klaren Vorschrift, wie im einzelnen zu verfahren ist. Bei Begutachtungen von Fällen, die außerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung liegen, muß deshalb dem Arzt — um ihn vor den Folgen des Bruches der Schweigepflicht zu bewahren — empfohlen werden, sich von dem Verletzten vor der Auskunftserteilung vorsorglich schriftlich von seiner Schweigepflicht entbinden zu lassen. 14. Anhörung der behandelnden Ärzte vor der ersten Rentenfestsetzung Bei Unfallverletzten soll der behandelnde Arzt vor der ersten Rentenfestsetzung gehört werden (§ 1582 RVO). Die genannte Auskunftspflicht einerseits und das wissenschaftliche Interesse andererseits werden jeden Arzt von sich aus veranlassen, Angaben über Vorgeschichte, Befund und Behandlungsverlauf in ausreichendem Maße schriftlich festzuhalten und diese Aufzeichnungen (auch alle Röntgenbilder) mindestens sieben Jahre sorgfältig und sicher aufzubewahren und sie gegen Verlust und Mißbrauch zu schützen. 15. Sachkunde und Gutachternachwuchs Für den Gutachternachwuchs sei auf das folgende hingewiesen: Wer als Gutachter tätig werden will, sollte ein gediegenes medizinisch-ärztliches Wissen und ein gutes fachliches Beurteilungsvermögen der medizinischen Sachverhalte besitzen. Er sollte außerdem mit den wichtigsten versicherungsrechtlichen Bestimmungen hinreichend vertraut sein, weil er sonst nicht in der Lage ist, seinem Gutachten die erforderliche Beweiskraft zu geben. 16. Schwierige Krankheitsfälle Einige seltene Erkrankungen können nicht durch eine einmalige Untersuchung geklärt werden, sondern es ist dazu eine längere stationäre Beobachtung erforderlich, deren Dauer nach dem jeweiligen Befund zu bemessen ist. Die während dieser Beobachtungszeit vom Patienten erhaltenen Angaben müssen ausführlich schriftlich festgehalten und dann anhand der Aktenunterlagen überprüfend gewürdigt werden. Besonders die Erhebungen zur Vorgeschichte — auch über den Gesundheitszustand der Familie des Patienten — können in solchen schwierigen Begutachtungsfällen wertvolle Aufschlüsse liefern. 17. Gebühren Die Fragen der Entschädigung des Gutachters sind für die gesetzliche Unfallversicherung in verschiedenen „Abkommen", „Vereinbarungen" und „Hinweisen" geregelt. Diese sind in den einschlägigen Handbüchern über das ärztliche Gebühren- und Vertragsrecht nachzulesen. Es sind insbesondere die unter den „Leitnummern" 85—87 erfaßten Sachverhalte im Abkommen „Ärzte/Berufsgenossenschaften", die hier heranzuziehen sind.

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Form des freien Gutachtens

In der Praxis treten häufiger Auseinandersetzungen über die Auslegung der Begriffsbestimmungen „normales Fachgutachten", „schwieriges Gutachten", den Umfang des Gutachtens oder dessen wissenschaftliche Qualifikation auf. Das in diesem Zusammenhang häufiger genannte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11. 8. 67 ist in Kreisen der Fachgutachter sehr umstritten. Bei Streitigkeiten über Gebührenfragen entscheidet die zuständige „Landesarbeitsgemeinschaft". Die Gebühren für Gutachten im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit richten sich nach dem „Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen" in der Fassung vom 1. 10. 69 (BGBl. I, 1969, S. 1757). Gutachten für private Kostenträger, auch private Unfallversicherungen, werden nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. nach der Allgemeinen Deutschen Gebührenordnung (Privat-Adgo) berechnet. 18. Vordruckgutachten Zur Erleichterung der Bearbeitung der Begutachtungsaufträge haben die Träger der Unfallversicherung mehrere Vordrucke (Fragebogen) eingeführt. Der Gutachter sollte die einzelnen Fragen, bevor er sie beantwortet, genau durchlesen. Die Antworten sollen klar und erschöpfend sein. Keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben. Fremdwörter sollte man grundsätzlich vermeiden. Durch den eigenen Zwang, sich stets klar und leichtverständlich in deutscher Sprache auszudrücken, werden den in der Gutach' erpraxis noch nicht oder nur erst wenig geübten Ärzten die oft in den Fragen enthaltenen und ihnen wohl meistens noch fremden versicherungsrechtlichen Begriffsbestimmungen vertrauter werden. Das wird ihnen die Einarbeitung in diesen Aufgabenbereich erleichtern. Auf die strenge Einhaltung der am Kopf des Vordruckes angegebenen Erledigungsfrist muß der Arzt im eigenen Interesse besonders scharf achten. Es können sehr schwerwiegende Haftpflichtansprüche bei Außerachtlassung dieser vertraglich (Ärzteabkommen) und gesetzlich festgelegten Bearbeitungsfristen entstehen. Man beachte auch die „Hinweise für die Erstattung von Berichten und Gutachten", herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. 19. Form des freien Gutachtens Freie Gutachten, welche sich zur Frage der Erwerbsminderung ohne weitere Erörterungen äußern sollen, werden zweckmäßig in allen medizinischen Fachgebieten nach folgendem Schema erstellt: 01 02 03 031 032 033

04 05 06

Kurze Vorgeschichte Augenblickliche Beschwerden des Verletzten Befund: Klinischer Befund Röntgenbefund etwaige labor-technische Befunde (Blutbild, Blutsenkung, Oscillographie usw.) Beurteilung Angabe der unfallunabhängigen Erkrankungen Berufshilfe

Harnstatus,

Hauttemperatur,

Bei der Begutachtung zur Rentenfestsetzung nach Aktenlage entfallen die Punkte 2, 3, 6.

Form des freien Gutachtens

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Über die formalen Voraussetzungen für ein freies Gutachten zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges wird später (S. 49) zu sprechen sein. Die Vorgeschichte soll, falls es sich um das erste Gutachten nach Abschluß eines Heilverfahrens überhaupt handelt, kurz gefaßt sein. Sie muß aber die wesentlichen und wichtigen Daten über Hergang des Unfallereignisses und Entstehung der Verletzung, den ärztlichen Erstbefund und den Verlauf des Heilverfahrens sowie dessen Abschlußdatum enthalten. Unbedingt muß erwähnt werden, ob der Patient wegen früherer Unfälle oder wegen einer WDB-Schädigung eine Rente, auch im Ausland, erhalten hat. Ist die Vorgeschichte schon durch ein früheres Gutachten aktenkundig, dann kann dieser Punkt des Bearbeitungsschemas unbeachtet bleiben. Die Eigenangaben des Verletzten über Art und Ausmaß seiner Beschwerden sind nicht selten unbeholfen und erfordern meist Zusatzfragen durch den Gutachter. Gelegentlich werden andererseits durch den Versicherten umfangreiche Beschwerdekomplexe vorgetragen, manchmal anhand von vorgefertigten Listen. Bei der endgültigen Niederlegung der Klageangaben wird es auf die mit der Verletzung in weitgezogenem Rahmen zusammenhängenden Beschwerden ankommen. Falls eine Beschränkung offensichtlich sehr weitgezogener subjektiver Beschwerdekomplexe angebracht erscheinen will, ist, besonders bei einem schwebenden Streitverfahren, dem Patienten die Formulierung und das Diktat zu überlassen. N u r selten mag es geboten erscheinen, sich unterschriftlich das volle Ausmaß der schriftlichen Aufzeichnung über die vorgebrachten Klagen bestätigen zu lassen, um den späteren Vorwurf zu vermeiden, daß man als Gutachter nicht alles Vorgebrachte aufgeführt und berücksichtigt habe. Der Befund muß erschöpfend sein und alles Wesentliche enthalten. Er soll mit einer kurzen Schilderung des Allgemeinzustandes beginnen. Die eingehende Untersuchung von nicht vom Unfall betroffenen Organen und Körpergegenden und die langatmige Feststellung des dort erhobenen Befundes ist nur Ausdruck einer Pseudogenauigkeit. Bei der Unfallbegutachtung soll im Bedarfsfall das gesamte Rüstzeug moderner Diagnostik einschließlich der Röntgendiagnostik herangezogen werden. Neben den Folgen der Verletzungen sind auch die unabhängig vom Unfall bestehenden krankhaften Veränderungen aufzuzeichnen. Diese Angaben müssen bei jeder Begutachtung neu erfragt werden, weil zwischenzeitlich neu hinzugetretene Verletzungen oder Erkrankungen bekannt sein müssen. Die Befundschilderung selbst kann durch die Beifügung von Skizzen oder Lichtbildern manchmal wirkungsvoll unterstützt werden. Sehr wichtig ist die genaue Angabe der Längen- und Umfangsmaße bei Gliedmaßen und der Winkelmaße für die Bewegungsmöglichkeit von Gelenken. Letztere sollte nie geschätzt, sondern exakt gemessen werden. Band- und Winkelmaß gehören daher unbedingt zum Rüstzeug des begutachtenden Arztes. Selbstverständlich ist, daß nicht nur die Maße der verletzten Seite, sondern auch die Vergleichszahlen der gesunden Seite angegeben werden. Nur durch den Vergleich haben die Zahlen überhaupt eine Bedeutung. Hinsichtlich des Untersuchungsganges wird auf die Vorschläge zu den Meßbögen (S. 63) verwiesen. Ein gewisser Schematismus ist bei der gesamten Untersuchung notwendig, um wichtige Momente nicht zu übersehen. Die im Sonderfall notwendigen Untersuchungen werden erfahrungsgemäß weniger unterlassen. Bei der Anfertigung von Röntgenbildern sind Vergleichsaufnahmen korrespondierender Gliedmaßenabschnitte häufig von Wert. Die moderne Röntgendiagnostik sollte stets im gebotenen Umfang zur Objektivierung der Unfallfolgen herangezogen werden.

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Form des freien Gutachtens

Dabei sind die Rechtsvorschriften über die diagnostische Anwendung von Röntgenstrahlen genauestens zu beachten. Die Einbeziehung des gesamten Bereiches der modernen Diagnostik bei Begutachtungen kann im Bedarfsfall erforderlich sein. Häufig läßt die stets gebotene, exakte klinische Untersuchung des Patienten viele der diagnostischen Hilfsmethoden überflüssig erscheinen. Die ausgedehnte Festlegung umfangreicher labortechnischer Befunde ist gelegentlich nur Ausdruck einer gutachterlichen Vielbetätigung und Pseudogenauigkeit. Gelegentlich wäre ein Weniger an Apparatismen nicht selten ein Mehr an Überzeugungskraft. Es kommt nicht auf die Vielzahl der Zusatzbefunde, sondern auf die für den Einzelfall wichtigsten und methodisch einwandfrei ermittelten labortechnischen Untersuchungen an. Am Anfang der „Beurteilung" jeden Gutachtens steht die genaue und klare Bezeichnung der Verletzungen. Man gewöhne sich an, diese Regel stets zu befolgen. So erleichtert man sich und dem Auftraggeber die Arbeit erheblich. Dann folgt die Aufzählung der Unfallfolgen im einzelnen. Hierbei sind die Unfallfolgen und die etwaigen unfallfremden Körperschäden klar zu trennen. Es ist die klare Trennung von Unfallfolgen und etwaigen unfallfremden Körperschäden erforderlich. Die exakte Diagnose und die genaue Aufzählung der im Befund einzeln beschriebenen Unfallfolgen sollte so klar gewählt werden, daß sie von dort in den Bescheid des Versicherungsträgers übernommen werden kann. An diese Aufzählung schließt sich dann als Vorschlag für die anfordernde Behördenstelle die nach bestem Wissen und Gewissen ermittelte Einschätzung des Grades der unfallbedingten Erwerbsminderung. Die Schätzung der durch den Unfall verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit geht in der Regel nicht von dem erlernten oder ausgeübten Beruf des Patienten aus, sondern von dem Begriff des „allgemeinen Arbeitsmarktes". Die Minderung der Erwerbsfähigkeit kann in verschiedene Grade unterteilt werden. Die „Arbeitsunfähigkeit" im Sinne der Krankenversicherung z. B. ist dagegen nicht unterteilbar; sie ist vorhanden oder sie ist nicht vorhanden. Bei der Abschätzung des Einflusses der Unfallfolgen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten haben sich im Laufe der Zeit Grundzahlen eingebürgert, die auf S. 66 ff. aufgeführt sind und deren man sich zweckmäßigerweise bedient. Weicht der Gutachter bei der Einschätzung von diesen Grundzahlen wesentlich ab, so ist es angebracht, gleich den Grund dafür anzugeben. Die Erwerbsfähigkeit eines Verletzten wird vor diesem Unfall auf jeden Fall voll, d. h. mit 100 v. H. angenommen, auch wenn er durch ein Gebrechen oder frühere Unfälle, z. B. die Lähmung eines Armes schon behindert ist. Es werden auch Renten unter 20 v. H . ausgezahlt, wenn eine andere Rente wegen Unfall- oder WDB-Schäden vorliegt (sog. Stützrente). Während der ersten zwei Jahre nach einem Unfall wird beim Vorliegen entsprechender Verletzungsfolgen im Allgemeinen eine vorläufige Rente gewährt. Diese vorläufige Rente kann wegen wesentlicher Änderung im Zustand der Unfallfolgen jederzeit geändert werden. Ist voraussichtlich nur für eine befristete Zeit eine vorläufige Rente zu gewähren, so kann die Berufsgenossenschaft den Verletzten nach Abschluß des Heilverfahrens mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes entschädigen. Der Verletzte wird dann nicht zum Bezieher einer laufenden Rente. Aufgabe des Gutachters ist es, die Berufsgenossenschaft auf geeignete Fälle hinzuweisen. In solchen Fällen darf er ausnahmsweise eine Schätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit zeitlicher Begrenzung bis zu einem in der Zukunft liegenden Endtermin vornehmen.

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Anläßlich der ersten Festsetzung der Dauerrente, die spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Unfall erfolgt sein muß, aber auch früher vorgenommen werden kann, hat die Schätzung der Höhe der Erwerbsminderung völlig frei, unabhängig von den bisherigen Schätzungen zu erfolgen. Der sonst bestehende Zwang, den Nachweis einer wesentlichen Besserung oder Verschlimmerung befundmäßig zu erbringen, entfällt hierbei völlig. Die Dauerrente kann nur nach jeweils einem Jahr geändert werden, wenn sich wesentliche Befundabweichungen ergeben, die vorläufige Rente in viel kürzeren Zeiträumen. Oft ist es zweckmäßig, wenn man die Gründe angibt, die zu einer bestimmten Schätzung geführt haben. Bei allen Vorschlägen, eine bestimmte Rente zu ändern, ist der Nachweis einer wesentlichen Änderung (Besserung oder Verschlimmerung) im Vergleich zum zuletzt maßgeblichen Gutachtenbefund erforderlich. Das zeitlich letzte Gutachten ist bekanntlich nicht immer das rechtlich und ärztlich zuletzt maßgebliche Vergleichsgutachten. Nur dasjenige Gutachten, das aus Anlaß der ersten Festsetzung der Dauerrente erstellt wird, ist frei von diesem Zwang, die vom maßgeblichen Vorgutachten abweichende Einschätzung der Erwerbsminderung befundmäßig begründen zu müssen. Man muß stets die Änderungsmerkmale im Einzelnen aufführen und eventuell anhand von Zahlen erläutern. Nur eine wesentliche Änderung im gesamten objektivierten Unfallfolgezustand vermag eine wesentliche Änderung in der Höhe der Erwerbsminderung zu begründen. Andererseits können auch nach Jahren Anpassung und Gewöhnung als Besserungsmerkmale in Betracht kommen. Es genügt aber nicht, wenn der Gutachter lediglich zum Ausdruck bringt, Anpassung oder Gewöhnung an die Unfallfolgen oder beides zusammen sei eingetreten. Aus dem ärztlichen Gutachten müssen vielmehr greifbare Merkmale einer Anpassung oder Gewöhnung des Verletzten zu entnehmen sein. Am Rande sei vermerkt, daß neben den medizinischen oft auch außermedizinische Erkenntnisse zu berücksichtigen sind, welche sich vornehmlich aus einer Prüfung der tatsächlichen Arbeitsverhältnisse des Verletzten anhand der Arbeitsauskünfte des Arbeitgebers gewinnen lassen. Es ist selbstverständlich, daß man stets die individuelle Gesamtsituation berücksichtigt. Bei Verletzungen der oberen Gliedmaße muß die Frage: Arbeitshand oder Beihand (rechts oder links) und eine eingetretene Umgewöhnung berücksichtigt werden. Ein Vorschaden, auf welchen sich die Unfallfolgen verschlimmernd auswirken, ist ebenso zu würdigen, wie eine etwa durch hohes Alter erschwerte Anpassung an die Unfallfolgen. Ein unfallfremder Vorschaden sollte stets berücksichtigt werden. Dagegen darf ein unfallfremder Nachschaden (etwa ein zeitlich später erfolgter zweiter Bruch am gleichen Bein) keine Berücksichtigung finden. Der unfallbedingte Spät- oder Folgeschaden (z. B. Sekundärarthrose nach Gelenkverletzung, Spätgangrän nach unfallbedingter Gefäßplastik) stellt eine Verschlimmerung der Unfallfolgen dar. Bei der Schätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sind stets genaue Zahlenangaben erforderlich. Angaben wie „unter 20 v. H.", „um 10 v. H.", „40—50 v. H . " sind wertlos. Sind die Unfallfolgen auf mehrere Fachgebiete verteilt, so ist für jedes Fachgebiet eine exakte Teilerwerbsminderung anzugeben. Der Hauptgutachter schätzt danach aus diesen Teilerwerbsminderungssätzen die Gesamterwerbsminderung. Dabei wird eine rein numerische Zusammenzählung dem Gesamtunfallfolgezustand fast nie gerecht, weil wohl stets Überschneidungen vorliegen. In jedes Gutachten gehört die Angabe, wann eine Nachuntersuchung angezeigt ist. Im Rahmen der vorläufigen Rente (innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Unfall) ist die unterste Zeitgrenze für eine Nachuntersuchung drei Monate, bei einer Dauerrente (zwei Jahre und später nach dem Unfall) beträgt die unterste Zeitgrenze für eine

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Form des freien Gutachtens

Nachuntersuchung ein Jahr. Erfahrungsgemäß lassen sich nämlich in jeweils kürzeren Zeiträumen kaum wesentliche Änderungsmerkmale objektivieren. Das Vorliegen eines Dauerzustandes kann frühestens fünf Jahre nach einem Unfall als gegeben erachtet werden. Gelegentlich sind noch nach längeren Zeiträumen wesentliche Besserungen zu beobachten. Mit der Angabe, daß ein Dauerzustand eingetreten und daher weitere Nachuntersuchungen nicht mehr angezeigt seien, sei man als Gutachter zurückhaltend und erweitere besser den jeweiligen Kontrollzeitraum auf zwei Jahre. Abschließend sollen im Gutachten noch die Aussichten von Behandlungsmaßnahmen erörtert werden, wenn solche notwendig erscheinen oder der Patient dahingehende Wünsche äußert. Dabei ist davon auszugehen, daß die gesetzliche Unfallversicherung „Kurbehandlungen" im Sinne der Invaliditätsversicherung in dem Umfang nicht kennt. Die gegenwärtige Rechtslage in der Frage der Zumutbarkeit von Operationen ist folgende: 1. Die Operation darf keinen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellen (§ 624 RVO). 2. Die Operation darf auch nicht mit einer Gefahr für Leben oder Gesundheit des Verletzten verbunden sein; unvorhersehbare Umstände, die eine solche Gefahr bedingen, bleiben außer Betracht. „Gefahrlos bedeutet, daß die Operation nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr mit sich bringt". 3. Die Operation muß mit hinreichender Sicherheit die Aussicht bieten, daß durch sie eine erhebliche Steigerung der Erwerbsfähigkeit eintritt oder daß durch sie eine erhebliche Verschlimmerung verhütet wird. Durch das ärztliche Gutachten muß in einwandfreier Form geklärt sein, welche operativen Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind und welche Folgen sie für die Steigerung der Erwerbsfähigkeit haben. 4. Die Operation darf keine beträchtlichen oder übermäßigen Schmerzen verursachen. Ein gewisses Maß von Schmerzen muß der Verletzte auf sich nehmen. In jedem Gutachten sind stets die unfallfremden Veränderungen, die nicht normalen Zustände aufzuzählen, die nicht als direkte oder indirekte Folgen des infrage stehenden Unfalles zu bewerten sind. Diese Aufzählung kann nicht genau genug sein und ist stets unerläßlich. O f t hat die Kenntnis von diesen unfallfremden Veränderungen einen Einfluß sowohl auf den Grad der unfallbedingten Erwerbsminderung selbst, als auch auf die Zahlbarmachung von bisher nicht rentenberechtigenden, anderen Renten. Ein Gutachten über Unfallverletzte schließt mit Angaben über die Berufshilfe. Diese Zusammenarbeit zwischen Gutachter und Berufsgenossenschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für den Wirkungsgrad der Berufshilfe und jeglicher berufshelferischer Maßnahmen überhaupt. Die gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung der damit zusammenhängenden Fragen kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Die Maßnahmen der Rehabilitation (§ 556 RVO) haben bekanntlich das schon 1844 von Ritter von BUHS geforderte Ziel: „ . . . soll der heilbare Kranke vollkommen rehabilitiert werden. Er soll sich zu der Stellung wieder erheben, von welcher er herabgestiegen war. Er soll das Gefühl seiner persönlichen Würde wiedergewinnen und mit ihm ein neues Leben beginnen". Die rechtzeitige Einleitung gezielter und geeigneter Hilfsmaßnahmen (Rehabilitation durch Berufsgenossenschaft, Rentenversicherung, Arbeitsamt) wird maßgeblich von den ärztlichen Hinweisen bei jeder Begutachtungsuntersuchung beeinflußt und unterstützt.

Das Gutachten zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges

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Der Gutachter muß daher durch entsprechende Hinweise in jedem seiner Gutachten mithelfen, daß der Versicherte die ihm zustehenden sozialen Leistungen erhält. Die nachgehende Berufshilfe liegt insofern auch in der Hand des Gutachters, der meist als erster von drohendem Arbeitsplatzwechsel, Kündigung und ähnlichem erfährt.

20. Das Gutachten zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Unfall und Körperschaden Die wissenschaftlichen Voraussetzungen der Begutachtung bei Fragen des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einem Unfall und einem Körperschaden werden in Abschnitt B (S. 84) erwähnt. Abgesehen von den besonders begründeten und gediegenen Kenntnissen, die rein fachlich von dem Gutachter sowohl auf dem Gebiet der allgemeinen und speziellen Krankheitslehre, als auch auf dem Gebiet der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Ergebnisse der Rechtsprechung gefordert werden, haben sich im Laufe der Zeit gewisse formale Mindestforderungen für ein derartiges Gutachten herauskristallisiert. Die schematische Berücksichtigung des nachfolgend aufgezeichneten formalen Vorgehens erleichtert somit die Auswertung eines solchen Gutachtens durch die anfordernden Stellen und kommt indirekt bei der Bewertung des Gutachtens zum Tragen. Folgender Aufbau ist in einem solchen Gutachten zu I II III 112 12 121 1211 1212 122 2 3 31 32 33 34 35 36 37 38 381 382 39 391 392 393 394 395 4 41 42

empfehlen

Vorgeschichte Vorgeschichte nach den Aktenunterlagen (stets mit Angabe der Seite) vom Unfall unabhängige Erkrankungen Hergang des Geschehnisses und bisherige Behandlung Vorgeschichte nach den Angaben des Versicherten vom Unfall unabhängige Krankheitsgeschichte Familienvorgeschichte eigene Vorgeschichte Hergang des Unfalles, bisherige Behandlung und Verlauf bis zum Untersuchungstag Augenblickliche Beschwerden des Patienten Untersuchungsbefund Allgemeinbefund Kopf Hals Brustkorb Leib Wirbelsäule Nervensystem Gliedmaßen obere Gliedmaßen untere Gliedmaßen örtlicher Befund der Verletzungsfolgen Betrachtung Betastung Beweglichkeit (siehe Meßbogen) vergleichende Umfangsmaße (siehe Meßbogen) zusätzliche diagnostische Verfahren und deren Deutung Beurteilung genaue Bezeichnung der Erkrankung wissenschaftlich begründete Erörterung der Zusammenhangsfrage mit Erarbeitung einer eindeutigen, klaren Aussage

4 G ü n t h e r - H y m n e n , Unfallbegutaditung

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Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung ganz kurze Aufzählung der Unfallfolgen mit Vorschlag für die Einschätzung der etwaigen Erwerbsminderung exakte Aufzählung nichtunfallabhängiger, krankhafter Zustände etwaige Behandlungsvorschläge Angaben zur Berufshilfe

Die gebotene Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles wird häufiger eine Abweichung von diesem als Vorschlag gedachten Bearbeitungsschema erzwingen. Der Aufbau dieses Schemas hat sich in der Praxis seit langem bewährt. 21. Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung Es ist ganz selbstverständlich, daß jeder Begutachtung eine sorgfältige Untersuchung des Verletzten vorauszugehen hat. Diese Untersuchung hat sich in ihrem Umfang dem vorliegenden Einzelfall anzupassen. Begutachtungen, bei denen notwendige Untersuchungen unterlassen worden sind, sind wertlos. Andererseits ist es überflüssig, die Untersuchungen allzuweit auszudehnen. Beispielsweise ist es nicht notwendig, bei einer Rentennachprüfung wegen komplikationslosen Fingerverlustes eine Leberfunktionsprüfung oder eine Lungendurchleuchtung oder eine Serum-Elektrophorese auszuführen. Derartige Gutachten dokumentieren nicht etwa eine besondere Sorgfalt, sondern eine geschäftemacherische Pseudogenauigkeit. In jedem Fall ist es notwendig, sich nicht nur den verletzten Körperteil, sondern den ganzen Menschen genau anzusehen, so, wie das die ärztliche Sorgfaltsregel bei jeder Krankenuntersuchung überhaupt ist. Bei der Begutachtung sind ausschließlich genaue, objektivierte und nachprüfbare Befunde von Wert. Darum sind nicht nur alle Befunde exakt zu beschreiben, sondern es sind auch die Meßstellen nach bekannten anatomischen Fixstellen festzulegen. Das alles kann kurz, im Telegrammstil, aber deshalb nicht weniger genau, geschehen. Alle Angaben sind möglichst in vergleichbaren Meßeinheiten zu liefern und ungenaue Feststellungen („um ein Drittel", „etwa die Hälfte", „annähernd normal") zu vermeiden. Die feineren Abstufungserfordernisse in der Unfallversicherung bei der Angabe der Erwerbsminderungssätze und die Unterschiede um 10 v. H. erfordern die im folgenden erörterten, differenzierteren diagnostischen Methoden: Bei strittigen Krankheitsbezeichnungen oder unklaren Diagnosen sowie bei ungeklärten Beschwerden ist der gesamte breite Fächer der modernen Diagnostik einzusetzen. Die Inanspruchnahme von Ärzten aus anderen Fachdisziplinen gehört ebenso dazu, wie die üblichen technischen Einrichtungen. Es ist zumindest peinlich, wenn nachfolgende Gutachter einem Arzt mangelnde Sachaufklärung schlüssig nachweisen und damit die Deutung und die Schlußfolgerungen seines Gutachtens erschüttern oder gar aufheben. Die Zusammenarbeit von Fachkollegen aller Richtungen kann sich stets nur zum Besten auswirken. Sie fördert die wissenschaftliche Aufklärung des Einzelfalles und die Entwicklung der eigenen gutachterlichen Qualitäten. Man sollte dem Versicherten im Einzelfall nicht fahrlässig die diagnostischen Fortschritte der medizinischen Technik vorenthalten. Die Aufgaben dieser „Unfallbegutachtung" dürfen nicht mit denjenigen eines Handbuches verwechselt werden. Hier kann also stets nur auf allgemeine Grundforderungen und praktisch bemerkenswerte Einzelfragen kurz hingewiesen werden. Vor jeder Untersuchung soll der Arzt sich die Unfallakten durchlesen, um sich so vorher über den Sachverhalt zu orientieren. Die Begutachtungsuntersuchung beginnt mit der genauen Betrachtung des stehenden Unfallverletzten. Dieser hat den Körper

Wichtige Untersudiungsmethoden für die Begutachtung

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soweit entblößt, wie das zur Erlangung eines genügenden Überblickes notwendig erscheint. Zum mindesten ist beispielsweise bei Verletzungen der oberen Gliedmaße der ganze Oberkörper, bei Verletzungen der unteren Gliedmaße der ganze Unterkörper in unbekleidetem Zustand zu betrachten. Häufig wird man den Verletzten sich völlig entblößen lassen müssen, weil z. B. schon das Halten des aufgekrempelten oder herabsinkenden Hemdes die Körperhaltung sehr wesentlich beeinflussen kann. Wichtig ist es auch, den Patienten beim Aus- und Ankleiden unauffällig zu beobachten. Man wird dabei mitunter feststellen können, daß beim Kleiderwechsel ein Gelenk in einem Umfang und schmerzfrei beweglich ist, welches bei der Untersuchung selbst schon bei leichter Berührung der Haut schmerzhaft sein soll und welches sich angeblich wegen enormer Steigerung der Beschwerden selbstätig und fremdtätig fast gar nicht bewegen lassen will. Auch kann man es erleben, daß der gleiche Patient sich beim Anziehen der Schuhe auf einen Stuhl setzt und den Oberschenkel im rechten Winkel zum Rumpf beugt, während bei der vorangegangenen Untersuchung nämlich, als er ausgestreckt auf der Untersuchungsbank lag, jede Bewegung der Hüfte sehr erheblich eingeschränkt war. Und schließlich, um nur einige Beispiele herauszugreifen, kommt es nicht selten vor, daß ein Patient im Untersuchungszimmer ganz anders geht als nach Verlassen des Wartezimmers etwa auf der Straße. Eine solche Kontrollbeobachtung dürfte in geeigneten Fällen angebracht sein. Aus der Art, wie der Gutachtenpatient sich hält, wie er sich bewegt, wie er auf Fragen reagiert und welchen Gesichtsausdruck er hat, kann der erfahrene Arzt sehr wesentliche Schlüsse ziehen, die ihn veranlassen können, auf besondere Punkte sein Augenmerk zu richten. Frauen sind im allgemeinen bei der Vertretung ihrer Ansprüche und daher auch in ihrem Verhalten bei Begutachtungen sehr viel geschickter als Männer. Allgemein scheitert die Ablenkung der Aufmerksamkeit der Patienten bei eigentätigen Bewegungen häufig daran, daß es zahlreiche Menschen gibt, welche nicht gleichzeitig sich etwa ein Beinkleid ausziehen und dabei eine Frage beantworten können. Die Ablenkung durch Befragung während fremdtätiger Bewegungsprüfung ist leichter. Die Betrachtung des Probanden hat sich auf alle äußerlich sichtbaren Formveränderungen zu erstrecken. Muskelabmagerungen kann man oft mit dem Auge wesentlich sicherer feststellen als mit dem Meßband und dem Tasterzirkel. Dasselbe gilt von Veränderungen in der Achsenrichtung von Körperteilen, den Folgen frischer oder alter Verletzungen wie Wunden, Schwellungen und Narben. Ihre genaue Beschreibung, am besten unter Beifügung von Skizzen und Eintragungen in die in reicher Zahl im Handel erhältlichen Körperschemata ist notwendig. In seltenen Fällen wird es sich sogar empfehlen, Lichtbildaufnahmen anfertigen zu lassen. Abgesehen davon, daß das Lichtbild oft eine schwierige Befunderhebung ersetzen kann, hat es sich bei der Festlegung von kosmetisch entstellenden Befunden sehr bewährt. Auf die gutachterliche und diagnostische Bedeutung von Infrarot-Aufnahmen sei hingewiesen. Dadurch, daß uns die Filmindustrie handliche und relativ billige Filmaufnahmegeräte liefert, wird man in einzelnen Fällen Filmaufnahmen von Bewegungsvorgängen machen können. Auf die reichen Möglichkeiten, die uns Fernsehgeräte auch bei der Objektivierung von Unfallfolgen verschaffen können, sei hier hingewiesen. Selbstverständlich wird der Arzt am entblößten Körper auf die verschiedenen Hautveränderungen, Ausschläge, etwa vorhandene wassersüchtige Schwellungen, Haltungsanomalien, Verformungen des Brustkorbes und dessen Verhalten bei der Atmung, auf den Vergleich von Brust- und Bauchatmung, Rundrücken, Buckelbildungen der Wirbelsäule, Verdrehungen und Verbiegungen derselben, Stauungen im Pfortaderkreislauf, Krampfadern an Beinen oder Armen, Unterschenkelgeschwüre, eine glänzende oder

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Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

trockene Haut, vasomotorische Störungen, Dermographismus, abnorme Schweißabsonderung, Senkfüße usw. achten. Den durch die Betrachtung erhobenen Befund wird man durch pation) erweitern. Dabei ist es von ganz besonderer Wichtigkeit, die andere, nicht verletzte Körperseite heranzuziehen. Man wird bewahren, individuelle Normabweichungen als krankhaften oder fund anzusehen.

die Betastung (Palstets zum Vergleich sich dadurch davor unfallbedingten Be-

Die Betastung ist eine sehr wichtige Untersuchungsmethode. Auf ihre Handhabung an verschiedenen Körpergegenden und Organen kann hier nur stichwortartig eingegangen werden. Ein Vergleich des Tastbefundes mit einem Röntgenbild ergibt häufig wichtige Aufschlüsse. Besonders wichtig für die Untersuchung am Unfallverletzten sind folgende Betastungsmethoden : Bei jedem Knochenbruch ist immer noch die manuelle Prüfung auf abnorme Beweglichkeit in ihren verschiedenen Abstufungen das sicherste Zeichen für die Beurteilung der Bruchheilung. Das Knochenreiben (Krepitation) ist nur in einem relativ geringen Zeitraum feststellbar. Ob man bei der Prüfung die Hände nahe der erwarteten abnormen Beweglichkeit oder entfernt davon anlegen soll, kann im Einzelfall verschieden sein. Bei absolut klarer abnormer Beweglichkeit wird man mit jeder Methode zu einem eindeutigen Ergebnis kommen. Im Zweifelsfalle muß man alle nur denkbaren Kombinationen dieser Untersuchungsmethode anwenden. Als zweckmäßig hat sich erwiesen, daß man eine Hand dicht an der ehemaligen Bruchstelle ansetzt und die andere möglichst entfernt von ihr. Notwendig ist, daß man mit den Händen fest zufaßt und dadurch die in den mehr oder weniger stark entwickelten Weichteilen liegenden Fehlerquellen ausschaltet. Zaghaftes Zufassen bei der Prüfung auf komplette Bruchheilung bewirkt nur Unklarheiten. Die Untersuchung der Gelenke erfordert ebenfalls eine sehr genaue Palpation. Für die Feststellung von Gelenkgeräuschen ist die Betastung durch die aufgelegte Handfläche immer noch die beste Methode. Die Betastung der Muskulatur während der Anspannung und Entspannung gibt häufig recht weitgehende Aufschlüsse über die Funktionstüchtigkeit dieser Organe, welche sich noch durch Messungen (siehe Meßbogen S. 63) vervollständigen lassen. Besonders die Palpation ermöglicht es, unterschiedliche Spannungszustände der einzelnen Muskelgruppen zu erkennen. Ein Vergleich mit dem gesunden Gliedmaßenanteil ist hier absolut unerläßlich. Leider fehlt es bisher noch an einfachen Untersuchungsapparaten, welche einen zahlenmäßig objektiven Vergleich zulassen. Jedwede Messung spielt bei der Unfallbegutachtung eine sehr wichtige Rolle. Die Meßtechnik ist gerade von Unfallmedizinern in den verschiedensten Anwendungsgebieten ausgebaut und gefördert worden. Aber auch hier gilt es ganz besonders, daß jede Maßangabe ohne Vergleichsmessung auf der gesunden Körperseite desselben Patienten vollkommen unbrauchbar ist. Nur der Vergleich relativer Zahlen läßt Schlußfolgerungen zu. Das Wiegen der Patienten hat nur dann einen Wert, wenn es zu verschiedenen Zeiten im nackten Zustand (eventuell nur mit Hemd bekleidet) ausgeführt wird. Die Deutung unterschiedlicher Körpergewichte zu verschiedenen Zeiten ist nicht einfach und bedarf der überprüfenden Kritik durch andere Untersuchungsmethoden. Immerhin kann eine Gewichtszunahme, wenn sie nicht etwa durch Ödeme hervorgerufen wird, auf

Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

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eine Hebung des Allgemeinzustandes hindeuten, welche dann bei der Schätzung der Erwerbsfähigkeitsminderung durchaus berücksichtigt werden könnte. In der Beurteilung des Heilungsergebnisses von Knochenbrüchen spielt die Längenmessung eine sehr große Rolle und darf nie vergessen werden. Es sei aber bei den Längenmaßen wie auch bei den Umfangsmaßen vor einer allzu großen Genauigkeit gewarnt. Im allgemeinen soll man die Meßwerte nicht auf den Millimeter genau angeben, sondern auf den halben Zentimeter. Da bei allen derartigen Messungen die Fixpunkte und bei Umfangmessungen die Spannung des Bandmaßes in recht erheblichem Umfang schwanken kann, stellt es eine Pseudogenauigkeit dar, wenn man die erhaltenen Werte auf den Millimeter genau niederlegt. Bekanntlich sind Differenzen von einem halben Zentimeter sowohl in der Länge eines Gliedes als auch seines Umfanges meist völlig belanglos. Die bei weitem häufigste Längenmessung wird an den Beinen vorgenommen. Ma«. sollte unter der Beinlänge ausschließlich die Entfernung von dem vorderen oberen Darmbeinstachel bis zur Innenknöchelspitze verstehen. Daß man vor dieser Messung die Beine stets in dieselbe Körperlage bringen muß, zum Ausgleich von etwaigen Kontrakturen, ist selbstverständlich, wird aber von mindergeübten Untersuchern häufig vergessen. Die Ursache einer Längenveränderung kann an den verschiedensten Stellen des Beines, im Schenkelhals, Oberschenkel oder Unterschenkel liegen. Daher ist es häufig notwendig, noch weitere Längenmessungen auszuführen. Man soll dann im Befundbericht angeben, welche Messungen man gemacht hat und soll die anatomischen Punkte, welche man als Fixpunkte gewählt hat, genau benennen. Von praktischer Wichtigkeit sind neben der gesamten Beinlänge noch folgende Maße: Vorderer oberer Darmbeinstachel bis innerer Kniegelenkspalt (Verbildungen im Bereich des Hüftgelenkes, Verkürzung des Obersdienkels), Lage des Trochanter major zur RosER-NELATON'schen Linie (Verbindungslinie von Spina iliaca anterior superior zum Sitzbeinhöcker), oberer Rand des Trochanter major bis zum äußeren Kniegelenkspalt (absolute Länge des Oberschenkels an sich), Kniegelenkspalt zum Außen- oder Innenknöchel (absolute Länge des Unterschenkels). Bei der Auswertung der erhaltenen Zahlen muß man bedenken, daß beispielsweise die Verkürzung eines Gliedmaßenabschnittes als Folge einer Fraktur sowohl durch Verheilung mit Verschiebung der Bruchstücke gegeneinander (dislocatio ad longitudinem cum contractione) als auch durch Verheilung in Winkelstellung (dislocatio ad axin) hervorgerufen sein kann. Längenmessungen an den Armen sind von geringer Bedeutung, weil deren Verkürzung für ihre Funktion weniger wichtig ist. Zur Längenbestimmung des Oberarmes muß man von der Spitze des Rabenschnabelfortsatzes bis zum Ellenhöcker messen. Dabei ist darauf zu achten, daß die Gelenke beiderseits in gleicher Stellung gehalten werden. Den Unterarm mißt man von der Ellenhöckerspitze bis zum Griffelfortsatz der Elle. Defektbildungen Schließlich sind bei der Beschreibung von Narben und Wunden und Längenmessungen und auch Flächenmessungen von Wert. Man muß einmal angeben, wie lang und wie breit eine Narbe ist und außerdem noch, welche Strecke sie von einem anatomisch wohl definierten Orientierungspunkt am Körper entfernt liegt. Messungen an Röntgenbildern sind nur unter Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln zulässig, weil Röntgenbilder Schattenzeichnungen darstellen, deren absolute Längen nicht mit den tatsächlichen Längen des Körpers übereinstimmen. Bekanntlich ist

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Wichtige Untersudiungsmethoden für die Begutachtung

die Verzeichnung umso größer, je näher der Brennfleck der Röhre dem Körper bei der Aufnahme war. Zur Ermittlung des Durchmessers z. B. des Schultergelenkes oder des Abstandes der Fußknöchel oder zur Bestimmung der tatsächlichen Höhe der Sohle eines Kunstschuhes kann man sich mit großem Vorteil eines Tastzirkels bedienen. Häufig wird zur Ermittlung des Ausgleichmaßes bei Beinverkürzungen oder bei Wirbelsäulenverkrümmungen von untergelegten Brettchen in der jeweiligen Dicke 1 cm und V2 cm Gebrauch gemacht. Die Umfangsmaße dienen hauptsächlich der Feststellung des Zustandes der Muskulatur. Sie sind infolgedessen ganz besonders relativ. Diese Umfangsmaße werden je nach der Körperhaltung im Augenblick der Messung (im Liegen oder im Stehen) und je nach dem Anspannungszustand oder der Erschlaffung der Muskulatur verschieden sein. Durch einige Vergleichsmessungen kann man sich sehr leicht davon überzeugen, daß die genannten Zustände die gemessenen Zahlen sehr erheblich beeinflussen können. Im Befundbericht muß also stets angegeben werden, unter welchen Bedingungen die angegebenen Zahlen erhalten worden sind, wenn es speziell darauf ankommt. Bei den Begutachtungsuntersuchungen hat sich die Meßtechnik bewährt, die in den Meßbogen (S. 63/65) angegeben ist. Die Beinmaße in diesen Bögen sind im Liegen auf der Untersuchungsbank bei entspannter Muskulatur gemessen. Eventuell kann man Vergleichsmaße bei angespannter Muskulatur hinzufügen. Alle Maße an den Armen sind bei schlaff herabhängendem Arm zu nehmen. Außer den genannten typischen Meßstellen können in Einzelfällen noch andere Messungen zweckmäßig erscheinen, welche den jeweiligen Sonderverhältnissen angepaßt werden müssen. Die Auswertung der Umfangsmaße an Extremitäten ist dadurch erschwert, daß man nicht die Muskulatur als solche mißt, sondern auch Haut und Unterhautzellgewebe. Das Fettpolster wird zwar wohl stets am ganzen Körper an symmetrischen Stellen gleich stark sein. Aber ein vorhandenes ö d e m kann auch hier das Bild sehr wesentlich verändern. Auf das Vorhandensein von wassersüchtigen Schwellungen ist daher zu achten und das Beobachtungsergebnis im Befund zu verzeichnen, am besten mit Angabe der Uhrzeit. Manchmal kann das Vorhandensein von überschüssiger Neuknochenbildung oder eine verformt verheilte Fraktur eine tatsächlich vorhandene Muskelabmagerung in den gemessenen Umfangszahlen nicht zum Ausdruck kommen lassen. Die Umfangmessungen an Gelenken haben hauptsächlich beim Knie eine Bedeutung für die Größenbestimmung eines Gelenkergusses. Allerdings müssen dabei die Kapselbeschaffenheit und ganz besonders auch der Tastbefund weitgehend berücksichtigt werden. Auch eine Muskelabmagerung beeinflußt die erhaltenen Zahlen. Die Umfangsmessung des Brustkorbes bei Ein- und Ausatmung, welche nach alter Gewohnheit bei seitlich erhobenen Armen über den Brustwarzen und über der Schwertfortsatzspitze vorgenommen wird, ist ein Verfahren zur Bestimmung des Atemvolumens und in der Hand des Arztes leicht ausführbar. (Ersatz für die Spirometrie). Da beide Methoden aber sehr stark von der Mitarbeit des Untersuchten abhängig sind, muß man ihre Ergebnisse gelegentlich durch andere Untersuchungen kontrollieren. Bei einseitiger Hemmung der Ausatmung kann man auch beide Brustkorbhälften getrennt von der Mitte des Brustbeines bis zum entsprechenden Brustwirbeldornfortsatz messen. Will man die Größe und Veränderlichkeit einer Wirbelsäulenverkrümmung tatsächlich objektiv festlegen, ohne daß man über die hierzu konstruierten Apparate verfügt, dann ist es am besten, fotografische Aufnahmen in verschiedenen Körperhaltungen zu machen und die Abzüge dem Gutachten beizufügen, nachdem die so erhaltenen Befunde auch in Worten beschrieben sind. Die Anschaulichkeit derartiger Bilder kann

Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

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man dadurch steigern, daß man mit einem kräftigen Fettstift vor der Aufnahme die Spitze eines jeden Dornfortsatzes durch einen kurzen Strich anzeichnet. (Siehe Abb. 4.) Von sehr großer Bedeutung für die Ermittlung der Gelenkfunktion sind die Winkelmessungen in den verschiedensten Stellungen. Leider hat sich bisher im In- und Ausland keine Einigkeit über die 180°- bzw. Neutral-Null-Position erreichen lassen. Man sollte sich grundsätzlich angewöhnen, diese Winkel nie zu schätzen, sondern dieselben stets mit einem Winkelmesser zu messen. Wenn auch Differenzen gegenüber der gesunden Seite von 10 Grad praktisch nicht sehr ins Gewicht fallen, so ist doch im Interesse der Meßgenauigkeit und der Selbstkontrolle die Verwendung des Winkelmessers immer vorzuziehen. Man muß sich ja auch häufig mit den Befunden anderer Gutachter auseinandersetzen. Auf jeden Fall sind Winkelangaben wesentlich wertvoller als summarische Angaben wie z.B.: „Die Beweglichkeit des Gelenkes ist etwas eingeschränkt; sie ist vielleicht um die Hälfte gegenüber der anderen Seite behindert" u. ä. Aus derartigen Angaben kann sich niemand ein zutreffendes Bild von der Bewegungsmöglichkeit eines Gelenkes machen. Auch bei den Winkelmessungen an Gelenken sind stets Vergleichsmessungen an der gesunden Körperseite vorzunehmen. Denn bei den einzelnen Patienten schwanken die Bewegungsmöglichkeiten (ganz besonders stark am Handgelenk) recht erheblich. Schließlich wird es mitunter nützlich sein, getrennt anzugeben, wie groß die eigentätige und die fremdtätige Bewegungsmöglichkeit der Gelenke gewesen ist. Auch die Messungen der Drehbewegungen z. B. an der Halswirbelsäule, des Unterarmes und im Bereich des Hüftgelenkes lassen sich vorzüglich mit einem Winkelmesser durchführen. Die Verwendung des Winkelmessers bei der Bewegungsprüfung des Rumpfes ist weniger gebräuchlich, da es sich hierbei um eine Bewegung handelt, welche nicht in einem Gelenk, sondern von zahlreichen benachbarten Gelenken durchgeführt wird. Daher kommen hier die kritische Betrachtung und die Analysierung der Bewegungsvorgänge zu ihrem Recht. In diesem Zusammenhang darf ich auf den Hydrogoniometer verweisen, der bei der Objektivierung der Rumpfbeweglichkeit oft von Wert ist. Das „Elkameterverfahren nach HACKETHAL" erscheint mir leicht durchführbar und exakt im Ergebnis. Auch Lichtbilder in seitlicher Richtung beim Stehen und bei maximaler Beugung des Oberkörpers nach vorn sowie die Funktions-Röntgenaufnahmen bei den einzelnen Bewegungszuständen können äußerst aufschlußreich sein. Am Schultergelenk muß man zwischen den Bewegungen im Schultergelenk selbst (also bei fixiertem Schulterblatt) und den Bewegungen im gesamten Schultergürtel unterscheiden. Die Erhebungsmöglichkeit des Oberarmes nach vorn, seitlich und hinten ist in Winkelgraden zu messen. Die Auswärtsdrehmöglichkeit wird am besten durch den Winkel ausgedrückt, in welchem der im Ellenbogen rechtwinkelig gebeugte Unterarm gegen die Sagittalebene des Körpers gebracht werden kann. Einwärtsdrehung und Rückwärtsbeugung sind für die Praxis gekuppelte Bewegungen, deren Umfang sich durch die Angabe ausdrücken läßt, bis zu welchem Teil der Wirbelsäule die auf den Rücken gelegte Hand des Patienten selbsttätig gebracht werden kann (sog. Hosen- oder Schürzenbundgriff). Die Messung der Beuge- und Streckfähigkeit des Ellenbogengelenkes ist einfach. Nie vergessen werden sollte die Messung der Drehfähigkeit im Vorderarm. Am Handgelenk kann man sich nicht mit Angaben über dessen Streckund Beugefähigkeit begnügen, sondern man muß auch die Fähigkeit zur ellenseitigen und speichenseitigen Knickung bei dem in der Achse des Unterarmes gehaltenen Handgelenkes prüfen, weil diese Bewegungsfähigkeit ebenfalls von großer Bedeutung für die Handfunktion ist. (Siehe Abb. 6—13)

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Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

Abb. 3

Wichtige Untersudiungsmethoden für die Begutachtung

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An den Fingern kann man naturgemäß die Beweglichkeit jedes einzelnen Gelenkes durch Winkelmessung prüfen. Dies ist auch der brauchbarste Weg für die Bestimmung der Streckfähigkeit. Zur Prüfung der Beugefähigkeit begnügt man sich allgemein mit der Feststellung, um wieviel die jeweilige Fingerspitze beim Faustschluß von der queren Hohlhandbeugefalte entfernt bleibt. Um einen genauen Eindruck von der Greiffähigkeit einer Hand zu vermitteln, muß dann aber bei dieser Prüfung auch die Stellung der Fingergrundgelenke angegeben werden, weil diese besonders wichtig für den Faustschlußvorgang sind. Die Abspreiz- und Oppositionsfähigkeit des Daumens läßt sich am besten in Winkelmaßen angeben, die Einschlagfähigkeit durch die Benennung der Stelle der Handfläche, welcher die Daumenspitze bis auf Berührung genähert werden kann. Ebenfalls ist die Möglichkeit des Spitzgriffes zwischen Daumen- und Zeigefingerkuppe und der Grob- oder Breitgriff (3. bis 5. Finger) ausführlich zu beschreiben. Bei der Begutachtung von Finger- und Handverletzungen sind oft zusätzliche Untersuchungen (Nervenfunktionsprüfungen, Zweipunktunterscheidungsvermögen, Aufsammeltest, Auszählung der Schweißpunkte, Nihydrintest u. a.) erforderlich. Kraftmessungen haben nur einen relativen Wert, da ihr Ausfall in hohem Maß von dem Willen und der Mitarbeit des Gutachtenpatienten abhängig ist. In besonderen Fällen besitzen diese Messungen in negativem Sinne einen großen Wert, dann nämlich, wenn ein Patient, der über eine kräftige Muskulatur und starke Arbeitsschwielen in den Handflächen verfügt, zwischen der verletzten und der unverletzten Hand einen großen Unterschiedswert aufweist. Wenn der Patient dann dabei nidit nur die Beugemuskulatur des Unterarmes, sondern auch die Streckmuskulatur anspannt, dann ist es sicher, daß der geringe Druckwert absichtlich erzeugt ist und nicht den Tatsachen entsprechen kann. Kraftmessungen kommen nur zur Prüfung der Druckkraft der Hand in Betracht. Man kann dazu Instrumente mit Metallfedern, aber auch wassergefüllte Gummibälle mit Steigröhrchen verwenden, deren Elastizität jeweils durch den Handdruck überwunden werden muß. Sonstige Kraftmessungen an der Hand und die Messungen der Widerstandskraft der Arm- und Beinmuskulatur haben sich in der Praxis nicht eingebürgert. Beim Fehlen jeglicher Apparatur genügt die Prüfung des Kraftaufwandes beim Handdruck mit der Hand des Gutachters. Die Röntgenuntersuchung spielt naturgemäß bei allen Verletzungen, nicht nur bei den Knochenbrüchen und ihren Folgezuständen, eine sehr erhebliche Rolle. Im Rahmen dieses Buches ist es ganz unmöglich, auch nur auf die wichtigsten Einzelheiten einzugehen. Einige grundsätzliche Punkte mögen aber erwähnt werden: Der dokumentarische Wert der Röntgenaufnahme überwiegt denjenigen der einfachen Röntgendurchleuchtung ganz erheblich, wenn man von der Beobachtung von Bewegungsvorgängen vor dem Schirm absehen will. Unerläßlich ist es, stets Aufnahmen in zwei Körperebenen machen zu lassen. N u r beim Becken, dem H ü f t - und Schultergelenk genügen häufig Aufnahmen in einer Ebene. Sonderfälle erfordern aber auch hier Spezialaufnahmen. Die Kontrollaufnahmen der nichtverletzten Körperteile verteuern die Röntgenuntersuchung zwar etwas; diese Kontrollaufnahmen sollten, besonders in Zweifelsfällen, aber nie unterlassen werden, weil sie häufig unerläßlich für die Beurteilung sind. Auch werden manchmal Aufnahmen in verschiedenen Strahlenqualitäten (Hartstrahl- und Weichstrahlaufnahmen) sowie Schicht-, Vergrößerungs- und Kontrastaufnahmen notwendig sein. Die Deutung der Röntgenbilder ist keineswegs leicht und erfordert eine nicht unbeträchtliche, ständige Übung. Fehldeutungen normaler Befunde und belangloser Gefäß-

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Widitige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

Abb. 11

Wichtige Untersuchungsmethoden für die Begutachtung

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und Skelettvarietäten kommen immer noch in reichlicher Zahl vor. Man kann diese in erheblichem Umfang vermeiden, wenn man in Zweifelsfällen die einschlägigen Werke und Wandtafeln zu Rate zieht. Die Röntgendurchleuchtung hat in der Diagnostik bei Herz, Lunge, MagenDarm-Kanal und Gefäßen ihre Bedeutung behalten. Durch die Einführung verschiedener Kontrastmittel sind die Möglichkeiten ihrer Anwendung noch gesteigert worden. Auch bei unklaren Lageverhältnissen (z. B. bei Fremdkörpern, kompliziert gebauten Gelenken, Geschwülsten) kann eine Durchleuchtung von sehr großem Nutzen sein. Die Bildwandler-Geräte vermitteln eine lebendigere Anschauung von den Lagebeziehungen der einzelnen Objekte zueinander. Die Stereo-Aufnahmen ermöglichen es, Röntgenbilder in aller Ruhe zu studieren, um sich Klarheit über fragliche Lagebeziehungen zu verschaffen. Allgemein beweisen Röntgenbefunde keine Ausfallerscheinungen. Sie sind lediglich geeignet, klinische Erhebungen zu ergänzen oder bestimmte Symptome zu erklären. Der Grad funktioneller Auswirkungen bestimmter anatomischer Veränderungen kann aus einer Röntgenaufnahme allein nicht gefolgert werden. Ebenso, wie im Vorstehenden nur eine kurze, gedrängte Übersicht über einige der für die Unfallbegutachtung wichtigen chirugischen Untersuchungsmethoden stichwortartig gegeben werden konnte, soll dieses in den folgenden Zeilen für die Allgemeinpraxis, die Fachgebiete der inneren Medizin und des Neurologen erfolgen. Dabei wird bewußt die Allgemeinuntersuchung überhaupt nicht mehr berührt. Die Bestimmung des Blutdruckes (und zwar durch auskultatorische Messung des maximalen oder systolischen Druckes sowie des minimalen oder diastolischen Druckes) gibt häufig wertvolle Hinweise auf komplizierte Leiden, welche auch für die Unfallbegutachtung von Bedeutung sind. Abgesehen von körperlichen Anstrengungen und seelischen Erregungen sind die erhaltenen Werte weitgehend objektiv. Der Puls und seine Beurteilung sind ebenfalls von Wichtigkeit. Die Pulsbeschaffenheit und die Zählung seiner Frequenz vor und nach einer bestimmten Arbeitsleistung (Kniebeugen oder dergleichen) ist die einfachste und jederzeit durchführbare Herzleistungsprüfung. Das große Gebiet der neurologischen Untersuchungsmethoden muß in seinen Einzelheiten hier vollkommen übergangen werden. Wenn man selbst z. B. Reflexe prüft, dann muß man auch im Gutachtenbefund vermerken, welche Reflexe im einzelnen geprüft sind und wie ihr Verhalten auf beiden Körperseiten war. Diese Schilderung läßt sich ohne viele Worte in klarer und eindeutiger Weise durchführen. Die Deutung des so erhaltenen, meist umfangreichen neurologischen Befundes und die anatomische Lokalisation einer vermuteten Störungsursache setzen stets spezialistische Kenntnisse voraus. Deshalb ziehe man bei Unfallfolgen, die das neurologische Fachgebiet berühren, stets einen Fachneurologen zu. Blutuntersuchungen, sowohl einfache zytologische (Hämoglobingehalt, Zahl der Blutkörperchen, Differential-Blutbild, Senkungs-Geschwindigkeit) als auch serologische Methoden werden häufig notwendig, manchmal sogar unerläßlich zur einwandfreien Diagnosestellung sein. Ebenso wichtig ist die Liquor-Diagnostik bei allen Erkrankungen des Zentralnervensystems. Bei einer Lumbalpunktion sollte der Arzt es nie verabsäumen, den Druck des Liquor zu messen. Allgemein ist wichtig, daß der Gutachter in seinem Begleitschreiben z. B. dem Laborarzt genau angibt, welche Untersuchungen er durchgeführt haben will und ihm stichwortartig Angaben über den klinischen Befund und die allgemeine Fragestellung macht. N u r so sind sinnvolle Befunde zu erwarten und nur so kann eine verständnisvolle Zusammenarbeit mit den Laborärzten und auch den Pathologen entstehen.

Wichtige Untersudiungsmethoden für die Begutachtung

Abb. 15

Abb. 14

Abb. 17 Abb. 16

Abb. 21

Simulation

61

Die Untersuchungen durch den Augenarzt, Hals-Nasen-Ohrenarzt und den Psychiater sind bei allen Schädelverletzungen unbedingt notwendig. Ihre Schilderung muß Spezialwerken vorbehalten bleiben. Die Kenntnis der allgemeinen und speziellen Diagnostik mit ihren Fortschritten bildet eine der unabdingbaren Voraussetzungen für die Tätigkeit als Gutachter. Abschließend seien die Vorschläge für Meßbögen wiedergegeben. Diese Bogen bürgern sich zur Vermeidung unnötigen Schreibwerkes, aber auch als Gedächtnisstützen für den Untersuchungsablauf, immer mehr ein. Es muß aber hier, weil diese Meßbogen zu einer Schematisierung verführen, daran erinnert werden, daß die Bemessung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben sich nach dem klinischen Gesamtbefund richtet und nicht von Einzelergebnissen abhängig gemacht werden darf. Andererseits verlangen die feinen Abstufungserfordernisse in der Unfallversicherung die im folgenden vorgeschlagenen, differenzierteren diagnostischen Methoden (s. S. 63). 22. Simulation Bei der Begutachtung muß der Arzt in einem ganz erheblich unterschiedlichen Prozentsatz zu denjenigen Patienten, die ihn wegen der Behandlung eines Leidens in Anspruch nehmen, mit bewußter oder unbewußter Übertreibung (Aggravation), in seltenen Fällen sogar mit Simulation rechnen. Diese Beobachtung macht man in allen Versicherungszweigen besonders bei ungewissen Wirtschaftslagen des einzelnen oder der Gesamtheit. Bei einer Begutachtung wird oft über starke materielle oder soziologische Interessen entschieden. Der Grund für diese Erscheinungen liegt zweifellos in dem Bestreben des Versicherten, sich anhand eines Unfalles wirtschaftliche oder sonstige Vorteile zu verschaffen. Was kann nun der Versicherte vortäuschen? 1. Das Unfallereignis: Die Untersuchung derartiger Fälle ist Sache der Berufsgenossenschaft. Der Arzt soll nur seine Verdachtsgründe vortragen. 2. Die Unfallfolgen: Die unbewußte Vortäuschung und Übertreibung von Krankheitserscheinungen kommt bei seelisch normalen wie bei seelisch kranken und abartigen Persönlichkeiten vor. Nur selten gelingt die Klärung der Frage, ob eine Vortäuschung bewußt oder unbewußt vorgenommen wurde. Die Zahl der bewußten Simulanten ist wesentlich geringer als die der unbewußten. 3. Den Zusammenhang eines vorbestehenden Leidens mit einem Unfallereignis: Es ist ziemlich häufig, daß Erkrankungen, die sicher oder vielleicht schon vor dem Unfall bestanden haben und die erst gelegentlich einer Unfallbegutachtung aufgedeckt wurden, von sehen des Versicherten als Unfallfolgen betrachtet und hingestellt werden. Oft dürfte es sich hierbei jedoch um mangelnde Sachkenntnis des Laien in medizinischen Dingen handeln. In solchen Situationen tritt die Beurteilung der Frage des ursächlichen Zusammenhanges durch einen speziell erfahrenen Gutachter in ihr Recht. Eine nicht unwesentliche Rolle für die Entstehung und Förderung der unbewußten seelischen Fehlverarbeitung eines Unfalles und seiner Folgen kommt den unvorsichtig abgefaßten Bescheinigungen von nicht in diesen Dingen bewanderten Ärzten zu. Manche Versicherte befassen die höchsten Stellen des Staates wiederholt mit ihren Angelegenheiten. Auch die Entscheidung selbst der letzten Rechtsprechungsinstanz über ihre Rentenansprüche vermag derartige Mitmenschen nicht zur Ruhe zu bringen. Folgende Gesichtspunkte erleichtern bei der Untersuchung die Aufdeckung von Übertreibung oder Simulation von Unfallfolgen: Die exakte ärztliche Untersuchung,

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gelegentlich mit wechselnden Untersuchungsabläufen im Stehen, Sitzen, Liegen (Rükken- und Bauchlage); die unauffällige Beobachtung des Patienten in und außerhalb des Untersuchungsraumes; die sorgfältige Erhebung der Vorgeschichte nach der somatischen Methode; die Ablenkung der Aufmerksamkeit des Patienten; die geistige Ermüdung; die stationäre Beobachtung; die Anwendung fotografischer Dokumentation (Film, Infrarot, Fernsehbeobachtung); die Kenntnis von gleichartigen Erkrankungen bei Nichtversidierten. In jedem begründeten Verdachtsfall ist es eine Sache der spezialisierten Untersuchung, die Angaben eines Patienten auf seine Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen. Die Artefakte haben in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen. Doch können hier die Selbstbeschädigungen nicht besprochen werden. Sie sind in den gerichtsmedizinischen Handbüchern ausführlich dargestellt.

Vorschlag für Meßbogen „Obere Gliedmaße"

63

23. Vorschlag für einen Meßbogen „Obere Gliedmaße" UmfangsmaBe: (Arm zwanglos herabhängend)

Rechts

Links

Differenz

A n der Achselhöhle Oberarm, 15 cm von der Schulterhöhe entfernt Ellenbogengelenk Unterarm, 5 cm unterhalb bogenbeiknorrens

des

inneren

Ellen-

den

Finger-

Handgelenk Mittelhand, ohne grundgelenken

Daumen,

über

Beschwlelung der Hohlhände

BewegungsmaBe: („S" = Schmerzangabe bei der Prüfung) Schultergelenk Vorwärtsheben Seitwärtsheben bei feststehendem Schulterblatt Rückwärtsheben Außendrehen: bei herabhängendem Arm bei rechtwinklig abgespreitztem Arm Einwärtsdrehen: bei herabhängendem A r m bei rechtwinklig abgespreiztem Arm

Normal bis 180 Grad

90 Grad 40 Grad 90 Grad 90 Grad 90 Grad 90 Grad

Ellenbogengelenk Beugung Streckung

40 Grad 180 Grad

Unterarm Auswärtsdrehen (Supp.)

80 Grad

Einwärtsdrehen (Pron.)

80 Grad

Handgelenk Beugung

80 Grad

Streckung

110 Grad

Abspreizen speichenwärts

um 20 Grad

Abspreizen ellenwärts

um 45 Grad

Rechts selbstt. fremdt.

Links selbstt. fremdt.

Vorschlag für Meßbogen „Untere Gliedmaße"

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Fingergelenke: Daumen: Mittelhand-Handwurzelgelenk (Sattelgelenk) Anführen Abspreizen Opposition Grundgelenk Beugung Streckung Endgelenk Beugung Dberstreckung Finger: Grundgelenke Beugung Streckung Abspreizen Mittelgelenke Beugung Streckung Endgelenke Beugung Streckung

45 Grad 60 Grad 35 Grad 30 Grad 180 Grad 90 Grad 10 Grad

100/120 Grad 180 Grad um 45 Grad 90/100 Grad 180 Grad 110 Grac 180 Grad

Abstand der Fingerkuppen von der 4. 2. 3. 5. Queren Hohlhandbeugefalte bei der Fingerbeugung (Faustschluß): Jeweils gemessen Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger, Kleinfingerfinger. Zangengriff des Daumens mit den Langfingern b i s . . . cm Abstand vom Zeige-, Mittel-, Ring- und Kleinfinger im Grundglied, Mittelglied, Endgliedkuppe.

J. Vorschlag für einen Meßbogen „Untere Gliedmaße"

UmfangsmaBe:

Rechts

Oberschenkel, 20 cm oberhalb innerer Kniegelenkspalt oberer Recessus am oberen rand

Kniescheiben-

Kniegelenk über Kniescheibenmitte Unterschenkel, 15 cm unterhalb innerer Kniegelenkspalt Sprunggelenk um die Knöchelgabel Fuß in Höhe Basis 5. Mittelfußknochen Beinlänge (oberer vorderer Darmbeinstachel/ Innenknöchelspitze Oberschenkellänge (oberer vorderer Darmbeinstachel/innerer Kniegelenkspalt) Unterschenkellänge (innerer Kniegelenkspalt/ Innenknöchelspitze) Gleichstand der Beckenkämme bei Brettchenausgleich von . . . cm

Links

Differenz

Vorschlag für Meßbogen „Untere Gliedmaße" Rechts selbstt. fremdt.

Hüftgelenk Beugung bei gestrecktem Knie bei gebeugtem Kniegelenk Streckung Überstreckung Abspreizen Anführen (Überkreuzen) Auswärtsdrehung in Streckstellung Einwärtsdrehung in Streckstellung Auswärtsdrehung in rechtwinkliger Beugung Einwärtsdrehung in rechtwinkliger Beugung

Kniegelenk Beugung Streckung Drehung des Unterschenkels im rechtwinklig gebeugten Knie auswärts einwärts Schublade nach vorn Schublade nach hinten Innenaufklappung in Streckstellung in Beugesteilung von 160 Grad Außenaufklappung in Streckstellung, in Beugestellung von 160 Grad

80 120 180 30 40 30

Grad Grad Grad Grad Grad Grad

15 Grad 35 Grad 40 Grad 60 Grad

140 Grad 180 Grad

40 Grad 5 - 1 0 Grad 0 cm 0 cm ja / nein ja / nein ja/nein ja/nein

Fußgelenk 20 Grad Anheben der Fußspitze 30 Grad Senken der Fußspitze 15 Grad Auswärtskanten 25 Grad Einwärtskanten Fußstellung, Beweglichkeit in den Mittelfuß/Fußwurzelgelenken und an den Zehen: Gangbild ohne Schuhwerk und ohne orthopädische Hilfsmittel: 5 Günther-Hymnen, Unfallbegutadnung

65 Links selbstt. fremdt.

II. Spezielles A. Die wichtigsten Rentensätze Der ursprüngliche Sinn der Rente in der Unfallversicherung war die Linderung der rein materiellen Not durch eine Entschädigung für den unfallbedingt geringeren Arbeitsverdienst. Minderung der Erwerbsfähigkeit und Lohneinbuße waren vor 90 Jahren praktisch identisch. In der heute hochspezialisierten Arbeitswelt gibt es das allgemeine Erwerbsleben, den allgemeinen Arbeitsmarkt von 1880 nicht mehr. Die Unfallrente entschädigt heute für körperliche Beeinträchtigung, die Verminderung der Arbeitsmöglichkeiten, die Erschwerung wirtschaftlichen Fortkommens, für die Notwendigkeit, den Arbeitsplatz oder gar den Beruf wechseln zu müssen, seltener noch für geringeren Arbeitsverdienst. Ursprünglicher Begriff und Wirklichkeit decken sich also nicht mehr. Die Einführung z. B. von vier Versehrtenstufen (wie im WFVG) würde die gutachterliche Aufgabe der Eingruppierung erleichtern und den endlosen Auseinandersetzungen um geringe prozentuale Unterschiede weitgehend den Boden entziehen. Bis zu diesem, hoffentlich nicht mehr fernen Zeitpunkt bleibt der ärztliche Gutachter angewiesen, welche die üblichen Sätze namentlich auf die Rententabellen für Unfallfolgen an den Gliedmaßen enthalten. Diese Zusammenstellungen stellen keine verbindlichen Normen dar. Sie sind ärztlicherseits immer nur als Arbeitshilfen innerhalb einer sich wandelnden versicherungsrechtlichen Begriffswelt aufgefaßt und benutzt worden. In der Praxis hat es sich als zweckmäßig erwiesen, allzu große Abweichungen von den nachfolgenden Schätzungsregeln stets kurz zu begründen, um die bewußte Abweichung von den üblichen und allgemein anerkannten Anhaltspunkten schlüssig erscheinen zu lassen. Die Rente selbst setzt der Versicherungsträger dann fest, wenn ihm der Schätzungsvorschlag des Arztes überzeugend erscheint. In der Unfallversicherung sind die praktisch wichtigsten Eck-Rentensätze einmal 20 v. H, weil an diesen Satz oft die Zahlbarmachung der Rente überhaupt gebunden ist, weiterhin 50 v. H., weil an diesen Satz die begehrte Schwerbeschädigteneigenschaft (Kinderzulage, Kündigungsschutz, Witwen- und Waisenbeihilfe bei nichtunfallbedingtem Tod) gekoppelt ist und der Satz von 80 v. H., weil dann eine noch weitere wesentliche Vergünstigung (laufende Witwenbeihilfe bei nichtunfallbedingtem Tod nach zehnjährigem Rentenbezug) fällig werden kann. Unbefriedigend ist ein Rentensatz von 90 v. H.; denn der Unterschied zwischen 90 v. H . und 100 v. H . kann kaum schlüssig differenziert werden. Bei gleicher Einschätzung des Erwerbsminderungssatzes sind in der Unfallversicherung die finanziellen Folgen deshalb individuell verschieden, weil der vor dem Unfall erzielte Jahresarbeitsverdienst die jeweils maßgebliche Berechnungsgrundlage abgibt (Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v . H . = 66 2/a v. H. des Jahresarbeitsverdienstes). Die nachstehend mitgeteilten Zahlen sind im Sinne der vorstehenden Ausführungen nur als unverbindliche Richtlinien aufzufassen. Sie sollen nur als Anhaltspunkte für

Kopf

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die Einschätzung im Einzelfall dienen. Die genannten Zahlen haben erst nach einer gewissen Gewöhnung und Anpassung an den Zustand der unfallbedingten Schädigung Geltung. Kurze Zeit nach den infrage stehenden Verletzungen werden die angemessenen Entschädigungssätze höher liegen. Selbstverständlich gilt es auch zu berücksichtigen, daß bei zahlreichen unfallbedingten Befunden verschiedene Schweregrade beobachtet werden. Stets ist also die zusätzliche Berücksichtigung der Einzelsituation jedes Verletzten und seiner intellektuellen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten erforderlich. Es sind nur häufig vorkommende Unfallfolgen als Beispiele für die jeweilige erste Bemessung der Dauerrente aufgeführt. Es sei noch erwähnt, daß die vorgeschlagenen Entschädigungssätze an den Gliedmaßen davon ausgehen, daß die Gegenseite völlig gesund und gebrauchsfähig ist. Bei seiner Beurteilung kann sidi der Gutachter stets nur für eine einzige Zahl entscheiden. Auch an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß Anregungen und Vorschläge zur Rehabilitation oder kurze Bemerkungen über das Ergebnis der bisherigen Einordnungsversuche des Gutachtenpatienten viel nützlicher sind als „wohlwollende" Einstufungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit. 1. Körperoberfläche Flächenhafte Narbenbildungen ohne Berücksichtigung von Versteifungen, trophischen Störungen und anderen Schäden Prozentsatz 30 v. H. Körperoberfläche 20 20 v. H. Körperoberfläche 10 Bei körperlichen Entstellungen, insbesondere, bei erheblichen Verstümmelungen siebtbarer Körperteile sind nicht nur medizinische, sondern auch wirtschaftliche Fragen (Herabsetzung der Angebotsfähigkeit, Einschränkung dienstlicher Kontakte) neben den psydio-physischen Wechselwirkungen vorsichtig und sorgfältig zu prüfen.

2. Kopf Schädel und

Gesicht

Knochenlücke im Schädeldach, je nach Größe (Pelotte nach Bedarf) . . Einbruch des Augendachrandes und des Jochbeins, je nach dem Grad der Gesichtsentstellung Schädelbasisbruch (ohne Begleitschäden auf neurologischem und otologischem Gebiet) Brüche des Hirn- oder Gesichtsschädels, ohne weitere Auswirkungen Entstellung des Gesichtes, ohne Korrektur und Epithese Abstoßende Entstellungen des Gesichtes, die den Umgang mit Menschen erschwert, ohne Korrektur oder Epithese Gesichtsnervenlähmung einseitig doppelseitig Skalpierung bei Frauen (dazu Perücke) Skalpierung oder Vernarbung der Kopfhaut bei Männern (mit und ohne Perücke)

10— 40 0 — 15 0 10 20 3 0 — 50 10 30 30 10— 20

Gehirn Gehirnerschütterung mit nachweisbaren neurol. Störungen Hirnverletzung mit Hirnleistungsschwäche leichten Grades •5

10— 30 40

68

Die wichtigsten Rentensätze mittelschweren Grades schweren Grades Lähmungen, allgemein leichten Grades mittelschweren Grades schweren Grades Lähmung eines Beines Lähmung beider Beine Halbseitenlähmung Zerebrale Anfälle (Krämpfe, Bewußtseinsstörung, andere Anfallsformen) Vegetative Störungen leichter Art mittelschwerer Art schwerer, herdbedingter Natur Blasen- und Darmlähmung Herdbedingte Ausfälle (z. B. Aphasie, Apraxie) leicht mittelschwer schwer Halbseiten- oder Quadrantenblindheit je nach Richtung und Ausmaß in Verbindung mit agnostischen Störungen mit erheblicher zentraler Sehstörung, mit Seelenblindheit Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen cerebraler Ursache . . . Wesensänderung Isolierte Hirnnervenstörung Hirnerkrankung, je nach den Leistungsausfällen

Auge Entstellende Verletzung der Lider Lähmung eines Augenlides nicht völlige Schließfähigkeit des Auges leichtere Fälle Herabsinken eines Augenlides gering stark Verletzung der Tränenwege chronischer Bindehautkatarrh Lähmung der Augenmuskeln ohne Mattglas wenn das Auge durch Mattglas vom Sehakt ausgeschlossen werden muß Doppelsehen Völlige Erblindung oder Verlust des Auges Erblindung oder Verlust bei Herabsetzung der Sehschärfe des erhaltenen Auges auf weniger als die Hälfte (Vorzustand oder durch Unfallfolge)

60 80 bis bis bis 50—

40 60 80 70 100 100 40—100 bis bis bis

30 50 80 100

bis bis bis

50 60 80

40— 80 70—100 70—100 30—100 50—100 30— 60 50—100

einseitig

beidseitig

10

25

25 10 10 20 10 10

25 15

10

25

25 20 25

100

50

Kopf

69

Verlust eines Auges mit der Unmöglichkeit, eine Prothese zu tragen

30

Verlust eines Auges mit chronischer Eiterung der Augenhöhle oder Gesichtsentstellung

40

Halbseitenblindheit, je nach Arbeitshand und Lesefähigkeit .

40

Halbseitenblindheit mit Gesichtsfeldrest

ab

in Verbindung mit agnostischen Störungen

60

70—100

mit erhebl. zentraler Sehstörung, mit Seelenblindheit

. .

70—100

Zentrales Skotom, je nach Größe

bis

Linsenverlust, je nach Sehschärfe, mit Starglas

25

bis

70

20

bis

30

Rententabelle der DOG Diese geht von der Prüfung der Sehschärfe mit Brillenkorrektion in 5 Meter Abstand aus. Die mit + gekennzeichneten Werte können um 5 v. H. erhöht werden. Die erste waagrechte und die senkrechte Rubrik enthält die Sehschärfe beider Augen, die übrigen Rubriken die sich ergebende Erwerbsfähigkeitsverminderung im Hundertsatz. Dabei sollte die Ubereinstimmung von Fern- und Nahsehschärfe stets kontrolliert werden. A 5/5B 5/7 1,00 0,6

5/10

5/12

5/15

0

5

5

PI

0,5

0

0,4

5

0,3

5

10

0,25

5+

5/20 5+

5/25

5/35

5/50

1/20

1/50

0

10

15

15

20

25

25

10

10

15

15

20

20 +

25

25

15

15

20

20

25

25

30

35

15

20

20

20+

25

25+

30

35

40

10

15

20

30

30

30

35

40

45

45+

F

l

0,2

10

15

20

20+

30

40

40

45

50

55

55

0,14

15

15

20

25

30

40

50

50

50+

55

65

0,1

15

20

25

25+

35

45

50

1 60

70

80

80

0,05

20

20+

25

30

40

50

50+

70

80

85

90

0,02

25

25

30

35

45

55

55

80

85

95

95+

0

25

25

35

40

45+

55

65

80

90

95+

100

Die wichtigsten Rentensätze

70

Die nachfolgene Rententabelle nach MARCHESANI, abgeändert von JAENSCH, ist für die Bewertung der Sehschärfe bei hoher Myopie gedacht und geht von dem Prüfabstand 1 Meter aus. S 1/3

Ohr und

1/3

1/4

1/5

1/10

1/20

1/30

1/50

0

5

10

15

20

25

30

35

1/4

° 5

10

15

30

25

30

35

40

1/5

10

15

30

35

40

45

50

1/10

15

20

30

40

45

50

55

60

1/20

20

25

35

45

55

60

65

70

1/30

25

30

40

50

60

70 I

75

80

1/50

30

35

45

55

65

75

90

0

35

40

50

60

70

80

JLJ

1

F

90

H

Gehör

40

50

60

70

15

30

40

50

60

60

10

20

30

45

50

50

10

20

30

30

40

40

0

15

20

20

30

30

0

0

10

10

15

15

hochgradige Schwerhörigkeit

an Taubheit grenzende Schw.

Taubheit

Normalhörig

30

mittelgradige - Schwerhörigkeit

an Taubheit grenz. Schwerh. hochgradige Schwerhörigkeit mittelgradige Schwerhörigkeit geringgradige Schwerhörigkeit

15

geringgradige Schwerhörigkeit

Taubheit

Normalhörig

Es tritt keine Änderung in der H ö h e der Minderung der Erwerbsfähigkeit beim Tragen eines Hörgerätes ein. Bei der seltenen Weigerung zum Tragen eines Hörgerätes wird meist § 624 R V O angewandt. Folgende Tabelle dient zur Berechnung der Erwerbsminderung aus dem Grad der Schwerhörigkeit beider Ohren.

Verlust einer Ohrmuschel Verlust beider Ohrmuscheln ohne Epithese

)

rechtes Ohr 10 20

71

Brustkorb und Brusthöhle Geruch und Geschmack

Prozentsatz

Verlust der Geruchsempfindung Verlust der Geruchs- und Geschmacksempfindung

10 10

Nase Vollständiger Verlust der Nase (ohne Korrektur) Teilverlust der Nase (Nasenspitze) Sattelnase mit Entstellung des Gesichts Behinderte Nasenatmung durch erhebl. Verengung der Nasengänge . . Stinknase, je nach Ausmaß und Belästigung

10— 10— 10— 20—

40 20 20 20 40

Mundhöhle und Zähne Lippendefekt mit Speichelfluß Verengung der Mundöffnung oder Kieferklemme mit der Notwendigkeit nur flüssiger Ernährung Schwere Leistungsstörung der Zunge durch Lähmung, Gewebsverlust oder Narbenverzierung Schlaffe Falschgelenkbildung am Unterkiefer, Teilverlust desselben . . Teilverlust des Oberkiefers mit Eröffnung von Nebenhöhlen und Nase . Verlust erheblicher Teile der Zahnleiste mit wesentlicher Leistungsstörung oder mit Verlust aller Zähne Verlust des Gaumens

20 30 30 25 30 25 30

Hals Luftröhrenschnitt mit Notwendigkeit der Dauerkanüle Verlust des Kehlkopfes Völlige Tonlosigkeit der Stimme

50 50 30

3. Brustkorb und Brusthöhle Verheilte Brüche der Rippen, des Schlüsselbeins, Schulterblatts oder des Brustbeins ohne oder mit geringer Verschiebung, ohne Leistungsstörung . . Zwerchfellbruch Leichte Bronchitis Stärkere Bronchitis mit Auswurf und Atembeschwerden Verwachsungen des Rippenfels und Verschwartungen desselben Schwarten des Rippenfels mit Rippenverformungen oder Rippendefekten je nach Ausdehnung Lungenerweiterung ohne Katarrh mit Kurzatmigkeit mit sehr starker Kurzatmigkeit und Katarrh Schwere Silikose Reizlos im Lungengewebe eingeheilter Fremdkörper Nicht reizlos ins Lungengewebe eingeheilter Fremdkörper, je nach Schwere der Erscheinungen und Lokalisation Ausfall oder Zerfall von Lungengewebe (nicht Tbc)

20— 10— 30— bis

0 50 20 60 50

20— 60 20— 30 30— 50 30— 70 50—100 0 bis 30 40—100

72

Die wichtigsten Rentensätze

Gasbrust (Pneumothorax) bei voll leistungsfähiger Gegenseite im 1. Jahr im 2. Jahr

Prozentsatz 60—100 40— 60

Lungentuberkulose inaktive aktive (stationär oder fortschreitend) offene, schwere Form

20— 40 50—100 100

Schäden an Herz und Kreislauforganen ohne wesentliche Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit . . mit Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit (z. B. komp. Herzklappenfehler) mit starker Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und dauernder Schonungsbedürftigkeit (z. B. Herz-Muskeldegeneration)

40—100

Fremdkörper im Herzen oder Herzbeutel ohne Reizerscheinungen . . . . mit Reizerscheinungen

10 40—100

Aneurysmen, je nach Lokalisation und Auswirkung auf die Kreislaufverhältnisse

30—100

bis

20 30

4. Wirbelsäule Dornfortsatzbruch 0 Querfortsatzbruch 0 Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung, je nach der Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule 10—20 Wirbelkörperbruch mit Beteiligung des Rückenmarks 50—100 Alleinige Blasen-, Mastdarmstörungen nach Wirbelbruch oder Bluterguß ins Rückenmark 30—100 Lähmungen beider Beine, der Blase u. des Mastdarms nach Wirbelkörperbruch 100 Bei Rückenmarksschädigung und anderen schweren Verletzungen gelten außerdem f ü r die Gewährung von Pflegegeld (§ 558 R V O ) die auf S. 82 angegebenen „Anhaltspunkte für die Bemessung von Pflegegeld". 5. Becken Alleiniger Bruch von Beckenknochen, Kreuz- oder Steißbein mehrfache Beckenringbrüche Beckenbrüche mit groben Verschiebungen der Beckenhälften Breitklaffende Schamfugensprengung

0 20— 30 30— 40 40

6. Bauchdecken und Bauchorgane einseitig Leisten- oder Schenkelbruch Nabelbruch oder Bruch in der weißen Linie Narbenbruch der Bauchwand Bauchfellverwachsungen mit Störungen der Darmtätigkeit Zwerchfellbruch

.

bis 10— bis bis

10 20 30 30 50

beidseitig 20

73

Harnorgane

Verlust der Milz Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür chron. Magenkatarrh mit erhebl. Minderung des Ernährungsund Kräftezustandes Magenresektion Künstliche Magen-Darmverbindung (Gastro-Enteroanastomose) mit guter Funktion mit Störungen und Komplikationen Chronische Erkrankung des Darmes mit erheblicher Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes Mastdarmvorfall Verlust des Afterschließmuskels oder völliger Funktionsausfall desselben Verlust des Afterschließmuskels mit erheblichem Darmvorfall . Kunstafter (Dünndarm) (Dickdarm) Fistel in der Umgebung des Afters, je nach Absonderung . . Darmfistel Verlust von Dünndarmteilen Verlust von Colonanteilen bei normalem After Erkrankungen und Verletzungen der Leber- und Gallenwege mit Beeinträchtigung der allgem. Leistungsfähigkeit . . . . mit starker Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit . . . . mit starker und dauernder Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit Chronische Gallenfistel Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus) bei gutem Ausgleich durch leichte Kosteinsdiränkung . . . bei komplikationsfreiem Ausgleich mit Kosteinschränkung oder ständiger Medikamentbedürftigkeit (oral Insulin bis 40 E/Tag) bei schwerster Form (höhere Insulinmenge, schlecht einstellbarer oder labiler Diabetes, anderweitige Komplikationen) .

Prozentsatz 10 30— 40 30— 50 0— 20 10— 20 30— 50 30— 50 30 40— 30— 20— 20— 20— 0— 10—

30 70 60 50 30 40 50 30

20— 40 40— 60 60—100 20— 30 10— 20 30 30— 70

7. Harnorgane Niere Verlust einer Niere bei Gesundheit der anderen Verlust einer Niere bei Schädigung oder Funktionsstörung der anderen Niere Nierenschädigung mit geringem krankhaften Harnbefund . mit erheblich krankhaften Harnbefund mit Funktionsstörungen Nierenbeckenentzündung Nierenfistel

30—100 20— 40 30— 60 50—100 10— 50 30

Blase Blasenkatarrh oder Blasenschwäche leichten Grades schweren Grades

10— 20 20— 40

0

Die wichtigsten Rentensätze

74

Blaseninkontinenz mit nächtlichem Einnässen Völlige Blaseninkontinenz Schrumpfblase mit Fassungskraft bis zu 50 ccm Blasenfistel

Prozentsatz 10— 30 60—100 70 20

Harnröhre

Beschwerdefreie Harnröhrenverengung, die gelegentlich aufgedehnt werden muß die wiederholt aufgedehnt werden muß Häufiges Harnlassen, geringes Nachträufeln Schmerzhaftes Harnlassen mit starkem Nachträufeln . . . Harnfistel mit Notwendigkeit, Urinal zu tragen Dauernde Fistel in der vorderen Harnröhre ohne Harninfektion Harnfistel am Damm

10— 20 20— 30 20 50 50 20 30— 50

8. Männlidie Geschlechtsorgane einseitig

Verlust von Hoden (Normospermie) vor Abschluß der körperlichen Entwicklung nach Abschluß der körperlichen Entwicklung bis zum 60. Lebensjahr nach dem 60. Lebensjahr

beidseitig

10 50 30 10 einseitig

Nebenhodenverlust Impotenz an sich Verlust des Penis Krampfaderbruch

beidseitig

0

30 0 40

10

20

9. Weibliche Geschlechtsorgane Lageveränderungen der Gebärmutter ohne Komplikationen . mit Beschwerden Senkung der Scheide allein Vorfall der Scheide allein Vorfall der Gebärmutter, mittlere Größe Vorfall der Scheidenwandung oder Gebärmutter, welche sich durch Ringe zurückhalten läßt Völliger Vorfall von Scheide und Gebärmutter, durch Ringe oder Bandagen nicht zurückzuhalten Vaginalfistel

0 10— 20 10 20— 30 20 10— 20 60 30

10. Obere Gliedmaße (siehe Bildtafeln) rechts

Verlust Verlust Verlust Verlust

beider Arme oder Hände des Armes im Schultergelenk in der Mitte des Oberarmes im Ellenbogengelenk

links

100 80 70 70

70 60 60

Obere Gliedmaße

Verlust in der Mitte des Unterarmes bei frei beweglichem Ellenbogengelenk Verlust der ganzen Hand Verlust aller Finger einer Hand Verlust aller zehn Finger Funktionsstörungen im Bereich des Armes ohne die Finger Schulter Versteifung des Schultergelenkes in Anführstellung . . . . Versteifung des Schultergelenkes in günstiger Stellung bei sonst frei beweglichem Schultergürtel Versteifung des Schultergelenkes in ungünstiger Stellung oder bei behindertem Schultergürtel Erhebliche Teilversteifung des Schultergelenkes Teilversteifung des Schultergelenkes bei freier Drehbeweglichkeit Teilversteifung des Schultergelenkes bei behinderter Drehbeweglichkeit Nicht eingerichtete Schultergelenksverrenkung Gewohnheitsmäßige Schultergelenksverrenkung mit häufig rückfälliger Ausrenkung Schlottergelenk der Schulter in Verbindung mit Lähmung des Deltamuskels oder Defekten an den gelenkbildenden Knochen Oberarm Falschgelenk am Oberarm (mit Hülsenapparat) Ellenbogen Versteifung des Ellenbogengelenkes in Streckstellung . . . Versteifung bei etwa 150 Grad bei 90 Grad bei 60 Grad Restbewegungsmöglichkeit im Ellenbogengelenk von 90 bis 150 Grad von 45 bis 90 Grad Falschgelenkbildung am Ellenhöcker Schlottergelenk des Ellenbogens mit Schienhülsenapparat . . Unterarm Falschgelenkbildung am Unterarm mit Schienhülsenapparat . Alleinige Falschgelenkbildung an der Speiche an der Elle Aufhebung der Unterarmdrehbewegungen Versteifung in Mittelstellung in Einwärtsdrehstellung in Auswärtsdrehstellung Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 40 Grad . . . . mit erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80 Grad . . . .

75 Prozentsatz rechts links 60 60 50

50 50 45 80

40

30

30

20

40 30

30 20

20

10

30 40

20 30

20 40

10 30

50

40

50

40

50 40 30 40

40 30 20 30

30 20 10—20 50

20 10 10 40

50 20—30 20—30

40 15—20 15—20

30 20 40

20 10 30

10

0

30

20

Die widitigsten Rentensätze

76 Handgelenk

Versteifung des Handgelenkes in Streckstellung in Beugung oder Überstreckung von je 45 Grad . . . . infolge von Veränderungen an den Handwurzelknochen (Falsdigelenk am Kahnbein, Mondbeintod usw. mit sekundär-arthrotischen Veränderungen) Kahnbeinfalschgelenk Mondbein tod Hand In schlechter Stellung oder mit Falschgelenkbildung verheilte Brüche mehrerer Mittelhandknochen mit Beeinträchtigung der Beweglichkeit von Fingern

Prozentsatz rechts links 30 20 40 30

30 20—30 20

bis 30

20 20 10

bis 20

Lähmungen und Teillähmungen N . accesorius 20 Totale Plexuslähmung 75 Obere Plexuslähmung 30—40 Untere Plexuslähmung 60—75 N. axillaris 30 N . thoracicus longus 20 N. musculocutaneus 25—30 N . radialis 25—40 N. medianus 1 in Abhängigkeit von der Höhe . 35 N. ulnaris j der Schädigung 25—30 N. medianus und N . ulnaris 60 N. medianus und N . radialis 60 N . radialis und N . ulnaris 50—60 N. radialis, N . medianus und N . ulnaris 70—80 Bei trophischen Störungen erhöhen sich diese Sätze. Teillähmungen (Paresen) sind zu bewerten.

15 60—65 25—30 50—60 20 20 20 20—30 25—30 20—25 50 50 40—50 60—75 geringer

Glatte Verluste an den Fingern Die nachfolgenden Sätze können nach eingetretener Gewöhnung bei reizlosen Stümpfen angewandt werden. Sie gehen davon aus, daß die Gebrauchshand rechts ist. Bei Störungen am Stumpf sind die Hundertsätze zu erhöhen. Hinsichtlich weiterer Schäden siehe die Bildtafeln Fig. 1 bis 185. Verlust eines Fingers Daumenendglied Daumenendglied und halbes Grundglied ganzer Daumen (1. Finger) ganzer Daumen und 1. Mittelhandknochen ganzer Zeigefinger (2. Finger) ganzer Mittelfinger (3. Finger) ganzer Ringfinger (4. Finger) ganzer Kleinfinger (5. Finger) ganzer Mittelfinger m. 3. Mittelhandknochen ganzer Ringfinger m. 4. Mittelhandknochen

rechts 0 15 20 25 10 10 10 10 15 15

links 0 10 15 20 0 0 0 0 10 10

Obere Gliedmaße

Verlust zweier Finger Daumen und Zeigefinger Daumen und Mittelfinger Daumen und Ringfinger Daumen und Kleinfinger Zeige- und Mittelfinger Zeige- und Ringfinger Zeige- und Kleinfinger Mittel- und Ringfinger Mittel- und Kleinfinger Ring- und Kleinfinger

77 Prozentsatz rechts links 30 25 30 25 25 20 25 20 30 20 25 20 25 20 25 20 25 20 20 15

Verlust dreier Finger Daumen, Zeige- und Mittelfinger Daumen, Zeige- und Ringfinger Daumen, Zeige- und Kleinfinger Daumen, Mittel- und Ringfinger Daumen, Mittel- und Kleinfinger Daumen, Ring- und Kleinfinger Zeige-, Mittel- und Ringfinger Zeige-, Mittel- und Kleinfinger Zeige-, Ring- und Kleinfinger Mittel-, Ring- und Kleinfinger

45 45 40 45 40 40 35 35 35 30

40 40 35 40 35 35 30 30 30 25

Verlust von vier Fingern Verlust von 1,2, 3 u. 4 1, 3, 4 u. 5 2, 3, 4 u. 5 Verlust von 5 Fingern Verlust von 10 Fingern

50 50 45 50

45 45 40 45

Funktionsstörungen im Bereich der Finger Versteifung des Daumenendgelenkes Versteifung des Daumengrundgelenkes in Streckstellung in Beugestellung von 135 bis 90 Grad Versteifung des End- und des Grundgelenkes des Daumens . Versteifung des Mittelhand- Handwurzelgelenkes des Daumens in Spitzgriffstellung in ungünstiger Stellung Versteifung des Mittelhand- Handwurzelgelenkes 1. Strahl und der beiden Daumengelenke in Spitzgriffstellung in ungünstiger Stellung Versteifung aller Gelenke eines Fingers in Streckstellung in Beugestellung am 3. od. 4. od. 5. Finger je am 1. oder 2. Finger Stärkere Beuge- oder Streckihemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger

80 10 10 15 15

0 10 10

0 20

0 10

20 25

10 15

10 10 20

10 10 10

20

10

78

Die wichtigsten Rentensätze

Stärkere Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 1. bis 3. Finger Die Durchtrennung beider Fingernerven am 1. bis 5. Finger ist dem jeweiligen Verlust dieser Finger gleichzusetzen. Die Durchtrennung des ellenseitigen Daumennerven . . . Die Durchtrennung des speichenseitigen Zeigefingernerven . Die Durchtrennung des speichenseitigen Mittelfingernerven . Die Durchtrennung des ellenseitigen Kleinfingernerven . .

Prozentsatz 20

10

15 10 10 10

10 10 10 10

11. Untere Gliedmaße Glatte Amputationen Bei den nachfolgend angegebenen Rentensätzen ist vorausgesetzt, daß der Zustand des Stumpfes sehr gut ist und der Verletzte gut passende orthopädische Hilfsmittel tragen kann. Oberschenkel Verlust beider Oberschenkel Verlust eines Beines und eines Armes Verlust oder Gebrauchsunfähigkeit ab Hüftgelenk Oberschenkelstumpf bis zum kleinen Rollhügel Verlust im mittleren Drittel Verlust im unteren Drittel Unterschenkel Auslösung im Knie Verlust beider Unterschenkel bei frei beweglichen Kniegelenken Unterschenkelkurzstumpf unter 6 cm Unterschenkelstumpf oberhalb der Mitte bei intaktem Kniegelenk Langer Unterschenkelstumpf Fuß Verlust des Fußes im Chopart'schen Gelenk einseitig mit Spitz-Klumpfußstellung verbunden beidseitig Verlust des Fußes im Lisfranc'schen Gelenk einseitig mit Spitz-Klumpfußstellung verbunden beidseitig Verlust des Fußes im Bereich des Mittelfußes Einseitig mit Spitz-Klumpfußstellung verbunden beidseitig Verlust von Zehen Großzehe oder eine andere Zehe allein Großzehe und Köpfchen 1. Mittelfußknochen einseitig . . . .

100 100 80 70 60 60 60 70 50 40 40—50

35 50 60 30 40 50 25 30 40 0 20

Untere Gliedmaße

79

Prozentsatz Zehen 1—3 oder 2 — 5 an einem Fuß alle Zehen an einem Fuß alle Zehen an beiden Füßen Funktionsstörungen

20 20 30

im Bereich des Beines

Hüfte Versteifung beider Hüftgelenke Versteifung einer Hüfte in günstiger Stellung Versteifung eines Hüftgelenkes in ungünstiger Stellung . . . Schmerzfreie Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes . . . Schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Hüftgelenkes . . . Schmerzfreie Endoprothese ohne Bewegungseinschränkung . . Endoprothese mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bis 30 Grad Endoprothese mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bis 80 Grad Schnappende Hüfte mit Schwächung der Standfestigkeit des Beines Nicht beseitigte Hüftverrenkung Falschgelenkbildung des Schenkelhalses ohne Apparat mit entlastendem Schienenhülsenapparat Hüftgelenkresektion mit schwerer Funktionsstörung

. . . .

60—80 30 40—50 20—30 30—50 10 20 40 25 60 50 60—70 60—80

Oberschenkel Falschgelenkbildung am Oberschenkel ohne Apparat mit entlastendem Apparat chronische Osteomyelitis am Oberschenkel mit Fistel Muskelbruch am Oberschenkel, nach Sitz und Größe Oberschenkelbruch verheilt mit Verkürzung bis 4 cm bis 6 cm über 6 cm Kniegelenk Versteifung beider Kniegelenke Versteifung eines Kniegelenkes bei 175 Grad bei 160 Grad bei 150 Grad in ausgesprochener Beugestellung Restbeweglichkeit des Kniegelenkes zwischen 120—170 Grad zwischen 9 0 — 1 8 0 Grad zwischen 6 0 — 1 8 0 Grad Leichtes Wackelknie starkes Wackelknie mit Schienhülsenapparat Arthrose, je nach Funktionsbehinderung

50—70 70 30—50 0—10 10 20 30 80

. . . . . .

30 40 50 60 25 20 10 20 30—50 10—30

80

Die wichtigsten Rentensätze

Prozentsatz Kniescheibenbruch nicht knöchern verheilt bei intaktem Streckapparat mit Funktionsunfähigkeit des Streckapparates knöchern verheilt ohne wesentliche Behinderung Rückfällige Synovitis Kniegelenksresektion mit Beinverkürzung bis 4 cm und Versteifung in günstiger Stellung Mit Verunstaltung des Beines abgeheilter Gelenkbruch mit stärkerer X-Stellung und entsprechenden Gelenkstörungen mit stärkerer O-Stellung und entsprechenden Gelenkstörungen mit stärkerer Rekurvation und entsprechenden Gelenkstörungen Unterschenkel Falschgelenkbildung am Unterschenkel mit Apparat Unterschenkelbruch in stärkerer X-Stellung verheilt in stärkerer O-Stellung verheilt mit Rückwärtsverbiegung verheilt achsengerecht verheilt mit Verkürzung bis zu 4 cm bis zu 6 cm über 6 cm Chronische Osteomyelitis des Schienbeinkopfes mit Fistel . . . . des Unterschenkels mit Fistel . . . . Fußgelenk Knöchelbruch in guter Stellung unter Erhaltung der Knöchelgabel verheilt mit Verbreiterung der Knöchelgabel oder Sprengung der Bandverbindung, sekundärer Verkantung des Sprungbeines und sekundärer Arthrose Unfallbedingter Knickfuß je nach Winkelgröße Völlige Versteifung des Fußgelenkes unter 80 Grad im rechten Winkel bei mehr als 110 Grad Sprungbeinbruch mit Verformung desselben und Sekundärarthrosis

10—20 30 0 40 30 30—40 20—40 20—40 20—40 40—50 25 20 25 10 20 30 30—50 20—40

0—20 20—40 0—20 40 20 30 bis 30

Fuß Empfindlicher Plattfuß je nach Störung Unfallbedingter Klumpfuß, je nach Störung Unfallbedingter Hohlfuß, je nach Störung Fersenbeinbruch mit geringer Verformung verheilt mit erheblicher Verformung verheilt

bis 30 bis 40 bis 30 bis 20 bis 40

Untere Gliedmaße

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Prozentsatz Fersenbeinbruch beiderseits mit geringer Verformung verheilt mit erheblicher Verformung verheilt Kahnbeinbruch mit Verformung und Sek.-Arthrosis Mittelfußbrüche einseitig mit guter Funktion verheilt in schlechter Stellung oder gar nicht verheilt Versteifung der Großzehe in Überstreckung in Mittelstellung in Krallenstellung Versteifung aller Zehen, einseitig in Mittelstellung in Krallenstellung Narben an der Fußsohle mit Störungen der Geh- und Belastungsfähigkeit Große Weichteilverluste an Fußsohle und Ferse mit empfindlichen Narben Gefä

bis 30 bis 60 bis 30 0 bis 30 15 0 10 10 20 10—20 bis 30

^Veränderungen

Aneurysma der Oberschenkelarterie Unfallbedingte arterielle Durchblutungsstörung eines Beines . . mit trophischen Störungen Unfallbedingte venöse Veränderungen chronisches ö d e m eines Beines beider Beine Chronisches ö d e m mit trophischen Störungen und Geschwürsbildungen eines Beines beider Beine Lähmungen

und

30 bis 50 bis 70 10—30 20—40 bis 40 bis 60

Teillähmungen

Trophische Störungen erhöhen die nachfolgenden Sätze, Teillähmungen (Paresen) mindern dieselben entsprechend N . femoralis '. 30—40 N . ischiadicus 40—50 N . tibialis 25 N. fibularis 25 N . glutaeus 15—25 N . cutaneus femoris lat 10 N . tibialis und N . fibularis 40

6 Günther-Hymnen, Unfallbegutaditung

Anhaltspunkte für die Bemessung von Pflegegeld

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12. Anhaltspunkte für die Bemessung von Pflegegeld 'flegefalles

Kategorie

v. H . Satz des Höchstbetrages

A:

1. Tetraplegiker 2. Hirnverletzte mit Lähmungei oder Anfällen oder organischen Hirnleistungsstörungen (sogenannten Werkzeugstörungen) und schweren Wesensveränderungen sowie Lähmung aller Gliedmaßen 3. Verlust aller Gliedmaßen 4. Paraphegiker mit Blasten- und Mastdarmlähmung und Dekubitalgeschwüren 5. Blinde Ohnhänder Kategorie

Teilquerschnittsgelähmte mit Blasen- und Mastdarmlähmung . Verlust beider Arme und eines Beines im Unterschenkel . . . Verlust eines Armes und beider Beine Lähmung oder Verlust beider Arme im Schultergelenk bzw. Oberarm 5. Hirnverletzte mit Lähmungen oder Anfällen oder organischen Hirnleistungsstörungen (sogenannten Werkzeugstörungen) und schweren Wesensveränderungen sowie mit Bewegungsbehinderung der Extremitäten

90 90 90

80 80 80 80

80

D:

1. Teilquerschnittsgelähmte mit Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion 2. Blinde mit totalem Hörverlust 3. Blinde mit Verlust oder Teilverlust einer Gliedmaße . . . . 4. Blinde mit Halbseitenlähmung 5. Verlust eines Armes im Oberarm und eines Armes im Unterarm Kategorie

100 100

C:

1. 2. 3. 4.

Kategorie

100 100

B:

1. Paraplegiker mit Blasen- und Mastdarmlähmung 2. Verlust beider Arme und eines Beines im Oberschenkel . . . 3. Blinde mit Lähmung oder Verlust beider Beine im Oberschenkel Kategorie

100

70 70 70 70 70

E:

1. Erblindete bzw. praktisch Erblindete 2. Verlust eines Armes im Oberarm und einer Hand

60 60

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Die entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten

Bezeichnung des Pflegefalles

3. Verlust beider H ä n d e oder beider Arme im Unterarm . . . . 4. Hirnverletzte mit Lähmungen oder Anfällen oder organischen Hirnleistungsstörungen (sogenannten Werkzeugstörungen) und schweren Wesensveränderungen Kategorie

v. H . S a t z des Höchstbetrages 60

60

F:

1. Verlust beider Beine im Hüftgelenk oder völlige Lähmung beider Beine 2. Teilquerschnittslähmung ohne Blasen- und Mastdarmstörung . 3. Versteifung beider Beine in den Hüftgelenken und Kniegelenken

50 50 50

Anmerkung: Die Bemessung des Pflegegeldes setzt in jedem Einzelfall die Prüfung der Pflegebedürftigkeit voraus. Zwischen Lähmung oder Verlust von Extremitäten sollte kein Unterschied gemacht werden.

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Ursächlicher Zusammenhang zwischen Körperschäden und Arbeitsunfall B. Die Begutachtung von Fragen des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Körperschäden und Arbeitsunfall

Die formalen Voraussetzungen der Begutachtung bei Zusammenhangsfragen wurden bereits (S. 49) erörtert. Zum Inhalt wäre zu sagen, daß das ärztliche Gutachten zu der Frage eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen einer krankhaften Veränderung und einem angegebenen Ereignis ganz besonders gediegene Kenntnisse der allgemeinen und speziellen Krankheitslehre, des Arbeits- und Berufslebens, der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und endlich der in der fortlaufenden Rechtsprechung erarbeiteten versicherungsrechtlichen Erkenntnisse erfordert. Eine möglichst exakte Krankheitsbezeichnung ist die unumgängliche Grundlage der Beurteilung von Zusammenhangsfragen im Einzelfall. Die Diskussion möglicher Differentialdiagnosen hat mit wissenschaftlicher Begründung die wahrscheinlich zutreffendste zu erarbeiten und diese dann klar herauszustellen. Diejenigen krankhaften Zustände, welche am häufigsten zur Erörterung von Zusammenhangsfragen Veranlassung geben, sind später stichwortartig aufgeführt und kurz besprochen. Weitere Studien in den einschlägigen Hand- und Lehrbüchern sind unumgänglich erforderlich. Diese Schrift kann nur auf bestehende Probleme kurz hinweisen, dieselben aber nicht erörtern. Unbedingte Klarheit ist bei der Verwendung von versicherungsrechtlich fest umrissenen Begriffen geboten. Die Außerachtlassung dieser selbstverständlichen Forderung setzt automatisch den Beweiswert eines Gutachtens herab. Ein „Unfall" ist nicht dasselbe wie ein „Arbeitsunfall". Ein Arbeitsunfall ist z. B. dann nicht anzunehmen, wenn eine einmalige äußere Einwirkung gefehlt hat. Der genaue Zeitpunkt des Unfalls braucht nicht festzuliegen, es muß aber wahrscheinlich sein, daß die Schädigung innerhalb eines kurzen Zeitraumes (Arbeitsschicht) erfolgte. Ebenfalls liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn zwar eine einmalige äußere Gewalteinwirkung stattgefunden hatte, aber keine Gesundheitsschädigung eingetreten ist. Ist die äußere Einwirkung nicht einmaliger, sondern länger dauernder Natur, dann fehlt der Charakter eines Arbeitsunfalles ebenso, wie wenn jemand zufällig während der Arbeit erkrankte oder in der Arbeitszeit erstmals die Krankheit bemerkte. Endlich ist ein Unfall dann kein Arbeitsunfall, wenn die äußere Einwirkung keine wesentliche Teilursache für das festgestellte Leiden abgegeben hat (S. 7—10). In der gesetzlichen Unfallversicherung gilt nur diejenige Bedingung als Ursache, deren wesentliche Mitwirkung zu dem genannten Zeitpunkt in der geschilderten Art allein den Unfall eintreten ließ. Ein so charakterisierter Arbeitsunfall kann dann seine wesentliche Mitwirkung 1. bei der Entstehung eines Leidens oder 2. bei der Verschlimmerung eines bestehenden Leidens entfaltet haben. Der Gutachter hat sich stets folgende Fragen routinemäßig zu beantworten: 1. Welcher Art und wie schwer war die äußere Gewalteinwirkung? 2. Deckt sich die Erheblichkeit der äußeren Einwirkung mit dem örtlichen und dem ärztlichen Befund? 3. Entspricht die Körperschädigung der äußeren Einwirkung? Es ist unerheblich, ob die auf einem Unfall beruhende Körperschädigung sofort nach dem Unfall eingetreten ist oder sich erst allmählich entwickelt hat. Das Unfallgescheihnis braucht nicht die alleinige, es muß aber stets die wesentlich mitwirkende Ursache für das festgestellte Leiden gewesen sein, um einen kausalen Zusammenhang als gegeben annehmen zu können. Da nicht wenige kranke oder vorgeschädigte Mitmenschen zur Arbeit erscheinen, genügt ein örtlicher und zeitlicher und persönlicher Zusammenhang zwischen festge-

Thermische Schädigungen

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stelltem Leiden und beruflicher Beschäftigung nicht; nur ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der obigen Ausführungen bildet die Grundlage einer Anerkennungsmöglichkeit. Der Sinngehalt z. B. der Begriffe „Wahrscheinlichkeit", „Möglichkeit", „Auslösung", „Gelegenheitsursache", „Verschlimmerung" (drei Arten derselben) ist in einem Gutachten zur Zusammenhangsfrage genau zu beachten. Der ärztliche Sachverständige muß sich stets an die Begriffe und Fragestellungen der Rechtsprechung halten, um seinem Gutachten die notwendige Überzeugungskraft bei den verschiedenen Instanzen zu sichern. Erfahrungsgemäß taudien in ärztlichen Zusammenhangsgutachten häufiger folgende Fehlerquellen auf: 1. Überschätzung der Bedeutung der rein zeitlichen Folge und ihre fehlerhafte Deutung im Sinne eines ursächlichen Zusammenhanges. 2. Aufstellung von Behauptungen statt einer schlüssigen Begründung und Beweisführung. Eine zu allgemeine Beweisführung wird stets von den Gerichten abgelehnt. 3. Petitio principii: „Weil eine Schultergelenksverrenkung festgestellt wurde, muß ein Arbeitsunfall vorgelegen haben". 4. Äußerungen unklaren Denkens: „Weil keine Vorerkrankung nachweisbar ist, deshalb ist das Meniskusleiden eine Unfallfolge". 5. Unklare, nicht eindeutig getrennte Begriffbildungen: Krankheit und Verletzung; Leiden und Leidenszeichen; Unfall und entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall; Wunde und Geschwür; Arbeitsunfall und Trauma; Anlaß und Ursache; Ursache und Bedingung; Befund und Diagnose — um nur einige zu nennen. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß der in Gutachten oft angeführte Eindruck der persönlichen Glaubwürdigkeit eines Patienten nicht ausreicht, um die von ihm bekundeten Sachverhalte etwa als erwiesen anzusehen. Im Nachfolgenden sind, um sich bei der Begutachtung des stets im Mittelpunkt stehenden Einzelfalles leichter über die generellen Anschauungen orientieren zu können, häufiger vorkommende Leiden kurz aufgezählt worden.

C. Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen 1. Thermische Schädigungen a) Erfrierungen und Verbrennungen Die Folgen dieser Schädigungen sind entschädigungspflichtig, wenn der Hergang selbst als Unfall anerkannt ist. Bei den Folgen von angeblichen Erfrierungen mit nachfolgender, teilweiser Extremitätengangrän ist sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine andere Ursache der Gangrän (Diabetes, Arteriosklerose, Endangiitis obliterans u. a.) vorhanden sind. Die Frage einer unfallbedingten Verschlimmerung etwa vorbestehender entzündlicher arterieller Verschlußkrankheiten und Angioneuropathien bedarf ebenfalls sehr kritischer Prüfung. b) Sonnenstich Dieser beruht auf einer Strahleneinwirkung der Sonne bei unbekleidetem Körper. Wenn der Sonnenstich zu einer organischen Schädigung des Nervensystems führte, wird er gelegentlich einmal als Arbeitsunfall zu werten sein.

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

c) Hitzschlag Der Hitzschlag beruht auf einer abnormen Wärmestauung im Körper besonders bei anstrengender Arbeit und verringerter Wärmeabgabe. Länger dauernde Schädigungen wären unfallbedingt und entschädigungspflichtig, wenn sie durch die Einwirkungen innerhalb einer Arbeitsschicht unter den genannten Bedingungen entstanden sind. 2. Verletzungen durch Einwirkungen des elektrischen Stroms Der elektrische Strom kann sowohl direkte Schäden (Narben, Gliedverluste, Kontrakturen usw). als auch Allgemeinschädigungen des Körpers durch Stromdurchfluß (Erkrankungen des Herzens, des Nervensystems und der Sinnesorgane) verursachen. Die Feststellung, welche Krankheitserscheinungen Folge des Stromdurchtrittes sind, bedarf besonderer Fachkenntnis von Seiten des begutachtenden Arztes. 3. Akute Schädigungen durch Röntgenstrahlungen, radioaktive Stoffe und andere ionisierende Strahlen Der akute Strahlenschaden mit entsprechend hoher Dosis gilt als Berufskrankheit. Die erlittenen Schäden nach Ganzkörper- oder Teilkörperbestrahlung sind daher als Berufskrankheitsfolgen zu bewerten. Wenn ein Patient wegen Unfallschäden diagnostisch oder therapeutisch mit Röntgenstrahlen oder radioaktiven Stoffen behandelt wurde und dabei Röntgenverbrennungen oder sonstige typische Schädigungen erlitt, handelt es sich um Unfallfolgen. Erkrankungen dagegen, welche auf wiederholter Einwirkung kleinerer oder größerer Strahlenmengen beruhen, fallen unter Ziffer 27 der VII. Berufskrankheitenverordnung (S. 134). 4. Intoxikationen a) Vergiftungen Bei der Betriebsarbeit kann es zu chronischen Vergiftungen kommen. Diese haben mit einem Unfall nichts zu tun. Es handelt sich dann um Berufskrankheiten, von denen einige entschädigungspflichtig sind. Außerdem können einmalige Vergiftungen der verschiedensten Art vorkommen. Ihre Folgen sind entschädigungspflichtig, wenn der Hergang bei der Vergiftung selbst als Arbeitsunfall anerkannt wird. b) Gasvergiftung Die durch die verschiedenen Gase gesetzten Vergiftungen und ihre etwaigen Folgezustände sind dann als unfallbedingt zu betrachten, wenn es sich um eine akute Vergiftung während einer Arbeitsschicht handelt, sofern solche Schädigungen nicht in der Berufskrankheitsliste erfaßt sind. c) Insektenstiche Meist wird es sich dabei um Ereignisse des täglichen Lebens handeln und nicht um Arbeitsunfälle. Für eine Anerkennung müßte der Nachweis geführt werden, daß der Insektenstich tatsächlich während der versicherten Tätigkeit erfolgt oder daß eine „erhöhte Betriebsgefahr" bestand und daß Dauerschäden zurückgeblieben sind. 5. Infektionskrankheiten s) Diphtherie Eine solche Erkrankung kann unfallbedingt sein, wenn der Nachweis zu führen ist, daß sie bei dienstlicher Tätigkeit (Krankenpflegepersonal, Ärzte, Laborantinnen usw.) erworben wurde. Auch kann gelegentlich ein Patient, der wegen einer Unfallverletzung in einem Krankenhause liegt, sich dort vielleicht einmal mit Diphterie infizieren (S. 142).

Wundinfektionskrankheiten

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b) Typhus abdominalis, Paratyphus Infektionen sind möglich und als Arbeitsunfall anzuerkennen, wenn den Versicherten verseuchtes Wasser an der Arbeitsstelle zum Trinken zur Verfügung steht. Ungünstige hygienische Verhältnisse am Arbeitsplatz fördern die Kontaktübertragung von Mensch zu Mensdi (S. 142). c) Tuberkulose Eine wesentlich ursächliche Mitwirkung eines Unfalles an dem Ausbrechen oder der Verschlimmerung einer Tuberkulose ist sowohl bei der Knochen- u. Wifbelsäulenwie bei der Lungen- u. Organtuberkulose sehr selten (S. 142, 143). d) Milzbrand Manche Versicherte haben Gelegenheit, sich mit Milzbrand zu infizieren. Wenn also an der Infektion gelegentlich einer versicherungspflichtigen Tätigkeit kein Zweifel besteht, dann sind diese A n t h r a x - E r k r a n k u n g e n und ihre Folgen unfallbedingt (S. 142). e) Rotz Es handelt sich um eine in Deutschland sehr seltene Krankheit. Versicherte, die mit Pferden, Eseln usw. umgehen, können sich anstecken. Immer ist die Frage zu prüfen, ob diese I n f e k t i o n gelegentlich einer versicherten Tätigkeit erfolgte (S. 142). 6. Parasitäre Erkrankungen a) Aktinomykose Die Unfallentstehung dieser Erkrankung ist bei landwirtschaftlichen Arbeiten und in ähnlichen Berufen denkbar. Infektion über eine Wunde ist sehr selten, häufiger sind die Luftwege und der M a g e n - D a r m - K a n a l die Eintrittspforten. I m Einzelfalle muß das Krankheitsgeschehen (Drusennachweis) möglichst genau überprüft und danach die Zusammenhangsfrage beurteilt werden (S. 142). b) Lues D e r Gutachter sollte in allen unklaren Fällen stets auch an Lues denken und die entsprechenden serologischen Untersuchungen veranlassen. Bei dieser Krankheit wie bei allen Zusammenhangsfragen überhaupt muß der U n f a l l die wesentliche Teilursache der Gesundheitsschädigung sein, nicht nur der Anlaß, bei welchem sich die krankhaften Erscheinungen zeigten. Die direkte Infektion mit Spirochäten kommt bei Ärzten und ärztlichem Hilfspersonal v o r (S. 142). Die Beurteilung metaluetischer Veränderungen an einer, durch eine erhebliche U n falleinwirkung getroffene Körpergegend bedarf eingehender Prüfungen nach allen Richtungen. Wenn sich etwa gleichzeitig an anderen, nicht vom U n f a l l betroffenen Körperstellen metaluetische Herde entwickelt haben, dann ist die Zusammenhangsfrage sicher zu verneinen. 7. Wundinfektionskrankheiten a) Blutergußinfektion Bekannt ist, daß Blutergüsse in den Weichteilen sich infizieren können, auch wenn sie nicht durch eine Hautverletzung mit der Körperoberfläche direkt in Verbindung stehen. D i e unfallweise Entstehung einer derartigen Eiterung ist anzuerkennen, wenn der Bluterguß selbst durch den Arbeitsunfall verursacht worden ist und wenn die Vereiterung spätestens innerhalb von 8 bis 14 Tagen nach dem U n f a l l auftrat. Furunkel (S. 100J Phlegmone (S. 101) Panaritium (S. 100)

Osteomyelitis (S. 103)

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

b) Erysipel Die Wundrose k a n n von verschiedenen Primärerkrankungen ausgehen z. B. H a u t schrunden an der Nase bei Schnupfen, Furunkel, Wunden. Stets ist also die Ausgangsstelle des Erysipels zu ermitteln. Von ihr ist zu erörtern, ob sie mit dem Unfall zusammenhängt oder nicht. Bei Wunden wäre zu prüfen, ob sie während der Betriebsarbeit entstanden sind oder nicht. Ein rezidivierendes Erysipel ist nur dann Unfallfolge, w e n n die erste Wundrose Folge eines Arbeiterunfalles war (S. 142). c) Lymphangitis Diese ist Ausdruck des Fortschreitens einer Wundinfektion auf dem Lymphwege. Sie ist dann stets als Unfallfolge anzuerkennen, wenn die primäre Wunde eine solche war oder wenn sich die Lymphangitis in engem, zeitlichen Zusammenhang mit einer unfallbedingten stumpfen Verletzung eines bestehenden Entzündungsherdes entwickelt hat. d) Allgemeininfektion D a die Erreger der Allgemeininfektion (Staphylokokken und Streptokokken) sich auf der H a u t eines jeden Menschen finden und durch jede Art von Hautverletzung in den Körper eindringen können, ist bei einer Allgemeininfektion zunächst stets zu prüfen, wo dieselbe ihren Ausgang genommen hat. Wenn diese Frage geklärt ist, dann kann erörtert werden, ob das primäre Ausgangsleiden u n d somit auch die Allgemeininfektion eine Unfallfolge darstellen. Ist der Ausgangspunkt etwa eine im Betrieb erlittene Wunde, so ist der Zusammenhang klar. Wenn der Ausgangspunkt eine hämatogene Osteomyelitis ist, dann wäre erst zu prüfen, ob diese an sich unfallbedingt ist. e) Tetanus Stets muß die Eintrittspforte der Erreger nachgewiesen sein. Läßt sich eine solche Eintrittspforte nicht nachweisen, d a n n ist ärztlicherseits keine genügend wahrscheinliche Erörterung der Zusammenhangsfrage möglich. W a r die etwa zur Infektion führende Wunde bei der versicherten Tätigkeit entstanden, dann m u ß auch der Wundstarrkrampf als Unfallfolge angesehen werden. Noch nach Jahren können Erreger (z. B. nadi Fremdkörperentfernung) virulent werden. f) Wunddiphtherie Wurde eine, durch einen U n f a l l verursachte Wunde später mit Diphteriebazillen sekundär besiedelt, dann ist die Wunddiphterie auch mit ihren eventuellen anderen Folgen (Herzmuskelschädigung, Lähmung der Gaumenmuskeln usw.) als Unfallfolge anzuerkennen. Dabei ist dann gleichgültig, ob der Nachweis des Infektionsweges gelingt oder nicht (S. 142). 8. Geschwülste Die genaue Analyse des Einzelfalles ist von ausschlaggebender Bedeutung. Der Gutachter muß eingehend prüfen, ob irgendwelche, das Geschwulstwachstum anregenden Umstände wahrscheinlich gegeben waren und ob es sich dabei um Unfallfolgen handelte. Als Arbeitsthesen haben sich die zuerst von LUBARSCH aufgestellten Richtlinie trotz aller neueren Ergebnisse auf diesem Gebiet bewährt: Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Gewächsentstebung und einmaliger Gewalteinwirkung wird nur dann als wahrscheinlich angesehen werden dürfen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: 1. Wenn die Gewalt diejenige Körperstelle unmittelbar oder mittelbar betroffen hat, an der später die Gewächsbildung erfolgt ist.

Stoffwechselkrankheiten und Krankheiten der endokrinen Drüsen

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2. Wenn die Gewalt derartig beschaffen war, daß sie längerdauernde und eingreifende Gewebs- und Stoffwechselstörungen in dem betreffenden Gebiet hervorgebracht hat oder wenigstens hervorzubringen geeignet war. 3. Wenn der zwischen der Gewalteinwirkung und den ersten sicher auf eine Gewächsbildung zu beziehenden Erscheinungen verstrichene Zeitraum mit Größe, geweblichem Bau und Wachstumsgeschwindigkeit, der besonderen Gewächsart in Einklang gebracht werden kann. 4. Wenn zwischen den auf die Gewalteinwirkung zu beziehenden unmittelbaren Krankheitserscheinungen und den auf die Gewächsbildung zu beziehenden Veränderungen Übergänge — sogenannte Brückenerscheinungen — bestehen. Der wachstumsbeschleunigende oder verschlimmernde Einfluß eines Traumas auf ein bereits bestehendes Gewächs kann dann anerkannt werden, wenn 1. die Gewalteinwirkung so beschaffen und lokalisiert war, daß sie eingreifende Verhaltensverschlimmerungen im Gewächs hervorrufen konnte oder gar nachweislich hervorgerufen hat; 2. das Wachstum der Neubildung ein im Vergleidi zum durchschnittlichen, „ordnungsgemäßen" und besonders dem vorher beobachteten ein ungewöhnlich beschleunigtes war; 3. die gewebliche Untersuchung des Gewädises deutliche Spuren einer Gewalteinwirkung (frischere oder ältere Blutungen, ungewöhnliche Nekrosen usw.) und Anzeichen einer für die besondere Art der Neubildung ungewöhnlichen Wachstumsgeschwindigkeit aufdeckt; 4. es für die besondere Art der Gewächsbildung zu ungewöhnlich reichlicher und ungewöhnlich lokalisierter Tochtergewächsbildung gekommen ist und der Tod, sei es als unmittelbare Unfallfolge, sei es sonstwie, wesentlich früher (nach der Rechtsprechung mindestens ein Jahr früher) eingetreten ist, als für die besondere Art und Lokalisation des Gewächses erfahrungsgemäß zu erwarten gewesen wäre. Auf die Bedeutung einer Obduktion sei hier besonders hingewiesen. 9. Stoffwechselkrankheiten und Krankheiten der endokrinen Drüsen a) Diabetes mellitus

Ohne Erbanlage kein Diabetes! Für die Beziehungen zwischen Unfall und Diabetes ergeben sich nachstehende Möglichkeiten (JAHNKE, OBERDISSE): 1. Das zufällige Zusammentreffen von Unfall und Diabetes, 2. der Unfall als Entstehungsursache eines Diabetes (echter unfallbedingter Diabetes), 3. der Unfall als Manifestationsursache eines Diabetes (unfallbedingte vorzeitige Manifestation der diabetischen Erbanlage), 4. der Unfall als Verschlimmerungsursache eines schon vorhandenen manifesten Diabetes. Die einzige Bedingung, unter der die unfallbedingte Entstehung eines Diabetes anerkannt werden kann — es muß sich um einen echten, permanenten Diabetes handeln — ist die unmittelbare und genügend ausgedehnte Schädigung des Pankreas durch Verletzungen oder andere Noxen. Die unmittelbare und genügend ausgedehnte Schädigung des Pankreas muß detailliert und überzeugend dargelegt werden, da es sidi beim unfallbedingten Diabetes um eine medizinische Rarität handelt. Die Frage einer wesentlichen unfallbedingten Verschlimmerung eines latenten oder manifesten Diabetes

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen ist nur beim Vorliegen eines außergewöhnlichen, schweren Unfalles zu diskutieren. Die Schwere der Stoffwechselstörungen, die Einstellbarkeit durch Medikamente und das Ausmaß der Komplikationen bestimmen den Grad der unfallbedingten MdE (s.S. 73).

b) Fettleibigkeit Sie ist entweder Folge einer Überernährung (Mastfettsucht) oder einer endokrinologisdien oder einer Stoffwechselanomalie. Gelegentlich kommt es vor, daß nach einer Verletzung, welche zu teil weiser Bewegungsarmut führt (z. B.Amputationen) eine übermäßige Fettleibigkeit beobachtet wird. Die versicherungsrechtliche Beurteilung geht dahin, daß eine solche Fettleibigkeit nicht als Unfallfolge gewertet wird, weil die wesentliche Ursache neben der Konstitution in einer unzweckmäßigen Ernährung zu suchen ist. c) Nebennieren Bekannt sind spontane Massenblutungen in die Nebennieren bei den verschiedensten chronischen Erkrankungen. Ihre Entstehung ist nicht unfallbedingt. Tritt die Blutung während einer versicherten Tätigkeit auf, so ist eine unfallbedingte Entstehung derselben nur bei schwerer, örtlicher Gewalteinwirkung (Brüche der unteren Rippen, Mitverletzungen von Nachbarorganen und Weichteilen usw.) anzuerkennen. Verletzungen der Nebenniere durch indirekte Gewalteinwirkungen sind bisher nicht beobachtet worden. Eine Nebennierenrindeninsuffiziens nach direkten Gewalteinwirkungen auf die Nieren ist ganz selten. Das CusHiNG-Syndrom steht mit einer äußeren Gewalteinwirkung nicht im Zusammenhang, auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung. d) Altersveränderungen Diese werden häufig dem Versicherten nach einer Untersuchung wegen Unfallfolgen oder wegen eines unfallähnlichen Ereignisses bekannt. Da sie das zwangsläufige Ergebnis biologischer Veränderungen darstellen, sind sie nicht als Unfallfolgen zu bewerten. 10. Erkrankungen des Blutes a) Leukämie Strahlenschäden können zur Leukämie führen. Für die Anerkennung einer unfallbedingten Leukämie ist der Nachweis einer ganz akuten Leukämieform im unmittelbaren Anschluß an einen Unfall notwendig. Die unfallbedingte Verschlimmerung einer Leukose ist unwahrscheinlich. b) Perniziöse Anämie Für die Begutachtung ist von Bedeutung, daß sowohl starke Blutverluste wie auch Verletzungen und Entzündungen des Knochenmarkes bei der Entstehung dieser Erkrankung keine Rolle spielen. Denkbar ist das Auftreten der Krankheit im Anschluß an unfallbedingte Erkrankungen des Magen-Darm-Kanals, an Vergiftungen und Strahlenschäden. c) Milzzerreißungen Sie werden nach stumpfen Bauchverletzungen relativ häufig beobachtet. Es gibt auch Blutzysten der Milz, die nach einer Verletzung auftreten, welche zunächst nur eine Gewebetrennung und Blutung in dem Organ selbst gesetzt hatte. Diese Zysten können sekundär rupturieren (zweizeitige Milzruptur). Diese Milzrisse sind ebenfalls unfallbedingt. Ferner gibt es aber auch Spontanrupturen krankhaft veränderter Milzen (z. B. bei Leukämie, Malaria usw.) als unfallfremde Erkrankungsfolgen.

Erkrankungen des Gefäßsystems

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Deshalb ist die feingewebliche Untersuchung einer entfernten Milz o f t wichtig. Die Entstehung einer Wandermilz durch eine gewaltsame Zerreissung etwa der Aufhängebänder der Milz ist nicht vorstellbar. Die Wandermilz ist Teilerscheinung einer allgemeinen Enteroptose. 11. Erkrankungen des Gefäßsystems a) Herzmuskel und Herzklappen Quetschungen des Brustkorbes und des Herzens können zu Verletzungen einzelner Teile dieses Organes und damit auch zu Herzmuskelschädigungen und Herzklappenfehlern führen. Die notwendigen diagnostischen Feststellungen gehören in das Arbeitsgebiet des Herzspezialisten. b) Aortenaneurysma Die überwiegende Mehrzahl dieser Fälle ist Folge einer Mesaortitis luetica. Es sind aber auch Aneurysmen der Aorta als Folge lokaler Verletzungen dieses Gefäßes bekannt geworden. Es muß ein erhebliches Unfallereignis den Brustkorb oder den Bauch betroffen haben, wenn die unfallweise Entstehung eines Aortenaneurysmas anerkannt werden soll. Dann müssen sofort nach dem Unfall Kreislaufstörungen, Veränderungen der Herztätigkeit, Brustbeklemmungen vorhanden gewesen und als Brückenzeichen bestehen geblieben sein. Ein vorhandenes Aneurysma kann verschlimmert worden sein, wenn es von einem schweren Unfallereignis direkt getroffen wurde und wenn sich sofort an den Unfall anschließend schwere klinische Erscheinungen eingestellt haben, so daß eine schlagartige erkennbare Änderung des Krankheitsbildes mit dem Augenblick des Unfallgeschehens einsetzte. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß die Ruptur eines Aneurysmas sonst fast stets ohne äußere Einwirkung erfolgt. Eine Obduktion ist in solchen Fällen zwingend erforderlich. c) Aneurysmen peripherer Gefäße Keine Bedenken bestehen gegen Aneurysmen als Folge von Stich- oder Schußverletzungen der Gefäße. Auch Anspießungen durch Knochenbruchenden sind bekannt. Stumpfe Verletzungen können derartige Gefäßaneurysmen nur dann verursacht haben, wenn eine erhebliche direkte Gewalt das Gefäß unmittelbar an dieser Stelle getroffen hat. Sofort oder kurze Zeit nach der Verletzung muß ein Bluterguß, eventuell mit Pulsation, nachgewiesen worden sein. d) Krampfadern Die Entstehungsursache von Krampfadern ist verschiedenartig. Sie können auf dem Boden einer chronischen Leistungsschwäche der Venen oder nach Thrombosen auftreten. Eine anlagebedingte Bindegewebsschwäche (z. B. Schwäche der Kniebänder, Senkfüße, Hämorrhoiden) spielt die Hauptrolle. Die überwiegende Mehrzahl aller festgestellten Krampfaderleiden ist nicht unfallbedingt. In seltenen Fällen ist dann, wenn der entsprechende Unfall eine Behinderung des normalen Blutabflusses aus einem Bein bewirkt hat, ein Zusammenhang als gegeben anzusehen. e) Unterschenkelgeschwüre Die durch Narbenzerfall auftretenden Geschwüre sind dann eine Unfallfolge, wenn die Narben eine solche darstellen. Das typische Unterschenkelgeschwür mit Hautatrophie und dem chronischen Ekzem

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen ist eine Folgeerscheinung der chronischen, venösen Leistungsschwäche. Dadurch, daß durch den verkehrten Kreislauf in den Krampfadern das Blut so sehr mit Kohlensäure angereichert wird, daß das Gewebe erstickt, entsteht der Gewebszerfall mit der typischen Geschwürsbildung. O f t sind aber kleinere, örtliche Thrombosen schon abgelaufen. In der Praxis tritt sehr häufig der Fall ein, daß bei bestehendem Krampfaderleiden und bestehender Geschwürsbereitschaft eine kleine Wunde oder eine kleinere Gewebsschädigung nicht abheilt, sondern zum Geschwür wird, während sie an anderer Körperstelle in wenigen Tagen vollkommen abheilen würde. Dann wird das Geschwür als Unfallfolge angeschuldigt. Ärztlicherseits bleibt festzustellen, daß die überwiegende Teilursache für die Entstehung des Ulkus das Bestehen der chronischen venösen Insuffizienz mit ihren biologischen Folgeerscheinungen und mit der Zerfallbereitschaft des Gewebes ist; die Verletzung selbst stellt nur einen erheblich kleineren Ursachenteil dar. Ob man diesen Ursachenanteil in dem zu beurteilenden Einzelfall als wesentlich mitwirkende Ursache ansehen will, hängt von der Erheblichkeit der Einwirkung, der Schwere der Verletzung und dem Umfang der schon biologisch bestehenden Geschwürsbereitschaft (Schwellungen, Braunverfärbung, Ekzematisation, frühere Ulcera) ab. Wenn eine zum Geschwür gewordene Wunde abgeheilt ist, so sind zweifelsfrei die Folgen des Unfalles beseitigt. Treten später wiederum Unterschenkelgeschwüre auf, dann fallen diese nicht dem Unfallgeschehnis, sondern den vorbestehenden Gefäß- und Weichteilveränderungen zur Last.

f) Thrombose Die Thrombose einer Blutader hat oft eine anlagebedingte Insuffizienz derselben als Ursache. Sie muß dann als Unfallfolge anerkannt werden, wenn das Unfallgeschehnis geeignet war, eine teilweise frische Zerreißung der Veneninnenhaut zu verursachen oder einen Bluterguß in der Wand des Gefäßes oder seiner näheren Umgebung zu setzen. Die Ruhigstellung des Körpers (Bettruhe) oder eines größeren Gliedmaßenabschnittes (Gipsverband) wegen Unfallfolgen überhaupt vermag ebenfalls ursächlich für eine Thrombose an den Gliedmaßen oder im Bereich des Beckens zu wirken. Schließlich ist eine Thrombose auch dann eine Unfallfolge, wenn durch ein Unfallgeschehnis größere Mengen vom Körpergewebe zum Absterben gebracht wurden, so daß also der Blutkreislauf mit körpereigenen Zerfallprodukten überschwemmt wurde. g) Embolie Der Kernpunkt der Beurteilung ist die Frage, ob die Thrombose, aus welcher sich der Embolus ablöste, als Unfallfolge anzusprechen ist oder nicht. Denkbar ist ferner, daß ein Blutgefäß, in dem eine unabhängig vom Unfall bestehende Thrombose vorhanden war, von einem direkten Unfallereignis betroffen wurde. Dann kann u. U. der Thrombus abreißen und so zum Embolus werden. Die Embolie muß dann aber unmittelbar nach dem Unfall eintreten, wenn sie ihrerseits als Unfallfolge anerkannt werden soll. h) Arteriosklerose, Atheromatose Diese typische Abnutzungserkrankung der Gefäßwände ist nicht Folge einer äußeren Gewalteinwirkung. i) Apoplexie Die Voraussetzung einer Massenblutung in das Gehirn ist die langjährig entstandene arteriosklerotische Veränderung der Gefäßwand. Eine schwere Unfallschädigung des betroffenen Hirnbezirkes wird von einigen Neurologen als wesentliche Teilursache einer sogen, posttraumatischen Spätapoplexie einige Tage bis zwei Monate nachher diskutiert.

Erkrankungen der Atmungsorgane

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k) Endangiitis obliterans Diese Erkrankung (WINIWARTER-BÜRGER) stellt wie die anderen, entzündlichen arteriellen Verschlußkrankheiten eine progrediente Systemerkrankung dar. Die Möglichkeit einer unfallbedingten Verursachung oder Verschlimmerung besteht nicht. 1) Gangrän einer Gliedmaße Erst ist die Ursache der Gangrän klarzustellen. Die häufigsten Ursachen sind bekanntlich Diabetes, arterielle Embolie und entzündliche oder stenosierende arterielle Verschlußkrankheiten. N u r bei einer unfallbedingten vollständigen oder teilweisen Gefäßzerreißung ist die Zusammenhangsfrage klar. Folgt auf eine belanglose Hautverletzung eine diabetische oder senile Gangrän, dann ist nicht die kleine Verletzung, sondern das gesetzmäßig fortschreitende Grundleiden die Ursache dieses, auf einer Systemerkrankung beruhenden Gewebstodes. Die wesentliche Teilursache ist die Systemerkrankung der Gefäße mit ihren zwangsläufigen Folgen.

12. Erkrankungen der Atmungsorgane a) Lungenverletzungen Diese heilen im allgemeinen ohne bleibende Erwerbsminderung aus. Als Folgeerscheinungen können auftreten: Pleuraergüsse mit Pleuraschwarten, Empyem, Pneumothorax, Lungenabszeß. b) Lungenentzündung Eine Lungenentzündung kann bei der versicherten Tätigkeit durch plötzlidie Erkältungen, Durchnässungen oder durch Gaseinatmungen hervorgerufen werden. Außerdem kennen wir die unfallbedingte Kontusionspneumonie. Folgende Bedingungen müssen zur Anerkennung erfüllt sein: 1. Vor dem Unfall oder vor der betreffenden Arbeitsschicht muß der Patient gesund und arbeitsfähig gewesen sein. 2. Es muß eine wesentliche äußere Schädigung oder Verletzung die Lunge betroffen haben. Meist wird es sich um Quetschungsvorgänge des Brustkorbes, eventuell mit Rippenbrüchen oder um zweifelsfreie plötzliche Erkältungen und Durchnässungen während einer Arbeitsschicht gehandelt haben, welche zu objektiven und subjektiven Erscheinungen, zu entsprechenden Verhaltensweisen und zu typischen ärztlichen Befunden führten. 3. Die Lungenentzündung muß in einem ausreichenden zeitlichen Anschluß an das angeschuldigte Geschehnis, d. h. also innerhalb von ein bis höchstens sechs Tagen aufgetreten sein. c) Lungenemphysem Sie ist als Alterserscheinung allgemein bekannt. Als Unfallfolge kann sie nach Einatmung ätzender Dämpfe, als Folge einer unfallbedingten Bronchitis und als kompensatorische Erweiterung bei unfallbedingter Zerstörung anderer Lungenteile beobachtet werden. Bei der Begutachtung ist nach alten Lungenerkrankungen zu forschen. Zwischen dem Unfall und dem Nachweis dieser Erkrankung müssen Brückenzeichen vorhanden sein. d) Lungentuberkulose An den Nachweis des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einer Lungentuberkulose und einem Unfallereignis sind besonders strenge Anforderungen zu stellen, weil es sich hierbei um ein Leiden handelt, welches sich in aller Regel ohne äußere Ein-

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen Wirkungen entwickelt. Bei einer angenommenen unfallbedingten Verschlimmerung einer schon vorhandenen, aktiven oder inaktiven Lungentuberkulose muß objektiv nachgewiesen werden, daß der Unfall von wesentlichem Einfluß auf die Entwicklung und den Verlauf des Leidens gewesen ist und daß sich ohne das Dazwischentreten des Unfalles der Verlauf der Krankheit wesentlich anders gestaltet haben würde, als er tatsächlich festzustellen war. Dieser Nachweis muß in jedem Einzelfalle durch bestimmte, konkrete Tatsachen erwiesen oder wahrscheinlich gemacht werden.

e) Lungenblutung Die Lungenblutung ist fast ausschließlich die Folge einer Lungentuberkulose oder eines Lungenkrebses. Eine Lungenblutung setzt keine besondere körperliche Anstrengung oder eine äußere Gewalteinwirkung voraus. Sie ist die zwangsläufig sich ergebende Folge der krankhaften Zerstörung von Lungen- und Gefäßgewebe. Soll eine Lungenblutung bei vorhandener Tuberkulose oder bei vorhandenem Lungenkrebs als Unfallfolge angesehen werden, so muß ein erheblicher und geeigneter Unfall nachgewiesen werden, der durch die Brustwand hindurch das Lungengewebe so schädigen konnte, daß es zu einer Gefäßzerreißung oder zu einer deutlichen Blutdrucksteigerung kam, welche dann ihrerseits das Gefäß in der Lunge zum Zerreißen bringen konnte. Ist eine solche Lungenblutung zum Stehen gekommen, dann ist auch der als Unfallfolge anzusehende Teil des Krankheitsbildes wieder beseitigt und der alte Vorzustand wieder hergestellt. f) Lungenembolie. Siehe die Stichworte Thrombose (S. 92) und Embolie (S. 92). g) Pleuritis Die Rippenfellentzündung kann als Begleitzeichen verschiedener Erkrankungen, auch der Tuberkulose auftreten, sie kann aber auch unfallbedingt sein. Die Anerkennung des ursächlichen Zusammenhanges ist an folgende Bedingungen geknüpft: 1. Andere Entstehungsursachen für die Pleuritis müssen ausgeschlossen werden. 2. Die erkrankte Brustkorbseite muß durch ein erhebliches Unfallgeschehnis betroffen worden sein. 3. Zwischen Gewalteinwirkung und Nachweis der Rippenfellentzündung müssen Brückenzeichen (Atembeschwerden, Schmerzen, Husten) vorhanden sein. 13. Erkrankungen der Bauchdecken a) Eingeweidebrüche Die unfallbedingte Entstehung ist äußerst selten. Die nachfolgenden, allgemein anerkannten Leitsätze des früheren Reichsversicherungsamtes enthalten alle wesentlichen Punkte: „1. Es muß ein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes vorliegen oder ungewohnte, jedenfalls für den Ausführenden zu schwere Arbeit. 2. Das Unfallereignis muß derartig gewesen sein, daß entweder die Gegend des Bruches durch eine schwere Gewalteinwirkung betroffen wurde, so daß eine Zerreißung der Bauchwand die Folge war, oder daß eine gewaltige Erhöhung der Bauchpresse ausgelöst wurde. Diese letztere, sehr seltene Möglichkeit, bei der als Folge nicht eine Zerreißung der Bauchwand, sondern die erste Füllung eines lange angelegten, bis dahin aber leeren Bruchsackes eintreten kann, besteht für Leisten- und Nabelbrüche, nicht für solche der weißen Linie. Dagegen scheinen in allerdings sehr seltenen Fällen durch übergroße Kraftanstrengungen an außergewöhnlichen Stellen der Bauchwand Brüche austreten zu können.

Erkrankungen des Magen- und Darmkanals

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3. Die Arbeit muß bei unter starker Gewalteinwirkung entstandenen Brüchen — einerlei, ob Leisten- oder Bauchbrüchen — infolge heftigster Schmerzen oder Übelkeit sofort niedergelegt werden, jede andere körperliche Beschäftigung unmöglich sein und der Arzt sofort oder wenigstens bis zum 3. Tage gerufen sein. 4. Wenn bei direkter Gewalteinwirkung mit Zerreißung ein Bluterguß und unzweifelhaft hochgradige Schmerzhaftigkeit an der Stelle des Bauchbruches sich nachweisen lassen, so ist damit die Unfallentstehung bewiesen. Bei Leistenbrüchen kann der Bluterguß fehlen, da das Blut in die Bauchhöhle abfließen kann. Bei Gewaltbrüchen der weißen Linie scheint er so gut wie stets vorhanden zu sein. 5. Wenn bei schweren Bauchverletzungen, die auch zu Verletzungen anderer Gewebe und Organe z. B. Beckenbrüchen, Blasenverletzung o. dgl. führen, in späterer Zeit Bauchbrüche auftreten, so können diese besonderen Begleitumstände auch später zur Anerkennung dieser Brüche führen, sofern keine dieser Auffassung entgegenstehenden Bedenken geltend gemacht werden können. 6. Plötzliche Vergrößerungen und damit Verschlimmerungen von schon bestehenden fertigen Leisten- und Nabelbrüchen durch gewaltige Anspannung der Bauchpresse sind möglich, erfordern aber schärfste Einhaltung der Forderungen, die für den Unfallbruch anerkannt sind, da sich Vergrößerungen schon bestehender Brüche bekanntlich bei jeder starken Anspannung der Bauchpresse, so starkem Pressen beim Stuhlgang, heftigen Hustenstößen, einstellen können." Einklemmungen eines schon bestehenden Bruches können bei jeder Gelegenheit, vor allem aber auch bei körperlichen Bewegungen auftreten. Ist die Einklemmung im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an eine, den Bauch treffende starke äußere Einwirkung entstanden, so muß eine unfallbedingte Verschlimmerung des vorbestehenden Leidens anerkannt werden. Ist aber die Einklemmung durch Taxis oder Operation beseitigt, dann ist der frühere Vorzustand wieder hergestellt und die Unfallfolgen sind restlos beseitigt. Nach gelungener Operation ist der Patient sogar besser gestellt als vor dem Unfallgeschehnis. b) Bauchfellentzündung Eine aseptische, exudative, traumatische Bauchfellentzündung gibt es nicht. Handelt es sich um eine eitrige Entzündung, so ist die Ursache und deren etwaige unfallbedingte Entstehung zu diskutieren. Wenn eine Darmwandverletzung unfallbedingter Art vorgelegen hat, ist die Zusammenhangsfrage selbstverständlich klar. Bauchfellentzündungen durch besondere Erreger (Pneumokokken, Gonokokken, Tuberkelbazillen) sind stets Streuherde eines irgendwo im Körper liegenden Primärherdes. 14. Erkrankungen des Magen- und Darmkanals a) Ösophagusdivertikel Die Pulsionsdivertikel sind keine Unfallfolge. Die Traktionsdivertikel können, wenn der Narbenzug unfallbedingt entstanden ist, eine indirekte Unfallfolge darstellen. b) Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür Ein Magengeschwür ist nach übereinstimmender Auffassung keine Unfallfolge. Nur die nach unfallbedingten Verbrennungen und unfallbedingten septischen Erkrankun-

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen gen auftretenden akuten Geschwüre machen eine Ausnahme. Diese Geschwüre heilen aber meist vollständig ab. Wenn das geschehen ist, ist der Vorzustand wieder hergestellt. Später dann etwa auftretende Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre können nicht mehr als Unfallfolgen angesehen werden. Gelegentlich wird der Durchbruch eines Magengeschwürs als Unfallfolge angeschuldigt. In solchen Fällen ist genau zu prüfen, ob die Magenwand schon so weit zerstört war, daß der Durchbruch jederzeit erfolgen konnte, oder ob der Unfall nach Art und Hergang geeignet gewesen war, den Durchbruch eines noch nicht entsprechend weit fortgeschrittenen Geschwüres herbeizuführen. Das Vorhandensein einer runden Perforationsöffnung spricht für einen nicht-unfallbedingten spontanen Durchbruch, während eine etwa zerfetzte Perforationsöffnung für eine wesentliche Gewalteinwirkungsfolge sprechen würden. Dann würde das Unfallereignis eine wesentliche Teilursache für die gefundenen Veränderungen darstellen und damit unfallrechtlich zur entschädigungspflichtigen Ursache. Nach der operativen Behandlung der Perforation ist bei Anerkennung derselben als Unfallfolge die unfallbedingt vorübergehende Verschlimmerung des unfallfremden Geschwürsleidens am Magen beseitigt.

c) Magenblutung Meistens tritt die Blutung aus einem Magengeschwür spontan auf. Wenn jedoch eine solche Blutung sich unmittelbar an eine, die Magengegend treffende, erhebliche Gewalteinwirkung eingestellt hat, dann wird man sie als Unfallfolge anerkennen müssen, besonders dann, wenn nach kurzer Zeit Bluterbrechen erfolgte oder am nächsten Tage Teerstuhl beobachtet wurde. Wenn jedoch die Blutung behoben ist, dann sind auch die Unfallfolgen beseitigt und der Zustand vor dem Unfall ist wieder hergestellt. ü) Magensenkung Für dieses konstitutionell bedingte Leiden können keine äußeren Gewalteinwirkungen ursächlich verantwortlich gemacht werden. e) Magenkrebs Siehe „Geschwülste" (S. 88, 112, 115, 134). f) Darmzerreißungen Stumpfe Bauchverletzungen können Darmzerreißungen hervorrufen. Dabei wird durch die Gewalteinwirkung von vorn der Darm über dem Widerlager der Wirbelsäule zerquetscht. Ebenfalls kommen Einrisse der Darmwurzel und ein Abriß des Darmes von der Darmwurzel vor. Bei stumpfen Bauchverletzungen brauchen äußere Verletzungszeichen an den Bauchdecken nicht vorhanden zu sein. Stets aber muß sich unmittelbar an das Unfallereignis das klinische Bild der Peritonitis entwickelt haben. Der Operations- bzw. Obduktionsbefund bietet typische Hinweise. g) Darmgeschwüre Diese haben fast immer eine spezifische Ursache (Typhus, Ruhr, Tuberkulose usw.). Die gewaltmäßig entstandenen Verletzungen der Darmschleimhaut (unvollständige Darmruptur) heilen fast ausnahmslos ohne Geschwürsbildung. Die Darmgeschwüre neigen von sich aus zur Perforation. Tritt nach erheblicher äußerer Gewalteinwirkung eine Perforation an einer Geschwürsstelle auf und findet sich bei der Operation oder der Obduktion eine Perforationsstelle mit zerfetzten Rändern und eine Darmwand, welche nicht als perforationsreif anzusprechen ist, dann ist

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die Zusammenhangsfrage anzuerkennen, besonders dann, wenn sofort nach dem Unf a l l deutliche peritoneale Reizerscheinungen nachzuweisen waren. h) Darmverschluß

Bei der Erörterung der Zusammenhangsfrage mit einem Unfall muß nicht das K r a n k heitssymptom „Darmverschluß", sondern seine eigentliche Ursache zur Grundlage der Diskussion gemacht werden. Nach stumpfen Bauchverletzungen w i r d gelegentlich ein vorübergehender spastischer oder paralytischer Ileus beobachtet. i) Appendizitis

Die gewaltmäßige Zerreißung der gesunden Appendix ist von der Entstehung oder Verschlimmerung einer Appendizitis durch äußere Einwirkungen zu unterscheiden. Die unfallbedingte Verursachung und Verschlimmerung einer echten Appendizitis ist sehr umstritten. Die Zusammenhangsfrage w ä r e dann anzuerkennen, wenn eine sicher nachgewiesene äußere Einwirkung die Appendixgegend direkt traf und wenn ein Intervall von höchstens 24 Stunden zwischen Unfallgeschehnis und Erkrankung liegt. Es müßten dann aber sofort nach dem U n f a l l peritoneale Reizerscheinungen bestanden haben. Liegt zwischen dem Geschehnis und der Erkrankung ein längerer Zeitraum, hat der Versicherte währenddessen weitergearbeitet, dann ist die Zusammenhangsfrage zu verneinen. k) Mastdarmvorfall

Durch mechanische Zerreißungen des Beckenbodens kann ein Mastdarmvorfall verursacht werden. Dieser ist dann als Unfallfolge zu bewerten. 1) Mastdarmfisteln

Dieselben sind überwiegend eine Folge chronischer Entzündungen. N u r die im Anschluß an unfallbedingt entstandene Verletzungen des Enddarmes und des Afters auftretende Fisteln können als Unfallfolgen angesehen werden. 15. Erkrankungen der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse a) Virushepatitis

Die Ursache bildet eine Virusinfektion. Dieselbe kann bei einer im Einzelfall nachgewiesenen Infektionsquelle entweder als Arbeitsunfall oder als Berufskrankheit anzuerkennen sein. Eine Hepatitis nach Bluttransfusion kann eine indirekte Unfallfolge darstellen. b) Chronische Hepatitis, Zirrhose

Nach einer Inokulationshepatitis (Einspritzungen, Bluttransfusion) kann sich ein chronisches Leberleiden mit Zirrhose entwickeln. J e nach dem Sachverhalt ist eine direkte oder indirekte Unfallfolge zu erwägen. Auch chronische Intoxikationen nach A r t einer Berufskrankheit können ursächlich wirksam gewesen sein. c) Gallenblasenentzündung

Die Gallenblasenentzündung und die Steinkrankheit der Gallenblase sind häufig Erkrankungen. M a n nimmt allgemein an, daß Stauungen beim Gallenabfluß, vielleicht mit sekundärer Infektion, eine Rolle spielen. Wenn also ein U n f a l l mit seinen Folgen dazu geführt hat, daß der Gallenabfluß gehemmt wurde, dann w i r d die im Anschluß daran sich entwickelnde Gallenblasenentzündung und die Steinkrankheit der Gallenblase als Unfallfolge anerkannt werden müssen. Die Zusammenhangsfrage ist aber wohl nur einwandfrei nach einer Laparotomie zu klären. Das Zusammentref7 Günther-Hymnen, Unfallbegutaditung

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

fen von Gallenblasenerkrankung und einem Bauchtrauma in der Vorgeschichte genügt allein nicht, zwischen beiden einen ursächlichen Zusammenhang als gegeben anzunehmen. Stumpfe Gewalteinwirkungen auf die Bauchdecken können dazu führen, daß ein schon vorhandener Gallenstein sich einklemmt und so einen Gallensteinanfall hervorruft. Ist derselbe abgeklungen und die Einklemmung beseitigt, dann ist auch die unfallbedingte Verschlimmerung des vorhandenen Leidens behoben. d) Pankreasnekrose Die sehr plötzlich einsetzende Selbstverdauung des Organes wird meist durch Rückstauung von Galle und des Eigensekretes der Drüse hervorgerufen. Daher ist zweifellos die überwiegende Mehrzahl solcher Erkrankungsfälle nicht unfallbedingt. Teilweise Verletzungen der Drüse können zu Pseudozysten führen. Wenn in einem seltenen Ausnahmefall eine akute Pankreasnekrose als Unfallfolge bewertet werden soll, dann muß ein erhebliches Unfallereignis den Oberbauch betroffen haben und geeignet gewesen sein, eine Blutung in das Drüsengewebe hervorzurufen. D a s K r a n k heitsbild der Pankreasnekrose muß sich mit seinen stürmischen Erscheinungen direkt an das Unfallereignis angeschlossen haben. e) Pankreaszysten Peripankreatische Pseudozysten können Folgen eines leichten Pankreasrisses sein. Die Entscheidung wird erst nach operativer Entfernung und feingeweblicher Untersuchung endgültig zu fällen sein. Voraussetzung für die Anerkennung einer Pankreaszyste als Unfallfolge ist, daß der Oberbauch von einer erheblichen und geeigneten Gewalteinwirkung betroffen war. Sofort nach dem U n f a l l müssen die klinischen Zeichen einer teilweisen Pankreasruptur vorhanden gewesen sein. 16. Erkrankungen des Harnsystems a) Nierenstein und Ureterstein Die Ursachen der Nierensteinbildung sind unbekannt. Bei Fehlen allgemeiner Stoffwechselstörungen steht die Konstitution ursächlich im Vordergrund. Uberdosierung bestimmter Medikamente wird ebenfalls angeschuldigt. Verletzungen des Nierenparenchyms können durch ein Blutkoagulum ein Bildungszentrum für den Stein abgeben. Es muß sich aber dann um eine erhebliche Verletzung der Niere gehandelt haben. Die Mehrzahl der Nierenverletzungen heilt ohne Steinbildung ab. Perirenale und periuretrale H ä m a t o m e können durch Narbenzug Abflußstörungen des Harns hervorrufen und so eine Zustandsänderung des Harns bedingen. Verletzungen von Blase und Harnröhre können dieselbe Wirkung erzielen. Außerdem können Verletzungen des Hirns und des Rückenmarks sowie die erschwerte Harnentleerung bei längerem Krankenlager Steinbildungen verursachen. Bei unfallbedingten Infektionen der Harnwege kann ebenfalls ein Zusammenhang gegeben sein. Nach einer erheblichen Körpererschütterung kann ein bereits vorhandener Nierenstein durch Verletzung des Nierenparenchyms eine Nierenblutung hervorrufen, oder er kann durch Verschluß des Harnabflusses einen akuten Nierensteinanfall bewirken. Wenn die Blutung aufgehört hat und wenn der Harnabfluß sich wieder eingestellt hat, dann ist auch die durch den Unfall gesetzte Verschlimmerung beseitigt und der Körperzustand vor dem Unfall wiederhergestellt.

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b) Hydro- und Pyonephrose Wenn eine Verletzung mit anschließender narbiger Verengung des Harnleiters, eine unfallbedingte Verlagerung der Niere mit Abknickung des Harnleiters und wenn Steinbildungen mit Einklemmung in den Harnleiter als Unfallfolgen vorliegen, dann sind in einem solchen Falle länger dauernder Behinderung des Harnabflusses durch diese krankhaften Veränderungen als Unfallfolge anzusehen. Gefordert werden für die Annahme einer unfallbedingten Entstehung einer Hydronephrose die Erfüllung folgender Bedingungen: 1. Fehlen von Nierensymptomen vor dem Unfall. 2. Fehlen anderweitiger ätiologischer Momente für die Hydronephrose wie z. B. angeborene Anomalien der Harnwege, aberrierende Gefäße, Tumoren der Blase und Prostata, Ureterstrikturen nichttraumatischen Ursprungs, chronische Perityphlitis, Adnexerkrankungen. 3. Nachweis der Erheblichkeit des Traumas in Gestalt einer direkten Verletzung der Niere bzw. Feststellung von Folgeerscheinungen des Unfalls, welche die Entstehung einer Abflußbehinderung wahrscheinlich machen. 4. Nachweis von Brückensymptomen. Bestehende Hydro- und Pyonephrosen können durch direkte Gewalteinwirkungen zur Ruptur gebracht werden. c) Wanderniere Sie ist durch konstitutionelle Veranlagung bedingt. Die gewaltmäßige Verlagerung der Niere durch eine einmalige, erhebliche, geeignete Einwirkung ist nur im Ausmaß der Dehnbarkeit der Nierengefäße vorstellbar. d) Nierenentzündung Die verschiedenartigsten Entzündungen des Nierenparenchyms sind manchmal sowohl nach direkten Verletzungen der Niere als auch nach Verletzungen anderer Körpergegenden möglich. Es ist stets spezialärztliche Begutachtung erforderlich. e) Nierentuberkulose Diese Organtuberkulose entsteht meist auf dem Blutwege durch Absiedlung von einer Lungentuberkulose oder einem Lymphknotenherd. Ihre unfallbedingte Verursachung scheidet aus. Die langen Latenzzeiten (bis zu 10 Jahren) erschweren generell die aetiologische Beurteilung. Folgende Bedingungen müssen bei der Diskussion des ursächlichen Zusammenhanges einer Verschlimmerung erfüllt sein: 1. Der Unfall ;nuß erheblich gewesen sein. Bei Nierenverletzungen können sich Verletzungszeichen jedoch erst nach 24 bis 36 Stunden einstellen. 2. Das Geschehnis muß geeignet gewesen sein, die Niere zu verletzen. Der Verletzungshergang und die ersten Verletzungszeichen müssen besonders eingehend geprüft werden. 3. An den Unfall müssen sich die Krankheitserscheinungen angeschlossen haben. Ein bis zum Unfall latent bestehender Herd kann klinische Erscheinungen machen, oder die bestehende Nierentuberkulose kann sich örtlich verschlimmern oder es kann eine unfallbedingte Metastasierung in andere Organe erfolgen. Im Anerkennungsfalle muß das Unfallereignis den bisher (ironisch fortschreitenden Verlauf des Leidens in erkennbarer Weise sowohl hinsichtlich der Beschwerden als auch der objektiven Krankheitszeichen ungünstig beeinflußt haben.

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Spezielles über die Begutachtung v o n Zusammenhangsfragen

f) Nierenbeckenentzündung Die Infektion des Nierenbeckens kann durch Verletzung von außen her oder Einbruch von Abszessen in der Umgebung der Niere, durch Aszendieren der Keime auf dem normalen Harnwege sowie durch Infektion auf dem Blut- und Lymphwege erfolgen. Wenn die Primärursache unfallbedingt war, dann ist es auch die Pyelitis selbst. g) Blasenstein Bei der Bildung eines Blasensteines spielt das Ausfällungszentrum eine besonders große Rolle. Wenn es sich bei diesem um eine Unfallfolge handelt, so ist natürlich auch der Blasenstein eine solche. Ferner führen Verletzungen, die mit Blasenlähmungen einhergehen, häufig zur Blasensteinbildung. Die Entwicklungszeiten können bis zu mehreren Jahren schwanken. Audi die Infektion der Blase durch häufiges Bougieren, Katheterismus oder ein Dauerkatheter können die Ursache für eine Blasensteinbildung abgeben. h) Harnröhrenstrikturen Dieselben sind meist Folgen irgendwelcher Entzündungen. Sie können aber auch durch vollständige oder teilweise Zerreißung der Harnröhre bei Beckenverletzungen oder stumpfen Verletzungen der Dammgegend oder durch den Druck eines Dauerkatheters erzeugt werden. 17. Genitalerkrankungen Beim Manne sind Varikozele, Wasserbruch, Nebenhodentuberkulose und unspezifische Nebenhodenentzündungen in allerseltensten Fällen eine direkte oder indirekte Folge äußerer Gewalteinwirkungen. Bei der Frau bilden Gebärmutterverlagerungen, Gebärmuttersenkung mit Vorfall, Abort und Bauchhöhlenschwangerschaft nur in extrem seltenen Fällen den Anlaß zur Erörterung von Zusammenhangsfragen. In den allermeisten Fällen handelt es sich nicht um unfallbedingte Veränderungen. Spezialärztliche Stellungnahmen sind stets erforderlich. 18. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes a) Furunkel Der Furunkel ist eine Erkrankung der Haarbalgdrüsen. Die Mehrzahl der Furunkel entsteht durch das Eindringen von Eitererregern von außen her. Sie sind, besonders als Solitärfurunkel, nicht als Unfallfolge zu bewerten. Nur bei einer durch Unfallfolgen bedingten Allgemeininfektion (z. B. Verbrennungskrankheit) kann eine Furunkulose mit Ausscheidung von Eitererregern nach außen als mittelbare Unfallfolge angesehen werden. b) Panaritium Diese entstehen durch das Eindringen von Eitererregern in das Zellgewebe der Finger. Die Kleinheit der Eintrittspforten macht häufig den Nachweis einer unfallbedingten primären Verletzung unmöglich. Derartig kleine Hautschädigungen können auch außerhalb der versicherten Tätigkeit entstehen. Zur Anerkennung eines ursächlichen Zusammenhanges ist notwendig, daß entweder die Verletzung als Eintrittspforte der Eitererreger durch Einwirkungen im Rahmen einer Arbeitsschicht entstanden ist oder daß die Krankheitserreger bei der Betriebsarbeit in die bestehende Hautwunde eingedrungen sind. An den Nachweis der unfallbedingten Entstehung dieses Leidens sind strenge Anforderungen zu stellen.

Erkrankungen der Muskeln, Sehnen und Schleimbeutel

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c) Zellgewebsentzündung (Phlegmone) Es gelten die gleichen Bewertungsgrundsätze, wie sie oben für das Panaritium bereits angeführt wurden. Denn derartige Infektionen können auch bei anderen Gelegenheiten außerhalb des Betriebes jederzeit erfolgen. Hinsichtlich des zeitlichen Abstandes zwischen angegebener Verletzung und dem Auftreten sicherer Entzündungserscheinungen darf ein Zeitraum von zwei Tagen nicht unterschritten werden. Erfahrungsgemäß entwickelt sich eine Zellgewebsentzündung nach drei bis vier Tagen. Wenn längere Zeiträume festgestellt sind, so müssen Brückenzeichen vorhanden gewesen sein oder die Wunde muß Fremdkörper (Holzsplitter usw.) enthalten haben. 19. Erkrankungen der Muskeln, Sehnen und Schleimbeutel a) Muskelrisse Bei verschiedenen Allgemeinerkrankungen treten spontane Muskelrisse auf, deren Ursache das jeweilige Grundleiden bildet. Daneben kommen bei erheblichen plötzlichen Muskelanspannungen oder beim Auftreten einer äußeren Gewalt auf einen angespannten Muskel Rupturen einzelner Muskelfasern in verschiedenem U m f a n g vor. Diese sind dann als Unfallfolge zu bewerten. b) Muskelhernien Diese entstehen durch Einriß der Muskelbinde und Vorquellen der Muskulatur bei der Kontraktion. Die Muskelhernie (Muskelbruch) ist in der Mehrzahl der Fälle unfallbedingt. c) Myositis ossificans Die umschriebene Myositis ossificans mit ihren bekannten, bevorzugten Entwicklungsstellen ist die Folge eines Blutergusses in die Muskulatur. Wenn also der Bluterguß die Folge eines versicherten Arbeitsunfalles gewesen ist, dann ist die Zusammenhangsfrage zu bejahen. Von der örtlich umschriebenen Form unterscheidet sich die allgemeine, progressive Form der Myositis, welche eine, ihrem Wesen nach unklare Allgemeinerkrankung darstellt. Dieselbe hat mit einem Unfallgeschehnis nichts zu tun. d) Lumbago (Hexenschuß) D a s Erscheinungsbild des Lumbago ist in der Regel auf Muskelrheumatismus, toxische Neuritis, Spondylose oder Arthrose der Lendenwirbelsäule oder den Zwischenwirbelbandscheibenvorfall zurückzuführen und hat mit einem Unfall an sich nichts zu tun. Schwierig kann die diagnostische Trennung des echten Hexenschusses von einer Muskel- oder Bänderzerrung angesichts sogen. „Verhebungsvorgänge" werden. Die als wirkliche Unfallfolge anzusehende Zerrung der langen Rückenmuskeln heilt gewöhnlich innerhalb von zwei bis drei Wochen ab, während die Lumbago ein oft länger dauerndes und häufig rückfälliges Leiden, entsprechend ihrer Grundkrankheit, ist. e) Bandscheibenvorfall im Bereich der Wirbelsäule D a s Leiden beruht auf einer Vorwölbung des Gallertkernes aus dem schon zermürbten Block der Zwischenwirbelbandscheibe. Die vorgepreßten Gewebsteile können auf eine austretende Nervenwurzel oder das Rückenmark drücken und dadurch entsprechende neurologische, meist ischiasartige Erscheinungen hervorrufen. Meist ist das Röntgenbild in diesem Stadium negativ. Die ersten Erscheinungen treten oft nach Husten, Niesen, Pressen, Heben einer üblichen Last, brüsken Rumpfbewegungen auf, also nach körperlichen Beanspruchungen, welche als üblich und gehörig gelten. Als Entstehungsursache für derartige Degenerationserscheinungen der Zwischenwirbelband-

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

Scheiben kann ein Unfallereignis nicht in Betracht gezogen werden. Die gelegentlich zu prüfende Verschlimmerung eines solchen Bandscheibenleidens durch Unfallereignisse verlangt angesichts des bekannten, chronischen Verlaufes derartige Aufbrauchveränderungen eine besonders sorgfältige Auswertung aller medizinischen Sachverhalte. f) Bizepssehnenriß Bei besonders starken äußeren Gewalteinwirkungen kommen Zerreißungen besonders der kurzen Bizepssehne vor. Die lange Sehne des Bizeps ist dafür bekannt, daß sie auch nach geringfügigen Beanspruchungen reißt. Meist handelt es sich bei einem derartigen Riß um die zwangsläufige Folge eines langsamen Durchscheuerungsvorganges dieser Sehne über Randwülsten des arthrotisch veränderten Schultergelenkes. Der für den endgültigen Abriß angeschuldigte Vorgang stellt nur den Schlußpunkt einer fast gesetzmäßigen Entwicklung dar (S. 8, 9). g) Riß der Achillessehne Die unangemessene Beanspruchung einer schon degenerativ veränderten Achillessehne (häufig bei sportlicher Betätigung älterer Versicherter) bringt diese Sehne vor allem bei plötzlicher starker Beanspruchung (Sprung, Laufsport) oder bei plötzlicher Unterkühlung gelegentlich zum Riß. Die Beurteilung erfordert die Prüfung aller für den endgültigen Riß wirksam gewordenen Ursachen. h) Tendovaginitis crepitans Blutungen in die Sehnenscheide nach direkter äußerer Gewalteinwirkung können einen klinischen Befund erzeugen, welcher der Peritendinitis ähnelt. Dann handelt es sich natürlich um direkte oder indirekte Folgen der äußeren, unfallbedingten Gewalteinwirkung. Die eigentliche Para- oder Peritendinitis crepitans beruht auf einer entzündlichen Ausschwitzung in die Sehnenscheide, meist hervorgerufen durch starke ungewohnte Bewegungen des zugehörigen Muskels. Es kommen allerdings auch neurale und infektiös-toxische Momente für ein solches Krankheitsbild in Betracht. Handelt es sich um die Entstehung eines typischen Befundes im Rahmen einer Arbeitsschicht durch entsprechende Arbeitsbeanspruchung, so kann kein Unfall als gegeben angesehen werden (S. 7 ff., 149). i) Dupuytren'sdie Kontraktur Die Schrumpfung der Hohlhandfaszie beruht auf erblichen Einflüssen und chronischen Einwirkungen. N u r wenn ein akutes Unfallgeschehnis die Hohlhand an örtlich umschriebener Stelle traf und wenn diese Einwirkung geeignet war, eine Bindegewebswucherung mit anschließender Bindegewebsschrumpfung hervorzurufen, könnte eine sich im engeren zeitlichen Anschluß daran entwickelnde und nur auf die verletzte H a n d beschränkte Kontraktur als Unfallfolge diskutiert werden. k) Schleimbeutelentzündungen Die eitrige Entzündung eines Schleimbeutels hat zur Voraussetzung, daß in ihn von außen her Eitererreger eindringen. War also die Hautverletzung durch einen Unfall entstanden, so ist auch die eigentliche Schleimbeutelentzündung Folge dieses Unfalles. Die mit Wandverdickung und Erguß einhergehenden, nicht eitrigen, blanden, chronischen Bursitiden sind meist Folge chronischer örtlicher Traumen und nicht die Folge einer einmaligen äußeren Einwirkung. Eine solche kann zwar in der Lage sein, einen akuten Erguß in einem Schleimbeutel hervorzurufen. Auch können Blutergüsse in den

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Schleimbeutel hinein nach örtlich umschriebener Gewalteinwirkungen vorübergehende Reizerscheinungen verursachen. Derartige Erscheinungen klingen aber in wenigen Wochen wieder ab. (S. ). 1) Periarthritis humero-scapularis Besonders Patienten jenseits der vierziger Jahre reagieren auf Prellungen und Verstauchungen der Schulter meist mit Ausbildung einer Bewegungsbehinderung (Anführsteife). Geeignete Prellungsvorgänge mit Blutergüssen in die Gleitgewebe des Schultergelenkes zeitigen manchmal auch bei jüngeren Leuten Einsteifungen. Die Zusammenhangsfrage ist anzuerkennen, wenn entweder ein erheblicher Unfall die Schulter betroffen hat oder ein geringerer Unfall die Ruhigstellung des Schultergelenkes als Schmerzreaktion oder Behandlungsmaßnahme auslöste. Die Erscheinungen der Bewegungsbehinderung müssen aber in allen Fällen sich an die Verletzung angeschlossen haben. O f t ist das Ausmaß der Bewegungsbehinderung unmittelbar nach dem Unfall geringer als später. 20. Erkrankungen der Knodien und Gelenke a) Akute hämatogene Osteomyelitis Die zuerst von LINIGER aufgestellten Richtsätze sind f ü r die Beurteilung der Zusammenhangsfrage maßgeblich. Sie lauten: 1. Ein Unfall muß einwandfrei erwiesen sein. 2. Es muß sich um einen erheblichen Unfall gehandelt haben, der nachweisbar die später erkrankte Stelle getroffen hat. 3. Die Erkrankung muß sich alsbald, jedenfalls innerhalb weniger Tage, an den Unfall angeschlossen haben. Je später eine Osteomyelitis auftritt, um so unwahrscheinlicher ist der Zusammenhang mit dem Trauma. Der Begriff „erheblich" besagt in medizinischer Sicht, daß die Verletzung geeignet gewesen sein muß, Blutungen im Knochen hervorzurufen. Da mit einer derartigen erheblichen Verletzung fast stets eine wesentliche Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Gliedes verbunden ist, müßte der Patient die Arbeit unterbrochen, einen Arzt aufgesucht und auch den Unfall sofort gemeldet haben. Eine geringfügige Gewalteinwirkung kann eine Knochenmarkseiterung nicht verursachen. Die akute Osteomyelitis der Jugendlichen und die primärchronische Osteomyelitis am Ende des Wachstums ist zu unterscheiden von der Ostitis mit sekundärer Osteomyelitis, die sich nach Infektion eines offenen Knochenbruches oder nach operativen Maßnahmen einstellen kann. Die letztere ist stets eine Unfallfolge. b) Ostitis fibrosa Die generalisierte Form der Erkrankung kann naturgemäß nicht die Folge einer lokalen Gewalteinwirkung sein, sondern es handelt sich dabei um eine Allgemeinerkrankung. In seltenen Fällen ist beobachtet worden, daß sich eine lokalisierte Ostitis fibrosa an ein Trauma angeschlossen hat. Wenn man dies anerkennen will, so muß der Unfall die später erkrankte Stelle direkt betroffen haben, und er muß so erheblich gewesen sein, daß er im Innern des Knochens zu einer Blutung führen konnte. Da die Krankheit selbst längere Zeit zu ihrer Entwicklung braucht, dürfen die sicheren röntgenologischen Kennzeichen nicht früher als ein bis zwei Monate nach dem Unfall nachweisbar gewesen sein.

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

c) Tuberkulose der Knochen und Gelenke Eine unfallbedingte Tuberkulose kommt kaum zur Beobachtung. Im Falle einer Anerkennung als Unfallfolge müssen folgende, zuerst von L I N I G E R erhobene Forderungen erfüllt sein: „ 1 . Der Unfall muß einwandfrei erwiesen sein. 2. Er muß erheblich gewesen sein. (Zumeist werden deutliche Verletzungsspuren und erhebliche funktionelle Störungen nachzuweisen sein). Alsbaldige Arbeitseinstellung würde für die Erheblichkeit der Verletzung sprechen. Im umgekehrten Falle wäre die entgegengesetzte Annahme berechtigt. 3. Der Unfall muß die später erkrankte Stelle getroffen haben. 4. Schließlich muß die Tuberkulose einen für die behauptete unfallweise Entstehung charakteristischen Verlauf genommen haben. (Im allgemeinen kann man sagen, das tuberkulöse Leiden darf nicht vor vier Wochen und nicht nach sechs Monaten offenkundig werden.) J e mehr diese Zeiten nicht eingehalten werden, um so unwahrscheinlicher ist der F a l l " . Durch einen Unfall kann eine schon bestehende Tuberkulose verschlimmert werden. D a n n muß es sich aber um eine erhebliche äußere Einwirkung gehandelt haben. Es muß eine deutliche Wesensänderung zum Schlechteren im klinischen Bild der Erkrankung nachzuweisen sein. d) Spontanfrakturen Wenn im Knochen irgendein krankhafter Prozeß sich abspielt, der die Festigkeit so herabsetzt, daß der Knochen bei einer belanglosen Gelegenheit, die auch innerhalb der Betriebsarbeit liegen kann, bricht, so ist die wesentlich mitwirkende Teilursache das Grundleiden (z. B. Geschwulst, Ostitis fibrosa, Osteomyelitis usw.) und nicht das möglicherweise angeschuldigte Geschehnis. e) Dornfortsatzbruch (Schipperkrankheit) Der Abrißbruch eines oder mehrerer Dornfortsätze an der unteren H a l s - und der oberen Brustwirbelsäule ohne direkte äußere Gewalteinwirkung stellt eine typische Umbauund Ermüdungserscheinung der betroffenen Knochen dar. Diese sogen. Schipperkrankheit ist, da Einwirkungen über die Dauer einer einzelnen Arbeitsschicht hinaus ursächlich in Betracht kommen, nicht unfallbedingt, auch wenn ihr tatsächliches Eintreten subjektiv als Unfallverletzung empfunden wird (S. 150). In seltenen Fällen k o m men auch Dornfortsatzbrüche durch Muskelzug bei einmaliger, abnorm großer K r a f t anstrengung zur Beobachtung. Dabei handelt es sich dann um unfallbedingte Brüche. (S. 150). f) Navikularpseudarthrose der Hand In der überwiegenden Mehrzahl handelt es sich hierbei um die Folgen eines häufig nicht erkannten Kahnbeinbruches, also um Unfallfolgen. Daneben kennen wir Spontanbrüche im Kahnbein nach Knochenzystenbildung und auch nach mechanischer D a u erbeanspruchung vor allem beim wachsenden Skelett. Sehr häufig werden angeborene Spaltbildungen mit frischen Kahnbeinbrüchen oder mit Kahnbeinfalschgelenkbildungen nach knöcherner Verletzung verwechselt. Die Beurteilung der Zusammenhangsfrage kann im Einzelfall sehr schwierig werden. (S. 132). g) Lunatumnekrose (Mondbeintod) Es ist stets die Entstehungsursache der Mondbeinveränderungen aufzuklären, bevor zur Zusammenhangsfrage Stellung genommen werden kann. Der Mondbeintod kann

Erkrankungen der Knochen und Gelenke

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die Folge einer knöchernen Verletzung, einer embolischen Erkrankung des Knochens oder einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit sein. (S. 132). h) Spondylarthrose Sie ist eine Reaktion des Körpers auf verschiedenartige Bandscheibenschädigungen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei um eine Aufbrauchs- und Abnutzungserkrankung, die mit einem Unfall nichts zu tun hat. Verschlimmerungen einer bestehenden Spondylarthrose durch einen Unfall sind denkbar. War ein Unfall geeignet, eine örtlich begrenzte Bandscheibenverletzung zu setzen, und entwickeln sich an dieser Stelle dann im Laufe von Monaten röntgenologisch nachweisbare Randzacken, so muß man sie als unfallbedingt ansehen. Jedoch sollte man diesen Zustand nicht als Spondylarthrose, sondern als abgeheilte Bandscheibenverletzung bezeichnen. i) Bechterewsche Erkrankung Sie stellt eine Systemerkrankung der Bänder der Wirbelsäule dar. Eine unfallbedingte Entstehungsmöglichkeit dieser Erkrankung wird seit langen Jahren nicht mehr diskutiert. k) Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) Diese Veränderung beruht auf einem, nicht seltenen angeborenen Defekt im Zwischengelenkstück des Wirbelbogens. Die Spaltbildung kommt am häufigsten im Bereich der beiden letzten Lendenwirbelkörper zur Beobachtung. Die in dieser Körpergegend sehr seltenen, unfallbedingten, mit Falschgelenk ausheilenden Wirbelbogenbrüche können ein ähnliches Zustandsbild erzeugen. Es gibt ferner eine unfallbedingte Verschlimmerung eines solchen, aus inneren Ursachen schon vorhandenen Gleitzustandes. Für die Anerkennung wäre zu fordern, daß das Unfallgeschehnis nach Art und Hergang geeignet gewesen war, den Gleitbezirk isoliert erheblich zu schädigen, die Defektbildung im Zwischengelenkstück deutlich zu erweitern oder zu sprengen und die benachbarte untere Bandscheibe und die Bänder einzureißen. Ein solches Unfallgeschehnis müßte unmittelbar anschließende erhebliche Funktionsstörungen und Beschwerden erkennen lassen. Vorgänge wie Verheben, Verdrehen usw. können einen Gleitbezirk nicht wesentlich schädigen oder den Gleitzustand wesentlich beeinflußen. Eine unfallbedingte Verschlimmerung einer Spondylolisthese wird meist nur für einen beschränkten Zeitraum möglich sein. Wenn nämlich die frischen Verletzungen geheilt und die Bänderrisse wieder gefestigt sind, dann ist die vorübergehende Verschlimmerung beseitigt. 1) Arthrosis deformans Grundsätzlich muß man daran festhalten, daß die Arthrosis deformans eine Abnutzungserkrankung ist, welche sich normalerweise mit zunehmendem Alter, allerdings bei den verschiedenen Menschen in wechselndem Grade und je nach Gelenk wechselnd entwickelt. Auch abgeklungene Gelenkinfekte führen häufig zur Knorpeldegeneration und damit zur Arthrose. Die folgenden Leitsätze (ZOLLINGER) sind bei der Begutachtung zu berücksichtigen. „1. Die Arthritis deformans stellt ein äußerst verbreitetes Leiden dar, sie kommt auch bei jüngeren Individuen ohne jedes Trauma vor. 2. Ein rein traumatische Arthritis deformans ist relativ selten. Meistens bedingt der Unfall nur eine Verschlimmerung eines bereits bestehenden pathologischen Zustandes oder löst eine vorübergehende Schmerzattacke aus.

106

Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen 3. Eine traumatische Arthritis deformans ist zu Anfang gewöhnlich monoartikulär, sie kann schließlich auf benachbarte, mit dem betreffenden Gelenk zu einer statischen Einheit verbundene Gelenke übergreifen. D a s Übergreifen auf entferntere Gelenke unter Überspringen von benachbarten oder solchen der symmetrischen Extremität ist äußerst selten. 4. D i e Tatsache, daß ein Patient vor dem Unfall vollkommen arbeitsfähig war, darf nicht als Beweis dafür, daß seine Gelenke vollständig intakt waren, gelten. 5. N u r ein nennenswertes Trauma, das eine erhebliche Knorpelschädigung mit nachfolgenden wesentlichen Ernährungsstörungen zur Folge hatte oder dessen Folgen z. B. Meniskusdurchtrennungen, Ablösung eines Knorpelstücks, vorstehende Frakturfragmente, einen andauernden Reiz ausüben, kann ursächlich für eine Arthritis deformans in Frage kommen. Nach Gelenkkontusionen, Erschütterungen und Überheben ohne Verletzung der Knochen oder Zwischenknorpel haben wir an einem vollkommen gesunden Gelenk nie eine Arthritis deformans auftreten sehen. 6. Chronisch einwirkende Traumen, von denen jedes einzelne nicht den Charakter eines Unfalles im Sinne der Versicherungsgesetze zu haben braucht, können gewöhnlich, allerdings erst in Verbindung mit konstitutionellen Faktoren, zu einer Arthritis deformans Anlaß geben. 7. Die Zeit des Auftretens der röntgenologischen und klinischen Veränderungen hängt von der Art und der Intensität der Schädigung sowie vom Alter des Patienten ab. Jedenfalls sollte man aber mit der Annahme des Kausalzusammenhanges einer erst J a h r e nach einem Unfall in Erscheinung getretenen Arthritis deformans vorsichtig sein und eine solche erst dann annehmen, wenn das T r a u m a erwiesen und geeignet war, die Erkrankung auch nach längerer Beobachtung auf ein einziges Gelenk beschränkt bleibt und andere, seit dem Unfall eingetretene Schädigungen mit Sicherheit auszuschließen sind. 8. Bei jeder Begutachtung einer angeblich traumatisch entstandenen Arthritis deformans sollten auch möglichst viele andere Gelenke klinisch und röntgenologisch untersucht werden.

9. D a s Trauma kann bei einer Verschlimmerung einer bereits bestehenden Arthritis deformans nicht für alle späteren, vielleicht zunehmenden Beschwerden verantwortlich gemacht werden." Die sehr häufige Annahme der Verschlimmerung einer schon bestehenden Arthrose durch einen Unfall ist nur dann anzuerkennen, wenn das Gelenk kurze Zeit nach dem U n f a l l mit einem akuten Reizzustand, (Erguß, Kapselschwellung, Bewegungsschmerz, Funktionsbehinderung, Erhöhung der Hauttemperatur usw.) reagiert. J e später ein solcher Zustand beobachtet wird, umso unwahrscheinlicher ist sein Zusammenhang mit dem angeschuldigten Vorgang. Beträgt der Zeitraum mehr als drei Wochen, so ist die Zusammenhangsfrage abzulehnen. Wenn der akute Reizzustand behoben ist, ist die unfallbedingte Verschlimmerung beseitigt und der alte Vorzustand an diesem Gelenk wieder hergestellt. m) Habituelle Luxationen Diese sind nur dann als Unfallfolge zu bewerten, wenn die erste Verrenkung die Folge eines Arbeitsunfalles gewesen ist. Der Eintritt einer gewohnheitsmäßigen Verrenkung anläßlich einer natürlichen Gelenkbeanspruchung während der Betriebsarbeit

Erkrankungen der Knochen und Gelenke

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ist nicht als unfallbedingte Verschlimmerung zu bewerten, weil die überwiegende Ursache für ein solches Geschehnis die vorbestehende krankhafte Verrenkungsneigung des Gelenkes ist. n) Meniskuslösungen

Frische, gewaltmäßige Zerreißungen gesunder Menisken durch direkte oder indirekte äußere Gewalteinwirkungen (z. B. Schienbeinkopfbrüche) werden beobachtet. Es handelt sich dabei stets um sehr erhebliche Einwirkungen. Nur solche sind in der Lage, einen gesunden Meniskus zu zerreißen oder von seiner Ansatzstelle abzureißen. Übliche Gelenkbeanspruchungen wie z. B. das Aufrichten aus knieender Stellung sind hierzu nicht in der Lage. Andererseits gibt es Degenerationsprozesse im Meniskus, auch bei Jugendlichen, wahrscheinlich durch chronische Uberbeanspruchung des Gewebes, welche ihren schicksalmäßigen Verlauf nehmen und im Rahmen desselben zu Lösungen im Gewebszusammenhang und zu Einklemmungen zwischen die Gelenkflächen bei schon vorhandener Zusammenhangslösung führen können. Da die sich über längere Zeiträume hinziehenden Gewebsveränderungen die maßgebliche Ursache für die Lösungen im Gewebsverband bilden, wird man nur sehr selten eine unfallbedingte Verschlimmerung vorbestehender Meniskusveränderungen nachweisen können. Die Gelenkbeanspruchungen, welche zu Einklemmungsvorgängen und Gelenksperren geführt haben, stellen Gelegenheitsursachen zur Aufdeckung des Grundleidens dar. (S. 8, 148). o) Gelenkrheumatismus

Der echte Gelenkrheumatismus beruht wahrscheinlich auf einer Infektion bei gleichzeitiger erblicher Reaktionsempfindlichkeit. Im Einzelfall muß daher besonders sorgfältig geprüft werden, ob eine Gelenkverletzung das Aufflackern eines bis dahin nicht festgestellten Gelenkrheumatismus hervorgerufen haben kann. p) Ganglion

Hierbei handelt es sich um Degenerationszysten der Gelenkkapsel oder manchmal auch der Sehnenscheiden. Eine unfallbedingte Entstehung eines Ganglions ist nur in den ganz seltenen Fällen zu diskutieren, in denen eine schwere Verstauchung mit Gewebszerreißungen einen ganglionähnlichen Zustand, nämlich die Vorstülpung der Gelenkkapsel an umschriebener Stelle mit bestehendem Gelenkerguß, etwa am Handgelenk oder am Kniegelenk, hervorgerufen hat. q) Gelenkmäuse

In jedem Fall muß die Entstehungsursache des freien Körpers (Osteochondritis dissecans, Chondromatose, Meniskuslösung, Knochenabsprengung usw.) geklärt werden, bevor in die Diskussion eines Unfallzusammenhanges eingetreten wird. (S. 132). Die plötzlich einsetzende Gelenksperre bei normaler Gelenkbeanspruchung durch die Einklemmung einer Gelenkmaus zwischen die Gelenkflächen wird nicht selten als Unfallereignis gemeldet. Das Vorhandensein eines freien Gelenkkörpers beinhaltet automatisch den jederzeit möglichen Eintritt der Einklemmung und der Gelenksperre. Die überwiegende Mehrzahl der Einklemmungen erfolgt offensichtlich ohne äußeren Anlaß. r) Osteochondritis dissecans

Da die Osteochondritis dissecans durch einen embolischen Gefäßverschluß mit anschließender Gewebsnekrose entstehen kann, ist der Zusammenhang mit einem Unfall nicht häufig gegeben. Er ist zu bejahen, wenn ein Unfall vorliegt, der genau die später

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

erkrankte Stelle betroffen hat, und wenn er geeignet gewesen ist, auf eine umschriebene Stelle des Gelenkknorpels einen so starken Druck auszuüben, daß es im subchondralen Knochen zu Gefäßzerreißungen und Drucknekrosen kommen konnte. Beobachtet man dann später an dieser Stelle eine Osteochondritis dissecans und entspricht ihr Entwicklungsstadium der seit der Gewalteinwirkung verstrichenen Zeit, dann ist die Erkrankung als Unfallfolge anzuerkennen. s) Gelenkchondromatose Dabei handelt es sich um echte, gutartige Geschwulstbildungen. Wenn die Diagnose einwandfrei geklärt ist, vor allen Dingen auch die Differentialdiagnose gegen eine Osteochondritis dissecans gesichert ist, dann ist der Zusammenhang mit einem Unfallereignis abzulehnen. (S. 132). t) Gicht Die primäre Gicht beruht auf einer genetisch bedingten Störung des Purinstoffwechsels. Sie wird als angeborenes Leiden durch äußere Einflüsse weder verursacht noch verschlimmert. u) Knochennekrosen Die aseptischen Knochennekrosen beruhen auf Erkrankungen (Gefäßstörungen). Außer der schon erwähnten Lunatummalacie kommen hier infrage die PERTHES' sehe Erkrankung (Nekrose des Schenkelkopfes bei Jugendlichen), die SCHLATTER' sehe Erkrankung (Nekrose des vorderen, zungenförmigen Fortsatzes der oberen Schienbeinepiphyse) und die KÖHLER'sche Erkrankung (I: Nekrose des Kahnbeines der Fußwurzel; II: Nekrose des Köpfchens des 2. Mittelfußknochens). Es handelt sich insgesamt nicht um unfallbedingte Erkrankungen. Die Diskussion einer etwaigen unfallbedingten Verschlimmerung fordert in jedem Einzelfalle eine sorgfältige Auswertung der Krankheitsvorgeschichte. 21. Erkrankungen des Nervensystems a) Epilepsie Die genuine Epilepsie ist niemals Folge eines Unfalles. Gelegentlich ist aber ein Arbeitsunfall die Folge eines Krampfleidens. Ein derartiger Unfall kann auch zu einer Hirn- und Schädelverletzung führen. Die Anerkennung einer unfallbedingten Epilepsie (Rindenepilepsie) erfordert die einwandfreie Feststellung hirnorganischer Anfälle und den sicheren Nachweis einer unfallbedingten Hirnschädigung. Etwa 30 °/o der unfallbedingten Krampfleiden treten erst zwei Jahre und später nach dem Unfall auf. Hirngeschwülste, cerebrale Gefäßprozesse und chronische Vergiftungen (Schlafmittel, Alkohol) können die Beurteilung im Einzelfall außerordentlich erschweren. Die Beurteilung ist nur erfahrenen Nervenärzten möglich. b) Psychoreaktive Syndrome Die Beurteilung der Sachverhalte ist sehr schwierig und nur erfahrenen Nervenärzten möglich. Als Faustregel kann allgemein gelten, daß die nach Unfällen sich einstellenden oder auf sie bezogenen Versagenszustände nicht als direkte oder indirekte Unfallfolgen bewertet werden. Die nach einem Unfall beginnende oder auf Unfallfolgen bezogene Medikamentensucht wird wohl immer als persönlichkeitsgebundene, unfallunabhängige Reaktionsund Erlebnisweise beurteilt, vor allen Dingen dann, wenn nach einer Entziehungskur Rückfälle auftreten.

Erkrankungen der Augen

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Die Beurteilung eines Selbstmordes ist in der Unfallversicherung ungemein schwierig, zumal durch die Rechtsprechung neue Akzente gesetzt worden sind. (S. 9). c) Hirnabszeß

Ein Hirnabszeß ist dann Folge eines Unfalls, wenn er von einer Wunde des Gehirns seinen Ausgang genommen hat oder wenn eine Fraktur im Bereich der Nebenhöhlen oder des sonstigen knöchernen Schädels dort vorhandene Eitererreger auf dem Lymphwege in das Gehirn verschleppte. Erfolgt der klinische Nachweis kürzere Zeit nach der Verletzung, so ist die Beurteilung relativ leicht. Hirnabszesse können aber lösen. d) Ischias

Brüche und Verenkungen im Bereich der unteren Wirbelsäule und des Beckenringes können ebenso wie direkte Schädigungen des Nerven zur Ischiaserkrankung führen. Die Erscheinungen müssen dann aber unmittelbar nach der Verletzung eintreten und es muß nach Art der Verletzung sichergestellt sein, daß der Ischiasnerv direkt in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Die erst nach längerer Zwischenzeit einsetzenden Beschwerden können nicht als unfallbedingt angesehen werden. Auch kann eine schon vorbestehende Ischiaserkrankung durch einen Unfall (etwa Quetschung) verschlimmert worden sein. e) Hämatomyelie

N u r ein schweres Unfallereignis ist im Stande, eine Blutung in das Rückenmark hervorzubringen. Stets treten schwere klinische Erscheinungen bis zur vollständigen Querschnittslähmung auf. Sie setzen bald nach dem Unfall ein und zeigen oft Rückbildungsneigung. f) Neurofibromatose

Es handelt sich um eine Erkrankung des Nervensystems, welche nicht unfallbedingt ist. g) Progressive spinale Muskelatrophie

Ihre Ursache ist eine fortschreitende Entartung der grauen Vorderhörner des Rükkenmarks. Die Entstehung durch einen Unfall ist unwahrscheinlich. 22. Erkrankungen der A u g e n a) Grüner Star (Glaukom)

Sowohl ein Engwinkel- wie auch ein Weitwinkelglaukom sind nicht unfallbedingt, auch längere Zeit symptomlos verlaufen. In derartigen Fällen sind die Beurteilungen besonders schwer und nur in Zusammenarbeit mit dem Neurologen einwandfrei zu Für beide Erkrankungen werden Jahrzehntelange Prodromal-Stadien diskutiert. Die Annahme einer wesentlichen Verschlimmerung eines bestehenden Glaukomleidens durch einen geeigneten Unfall erfordert entsprechende Verlaufsbefunde. b) Grauer Star

Ein sog. Wundstar kann nach einer Linsenverletzung entstehen. Die ersten Hinweiszeichen müssen aber unmittelbar nach der Verletzung vorhanden gewesen sein. (S. 99). c) Netzhautablösung

Bei einer Netzhautablösung ist stets eine vorhandene Disposition gegeben. Durch einen, das Auge treffenden Unfall kann eine Netzhautablösung bewirkt werden. Nach direkten Gewalteinwirkungen ist der Zusammenhang meist unumstritten. Bei indi-

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Spezielles über die Begutachtung von Zusammenhangsfragen

rekten Einwirkungen (Schädelprellung, Erschütterung des ganzen Körpers) ist eine sorgfältige Prüfung notwendig. Umstritten ist die Netzhautablösung nach einer als schwer angegebenen körperlichen Anstrengung. Bei direkten Augapfelprellungen tritt meist unmittelbar hinterher die Ablösung auf, bei indirekten Einwirkungen können viel längere Zeiträume verstreichen. D. Die entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten

Liste der Berufskrankheiten

nach der Siebenten Berufskrankheiten-Verordnung — 7. B K V O — vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) Lfd. Nr. I.

Krankheiten II. A. Durch chemische Stoffe verursachte Krankheiten

1

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologen Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologen oder deren Abkömmlinge Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe oder halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxyde oder -sulfide Erkrankungen durch Kadmium oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Kohlenoxyd Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol) Erkrankungen durch Phosphor oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Salpetersäureester Erkrankungen der Zähne durch Säuren Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff Erkrankungen durch Thallium oder seine Verbindungen

21

Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen

2 3 4 5 6 7 8 9

Zu Nummer 2,4 bis 8, 10 bis 21 Ausgenommen sind Hauterkrankungen. Diese gelten als Krankheiten im Sinne dieser Anlage nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind, die durch Aufnahme der schädigenden Stoffe in den Körper verursacht werden oder gemäß Nr. 46 zu entschädigen sind. B. Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 22 23

Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch ständigen Druck Drudelähmungen der Nerven

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24 25 26 27 28

29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

40 41 42 43 44 45 46 47

Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Preßluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen sowie bei der Arbeit an Anklopfmaschinen Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit Erkrankungen durch Röntgenstrahlen, durch die Strahlen radioaktiver Stoffe oder durch andere ionisierende Strahlen Grauer Star durch Wärmestrahlung C. Durch gemischte (chemisch-physikalische) Einwirkungen verursachte Krankheiten Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen durch Aluminium oder seine Verbindungen Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) in Verbindung mit Lungenkrebs Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen Erkrankungen durch Lungenfibrose durch Metallstäube bei der Herstellung oder Verarbeitung von Hartmetallen Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose) Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen durch Thomasmehl (Thomasphosphat) D. Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten Wurmkrankheit der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale oder Anguillula intestinalis E. Durch nicht einheitliche Einwirkungen verursachte Krankheiten Augenzittern der Bergleute Bronchialasthma, das zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat Meniskusschäden nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tage Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnenscheidengewebes sowie der Sehnen oder Muskelansätze, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben Tropenkrankheiten, Fleckfieber, Skorbut Abrißbrüche der Wirbelfortsätze F. Hauterkrankungen Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe

Im folgenden seien die Merkblätter des Bundesministeriums für die ärztliche Untersuchung bei den Berufskrankheiten nach der jeweiligen Nummer der Berufskrankheit wiedergegeben.

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E. Merkblätter für die ärztlidie Untersuchung bei den Berufskrankheiten

Nr. 1 Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Wichtige h i e r h e r g e h ö r e n d e chemische Verbindungen, die insbesondere Krebs oder a n d e r e N e u b i l d u n g e n der Härnw e g e h e r v o r r u f e n k ö n n e n , sind: B e t a - N a p h t h y l a m i n (CioHt-NHs), Benzidin (H 2 N • CeH* • C0H4 • NH 2 ), 4-Aminodiphenyl (Xenylamin). A n d e n a b f ü h r e n d e n H a r n w e g e n b e w i r k e n Toluidine (0-T0luidin, p-Toluidin), Chlortoluidin u . a. v o r w i e g e n d nur Schleimhautveränderungen im Sinne einer Reizung oder Entzündung. Didilorbenzidin und Dianisidin k ö n n e n als Homologe u n d Substitutionsprodukte des Benzidins. gleichfalls Ursache d e r genannten E r k r a n k u n g e n sein. Diese Stoffe k o m m e n als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, v o r allem in Betrieben d e r Farbstoffs y n t h e s e v o r ; auch in bestimmten Laboratorien u. a. k ö n n e n sie eine G e f a h r e n q u e l l e sein. A r b e i t e n mit dem fertigen Farbstoff u n d d e n gebrauchsfertigen Farben sind ungefährlich, falls nicht infolge Zersetzung oder Z e r s t ö r u n g aromatische Amine, d i e die betreffenden Krankheiten verursachen können, frei w e r d e n . D e m reinen Anilin u n d reinen AIpha-Naphthylamin wird e i n e c a n c e r o g e n e W i r k u n g abgesprochen; im Einzelfall k ö n nen diese — w i e auch sonstige Substanzen — mit krebserz e u g e n d e n aromatischen A m i n e n verunreinigt sein. II. Aufnahme

und W i r k u n g s w e i s e

Durch berufliche Beschäftigung k ö n n e n die genannten Stoffe v o r w i e g e n d durch Hautresorption, aber auch in Dampf o d e r Staub ü b e r die A t e m w e g e a u f g e n o m m e n w e r d e n . In den H a r n w e g e n , insbesondere in d e r Harnblase, seltener in H a r n l e i t e r u n d Nierenbecken, w o sie — teilweise nach chemischem Umbau — längere Zeit verweilen, k a n n es zU den g e n a n n t e n E r k r a n k u n g e n kommen. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

.Entzündliche V e r ä n d e r u n g e n der H a r n w e g e mit H a r n d r a n g , k r a m p f a r t i g e n Beschwerden in der Gegend d e r Harn*

blase, häufigem W a s s e r l a s s e n und occulter oder sichtbarer H ä m a t u r i e treten auf. Lokalisiert oder multipel k ö n n e n sich Papillome bilden. Häufige u n d hartnäckige Recidive sowie die Entstehung e i n e r Pyelonephritis sind möglich. immer w i e d e r k e h r e n d e Blutungen u n d z u n e h m e n d e Blasenstörungen w e i s e n auf eine N e u b i l d u n g in d e r Blasenschleimhaut hin, die sowohl gutartig, papillomatös als auch bösartig, knotig oder infiltrierend sein k a n n . Die Umwandlung gutartiger Geschwülste in bösartige kommt vor. Krebs d e r H a r n w e g e k a n h sich auch o h n e s t ä r k e r e v o r a u s g e h e n d e Symptome entwickeln. Die V e r ä n d e r u n g e n finden sich bevorzugt im Blasengrund und in der Umgebung d e r Einmündung der Harnleiter in die Harnblase, seltener in der Blasenkuppe. Auch im Harnleiter u n d Nierenbecken k ö n n e n sie auftreten, hier insbesondere in V e r b i n d u n g mit lang a n h a l t e n d e n Stauungen im H a r n abfluß. Zur Sicherung d e r Diagnose sind bei verdächtigen klinischen Anzeichen Harnsedimentuntersuchungen, Blasenspiegelungen u n d ggf. Entnahme v o n Geschwulstpartikeln f ü r die histologische Untersuchung erforderlich. IV. Hinweise

lür die ärztliche

Beurteilung

Schleimhautveränderungen, Krebs oder a n d e r e Neubildungen, bedingt durch aromatische Amine, sind w e d e r klinisch, histologisch noch nach ihrem Verlauf v o n solchen Erkrank u n g e n a n d e r e r Ursachen abzugrenzen; d a h e r ist f ü r die arztliche Beurteilung eine e i n g e h e n d e A r b e i t s a n a m n e s e v o n besonderer Wichtigkeit. Krebs oder a n d e r e Neubildungen d e r H a r n w e g e k ö n n e n im allgemeinen nach mehrjähriger, gelegentlich auch m e h r monatiger Exposition mit aromatischen Aminen entstehen? noch J a h r z e h n t e nach A u f g a b e des g e s u n d h e i t s g e f ä h r d e n d e n Arbeitsplatzes k ö n n e n sie in Erscheinung treten. Sofern durch Einwirkung aromatischer A m i n e a n d e r e K r a n k h e i t e n e n t s t a n d e n sind, ist zu prüfen, ob diese u n t e r Nr. 5, Nr. 41 oder N r . 46 d e r A n l a g e zur 7. Berufskrankheiten« V e r o r d n u n g fallen.

Merkblatt Nr. 2

113

Nr. 2 Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen /. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Arsen (As) kommt in verschiedenen Mineralien, wie Arsenkies (FeAsS), und als Begleiter anderer Mineralien, wie Zinkblende oder Eisenkies (Schwefelkies), zuweilen gediegen als Scherbenkobalt vor. Arsen ist in seinen Verbindungen drei- oder fünfwertig. Bedeutsame Verbindungen des dreiwertigen As sind Arsentrioxyd (Arsenik — AS2O3 —) und die arsenige Säure (H3ASO3) mit ihren Salzen (Arsenite), des fünfwertigen As die A r s e n s ä u r e (H3ASO4) und deren Salze, die Arsenate (Arseniate). Reines elementares Arsen bewirkt keine Gesundheitsschädigung, jedoch oxydiert es leicht an der Luft und bei Kontakt mit Schweiß oder Speichel. Alle — auch die organischen — Verbindungen des As sind gesundheitsgefährdend, ausgenommen die Arsensulfide (z. B. Realgar, Auripigment), sofern diese nicht mit anderen Arsenverbindungen verunreinigt sind. Gefahrenquellen sind u. a. V e r h ü t t u n g - u n d Rösten arsenhaltiger Mineralien, Herstellung von Arsenik, arsenhaltigen Farben und Anstrichmitteln (Schiffsbodenanstrich), Verwendung arsenhaltiger Ausgangsstoffe in der Pharmazie, in der chemischen, keramischen und Glasindustrie. Dies gilt auch für Gerbereien, Kürschnereien (Beizmittel), zoologische Handlungen und für die vereinzelt noch in der Bundesrepublik Deutschland vorkommende Hersteilung und Verwendung arsenhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel. Arsenwasserstoff (Arsin — AsHa —) ist in reinem Zustand ein färb- und geruchloses, brennbares, sehr giftiges Gas, das sidi bei Einwirkung von W a s s e r oder Säuren auf Arsenide (wie Zink-, Calciumarsenid) oder von Wasserstoff in statu nascendi auf Arsenverbindungen bilden kann. AsH;) riecht infolge Verunreinigung oft wie Knoblauch. AsHs tritt beim Beizen von Metallen mit arsenhaltiger Schwefel- oder Salzsäure und bei Naßbearbeitung von Erzen, Schlacken oder Metallspeisen auf. Auch bei Einwirken von Feuchtigkeit auf Ferrosilicium, das mit As und Phosphiden verunreinigt ist, k a n n Arsenwasserstoff neben Phosphorwasserstoff entstehen. Arsentrichtorid (AsCls) ist eine farblose, ölige, an der Luft rauchende Flüssigkeit, die zum Beizen und Brünieren von Metallen v e r w e n d e t wird. II. Aufnahme und Wirkungsweise As und seine Verbindungen werden hauptsächlich in Form v o n Staub, Dampf oder Gas ü b e r die Atemwege, aber auch über den Magen-Darm-Trakt und u. U. durch die Haut aufgenommen. Die Ausscheidung geschieht in Harn, Stuhl, Schweiß und über die Lunge; in Leber, Nieren, Knochen, Haut, Haaren und Nägeln k a n n eine Anreicherung stattfinden. Arsenverbindungen bewirken im Organismus eine Störung enzymatischer Prozesse. Es kommt zu Kapillarlähmungen, Schäden im Blut und in der Blutbildung (Mitosegift), zu fettiger Degeneration, Gewebsmetaplasie, Gewebsz erstörungen und zu V e r ä n d e r u n g e n im Zentralnervensystem. Arsenwasserstoff wird ausschließlich ü b e r die Atemwege aufgenommen. Dies führt zu einer Methämoglobinbildung (H&miglobin) und Hämolyse, w a s sich insbesondere in Zentralnervensystem, Leber und Nieren auswirkt. Arsentrichlorid ist vorwiegend ein Ätzgift. III. Krankheitsbifd und Diagnose 1. Bei Arsenverbindungen, ausgenommen ASH3 und AsCla: Die a k u t e Erkrankung kommt beruflich bedingt selten vor. Uber die A t e m w e g e aufgenommen, treten zunächst Hustenreiz, Atemnot und Brustschmerzen auf. J e nachdem, ob Durchfälle, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustände, Krampfanfalle oder Bewußtlosigkeit vorherrschend sind, kann

man von einer gastrointestinalen, cerebrospinalen oder paralytischen Form der Erkrankung sprechen. Herzschwäche und Kreislaufkollaps sind möglich. Die c h r o n i s c h e Erkrankung äußert sich in: a) Zeichen einer örtlichen Reizwirkung, wie Erythem, Follikulitis, Ekzem oder scharfrandigem Atzgeschwür an Kontaktstellen der Haut mit evtl. nachfolgender Sensibilisierung. Bindehautentzündungen, Nasenscheidewandgeschwüre, evtl. mit Perforation, hartnäckige Schleimhautreizungen in Nase, Rachen, Kehlkopf, Bronchien und gelegentlich im Magen-Darm-Trakt sind nach relativ kurzer Exposition .möglich. b) Zeichen einer resorptiven Wirkung, wie symmetrische, volare oder plantare Hyperkeratosen, evtl. mit Warzenbildung, Hautpigmentationen uhd Melanose, überwiegend an Nacken, Hals, O b e r a r m und Rücken, Hyperhydrosis, fleckförmiger oder diffuser Haarausfall und Veränderungen an den Nägeln (sog. Meessche Nagelbänder) mit Brüchigkeit. Selten, aber charakteristisch sind sehr schmerzhafte periphere Neuritiden, wobei sowohl sensible als auch motorische N e r v e n f a s e r n betroffen sein können. Zentralnervöse Störungen, in schweren Fällen Paresen, schlaffe Lähmungen sowie Herz- und periphere Kreislauffunktionsstörungen mit Marmorierung der Haut, A k r o c y a n o s e bis zur Gangrän können vorkommen. Leberparenchymschäden wurden vereinzelt beobachtet. Das Blutbild k a n n im Sinne einer hypo- oder hyperchromen Anämie und Lymphopenie verändert sein. Fälle mit Carcinomen, insbesondere an Atmungsorganen, Leber und Haut, wurden beschrieben. 2. Bei Arsenwasserstoff (ASH3): Die a k u t e Einwirkung geringerer Dosen k a n n zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Brechreiz, Leibschmerzen und blutiger V e r f ä r b u n g des Urins führen. W e n i g e Tage später können hämolytischer Ikterus, Neuralgien und Parästhesien auftreten. Die Einwirkung höherer Dosen verursacht Atemnot, Blausucht sowie Entleerung roten bis schwarz gefärbten Urins, der Oxyhämoglobin und Methämoglobin (Hämiglobin) enthält. Durch V e r s t o p f u n g der Nierenkanälchen mit Hämoglobinschollen k a n n es zu Oligurie und schließlich Urämie kommen. In schweren Fällen k ö n n e n Methämoglobinbildung und Hämolyse rasch einsetzen und Sauerstoffmangelzustände mit oft tödlichem Ausgang bewirken. Wird die bedrohliche Situation überwunden, so k a n n es zu Leberschwellung mit starkem Ikterus und schwerer Anämie kommen. Nierenfunktions- und neuritische Störungen können längere Zeit Folgeerscheinungen der Erkrankung sein. 3. Arsentrichlorid (ASCI3): AsCla und manche organische As-Verbindungen wirken überwiegend lokal ätzend auf Haut und Schleimhäute. Dermatitiden und Hautulcera, Konjunktivitiden, Chemosis, Hornhaut-UIzera sowie heftige Bronchitiden wurden beobachtet IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Bei der akuten Form der Erkrankung ist das Ergebnis chemischer Untersuchungen auf Arsen in Urin, Stuhl und evtl. Erbrochenem, bei der chronischen Form in Haar und Nägeln, von besonderer Bedeutung. Gefäßerkrankungen, Tumore und Leberparenchymschäden können im allgemeinen nur dann als Folgeerkrankungen in Betracht gezogen werden, wenn langzeitige Exposition stattgefunden hat oder andere typische Krankheitszeichen, wie Hyperkeratosen und Melanose, vorgelegen haben. Die Latenzzeit kann u. U, J a h r z e h n t e dauern.

Merkblatt N r . 3, 4

114

Nr. 3 Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon 1. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Benzochinon (p-Benzodunon) ist u. a. ein Zwischenprodukt bei der Herstellung des Hydrochinons sowie ein Umwandlungsprodukt bei der Oxydation des Hydrochinons. Benzochinon kristallisiert in gelben Prismen, wird bei offenen Arbeitsverfahren vom Wasserdampf der Luft aufgenommen, ist flüchtig und riecht stechend. In alkalischen Gewebsflüssigkeiten wird Hydrochinon zu gelblich-braunem Benzochinon oxydiert. Gefahrenquellen sind bei der offenen Benzochinon- sowie bei der Hydrochinonherstellung oder bei Verwendung dieser Stoffe vorhanden, besonders wenn diese in Verbindung mit Wasserdampf oder Staub den Arbeitsplatz verunreinigen. 11 Aufnahme

und

Wirkungsweise

Benzochinon wird entweder direkt oder nach Umwandlung aus Hydrochinon vom Bindehaut- und Hornhautepithel des Auges resorbiert. Es ist noch nicht hinreichend geklärt, ob außer der direkten Hinwirkung der schädigenden Substanz auf die Hornhaut des Auges auch eine indirekte Einwirkung nach Aufnahme über die Atemwege und den Magen-DarmTrakt möglich ist. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Benzochinon kann zunächst zu unspezifischen Reizwirkungen an Bindehaut und Hornhaut fuhren. Nach längerer, meist

mehrjähriger Einwirkung dieses Stoffes kann es im Lidspaltenbereich zu Tingierungen kommen. Diese sind vorwiegend gelblich-braun, unter Einwirkung des Lichtes später sepiafarben oder dunkelbraun. Es bilden sich feinere bis gröbere Trübungen im Hornhautcpithel und -parendiym. Erosionen können auftreten, die Hornhaut kann quellen, sich verformen und zu einem irregulären Astigmatismus führen, der nicht völlig auszugleichen ist. Zunächst fehlen Bindehauthyperaemie und Hornhautvascularisation. Die Sensibilität der Hornhaut ist herabgesetzt, ihre Regenerationsfähigkeit vermindert. Häufig bleibt eine erhöhte Anfälligkeit gegen Sekundärinfektionen bestehen. Auch ohne erneute Einwirkung können selbst nach jahrelangem Intervall Epitheldefekte mit hartnäckigen Geschwüren bis zum klinischen Bild des Ulcus serpens auftreten. Dauerschäden (Trübung, Astigmatismus, Keratektasie) sind häufig. Verlust des Sehvermögens und des Auges ist möglich. Die Prognose der Erkrankung hinsichtlich der Erhaltung des Sehvermögens ist zweifelhaft, da es bereits im Anfangsstadium der Erkrankung zur irreversiblen Schädigung der Hornhaut kommen kann. Im günstigen Falle ist durch frühzeitigen Arbeitsplatzwechsel und rechtzeitige augenärztliche Behandlung eine Rückbildung der Hornhauterkrankung möglich.

Nr. 4 Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologen I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Benzol (CeHg) und seine technisch besonders bedeutsamen Homologen, wie Toluol (CeHsCHa) und Xylol (CflH4(CH8]2), sind in manchen Rohölen und daraus hergestelltem Benzin und Petroleum enthalten. In größerem Umfange gewinnt man sie durch Destillation von Steinkohlenteer in Kokereien und Gasanstalten. Sie werden als Extraktions-, Entfettungs-, Reinigungs- und Lösemittel sowie beim Lackieren im Tauch-, Streich- und Spritzverfahren, zur Lack- und Farbentfernung und zum Abbeizen verwendet? auch bei der Herstellung von Kunststoffen und Putzmitteln, als Lösemittel für Druckfarben und Gummi, zum Vulkanisieren, zum Kleben, z. B. von Schuhen und Booten, als Ausgangsmaterial für chemische Synthesen sowie in Brenn- und Treibstoffgemischen benötigt man Benzol oder seine Homologen. Oft sind diese auch in Mitteln enthalten, deren Bezeichnung (Handelsname) nicht hierauf schließen läßt. Benzol als Handelsprodukt (z. B. Lösungsbenzol) ist fast immer ein Gemisch. Häufig enthalten die im technischen Bereich verwendeten Homologen des Benzols zudem reines Benzol Reines Toluol und reines Xylol sind von geringerer Flüchtigkeit als Benzol und auch bei längerer Einwirkungszeit im Organismus weniger toxisch als dieses. Vinylbenzol (C6H5-CH-CH2) — Styrol — gehört nicht zu den Homologen des Benzols.

11. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Die Aufnahme erfolgt überwiegend durch Einatmung der Dämpfe; der perkutanen Resorption kommt keine wesentliche Bedeutung zu. Ein großer Teil des aufgenommenen Benzols wird chemisch unverändert ausgeatmet, der Rest im Organismus hauptsächlich zu Phenol, aber auch zu Brenzkatechin und Hydrochinon oxydiert und mit Schwefel- oder Glukuronsäure gepaart über die Harnwege ausgeschieden. Den Phenolstufen des Benzolabbaues wird die besondere Giftwirkung zugeschrieben. Die Homologen des Benzols werden nicht zu Phenolen, sondern zu Phenylalkoholen oxydiert und nach Paarung, z B mit Glykokoll als Hippursaure, eliminiert. Benzol und seine Homologen sind leicht lipoidlöslich. In großen Mengen aufgenommen bewirken sie durch Anreicherung im Gehirn Erregungszustände (Benzolrausch) und schließlich Narkose. Die Einatmung hochkonzentrierter Benzoldämpfe kann in wenigen Minuten zum Tode führen. Die Einwirkung kleinerer Mengen über einen längeren Zeitraum kann zu schwerer Schädigung des blutbildenden Systems (Knochenmark u. a.) und der Kapillaren führen. Dies gilt für Benzol, nicht aber für die Homologen des Benzols, was durch den obengenannten andersartigen Abbau im Organismus zu erklären ist.

Merkblatt Nr. 5 III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Bei der a k u t e n Vergütung stehen Erregungszustände (Benzolrausch) und schließlich eine oft lang anhaltende Narkose im Vordergrund des Krankheitsbildes. Muskelzuckungen, Krämpfe, Kreislaufschwäche und Atemlähmung können auftreten. Die langzeitige Einwirkung kleinerer Dosen kann zu einer c h r o n i s c h e n Erkrankung führen. Hierfür können Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Magen-Darmstörungen Leitsymptome sein. Als Ausdruck der Schädigung des hämatopoetischen Systems sind rote und weiße Blutzellen sowie die Blutplättchen gemeinsam, nacheinander oder isoliert, insbesondere quantitativ, verändert. Isolierte Thrombopenie oder Zunahme des Erylhrozytenvolumens ist evtl. ein Frühzeichen der Erkrankung. Während eine Leukopenie (Granulozytenabfall) und dadurch bedingt eine relative Lymphozytose schon sehr früh nachgewiesen werden kann, treten Anzeichen einer Anämie erst Wochen bis Monate später auf. Auch Agranulozytosen, überschießende Reaktionen und Leukämien wurden beobachtet. Es ist eine durch Gefäßwandschädigungen bedingte hämorrhagische Diathese vorhanden. Haut- und Sdileimhautblutungen, insbesondere

115

aus Nase, Zahnfleisch und Uterus, sowie Blutungen am Augenhintergrund sind möglich. Durch zusätzliche Belastungen des Organismus, z. B. durch Infektionskrankheiten, Blutverlust, Gravidität u. a., ist sowohl die Gefahr des Manifestwerdens der Erkrankung als auch deren Verschlimmerung gegeben. Bei langzeitiger Einwirkung der H o m o l o g e n des Benzols in den Organismus fehlen die erwähnten Schädigungen der Blutbildungsstätten. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit sowie Alkoholintoleranz können vorkommen. Diese Symptome klingen jedoch nach Wegfall der Exposition schnell ab. IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Die Diagnose der chronischen Erkrankung durch Benzol stützt sich auf Arbeitsanamnese, klinischen und hämatologischen Befund. Selbst längere Zeit nach Wegfall der Benzolexposition können noch Blutbildveränderungen auftreten; Spätrezidive nach scheinbarer Ausheilung sind möglich.

Nr. 5 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologen oder deren Abkömmlinge I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Wichtige hierhergehörende Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols, seiner Homologen oder deren Abkömmlinge sind beispielsweise: 1. Nitrobenzol — CeHs-NOg — (Mirbanöl), Dinitrobenzol, Di- und Trinitrotoluol, Trinitrophenol (Pikrinsäure) und Dinitroorthokresol; 2. Aminobenzol — QHö-NHg — (Anilin), Toluidine und Paraphenylendiamin (z. B. Ursol); 3. Paranitroanilin — NOaCflHi-NHg — und Tetranitromethylanilin (Tetryl). Gefahrenquellen sind bei der Herstellung, Verarbeitung, Verwendung oder beim Umgang mit diesen Stoffen gegeben. Demnach kann dies z. B. für bestimmte Zweige der chemischen Industrie, insbesondere Farbstoff- und Sprengstoffindustrie, für pharmazeutische Betriebe, für die Fertigung fotografischer Produkte, Imprägnierbetriebe, Pelzfärbereien, Seifen-, Parfümerle-, Riechstoff- und Schuhcremefabriken zutreffen. Nitrolacke (mit Nitrozellulose hergestellte Lacke) und Nitro&egase (Mischung von NO, NOg, N2O4 und N2O3) sind keine Nitroverbindungen und fallen daher nicht unter Nr. 5 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung. II. Auinahme

und

Wirkungsweise

Die genannten Stoffe können in Dampf oder Staub über die Atemwege oder durch Hautresorption, aber auch über die Verdauungswege, aufgenommen werden. Bei einer Reihe dieser Stoffe wird der Blutfarbstoff, das Hämoglobin, in Hämiglobin (auch Methämoglobin genannt) umgewandelt. Dies geschieht durch Oxydation des im Hämoglobin enthaltenen 2-wertigen Eisens in 3-wertiges Eisen. Dadurch wird die Uberträgerfunktion des Hämoglobins gestört) Hämiglobinbildung bewirkt Sauerstoffmangel im Gewebe. Nach Einwirkung größerer Mengen der genannten Stoffe werden zudem die Erythrozyten geschädigt. Durch oxydative Spaltung des Porphyrinringes entstehen Verdoglobine, z. B. Sulfhaemoglobin.

8 Günther-Hymnen, Unfallbefiutaduung

III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Die a k u t e Einwirkung der Mehrzahl dieser Stoffe führt zu Müdigkeit, Schwäche, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbrüchen und Dyspnoe. Das in die Hautcapillaren gelangende Hämiglobin verursacht eine blaugraue (sdiief erblaue) Färbung der Haut. Diese findet sich zunächst an Ohrläppchen, Fingernägeln, Lippen, Wangen und Nasenspitze. Bei schweren Erkrankungsfällen tritt neben einer graublauen bzw. intensiven Blaufärbung aller Schleimhäute eine Cyanose am ganzen Körper auf. Die akute Einwirkung hoher Dosen kann Bewußtseinstrübung mit Erregungszuständen und Krämpfen, Kreislaufschwache und evtl. Tod im Coma zur Folge haben. In der Regel ist die Hämiglobinbildung reversibel. Bei vermehrter Aufnahme bestimmter schädigender Stoffe werden Erythrozyten zerstört (Anämie). Verdoglobinhaltige Erythrozyten sind irreversibel geschädigt und fallen für den Sauerstofftransport aus. An den roten Blutkörperchen treten (insbesondere bei Erkrankungen durch aromatische Mitverbindungen) die sogenannten Heinz'schen Körperchen, auch Innenkörperchen genannt, auf. Ihr Nachweis erleichtert die Diagnosestellung. Alkoholgenuß, heiße Bäder o. ä. können den Ausbruch und die Intensität der Cyanose fördern. Nitro- aber auch Aminoverbindungen des Benzols können die Leber schädigen; dies gilt vor allem für Trinitrobenzol und Trinitrotoluol. Dinitroorthokresol kann durch Aktivierung des Stoffwechsels zu schwerer Gesundheitsschädigung (z. B. durch Wärmestauung) führen, Pikrinsäure löst eine Gelbfärbung der Haut, der Haare und der Skleren aus. Trinitrotoluol bewirkt eine rötliche Verfärbung der Haare. Es handelt sich dabei um unschädliche Veränderungen, die einen Ikterus vortäuschen können. Die c h r o n i s c h e Einwickung kleinerer Dosen der genannten Stoffe kann u. a. zu Anämie, Hauterkrankungen und Leberfunktionsstörungen führen. Der Nachweis von Hämiglobin gelingt in diesen Fällen selten.

Merkblatt Nr. 6

116 IV. Hinweise

für die ärztliche

weisen. Auch nach Arbeitsplatzwechsel ist das Auftreten von Krankheitssymptomen noch möglich.

Beurteilung

Bei Cyanose, die nicht auf einer Herz- oder L u n g e n e r k r a n kung beruht, muß neben selteneren Bluterkrankungen an eine Erkrankung durch aromatische Nitro- oder A m i n o v e i b i n d u n gen des Benzols, seiner Homologen o d e r deren A b k ö m m l i n g e gedacht werden, wenn eine entsprechende Exposition gegeben war. Spektroskopisch lassen sich evtl. Hamiglobin oder Verdoglobin und im Blutausstrichpräparat Heinz'sche Körperchen nachweisen. Hämoglobinverminderung, hämolytischer Ikterus, Eiweißund Porphyrinausscheidung im Harn können u. a. auf einen chronisch schleichenden Verlauf dieser Erkrankung hin-

Nach in der Regel mehrjähriger Einwirkung bestimmter Aminoverbindungen des Benzols können Schleimhautveränderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Blasenkrebs entstehen. Ggf. handelt es sich dann um eine Erkrankung nach, Nr. 1 der A n l a g e zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung. Bronchialasthma, verursacht durch Paraphenylendiamin (z. B. Ursol), kann eine Erkrankung nach Nr. 41 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sein. Sofern schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen vorliegen, fallen diese ggf. unter Nr. 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung.

Nr. 6 Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen I. Vorkommen

und

II. Aufnahme

Gefahrenquellen

Blei (Pb), ein weiches, bei 327° C schmelzendes Metall, wird durch Verhüttung v o n Erzen, insbesondere Bleiglanz, z T. v o n Weiß- oder Vitriolbleierz, gewonnen. In Staub- oder Dampfform oxydiert es in Luft zu kolloidalem Bleioxyd (PbO); sog. Bleirauch besteht aus Bleioxydteilchen. Gefahrenquellen sind Arbeitsverfahren, bei denen Blei oder seine Verbindungen, insbesondere in Staub-, Rauchoder Dampfform (metallisches Pb verdampft wahrnehmbar ab 550° C), auftreten. Dies kann z. B. zutreffen in- Blei- oder Zinkhütten (Zinkerze enthalten oft Bleiglanz), beim Feilen, Sägen, Fräsen, trockenen Schleifen oder Polieren von metallischem Blei oder Bleilegierungen. Weiterhin beim Mischen und Anreiben bleihaltiger Farben in Pulverform (z. B. Bleiweiß, bleihaltigem Zinkweiß, Mennige, Bleicyanamid, Chromgelb, Chromrot, Neapelgelb) oder beim Aufspritzen de!r Farben mittels Spritzpistole, beim Abbürsten und Abbrennen von Bleifarbenanstrichen, beim Schneiden oder Schweißen an mit Mennige oder anderen Bleifarben gestrichenen oder verbleiten Teilen (z. B. beim Verschrotten, Abwracken). Auch beim Warmnieten mit Mennige gestrichener Eisenteile, Altmetallschmelzen, Homogenverbleien, Bleilöten, bei Arbeiten in Drahthärtereien, der Herstellung von Lagerschalen aus Bleibronze, v o n Bleiakkumulatoren, beim Abziehen der Oxydschicht vom Bleibad (z. B. in Patentierereien) durch Verstäuben der sog. Krätze und beim Glätten (Bürsten, Schleifen) v o n Karosseriefugen u. ä., die mit vorwiegend bleihaltigem Lötzinn behandelt wurden, bestehen Gesundheitsgefahren. Dies gilt auch für die Herstellung bleihaltiger Glasuren (Fritten), Emails, Dekors, Kristallgläser und die Verwendung v o n Bleiverbindungen als Stabilisatoren und Gleitmittel in der Kunststoffindustrie. Auch das Reinigen v o n mit Bleibenzin betriebenen Motoren, in denen Bleioxyd oder Bleihalogenide als Verbrennungsrückstand vorkommen, kann eine Gefahrenquelle sein Die dem Vergaserkraftstoff als „Antiklopfmittel" in Form des „Ethyl-Fluids" beigefügten Bleialkyle, wie Bleitetraathyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), können beim Mischen mit Benzin in Mischanlagen oder beim Reinigen der BleibenzinLagertanks v o n Bleischlamm die Gesundheit gefährden. Der Umgang mit metallischem Blei, Bleirohren, Bleilettern, z. B. im graphischen Gewerbe, odef mit bleihaltigem Benzin an Tankstellen stellt kaum eine spezifische Gesundheitsgefahr dar.

und

Wirkungsweise

In Staub-, Rauch- oder Dampffonn werden Blei oder seine Verbindungen hauptsächlich über die A t e m w e g e aufgenommen. Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt ist ebenfalls möglich, jedoch in der Regel weniger gefährdend. Bleialkyle werden leicht durch d i e Haut resorbiert. Konzentration und Verweildauer im Blut kreisender Bleiverbindungen (sog. Bleistrom) und ihre Löslichkeit in den Körpersäften sind für die Erkrankung maßgebend. Die Bleialkyle haben infolge ihrer Lipoidlöslichkeit eine besondere Affinität zum Gehirn und anderen lipoidreichen Organen. Blei schädigt zelluläre Elemente durch Inaktivierung v o n Enzymen. Besonders werden der Porphyrinstoffwechsel, die Blutbildungsstätten, der Verdauungstrakt, das Gefäßsystem s o w i e das zentrale und periphere N e r v e n s y s t e m betroffen. Blei wird als relativ stabiles Bleiphosphat in Knochen abgelagert (sog. Depotblei) und u. U. v o n dort wieder mobilisiert. Vorübergehende Anreicherung in Leber, Milz und Nieren ist möglich. Die Ausscheidung erfolgt in Stuhl und Urin. Erkrankungszeichen treten dann auf, wenn der Organismus nicht mehr fähig ist, das meistens innerhalb eines längeren Zeitraumes aufgenommene Blei auszuscheiden oder abzulagern. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

A. Die akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Blei oder seiner anorganischen Verbindungen ist relativ selten. In der Regel handelt es sich um chronische oder subchronisdife Erkrankungen. Folgende Entwicklungsstadien, die sich auch überschneiden können, kann man unterscheiden: 1. Klinisch stummes Vorstadium („Bleiträger"), 2. kritisches Anfangsstadium („Präsaturnismus"), 3. ausgeprägte Bleierkrankung („Saturnismus"), 4. Spätkrankheiten. Zu 1: Im klinisch stummen Vorstadium kommt e s zunächst zu einer verstärkten Koproporphyrin-(III)-Aussdieidung im Urin. Es folgt eine Vermehrung basophil getüpfelter Erythrocyten („Tüpfelzellen") und evtl. ein Absinken des Hämoglobins. Der Bleispiegel im Blut ist meistens erhöht.

117

Merkblatt Nr. 6 Selten zeigt sich schon jetzt im Zahnfleischrand ein schwarzblauer bis schiefergrauer Saum, der sog. B1 e i s a u m ; dabei sind differentialdiagnostisch Paradentose, Melanose des Zahnfleisches und Veränderungen durch Einwirkung anderer Metallverbindungen zu erwägen.

Erkrankung, die eine bis zwölf Stunden nach Einwirkung dieser Stofle auftritt und unter den Anzeichen einer akuten Psychose in kurzer Zeit tödlich verläuft. Bei weniger schwerer Vergiftung kommt es zu starker Abmagerung und Symptomen wie bei Einwirkung anorganischer Bleiverbindungen.

Auch erste Anzeichen des sog. B l e i k o l o r i t s , wie „schlechtes Aussehen", übergehend in eine charakteristisch grau-gelbe Verfärbung, insbesondere der Gesichtshaut, sind zu erkennen. Herabgesetzter Turgor, subikterische Skleren und blasse Schleimhäute können vorhanden sein.

Schlafstörungen, Schreckträume, Appetitlosigkeit, Körperschwäche, Magen-, Darm- und hypotone Kreislauffunktionsstörungen können Folgen einer Exposition sein, die nach deren Wegfall wieder abklingen.

Zu 2: Zum kritischen Anfangsstadium („Präsaturnismus") gehören allgemeine Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen in Stirn- und Schläfengegend, Schwindel, Schwächegefühl in den Gliedern sowie Obstipation und andere Magen-Dannstörungen.

IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Dem Ergebnis der eingehenden Arbeitsanamnese kommt besondere Bedeutung zu, zumal die „Bleierkrankung' bei Fehlen charakteristischer Befunde Symptome aufweist, wie sie bei vielen anderen Erkrankungen ebenfalls vorkommen.

Zu 3: Anzeichen der ausgeprägten Bleierkrankung („Saturnismus") sind neben den in „zu 1" und „zu 2" genannten, mit der Schwere der Erkrankung im allgemeinen zunehmenden Krankheitssymptomen und pathologischen Laboratoriumsbefunden insbesondere die sog. B 1 e i k o 1 i k e n. Dabei handelt es sich um heftige, oft tagelang dauernde, auf- und abschwellende Schmerzattacken, vorwiegend im Oberbauch mit Obstipation, Brechreiz oder Erbrechen. Häufig besteht eine Anämie. Ulcera im Magen oder Zwölffingerdarm können gelegentlich auftreten. Differentialdiagnostisch sind Ileus, Appendicitis und Cholecystopathiei u. a. in Betracht zu ziehen.

Die Ergebnisse exakter Laboratoriumsuntersuchungen können besonders wertvoll sein, dürfen aber in ihrer Bedeutung für die Diagnostik nicht überschätzt werden, insbesondere dann nicht, wenn klinische Erkrankungszeichen fehlen.

Die Lähmung peripherer, motorischer Nerven (sog. B1 e i 1 ä h m u n g) wird heute kaum mehr beobachtet. Es kam dabei zu einer allmählich zunehmenden Schwäche, insbesondere der Streckermuskulatur des Unterarmes, und schließlich zur Radialislähmung. Auch Lähmungen im Bereich der Schulter- oder Beinmuskulatur, in der Regel einseitig, sind gelegentlich vorgekommen.

a) Die mikroskopische Zählung der basophil getüpfelten Erythrocyten („Tüpfelzellen"), gefärbt nach Manson oder Pappenheim (oberer Grenzwert: 10 grobe „Tüpfelzellen" in 50 Gesichtsfeldern).

Als Folge einer massiven Exposition können Anzeichen einer akuten Encephalopathie, wie starke Kopfschmerzen, meningitische Reizerscheinungen, passagere Verwirrtheitszustände, Gesichtszuckungen und Funktionsstörungen im Bereich der Hirnnerven, auftreten. Rasche Mobilisation der sog. Bleidepots kann ähnlich wirken.

b) Die (Kopro-)Porphyrinbestimmung im Urin nach einer der Schnellmethoden von Brugsch, De Langen oder Hoschek. Sie beruhen auf dem Nachweis und der Bewertung der Rotfluoreszenz in ultraviolettem Licht. Deutliche Rotfluoreszenz spricht für gesteigerte Porphyrinausscheidung. Methodisch bedingte Fehlerbreite und Schwankungen in der Ausscheidung sollten berücksichtigt werden. Nach Bleieinw:irkung sind vor allem die Porphyrin-Vorstufen vermehrt, die erst nach entsprechender Vorbereitung fluoreszieren und dadurch nachweisbar werden.

Zu 4: Spätkrankheiten, wie Schrumpfniere oder chronische Encephalopathie, sind beschrieben worden. Diese können aber nur im Zusammenhang mit der Bleieinwirkung gesehen werden, wenn eine langzeitige und erhebliche Exposition stattgefunden hat, charakteristische Bleierkrankungsmerkmale vorhanden waren und andere' Ursachen hierfür nicht bestehen.

B. Bei Einwirkung von organisch gebundenem Blei, insbesondere von B l e i a l k y l e n , wie Bleitetraäthyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), können Zentralnervensystem, Leber und Nebennieren geschädigt werden. Oft ist es eine akute

Auf die Verwendung bleifreier Reagenzgläser ist zu achten. Nicht Injektionsspritzen benutzen, deren Teile mit bleihaltigem Zinn gelötet sind. Folgende Untersuchungen können dabei von Wichtigkeit sein, wobei ihr Ergebnis evtl. mehrfach kontrolliert werden sollte:

Es ist zu beachten, daß „Tüpfelzellen" auch bei anderen pathologisch gesteigerten Regenerationsvorgän.gen im Organismus mäßig vermehrt sein können.

Schwere hämolytische Zustände, Lebererkrankungen und die Einwirkung anderer chemischer Substanzen können ebenfalls zu einer Vermehrung des Koprophyrins im Urin führen. Bei den sog. Porphyrinopathien kommt neben anderen Porphyrinen auch Koproporphyrin im Urin vor. c) Der Bleigehalt in Blut, Urin und Stuhl, festgestellt in einem hierfür entsprechend eingerichteten Laboratorium. Sehr hohe Bleiwerte, die nach beruflich bedingter Einwirkung relativ geringer Dosen oder erst mehrere Monate nach einer beruflichen Exposition festgestellt werden, können durch eine Bleiaufnahme verursacht worden sein, die nicht mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängt.

Merkblatt Nr. 7,8

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Nr. 7 Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen 1. Vorkommen

und

III. Krankhatsbild

Gefahrenquellen

C h r o m (Cr), ein silberweißes, h a r t e s Metall, tritt in d e r N a t u r ü b e r w i e g e n d als O x y d in Form v o n C h r o m e i s e n s t e i n auf. In s e i n e n technisch wichtigsten V e r b i n d u n g e n k o m m t C h r o m 3 w e r t i g (Chromisalze) o d e r 6 w e r t i g als C h r o m s ä u r e u n d d e r e n Salze (Chromate) v o r . Eine G e s u n d h e i t s g e f ä h r d u n g durch metallisches C h r o m o d e r s e i n e L e g i e r u n g e n (z. B. Ferrochrom) u n d durch V e r b i n d u n g e n des 3 w e r t i g e n C h r o m s , w i e C h r o m a l a u n , C h r o m 3-dilorid, -sulfat, d i e z. B. in G e r b e r e i e n v e r w e n d e t w e r d e n , s o w i e durch Chrom-3-oxyd, ist k a u m g e g e b e n . D a g e g e n sind V e r b i n d u n g e n des 6 w e r t i g e n C h r o m s eine G e f a h r e n q u e l l e . Letztere sind 2. B. C h r o m t r i o x y d ( C h r o m s ä u r e a n h y d r i d — CrOs —), d a s in w ä ß r i g e r L ö s u n g C h r o m s ä u r e bildet, die C h r o m a t e (z. B. KsCrO«) u n d Bichromate (z. B. KaC^Ch). Diese b e n ö t i g t m a n z. B. in d e r G a l v a n o t e c h n i k (Verchromen) und O b e r f l ä c h e n v e r e d l u n g (Eloxieren), in d e r diemischen Industrie, f ü r b e s t i m m t e L a b o r a t o r i u m s a r b e i t e n , in d e r Glasindustrie, im g r a p h i s c h e n u n d p h o t o g r a p h i s c h e n G e w e r b e , zur H o l z i m p r ä g n i e r u n g , in d e r T e x t i l f ä r b e r e i , als Z u s a t z zu Rostschutzmitteln, gelegentlich in G e r b e r e i e n sowie z u r H e r s t e l lung a n o r g a n i s c h e r F a r b s t o f f e (Zinkchromat-, Bleichromatfarben). 6 w e r t i g e C h r o m v e r b i n d u n g e n k ö n n e n u. a. auch im Kleber f ü r F u ß b ö d e n , im A u f t a u s a l z f ü r Weichen, in Z e m e n t und Bohrölen e n t h a l t e n sein.

II. Aufnahme

und

Wirkungsweise

ö r t l i c h e Schäden der H a u t u n d Schleimhaut k ö n n e n durch C h r o m s ä u r e o d e r i h r e Salze v e r u r s a c h t w e r d e n . V o r a u s s e t z u n g f ü r die Ä t z w i r k u n g sind W a s s e r l ö s l i c h k e i t d e r b e t r e f f e n d e n Stoffe u n d s a u r e s Milieu. N e u t r a l e C h r o m a t l ö s u n g e n sind nicht ätzend. Langzeitige E i n a t m u n g 6 w e r t i g e r C h r o m v e r b i n d u n g e n k a n n zu Lungencarcinom f ü h r e n . Eine r e s o r p t i v e G i f t w i r k u n g ist nach m a s s i v e r E i n w i r k u n g , i n s b e s o n d e r e einer h e i ß e n L ö s u n g auf die H a u t o d e r durch Verschlucken, möglich.

und

Diagnose

1. H a u t s c h ä d e n t r e t e n infolge v o n V e r ä t z u n g e n auf. Typisch sind k r e i s r u n d e ; v o n e i n e m d e r b e n W a l l u m g e b e n e , tiefg e h e n d e Ulcera. O f t e n t s t e h e n d i e s e dort, w o k l e i n s t e Verletzungen der Haut bereits vorhanden waren. Ekzeme sind A u s d r u c k einer Sensibilisierung, die schon durch Einwirkung von Chromatspuren verursacht werden kann. A u ß e r d e m sind Reizerscheinungen im Bereich des äußeren Auges, a n d e r Schleimhaut der t i e f e r e n A t e m w e g e s o w i e u l c e r ö s e N a s e n s c h l e i m h a u t e n t z ü n d u n g e n möglich. Auch eine meist schmerzlos v e r l a u f e n d e P e r f o r a t i o n d e r k n o r p e l i g e n N a s e n s c h e i d e w a n d k a n n vorkommen,- dies ist d a n n ein wichtiger H i n w e i s f ü r die E r k r a n k u n g durch Chrom oder seine Verbindungen. Seltener wurden Nebenh ö h l e n a f f e k t i o n e n u n d Ulcera an d e n G a u m e n m a n d e l n beobachtet. 2. Durch w i e d e r h o l t e s Verschlucken k l e i n e r e r M e n g e n löslicher, i n s b e s o n d e r e ö w e r t i g e r C h r o m v e r b i n d u n g e n k ö n n e n E n t z ü n d u n g e n im M a g e n - D a r m - T r a k t sowie Ulcera auftreten. 3. D i e E n t s t e h u n g eines m a l i g n e n L u n g e n t u m o r s (Chromatl u n g e n k r e b s ) infolge chronischer E i n w i r k u n g v o n C h r o m a t e n (z. B. Zinkchromat) auf die Bronchialschleimhaut ist möglich. Meist ist eine l a n g j ä h r i g e Exposition v o r a u s g e g a n g e n . Brustschmerzen, h a r t n ä c k i g e K a t a r r h e der Luftw e g e mit H u s t e n u n d A u s w u r f k ö n n e n h i e r f ü r ein Hinweis sein. Auch J a h r e nach W e g f a l l der Exposition k a n n sich noch ein Bronchialcarcinom entwickeln. Histologisch h a n d e l t es sich d a b s i v o r w i e g e n d u m ein P l a t t e n e p i t h e l carcinom, V e r e i n z e l t w u r d e n sog. C h r o m a t s t a u b l u n g e n beschrieben. 4. Infolge r e s o r p t i v e r G i f t w i r k u n g , z. B. nach a u s g e d e h n t e r D u r c h t r ä n k u n g d e r Kleider mit 6 w e r t i g e n C h r o m v e r b i n dungen, k a n n e i n e h ä m o r r h a g i s c h e N e p h r i t i s e n t s t e h e n . 7V. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Die durch ä u ß e r e E i n w i r k u n g v o n C h r o m o d e r s e i n e n V e r b i n d u n g e n e n t s t a n d e n e n H a u t e r k r a n k u n g e n sind ggf. A r b e i t s u n f ä l l e o d e r E r k r a n k u n g e n , f ü r die Nr. 46 d e r A n lage zur 7. B e r u f s k r a n k h e i t e n - V e r o r d n u n g z u t r e f f e n k a n n .

Nr. 8 Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungen I. Vorkommen und Gefahrenquellen F r e i e s F l u o r (F) k o m m t in d e r N a t u r nicht v o r . V o n d e n natürlichen F l u o r - V e r b i n d u n g e n sind b e s o n d e r s F l u ß s p a t (CaF2), K r y o l i t h (NasAlFß) u n d F l u o r a p a t i t (3 C a s l P O ^ g C a F g ) zu n e n n e n . V o n b e s o n d e r e r toxikologischer B e d e u t u n g ist F l u o r w a s s e r stoff (HF). Die b e i 20° C s i e d e n d e f a r b l o s e F l ü s s i g k e i t ist mit W a s s e r in j e d e m V e r h ä l t n i s mischbar; sie w i r d in w ä s s e r i g e r Lösung F l u ß s ä u r e g e n a n n t . F l u o r - V e r b i n d u n g e n finden V e r w e n d u n g b e i m Schmelzen v o n M e t a l l e n , Schweißen, Löten, H a r t l ö t e n v o n A l u m i n i u m , M a g n e s i u m u n d Leichtmetall-Legierungen, bei v i e l e n g a l v a nischen Prozessen, in d e r P e t r o l e u m - u n d F a r b e n i n d u s t r i e , b e i d e r e l e k t r o l y t i s c h e n H e r s t e l l u n g v o n A l u m i n i u m u n d bei d e r H e r s t e l l u n g g e w i s s e r Glas- u n d Emaillesorten. F l u o r w a s s e r -

stoff u n d d e s s e n Salze w e r d e n b e i m G l a s ä t z e n , Glas- u n d Geb ä u d e r e i n i g e n s o w i e b e i m Glasschmelzen b e n ö t i g t . Bei d e r Kunststoff-, Kältemittel- u n d F e u e r l ö s c h m i t t e l h e r stellung wird wasserfreie Flußsäure angewandt. Eine g e w i s s e Rolle spielen die F l u o r - V e r b i n d u n g e n in d e r S c h ä d l i n g s b e k ä m p f u n g u n d H o l z k o n s e r v i e r u n g (z. B. N a t r i u m fluorid, Natriumsilicofluorid) u n d beim W a s s e r d i c h t m a c h e n v o n K u n s t s t e i n f u ß b ö d e n u n d Z e m e n t (Fluatieren). Beim Schweißen mit k a l k b a s i s c h e n E l e k t r o d e n u n d bei d e r H e r s t e l l u n g v o n S u p e r p h o s p h a t a u s d e m A p a t i t k ö n n e n flüchtige Fluor-Verbindungen entstehen. V e r b i n d u n g e n v o n F l u o r mit a n d e r e n Elementen, w i e Bor u n d Schwefel, w e r d e n als Z w i s c h e n p r o d u k t e b e i diemischen Synthesen benutzt.

Merkblatt N r . 9 U. Aufnahme und Wirkungsweise Die Aufnahme erfolgt über die Atemwege oder über den Magen-Darm-Kanal. Fluor-Ionen bewirken durch ihre kalziumfällende Eigenschaft neben einer lokalen Schädigung der Haut und Schleimhäute Veränderungen im Skelettsystem und an den Zähnen. Das Eingreifen von Fluor in den Kalkstoffwechsel kann sowohl eine Verkalkungshemmung (Osteoporose) als auch eine erhöhte, z. T. heterotope Ablagerunq der Kalksalze (Osteosklerose) zur Folge haben. Flußsäure und Fluor-Ionen vermögen die Epidermis schnell zu durchdringen, das darunter liegende Gewebe zu schädigen und dadurch tiefgreifende Nekrosen zu verursachen. Dämpfe, Flußsäure oder Fluoridnebel und -stäube sind besonders gefährlich, weil die Degeneration der Schleimhaut erst mehrere Stunden nach der- Einwirkung eintreten kann und deshalb bei niedrigen Konzentrationen ein Warneffekt fehlt. III. Kiankheiiabild und Diagnose Die durch Fluor oder seine Verbindungen verursachten Erkrankungen und Schäden können sein: a) die lokale Verätzung der Haut und Schleimhäute durch Flußsäure, Kieselflußsäure, Lösungen ihrer Salze und durch gas- oder staubförmige Fluor-Verbindungen; b) die akute Erkrankung bei oraler Aufnahme von gelösten oder leicht löslichen Fluor-Verbindungen oder durch Einatmen von gas- oder staubförmigen Fluor*Verbindungen; c) die dironisdie Erkrankung durch Aufnahme von fluorhaltigen Stäuben, wie z. B. Kryolithstaub, aber auch fluorhaltigen Dämpfen. Bei der Aufnahme gas- oder staubförmiger Fluor-Verbindungen stehen lokale Reizungen, Tränenfluß, Niesen, Dyspnoe und Husten im Vordergrund. Zunehmende Dyspnoe kann auf ein beginnendes Lungenödem hindeuten; vor dem Tod können Krämpfe auftreten. Bei peroraler Aufnahme von Fluor-Verbindungen stehen Krankheitsanzeichen des Magen-Darm-Kanals im Vordergrund. Krämpfe, Lähmungen und akute Nierenschädigung können vorkommen. Eine akute Herzschwäche kann auch dann noch eintreten. Die chronische Erkrankung führt zu charakteristischen Auswirkungen an Zähnen und Knodiensystem. Daneben können Beschwerden allgemeiner Art, wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Dyspnoe usw. bestehen. Im Initial-

119

stadium treten solitäre oder multiple milch- oder kreideweiße Punkte und Flecken oder horizontal verlaufende Streifen, besonders an der Vorderfläche 'der oberen Schneidezähne auf. Mitunter ist die ganze Zahnoberfläche kreideweiß oder im ganzen braun verfärbt bzw. mit braunen Flächen und Streifen (mottled teeth) getüpfelt. Die Schneidekanten der Zähne zeigen frühzeitige Abnutzung. Neben den Zahnveränderungen werden Knodienveränderungen mit schweren Bänderverkalkungen beobachtet. Auch wird über Gliedersdrwere, Steifheit der Wirbelsäule und des Brustkorbes, Bewegungseinschränkungen und Kurzatmigkeit geklagt. Die Diagnose der Knochenerkrankungen wird im wesentlichen aus dem Röntgenbild gestellt. Man kann im Röntgenbild drei Stadien unterscheiden: 1. Knochen struktur aufgelockert, Randkonturen verwaschen (Eindruck einer unscharfen Aufnahme), Spongiosabälkchen verdickt, unscharf. 2. Zunehmende Unschärfe, Verdichtung und Verbreiterung der Spongiosabälkchen, Spongiosa erscheint wabig, periostale Auflagerungen und Wucherungen, Sehnenansätze beginnen zu verkalken, Corticalis verbreitert, Markhöhle verschmälert. 3. Knochenstruktur kaum noch sichtbar (Ebumisation), Zunahme der periostalen Wucherungen, ausgeprägte Verkalkung der Ansatzstellen von Sehnen und Bändern, Verkalkung der interossalen Membranen an Unterschenkel und Unterarm, Periarthritis humeroscapularis, weitgehende Verkalkung des Bandapparates der Wirbelsäule, Compacta der Röhrenknochen weiterhin verbreitet und verdichtet. Die Veränderungen beginnen in der Regel an Becken und Lendenwirbelsäule. IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Die Annahme einer Erkrankung durch Fluor oder seine Verbindungen kann durch die Arbeitsanamnese und häufig durch den Nachweis einer erhöhten Fluorausscheidung im Urin gesichert werden. Besteht eine Hautsdiädigung, so ist zu prüfen, ob es sich hierbei um einen Unfall handelt oder ob ggf. eine Beruiskrankheit nach Nr. 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung angenommen werden kann. Ferner ist zu prüfen, ob es sich um Erkrankungen handelt, die unter Nr. 9, 14 oder 17 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung erfaßt werden.

Nr. 9 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe oder halogenierte Alkyl-,oder Alkylaryloxyde oder-sulfide I. Vorkommen und Gefahrenquellen a) Halogenkohlenwasserstoffe (Verbindungen von Kohlenwasserstoffen mit den Halogenen — Chlor, Brom, Jod, Fluor —) sind bedeutsam als Lösemittel für Harze, Wachse, Lacke, Schwefel, als Extraktionsmittel für Fette, Mittel zur Reinigung und Entfettung von Metallen, Mittel zur chemischen Reinigung von Textilien, Treibmittel für Sprühdosen, Feuerlöschmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, Kühlmittel in Kältemaschinen, Isoliermassen für elektrische Kondensatoren und als Narkosemittel. Als Ausgangsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Synthesen spielen sie eine Rolle. Die Halogenkohlenwasserstoffe werden in reiner Form und in Gemischen verwendet. Häufig vorkommende Trivial- bzw. Handelsbezeichnungen (Handelsbezeichnungen in Anführungsstriche gesetzt) sind für Monochlormethan: Methylchlorid oder Chlormethyl; für Monobrommethan: Methylbromid;

für Tetrachlormethan: Tetrachlorkohlenstoff oder Tetra, z. B. „Benzinoform", „Asordin", „Tetraform'', „Phönixin", „Spektrol", „Tetralix TR", „Acrylon"; für Trichloräthylen oder Trichloräthen: Tri, z B. „Triol D \ „Vetrosol", „Vestropol", „Tetralix NN", „Tetralix NWN", „Triclene"; für Tetrachloräthylen oder Tetrachloräthen: Perchloräthylen oder Per, z. B. „Perawin", „Digrisol", „Peran", „Perclone"; für halogenierte Aromaten: Chlorbenzol, chlorierte Naphthaline, Dekaline, Tetraline, z. B. „Nibren", „Nibren-Wachse", „Haftax"; Dichlordiphenyl, z. B. „Clophene", „Arubren". Zur Schädlingsbekämpfung werden auch gasförmige oder feste Halogenkohlenwasserstoffe benutzt, z. B. Methylbromid, Didilorbenzol („Globol"),Dichlordiphenyltrichloräthan (DDT) u. a. wie „Gesarol" und „Hexan". Als Insektizide werden auch halogenierte Kohlenwasserstoffe cyclischer

M e r k b l a t t N r . 10

120

Struktur verwandt, z. B. Gamma-Hexachlorcyclohexan (HCCH, „Lindan"), „Aldrin", „Dieldrin", und „Toxaphen". b) Die halogenierten Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxyde oder -sulfide finden als Zwischenprodukte für Synthesen in der diemischen Industrie und als Löse- und Schädlingsbekämpfungsmittel Verwendung, z. B. halogenierte Alkyloxyde, wie Äthylenchlorhydrin, Epichlorhydrin, chlorierte Äther (z. B. Dichlordiäthyläther „Chlorex"); halogenierte Aryloxyde, wie chlorierte Phenole (Trichlorphenol); halogenierte Alkylaryloxyde, wie chlorierte Kresole und andere Alkylphenole. Halogenierte Alkyl- und Arylsulfide wurden hier aufgenommen, um Erkrankungen, die beim Vernichten von Gelbkreuzkampfstoff („Lost") aus den beiden Weltkriegen aufgetreten sind, zu erfassen. U. Auinahme und Wirkungsweise Die Aufnahme geschieht meist durch Einatmung als Dampf oder Staub, bei Kontakt mit der flüssigen oder festen Form auch durch die Haut. Viele der hier angesprochenen Stoffe haben eine starke Wirkung auf das Zentralnervensystem, wobei ihre Lipoidlöslichkeit eine wichtige Rolle spielt. Sie können auch die Stoffwechselvorgänge, insbesondere die Leberfunktion, stören. Flüssige Halogenkohlenwasserstoffe können bei wiederholter oder länger dauernder lokaler Einwirkung durch ihr Fettlösevermögen Hautschäden verursadien. Hochchlorierte Chlornaphthaline und vor allem gewisse halogenierte Aryloxyde, die auch als Verunreinigung in chlorierten Naphthalinen und Diphenylen vorkommen können, haben eine spezifische Wirkung auf die Haut (Hyperkeratose, Chlorakne, Pernakrankheit). Diese Verbindungen können auf Leber und Nervensystem toxisch wirken. Die halogenierten Alkylsulfide vermögen insbesondere Haut, Augen, Atemwege und den Stoffwechsel nachteilig zu beeinflussen; Didilordiäthylsulfid hat eine starke zytotoxische Wirkung.

III. Krankheitsbild und Diagnose Viele Halogenkohlenwasserstoffe wirken bei Inhalation, j e nach Intensität und Dauer der Einwirkung, verschieden stark betäubend. Einige haben einen angenehm ätherischen Geruch, der unter Umständen zu einer Sucht führen kann (Trisucht). Daneben können diese Stoffe, insbesondere Tetrachlorkohlenstoff, Schleimhautreizungen, Leber- und Nierenschäden verursachen. Krankheitserscheinungen können erst nach einer Latenzzeit von mehreren Stunden auftreten; der Warneffekt (Reizwirkung) ist gering. Methylchlorid verursacht mitunter psychotische Zustände und starke intestinale Beschwerden, wodurch eine Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen erschwert wird. Für Chloropren (Chlorbutadien) ist Haarausfall typisch. Cyklische Halogenkohlenwasserstoffe (darunter Schädlingsbekämpfungsmittel) können Krämpfe auslösen. Halogeniertes Benzol (Chlorbenzol) bewirkt nicht die für Benzol typischen Blutschäden, sondern kann zu narkotischen Zuständen, Leberschäden sowie Schleimhaut- und Hautreizungen führen. Schwer heilende und entstellende akneartige Hautveränderungen (Pernakrankheit) treten nach Einwirkung von hochchlorierten Naphthalinen und gewissen halogenierten Aryloxyden auf. Zentral- und periphernervöse Störungen sowie Leberschädigungen sind möglich. Viele Halogenkohlenwasserstoffe zersetzen sich bei Kontakt mit offener Flamme, glühendem Metall oder bei Einwirkung von Ultraviolett-Strahlen (Schweißen), wobei Phosgen und andere toxisch wirkende Zersetzungsprodukte entstehen. IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Entscheidend für die Diagnosestellung ist die Arbeitsanamnese. Die Mehrzahl der als Lösemittel verwendeten Halogenkohlenwasserstoffe oder ihrer im Harn ausgeschiedenen Umwandlungsprodukte geben mit Pyridin und Alkali eine charakteristische Farbreaktion, die auch quantitativ ausgewertet werden kann („Fujiwara"-Reaktion). Frühzeitige Durchführung von Leberfunktionsproben ist erforderlich, wobei dem Bromthaleintest und der Transaminasebestimmung (SGPT-Test) besondere Bedeutung zukommt.

Nr. 10 Erkrankungen durch Kadmium oder seine Verbindungen I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Kadium (Cd) ist ein weißes, formbares Metall, das in Zink- und Bleierzen als Sulfid und Karbonat vorkommt sowie bei der Zinkgewinnung als Nebenprodukt anfällt. Beim Erhitzen verbrennt es unter Bildung eines braunen, übelriechenden Rauches zu Kadmiumoxyd. Cd findet Verwendung als Zusatz von Legierungen beim galvanischen Metallisieren und in der Akkumulatorenfabrikation. Infolge seines besonders günstigen Absorptionsquerschnittes für Neutronen eignet sich Cd für die Herstellung von Kontrollstäben in Atomreaktoren. Gefahrenquellen sind das Herstellen von Kadmiumlegierungen, Nickel-Kadmium-Akkumulatoren (Stahlakkumulatoren), Kadmiumüberzügen mittels Elektrolyse sowie von Kadmiumfarbstoffen, wie Kadmiumgelb und Kadmiumrot. Dies gilt auch für das Schweißen, Schmelzen und Schneiden von mit Kadmium überzogenen, legierten sowie verunreinigten Metallen. IL Auinahme

und

Wirkungsweise

Uber die Atemwege und den Magen-Darmtrakt werden Cd und seine Verbindungen als Staub oder Rauch aufgenommen und überwiegend in Lunge und Leber gespeichert. Cd wird im Urin und Stuhl ausgeschieden.

III. Krankheitsbild

und

Diagnose

a) Akute Erkrankung Vorwiegend nach pulmonaler Resorption von Cd können nach einer Latenzzeit von einigen Stunden Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, starkes Durstgefühl sowie Trockenheit im Hals auftreten. Es entwickeln sich Tracheitis, Bronchitis, und Bronchopneumonie mit Dyspnoe und Cyanose sowie in schweren Fällen ein evtl. tödlich verlaufendes Lungenödem. Bei der selteneren peroralen Resorption stehen Krankheitssymptome von seiten des Magen-Darmtraktes, z. B. Erbrechen und Diarrhoen, im Vordergrund. In leichteren Fällen klingt die akute Erkrankung in ein bis zwei Wochen ab. b) Chronische Erkrankung Diese wird in der Regel infolge langzeitiger Aufnahme kleinerer Mengen von Cd hervorgerufen. Dabei kann eine typische Gelbfärbung der Zahnhälse, hauptsächlich der Schneide- und Eckzähne, aber auch an künstlichen Zähnen, auftreten. Entzündliche Reizzustände im Bereich der oberen Luftwege sowie Atrophie und Ulceration der Nasenschleimhaut mit Anosmie sind möglich. Letztere kann ein erster Hinweis für die chronische Erkrankung sein. Die Anosmie

M e r k b l a t t N r . 11 kann sich aber auch erst später bemerkbar machen. Proteinurie, oft audi ohne klinisch feststellbare Schädigung der Nieren, gilt bei entsprechender Exposition als ein wichtiger Hinweis. In fortgeschrittenen Fällen kommt es zu Abmagerung, A n ä m i e und Gangstörungen, letztere infolge v o n Knochenv e r ä n d e r u n g e n im Sinne einer Osteoporose, von t r a n s v e r salen Knochenfissuren und evtl. Tibiaverdickungen (sog. Milkmansches Syndrom). E s kann sich ein chronisches Lungenemphysem, auch ohne v o r a u s g e g a n g e n e Bronchitis, entwickeln. Evtl. ist ein Nierenund Leberparenchymschaden nachweisbar; die Blutsenkungsreaktion ist meist beschleunigt.

121

IV.

Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Cd wird nur in geringem Umfange und sehr langsam aus dem Körper ausgeschieden. In Blut, Urin und Stuhl ist es chemisch nachweisbar. Die Ausheilung langwierig sein.

der

chronischen

Erkrankung

kann

sehr

Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Cd oder seiner Verbindungen verursacht, gelten als Berufskrankheit nach Nr. 10 der A n l a g e zur 7. Berufkrankheiten-Verordnung nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf. trifft Nr. 46 der A n l a g e zur 7. BerufskrankheitenV e r o r d n u n g zu.

Nr. 11 Erkrankungen durch Kohlenoxyd I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

III. Krankheitsbild

K o h l e n o x y d (-oxid, -monoxid, CO) ist ein färb-, geruchund geschmackloses Gas ohne Reizwirkung v o n e t w a gleichem spezifischen Gewicht wie die Luft. Es entsteht bei unvollständiger, d. h. unter ungenügender 0 * - Z u f u h r stattfindender V e r b r e n n u n g kohlenstoffhaltiger Verbindungen. C O vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, w i e Erdreich und M a u e r w e r k , unbemerkbar durchdringen. C O ist im sog. Leuchtgas (Stadtgas) j e nach Ausgangsm a t e r i a l in einem Anteil v o n meist 8 bis 1 4 % , im entgifteten Stadtgas v o n e t w a 1 ®/o, im A b g a s der Ottomotoren v o n e t w a 3 % (im Leerlauf v o n e t w a lOVo), im A b g a s v o n Dieselmotoren v o n e t w a bis 0,5 °/o, im Hochofengas v o n etwa 2 0 bis 30°/e, im G e n e r a t o r g a s und W a s s e r g a s v o n e t w a 3 0 bis 50°/« enthalten. Auch in Brandgasen und in Explosionsschwaden können sehr hohe Konzentrationen auftreten. Gefahrenquellen sind insbesondere A r b e i t e n an defekten oder fehlerhaft betriebenen Heizanlagen, an offenen F e u e r steilen (z. B. Koksöfen), an defekten Gasleitungen, bei Bränden und Explosionen — hauptsächlich in geschlossenen Räumen, Tunneln und Untertagebetrieben — sowie an laufenden O t t o m o t o r e n in abzugsbehinderten Räumen („Garag e n tod"). Auch A r b e i t e n in Eisenhüttenwerken, Gießereien u. ä., in Gaswerken, G e n e r a t o r e n a n l a g e n und sonstigen Anlagen, die mit CO-haltigen Gasen betrieben werden, können eine Gefahrenquelle sein. II. Aufnahme C O gelangt Blutkreislauf.

und

ausschließlich

Wirkungsweise über

die

Atemwege

in

den

Da das Bindungsvermögen des CO an Hämoglobin (Hb) e t w a 200mal größer ist als das des Sauerstoffs (Oz), kommt es zu einer Sauerstoffverarmung im Organismus. Höhe der Konzentration in der Atemluft, Intensität der Atmung und Einwirkungsdauer des C O bestimmen den Grad der O ^ V e r armung im Organismus, die letztlich zur inneren Erstickung führen kann. Eine lang andauernde Einwirkung kleinerer CO-Dosen kann gesundheitsschädigender sein als eine kurze Einwirkung höherer CO-Dosen. Besonders betroffen werden die für O j - M a n g e l empfindlichen Gewebe, wie Gehirn, Herz, Leber und Nebenniere. Daneben kommt es zu schweren Kreislaufstörungen, wie v e r m e h r t e r Durchlässigkeit der Gefäße, Gefäßlähmungen und V e r l a n g s a m u n g der Blutzirkulation. Schon 0,1 Vol.-°/o C O in der Atemluft kann ein schweres Vergiftungsbild hervorrufen.

und

Diagnose

a) Die Einwirkung besonders hoher CO-Dosen, die zu Kohlenoxydhämoglobin (COHb) v o n 50 °/o und mehr führt, verursacht in kürzester Zeit Bewußtseinsverlust, Dyspnoe und Krämpfe; der Tod kann sehr rasch eintreten. b) Die Einwirkung v o n CO-Dosen, die zu einem COHb-Gehalt v o n e t w a 20 bis 5 0 % führen, verursachen Kopfschmerzen, Schwindel, Brechreiz, Benommenheit, Ohrensausen, Herzklopfen sowie evtl. V e r s a g e n der Muskelkraft und des zentralen Antriebs, etwa beim Versuch sich zu r e t t e n ; Erregungszustände, Krämpfe und Ohnmachtsanfälle können v o r k o m m e n . Der Puls ist beschleunigt, die A t m u n g vertieft und unregelmäßig, die Gesichtsfarbe bisweilen hellrot, gelegentlich leicht cyanotisch. Tödliche Atemlähmung oder H e r z v e r s a g e n infolge Schädigung lebenswichtiger Zentren bzw. des Herzmuskels sowie Stunden oder T a g e anhaltender Bewußtlosigkeit mit ihren Folgen, wie z. B. die Schluckpneumonie, sind b e L A u f n a h m e h ö h e r e r C O - M e n g e n möglich. Auch Gefühls» und B e w e g u n g s s t ö r u n g e n können vorkommen. Nach kurz dauernder, auch schwerer Vergiftung ist bei geeigneten Maßnahmen meist eine rasche Gesundung zu erwarten. Folgezustände und Spätschäden werden fast ausschließlich nach l ä n g e r e r CO-Einwirkung beobachtet. Hierbei zeigen sich n e r v ö s e und psychische Störungen sowie funktionelle und organische Herz- und Gefäßveränderungen. Störungen der V e r d a u u n g s o r g a n e und der Org a n e mit innerer Sekretion können vorkommen. Auch an Morbus Parkinson erinnernde Krankheitsbilder, Erblindungen, akute delirante Zustände und c e r e b r a l e Ausfallserscheinungen, wie Herabsetzung des Antriebs, der Merkfähigkeit und des sprachlichen Ausdrucksvermögens, wurden beobachtet. Polyneuritis, Epilepsie, Bluthochdruck und Arteriosklerose sind in der Regel keine Spätschäden nach CO-Einwirkung. c) Eine sog. chronische CO-Erkrankung („Intoxikation lente") kann durch über längere Zeiträume e i n g e a t m e t e kleinere CO-Mengen, die bei einmaliger Einwirkung keine subjektiv w a h r n e h m b a r e n Schäden und F o l g e e r scheinungen hervorrufen, entstehen. Eigentlich handelt es sich hierbei um eine subakute Vergiftung infolge wiederholter leichter „Angiftung". Klagen über Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Reizbarkeit u. ä. können hierfür ein Hinweis sein. Die Prognose der chronischen Erkrankung ist bei W e g f a l l der Exposition im allgemeinen günstig.

122

M e r k b l a t t N r . 12 IV. Hinweise für die ärztliche

Beurteilung

Hinweise für eine CO-Erkrankung, deren Symptome — abgesehen von denen der akuten Form — vielfach uncharakteristisch und vielseitig sind, ergeben sidi insbesondere auch aus eingehender Arbeitsanamnese und Kenntnis des Arbeitsplatzes (CO-Gehalt der Luft im Arbeitsraum). Häufig treten gleichzeitig an einem exponierten Arbeitsplatz bei mehreren Personen ähnliche Krankheitszeichen auf. Der quantitative CO-Nachweis im Blut kann besonders wichtig sein. Deshalb ist möglichst rasch nach der Exposition eine Blutabnahme mittels Venüle, die einen gerinnungshemmenden Zusatz erhält, vorzunehmen. Zur raschen Orientierung kann es dienlich sein, in ein mit Wasser gefülltes Reagenzglas einen Tropfen Blut des Erkrankten und in ein zweites mit Wasser gefülltes Reagenzglas einen Tropfen Blut einer nicht der CO-Einwirkung ausgesetzten Person hinzuzugeben. Während normalerweise im zweiten .Reagenzglas eine gelbliche Färbung eintritt, ist diese im ersten Fall bei einem COHb-Gehalt des Blutes ab 2 5 % rosa. Der negative Ausfall einer Blutprobenuntersuchung auf CO ist u. U. kein Beweis gegen das Vorliegen einer akuten CO-Erkrankung, insbesondere dann nicht, wenn das Blut

mehrere Stunden nach Einwirkung entnommen wurde, da in dieser Zeit der COHb-Spiegel, besonders unter Sauerstoffatmung, weitgehend abgesunken ist. Für die Beurteilung der sog. chronischen CO-Erkrankung sind wiederholt in dafür eingerichteten Untersuchungsstellen genaue quantitative Bestimmungen des COHb im Blut vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ggf. durch außerberuflich bedingten Aufenthalt in CO-haltiger Luft oder z. B. infolge starken Rauchens von Tabak bereits 5 bis 10°/o und meh~ COHb im Blut nachweisbar sein können. Wiederholte EKG-Untersuchungen und die Festlegung neuro logischer Befunde sind zusammen mit anderen klinischen Befunden für die ärztliche Beurteilung bedeutsam, da manche organische Veränderungen auch erst nach einer gewissen Latenzzeit manifest werden können. Funktionsstörungen am Herzen treten meistens unmittelbar (innerhalb der ersten Tage) nach der Vergiftung auf. Konstitution, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensalter sind evtl. für den Ablauf der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung. Diagnosestellung und Beurteilung des Krankheitsbildes können durch die gleichzeitige Einwirkung anderer Gase, z. B. bei Bränden, erschwert sein.

Nr. 12 Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen J. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Mangan (Mn), ein hartes, sprödes Metall, kommt in der Natur hauptsächlich in Form oxydischer Minerale, vor allem als Braunstein (Mn02), vor. Mangan und seine Verbindungen werden u. a. zur Herstellung von Legierungen, wie' Ferromangan, Mangankupfer, Manganbronze, Manganzink, ferner in der Eisenindustrie zur Desoxydation und Entschwefelung, in der Glas- und keramischen Industrie, in der Farben-, Lack- und Trockenbatteriefabrikation, zur Herstellung von Manganchlorid, Kaliumpermanganat, Mangansulfat (Düngemittel) sowie für die Sauerstoff- und Chlorerzeugung als Oxydationsmittel und Katalysator verwendet. Gefahrenquellen sind Gewinnung, Transport, Verarbeitung und Verwendung von Mangan oder seinen Verbindungen, sofern diese Stoffe als Staub oder Rauch eingeatmet werden. Dies trifft auch für das Elektroschweißen mit manganhaltigen, ummantelten Elektroden zu. Braunsteinmühlen sind eine besondere Gefahrenquelle. //. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Mangan oder seine Verbindungen werden über die Atemwege aufgenommen. Nach längerer, meist mehrjähriger Exposition kann überwiegend das Zentralnei vensystem geschädigt werden. Im besonderen degenerieren dabei Ganglienzellen im Putamen, Nucleus caudetus, Globus pallidus und im Thalamus. Akute Einwirkung größerer Mengen kann zu örtlichen Reizerscheinungen an den Atemwegen führen. ///. Krankheitsbild

und

Diagnose

Außer den genannten Reizerscheinungen an den Atemwegen, verursacht durch lokale Schädigung der Schleimhaut, ist gelegentlich auch eine sog. Manganpneumonie (kruppöse Pneumonie) möglich.

Uncharakteristische Allgemeinsymptome, wie Müdigkeit, Schwindel, Schwäche und Apathie, können dem sog. Manganismus, einem dem Morbus Parkinson ähnlichen Krankheitsbild, das sich allmählidi entwickelt, vorausgehen. Es kommt dabei zu einem unsicheren und breitbeinigen Gang. Die Fortbewegung ist schließlich nur noch durch kleine, trippelnde Schritte, häufig in Spitzfußstellung („Hahnentritt", „Steppergang"), möglich. Gleichzeitig ist auch in Ruhe ein erhöhter Muskeltonus festzustellen; die Sehnenreflexe sind gesteigert. Es kommt in fortgeschrittenen Fällen evtl. zu einer Zwangshaltung der Gliedmaßen und einer Motilitätsstarre. Pro-, Retro-, Lateropulsionen und grobschlägiger Tremor sowie mimische Starre (Maskengesicht), Schluckstörungen, Speichelfluß und Sprachstörungen (Stottern) sind typische Symptome des ausgeprägten Krankheitsbildes. Muskelspannungen und Bewegungsstörungen können eine Mikrographie zur Folge haben. Dabei wird die Schrift groß begonnen und endet schließlich in immer kleiner werdenden, zuletzt unleserlichen Buchstaben. Psychische Veränderungen, Zwangslachen und Zwangsweinen können auftreten. Vereinzelt wurden Leberparenchymschäden, Morbus Basedow und Blutbildveränderungen beschrieben. Differentialdiagnostisch sind Cerebralsklerose, Multiple Sklerose, Paralysis agitans, Wilsonsche Pseudosklerose, Status postencephaliticus, spastische Spinalparalyse u. ä. in Erwägung zu ziehen. IV. Hinweise für die ärztliche

Beurteilung

Der Nachweis beruflicher Exposition und ihres Ausmaßes ist von besonderer Wichtigkeit. Vermehrter Mangangehalt in Blut und Haaren sowie erhöhter Koproporphyringehalt im Urin können evtl. von Bedeutung sein. Es ist zu beachten, daß der Mangangehalt im Blut auch normalerweise größere Schwankungen aufweist. Die Erkrankung kann u. U. erst mehrere Jahre nach Wegfall der Exposition manifest werden. Sie verläuft meist chronisch und progredient.

M e r k b l a t t N r . 13

123

Nr. 13 Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol) I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Methanol (Methylalkohol — CH3OH —) wird vorwiegend synthetisch aus Kohlenoxyd und Wasserstoff bzw. aus Erdgas, gelegentlich noch durch trockene Destillation von Holz (Holzgeist) oder Melasseschlempe gewonnen. In reinem Zustand ist Methanol eine farblose, alkoholisch und leicht stechend riechende Flüssigkeit. Geschmacklich ist Methanol von (Äthyl-) Alkohol nur schwer zu unterscheiden.

Darüber hinaus kann die Aufnahme größerer Mengen Zyanose, Krämpfe, Verwirrtheitszustände, Kreislaufstörungen (meist Braclycardie), Sehstörungen (Nebelsehen, gestörtes Farbensehen) bis zur Erblindung bewirken. Schon wenige Stunden nadti der Giftaufnahme kann der Tod durch Atemlähmung, häufiger jedoch erst nach einigen Tagen (nur ausnahmsweise länger als drei Tage) durch Kreislaufinsuffizienz infolge allgemeiner Vasomotorenschwäche bzw. -lähmung, eintreten.

Methanol wird hauptsächlich verwendet als Löse- oder Verdünnungsmittel für Farben, Lacke, Polituren, Klebstoffe, Natur- und Kunstharze, zur Befeuchtung von Nitrozellulose, in Steifungs- und Fleckenreinigungsmitteln. Eine Gefahrenquelle ist in erster Linie bei ungenügender Belüftung und beim Arbeiten im Spritz verfahren gegeben. Auch in der chemischen Industrie, z.B. als Grundstoff zur Erzeugung"von Formaldehyd, zur Herstellung von Anilinfarben sowie in der pharmazeutischen und kosmetischen Industrie wird Methanol benutzt. Ferner findet es noch Verwendung als Vergällungsmittel für Brennspiritus.

Uberlebt der Vergiftete das akute Stadium, dann können sidi Spätschäden infolge der akuten Vergiftung bemerkbar machen, welche auf der nephro-, hepato- und neurotoxisehen Wirkung des Methanols beruhen. Es tritt Oligurie, in schweren Fällen vorübergehende Anurie und Urämie mit Reststickstoff- und Blutdruckanstieg auf. Der Urin hat ein niedriges spezifisches Gewicht und ist stark sauer. Er kann Eiweiß, massenhaft Kalzium-Oxalatkristalle und wenig Zylinder enthalten; Erythrozyten und Leukozyten werden meist nicht gefunden.

//. Aufnahme und-Wirkungsweise Methanol wird in Dampfform über die Atmungsorgane oder in flüssiger Form über den Magen-Darm-Kanal aber audh durch Hautresorption (z. B. bei Durchtränkung der Kleidung) aufgenommen.

Die neurotoxische Wirkung kann zur toxisdien Encephalose mit Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Benommenheit, Krämpfen, Bewußtlosigkeit usw. führen. Schwere Sehstörungen bis völlige Erblindung sind beobachtet worden. Auch Sdiädigungcn anderer Gehirnnerven (z. B. des N. facialis, N, akustikus, N. cochlearis) und periphere Polyneuritis kommen vor.

Die Wirkungsweise beruht einerseits auf seiner mäßig entfettenden,'austrocknenden und lipoidlöslichen Eigenschaft, die zu Reizerscheinunqen der Haut und der Schleimhäute an Augen und Atemwegen führt, andererseits auf den beim Abbau im Organismus entstehenden Oxydationsprodukten Formaldehyd und Ameisensäure. Letztere verursachen eine Acidóse und blockieren Oxydationsvorgänge des Stoffwechsels. Die Giftwirkung wird vor allem auf das in den Körperzellen sidi bildende Formaldehyd, das eiweißfällend und fermenthemmend ist, zurückgeführt. Methanol wird im Organismus verhältnismäßig lange retiniert und nur langsam abgebaut. Durch Kumulation können auch kleine Mengen giftig wirken. III. Krankheitsbild und Diagnose Die perorale Aufnahme des Methanols kann einen akuten, die Aufnahme durch Inhalation von Dämpfen oder durch die Haut einen chronischen Vergiftungsverlauf zur Folge haben. Während bei den beruflich verursachten Schäden das chronische Krankheitsbild vorherrscht, überwiegt bei Unglücksfällen infolge Trinkens von Methanol das akute. a) A k u t e

Form:

Wird Methanol getrunken, dann kann es nach einer Latenzzeit von wenigen Stunden bis zu zwei Tagen neben Rauschzuständen, Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen zu Brennen in der Speiseröhre, kolikartigen Leibschmerzen, Brechreiz und evtl. Erbrechen kommen.

Die hepa'.otoxische Wirkung kann sich in einer Leberschwellung zeigen.

Zur Diagnosestellung kann bei akuten Erkrankungen eine chemische Untersuchung des Mageninhalts angebracht sein, b) C h r o n i s c h e

Form:

Zu beobathten sind Appetitlosigkeit, Schleimhautreizungen der A u g e n und der Atemwege, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Leibseimerzen, Sehstörungen mit unterschiedlich weit reichendem zentralem Skotom; neuritisdie Beschwerden und Leberschwellung können auftreten. Das Krankheitsbild ist ebenso wie die Verträglichkeit gegenüber dem Methanol individuell verschieden. Frauen, Jugendliche, alte und geschwächte Menschen sind dem Methanol gegenüber weniger widerstandsfähig. Eine begrenzte Erhöhung der Widerstandskraft durch Gewöhnung ist ebenso möglich wie eine Steigerung der Giftempfindlichkeit bei wiederholter Aufnahme kleiner Mengen. Diese Faktoren können im Einzelfall den klinischen Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen. Zur Diagnosestellung ist es wichtig, den Nachweis des Methanols im Blut und im Urin zu erbringen; außerdem kann der erhöhte Ameisensäuregehalt im Urin ein wichtiger ätiologische]' Hinweis sein. Bei Verdacht einer beruflich verursachten Erkrankung ist die Arbeitsanamnese mit Feststellung, ob, wie lange und in welchem Umfang eine Einwirkung von Methanol • oder methanolhaltiqer Stoffe stattgefunden hat, von großer Bedeutung, zumal andere Lösemittel ähnlidie Krankheitserscheinungen hervorrufen können.

124

M e r k b l a t t N r . 14

Nr. 14 Erkrankungen durch Phosphor oder seine Verbindungen A. P h o s p h o r Vorkommen und Gefahrenquellen, Auinahme Wirkungsweise, Krankheitsbild

und

Phosphor (P) kommt in der Natur nur in Mineralien vor, überwiegend als Phosphorit und Apatit. Aus dem elementaren weißen (gelben) P entsteht durch Erhitzen unter Luftabsdiluß der in Wasser unlösliche, geruchlose und wenig reaktionsfähige rote P. Giftig ist nur der elementare weiße (gelbe) Phosphor. Gefahrenquellen bestehen bei der Gewinnung des weißen P, seiner Verwendung in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie, der Herstellung von Phosphorbronze, von phosphorhaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie der Fertigung von Feuerwerkskörpern, Rauch- und Nebelstoffen sowie Leuditspur- und Brandmunition. Die Einwirkung des weißen P auf die Haut kann zu schweren Verbrennungen führen. Seine Aufnahme über den Magen-Darmtrakt und gelegentlich durch Hautresorption verursacht in der Regel akute Vergiftungserscheinungen. Nach langzeitiger Einatmung phosphorhaltiger Dämpfe kann sich eine chronische Erkrankung entwickeln. Durch das Reduktionsvermögen des P wird die intrazelluläre Oxydation gehemmt. Es können die fermentativen Funktionen der Leber, der Nieren und wegen der Stoffwechselbeziehungen des P zum Kalzium insbesondere die Knochen betroffen werden. Die a k u t e Einwirkung größerer Mengen von weißem P kann innerhalb weniger Stunden unter dem Bild des Kreislaufversagens ggf. schockartig zum Tode führen. Häufig kommt es zu einer schweren Erkrankung mit Übelkeit, Durchlällen, blutigem Erbrechen (Erbrochenes kann phosphoreszieren), Gelbsucht, Leber- und Milzschwellung. Das Krankheitsbild der akuten gelben Leberatrophie kann entstehen. Blutungen in anderen Organen und evtl. Parenchymschaden, insbesondere der Niere, können vorkommen. Günstigenfalls resultiert eine mehr oder weniger starke Vernarbnng in der Lebor mit nachfolgender Leberzirrhose. Die c h r o n i s c h e Einwirkung von weißem P führt zu Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Verdauungsstörungen, Abmagerung, Neigung zu Blutungen in Haut- und Sdileimhäuten und am Augenhintergrund, insbesondere aber zu Veränderungen in Knochen im Sinne einer Osteoporose. Dadurch ist eine besondere Anfälligkeit des Knochens für Infektionen gegeben; Osteomyelitis, Periostitis und Nekrosen von Knochenteilen können vorkommen. Vorwiegend sind die Kieferknochen betroffen. B.

Phosphorverbindungen

Vorkommen und Geiahrenquellen, Auinahme Wirkungsweise, Krankheitsbild I. A n o r g a n i s c h e

und

Phosphorverbindungen, wie

a) Phosphorwasserstoff (PH3) — Phosphin — und phorsphorwasserstoffbildende Verbindungen — Metallphosphide — (Kalzium-, Aluminium-, Zinkphosphide). PH3 ist ein farbloses Gas mit meist an faule Fische erinnerndem Gerudi. Gefahrenquellen ergeben sich beim Umgang mit phosphorhaltigem, feuchtem Ferrosilizium, mit Kalziumkarbid, das durch Phosphorkalzium verunreinigt ist, und mit

Kalkstickstoff, der Kalziumkarbid enthält. Weitere Gefahrenquellen bilden Herstellung und Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf der Basis von Metallphosphiden und Azetylen, das PH3 als Verunreinigung enthalten kann. PH3 ist ein Stoffwechselgift; das Gas wird entweder mit der Atmung aufgenommen oder aus Phosphiden im Magen-Darm-Kanal gebildet. Die Aufnahme einer entsprechend großen Dosis kann sofort, jedoch auch erst viele Stunden später, Kopfschmerzen, Übelkeit, starkes Durstgefühl, Erbrechen und Durchfälle bewirken. Brustbeklemmung, Cyanose, Erregungszustände, Streckkrämpfe und Bewußtlosigkeit kennzeichnen das schwere Krankheitsbild, das im akuten Stadium zum Tode führen kann. b) Phosphor-Chlorverbindungen, wie Phosphoroxychlorid (POCI3), Phosphortrichlorid (PCI3) und Phosphorpentachlorid (PCI5). Die Stoffe sind von starker, u.U. verzögerter Reizwirkung auf die Schleimhäute des Mundes, der Atemwege und auf die Augen. c) Phosphor-Schwefelverbindungen, wie Tetraphosphortrisulfid (P4S3), früher Phosphorsesquisulfid genannt. Diese Verbindung wird vor allem für Reibflächen von Streichholzschachteln verwendet. Ihre Reizwirkung auf Haut und Schleimhäute ist relativ gering. Verunreinigungen mit weißem P sind möglich. d) Phosphathaltige, künstliche Düngemittel, wie Superphosphat und Nitrophoska enthalten anorganische Phosphate. Hierdurch bedingte Erkrankungen wurden bisher nicht beobachtet. Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen durch Thomasphosphat (Thomasmehl) sind in Nr. 36 der Anlage zur 7. BKVO erfaßt. II. O r g a n i s c h e Phosphorverbindungen, wie a) Tributylphosphat ((CiHgk • PO4), Triphenylphosphat ((C6H5]3 • PO4) und Trikresylphosphat ({CH^CcH^ • PO4). Diese Stoffe finden u. a. als Weichmacher für Lacke, in der Kunststoffindustrie, als Hydraulikflüssigkeiten sowie als Schmier- und Lösemittel Verwendung. Beruflich verursachte Erkrankungen wurden nach oraler Aufnahme von Ortho-Trikresylphosphat beobachtet. Sie äußern sich in Erbrechen, Übelkeit und schließlich in entzündlichen und degenerativen Erkrankungen von Nerven. Vereinzelt wurden auch spastische Spätschäden festgestellt. b) Organische Phosphorsäureverbindungen (Insektizide). . Diese Verbindungen, auch Phosphorsäureester genannt, sind ein wesentlicher Bestandteil von giftigen Pflanzenschutzmitteln und im allgemeinen nach folgender Strukturformel gebaut: Ri — O

^

O (S) P

R 2 — O """ O (S) — R 3 Hierbei bedeuten Rt und R2 Alkylreste, R3 einen typischen organischen Rest. Bei den Thiophosphorsäureestern sind ein oder zwei Sauerstoffatome durch die in Klammern gesetzten Schwefelatome ersetzt.

M e r k b l a t t N r . 15

125

rung enzymatischer Funktionen, vor allem der Cholinesterase. Kopfschmerzen (Stirnkopfschmerzen), Miosis, ges t e i g e r t e Tränen-, Speichel-, S c h w e i ß d r ü s e n - u n d Bronchialsekretion, Bronchialspasmen, Übelkeit, Erbrechen, Pylorosp ismus, Koliken u n d Durchfälle sowie evtl. Herzund Kreislaufstörungen kennzeichnen das Krankheitsbild Ggf. k ö n n e n fibrilläre M u s k e l z u c k u n g e n u n d epileptiforme Krämpfe vorkommen, unter Umständen sind Lungenödem und zentrale A t e m l ä h m u n g möglich Ausfallserscheinungen sensibler oder motorischer Nerven k ö n n e n als K r a n k h e i t s f o l q p 7i]r!irkblnhr>n Für die Diagnosestellung sind die W e r t e der Cholinester a s e im Blut v o n B e d e u t u n g

Die eigentlichen Wirkstoffe, z.B. Diazinon, Dimethoate (Rogor), M a l a t h i o n , M e t h y l d e m e t o n (Metasystox), P a r a thion, Phosdrin, P h o s p h a m i d o n , Tridilorphon (Dipterex), werden von den Herstellerfirmen von Pflanzenschutzmitteln e n t w e d e r in L ö s u n g o d e r in M i s c h u n g m i t f e s t e n i n e r t e n Substanzen als s o g e n a n n t e Formulierungen unter vers c h i e d e n e n B e z e i c h n u n g e n i n d e n H a n d e l g e b r a c h t , z. B. A l a x o n , B a s u d i n , C e l a t h i o n , D i m e c r o n , E 605 f o r t e , E x o d i n , M e r k o n , P a r a s i t o l , P D 5, P e r f e k t h i o n , R o x i n u . a. Herstellung, Verstäubung und Versprühen dieser Subs t a n z e n k ö n n e n G e f a h r e n q u e l l e n sein. N a c h A u f n a h m e in den Organismus über Atemwege, Magen-Darmtrakt oder H a u t b e w i r k e n d i e s e Stoffe e i n e H e m m u n g bzw. Blockie-

Nr. 15 Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen I. Vorkommen

und

Ge/a/irengueJ/en

2

a) Q u e c k s i l b e r (Hg) i s t e i n s i l b e r g l ä n z e n d e s , f l ü s s i g e s M e t a l l , d a s s c h o n b e i Z i m m e r t e m p e r a t u r v e r d a m p f t . Es w i r d a u s d e m r o s t b r a u n e n Zinnobererz, aus Hg-haltigen sulfidischen Zink- oder Silbererzen, bei d e r e n V e r h ü t t u n g es als N e b e n produkt anfällt, sowie aus Flugstaub u n d Bleikammerschlamm der S c h w e f e l s ä u r e f a b r i k e n g e w o n n e n . In der N a t u r k o m m t es gelegentlich als flüssiges, sog. J u n g f e r n q u e c k s i l b e r vor. In H g w e r d e n viele M e t a l l e zu sog. A m a l g a m e n gelöst. Diese, j e nach G e h a l t a n H g flüssig, plastisch o d e r fest, g e b e n b e i m E r h i t z e n , z. T. a u c h b e i m P r e s s e n , H g i n D a m p f f o r m b z w a l s Flüssigkeit w i e d e r ab. H g f i n d e t V e r w e n d u n g z. B. z u r H e r s t e l l u n g v o n T h e r m o metern u n d Barometern, Gleichrichtern, Unterbrechern, Quecks i l b e r - D a m p f l a m p e n , in T h e r m o s t a t e n , in d e r H o c h v a k u u m technik, zur Herstellung v o n Knallquecksilber, Quecksilberf a r b e n , v o n A m a l g a m e n in d e r M e t a l l u r g i e , in z a h n ä r z t l i c h e n P r a x e n u n d L a b o r a t o r i e n , a l s K a t a l y s a t o r , z. B. b e i d e r A z e taldehyd- u n d Essigsäureproduktion aus Azetylen, zur Abtrennung von Natrium bei der elektrolytischen Chlor-Alkahg e w i n n u n g s o w i e zur H e r s t e l l u n g v o n Q u e c k s i l b e r Verbindungen G e f a h r e n q u e l l e n b e s t e h e n bei Gewinnung, Rückgewinnung, Verarbeitung, Verpackung, Transport und Verwendung von Hg, i n s b e s o n d e r e aber, w e n n H g verschüttet u n d der farbund geruchlose Hg-Dampf oder Hg-haltige Staub eingeatmet wird. b) B e d e u t s a m e H g - V e r b i n d u n g e n , d i e u . U. a u c h b e s o n d e r e G e f a h r e n q u e l l e n f ü r die G e s u n d h e i t sein k ö n n e n , sind folgende: 1

A n o r g a n i s c h e

Hg-Verbindungen,

wie

Quecksjlber-2-chlorid (Merkurichlorid — Sublimat — HgCl* —) a l s I m p r ä g n i e r u n g s m i t t e l f ü r d a s K o n s e r v i e r e n v o n H o l z (sog. K y a n i s i e r u n g ) , z u m V e r s t ä r k e n p h o t o g r a p h i s c h e r P l a t t e n u a , f e r n e r Q u e d c s i l b e r c y a n i d (Hg[CN]2) u n d das officinell v e r w e n d e t e Q u e c k s i l b e r o x y c y a n i d , Q u e c k s i l b e r - 1 - n i t r a t ( M e r k u r o n i t r a t — HgNO;* —) als B e i z e i n H a s e n h a a r s c h n e i d e r e i e n u n d in d e r H a a r h u t industrie, Quedtsilber-2-sulfid (Merkurisulfid — häufig vorkommendes Quecksilbererz,

Zinnober

—)

als

rotes u n d gelbes Q u e c k s i l b e r o x y d (HgO) als O x y d a t i o n s mittel und Katalysator zur Entschwefelung organischer S t o f f e , b e i m V e r g o l d e n in d e r P o r z e l l a n m a l e r e i u n d a l s Bestandteil zur Herstellung medizinischer Hg-Praparate, Quecksilber-1-chlorid (Merkurochlorid — Kalomel — HgCl —) a l s A r z n e i m i t t e l ;

O r g a n i s c h e

Hg-Verbindungen,

wie

K n a l l q u e c k s i l b e r (Hg[CNO]2) als Initialsprengstoff zur Herstellung von Zündhütchen und Sprengkapseln, Q u e c k s i l b e r d i a l k y l e , z. B. d a s l e i c h t f l u c h t i g e M e t h y l o d e r Ätl" y l q u e c k s i l b e r s o w i e P h e n y l q u e c k s i l b e r s a l z e u n d Q u e c k s i l b e r o l e a t e als Fungicide, Saatbeiz- o d e r Holzkonservisrungsmittel 7/

Aufnahme

und

Wirkungsweise

Hg oder seine V e r b i n d u n g e n werden beruflich bedingt v o r w i e g e n d in D a m p f - o d e r S t a u b f o r m e i n g e a t m e t , in ger i n g e r e m U m f a n g ist a u c h A u f n a h m e ü b e r d i e H a u t o d e r den M a g e n - D a r m - T r a k t möglich H g ist e i n Z e i l - u n d P r o t o p l a s m a g i f t . Es k a n n m L e b e r und Nieren akkumuliert werden. An Albumine gebunden, w i r d es unterschiedlich schnell a u s g e s c h i e d e n III

Krankheitsbild

und

a) b e i E i n w i r k u n g v o n Q u e c k s i l b e r schen V e r b i n d u n g e n -

Diagnose und

seinen

anorgani-

Die a k u t e Form d e j ^ E r k r a n k u n g infolge beruflicher T ä t i g k e i t ist s e l t e n Sie-*-*Jann d u r c h E i n a t m e n größerer M e n g e n von Quecksilberdämpfen, gelegentlich auch durch orale A u f n a h m e von Quecksilber Verbindungen, entstehen. Letztere verursacht metallischen Geschmack, Salivation, Brenn e n in d e r S p e i s e r ö h r e , E r b r e c h e n , H a r n f l u t u n d h ä u f i g A l b u m i n u r i e s o w i e evtl. Tenesmen. Die Ausscheidung von H g durch Schweißdrüsen k a n n zur Dermatitis mercunalis, die durch die Parotis zur Stomatitis mercurialis führen. Schwere K r a n k h e i t s s y m p t o m e sind blutige Diarrhoen, Schleimh a u t n e k r o s c - n in DUnn- u n d D i c k d a r m s o w i e N i e r e n f u n k t i o n s s t ö r u n g e n , die schließlich zu A n u r i e u n d U r ä m i e f ü h r e n können Nach E i n a t m e n g r ö ß e r e r M e n g e n k a n n es zu e i n e r Schäd i g u n g d e s Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s s o w i e zu R e i z u n g e n der A t e m w e g e k o m m e n Die a k u t e F o r m k a n n m die subchronische u n d chronische ubergehen D i e c h r o n i s c h e F o r m d e r E r k r a n k u n g e n t s t e h t in d e r Regel durch langzeitige A u f n a h m e kleinster H g - M e n g e n . Zunächst treten unspezifische Allgemeinsymptome, wie Mattigkeit, Kopf- u n d Gliederschmerzen, auf. V e r m e h r t e Salivat i o n , a l l m ä h l i c h sich e n t w i c k e l n d e E n t z ü n d u n g e n d e s Z a h n fleisches u n d der M u n d h ö h l e n s c h l e i m h a u t , Lockerung der Z ä h n e , Z a h n a u s f a l l , R ö t u n g d e s R a d i e n r i n g e s (sog. Q u e c k silberrachen), u . U . audi auffallende Trockenheit der Mundh ö h l e k ö n n e n wichtige H i n w e i s e sein. Seltener w e r d e n blauvioletter H g - S a u m a m Zahnfleisch u n d N e i g u n g zu Diarrhoen, Leber- und Nierenfunktionsstörungen beobachtet.

.Merkblatt N r . 16

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Die chronische Form ist überwiegend durch Symptome von Seiten des Zentralnervensystems gekennzeichnet. Hierzu gehören: Erethismus mercurialis, ein Zustand von ängstlicher Befangenheit, Empfindlichkeit, Menschenscheu, Schreckhaftigkeit, Stimmungslabilität, zeitweise hemmungsloser Erregung und unmotivierten psychischen Verhaltens. Tremor mercurialis, oft beginnend mit feinschlägigem Fingerzittern, allmählich übergehend in Schüttelbewegungen der Hände, der Arme, des Kopfes und der Beine. Mit Zunahme des Tremors ist häufig eine Steigerung der Sehnenreflexe zu beobachten. Eine Handsdiriftprobe kann die für den ,',Quecksilberkranken" oft typische Zitterschrift erkenntlich machen. Sensibilitätsstörungen, die an Rumpf und Extremitäten nachweisbar sein können. Sprachstörungen mit Stottern, Verwaschensein der Sprache, insbesondere beim Gebrauch von Zischlauten (sog. Psellismus mercurialis).

das unter III a geschilderte Krankheitsbild meist mit leichteren Symptomen. Rasch können im weiteren Verlauf auf Encephalopathie beruhende Anzeichen, wie Anästhesien, Parästhesien, motorische oder sensible Lähmungen, Seh-, Sprachstörungen, Höreinbuße o. ä. auftreten. Auch die l a n g z e i t i g e Einwirkung geringerer Mengen kann zu einer Schädigung im Zentralnervensystem führen. /V. Hinweise

für die är2tüche

Beurteilung

Um das oft uncharakteristische Krankheitsbild richtig beurteilen zu können, ist die Arbeitsanamnese, insbesondere Art und Weise der Hg-Exposition, von Wichtigkeit. In Urin und Faeces wird Hg ausgeschieden; auf das Ergebnis exakter Untersuchungen in hierfür geeigneten Laboratorien ist besonders zu achten. Ein deutlich positiver Befund weist in der Regel auf die stattgehabte Exposition hin; eine Erkrankung braucht jedoch deshalb noch nicht zu bestehen.

Gleichzeitig hiermit lassen die Merkfähigkeit und später auch das Gedächtnis erheblich nach; ein allgemeiner Persönlichkeitsschwund ist festzustellen.

Reparabilität der durch organische Verbindungen aufgetretenen Schäden im Nervensystem ist fraglich. Tremor kann noch jahrelang nach Wegfall der Exposition nachweisbar sein.

b) bei Einwirkung organischer Hg-Verbindungen:

Auf Sensibilisierung beruhende Dermatitiden sind möglich; ggf. trifft dann Nr. 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten* Verordnung zu.

Die a k u t e bzw. s u b a k u t e Form infolge Einwirkung flüchtiger organischer Verbindungen zeigt häufig zunächst

Nr. 16 Erkrankungen durch Salpetersäureester I. Vorkommen

und Ge/ahrengueJJen

Salpetersäureester sind Verbindungen der Salpetersäure mit ein- und mehrwertigen Alkoholen. Es sind häufig ölige, z. T. leicht flüchtige Flüssigkeiten. Gesundheitsgefährdend sind insbesondere Nitroglykol (C2H4 [ONO2I2) und Nitroglyzerin {C3H5 [ONO2] 3), die für die Herstellung von Sprengstoffen verwendet werden. Gefahrenquellen sind das Nitrieren, Gelatinieren, Mischen und Patronieren. Auch Umgang mit diesen Stoffen in bestimmten Laboratorien sowie Kontakt mit aufgerissenen, nicht explodierten Sprengstoffpatronen, z. B. bei Abraumarbeiten, können gesundheitsgefährdend sein. Dies trifft nicht für die z. B in Ladefarben enthaltene Nitrozellulose zu. II. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Die Aufnahme der Salpetersäureester erfolgt sowohl über die Atemwege als auch durdi Hautresorption. Flüchtigkeit und Hautdurdidringungsvermögen nehmen von den einwertigen zu den mehrwertigen Alkohol-Salpetersäureverbindungen hin ab. Nitroglykol ist auch-'aus diesem Grunde stärker giftig als Nitroglyzerin. Dagegen spielt die im Organismus bei Nitroglykoleinwirkung einsetzende Nitritbildung eine untergeordnete Rolle. Infolge Einwirkung von Salpetersäureestern kommt es zur Blutgefäßerweiterung mit Absinken zunächst des systolischen und bei weiterer Exposition auch des diastolischen Blutdruckes. Neben der peripheren Kreislaufwirkung mit ihren Folgen ist evtl. ein durch diese Stoffe bedingter zentraler Effekt möglich. Die chronische Einwirkung kleinerer Mengen bewirkt auch als Ausdrude eingetretener Gegenregulationen langsam eine Erhöhung des diastolischen Blutdruckes. Dadurch wird die Blutdruckamplitude deutlich kleiner. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Schon nach kurzer Exposition, insbesondere mit Nitroglykol, können in erster Linie Kopfschmerzen, später auch

Schwindel, Gefühl der Trunkenheit, Brechreiz, Gesichtsrötung, Hitzegefühl, Appetitlosigkeit und Schlafstörungen auftreten. Uber Schmerzzustände in der Herzgegend, die dann ähnlich denen der Angina pectoris sind, kann geklagt werden. Oft ist der Blutdruck erniedrigt; selten besteht eine Bradykardie. Nach einer gewissen Zeit der Exposition mit kleineren Dosen tritt oft eine Gewöhnung ein, die dazu führt, daß die Beschwerden geringer werden und auch schon bei Arbeitsunterbrechungen, z. B. am Wochenende, völlig zurückgehen. Bei Wiederaufnahme der Arbeit, z. B. am folgenden Montag, kann es zu einem Rückfall der Beschwerden kommen, weshalb diese Erkrankung auch als sog. Montagskrankheit bezeichnet wird. Vorausgegangene körperliche und psychische Belastungen können sich ungünstig auswirken. Plötzliche Todesfälle nach Kreislaufkollaps und durch akutes Herzversagen sind nach Arbeitspausen — Urlaub, Wochenende (sog. Montagssterbefälle) — oder Arbeitsplatzwechsel beobachtet worden. Ausschlaggebend für den weiteren Krankheitsverlauf ist der Grad der Kreislaufregulationsstörung. Die innerhalb der Erythrozyten gelegenen sog. Heinzschen Körperchen sind nur dann festzustellen, wenn gleichzeitig eine Einwirkung von nicht zu den Salpetersäureestern gehörenden aromatischen Nitrokörpern, wie Trinitrotoluol u. ä., stattgefunden hat, was für Arbeiten in der Sprengstoffherstellung zutreffen kann. IV. Hinweise

für die ärzf/iche

Beurteilung

Arbeitsanamnese, klinischer Befund und evtl. das Ergebnis vön Luftanalysen, z. B. auf Nitroglykol- und Nitroglyzeringehalt, sichern die Diagnose. Abgesehen davon, daß in Einzelfällen die toxische Kreislaufregulationsstörung .plötzlich enden kann, ist im allgemeinen .die Prognose, insbesondere nach Wegfall der entsprechenden Exposition, günstig. Spätschäden sind kaum zu erwarten.

M e r k b l a t t N r . 17

127

Nr. 17 Erkrankungen der Zähne durch Säuren A. Erkrankungen der Zähne durch dem Luftstrom beigemischte anorganische und organische Säuren l. Vorkommen und Gefahrenquellen Säureschäden der Zähne durch anorganische Säuren (Mine* raisäuren) können bei ihrer Herstellung oder Verarbeitung entstehen, z. B. bei der Salz-, Schwefel- oder Salpetersäurefabrikation, in Metallbeizereien, beim Gelbbrennen, in der Zinkelektrolyse und in den Formierabteilungen der Akkumulatorenfabriken. Zahnschäden durch organische Säuren können insbesondere durch Essig- und Ameisensäure in Textilfabriken beim Stoffdruck, durch Oxalsäure in Färbereien und chemischen Reinigungen, durch Wein- und Zitronensäure in pharmazeutischen und Nährmittelfabriken auftreten. Eine besondere Gefahrenquelle sind die Mineralsäuren, vor allem die Halogenwasserstoffsäuren und die Salpetersäure, da diese schon bei normaler Temperatur flüchtig sind.

11. Aufnahme und Wirkungsweise Säuren wirken durch den Luftstrom direkt auf die Zähne zuerst an den Stellen ein, die bei geöffnetem Mund von Weichteilen (Lippen) entblößt und relativ frei von Speichel sind. Infolgedessen treten zu Beginn Schäden in der Regel an der Vorderfläche der oberen mittleren Schneidezähne in der Gegend der Schneidekanten auf. Die unteren Frontzähne bleiben zunächst frei, später können Schäden im Bereich der Schneidekanten entstehen. 111. Krankheitsbild und Diagnose Es wird zunächst über ein Gefühl des „Stumpfwerdens" der Zähne geklagt, das sich, im Gegensatz zur gleichen Empfindung nach Fruchtsäuregenuß, nicht wieder verliert. Die Zähne werden glanzlos und rauh. Beim Fortschreiten diese* Prozesses wird der Schmelz dünner, es kommt zum Verlust der Kontaktpunkte (Keilform der Zähne), zu zackigen Rändern, das Dentin tritt mehr und mehr hervor, wodurch die Zähne allmählich dunkel werden. Es kann eine Uberempfindlidikeit gegen Temperaturunterschiede und gegen süße, salzige und saure Speisen entstehen. In der Regel verliert sich diese bald durch Bildung von Reizdentin. Außer der Zerstörung des Schmelzes kommt es zusätzlich zu einem medianischen Zerstörunasprozeß, der an den Schneidekanten beginnt. Die Zähne werden kürzer; es entsteht der «offene Biß". Das Ende dieses Vorganges sind verfärbte Zahnstummel. Zahnfleischerkrankungen sind nicht die Folge der Säureeinwirkung, sondern der mangelnden Mundpflege. Die Zahnveränderungen entwickeln sich im Laufe mehrerer Jahre, können allerdings auch schon nach wenigen Monaten auftreten. Hierbei spielen neben der Säurekonzentration und der Einwirkungsdauer sowie dem Ausmaß der getroffenen Schutzmaßnahmen die Qualität des Schmelzes und die persönliche Hygiene eine Rolle. Die Diagnose ergibt sich aus der typischen Lokalisation der Substanzverluste in Verbindung mit der Arbeitsanamnese.

Differenti.ildiagnostisch sind Säureschäden anderer Ätiologie und damit anderer Lokalisation abzugrenzen, z. B. gegen Schäden duich jahrelangen Genuß konzentrierter Fruchtsäfte (Fruchtsäuren), durch ungeeignete Mundwässer und Zahnpflegemittel, durch Zerstäuben und Inhalieren von Medikamenten, die geeignet sind die Zähne anzugreifen, durch jahrelanges perorales Einnehmen von Salzsäure, ferner gegen Altersabschliff (Abrasio) und gegen die Canes dentium.

B. Erkrankungen der Zähne durch in der Mundhöhle sich bildende organische Säuren /. Vorkommen und Gefahrenquellen Es handelt sich hier um Schädigungen der Zähne durch organische Säuren, die auf Grund von Gärungsprozessen in der Mundhöhle entstehen (Milchsäure, Buttersäure, Brenztraubensäurc;)- Diese Gärungsprozesse werden durch gleichzeitige Einwirkung von Mehl und Zucker, Mehl und Hefe oder besonders durch Einwirkung von Mehl, Zucker und Hefe hervorgerufen. Schäden werden überwiegend bei Konditoren, Lebkuchenbäckern und bei Arbeitern in der Süßwarenindustrie beobachtet, selten dagegen in Brotbäckereien und Mühlenbetrieben; daher kömmt die Bezeichnung „Zukkerbäckercaries". II. Aufnahme und Wirkungsweise Die Aufnahme erfolgt sowohl durch Mehl- und Zuckerstaub in der Luft, vor allem aber dadurch, daß die Mehl- und Zuckererzeugnisse abgeschmeckt werden müssen. Es können alle Zähne befallen werden. Zucker und Mehl setzen sich bevorzugt an den Zahnhälsen ab und begünstigen unter Mitwirkung der Hefe diese Erkrankungen. III. Krankheitsbild und Diagnose Die „Zuckrbäckercaries" entwickelt sich rasch und befällt gleichzeitig mehrere Zähne. Sie beginnt charakteristisch im gingivalen Abschnitt der Zähne und breitet sich sehr bald auf die Labialflächen, besonders der Frontzähne, aus. Die Seitenflächen der Zähne werden erst später befallen. Wichtig für die Diagnose „Zuckerbäckercaries" ist neben der Arbeitsanamnese eine Vielzahl oberflächlicher ausgedehnter Zahnhalsdefekte, die auf die Labialflächen übergreifen. Die nicht berufsbedingte Caries beginnt vorwiegend an den Fissuren oder zwischen den Zähnen. IV. Hinweise

für die ärztliche Beurteilung

zu A und B

Bei der ärztlichen Beurteilung sind Art, Umfang und Dauer der beruflichen Tätigkeit, ihr zeitlicher Zusammenhang mit der Erkrankung und Art und Lokalisation der Zahnschäden zu beachten. Die Beurteilung der Erkrankungen der Zähne durch Säuren kann schwierig sein; ihre Begutachtung sollte durch einen auf diesem Gebiet erfahrenen Zahnarzt vorgenommen werden. Die unter A genannten Schäden sind relativ selten.

128

M e r k b l a t t N r . 18,19

Nr. 18 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Schwefelkohlenstoff (CS2) ist eine faulig riechende, bei 46° C siedende, schon bei Zimmertemperatur flüchtige, in Lipoiden lösliche Flüssigkeit. In Dampfform ist CS2 leicht b r e n n b a r und explosiv. CS2-Dampf ist 2,6 mal schwerer als Luft; d a h e r sammelt er sich besonders in den zur Einatmung k o m m e n d e n u n t e r e n Luftschichten an, Gefahrenquellen bestehen bei seiner Herstellung u n d seiner W e i t e r v e r a r b e i t u n g zu Tetrachlorkohlenstoff, seiner V e r w e n d u n g (z. B. in d e r chemischen Industrie) als Löse- und Extraktionsmittel, in der Viskoseindustrie (Kunstseide-, Zellwolle-, Zellglasherstellung), bei der Kohleveredlung sowie bei der Herstellung und V e r w e n d u n g bestimmter Schädlingsb e k ä m p f u n g s m i t t e l (z.B. Wühlmausmittel). //. Aufnahme

und

Wirkungsweise

CS-2 wird hauptsächlich über die Atemwege, in geringem Umfang auch durch Hautresorption aufgenommen. Der größere Teil der eingeatmeten Menge wird durch Exhalation bzw. durch oxydativen Abbau im Blut ziemlich rasdi eliminiert, der kleinere Teil resorbiert und nur sehr langsam in Urin, Stuhl und Schweiß ausgeschieden. W e g e n seiner Lipoidlöslichkeit werden die b e s o n d e r s lipoidhaltigen Zellen des zentralen und peripheren Nervensystems geschädigt. Auch bestimmte hormonale Störungen, z. B. infolge Schädigung der LipoidzelLen der N e b e n n i e r e n rinde, k ö n n e n hierdurch verursacht werden. III. Krankheitsbild a) Hautschäden k ö n n e n CS2 entstehen.

und

infolge der

Diagnose Lipoidlöslichkeit

des

b) Die a k u t e Form der E r k r a n k u n g ist selten. Sie k a n n dann auftreten, wenn größere Mengen von CS2 in relativ kurzer Zeit eingeatmet werden. In diesen Fällen w i r k t CS2 v o r w i e g e n d narkotisch. Es kommt zu Gesichtsröte, Euphorie, Erregungszuständen, Benommenheit mit rasch nachfolgender tiefer Bewußtlosigkeit und evtl. zu Coma und Atemstillstand. Als Folge akuter Einwirkung sind epileptiforme Krämpfe, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, verminderte Merkfähigkeit sowie Sehstörungen durch Hornh a u t v e r a n d e r u n g e n möglich.

c) Die s u b a k u t e Form der Erkrankung ist durch Koptschmerzen, Erregungszustände und Schlaflosigkeit gekennzeichnet. Folgeerscheinungen bleiben hierbei in der Regel nicht zurück. d) Die c h r o n i s c h e Form der Erkrankung kann sich bei längerer Einwirkungszeit kleinerer CSs-Mengen enlwikkeln. Das Krankheitsbild ist vielgestaltig und beruht überwiegend auf zerebralen, polyneuritischen und hormonalen Störungen. Vorzeitiges A u f t r e t e n von Arteriosklerose, besonders der Hirngefäße, w u r d e beobachtet. Es können zerebral bedingte Anzeichen, wie leichte Erregbarkeit, Potenzstörungen, Merkschwäche, dem Morbus Parkinson ähnliche Symptome (Salbengesicht, Tremor, Muskelstarre) und psychotische Zustände meist depressiver Art, vorkommen. Pyramidenbahnausfälle, Schäden am Sehnerv, Nebelsehen, Akkomodationsstörungen, Skotom, Pupillenstarrc, Akustikusschädigung sowie Störungen im hormonalen Haushalt sind evtl. festzustellen. Als Ausdruck einer E r k r a n k u n g im peripheren N e r v e n system treten Sensibilitätsstörungen, Neuritiden und Lähmungen auf. In schweren Fällen ist die Entstehung einer Pseudotabes mit herabgesetzten oder erloschenen Sehnenreflexen möglich. Magen-Darmstörungen mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sowie Erhöhung des Serumcholesterins bei gleichzeitigem Abfall der Esterquote k ö n n e n auf diese Erkrank u n g hinweisen. Differentialdiagnostisch sind Neurose, Taboparalyse, Multiple Sklerose und chronischer Alkoholismus in Erw ä g u n g zu ziehen. IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Für die A n n a h m e einer E r k r a n k u n g durch CS2 ist das Ergebnis der A r b e i t s a n a m n e s e mit Nachweis der Giftwirk u n g von wesentlicher Bedeutung. Die Empfindlichkeit gegen CS->-Einwirkung ist individuell unterschiedlich; insbesondere bei j ü n g e r e n Personen können a u f g e t r e t e n e Schäden weitgehend abheilen. Aber auch Dauerschäden sind möglich.

Nr. 19 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Schwefelwasserstoff (H2S) ist ein farbloses, brennbares, im Gemisch mit Sauerstoff explosionsfähiges Gas. Es ist e t w a s schwerer als Luft und löst sich in W a s s e r . In sehr niedriger Konzentration von ca. 0,001 Vol.-'Voo riecht HgS typisch wie faule Ei-er. Höher konzentriert ist dieses Gas von widerlich süßlichem Geruch und führt bereits nach kurzd a u e r n d e r Exposition zu einer Schädigung der Geruchsempfindung, so daß H^S nicht mehr w a h r g e n o m m e n w e r d e n kann. Auch die längere Einwirkung niedriger Konzentrationen k a n n eine A b n a h m e der Geruchsempfindung zur Folge haben. H2S entsteht überall dort, w o menschliche, tierische oder pflanzliche Materie in Fäulnis übergeht. In Brunnenschächten, Jauchegruben und Abwässerkanalen k ö n n e n sich größere M e n g e n ansammein und insbesondere bei Druck und T e m p e r a t u r s c h w a n k u n g e n frei werden. Auch in Schlammböden, Faulgruben von Abdeckereien und Gerbereien, Friedhofsgrüften, in Abwässern von Zuckerfabriken, Gelatina-

fabriken sowie in Kohlengruben, Gips- und Schwefelbergw e r k e n k a n n H2S vorkommen. In vulkanischen Gegenden entweicht H>S aus dem Boden; ebenso findet es sich im Schlamm vulkanischer Binnenseen (Fango). Das Gas bildet sidi be : der Herstellung von Salzund Schwefelsäure, Schwefelkohlenstoff, Schwefelfarben und a n d e r e n chemischen Substanzen. Außerdem tritt H*S in Hochöfen, Erdölraffinerien, in Gaswerken, Kokereien sowie insbesondere auch in der Viskoseindustrie (Zellwoll-, Zellglas-, Kunstseideherstellung) auf. In Gasgemischen ist häufig HL>S zusammen mit CO, CO^, NH3, CH4 und CS» enthalten. //. Aufnahme

und

Wirkungsweise

HgS wird über die Atemwege, geringfügig durch Hautresorption, aufgenommen. Bei Kontakt mit Schleimhäuten und Gewebeflüssigkeit bilden sich Alkalisulfide, die s t a r k e Reizwirkungen, insbesondere an den Augen und Schleimhäuten der Nase und des Rachens, verursachen. Außerdem bewirkt das über die Lunge

M e r k b l a t t Nr. 20 in g r ö ß e r e n M e n g e n r e s o r b i e r t e HL>S — w a h r s c h e i n l i c h ä h n lich d e m Z y a n — e i n e L ä h m u n g d e r i n t r a z e l l u l ä r e n A t m u n g durch B l o c k a d e s c h w e r m e t a l l h a l t i g e r F e r m e n t e . I m O r g a n i s m u s w i r d H 2 S ü b e r w i e g e n d zu b i o l o g i s c h ind i f f e r e n t e n S u b s t a n z e n o x y d i e r t . Der k l e i n e r e , nicht o x y dierte Teil k a n n S c h ä d e n im z e n t r a l e n und evtl. auch peripheren Nervensystem hervorrufen.

///. Krankheitsbild

und

titlosigkeit, Diarrhoe und Gewichtsabnahme hervorrufen. Es k ö n n e n ferner R ö t u n g und S c h w e l l u n g der Bindehaut mit B r e n n e n und T r ä n e n der A u g e n s o w i e o b e r flächlichc V e r ä n d e r u n g e n d e r H o r n h a u t mit Lichtscheu, Lidkrampf und N e b e l s e h e n auftreten. Ggf. kann der Reiz a u f d i e A t e m w e g e zu b r o n c h o p n e u m o n i s c h e n P r o z e s s e n führen. Anzeichen einer drohenden Asphyxie, Krämpfe und B e w u ß t l o s i g k e i t sind möglich.

Diagnose

a) B e i E i n w i r k u n g s e h r h o h e r K o n z e n t r a t i o n e n k o m m t e s i n nerhalb w e n i g e r S e k u n d e n — ähnlich w i e bei der Z y a n vergiftung — zum Atemstillstand infolge zentraler A t e m lähmung. S t a r k e Reizsymptome an A u g e n und Schleimhäuten der A t e m w e g e , Atemnot und Bewußtseinsverlust k ö n n e n nach hohen D o s e n dem meist tödlichen A u s g a n g vorausgehen. b) D i e E i n w i r k u n g g e r i n g e r e r b i s m i t t l e r e r J - f e S - K o n z e n t r a tionen kann Schwindel. Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Übelkeit, Speichelfluß, Brechreiz, Metallgeschmack, Appe-

129

IV. Hinweise

tiir die ärztliche

Beurteilung

O b unspüzifische Symtome, wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Nachlassen der Merkfähigkeit, Müdigkeit, Durchblutungs- und K r e i s l a u f s t ö r u n g e n , s o w i e e i n e chronis c h e B r o n c h i t i s u a. a u f e i n m a l i g e , w i e d e r h o l t e o d e r l ä n g e r andauernde Einwirkung von H2S z u r ü c k g e f ü h r t werden k ö n n e n , mi ß sorgfältig geprüft werden. Auf den N a c h w e i s d e r E x p o s i t i o n , i n s b e s o n d e r e d e r e n A r t und W e i s e , ist W e r t xu l e g e n . E v t l . k ö n n e n ä h n l i c h o E r k r a n k u n g s z e i c h e n bei anderen Personen einen Hinweis geben. Brückensymptome m ü s s e n in d e r R e g e l v o r h a n d e n s e i n .

Nr. 20 Erkrankungen durch Thallium oder seine Verbindungen I. Vorkommen und Gefahrenquellen Thallium (Tl) kommt im allgemeinen in geringer Konzentration in Blenden und Kiesen als Begleiter von Schwermetallen vor. Es wird aus dem bei der Aufbereitung dieser Mineralien anfallenden Flugstaub gewonnen. Tl findet sich auch im Bleikammerschlamm der Schwefelsäurefabrikation. Tl gehört zu den Schwermetallen. Es steht Im periodischen System zwischen Quecksilber und Blei. Sein spezifisches Gewicht ist 11,83, der Schmelzpunkt 302,5° C; der Siedepunkt liegt etwa bei 1450° C. Tl ist in seinen Verbindungen I- und IH-wertig. Die einwertigen Verbindungen sind beim Erhitzen verhältnismäßig flüchtig. Tl-Verbindungen sind zumeist färb-, geruch- und geschmacklos; eine Aufnahme in den menschlichen Organismus kann daher unbemerkt erfolgen. Tl oder seine Verbindungen werden vor allem in der Glas-, Farben- und pyrotechnischen Industrie, zu wissenschaftlichen Zwecken und bei der Schädlingsbekämpfung als TMII-Sulfat in Form von Pasten, Körnern oder wässriger Lösung verwendet. Außerdem waren Tl-Verbindungen in Enthaarungsmitteln enthalten. Gefahrenquellen können sowohl bei der Gewinnung von Tl als auch bei der Herstellung, Verarbeitung und Verwendung von Tl-Verbindungen und thalliumhaltigen Präparaten gegeben sein. //. Auinahme und Wirkungsweise Tl oder seine Verbindungen werden über den MagenDarm-Kanal (z. B. durch Unsauberkeit der Hände), zum Teil auch über die Atmungsorgane aufgenommen. Die starke Zellgiftigkeit wird auf die Blockade enzymatischer Vorgänge oder chemischer Veränderungen bestimmter Fermente zurückgeführt. Als tödliche Dosis gilt die Aufnahme von etwa 1 g Tl-Sulfat, ¡11. Krankheitsbild und Diagnose In den ersten Tagen der Erkrankung bestehen häufig Brechreiz, Appetitlosigkeit, Obstipation, zum Teil starker Durst und Erbrechen. Tachycardie, Blutdrucksteigerung und retrosternale Schmerzen können auftreten. Entzündungen der Conjunctiven, der oberen Luftwege und der Gesichtshaut wurden beobachtet. Es kann sich ein ascendierend verlaufendes polyneuritisches Symptomenbild entwickeln. Vor dem Auftreten von Lähmungen finden sich oft abgeschwächtc Knie- und Achillessehnenreflexe; später können diese fehlen. Die Hypersensiblität ist hervorstechend, es gehen ihr Kribbeln und Taubheitsgefühl in Fingern und Zehenspitzen

voraus. Schmerzen in Füßen (burning feet) können so stark sein, daß bereits das Berühren der Bettdecke als unerträglich empfunden wird. Nach größerer Dosisaufnahme kommt es nach etwa 14 bis 21 Tagen zu einem charakteristischen Haarausfall; die Haare lassen sich büschelweise schmerzlos ausziehen. Hiervon wird die gesamte Behaarung mit Ausnahme des medialen Anteils der Augenbrauen betroffen. An Finger- und Zehennägeln treten hellweiße Lunulastreifen auf. Außer der peripheren Polyneuritis ist eine zentralmotorisdie Systemstörung im Sinne einer Bulbärparalyse möglich. Sind auch die Hirnnerven betroffen, so tritt häufig, aber relativ spät, eine Opticusneuritis auf. Psychische Veränderungen und psychotische Krankheitsbilder bis zum kompletten Korsakow können sich ergeben. Eine regelmäßig festzustellende Schlafstörung ist gegenüber den üblichen Schlafmitteln therapieresistent. Die chronische, schleichend verlaufende Erkrankung ist durch Appetitlosigkeit, Anaciditat, Abmagerung, Sehstörungen, Schwädie und Schmerzen in Beinen ohne ausgeprägte Polyneuritis; gekennzeichnet. Der Haarwuchs ist sowohl regional als. auch temporär gestört, ohne daß ein Ausfall der gesamten Behaarung eintritt. Merkfähigkeitsstörungen, gelegentlich milde verlaufende neuritische Schübe und die Feststellung von Lunulastreifen an Finger- und Fußnägeln, können füi die Diagnosestellung des oft uncharakteristischen Krankheitsverlaufs wertvoll sein. Im Harn sind oft Eiweiß, Zylinder und Erythrocyten nachzuweisen. Eine vermehrte Ausscheidung von Porphyrin ist möglich. Zur Diagnosestellung ist der Nachweis von Tl in Urin und Faeces heranzuziehen. Er kann nach einmaliger Giftaufnahme bis sechs Wochen danach geführt werden. Bei geringer Dosisaufnahme sollte der Urin von drei hintereinander liegenden Tagen auf Tl untersucht werden. Differentialdiagnostisch bedeutsam können Metallvergiftungen, wegen der. neuritischen Symptome auch die Arsenvergiftung, die akute Porphyrie, die polyneuritische Form der Landry'schen Paralyse sowie andere neurologische Erkrankungen sein. /V. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Es muß festgestellt werden, in welcher Weise und in welchem Umfang der Erkrankte bei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung von Tl oder dessen Verbindungen tätig war. Oft können die Gefahrenquellen nui durch eine Betriebsbegehung gefunden werden..

M e r k b l a t t Nr. 21, 22

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Nr. 21 Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen /, Vorkommen und Gefahrenquellen Vanadium (V), auch Vanadin genannt — in Deutschland gibt es kein abbauwürdiges Erzlager —, wird aus vanadinhaltigen Erzen und Mineralien gewonnen. Bei der Verhüttung von Eisen- und Kupfererzen kann neben Thomasschlacke (etwa 1 °/o vanadinhaltig) durch vorzeitige Unterbrechung des Frischprozesses eine vanadinreiche Vorfrischschlacke (5 bis 1 0 % vanadinhaltig) anfallen. Audi Erdöl enthält — je nach seiner Herkunft unterschiedlich — geringe Mengen Vanadin. In der Tonerdeindustrie fallen vanadinhaltige Materialien als Nebenprodukte an. Aus Eisen- und Kupferschlacke wird Vanadinpentozyd (V2O») gewonnen, das u. a. zur Herstellung von Ferrovanadin und als Katalysator dient. Vanadin findet hauptsächlich zur Veredelung in der Stahlindustrie, auch für katalytische Zwecke in der chemischen Industrie, z. B. bei der Herstellung von Schwefelsäure, Phthalsäureanhydrid und Perboraten Verwendung. Gefahrenquellen bestehen bei Gewinnung, Transport und Verarbeitung des Vanadins, z. B. bei der Aufbereitung von Schlacken, besonders aber bei Reinigungsarbeiten in mit Erdöl geheizten Boilern, Ofen und Turbinen. In der Erdölasche und im Ruß von Erdölen findet sich audi ein je nach Herkunft verschieden hoher Vanadingehalt. Er schwankt etwa von 15 bis 50 °/o und mehr. Bei bestimmten Arbeitsvorgängen entsteht eine unterschiedlich starke Staubentwicklung des teilweise sehr feinen pulverförmigen VtOs. 11. Aufnahme und Wirkungsweise Vanadin und seine Verbindungen werden hauptsächlich in Staub- oder Pulverform über die Atmungsorgane auf-

genommen j auch eine Aufnahme über den Magen-DarmKanal kann vorkommen. Im Vordergrund der Wirkungsweise stehen Reizerscheinungen der Schleimhäute der Augen und Luftwege. Auch Hautreizungen sind beobachtet worden. Das Ausmaß der Erkrankung hängt in der Regel von der Quantität und der Teilchengröße des einwirkenden Stoffes ab. 111. Krankheitabild

und

Diagnose

a) A k u t e F o r m : Bereits nach relativ kurzer Einwirkungszeit kann es zu mehr oder weniger starkem Augenbrennen, Niesen, später zu. Trockenheit im Radien, Schnupfen und Heiserkeit kommen. Auch grün-schwärzliche Verfärbungen der Zunge wurden beobachtet. b) C h r o n i s c h e Form: Es ist möglich, daß Bronchitiden und Bronchopneumonien mit etwaigen Folgeerscheinungen, aber auch bronchialasthmaähnliche Zustände, insbesondere nach häufiger Einatmung des vanadinhaltigen Staubes, auftreten. Ekzematöse Hautveränderungen können vorkommen. Isolierte Magen- Darm- bzw. Nierenerkrankungen gehören nicht zu diesem Krankheitsbild, IV. Hinweise iür die ärztliche

Beurteilung

Bei beruflicher Exposition und plötzlichem Auftreten von Schleimhautreizungen und Bronchitiden muß an eine akute Vanadineinwirkung gedacht werden. Nach Wegfall der Exposition klingen diese akut auftretenden Symptome in der Regel in einem Zeitraum von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen komplikationslos ab.

Nr. 22 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch ständigen Druck /. Vorkommen

und

Geiahrenquellen

Die Schleimbeutel stellen eine Schutzvorrichtung des Organismus gegen Druck- und Stoßbelastung dar. Fortgesetzte lang anhaltende, die Grenzen des Physiologischen überschreitende Belastungen können zu chronischen Erkrankungen der Schleimbeutel führen. Hiervon können auch Schleimbeutel betroffen werden, die nicht in Verbindung mit Gelenken stehen. Gefährdet sind vorwiegend Personen, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit häufig Druckbelastungen im Bereich der Knie-, Ellbogen- und Schultergelenke ausgesetzt sind. Dies trifft insbesondere für Bergleute, Bodenleger und -abzieher, Fliesenleger, Straßenbauer, Steinsetzer, Reinigungspersonal, Glas- und Steinschleifer sowie L^stenträger zu. II. Krankheitsbüd

und

Diagnose

In den betroffenen Schleimbeuteln kommt es zunächst zu einer Reizung und Entwicklung eines serösen Exsudates, das später fibrinös (flodcig-getrübt) umgewandelt werden kann. Da die degenerative Umwandlung mit kapillärer Neubildung einhergeht, sind gelegentliche hämorrhagische Beimengungen im Exsudat möglich, Nach längerer Zeit kann

sich ein Schleimbeutelhygrom bilden, Dieses besteht aus einem schwielig-fibrösen ein- oder mehrkammerigen Hohlraum, dessen Innenwand zotten- und warzenahnliche Erhebungen aufweist. Aus diesen können sich im weiteren Verlauf reiskornähnliche Körperchen entwickeln. Kalkeinlagerungen sind möglich. Die Haut über diesen Schleimbeuteln ist oft schwielig verändert. Im Bereich des erkrankten Gebietes sind mitunter Spannungsgefühl und evtl. auch Bewegungsbehinderung vorhanden. Sekundärinfektionen mit nachfolgender Vereiterung des betreffenden Schleimbeutels kommen vor. Differentialdiagnostisch sind die nicht beruflich verursachten Schleimbeutelerkrankungen abzugrenzen. Dies sind z. B. Verletzungsfolgen, akute und spezifische Entzündungen, chronische, mechanisch bedingte Erkrankungen der Schleimbeutel sowie körpereigene Ursachen, wie Exostosen und Geschwülste. III. Hinweise

iür die ärztliche

Beurteilung

Für die Beurteilung der Erkrankung ist die Arbeitsanamnese wichtig. Nur selten treten durch Komplikationen vorübergehende oder bleibende Folgezustände auf.

M e r k b l a t t N r . 23, 24

131

Nr. 23 Drucklähmungen der Nerven I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Entstehungsweise Drucklähmungen der Nerven werden hauptsächlich durch von außen kommenden anhaltenden oder wiederholt auftretenden Drude verui sacht. Auch ständig gleichartige Körperbewegungen können infolge von Uberdehnung Druckiähmungen von Nerven hervorrufen, die z. B. in Knochenrinnen, über vorspringende Knochenteile, unter kreuzenden Sehnen u. ä. verlaufen. Betroffen sind vorwiegend relativ oberflächlich verlaufende motorische Nerven, z.B.: N. dorsalis scapulae, N. thoracicus longus, N. axillaris, durch regelmäßiges Tragen von besonders starren und schweren Gegenständen auf den Schultern (z. B. sog. Steinträger-, Tornisterlähmung), durch Arbeiten im Liegen u. a.; N. ulnaris bzw. N. medianus, durch Arbeiten mit Aufstützen der Ellenbogen oder Druck von Werkzeugen o. ä. gegen die Hohlhand, durch Melken, Gravieren, Glasschneiden, Zuschneiden u.a.; N. fibularis, durch Arbeiten, die bei extrem gebeugtem Kniegelenk durchgeführt werden, wobei der Wadenbeinnerv zwischen Bizepssehne und Wadenbeinköpfchen eingeklemmt wird, wie bei bestimmten landwirtschaftlichen Arbeiten, Fliesenlegen, Asphaltieren u. ä,; N. tibialis, durch Arbeiten im Knien mit zurückgelagerter Körperhaltung, wobei ein Druck auf den Nerv im Bereich der Wadenmuskulalur ausgeübt wird. Drucklähmungen der Nerven sind vorwiegend degenerative Schädigungen. Neben den erwähnten berufsbedingten Ursachen sind häufig individuelle Disposition und konstitutionelle Faktoren von Bedeutung. II. Krankheitsbild

und

Diagnose

Der Drudelähmung gehen oft Anzeichen einer zunächst unvollständigen Nervenschädigung, wie starkes Ermüdungsgefühl und „bleierne Schwere", in der von dem betroffenen Nerv versorgten Muskulatur voraus. In diesem Bereich

können Parästhesien, wie „Kribbeln", „Pelzigsein" und „Ameisenlaufen", bestehen. Das Gefühl des „eingeschlafenen Körperteils' kann Symptom einer beginnenden Drucklähmung sein. Zunächst findet man eine Herabsetzung der elektrischen Erregbarkeit mit beginnender „Entartungsreaktion". Die Sehnenreflexe können in dem betroffenen Gebiet abgeschwächt und schließlich aufgehoben sein. Der geschädigte Nerv ist druck- und klopfempfindlich. Differentialdiagnostisch sind zu erwägen: Nervenafiektionen nach Infektionskrankheiten, wieTyphus, Fleckfieber, Ruhr, Malaria, Lues, nach grippalen Infekten oder bei Vorhandensein eines Slreuherdes sowie bei rheumatischen Erkrankungen. Es sind außerdem auszuschließen: Nervenlähmungen infolge von Neuritiden, Syringomyelie, Multipler Sklerose und primärer Muskelerkrankungen sowie von Stoffwechsel-, Blutkrankheiten oder Alkohol- und Nikotinabusus. Dies gilt auch für Drucklähmungen, z.B. infolge von Kompression durch Tumoren und andere Gewebsneubildungen, nach Frakturen, bei aegenerativen oder entzündlichen Erkrankungen am Skelett, z. B. an der Wirbelsäule u. ä. Nervenlähmungen durch Einwirkung von Blei, Quecksilber, Arsen, Thallium, Schwefelkohlenstoff und anderen toxischen Substanzen fallen nicht unter Nr. 23 der Anlage zur 7. BKVO. Dies trifft auch für SQg. Beschäftigungsneurosen (Beschäftigungskrämpfe), wie z, B. Schreibkrämpfe u. ä,, zu.

111. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Für die Diagnosestellung ist die genaue Kenntnis der beruflichen Tätigkeit eine wesentliche Voraussetzung. In der Regel dürfte eine eingehende fachärztliche Untersuchung erforderlich sein. Es muß c.ie Überlegung angestellt werden, ob die örtliche Druckeinwirkung als Ursache der Nervenlähmung anzusehen ist oder ob anderen Ursachen sowie der Konstitution und Disposition die maßgebliche Bedeutung zukommt.

Nr. 24 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft 1. Vorkommen,

Gefahrenquellen

und

Entstehungsweise

Arbeiten in Druckluft (Druckluftarbeiten) sind solche, die in einem Luftdruck durchgeführt werden, der über dem atmosphärischen Druck liegt. Dies sind z. B. Arbeiten, die unterhalb des Grundwasserspiegels oder im Wasser mit Hilfe von Senkkästen, den sog. Caissons, bei Tunnelbauten nach dem Schildvortriebverfahren sowie in Taucheranzügen oder Taucherglocken vorgenommen werden müssen. Druckluftarbeiter oder Taucher befinden sich j e nach Arbeits- oder Wassertiefe in unterschiedlich hohem Uberdrude (1 atü entspricht einem Drude von 1 kg/qcm oder 2 ata oder etwa 10 m Wassertiefe) und werden später wieder nach bestimmten, festgesetzten Zeiten in den normalen Atmosphärendrude zurückgebracht. Mit steigendem Druck werden die in der Atemluft enthaltenen Gase, insbesondere Stickstoff, vom Körper vermehrt aufgenommen. Der sich im Körper vollziehende Lösungsvorgang dieser Gase verlangsamt sich mit zunehmen-

9 Günther-Hymnen,

Unfallbegutachtung

der Sättigung. Der Grad der Sättigung ist abhängig von der Arbeits- oder Tauchtiefe, Expositions- oder Tauchzeit sowie der untersdiiedlich starken Durchblutung und dem unterschiedlich großen Stidcstoffbindungsvermögen der Körpergewebe. Dabei tritt zuerst eine Sättigung der Körperflüssigkeiten, nach längerer Einwirkungsdauer eine solche der lipoid- und fetthaltigen Gewebe ein. Die Entsättigung des Körpers muß langsam vor sich gehen, damit der bei Drudeentlastung freiwerdende Stickstoff über das Herz- und Kreislaufsystem und die Atmungsorgane abgeatmet werden kann. Erfolgt die Druckherabsetzung zu schnell, so kann freigewordener Stickstoff in Körperflüssigkeiten, wie Blut, Lymphe, Liquor, Gelenkflüssigkeiten, sowie auch in den Geweben zur Bildung von Gasblasen führen. Luftembolien sind die häufigsten Ursachen der Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft. Ebenso kann die sog. autochthone Stickstoffentbindung, d. h. das Freiwerden von Stickstoff innerhalb der Zellen, vorübergehende oder dauernde Gesundheitsschäden bewirken.

132

M e r k b l a t t N r . 25 11. Krankheitsbild

und

Diagnose

Zu rascher Übergang von Normal- auf Uberdruck (Einschleusen in den Caisson, Abstieg im Wasser) kann infolge mangelnden Druckausgleichs, z. B. in Ohrtuben, Stim- und Kieferhöhlen, zu Kopf- und Ohrenschmerzen, bei schadhaftem Gebiß auch zu Zahnschmerzen, führen. Nach zu schnellem Ausschleusen oder Auftaudien treten innerhalb der ersten halben Stunde, vielfach auch erst nach Stunden oder Tagen, je nach Größe, Anzahl oder Lokalisation im Körper befindlicher Gasblasen, mehr oder weniger heftige „Druckfallbeschwerden'' auf. Zu den Krankheitssymptomen gehören z. B. Gelenk- und Muskelschmerzen, Ohrensausen, Schwerhörigkeit, Mono-Paraplegie, Tonusverlust der Muskulatur („Zusammensinken des Körpers"), Aphasie und Asphyxie. Mehrtägige Temperatursteigerungen beruhen evtl. auf einer gestörten Wärmeregulation, örtliche Zirkulationsstörungen können Gefäßerweiterungen, Ödeme und Marmorierung der Haut verursachen. Audi ein Herzinfarkt infolge von Stickstoffgasembolie ist möglich.

In der Regel klingen Beschwerden und Symptome der Drucklufterkrankung nach Wiedereinsdileusung (Rekompression auf den vorausgegangenen Arbeitsdruck), die in jedem Falle die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme ist, in relativ kurzer Zeit ab. Dauernde Lähmungen, vorwiegend der unteren Gliedmaßen sowie Symptome des Meniereschen Syndroms, sind infolge der Stidcstoffgasembolien im Zentralnervensystem möglich. Auch vorübergehende psychische Störungen, epileptiforme Anfälle, Sdiäden im Hirnstamm und evtl. röntgenologisch nachzuweisende Dauerschäden in den großen Gelenken können Folgeerkrankungen von Arbeit in Druckluft sein. Hl. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Für die Diagnosestellung und Beurteilung sind die eingehende Anamnese und Ermittlung der speziellen Arbeitsbedingungen hinweisgebend, Dabei ist die Kenntnis der Arbeitstiefen oder Atmosphären-Uberdrucke und des Bodenprofils, der Ein- und Ausschleusungszeiten sowie der Dauer der Arbeiten im Überdruck von Wichtigkeit.

Nr. 25 Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Preßluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen sowie bei der Arbeit an Anklopfmaschinen I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Diese Erkrankungen kommen bei Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Maschinen vor, die rhythmische Rüdestoße r schütterungen oder schnelle Vibrationen an den haltenden oder stützenden Körperteilen bewirken. Gefahrenquellen sind z. B. gegeben bei Arbeiten mit Preßluftwerkzeugen (Hämmer, Meißel, Bohrer, Stampfer) oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen, die im Bergbau, in Steinbrüchen, in Gußputzereien, in Kesselschmieden, beim Schiffsbau und beim Straßenbau Verwendung finden. Dies gilt auch für Anklopfmaschinen, z. B. in der Schuhindustrie. Unter Preßluft- und gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen sind hier die sogenannten Schlagwerkzeuge mit hohen Schlagzahlen zu verstehen. Drudeluftmotoren, Hebemaschinen, Motorrammen und ortsfest automatisch arbeitende Maschinen fallen nicht hierunter. 11. Entstehungsweise,

Krankheitsbild

und

Diagnose

Die Erkrankungen beruhen vorwiegend auf rhythmischen Rückstoßerschütterungen, die durch aktiven Andruck oder Gegendruck des menschlichen Körpers abgefangen werden. Besonders sind das Ellenbogengelenk, das Schulter-Schlüsselbeingelenk sowie das handgelenksnahe Ellen-Speichengelenk betroffen. Veränderungen im Schultergelenk werden kaum beobachtet. Neurale, vasomotorische und muskuläre Störungen und Veränderungen können auftreten. Erkrankungen bestimmter Handwurzelknochen sind möglich. Die individuell unterschiedliche Belastbarkeit des Halte- und Stützapparates sowie dispositionelle Faktoren sind bei der Entstehung dieser Erkrankungen von wesentlicher Bedeutung. Zum k l i n i s c h e n B i l d gehören neben Örtlichen Ermüdungserscheinungen Kraftlosigkeit, Schmerzen bei Arbeitsbeginn und in der Ruhe — insbesondere in der Nacht —, Druckempfindlichkeit und Bewegungsbehinderung. Eine Durchblutungsstörung (Ischämie) kann an den Händen, insbesondere im Bereich des 3. bis 5. Fingers, entstehen. Dadurch bedingte Beschwerden kommen häufig anfallsweise vor und können auch durch Kältereize ausgelöst werden.

An den peripheren Nerven sind funktionelle Störungen und orqanische Veränderungen möglich. Die funktionellen Störungen äußern sich in Kraftlosigkeit, in Gefühlsstörungen und Händezittern. Organische Veränderungen können primär durch direkte Druckeinwirkung (Thenar, Hypothenar) oder sekundär nach periartikulärer Knochenwucherung durch Kompression oder Uberdehnung, z. B. des N. ulnaris entstehen. R ö n t g e n o l o g i s c h gibt es keine für Preßluflschdden spezifische Veränderungen. Sie entspredien vielmehr denen einer Arthrosis deformans bzw. Osteochondrosis dissecans. Zackige oder spornartige Knochen Wucherungen, Deformierungen an den Gelenkflächen, freie Gelenkkörper als Folge von Knorpelzerstörungen in den Gelenken sowie Kalk- oder Knocheneinlagerungen in der Gegend der Ansatz* stelle der Gelenkkapseln oder der Muskeln sind nachweisbar. Im Handgelenk ist als Folge einer Ernährungsstörung der sogenannte Mondbeintod möglich. Am Kahnbein kann sich nach einer sogenannten Ermüdungsfraktur eine Pseudarthrose ausbilden. Differentialdiagnostisch sind die genannten Erkrankungen vor allem von den auf toxischer, infektiöser und neurogener Grundlage beruhenden Gelenkerkrankungen sowie der auf anderen Ursachen beruhenden Arthrosis deformans und Chondromatose abzugrenzen.

III.

Hinweise

für

die ärztliche

Beurteilung

Die ärztliche Beurteilung muß sich insbesondere auf eine eingehende Anamnese, vor allem auch Arbeitsanamnese, stützen. Die beruflich verursachten Erkrankungen an den Gelenken und am Mondbein treten in der Regel nicht vor Ablauf einer mindestens 2jährigen regelmäßig durchgeführten Arbeit mit den genannten Werkzeugen oder Maschinen auf; die Ermüdungsfraktur des Kahnbeins ist an keine Mindestarbeitsdauer gebunden. Auch nach Aufgabe dieser Arbeiten können derartige Erkrankungen noch in Erscheinung treten oder sich verschlimmern.

133

M e r k b l a t t N r . 26

Nr. 26 Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit I. Vorkommen und Geiahrenquellen Lärm kann am Arbeitsplatz etwa bei Lautstärken ab 90 DIN-phon bei einer täglich mehrere Stunden dauernden Einwirkung schon nach einigen Jahren zu Lärmschwerhörigkeit führen, wobei immer auch die Empfindlichkeit des Gehörs eine Rolle spielt. Geräusche mit hohen Frequenzen über 1 P00 Hz (Schwingungen pro Sekunde) sind schädlicher als tiefere. Auch kurzzeitig auftretende Lärmspitzpn müssen berücksichtigt werden; schlagartige Geräusche hoher Intensität können sich besonders ungünstig auswirken. Bei Lautstärken über 120 DIN-phon wird der Schall als Schmerz empfunden. Bleibende Gehörschäden sind hierbei schon nach wenigen Tagen oder Wochen möglich. Gefahrenquellen sind beispielsweise: Arbeiten in Kesselschmieden und in Nagelfabriken, mit ^raftbetriebenen Hämmern, besonders Preßlufthämmern, Gußputzen, Walzen und Schleifen von Metallen, Bearbeiten von Blechen, Kesselreinigen (Abklopfen), Preßluftstrahlen mit Quarzsand oder Stahlkies und Spritzmetallisieren; Arbeiten an bestimmten Hobelmaschinen und Sägen; Arbeiten an Webstühlen, Spinn- und Zwirnmaschinen; Arbeiten an Steinbrechern, an Kollergängen, Trommelmühlen und Rüttelsieben sowie das Bearbeiten von Steinen; Arbeiten im Bereich von Gasturbinen, Kompressoren und Gebläsen; Arbeiten mit lautstarken Baumaschinen, wie Rammen, Planierraupen, Baggern und Gleisstopfmaschinen; Arbeiten an Prüfständen für Motoren, Strahltriebwerke und dgl. Gefahrenquellen können auch der Dieselmotor, besonders in Baggern und Fahrzeugen des Straßen-, Schienen- und Schiffsverkehrs (Maschinenräume) sowie im Luftverkehr, vor allem für das Bodenpersonal, die Strahltriebwerke sein. //. Entstehungsweise Die auf dem Wege der Luft- und Knochenleitung zum Innenohr gelangenden Schallwellen können die Sinneszellen im Cortischen Organ schädigen und schließlich zu degenerativen Veränderungen führen. Die chronische Lärmschwerhörigkeit nimmt mit der Dauer der Lärmexposition und mit der Lärmintensität unter Umständen bis zur Lärmtaubheit zu. Chronische Veränderungen im Mittelohr, insbesondere eine Perforation des Trommelfells, verhindern nicht das Auftreten der Lärmschwerhörigkeit. IJ1. Krankheitsbild und Diagnose Schon die beginnende Lärmschwerhörigkeit kann durch Tonaudiometrie festgestellt werden. Im Gegensatz zur Mittelohrschwerhörigkeit einschließlich der Otosklerose, die auf eine gestörte Schalleitung zurückzuführen ist, handelt es sich bei der Lärmsdiwerhörigkeit um eine Schallempfindungsschwerhörigkeit. Es ist zunächst die Wahrnehmung der höheren, später erst der tieferen Töne beeinträchtigt. Bei Lärmschwerhörigkeit sind eine große Differenz zwischen den Hörweiten für Umgangs- und für Flüstersprache sowie im Tonaudiogramm ein

gleichartiger Verlauf der Hörschwellenkurven für Luft- und für Knochenleitung festzustellen. Das Hören der hohen Töne ist besonders beeinträchtigt; typisch für den Beginn der Beeinträchtigung ist der Hörverlust im Frequenzbereich um 4 000 Hz (c5-Senke). Später zeigt das Tonaudiogramm einen allgemeinen Abfall in den hoher Frequenzen. Das durch eine Spezialuntersuchung feststellbare positive „Recruitment" (Lautstärkenausgleich) bestätigt das Vorliegen einer Sinneszellschädigung. Die chronische Lärmsdiwerhörigkeit tritt meist seitig auf, aber häutig ist sie nicht seitengleich.

doppel-

Während die Tonaudiometrie wertvolle Dienste für die Differentialdiagnose leistet, wird der Grad der Schwerhörigkeit durch die Hörweitenbestimmung für Flüster- und für Umgangssprache, am exaktesten aber mit Hilfe der Sprachaudiometrie erfaßt. Der chronischen Lärmschwerhörigkeit geht eine vorübergehende lärmbedingte Herabsetzung der Hörfähigkeit (sogenannte Vertäubung) voraus. Diese ist zunächst noch reversibel, d. h. die Hörfähigkeit kehrt nach Minuten bis Tagen wieder zurück. Bei Fortdauer der Exposition bildet sich ein nicht mehr reversibler Rest heraus, der sich durch weitere Exposition langsam vergrößert. Nach Wegfall der Lärmexposition ist das Fortschreiten einer Lärmschwerhörigkeit bisher nicht bewiesen. Oft ist die Lärmschwerhörigkeit von subjektiven Ohrgeräuschen begleitet. Gleichgewichtsstörungen gehören in der Regel nicht zum Bild der Lärmschwerhörigkeit. Differentialdiagnostisch sind zu berücksichtigen: Schallleitungssdiwerhörigkeit, Otosklerose, Altersschwerhörigkeit, toxische und vererbbare Innenohrschädigungen. Die Ursache einer Schallempfindungsschwerhörigkeit ist um so schwieriger festzustellen, je weiter die Schwerhörigkeit fortgeschritten ist; besonders ist dies dann der Fall, wenn nur noch Hörinseln vorhanden sind oder völlige Taubheit besteht.

IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Für die Annahme einer durch berufliche Beschäftigung verursachten Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit ist eine hinreichende Lärmexposition am Arbeitsplatz (audi Lärm benachbarter Arbeitsplätze berücksichtigen) nachzuweisen. Bei der selten vorkommenden, bereits nach kurz dauernder Exposition auftretenden Schwerhörigkeit ist der zeitliche Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Auftreten der Schwerhörigkeit eingehend zu prüfen; außerdem ist nach Möglichkeit der Nachweis zu führen, daß vor der Lärmexposition ein wesentlich besseres Hörveimögen bestanden hat. Lärmmessungen am Arbeitsplatz können für die Beurteilung wertvoll sein, Bei Lautstärken von 85 bis 95 DINphon sind Fiequenzanalysen von Bedeutung. Eine eingehende ohrenfachärztlidie Untersuchung, die nicht im Zustand der sogenannten Vertäubung vorgenommen werden darf, muß der Beurteilung zugrunde liegen. Ton-, möglichst auch sprachaudiometrische sowie andere SpezialUntersuchungen sind dabei erforderlich.

134

M e r k b l a t t N r . 27

Nr. 27 Erkrankungen durch Röntgenstrahlen, durch die Strahlen radioaktiver Stoffe oder andere ionisierende Strahlen

I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

R ö n t g e n s t r a h l e n sind in der Antikathode durch Abbremsung der Elektronen erzeugte energiereidie, elektromagnetische Wellen. Von Gegenständen, die durch Röntgenstrahlen getroffen werden, gehen Streustrahlen aus. Röntgenstrahlen sind u. U. eine Gefahrenquelle für Personen, die der direkten oder indirekten Einwirkung, z. B. im Bereich der Medizin, bei der Materialprüfung, in der Röntgenapparate- oder -röhrenindustrie, ausgesetzt sind. R a d i o a k t i v e S t o f f e zerfallen von selbst und senden dabei spontan Strahlen, meist Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen aus. Man unterscheidet natürlich und künstlich radioaktive Stoffe. Letztere werden vorwiegend in Reaktoren als Spaltprodukte oder durch Neutronenbeschuß gewonnen. Radioaktive Stoffe kommen in fester oder flüssiger Form oder als Gase vor; sie werden als offene oder umschlossene Präparate verwendet. Radioaktive Stoffe können u. U. eine Gefahrenquelle für Personen sein, die bei Gewinnung, Verarbeitung, Verwendung oder beim Transport mit diesen Stoffen oder den von ihnen ausgesandten Strahlen in Berührung kommen, z. B. bei der medizinischen Diagnostik oder Therapie, bei wissenschaftlichen Untersuchungen, bei der Werkstoffprüfung, bei bestimmten Meßverfahren, bei der Radiumverarbeitung sowie bei Tätigkeiten im Uranbergbau. Unter a n d e r e n i o n i s i e r e n d e n S t r a h l e n sind alle sonstigen direkt oder indirekt ionisierenden Strahlen, wie schnelle Elektronen, Protonen, Deuteronen, andere beschleunigte Ionen sowie Neutronen zu verstehen. Diese können in Atomreaktor- und Teilchenbeschleunigerbetrieben vorkommen. II. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Alle energiereichen ionisierenden Strahlen lösen beim Auftreffen auf Materie physikalisch-chemische Reaktionen aus, die im lebenden Gewebe zu Störungen der Zelltätigkeit, zum Zelluntergang und damit zu funktionellen und morphologischen Veränderungen führen können. Durch die Körperoberfläche, d. h. von außen einwirkende ionisierende Strahlen haben im Organismus prinzipiell die gleiche Wirkung wie die Strahlen, die von inkorporierten (über Atem-, Verdauungswege oder verletzte Haut und Schleimhaut) radioaktiven Stoffen ausgehen. Das Ausmaß der biologischen Wirkung ist abhängig von physikalischen Komponenten, wie 1. absorbierter Strahlenmenge (Dosis), 2. Strahlenart, 3. zeitlicher Verteilung der Dosis (Dosisleistung, ein- oder mehrmalige Bestrahlung in kürzeren oder längeren Zeitabständen), 4. räumlicher Verteilung der Dosis (Ganzkörperbestrahlung, lokale Bestrahlung) und biologischen Faktoren, wie 5. Alter, Geschlecht, Gesundheits- und Ernährungszustand, 6. Strahlenempfindlichkeit des betroffenen Gewebes. Bei Inkorporierung spielen die physikalische Halbwertszeit und das St off Wechsel verhalten des radioaktiven Stoffes (Speicherungsvermögen in bestimmten Organen, biologische Halbwertszeit! eine entscheidende Rolle.

Hl. Krankheitsbild und Diagnose A. Akuter Strahlenschaden nach Ganzkörperbestrahlung Er beruht meistens auf einem Unfall. Im Vordergrund stehen Schäden der Blutbildungsstätten und der Darmschleimhaut. Das Bild der akuten Strahlenkrankheit ist gekennzeichnet durch das sogenannte akute Sirahlensyndrom. Hierzu gehören u. a. Kopfschmerzen, Übelkeit, Brechreiz, Abgeschlagenheit und Appetitmangel. Auch Blutgerinnungsstörungen mit Blutungen in Haut und Schleimhäuten und damit verbunden blutige Durchfälle und Erbrechen können auftreten. Bei entsprechend hoher Dosis kann bereits in den ersten Stunden nach dem Strahleninsult die Lymphozytenzahl abfallen; die übrigen Blutelemente können folgen (Reticulocyten, Granulocyten, Erythrocyten, Haemoglobin). B. Akuter lokaler Strahlenschaden nach Teilkörperbestrahlung Bei Bestrahlung größerer Körperabschnitte können die Symptome des lokalen Schadens mit den unter A genannten Allgemeinerscheinungen verbunden sein. 1. Ein a k u t e r S c h a d e n d e r H a u t infolge beruflicher Tätigkeit ist vorwiegend an den Händen lokalisiert und beginnt mit einem meist judeenden Erythem, das je nach Dosis in Wochen, Tagen oder Stunden mit wechselnder Intensität in Erscheinung tritt. Sehr hohe Dosen können Desquamation und Nekrose (Ulcus) verursachen. 2. Ein a k u t e r S c h a d e n d e r S c h l e i m h a u t tritt etwas früher als der akute Schaden der Haut auf und besteht wie dieser in Erythem, Desquamation mit Blutungen und ggf. Nekrose 3. Ein a k u t e r S c h a d e n d e s A u g e s äußert sich überwiegend in einer entzündlichen Veränderung der Bindehaut. 4. Ein a k u t e r S c h a d e n d e r K e i m d r ü s e n (ausgenommen Erbanlagen) äußert sich in temporärer oder dauernder Sterilität mit Amenorrhoe bzw. Oligo-Azoospermie. Die unter Ziff. 1 bis 4 genannten Schäden sind nur bei Einwirkung höherer Dosen möglich. C. Chronischer allgemeiner Strahlenschaden nach Ganzkörperbestrahlung Er kann sich durch einmalige Einwirkung einer hohen Strahlendosis als Folge einer akuten Strahlensdiädigung wie auch durch wiederholte Einwirkung kleinerer Dosen entwikkein. Die unter A aeschilderten SvmDtome können fehlen oder in abgeschwächter Form auftreten (z. B. Veränderungen der Blutelemente). D. Chronischer lokaler Strahlenschaden nach Teilkörperbestrahlung 1. Ein c h r o n i s c h e r S c h a d e n d e r H a u t äußert sich in Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut in Pigmentverschiebung, ungleichmäßiger Pigmentierung, Trockenheit infolge Störung der Talg- und Schweißdrüsenabsonderung, Dauerepilation, trockener Abschilferung, Verhornung, Rhagadenbildung und Teleangiektasie.

135

M e r k b l a t t N r . 27 A u ß e r d e m können Wachstumsstörungen mit Längsriffelung und Brüchigkeit d e r N ä g e l auftreten. E k z e m e und «dimerzhafte, häufig sdilecht heilende Ulcerationen sowie gelegentlich W a r z e n b i l d u n g e n und H a u t c a r c i n o m e sind möglich. 2.

C h r o n i s c h e r

S c h a d e n

der

C h r o n i s c h e S c h ä d e n an a n d e r e n O r g a n e n k ö n n e n durch S t r a h l e n e i n w i r k u n g i n k o r p o r i e r t e r r a d i o a k t i v e r S t o f f e a u f t r e t e n . S i e finden sich a m h ä u f i g s t e n a n d e n s o g e n a n n t e n k r i t i s c h e n O r g a n e n , d. h. d e n j e n i g e n O r g a n e n , in d e n e n r a d i o a k t i v e S t o f f e sich b e v o r z u g t a b l a g e r n ( z : B. S c h i l d d r ü s e f ü r J o d , K n o c h e n f ü r S t r o n t i u m , P o l o n i u m u. a.). E.

S t r a h l e n s p ä t s c h ä d e n k ö n n e n sowohl nach e i n m a l i g e r Einw i r k u n g e i n e r h o h e n Dosis als auch nach l a n g z e i t i g e r oder wiederholter Einwirkung kleinerer Dosen auftreten. Dem Strahleninsult folgt eine längere symptomfreie Latenzzeit; e i n e a k u t e S t r a h l e n k r a n k h e i t muß d a b e i nicht v o r a u s g e g a n gen sein. Panmyelopathien, aplastische Anämien, Agranul o z y t o s e n und L e u k o s e n w u r d e n als s t r a h l e n b e d i n g t e Späts c h ä d e n b e o b a c h t e t . V e r e i n z e l t trifft d i e s a u c h f ü r K a t a r a k t e , a u s g e h e n d vom hinteren Linsenpol, nach Bestrahlung mit höheren Dosen (vorwiegend bei Neutronen und schweren T e i l c h e n ) zu.

1V. Hinweise für die ärztliche

Erlfiuterungen von ausgewählten Begriffen und Einheiten Ionisieren bedeutet das Abtrennen von Elektronen aus dem Atomverband, wobei die ionisierten Atome oder die ionisierte Atome enthaltenden Moleküle in einen Zustand veränderter chemischer und dadurch auch biologischer Reaktionsbereitschaft gelangen.

2.

I o n i s i e r e n d e S t r a h l e n sind energiereiche Wellen- (Quantenoder Photonen-) bzw. Teilchen-(Korpuskular-)strahlen, die beim Durchgang durch Materie die Atome zu ionisieren vermögen.

3.

D i r e k t i o n i s i e r e n d e S t r a h l e n sind alle elektrisch geladenen Korpuskeln, wie z. B. schnelle Elektronen oder Betastrahlen, Alphastrahlen, Protonen usw.

4.

Indirekt ionisierende Strahlen sind Röntgen- und Gammastrahlen sowie Neutronen, die zwar selbst nicht ionisieren, aber bei der Wechselwirkung mit Materie in dieser ionisierende Strahlen auslösen ( z . B . Röntgen- oder Gammastrahlen : Elektronen; Neutronen : Rüdestoßprotonen oder Kernprozesse).

5

Von a u ß e n w i r k e n d e S t r a h l e n sind solche, die von einer außerhalb des Körpers sich befindenden Strahlenquelle in den Körper einwirken.

6.

Von i n n e n wirkende Strahlen inkorporierter radioaktiver Stoffe sind Strahlen, die von einer Strahlenquelle innerhalb des Körpers ausgehen und Zellen oder Gewebe beeinflussen, die in unmittelbarer Umgebung der radioaktiven Atome liegen.

7.

Kontamination Stoffe.

8.

U m s c h l o s s e n e r S t r a h i e r ist ein Strahler, der aus radioaktiven Stoffen besteht, die in festen und inaktiven Stoffen inkorporiert sind, oder der von einer inaktiven Hülle umschlossen Ist, deren Widerstand ausreicht, um bei üblicher Beanspruchung ein Austreten radioaktiver Stoffe zu verhindern und die Möglichkeit einer Kontamination auszuschalten.

9.

Offener Strahler ist ein Strahler, der aus radioaktiven Stoffen b e s t e h t ; Austreten radioaktiver S t o f f e und Kontamination sind möglich.

10.

Als E i n h e i t der S t r a h l e n d o s i s (lonendosis) gilt das „Röntgen" (r); Untereinheiten sind das „Milliröntgen" (1 mr = 10~a r) und das „Mikroröntgen" {] nr = 10*® r).

11.

Als E i n h e i t der a b s o r b i e r t e n Dosis (Energiedosis) gilt das ,.rad" (radiation - obsorbed - dose). 1 rad entspricht - bezogen auf Wasser oder weiche Gewebe - etwa 1,1 r.

12.

R e m (loentgen - equivalent - man) wird als Einheit im Strahlenschutz verwendet; es berücksichtigt die unterschiedliche relative biologis: RBW).

13.

D o s i s l e i s t u n g ist die Dosis/Zeit. Sie wird z . B . in r/h, r/min oder r/sec bzw. rad/h usw. gemessen.

14.

Als E i n h e i t d e r R a d i o a k t i v i t ä t gilt das „Curie" (1 Curie = 3,7 X 101« Zerfallsakte/sec); Untereinheiten sind das „Mlllicurle" (1 mc - 1 0 _ s Curie), das „Mikrocurie" (1 w - 10"« Curie), das „Nnnocurie" (1 nc 10"« Curie) usw. Eine Umrechnung von „Curie" in „Röntgen", „rad" oder „rem" ist nur bei genauer Kenntnis der Art und Abmessung des Strahlers möglich.

15.

Die ( p h y s i k a l i s c h Zeit, in der die Hälfte fallen ist. (Nach 2 HWZ ursprünglichen Aktivität

16.

Die b i o l o g i s c h e H a l b w e r t s z e i t ist die Zeit, in der die Hälfte der ursprünglich im Körper inkorporierten radioaktiven Substanzen durch Stoff Wechselvorgänge u. a. aus diesem ausgeschieden ist.

Beurteilung

U m zu b e u r t e i l e n , o b e i n e v o r l i e g e n d e E r k r a n k u n g a u f e i n e n S t r a h l e n i n s u l t z u r ü c k z u f ü h r e n ist, i s t e i n e e i n g e h e n d e K e n n t n i s d e r A r b e i t s a n a m n e s e u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g technischer Einzelheiten am Arbeitsplatz, der Ergebnisse der P e r s o n e n - u n d O r t s d o s i s m e s s u n g e n , a n d e r e r in II g e n a n n t e r physikalischer und biologischer F a k t o r e n sowie der am Arbeitsplatz getroffenen Strahlenschutzmaßnahmen von Wichtigkeit. B e s o n d e r s i s t zu p r ü f e n , o b e s sich b e i m U m g a n g m i t r a d i o aktiven Stoffen um offene oder umschlossene Präparate geh a n d e l t h a t . B e i A r b e i t e n m i t o f f e n e n P r ä p a r a t e n ist d i e Möglichkeit einer Kontamination oder Inkorporation gegeben. Ggf, ist der N a c h w e i s i n k o r p o r i e r t e r r a d i o a k t i v e r Stoffe im K ö r p e r u n d in d e n K ö r p e r a u s s c h e i d u n g e n in s p e z i e l l h i e r f ü r e i n g e r i c h t e t e n I n s t i t u t e n zu f ü h r e n . D i e B e u r t e i l u n g v o n S t r a h l e n s c h ä d e n i s t in d e r R e g e l s e h r schwierig und sollte d a h e r e i n e m auf d i e s e m G e b i e t b e s o n ders erfahrenen Arzt überlassen werden.

tu Nr. 27

1.

A t e m w e g e .

U. a. k a n n e s b e i d e r F ö r d e r u n g v o n P e c h b l e n d e — Erz, das Radium und a n d e r e radioaktive Stoffe enthält — nach m e h r j ä h r i g e r E i n w i r k u n g s z e i t (meist zehn J a h r e und mehr) zur s o g e n a n n t e n S c h n e e b e r g e r L u n g e n k r a n k h e i t — e i n e m L u n g e n k r e b s , d e r oft m i t S i l i k o s e v e r b u n d e n i s t — k o m m e n . D i e Z e r f a l l s p r o d u k t e d e s R a d i u m s ( R a d o n u. a.), welche vorwiegend über die Atemwege aufgenommen werden, spielen dabei eine wichtige Rolle. 3.

A n h o n g zum Merkblatt lOr die flritlldit Untersuchung — d e r Anlag« xur 7. Berufskrankhellen-Verordnung

ist

eine

Verunreinigung

durch

radioaktive

e) Halbwertszelt (HWZ) ist die der ursprünglich vorhandenen Atome zerist n o A '/«, nadi 3 HWZ nodi >/< usw. der vorhanden.)

136

M e r k b l a t t N r . 28, 29

Nr. 28 Grauer Star durch Wärmestrahlung /. Vorkommen,

Gefahrenquellen

und

Wirkungsweise

Grauer Star durch Wärmestrahlung (Infrarotstar oder Feuerstar, Wärmestar, Glasbläserstar) wird durch Einwirkung infraroter Strahlen, d. h. einer außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums gelegenen Wellenstrahlung, verursacht. Der die Augenlinse schädigende Teil der Wärmestrahlung liegt bei Wellenlängen zwischen etwa 750 m[x (nm) bis 2400 m|i (nm). Im allgemeinen emissioniert hellrot-, gelbund weißglühendes Material diese schädigenden Strahlen. Die Gefährdung ist proportional der Größe der strahlenden Fläche, zunehmender Abstand von der strahlenden Materie verringert die Gefährdung. Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob die infraroten Strahlen selbst oder die von ihnen bei der Absorption durch die Iris erzeugte Erwärmung des Kammerwassers die Augenlinse schädigen. Gefahrenquellen sind u. a. der Umgang mit glühendem Glas in Glashütten, seltener der Umgang mit glühenden Schmelzmassen in Eisenhütten, Metallschmelzereien, in Betrieben der Weißblechherstellung und in Karbidfabriken. Die schädigende Strahlung kann sowohl von der Schmelzmasse als auch vom glühenden Material oder von der Innenauskleidung der Schmelzöfen ausgehen. Personen, die keine geeignete Schutzbrille tragen, können gefährdet sein. Die zu Heizzwecken verwendeten Infrarotstrahler und Glühlampen können wegen ihrer geringen Strahlungsintensität den Star durch Wärmestrahlung nicht verursachen. II. Krankheitsbiid

und Diagnose

Grauer Star durch Wärmestrahlung kann infolge mehrjähriger, in der Regel über 20 Jahre dauernder Einwirkung von infraroten Strahlen entstehen. Er tritt meistens zunächst einseitig auf; bei Rechtshändern erkrankt oft zuerst das linke, dem Schmelzofen zugewandte Auge. Die ersten Veränderungen zeigen sich am hinteren Linsenpol. Subkapsulär bilden sich Vakuolen und bröckelige Trübungen, die zusammenfließen können und als Trübungs-

scheibe am hinteren Pol sichtbar werden. Gleichzeitig oder auch vorher kann vereinzelt eine Ablösung der oberflächlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel auftreten. Diese Lamelle haftet mit ihrer Basis an der Linsenkapsel, der freie Teil rollt sich ein und ragt in die vordere Augenkammer hinein. Bei der Untersuchung im fokalen Licht — vor allem mit der Spaltlampe — ist eine schalen- oder sternförmige Trübung mit dichterem, gegen die Linsenmitte prominentem Zentrum zu erkennen. Zunächst ist der Trübungsbezirk nicht scharf begrenzt. Eine Abnahme des Sehvermögens tritt erst dann ein, wenn die Linsentrübung eine bestimmte Dichte erreicht hat. Das Endstadium gleicht dem klinischen Bild des reifen Altersstars. Eine Unterscheidung von diesem ist dann nur noch gelegentlich durch das oben beschriebene Auftreten der typischen Ablösung der oberflächlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel (sog. Feuerlamelle) möglich. Die primären Erscheinungen des grauen Stars durch Wärmestrahlung sind meistens charakteristisch für diese Erkrankung. Als Nebenbefund ist häufig eine durch die Strahlung bewirkte bräunlich-rote Pigmentierung der Gesichtshaut mit einer Erweiterung der feinen Hautgefäße, vorwiegend auf der stärker exponierten Gesichtshälfte, festzustellen. Differentialdiagnostisch sind Linsentrübungen aus anderen Ursachen auszuschließen. Gleichzeitiges Vorkommen präseniler und seniler Veränderungen der Linse mit dem Wärmestar ist bei der langen Latenzzeit möglich. Häufig tritt er jedoch in einem relativ frühen Lebensalter, d. h. schon vom 40, Lebensjahr an, auf. III. Hinweise für die ärztliche

Beurteilung

Eingehende Arbeitsanamnese und Prüfung, ob infolge beruflicher Arbeiten die Entstehung des Wärmestars möglich war, sind erforderlich. Linsenerkrankungen durch Einwirkung ionisierender Strahlen werden unter Nr. 27 der Anlage zur 7. BKVO erfaßt.

Nr. 29 Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen durch Aluminium oder seine Verbindungen /. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Aluminium (AI) kommt nur in Form wie Feldspat, Glimmer, Hornblende, produkte, wie Bauxit, Kaolin, Ton, Korund oder Schmirgel, in der Natur

seiner Verbindungen, deren Verwitterungsund als Oxyde, wie vor.

Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen werden bei Personen beobachtet, die Aluminiumpulver, vor allem ungefetteten Aluminiumfeinstaub (sogenannter! Pyroschliff), herstellen? insbesondere trifft dies für das Feinstampfen, Sieben und Mischen zu. Auch die Herstellung von Aluminiumpulver durch Schmelzzerstäubung, das Ausschmelzen von Aluminiumoxyd aus Bauxit sowie die Herstellung von Aluminiumlegierungen können u. U. eine Gefahrenquelle sein.

Die Verwendung des Aluminium-Bronze-Pulvers, auch im Spritzverfahren, ist in der Regel nicht gesundheitsgefährdend. II. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Aluminium oder seine Verbindungen werden als Staub, Rauch oder Dampf über die Atemwege aufgenommen." In den tieferen Luftwegen und in der Lunge kommt es am Ort der Ablagerung des Al-Ions zu irreversiblen Eiweißveränderungen im Gewebe. Es bildet sich ein dichtes, zellarmes, kollagenfaseriges Bindegewebe, das frühzeitig hyalin degeneriert und eine hochgradige Schrumpfungstendenz zeigt. Lungenschrumpfung mit hyaliner Verdichtung der Alveolarsepten, teilweiser Verödung der Alveolarlichtungen und Atro-

137

M e r k b l a t t N r . 30/31 phie des respiratorischen Epithels können die Folge sein. Hiluslymphknoten sind im Gegensatz zur Silikose an dieser diffusen Fibrose nicht beteiligt; spezifische Granulombildungen fehlen. Iii. Krankheilsbild

und

Diagnose

Im Vordergrund stehen Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, zunächst bei Anstrengung, dann auch bei Ruhe, Auskultatorisch finden sich oft Geräusche einer Bronchitis; ggf. ist eine Minderung der Atemfunktion nachweisbar. R ö n t g e n o l o g i s c h ist in leichteren Fällen nur eine verstärkte Lungenzeichnung zu erkennen. Später treten streifige, unscharf fleckige, teils flächenhaft wolkige Verschattungen, bevorzugt in den Mittel- und Oberfeldern, aufj Spitzenfelder und Hili sind frei. Paramediastinale Schwielenbildung mit Hochraffung der Hili, Verziehung der Luftröhre sowie spitz- oder breitzipflige, im medialen oder lateralen Drittel gelegene Zwerchfelladhäsionen sind typische Zeichen des fortgeschrittenen Krankheitsbildes.

Relativ häufig kann ein Spontanpneumothorax — auch rezidivierend und doppelseitig — auftreten. Die schweren Lungenveränderungen führen frühzeitig zu chronischer Bronchitis und Emphysem mit Einschränkung der Atemfunktionen sowie schließlich zum Cor pulmonale. Blutbild, Blutsenkungsreaktion und Körpertemperatur sind uncharakteristisch. IV. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Das Ergebnis einer eingehenden Arbeitsanamnese' ist für die ärztlidie Beurteilung besonders wichtig. Atem- und HerzKreislauffunktionsstörungen können stärker sein, als nach dein Röntgenbild zu erwarten ist. Die Latenzzeit zwischen der Exposition und dein Auftreten der Erkrankung ist unterschiedlich, sie schwankt zwischen 6 Monaten bis zu 15 Jahren und mehr. Dabei ist weniger die Dauer als die Intensität der Einwirkung des Aluminiums oder seiner Verbindungen von Bedeutung. Nach Wegfall der Exposition ist ein Fortschieiten dieser Erkrankung seltener als bei der Silikose,

Nr. 30 und 31 Nr. 30 - Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) Nr. 31 - Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) in Verbindung mit Lungenkrebs I. Vorkommen

und

II. Aufnahme

Gefahrenquellen

A s b e s t ( = Bergflachs) ist ein Sammelbegriff für silikatische Mineralien, die bei geeigneter Aufbereitung technisch verwendbare Fasern ergeben. Es handelt sich dabei meist um Magnesiumsilikate, die Kalzium und Alkalien enthalten können? evtl. ist Magnesium durch zwei- oder dreiwertiges Eisen ersetzt. Freie kristalline Kieselsäure kommt im reinen nicht vor. Man unterscheidet zwei Gruppen:

Asbest

a) Serpentin- oder Chrysotilasbeste Diese sind alkalibeständig, sehr biegsam, gut verspinnbar und zerreißfest. Die magnesiumreichen Chrysotile sind im Gegensatz zu allen anderen Asbesten nicht säurefest. b) Hornblende- oder Amphibolasbeste Das hierzu gehörende Krokydolith (Blauasbest) ist gut biegsam, läßt sich sehr gut verspinnen und ist besonders zerreißfest. Amosit, Aktinolith, Cummingtonit, Tremolit, Antophyllit und gemeine Hornblende gehören ebenfalls dieser Gruppe an. Die unter a und b genannten Asbestsorten sind gut hitzebeständig. Lungenpathogener Asbeststaub tritt hauptsächlich bei der textil- und papiermäßigen Verarbeitung von Asbest, so beim Aufbereiten, Krempeln, Spinnen, Weben u. ä., auf. Auch das Herstellen und Bearbeiten von Asbest-Zementprodukten (z. B. Eternit), vor allem das Sägen, Bohren, Fräsen und Schleifen derartiger Stoffe sowie das Bearbeiten von Asbestabfällen, sind Gefahrenquellen. Dies gilt auch für das Aufspritzen asbesthaltiger Isolierungs- und Antidröhnmittel. Bestimmte Talksorten sind, zumeist in Spuren, asbesthaltig; es ist nicht bewiesen, ob diese eine Asbestose verursachen können.

und

Wirkungsweise

Asbestfasern können bis zu mikroskopischer Feinheit aufspalten. Asbeststaub, bestehend aus Teilchen von faser- bzw. nadeiförmiger Kristallstruktur, dringt in die tieferen Luftwege ein. Dabei können Fasern noch bis zu einer Länge von 250 fi m ir. die Alveolen gelangen (körniger Staub ist nur bis zu einer Größenordnung von S ^ m Durchmesser lungengängig). Dies führt zu Reaktionen in Bronchioli, Alveolen und im Interstitium. Es entwickelt sich ein in den unteren bis mittleren Lungenpartien gelegener diffuser bindegewebsbildender Prozeß mit starker Schrumpfungsneigung, die sogenannte Asbestose; dabei werden Asbestosekörperdien gebildet. Mitbeteiiigung der Pleura und Zwerchfelladhäsionen sind charakteristisch. Relativ häufig können sich am Epithel des Bronchialbaums Metaplasien und schließlich ein Bronchialcarcinom entwikkeln; auch Pleuraendotheliome kommen vor. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Als erstes uncharakteristisches Zeichen der Asbestose treten Reizhusten, Auswurf, Brustschmerzen und leichte Kurzatmigkeit auf. Später sind chronisdie Bronchitis, Pleurareizungen und -entzündungen, Emphysem sowie Anzeichen für Rechtsschädigung des Herzens (Cor pulmonale) relativ häufig. Der auskultatorische und perkutorische Befund kann selbst bei fortgeschrittener Asbestose uncharakteristisch und geringfügig sein. Als typisches Zeichen gilt feines Knisterrasseln, besonders über den seitlichen und unteren Lungenpartien. Im Auswurf können sich Asbestosekörperdien finden. Diese sind keulen- oder hanteiförmige, gelblich-braune Gebilde, bestehend aus Asbestnadeln, die von eiweißhaltigen Gel-Hüllen umgeben sind.

138

M e r k b l a t t N r . 32

Das E r g e b n i s d e r R ö n t g e n f i l m a u f n a h m e ist f ü r die D i a g n o s t i k e n t s c h e i d e n d . V o r n e h m l i c h in d e n u n t e r e n zwei Dritteln d e r L u n g e m i t m e i s t z u n e h m e n d e r I n t e n s i t ä t zu Basis u n d Hilus hin findet sich z u n ä c h s t ein „nebels c h w a d e n f ö r m i g e s " N e t z w e r k . M i t u n t e r sind d i e s e V e r ä n d e r u n g e n e n t l a n g d e r G r e n z e d e s Herzschattens, z u w e i l e n auch in d e r A n o r d n u n g e i n e r f l ü g e i f ö r m i g v o m Hilus b e s o n d e r s nach u n t e n zu a u s g e d e h n t e n z a r t e n V e r s c h a t t u n g , zu b e o b a c h t e n . Die O b e r f e l d e r k ö n n e n , durch a u s g e p r ä g t e s E m p h y s e m bedingt, v e r m e h r t s t r a h l e n d u r c h l ä s s i g sein. Pleur a v e r ä n d e r u n g e n t r e t e n gelegentlich auch in F o r m typischer P l e u r a - P l a q u e s auf. Die A s b e s t o s e in V e r b i n d u n g mit L u n g e n k r e b s wird relativ h ä u f i g b e o b a c h t e t . V o r w i e g e n d h a n d e l t es sich dabei um ein Bronchialcarcinom, das sich vielfach im Bereich der schwersten A s b e s t o s e v e r ä n d e r u n g e n , ü b e r w i e g e n d in d e n L u n g e n u n t e r l a p p e n , lokalisiert. Die Lunge k a n n gleichzeitig auch an m e h r e r e n Stellen v o n C a r c i n o m befallen w e r d e n ; P l e u r a e n d o t h e l i o m e k ö n n e n v o r k o m m e n . Gelegentlich k a n n die E i n w i r k u n g v o n A s b e s t in d e n u n t e r Abschnitt I g e n a n n t e n F o r m e n eine Reizung der A u g e n b i n d e h a u t , des Rachens und d e r K e h l k o p f s c h l e i m h a u t ver-

ursachen s o w i e zur E n t s t e h u n g s o g e n a n n t e r A s b e s t w a r z e n , meist an der B e u g e s e i t e der Finger, in der H o h l h a n d o d e r an d e r Fußsohle, f ü h r e n . B e r u f s k r a n k h e i t e n im S i n n e d e r Nr. 30 und 31 d e r A n l a g e z u r 7. B e r u f s k r a n k h e i t e n - V e r o r d n u n g liegen j e d o c h erst d a n n vor, w e n n typische Lungenv e r ä n d e r u n g e n n a c h w e i s b a r sind. /V. Hinweise iür die ärztliche Beurteilung Zur D i a g n o s e s t e l l u n g ist die E r h e b u n g e i n e r e i n g e h e n d e n A r b e i t s a n a m n e s e erforderlich. Eine A s b e s t o s e tritt im a l l g e m e i n e n erst nach j a h r e l a n g e r E i n w i r k u n g des g e s u n d h e i t s s c h ä d i g e n d e n Stoffes auf. Eine Exposition — auch v o n w e n i g e n J a h r e n — k a n n ggf. nach einer Latenzzeit v o n J a h r z e h n t e n noch zu e i n e r s c h w e r e n A s b e s t o s e (Spätasbestose) f ü h r e n . Röntgenologisch n a c h w e i s b a r e V e r ä n d e r u n g e n k ö n n e n im Vergleich zu d e n b e s t e h e n d e n Lungen- und K r e i s l a u f f u n k t i o n s s t ö r u n g e n r e l a t i v g e r i n g g r a d i g sein. Eine b e g l e i t e n d e L u n g e n t u b e r k u l o s e k a n n v o r k o m m e n ; die ursächliche Beziehung zwischen L u n g e n t u b e r k u l o s e und A s b e s t o s e ist jedoch wissenschaftlich bislang nicht mit Sicherheit n a c h z u w e i s e n .

Nr. 32 Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen I. Vorkommen

und

Geiahrenquellen

a) A k u t e V e r l a u f s f o r m

Beryllium (Be), ein s i l b e r w e i ß e s , e t w a s s p r ö d e s Metall, wird ü b e r w i e g e n d durch S c h m e l z e l e k t r o l y s e a u s Berylliumchlorid o d e r durch R e d u k t i o n mit M a g n e s i u m aus Berylliumfluorid g e w o n n e n . Es k o m m t in d e r N a t u r als P h e n a k i t (BeS i 0 4 ) , C h r y s o b e r y l l (BeAlOa) und S m a r a g d v o r .

In d e r Regel h a n d e l t es sich hier um eine nur 1 bis 2 T a g e d a u e r n d e f i e b e r h a f t e E r k r a n k u n g nach A r t des sog. MetallD a m p f f i e b e r s u n t e r Beteiligung v o n H a u t und Schleimhäuten.

B e r y l l i u m o x y d w i r d z u r H e r s t e l l u n g h o c h - f e u e r f e s t e r Geräte und Materialien sowie keramischer Farben verwendet. Berylliumfluorid f i n d e t bei d e r Alumium-Schweißpulverh e r s t e l l u n g u n d a n d e r e B e r y l l i u m v e r b i n d u n g e n bei d e r Herstellung v o n Spezialporzellan, G l ü h k ö r p e r n u n d Leuchtstoffen V e r w e n d u n g ; im l e t z t e r e n Falle b e n u t z t m a n jetzt vielfach a n d e r e u n g i f t i g e Stoffe. B e r y l l i u m l e g i e r u n g e n sind wegen i h r e r praktisch u n b e g r e n z t e n H a l t b a r k e i t u n d Berylliumgläser w e g e n i h r e r b e s o n d e r e n S t r a h l e n d u r c h l ä s s i g k e i t von Bedeutung? auch in d e r K e r n r e a k t o r - u n d R a k e t e n t e c h n i k spielen Beryllium und s e i n e V e r b i n d u n g e n e i n e wichtige Rolle.

Das u n t e r a g e n a n n t e K r a n k h e i t s b i l d k a n n v o r a u s g e h e n . Es t r e t e n s t a r k e A t e m n o t , L i p p e n c y a n o s e , Gesichtsblässe, q u ä l e n d e r H u s t e n u n d auskultatorisch ü b e r d e r L u n g e festz u s t e l l e n d e R a s s e l g e r ä u s c h e hinzu. Im G e g e n s a t z zur krupp ö s e n P n e u m o n i e f e h l e n jedoch r o s t b r a u n e s S p u t u m und Schüttelfrost. Röntgenologisch k ö n n e n sich g e r i n g f ü g i g e Trüb u n g e n in d e n M i t t e l f e l d e r n u n d Fledcelungen, ähnlich d e n e n e i n e r M i l i a r t u b e r k u l o s e , finden. Mit Beginn d e r z w e i t e n K r a n k h e i t s w o c h e z e i g e n sich h o m o g e n e V e r s c h a t t u n g e n , die — v o n den M i t t e l f e l d e r n a u s q e h e n d — auf O b e r - und Unterf e l d e r ü b e r g r e i f e n . H o c h g r a d i g e C y a n o s e , N i e r e n r e i z u n g mit E i w e i ß a u s s c h e i d u n g im Urin und Leberschwellung sind S y m p t o m e d e r f o r t s c h r e i t e n d e n E r k r a n k u n g , die nach 2 bis 3 W o c h e n oft infolge L ä h m u n g des A t e m z e n t r u m s zum Exitus letalis f ü h r e n k a n n .

G e f a h r e n q u e l l e n sind i n s b e s o n d e r e das V e r a r b e i t e n trokk e n e r , s t a u b e n d e r B e r y l l i u m v e r b i n d u n g e n , hauptsächlich das M a h l e n u n d Abpacken, in e t w a s g e r i n g e r e m M a ß e das Gew i n n e n d e s Berylliums a u s s e i n e n Erzen u n d Zwischenprod u k t e n . G e s u n d h e i t s g e f ä h r d e n d sind auch Arbeitsplätze, an d e n e n Beryllium o d e r s e i n e V e r b i n d u n g e n in D a m p f f o r m auftreten.

b) Toxische B e r y l l i u m p n e u m o n i e

G ü n s t i g e n f a l l s b i l d e n sich die V e r ä n d e r u n g e n in d e r Lunge zurück, w a s c k a r a k t e r i s t i s c h e r w e i s e M o n a t e bis J a h r e d a u e r n k a n n . Gelegentlich b e s t e h t w e i t e r h i n A t e m n o t . c) Chronische V e r l a u f s f o r m — Berylliose —

II. Aufnahme

und

Wirkungsweise

Be u n d s e i n e V e r b i n d u n g e n w e r d e n ü b e r w i e g e n d in Form v o n S t ä u b e n o d e r D ä m p f e n ü b e r die A t e m w e g e aufgen o m m e n . N e b e n örtlichen Schäden, z. B. im Bereich der tief e r e n A t e m w e g e , k o m m t es d a b e i zu e i n e r a l l g e m e i n e n Giftw i r k u n g . E r k r a n k u n g e n d e r H a u t und S c h l e i m h ä u t e infolge r e s o r p t i v e r E i n w i r k u n g , a b e r auch H a u t s c h ä d e n nach unm i t t e l b a r e m K o n t a k t mit d i e s e n Stoffen, sind möglich. Be wird zum Teil durch die N i e r e n ausgeschieden, zum a n d e r e n Teil in Lunge, Leber u n d Knochen a b g e l a g e r t . III

Krankheitsbild

und

Diagnose

Durch die E i n w i r k u n g v o n Be o d e r s e i n e r V e r b i n d u n g e n k ö n n e n ü b e r w i e g e n d f o l g e n d e E r k r a n k u n g e n u n d Schäden verursacht werden:

D i e s e h ä u f i g v o r k o m m e n d e V e r l a u f s f o r m k a n n sich unm i t t e l b a r im Anschluß an die toxische B e r y l l i u m p n e u m o n i e , h ä u f i g e r a b e r erst v i e l e J a h r e später, entwickeln. A t e m n o t , hartnäckiger, trockener H u s t e n u n d z. T. beträchtliche Gew i c h t s a b n a h m e bei meist n o r m a l e n Körpertemperaturen sind g e w i s s e Anzeichen h i e r f ü r . Röntgenologisch f i n d e t sich eine m e h r o d e r w e n i g e r ausg e p r ä g t e Fleckelung, ähnlich d e r bei d e r M i l i a r t u b e r k u l o s e bzw. Silikose. Sie fließt s t e l l e n w e i s e zu h o m o g e n e n V e r s c h a t t u n g e n z u s a m m e n u n d gleicht d a n n d e m Bild d e r Boedcschen E r k r a n k u n g bzw. d e r sog. T a l k l u n g e o d e r e i n e r Lungenfibrose, Auch die Berylliose k a n n u n t e r den Zeichen e i n e r hinz u t r e t e n d e n Herz- u n d Kreislaufinsuffizienz tödlich v e r l a u f e n . Ggf. d a u e r t die E r k r a n k u n g j a h r e l a n g .

139

M e r k b l a t t N r . 33 d) Sonstige Krankheitserscheinungen

/V. Hinweise

Insbesondere bei der akuten Verlaufsform sind evtl. sowohl die Haut in Form eines Hauterythems, einer Gesichtsdermatitis, eines vesikopapularen Ekzems als auch die Schleimhäute des Auges und der oberen Luftwege betroffen. Im Verlauf der toxischen Beryiliumpneumome können granulomatöse Veränderungen, die an Hautsarkoide erinnern, auftreten. Infolge direkter Einwirkung der schädigenden Stoffe auf die Haut, z. B. von Berylliumsalzen, wie Fluoride, O x y fluoride und Sulfate, können ulcerose Hautprozesse entstehen. Das Eindringen von Berylliumglassplittern kann zu lokalen Hauterkrankungen, wie Granulomen, führen, die schließlich unter Keloidbildung abheilen. In Einzelfällen wurden auch Veränderungen im Knochensystem (sog. Berylliumrachitis), Leberparenchymschaden und Nervenlähmungen beschrieben.

für die drzfiiciie

Beurteilung

Arbeitsanamnese, klinisches und röntgenologisches Bild und ggf. das positive Ergebnis des auf der sensibilisierenden Wirkung des Berylliums beruhenden Berylliumhauttestes sind für die ärztliche Beurteilung bedeutsam. Die verschiedenen Krankheitsbilder, wie generalisierte Hautgranulome und toxische Berylliumpneumonie, können erst viele J a h r e nach Exposition in Erscheinung treten. Auch nach einmaliger Exposition wurden Erkrankungen beobachtet. Im Verlauf der Berylliose kommen Remissionen vor. Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Beryllium oder seiner Verbindungen verursacht, gelten als Berufskrankheit nach Nr. 32 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf. trifft Nr. 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung zu.

Nr. 33 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallstäube bei der Herstellung oder Verarbeitung von Hartmetallen /. Vorkommen und

Geiahrenquellen

Hartmetalle sind aus bestimmten Stoffen zusammengesetzt und zeichnen sich durch außerordentliche Härte und Verschleißfestigkeit aus. Sie finden für Schneidwerkzeuge und Verschleißteile Verwendung. Man unterscheidet a) Sinterkarbide, hergestellt aus einer Pul Vermischung, von Wolframkarbid und Cobalt, die Zusätze von Titankarbid und Tantalkarbid enthalten kann, b) Gußkarbide, hergestellt auf der Basis von Wolframkarbid mit einem Zusatz von Molybdänkarbid. Erkrankungen an Lungenfibrose durch Stäube bei der Herstellung oder Verarbeitung der Vorprodukte von Hartmetallen sind nur bei den Sinterkarbiden beobachtet worden. Die vorbearbeiteten Ausgangsstoffe werden in wechselnden Mengenverhältnissen gemahlen, gepreßt und bei etwa 1000° C vorgesintert. Dieses tafelkreideähnliche Material wird durch Drehen, Bohren und Schleifen auf die gewünschte Form verarbeitet (Formgebung). Anschließend werden die Stücke bei etwa 1500° fertiggesintert. Die Staubgefährdung besteht beim Mischen des Ausgangsmaterials, noch mehr aber bei der Verarbeitung des vorgesinterten Materials. 11. Aulnahme

und

Wirkungsweise

Lungengängiger Staub des nicht fertiggesinterten Materials kann in der Lunge zu fibrotischen Veränderungen führen,

wobei Wirkungsmechanismus und die bei der Herstellung oder Verarbeitung des Hartmetalls auftretenden gesundheitsgefährdenden Noxen des Staubes noch nicht sicher geklärt sind.

III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Nach längerer Staubexposition kann es zu Bronchitis mit Husten, Auswurf und Atemnot kommen. Röntgenologisch findet sich häufig eine feinstreifig-netzförmige Lungenzeichnung mit Vergrößerung der Hili. In fortgeschrittenem Stadium sind Lungenfunktionsstörungen bis zur schweren Ateminsuffizienz mit Cor pulmonale möglich. Röntgenologisch werden hierbei oft eine wabige Lungenzeidinung und kleinfleckige, ziemlich weiche, z. T. konfluierende Verschattungen nächgewiesen, die im Gegensatz zur Silikose nicht die seitlichen Obergeschosse bevorzugen. Differentialdiagnostisch von Bedeutung sind die Silikose, die Lungentuberkulose, der Morbus Boedc u. a.

IV. Hinweise

iür die üiztlldie

Beurteilung

Die Krankheitsanfälligkeit ist relativ gering. Die ärztliche Beurteilung stützt sich auf die Arbeitsanamnese sowie auf den klinischen und röntgenologischen Befund.

14C

M e r k b l a t t N r . 34/35

Nr. 34 und 35 Nr. 34 - Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) Nr. 35 - Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)

I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Entstehungsweise Die Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) entsteht durch Einwirkung lungengängigen, kieselsäurehaltigen Staubes. Die Gefährdung wächst mit Zunahme dieser Staubeinwirkung, der lungengängigen Anteile des Staubes und seines Gehaltes an freier Kieselsäure (Siliziumdioxid — SiO*). Gefahrenquellen sind z. B. die Gewinnung, Bearbeitung oder Verarbeitung von Sandstein, Quarzit, Grauwacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Porphyr, Bimsstein, Kieselgur, Steinkohle und keramischer Massen. Besonders gefährdend ist die freie Kieselsäure als Quarz, Tridymit und Cristobalit. Audi silikatisches Material kann, wenn freie Kieselsäure darin enthalten ist, eine Gefahrenquelle sein, z. B. Talkum. Gefährdet sind insbesondere Bergleute und bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -Verarbeitung, in Scheuerpulverfabriken, grob- und feinkeramischen Betrieben beschäftigte Personen, ferner Former, Gußputzer und Schleifer an Natursandstein sowie Quarzsandstrahler, Ofenmaurer, Mineralmüller und Tunnelbauer. II. Aufnahme und Wirkungsweise Silikogener Staub gelangt in den Alveolarbereich. Er wird dort zum größten Teil phagozytiert.'Ein beträchtlicher Teil der freien Staubteilchen und der Staubzellen wird auf dem Bronchialwege eliminiert. Der in das Lungengewebe eingedrungene Staub wird in Depots abgelagert, in denen sich im Laufe der Zeit mehr oder weniger reichlich Bindegewebsfasern bilden. Das Bild reicht in Abhängigkeit vom S1O2Gehalt vom spärlichen Geflecht aus Retikulin- und Kollagenfasem bis zum zellfreien hyalinen Silikoseknötchen. Durch die verschiedenen Mischstaubkomponenten wird der Prozeß modifiziert; die Staubherde können von Staubzellen durchsetzt bleiben und einen breiten Saum von Staubphagozyten aufweisen. Dicht beisammenliegende Knötchen können konfluieren Dadurch kann es zu Ballungen und ausgedehnter Schwielenbildung mit Auswirkungen auf die Architektur des umgebenden Gewebes einschließlich von Bronchien und Gefäßen kommen. Die Hiluslymphknoten sind häufig schon vor dem Auftreten der typischen Veränderungen in der Lunge schwielig umgewandelt. Je weiter die Silikose fortschreitet, desto mehr treten in der Regel Störungen der Ventilation, Diffusion und Perfusion auf. Einengungen der Lungenstrombahn können zur Druckerhöhung im kleinen Kreislauf und damit zur Mehrbelastung des rechten Herzens führen. Funktionelle Auswirkungen können bei disseminiert feinherdigen Silikosen schwerwiegender sein als bei Silikosen mit größeren Herden, wenn diese nur vereinzelt vorhanden sind.

Die Silikose entwickelt sich im allgemeinen langsam. Auch besonders rasch sich entwickelnde Formen — sogenannte akute Silikosen — und solche, die nach längerer Latenzzeit in Erscheinung treten, sind möglich. Dabei kann die Quarzstaubexposition nur von kurzer Dauer gewesen sein. Die Silikose kann auch nach Beendigung der gefährdenden Arbeit fortschreiten oder erst in Erscheinung treten. III. Krankheitsbild und Diagnose Die Diagnose kann nur auf Grund von Röntgenaufnahmen der Lunge unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsanamnese einschließlich der Art und des Umfanges der Staubbelastung gestellt werden. Auswirkungen der Silikose werden auf Grund des klinischen Befundes ersichtlich. Beschwerden, klinische Befunde und Röntgenbefunde können erheblich voneinander abweichen. Krankheitszeichen können Atembeschwerden, Husten, Auswurf, gelegentlich auch Brustschmerzen sowie die zuneh-. mende Belastung des rechten Herzens sein. Den vielfältigen röntgenologisch nachweisbaren Veränderungen wird die diesem Merkblatt als ANHANG beigefügte internationale Klassifikation („Genfer Einteilung 1958") besser gerecht als die bisher angewandte Drei-Stadien-Einteilung. Silikose und Tuberkulose können sich in allen Entwicklungsstufen gegenseitig ungünstig beeinflussen. Für eine Silikose in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose sprechen u. a. asymmetrisch relativ schnell entstehende oder in kürzerer Zeit sich röntgenologisch nachweisbar verändernde Lungen Verschattungen. Gewichtsabnahme, Temperaturerhöhungen, umschriebener feuchter Katarrh über der Lunge, BKS-Beschleunigung, Veränderungen des Bluteiweißbildes und des Blutbildes sowie Lungenbluten können weitere Hinweise sein. Der Nachweis von Tuberkelbakterien sichert die Diagnose. IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Die ärztliche Beurteilung der Silikose einschließlich der röntgenologisch geringgradigen Form richtet sich nach der durch sie verursachten Beeinträchtigung der Lungenfunktion und des Herz-Kreislaufsystems. Zum objektiven Nachweis dieser Beeinträchtigung ist u. a. die Lungenfunktionsanalyse besonders geeignet. Chronische Bronchitis, Lungenemphysem, Druckerhöhung im kleinen Kreislauf mit Cor pulmonale u. a. können Folge der Silikose sein. Da derartige Erkrankungen und Störungen auch anderweitig als durch die Silikose verursacht sein können, ist die Frage des ursächlichen Zusammenhangs mit der Silikose sorgfältig zu prüfen. Die Beurteilung der Silikotuberkulose — der Nachweis einer röntgenologisch eindeutigen Silikose ist erforderlich — richtet sich im wesentlichen nach Art und Ausmaß der aktiven Lungentuberkulose und ihrer Folgen.

141

M e r k b l a t t N r . 34/35 Anhang

zum M e r k b l a t t f ü r die ärztliche Untersuchung zu Nr. 34 und Nr. 35 der A n l a g e zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung

(Die „ G e n f e r E i n t e i l u n g 1 9 5 8 " b e t r i f f t d u r c h I n h a l a t i o n v o n M i n e r a l s t ä u b e n v e r u r s a c h t e P n e u m o k o n i o s e n . Hier b e z i e h t s i e sich s i n n g e m ä ß auf S i l i k o s e u n d S i l i V o - T u b e r k u l o s e n a c h N r . 3 4 u n d Nr. 3 5 d e r A n l a g e z u r 6. BKVO.)

Internationale Klassifikation persistierender r ö n t g e n o l o g i s c h e r Verschattungen in d e n Lungenfeldern, verursacht durch die Inhalation v o n M i n e r a l s t ä u b e n *) (Genf 1958)

keine Verdacht auf pneuPneumomokoniotische koniose Veränderungen Schattentyp

Pneumokoniose lineare Schatten

Qualität

O

kleine Schatten

L

Z

Zusätzliche Symbole

2

1 (CO) / (Cf )

j

(cv)

(di)

m

P

Quantität 1

Sdiatten

3

1

n

2

3

(hi)

(em)

1

2

A

B

C

3

(pi)

(tb)

(P*)

•) Einschließlich Kohlen- und Rußstäube. Keine Pneumokoniose

O

Keine röntgenologischen Zeichen einer Pneumokoniose.

Verdächtige Schatten

Z

V e r m e h r t e Lungenz eidin un g.

Pneumokoniose Lineare Schatten

L

Lineare oder retikuläre Strukturen. Dabei k a n n die Lungengrundzeichnung normal, v e r m e h r t oder abgeschwächt sein. Die kleinen Fleckschatten w e r d e n nach dem größten Durchmesser des vorherrschenden Schattentyps b e n a n n t : Punktförmige 1,5 mm.

Kleine Schatten »)

Schatten.

Durchmesser

bis

Miliare oder mikronoduläre Schatten. Durchmesser zwischen 1,5 und 3 mm. N o d u l ä r e Schatten. Durchmesser zwischen 3 und 10 mm.

Große Schatten2)

geschlagene zusätzliche Symbolea)

Kategorie 1: Eine kleine Anzahl von fleckförmigen Schatten in einem Gebiet, das wenigstens zwei v o r d e r e Zwischenrippenräume, aber nicht m e h r als ein Drittel beider Lungen umfaßt. Kategorie 2: Zahlreichere und über größere Gebiete verteilte fleckförmige Schatten als in Kategorie 1. Sie erstrecken sich über den größten Teil beider Lungen. Kategorie 3: Sehr zahlreiche Fleckschatten oder nahezu in allen Lungenabschnitten.

in

allen

A

Eine Verschattung, cTeren größter Durchmesser 1 bis maximal 5 cm beträgt, o d e r . m e h r e r e Schatten, von denen j e d e r im Durchmesser größer als 1 cm ist und deren größte Durchmesser in summa 5 cm nicht überschreiten.

B

Eine oder m e h r e r e Verschattungen, größer und evtl. auch zahlreicher als in der G r u p p e A, d e r e n Gesamtheit nicht mehr als ein Drittel eines Lungenfeldes bedeckt.

C

Eine oder m e h r e r e Verschattungen, die sich zusammen über mehr als ein Drittel eines Lungenfeldes erstrecken. Zusätzliche

Vor-

J e nach A u s d e h n u n g und Verteilung w e r d e n die-kleinen Fleckschatten in folgende Kategorien eingeteilt:

Symbole

(CO)

Anomalien des Herzschattens

(hi)

(cp)

Chronisches Cor pulmonale

(Pi)

Ungewöhnliche Hilusschatten Der Pleura zugehörige Schatten

(cv)

Kavernen

(px)

Pneumothorax

(di)

Distorsionserscheinungen

(tb)

(em)

Emphysem

Auf aktive Tuberkulose verdächtige Schatten

^ Die W a h l der A u f e i n a n d e r f o l g e dieser Zahlen- bzw. Buchstabensymbole bleibt dem Untersucher überlassen. ) Die im Hintergrund v o r h a n d e n e n kleinen Fleckschatten sollten so weit wie möglich zusätzlich beschrieben werden. 3 ) Die A n w e n d u n g dieser Symbole ist freigestellt.

2

142

M e r k b l a t t Nr. 36, 37

Nr. 36 durch Thomasmehl (Thomasphosphat) Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lunge 1. Vorkommen und Gefahrenquellen Thomasmehl (Thomasphosphat) besteht aus Phosphaten, Silikaten und Oxyden von Kalzium, Eisen und Mangan mit geringen Beimengungen von Vanadiumverbindungen u. a. Es wird gewonnen aus der Thomasschlacke, die bei der Roheisengewinnung im sogenannten Thomasverfahren anfällt. Gefahrenquellen sind z. B. beim Brechen und Mahlen der Thomas schlacke, beim Absacken, Transport (Umfüllen beschädigter Säcke), Lagern sowie beim Düngemittelmischen und beim Ausstreuen des Düngemittels gegeben. IL Aufnahme und "Wirkungsweise Staub, der in hoher Konzentration über die A t e m w e g e aufgenommen wird, kann eine Schädigung der tieferen Luftwege und der Lunge bewirken. Inwieweit physikalische (mecha-

nische), che misch-toxi sehe oder infektiöse Faktoren eine Rolle spielen, ist noch nicht geklärt.

hierbei

III. Krankheitsbild und Diagnose Es kann zu akuten und chronischen Bronchitiden mit uncharakteristischem Verlauf kommen; im allgemeinen heilen diese nach W e g f a l l der Exposition komplikationslos ab. Akute kruppöse Pneumonien und Bronchopneumonien können unter einem schweren Krankheitsbild in kürzester Zeit tödlich verlaufen; sie werden aber heute nur noch selten beobachtet /V. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Unter Berücksichtigung der Arbeitsanamnese ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Staubexposition und Erkrankung nachzuweisen.

Nr. 37 Infektionskrankheiten Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war Herausgegeben vom Bundesminister für Arbeit u. Sozialordnung — August 1969 —

/. Vorkommen und

Gefahrenquellen

Infektionskrankheiten fallen nur dann unter N r . 37 der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung, wenn sie bei Personen auftreten, die in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit einer gegenüber der allgemeinen Bevölkerung wesentlich erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Dies trifft hauptsächlich für berufliche Tätigkeiten im Krankenhäusern, Heil- und Pflegeanstalten, Entbindungsheimen und in sonstigen Anstalten, die Personen zur Kur und Pflege aufnehmen, ferner in Einrichtungen der Öffentlidien und freien Wohlfahrtspflege, im Gesundheitsdienst sowie in medizinischen Laboratorien zu. In Einzelfällen können auch Personen betroffen sein, die in einem besonders infekoionsgefährdenden Krankenhausbereich arbeiten und nicht zum Gesundheitsdienst o. ä. gehören. Das gleiche gilt z. B. für bestimmte Tätigkeiten in der Abwasserbeseitigung oder bei der Lekhenbestattung.

II. Infektionsweg und Krankheiten

Unter N r . 37 der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sind vornehmlich diejenigen Infektionskrankheiten erfaßt, die von Mensch zu Mensch übertragen werden. Diese können nach Aufnahme von Krankheitserregern über die intakte oder verletzte Haut bzw. Schleimhaut, z. B. der Atemwege oder des Verdauungstraktes, entstehen. Vorwiegend Betracht:

folgende

Infektionskrankheiten

kommen

in

(Die den einzelnen Infektionskrankheiten z. T. vorangestellten Buchstaben besagen, daß bei „ V " =» Verdacht, , K " = Krankheit, „T" = Todesfall, „A" = Ausscheidung von Krankheitserregern — dauernd oder zeitweilig — und „S" — in Sonderfällen a u c h Meldepflicht nach dem Gesetz zur V e r hütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen [Bundesseudiengesetz] vom 18. 7. 1961 und dem Gesetz zur Änderung des Bundesseuchengesetzes vom 23. 1. 1963 besteht. „G u = Geschlechtskrankheit; hierbei sind a u c h das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. 7. 1953 nebst Durchführungsverordnungen vom 2 8 . 1 2 . 1 9 5 4 und 5. 7. 1955 zu beachten.)

A. Infektionskrankheiten, CoxsadtleViruskrankbett Denguelleber VKT Encephalitis, vlrusbedlngt VKT Gelbfieber T Grippe (Virusgrippe) KT Hepatitis lnfecüosa Herpes zoster (Gttrtelrose) Keratoconjunctivitis epidemica G Lymphogranuloma Inguinale VKT Lyssa (Tollwut) B.

VKT

c.

KT VKT S KT AVKT S G VKT KT

G

KT

S VKT

VKT VKT S KT S

Infektionskrankheiten, verursach* KT Felsengebirgsfieber (Rocky-MountalnSpotted-Fleber) Fledtfleber (einschl. murines Fledcfleber) verursacht Infektionskrankheiten, Brucellosen (Bangsche KT Krankheit, Maltafleber) VKT Cholera AVKT CoU-Dyspepsle TS VKT Diphtherie Enteritis Infectiosa (Salmonellose und ttbrige Formen) KT Erysipel Frambösle VKT Gasbrand AVKT Gonorrhoe KT Lepra Leptospirosen (Wellsdie KT Krankheit, Feld-, VKT Canlcotafleber u. a.) VKT Listeriose AVKT Lues (Syphilis) G

D. Infektionskrankheiten, VKT

verursacht TS

und Amöbiasis (Amfibenruhr) Balantldlenrnhr Lelshmanlasls (Kala Azar, Orientbeule) Malaria

durch Viren Masern Molluscum contagiosum Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) Mumps Ornithose (Pslttacose und andere Formen) Pappataclfläher Pneumonie (Vlruspneumonle) Podien (V ariola) PollomyeUtls Röteln (Rubeola) Trachom Windpocken (Varizellen) durch Rickettsien Q-Pleber Rickettsienpocken Tsutsugamushlfleber Wolhynlsdies Fieber (5-Tage-Fleber) Zeckenbißfieber durch Bakterien MeningokokkenMenlnglUs Milzbrand Paratyphus A und B Pertussis (Keuchhusten) Pest Pneumonie, bakterielle Pseudotuberkulose RattenbiBBeber Rotz Rficktallfieber Ruhr (Bakterlenrubr, Shigellosen) Scharlach Sepsis Tetanus Tuberkulose Tularämie Typhus abdominalis Ulcus molle

verursach* durch Protozoen Pilze KT Toxoplasmose Trichomoniasis KT Trypanosomiasis (Schlafkrankheit. Chagaskrankheit) VKT Mikrosporie

143

M e r k b l a t t N r . 37 III. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Die Diagnose ist nach Möglichkeit auch durch bakteriologische, serologische (ggf. auch Typendifferenzierung) und histologische Untersuchungsmethoden zu sichern. Um eine Infektionskrankheit als Berufskrankheit anerkennen zu können, muß diese durch berufliche Tätigkeit im Sinne von Abschn. 1' erworben worden sein; eine, zeitliche Verknüpfung zwischen Infektion und Entstehung bzw. Erkennung der j e w e i l i g e n Krankheit muß g e g e b e n sein. Die Ermittlung der Infektionsquelle ist besonders wichtig. D i e s e kann erschwert sein, wenn es sich um eine Infektionskrankheit handelt, die ubiquitär, endemisch oder epidemisch vorkommt, und auch dann, wenn e i n e Person Uberträger von Krankheitserregern ist, ohne selbst an der betreffenden Infektionskrankheit zu leiden. In einem solchen Falle muß sich die berufsbedingte Infektionsgefährdung gegenüber einer nicht berufsbedingten Gefährdung deutlich abheben. A l s Infektionsquellen können auch mit lebenden Erregern geimpfte Personen in Betracht kommen. Da die Tuberkulose unter den Infektionskrankheiten von besonderer Bedeutung ist, wird auf den Anhang dieses M e r k b l a t t e s „Zur Nomenklatur der T u b e r k u l o s e " hingewiesen. Anhang

zum Markblatt für dl« i r r t liehe Untersuchung zu Nr. 37 „Infektionskrankheiten' ' der Anlag« zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung •) Zur

N o m e n k l a t u r

der

T u b e r k u l o s e

Die ärztliche Beurteilung der Tuberkulose s o l l t e von gleichen V o r a u s setzungen ausgehen. Deshalb werden folgende Bezeichnungen und deren Definitionen e m p f o h l e n : I. Primärinfektion bzw. E r s t i n f e k t i o n . P r l m ä r k o m p l e x ( P r i m ä r h e r d t u b e r k u l o s e bzw. E r s t h e r d t u b e r k u l o s e , P r i m ä r i n f e k t ) Eine P r i m ä r i n f e k t i o n Ist dann anzunehmen, w e n n eine bei vergleichb a r e r Technik b i s dahin n e g a t i v a u s g e f a l l e n e Tuberkulinprobe bei e r n e u t e r Prüfung p o s i t i v wird und k e i n e Anzeichen auf eine b e r e i t s f r ü h e r a b g e l a u f e n e Tuberkuloseinfektion vorliegen (Kalkherde im Bereich des T h o r a x , des Halses, des Abdomens s o w i e Pleuritisresiduen u. a.). Die P r i m ä r i n f e k t i o n - überwiegend in der Lunge m a n i f e s t i e r t - wird in zunehmendem Ma0e v o r oder in der Adoleszenz a l s s o g e n a n n t e s p ä t e E r s t i n f e k t i o n b e o b a c h t e t . D a s Auftreten e i n e r P l e u r i t i s e x s u d a t i v a , eines E r y t h e m a nodosum, von P h l y k t ä n e n u. a. kann darauf h i n w e i s e n . II. R e i n f e k t i o n (Neuansteckung, Wiederholungsinfektion,

Reinfekt)

Die R e i n f e k t i o n ist eine e x o g e n e Neuinfektion infolge e r n e u t e r Aufnahme von T u b e r k u l o s e b a k t e r i e n mit Neuherdbildung bei erloschener Tuberkulinallergle. Sie kann dann angenommen werden, wenn bei früher positiven Tuberkulinproben oder f e s t s t e l l b a r e n Residuen einer durchgemachten Tuberkuloseinfektion nach m e h r j ä h r i g e m krankheitsfreiem Intervall die Tuberkulinprobe n e g a t i v w a r , nadi e r n e u t e r Prüfung mit vergleichbarer Technik w i e d e r p o s i t i v geworden ist und neue - für eine P r i m ä r i n f e k t i o n typische - K r a n k h e i t s h e r d e n a c h w e i s b a r sind. III. S u p e r i n f e k t i o n (Zusätzliche Ansteckung, Aufpfropfinfektion, S u p e r i n f e k t ) Die S u p e r i n f e k t i o n ist eine e x o g e n e Neuinfektion infolge e r n e u t e r Aufnahme von T u b e r k u l o s e b a k t e r i e n bei e r h a l t e n e r Tuberkulinallergie; meis t e n s sind tuberkulöse R e s t h e r d e n a c h w e i s b a r . Die Superinfektion kann zur Neuherdbildung und evtl. zur E x a z e r b a t i o n a l t e r Herde führen. Die Annahme e i n e r Erkrankung infolge Superinfektion ist b e s o n d e r s eingehend zu prüfen. IV.

Exazerbation

Exazerbation ist der Wiederaufbruch bzw. das Wiederaufflackern e i n e s oder m e h r e r e r älterer tuberkulöser Herde aus e x o g e n e r oder e n d o g e n e r Ursache; häufig erfolgt diese Im eigengesetzlichen A b l a u f der Tuberkulose. ') S i e h e auch M e r k b l a t t .Gesichtspunkte zur N o m e n k l a t u r bei der Begutachtung der Tuberkulose als B e r u f s k r a n k h e i t * , herausgegeben vom Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der T u b e r k u l o s e .

V i ru sh e p a t i t i s I.

Begriffsbestimmung

Unter der Bezeichnung Virushepatitis werden die „Infektiöse Hepatitis" (IH) = Hepatitis infectiosa, früher: Hepatitis epidemica, -contagiosa sowie die „Serumhepatitis" (SH), früher: homologer Seriumikterus, serogene-, hämatogene- oder Inokulations-Hepatitis zusammengefaßt.

II. Erreger,

Übertragung,

Inkubationszeit

Die Virusäciologie erscheint epidemiologisch und auf Grund von Übertragung*versuchen von Mensch zu Mensch gesichert. Als Erreger der I H wird ein Virus A, der SH ein Virus B angenommen. Isolierung und Identifizierung eines Virus sind bisher nicht gelungen. Die Übertragung der Virushepatitis kann enteral oder parenteral durch Blut, Stuhl oder Duodenalsaft, möglicherweise auch durch andere Körperflüssigkeiten oder Urin geschehen. Sie erfolgt vorwiegend direkt durch Schmierinfektion, indirekt meist durch Trinkwasser oder Nahrungsmittel.

Die Infektiosität ist wie bei anderen Viruskrankheiten im Prodromalstadium und in den ersten Krankheitswochen hodi. Wiederholte parenterale Übertragungen im Zeitraum von mehreren Jahren durch das Blut derselben Person sind vereinzelt berichtet worden. Die Inkubationszeit beträgt im allgemeinen bei enteraler Infektion 1—6 Wochen, bei parenteraler Infektion 1—6 Monate; Abweichungen hiervon sind beobachtet wofiden. Ein zunächst anikterischer Verlauf kann eine längere Inkubationszeit vortäuschen. III.

Vorkommen,

Immunität

Die Virushepatitis ist weltweit verbreitet und eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Der Durdiseuchungsgrad der Bevölkerung ist hoch. Die Erkrankung hinterläßt Immunität, über deren Dauer jedoch keine sicheren Angaben gemacht werden können; die Ausbildung einer Kreuzimmunität zwischen IH und SH ist nicht anzunehmen. Zweiterkrankungen sind möglich. / V . Zur

Diagnose

Die Erkrankung kann sowohl ikterisch als auch anikterisch verlaufen. Bei beiden Formen besteht die Möglichkeit des massiven Leberzerfalls (akute Lebernekrose, früher: akute gelbe Leberatrophie bzw. -dystrophie) sowie des Übergangs in einen chronischen Verlauf (chronische Hepatitis, Leberzirrhose). Inapparente, anikterische und obortive Verlaufsformen dürften relativ häufig sein. Die Diagnose ergibt sich aus Vorgeschichte und klinischem Bild. Differentialdiagnostisch sind vor allem in Betracht zu ziehen: Verschlußdikterus mechanischer Ätiologie, intrahepatische Cholestase (insbesondere Drogen-Ikterus), ikterische Schübe bei bisher klinisch latenter chronischer Hepatitis oder Leberzirrhose; in seltenen Fällen toxisch-septische Leberschäden mit Ikterus bei anderen akuten Erkrankungen, Haemolyse, akute Vergiftungen; ferner Krankheiten, die meist mit nur leichtem Ikterus elnhergehen, wie Amoebenhepatitis, Begleithepatitis bei SalmonellenInfektionen, Leptospirosen (meist cholestatische Hepatosen), infektiöser Mononukleose. Granulomatose Hepatatiden, z. B. bei M. Bang, M. Boeck, Tuberkulose, sind nur morphologisch zu erkennen. Besonders in Erwägung zu ziehen sind auch unspezifische reaktive Hepatitiden (sog. sekundäre Mitreaktionen der Leber bei Erkrankungen extrahepatischer Genese). Sie sind keine eigenständigen Leberkrankheiten und heilen mit dem Grundleiden stets aus. V. Hinweise

für die

Beurteilung

Wie bei allen Berufskrankheiten .der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung muß auch bei der VirushepatitLs der ursächliche Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Tätigkeit im Einzelfalle wahrscheinlich sein. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs genügt nicht. Falls eine Infektionsquelle nicht festgestellt werden kann, ist für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs bedeutsam, ob der Erkrankte durch seine Tätigkeit der Infektionsgefahr in außergewöhnlichem Maße ausgesetzt war. Nach den bisherigen Erfahrungen kann dies insbesondere zutreffen bei Ärzten und Pflegepersonal auf Stationen für Infektionskrankheiten, innere Krankheiten oder Kinderkrankheiten sowie bei Ärzten .und Personal in medizinischen Laboratorien, die überwiegend für diese Bereiche tätig sind.

144

M e r k b l a t t N r . 38

Nr. 38 Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Hierunter fallen alle von Tieren auf Menschen Übertragbare Krankheiten, sofern diese durch berufliche Beschäftigung verursacht sind. Gefährdet sind insbesondere Personen, die mit Tierpflege oder Tierhaltung beschäftigt sind sowie sonstigen beruflichen Umgang mit Tieren, tierischen Erzeugnissen oder Ausscheidungen haben; dies trifft auch für Personen zu, die beruflich mit Behältnissen umgehen, welche infizierte Tiere oder infiziertes tierisches Material o. ä. enthalten haben. II. Jniektionsweg,

Krankheitserreger

und

Krankhelten

Nach Umgang mit infizierten Tieren, tierischem MateTial o. ä. können von Tieren auf Mensdien übertragbare Krankheitserreger über Haut oder Schleimhäute in den menschlichen Körper eindringen; dies ist auch möglich durch Einatmen von mit Krankheitserregern verunreinigter Luft oder über die Verdauungswege, z. B. durch verschmutzte Hände. Geordnet nach Erregergruppen können dadurch hauptsächlich folgende Krankheiten entstehen:

A. B a k t e r i e n 1. B r u c e l l o s e n Durch Rinder können die Erreger der B a n g s c h e n K r a n k h e i t , durch Schafe und Ziegen die des M a l t a F i e b e r s , durch Schweine die der S u i s b r u c e l l o s e (Schweinebrucellose) übertragen werden. Die Aüfnahme der Erreger erfolgt in erster Linie durch unmittelbaren Kontakt mit infizierten. Tieren, aber auch z. B. durch Trinken roher Milch (Melker, Milchprüfer u. ä.). 2. T u b e r k u l o s e Von Rindern, Schweinen, Ziegen, gelegentlich auch von Hunden und Katzen sowie Geflügel kann der Typus bovinus und humanus, seltener ddr Typus gallinaceus, übertragen werden. Dadurch können u. a. die sogenannte Impftuberkulose, eine regionäre Lymphdrüsentuberkulose, evtl. audi Lungentuberkulose und in späteren Stadien andere Organtuberkulosen (auch Sehnenscheiden tuberkulöse! auftreten. 3. R o t l a u f

(Erysipeloid)

Die Erkrankung ist einerseits durch kranke Tiere, insbesondere Haus- und Wildschweine sowie Geflügel, andererseits durch sekundär besiedeltes tierisches Eiweiß (z. B. Fische) übertragbar. Die Erreger dringen über die verletzte Haut, hauptsächlich der Hände, ein. 4. L i s t e r i o s e Als Überträger der Krankheitserreger kommen alle Warmblüter, vorwiegend Rinder, Schafe, Kaninchen, in Betracht. Die Erreger werden sowohl durch Inokulation als auch über die Verdauungswege aufgenommen. Es können lokalisierte Infektionen (z. B. granulomatöse Conjunctivitis, Furunkel), aber auch Meningoencephalitis, Schwangerschaftskomplikationen u. a. verursacht werden. 5. M i l z b r a n d (Anthrax) kommt vorwiegend bei Rindern, Ziegen, Schafen sowie bei Pelztieren vor. Die Erreger können durch die Körperflüssigkeiten milzbrandkranker Tiere oder deren Produkte, wie Häute, Felle, Borsten, Haare und Wolle, auf den Menschen übertragen

werden. Das Eindringen durch die Haut kann zu Hautmilzbrand (z. B. bei Notschlachtung), das Einatmen Milzbrandsporen enthaltenden Staubes zu Lungenmilzbrand führen. 6. T u l a r a e m i e Wildlebende Nagetiere, insbesondere Hasen und Wildkaninchen, können Infektionsquellen sein; die Aufnahme des Erregers erfolgt direkt oder indirekt (Arthropoden) über die verletzte Haut. 7 Rattenbißkrankheit

(auch Sodoku genannt)

Infektionsquellen sind ausschließlich Ratten. Die Ubertragung der Erreger - - Spirillum minus (morsus muris) und StreptobaziJlus moniliformis — erfolgt durch Biß. Es kann zu anfallsweise auftretenden Fieberschüben, Lymphangitis und Hauterkrankungen kommen. 8. R o t z

(Malleus)

Die Erreger finden sich u. a. im Nasensekret und in den Hautgeschwüren rotzkranker Pferde, Esel und Maultiere. Sie können sowohl über die Haut als auch über die Atemwege (Tierfell-, Stallstaub) aufgenommen werden. Diese Erkrankung ist jetzt sehr selten geworden. 9. Erkrankungen durch S a l m o n e l l a Salmonellen können durch Ausscheidungen von kranken Tieren oder klinisch gesunden Dauerausscheidern verbreitet werden. Gefährdet sind vornehmlich Tierpfleger und Laborpersonal. Krankheitserscheinungen beim Menschen sind in der Regel akute bis subakute Gastroenteritiden (zu unterscheiden von den schlagartig einsetzenden bakteriellen Intoxikationen nach Genuß von infizierten Lebensmitteln tierischer Herkunft).

B. L e p t o s p i r e n Leptospiren werden von infizierten Tieren entweder direkt oder durch ihre Ausscheidungen übertragen; hauptsächlich sind es Ratten, Mäuse, Hunde, Schweine und Füchse. Die Leptospirosen weisen unterschiedliche Krankheitssymptome, von leichten Fieberattacken, Gliederschmerzen, Durchfällen bis zur Gelbsucht, Urämie .und Hämolyse auf; meningeale Symptome fehlen selten. Insbesondere kommen in Betracht: 1. . W e i t s c h e

Krankheit

Infektionsquelle ist meistens die Ratte und deren Ausscheidungen, gelegentlich auch Hund, Fuchs oder Schwein. 2. Die sog. S t u t t g a r t e r

Hundeseuche

Durch Schmierinfektion (infektiöser Urin) ist eine Übertragung vom Hund auf den Menschen möglich. Beim Menschen wird dadurch das sogenannte Canicola-Fieber ausgelöst. 3. Die benignen L e p t o s p i r o s e n

(sog. Feld-Fieber u. ä.)

Hierzu gehören das Sdilammfeld-Fieber, Sumpf-Fieber, Reisfeld-Fieber, Rohrzucker-Fjeber, die Erbsenpflückerkrankkeit und die Schweinehirtenkrankheit (Bouchet-Gsellsche Krankheit). Infektionsquelle für letztere ist das Schwein, für die übrigen alle Mäusearten oder deren Ausscheidungen.

145

M e r k b l a t t N r . 38 C.

Viren

1. T o l l w u t (Lyssa, Rabies) Sämtliche Säugetiere, besonders aber Hunde, Füchse, Katzen und Rehe, können davon befallen sein. Die Infektion erfolgt in der Regel durch Biß, seltener durdi Inokulation. 2. P s i t t a k o s e

(Ornithose)

kann durdi Vogel, insbesondere Papageien, Wellensittiche oder Tauben sowie durch Schlachtgeflügel (Enten, Puten, seltener Hühner), übertragen werden. Dies geschieht in erster Linie durch Einatmen erregerhaltigen Staubes. 3. M a u l -

und

Klauenseuche

Es handelt sich um eine Erkrankung besonders der Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen. Die Übertragung der epitheliotropen Virasart auf den Menschen ist sehr selten. 4.

Pferdeencephalomyelitiden

Verursacht durch neurotrope Virusarten können diese Erkrankungen in seltenen Fällen auf den Menschen übertragen werden. 5. N e w Castle-Krankheit (atypische Geflügelpest) Von Geflügel, vorwiegend Hühnern und deren Ausscheidungen, werden die Erreger übertragen. Erkrankungen der Schleimhaut, insbesondere der Luftwege, und heftige Conjunctivitis können dadurch ausgelöst werden. D.

Rickettsien

Zu den von Tieren auf Menschen übertragbaren Rickettsiosen gehören das die Rinder, Schweine und Ziegen befallende Q-Fieber.und das bei Wild und Nagetieren gelegentlich vorkommende Rocky-Mountains-Fieber. Die Ubertragung geschieht vor allem durch Einatmen erregerhaltigen Staubes, aber auch durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren oder deren Ausscheidungen. Erregerhaltiger Zeckenkot spielt in der Epidemiologie des Q-Fiebers eine wesentliche Rolle, E.

Pilze

Erkrankungen durch Hautpilze, übertragen von infizierten Tieren, kommen nicht selten vor; Favus, Trichophytie und Mikrosporie können vom Tier auf den Menschen übertragen werden. F.

Protozoen

Hierzu gehören die Erreger der T o x o p l a s m o s e , die bei Hunden, sonstigen Haus-, Nutz- und Wildtieren, darunter auch Nagetieren u. a. vorkommen. Beim Menschen verläuft diese Erkrankung, deren Häufigkeit nicht mit der Zahl der Infektionen gleichzustellen ist, vielfach unter dem Bild einer Meningoencephalitis mit Fieber und Krampfanfällen. Auch Krankheitsbilder ohne neurale Beteiligung sind möglich (z.B. Lymphadenitis).

G. C e s t o d e n

(Bandwurmer)

Erkrankungen durch die Finnen von Echinococcus granulosus und Echinococcus multilocularis (im Larvenstadium auch als E. cysticus und E. alveolaris bezeichnet) infolge beruflicher Tätigkeit sind möglich. Die geschlechtsreifen Würmer der ersten Art leben im Hund, seltener in der Katze, die der zweiten Art im Fuchs und in der Katze, die daher als Infektionsquelle für den Menschen (Eier der Bandwürmer) in Betracht kommen. H. A n d e r e

Krankheitserreger

Milben als Krankheitserreger der Krätze, Räude u. a. können beim Umgang mit Eiern, tierischem Material o. ä. übertragen werden. Andere Erreger und auch Pockenvakzine als mögliche Ursache des sog. Melkerknotens können ggf. Krankheiten hervorrufen

III Hinweise

iür die ärztliche

Beurteilung

Bezüglich der vielgestaltigen Krankheitsbilder wird auf die einschlägige Literatur verwiesen. Zur Abgrenzung gegenüber anderen Krankheiten ist eine eingehende Arbeitsanamnese notwendig. Nach Möglichkeit ist der Krankheitserreger (Typendifferenzierung) nachzuweisen? insbesondere gilt dies für den Milzbrand, die Tubeikulose und die Brucellosen. Zur Sicherung der Diagnose können intrakutane Hautteste sowie Ergebnisse anderer Laboratoriumsuntersuchungen, wie Komplementbindungsreaktion und andere serologische Verfahren, von wesentlicher Bedeutung sein. Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten, die nicht durch berufliche Beschäftigung verursacht sind (z. B. durch infizierte Nahrungsmittel), sind auszuschließen. Sofern Krankheiten nicht vom Tier auf den Menschen, sondern von Mensch zu Mensch ubertragen worden sind, fallen sie nicht unter Nr. 38 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten* Verordnung. Infektionskrankheiten, verursacht durch Arbeiten in Laboratorien für wissenschaftliche oder medizinische Untersuchungen und Versuche, fallen unter Nr. 37 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung. Tropenkrankheiten und Fleckfieber sind ggf. unter Nr. 44 der Anlage zur 7 Berufskrankheiten-Verordnung einzureihen. Komplikationen und Dauerschäden treten außer bei Tuberkulose häufig bei Brucellosen und Leptospirosen auf. Die ärztliche Beurteilung der beiden letztgenannten Krankheiten ist wegen ihres oit intermittierenden Verlaufs besonders schwierig. Bei Erkrankungen oder latenter Infektion Schwangerer mit Toxoplasmose oder Listeriose ist die Übertragung der Krankheitserreger auf den Fötus möglich. Es kann dadurch zur Frühgeburt oder Schädigung des Fötusses (einschließlich Totgeburt) kommen.

146

Merkblatt Nr. 39

Nr. 39 Wurmkrankheit der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale oder Anguillula intestinalis I. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Wurmkrankheiten, verursacht durch a) Ankylostoma duodenale oder b) Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis), treten in warmen Ländern, vor allem in den Tropen und Subtropen, z. T. endemisch auf. Die genannten Parasiten können sich audi in gemäßigtem Klima dort entwickeln und ausbreiten, wo hierfür günstige Bedingungen, insbesondere durch Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur, gegeben sind; dies kann für den Untertage- oder Tunnelbau zutreffen. Dort tätige Bergleute können gefährdet sein, wenn diese Parasiten eingeschleppt werden. II. Infektionsweg,

KrankheitsbiJd

und

Diagnose

a) Zu Ankylostoma duodenale: Der 8 bis 12 mm lange, gelblich-weiße Rundwurm lebt im menschlichen Dünndarm. Täglich gehen mehrere tausend Eier mit dem Stuhl ab. Bei optimal 25 bis 30° C Lufttemperatur, größerer Luftfeuchtigkeit und bei Anwesenheit von Sauerstoff entwickeln sich in der Eihülle die Larven. Nachdem diese geschlüpft sind und sich zweimal gehäutet haben, beginnt das infektiöse Stadium. Die Larven sind jetzt noch von einer letzten Hülle umkleidet und werden als sog. „gescheidete" Larven bezeichnet. Der Befall erfolgt auf dem Wege über die intakte Haut, wobei die Larven ihre Hülle abstreifen und aktiv percutan einwandern. Sie gelangen über Lymph- und Blutbahnen, Herz und Lungenkapillaren in die Alveolen, von dort über die Luftwege in den Kehlkopf und Pharynx, wo sie verschluckt werden, und so schließlich wieder in den Darm. Außerdem besteht die Möglichkeit der oralen Infektion, z. B. durch verunreinigtes Trinkwasser. Im unteren Dünndarm werden die Larven zu geschlechtsreifen Würmern. Das Ankylostoma saugt sich dabei, häufig die Stelle wechselnd, in der Darmschleimhaut fest und sondert, ähnlich dem Egel, ein blutgerinnungshemmendes Ferment ab. Dadurch blutet die Haftstelle nach. Klinisch äußert sich die Hakenwurmkrankheit in MagenDarmbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen und gelegentlich Blutbeimengungen im Stuhl. Es entstehen Anzeichen von Blutarmut, wie Blässe, Müdigkeit und Kopfdrude. Im Blut sind Hämoglobingehalt und Zahl der Erythrozyten häufig erheblich vermindert (Eisenmangelanämie); in der Regel ist eine stärkere Eosinophilie im Differentialblutbild festzustellen. Bei fortgeschrittener Anämie kann es zu Kreislaufstörungen, Oedemen und allgemeinem Hydrops kommen.

b) Zu Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis): Der 2 bis 3 m m lange makroskopisch schwer sichtbare Parasit bohrt sich zur Nahrungsaufnahme und Eiablage in die Dünndarmschleimhaut ein. Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die mit dem Stuhl den menschlichen Organismus verlassen. Diese sind weniger widerstandsfähig als die Larven des Ankylostoma duodenale. Der Infektionsweg ist der gleiche wie der unter a. In seltenen Fällen ist nadi Durchbohrung der Darmschleimhaut und Eindringen in Blutund Lymphbahnen Selbstinfektion möglich (sog. Autoendoinvasion). Klinisch äußert sich die Strongyloidesinvasion in Oberbauchbeschwerden, Koliken und evtl. periodenweise auftretenden, ruhrartigen Durchfällen. Beträchtlich herabgesetzter Allgemeinzustand und allergische Erscheinungsbilder (insbesondere Urticaria und Eosinophilie) sind möglich. Sekundäranämie, die in der Regel jedoch nicht so ausgeprägt ist wie bei der Hakenwurmkrankheit, kann vorkommen. III. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Nicht bei jeder Untertagearbeit sind die für die Entwicklung und Verbreitung dieser Parasiten in Abschnitt I genannten günstigen Voraussetzungen gegeben. Daher ist die Erhebung einer eingehenden Anamnese, insbesondere Arbeitsanamnese, von Wichtigkeit. Die Infektion ist durch beruflich und nichtberuflich bedingte Aufenthalte in warmen Ländern möglich. Für die Beurteilung und Diagnose der Hakenwurmkrankheit ist möglichst der Nachweis der Eier im Stuhl oder die Züchtung von Larven aus eierhaltigem Stuhl zu erbringen. Bei Befall mit Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis) sichern die im frischen Stuhl nachweisbaren Larven die Diagnose; Wurmeier werden hier im allgemeinen nicht gefunden. In einem Wirtsorganismus können gleichzeitig beide Parasiten vorkommen. Die Abnahme und Untersuchung von Stuhlproben mit ungeschützten Händen stellt eine erhebliche Infektionsgefahr dar. Um die genannten Wurmkrankheiten handelt es sich erst dann, wenn neben den nachgewiesenen Krankheitserregern entsprechende Krankheitszeichen auftreten. Als Berufskrankheit nach Nr. 39 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung können diese Erkrankungen nur bei Bergleuten, verursacht durch die berufliche Beschäftigung, anerkannt werden. Selbst schwere Formen dieser Erkrankung können nach Wurmabtreibung folgenlos abheilen. Wurmträger sind Dauerausscheider und besonders unter Tage eine Gefahr für ihre Umgebung.

M e r k b l a t t N r . 40/41

147

Nr. 40 Augenzittern der Bergleute /. Votkommen

und

Geiahrenquellen

Die Erkrankung k a n n bei im Untertagebetrieb tätigen Personen vorkommen. Uberwiegend w e r d e n Bergleute befallen, die in engster Berührung mit dem Fördergut am Kohlenstoß stehen. Für die Entstehung dieser E r k r a n k u n g k o m m e n verschiedene Ursachen (Ursachenbündel) in Frage. Einerseits handelt es sich um ä u ß e r e Noxen, die bei der Auslösung des Augenzitterns der Bergleute (auch Bergmannsnystagmus genannt) wesentlich sein dürften, insbesondere die mangelnde Helligkeit am Arbeitsplatz sowie die Verunreinigung der Grubenluft unter Tage durch Methan und a n d e r e Spuren atmungsfremder Gase. Daneben spielen dispositionelle Faktoren eine Rolle. Die Bewertung der von. a u ß e n k o m m e n d e n Einflüsse ist erschwert, weil in der Regel mehrere J a h r e lang d a u e r n d e Einwirkungen der N o x e n Voraussetzung für die Entstehung des Augenzitterns der Bergleute sind. Es hat sich gezeigt, daß mit zunehmender Verbesserung der Arbeitsbedingungen unter Tage — ortsfest beleuchtete und besser b e w e t t e r t e Abbaubetriebe in langen Abbaustrecken im Gegensatz zu kleinen Streb- und Ortsbetrieben — das Augenzittern der Bergleute seltener wird. II. Krankheitsbild und Diagnose Das Augenzittern besteht in einem wechselnden, aber für den einzelnen gleichbleibenden, mehr oder weniger stark störenden Zittern der Augäpfel, pendeiförmig, oft mit Rucken untermischt. Die Frequenzen liegen im allgemeinen bei 100 bis 400 Pendelschwingungen je Minute. Die Schwingungsfrequenzen beider A u g e n sind gleich. Die Schwingungsrich-

tungen können aber ebenso wie die Ausschlagsgrößen (Amplituden) rechts oder links verschieden groß sein. Die Unterscheidung des Augenzitterns der Bergleute von dem a n g e b o r e n e n Augenzittern, dem Augenzittern bei sehuntüchtigen A u g e n (Amblyopen-Nystagmus) oder dem durch bestimmte organische Erkrankungen oder durch schwere Arzneimittelvergiftungen h e r v o r g e r u f e n e n Augenzittern ist schwierig und in der Regel nur durch einen Augenarzt, der über spezielle Kenntnisse des N y s t a g m u s verfügt, möglich. Manchmal tritt das Augenzittern der Bergleute, w e n n es im Hellen zum StilLstand gekommen oder nicht manifest ist, erst nach l ä n g e r e m A u f e n t h a l t im Dunkeln wieder in Erscheinung. Der Bergmannsnystagmus k a n n durch die s o g e n a n n t e n Scheinbewegungen die Sehschärfe beeinträchtigen, Schwindel und Unsicherheitsgefühl h e r v o r r u f e n und dadurch die Leistungsfähigkeit mindern. Bei s d i w e r e n Fällen dieser E r k r a n k u n g besteht N y s t a g m u s auch beim Blidc g e r a d e a u s oder sogar in der u n t e r e n Blickfeldhälfte. III. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Die Begutachtung sollte durch einen Augenarzt, der über spezielle Kenntnisse des Bergmannsnystagmus verfügt, erfolgen, weil die Differentialdiagnose schwierig sein kann. In Zweifelsfällen ist zum Ausschluß organischer Erkrank u n g e n des N e r v e n s y s t e m s Begutachtung durch den Neurologen, evtl. auch durch a n d e r e Fachärzte, erforderlich. Der Erkrankte soll zu einem Arbeitsplatzwechsel, möglichst nach über Tage, a n g e h a l t e n w e r d e n . Die Prognose ist günstig und die Leistungsminderung meist nur v o r ü b e r g e h e n d . Auch der schwere Bergmannsnystagmus ist in der Regel nach zwei J a h r e n ausgeheilt.

Nr. 41 Bronchialasthma, das zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat Vorbemerkung Der Begriff Bronchialasthma wird unterschiedlich ausgelegt. A u s der Vorgeschichte zur A u f n a h m e der Nr. 41 in die Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung (6. BKVO) und der zu dieser V e r o r d n u n g g e g e b e n e n Begründung ist zu entnehmen, daß hier u n t e r Bronchialasthma nur a) das allergische Bronchialasthma und b) einzelne Formen toxisch verursachten Bronchialasthmas zu v e r s t e h e n sind. I. Vorkommen und Ge/a/irengueJJen a) Das allergische Bronchialasthma wird durch Antigene h e r v o r g e r u f e n . Welches Antigen im Rahmen der krankheitsverursachenden Antigen-Antikörperreaktion im Einzelfall zur Ursache wird, hängt v o n d e r Art und der H ä u f u n g des Kontaktes sowie vom Antigen selbst ab. Gefanrenquellen, bei denen Antigene auttreten, sind z. B. der Umgang mit Mehl aus Getreide, bestimmten Naßbestäubungsmitteln in Drudeereibetrieben, bestimmten Arzneimitteln und bestimmten ausländischen Holzarten.

10 G ü n t h e r - H y m n e n , Unfallbeßutachtung

b) Nach einmaliger oder wiederholter Inhalation v o n einigen chemischen Stoffen k a n n Bronchialasthma auf primärtoxischer Grundlage auftreten. Gefahrenquellen sind z. B. der Umgang mit bestimmten Isocyanaten, p-Phenylendiamin und Akrolein. II. Aufnahme und Wirkungsweise a) Die zum allergischen Bronchialasthma f ü h r e n d e n Antigene w e r d e n überwiegend über die Atemwege aufgenommen. Die V e r b i n d u n g der A n t i g e n e mit den gebildeten zellständigen A n t i k ö r p e r n k a n n u. a. plötzlich a u f t r e t e n d e Schleimhautschwellungen nach Art eines flüchtigen Ödems, k r a m p f h a f t e Zustände der Muskulatur der Bronchien sowie Absonderung zähen Schleims bewirken. Diese verursachen V e r e n g u n g e n in den Bronchien und können zu dem charakteristischen Krankheitsbild des Bronchialasthmas führen. b) Bei Inhalation einiger chemischer Stoffe k a n n es zu einem schweren bronchialasthmaähnlichen Zustandsbild kommen, das sich bei j e d e m erneuten Kontakt wiederholt.

148

M e r k b l a t t N r . 42

III. Diagnose at Die D i a g n o s e des alleraischen Bronchialasthmas darf sich nicht n u r aut den a k t u e l l e n klinischen b e t u n d stützen, d a sonst eine A b g r e n z u n g zu a s t h m o i d e n Z u s t a n d s b i l d e r n , die nicht u n t e r Nr. 41 fallen, b e s o n d e r s schwierig ist. Eine e i n g e h e n d e K e n n t n i s d e r A n a m n e s e , i n s b e s o n d e r e der A r b e i t s a n a m n e s e , ist V o r a u s s e t z u n g . Für den beruflichen N a c h w e i s des das Bronchialasthma a u s l ö s e n d e n A n t i g e n s am A r b e i t s p l a t z sind f o l g e n d e E x p o s i t i o n s b e d i n g u n g e n zu u n t e r s c h e i d e n : V o r k o m m e n des g e w e r b l i c h e n A n t i g e n s 1. ausschließlich am A r b e i t s p l a t z , 2. ü b e r w i e g e n d am A r b e i t s p l a t z , 3. s o w o h l a m A r b e i t s p l a t z als auch in a u ß e r b e t r i e b l i c h e r Umgebung, 4. ausschließlich in a u ß e r b e t r i e b l i c h e r U m g e b u n g . Beispiel zu 1: D r u c k e r e i b e t r i e b (Gummi-arabicumAsthma), zu 2: B e t t f e d e r n v e r a r b e i t u n g (Bettfedernasthma), zu 3: S t a u b s a u g e r v e r t r e t e r (f^ausstaubasthma), zu 4: G i e ß e r e i a r b e i t e r (Tierhaarasthma), In d e r Regel w e r d e n n u r die E x p o s i t i o n s b e d i n g u n g e n u n t e r 1. u n d 2. die A n n a h m e einer beruflichen V e r u r sachung z u l a s s e n .

Die U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n bezüglich des das Bronchiala s t h m a a u s l ö s e n d e n A n t i g e n s (Provokation, T e s t v e r f a h ren) s e t z e n eine spezielle ärztliche E r f a h r u n g v o r a u s ; sie m ü s s e n d e r B e g u t a c h t u n g v o r b e h a l t e n bleiben. b) Das toxisch v e r u r s a c h t e Bronchialasthma ist schwierig zu e r k e n n e n , d a vor E x p o s i t i o n s v e r s u c h e n zu w a r n e n ist u n d d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h e r w o g e n w e r d e n muß, ob nicht e i n e chronische Bronchitis mit s y m p t o m a t i s c h - a s t h m a t i scher D y s p n o e u n d s e k u n d ä r e r Empfindlichkeit g e g e n zahlreiche unspezifische Reize (chemische, physikalische) vorliegt, die nicht u n t e r Nr. 41 d e r A n l a g e zur 7. B K V O fällt. /V. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Bronchialasthma k a n n nur als B e r u f s k r a n k h e i t a n e r k a n n t w e r d e n , w e n n es beruflich v e r u r s a c h t ist u n d zur A u f g a b e der beruflichen Beschäftigung o d e r j e d e r E r w e r b s a r b e i t gez w u n g e n hat. Die H ö h e d e r M i n d e r u n g der E r w e r b s f ä h i g k e i t richtet sich nach dem S c h w e r e g r a d der E r k r a n k u n g u n d d e r durch sie b e d i n g t e n Beeinträchtigung d e r a l l g e m e i n e n körperlichen L e i s t u n g s f ä h i g k e i t .

Nr. 42 Meniskusschädfen nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tage /. Vorkommen

und G e / a / i r e n q u e i i e n

Bei M e n i s k u s s c h ä d e n (Meniskopathien) h a n d e l t es sich um A b n u t z u n g s e r s c h e i n u n g e n des M e n i s k u s g e w e b e s . Diese k ö n nen in j e d e m L e b e n s a l t e r a n l ä g e b e d i n g t in unterschiedlichem Ausmaß auftreten. J a h r e l a n g e — m i n d e s t e n s a b e r d r e i j ä h r i g e — regelmäßige T ä t i g k e i t u n t e r T a g e k a n n infolge u n g e w ö h n l i c h e r Beanspruchung der K n i e g e l e n k e durch täglich viele S t u n d e n d a u e r n d e A r b e i t e n , i n s b e s o n d e r e in k n i e n d e r o d e r hockender Stellung o d e r bei i m m e r w i e d e r k e h r e n d e n K n i e b e u g e n , die E n t s t e h u n g dieser Schäden wesentlich u n d r i c h t u n g g e b e n d beeinflussen. Auch d i e d e n U n t e r t a g e b e t r i e b e n eigentümlichen W e g e v e r h ä l t n i s s e k ö n n e n dabei gelegentlich v o n Bed e u t u n g sein. G e f ä h r d e t sind B e r g l e u t e u n d Personen, die u n t e r den erwähnten erschwerten bergbauähnlichen Arbeitsbedingungen, w i e z. B. im Stollenvortrieb, ijja Tunnel-, Brunnen- o d e r W e g e b a u , u n t e r T a g e t ä t i g sind. II. Krankheitsbild

und

Diagnose

U n t e r d e n im Abschnitt I g e n a n n t e n U m s t ä n d e n w e r d e n die h a l b m o n d f ö r m i g e n , auf d e n Schienbeinkopfgelenkflächen nur w e n i g v e r s c h i e b b a r e n Knorpelscheiben, i n s b e s o n d e r e der I n n e n m e n i s k u s , im v e r s t ä r k t e n M a ß e b e l a s t e t . D e f o r m i e r u n g e n , E r n ä h r u n g s s t ö r u n g e n sowie d e g e n e r a tive V e r ä n d e r u n g e n mit Einbuße der Elastizität u n d Gleitfähigkeit d e r M e n i s k e n k ö n n e n dadurch allmählich entstehen. Ein d e r a r t i g geschädigter M e n i s k u s k a n n beim Aufrichten aus k n i e n d e r Stellung, bei D u r c h f ü h r u n g einer Körp e r d r e h u n g , beim T r e p p e n s t e i g e n oder auch beim ungehinderten G e h e n von s e i n e n A n s a t z s t e l l e n ganz oder teilweise gelöst w e r d e n oder in s e i n e m Z u s a m m e n h a n g zerfallen. M a n spricht — im G e g e n s a t z zur Z e r r e i ß u n g f u n k t i o n s t ü c h t i g e n G e w e b e s infolge eines U n f a l l e s — hier v o n S p o n t a n l ö s u n g oder Berstung, Durch a b n o r m e V e r l a g e r u n g des gelösten

M e n i s k u s a n t e i l s ist eine plötzlich e i n t r e t e n d e E i n k l e m m u n g o d e r G e l e n k s p e r r e möglich.

schmerzhafte

In der Regel v e r l ä u f t der M e n i s k u s s c h a d e n u n b e m e r k t . Schmerzen an der Innen- o d e r A u ß e n s e i t e des K n i e g e l e n k e s können e t w a a u f t r e t e n d e n F u n k t i o n s s t ö r u n g e n vorausgehen. Als Folgen d e r M e n i s k u s s c h ä d e n k ö n n e n chronisch deform i e r e n d e G e l e n k v e r ä n d e r u n g e n u n d Z e r s t ö r u n g e n des Knorpels an den Gelenkflächen des Femur und der Tibia entstehen. M e n i s k u s c y s t e n sind durch cystische D e g e n e r a t i o n möglich. Kleine a b g e l ö s t e M e n i s k u s t e i l e k ö n n e n sich als f r e i e K ö r p e r b e m e r k b a r machen. Evtl. sind Reizungen der G e l e n k i n n e n h a u t einschließlich des F e t t k ö r p e r s s o w i e eine V e r s c h m ä l e r u n g der G e l e n k s p a l t e nachweisbar. Differentialdiagnostisch sind u. a, a b z u g r e n z e n die Chond r o p a t h i a patellae, die O s t e o c h o n d r o s i s (Oseochondrolysis) dissecans, K n i e k e h l e n - und M e n i s k u s g a n g l i e n , S e p t u m r e s t e (Stränge zwischen F e t t k ö r p e r m i t t e u n d Z w i s c h e n k n o r r e n grube) s o w i e b e s t i m m t e M e n i s k u s a n o m a l i e n (Tellermenisken), die die Ursache des s o g e n a n n t e n schnellenden Knies, aber auch v o n R e i z u n g e n u n d G e l e n k s p e r r e sein k ö n n e n , III. Hinweise

für die ärztliche

Beurteilung

Für die A n e r k e n n u n g des M e n i s k u s s c h a d e n s als Berufsk r a n k h e i t ist u n t e r wesentlicher Berücksichtigung der betrieblichen A r b e i t s b e d i n g u n g e n — e i n g e h e n d e Arbeitsa n a m n e s e — eine m i n d e s t e n s d r e i j ä h r i g e Tätigkeit u n t e r Tage erforderlich. H i e r b e i ist zu p r ü f e n , ob die Tätigkeit u n t e r T a g e (s. Abschnitt I, A b s a t z 1) g e e i g n e t war, die Ents t e h u n g eines M e n i s k u s s c h a d e n s zu v e r u r s a c h e n . Die Tätigkeit muß a u ß e r d e m regelmäßig, d. h. w ä h r e n d eines wesentlichen Teils der täglichen Arbeitszeit, a u s g e ü b t w o r d e n sein. Meniskusschäden infolge statischer Fehlbelastungen Sportschäden, V e r l e t z u n g e n u. a. sind auszuschließen.

Merkblatt Nr. 43,44

149

Nr. 43 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben I. Vorkommen

und

Geiahrenquellen

Diese Erkrankungen können durch einseitige, langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung entstehen, überwiegend sind die oberen Extremitäten, insbesondere die Unterarme, betroffen. II. Krankheitsbild

und

Dupuytren'sche Kontraktur und Periarthritis humeroscapularis sind im allgemeinen nicht auf berufliche Einflüsse zurückzuführen. / / / . Hinweise

iür die ärztliche

Beurteilung

Die ärztliche Beurteilung muß sich auf eine eingehende Anamnese, insbesondere Arbeitsanamnese, stützen. Außerberuflich gelegene Schädigungsmöglichkeiten sind auszuschließen.

Diagnose

Es können auftreten: 1. die Paratenonitis (Tendovaginitis) crepitans. Sie ist im wesentlichen eine Erkrankung des Sehnengleitgewebes mit Drude- und Bewegungsschmerz sowie fühlbarem schneeballartigem Knirschen über dem betreffenden Sehnengebiet. Bevorzugt ist die Umgebung der Strecksehnen der Finger, besonders des Daumens, betroffen.

Unter Nr. 43 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sind nicht diejenigen Erkankungen erfaßt, deren Entstehung auf rheumatische, toxische, fokaltoxische und spezifisch oder unspezifisch infektiöse Grundlagen sowie überwiegend auf konstitutionelle und dispositionelle Faktoren zurückzuführen ist. Außerdem fallen hierunter nicht die Folgezustände degenerativer oder anderer Veränderungen an Gelenken, insbesondere der HWS.

2. Periostosen an Sehnenansätzen (Epicondylitis und Styloiditis). Bei den Periostosen finden sich ein umschriebener Drudcschmerz am MusKelursprung bzw. Knochenansatzpunkt sowie eine Infiltration im Bereich des betroffenen Epicondylus und Spontanschmerz im erkrankten Gebiet.

Um die Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskolonsatze ggf. als Berufskrankheiten anerkennen zu können, müssen diese zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben.

3. in seltenen Fällen die Tendovaginitis stenosans. Hierbei führen die krankhaften Wand Veränderungen der Sehnenscheide zur Einengung des Sehnenfachs; vorwiegend sind die Sehnenscheiden der Daumen betroffen.

„Berufliche Beschäftigung" liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft für eine gewisse Dauer in einem Beschäftigungsverhältnis verwendet, dabei bestimmte Erfahrungen oder Fertigkeiten erworben und aus ihr zumindest einen wesentlichen Teil seines Lebensunterhalts bestritten hat.

Nr. 44 Tropenkrankheiten, Fleckfieber, Skorbut Vorbemerkung Die Zusammenfassung der unter Nr. 44 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung genannten ätiologischen und im Krankheitsbild verschiedenartigen Erkrankungen ist historisch begründet. Früher traten diese Erkrankungen überwiegend bei Personen auf, die in Unternehmen der Seeschiffahrt und später auch der Luftfahrt beruflich tätig waren. Heute können sie darüber hinaus in allen Unternehmen, insbesondere aber bei Personen vorkommen, die im Ausland beruflich beschäftigt sind. /. Krankheiten Unter Nr. 44 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sind erfaßt: A. T r o p e n k r a n k h e i t e n Tropenkrankheiten sind vorwiegend den T r o p e n und Subtropen eigentümliche Erkrankungen, die infolge der besonderen klimatischen und anderen Verhältnisse dort bevorzugt auftreten.

10

Hierunter sind zu verstehen: 1. Bestimmte Infektionskrankheiten, z. B. Amöbiasis, Brucellosen, Cholera asiatica, Dengue, Frambösie, Gelbfieber, Leishmaniasen, Leptospirosen, Lepra, Malaria, Pappatacifieber, Pest, Rickettsiosen (Fledtfieber s. unter B), Rückfallfieber, Trachom, Trypanosomiasen (Schlafkrankheit, Chagaskrankheit).

M e r k b l a t t N r . 45

150

C. S k o r b u t Eine hauptsächlich in früheren Zeiten besonders Schiffsbesatzungen aufgetretene Avitaminose.

2. Bestimmte parasitäre Krankheiten, z. B. Ankylostomiasis, Bilharziasis (Schistosomiasis), Clonorchiasis, Dracunculose (Medinawurmkrankheit), Filariasis (wie Onchocerciasis), Opistordüasis, Paragonimiasis, Sandfloherkrankungen, Strongyloidiasis. 3. Bestimmte Pilzkrankheiten, z. B. verschiedene primäre Lungenmykosen, Histoblastomykose, Coccidioidomykose, Histoplasmose sowie bestimmte Hautpilzkrankheiten. 4. Bestimmte anderweitig verursachte Krankheiten, z. B. Tropengeschwüre. B. F l e c k f i e b e r wie Läuse-, Zecken-, Milben- und murines Fleckfieber. Diese können außer in Tropen und Subtropen auch in anderen Gebieten gehäuft vorkommen.

bei

11. Hinweise iür die ärztliche Beurteilung Um die. genannten Krankheiten diagnostizieren und sie von nicht beruflich verursachten abgrenzen zu können, sind neben einer eingehenden Aufenthalts- und Arbeitsanamnese sowie klinischen Untersuchung in der Regel auch spezielle Laboratoriumsuntersuchungen erforderlich. Die entsprechende Fachliteratur sollte zu Rate gezogen werden. Es ist jeweils zu prüfen, ob es sich evtl. um Krankheiten handelt, die unter Nr. 37, 38, 39 oder 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung erfaßt werden. Krankheiten infolge Mangelernährung, Insolationsschäden (Hitzschlag u. ä.), Folgezustände nach Schlangenbiß u. a. werden nicht unter dem Begriff Tropenkrankheiten erfaßt. Bei den letzteren kann es sich ggf. um Arbeitsunfälle handeln. Bei Krankheiten der Nr. 44 der Anlage zur 7- Berufskrankheiten-Verordnung wird den in Unternehmen der Seeschiffahrt Versicherten Entschädigung auch dann gewährt, wenn sie sich die Krankheit zugezogen haben, während sie in eigener Sache an Land beurlaubt waren.

Nr. 45 Abrißbrüche der Wirbelfortsätze /. Vorkommen

und

Entstehungsweiae

Abrißbrüdie der Wirbelfortsätze kommen hauptsächlich bei Schaufel arbeiten mit überhohen und überweiten Würfen vor. Auch während eines Arbeitsschwunges, bei ungewöhnlichen oder selten ausgeführten Körperbewegungen, z. B. beim Aufheben oder Ablegen einer Last, können Abrißbrüche auftreten. Der Abriß kann auch bei einer belanglosen Gelegenheit eintreten, nämlich dann, wenn ein Ermüdungsschaden soweit fortgeschritten ist, daß der endgültige Bruch (Ermüdungsbruch) im degenerierten Knochengewebe zu jedem Zeitpunkt möglich ist. Für die Entstehung der Schädigung, die auch als sogenannte Schipperkrankheit bezeichnet wird, spielen körperliche Überlastung infolge erschwerter Arbeitsbedingungen, ungeschickte Handhabung des Arbeitsgerätes sowie mangelnde Arbeitsübung eine Rolle. Heiabgesetzer. Allgemeinzustand, statische Störungen im Bereich der Wirbelsäule und konstitutionelle Faktoren können ebenfalls von Bedeutung sein. Uberwiegend werden die Dornfortsätze der unteren Haisund oberen Brustwirbelsäule geschädigt. Diese sind durch den dort kreuzenden Kraftverlauf der Rumpf- und Schultergürtelmuskulatur einer besonders hohen Beanspruchung ausgesetzt. Muskulöse Athletiker sind ebenso gefährdet wie Pykniker und Astheniker. Pathologisch-anatomisch entstehen sog. Ermüdungsbrüche durch Auflösungsvorgänge an den Knochenkristallen und durch Gestaltsveränderungcn der Knochenbälkchen mit kleincystischer Umwandlung der Knochenstruktur, die schließlich zu sichtbarer Spaltbildung führen.

//. Krankheitsbild

und

Diagnose

Dem Abrißbruch können Schwächegefühl und zeitweise auftretende ziehende und reißende Schmerzen zwischen den

Schulterblättern, die oft als rheumatische Beschwerden angesehen werden, vorausgehen. Auch ohne solche Vorzeichen kann unter plötzlich auftretenden heftigen, meist stechenden Schmerzen überwiegend im Nadeen oder zwischen den Schulterblättern der Abriß eines Dornfortsatzes erfolgen. Manchmal ist dies mit hörbarem Knacken verbunden. Danach kommt es zu einer Sleifhaltung der Schultern mit Zwangshaltung des Kopfes nach vorn und unten; hierdurch ist u . a . das An- und Ausziehen der Kleidung erschwert. Die Röntgenaufnahme zeigt einen meist senkrecht verlaufenden Aufhellungsspalt; das gelöste Bruchstück ist in der Regel etwas nach unten verzogen. Die Bruchflächen weisen je nach Alter des Ermüdungsbruchs einen mehr oder weniger ausgeprägten Degenerationssaum auf. Vorwiegend betroffen ist der Dornfortsatz des 1. Brustund des 7. Halswirbels, weniger häufig der des 6. Hals- oder 2. Brustwirbels. Gelegentlich kommen Abrißbrüche gleichzeitig an mehreren Dornfortsätzen, möglicherweise auch an Querfortsätzen von Wirbelkörpern vor. Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind Frakturen als Folge einer einmaligen direkten (z. B. Schlag) oder indirekten (z. B. Zerrrung) Gewalteinwirkung, pseudarthrotische Spaltbildungen, seltener Frakturen infolge von Entzündungen, Tumoren u. a.

III. Hinweise

iür die ärztliche

Beurteilung

Die Diagnosestellung stützt sich auf die ausführlich zu erhebende Anamnese, insbesondere Arbeitsanamriese. Die Behandlungsdauer eines Abrißbruches beträgt in der Regel wenige Wochen. Die Heilung erfolgt meist bindegewebig. Spätschäden sind im allgemeinen nicht zu erwarten.

Merkblatt Nr. 46

151

Nr. 46 Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben

1. Vorkommen

und

Gefahrenquellen

Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen können bei fast allen beruflichen Beschäftigungen auftreten. E i n e G e f ä h r d u n g k a n n g e g e b e n s e i n durch

Einwirken:

c h e m i s c h e r S u b s t a n z e n , z. B . v o n C h r o m v e r b i n d u n g e n ( C h r o m a t e n ) , A l k a l i e n (auch e i n z e l n e n W a s c h m i t teln), L ö s e m i t t e l n , w i e T e r p e n t i n e n u n d T e r p e n t i n e r s a t z p r ä paraten sowie Lackverdünnern, technischen Fetten und ö l e n , wie Bohrölen und -emulsionen, Formaldehyd, Zwischenprodukten bei der Herstellung von Kunststoffen sowie einzelner Farbstoffe? p h y s i k a l i s c h e r F a k t o r e n , w i e z. B. v o n M i k r o t r a u m e n durch M e t a l l - o d e r G l a s t e i l c h e n , G l a s w o l l e , A s b e s t , Schnitthaaren bei Friseuren, aktinischen (Ultraviolettstrahlung) u n d e v t l . t h e r m i s c h e n R e i z e n ( H i t z e u n d Kälte),h a u t p a t h o g e n e r K e i m e ( P i l z e u. a.), d i e s a p r o phytär vorhanden oder direkt übertragen und infolge güns t i g e n M i l i e u s ( F e u c h t i g k e i t , W ä r m e ) in W a c h s t u m u n d A u s breitung gefördert w e r d e n . Auch

pflanzlidie

Stoffe

sind

u. U.

eine

Gefahrenquelle.

Die genannten Hauterkrankungen können insbesondere auftreten bei A r b e i t e r n der M e t a l l b e a r b e i t u n g und -Verarbeitung, Anstreichern, Maurern, Galvaniseuren, Friseuren, Arbeitern der Textil- und chemischen Industrie, der Holzbeund - V e r a r b e i t u n g s o w i e b e i i m G e s u n d h e i t s d i e n s t t ä t i g e n Personen.

II Aulnahme

und

Wirkungsweise

D i e s e H a u t e r k r a n k u n g e n w e r d e n in d e r R e g e l v e r u r s a c h t durch e x o g e n e E i n w i r k u n g s c h ä d i g e n d e r f e s t e r S t o f f e , F l ü s s i g k e i t e n , S t ä u b e , D ä m p f e u. a. V o r w i e g e n d s i n d d i e d e n schädigenden Faktoren unmittelbar ausgesetzten Körperstellen betroffen. Ausbreitung auf andere Körperteile und Généralisation sind möglich. Häufig führt e r s t das Z u s a m m e n w i r k e n v e r s c h i e d e n e r Einflüsse, auch die A n w e n d u n g unzweckmäßiger Hautreinig u n g s m i t t e l , zu d i e s e n H a u t e r k r a n k u n g e n .

/ / / . Krankheitsbild

und

Diagnose

Krankheitsbild und V e r l a u f hängen v o n Art, M e n g e Einwirkungsdauer der schädigenden Faktoren sowie individuell unterschiedlichen R e a k t i o n s w e i s e ab.

und der

A m h ä u f i g s t e n t r i t t d a s E k z e m a u f . E s k a n n durch o b ligat oder fakultativ hautschädigend wirkende Arbeitsstoff e v e r u r s a c h t w e r d e n . In d e r R e g e l i s t a n K ö r p e r s t e l l e n , d i e m i t d e m A r b e i t s s t o f f u n m i t t e l b a r in B e r ü h r u n g k o m m e n , z. B. a n H a n d r ü c k e n , l o k a l i s i e r t . B e i W e g f a l l d e r E x p o s i t i o n k o m m t e s m e i s t zur B e s s e r u n g b z w . H e i l u n g , b e i e r n e u t e m K o n t a k t zu e i n e m R ü c k f a l l d e s E k z e m s . Die anfangs gegen einen einzelnen bestimmten Arbeitss t o f f g e r i c h t e t e U b e r e m p f i n d l i c h k e i t ( M o n o v a l e n z ) k a n n sich im w e i t e r e n V e r l a u f g e g e n d i e v e r s c h i e d e n s t e n S u b s t a n zen ( P o l y v a l e n z ) r i c h t e n .

Hautempfindlichkeitsproben (Hautteste), die für die Klärung des ursächlichen Z u s a m m e n h a n g s zwischen Schadstoff u n d E k z e m v o n B e d e u t u n g s e i n k ö n n e n , s i n d in d e r R e g e l vorzunehmen. Sie sind nur unter Berücksichtigung des Ges a m t b e f u n d e s zu b e w e r t e n . Die beruflich v e r u r s a c h t e A k n e tritt hauptsächlich bei Arbeiten mit Teer, technischen ö l e n und bestimmten organischen H a l o g e n v e r b i o d u n g e n auf. G e g e n ü b e i der sogenannt e n j u v e n i l e n A k n e i s t i h r e L o k a l i s a t i o n b e s o n d e r s zu b e a c h t e n . D i e b e r u f l i c h v e r u r s a c h t e A k n e f i n d e t sich f a s t a u s s c h l i e ß l i c h a n u n b e d e c k t e n K ö r p e r s t e l l e n ; auch b e i öldurcht r ä n k t e r K l e i d u n g k a n n s i e g e l e g e n t l i c h , z. B a m O b e r s c h e n kel, v o r k o m m e n . D i e P e m a k r a n k h e i t ist u n t e r N r 9 d e r A n l a g e z u r 7 rufskrankheiten* Verordnung erfaßt

Be-

A n d e r e D e r m a t o s e n k ö n n e n durch b e r u f l i c h e F a k t o r e n ung ü n s t i g b e e i n f l u ß t o d e r v e r s c h l i m m e r t w e r d e n (z. B. Pilzi n f e k t i o n e n in f e u c h t e m M i l i e u b e i u n g e e i g n e t e r A r b e i t s kleidung).

/V. Hinweise

iür

die

ärztliche

Beurteilung

D i e A n e r k e n n u n g e i n e r K r a n k h e i t n a c h Nr. 46 d e r A n l a g e z u r 7. B e r u f s k r a n k h e i t e n - V e r o r d n u n g s e t z t v o r a u s , d a ß e s sich u m e i n e s c h w e r e o d e r w i e d e r h o l t r ü c k f ä l l i g e H a u t e r k r a n k u n g handelt und daß diese außerdem zur A u f g a b e der beruflichen Beschäftigung oder j e d e r E r w e r b s a r b e i t gezwungen hat. D i e „ S c h w e r e " d e r E r k r a n k u n g e r g i b t sich a u s d e m k l i n i s c h e n Bild, A u s d e h n u n g u n d V e r l a u f ( i n s b e s o n d e r e D a u e r ) der Erkrankung. Auch eine hochgradige Allergie gegen Arbeitsstoffe k a n n dabei von wesentlicher Bedeutung sein. „ W i e d e r h o l t rückfällig" ist die E r k r a n k u n g dann, w e n n m i n d e s t e n s d r e i g l e i c h a r t i g e K r a n k h e i t s s c h ü b e , d, h. d e r zweite Rückfall, vorliegen. Rückfall setzt e i n e w e i t g e h e n d e Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes s o w i e den Z u s a m m e n h a n g mit der E r s t e r k r a n k u n g voraus, w e n n der E r k r a n k t e zwischenzeitlich beruflich wied e r t ä t i g g e w e s e n ist. D i e H a u t e r k r a n k u n g m u ß zur A u f g a b e d e r b e r u f l i c h e n B e s c h ä f t i g u n g o d e r j e d e r E r w e r b s a r b e i t g e z w u n g e n h a b e n . „Ber u f l i c h e B e s c h ä f t i g u n g " l i e g t auch d a n n v o r , w e n n e i n A r b e i t n e h m e r s e i n e A r b e i t s k r a f t für e i n e g e w i s s e D a u e r in einem Beschäftigungsverhältnis verwendet, dabei bestimmte E r f a h r u n g e n o d e r F e r t i g k e i t e n e r w o r b e n und a u s ihr zumindest einen wesentlichen Teil seines Lebensunterhalts bestritten hat. H a u t v e r ä t z u n g e n , z. B. durch C h e m i k a l i e n , sind, s o f e r n s i e i n n e r h a l b e i n e r A r b e i t s s c h i c h t a u f t r e t e n , als U n f ä l l e anzusehen. W e n n d i e V o r a u s s e t z u n g e n d e r Nr. 46 der A n l a g e zur 7. B e r u f s k r a n k h e i t e n - V e r o r d n u n g nicht g e g e b e n sind, ist j e w e i l s zu p r ü f e n , o b d i e v o r l i e g e n d e H a u t e r k r a n k u n g zum K r a n k h e i t s b i l d a n d e r e r B e r u f s k r a n k h e i t e n , w i e Nr. 2, 4 b i s 9, 15, 18 b i s 21, 27, 37 u n d 38, g e h ö r t

152

Merkblatt Nr. 47

Nr. 47 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe I. Vorkommen und Gefahrenquellen Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen können durch Bestandteile in Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnlichen Stoffen ausgelöst werden. R u ß als feinflockiger Kohlenstaub entsteht bei unvollständiger Verbrennung von Kohlenwasserstoffen und wird bei der Herstellung von Tusche, Wichse, Farben, Kunststoffen und besonders in der Gummiindustrie benötigt. R o h p a r a f f i n wird gewonnen aus bituminöser Braunkohle, Ölschiefer, Erdöl und Erdwachs; es wird in derZünd•holz-, Papier- und Sprengstoff!ndustrie verwendet. Gereinigtes Paraffin enthält keine krebserzeugenden Stoffe. T e e r als Destillationsprodukt von Stein- und Braunkohle, Torf und Holz wird in Kokereien und Gasiabriken gewonnen und in Dachpappen- und Steinkohlenbrikettfabriken, bei der Holzimprägnierung und im Straßenbau gebraucht. A n t h r a z e n ist ein Teerdestillationsprodukt. Es wird verwendet als Rohstoff in der Farbenherstellung, beim Holzimprägnieren, bei der Herstellung von Lacken und Dachpappen. P e c h ist der letzte Rückstand der Teerdestillation. Es wird als Bindemittel in der Steinkohlenbrikettfabrikation, für Kabelisolierung, Herstellung von Dachpappen, Lacken u. a. benutzt. „ Ä h n l i c h e S t o f f e " sind solche mit ähnlich biologischer Wirkung. Hierzu gehören z. B. verschiedene Erdwachse, Asphalte, Masut und Mineral-, Schmier-, Zylinderund Bohröle, die bei 300 °C und mehr sieden. Arbeiter bei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung der genannten Produkte sind je nach deren Gehalt an kanzerogenen Substanzen gefährdet. II. Aufnahme und Wirkungsweise Die Haut kann durch direkte Einwirkung (auch durch Staub und Dämpfe) der genannten Stoffe oder durch mit

diesen Stoffen behaftete Arbeitskleidung geschädigt werden. Sonnenbestrahlung, Hitze und mechanische Reize (Scheuern der Kleidung) können dies begünstigen. III. Krankheitsbild

und

Diagnose

Die Einwirkung obengenannter Produkte kann zu entzündlicher Rötung und auch zu Dermatitis (Ekzem) mit Juckreiz führen. Bei weiterer Exposition können sich bräunlichfleckige Pigmentierungen (Melanose), Follikulitis und Akne entwickeln. Auf derartig veränderter Haut, aber auch ohne dieses Vorstadium, ist die Entstehung einzelner oder multipler verschieden großer sogenannter Teer- oder Pechwarzen, die sich von der Verruca vulgaris nicht unterscheiden, möglich. Diese Warzen neigen zu karzinomatöser Entartung. Die Pech- und Teerwarzen können nach relativ kurzer Zeit, vielfach aber erst nach mehreren Jahren, besonders im Gesicht und am Handrücken, mitunter auch am Unterarm, Unterbauch und Skrotum auftreten. Die Expositionszeit bis zur Entstehung von Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigender Hautveränderungen durch die genannten Stoffe beträgt in der Regel mehrere Jahre bis Jahrzehnte. Auch nach Wegfall der Exposition ist diese Entwicklung möglich. Die Latenzzeit, in der sich aus den Teer- oder Pechwarzen Karzinome entwickeln können, beträgt durchschnittlich 3 bis 4 Jahre. Bei entsprechender Behandlung ist die Prognose im allgemeinen günstig.

IV. Hinweise für die ärztliche Beurteilung Differential diagnostisch sind die Alterskeratose und karzinomatöse Veränderungen, die niicht auf die Einwirkung obengenannter Stoffe zurüdezuführen sind, zu erwägen. Die Diagnose wird durch histologische Untersuchung, Lokalisation der Erkrankung sowie durch die Melanose gesichert.

153

Schrifttum BEREITER —

H A H N / SCHIEKE: U n f a l l v e r s i c h e r u n g , 4. A u f l . , Berlin

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Berufsgenossenschaftliche G r u n d s ä t z e für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, geben vom H a u p t v e r b a n d der gewerbl. Berufsgenossenschaften, S t u t t g a r t 1971

herausge-

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HERGET



MOLINEUS:

Das

ärztliche

Gutachten

im

Versicherungswesen,

2

Bände,

München 1955 Handbuch für die berufliche Rehabilitation der Unfallverletzten, herausgegeben vom H a u p t v e r band der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Bonn 1971 JAENSCH: D a s augenärztliche Gutachten, S t u t t g a r t 1961 KOELSCH: Lehrbuch der Arbeitsmedizin, Stuttgart 1966 KOETZING — LINTHE: D i e B e r u f s k r a n k h e i t e n , Berlin

1970

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LINIGER — MOLINEUS: Der U n f a l l m a n n , H e r a u s g e b e r Mollowitz, München 1964 LOHMAR — HUSTADT: Die gesetzliche Unfallversicherung, Essen 1963 LOB

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über

den

Zusammenhang

LOB u. a . : H a n d b u c h der Unfallbegutachtung, Stuttgart 1961 NOESKE: Erläuterungen zum A b k o m m e n Ärzte/Berufsgenossenschaften ( Ä r z t e a b k o m m e n ) , Berlin 1971 PERRET: Was der A r z t von der privaten Unfallversicherung wissen muß, München 1964 REICHARDT.—

STÖRRING —

SCHELLWORTH: E i n f ü h r u n g in d i e U n f a l l - u n d

Rentenbegutachtung,

S t u t t g a r t 1958 S a m m l u n g von Entscheidungen der Sozialversicherung, Versorgung und Arbeitslosenversicherung, begründet von H e r m a n n Breithaupt SCHÖNBERGER: Der Arbeitsunfall im Blickfeld spezieller Tatbestände, Berlin 1965, Teil 2, Berlin 1967

Vereinbarung über Zusammenarbeit und Verfahren bei der Behinderter — F r a n k f u r t e r Vereinbarung, H e r a u s g e b e r : Rehabilitation, F r a n k f u r t 1971

Arbeits- und B e r u f s f ö r d e r u n g Bundesarbeitsgemeinschaft f ü r

WAGNER — KÖRNER: Die entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten, S t u t t g a r t 1968

155

Sachregister A b f i n d u n g 19 ff Abkommen Ärzte/Berufsgcnossensdiaften 21, 29 A b s t r a k t e r Schadenersatz 14 Änderung der Unfallfolgen, wesentliche 10, 19 Ä r z t e a u s s c h u ß 36 Aggravation 9 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 32, 33, 34 Arbeitsförderungsgesetz 29 — schütz, medizinischer 13 — U n f ä h i g k e i t 16, 2 4

— Unfall 7, 18 Asbestose, T o d bei 9 Augen Verletzungen 15, 24 — zittern 12 Auskunftspflicht des Arztes 20 B e r g m a n n s r e n t e 27 B e r u f s f ö r d e r u n g 28, 29 — fürsorge 29 — genossenschaften 3 ff — hilfe 17, 29 — k r a n k h e i t e n 9, 12 ff — Anzeige bei 12, 20 — Versicherungsfall bei 12 — Unfähigkeit 26 Bescheid 22, 28 Beteiligung an der berufsgenossenschaftlichen H e i l b e h a n d l u n g 11 Binnenschiffahrt 16 Bundesversorgungsgesetz 29 D a u e r r e n t e 19 D u r c h g a n g s a r z t 15 E n t s c h ä d i g u n g 14 Emphysem 93 Endangiitis obliterans 93 E n t b l ö ß u n g 51 Entschädigung 66 Epilepsie 108 Epithese 67 E r b l i n d u n g 68 E r f r i e r u n g 85 Erheblichkeit 47, 84 Erkrankung, unfallabhängig 47, 4 9 , 4 8 E r n ä h r u n g s z u s t a n d 73 E r s t b e f u n d 45

— erguß 54 — infektion 142, 144 Gelenkgeräusche 52 E r w e r b s f ä h i g k e i t 46, 47, 66 —• maus 107 — Unfähigkeit 17, 26 — M i n d e r u n g der 3, 9, 10, 18, — Untersuchung 55, 58, 60, 63 Geruch 70 46, 66 ff G e s a m t e r w e r b s m i n d e r u n g 47 Erwerbsunfähigkeit G e s a m t v e r g ü t u n g 20, 46 — 46, 149, 151, 84 Geschlechtsorgane 74, 100 Erysipel 88, 142 Geschmack 71 Geschwülste 88, 96, 134 Fachgutachten 44 Geschwür 82, 87, 88 Falschgelenk 75, 79, 80, 104 — am Unterschenkel 91 Fehldeutungen von R ö n t g e n Gesicht 67 bildern 53, 57 — nerven 67 Fernsehen 51 Gesundheitsschädigung 84 Fettleibigkeit 90 Gewächs 88, 96 — stift 55 G e w a l t e i n w i r k u n g 84, 88 Film 51 G e w ö h n u n g 47, 67 Finger 57, 76 ff, 108 Gicht 108 — gelenke 57, 76 ff G i p s v e r b a n d 92 Fistel 73, 79, 97 G l a u b w ü r d i g k e i t 85 Fleckfieber 149 G l i e d m a ß e 57 ff Fluor 118 G r i p p e 142 Förmliche Feststellung 21 Gutachten 44 ff F o r m u l a r g u t a c h t e n 44 Freies Gutachten 44 F r e m d k ö r p e r 101 — w o r t e 40 F r a u e n bei Begutachtungen 51 F u r u n k e l 100 F u ß 78 — gelenk 65, 80

H ä m a t o m y e l i e 72, 82, 109 H ä m o r r h o i d e n 91 H a f t p f l i c h t 44 — Ablösung der 4 — des Arztes 42, 43, 44 H a l b s e i t e n l ä h m u n g 82 H a l b w e r t z e i t 134 H a l o g e n Kohlenwasserstoffe 119 G a l l e n w e g e 73, 97 H a l s - , N a s e n - , O h r e n a r z t 61 G a n g b i l d 51 — -Verletzungen 15, 24 Ganglion 107 H - A r z t (s. Beteiligung an der G a n g r ä n 93 G a s v e r g i f t u n g 86 Heilbehandlung) G a u m e n 71 H a n d 76 G e f ä ß p l a s t i k 47 — gelenk 58, 63, 76 — rücken 58 — e r k r a n k u n g e n 91 ff H a r n 44 Geflügel 142 — röhre 74 G e h e i m h a l t u n g 21 — status 44 Gehirn 67 ff, 108, 82 — wege 74, 98 ff G e h ö r 70 H a u t 87, 151, 100, 142 Geldabheben 7 Geldleistungen der gesetzlichen H a u t e r k r a n k u n g e n 118, 151 — t e m p e r a t u r 52 Unfallversicherung 17 ff — test 143 — Krankenversicherung 24 Heilbehandlung, — Rentenversicherung 28 gesetzliche — p r i v a t e n Unfallversicherung Unfallversicherung 14 ff, 24 34 — Krankenversicherung 23, 24 Gelegenheitsursache 8 Gelenke 103 — Rentenversicherung 28

156 H e i l v e r f a h r e n 43, 45 — (s. H e i l b e h a n d l u n g ) H e r z 51, 72, 91 — l e i s t u n g s p r ü f u n g 59 H e x e n s c h u ß 101 H i n t e r b l i e b e n e n r e n t e 19 H i r n v e r l e t z u n g 67 ff Hitzschlag 86 H ö r g e r ä t 70 Hosenbundgriff 55 H ü f t g e l e n k 60, 79 H u n d e 144 H y d r o g o n i o m e t e r 55 I d e n t i t ä t 41 Ileus 97 Infektionskrankheiten 12, 87, 142, 144 I n f r a r o t - A u f n a h m e 51, 59 Innere Medizin 59 Insektenstiche 86 Ionisierende Strahlen 86, 134 Ischias 109 Jahresarbeitsverdienst 18,46 K a d m i u m 120 K a h n b e i n 104, 76 Kausalzusammenhang 3, 7 ff, 34, 49, 84 ff K e h l k o p f 71 Kind, Begriff 11 K i n d e r g a r t e n k i n d e r 6, 11 Knappschaftsversicherung 27 Kniegelenk 60, 79, 107 Knochen 103 — bruch, F e s t i g k e i t s p r ü f u n g 52 Körper — gewicht 52 — Oberfläche 51 — Schemata 51 K o h l e n o x y d 121 K o p f 67 K o n t r a s t m i t t e l 57 K r ä m p f e 68 K r a f t m e s s u n g 57 K r a m p f a d e r n 91 K r a n k e n b l a t t u n t e r l a g e n 42 — Untersuchung 50 — Versicherung 22 ff — Versicherung, T r ä g e r der 3,22 K r a n k h e i t im Sinne d e r K r a n k e n v e r s i c h e r u n g 23 K r a n k h e i t s l e h r e 43, 49 Krebs 110, 112, 115, 88, 118 K r e i s l a u f o r g a n e 72, 91 K u r 48

Sachregister Nervenlähmungen L a b o r a r z t 59 76, 81, 82, 131 L ä h m u n g e n 72, 82, 88 N e t z h a u t a b l ö s u n g 109 Längenmessung 53 N e u b i l d u n g 88 L ä r m 133 N e u r o f i b r o m a t o s e 109 Lebensgefahr 48 Neurologie 59 Leber 73, 97 N e u r o s e 8, 34 — f u n k t i o n s p r ü f u n g 50 N i e r e 73 Leistenbruch 72, 94 N i h y d r i n t e s t 57 Leptospiren 144 N i t r o v e r b i n d u n g e n des Benzols Leukämie 90 115 Lichtbild 45, 5 1 , 5 4 , 55 Linkshändigkeit 47 N o r m o s p e r m i e 74 Linsenverlust 69 N u k l e a r m e d i z i n 134 Liquordiagnostik 59 Listeriose 144 O b d u k t i o n 89 Lohneinbuße 66 O b e r a r m 63, 75 Lues 142, 87 — kiefer 71 Luftwege 72, 1 12, 136, 137, 139, — Schenkel 65, 79 Ö d e m e 54, 81 140, 142, 1 4 7 , 1 4 3 O h r 70 L u m b a g o 101 L u m b a l p u n k t i o n 59 Objektivierung von UnfallLunge 71, 72, 93, 94 folgen 50 LungenO p e r a t i o n 48, 96 O p e r a t i o n s d u l d u n g 48 — durchleuchtung 50 Oscillographic 44 — fibröse 139 Ö s o p h a g u s d i v e r t i k e l 95 L u x a t i o n e n 75, 106 Osteo-chondrittis 107 L y m p h a n g i t i s 88 — myelitis 97, 103, 80 Ostitis 103 M a g e n 73, 95, 96 M a ß e , von W i n k e l n 45 M a n g a n 122 P a l p a t i o n 52 M a s t d a r m 73, 97 P a n a r i t i u m 100 Medikamentensucht 108 P a n k r e a s 98 Meniskus 85, 107, 12, 148 Parasitäre Erkrankungen M e ß b a n d 51 87, 144 P a r a t y p h u s 87 — bogen 63 ff Pathologe 59 — stellen 50 P e r f o r a t i o n 96 — technik 52, 63 ff Messung von R ö n t g e n b i l d e r n 53 Periarthritis 103 Peritonitis 95 M e t a l l s t a u b 139 Perthes 108 Metalues 87, 142 Perücke 67 M e t h a n o l 123 Pflege 17 Milz 73, 90 — b r a n d 87, 142, 144 — geld 17, 72, 82 M i t t e l b a r e U n f a l l f o l g e 10 Phlegmone 101 M o n d b e i n 104 P h o s p h o r 124 Pilze 142, 145 — tod 132 Pleuritis 94 M u n d h ö h l e 71 P n e u m o k o n i o s e 140 M u s k e l a b m a g e r u n g 51, 54 P n e u m o n i e 93, 142 — atrophie, spinale 109 P r e ß l u f t w e r k z e u g e 132 M u s k u l a t u r 52, 101 P r i m ä r - H e r d 95 M y o p i e 70 P r i m ä r i n f e k t i o n 142, 143 Myositis 101 P r o t o z o e n 144 Pseudogenauigkeit 46 N a c h u n t e r s u c h u n g 47 Psittakose 144 N a r b e n 51, 53, 67 Psychiater 61 N a s e 67 Puls 59 N a v i k u l a r f r a k t u r 76, 104 N e b e n - H o d e n 74 — - N i e r e n 90 Q u a d r a n t e n b l i n d h e i t 68 N e k r o s e n , aseptische 104, 108 Q u a r z 140

Sachregister Quecksilber 125 Q u e r f o r t s a t z 72, 150

— an der H a n d 57 Schwerhörigkeit 70, 133 Schwerbeschädigter, Eigenschaft 66 R a d i o a k t i v e Stoffe 86, 134 Schürzenbundgriff 55 R a t t e n b i ß k r a n k h e i t 144 Seelenblindheit 68 Rechtshändigkeit 47 Sehnen 149, 101 Rechtsprechung 49 — scheiden 149, 102 R e f l e x p r ü f u n g 59 S e k u n d ä r a r t h r o s e 47, 7 6 , 8 0 , 1 0 5 Rehabilitation Selbstbeschädigung 62 17, 2 7 , 2 9 , 4 8 , 6 7 — ärztliche M i t h i l f e bei der 31 — m o r d 9, 108 S e n k f ü ß e 52, 91 — Auskunftsstellen f ü r 31 Sepsis 88, 142 — Beratungsstellen f ü r 31 S e r u m - E l e k t r o p h o r e s e 50 — T r ä g e r der 29 — Z u s a m m e n w i r k e n d e r T r ä g e r Schüler 6 Silikose, T o d bei 9, 140 30 Simulation 9, 61 R e i n f e k t i o n 142 Skalpierung 67 R e n t e 66 Skizze 45, 51 — vorläufige 19, 47 S k o r b u t 149 Rentenausschuß 21 Skotom 68 — tabellen 66 ff Sodoku 144 — Versicherung 25 ff Sonnenstich 85 — T r ä g e r der 3, 25 Sorgfaltsregel 50 — Versicherungsfall der 26 Sozialgerichtsbarkeit R h e u m a t i s m u s 107 3,22, 25,28,41 Rickettsien 142, 145 Sozialhilfe, Bundesgesetz 30 R i p p e n 71 — T r ä g e r der 30 — f e l l e n t z ü n d u n g 71, 90 Spätschaden, u n f a l l b e d i n g t 47 Röntgen-Aufnahme, S p e r r v e r m e r k 42 Bewegungsbild 55 Spirometrie 54 — b e f u n d 44 S p o n d y l a r t h r o s e 105 — bilder 45, 57 Spondylolisthese 105 — diagnostik 57 S p o n t a n f r a k t u r e n 104 — strahlen 86, 134 Staatlicher G e w e r b e a r z t 13 — Untersuchung 57 Star 136 R o t l a u f 144 S t a u b l u n g e n e r k r a n k u n g 137, R o t z 142, 144 140 R ü c k e n m a r k 72, 82 S t e r e o - A u f n a h m e n 59 Ruhigstellung 92 Stinknase 71 R u ß 152 Stoffwechselkrankheiten 89 R u n d r ü c k e n 51 Strafgesetz 41 S t r e i t v e r f a h r e n 40, 42 S a c h a u f k l ä r u n g 45, 49/50 Strom, elektrisch 86 — leistungen 14, 23, 27 Studierende 6 Säuren 127 S u p e r i n f e k t i o n 142 Salmonellen 144 Salpetersäureester 126 Sattelnase 71 T a s t e r z i r k e l 51 Schädel 61, 67 Teer 152 S c h i p p e r k r a n k h e i t 104, 150 — stuhl 96 Schlatter 108 T e i l - E r w e r b s m i n d e r u n g 47 Schleimbeutel 102, 130 — invalidität Schmerzen 48 — ursadie 84 Schulter 55, 63, 1 0 3 , 7 5 T e n d o v a g i n i t i s 102, 149 — gelenk 75 T e t a n u s 88 Schwefel-Kohlenstoff 128 Thallium 129 T h o m a s m e h l 142 — Wasserstoff 128 T h r o m b o s e 91 Schweigepflicht 43 Schweißpunkte, A u s z ä h l u n g T o d , nicht u n f a l l b e d i n g t 66, 89 derselben 57 T o l l w u t 144 Schwielen 57, 64 T r a u m a 85

157 T r o p e n k r a n k h e i t e n 149 Tuberkulose 87, 71, 140, 142, 144, 93, 99, 104 Tularaemie 144 T y p h u s 37, 87 U h r z e i t 54 Ü b e r t r e i b u n g 61 Ulcus 91 ff, 95 U m f a n g s m a ß e 49, 63 ff, 54 U n f a l l 84 — ereignis 84, 61 — rente 66 ff — Versicherung, gesetzlich 84,61 — Begriff, gesetzlich 7, 4 5 , 8 4 , 6 1 — p r i v a t e Unfallversicherung 33 — neurose, s. N e u r o s e — Versicherung, gesetzliche 3 ff — Versicherung, p r i v a t e 32 ff — versicherungsträger 3, 4 Unterschenkelgeschwüre 91 ff, 81 — arm 63, 75 — kiefer 71 — Schenkel 64, 80, 78, 81 Untersuchung 61, 80 U n v e r s e h r t h e i t 48 U r i n a l 74 Ursachen-Begriff s. K a u s a l z u s a m m e n h a n g — Zusammenhang s. K a u s a l z u s a m m e n h a n g V a n a d i u m 130 Venen 92 ff V e r ä n d e r u n g e n , u n f a l l f r e m d 48 V e r b r e n n u n g 67, 85 Vereidigung 40 Verfahren, Unfallversicherung 21 — K r a n k e n v e r s i c h e r u n g 25 — p r i v a t e Unfallversicherung 35 — Rentenversicherung 28 V e r g i f t u n g e n 86 Vergleichs-Aufnahmen 45 — Messung 52, 63 ff Verheben 101 Verletztengeld 16 — rente 17, 66 ff Verletzungsartenverfahren 15,24 Verlust, Auge 68 — H o d e n 74 — N i e r e 73 V e r r e n k u n g e n 106 Verschlimmerung 10, 47, 85, 89, 94, 99

158 — Tod durch 10 Versicherungsfähigkeit 32 Versicherte, gesetzliche U n f a l l versicherung 4 ff — Krankenversicherung 23 — private Unfallversicherung 32 — Rentenversicherung 26 Versteifungen 75 ff, 79 ff Viren 142, 144, 97 Vordruckgutachten s. Formulargutachten Vorgeschichte 44, 49, 61, 45 Vorläufige R e n t e (s. Rente, vorläufige) Vorschaden 47, 84 Vorsorgeuntersuchungen, arbeitsmedizinische 13 Wärme 85,136

Sachregister Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs 9 W D B - S c h ä d i g u n g 45 W e g e u n f a l l 10 Weil'sche K r a n k h e i t 144 Wesensänderung 68 Winkel-Messer 45 —• messung bei Gelenken 56, 58, 60, 63 ff Wirbel-Gleiten 105 — säule 72, 82, 101, 104, 105, 109 — säulenverkrümmung 54, 105 W u n d e n 53 W u n d - I n f e k t i o n 87 — rose 88 W u r m k r a n k h e i t 144, 146

Zähne 71, 127, 116 Zangengriff 57 Zeitfrist bei Gutachtena u f t r a g 44 Zellgewebeentzündung 100 ff Zeugnis, wissenschaftlich falsch 41 Zuckerharnruhr 73, 89 Zumutbar'keit von Operationen 48 Zusammenhang, ursächlicher, s. Kausalzusammenhang — zeitlich 84 Zwerchfell 71, 72 Z w ö l f f i n g e r d a r m 73, 95 Zusammenhangsgutachten 3 , 8 , 4 9 , 84

Die Berufskrankheiten n a c h d e r 7. B K V O Zusammengestellt nach den vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblättern. Von Ministerialrat Dr. med. Rolff Wagner, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, und Dr. med. Georg Zerlett, Facharzt für innere Krankheiten und Werkarzt. 206 Seiten, kart. mit Klarsichtfolie DM 18,-. Das Werk bringt den Text der 7. Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. 7. 1968 sowie die neueste Fassung der 47 Merkblätter zu den Berufskrankheiten. Mit den Merkblättern werden prägnant die Erkenntnisse der Wissenschaft und Praxis zum Ausdruck gebracht. In der vorliegenden Fassung stellen sie einen Kurzkommentar zu den einzelnen in der 7. BKVO genannten Berufskrankheiten dar. Beurteilung der 1. Auflage Die Praxis wird es besonders begrüßen, daß die Merkblätter durch eine sehr ausführliche Erläuterung arbeitsmedizinischer Fachausdrücke ergänzt worden sind. Auch das Stichwortverzeichnis zeichnet sich durch besondere Ausführlichkeit aus. „Diejenigen Stellen und Personen, die sich mit der Verhütung und Entschädigung von Berufskrankheiten zu befassen haben, werden das Erscheinen dieser Broschüre begrüßen. Es wird den Berufsgenossenschaften, den auf dem Gebiete der Verhütung von Berufskrankheiten tätigen Ärzten, den Beamten der Gewerbeaufsicht, den Arbeltgeber- und Arbeitnehmerorganisationen und den Sozialgerichten ein guter Ratgeber sein." Die Berufsgenossenschaft „Außer dem Inhalt der Merkblätter enthält die Schrift eine Erläuterung einzelner In denselben vorkommender Fachausdrücke und — sehr nützlich! - ein umfangreiches Stichwortverzeichnis, das es ermöglicht, zu zahlreichen Schadstoffen, Produktions- und Beschäftigungsarten usw. den betreffenden MerkblattText rasch ausfindig zu machen." Zentralblatt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz Die Broschüre sollte allen Ärzten zur Hand sein, darüber hinaus den Arbeitsmedizin-Studenten, Sicherheitsingenieuren, Sozialrichtern, technischen Aufsichtsbeamten und anderen Organen der Unfallversicherungsträger sowie nicht zuletzt den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen! Die einzelnen Merkblätter müßten in allen Betrieben, in denen spezielle Gefährdungen bestehen, ausliegen und bekannt sein." Homburg-Informationen für den Werksarzt

VERLAG W. KOHLHAMMER 5 Köln 1, Luxemburger Tel. (02 21) 44 58 77

Straße 72

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G

Carl Bruno Bloemertz

Walter de Gruyter Berlin-New York Die Schmerzensgeldbegutachtung Leitfaden für Ärzte, Juristen und Versicherungsfachleute 3., neubearb. u. erw. Aufl. (Mit einer Beil. „Erläuterungen medizinischer Fachausdrücke") Oktav. X, 188 S. 1971. Lw. DM 3 6 , ISBN 3 11 003636 3

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Unfallpraxis Mit einem Geleitwort von Lorenz Böhler und Beiträgen von E. Purtscher und E. H. Majer. 5., völlig neubearb. Aufl. Mit 306 Abb. Groß-Oktav. XX, 232 S. 1972. PI. fl. DM 4 2 , ISBN 3 11 003525 1

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Unfallchirurgische Operationen Indikation • Technik • Fehler 2., verb. u. erw. Aufl. Mit einem Geleitwort von Lorenz Böhler und 121 Abb. in 315 Einzeldarstellungen. Quart. XII, 143 S. 1970. Geb. DM 4 8 , ISBN 3 11 000812 2

H. March

Fehlerquellen medizinischer Begutachtung Fälle und Probleme Oktav. XII, 356 S. 1969. PI. fl. DM 2 8 , ISBN 3 11 000823 8

Anhang

BILDTAFELN (R=Arbeitshand, L=Hilfshand)

Tafel I

Tafel II

Tafel III

L:15%

A b b . 27 R : 20% L : 15%

A b b . 29 R : 2 0 % L:15%

A b b . 30 R : 20% L : 1 5 %

Abb.26

A b b . 28 R : 20% L : 1596

R:;

A b b . 32 R : 0 %

A b b . 34 R : 0 % L : (

L:0%

A b b . 33 R : 0 %

L:0%

Tafel IV

Abb.37 R:15% L:10%

Abb. 40 R : 30% L : 25%

Abb. 46 R : 20% L:15%

Abb. 38 R : 15% L:10%

Abb. 39 R : 15% L:10%

Tafel V

Abb.58

R:;

L:l

Tafel VI

Abb. 64 R : 25% L:20%

Abb. 69 R:30% L:25%

Tafel VII

Tafel VIII

A b b . 88 R:25°/o L:25°/o

A b b . 89 R : 25% L : 2 5 %

A b b . 90

R : 30% L : 2 0 %

Tafel IX

Abb. 100 R : 30% L:25%

Abb. 101 R : 30% L:25%

Abb. 102 R : 45% L:40%

Abb. 103 R:45% L:40%

Abb. 104 R:40% L : 35%

Abb. 105 R:45% L:40°/o

Abb. 107 R:40% L:35%

Abb. 108 R:35% L:30%

Abb. 106 R:40% L : 35%

Tafel X

Tafel XI

Abb. 124 R : 30% L:25%

Abb. 125 R : 25% L : 20%

Abb. 126 R : 2 5 % L : 20%

Tafel X I I

Abb. 135 R : 3 5 % L : 30%

A b b . 138 R : 35% L : 30%

Abb. 141 R : 35% L:30%

Tafel X I I I

Abb. 154 R : 55% L : 50%

Abb. 155 R : 5 5 % L : 50%

Tafel XIV

Abb. 156 20%

Abb. 157 25%

Abb. 158 30%

Abb. 159

Abb. 160 30%

Abb. 162 35%

161 35%

Abb. 163 40%

Tafel X V

Abb. 164

A b b . 165

A b b . 166 40%

A b b . 167

A b b . 169 50%

A b b . 170

A b b . 171

Abb. 176 60%

Abb. 177 70%

Abb. 178 75%

Abb. 179 80%

Tafel X V I I