Thrombose und Embolie 9783110881707, 9783110053845


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German Pages 256 [260] Year 1955

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VORWORT
INHALT
A. Allgemeiner Teil. Nosologie der Thromboembolie und allgemeine Grundlagen ihrer Prophylaxe und Therapie
I. Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit
II. Thrombosebereitschaft und -gefährdung als Indikation für eine gezielte Prophylaxe
III. Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe und Therapie der Thrombose
IV. Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie
V. Die Therapie manifester thromboembolischer Zustände
VI. Komplikationen und Kontraindikationen der Antikoagulantienanwendung Ihre Vermeidung und Bekämpfung
VII. Folgen der Thrombosekrankheit
B. Spezieller Teil. Klinik der thromboembolischen Zustände
VIII. Diagnose und Verlauf der blanden Fernthrombose
IX. Die Lungenembolie
X. Venöse Thrombosen der Extremitäten
XI. Venenthrombosen im Bereich des Abdomens
XII. Venenthrombosen im Bereich des Thorax
XIII. Yenenthrombosen im Bereich des Kopfes
XIV. Venenthrombosen generalisierter Lokalisation
XV. Arterielle Thrombosen
XVI. Arterielle Thrombosen der Extremitäten
XVII. Arterielle Thrombosen im Bereich des Abdomens
XVIII. Thrombosen der Aorta und Aa. iliacae
XIX. Arterielle Thrombosen im Bereich des Gehirns
XX. Arterielle Embolien
XXI. Extremitätenembolien
XXII. Organembolien
XXIII. Thromboembolische Vorgänge im Bereich des Herzens und der Kranzgefäße
XXIV. Thrombophlebitiserzeugung als Behandlungsmaßnahme
XXV. Zusammenlassende Bemerkungen zum Thromboemlbolieproblem
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
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Thrombose und Embolie
 9783110881707, 9783110053845

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CHIRURGIE IN EINZELDARSTELLUNGEN B A N D 43 A. R I T T E R / T H R O M B O S E U N D E M B O L I E

THROMBOSE UND EMBOLIE Von

Dr. med. A. R I T T E R Titularprofessor an der Universität Zürich Direktor des thurgauischen Kantonspitals Münsterlingen Chefarzt der chirurgischen Abteilung unter Mitarbeit von

Dr. med. K A R L Z Ä B I S CH Assistenzarzt

Mit 99 Abbildungen

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit & Comp. B E R L I N 1955

Alle Rechte, auch die des auszugs weisen Kachdrucks, der photo mechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten — Copyright 1955 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp. — Berlin W 85 — Archiv-Nr. 5152 55/43 - Printed in Germany — Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Druck: Franz Spiller, Berlin

Gewidmet

RUDOLF

dem

Andenken

VIRCHOW'S

dem wir die ersten grundlegenden über die Thrombose

und Embolie

Erkenntnisse verdanken

und es ergiebt sich, daß die Thrombusbildung im strömenden Blute zunächst durch zwei Momente verursacht wird, nämlich durch Verlangsamung des Blutstromes oder andere Zirkulationsstörungen, wie Wirbelbildungen, welche die Plättchen gegen die Wand treiben, der Gefäßwände. Wahrscheinlich und durch lokale Veränderungen wird die Thrombose auch durch pathologische Veränderungen des Blutes begünstigt. Nach der Verschiedenheit der Bedingungen, unter denen Thrombose beim Menschen vorkommt, müssen wir annehmen, daß bald das eine, bald das andere Moment vornehmlich die Entstehung der Thrombose bedingt, oder daß alle drei gleichmäßig zu ihrer Bildung beitragen können, daß dagegen ein Moment allein zu dem Zustandekommen der Thrombose gewöhnlich nicht genügt. Ziegler, Lehrb. d. Allg. Pathologie, 1895

VORWORT Durch die Entdeckung von Stoffen, mit denen es gelingt, auch innerhalb des Körpers die Gerinnungsfähigkeit des Blutes zu verändern, weiterhin durch die in subtilste Einzelheiten gehende Differenzierung des Gerinnungsvorganges sind auch Thrombose und Embolie samt ihren Folgezuständen in den letzten Jahren wieder mehr in den Blickpunkt des ärztlichen Interesses gerückt. Sowohl die theoretische und experimentelle Thromboseforschung, wie auch die therapeutische Praxis bekamen dadurch neuen Auftrieb und wurden aus einer verzichtenden Stagnation, in der sie seit den 20iger Jahren verharrten, gelöst. Begünstigt wurde diese Entwicklung dadurch, daß ebenso wie nach dem ersten Weltkrieg, auch nach dem letzten Krieg mit fortschreitender Normalisierung insbesondere der Ernährungsverhältnisse, allenthalben eine Zunahme der thromboembolischen Krankheit zu verzeichnen ist. In Anbetracht dessen, daß dem thromboembolischen Geschehen das Odium des Schicksalhaften eigen ist und z. T. auch heute noch anhaftet, das besonders häufig der Chirurg in zur Resignation verleitender Deutlichkeit zu verspüren bekommt, ist begreiflich, daß jede Therapie oder Prophylaxe, die eine „emboliefreie Chirurgie" versprach, dankbar und begeistert aufgegriffen wurde. So ist es nicht zu verwundern, daß es im Laufe der stürmischen Entwicklung während der letzten Jahre auf diesem Gebiet nicht an Fehlschlüssen mangelte und auch die wissenschaftliche Diskussion über unseren Stoffbereich gelegentlich nicht der Polemik entbehrte. Allein, wie immer in der Medizin, läßt sich erst nach einer gewissen Zeit der praktischen Erprobung ein einigermaßen gesichertes Urteil abgeben. Wenn auch das gesamte Thromboembolieproblem noch durchaus im Fluß ist und von seiner Lösung keine Rede sein kann — eindrücklich zeigten das auch die Mitte vorigen Jahres abgehaltene internationale Tagung über Thrombose und Embolie in Basel und das Hamburger Symposion —, so erscheint es doch gerechtfertigt, heute nach fast einem Dezennium der praktischen Antikoagulantienanwendung einen gewissen Überblick über den augenblicklichen Stand, sowohl der theoretischen Thromboseforschung, wie auch der praktischen Behandlungsmöglichkeiten zu geben, wobei das Schwergewicht auf letzterem Punkt liegt. Endgültiges zu sagen ist in vieler Hinsicht unmöglich, und wird es wohl vorerst auch bleiben. So manche Frage mußte daher unbeantwortet gelassen werden. Die Einzeltatsachen, die die Forschung der letzten Jahre zum Problem der Pathogenese der Thrombose beigetragen haben, sind derart zahlreich geworden, besonders auf gerinnungsphysiologischem Gebiet, daß eine gewisse Sichtung und Gruppierung des Stoffbereiches am Platze zu sein schien. Dabei ist nicht zu verkennen, daß in der Forschungsarbeit bezüglich der für die Thrombogenese seit jeher angeschuldigten Faktorentrias eine Verschiebung der Akzente stattgefunden hat: Während früher Zirkulationsverhältnissen und Gefäßendothelalterationen die Hauptbedeutung beigemessen wurde, hat sich neuerdings das Hauptaugenmerk mehr auf die Beschaffenheit des Blutes, insbesondere seine Gerinnungsfähigkeit konzentriert. Ob das den tatsächlichen Verhältnissen in jedem Falle-gerecht wird, mag vorerst dahingestellt bleiben; sicher ist, daß die daraus gezogenen therapeutischen Konsequenzen wieder einen Fortschritt in Therapie und Prophylaxe der Thromboembolie gebracht haben. Wir haben uns jedoch bemüht, in der vorliegenden Zusammenstellung auch den anderen

VIII

Vorwort

Punkten genügend Beachtung zu schenken, zumal wir uns schon früher mit den Endothelverhältnissen bei der Thrombose befaßt hatten und glauben, einen Beitrag zu deren Kenntnis geleistet zu haben. Die vorliegende Übersicht bezweckt in erster Linie dem praktischen Arzt und Chirurgen — namentlich dem auf sich selbst gestellten oder an einem Krankenhaus ohne Internisten und ausgedehnten Laboratoriumsbetrieb tätigen — einen Überblick über einigermaßen gesichertes Tatsachenmaterial und Erfahrungsgut zu vermitteln. Es konnte daher nicht unsere Aufgabe sein, auf jede Spezialfrage im einzelnen einzugehen — zumal es sich dabei vielfach noch um Hypothesen handelt —, auch nicht, zu Diskussionen Stellung zu nehmen, soweit sie nicht praktische Fragen betreffen. Um sich der neuen antikoagulierenden Therapie sachgemäß und für den Patienten nutzbringend bedienen zu können, ist jedoch eine Kenntnis auch der theoretischen Grundlagen der Gerinnungsphysiologie erforderlich, welche Tatsache deren eingehendere Darstellung nötig machte. Außerdem hielten wir es f ü r angebracht, die z. T. in Grenzgebieten der Chirurgie durch thromboembolische Vorgänge hervorgerufenen Organerkrankungen unter einem zentralen Blickpunkt zusammen zu fassen, da erfahrungsgemäß derartige Krankeitsbilder seltener in differentialdiagnostische Erwägungen einbezogen werden. I n der Darstellung der Beziehungen der Thrombose zu lokalen und generalisierten Gefäßerkrankungen beschränkten wir uns auf Grundsätzliches, da diese Wissensbereiche in der vorliegenden Monographienreihe bereits eingehend gesondert bearbeitet wurden (BLOCK, SONNTAG). Es wäre vermessen zu glauben, heute noch die Literatur auch nur eines begrenzten Fachgebietes vollständig überschauen zu können: Kein Wunder angesichts der Tatsache, daß es auf der ganzen Welt etwa 15000 medizinische Periodica gibt. So sind gerade die Arbeiten über Thrombose und Embolie Legion geworden. Immerhin wurde versucht, nichts Wesentliches im in- und ausländischen Schrifttum zu übersehen, wobei je nach dem Standpunkt die Beurteilung dessen, was wesentlich ist, verschieden ausfallen wird. Gewisse Überschneidungen und Wiederholungen zwischen und in den einzelnen Kapiteln waren nicht gänzlich zu vermeiden, z. T. wurden sie bewußt vorgenommen, um den Gebrauch der Zusammenstellung auch als rasches Nachschlag- und Orientierungsmittel noch mehr zu erleichtern. Dem gleichen Zweck dient das Sachregister, während ein Literaturverzeichnis dem Interessierten die nähere Beschäftigung mit einer Spezialfrage oder das Eindringen in bestimmte Einzelheiten erleichtern soll. Wie bemerkt, war eine Vollständigkeit nicht zu erzielen und wohl auch nicht unbedingt erforderlich. M ü n s t e r l i n g e n , im F r ü h j a h r 1955

A. Ritter

INHALT A. Allgemeiner Teil Nosologie der T h r o m b o e m b o l i e und allgemeine Grundlagen ihrer P r o p h y l a x e und T h e r a p i e Seite

I. P a t h o g e n e s e und Ätiologie der T h r o m b o s e k r a n k h e i t a) Die intravasale Blutgerinnung und die Blutgerinnselbildung als normaler Heilvorgang am verletzten Gefäß b) Lokale pathologisch-anatomische Vorgänge bei der Formung eines blutstillenden Gerinnsels c) Die intravitale Gerinnung als Krankheit (Thrombosekrankheit) d) Die sogenannte „blande" Fern- oder Spontanthrombose. Ursachen für ihr Zustandekommen 1. Störungen der Zirkulationsverhältnisse 2. Die Bedeutung der Gefäßwand 3. Änderung der Blutbeschaffenheit e) Auslösende und gefährdende Faktoren der Thrombogenese 1. Anatomische Gegebenheiten und Varietäten 2. Individuelle konstitutionelle Besonderheiten 3. Disposition durch überstandene Krankheiten, Alter, Ernährungsverhältnisse und Mangelzustände 4. Empfänglichkeit infolge gleichzeitig bestehender Krankheiten . . . . 5. Stoffe der inneren Sekretion, Berufs-, Genuß- und medikamentöse Noxen 6. Meteorologische sowie tages- und jahreszeitliche Einflüsse 7. Einwirkung von Operation, Trauma und Geburt

1

35 36 39 43 45

II. T h r o m b o s e b e r e i t s c h a f t und -gefährdung als I n d i k a t i o n für eine gezielte P r o p h y l a x e a) Die ursächlichen Faktoren der Thrombosebereitschaft und -gefährdung . b) Methoden zur Erkennung der Thrombosegefährdung

50 51 52

1 11 13 15 17 19 25 31 31 34

III. Die A n t i k o a g u l a n t i e n als Grundlage d e r spezifischen P r o p h y l a x e und T h e r a p i e der T h r o m b o s e 57 a) Heparin 57 b) Heparinoide 62 c) Die Dicumarine (Cumarinabkömmlinge) 63 d) Antikoagulantien verschiedener Provenienz 67 IV. Die P r o p h y l a x e der Thrombose und E m b o l i e a) Unspezifische Thromboseprophylaxe 1. Frühaufstehen 2. Weitere physikalische Maßnahmen 3. Chemisch-pharmazeutische Hilfen 4. Stoffwechselregulierung und Schockprophylaxe b) Spezifiscfie Prophylaxe 1. Heparin und Heparinoide 2. Cumarinabkömmlinge c) Operative Methoden

69 70 70 71 72 73 74 76 76 78

X

Inhalt Seite

V. D i e T h e r a p i e m a n i f e s t e r t h r o m b o e m b o l i s c h e r a) Unspezifische Maßnahmen b) Spezifische Behandlung 1. Heparin und Heparinoide 2. Cumarinabkömmlinge 3. Kombinierte Behandlung 4. Behandlung mit anderen Antithrombotika VI. K o m p l i k a t i o n e n u n d K o n t r a i n d i k a t i o n e n w e n d u n g . I h r e Vermeidung und Bekämpfung

der

Zustände

79 79 81 83 86 89 90

Antikoagulantienan91

VII. F o l g e n d e r T h r o m b o s e k r a n k h e i t a) Lungenembolie b) Infektion, eitrige Einschmelzung und Verschleppung infizierter Gerinnselteile c) Nekrose durch Thrombose d) Spätfolgen, das sogenannte postthrombotische Syndrom

97 97 98 98 98

B. Spezieller Teil Klinik der thromboembolischen

Zustände

VIII. D i a g n o s e u n d V e r l a u f der b l a n d e n F e r n t h r o m b o s e IX. Die L u n g e n e m b o l i e

105 108

X. V e n ö s e T h r o m b o s e n d e r E x t r e m i t ä t e n 120 a) Phlegmasia alba dolens 120 b) Phlegmasia caerulea dolens 120 c) Phlegmasia rubra dolens 122 d) Die Venenthrombosen der oberen Extremitäten. Claudicatio venosa intermittens 122 XI. V e n e n t h r o m b o s e n im B e r e i c h des A b d o m e n s a) Die Mesenterialvenenthrombose b) Die Pfortaderthrombose c) Die Milzvenenthrombose d) Thrombose der Vena cava inferior e) Venenthrombosen und Thrombophlebitiden im Bereich des Beckens f) Thrombotische Zustände im Bereich des Enddarmes XII. V e n e n t h r o m b o s e n im B e r e i c h des T h o r a x

125 125 128 135 137 . . . 140 141 142

XIII. V e n e n t h r o m b o s e n im B e r e i c h des K o p f e s a) Thrombophlebitis des Sinus sigmoideus und der Vena jugularis b) Thrombophlebitis der Sinus cavernosus und sagittalis c) Blande Phlebothrombosen im Bereich der Sinus d) Thrombose der Vena centralis retinae

146 147 149 150 154

XIV. V e n e n t h r o m b o s e n g e n e r a l i s i e r t e r L o k a l i s a t i o n a) Thrombophlebitis migrans sive saltans

155 155

b) Thrombose bei essentieller Thrombozythämie XV. A r t e r i e l l e T h r o m b o s e n XVI. A r t e r i e l l e T h r o m b o s e n d e r E x t r e m i t ä t e n

156 157 159

Inhalt

XI Seite

XVII. A r t e r i e l l e T h r o m b o s e n im B e r e i c h des A b d o m e n s a) Thrombose der Mesenterialarterien b) Thrombose der Nierenarterien c) Thrombose der Leberarterien d) Thrombose der Nebennierengefäße

164 164 165 166 166

X V I I I . T h r o m b o s e n d e r A o r t a u n d Aa. i l i a c a

166

XIX. A r t e r i e l l e T h r o m b o s e n im B e r e i c h des G e h i r n s

172

Verschluß der Arteria carotis interna

174

XX. Arterielle E m b o l i e n

175

XXL E x t r e m i t ä t e n e m b o l i e n

177

XXII. Organembolien a) Niereninfarkt b) Hodeninfarkt c) Nebenniereninfarkt d) Milzinfarkt e) Leberinfarkt f ) Mesenterialembolie g) Hirnembolien h) Verschluß der Arteria ophthalmica i) Embolie des Innenohres XXIII. T h r o m b o e m b o l i s c h e Vorgänge Kranzgefäße a) Thrombose des Herzens b) Myokardinfarkt XXIV. T h r o m b o p h l e b i t i s e r z e u g u n g a) Varizenverödung b) Hämorrhoidenverödung

im

180 180 180 180 181 181 182 182 184 185 Bereich

des

Herzens

als B e h a n d l u n g s m a ß n a h m e

und

der 185 185 187 190 191 198

X X V . Z u s a m m e n f a s s e n d e B e m e r k u n g e n z u m T h r o m b o e m b o l i e p r o b l e m . . . 199 Literaturverzeichnis

202

Sachverzeichnis

241

A. Allgemeiner Teil

Nosologie der Thromboembolie und allgemeine Grundlagen ihrer Prophylaxe und Therapie Kapitel I Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit Thrombose und Embolie sind seit den entscheidenden Untersuchungen V I R C H O W S , der auch bereits in großartiger Konzeption die Grundlagen der Ätiologie erkannte, der Gegenstand ausgedehnter Forschungen, experimenteller und klinischer Bemühungen gewesen. Einen wesentlichen Anteil an den gewonnenen Kenntnissen hatte dabei die Durchforschung des normalen Gerinnungsvorganges, die zu subtilsten Einzelheiten vorgedrungen ist und wichtige Beziehungen zwischen Blutkoagulation und Thrombogenese aufdecken konnte, ohne aber schlußendlich bereits in allen Punkten letzte Klarheit gebracht zu haben. Um sich der aus diesen Erkenntnissen gezogenen therapeutischen Konsequenzen, die ohne Zweifel wieder einen Fortschritt in Prophylaxe und Therapie der Thromboembolie gebracht haben, in fruchtbringender Weise bedienen zu können, ist eine gewisse Kenntnis der theoretischen Grundlagen auch des normalen Gerinnungsvorganges unerläßlich. a) Die intravasale Blutgerinnung und die Blutgerinnselbildung als normaler Heilvorgang am verletzten Gefäß Unter physiologischen Bedingungen kommt es innerhalb des geschlossenen Gefäßsystemes nicht zur Gerinnung des Blutes. Erst wenn das vorhandene Gleichgewicht zwischen den beteiligten Paktoren gestört ist, •— in der Mehrzahl der Pälle dann, wenn das Gefäßsystem eröffnet wird, — t r i t t der Vorgang ein, den wir als Gerinnung bezeichnen und der zum Verschluß des verletzten Gefäßes führt. Die Blutgerinnung ist somit — in teleologischer Sicht — als eine Abwehrmöglichkeit aufzufassen, die dem gesunden Körper zur Verfügung steht, um mit Schäden fertig zu werden. Sie gehört damit zu den vitalen Schutzfunktionen des Körpers und es ist schon unter diesem Gesichtspunkt naheliegend, daß sie der vegetativen Steuerung unterliegt 1 ). Normalerweise tritt sie dann inAktion, wenn pathologische Verhältnisse es verlangen. Zur Stillung „physiologischer" Blutungen, wie sie bei Menses und Geburt auftreten, kann sich der Körper noch eines andern Mechanismus bedienen. Wie auf andern Gebieten der Medizin und Biologie war auch für Fragen der Blutgerinnung die Anwendung der andern Kategorie wissenschaftlicher Betrachtungsweise, nämlich die kausal-analytische, besonders fruchtbringend. Wie wir seit *) Ob dabei das von TSUTOMU AOYAMA (zit. nach R A P P E R T ) angeblich nachgewiesene „Blutgerinnungszentrum" eine Rolle spielt, können wohl erst weitere Untersuchungen ergeben. R i t t e r , Thrombose u. Embolie

1

2

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

den klassischen Untersuchungen von A . S C H M I D T u n d M O R A W I T Z wissen, deren Ergebnisse heute durch europäische u n d amerikanische Forscher weitgehend bestätigt, ausgebaut und erweitert wurden, ist die B l u t g e r i n n u n g i m w e s e n t l i c h e n e i n f e r m e n t a t i v e r V o r g a n g . Die Forschung der letzten J a h r e h a t eine Fülle einzelner Faktoren und Bedingungen aufgezeigt, nachdem eine Zeitlang unter dem Einfluß der Kolloidchemie andere Deutungsversuche gemacht worden waren, insbesondere der, die gesamte Blutgerinnung als Ergebnis einer Sol-Gel-Umwandlung zu erklären. M O R A W I T Z h a t t e 1 9 0 5 geschrieben: „ I m Plasma befinden sich die inaktiven Vorstufen des Thrombin, das Prothrombin, ferner Kalziumsalze, die wahrscheinlich nur in ionisierter Form wirken können, da ihre Ausfällung durch Oxalat oder die Entionisierung durch Zitratsalze die Blutgerinnung aufheben. Außerdem ist noch Thrombokinase in gebundener Form vorhanden, die erst in vitro, hauptsächlich durch mechanische Schädigung der Blutplättchen (Glaswand, benetzbare Gegenstände), frei wird. Ist dies der Fall, k o m m t es durch gegenseitige unbekannte Beeinflussung dieser drei Faktoren zur Bildung von Thrombin. Damit ist die erste Phase der Blutgerinnung vollendet. Thrombin vermag nun ohne Gegenwart von durch Oxalat fällbarem Kalzium das ebenfalls im Plasma vorhandene Fibrinogen über die Zwischenstufe eines löslichen Fibrins zum eigentlichen Faserstoff Fibrin zu verwandeln. Damit ist die zweite Phase der Blutgerinnung vollzogen. Beide Phasen laufen mit Ausnahme einer nur geringen zeitlichen Verschiebung am Gerinnungsbeginn u n d Gerinnungsende (erste Fibrinbildung erfolgt nach E n t s t e h u n g des ersten Thrombinmoleküls) ab. Thrombin ist ein Ferment, seine Wirkung auf Fibrinogen ist aber noch nicht geklärt. Die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin ist irreversibel, beide Stoffe sind also verschieden. E s ist bekannt, daß auch gerinnungshemmende Stoffe im Plasma existieren, sie sind aber noch nicht näher erforscht. Das während der Gerinnung im Überschuß gebildete Thrombin wird durch die Serum-Eiweißkörper bald zu Metathrombin inaktiviert. Aus dieser Verbindung kann Thrombin aber wieder durch Behandlung mit Alkali abgespalten werden. Einige Zeit nach der Gerinnung k o m m t es zur Retraktion des Fibringerinnsels. Ihre Stärke hängt von den Thrombozyten ab. Noch später t r i t t Fibrinolyse auf, die auf ein unbekanntes fibrinolytisches Ferment zurückgeführt wird". Diese Konzeption ist so klar u n d vollkommen und nimmt einen Teil der späteren Untersuchungsergebnisse vorweg, daß auch die mit neuesten Methoden gewonnenen Erkenntnisse nur einen Teil der bestehenden Lücken ausfüllen, jedenfalls keine grundsätzlich neue Erklärung des Gerinnungsvorganges bringen konnten. Schematisch stellt sich der Gerinnungsvorgang danach folgendermaßen d a r : wird bei Gegenwart von Ca und Thrombokinase zu 1. Phase: Prothrombin

>- Thrombin wird unter dem Einfluß von Thrombin zu

2. Phase: Fibrinogen 3. Phase: Retraktion des Blutkuchens (Fibringerinnsels) 4. Phase: Fibrinolyse

>• Fibrin

N u n ist es logisches Postulat, daß die beiden Teilfaktoren, die zur Bildung des Thrombin führen, nämlich Prothrombin u n d Thrombokinase, nicht in reaktionsbereitem, aktivem Zustand im Blut vorhanden sein können, da ja sonst die „Kettenreaktion" der Blutgerinnung ablaufen würde. Man m u ß also annehmen, daß auf irgend eine Weise eine Aktivierung der Thrombinvorstufen zustande k o m m t , damit

Intravasale Blutgerinnung und die Blutgerinnselbildung

3

diese wiederum zur Thrombinbildung miteinander reagieren können. Hier h a t nun die Forschung der letzten Jahrzehnte eine Fülle neuer Erkenntnisse und Entdeckungen gebracht, die das Gebiet f ü r den Nichtspezialisten fast undurchschaubar machen. Kompliziert werden die Verhältnisse noch dadurch, daß von einzelnen Forschern f ü r von ihnen gefundene, vermutlich identische Stoffe, unterschiedliche Benennungen verwendet werden, so daß die Verständigung gelegentlich auf Schwierigkeiten stößt. Im folgenden soll das prinzipiell Wichtige, soweit es f ü r die verständnisvolle, gezielte Therapie mit Antikoagulantien erforderlich ist, dargelegt werden, ohne diese theoretisch interessanten Erkenntnisse in extenso zu erörtern. Es ist also notwendig, die P h a s e I d e r G e r i n n u n g wiederum zu unterteilen, während die übrigen Phasen im wesentlichen nach obigem Schema ablaufen.

I. Phase

(1)

Präkursorische Faktoren durch Aktivierungs-Accelerations-Katalytische Vorgänge Aktivierte Vorstufe (Thromboplastin-Prothrombin)

(2)

Aktiviertes Thromboplastin bei Gegenwart von Ca Aktiviertes Prothrombin Thrombin

Von ganz besonderem Interesse ist das Prothrombin, ein schwefelhaltiges Glucoprotein der CoHNschen Globulininfraktion I I I / 2 , und seine Umwandlung in Thrombin. Es h a t sich nämlich bei der Erforschung dieses Stoffes gezeigt, daß es sich dabei keineswegs um einen einheitlichen Körper handelt, weshalb KOLLER von einem „Prothrombinkomplex" spricht. Prinzipiell k a n n m a n die Stoffe, die an der Thrombinbildung beteiligt sind, in zwei Gruppen einteilen. Sie finden sich im Plasma, Serum u n d in den Thrombozyten. Wir kennen einmal Faktoren, die den Vorgang nur beschleunigen, also im Sinne von Katalysatoren selbst mehr oder weniger unbeteiligt sind und a l s A c c e l e r a t o r e n bezeichnet werden; zum andern solche Faktoren, die f ü r die Umwandlung des Prothrombins in Thrombin erforderlich sind, die sogenannten K o n v e r s i o n s f a k t o r e n . Zu dieser Gruppe gehören vor allem Thrombokinase u n d Kalzium, während zu den Acceleratoren die Faktoren V bzw. VI, der die aktivierte Form von F a k t o r V darstellt, und der von KOLLEE SO benannte F a k t o r V I I , der ebenso, wie das eigentliche Prothrombin unter Mitwirkung von Vitamin K als Cofaktor in der Leber synthetisiert wird, zu rechnen sind. Die verwirrende Fülle der vielen, in der Literatur angegebenen Faktoren u n d die daraus resultierende Unübersichtlichkeit haben ihren Grund auch darin, daß f ü r vermutlich gleiche Stoffe verschiedene N a m e n gebraucht werden. Einen Überblick über diese unterschiedlichen Benennungen gibt nachfolgende Tabelle von MARBET, STRÄSSLE u n d WINTERSTEIN (Seite 4). Weiterhin festzuhalten ist die Tatsache, daß auch die B l u t t h r o m b o k i n a s e (nach QUICK ein Lipoprotein) — im Gegensatz zur Gewebsthrombokinase (Extrakte aus Hirn, Lunge, Plazenta usw.) — erst durch Zusammentreten mehrerer Vorstufen zu einem reaktionsfähigen Körper wird. Er bildet sich beim Zerfall der Plättchen aus einem im Plasma vorkommenden Stoff, dem Thromboplastinogen (Plasmakinin, antihämophiles Globulin A) u n d einem aus den Thrombozyten frei werdenden Stoff (Thromboplastinogenase nach QUICK). Weiterhin ist noch das antihämophile Globulin B, der sogenannte Christmasfactor, beteiligt, nach KOLLER auch ein F a k t o r X . Nach der Auffassung von BRINKHOUS liefert das Plasma nur einen für die Lyse der Plättchen nötigen Faktor, das Thrombozytolysin. 1*

4

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Synonyma der Gerinnungsfaktoren Nr.

Name Fibrinogen

I

Synonyma F i b r i n o g e n (DENIS)

Plasmin (DENIS) (neuerdings f ü r Fibrinolysin verwendet!) Prothrombin

II

P r o t h r o m b i n (SCHMIDT) T h r o m b o g e n (MORAWITZ) T h r o m b o z y m (NOLF) P r o s e r o c y m (BORDET) P r o t h r o m b i n B (QUICK) P l a s m o z y m (FULD)

Thromboplastin

III

T h r o m b o p l a s t i n (NOLF) T h r o m b o k i n a s e (MORAWITZ) Z y m o p l a s t i n (SCHMIDT) C y t o c y m (BORDET) T h r o m b o k i n i n (LENGGENHAGER)

Kalzium

IV

Kalziumwirkung entdeckt durch

Faktor V

V

Faktor

V

ARTHUS & PAGÈS 1 8 9 0

(OWREN)

P r o a c c e l e r i n (OWREN)

Labile factor (QUICK) Plasma Ac-globulin ( W A R E

& SEEGERS)

T h r o m b o g è n e (NOLF) P r o t h r o m b i n a s e (OWREN) P r o t h r o m b i n o g e n a s e (OWREN) P r o t h r o m b i n o k i n a s e (MILSTONE)

Plasma-prothrombin-conver3ion-factor (PPCF) (STEFANINI) Component A of prothrombin (QUICK) Prothrombin accelerator ( F A N T L & N A N C E ) Co-factor of thromboplastin (HONORATO) Faktor VI

VI

Faktor

V I (OWREN)

A c c e l e r i n (OWREN)

Serum Ac-globulin

( W A R E & SEEGERS)

P r o t h r o m b i n a s e (OWREN) T h r o m b i n o g e n a s e (OWREN)

Serum accelerator (STEFANINI) (siehe unter Faktor VII!) Faktor V I I

VII

Faktor

VII

(KOLLER)

P r o c o n v e r t i n (OWREN)

Serum prothrombin conversion accelerator ( S P C A ) (DE VRIES, ALEXANDER)

Stabile factor (STEFANINI) C o - f a c t o r V (OWREN) S e r o z y m (BORDET)

K a p p a factor (SORBYE & DAM) P r o t h r o m b i n o g e n ? (QUICK) C o - T h r o m b o p l a s t i n (MANN & H U E S )

Serum accelerator (JACOX) Prothrombin accelerator (MAC MILL AN) Prothrombin conversion factor (OWRAN) Prothrombin converting factor (JACOX)

5

Intravasale Blutgerinnung und die Blutgerinnselbildung

Name

Synonyma

Nr.

Antihämophiles Globulin

VIII

F a k t o r V I I I (KOLLEE)

A n t i h ä m o p h i l e s G l o b u l i n (HG)

( P A T E K & TAYLOR)

A n t i h ä m o p h i l e s G l o b u l i n A (CRAMER) A n t i h e m o p h i l i c f a c t o r ( A H F ) ( B R I N K H O U S U. a . )

Plasma thromboplastic factor (PTF) (RATNOFF) Plasma thromboplastic factor A (AGGELER) Thromboplastic plasma component (TPC) (SHINOWARA) F a c t e u r a n t i h e m o p h i l i q u e A (SOULIER) T h r o m b o p l a s t i n o g e n (QUICK) P r o t h r o m b o k i n a s e (FEISSLY) P l a t e l e t c o - f a c t o r (JOHNSON) P l a s m a k i n i n (LAKI) Thrombokatalysin

Christmas-Factor

IX

Faktor IX

(LENGGENHAGER)

(KOLLER)

C h r i s t m a s - f a c t o r (BIGGS & MACFARLANE)

Plasma thromboplastic component (PTC) AGGELER) Antihämophiles Globulin B (CRAMER) Plasma thromboplastic factor B (AGGELER) Plasma factor X

(SCHULMAN)

Facteur antihemophilique B

Faktor X

X

Weitere Faktoren

1

Faktor X

(SOULIER)

(KOLLER)

Plasma thromboplastic antecedent (PTA) (ROSENTHAL) Plasma thromboplastic factor C (AGGELER)

Für den Vorgang der Thrombokinasebildung ergibt sich also etwa folgendes Schema: Thromboplastinogen (Plasmakinin) (Antihämophiles Globulin A)

Thromboplastinogenase (Plättchenfaktor) I

|

Thrombokinase (Thromboplastin)

I

1

Antihämophiles Globulin B (Christmas-Factor)

I

Der M e c h a n i s m u s d e r 2. P h a s e , der U m w a n d l u n g von F i b r i n o g e n in F i b r i n , ist noch nicht endgültig abgeklärt. Im wesentlichen handelt es sich dabei um einen fermentativen Vorgang, bei dem ein Teil Thrombin 100000 Teile Fibrinogen zur Gerinnung bringen ( M A B B E T und W I N T E R S T E I N ) . Die Auffassung geht heute dahin, daß das Fibrin durch molekulare Umgruppierung oder Oxydation der SHGruppen des Fibrinogens in einer Art Polymerisationsvorgang gebildet wird. D ie 3. P h a s e d e r G e r i n n u n g , die sogenannte R e t r a k t i o n d e s B l u t k u c h e n s , d. h. die V e r f e s t i g u n g d e s K o a g u l u m s , wird im wesentlichen durch die T h r o m b o z y t e n bestimmt, die in das Fibrinnetz eingeschlossen sind, und beruht auf einer Verkürzung der gebildeten Fibrinfasern. Eingehende Untersuchungen über diesen Vorgang stammen von F O N I O , der ihn im Dunkelfeld beobachtete. Er fand im einzelnen, daß die Thrombozyten Gerinnungszentren bilden, von denen aus die ersten Fibrinmaschen ausgehen, wobei sich das amorphe Gel auf diese dichteren Zentren zusammenzieht. Bald nach Eintritt der Gerinnung kommt es zur Bildung von Ab-

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

6

stoßungsbläschen des Protoplasmas der Thrombozyten. Dadurch werden sie kleiner, rücken zusammen u n d üben so einen Zug auf die Fibrinmaschen aus, die ähnlich einem Fischnetz zusammengehen und auf diese Weise die Retraktion u n d Serumauspressung herbeiführen. I n der Nähe der Thrombozyten ist auch die Thrombinkonzentration am größten. Dies spricht sehr dafür, daß neben physikalischen Faktoren fermentative Einwirkungen im Sinne einer Nachgerinnung fortbestehen, die den Denaturierungsprozeß des Fibrins vervollständigen. Damit läßt sich nach F O N I O auch der verhältnismäßig späte Beginn der Retraktion (1 Stunde nach der Gerinnung), sowie ihr spätes Ende (24 Stunden nach der Gerinnung, wobei die Werte für Zimmertemperatur gelten,) erklären. Da das Hyalomer der Träger des retraktionsauslösenden Faktors, des Retraktozyms, der jedoch bisher nicht isoliert werden konnte, die Granula des Granulomers dagegen die Träger eines Gerinnungsfaktors, wahrscheinlich des Thromboplastins oder eines präkursorischen Faktors sind, üben die Thrombozyten beim Gerinnungsvorgang eine mehrfache Funktion aus u n d greifen regulierend in praktisch alle Phasen der Blutgerinnung ein. Ihre komplexe Wirkung ergibt sich aus folgender Übersicht: Histamin

Serotonin

Antifibrinolysin Plättchenfaktor 1 beschleunigt Reaktion Prothrombin - Thrombin

• Retraktoenzym Hypotensivum

Plättchen

Plättchenfaktor 2 beschleunigt Reaktion Fibrinogen - Fibrin

Plättchenfaktor 3 (heparinneutralisierend) Komponente f ü r die Bildung des Blutthromboplastins Die Retraktion ist ein physikalisch meßbarer Prozeß, f ü r dessen Objektivierung uns mehrere Meßmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Außer der Methode von FONTO, bei der die Länge des gebildeten Pfropfens gemessen wird, gibt es noch eine Reihe anderer Methoden, die d a r a u f h i n a u s laufen, das Volumen des übrig bleibenden Serums zu messen (Glasstabmethode nach MAO F ARL A N E , T O K A N T I N S , L A M B B R T und O T T , W E R N E R ) . H E L L entwickelte einen Retraktiometer, mit dem der Zug der sich verkürzenden Fibrinfäden mittels eines feinen Fanggitters auf einen Zeiger übertragen wird und K u r v e n erhalten werden können, die Stärke und Dauer des Retraktionsvorganges angeben. Bei der Thrombelastographie nach H A R T E R T wird mit Hilfe eines aufgehängten Stiftes, der in frisch entnommenes Blut taucht, die elastische K r a f t der gebildeten Fibrinthromben gemessen und photokymographisch wiedergegeben. Neuerdings gab F O N I O eine Meßmethode der „ R e t r a k t i o n s v a l e n z " an, bei der im Prinzip kleinste, in das Fibrinnetz einbezogene Gewichte (Blei- oder Stahlkügelchen), mit emporgehoben werden. Gewicht und Hubhöhe sind ein Maß f ü r die Retraktionsvalenz. Diese Methode wird auch als geeignet zur Kontrolle der Antikoagulantientherapie angesehen, da die Retraktionsvalenz unter der Einwirkung dieser Medikamente erniedrigt ist.

Dem Retraktionsvorgang k o m m t f ü r die Klinik der Thrombose insofern eine wichtige Bedeutung zu, als das ausgepreßte Serum infolge seines Thrombinreichtums den Nährboden für weitere Thrombosierung darstellt (QUICK), während das T h r o m b i n seinerseits wiederum nach den Untersuchungen von J Ü R G E N S u n d S T U D E R die Retraktion beschleunigt, indem es, von den Fibrinfasern absorbiert, in höherer Kon-

Intravasale Blutgerinnung u n d die Blutgerinnselbiklung

(

zentrat.ion auf deren Oberfläche erscheint und d a m i t die v e r m e h r t e Adhärenz der T h r o m b o z y t e n h e r v o r r u f t (Abb. 1 — 6). Die 4 . P h a s e , die sogenannte F i b r i n o l y s e , w u r d e insbesondere von A S T R U P , H A L S E U. a. eingehend u n t e r s u c h t . Sie u m f a ß t die Auflösung des Blutgerinnsels u n d ist d e m n a c h f ü r die Klinik der thromboemboJischen K r a n k h e i t v o n größter Bedeut u n g . E s ist wahrscheinlich, d a ß bereits sofort n a c h Beginn der Gerinnung a u c h eine Fibrinolyse einsetzt. Fibrinolytische S u b s t a n z e n — von H A L S E ,,fibrinolytisches P o t e n t i a l " bezeichnet — , werden in dem Augenblick mobilisiert, sobald das geriun u n g s v e r h ü t e n d e Gleichgewicht zwischen F i b r i n b i l d u n g u n d F i b r i n a u f l ö s u n g gestört ist. Die Cytofibrinokina.se soll nach H A L S E wie die T h r o m b o k i n a s e eine phosphor-

Abl). 1. Thrombozyt als Gerinnungszontrum. Alllagening vonFibrinmizelleniindMizollbündoln (Eicktronenoptiseho V.9000fach) (nach WOLCERS n. P USKA)

Abb. 2. Fibrinmizellen im Elektronenmikroskop (nach HAWN u n d PORTKR)

haltige L i p o i d f r a k t i o n e n t h a l t e n , so d a ß mit der fibrinolytischen A k t i v i t ä t des Blutes a u c h der Serum-Phosphatidgeha.lt steigt. M O R A W I T Z h a t bereits 1 9 0 6 nachgewiesen, d a ß kurz nach E i n t r i t t des Todes eine Fibrinogenolyse, später eine. Fibrinolyse durch F e r m e n t w i r k u n g e i n t r i t t . R O S E N M A N N gelang es später, aus F i b r i n a u t o l y s a t ein proteolytisches F e r m e n t anzureichern, d a s er Fibrinolysin n a n n t e . E s greift jedoch nicht n u r am F i b r i n selbst an, sondern a u c h a m Fibrinogen, P r o t h r o m b i n , T h r o m b i n u n d F a k t o r V (FLEISCHHACKER), SO d a ß also fast sämtliche beteiligten Gerinnungsf a k t o r e n v o n ihm b e e i n f l u ß t « e r d e n k ö n n e n . Ganz schematisch stehen sich bei der Gerinnung die einzelnen korrespondierenden F a k t o r e n der F i b r i n b i l d u n g u n d -auflösung etwa f o l g e n d e r m a ß e n gegenüber (NAK(LELI u n d

MATTS):

E i b r i n b i 1 d u ng Thrombokinase Prothrombin Thrombin Antithrombin

F i b r i n o I vse ('ytofibrinokinase Profibrinolysin (Proplasmin) Fibrinolysin (Plasmin) Antifibrinolysin

Allen diesen — nach d e n Regeln der F e r m e n t f o r s c h u n g — A k t i v a t o r e n gen a n n t e n K ö r p e r n stehen jeweilsT nh i b i t o r o n gegenüber. E s sind dies u. a. A n t i t h r o m bokinase, A n t i p r o t h r o m b i n , A n t i t h r o m b i n , T h r o m b i n i n h i b i t o r u n d Fibrinolysin.

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Pathogenese und Ätiologie der T h r o m b o s e k r a n k h e i t

Der wichtigste Vertreter dieser Stoffe ist das H e p a r i n , das ausschlaggebende therapeutische Bedeutung gewonnen hat und das wir deshalb in Kap. I I I (Seite 57 ff.) gesondert besprechen. Unter normalen Bedingungen ist es dabei so, daß ein Gleichgewicht zwischen Aktivatoren und Inhibitoren besteht. Eine Störung dieses Gleicli-

Abb. 5. Gerinnungsvorgang beendet. Abstoßungsringe mit exzentrisch gelegenen Granula (nach FONIO)

Abb. ß. Mikrothrombus. Thrombozytenagglutinationshäufchen. Granula gut sichtbar, keine P r o t o p l a s m a k o n t u r e n mehr, zahlreiche Abstoßungsringe (nach "FONIO)

gewichts durch Fehlen oder Überwiegen des einen oder andern Kontrahenten f ü h r t zu mehr oder weniger ausgeprägten pathologischen Zuständen, so z. B. hämorrhagischen Diathesen (FLEISCHHACKER). Z u s a m m e n f a s s e n d können wir also die Vorgänge, die nach neuerer Anschauung bei einer Gefäßverletzung unter Bildung eines Verschlußpfropfes eintreten, in

Intravasale Blutgerinnung u n d die

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

1. Phase Vorgerinnung

2. Phase Hauptgerinnung

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3. Phase Nachgerinnung 4. Phase

Lokale pathologisch-anatomische Vorgänge bei der Formung

Ii

folgender Weise formulieren: Durch das Trauma wird Thrombokinase bzw. werden ihre aktionsbereiten Vorstufen, aus den verletzten Gewebs- und Gefäßzellen und den Blutplättchen frei. Unter ihrer Einwirkung wird das im Plasma zirkulierende Prothrombin bei Gegenwart von Kalziumionen und den verschiedenen Accelerator- und Konversionsfaktoren zu Thrombin umgewandelt. Dieses, als eigentliches Gerinnungsferment, bewirkt die fermentative Bildung von Fibrin aus Fibrinogen über Profibrin (APITZ). Die einzelnen Fibrininizeilen bilden in netzförmiger Anordnung das Gerüst des Blutgerinnsels, in das sich die korpuskularen Blutbestandteile einlagern. Damit ist bei nicht, zu kräftigem Blutstrom, unterstützt durch eine Kontraktion des Gefäßes, vor allem bewirkt durch das aus den Blutplättchen freigesetzte Serotonin, die Gefäßwunde geschlossen. In den späteren Phasen der Gerinnung kommt es durch Betraktion zur Festigung des Blutgerinnsels, worauf entweder die bindegewebige Organisation oder die Wiederauflösung des Gerinnsels erfolgt (Abb. 8).

Gewebsthrombokinase, Jaus der Wunde)

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Abb. 7. Schematische Darstellung der spontanen Blutstillung unter Berücksichtigung der formalen und kausalen Genese des Vcrschlußthrombus. Die in den Mechanismus eingreifenden fördernden und hemmenden Faktoren sind durch die seitlieh ansetzenden Pfeile gekennzeichnet (nach KEHN)

b) Lokale patliologiscli-aiiatoinisehe Vorgänge bei der Formung' eines blutstillenden (jerinnsels Der durch den bisher geschilderten Vorgang gebildete Thrombus, das spontan entstandene VerschlußblutgerinnscJ eines verletzten kleinen Gefäßes, besteht nun zunächst morphologisch aus einem Mikrothrombus, der im wesentlichen Blutplättchen enthält (FONIO). ES zeigt sich bei der mikroskopischen Untersuchung, daß die zuerst wohl konturierten Thrombozyten unter der Einwirkung thromboplastischer Substanzen, wie z. B. alteriertes .Endothel oder Glas, unregelmäßig werden. .Dem nachfolgend findet die Fibrinausscheidurig statt, wobei der weitere Thrombozytenzerfall vom Tempo der Fibrinabseheidung abhängt (LENOGJSNHACIEK). Nachdem sieh so allmählich das charakteristische Fibrimietz mit den Thrombozyten als Gerinnungszentren gebildet hat, wird dieses anfänglich im Blutstrom flottierende Gebilde durch Längerwerden und Überkreuzen der Fibrimiadeln sowie Ausweitung des Fibrinnetzes allmählich stabiler. Vor seinem endgültigen Erstarren werden alle noch frei herumschwimmenden Thrombozyten oder Plättchenkonglutinate, die bis dahin

12

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

noch keine Veränderung zeigen, plötzlich angehalten, fügen sich als weitere Gerinnungszentren in den Komplex ein, werden ebenfalls amorph und zerfallen. Je nach der Größe derGefäßwunde und dem Umfang der lokalen Endothelalteration dehnt sich das zum Verschluß der Wunde und der Gefäßwand notwendige Gerinnsel weiter aus, indem andere Blutbestandteile sich anlagern und seine besondere morphologische Form und Zusammensetzung bestimmen. Dieser Blutkuchen enthält die zelligen Bestandteile, umgeben vom Fibrinnetz, während im Stadium der Retraktion durch den schon geschilderten Vorgang das Blutserum aus dem Gebilde ausgepreßt wird. Die Wunden von Kapillaren, kleinen Venen und Arterien werden auf diese Weise verschlossen und die Blutung vollständig gestillt. In gleicher Weise formt sich auch hinter Ligaturen von größern Gefäßen, deren Eröffnung ihre Unterbindung erfordert hatte, ein der Gefäßwand adhärentes Koagulum, das entsprechend dem Gefäßkaliber einen mehr oder weniger großen Umfang hat. Unter normalen Verhältnissen, bei glatter Verletzung des Gefäßes, geringer Alteration der Zellen der Gefäßwand, sind die Gerinnsel klein. Je massiver und ausgedehnter dagegen die Gefäßwandschädigung ist, umso umfangreicher sind oft schon die primären Wundthromben, wobei die noch zu erwähnenden Zerfallsprodukte der geschädigten Zellen Reaktionen der eben geschilderten Art in wechselndem Ausmaße auslösen. Rein m o r p h o l o g i s c h unterscheiden wir sogenannte Abscheidungsthromben, die im wesentlichen aus Fibrin und Thrombozyten bestehen, weiterhin Gerinnungsoder rote Thromben, die fibrinarm sind und vor allem die korpuskulären Blutbestandteile enthalten, und drittens gemischte Formen, die sich aus den eben genannten beiden zusammensetzen. Bei üblichem Verlauf behält der ursprünglich gebildete Verschlußpfropf seine Größe bei und setzt sich in verschiedenen Mengenverhältnissen aus roten und weißen Blutzellen, Blutplättchen und Fibrin zusammen. Je nachdem, ob seine Bildung in rasch strömendem oder mehr stagnierendem Blut vonstatten geht, erhalten wir einmal den weißen Abscheidungs-, zum andernmal den gemischten, bzw. roten Thrombus, wobei der gemischte Thrombus im allgemeinen aus einem weißen Thrombuskopf und einem roten Schwanz besteht. In den größeren Gefäßen handelt es sich bei den intravitalen Vorgängen in fließendem Blut fast stets um Abscheidungsthromben, die z. T. schalenförmigen Aufbau zeigen, während der rote Thrombus als Gerinnungsthrombus in fast völlig stagnierendem Blut entsteht. Infolge der Klebeeigenschaften des Fibrins haftet das Blutgerinnsel relativ fest an der Gefäßwand und ist durch diese Hafteigenschaft ganz besonders charakterisiert. Dabei ist es meistens so, daß der Kopf am festesten an der Gefäßwand ansitzt, während der Thrombusschwanz eher frei flottiert. Bereits nach den ersten 24 Stunden setzt nun eine Verklebung mit der Wand auch über die ursprüngliche Haftstelle hinaus ein, womit bereits die Regenerationsvorgänge beginnen, die einmal zur Organisation des Thrombus, in andern Fällen zu seiner Auflösung führen. Wovon das im Einzelfalle abhängig ist, ist noch nicht endgültig geklärt. Man muß aber annehmen, daß dann, wenn das fibrinolytische Potential (HALSE) genügend groß ist, die Autolyse des Thrombus einsetzt, während in andern Fällen seine bindegewebige Organisation stattfindet. Uns scheinen in diesem Punkt wesentliche Parallelen auch zu andern Erkrankungen, wie Pleuritis, Pneumonie und peritonealen Fibrinausschwitzungen zu bestehen. Im Falle der Organisation führt die Proliferation von Zellen der Gefäßwand — bei einer Phlebitis z.B. auch ausgehend vom perivaskulären Gewebe — zur Bildung eines jungen Bindegewebes und zur Entstehung junger Gefäße, die allmählich in den Thrombus einwachsen und seine Masse ersetzen. Durch die Bildung neuer Gefäße wird er kanalisiert und das Gefäß für die Blutzirkulation unter Umständen

Die intravitale Gerinnung als K r a n k h e i t (Thrombosekrankheit)

13

wieder ganz oder teilweise durchgängig. Damit oder mit der vollständigen bindegewebigen Obliteration des Gefäßes ist der natürliche, normale Heilvorgang am verletzten Gefäß, z. B. im Zuge einer Wundheilung und Narbenbildung oder bei Arrosion eines Gefäßes durch eine Geschwulst oder einen Fremdkörper, abgeschlossen. r

O Abb. 8. Organisation eines Thrombus. G Gefäßwand, B junges Bindegewebe, K Kapillaren. T noch nicht organisierter Teil eines Thrombus (nach

neugebildete

HAMPERL)

c) Die intravitale Gerinnung als Krankheit (Thrombosekrankheit) Bis zu dem eben geschilderten P u n k t ist der Vorgang als durchaus physiologisch anzusehen u n d liegt im R a h m e n der absolut lebensnotwendigen natürlichen Heilvorgänge. Zur „Thrombosekrankheit" im pathologisch-klinischen Sinne wird er in dem Augenblick, in dem entweder der Thrombus über das erforderliche Maß hinaus weiter wächst oder an einer Stelle im Körper entsteht, an der er keine Aufgabe zu erfüllen h a t (ZÄBISCH). Diese ü b e r s c h i e ß e n d e G e r i n n s e l b i l d u n g unterscheidet sich nun in wesentlicher Weise von dem bisher beschriebenen physiologischen Geschehen. H A L S E h a t die Verhältnisse prononciert so formuliert, „daß das Thromboseproblem anfängt, wo der örtliche Abscheidungsthrombus a u f h ö r t " .

J4

Pathogenese und Ätiologie (1er Thrombosekrankheit

Nach pathogenetischen

Gesichtspunkten unterteilten

FISCHER-WAMELS

und

TANXENHEK« die T h r o m b o s e in 3 H a u p t g r u p p e n : a) die lokale Wundthrombose, l>) die septische Thrombose. e) die fortschreitende Fernthrombose der großen Venen.

Die l o k a l e W u n d t h r o m b o s e ist naturgemäß die häufigere und ihr Wesen besteht darin, daß sie mehr oder weniger streng auf den Ort der durch eine ,,Wunde'" im weitesten Sinne gesetzten Gefäßwandschädigung irgendwelcher Art beschränkt

Abb. 9. Konzentrisch geschichteter Thrombus (nach LKNUCKNIIAOKR)

bleibt. Es liegen hier die Verhältnisse vor, wie wir sie im Vorgehenden ausführlich besprochen haben und die den Rahmen des natürlichen Heilvorganges nicht überschreiten. Auch die s e p t i s c h e T h r o m b o s e bleibt im allgemeinen auf den Ort der Entzündung beschränkt. Die Thrombenmassen vergrößern sich lediglich im Ausmaß der Gefäßwanderkrankung. Jedoch ist es nicht selten, daß auch aus diesem Trombosetyp sich unter bestimmten, im folgenden noch näher zu erörternden Umständen sekundär eine fortschreitende Thrombose bildet. D i e s e f o r t g e s e t z t e T h r o m b o s e , „Anschlußthrombose", schließt sich,wie schon der Name sagt, an irgend eine ursprüngliche Wurzel an, die sich irgendwo bei gegebenen Vorbedingungen, z. B. nach Verletzungen, aber auch unter andern Einflüssen, vor allem nach entzündlichen Prozessen gröberer Natur und Veränderungen an Gefäßwand und im Gerinnungssystem, im Körper findet. Durch fortlaufende Anlagerung von Blutbestandteilen entwickeln sich unter Ablaufen der geschilderten Reaktionen aus zunächst wandständigen, die Zirkulation noch wenig behindernden Thromben mehr oder weniger rasch Pfropfe, die das Lumen vollkommen ausfüllen und verschließen. Dabei kann eine erhebliche Ausdehnung in der Längsrichtung erfolgen: In den Arterien peripherwärts gegen die kleinen Äste, in den Venen zentral-

Dio s o g e n a n n t e . . b l a n d e " Fern- oder S p o n t a n t h r o m b o . s e

wärts nach dem nächst' größeren H a u p t s t a n n » zu. Gelegentlich reicht der Pfropf noch eine Strecke weit in diesen hinein. J e nach den im betreffenden Blutstromgebiet herrsehenden Zirkulationsverhältnissen entstehen die größeren, fortgesetzten intravitalen roten Gerinnsel, die bei aufgehobenem (z. B. zwischen zwei Ligaturen) oder verlangsamtem Blutumlauf sich bilden, andererseits die weißen Abscheidungst h r o m b e n , wie es LENGGENHAOER in Modellversuchen so schön gezeigt h a t . Histologisch bestehen die roten P f r o p f e aus allen Blutbestandteilen, während die weißen sich vorwiegend aus Thrombozyten, Leukozyten u n d Fibrin zusammensetzen. I m A u f b a u zeigen beide Arten gegebenenfalls Riffelunu, Leisten — und Lamellenbildung sowie Schichtung je nach den Strömungsverhältnissen (Wirbelbildung, Sedimentienmgsmöglichkeiten usw.), unter denen sie e n t s t a n d e n sind (ASCHOFF) (Abb. !) u. 10). Zuerst lokale, fest adhärent.e, meist kleine Abscheidungs- u n d Verschlußthromben werden die Gerinnsel bei Weiterentwicklung unter immer mehr einsetzender Blutstagnation zu mehr oder weniger festhaftenden, weitreichenden Koagulations- oder Gerinnungsthromben, (leren pathologisch-anatomische Folgen, wie z. B. Ödem, I n f a r k t , Embolie, die eindrücklichen, typischen, klinischen Zustände herbeiführen. Offenbar besteht nach Abb. 10. Qiiergi'rippter Thrombus bestimmten Operationen, wie z. B. denjenigen (11-ich bUNOCHNIIACKR) im kleinen Becken, in der Gynäkologie u n d Urologie, eine besondere Neigung, derartige fortgesetzte W u n d t h r o m b o s e n zu bilden. Auch bei den im Verlauf von F r a k t u r e n u n d andern T r a u m e n a u f t r e t e n d e n Thrombosen handelt es sich meistens u m diese Form mit ihrer Wurzel im vom T r a u m a betroffenen Gebiet.

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d) Die sogenannte „blande" Fern- «der Spontanthrombose Ursachen für ihr Zustandekommen W ä h r e n d es der Forschungsarbeit seit VIRCHOW immer besser gelang, Einblick in die bisher e r w ä h n t e n Vorgänge zu gewinnen, stellte die Abklärung der Sachlage bei der sogenannten Fern- oder Spontanthrombose, die namentlich in ihrer postoperativen F o r m f ü r den Chirurgen von o f t größter B e d e u t u n g ist, der genaueren Kenntnis lange Zeit erhebliche Schwierigkeiten entgegen. E r s t in den letzten J a h r zehnten ist es gelungen, dem Wesen des schwer f a ß b a r e n Geschehens etwas näher zu k o m m e n . Wir sind jedoch von einer wirklichen K e n n t n i s der ursächlichen Zusammenhänge immer noch weit e n t f e r n t . E s h a t sich aber immer mehr bestätigt, d a ß , wie bereits ASCHOFF sagte, d i e s p o n t a n e T h r o m b o s e die F u n k t i o n e i n e r A n z a h l v o n V a r i a b e l » ist, wobei eine R e i h e v o n d i s p o n i e r e n d e n F a k t o r e n , a u s lösende Einflüsse und b e s t i m m t e Folgeerscheinungen am Blutgefäßs y s t e m u n d s e i n e m I n h a l t als U r s a c h e in B e t r a c h t kommen. Das eine oder andere Moment k a n n im Einzelfall eine überragendere Rolle spielen, eine nach Art u n d I n t e n s i t ä t wechselnde M e h r z a h l v o n F a k t o r e n ist o f f e n b a r i m m e r e r f o r d e r l i c h . Gelegentlich ist es nicht möglich, alle in B e t r a c h t k o m m e n d e n Gründe der K o m b i n a t i o n s W i r k u n g festzustellen. Prinzipiell ist aber offenbar der Vorgang stets derselbe, wie bei der Blutgerinnung als Heilvorgang u n d bei der Anschluß-

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

thrombose als Krankheit, indem auch hier als G r u n d e r f ö r d e r n i s f ü r d i e E n t s t e h u n g eine ¡ S t ö r u n g im V e r h ä l t n i s E n d o t h e l — B l u t f l ü s s i g k e i t eintreten muß, gefolgt von den „Anschlußkettenreaktionen" im Blut (RITTER). M a k r o s k o p i s c h besteht der blande Fernthrombus aus einem weißen Kopf und einem roten Schwanz. Der Kopf weist als Urthrombus feingeweblich im wesentlichen den Aufbau des Abscheidungsthrombus auf, während der Schwanz ein Fibringerüst mit Einlagerung von Erythrozyten und Leukozyten darstellt. Stellenweise finden sich auch Anhäufungen von Blutplättchen als Gerinnungszentren, was auf den Charakter des Thrombusschwanzes im Sinne der Gerinnungsthrombose hinweist. Fillle

Abb. 11. Lokalisationshäufigkeit der Phlebothrombosen an beiden untern Extremitäten bei 24 Obduktionen (naeh FRYKHOL.M)

Das stellenweise vorkommende weiße Gcäder in der Nähe des Thrombuskopfes stellt ein Lamellensystem von Blutplättchen dar, so daß also zwischen Kopf und Schwanz gewissermaßen eine Übergangsform, ein gemischter Thrombus vorliegt. Nach dem Schwanzende zu besteht der Thrombus immer mehr aus Fibrin, so daß das Schwanzende nur noch Fibrinfäden mit Einlagerung von korpuskularen Blutbestandteilen enthält. „Vom weißen Anteil getrennt sind daher frische rote Thromben von postmortalem Leichengerinnsel auch mikroskopisch nur schwer oder nicht sicher zu u n t e r s c h e i d e n " (BRASS).

Das Entstehen und die Entwicklung der weißen Abscheidungsthromben wurden besonders von Z A H N näher studiert, der feststellen konnte, daß sich auf Intimadefekte Leukozyten aus dem zirkulierenden Blut absetzen. Später erkannte dann H A Y E M die wichtige Rolle der Thrombozyten bei diesem Vorgang. E B E R T H u n d S C H I M M E L BUSCH zeigten, daß der weiße Thrombus aus Abscheidungen von Thrombozyten und Leukozyten besteht, womit sie frühere Befunde BIZZOZEROS endgültig bestätigen konnten.

Die sogenannte „blande" Fern- oder Spontanthrombose

17

Besonders durch die Arbeiten von D E N E K E , P A Y B , RÖSSLE, N E U M A N N wissen wir heute, daß diese blanden Fernthrombosen in der Mehrzahl im Venengeflecht der Fußsohle und der Wade ihren Ursprung nehmen und der Prozeß von dort in die V. tibialis post. und von da aszendierend in die V. poplitea und femoralis weiter schreitet. Über die Beckenvenen kann er bis auf die kontralaterale Extremität übergreifen. Phlebographisch sind diese Verhältnisse vor allem von B A U E R genau verfolgt und bestätigt worden (Abb. 11). Wichtig, besonders für die Klinik der Thromboembolie, ist die Tatsache, daß bei dieser Thromboseform, der Fern- oder Spontanthrombose, eine besonders große Tendenz zu raschem, freiem Wachstum des Thrombusschwanzes besteht mit einer auffallend geringen Neigung, stärkere Beziehungen zum Endothel einzugehen. Die sich aus dieser Tatsache ergebenden Folgen, in erster Linie die Schwierigkeiten für die Diagnosestellung und die Emboliegefahr, werden im einzelnen noch ausführlich besprochen (Kapitel VIII, S. 105). Die Frage, wieso es fernab vom Operationsgebiet oder auch bei innern Krankheiten irgendwo zur intravitalen Blutpfropfbildung kommt, hat Kliniker und Pathologen von jeher stark beschäftigt. Schon von VIRCHOW wurden 3 Faktoren herausgehoben, deren Zusammenwirken für das Entstehen einer Thrombose von kausaler Bedeutung ist: 1. Störung der Zirkulationsverhältnisse im Sinne der verlangsamten Strömungsgeschwindigkeit; 2. Gefäßwandschädigung; 3. Veränderungen in der Zusammensetzung und chemisch-physikalischen Beschaffenheit des Blutes, inabesondere Erhöhung der Gerinnungstendenz.

Die Anschauung darüber, welchem dieser 3 Faktoren die Prävalenz für die Thrombusentstehung zukommt, war im Laufe der Zeit erheblichen Änderungen unterworfen. Während man früher vor allem der verlangsamten Strömung (ASCHOFF, B E N E C K E , VON JASCHKE U. a.), später dann der Endothelschädigung ( R I T T E R , DIETRICH, F O N I O , SIEGMUND) die Hauptschuld zumaß, wird heute vielfach die Veränderung des Blutes, insbesondere die Erhöhung der Gerinnungsvalenz als Hauptursache angesehen ( R E H N , VON K A U L L A , J O R P E S , LENGGENHAGER und viele andere). Im folgenden soll dieser Fragenkomplex seiner praktischen Bedeutung entsprechend erörtert werden. 1. Störungen der Zirkulationsverhältnisse

Der Behinderung des Blutumlaufes kommt nach den Ergebnissen älterer und neuerer experimenteller Untersuchungen in Ubereinstimmung mit den klinischen Beobachtungen für das komplexe Geschehen bei der Ausbildung eines Blutgerinnsels im Sinne des Fern- oder Spontanthrombus die Rolle eines unterstützenden Momentes zu, dessen Ausmaß je nach Lage des Falles mehr oder weniger erheblich variiert. Denn wenn sich auch im Entwicklungsgang der Lehre von der Thrombose das Verhältnis der einzelnen ursächlichen Faktoren zueinander von der mehr mechanischen Auffassung zugunsten einer biologisch-physiologischen, physiologisch-chemischen Betrachtungsweise verschoben hat, so muß doch heute noch dem mechanischen Moment der Strömungsgeschwindigkeit stets eine gewisse, von Fall zu Fall mehr oder weniger erhebliche Bedeutung zugemessen werden. Denn v o n dieser S t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t h ä n g t die k ü r z e r oder l ä n g e r d a u e r n d e . B e n e t z u n g d e r G e f ä ß e n d o t h e l s c h i c h t und damit die B e e i n f l u s s u n g d e r I n t i m a z e l l e n durch die Bestandteile des Blutes in weitestem Sinne a b . J e langsamer nämlich der Blutstrom dahinfließt, um so intensiver und enger können die Beziehungen zwischen R i t t e r , Thrombose u. Embolie

2

18

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Endothel und Blut sich gestalten und um so eher kann d e r G r e n z s t o f f w e c h s e l s c h w e r w i e g e n d e V e r ä n d e r u n g e n erleiden. Als strombehindernde und verlangsamende Momente kommen Zirkulationsstörungen infolge von Herz- und Gefäßerkrankungen chronischer und akuter Art, intra- und extravasale Strombahneinengungen (z. B. arteriosklerotische Gefäßverengerung, Druck von Tumoren, Frakturfragmenten und luxierten Knochen, Hämatomen usw.) in Frage, außerdem besondere anatomische Verhältnisse, wie sie z. B. bei der V. iliaca sin. anzutreffen sind. Schon normalerweise bestehen an den unteren Extremitäten wenig günstige Abflußbedingungen, die noch verschlechtert werden, wenn unter dem Einfluß längerer Bettruhe das zur Entleerung nötige Muskelspiel wegfällt und womöglich noch durch Druck von der Unterlage her die Gefäße komprimiert werden. Die Verschlechterung der Strömungsverhältnisse bei Bettlägerigkeit ist aus der folgenden Abbildung gut ersichtlich: Während die Abflußbedingüngen aus der V. saphena

A b b . 12. „ F e m o r a l i s b e r g " (nach BUMM)

günstiger werden, stellen sich dem Weg des Blutes über die V. femoralis Hindernisse entgegen, indem in horizontaler Rückenlage das Blut in der Schenkelvene vom Adduktorenschlitz bis zur Lacuna vasorum eine Steigung von 34% überwinden muß („Femoralisberg" nach F R I E D L Ä N D E R ) . Einen neuen Hinweis auf die Bedeutung der Mitwirkung von Stromverlangsamung oder gar Aufhören der Strömung des Blutes bei der Thrombogenese liefern Untersuchungen Z E H N D E R S , die zu einer Revision der auf Grund der bekannten B A U M G A R T N E R s c h e n Experimente vor Jahrzehnten gewonnenen Auffassung über die Ungerinnbarkeit des Blutes zwischen zwei Ligaturen zwingen. Z E H N D E R S Untersuchungen führten mit Hilfe neuzeitlicher Methoden zu folgendem Resultat: Nach doppelter Unterbindung der V. cava, V. saphena, V. jugularis bei Tieren (Kaninchen, Pferd, Schaf) läßt sich durch regelmäßige, in verschiedenen Zeitabständen ausgeführte Frühkontrollen des zwischen den Ligaturen befindlichen Blutes nach 3 Tagen immer ein festes gallertartiges Koagulum nachweisen. Spätkontrollen dagegen ergeben flüssiges Blut, das auch nicht mehr nach Thrombinzusatz gerinnt und ein völliges Fehlen der Fibrinogensubstanzen aufweist. Anfänglich sind in jenem verflüssigten Blut die Thrombozyten vermindert, später fehlen sie ganz. Diese Tatsache berechtigt zu dem Schluß, daß sowohl Thrombozyten wie Fibrin im Gerinnungsvorgang aufgebraucht worden sind und daß es sich bei dem flüssigen Blut in doppelt unterbundenen Gefäßstrecken nicht um flüssig gebliebenes, sondern um durch Autolyse wieder verflüssigtes, thrombolysiertes Blut handelt 1 ). Die Stromverlangsamung führt zu einer Änderung im normalen Verhältnis zwischen dem Blutkörperchen führenden Achsenstrom und der plasmatischen Randzone, indem sich schließlich eine Verminderung des Achsenstromes und eine mehr 1 ) Im Gegensatz dazu ist das Flüssigbleiben des Blutes beim Erstickungstod auf eine Verlängerung der Gerinnungszeit durch azidotische Gerinnungshemmung (BÜRGENER) und bei der Kohlenmonoxyd-Vergiftung auf autolytischen Fibrinogenschwund (BUTLER) zurückzuführen.

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Die sogenannte „blande" Fern- oder Spontanthrombose

oder weniger ausgesprochene Randstellung der Plättchen — als leichteste korpuskulare Blutbestandteile an sich schon der Gefäßwand am nächsten gelegen — und Leukozyten ausbildet. Für jedes Gefäß gibt es eine kritische Geschwindigkeit, bei deren Unterschreitung dieser Vorgang eintritt. Infolge der Gefäßwandnähe der Plättchen wird ihnen bereits durch kleine Änderungen der Strömungsgeschwindigkeit die Gelegenheit gegeben, in nahen Kontakt mit der Gefäßwand zu treten. An Stellen, an denen deren Endothel Rauhigkeiten oder sonstige Veränderungen aufweist, ist dann ohne weiteres die Möglichkeit zur Zusammenballung der Thrombozyten untereinander und zur Adhärenz am Endothel gegeben. D u r c h e i n e V e r l a n g s a m u n g d e s B l u t s t r o m e s k o m m e n im S t a s e b l u t e n t h a l t e n e S t o f f e , wie z. B. B a k t e r i e n , T o x i n e , K e r n z e r f a l l s p r o d u k t e (KÖNIG) zu u n t e r U m s t ä n d e n b e s o n d e r s w i r k s a m e m E i n f l u ß a u f B l u t f l ü s s i g k e i t u n d G e f ä ß i n t i m a . Die herabgesetzte Strömung schafft außerdem besonders günstige Voraussetzungen schon von rein hämodynamischen Gesichtspunkten aus für das Weiterwachsen eines Gerinnsels, aber auch weil im langsam strömenden oder stagnierenden Blut in der besprochenen Weise Veränderungen vor sich gehen können, die seine Gerinnungsvalenz verändern. Die Bedeutung der Kreislaufverhältnisse erfährt also insofern eine Erweiterung, als tatsächlich auch eine Brücke zur gerinnungsphysiologischen Betrachtung vorhanden ist. Die Verhältnisse sind dann so, „daß das Blut des postoperativen Patienten wie das schmutzige Wasser eines Schlamm führenden Regenbächleins ist. Auch in diesem setzt sich der Schlamm nur da ab, wo die Strombahn weit wird, die Geschwindigkeit stark abnimmt. Der Sand oder Schlamm sedimentiert sich auch hier in der charakteristischen Wellen- oder Dünenform" (LENGGENHAGER). Die Bedeutung dieser i,Schlammbankbildung" für die Thromboseentstehung liegt also vor allen Dingen in der Rolle, die sie für die L o k a l i s a t i o n des Thrombus spielt, womit d i e S t r o m v e r l a n g s a m u n g in der T h r o m b o g e n e s e vor allem als u n t e r s t ü t z e n d e r , gegebenenfalls aber auch sehr bedeutungsvoller p r i m ä r genetischer und später m a ß g e b e n d e r f o r m a t i v e r F a k t o r a n e r k a n n t werden muß. 2. Die Bedeutung der Gefäßwand (Alteration a m G e f ä ß e n d o t h e l )

Daß Störungen der Endothelfunktion unter zahlreichen Umständen auftreten und bei der Thrombogenese mit von Bedeutung sind, ist durch mancherlei Überlegungen, Beobachtungen und Resultate experimenteller Forschungen bestätigt worden (DIETRICH, RITTER). Die Auffassung, daß eine Endothelveränderung den Ausgangspunkt der Thrombose darstellt, wurde 1882 von BIZZOZERO auf Grund von Untersuchungen an den Gefäßen des Mesenteriums lebender kleiner Säugetiere erhärtet. Die Versuche, bei denen durch Mikrotraumen und leichte chemische Schädigungen Endothelverletzungen erzeugt wurden, ließen ihn feststellen, daß die Blutplättchen im Randstrom des zirkulierenden Blutes sich an den veränderten Innenzellen festsetzten, nicht mehr weiter fortbewegten und zu Häufchen verklumpten, die, allmählich an Größe zunehmend, das Gefäßlumen verlegten. FONIO und VANOTTI bestätigten in der Folgezeit diesen Vorgang unter geeigneten neuen Prüfungsordnungen an den Gefäßen der lebenden Froschzunge. Ähnliche Befunde erhob JAEGER am Froschmesenterium, wobei die Bedeutung einer Endothelläsion dadurch unterstrichen wird, daß zwar im Bereich von Venenzusammenflüssen bei Verlangsamung des Stromes Anhäufungen korpuskulärer Gebilde an der Gefäßwand sich bilden, daß diese aber bei Freigabe des Stromes sofort weggerissen werden, somit keine Beziehungen zur Gefäß2*

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

wand zeigen. Wirbel oder tote Winkel genügen also allein nicht zur Ausbildung der Thrombose, sondern es muß eine zweite Ursache hinzukommen, die bei Stromveränderung in dosierter Form einen Thrombus entstehen läßt. Sehr eindrücklich wird diese Tatsache auch durch Forschungen O ' N E I L L S unterstrichen, der bei Versuchen an Hunden in isolierten Venen jedesmal mit Sicherheit Thrombosen erzeugen

Abb. 13. Kapillargefäß der Froschzunge. Photographische Aufnahme der Endothelschädigung durch Diathermiestrom. Quellung der Endothelpartie der rechten Gefäßwand der Kapillare. Hier setzt die Agglutinationsbildung der Spindelzellen an (nach FONIO)

Abb. 14. Kapillargefäß der Froschzunge. Photographische Aufnahme des fortgeschrittenen Agglutinationshäufchens an der lädierten Endothelpartie. Übriges ungeschädigtes Endothel frei von Spindelzellenanlagerungen (nach FONIO)

konnte, wenn zur Stromverlangsamung durch Drosselung des Gefäßes eine histologisch nachgewiesene E n d o t h e l s c h ä d i g u n g in Form von D e s q u a m a t i o n der I n t i m a kam (Abb. 13 und 14). Die Annahme einer spezifischen, gerinnungshemmenden oder gerinnungsfördernden sekretorischen Tätigkeit der Endothelzellen ( C L E M E N S I E W I T Z , B R Ü C K E 1 8 5 7 ) — naheliegend im Hinblick auf die entwicklungsgeschichtlich enge Verwandtschaft der Intimazellen der Gefäße mit dem Endothel der serösen Häute —• ließ sich in der Folgezeit nicht erhärten. Dagegen ergaben die weiteren Untersuchungen in Mitverwertung der Daten der Entwicklungsgeschichte die Bestätigung der Vermutung, die aus dem Verhalten des Retikulo-Endothelialsystems, sowie ähnlicher Endothelialsysteme geschöpft worden war, daß den G e f ä ß e n d o t h e l z e l l e n bei ihrer gleichen entwicklungsgeschichtlichen Basis eine Reihe von Eigenschaften innewohnt, von denen wir auf Grund anatomischer, pathologisch-anatomischer und pathologischphysiologischer Erkenntnisse wissen, daß sie sämtlichen Endothelzellformen eigen sind. Es bestehen dabei zwischen den verschiedenen Endothelsystemen nur graduelle und keine prinzipiellen Unterschiede. Die graduellen Abstufungen in der Ausbildung bestimmter Eigenschaften sind bedingt durch besondere Anpassung an Sonder-

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Die sogenannte „ b l a n d e " Fern- oder Spontanthrombose

leistungen innerhalb des Rahmens der verfügen die einzelnen Systeme über einen ebensolchen angepaßten g e b e n d e n G e w e b e (RITTEE), der chemischen Gesetzen vollzieht. Media

allgemeinen Hauptfunktion. Dementsprechend einen a d ä q u a t e n E i g e n s t o f f w e c h s e l u n d Austauschstoffwechsel mit dem umsich als Lebensvorgang nach physikalisch-

Adventitia

Endothel

Abb. 15. V. femoralis vom H u n d , 4 bzw. 6 S t d . nach intravenöser Injektion von 15-proz. NaCl-Lösung. Die Oxydasereaktion zeigt zahlreiche Leukozyten mit starker Versprengung der Granula. Die ausgesprochene Mitbeteiligung des Endothels a m reaktiven Prozeß auf die NaCl-Injektion fällt auf

Endothel

Media

Adventitia

Abb. 16. V. femoralis vom H u n d . 6 S t u n d e n nach Sublimatinjektion. Die Oxydasereaktion zeigt eine sehr deutliche diffuse, fein granuläre Reaktion des Endothels und der gesamten I n t i m a auf den Reiz

So kommt allen G e f ä ß e n d o t h e l i e n i m arteriellen wie im venösen System, auch denen der g r o ß e n Arterien u n d Venen, eine deutliche R e a k t i o n s f ä h i g k e i t a u f ä u ß e r e R e i z e zu, sobald das Maß physiologischer Toleranzbreite überschritten ist. Dabei k a n n der R e i z s o w o h l v o m B l u t w e g , mit oder ohne stärkere Veränderung des Blutes, w i e a u c h v o n d e n b e n a c h b a r t e n G e w e b s s c h i c h t e n der Gefäßwand ausgehen. Die Minimalbedingungen, die zur Reaktionsauslösung notwendig sind, sind nicht bekannt. Die Reaktionsfähigkeit, deren erste k o l l o i d - c h e m i s c h e E r s c h e i n u n g e n wohl ultravisibel, aber, wie Permeabilitätsversuche (SINGER,

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

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Eisenbeladenes gewuchertes Endothel

Abb. 17. Vitalfärbung + Sensibilisierung + Metall-Bakterienspeicherung + Stenosierung der Strombahn. Venen vom Hund

Abb. 18. Stenosierung der Strombahn + intravenöse Infektion + Sensibilisierung mit Proteinkörper. Die Endothelien sind zum Teil gewuchert, ihr Bakteriengehalt ist durch die Gramfärbung nach-

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Abb. 17

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Abb. 19. Stenosierung des Gefäßes + intravenöse und paravasale Sensibilisierung + intravenöse und paravasale Infektion. Endothelflachschnitt mit phagozytierten Bakterien. Die zum Teil abgestoßenen Endothelkomplexe hängen untereinander und mit der Gefäßwand (links außen im Bild) noch locker zusammen

Die sogenannte „blande" Fern- oder Spontanthrombose

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a.) gezeigt haben, physikalisch-chemisch faßbar sind, ist von einem bestimmten Zeitpunkt an, der noch nicht genau feststeht, morphologisch mit Hilfe der Oxydasereaktion und der Yitalfärbung ( H A L L H E I M E R , R I T T E R ) einwandfrei festzustellen, was mit früheren Untersuchungsmethoden nicht gelang (Abb. 15 bis 21). An diese F r ü h b i l d e r schließen sich morphologisch leichter nachzuweisende Veränderungen an, wie Fibrinhäutchenbildung, Vakuolisierung, phagozytäre TätigR I T T E R U.

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Abb. 20. Hochgetriebene Eisenspeicherung. In den Endothelzellen findet sich, mit der Berlinerblaureaktion leicht nachweisbar, Eisen in Form feinster Körnchen

Abb. 21. Metallreizung und Sensibilisierung mit innersekretorischem Hormon. Versuch an Hunden und Kaninchen. Vena femoralis. Sehr deutlich ist Sensibilisierung des Endothels f ü r die Bleiaufnahme durch Adrenalin erkennbar

keit, Proliferation, Nekrose, Loslösung aus dem Zellverband unter Veränderung der Form, der Größe und der Tätigkeit. J e nach den Umständen folgt das Ubergreifen der Prozesse auf die Umgebung: Einerseits auf die Gefäßwand, andererseits auf die Blutflüssigkeit, in der die geschilderten, von F O N I O nachgewiesenen, primär sich an den P l a t t c h e n abspielenden Reaktionen ablaufen (s. S. 5), oder auf beide Medien zugleich. Bis zu einem gewissen, zur Zeit nicht genau bestimmbaren Grade sind die Vorgänge noch reversibel, zeigen lokale Begrenzung oder progressiven Charakter mit Ausdehnung auf große Strecken.

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Als R e i z s t o f f e f ü r d i e E n d o t h e l i e n kommen in Betracht: Bakterien und deren Toxine, Eiweißstoffe und deren Abbauprodukte aus septischen und aseptischen Wunden, Tumoren, Hämatomen, Eiterherden und Nekrosebezirken; weiterhin chemische Giftstoffe, Berufs- wie Genußgifte u. a. m., auch Metalle und Produkte der inneren Sekretion. Durch Kombination ergibt sich fallweise eine p o t e n z i e r e n d e W i r k u n g d u r c h S y n e r g i s m u s , indem einzelne der Stoffe für die Aufnahme anderer auf die Zellen sensibilisierend, aktivierend und steigernd wirken. Bei entsprechender Art und Dauer der Einwirkung der genannten Reizstoffe auf Blut und Venenendothelien besteht die Möglichkeit der Thrombusbildung durch e i n g r e i f e n d e S t ö r u n g des n o r m a l e n p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e n G r e n z v e r h ä l t n i s s e s E n d o t h e l — B l u t , gegebenenfalls mit Intensivierung durch fortgesetzte, gegenseitige Wechselwirkung. Diese besteht in zunehmender Eiweißionisation, in Potentialdifferenzen zwischen Blut und Endothel, weiterhin in Kolloidänderung, veränderter Viskosität und Oberflächenspannung. Die Änderung der Blutviskosität begünstigt die Bildung einer gallertigen Fibrinschicht am Endothel, eine vermehrte Anlagerung von Leukozyten und Blutplättchen des Plasmarandstromes an die alterierte Endothelstelle, die ihrerseits wieder in Verbindung mit weiteren, durch die veränderten Stoffwechselverhältnisse bedingten Störungen zu fortschreitender Eiweißionisation und stets neuer Anlagerung von Gebilden und Stoffen des veränderten Blutes [Blutplättchen (SCHULTE), Fibrinogen usw. (ZENKER, HÄUSER, FONIO und VANOTTI)] und Zunahme der erwähnten Endothelalterationen führen. Damit ist die oft nur kleine, schmale Basis, die Anheftungsstelle des weißen Thrombuskopfstückes an der Gefäßwand und die Möglichkeit der Weiterentwicklung des Krankheitsgeschehens gegeben. Nach SAWYER und PATE spielen auch elektrische Potentialschwankungen innerhalb der Gefäßwand eine gewisse Rolle. So ließ sich nachweisen, daß normalerweise, d. h. in gesunden Gefäßen, die Intima negativ, die Adventitia positiv geladen sind. Bei einer Gefäßschädigung kann es zur Stromumkehr und Thrombenbildung kommen, wobei nach den Untersuchungen von IMPALLOMENI die ersten Thrombozytenagglutinate an der Zwischenzellsubstanz des Endothels haften. Von NEUDA — und in ähnlicher Weise auch von DRINKER — wird für die Endothelschädigung der Venen im Bereich der unteren Extremität folgender Mechanismus verantwortlich gemacht: Beim liegenden Patienten kommt es infolge des nunmehr fehlenden Druckes der Blutsäule auf die Venenwand zum Kollabieren des Gefäßes und zur Kompression der kleinen Haargefäße, die die Venenwand ernähren, und damit zu einer U n t e r b r e c h u n g d e r B l u t z u f u h r in d e n V a s a v a s o r u m . Daraus resultiert eine H y p o x a e m i e der E n d o t h e l s c h i c h t , die von diesen kleinen Gefäßen ernährt wird. Solcherweise geschädigte Endothelbezirke sind dann in der dargelegten Weise Kristallisationspunkte für den Vorgang der primären Plättchengerinnung und der sich daraus u. U. entwickelnden Thrombose. Von besonderer Bedeutung ist auch der Einfluß der I n n e r v a t i o n auf die Permeabilität der Gefäße (RITTER). Wie sehr unter Umständen anatomisch-physiologische Momente die Entstehung einer Thrombose und ihre Lokalisation beeinflussen können, zeigen Untersuchungen, deren Ergebnisse zur Klärung der Frage nach dem Grund des oft absonderlich erscheinenden Sitzes eines Thrombus beitragen und die Mannigfaltigkeit der auf das Gefäßsystem einwirkenden Möglichkeiten erkennen lassen. So ist z. B. erwiesen, daß die einzelnen Gefäßgebiete sich hinsichtlich ihrer Permeabilität nach Beseitigung des S y m p a t h i k u s ganz verschieden verhalten (LERICHE), somit in den einzelnen Körperregionen in ganz verschiedene funktionelle Zustände über-

Die sogenannte „ b l a n d e " Fern- oder Spontanthrombose

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treten und damit auch andersartig auf Alterationen im weitesten Sinne reagieren können. Die große Zahl der Möglichkeiten funktioneller Änderungen, die sich aus diesen Feststellungen ergeben, ist damit deutlich. Große Verschiedenheiten und mancherlei Störungen der vegetativen Innervation sind schon für den gesunden Organismus genügend bekannt. Ihre Zahl bei Erkrankungen ist noch bedeutend größer. Die enge Verflechtung der an der Thrombogenese beteiligten Faktoren wird in diesem Zusammenhang durch neuere Untersuchungen gekennzeichnet ( K O N C Z und M A R G G R A F ) . Im Tierversuch fand sich bei Sympathikusausschaltung einer Extremität eine deutliche Gerinnungsverzögerung, die durch eine meist starke Erhöhung des Thrombininhibitors zustande kommt. Diese Tatsache kann ihre Erklärung einmal darin finden, daß die in der Nachbarschaft der Gefäße gehäuft vorkommenden EHRLiCHsehen Mastzellen nach Blockierung des S y m p a t h i k u s mehr Hepar i n bilden oder a u s s c h ü t t e n , ebenso k a n n aber auch die P e r m e a b i l i t ä t s ä n d e r u n g d e r G e f ä ß e e i n e R o l l e s p i e l e n , wodurch wiederum die Forderung unterstrichen wird, in d e r T h r o m b o g e n e s e G e f ä ß u n d G e f ä ß i n h a l t a l s E i n h e i t zu betrachten. Von klinischer Seite wurden von B I S C H O F und JTJDMAIER Beobachtungen zu dieser interessanten Frage beigesteuert, indem die Autoren thrombotische Verschlüsse der A. femoralis, die nach Verletzungen der betreffenden Extremität an anderer Stelle entstanden waren, erst durch Exzision alter Narben beeinflussen konnten, nachdem Eingriffe am Sympathikus oder am Gefäß selbst (Endarteriektomie) erfolglos gewesen waren. I n diesem Zusammenhang ist auch die Erwähnung des K i t t l e i s t e n s y s t e m s notwendig, da es für die Entstehung und den Sitz der Thrombose ebenfalls in Betracht zu ziehen ist. Auf seine Wichtigkeit hat seinerzeit A R N O L D aufmerksam gemacht und nach ihm haben zahlreiche andere Autoren auf die Bedeutung von Störungen in seinem Bereich hingewiesen. Primäre Veränderungen dieses Systems mit folgender abnormer Permeabilität der Gefäße führen auf dem Umweg über pathologische Vorgänge in den perivaskulären Geweben, in Media und Adventitia bei ursprünglich hämatogener Ursache der Störungen sekundär zu Endothelerkrankungen mit ihren Folgeerscheinungen. Es kann auch der Fall eintreten, daß bei Erhöhung der Resorptionsfähigkeit und Begünstigung der Durchgangsverhältnisse für bestimmte Stoffe (Versuche von H U G H E S , L E V I N S O N , P E T E R S O N ) der Defekt am geschädigten Endothel wieder gedeckt wird, wenn diese Vorgänge nicht ausschließlich das Endothel, sondern auch das Kittleistensystem betreffen; daß dann aber im perivaskulären Gewebe, in den kleinen G e f ä ß c h e n d e r G e f ä ß w a n d , von deren Endothel ausgehend, Prozesse einsetzen und um sich greifen, die sekundär von außen her wieder an das Endothel der größeren Gefäße, z. B. der großen Venen, gelangen und durch ausgedehntere Alterationen der Innenzellen zur Thrombose führen. Auch die engen Beziehungen der A d v e n t i t i a z e l l e n zum Endothel und allen im Bereich der Gefäßwand sich abspielenden normalen und pathologischen Prozessen ( H E R Z O G ) sind bekannt und ihr Einfluß ist nach den Ergebnissen der Oxydaseversuche ( R I T T E R ) und der Forschungen M A X I M O W S weiter geklärt worden. 3 . Ä n d e r u n g der B l u t b e s c h a f f e n h e i t

Im Mittelpunkt der Forschung über die Thrombogenese standen in letzter Zeit die dabei vorhandenen oder sich entwickelnden Veränderungen des Blutes, speziell des Gerinnungssystems. Da das Blut relativ einfach mannigfaltigen Untersuchungen zugänglich ist, -— während das z. B. beim Gefäßsystem keineswegs der Fall ist — ist

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P a t h o g e n e s e u n d Ä t i o l o g i e der T h r o m b o s e k r a n k h e i t

man vielfach geneigt, die gefundenen V e r ä n d e r u n g e n d e r K o a g u l a b i l i t ä t als die primäre Ursache und conditio sine qua non der Thrombogenese anzusehen. Mit anderen Autoren ( J Ü B G E N S ) sind wir der Ansicht, daß diese Bewertung zu weit greift, was einmal durch klinische Beobachtungen und physikalisch-chemische Untersuchungen bestätigt wird. So sind Thrombosen bei hämorrhagischen Diathesen zwar vermindert beobachtet worden (BLOCH), ihr Vorkommen bei diesen Blutveränderungen, bei denen ja auf keinen Fall eine vermehrte Gerinnbarkeit des Blutes besteht, ist jedoch mit Sicherheit erwiesen. Auch bei eindeutig festgestellten Hypoprothrombinämien ist durchaus die Möglichkeit einer Thrombusentstehung gegeben, wie kürzlich erst wieder eine Mitteilung von P I C O T bestätigt. Auf der anderen Seite zeigt die klinische Erfahrung, daß eine erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes nicht obligat eine Thrombose nach sich zieht, eben dann nicht, wenn die übrigen Faktoren fehlen. Es steht aber außer Zweifel, daß eine erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes, wie wir sie bei vielfältigen physiologischen und pathologischen Zuständen kennen, insbesondere dem Weiterwachsen eines Thrombus besonders günstige Voraussetzungen bietet. Da man dem Prothrombin bzw. seinen Vorstufen, also dem „ P r o t h r o m b i n k o m p l e x " , eine zentrale Stellung im Gerinnungsvorgang beimißt, ist vor allem dessen Verhalten vielfach untersucht worden (GTTGELMANN, von KATJLLA, K O L L E B , R E H N , W A N N E R U. a.). Die Ergebnisse, die besonders in der p o s t o p e r a t i v e n , p o s t t r a u m a t i s c h e n u n d p o s t p a r t a l e n P h a s e gewonnen wurden, sind nicht einheitlich; in weitem Rahmen ist es jedoch in der Mehrzahl der Fälle so, daß die P r o t h r o m b i n z e i t nach einer Operation kürzer wird, um gegen den 7. bis 10. Tag ihr Minimum zu erreichen, das gleichbedeutend mit dem Maximum einer H y p e r p r o t h r o m b i n ä m i e ist. Nach diesem Zeitpunkt tritt wieder eine langsame Normalisierung ein. Von R E H N wurde ein zweiphasiger Verlauf des Prothrombinspiegels beschrieben, indem eine Hyperprothrombinämie bereits am 2. postoperativen und wiederum in der Zeit vom 6. bis 10. Tag p. o. besteht. Als Ursache dieser Änderung im Gerinnungsgefüge wird eine Umstellung im vegetativen System, dem die übergeordnete Steuerung der planmäßigen Gerinnungsordnung obliegt, angenommen. Dabei ist eine kurz nach der Operation eintretende V a g o t o n i e gleichbedeutend mit H y p e r p r o t h r o m b i n ä m i e , während die sich in der späteren postoperativen Phase einstellende S y m p a t h i k o t o n i e zur Normalisierung der Verhältnisse bzw. zu einer H y p o p r o t h r o m b i n ä m i e führt (Abb. 33, S. 46). Etwas anders liegen die Verhältnisse im Wochenbett insofern, als bereits gegen Ende der Schwangerschaft an sich schon eine starke Hyperprothrombinämie besteht, ohne daß sich jedoch diese Zeit durch vermehrte Thrombosen auszeichnen würde ( K E R N , O L W I N , T H O R D A R S O N ) . Unter der Geburt sinken die Prothrombinwerte etwas ab und steigen im Wochenbett wieder stark an. Logischerweise erfährt auch die G e s a m t g e r i n n u n g s z e i t ähnliche Veränderungen sowohl im postoperativen, wie auch im posttraumatischen und postpartalen Verlauf mit einer V e r k ü r z u n g , deren Maximum um den 4 . bis 5 . Tag liegt ( B E R G QVIST, G E I S S E N D Ö B E E R ) , wobei keine signifikante Abhängigkeit von Narkose oder Größe des Eingriffs festgestellt werden konnte. Weiter von Bedeutung ist die Fähigkeit des Blutes und der Leber, das aus dem zerstörten Gewebe in die Blutbahn gelangte T h r o m b i n zu neutralisieren bzw. abzubauen. Diese Fähigkeit ist individuell sehr verschieden, worauf z. T. eine persönliche Gefährdung des Patienten beruhen kann. Bereits eine Stunde nach Beendigung einer Operation verschlechtert sich die Thrombinabbaureaktion ( L E N G G E N H A G E R ) bei 61 % aller Fälle, womit gleichzeitig als Ausdruck ihrer Agglutination eine Verminderung der Thrombozyten im strömenden Blut von durchschnittlich 11% parallel geht.

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Die sogenannte „blande" Fein- oder Spontanthrombose

Die B e d e u t u n g d e r e r h ö h t e n B l u t k ö r p e r c h e n s e n k u n g s r e a k t i o n als Ausdruck einer vermehrten Erythrozytenagglomeration, die wiederum von der Zusammensetzung der Plasmaproteine abhängig ist, wurde bisher in der Thromboseforschung wenig beachtet. Diese Verschiebung der Plasmaeiweißkörper von der feinzur grobdispersen Phase finden wir bekanntermaßen bei den verschiedensten pathologischen Zuständen, wie Tumoren und Infektionen, regelmäßig auch im posttraumatischen und postoperativen Verlauf, physiologischerweise aber im höheren Alter. Daß die noch näher zu beschreibende „ S l u d g e - B i l d u n g " in bestimmter Relation zur Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit steht, konnte mehrfach gezeigt werden (S. 30). Möglicherweise ist auch damit ein Paktor der Thromboseentstehung

uoo ooo 350000 0,35

s. 300000 250000

0,3

ZOO 000

0,25

Heparin-Antithrombin - Fibrinoiyse 2 3 * 5 6 Tage nach der Operation

Abb. 22. Verhalten einzelner Gerinnungsfaktoren nach der Operation (nach

KOLLER)

namhaft gemacht. Inwieweit die von P B E L I C K und GÖTZE gefundene h ä m o l y t i s c h e K o m p l e m e n t a k t i v i t ä t in der Thrombogenese von Bedeutung ist, bedarf weiterer Abklärung; die Tatsache jedoch, daß durch Antikoagulantien eine Verminderung infolge Inaktivierung herbeigeführt werden kann, spricht für gewisse Zusammenhänge. Die Änderung der Menge einzelner Gerinnungsfaktoren löst normalerweise Gegenregulationen in dem Sinne aus, daß auch auf Seiten ihrer Antagonisten eine gleichsinnige Verschiebung auftritt, vor allem im Bereich des fibrinolytischen Systems und des Heparins. Das erwähnte Auftreten von Thrombosen bei herabgesetzter Gerinnungsneigung, wie auch das Ausbleiben einer Thrombusbildung bei vermehrter Gerinnungsfähigkeit wird daher ohne weiteres verständlich. Von größerer Bedeutung als die meßbare Vermehrung oder Verminderung eines oder mehrerer Faktoren dürfte daher in diesem Zusammenhang die S t ö r u n g d e s G l e i c h g e w i c h t e s z w i s c h e n t h r o m b o g e n e n u n d f i b r i n o l y t i s c h e n P o t e n z e n sein, dessen zentrale hormonalvegetative Steuerung durch neuere Untersuchungen und Beobachtungen wahrscheinlich zu sein scheint ( B E L L E R , A C H E N B A C H und B R O B E I L U. a.). Neben diesen Serum- und Plasmafaktoren spielen auch V e r ä n d e r u n g e n d e r k o r p u s k u l ä r e n B l u t b e s t a n d t e i l e eine wesentliche Rolle, die von Fall zu Fall verschieden groß ist. Im Zentrum der Betrachtung stehen hierbei infolge ihrer her-

28

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

vorragenden Bedeutung für Blutgerinnung wie primäre Thrombogenese, die T h r o m b o z y t e n . Während z. B. bei Thrombopenien Thrombosen nicht vorkommen, oder doch nur als ausgesprochene Rarität beobachtet werden, ist bei der Polyzythämie die Thrombosierung verschiedenster Gefäßbezirke eine sehr häufige Begleiterscheinung (s. S. 38). Weiterhin haben z. B. die Splenektomien in ihrem postoperativen Verlauf von allen Operationen statistisch die höchste Thrombosefrequenz. Es ist bekannt, daß es nach Milzentfernung zu krisenhafter Vermehrung der Thrombozyten im kreisenden Blut kommt, so daß dadurch besonders günstige Voraussetzungen zu deren Agglutination als „Initialzündung der Thrombusentstehung" (HALSE) gegeben sind. Die Thrombozytenzählung sagt dabei nicht immer etwas aus, da bei beginnender Thrombose gewisse Schwankungen der Thrombozytenzahl im

Blute festzustellen sind, wobei diese initiale Plättchenverminderung durch Agglutination bedingt ist. Auch tagesperiodische Schwankungen der Thrombozytenzahl, die bereits beim Gesunden nachzuweisen sind — ihr Maximum liegt in den Nachmittagsstunden, ihr Minimum dagegen nachts — sind dabei in Betracht zu ziehen. Die Retraktionszeit, die wie dargelegt, ganz wesentlich von den Thrombozyten bestimmt wird, verhält sich dabei entsprechend reziprok (MATIS und BROSS) 1 ). Aber nicht nur die quantitativen, sondern auch die qualitativen Veränderungen, die die Thrombozyten erfahren und die sie zur Agglutination bereit machen, üben ihren Einfluß auf die Thrombogenese aus. Diese qualitativen Veränderungen, insbesondere die Haftfähigkeit der Plättchen waren Gegenstand mannigfaltiger Untersuchungen (JÜRGENS, WRIGHT, QUICK, MOOLTEN und FROMAN). Das wesentliche Ergebnis all dieser Untersuchungen ist die Tatsache, daß die T h r o m b o z y t e n a g g l u t i n a t i o n d u r c h b e s t i m m t e G i f t e , wie Bienen-, Kopragift, Perfringens-, Tetanus- und Scharlachtoxine, s o w i e die für therapeutische Anwendung n i c h t g e e i g n e t e n H e p a r i n f r a k t i o n e n e r h ö h t wird. Auch Infektionen wirken in dieser Richtung (Abb. 22 u. 23). -1) E i n etwa gleichsinniges Verhalten zeigen nach den Feststellungen von PETERS und Mitarbeitern die Blutgerinnungswerte: Am Nachmittag ist die Gerinnungszeit länger als vormittags, wofür der am Nachmittag stärker wirksam werdende Sympathikotonus verantwortlich gemacht wird.

Die sogenannte „blande" Fern- oder Spontanthrombose

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Wenn auch nach LENGGENHAGER und ESCHLER, die durch Untersuchungen mit dem Phasenkontrastverfahren zeigen konnten, daß die Fibrinnadelbildung bereits vor dem sichtbaren Zerfall der Thrombozyten einsetzt und daher der Plättchenzerfall eine Begleiterscheinung der Blutgerinnung, nicht aber deren obligate Voraussetzung sei, die Thrombozytenagglutination keine primäre Bedeutung für die Gerinnung haben soll, so erscheint nach anderen Untersuchungen (JÜRGENS und BRAUNSTEINER u. a.) die V e r ä n d e r u n g d e r T h r o m b o z y t e n und damit die E r h ö h u n g i h r e r H a f t f ä h i g k e i t sowohl untereinander, wie auch am Endothel des Gefäßes eine b e s o n d e r e B e d e u t u n g i n d e r T h r o m b o g e n e s e zu haben, wobei auch die

Abb. 24. Verschiedene Stadien der Erythrozytenagglutination (Sludge-formation) in einer Vene (nach K N I S L E Y )

g e g e n s ä t z l i c h e e l e k t r i s c h e L a d u n g von Thrombozyten und Plasma eine besonders agglutinationsfördernde K r a f t darstellen dürfte (STARLINGER und SAMETNIK). Die E r y t h r o z y t e n haben f ü r die Thromboseentstehung insofern Bedeutung, als sie zwar im kreisenden Blute nicht nur nicht agglutinieren, sondern sich sogar abstoßen. Unter bestimmten Voraussetzungen bilden sie aber gewisse lockere Zusammenballungen oder besser A b l a g e r u n g e n i m S i n n e v o n „ S a n d b ä n k e n " . Diese Verhältnisse sind besonders von KNISELY, FAHRAEUS, LAUFMAN in letzter Zeit untersucht worden. Welche Rolle diese Erythrozytenanhäufungen f ü r die Thrombogenese haben, ist eindeutig nicht geklärt. Jedenfalls bilden die roten Blutkörperchen keine festen Thromben. E s ist aber verständlich, daß in Gefäßen, in denen eine Ansammlung von Erythrozyten stattfindet, — wofür offenbar rein hämodynamische Verhältnisse verantwortlich sind 1 ) — sehr leicht ö r t l i c h e G e f ä ß - E n d o t h e l ä n d e r u n g e n eintreten können, die dann ihrerseits in der Thromboseentstehung eine wichtige Rolle spielen. Da derartige „ S l u d g e " b i l d u n g e n ihrerseits wieder im Sinne eines circulus vitiosus die sie hervorrufenden, bestehenden S t r ö m u n g s ä n d e r u n g e n v e r s t ä r k e n , ist auch auf diesem Wege ein Einfluß auf die Thrombo') So ist z. B. in den K o n j u n k t i v e n die Sludgebildung das Ergebnis einer Volumenzunahme des Gefäßbettes und einer Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit (ROBERTSON U. Mitarbeiter).

30

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

genese gegeben. Auf die Beziehung zwischen Erythrozytenablagerung und Blut kör pcrchensenkung, die in 8 2 % von 619 Untersuchten festgestellt wurden (FAHRAEUS, HIRSCHBOECK und Woo), ist bereits hingewiesen worden. Erwähnung verdienen in diesem Zusammenhang auch Untersuchungen an Kaulquappen und Hähnen, wobei eine deutliche und wichtige B e t e i l i g u n g d e r E r y t h r o z y t e n a n d e r B l u t s t i l l u n g im Sinne einer P a n p e x i s gefunden wurde (WYSS) (Abb. 24). Pathogenetische

Faktoren

Thrombose (nach KOLLER)

Damit wird wiederum die Ansicht erhärtet (s. S. 25), daß es für die Betrachtung der Thrombogenese zweifellos am fruchtbarsten ist und daß man den Gegebenheiten offenbar am ehesten gerecht wird, wenn man G e f ä ß - u n d G e f ä ß i n h a l t als f u n k t i o n e l l e E i n h e i t auffaßt. Es ist dann verständlich, daß der Kernpunkt der Frage nach der Genese der Thrombose in einer S t ö r u n g der normalerweise vorhandenen H a r m o n i e z w i s c h e n den einzelnen Faktoren der T r i a s G e f ä ß — S t r ö m u n g — B l u t zu suchen ist. In der Mehrzahl der Fälle wird man ein Zusammenwirken dieser drei Faktoren postulieren können, wobei im Einzelfall nicht immer entschieden werden kann, welchem von ihnen die Prävalenz zukommt. Daneben gibt es aber sicherlich auch Fälle, wo nur der eine oder andere Faktor eine bedeutende Rolle spielt. Verschiedene klinische Erfahrungen und Beobachtungen deuten in diese Richtung, so daß es anzunehmen ist, daß im wesentlichen das , , P o t e n t i a l d e r t h r o m b o g e n e n

Auslösende und gefährdende Paktoren der Thrombogenese

31

S t ö r u n g " (ZÄBISCH) dafür verantwortlich ist, ob sich eine Thrombose entwickelt oder nicht (Abb. 25). Unter Berücksichtigung der im Vorstehenden dargelegten, an der Thrombogenese beteiligten Faktoren stellt sich das Geschehen etwa nach folgendem Schema dar:

e) Auslösende und gefährdende Faktoren der Thrombogenese Zu diesen oben dargestellten thrombogenen Störungen führen nun bestimmte Zustände, die wir prinzipiell — in Analogie zu den auch sonst in der allgemeinen Krankheitslehre gegebenen Verhältnissen — in dispositionelle und direkt auslösende oder gefährdende einteilen können und die wir im folgenden näher darlegen wollen. 1. Anatomische Gegebenheiten und Varietäten

Sowohl bei lokal- und allgemeininfektiösen, wie auch bei zahlreichen anderen Erkrankungen etablieren sich Thrombosen mit Vorliebe (nach T R I N K L E R in 8 1 bis 100%, s. auch S. 107) in der linken unteren Extremität. Als Erklärung dafür werden zunächst ganz allgemein statisch ungünstige Verhältnisse in den abhängigen Körperpartien, im Gebiet der Vena cava inferior namhaft gemacht. Besondere anatomische Gegebenheiten sind aber noch von R I E D E L und T R I N K L E B hervorgehoben worden. Die Ansichten dieser Autoren, z. T. auf entwicklungsgeschichtlichen Deduktionen beruhend, wirken überzeugend. T R I N K L E R wies nach, daß die Vena iliaca sin. nicht selbständig entsteht, sondern sich aus einer schwachen Anastomose (Abb. 27) bildet, die die Vv. cardinales caudales verbindet. Indem aus der ursprünglich paarigen Venenanlage (Abb. 28) eine unpaarige entsteht, verkümmert die linke V. cardinalis caudalis völlig, die rechte wird mächtiger und die Teilung der V. cardinalis caudalis dext. in die Vv. iliacae communes dext. et sin. kommt durch die erwähnte Anastomose zustande (Abb. 29), welche nicht der Verkümmerung verfallen ist, sondern an Umfang zunimmt, aber nie das Kaliber des rechtsseitigen Gefäßes erreicht. Die V. iliaca communis dext. ist deshalb auch beim Erwachsenen weiter als die entsprechende linksseitige Vene. Pathologisch-anatomische Untersuchungen von Fällen von Thrombose im Gebiet von persistierenden linken unteren Kardinalvenen, wie sie wiederholt beobachtet wurden (MOHARREM, S . 1 3 9 ) , lassen ebenfalls daran denken, daß die Z i r k u l a t i o n b e i solchen E n t w i c k l u n g s v a r i e t ä t e n i n d e n b e t r e f f e n d e n G e f ä ß e n b e e i n t r ä c h t i g t ist, und zwar dadurch, daß z. B. die A. iliaca communis auf den Anfangsteil der V. cardinalis sin. drückt und dadurch den venösen Abfluß des Gefäßes hemmt. Dazu kommt ergänzend die Feststellung, die R I E D E L gemacht hat. E r konnte am Erwachsenenorganismus den Nachweis erbringen, daß die Venen der rechten und linken unteren Extremität einem ungleichen Druck ausgesetzt sind. Die V. iliaca sin. steht im Becken unter einer dreifachen

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Pathogenese u n d Ätiologie der Thrombosekrankheit

Kompression: Vorn wird sie von A. iliaca dext. und der A. hypogastrica sin. gekreuzt. Hinten außen liegt die A. sacralis media. Zwischen letzterer und der A. iliaca dext. ist die V. iliaca sin. sozusagen eingekeilt, wodurch die Blutzirkulation in einem

Abb. 2 7 a u . b

A b b . 29

Abb. 26—29. Entwicklung der V. iliaca sinistra (nach TRINKLER)

a n s p r u c h u n g a u f D r u c k an umschriebener Stelle, z u r B e l a s t u n g m i t A r b e i t s a b n u t z u n g u n d g e h e m m t e r Z i r k u l a t i o n . Diese Verhältnisse vermögen eine persönliche Disposition des Patienten zu schaffen, zu der möglicherweise noch individuelle, besonders u n g ü n s t i g e M ü n d u n g s v e r h ä l t n i s s e kommen können. In Übereinstimmung mit den genannten Tatsachen stehen die von TRINKLER und ISCHLONEDSKY mitgeteilten Beobachtungen, daß bei Linkshändern rechtsseitige Thrombosen auftraten: In der schwächer entwickelten Extremität sind die Bedingungen für die Entstehung einer Thrombose günstiger. Ebenfalls zu berücksichtigen und zu verwerten sind in Verbindung mit diesen topographisch-anatomischen Momenten die Resultate ausgedehnter klinischer Be-

Auslösende und gefährdende Faktoren der Thrombogenese

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obachtungen K A Z D A S . Sie ergeben, daß d a s ü b e r w i e g e n d e B e t r o f f e n s e i n d e s l i n k e n B e i n e s bei den verschiedensten Gefäßkrankheiten auch eine funktionelle Ursache h a t . Sie wird i n d e r h ö h e r e n B e a n s p r u c h u n g d e s l i n k e n B e i n e s a l s d e s b e v o r z u g t e n A r b e i t s b e i n e s gesehen. Alle Abnutzungsprozesse durch stärkere Belastung im weitesten Sinne kommen an dieser Extremität in erster Linie zur Ausbildung und Auswirkung. Damit wird der Grund gelegt zu sekundären Veränderungen, die als Folge u n d auf der Basis anderweitiger Körperalterationen sich ausbilden können. Diese Veränderungen lokalisieren sich ganz allgemein im Organismus, a

d

r.

l Abb. 30. Einem Bronchiolus benachbarter Ast der Pulmonalarterie mit Abgangsgefäßen a) Sinusartig erweiterte, im Anfangsteil durch fibroblastenreiche, lipoide Massen enthaltende Pfropfe verstopfte Abgangsarterie; b) Nur einseitiger Übergang der Media in die Wand des Astes; c) Knorpelfreier Bronchiolus (nach ZUKLINDEN)

Abb. 31. Kleiner Ast der Pulmonalarterie mit Abzweigung a) Sinusartig erweiterte Abgangsarterie; b) Fibroblastenreicher Pfropf; c) Übergang der Media in die Wand der Abzweigung; d) Die Abzweigungsstelle umsäumendes mächtiges Intimapolst-er (nach ZUKLINDEN)

speziell aber auch im Gefäßapparat u n d bilden sich mit Vorliebe an einem locus minoris resistentiae aus. Z U R L I N D E N betont — auf Grund der genauen histologischen Untersuchung eines Falles isolierter Pulmonalsklerose im jüngsten Kindesalter — die W i c h t i g k e i t solcher m e c h a n i s c h - f u n k t i o n e l l e r M o m e n t e auch f ü r d i e E n t s t e h u n g a u s g e d e h n t e s t e r I n t i m a w u c h e r u n g e n (Abb. 30 u n d 31). Konstitutionelle Gegebenheiten, w i e p a r t i e l l e M e s e n c h y m a n o m a l i e , die sich in G e f ä ß h y p o p l a s i e äußert, können bei der Entstehung eine Rolle spielen. Die allgemeine Arbeitsabnutzung betrifft mit dem gesamten W a n d a p p a r a t nicht nur Adventitia u n d Media, sondern ebenso sehr die empfindliche Endothelschicht der Intima. Man h a t also u. U. an der linken unteren E x t r e m i t ä t schon sehr frühzeitig mit einer gewissen Prädisposition für pathologische Vorgänge als Folge der Abnutzungskrankheit zu rechnen. F ü r Besonderheiten der L o k a l i s a t i o n sind durch I l i t t e r . Thrombose u. Embolie

3

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Feststellung dieser Z u s a m m e n h ä n g e mannigfaltige Einblicke u n d Deutungsmöglichkeiten eröffnet. Die anatomischen Verhältnisse u n d ihre Variationen vermögen somit gewisse A n h a l t s p u n k t e zur E r k l ä r u n g f ü r das besonders h ä u f i g e A u f t r e t e n thrombotischer Vorgänge a n der u n t e r e n linken E x t r e m i t ä t abzugeben. Sie liefern einen Hinweis auf die Möglichkeit einer schlechteren, langsameren Zirkulation im linken Bein schon auf topographisch-anatomisch normaler Grundlage. D u r c h sie h a b e n die im Blute kreisenden Stoffe Gelegenheit, länger, d a m i t intensiver, auf die Blutflüssigkeit u n d die Venenwand einzuwirken, was in Verbindung m i t den a n d e r e n ätiologisch in B e t r a c h t k o m m e n d e n Momenten den Prozeß der T h r o m b u s b i l d u n g begünstigt. 2. Individuelle konstitutionelle Besonderheiten Zu den allgemein disponierenden F a k t o r e n , die das Gefäßsystem betreffen, komm e n Veränderungen, die familiärindividueller N a t u r sind. I n geeigneten Fällen können sie eine ausschlaggebende B e d e u t u n g im Sinne der Verursachung oder Begünstigung der E n t s t e h u n g einer Thrombose h a b e n . Sie manifestieren sich in b e k a n n t e n k r a n k h a f t e n V e r ä n d e r u n g e n des Gefäßsystems. So ist bei den pathologischanatomischen Veränderungen a n den B l u t a d e r n (CURTIUS u. a.) die A n n a h m e einer familiären, in der S t r u k t u r b e g r ü n d e t e n m a n g e l h a f t e n Festigkeit bzw. Elastizität der Venenwände als Disposition zu frühzeitiger u n d exzessiver V a r i z e n b i l d u n g geläufig ( B A U E R , CTJRTIUS, H E R Z O G , S C H N I T Z L E R ) , ebenso die Auffassung der H ä m o r r h o i d e n als Ausdruck einer familiären Konstitutionsanomalie. Die konstitutionellen Momente, die zur diffusen genuinen E k t a s i e disponieren, ä u ß e r n sich in einer A n o m a l i e d e r G e f ä ß w a n d s t r u k t u r , die in V e r m i n d e r u n g d e r e l a s t i s c h e n F a s e r n u n d g r ö ß t e n t e i l s b i n d e g e w e b i g e r B e s c h a f f e n h e i t d e r M e d i a bes t e h t (BIRCHER, HEDINGER). Eine gewisse e r h ö h t e konstitutionelle V u l n e r a b i l i t ä t d e r V e n e n w ä n d e wird auch f ü r die Fälle v o n Venenthrombose (z. B . a n den Armen, a n den Beinen) angenommen, bei denen körperliche Anstrengungen zu einer Zerreißung der I n t i m a f ü h r t u n d d a m i t die E n t s t e h u n g einer Thrombose auslöst: Thrombose p a r effort (CORNIOLEY). Ebenfalls auf eine konstitutionelle K o m p o n e n t e weist das immer wieder beobachtete familiäre A u f t r e t e n v o n Thrombosen u n d E m bolien hin ( B I B E R , M O N C A N Y , S C H N I T Z L E R ) . Als besonderen konstitutionellen Thrombosetypus k e n n t m a n bei der vererblichen Asthenie der Mesenchymabkömmlinge den sogenannten T y p u s asthenicus adiposus ( H E N D E R S O N , H Ö R I N G , K Ä P P I S , R U E F , V O G L E R ) , ZU welchen der T y p u s „ e m b o l i c u s " ( R E H N , V O G L E R ) gehört. E s sind dies übergewichtige, fettleibige, muskelschwache L e u t e m i t blasser H a u t , gesteigerter Blutgerinnbarkeit, Kreislaufschwäche, relativ niedrigem B l u t d r u c k , Vagotonie u n d psychischer Labilität, d. h. m i t ausgesprochener Anfälligkeit gegenüber seelischen u n d körperlichen Anforderungen. Ob es sich bei diesen untersetzten, breit g e b a u t e n Menschen u m „ A t h l e t i k e r " im Sinne K R E T S C H M E R S h a n d e l t , scheint nicht sicher. W i r h a b e n eher den E i n d r u c k , d a ß dabei in vielen Fällen m e h r exogene Auswirkungen auf die K ö r p e r k o n s t i t u t i o n in B e t r a c h t k o m m e n als endogene. Diese Hinweise legen bei der weiten Verbreitung von V e n e n e r k r a n k u n g e n dar, d a ß i n d i v i d u e l l g r o ß e S c h w a n k u n g e n in der V i t a l i t ä t , L e i s t u n g s f ä h i g k e i t u n d W i d e r s t a n d s k r a f t der Zellelemente, insbesondere der mesenchymalen G e w e b s a b k ö m m l i n g e a m G e f ä ß s y s t e m m ö g l i c h s i n d . Eine gewisse Schwäche des Systems k o m m t hauptsächlich dem neuro-arthritischen D i a t h e s e n t y p u s zu, in jeder seiner Erscheinungsformen m i t normalem, erethischem, pastös-torpidem oder plethorisch-obesem H a b i t u s (nach BAUER), weniger der lymphatisch-hypoplastischen Diathese.

Auslösende und gefährdende Paktoren der Thrombogenese

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D a m i t ist die A u f m e r k s a m k e i t auf einen weiteren P u n k t gelenkt, nämlich r a s s i s c h e u n d g e o m e d i z i n i s c h e B e s o n d e r h e i t e n . N a c h M E B Z ist die F r a u der deutschen Schweiz doppelt so stark gefährdet wie die der französischen Schweiz. Auch in Deutschland k e n n t m a n diese regionalen Unterschiede in der Thrombosehäufigkeit, z. B. zwischen B a d e n u n d P o m m e r n , worauf erst kürzlich K A R I T Z K Y wieder aufm e r k s a m gemacht h a t . Welche F a k t o r e n d a f ü r verantwortlich sind, ob das K l i m a , die rassische Zusammensetzung der Bevölkerung oder Ernährungsgewohnheiten, d ü r f t e sich m i t Sicherheit zunächst noch nicht entscheiden lassen. 3. Disposition durch überstandene Krankheiten, Alter, Ernährungsverhältnisse und Mangelzustände Viele pathologische Zustände lassen am Gefäßsystem als Begleiterscheinungen von E r k r a n k u n g e n , w e n n sie auch nicht u n m i t t e l b a r zur Thrombose f ü h r e n , eine Disposition zurück, die deren späteres A u f t r e t e n begünstigt. Das V e n e n s y s t e m z. B. ist i n v i e l h ä u f i g e r e n F ä l l e n , als m a n gemeinhin a n n i m m t , n i c h t v ö l l i g i n t a k t . Hierher gehören die Feststellungen von R A S C H E R über das Bild der Mesenterialvenenthrombose, ferner Untersuchungsresultate, die S T E B L I N - K A M I N S K I bei 78 Fällen von Phlegmone, Tuberkulose, Gangrän, Syringomyelie, Tabes, Poliomyelitis u n d Phlebosklerose makroskopisch u n d mikroskopisch a n den B l u t a d e r n der E x t r e m i t ä t e n erheben konnte. Die studierten Veränderungen zeigen, d a ß die Gefäßwandschichten rasch u n d s t a r k auf verschiedene I n t o x i k a t i o n e n u n d I n f e k t i o n e n reagieren. E s lassen sich a k u t e u n d chronische Prozesse in allen Stadien konstatieren, v o n der Endophlebitis der I n t i m a bis zu sklerotischen Veränderungen der Media u n d A d v e n t i t i a bei tuberkulösen Prozessen ebenso wie bei nicht spezifischen chronischen E n t z ü n d u n g e n ; bei Lues vor allem Alteration der Media; bei Gangraena, besonders spontanea, proliferative u n d degenerative Vorgänge in allen Schichten. Bei Phlebosklerose, die u n t e r dem E i n f l u ß von Infektionen, I n t o x i k a t i o n e n oder wiederholten T r a u m e n sich entwickelte, ist in erster Linie die E r k r a n k u n g der Media ausgeprägt. Das Vorhandensein von V a r i z e n d e u t e t insofern auf eine mögliche Disposition hin, als wir h e u t e die Varizenbildung in sehr vielen Fällen als eine s p ä t t h r o m b o t i s c h e K o m p l i k a t i o n ansehen, wodurch ein Hinweis auf eine bei diesen K r a n k e n möglicherweise v o r h a n d e n e Thromboseneigung gegeben ist, d u r c h die es f r ü h e r schon einmal zu einem thrombotischen Vorgang gekommen ist, wenn er sich a u c h a n a m nestisch nicht mehr erfassen l ä ß t . I n diesem Sinne sind f r ü h e r ü b e r s t a n d e n e t h r o m b o t i s c h e K r a n k h e i t e n zu verwerten, d a m a n f ü r solche P a t i e n t e n eine gewisse persönliche Disposition zur Thrombose klugerweise in R e c h n u n g setzen wird, auch wenn sie vielleicht im augenblicklichen Z e i t p u n k t nicht m a n i f e s t zu werden b r a u c h t . Auf die B e d e u t u n g , die namentlich der G r i p p e i n f e k t i o n d u r c h Hinterlassung einer auffallenden Disposition z u k o m m t , ist o f t u n d eindringlich a u f m e r k s a m gem a c h t worden (BUTZENGEIGER, D I E T R I C H , HOLZMANN, LUBAKSCH, N I E D E N , R O SENOW, SCHEIDEGGER u. a.), womit f ü r die erwiesene Z u n a h m e der Thrombosen u n d Embolien in Epidemie j ä h r e n eine zusätzliche E r k l ä r u n g gegeben ist. Eine allgemein a n e r k a n n t e wichtige Rolle f ü r die Thrombogenese spielt das A l t e r . W ä h r e n d das V o r k o m m e n thromboembolischer Z u s t ä n d e bei K i n d e r n eine große Seltenheit ist — D E CAMP, OCHSNER u n d D E B A K E Y berichten über 3 5 Thromboemboliefälle bei 1 8 0 3 0 0 K i n d e r n (bei einer M o r t a l i t ä t v o n 1 6 auf 1 0 0 0 0 0 ) , wobei die überwiegende Mehrzahl im ersten Lebensjahr a u f t r a t —, b e t r a f e n n a c h d e n U n t e r suchungen S P O H N S 7 1 , 3 % aller tödlichen Lungenembolien P a t i e n t e n ü b e r 5 0 J a h r e ; die größte F r e q u e n z wies das Lebensalter von 6 0 — 7 0 J a h r e n auf. Ursache f ü r die 3*

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Altersabhängigkeit ist nicht nur das Alter an sich, sondern auch das vermehrte Vorkommen von gewissen krankhaften Zuständen bei diesen Altersklassen, besonders Herz- und Kreislaufkrankheiten, Gefäßveränderungen sowie daraus resultierende Verlangsamung der Blutumlaufzeit. Die Tatsache, daß auch beim physiologischen Altern der Gefäße frühzeitig individuelle Besonderheiten bemerkbar werden und für den Einzelfall als unterstützendes Moment für die Thrombenentstehung in Betracht kommen, ist mehrfach betont worden (SCHEIDEGGER). Hier seien noch die Untersuchungen von BÜRGER und SCHLOMKA, die auf Vorgänge der Gefäßalterung hinweisen, welche zur Endophlebitis sowie Endarteritis obliterans mit nachfolgender Thrombose führen. Auch eine verminderte R e g u l a t i o n s f ä h i g k e i t gegenüber äußeren und inneren Reizen, Erschöpfung der Hormonproduktion (Nebenniere), Verschiebungen im Eiweißhaushalt, wobei auf die erhöhte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit bereits hingewiesen wurde, und die geringere Resistenz gegenüber allfälligen anderen Komplikationen, wie z. B. Pneumonie, die ihrerseits wieder die Thromboseentstehung begünstigen, spielen eine Rolle. JORPES mißt der A b n a h m e d e r M a s t z e l l e n , dem Ort der Heparinbildung, in zunehmendem Alter eine besondere Bedeutung bei. Daß die E r n ä h r u n g s w e i s e einen gewissen Einfluß sowohl durch Übergewichtigkeit (BERG) wie auch durch Mangel- und Fehlernährung Einfluß auf die Thrombogenese haben kann, ist eine klinische Erfahrungstatsache und auch statistisch erhärtet (SPOHN). Die Zunahme der Thromboembolien in Deutschland seit der Währungsreform (BRASS) wird damit in Zusammenhang gebracht und hat gewisse Parallelen in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Vor allem scheint eine schnelle Gewichtszunahme von verhängnisvoller Bedeutung f ü r die Mobilisierungstendenz eines Thrombus und damit für die Emboliehäufigkeit zu sein (GEISSENDÖRFER). Ebenso ist das andere Extrem der Ernährung, die Unterernährung oder Dystrophie, nicht ohne Einfluß auf die Thromboseentstehung, wie wir aus der erhöhten Anfälligkeit marantischer und kachektischer Kranker wissen. Vergegenwärtigen wir uns die bei diesen Fehlzuständen auftretenden vielfältigen Veränderungen am Herz-Gefäßsystem, die daraus resultierenden ungünstigen StrömungsVerhältnisse, die mannigfachen Verschiebungen im Eiweiß-, Fett-, Elektrolyt-, Flüssigkeits- und Hormonhaushalt, so ist sofort klar, auf wie vielen Wegen die Thromboseentwicklung dabei gefördert werden kann. 4. Empfänglichkeit infolge gleichzeitig bestehender Krankheiten

Daß eine I n f e k t i o n , besonders als postoperative Komplikation, aber auch als Allgemeininfektion oder Infektionskrankheit die Thrombosebereitschaft erhöht, ist sowohl klinisch wie auch experimentell nachgewiesen. Es gibt sogar Autoren, die auf dem Standpunkt stehen: Ohne Infektion keine Thrombose (CRUVEILHIER, HABERLAND U. a.). Zur klinischen Illustration sei die Tatsache erwähnt, daß nach der Statistik der MAYO-Klinik thromboembolische Komplikationen bei der perforierten Appendizitis doppelt so häufig auftreten, wie nach der Appendektomie im chronischen Stadium. I n bestimmten Stadien von Infektionen und Infektionskrankheiten ist die qualitative Zusammensetzung der Blutflüssigkeit verändert. Fibrin und Fibrinogengehalt des Blutes wechseln und geben unter Umständen eine besondere Neigung zur Thrombenweiterbildung ab, zur Entwicklung in Richtung auf eine gefährliche Krankheit. Diese Blutveränderungen stellen dann einen ursächlichen oder begünstigenden Faktor dar, nachdem die Infektion durch Schädigung der Endothelien — direkt durch ihren Sitz in der Gefäßwand, indirekt durch den Einfluß von der Blutbahn und Blutflüssigkeitsänderung aus — den ersten Anstoß zur Ent-

Auslösende und gefährdende Faktoren der Thrombogenese

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stehung des Thrombus, d. h. zur Ausbildung der ersten Veränderungen an der Grenzfläche Endothel-Blut gegeben hat. Von besonderer Wichtigkeit ist hierbei auch die Erhöhung der Thrombozytenagglutination durch Infektionen, wie sie von J Ü R G E N S und B R A U N S T E I N E R nachgewiesen wurde. Tierexperimentelle Untersuchungen, nach denen bakterielle Infektion des Blutes allein wohl zur Agglutination und Zerstörung der roten Blutkörperchen, Leukolyse und Fibrinbildung, aber nicht zur Thrombenbildung führte, deuten darauf hin, daß a u c h h i e r die B e t e i l i g u n g d e r G e f ä ß w a n d v o n B e d e u t u n g ist. Zur Thrombenbildung kam es erst bei direkter traumatischer Endothelschädigung ( H E L L E R , B A R D E L E B E N U. a.) oder Schädigung des Endothels durch die Bakteriengifte (MONDRY), besonders, wenn deren Einwirkung durch Stauung begünstigt wurde ( R I T T E R , D I E T R I C H ) , woraus die Einflußnahme des Zeitmomentes hervorgeht und weiterhin erhellt, in welcher Weise die Stromverlangsamung bei der ersten Anlage des Thrombus eine Rolle spielen kann. I n welchem Sinne G e s c h w u l s t b i l d u n g e n im Organismus die Disposition zur Thrombenbildung erhöhen, wurde bereits angedeutet. Ihr Anteil kann ein mehrfacher sein. Einmal entstehen durch Zellzerfall Produkte, die das Gefäßendothel lokal oder allgemein zu schädigen vermögen und damit eine latente Thrombosebereitschaft an den Endothelien schaffen. Andererseits entstehen Stoffe aus dem Tumor, die die Blutbeschaffenheit ändern und damit die Thrombenbildung begünstigen. Besondere Beachtung verdienen in diesem Zusammenhang Beobachtungen über das'gehäufte Vorkommen von Venenthrombosen bei Karzinomen des Pankreaskörpers und -schwanzes (in 30—56% der Fälle), während sie beim Krebs des Pankreaskopfes selten sein sollen ( B O Q U I E N und Mitarbeiter). Daß dafür im Überschuß produzierte Pankreasfermente (Trypsin) verantwortlich sein sollen, erscheint allerdings im Hinblick auf deren fibrinolytische Eigenschaften nicht ganz sicher. Inwieweit dagegen die regelmäßig im Verlauf der Krebskrankheit auftretende Dysproteinämie ätiologisch eine Rolle spielt, ist nicht sicher entschieden, ihr Mitwirken ist jedoch sehr wahrscheinlich. An lokale Gefäßänderungen durch direkten Kontakt des Tumors, z. B. bei der Pfortaderthrombose, oder seiner Metastasen, wie z. B. bei der Thrombophlebitis migrans, sei erinnert. Es kommen also einmal mehr lokale Momente, wie Stauung und Druck auf Gefäße, zum anderen allgemeine Veränderungen, die alle drei Faktoren der Thrombogenese betreffen können, ursächlich in Frage. B A R K E R machte darauf aufmerksam, daß gerade bei älteren Leuten thrombotische Erscheinungen ohne stärkere periphlebitische Reizung den ersten verdächtigen Hinweis auf einen Tumor bilden können. Von konkommittierenden Krankheiten wurden H e r z - u n d G e f ä ß k r a n k h e i t e n , die für die Thrombogenese mit an erster Stelle stehen (LORING), bereits erwähnt. Ihre Bedeutung in diesem Fragenkomplex steht außer Zweifel. So fand SPOHN bei 66% aller tödlichen Lungenembolien Herz- und Gefäßkrankheiten. Das wirft einmal wieder ein Licht auf die Bedeutung von Stromgeschwindigkeit und Gefäßsystem für die Thromboseentwicklung, zum anderen auf die Folgen der Lungenembolie in hämodynamischer Beziehung: Bereits kranke oder weniger leistungsfähige Herzen sind den durch eine Lungenembolie gegebenen Belastungen in weit geringerem Maße gewachsen als gesunde und versagen daher früher. Allerdings heißt das wiederum nicht, daß, Kreislaufgesunde gegen thromboembolische Zwischenfälle „beinahe gefeit" seien! Im Gegenteil empfinden wir ja die tödlichen Embolien bei jungen, vorher gesunden Menschen besonders tragisch und gerade diese Fälle lassen immer wieder nach besseren Verhütungs- und Behandlungsmaßnahmen suchen. Unter gerinnungsphysiologischen Gesichtspunkten haben sich in letzter Zeit SPANG und seine Mitarbeiter mit diesen Fragen beschäftigt und sind auf Grund von thromb-

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

elastographischen und elektrophoretischen Untersuchungen zum Ergebnis gekommen, daß bei der sogenannten trockenen Herzinsuffizienz die Gerinnungsfähigkeit des Blutes normal ist und sich auch während der Behandlung nicht ändert, daß sich dagegen bei hydropischer Herzinsuffizienz meistens eine deutliche Störung der Blutgerinnung im Sinne der Verlängerung findet. Die Rekompensation des Kreislaufes bringt auch eine Normalisierung der Gerinnungs Verhältnisse, wobei es gelegentlich zur „Nachschwankung" im Sinne der Verkürzung kommt und man wohl nicht fehlgeht, hierin einen Einfluß der gebesserten Leberfunktion zu sehen (LEN^GRE). Diese Phase fällt mit der A u s s c h w e m m u n g v o n Ödemen zusammen, so daß dieser eine B e d e u t u n g f ü r die T h r o m b o g e n e s e durch E r h ö h u n g der V i s k o s i t ä t des Blutes

beigemessen

wird

( M A R V E L u n d SHULLENBERGER,

PIERACH).

Einen

Zu-

sammenhang mit der Digitalismedikation lehnen SPANG und Mitarbeiter ab (s. auch S. 42).

Die Möglichkeit des Vorkommens einer latenten B e r e i t s c h a f t z u r H y p e r t o n i e auch bei noch jungen Leuten, der Verlauf der Entwicklung gefäßklerotischer Vorgänge und des Hochdruckes im arteriellen System, die Verwandtschaft der Arteriosklerose mit der Venensklerose sprechen dafür, daß im gesamten Gefäßwandsystem oft schon frühzeitig persönlich individuelle Prozesse sich abspielen können, die am Endothelapparat die Voraussetzung für der Thrombenbildung günstige Stöffwechseländerungen zu schaffen vermögen und damit fallweise für zeitlich und örtlich ungewöhnliches Auftreten von Fern- und Spontanthrombosen mit verantwortlich zu machen sind. Weiter ist hier noch auf instruktive Versuche mit Gefäßtransplantationen hinzuweisen. Die selten beobachtete Thrombenbildung nach derartigen Operationen wird vielfach als Beweis dafür in Anspruch genommen, daß die Endothelläsion bei der Thromboseentstehung keine wesentliche Rolle spiele (REHN). Demgegenüber ist aber nachgewiesen (VOSZSCHULTE), daß z. B. ein sehr großer Teil der künstlichen, venösen Anastomosen bei den shunt-operationen bald wieder thrombosiert. Durch zahlreiche Prüfungen ist festgestellt, daß bei autoplastischen Transplantationen glatte Einheilung der überpflanzten Gefäßstücke erfolgt mit nur kleinen Plättchenauflagerungen an den Nahtstellen. Bei homoioplastischen geht das verpflanzte Wandstück langsam zugrunde, doch ohne größere Thrombenbildung. Diese findet sich aber immer bei heteroplastischen Übertragungen (BORST, CARREL, ENDERLEN, B . FISCHER, GUTHRIES, SATO, SCHMIEDEN, SMITH, STICH), w i e b e i I n -

fektionen arteigenen Gewebes. Je mehr Gewebe abstirbt (artfremdes Gewebe oder infiziertes arteigenes Gewebe), um so mehr Stoffe entstehen, die durch chemische und physikalisch-chemische Prozesse Endothel und Blut schädigen, jedes in je nach der Lage des Falles variierendem Ausmaß. Damit ist die Gelegenheit zur Thrombenbildung an der Gefäßwand gegeben und das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Transplantate ohne weiteres erklärt, was allein durch die Stromverlangsamung, die sicher bei allen Arten von Transplantaten ungefähr dieselbe ist, nicht möglich wäre. Die primäre Endothelbeteiligung ist aber gerade bei diesen Fällen durch den Sitz der ersten Thromboseerscheinungen an der Nahtstelle noch ganz besonders sichergestellt. Durch besondere Neigung zur Thrombenbildung sind bestimmte B l u t k r a n k h e i t e n ausgezeichnet. In erster Linie ist es die Polyzythämie, bei der multiple Thrombenbildung mit Infarzierungen gewissermaßen zum Krankheitsbild gehören und bei der neben anderen Blutbestandteilen auch die Thrombozytenzahl erhöht ist. Auf eine isolierte Vermehrung der Thrombozyten, die möglicherweise als selbständiges Krankheitsbild aufgefaßt werden kann, hat vor einiger Zeit SCHÜPBACH hingewiesen

Auslösende und gefährdende Paktoren der Thrombogenese

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(s. S. 156). Auch die Chlorose (BIRCH-HIRSCHFELD, DE LA CAMP U. a.), sekundäre Anämien und myeloische Leukämien neigen besonders zu Thrombenbildung. Einen Zusammenhang zwischen Hernia diaphragmatica und Venenthrombose, die sie als eigenes Syndrom darstellen, das kürzlich auch von WEGMANN bestätigt wurde, halten LIAN, SIGNIER und WELTI durch die begleitende hypochrome Anämie für gegeben. Die Ursache für die vermehrte Thrombenbildung bei all diesen Krankheiten ist wohl unter anderem darin zu sehen, daß bei ihnen teilweise eine Vermehrung der Thrombozyten nachgewiesen ist (PALTAUF, BENECKE nach FISCHER-WASELS). 5. Stoffe der inneren Sekretion, Berufs-, Genuß- und medikamentöse Noxen

Die Ansprechbarkeit der Endothelzellen wird durch endokrine Produkte erhöht (Hormone, Fermente). Der Einfluß, den das innersekretorische Agens auf die Zelle ausübt, hängt, wie schon für andere Stoffe erwähnt, ebenfalls von seinem eigenen chemisch-physikalischen sowie funktionellen Zustand ab und ebenso von der entsprechenden Aufnahmebereitschaft der Zelle. J e nachdem entsteht ein reversibler, ein stabiler oder ein stetig fortschreitender Prozeß, der durch diesen Wirkstoff allein entweder nur angefacht oder dauernd fortgeführt wird. Gregebenenfalls wird er aber auch, nachdem er dem einen Hormon seine Entstehung verdankt, zum weiteren Fortschreiten nur durch das Hinzukommen eines zweiten, mitunter eines dritten Stoffes gezwungen. Diese aktivierende, sensibilisierende und kumulierende Wirkung kommt einer Reihe von Inkreten zu. Durch Kombination derselben mit anderen Stoffen, die dem Körper von außen zugeführt werden, wird deren Wirkung gelegentlich noch potenziert. Dadurch ist sogar ein Effekt im Sinne eines Circulus vitiosus nicht ausgeschlossen. Die antagonistische oder fördernde Wirkung der I n k r e t e zweier und mehrerer Drüsen aufeinander und auf das Erfolgsorgan ist z. T. bereits gut bekannt, aber noch keineswegs völlig erforscht (z. B. ACTH). Es stehen Hypophyse und Nebenniere, Thyroidea und Ovarien, Pankreas und Thyroidea, Schilddrüse und Hypophyse, Testes und Nebennieren sicher untereinander und mit den verschiedensten Systemen des Körpers in einem gewissen Zusammenhang. Die Summe ihrer Einflüsse auf die Erfolgsorgane in unserem Falle, das Gefäßsystem, speziell das Venensystem, und das Blut, ist mit größter Wahrscheinlichkeit vorhanden, aber zweifellos noch unberechenbar und erst mangelhaft erfaßt. Sie hängt in der funktionellen Auswirkung in hohem Maße von den Lebensvorgängen am betreffenden System ab. So wird Adrenalin durch das Schilddrüsen- und Hypophysenhormon unterstützt —• um nur ein, und zwar das für unseren Fall nächstliegende Beispiel zu nennen. Die Wirkung ist nach WEIL SO, daß Nebenniere und Schilddrüse indirekt durch Erhöhung der Erregbarkeit der Nervenendigungen, die Inkrete der Hypophyse direkt Herz- und Gefäßmuskulatur beeinflussen und damit u. U. die Blutverteilung in den einzelnen Gefäßbezirken verändern, Störungen der Zirkulation herbeiführen und dadurch in vermehrtem Maße die Einwirkung von im Blute kreisenden Stoffen auf die Gefäßwand ermöglichen 1 ). Unter dem Einfluß von in der N a h r u n g und mit G e n u ß m i t t e l n , ferner b e i d e r B e r u f s a r b e i t a u f g e n o m m e n e n S u b s t a n z e n , die synergetisch im Sinne einer Potenzierung wirken (Koffein, Thein, Nikotin, Alkohol, Blei usw.), ist diese Wirkung ganz unberechenbar. Ebenso liegen die Verhältnisse bei der E i n f ü h r u n g m e d i k a m e n t ö s e r S t o f f e in die Blutbahn (KATZENSTEIN, FISCHER, BURWINKEL), wie z. B . von Arsen, Quecksilber, Silber, Gold, Wismut, Cadmium, Digitalis, Penicillin — auf welch letztere wir noch im einzelnen zurückkommen. Ein ') Gestützt wird diese Vorstellung durch klinische Beobachtungen CHWALLAS, der bei der Mehrzahl seiner Thrombosekranken eine Überfunktion der Nebenniere fand.

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Teil von ihnen sind ganz ausgesprochene Intimagifte (PELEIDERER). Besondere Beachtung verdienen in diesem Zusammenhang tierexperimentelle Untersuchungen über die Ablagerung intravenös zugeführten Eisens, die neben intrazellulärer Anreicherung auch intravaskuläre Fällung sicher stellten (PBOBST). Ebenso, wie an eine tätigkeitssteigernde Wirkung zu denken ist, muß auch ein lähmender Effekt durch Einwirkung dieser Stoffe im Auge behalten werden (namentlich z. B. bei Wismut). Der s c h ä d i g e n d e n u n d f ö r d e r n d e n , d i r e k t e n u n d i n d i r e k t e n M ö g l i c h k e i t e n s i n d so u n z ä h l i g e . Da die betreffenden Stoffe zuerst im Blute kreisen und nach Eintritt und Durchtritt durch die Gefäßwand zu ihrer weiteren Wirkung gelangen, steht in erster Linie das Endothel des gesamten Gefäßsystems unter ihrem Einfluß und wird entsprechend in Mitleidenschaft gezogen. Daneben werden gewisse Einflüsse auf das Blut z. T. zu vernachlässigen sein, wie neuere Untersuchungen, z. B. für die Digitaliskörper, gezeigt haben (s. S. 42). Durch aktive Lebensprozesse in der Zelle, ferner durch physikalisch-chemische Vorgänge vollzieht sich, nachdem der Kontakt der Zelle mit dem innersekretorischen oder andersartigen Agens hergestellt ist, der weitere Ablauf des Geschehens. Da von FRÖHLICH und ZAK auch an großen Venen noch besondere P r ä d i l e k t i o n s s t e l l e n vor allem im Bereich des Zusammenflusses zweier Gefäße nachgewiesen sind, an denen schon bei normaler Zirkulation der Übertritt von sehr aktiven Substanzen aus dem Blute in die Gefäßwand erfolgt und weil bei geschädigter Zirkulation an irgendeiner Stelle des Gefäßsystems eine intensivere und länger dauernde Einwirkung auf das Endothel möglich ist, gelten diese Verhältnisse sowohl für die Endothelien der Capillaren, wie der kleineren, größeren und größten Arterien und Venen. SEIFEERTS und unsere eigenen Untersuchungen wirken da sehr instruktiv. Es sei in diesem Zusammenhang auch an die Befunde von ACHUTIN u. a. erinnert, weil sie den Einblick in die in Frage stehenden Vorgänge noch zu vertiefen vermögen. Bei der Prüfung des Gehaltes des Blutserums von an Spontangangrän leidenden Kranken an gefäßverengernden Stoffen, konnte dieser Autor feststellen, daß das Blut solcher Patienten die Gefäße stets stärker verengert als das Blut Gesunder. Bei drei Operierten zeigte das Blut nach der Nebennierenexstirpation zunächst keine Veränderung, späterhin sank aber der Gehalt an gefäßverengernden Stoffen vom 6. bis 12. Tag an unter die Norm, wobei diese Abnahme verschieden lange anhielt. STRADIN betont, daß die Natur der W i r k u n g v a s o k o n s t r i k t o r i s c h e r S u b s t a n z e n zwar noch keineswegs ganz geklärt ist, daß solche Stoffe aber unter bestimmten Umständen vielleicht, unter anderen ganz sicher vorhanden sind. In der Hauptsache sind diese Agentien vom Adrenalin oft ganz verschieden und stehen in der Wirkung proteinogenen Aminen nahe. Von diesen ist aber bekannt, daß sie eine sehr hohe vasokonstriktorische Wirkung besitzen und sich infolge Eiweißzerfalls im Organismus, z . B . bei kachektischen Zuständen, anhäufen. Damit kommt dann dem Blut noch eine erhöhte spasmogene Wirkung zu, neben den bereits erwähnten Einflüssen anderer Art auf die Bluteigenschaften. Aus diesen Untersuchungen STRADINS geht das wertvolle Resultat hervor, daß schon bei gewöhnlicher Kachexie ein so vermehrter Eiweißabbau stattfindet, daß im Blut s t a r k w i r k e n d e p r o t e i n o g e n e A m i n e sich finden, die auch auf die einzelnen Gefäßwandschichten von bedeutendem Einfluß sind, ganz abgesehen davon, daß sie durch Vermehrung des Blutplättchenzerfalls zur Beschleunigung der Blutgerinnung und verstärkter Thrombenbildung führen können. Die Wirkung der Eiweißzerfallprodukte speziell auf das Endothel konnten wir durch unsere eigenen Untersuchungen nachweisen. Die daraus resultierenden Konsequenzen gehen aus kolloidchemischen Überlegungen hervor. Eine Änderung der Permeabilitätsverhältnisse, deren Folgen wir bereits beschrieben haben (s. S. 24ff.), ist eine weitere Auswirkung der

Auslösende u n d gefährdende F a k t o r e n der Thrombogenese

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Vasokonstriktion. Die erhöhte Neigung zu Thrombosen bei Marasmus allein und besonders noch nach Operationen an derart veränderten Organismen u n d der Vorgang ihrer Entstehung erscheint bei Kenntnis dieser Tatsachen bis in Einzelheiten begreiflich. So überraschen die Ergebnisse der Untersuchungen von P F E I F F E R und K A T S U N U M A keineswegs ( V a r i a b i l i t ä t d e r W i r k u n g v o n S p e i c h e r s t o f f e n ) , die einen guten Einblick in die die Lokalisation der Thrombose bedingenden Momente u n d ihre jeweilige Bedeutung gewähren. Auch zeigen sie, daß das L o k a l i s a t i o n s m o m e n t v a r i a b e l , scheinbar willkürlich, jedenfalls nicht gesetzmäßig ist, daß es sich bald da, bald dort bemerkbar zu machen und ganz beliebig irgendwo zum Vorschein zu kommen vermag. Eine Thromboselokalisationssituation k a n n d u r c h z u f ä l l i g e m e c h a n i s c h e E i n f l ü s s e gegeben sein,die in einem gewissen Augenblick an einem bestimmten Ort zur Auswirkung gelangen. Sie k a n n auch durch momentane, ö r t l i c h e f u n k t i o n e l l e Z u s t ä n d e bedingt sein, da etwa der Funktionszustand d e r E n d o t h e l z e l l e n und der Zustand des Stoffes, mit dem sie gerade in Berührung kommen, in einem günstigen positiven Verhältnis zu einander stehen. E s macht dabei keinen prinzipiellen Unterschied, ob als Agentien Bakterien mit ihren Endo- und Ektotoxinen oder Eiweißstoffe u n d deren Abbauprodukte aus Eiterherden, Gewebsnekrosen oder H ä m a t o m e n wirken. Eine Rolle f ü r das Lokalisationsmoment spielt dabei noch die ö r t l i c h e B e s c h a f f e n h e i t d e s B l u t e s , z. B. in Varizen (s. S. 192). Man darf nach F I S C H E R - W A S E L S nicht erwarten, an allen Stellen des Gefäß apparates bereits geschädigte oder gleich stark geschädigte Plättchen zu finden, wie auch der Sauerstoff- u n d Kohlensäuregehalt des Blutes keineswegs an allen Stellen des Körpers gleich ist. Die Thrombozyten können überall im Blute geschädigt, verändert sein, etwa nach einer Infektionskrankheit oder nach sonstiger allgemeiner Schädigung, die den Organismus trifft. E s wird nur eines verhältnismäßig geringen Anlasses bedürfen, um diese bereits veränderten Plättchen an einer Stelle der Strombahn zur Zusammenballung u n d Verklebung mit der Gefäßwand u n d zum Untergang zu bringen mit den Folgen, welche einen typischen schnellwachsenden Thrombus entstehen lassen. Eine besondere Besprechung verlangen in diesem Zusammenhang die Verhältnisse, wie sie sich aus der Anwendung bestimmter M e d i k a m e n t e ergeben. Eine Beeinflussung der Blutgerinnung durch Medikamente u n d eine daraus resultierende Begünstigung der Thrombogenese ist immer wieder vermutet worden. So wurde in letzter Zeit der antibiotischen Therapie diese Wirkung zugesprochen (OCHSNER u. a.). Eindeutig ist die Frage, ob hier kausale Zusammenhänge bestehen, bis jetzt noch nicht geklärt. Die Ergebnisse verschiedener Untersucher widersprechen sich z. T. diametral. Von Wichtigkeit sind jedoch Befunde, wie sie z. B. H A S S E L M A N N an 2 5 0 0 mit Penicillin behandelten Patienten erhoben hat, wobei er keinerlei Änderung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes gefunden h a t . Eine generelle thrombose-fördernde Wirkung durch Erhöhung der Koagulabilität des Blutes k a n n dem Penicillin demnach nicht zukommen. Bei Streptomycinanwendung fand m a n im Gegenteil sogar eine Senkung des Prothrombins (GIANICO, P R O V I N I u. a.). Unter einem andern Gesichtspunkt betrachten SEULBERGER und Mitarbeiter diesen Fragenkomplex. Sie setzen den durch Penicillin herbeigeführten Temperaturabfall dem Umschlag von einer sympathischen in eine parasympathische Reaktionslage gleich und messen diesem Ereignis eine gewisse Bedeutung f ü r eine allfällige Thromboseentstehung bei. Statistische und experimentelle Beweise f ü r diese Ansicht stehen unseres Wissens jedoch noch aus. Demgegenüber möchten wir die Bedeutung der Antibiotica auch für die Thrombosekrankheit gerade darin sehen, daß sie der Infektionsbekämpfung

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Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

dienen. Erinnern wir uns an den gesicherten Einfluß der Infektion im R a h m e n der Thromboseätiologie, so k o m m t von diesem Gesichtspunkt aus den Antibiotica vielmehr eine negative Rolle in der Thromboseentstehung, dagegen eine sehr wichtige in der Thromboseverhütung zu. A u f j e d e n F a l l s o l l t e a u s F u r c h t v o r h y p o t h e tischer g e r i n n u n g s f ö r d e r n d e r E i g e n s c h a f t des Penicillins seine Anw e n d u n g u n t e r k e i n e n U m s t ä n d e n u n t e r l a s s e n w e r d e n , w e n n sie indiziertist. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang auch Untersuchungen von K N Ö R R , der der Frage nachging, ob die intraperitoneale M a r b a d a l a n w e n d u n g das Auftreten von Thrombosen begünstigt. Die statistische Auswertung eines größeren gynäkologischen Krankengutes ergab zwar deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Patientengruppen, es konnte aber sichergestellt werden, daß eine höhere Thrombosefrequenz zu Lasten der jeweiligen Infektion u n d nicht der Marbadalanwendung ging. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Herzmitteln, speziell den D i g i t a l i s g l y k o s i d e n . Auch hier wurden von verschiedenen Autoren thromboplastische Eigenschaften vermutet und zum Teil im Tierexperiment gezeigt ( D E T A K A T S , M A C H T ) . Wie jedoch neuere eingehende Untersuchungen, z. B. von S P O S I T O , G I A N I C O und M A S I N I , S P A N G und Mitarbeitern gezeigt haben, beruhen die Gerinnungsstörungen, wie sie im Verlauf von Herzkrankheiten auftreten können, nicht auf Glykosidwirkungen, sondern allfälligen Verschiebungen im Eiweißhaushalt u n d Leberfunktionsstörungen 1 bzw. deren Beseitigung und verschwinden mit Kompensation des Herzschadens. Eine gewisse Gefahr im Sinne einer Begünstigung der Thrombogenese besteht dagegen im schnellen Ausschwemmen von Ödemen, wofür neben anderen Viskositätsänderungen des Blutes verantwortlich gemacht werden (PIERACH U. a.). Aber auch b e i d e r A n w e n d u n g v o n H e r z m i t t e l n d ü r f t e d i e g ü n s t i g e W i r k u n g auf d e n K r e i s l a u f e h e r im S i n n e d e r T h r o m b o s e p r o p h y l a x e als d e r T h r o m b o s e b e g ü n s t i g u n g in A n s c h l a g z u b r i n g e n s e i n . I n ähnlicher Weise wie bei den Antibiotica wurden auch widersprechende Beobachtungen über das Auftreten thromboembolischer Komplikationen bei der Anwendung von ACTH und Cortison bekannt ( R U S S E K und Mitarbeiter, BOTTNAMEAUX und Mitarbeiter). Eine behauptete H ä u f u n g dieser Komplikationen könnte dabei ihre Ursache in der von D E N I C O L A gefundenen Zunahme des F a k t o r s V I I haben. Wie T I N G , L I V I N S T O N E und A L L E N zeigen konnten, h a t die Anwendung von C u r a r e p r ä p a r a t e n keinen Einfluß auf die Blutgerinnung, während K O O T Z und M A T I S bei Selbstversuchen mit Flaxedil u n d Curare eine geringe Verlängerung der Gerinnungszeit fanden. S T E J S K A L stellte keine sicheren Veränderungen der Blutkoagulabilität fest, so daß also von dieser Seite keine Begünstigung der Thrombose zu erwarten ist. Wie sich dagegen die allgemeine Hypotonie der Muskulatur mit Wegfall des aktiven Muskelspiels, insbesondere auf die Kreislaufverhältnisse auszuwirken vermögen, kann erst weitere E r f a h r u n g lehren. Dieselben Bedenken bestehen unseres Erachtens auch gegenüber der H i b e r n a t i o n und g e s t e u e r t e n H y p o t e n s i o n . Ausgedehnte Erfahrungen liegen unseres Wissens darüber bisher nicht vor, theoretisch sind jedenfalls g e w i s s e u n g ü n s t i g e E i n f l ü s s e d e n k b a r und klinisch bereits beobachtet (BOVAY). ES scheint uns dabei weniger die als Gegenregulation gegen die Gerinnungszeit verlängernde Wirkung der lytischen Medikamente anzusehende Erhöhung der Blutkoagulabilität (LABORIT) von ausschlaggebender Bedeutung zu sein, als vielmehr die durch die „ p o t e n z i e r t e N a r k o s e " besonders auch noch in der postoperativen Phase hervorgerufene Änderung wichtiger Kreislaufgrößen.

Auslösende und gefährdende Paktoren der Thrombogenese

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6. Meteorologische sowie tages- und jahreszeitliche Einflüsse D a ß b e s t i m m t e E r k r a n k u n g e n u n t e r dem E i n f l u ß meteorologischer Erscheinungen stehen, ist eine seit J a h r h u n d e r t e n geäußerte u n d immer wieder bestätigte V e r m u t u n g . „ D e r da weiß den U r s p r u n g des Sommers, der Wind, der W e t t e r , der weiß, von w a n n e n Cólica k o m p t u n d die Torsiones" sagt Paracelsus (zitiert n a c h DE RUDDER). A u c h f ü r die Thromboembolie w u r d e n ähnliche Abhängigkeiten schon immer v e r m u t e t . So spricht R E H N f ü r Freiburg i. Br. v o n einem t h r o m b o p h i l e n K l i m a u n d m a n c h e Chirurgen pflegen bei F ö h n nicht zu operieren (FRITZSCHE). E i n e von L A M P E R T hervorgehobene Eins c h r ä n k u n g bei der wissenschaftlichen B e a r b e i t u n g dieses Fragenkomplexes erscheint auch uns wichtig zu betonen : Der E i n f l u ß b e s t i m m t e r meteorologischer Situationen auf die Thrombose ist deswegen methodisch n u r sehr bedingt abzuklären, d a wir den genauen Z e i t p u n k t ihres Beginnes praktisch fast nie kennen. Eine e x a k t e Bewertung ist daher wohl n u r f ü r das zeitlich genau festlegbare Ereignis einer Embolie möglich. Untersuchungen zu diesen Zusammenhängen sind sehr zahlreich vorgen o m m e n worden ( F R I T Z S C H E , H A L S E , KOLLER,

KÜMMEL,

MAURER,

MERZ,

a.). Die Ergebnisse Abb. 32. Tagesgang der Emboliehäufigkeit in aller dieser U n t e r s u c h u n g e n sind jeW e s t d e u t s c h l a n d (1929—1942 n a c h BEBG). D i e doch nicht einheitlich u n d die aus Spitzen um 7, 11 und 16—18 Uhr, die mit den ihnen gezogenen Schlüsse vielfach Zeiten gesteigerter Mobilisierung der Kranken nicht überzeugend. Gesichert ist ein zusämmenfallen, sind gut kenntlich, desgleichen E i n f l u ß des Gewitters; im übrigen bedie geringe Emboliefrequenz nachts steht kein Zweifel, d a ß f ü r b e s t i m m t e Gegenden ein Meteorotropismus der Lungenembolie besteht, ohne d a ß bis j e t z t sicher nachgewiesen worden wäre, von welcher speziellen Wetterlage oder -Veränderung eine Abhängigkeit besteht. So h a t sich in neuester Zeit in eingehenden U n t e r suchungen B E R G m i t der Meteorotropie der f u l m i n a n t e n Lungenembolie b e f a ß t , wobei seinen U n t e r s u c h u n g e n 4241 autoptisch gesicherte Fälle zugrunde lagen. E r k o n n t e f ü r W e s t d e u t s c h l a n d keinen Z u s a m m e n h a n g mit meteorologischen Erschein u n g e n feststellen. E s f a n d sich weder eine „ G r u p p e n b i l d u n g " , d. h. A u f t r e t e n von mehreren Embolien, die statistisch überzufällig gewesen wäre, noch eine b e s t i m m t e signifikante H ä u f u n g . Sehr bemerkenswert war dagegen ein b e s t i m m t e r „Tagesg a n g " m i t M a x i m a u m 7 U h r , 11 U h r u n d 16—18 U h r , der sich zwanglos m i t der stärkeren Mobilität (Essen, Toilette) der P a t i e n t e n zu diesen Z e i t p u n k t e n in Zus a m m e n h a n g bringen läßt (Abb. 32). D E R U D D E R U. V.

Die bereits von R A E T T I G u n d N E H L S f ü r Greifswald u n d S t e t t i n gefundene Abhängigkeit von meteorologischen Erscheinungen, insbesondere Gewittern, wird v o n B E R G bestätigt, wogegen sich solare Einflüsse, wie sie dieser A u t o r f ü r das J a h r 1938 u n d M E R Z v e r m u t e t h a t t e n , nicht endgültig sichern ließen. I n letzter Zeit weisen auch eingehende U n t e r s u c h u n g e n vonNAEGELi undDAUBERT in b e s t i m m t e r R i c h t u n g : Die Autoren f a n d e n ebenfalls einen Unterschied zwischen

44

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

dem Einfluß bestimmter Wettertypen auf Thrombose und Embolie und schreiben: „Die Thrombosen treten vornehmlich am Rande von Hochdruckgebieten bzw. auf der Vorderseite von Tiefdruckstörungen auf, insbesondere, wenn dabei eine Umstellung von einer kalten in eine warme Troposphäre festgestellt wird. Die Embolien treten innerhalb von Hochdruckgebieten oder laminarer Strömung innerhalb eines breiten, warmen Sektors selten auf. Sie häufen sich aber bei zyklonalen Vorgängen, insbesondere bei Aufgleitvorgängen im Zentrum und auf der Rückseite von Tiefdruckstörungen. R A E T T I G und XETTLS haben u. a. untersucht, ob das Wetter am Operationstag von Einfluß auf die Embolie ist und haben dabei keinen überzufälligen Zusammenhang gefunden. Auf Grund der obigen Untersuchungen müssen wir jedoch sagen, daß das Wetter am Tage der Operation oder an den folgenden Tagen von Einfluß auf die Thrombosebildung ist. Fest steht, daß jedoch auch die Embolie von bestimmten Wettervorgängen beeinflußt wird, Wettervorgängen, die einen anderen Charakter haben als das Wetter, das die Thrombose begünstigt." Wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, daß manche Individuen auf bestimmte meteorologische Einflüsse abnorm reagieren — wie das ja z. B . als Wetterfühligkeit von jeher bekannt ist —, wobei dem Vegetativum die Rolle des Vermittlers zukommt. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang Untersuchungen von ACHENBACH und B R O B E I L , die eine deutliche Abhängigkeit des Prothrombinspiegels von zentralen Reizen (Luftenzephalogramm) fanden und zwar sowohl plötzliche Erhöhung wie Abfall, ohne daß sie eine bestimmte Gesetzmäßigkeit finden konnten. TICHY vermutet für die Übermittlung der zu erhöhter Prothrombinbildung und -ausschüttung führenden postulierten vegetativen Reize folgenden Zusammenhang: Der Föhn z . B . errege über eine Inversion in der unteren Kaltluft Druckwellen eines bestimmten Ultraschallbereiches. Empfangsapparat für diese Wellen soll der Sacculusabschnitt des Labyrinths sein, der eine direkte Verbindung mit den vegetativen Zentren des Gehirns habe. Die Bestätigung dieser interessanten Vorstellung steht allerdings unseres Wissens noch aus. Die vermuteten und z. T. bestätigten Zusammenhänge zwischen den verschiedenartigsten meteorologischen Zuständen dürften unseres Erachtens dadurch zustande kommen, daß der maßgebende Faktor nicht die bestimmte meteorologische Situation im einzelnen ist, sondern die Reaktionsweise des Individuums. Diese ist von Einzelfall zu Einzelfall verschieden und eine absolute Gesetzmäßigkeit konnte bisher noch nicht gefunden werden. D e r S c h w e r p u n k t der B e t r a c h t u n g l i e g t a l s o a u c h h i e r auf dem M e n s c h e n als r e a g i e r e n d e m I n d i v i d u u m und n i c h t auf der die R e a k t i o n a u s l ö s e n d e n m e t e o r o l o g i s c h e n S i t u a t i o n . F I S C H E R hat diese Verhältnisse unabhängig von uns folgendermaßen treffend formuliert: „Der bioklimatische Faktor ist nicht an ein bestimmtes Geschehen fixiert und Art und Verlauf der von ihm bewirkten Symptome sind nicht in ihm, sondern in der Reaktionsform des betreffenden sensiblen menschlichen Organismus begründet." Dabei scheint es im allgemeinen so zu sein, daß eine primäre parasympathikotone, von einer wenige Stunden später nachfolgenden Reizung der orthosympathischen Erregbarkeit abgelöst wird (DE RUDDER). Auch ein gewisser Einfluß des T a g e s - u n d N a c h t r h y t h m u s , ebenso j a h r e s z e i t l i c h e S c h w a n k u n g e n , ja sogar sogenannte E m b o l i e j a h r e ( R E H N ) werden in Anschlag zu bringen sein. Nach S E U L B E R G E R und Mitarbeitern unterliegen die chirurgischen Erkrankungen gewissen jahreszeitlichen Einflüssen, die von der vegetativen Reaktionslage abhängig sind und in den verschiedenen Lebensaltern Unterschiede aufweisen. H i a s s hat den Zusammenhang von Thrombose und Embolie und den klimatischen Verhältnissen M ü n c h e n s während der J a h r e 1938—1947 untersucht, wobei er zu folgenden Ergebnissen

Auslösende und gefährdende Paktoren der Thrombogenese

45

kam: Januar 19 Fälle, Februar 22, März 18, April 16, Mai 24, Juni 27, Juli 24, August 17, September 26, Oktober 31, November 21, Dezember 21, woraus sich eine gewisse, aber nicht signifikante Häufung in den Sommer- und Herbstmonaten ergibt.

Die Annahme, daß bei den beschriebenen meteorologischen Einflüssen l u f t e l e k t r i s c h e V e r h ä l t n i s s e eine wesentliche Rolle spielen (VON SEEMEN) ist noch nicht erhärtet. Es erscheint in diesem Zusammenhang erforderlich, auch auf p s y chische M o m e n t e (Emboliefurcht) hinzuweisen, da sie gerade in diesem Wechselspiel zwischen Wetter und Thromboembolie einen unwägbaren Faktor bedeuten, der wieder einmal die Vielschichtigkeit und Verflechtung des Problems demonstriert. Eine Überbewertung des meteorologischen Momentes als ursächlichen Faktor für die Thrombogenese ist jedenfalls nicht am Platze, was schon die Tatsache zeigt, daß die Europäer in Batavia eine gleiche Thrombosefrequenz haben, wie in Europa, während die Eingeborenen recht selten betroffen werden (KEMEL). SO scheinen nach den neueren kritischen Untersuchungen konstitutionelle Besonderheiten und Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung für lokale Unterschiede in der Thromboembolie häufigkeit bedeutsamer zu sein als klimatische und meteorologische Einflüsse (STRULL), was durchaus mit unserer Ansicht über die zentrale Stellung des Menschen mit seinen vielfältigen Reaktionsmöglichkeiten in Einklang steht. 7. Einwirkung von Operation, Trauma und Geburt

Daß zwischen postoperativer Thrombose und Operation bzw. den dieser im engen Rahmen gleichzusetzenden Ereignissen, wie Geburt und Trauma, und ihren Folgezuständen nicht nur zeitliche, sondern ursächliche Beziehungen bestehen müssen, ist auf Grund von mancherlei Beobachtungen und Überlegungen naheliegend. Da die postoperative Thromboembolie so als ständiges Gefahrenmoment die Tätigkeit des Operateurs bedroht und deren Erfolg in tragischer Weise zunichte machen kann, wurde auf die Erforschung dieser Beziehungen viel Mühe verwandt. Es sind somit Operation, Trauma und Geburt Faktoren in der Thromboseätiologie, die wir, im Gegensatz zu den eben erörterten, relativ eingehend kennen und in ihrer Wertigkeit für die Thrombogenese sicherer erfassen und definieren können, sowohl auf Grund langer, klinischer Erfahrungen und statistischer Auswertung, wie auch experimenteller Untersuchungen. Jede Operation als solche wirkt thrombosegefährdend, wie wir aus den eingehenden Untersuchungen von HEUSSER, REHN U. a. wissen. Eine besondere Rolle spielen dabei Veränderungen des Blutes, der Vasomotorik und des Kreislaufes, weiterhin ihr Einfluß auf die Funktion verschiedener Organe, wie z. B. Niere und Leber und das gesamte endokrine System, alles gesehen unter dem Gesichtspunkt der übergeordneten Steuerung durch das neuro vegetativ-hormonale Regulationsprinzip des Körpers. Wenn wir uns auch darüber im klaren sind, daß der Begriff der vegetativen Gesamtumschaltung, wie sie F. HOFF SO eindrücklich gezeigt hat, nicht in jedem Falle Gültigkeit hat, so kann man doch in Anlehnung an SEULBERGER und Mitarbeiter folgenden postoperativen Vorgang annehmen: Auf den operativen Reiz folgt nach einem kurzen Schockstadium eine erste Phase mit Sympathikotonuserhöhung. Diese umfaßt ACTH-Ausschüttung, Aktivierung der Glukokortikoide, Temperatur-, Puls- und Leukozytenanstieg. Weiterhin Lymphozytenabfall, Abdichtung der Gefäße, Zunahme der Fibrinolyse und Verschiebung im Säurebasengleichgewicht nach der Azidose zu. In der zweiten, gegenregulatorischen Phase kommt es zum Temperatur-, Puls- und Leukozytenabfall, Anstieg der Lymphozyten, Alkalose, Hemmung der Fibrinolyse, Aktivierung der Mineralkortikoide, Steigerung der Permeabilität der Gefäßwände mit Austritt von Albumin und Flüssigkeit ins

46

Pathogenese und Ätiologie der Thrombosekrankheit

Gewebe. Dadurch wird eine Zunahme der Globuline, des Fibrinogens, Beschleunigung der Blutkörperchensenkung, Verkürzung der Gerinnungszeit, also Neigung zur Gerinnung bewirkt. Der erhöhte Tonus des Parasympathikus bedingt gleichzeitig eine Weiterstellung der Gefäße und f ü h r t zur Strömungsverlangsamung in der Peripherie. Da diese Verhältnisse weitgehend der Alarmreaktion nach SELYE entsprechen, wurde die Thrombose von diesem Autor auch als Antwort auf „stress", nämlich die Operation, angesehen. Bezüglich morphologischer Veränderungen des Blutes in der postoperativen Phase wissen wir, daß die Erythrozyten wenig verändert sind und die Thrombozyten an-

Abb. 33. Verhalten einzelner Gerinnungsfaktoren nach der Operation (nach KOLLER)

fänglich eine Verminderung und später eine Vermehrung zeigen. Bemerkenswert ist ihre erhöhte Agglutinationsbereitschaft. Da sie im alkalischen Milieu schlecht, im sauern dagegen gut agglutinieren, ergeben sich damit Beziehungen zur postoperativen Azidose und verminderten Arterialisierung des Blutes (HEUSSER, REHN). Weiterhin kommt es zu einer Verminderung des Chlors und Natriums im Blut; auch Kalzium und Phosphate sind erniedrigt, zugleich die Alkalireserve, auf deren Bedeutung für die Operationsgefährdung REHN immer wieder aufmerksam gemacht hat. I m ganzen findet sich dazu noch eine Verminderung des gesamten Flüssigkeitsbestandes. Die Änderungen der einzelnen Gerinnungsfaktoren wurden bereits ausführlich besprochen, die betreffenden Verhältnisse im postoperativen Verlauf gibt Abbildung 33 zusammenfassend gut wieder. Auch Schwangerschaft u n d Wochenbett üben einen deutlichen Einfluß auf die Zusammensetzung des Blutes aus. Von besonderem Interesse ist dabei der hohe Anstieg des Prothrombinkomplexes am E n d e des Schwangerschaft (THORDARSON und HANSEN), der im wesentlichen auf einer Erhöhung der Konzentration des Faktors V I I beruht, die im Mittel 150% betragen soll. Außerdem besteht eine mäßige Vermehrung der Thrombozyten (KEHRER). Nach der Geburt sinken diese Werte anfangs ab, um dann wieder auf hohe Werte anzusteigen (BENHAMOU u n d NOUCHY u . a . ) (Abb. 34 und 35).

47

Auslösende u n d gefährdende F a k t o r e n der Thrombogenese

Neben diesen allgemeinen Veränderungen nach Operationen bestehen aber doch zwischen den einzelnen Eingriffen recht erhebliche Unterschiede bezüglich ihrer Wertigkeit für die Entstehung der postoperativen Thrombose. Eine tabellarische Zusammenstellung darüber geben die Abbildungen 36 und 37 wieder.

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Abb. 34. Verhalten einzelner Gerinnungsfaktoren post p a r t u m (nach

KOLLER)

Abb.

KOLLER)

35.

Verhalten einzelner Gerinnungsfaktoren post p a r t u m (nach

Die Ursachen für diese Unterschiede sind z. T. klar und übersichtlich, z. T. komplexer Natur. Das Hervorstechen der Splenektomie z. B. führt man allgemein auf die danach auftretende hochgradige Vermehrung der Thrombozyten zurück (Abb. 38).

P a t h o g e n e s e u n d Ätiologie d e r T h r o m b o s e k r a n k h e i t

48 S%*%-

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A b b . 3 6 . H ä u f i g k e i t d e r p o s t o p e r a t i v e n T h r o m b o e m b o l i e n ( n a c h ALLEN, BARKER, H I N E S )

Colpoperineocleisis Vordere u. hintere Colporrhaphie u. Portioamputation Supravaginale Uterusamputation (Myom) u. vordere u. hintere Colporrhaphie Vordere u. hintere Colporrhaphie u. Portioamputation w. Ventrofixation Supravaginale Uterusamputation und Adnexe (nur Myome) Supravaginal^ Uterusamputation und Adnexe (nur Myome) Adnexresektion:

tm^^m^m

tmmmmmam

Endometriose

Adnexresektion: Cyste (benigne) u. Dermoid Schauta (vaginale erweiterte totale U terusexstirpation Supravaginale Üterusamputation u. Adnexe (nur Myome) Vaginale totale Probelaparotomie: Sellheim,

M H H M M

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Uterusexstirpation Carcinoma

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Mikrosectio

Abdominale totale Uterusexstirpation Adnexresektion: Adnexresektion:

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Carcinom Extrauteringravidität

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Sectio caesarea Wertheim Adnexresektion: Entzündung Abdominale konservative Myomoperation Probelaparotomie: nihil.

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SO

SO

Abb. 37. Anteil der postoperativen tödlichen Lungenembolie an der Mortalität Operationskategorien

( n a c h MERZ)

70

80

verschiedener

49

Auslösende u n d gefährdende P a k t o r e n der Thrombogenese

Weiterhin liegen diese Unterschiede begründet einmal in der Größe des Eingriffes, der Art der Grunderkrankung, wegen welcher dieser unternommen wird (z. B. Krebskaehexie), zum anderen in der Zusammensetzung des Krankengutes, bei dem diese Operation in der Regel vorgenommen wird. So erscheint es sicher, daß die hohe Thromboemboliebelastung z. B. der Prostatektomie mindestens z. T. auch darauf beruht, daß sie bei relativ alten Leuten angezeigt ist, für die man dazu noch eine gewisse hormonale Dysregulation annehmen kann. Weiterhin ist hierbei von Bedeutung, daß die Prostatektomie keine völlig aseptische Operation darstellt, bei der zudem noch durch das stumpfe Herauspräparieren relativ große Gewebszerstörungen gesetzt werden. Auf die Bedeutung der chronischen Infektion durch das Einlegen eines Dauerkatheters h a t vor allem H R Y N T S C H A K aufmerksam gemacht. Diese Faktoren lassen sich im einzelnen nicht immer gegeneinander abgrenzen, ein weiteres Beispiel f ü r die Vielschichtigkeit und Verwobenheit des ganzen Problems. Daß aber auch bestimmte Operationen als solche thrombosebegünstigend wirken, zeigt die Tatsache, daß relativ kleine Operationen, wie Herniotomien oder Hydrozelenoperationen relativ stark thrombosebelastet sind, auch bei verhältnismäßig jungen u n d gesunden Patienten. Ein Erklärungsversuch gerade f ü r diese Operationen ist nach R E H N im Zug am Samenstrang gegeben, der als „Stoß ins Vegetativum" wirken könnte. Damit Tage nach der Operation ist auch bereits ein Hinweis auf die Bedeutung der Operationstechnik gegeben, Abb. 38. Wirkung der Splenektomie auf die weshalb schon frühzeitig unter dem GeThrombozyten (nach HEILMEYER) sichtspunkt der Thrombosegefährdung f ü r ein gewebsschonendes, atraumatisierendesOperieren plädiert wurde(CLAIRMONT U. a.). Neuere statistische Untersuchungen von S E U L B E R G E R und Mitarbeitern über den Einfluß verschiedener Operateure einer Klinik auf die postoperativen Komplikationen ergaben deutliche diesbezügliche Unterschiede. Auch die ungünstige Einwirkung von mehreren gleichzeitig in einer Sitzung ausgeführten Operationen (MERZ) sei erwähnt. Bezüglich der N a r k o s e (s. auch S. 51) gehen die Ansichten auseinander, vielfach glaubt man, daß die Allgemeinnarkose thrombosefördernd wirkt. Einwandfreie statistische Untersuchungen, die diese Ansicht für Männer bestätigen konnten, während bei Frauen thromboembolische Zustände nach Operationen in Lokalanästhesie häufiger waren, sind uns außer den Erhebungen von S E U L B E R G E R nicht bekannt geworden. I m übrigen scheinen uns methodologisch derartigen Untersuchungen und Statistiken sehr große Hindernisse und Schwierigkeiten entgegen zu stehen, da ja eine Narkose fast nie als Selbstzweck vorgenommen wird u n d sich ihre Auswirkungen von denen des Eingriffes selber wohl k a u m abtrennen lassen. Es ist darin R E H N u n d K I L L I A N beizupflichten, die der Ansicht sind, daß die Thromboembolie nichts mit einer s p e z i e l l e n Narkoseschädigung zu t u n hat und sich ebenso oft wie nach Allgemeinnarkosen nach Lokal- und Lumbalanästhesien ereignet, wenn auch ein möglicher Einfluß im Sinne der Kumulierung thrombogener Faktoren nicht von der H a n d zu weisen ist (s. S. 42). H i t t e r , Thrombose u. Embolìe

4

50

T h r o m b o s e b e r e i t s c h a f t u n d - g e f ä h r d u n g als I n d i k a t i o n

Im selben Sinn, wie operative Eingriffe, wirken u. U. intensive Einwirkungen von Hitze (Verbrennungen) und Kälte (Erfrierungsthrombosen), von elektrischen Strömen ( Z A H N , J A N S E N , B E N E C K E , J E L L I N E K ) und ultravioletten Strahlen ( A S K A NATZY), indem durch Freiwerden von Eiweißzerfallsprodukten Endothel- und Blutschädigungen hervorgerufen werden, die direkt zur Thrombose, oder zunächst zur Thrombosebereitschaft führen, wobei die Thrombenbildung erst durch weitere sekundäre Insulte ausgelöst und zum Fortschreiten gebracht wird. So e r l a u b e n die a n g e f ü h r t e n B e o b a c h t u n g e n u n d F o r s c h u n g s e r g e b n i s s e w i e d e r u m n e u e E i n b l i c k e in d i e T h r o m b o s e e n t s t e h u n g u n d t r a g e n zum V e r s t ä n d n i s der m a n n i g f a l t i g e n , wechselnden B e f u n d e , besonders a b e r a u c h d e r v a r i a b l e n L o k a l i s a t i o n der T h r o m b o s e u n d d e r l a t e n t e n T h r o m b o s e b e r e i t s c h a f t ( R I T T E R ) w e s e n t l i c h bei. K a p i t e l II Thrombosebereitschaft und -gefährdung als Indikation für eine gezielte Prophylaxe Es ist besonders das Verdienst der REHNschen Schule, den Fragen der Thrombosebereitschaft und -gefährdung nachgegangen zu sein, sie einer mehr oder weniger exakten begrifflichen Determinierung unterzogen und vor allem ihrer Erfassung besonderes Augenmerk geschenkt zu haben. Denn mit letzterem steht und fällt die Möglichkeit einer gezielten medikamentösen Thromboseprophylaxe. Daß eine pauschale Prophylaxe mit Antikoagulantien nicht möglich und auch nicht indiziert ist — worauf wir besonders hinweisen möchten —, darüber bestehen kaum noch Meinungsverschiedenheiten ( K O L L E R , J O R P E S , R E H N U. a.). Die Gründe hierfür sind verschiedener Art: Einmal bereitet die Kontrolle z. B. der Cumarinanwendung, und diese kommt in erster Linie für die Prophylaxe in Frage, immerhin erhebliche Mühe und würde die Kapazität eines jeden Laboratoriums überschreiten, wenn sie bei jedem Patienten durchgeführt werden müßte. Aber dies ist nicht der Hauptgrund, weshalb wir eine generelle Prophylaxe ablehnen müssen, sondern es ist auf folgendes hinzuweisen: Die thromboembolische Krankheit, so schmerzliche Verluste sie in Einzelfällen fordert, ist doch absolut gesehen, eine seltene Komplikation. Für manche Gegenden, z. B. Norddeutschland, spielt sie nur eine geringe Rolle (KARITZKY). Die Statistik der MAYO-Klinik, die innerhalb von 13 Jahren 172888 postoperative Fälle erfaßt, enthält 1665 thromboembolische Komplikationen, also 0,96%; J O R P E S gibt ebenfalls etwa 1%, R E H N 1,46% an. Wir selbst haben eine postoperative und posttraumatische Thrombosefrequenz von etwa 2%. Zum Teil konnten diese Zahlen durch konservative Maßnahmen noch weiter gesenkt werden. Vergleichen wir damit die Häufigkeit der Komplikationen bei der Anwendung der Antikoagulantien, so sehen wir, daß manche Statistiken deren Zahl in etwa eben denselben Größenbereichen angeben (s. Kap. V, S. 92f.). Wenn dabei auch berücksichtigt werden muß, daß ein Teil dieser Komplikationen auf unsachgemäßer Anwendung dieser differenten Mittel zurückzuführen ist und somit möglicherweise vermeidbar gewesen wäre, so sind diese in der Differenziertheit der Antikoagulantienanwendung begründeten Fehlermöglichkeiten besonders in Rechnung zu setzen, woraus hervorgeht, daß wir uns für unsere Betrachtung gerade an die effektiven Zahlen halten müssen. Da Patienten, die an sich nicht thrombosegefährdet sind, stärker auf die Behandlung durch Änderungen des Gleichgewichtes im Blutchemismus reagieren und dadurch auch stärker komplikationsbelastet sind, wie wir das an anderer Stelle dargelegt haben

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Die ursächlichen P a k t o r e n der Thrombosebereitschaft u n d -gefährdung

(s. Kap. V, S. 92), so wäre bei Ausdehnung der medikamentösen Prophylaxe durch Eingriffe in das Gerinnungssystem auf alle Patienten möglicherweise mit einer noch größeren Frequenz von unerwünschten Nebenerscheinungen, von denen bekanntermaßen sogar tödliche Komplikationen beschrieben sind, zu rechnen. Damit würde man einen Teil der Patienten einer unverhältnismäßig großen Gefahr aussetzen, ein Vorgehen, das nicht zu verantworten wäre, auch wenn man nicht, wie GAVEY das tut, das Risiko der Hämorrhagie für größer einschätzt, als das der fatalen Embolie. Es ergibt sich somit die klare N o t w e n d i g k e i t , d i e P r o p h y l a x e n a c h M ö g l i c h k e i t n u r auf d e n K r e i s der w i r k l i c h t h r o m b o s e g e f ä h r d e t e n P a t i e n t e n zu bes c h r ä n k e n . Diese Forderung enthüllt sogleich die Problematik der Situation, die darin liegt, daß eben diese Gefährdung als die Summe verschiedenartigster Faktoren nur sehr schwer exakt zu fassen und zu erkennen ist. a) Die ursächlichen Faktoren der Thrombosebereitschaft und -gefährdung Nach REHN, der die Thromboembolie unter den Sammelbegriff der postoperativen vegetativen Dystonie subsummiert, unterscheiden wir die l a t e n t e T h r o m b o s e b e r e i t s c h a f t (RITTER), die unter geeigneten Bedingungen durch einen äußerlichen Anlaß z. B. Operation, Trauma oder Schock, oder inneren Anstoß, wie Angst oder psychischen Insult als causa movens zur T h r o m b o s e g e f ä h r d u n g wird. Die Thrombosebereitschaft gründet sich auf Faktoren, die für die Pathogenese und Ätiologie der Thrombose die maßgebende Rolle spielen und bereits eingehend besprochen wurden (s. Kap. I). Wir können uns daher auf eine summarische Zusammenfassung der besonders in Betracht zu ziehenden Faktoren beschränken: Von sicherer Bedeutung ist das Alter, und zwar etwa ab 5. Lebensjahrzehnt, wogegen in sehr hohem Alter die Frequenz der thromboembolischen Komplikationen wieder etwas zu sinken scheint. Die Bedeutung von Gefäßwand-, Herz- und Kreislaufschäden steht ebenfalls außer Zweifel, nicht nur für die Entstehung einer Thrombose, sondern auch für das Überstehen allfälliger embolischer Komplikationen. Von gleichzeitig bestehenden Krankheiten sind vor allen Dingen solche infektiöser Art zu nennen, außerdem maligne Tumoren und bestimmte Blutkrankheiten. Der Einfluß von Trauma, Operation und Geburt ist gesichert. Ihre Wirkung ist komplexer Natur und bezieht sich auf Veränderungen des Kreislaufes und der Gefäße, des Blutes, Wasserhaushaltes, Stoffwechsels und nicht zuletzt des hormonalneurovegetativen Systems. Zu vermerken ist außerdem die besondere „thrombogenetische Wertigkeit" bestimmter Operationen, von denen hier nur die Splenektomie und Eingriffe, die eine bevorzugte Belastung des Gefäß- und hormonal-vegetativen Systems mit sich bringen, erwähnt werden sollen. Der Einfluß der Allgemeinnarkose im ungünstigen Sinn ist dagegen nicht gesichert. Wesentliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch einer längeren Immobilisierung, z. B. durch fixierende Verbände oder strenge Bettruhe zu, desgleichen verdienen andere postoperative Komplikationen, wie Schock und Pneumonie besondere Beachtung. Meteorologische und klimatische Einflüsse, sowie geomedizinische Besonderheiten werden je nach persönlicher Erfahrung, die gerade in diesem Bereich ein weites Feld hat, in Rechnung zu setzen sein. Eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit konnte eindeutig bisher nicht aufgezeigt werden. Dasselbe gilt f ü r jahreszeitliche Schwankungen, die große lokale Unterschiede aufweisen. Rassische und konstitutionelle Faktoren, aber auch exogene und endogene Auswirkungen auf den Habitus, sind ebenfalls zu berücksichtigen. Erinnert sei nur an die 4*

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Thrombosebereitschaft u n d -gefährdung als Indikation

Tatsache, daß sowohl sehr gut genährte bzw. übergewichtige, wie auch andererseits kachektische u n d dystrophische Personen eigens gefährdet sind. Zu den individuellen konstitutionellen Faktoren gehören ferner Varizen, sowie anamnestisch zu verzeichnende frühere thrombotische Erkrankungen. Nach SEULBERGER u n d Mitarbeitern spielen H e r k u n f t und Beruf ebenfalls eine gewisse Rolle, indem Patienten der gehobeneren Schichten gefährdeter sein sollen, als z. B. Arbeiter. Zurückgeführt wird dieser Unterschied auf eine erhöhte Irritabilit ä t des vegetativen Nervensystems bei erstgenanntem Personenkreis, die ihre Ursache sowohl in endogenen, wie exogenen Einflüssen (Beruf, Ernährung, Lebensgewohnheiten, Genußgifte) haben könnte. b) Methoden zur Erkennung der Thrombosegefährdung Übersieht m a n die Vielfalt all dieser Faktoren, so k a n n m a n sofort ermessen, wie groß die Schwierigkeit in der Praxis ist, f ü r den Einzelfall eine individuelle Thrombosegefährdung zu erkennen. Es hat daher nicht an Bemühungen gefehlt, durch Laboratoriumsuntersuchungen einen Anhaltspunkt zu finden, der wie ein Barometer die Gefährdungslage bzw. die drohende Thrombose anzeigen soll. Eine Vielzahl von derartigen Methoden ist entwickelt worden und gerade diese Vielzahl zeigt, daß keine restlos befriedigt. Allen diesen sogenannten T e s t v e r f a h r e n liegt die These zugrunde: Ohne Erhöhung der Blutgerinnung keine Thrombose. I n diesem Postulat liegt unseres Erachtens bereits ein Grund für Versager u n d Unzulänglichkeiten, die alle diese Methoden aufzuweisen haben. Ohne in diesem Zusammenhang nochmals im einzelnen auf den Mechanismus der Thromboseentstehung eingehen zu wollen — wir verweisen dazu auf K a p . I —, sei doch folgendes festgehalten: W e n n diese These auch f ü r eine Großzahl der Thrombosefälle zutreffen mag, so m u ß m a n b e i d e r V i e l z a h l d e r bet e i l i g t e n P a k t o r e n a n n e h m e n , d a ß es a u c h o h n e , o d e r m i t n u r g e r i n ger E r h ö h u n g der B l u t g e r i n n u n g s v a l e n z , ja sogar bei V e r m i n d e r u n g einzelner Gerinnungsfaktoren zur Thrombose k o m m e n kann, wenn nur d i e a n d e r n b e t e i l i g t e n F a k t o r e n g e n ü g e n d w i r k s a m s i n d . D a ß dies auch tatsächlich der Fall ist, wird d u r c h d i e k l i n i s c h e E r f a h r u n g v o l l a u f b e s t ä t i g t . Weiterhin ist noch folgendes zu bedenken: E s ist nicht anzunehmen, d a ß die Gerinnungsfähigkeit des Blutes an allen Stellen des Körpers zum gleichen Zeitpunkt identisch ist. Dieser Analogieschluß scheint uns erlaubt, wenn wir uns der Tatsache erinnern, daß z. B. die Sauerstoffsättigung oder die Kohlensäurekonzentration in den einzelnen Gefäßgebieten sehr verschieden sein kann, wie wir aus den Erfahrungen und Untersuchungen, z. B. im R a h m e n der Anästhesie und des Schockes wissen. E s ist ferner bekannt, daß nicht an allen Stellen der Blutbahn gleich geschädigte Thrombozyten vorkommen. Auch an die verschiedenen Gefäßinnervationszustände mit ihren Einflüssen auf die Gerinnungsfähigkeit des Blutes (KONCZ) ist hierbei zu erinnern. Nachgewiesene quantitative und qualitative Unterschiede in der Zusammensetzung von Bein- und Armvenenblut (WILDEGANS, KLAPP) oder gar des Varizenblutes (BosHAMMER), auch die wichtigen Ergebnisse von Untersuchungen über posttraumatische Veränderungen im Blut der verletzten E x t r e m i t ä t , die Erythrozyten-, Leukozytenund Plättchenvermehrung gegenüber der gesunden Gliedmasse ergeben haben (CONTIADES), lassen noch mehr Zweifel daran aufkommen, daß derartige Testuntersuchungen in jedem Falle die Gefährdungslage erkennen zu lassen vermögen. Aus diesen Überlegungen u n d Beobachtung ist weiterhin ersichtlich, daß der negative Ausfall eines einzelnen Testes nicht dafür beweisend zu sein braucht, daß keine Thrombosegefährdung vorliegt, vor allem d a n n nicht, wenn n u r vereinzelte

Methoden zur Erkennung der Thrombosegefährdung

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Messungen vorgenommen werden. E i n e n g e w i s s e n W e r t h a b e n ü b e r h a u p t n u r k o n t i n u i e r l i c h e K o n t r o l l e n u n d Aufzeichnungen. Auf der anderen Seite sagt der erhöhte Ausfall eines Testes noch nichts darüber aus, ob n u n wirklich eine Thrombose entsteht. Möglicherweise gewinnen die Aussagen an Sicherheit, je mehr Gerinnungsfaktoren durch Anwendung verschiedener Untersuchungsmethoden im Sinne eines P o l y t e s t v e r f a h r e n s (MARX) erfaßt werden. Die praktischen, rein organisatorischen Schwierigkeiten, die eine derartige, umfassende Testung der Patienten mit sich bringt, sei nur am R a n d e vermerkt. An einzelnen Kontrollmöglichkeiten wurden empfohlen: 1. Die Bestimmung des sogenannten P r o t h r o m b i n s p i e g e l s (Technik s. S. 86) ist besonders von der REHNschen Schule herangezogen worden, in der Meinung, daß zwischen seiner Änderung u n d dem Manifestwerden der Thrombose immer eine genügend lange Zeitspanne besteht, die zum Einsetzen der Therapie benützt werden kann. Die Allgemeingültigkeit dieser Ansicht steht jedoch nach andern Beobachtern noch nicht absolut fest (SCHNEIDER, N A E G E L I u n d MATIS, H A S T E R T U. a.). Jedenfalls wird ausdrücklich betont, daß nicht ein einzelner W e r t etwas aussagt, sondern n u r die Aufzeichnung des „dynamischen Geschehens" in Form einer Kurve, die sich aus täglichen Testungen zusammensetzt. Physiologisch ist ein Abfall des Prothrombinspiegels nach der Operation (s. auch S. 26), während gleichbleibende oder steigende Werte — ein „starres Verhalten" der Kurve — eine Thrombosegefährdung anzeigen sollen. 2. Auch die Bestimmung der G e s a m t g e r i n n u n g s z e i t , die einen etwa parallelen Verlauf nimmt, wird zur Beurteilung der Gefährdungslage herangezogen (Technik s. S. 84). 3. Der sogenannte H e p a r i n t o l e r a n z t e s t (KOLLEB, DE TAKATS) gibt Hinweise auf eine gewisse Gefährdungslage dadurch, daß die Änderung der Gerinnungszeit nach Gabe einer genau dosierten Heparinmenge geringer ist als bei nicht gefährdeten Patienten. E r beruht im Prinzip darauf, festzustellen, wie intensiv Blut- oder Plasma imstande sind, Heparin zu neutralisieren. Dies k a n n durch Injektion eines Testheparinmenge geschehen oder durch Zusatz bestimmter Heparinmengen im Reagenzglasversuch (SOTJLIER, VON KAÜLLA). Die Ausführung dieser Proben ist schwierig u n d an ein leistungsfähiges Laboratorium gebunden, zudem sind die Fehlermöglichkeiten relativ groß. M A R B E T u n d W I N T E R S T E I N , die den Test in zwölf verschiedenen Modifikationen kritisch prüften, kommen zu folgendem Ergebnis: „Die Hoffnung, daß es mittels dieses Testes gelingen würde, eine Thrombosegefährdung frühzeitig zu erkennen, h a t sich nicht erfüllt. Auch zur Kontrolle der Heparintherapie h a t sich diese Methodik nicht durchgesetzt". E s bietet sich durch seine Anwendung jedoch die Möglichkeit, den Einfluß der Dicumarine auf die Heparinaktivität zu kontrollieren u n d somit den Prothrombintest zu ergänzen. „Bei normaler Prothrombinaktivität k a n n eine normale Heparintoleranz vorhanden sein, d a n n liegt eine Normkoagulabilit ä t vor. Besteht aber eine erhöhte Heparintoleranz (kurze Testzeiten) bei normaler Prothrombinaktivität, so handelt es sich um eine Hyperkoagulabilität; hier täuscht die Prothrombinbestimmung bereits. Diese Täuschung ist noch ausgeprägter, wenn bei gesenkter Prothrombinaktivität immer noch eine erhöhte Heparintoleranz zu finden ist. Als eine maskierte Hyperkoagulabilität wird jener Zustand bezeichnet, bei dem trotz gesenkter Prothrombinaktivität noch eine normale Heparintoleranz vorhanden ist. I n beiden Fällen wäre unterdosiert gewesen, auch wenn eine Verminderung der Prothrombinaktivität auf den therapeutischen Bereich vorgenommen worden ist" (v. K A U L L A ) .

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Thrombosebereitschaft u n d -gefährdung als Indikation

4. D e r sogenannte y ö - N a p h t h o l t e s t gibt gewisse A n h a l t s p u n k t e f ü r eine T h r o m b o s e g e f ä h r d u n g d a d u r c h , d a ß er d a s v o n CUMMINE u n d LYONS f e s t g e s t e l l t e Fibrinogen B ausfällt. Dieses Fibrinogen B — ein Stoff, ähnlich d e m APITZ sehen P r o f i b r i n — w i r d d u r c h a k t i v e s T h r o m b i n a u s F i b r i n o g e n A u m g e w a n d e l t , so d a ß die Menge des ausgefällten Fibrinogen B zugleich ein M a ß f ü r aktives T h r o m b i n darstellt. I n s b e s o n d e r e GRÜNIXG h ä l t diese P r o b e f ü r die relativ sicherste T e s t m e t h o d e u n d k a m zu dieser Beurteilung auch b e i m Vergleich m i t der A n t i t h r o m b i n b e s t i m m u n g . M e t h o d i k d e s ß - N a p h t h o l - T e s t e s : Reagens: 2 g ß-Naphthol werden in 100 ccm 50-proz. Alkohol gelöst. Die Lösung wird an der L u f t geschüttelt bis eine Braunfärbung a u f t r i t t . Diese Lösung ist praktisch unbegrenzt haltbar. Zur A u s f ü h r u n g der Bestimmung wird in 3 Reagensgläser 13 x 100 m m je 1 ccm Citratplasma gegeben u n d mit je 5 Tropfen der ß-Naphthollösung versetzt. Man schüttelt leicht u m u n d läßt dann die Reagensgläser 10 Minuten stehen. Die auftretende Flockung wird beurteilt. Dabei b e d e u t e t : Leichte Trübung oder feinste Flocken: negativ: 0 Relativ große H o c k e n : positiv: + Starke grobe H o c k u n g : stark positiv: + + Die Gläser dürfen vor der Beurteilung nicht oder nur leicht geschüttelt werden, weil sonst die Hockungen zusammenballen. 5. Dieser A n t i t h r o m b i n t e s t b e r u h t a u f d e m P o s t u l a t d e r A n n a h m e , d a ß eine T h r o m b o s e die Verschiebung des Thrombin-Antithrombingleichgewichtes i m Sinne e i n e r A n t i t h r o m b i n v e r m i n d e r u n g v o r a u s s e t z t , so d a ß d i e A n t i t h r o m b i n t i t r a t i o n e i n Maß der Thrombosegefährdung abgibt. Methodik der Antithrombinbestimmung nach GRÜNING: 1 ccm frisches Zitratplasma wird mit 4 ccm physiologischer Kochsalzlösung auf ein Gesamtvolumen von 5 ccm verdünnt. Von der erhaltenen Mischung werden je gleiche Teile von 0,5 ccm in eine Reihe von 10 Wassermannröhrchen einpipettiert. Zuvor werden aus einer Tropfpipette steigende Mengen einer Thrombinlösung von V, N I H — E/ccm 3 zugetropft derart, daß im ersten Röhrchen ein Tropfen u n d im letzten Röhrchen 10 Tropfen Thrombinlösung sich befinden. Anschließend gute Mischung der Inhalte. Die Tropfpipette ist so geeicht, daß 100 Tropfen 4 ccm ergeben, so daß in jedem Tropfen lOOstel E Thrombin enthalten ist. Nach Beschickung der Reihe wird sie während 30 Minuten im Brutschrank bei einer Temperatur von 37° belassen u n d das Ergebnis abgelesen. Bei Normalpersonen t r i t t in der Regel etwa beim 8. bis 10. Röhrchen das erste zarte Gerinnsel auf, das als Grenz röhrchen bezeichnet wird. Bei den höheren Thrombinkonzentrationen entwickelt sich zunehmend ein massives Koagulum, während die ersten Röhrchen als Zeichen des Antithrombinüberwiegens flüssig u n d klar bleiben. E s z e i g t e s i c h j e d o c h , d a ß d i e P r o b e a u c h b e i L e b e r s c h ä d e n p o s i t i v a u s f ä l l t , so d a ß damit ihr W e r t eingeschränkt wird. 6. Die T h r o m b i n a b b a u r e a k t i o n , die n a c h LENGGENHAGER eine F e h l e r b r e i t e v o n e t w a 3 0 % h a t u n d d e r e n theoretische G r u n d l a g e n h e u t e sehr in Zweifel gezogen w e r d e n , (GRÜNING) w i r d n a c h LENGGENHAGER f o l g e n d e r m a ß e n a u s g e f ü h r t :

Aus einer Vene werden etwa 30 ccm Blut möglichst in kontinuierlichem Strom u n d nicht tropfenweise entnommen. Eine H ä l f t e dieses Blutes wird sofort in einen Meßkolben mit 3,5%iger Natrium-Zitratlösung gegossen (2 ccm Natrium-Zitrat, vorgängig ins Meßglas gegossen, Blut ad 15 ccm) u n d gut gemischt. Die andere H ä l f t e wird in einem kleinen Kölbchen mit einem Glasstabe defibriniert. Dabei ist wichtig, d a ß der sich bildende Fibrinklumpen straff u n d gleichmäßig verteilt als spindelförmiges Gebilde am Glasstabe hängt, was m a n am besten dadurch erreicht, indem m a n den Stab alle paar Sekunden während des Schlagens in einer u n d derselben Richtung rasch dreht, u m allfällig sich bildende Fibrinschwänze aufzurollen. Das E n d e der Defibrinierung wird dadurch erkannt, daß sich keine F ä d e n mehr bilden, wenn der Glasstab aus der Flüssigkeit herausgezogen wird. Von diesem Moment ab wird noch während einer weiteren Minute weiter geschlagen; denn es k o m m t verhältnismäßig häufig vor, daß noch eine Nachgerinnung eintritt,

Methoden zur Erkennung der Thrombosegefährdung

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die nachher die Reaktion trübt. Wenn die Defibrinierung beendet ist, wird die genaue Zeit abgelesen. Die zitrierte und die defibrinierte Probe kommen nun für 10—15 Minuten in die Zentrifuge. Falls die Zimmertemperatur nicht 20° Celsius beträgt, muß das defibrinierte Blut während 15 Minuten ins Wasserbad von 20° Celsius gestellt werden. Nach 30 Minuten (vom Ende der Defibrinierung ab gemessen) bringt man in einem sauberen Reagenzglas 1 com Serum und einen Tropfen 5%ige Chlorkalziumlösung und kurz darauf 1 com des zitrierten Plasmas des betreffenden Patienten zusammen. Die Zugabe des Plasmas zum Serum muß auf der Sekundenuhr kontrolliert werden. Durch kurze, energische, leicht kreisende Handgelenkbewegungen wird die Flüssigkeit im Reagenzglas alle 3—5 Sekunden in rotierender Bewegung erhalten. Dabei soll kein oder nur wenig Schaum entstehen. Kurz bevor sich das Gerinnsel bildet, trübt sich die Flüssigkeit und wird sirupös: Die beim Bewegen in die Flüssigkeit gelangenden Luftbläschen steigen nicht mehr an die Oberfläche. Von diesem Moment ab muß energischer bewegt werden, damit sich das bildende Gerinnsel kürzeste Zeit nach seiner Entstehung retrahieren kann. I m Augenblick, wo in der vorher trüben und sirupös gewordenen Flüssigkeit das Gerinnsel die erste Retraktion zeigt, wird an der Sekundenuhr abgelesen. Dieser Moment wird leicht erkannt, weil das Gerinnsel trübe bleibt, daneben aber klare, serumgelbe Flüssigkeit sichtbar wird. Diese erste Retraktion des Gerinnsels wird also bestimmt. Später eintretende Nachgerinnung wird nicht mehr berücksichtigt, sie ist nicht eine Funktion der ursprünglich anwesenden Menge von Thrombin, sondern beruht auf katalytischer Neubildung von Thrombin. Nach einer Stunde vom Momente des Defibrinierungsendes ab gemessen, wird die Reaktion wiederholt.

Als präoperativer Durchschnittswert für junge, gesunde Menschen von 15—30 Jahren ergab sich ein Halbstundenwert von 60 Sekunden, ein Stundenwert von 112 Sekunden. Von diesen Patienten antworten 18% mit postoperativer, leichter Erhöhung als Ausdruck guter Kompensation, 82% antworten mit zum Teil beträchtlicher Senkung der Reaktion. Dabei sinkt dieselbe bei älteren Patienten, besonders bei abdominalen Eingriffen, bedeutend stärker als bei jungen, kräftigen Patienten. 7. Erwähnt sei noch das T h r o m b e l a s t o g r a m m (HARTERT). Das Prinzip dieser Methode besteht darin, daß ein torsionselastisch aufgehängter Metallstift in eine mit Blut gefüllte Kuvette eintaucht und bei rhythmischer Pendeldrehung derselben mit zunehmender Gerinnung des Blutes eine Mitbewegung erfährt, indem das entstehende Blutgerinnsel eine elastisch-feste Verbindung zwischen Stift und Kuvettenwand herstellt. Jede Phase der Blutgerinnung wird dabei durch das Maß des Elastizitätsmoduls quantitativ erfaßt. R U N G E und H A R T E R T hatten bei der Überprüfung der Thrombosegefährdung mit dieser Methode bessere Ergebnisse als mit der Prothrombinbestimmung, sahen allerdings auch Versager. Es wird Bestimmung in zweitägigem Abstand empfohlen, jedoch müssen bei jedem besonderen Ereignis (z.B. bei beabsichtigtem Aufstehen, nach Infusionen oder Transfusionen oder bei Wetterstürzen) außerdem Bestimmungen vorgenommen werden. Unseres Erachtens vermindert sich damit der Wert dieser Methode für die Praxis automatisch. 8. Auch die Z ä h l u n g d e r T h r o m b o z y t e n , deren Abfall eine drohende Thrombose anzeigen soll, wurde zur Erkennung einer Gefährdungslage herangezogen. Es wurde versucht, da die einzelnen Teste für sich allein keine sichere Erkennung der Gefährdungslage zulassen, vermittels einer K o m b i n a t i o n v e r s c h i e d e n e r M e t h o d e n durch Erfassung einer größtmöglichen Anzahl von Faktoren die Treffsicherheit zu erhöhen. Da aber immer nur ein an der Thrombogenese beteiligter Faktor erfaßt wird, nämlich die Gerinnungsfähigkeit des Blutes, liegt es auf der Hand, daß auch dadurch keine absolute Sicherheit in der Erkennung der Thrombosegefährdung, wie sie für praktische Belange zu fordern wäre, erzielt wird ( H E Y N E M A N N , K I R B Y , H I N R I C H S und MARGGRAF). Wenn man sich nicht einseitig nur auf die Bedeutung des Gerinnungsfaktors für die Thromboseentstehung versteift, verwundert diese Tatsache nicht, wie wir das bereits begründet haben. So schreibt

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Thrombosebereitschaft und -gefährdung als Indikation

z. B. JÜRGENS: „Die Bemühungen, nur aus einer verstärkten Gerinnungsneigung des Blutes oder einer Vermehrung einzelner Teilfaktoren, die am Gerinnungsablauf beteiligt sind, Sicheres über eine Thromboseneigung aussagen zu können, werden, wie uns scheint, den Tatsachen über die Ursachen der Thrombenbildung nicht voll gerecht". Auch SEULBERGER, PETERS. DÖRING sind der Ansicht, daß mit einer Testung der Gerinnungsfaktoren eine Thrombosegefährdung nicht sicher erkennbar ist. Diese Autoren messen daher der K o n t r o l l e d e r K ö r p e r t e m p e r a t u r als Indikator f ü r die vegetative Gesamtumschaltung nach Operationen eine wesentliche Bedeutung bei. Nach ihren eingehenden Untersuchungen zeigt ein abnormer Abfall der postoperativen Temperatur eine Thromboemboliegefahr, hohe Temperatur dagegen und Ausbleiben der „Umschaltung" zur zweiten (sympathikotonen) postoperativen Phase die Gefahr von Blutung und Nahtdehiszenz an. Inwieweit die dieser Interpretation zugrunde liegende Konzeption des Thromboemboliegeschehens durch weitere klinische und experimentelle Studien bestätigt wird, bleibt abzuwarten. I n Anbetracht der im Vorstehenden dargelegten Verhältnisse hat es immer wieder Autoren gegeben, die dem k l i n i s c h e n B i l d die g r ö ß e r e B e d e u t u n g beimessen (DOMANIG, MERZ), u n d versucht haben, von dieser Seite aus dem Problem der Erkennung einer Thrombosegefährdung näher zu kommen. Wir möchten hier das S c h e m a von DOMANIG erwähnen, der die zu berücksichtigenden F a k t o r e n : Alter, Geschlecht, Adipositas, Schwere der E r k r a n k u n g bzw. der Operation zahlenmäßig bewertet. F ü r die einzelnen K r a n k e n werden die Zahlen addiert, ihre Summe gibt dann Richtlinien f ü r die spezifische Prophylaxe ab. Als Beispiel einer derartigen Thrombosezahl wird folgendes Schema angegeben: 52 jährige Frau, Adipositas, Cholelithiasis, Varizen. Alter: 3 0 - 5 0 Jahre (2), 5 0 - 7 0 Jahre (3) . . . . Geschlecht: Mann (1), Frau (2) Konstitution: Asthenisch (1) normal (2) adipös (3) Schwere der Erkrankung: leicht (1), mittel (2), schwer (3) Ort der Erkrankung, bzw. Operation: extraabdominal (1), abdominal (3) Varizen

3 3 3 2 3 2

Gesamt

Alle Kranken, deren Thrombosezahl 11 oder höher ist, werden einer Prophylaxe zugeführt. Bei Patienten mit einer Thrombosezahl 10 oder weniger konnte der Verfasser nie eine Thrombose beobachten. Die praktische Anwendung dieser s t a t i s t i s c h e n T e s t m e t h o d e ergab, daß unter 1400 größeren Eingriffen 170 Patienten als thrombosegefährdet anzusehen waren. Diese wurden einer systematischen Prophylaxe unterzogen, u n d es kam nur noch bei einem von ihnen zu einer Lungenembolie. Damit haben wir bereits die Frage der Indikation f ü r eine g e z i e l t e m e d i k a m e n t ö s e P r o p h y l a x e berührt. Mit anderen W o r t e n : Bei welchen Patienten soll eine gezielte Thromboseprophylaxe durchgeführt werden? Da die T e s t m e t h o d e n f ü r den allgemeinen klinischen Gebrauch vielfach zu umständlich und kostspielig sind, sie zudem absolut keine vollständige Sicherheit in der E r k e n n u n g der G e f ä h r d u n g s l a g e gewährleisten, liegt auch unseres Erachtens das H a u p t g e w i c h t auf einer genauen und individuellen B e r ü c k s i c h t i g u n g der oben angeführten a l l g e m e i n e n u n d p e r s ö n l i c h e n B e d i n g u n g e n , die f ü r eine Thromboseentstehung von besonderer Bedeutung sind. Dabei ist es selbstverständlich unrichtig, stark zu schematisieren. Dem klinischen Blick und der Erfahrung des Arztes, die sich be-

Heparin

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sonders auch auf Eigentümlichkeiten der Bevölkerung und meteorologische Verhältnisse der betreffenden Gegend bezieht, bleibt ein weites Feld. Wir selbst gehen unter Betonung des eben erwähnten Grundsatzes so vor, •— schon um eine gewisse Einheitlichkeit des Klinikbetriebes zu gewährleisten, d a ja in einem größeren Krankenhaus auch mit diesen Fragen weniger vertraute Ärzte tätig sind —, daß wir f o l g e n d e P u n k t e besonders beachten: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Phlebitis-und Thromboseanamnese Alter über 40 Jahre Übergewicht, Adipositas, Kachexie Varikosis Herz-und Gefäßkrankheiten Infektionen

7. 8. 9. 10. 11.

Abdominaloperationen, Prostatektomien Hernien- und Hydrozelenoperationen Beckenfrakturen Frakturen der unteren Extremitäten Länger dauernde Immobilisierung

Unter g e n a u e m A b w ä g e n d e r W e r t i g k e i t d i e s e r P u n k t e im s p e z i e l l e n F a l l e stellen wir die Indikation zur Thromboseprophylaxe f ü r jeden einzelnen Patienten, unter besonderer Berücksichtigung sich allfällig ergebender Kontraindikationen, auf die noch ausführlich eingegangen wird (s. K a p . VI, S. 91 ff.). Bei den übrigen Patienten wird von Schwestern und Ärzten im Sinne eines „ T h r o m b o s e s p ü r d i e n s t e s " täglich nach den Symptomen einer b e g i n n e n d e n T h r o m b o s e (s. S. 105) gefahndet. K a p i t e l III

Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe und Therapie der Thrombose Unter Antikoagulantien verstehen wir Medikamente, die je nach der angewandten Dosis die Blutgerinnung verzögern oder verhindern, indem sie den Ablauf des Gerinnungsmechanismus an einer oder mehreren Stellen blockieren oder die Bildung der f ü r die Gerinnung erforderlichen Stoffe (Faktoren) hemmen. Repräsentanten der ersten Gruppe sind das Heparin und die Heparinoide, die der zweiten die Derivate des Cumarins, während die Antikoagulantien aus der Gruppe der seltenen E r d e n ebenfalls direkt in den Gerinnungsvorgang eingreifen. Andere chemische Stoffe, die ebenfalls die Blutgerinnung verzögern oder verhindern, haben z. T. infolge ihrer hohen Toxizität noch keine praktische therapeutische Bedeutung erlangen können.

a) Heparin Das Heparin ist der physiologische gerinnungshemmende Stoff des tierischen u n d menschlichen Organismus. E s wurde 1916 von Mc LEAN a u s d e r L e b e r isoliert, dann aber noch in vielen andern Organen nachgewiesen. So findet es sich z. B. in der I n t i m a d e r G e f ä ß e , der Innenseite der Cornea, der Linsenoberfläche usw. (HIRTJMA, JORPES). Am reichlichsten jedoch ist es in Leber und L u n g e vorhanden, aus denen es auch industriell gewonnen wird. Eine wichtige Eigenschaft des Heparins ist die sogenannte M e t a c h r o m a s i e (EHELICH). Man versteht darunter die Tatsache, daß sich verschiedene Gewebsteile mit basischen Anilinfarben in einem anderen F a r b t o n färben als ihn der verwendete Farbstoff ursprünglich hat. So f ä r b t sich das Heparin z. B. mit Methylenblau rot, mit Toluidinblau rotviolett. Diese Eigenschaft ist zwar nicht spezifisch, ihre Feststellung führte aber doch weitgehend zur Aufklärung des Vorkommens von Heparin in den sogenannten EHRLiOHschen M a s t z e l l e n , den Gewebsmastzellen, und den b a s o p h i l e n L e u k o z y t e n (BEHRENS, T A U B E R T ) .

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Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

Diese Mastzellen finden sich in der Tierreihe von den Fischen bis hinauf zum Menschen. Ihre Granula färben sich ebenfalls metachroniatisch und man nimmt an, daß sie das Heparin darstellen (HOLMGREN, WIELANDER). Man bezeichnet die Mastzellen daher heute auch als H e p a r i n o z y t e n und rechnet sie zu den Zellen mit innersekretorischer Drüsenfunktion. Durch vergleichende Untersuchungen zwischen dem Vorkommen der Mastzellen und dem Heparinreichtum bestimmter Organe wird diese Annahme vollauf bestätigt. Die normalerweise im menschlichen Blut z i r k u l i e r e n d e M e n g e von H e p a r i n b e t r ä g t 0,009 m g % (JAQUES) ( A b b . 39).

Abb.

39.

Mastzelle im Peritonealexsudat der Maus (nach

KOLLER)

Die weitgehende Aufklärung der chemischen Struktur des Heparins verdanken w i r JORPES (1935), d e r es als einen M u c o i t i n - P o l y s c h w e f e l s ä u r e e s t e r

definieren

konnte, der Beziehungen zur Chondroitinschwefel- und Hyaluronsäure hat, also chemisch eng verwandt mit Stoffen ist, die in der Grundsubstanz des Bindegewebes vorherrschen und deren physiologisches Verhalten vorwiegend bestimmen. In den reinsten Präparaten enthält es 45% Schwefelsäure und ist damit einer der am stärksten ionisierten Bausteine unseres Körpers. Sein Molekulargewicht beträgt 12000. Weitere Bestandteile sind Glukoronsäure und Glukosamin. Durch das Übermaß negativ-elektrischer Potenzen beeinflußt es die Ladung verschiedener Eiweißstoffe einschließlich der Enzyme und hebt dadurch deren Wirkung auf. Die so zu erklärende Einwirkung auf die Gerinnungsfermente ist physikalisch-chemischer Natur und daher leicht reversibel. So werden z. B. durch Protaminsulfat die negativen Ladungen des Heparins neutralisiert, worauf dessen therapeutische Anwendung als Antidot bei Überdosierung des Heparins basiert. Die Ausscheidung geschieht durch die Nieren mittels Depolymerisation des Molekülaggregates (Mikroheparine) ohne Abbau der einzelnen Bausteinmoleküle (JÜRGENS). Die Heparinwirkung nimmt dabei rasch ab, wie auch die Heparine der verschiedenen Tierarten sich vermutlich aus diesem Grunde gerinnungsphysiologisch unterscheiden. Die prompte und sofort einsetzende Wirkung des Heparins beruht auf seinem Eingreifen in den Gerinnungsmechanismus an mehreren Stellen:

Heparin

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Der Einfluß auf die Thrombozyten ist sichergestellt und besteht in erster Linie in einer Abschwäehung ihrer Haftfähigkeit und damit in einer Hemmung der Plättchenagglutination (OLLGARD), während die Bedeutung für die Thrombozytenzahl umstritten ist (QUICK, C O P L E Y ) . Schon H O W E L L und HALT, die Mitentdecker des Heparins, hatten gefunden, daß es allein auf den Gerinnungsvorgang zwischen Thrombin und Fibrinogen nicht wirksam ist, sondern daß dazu die Verbindung mit einem Plasmaalbuminfaktor gehört. Diese Verbindung wird nach A S T R U P und D A R L I N G als Thrombininhibitor bezeichnet und unterscheidet sich von dem natürlichen körpereigenen Antithrombin vor allen Dingen durch Wirkungsdauer und Zeitpunkt des Wirkungseintrittes bzw. Inkubationszeit, weiterhin durch ihre Hitzestabilität. Die Eigenschaft des Heparins als Antiprothrombin war lange Zeit umstritten (QUICK, HOWELL) ; nach B R I N K H O U S , SMITH, W A R N E R , S E E G E R S hemmt eine Heparineiweißverbindung die Umwandlung des Prothrombins zu Thrombin möglicherweise auch als Antithrombokinase. Fassen wir zusammen: Das Heparin wirkt auf Thrombozyten, Prothrombin, Thrombokinase und vor allem auf Thrombin. Eine weitere Eigenschaft, die für seine therapeutische Anwendung von größter Bedeutung ist, besteht in der Beeinflussung der Fibrinolyse. Auf diese Eigenschaft des Heparins ist man erst in jüngerer Zeit gestoßen, frühere Untersuchungen in dieser Richtung verliefen negativ. 1948 konnte H A L S E zeigen, daß Heparin sowohl in vitro, wie auch in vivo eine beträchtliche Beschleunigung der Fibrinverflüssigung verursacht, wobei auch diese Wirkung wiederum an das Vorhandensein eines Kofaktors gebunden ist, der sich im Plasma reichlich, im Serum dagegen nur spärlich findet. Diese fibrinolytische Valenz des Heparins, die ihre Parallele in gewissen Bakterienprodukten, wie Streptokinase, hat, ist bei den einzelnen Präparaten offenbar etwas verschieden. Tatsächlich konnte B A U E R mit Hilfe von Phlebogrammen fast eine sofortige Einschmelzung von Thrombosen unter Heparinwirkung beobachten. Ähnliche Befunde erhoben H A L S E , P H I L I P P und R U F im Tierexperiment mittels Prüfung durch radioaktive Isotopen, wobei sie eine erhebliche Steigerung der Thrombolyse durch Heparin und Thrombocid, die auch angiographisch verfolgt wurde, feststellen konnten. W R I G H T und Mitarbeiter fanden die Rekanalisierungszeit bei experimentellen Thrombosen an Kaninchen unter Antikoagulantientherapie auf 3 Wochen verkürzt, ohne Behandlung betrug sie viele Monate. So konnte 1 9 5 1 J O R P E S feststellen, „die auflösende Wirkung des Heparins in vivo auf neugebildete Gerinnsel ist eindeutig erwiesen". Diesen enthusiastischen Beurteilungen stehen allerdings sehr sorgfältige und kritisch ausgewertete Untersuchungen E Y S H O L D T S gegenüber, der bei Kaninchen durch Gefäßdrosselung und Thrombininjektion eine Thrombose der Vena jugularis erzeugte. Je 10 Kaninchen wurden mit Heparin, Thrombocid und Thrombostop in der menschlichen therapeutischen Dosen entsprechenden Menge behandelt. Nach Verfolgung des Verlaufes durch Phlebogramme wurde das Venenstück nach 8 Tagen entnommen und histologisch untersucht. In keinem Falle ließ sich eine vollständige Auflösung des Thrombus nach der Behandlung nachweisen. Dagegen fand sich ein deutlicher Unterschied im Ausmaß der Gefäßverlegung zugunsten der mit Heparin und Thrombocid behandelten Tierserien gegenüber einer unbehandelten Vergleichsreihe. Bemerkenswert erscheinen uns die histologischen Befunde, die das Bild des Gerinnungsthrombus in Organisation unter Einsprossung von Bindegewebszellen vom Rand her boten. Ein wesentlicher Unterschied zu den Befunden der unbehandelten Thrombose fand sich dabei nicht. I m übrigen war auch bei den nicht behandelten Kontrolltieren am 8. Tage nach Beginn der Thrombose die thrombosierte Vene wesentlich freier als zu Beginn, was auf die Retraktion des Thrombus zurückgeführt wird. Die mit Thrombostop behandelten Tiere gingen z.T. ein und zeigten besonders starke Nierenveränderungen.

Erwähnung verdient auch, daß das Heparin einen gewissen gefäßerweiternden Einfluß ausübt und die T e i l c h e n g r ö ß e d e r L i p o p r o t e i n e d e s S e r u m v e r -

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Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

m i n d e r t , wodurch es Eingang in B e h a n d l u n g und P r o p h y l a x e der A t h e r o s k l e r o s e gefunden hat. Neben diesen erwünschten therapeutischen Eigenschaften hat das Heparin nur wenige unerwünschte N e b e n w i r k u n g e n : Wie zu erwarten, sind allergische Reaktionen auf seine Anwendung nachgewiesen worden, unter andern eine tödliche Anaphylaxiereaktion nach Injektion von 50 mg Heparin (CUMMINE). ES kommen auch primäre Überempfindlichkeiten vor, ebenso Heparmwirkung

erste

\ zweite

\ dritte

| vierte intravenöse

Heparininjektion

Abb. 40. Schematische Darstellung der Wirkung fraktionierter intravenöser Heparininjektionen (nach MERZ)

Allergien nach Sensibilisierung, weshalb bei Wiederaufnahme einer Behandlung oder bei schon früher stattgefundener Heparinanwendung Vorsicht geboten ist. Uber die Beeinflussung der Kapillarpermeabilität wissen wir noch nichts Sicheres, es ist aber anzunehmen, daß eine solche im Sinne der Erhöhung besteht, wie z . B . die Untersuchungen von MATIS, der als Test die Empfindlichkeit gegenüber Ultraviolettstrahlen benutzte, zeigen. Auch Haarausfälle wurden beobachtet. Die toxischen Nebenwirkungen, bestehend in Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Wallungen, beruhen auf Verunreinigungen. Im Vordergrund der unerwünschten Nebenwirkungen stehen jedoch W u n d - u n d S c h l e i m h a u t b l u t u n g e n , wie sie besonders zu Beginn der Heparinära beschrieben wurden. Nicht so selten wurden auch intrapleurale B l u t u n g e n b e i d e r B e h a n d l u n g v o n L u n g e n i n f a r k t e n (FALCONER, K E Y E S , SCHAEFER)

beobachtet, wofür im wesentlichen eine Überdosierung verantwortlich gemacht wird. Wir gehen auf diese wichtigen Komplikationen, ihre Behandlung bzw. Vermeidung und die sich aus ihnen ergebenden Kontraindikationen im einzelnen noch ausführlich ein (s. Kap. VI, S. 91 ff.). Heparin wird durch Messung der gerinnungshemmenden Wirkung standardisiert. Die sogenannte „Torontoeinheit" wurde 1947 als endgültiger internationaler Standard festgesetzt. Eine Einheit entspricht 1 / 130 mg des wasserfreien Natriumsalzes.

Heparin

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Die A n w e n d u n g des Heparins, für die uns verschiedene Markenfabrikate zur Verfügung stehen (Liquemin Roche, Heparin Vitrum u. a.), hat in jedem Falle parenteral zu erfolgen. Der hauptsächlichste Verabreichungsmodus ist die intravenöse Injektion, gegebenenfalls als Dauertropfinfusion (Torontomethode). Da eine therapeutische Injektion von 10—15000 I. E. etwa 4—6 Stunden wirksam ist, muß sie entsprechend repetiert werden. Praktischerweise geht man dabei so vor, daß tagsüber in 4stündlichem Intervall Injektionen von 10—15000 I . E . verabreicht werden (s. Kap. V, S.85ff.). Wichtig ist, daß bei der HeparinanWendung eine Kontrolle

Zeit nach Injektion

Abb. 41. Vergleich der Heparinwirkung bei intravenöser und intramuskulärer Anwendung ( n a c h MERZ)

der Gerinnungszeit nicht erforderlich ist, da diese völlig vom Zeitpunkt der Blutentnahme abhängig ist, und somit keinen sicheren Anhaltspunkt für die wirkliche Gerinnungsvalenz des Blutes abgibt. Sofort nach Injektion des Heparins kommt es nämlich zu einer starken Verlängerung der Gerinnungszeit, die bei therapeutischer Dosis innerhalb 4—6 Stunden wieder zur Norm zurückgeht. Die Prothrombinzeit wird praktisch nicht beeinflußt, so daß sich deren Messung erübrigt. Ein Überblick über die Heparinwirkung in ihrer zeitlichen Verteilung wird durch das Schema (Abb. 40) gegeben. Diese Fluktuationen der Gerinnungszeit, die von E V A N S und L E E als gefährlich angesehen werden, betrachten andere wieder, wie z. B . J O B P E S , als besonders günstig, da die stoßweise Wirkung möglicherweise die fibrinolytische Valenz verstärkt. Die intramuskuläre und subkutane Anwendung ist erstens in ihrer klinischen Wirksamkeit nicht so sicher ( B A U E R sah dabei unter 1 6 Fällen 7 Rezidive, darunter eine tödliche Lungenembolie), und zweitens wurden mehrfach Hämatome im Bereich der Injektionsstellen beobachtet (nach W Y N N , G O O D W I N und B I E R B E C K in 2 5 % der Fälle). Auch die A n w e n d u n g v o n P r ä p a r a t e n mit D e p o t w i r k u n g wird propagiert ( L O E W E , R O S E N B L A T T , R U N G E und H A R T E R T U. a.). Ein gewisser Vorteil besteht in den selteneren Injektionen, es ist aber noch fraglich, ob damit ein wirklich

62

Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

sicherer Schutz erreicht werden kann. Einen Vergleich zwischen der intravenösen und der Anwendung als Depotpräparat gibt Abb. 41. Für die Therapie manifester Zustände halten wir auf jeden Fall nach wie vor die intravenöse Anwendung für indiziert und können aus diesem Grund auch vorerst die von GOTTLOB und M A Y kürzlich berichtete lokale Anwendung durch intraspongiose Applikation des Heparins als Dauertropf nicht empfehlen, zumal die geringe Zahl der behandelten Patienten noch keinen Schluß auf die Brauchbarkeit des Verfahrens zuläßt. 10 Die Kostspieligkeit des Ausgangsmaterials und der komplizierte Herstellungsgang machen das Heparin zu einem relativ teuren Medikament. Einen Vergleich über die Kostenfolgen verschiedener Behandlungsverfahren gibt Abb. 42. 30 b) Heparinoide Die Bestrebungen gingen daher schon frühzeitig dahin, ein synthetisches Präparat von gleicher Wirksamkeit wie das Heparin zu entwickeln. Seit 1935 wurden mehrfach derartige Verbindungen hergestellt ( B E R G S T R Ö M , S H A R G A F F . K A E B E B , K Ö N I G ,

20

10

es

USTERI,

BANCROF

und

STANLEY,

BROWN,

von

und H U S E M A N N U. a.), sie alle entsprachen C> jedoch klinisch nicht den in sie gesetzten ErPe wartungen, vor allem waren sie z. T. nicht wirksam 1 genug, z. T. hatten sie stark toxische NebenJZL wirkungen. Erst das 1 9 4 8 von B E N E N D hergestellte Abb. 42. Angenäherte Behandlungs- T h r o m b o c i d konnte sich einen Platz neben dem kosten pro Tag mit verschiedenen Heparin erobern. Es handelt sich dabei um einen Antikoagulantien (nach v. KAULLA) Polysacharid-Schwefelsäureester, der in seiner praktischen Wirksamkeit bei entsprechender Dosierung nach vielen Berichten ( E Y S H O L D T , H A U S E R , H O F E R , H A L S E , S H M I T S , R E H N u. a.) dem Heparin fast gleichzusetzen ist. Das Präparat ist jetzt seit über 5 Jahren in klinischer Anwendung, so daß genügend große Behandlungsserien vorliegen, um seine Wirksamkeit beurteilen und einen Vergleich zum Heparin ziehen zu können. KAULLA

Die W i r k u n g s w e i s e des Thrombocid entspricht weitgehend derjenigen des Heparins: 1. Hemmt es die Wirkung der Thrombokinase, 2. blockiert es die Umwandlung von Prothrombin in Thrombin, 3. wirkt es vor allem als Antithrombin in Verbindung mit einem im Serum vorhandenen Kofaktor, 4. führt es regelmäßig zu einem vorübergehenden Thrombozytenabfall, worin seine Wirkung auf die Retraktionszeit begründet sein dürfte. E S S E R und SCHOLL fanden, daß keine Verlängerung der Gerinnungszeit beim Kinde eintritt, während die stillende Mutter mit Thrombocid behandelt wird. Bei der Prüfung des Mittels fiel eine Diskrepanz zwischen den klinischen Befunden und den in vitro-Versuchen auf: Während klinisch eine Verstärkung der Thrombolyse sicher schien, fand sich diese Wirkung in vitro nicht. Dieser Widerspruch konnte von H A L S E aufgeklärt werden: Im Gegensatz zum Heparin, das direkt fibrinolytisch

Die Dicumarine (Cumarinabkömmlinge)

63

wirkt, kommt dem Thrombocid nur eine indirekte fibrinolytische Valenz zu, indem es durch Mobilisation der körpereigenen Phosphatide das fibrinolytische Potential erhöht. Dieser Effekt verschwindet nach einigen Tagen der Anwendung, sobald der Phosphatidvorrat des Körpers aufgebraucht ist. Ein Gefäßeffekt im Sinne der Erweiterung kommt auch dem Thrombocid zu, indem es den bei der Thrombose auftretenden Spasmus der Kollateralen (LERICHE) aufhebt und eine Erweiterung der Venen bewirkt, womit die Abflußbehinderung verringert wird. Eine Bestätigung dieser klinischen Beobachtungen gelang KONCZ im Tierversuch. Es ist interessant, daß der vasotrope Effekt des Heparins und Thrombocids auch nach Gabe von Protaminsulfat noch nachweisbar ist (MATIS), so daß man hier eine von der Gerinnungshemmung unabhängige Eigenschaft annehmen muß. Die Verabreichung erfolgt intravenös in über den Tag verteilter Dosis. I n letzter Zeit wurde auch ein Depotpräparat entwickelt, über das jedoch noch wenig Erfahrungen vorliegen. Genaue Dosierung s. Kap. IV, S. 76 und Kap. V, S. 85. Auch die Thrombocidwirkung kann durch Protaminsulfat kupiert werden, wie wir das für das Heparin kennen gelernt haben, womit ein Antidot gegeben ist, das die Möglichkeit zur Behandlung allfälliger Blutungskomplikationen bietet. Nach MATIS kam es in etwa 1 % der behandelten Fälle zu Hämorrhagien, die durch Absetzen des Präparates oder Verabreichung des Antidots zu beherrschen waren. Auch N e b e n e r s c h e i n u n g e n allergischer Art wurden in gleicher Weise wie bei der Heparinanwendung beschrieben, besonders bei Wiederaufnahme einer unterbrochenen Behandlung (s. Kap. VI, S. 94). Über andere derartige Präparate, wie Treburon, Paritol, Thrombostop liegen noch nicht genügend Erfahrungen vor, als daß ihre Anwendung allgemein empfohlen werden kann. c) Die Dicumarine (Cumarinabkömmlinge) 1 9 3 4 hatte MORAWITZ die Möglichkeit diskutiert, durch Erschwerung der Gerinnung eine Thromboseprophylaxe zu betreiben: „Wenn es z. B. gelingen sollte, eine milde, harmlose Schädigung der Leberfunktion zu setzen, dann wäre es vielleicht möglich, auf diesem Wege der Thrombosebereitschaft entgegenzuwirken". Diese Möglichkeit ergab sich f ü r die Praxis erstmals durch die Abkömmlinge des Cumarins. Die Forschungsarbeit über dieses Gebiet begann mit der Beschreibung einer als sweet-clover-desease bezeichneten Krankheit durch SCHOFIELD. E r beobachtete, daß Kühe, die im Winter 1 9 2 1 / 2 2 eine bestimmte Art von angefaultem Süßklee gefressen hatten, an ausgedehnten Blutungen nach nur geringfügigen Traumen starben. Weitere Untersuchungen fanden als Ursache für diese Blutungen eine herabgesetzte Blutkoagulation, speziell eine Hypoprothrombinämie. Die Reindarstellung der für diese hämorrhagische Diathese verantwortlichen Substanz gelang CAMPELL, R O B E R T S , SMITH und L I N K 1 9 4 1 nach 6 J a h r e dauernden Versuchen: E s handelt sich um das 3,3-Methylen-bis-(4-oxycumarin). Diese Verbindung war bereits 1902 von ANSCHÜTZ und F R E S E N I U S synthetisiert worden, ohne daß man allerdings seine gerinnungshemmende Wirkung erkannte. Dieses „ D i c u m a r o l " entsteht durch Fäulnisvorgänge im Süßklee. Die Cumarine selbst sind im Pflanzenreich als Geruchsstoffe weit verbreitete Substanzen, z. B. ist der Geruch des getrockneten Heues zum Großteil auf sie zurückzuführen. Manche Cumarine haben eine gewisse antibakterielle und insektizide Wirkung (GOTH, SPÄT, K N I P P I N G ) . Medizinische Bedeutung gewannen diese Verbindungen jedoch erst, als man ihre Wirkung auf die Blutgerinnung erkannt hatte.

64

Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

Die W i r k u n g s w e i s e der Cumarinabkömmlinge stellt man sich heute im allgemeinen so vor: Die Verbindungen haben eine organische V e r w a n d t s c h a f t z u m V i t a m i n K , das in einem Fermentsystem als Kofaktor auf die Bildung von Prothrombin bzw. seiner Vorstufen in der Leber wirkt (LEHMANN). Nach dem Massenwirkungsgesetz soll nun das Vitamin K durch die Cumarinabkömmlinge als K o f a k t o r verdrängt werden, so daß es nicht mehr zu einer Prothrombinsynthese kommen könne (MEUNIER, MENZEE, VINET) . Nach KOLLER ist der Hauptangriffspunkt der Dicumarine der F a k t o r V I I . Die klinische Beobachtung, daß das Vitamin K als Antagonist u n d Antidot der Cumarinabkömmlinge wirksam ist, spricht für die Wahrscheinlichkeit dieser Konzeption, zumindest als praktisch brauchbare Arbeitshypothese. Auch Untersuchungen mit Dicumarol, das durch Isotope (C14) etikettiert worden war, bestätigen diese Ansicht ( L E E , TREVOYD, SPRINKS u n d JAQUES). Diese Autoren fanden in Versuchen an Mäusen u n d Kaninchen, daß das P r ä p a r a t nach einer Stunde zu 10—15% in der Leber erschien u n d dort beiMäusen 16 Stunden, bei Kaninchen 72 Stunden blieb. Die Hypoprothrombinämie dauerte entsprechend 4—9 Tage. Bei Vitamin-K-Gaben wurde es schneller aus der Leber i 2 3 t s e 7 Tag wieder ausgeschieden. I m übrigen Abb. 43. Darstellung der unterschiedlichen Dicumarol- erscheint es darnach etwas zweifelwirkung bei verschiedenen P a t i e n t e n (nach SCHMID). h a f t , daß die Wirkung nur v i a Störung der L e b e r f u n k t i o n geht, zumindest nicht im Sinne einer L e b e r s c h ä d i g u n g ; nach SCHMID ist auch die nachgewiesene Beeinträchtigung der Kolibazillen durch Dicumarol, die außer der Nahrung unsere einzigen Vitamin-K-Lieferanten sind, mit im Spiel. Da, wie wir gesehen haben, für die Cumarinwirkung die Mitbeteiligung der Leber erforderlich ist — in vitro findet sich keine Hemmung der Gerinnung —, so ist die Ansprechbarkeit auf diese Medikamente auch individuell recht verschieden. Eine schematische Dosierung, sowohl bei der Prophylaxe wie der Therapie der Thrombose, ist somit nicht möglich. (Genaue Hinweise s. K a p . IV, S. 77 und V, S. 88.) Die Anwendung geschieht peroral; parenteral ist das Medikament nicht besser wirksam (BJERKELIND). Dagegen berichteten neuerdings KRANZ und K O P P über eine Dicumaroltherapie mittels Suppositorien, womit sie eine ausreichende Senkung des Prothrombinspiegels erreichen konnten. Auch diese Darreichungsform ist bezüglich Dosierung und Aufrechterhaltung eines therapeutischen Spiegels a n regelmäßige Prothrombinkontrollen gebunden, erweitert aber möglicherweise das Anwendungsgebiet. Eine relativ lange Anlaufzeit, die bei den einzelnen P r ä p a r a t e n verschieden ist und bei deren Anwendung berücksichtigt werden muß, ist f ü r die Therapie besonders zu beachten. Durch die Antikoagulantien wird eine latente hämorrhagische Diathese hervorgerufen, u n d so ist auch die im Vordergrund stehende K o m p l i k a t i o n bei ihrer Anwendung die Blutung, zumal diesen Medikamenten außerdem noch eine gefäßtoxische Wirkung zukommt (KOLLER, NEUMAYR und SCHMID, JÜRGENS). I m all-

Die Dicumarine (Cumarinabkömmlinge)

65

gemeinen ist in etwa 3—4% der Fälle bei Dicumarolmedikation mit einer Blutung zu rechnen, worauf wir im einzelnen noch zurückkommen (s. S. 92). Das weiße Blutbild, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, Blutzuckerkonzentration werden bei therapeutischen Dosen nicht beeinflußt. Inwieweit die Cumarinabkömmlinge auf die Muttermilch übergehen, ist umstritten. Während einerseits Schädigungen der Säuglinge beobachtet wurden (MERZ und CHRIST), — was nach den Feststellungen von FERSTL u n d LACHNIT, wonach die Dicumarine vorwiegend in der Muttermilch ausgeschieden werden u n d ihre Konzentration hier u m eine 10er Ä7

50

J

I 1 L.

i t t i

Lebenstage

10

Abb.44. Prothrombinindex des Neugeborenen, dessen M u t t e r einer gezielten Prophylaxe mit Marcumar unterzogen wurde (nach STEINBRÜCHE!,)

Lebenstoge Abb. 45. Prothrombinindex des Neugeborenen, dessen M u t t e r keiner spezifischen P r o p h y l a x e unterzogen wurde (nach STEINBRÜCHE!,)

Potenz höher liegt als im Serum, nur verständlich erscheint, — f a n d STEINBRÜCHE!, bei Verwendung von M a r c u m a r im Wochenbett keinen schädigenden Einfluß auf das gestillte Neugeborene. Blutungskrankheiten u n d Ikterus t r a t e n bei 495 Kindern, deren Mütter mit Marcumar behandelt wurden, nicht häufiger auf als bei der gleichen Zahl, bei deren Müttern keine spezifische Prophylaxe durchgeführt wurde. Der Prothrombinindex erfuhr durch das der Mutter verabreichte Medikament keine Änderung (Abb. 44 u n d 45). Jedenfalls scheint diese Frage noch nicht sicher geklärt, so daß vorerst bei der Verabreichung an stillende Mütter eine gewisse Zurückhaltung am Platze ist, wenn auch das Puerperium nicht absolut zu den Kontraindikationen f ü r den Gebrauch der Dicumarine gerechnet zu werden braucht (BERRI, KL AHN). Die relativ lange Anlaufzeit u n d die Kumulationsgefahr des Dicumarols ließen nach andern Dicumarinpräparaten suchen, von denen das T r o m e x a n (3,3—4oxycumarinyl-Essigsäure-Äthylester) viel Anklang und weite Verbreitung gefunden h a t (WRIGHT, BURKE, SCARONE u. a.). Der Wirkungsmechanismus ist offenbar der gleiche wie beim Dicumarol, die Wirkung setzt jedoch rascher ein u n d klingt schneller wieder ab, so daß die Kumulationsgefahr kleiner wird und das P r ä p a r a t eine bessere Steuerbarkeit aufweist. Untersuchungen von HAUSNER u n d Mitarbeitern mittels radioBitter, Thrombose u. Embolie

6

G6

Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

a k t i v e m T r o m e x a n zeigten eine rasche u n d intensive Speicherung des P r ä p a r a t e s in der Leber. Die P r o t h r o m b i n s e n k u n g erreicht ihr M a x i m u m je n a c h Dosierung in 1 2 — 2 4 S t u n d e n (von K A U L L A ) . Die Ansprechbarkeit der P a t i e n t e n auf das P r ä p a r a t k a n n sich — wie auch bei den a n d e r n Cumarinabkömmlingen — u n t e r der B e h a n d l u n g ändern, wodurch eine s t ä n d i g e K o n t r o l l e e r f o r d e r l i c h wird u n d worauf bei der Dosierung zu a c h t e n ist. Die Nebenwirkungen u n d die sich daraus ergebenden K o n t r a i n d i k a t i o n e n sind im wesentlichen dieselben wie beim Dicumarol. Die Kapillartoxizität soll sehr gering sein (DEUTSCH u n d FRISCHAUF), wogegen andere Untersucher sowohl beim Dicumarol wie beim T r o m e x a n m i t verschiedenen Methoden eine Permeabilitätssteigerung f a n d e n (MATIS u n d H A G E R , MATIS u n d SCHEELE). Eine fibrinolytische W i r k u n g besitzt es ebenfalls nicht, wie auch in vitro kein E i n f l u ß auf die Gerinnung festgestellt Fall: ß/

Abb. 46. Unterschiedliches Verhalten der einzelnen Werte für die Prothrombinzeit, bzw. für die Gerinnungskomponenten Prothrombin und Faktor VII (Prothrombinzeit nach QUICK ; Paktor VII ; Prothrombin ) nach Marcumar-Anwendung (nach PERLICK) werden k a n n . Die Inaktivierung des T r o m e x a n geschieht über untoxische Zwischens t u f e n (Tromexansäure) relativ schnell im K ö r p e r ( P U L V E R u n d von K A U L L A ) . I n letzter Zeit wurde ein weiterer Cumarinabkömmling in die Therapie eingeführt, das 3(l-phenyl-propyl-)4-oxyCumarin, das u n t e r dem N a m e n M a r c u m a r im H a n d e l ist. Über seine klinische E r p r o b u n g liegt schon eine Reihe von günstigen Berichten v o r (KOLLER u n d J A K O B , D U V E U. a . ) . D e r W i r k u n g s m e c h a n i s m u s

ist der

gleiche

wie der des Dicumarols, seine W i r k u n g soll jedoch 10—25fach größer sein; m i t anderen W o r t e n : E i n gleicher therapeutischer E f f e k t wird mit wesentlich geringeren Dosen erreicht. N a c h KOLLER u. a. wird vor allen Dingen der F a k t o r V I I beeinflußt, der bereits auf 10% abgesunken ist, wenn die P r o t h r o m b i n w e r t e noch bei 6 0 % liegen. Ü b e r die individuell unterschiedliche E i n w i r k u n g auf einige Thrombinvorstufen bei einzelnen P a t i e n t e n gibt Abbildung 46 einen g u t e n Überblick. Das Wesentliche bei der M a r c u m a r w i r k u n g ist ein s t a r k p r o t r a h i e r t e r E f f e k t , der sich m i t geringen Dosen a u f r e c h t erhalten läßt. N a c h Absetzen der Medikation b r a u c h t die Normalisierung des Prothrombinspiegels lange Zeit, bis zu 14 Tagen. D u r c h d a s s p e z i f i s c h e A n t i d o t — V i t a m i n K j — k a n n sie jedoch wesentlich a b g e k ü r z t werden (s. K a p . VI, S. 96). E i n ähnliches P r ä p a r a t ist das C u m o p y r a n , über das bisher n u r wenige, jedoch recht günstige Erfahrungsberichte vorliegen (SCHEEL, W u u n d LINK). A u c h dieses Mittel gehört zur Gruppe der sogenannten „ S u p e r d i c u m a r o l e " , deren A n w e n d u n g auf breiterer Basis möglich geworden ist, seitdem m a n ihre W i r k u n g durch V i t a m i n K x relativ rasch kupieren k a n n . E i n ebenfalls hochaktives Antikoagulans, das erst kürzlich v e r f ü g b a r wurde, stellt das P r ä p a r a t G 23350 (GEIGY) dar, dessen W i r k u n g jedoch ähnlich der des

Antikoagulantien verschiedener Provenienz

67

Tromexan schnell einsetzt und in kürzerer Zeit wieder abklingt. Auch seine Anwendung ist an die für alle Antikoagulantien gültigen Kautelen geknüpft. Als Dosierung wird empfohlen: 1. Tag: 2. Tag:

20—28 mg = 5—7 Tabletten; 16—24 mg = 4—6 Tabletten.

Vom 3. Tag ab gibt'man bei Gerinnungsvalenzen zwischen 30 und 25% 8—12 mg = 2—3 Tabletten; 25 und 20% 4— 8 mg = 1—2 Tabletten; 20 und 15% 0—2— 4 mg = 0— y 2 —1 Tablette.

Es ist jedoch daraufhinzuweisen, daß eine genügend tiefe Senkung des Prothrombinspiegels mit a l l e n diesen Mitteln erreicht und auch aufrecht erhalten werden kann, daß lediglich Unterschiede im Wirkungseintritt, in der Dosierung und der Handhabung bestehen. Ein Überblick über verschiedene Präparate und die durch sie hervorgerufene Prothrombinsenkung wird im folgenden Schema gegeben (Abb. 47). d) Antikoagulantien verschiedener Provenienz Weitere Antikoagulantien, die sich bisher klinisch jedoch noch nicht durchsetzen konnten und über die genügend große Erfahrungsberichte noch nicht vorliegen, sind Präparate, deren W i r k s t o f f a u s d e r R e i h e d e r s e l t e n e n E r d e n stammt. Die gerinnungshemmende Wirkung dieser Substanzen — in erster Linie wurden die anorganischen Salze des N e o d y m s untersucht — ist seit etwa 25 Jahren bekannt ( G U I D I , A I A Z Z I - M A N C I N I , N I C C U L I N I ) . Die Präparate zeigten sich jedoch als relativ toxisch, so daß sie therapeutisch nicht zur Anwendung kamen. Erst in letzter Zeit wurde von V I N C K E ein Präparat entwickelt, das unter dem Namen T h r o m b o d y m im Handel ist und als Wirkstoff das Neodymsalz der 3-sulfo-isonicotinsäure enthält. Über seine Anwendung besitzen wir bereits einige klinische Zusammenstellungen ( W I L B R A N D , B A R R A K L I N G ) . Seiner Wirkung nach ist das Thrombodym ein Antiprothrombin, und zwar setzt es offenbar den Prothrombingehalt des Blutes direkt herab, nicht wie die Dicumarine durch Hemmung der Synthese in der Leber. Der Wirkungsmechanismus ist noch nicht endgültig abgeklärt, es wird jedoch vermutet, daß das Prothrombin als „Globulin" isoliert ausgefällt wird. Von T H I E S wurde festgestellt, daß der Thrombodymeffekt nicht mit der QuiCKsehen Methode zu erfassen ist, da eine starke Affinität dieses Mittels zu dem dem Blut zugesetzten Natriumoxalat besteht, so daßNeodymoxalat ausfällt. Die Prothrombinbestimmung muß daher mit einer Methode durchgeführt werden, die eine unverzügliche Erfassung erlaubt. Da es direkt in den Gerinnungsvorgang eingreift, tritt der Effekt unmittelbar ein, um dann langsam wieder abzuklingen, so daß

0

10

Z0 Tage

CS8Ca



11 Cumopyran

10

20 Tage

Abb. 47. Wirkung der üblichen Initialdosis von Tromexan, Dicumarol, Cumopyran und Marcumar auf den Prothrombinkomplex nach QUICK bei einer 26jährigen gesunden Versuchsperson (nach

KOLLER

und

JAKOB)

68

Die Antikoagulantien als Grundlage der spezifischen Prophylaxe

nach 24—30 Stunden der Ausgangswert wieder erreicht ist. Die tägliche Injektion von 250 mg = 2 Ampullen erzielt eine genügende Herabsetzung des Prothrombinspiegels (Abb. 48). WILBRAND fand bei 6% seiner 305 Patienten, die prophylaktisch behandelt wurden, N e b e n e r s c h e i n u n g e n , wie Temperaturen bis 39°, Schlaflosigkeit, Unruhe und Gelenkschmerzen, die in 24—26 Stunden wieder verschwanden. Eine umfassendere Erprobung des Medikamentes scheint uns somit noch erforderlich, bevor ein abschließendes Urteil und eine Empfehlung für den allgemeinen klinischen Gebrauch möglich ist. Untersuchungen von KABAT, STOLLMAN und SMITH zeigten an Tieren den blutgerinnungshemmenden Effekt des I n d a n d i o n s , der später von anderen Autoren auch klinisch bestätigt wurde (BLAUSTEIN und Mitarbeiter). Über den Wirkungs120

250 mg Thrombodym i.v. i.v —

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Abb. 48. Verhalten des Prothrombinspiegels u n t e r täglichen Thrombodymgaben (nach WILBRAND)

mechanismus ist bisher nichts bekannt; die Wirkung, die in einer Senkung der Prothrombinkonzentration besteht, ist nur kurz (12—24 Stunden). Eine wesentliche klinische Bedeutung haben Präparate dieser Reihe (Phenylindandion, Phenindan, Danilone, PID) bisher noch nicht erlangen können. Außer diesen Mitteln wirken noch eine Reihe anderer Stoffe gerinnungshemmend, die insbesondere von RIEBEN in letzter Zeit eingehend geprüft wurden. Wir beschränken uns auf eine Aufzählung, zumal sie therapeutische Bedeutung bisher nicht erlangt haben, aber immerhin in speziellen Fällen einmal, z. B. im Fall einer Kontraindikation für die eigentlichen Antikoagulantien, in Frage kommen mögen. Es sind dies vor allem: 1-Askorbinsäure, Zystein, Taurin, Sulfaguanidin, Salizylate, Vitamin A. Von wesentlich größerer Bedeutung und auch besonderem theoretischen Interesse ist in letzter Zeit das V i t a m i n E für unser Indikationsgebiet geworden. Nach amerikanischen Berichten (OCHSNER, K A Y ) ist das V i t a m i n E in V e r b i n d u n g m i t K a l z i u m zur Verhütung einer Thrombose geeignet. Seine Wirkung beruht darauf, daß es als Antithrombinsubstanz einen direkten Einfluß auf den Thrombinspiegel des Blutes nimmt. Ihre theoretische Begründung findet diese Behandlung in der interessanten Tatsache, daß das körpereigene Antithrombin von KAY und BALLA als das Natriumsalz des oc-Tokopherolphosphates identifiziert werden konnte, wobei a-Tokopherol als Vitamin E schon lange bekannt ist. Nach der Auffassung der genannten Autoren kann die Gerinnung des Blutes verhindert werden, wenn das Antithrombindefizit durch Verabreichung von Vitamin E und Kalzium beseitigt wird.

Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie

69

Die von O C H S N E R verwendete Dosierung b e s t e h t in G a b e n von je 2 0 0 m g V i t a m i n E in 8 stündigem Intervall u n d 10 com einer 10%igen Kalzium-Glukonatlösung intravenös alle 24 S t u n d e n . E i n e n wesentlichen Anteil a m Erfolg dieser Therapie scheint unseres E r a c h t e n s auch eine Gefäßwirkung zu haben, wie sie von V i t a m i n E auch sonst b e k a n n t ist (HEINSEN). Eine erhöhte Blutungsgefahr besteht offenbar nicht. Eine schnellere Rekanalisation der Thrombose sahen S H U T E u n d Mitarbeiter bei der K o m b i n a t i o n dieser B e h a n d l u n g m i t T r o m e x a n . Inwieweit sich die B r a u c h b a r k e i t dieser Therapie erweisen wird, ist im Augenblick noch nicht abzusehen (REIFFERSCHEID u n d MATIS,

KRAUS).

Auch P r ä p a r a t e n , die im wesentlichen einen R o ß k a s t a n i e n e x t r a k t u n d V i t a m i n B e n t h a l t e n , wurde in letzter Zeit eine gerinnungshemmende und t h r o m b o s e v e r h ü t e n d e Eigenschaft n a c h g e r ü h m t . Inwieweit es sich dabei wirklich u m Antikoagulantien in dem a m A n f a n g definierten Sinn handelt oder ob d a b e i die ionisierende W i r k u n g auf das Venensystem (SCHEELE u n d MATIS) das wesentliche W i r k u n g s m o m e n t ist, ist nach den bisherigen U n t e r s u c h u n g e n noch nicht klar. E s wird vom Venostasin vor allem der V i t a m i n - P - E f f e k t , der auf das Aesculin zurückz u f ü h r e n ist, hervorgehoben ( L A V O L L E Y , R A T S C H O W , K Ü C H M E I S T E R ) mit seiner abdichtenden W i r k u n g auf die Gefäßendothelien u n d der d a m i t v e r b u n d e n e n p e r m e a b i l i t ä t s r e g u l i e r e n d e n F u n k t i o n . Auch eine gewisse a n t i t h r o m b o t i s c h e W i r k u n g durch V e r m e h r u n g des natürlichen, im retikuloendothelialen System gebildeten P l a s m a a n t i t h r o m b i n soll v o r h a n d e n sein, ohne d a ß es beim Menschen u n t e r therapeutischer Dosierung zu einer m e ß b a r e n Ä n d e r u n g der einzelnen Gerinnungsfaktoren k o m m t ( P E R L I C K undBöDECKER). H O C K E R T S und Z A B K A fanden bei A n w e n d u n g von Venostasin einen deutlichen Kreislaufeffekt, besonders eine beträchtliche D u r c h b l u t u n g s e r h ö h u n g in den K r a n z a r t e r i e n , J A H N einen günstigen E i n f l u ß auf die Mortalität bei künstlicher Lungenembolie am Kaninchen. Zu erwähnen sind a n dieser Stelle auch Versuche, durch intravenöse Applikation von M a g n e s i u m eine Thromboseprophylaxe zu treiben (HACKETHAL). Die von diesem A u t o r angegebenen günstigen Ergebnisse konnten bisher jedoch noch nicht wieder bestätigt werden ( R A U C H , von B R A N D I S ) .

K a p i t e l IV

Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie Gerade auf dem Gebiet der thromboembolischen K r a n k h e i t gilt in besonderem Maße das W o r t : „Vorbeugen ist besser als Heilen". D e n n einmal sehen wir die Grenzen unseres therapeutischen B e m ü h e n s deutlich in den Fällen, in welchen die massive tödliche Embolie das erste erkennbare S y m p t o m des pathologischen Geschehens ist, also jede B e h a n d l u n g zu spät k o m m t ; zum anderen sind zwar die Therapiemöglichkeiten der manifesten T h r o m b o s e e r k r a n k u n g h e u t e wesentlich ausgiebiger u n d erfolgversprechender geworden, die Spätfolgen einer Thrombose aber immer noch recht erheblich (s. K a p . V I I , S. 97). Die psychische u n d materielle Belastung durch eine postoperative thrombotische K o m p l i k a t i o n sei n u r a m R a n d e vermerkt. Berücksichtigt m a n diese Tatsache, so wird es sofort deutlich, d a ß in der Praxis des Thromboembolieproblems die P r o p h y l a x e einen H a u p t p f e i l e r unserer ärztlichen B e m ü h u n g e n darstellen m u ß ; m i t anderen W o r t e n , d a ß wir das A u f t r e t e n einer Thrombose zu verhindern suchen müssen, womit zugleich a u c h die beste Emboliep r o p h y l a x e getrieben ist.

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Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie

E r i n n e r n wir uns d a r a n , d a ß wir die T h r o m b o e m b o l i e ein M e h r f a k t o r e n p r o b l e m p a r e x c e l l e n c e g e n a n n t h a b e n , bei dem es zum Manifestwerden der klinischen Erscheinungen im allgemeinen das Z u s a m m e n t r e f f e n mehrerer Voraussetzungen b r a u c h t , so erkennen wir, d a ß es theoretisch allfällig n u r der Ausschaltung e i n e s dieser F a k t o r e n bedarf, u m eine Thrombose zu verhindern. Dieses Ziel k a n n in der P r a x i s jedoch u m so sicherer erreicht werden, je m e h r der t h r o m b o g e n e n K r ä f t e eliminiert werden, zumal wir ja im Einzelfall meistens nicht wissen, welchem der vielen, f ü r die Thrombogenese verantwortlichen F a k t o r e n , die Prävalenz z u k o m m t . So einfach das aussehen mag, so ergeben sich f ü r das praktische ärztliche H a n d e l n sofort erhebliche Schwierigkeiten. Beschränken wir unsere B e t r a c h t u n g auf das Gebiet der chirurgischen u n d gynäkologischen E r k r a n k u n g e n — sinngemäß gilt das Dargelegte natürlich auch f ü r alle anderen Disziplinen —, so h a b e n wir einerseits das zeitlich u n d dem Wesen nach genau definierte Ereignis der Operation, des Unfalls oder der G e b u r t u n d die relativ g u t erforschte Periode erhöhter G e f ä h r d u n g d a n a c h (GUGELMANN, H E U S S E E , MERZ, R E H N u. a.), zum a n d e r n den P a t i e n t e n als I n d i v i d u u m mit seinen art-, geschlechts- u n d altersgemäßen Reaktionsfähigkeiten. Demgegenüber stehen verschiedene Möglichkeiten einer Thromboseprophylaxe, in Abhängigkeit von den F a k t o r e n , die m a n erfahrungsgemäß f ü r die E n t s t e h u n g der Thromboembolie verantwortlich machen k a n n . I n Analogie zu den I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n k ö n n e n wir von einer unspezifischen u n d spezifischen P r o p h y l a x e sprechen, wobei wir u n t e r der letzteren die medikamentösen Eingriffe in den Gerinnungsvorgang selbst verstehen, wie sie uns durch die A n w e n d u n g der Antikoagulantien möglich geworden sind. I n diesem Z u s a m m e n h a n g sei d a r a n erinnert, d a ß schon 1 9 3 4 MORAWITZ den Gedanken geäußert h a t t e , durch eine leichte, reversible F u n k t i o n s h e m m u n g der Leber, als dem Bildungsort des P r o t h r o m b i n s , eine Verminderung der Gerinnungsvalenz herbeizuführen u n d d a d u r c h der E n t s t e h u n g einer Thrombose entgegenzuwirken. W ä h r e n d die Operation, ein Unfall usw. als Ereignis relativ fest umrissen sind, ist der P a t i e n t die außerordentlich variable Größe in obiger Gleichung, u n d es ist viel Mühe darauf v e r w a n d t worden, die H ö h e der individuellen Thrombosebereitschaft u n d -gefährdung f a ß b a r u n d berechenbar zu machen, wie wir das in K a p . I I , S. 52 ff. eingehend dargestellt h a b e n . D a es jedoch eine sichere, 100%ige E r k e n n u n g der individuellen Thrombosegefährdung noch nicht gibt, ist es h e u t e im allgemeinen als zweckmäßig e r k a n n t , gewisse generelle M a ß n a h m e n der P r o p h y l a x e auf alle P a t i e n t e n auszudehnen, die spezifische Thromboseprophylaxe m i t Antikoagulantien jedoch n u r bei einem besonders g e f ä h r d e t e n Patientenkreis, wie wir ihn umrissen haben, anzuwenden. a) Unspezifische Thromboseprophylaxe 1. Frühauf stehen U n t e r den unspezifischen prophylaktischen M a ß n a h m e n stehen a n erster Stelle die B e m ü h u n g e n , die sich auf eine Anregung des Blutkreislaufes beziehen u n d d a m i t der Stase entgegenwirken sollen. Hier wieder ist es vor allem das F r ü h a u f s t e h e n , m i t dem m a n dieses Ziel zu erreichen sucht, da m a n von jeher der B e t t r u h e eine besondere Rolle in der T h r o m b o s e e n t s t e h u n g zugemessen h a t (GAUSS). D u r c h D r u c k auf die Venae tibiales post. u n d Vv. peroneae, möglicherweise v e r s t ä r k t d u r c h eine Knierolle, k o m m t es zum A b k l e m m e n dieser Venen u n d d a m i t zu einer B e h i n d e r u n g des Blutabflusses schon aus dem N e t z der Fußsohlenvenen m i t seinen gefährlichen Folgen. Wie m i t Hilfe radioaktiver NACl-Lösung an 117 P a t i e n t e n d u r c h Messung der Kreislaufzeit gezeigt werden k o n n t e , liegt das Maximum der Verlangsamung der

Unspezifische Thromboseprophylaxe

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B l u t s t r ö m u n g zwischen dem 10. u n d 12. T a g u n d ist an den Beinen stärker ausgep r ä g t als an den Armen. Bei f r ü h e m Aufstehen dagegen f a n d sich keine Ä n d e r u n g der Kreislaufgeschwindigkeit ( W R I G H T , O S B O R N u n d E D M O N D S ) . D e r Streit der Meinungen über W e r t oder U n w e r t des F r ü h a u f s t e h e n s nach Operationen geht weit zurück u n d ist noch h e u t e keiner einheitlichen Beurteilung gewichen. I m allgemeinen m i ß t m a n aber im R a h m e n der Thromboseprophylaxe der frühzeitigen Mobilisierung der P a t i e n t e n eine große B e d e u t u n g bei (PACHOUD), u n d in der T a t zeigen neuere Statistiken, d a ß die Throboemboliefrequenz d a d u r c h wesentlich gesenkt werden k o n n t e . Der allgemein gute tonisierende E f f e k t auch in psychischer Beziehung d ü r f t e dabei ebenfalls eine Rolle spielen. So geben z. B. L E I T H A U S E R u n d Mitarbeiter f ü r 3171 Operationen, worunter sich 9 0 % Laparotomien befanden, n u r 5 Thrombophlebitiden an, wobei die Autoren das F r ü h a u f s t e h e n allerdings sehr rigoros h a n d h a b t e n . Auch F R I T Z S C H E k o n n t e f ü r den W e r t des F r ü h aufstehens interessante statistische Belege beibringen: Bei einem relativ gleichbleibenden K r a n k e n g u t ergaben sich folgende Verhältnisse. Die erste G r u p p e der J a h r e 1929 bis 1933 u m f a ß t P a t i e n t e n ohne jede T h r o m b o s e p r o p h y l a x e ; die zweite P a t i e n t e n , bei denen eine P r o p h y l a x e mit S y m p a t o l u n d Bewegungsübungen im B e t t d u r c h g e f ü h r t w u r d e (1933 bis 1938); die d r i t t e P a t i e n t e n , bei denen Sofortaufstehen geübt wurde. Die tabellarische Übersicht zeigt folgende bemerkenswerte Ergebnisse: Operationen 4311 4669 5041 postoperative tödliche E m b o l i e n . . . 14 15 1 (3,25 °/00) (3,2 «U (0,19 •/,„) Eine erhöhte Neigung zur Narbenschwäche, z. B. Rezidive n a c h Hernienoperationen, k o n n t e n dabei im übrigen nicht beobachtet werden. Andere A u t o r e n k o n s t a t i e r t e n durch diese M a ß n a h m e eine Senkung der Thromboemboliefrequenz u m etwa die H ä l f t e ( B E R G S R T Ö M , J O R P E S , J A S C H K E ) , w ä h r e n d S E U L B E R G E R bei seinen eingehenden statistischen U n t e r s u c h u n g e n einen signifikanten Unterschied nur bei alten L e u t e n f a n d , w ä h r e n d er bei jüngeren P a t i e n t e n eher eine u m g e k e h r t e Tendenz zu erkennen glaubt, die er aber selbst noch f ü r zufällig hält. Von anderen Klinikern, die die Änderungen im Gerinnungsmechanismus f ü r das zentrale P r o b l e m der Thrombogenese halten, wird dem F r ü h a u f s t e h e n nicht diese B e d e u t u n g zugemessen; R E H N r ä t d a v o n ab, d a es die Schockneigung erhöhe. Dieser E i n w a n d erscheint uns h e u t e bei den modernen Narkoseverfahren u n d der postoperativen Nachsorge nicht mehr von ausschlaggebender B e d e u t u n g zu sein; einen Nachteil in dieser Beziehung sahen wir jedenfalls bisher v o m F r ü h a u f s t e h e n nicht. Zweifellos m u ß aber besonders b e t o n t w e r d e n : W e n n m a n schon eine frühzeitige Mobilisierung der P a t i e n t e n betreibt — u n d wir selbst sind A n h ä n g e r dieser Methode —, d a n n m u ß m a n , allerdings fallweise individuell angepaßt, den P a t i e n t e n wirklich f r ü h aufstehen lassen, d. h. a m A b e n d des Operationstages, a m ersten, spätestens a m zweiten postoperativen Tage. Bei späterem Aufstehen ist immerhin d a m i t zu rechnen, d a ß d a d u r c h eine Embolie provoziert wird, falls es inzwischen zu einer blanden Thrombose gekommen u n d der T h r o m b u s zu diesem f r ü h e n Z e i t p u n k t noch keine festen Verbindungen zur Venenwand in seiner ganzen A u s d e h n u n g eingegangen ist. 2. Weitere physikalische Maßnahmen Weitere M a ß n a h m e n , die prinzipiell dem gleichen Zweck dienen, nämlich einer Beschleunigung des B l u t u m l a u f e s besonders in den Beinen, sind vor allen Dingen Streichmassagen der W a d e n , frühzeitige Bewegungsübungen im B e t t , d e n e n u . a.

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Die Prophylaxe der Thrombose u n d Embolie

die Fußrollen (PAYB) dienen. Sogar ein R a d f a h r a p p a r a t wurde entwickelt, mit dem die Patienten im B e t t Tretübungen machen (STURM). APPERLY und Mitarbeiter berichten über eine erfolgreiche Thromboseprophylaxe bei 76 postoperativen Patienten durch rhythmische Kontraktionen der Beinmuskulatur mittels intermittierenden elektrischen Impulsen, wobei die passiven Muskelkontraktionen 18—20mal pro Minute mit einem kleinen transportablen Generator induziert wurden (Tonisator). Wir selbst legen besonderen W e r t auf ein gründliches Ausstreichen, Reiben und Massieren der Fußsohlen u n d W a d e n unter Elevation der unteren E x t r e m i t ä t e n noch auf dem Operationstisch, zumindest nach länger dauernden Operationen, da es hierbei regelmäßig zu einer Blutstauung durch Lagerung, Abdecktücher u n d Halteriemen, allfällig auch aus zirkulatorischer Ursache, kommt. Auch aktive Atemübungen, gegebenenfalls unterstützt durch Sauerstoffbea t m u n g u n d kurze Kohlensäure-,,Stöße" als Gefäßtonikum mit entsprechenden Apparaten, Brustwickel, kaltes Abklatschen und lokale Blutegelanwendung (EHLERT), auch passive Intensivierung der Atmung durch elektrische Beatmungsapparate 1 ) dienen der Thrombosevorbeugung infolge Beschleunigung des venösen Rückflusses. Nach gynäkologischen Operationen hat SCHMID das Hochstellen des Bettfußendes geübt, womit er bei 1165 großen gynäkologischen Operationen eine Senkung der tödlichen Lungenembolien von 0,9% auf 0,3% erzielen konnte. Schon frühzeitig wurde das Anlegen von komprimierenden Verbänden f ü r die Beine empfohlen, besonders bei Varizenträgern (FISCHER, SIGG). I n Frage kommen Wickelungen mit elastischen Binden, Elastoplast oder ähnlichen Verbandstoffen, Zinkleimverbände. I n neuester Zeit werden mit Vorteil dafür Schaumgummibinden benutzt, deren Anwendung von den Patienten als sehr angenehm empfunden wird. Wichtig ist, daß diese Verbände vorgängig u n d mit besonderer Sorgfalt ohne jede schnürende Faltenbildung angelegt werden, bevor es zu Staseerscheinungen oder gar Ödemen gekommen ist. Auch mit der kombinierten Anwendung von HirudoidSalben-Schaumgummiverbänden ließen sich gute Erfahrungen machen (LEHMANN). Durch an den F ü ß e n befestigte Bindenzüge, die von den Patientinnen selbst bedient werden, wurde dabei außerdem Fuß- u n d Wadenmuskelgymnastik ausgeführt, wodurch auch im Liegen die Pumpwirkung des Schaumgummiverbandes (s. S. 102) ausgenutzt wird. 3. Chemisch-pharmazeutische Hilfen

Der medikamentösen Kreislauf beschleunigung u n d Tonisierung des Gefäßsystems dient die von KÖNIG inaugurierte S y m p a t o l p r o p h y l a x e bzw. die Anwendung von Veritol (LENGGENHAGER). Neuerdings konnte SPRINGORUM über gute Erfolge mit dieser Methode berichten: Nach 2755 von 5226 Eingriffen wurde Ve r i t o 1 8—10 Tage lang 3—4mal täglich intramuskulär verabreicht. Während in der unbehandelten Kontrollserie 4 tödliche Lungenembolien auftraten, kam es bei den so behandelten Fällen zu keiner thromboembolischen Komplikation. Auch mit Hilfe von T h y r o x i n p r ä p a r a t e n h a t man versucht, durch Beschleunigung der Zirkulationszeit eine Thromboseprophylaxe zu betreiben (FRÜND, ROVNTREE und WALTERS). W e n n wir uns daran erinnern, daß besonders die parasympatikotone Reaktionslage, wie wir sie als zweite postoperative Phase finden, thrombosebegünstigend wirkt, und daß die Schilddrüsenfunktion als einflußreich auf die Änderung d,er Thrombininaktivierung angesehen wird (PALOS) — was einmal die Thromboseneigung bei Hypothyreosen, andererseits die Blutungsbereitschaft bei Hyperthyreosen bedingen soll —, so erscheint die Anwendung solcher Medikamente x

) U n s leistet dabei der „Celophren" gute Dienste.

Unspezifische Thromboseprophylaxe

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auch von diesen Gesichtspunkten aus gut begründet, hat aber die Erwartungen nicht erfüllt (VOGT, von E I S E L S B E R G , M E Y E R ) . Eine Tonisierung der Venen bezweckt ebenfalls die Verabreichung von Venostasin, Veinotonin, Venogal und ähnlichen Präparaten, deren wirksame Bestandteile ein R o ß k a s t a n i e n e x t r a k t u n d V i t a m i n B sind. Objektive Unterlagen für diese Behandlung brachten Untersuchungen im Tierversuch, die eine Erhöhung des Venentonus feststellen konnten. Besonders für die Thromboseprophylaxe im Wochenbett, wo vorerst noch die Anwendung der Dicumarine nur mit Vorsicht vorgenommen werden sollte, scheinen sich diese Präparate gut zu bewähren, wie aus einer Übersicht K L A H N S hervorgeht:

Ohne Venostasinprophylaxe . . . Mit Venostasinprophylaxe . . . .

Zahl der Wöchnerinnen 400 400

Zahl der leichten Thrombos. 4 6

Zahl der schweren Thromboa. 5 0

Zahl der Embolien 3(lf) 0

4. Stoffwechselregulierung und Schockprophylaxe

Weiterhin gehört zur Thromboseprophylaxe eine gute präoperative Vorbereitung mit Herz- und Kreislaufbehandlung, und, wenn notwendig, Ausgleich von Mängeln des Eiweiß-, Elektrolyt- und Vitaminhaushaltes. Bei nicht dringlichen operativen Maßnahmen empfiehlt sich die Reduktion allfälligen Übergewichtes durch Diät, außerdem eine fettarme, eiweißarme und alkalireiche Ernährung. Besonders aber ist eine sorgfältige postoperative und posttraumatische Überwachung des Allgemeinzustandes mit besonderem Augenmerk auf die Prophylaxe des Schockes, dessen thrombosebegünstigender Einfluß durch Erhöhung der Gefäßpermebilität und Verlangsamung des Blutstromes bekannt ist, angezeigt. Nicht zuletzt dienen eine gute Lagerung während der Operation, die lokale Gliedabschnürungen und Stauungen verhindert, die Vermeidung von Knierollen, gewebsschonendes, atraumatisierendes Operieren der Thromboseprophylaxe, da ja bekanntermaßen die Operation in vielen Fällen als causa movens des thrombotischen Geschehens angesehen werden muß. K O C H nimmt die geringe Zahl von 0,02% tödlichen Lungenembolien, die sich in 26 Jahren am Unfallkrankenhaus Wien ereigneten, auch als einen Erfolg der Schockbekämpfung durch Wärmeapplikation und Schmerzverhütung in Anspruch. Mit all diesen Maßnahmen und durch Beachtung der angeführten Forderungen kann eine wirksame Thromboseprophylaxe betrieben werden und es gelingt dadurch, die Thromboemboliehäufigkeit erheblich zu vermindern, wie eine Reihe von Statistiken es zeigt. Die Vorteile dieser allgemeinen Maßnahmen bestehen darin, daß sie ohne besonderen Aufwand und ohne wesentliche Gefährdung bei den meisten Patienten angewandt werden können, sofern keine speziellen Kontraindikationen bestehen oder die Durchführung, z. B. von Bewegungsübungen bei fixierten Extremitäten, nicht möglich ist. Es bleibt aber immer noch eine Reihe von Kranken, bei denen diese Prophylaxe nicht genügen wird (s. Kap. II, S. 57). Für diese Patienten tritt die Prophylaxe mit Antikoagulantien in ihr Recht, da sie in den Gerinnungsprozeß direkt eingreift. Denn hier ist die Stelle, an der wir den zweiten der drei thrombogenetisch wichtigen Faktoren fassen und eliminieren können. Der wichtige dritte Faktor, das Gefäßsystem selbst, ist demgegenüber heute noch sowohl prophylaktischen wie auch therapeutischen Bemühungen im wesentlichen unzugänglich. Am fruchtbringendsten wäre hier noch eine sogenannte „gesunde L e b e n s f ü h r u n g " mit Vermeidung möglicher Schädigungen durch externe Noxen, wie Berufs- und Genuß-

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Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie

gifte usw. Darauf hat jedoch der Arzt praktisch keinen Einfluß und auch bei gutem Willen ist der Patient oft nicht in der Lage, infolge der heutigen Lebensumstände allen Forderungen nach Ruhe, gesunder Betätigung, Schonung seines Gefäßsystems usw. zu genügen. b) Spezifische Prophylaxe

Für die gezielte Thromboseprophylaxe stehen uns die Antikoagulantien, die wir in Kap. I I I , S. 57ff. schon besprochen haben, zur Verfügung. Bezüglich Chemie, Wirkungsmechanismus usw. verweisen wir darauf. Den Patientenkreis, bei dem eine spezifische Prophylaxe indiziert ist, haben wir bereits gekennzeichnet. Bei der Anwendung der keineswegs indifferenten antikoagulierenden Medikamente ist außerdem den allgemeinen und speziellen Kontraindikationen, die wir im Zusammenhang gesondert erörtern werden (Kap. VI, S. 91 ff.) hinreichend Aufmerksamkeit zu schenken. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, daß wir mit der medikamentösen Prophylaxe durch Antikoagulantien ein unbiologisches Verfahren anwenden, indem wir nicht die Beseitigung einer Dysregulation vornehmen, wie es sonst das Ziel von Prophylaxe und Therapie ist, sondern daß wir einen unphysiologischen Zustand herbeiführen, nämlich die Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes unter das normale Maß. Dieser unphysiologische Vorgang, der eine künstliche hämorrhagische Diathese zur Folge hat, impliziert damit naturgemäß Gefahren, deren Vorhandensein man aus grundsätzlichen Erwägungen heraus und auf Grund der klinischen Erfahrungen anerkennen muß. Es ist die Aufgabe der ärztlichen Handlung, den M i t t e l w e g zwischen den b e i d e n G e f a h r e n p o l e n — der Thromboembolie einerseits und den AntikoagulantiennebenWirkungen andererseits—zu finden. Andererseits sind aber die Erfolge der spezifischen Prophylaxe und der Therapie doch so überzeugend, daß da, wo die Voraussetzungen für ihre sachgemäße Anwendung gegeben sind, der Nichtgebrauch dieser Mittel nicht zu begründen ist (JENNY U. a.). Um nicht falsch verstanden zu werden, möchten wir jedoch nochmals besonderen Nachdruck auf die „Voraussetzungen für eine sachgemäße Anwendung" legen. Eine Reihe von statistischen Vergleichen zwischen konservativer und antikoagulierender Behandlung und Prophylaxe zeigt die Überlegenheit der letzteren, wobei jedoch nicht zu vergessen ist, daß wohl die meisten Patienten, die einer medikamentösen Prophylaxe unterzogen wurden, zugleich auch konservativer vorbeugender Maßnahmen teilhaftig waren. Besonders aufschlußreich ist die Ubersicht aus der R E H N sehen Klinik. Es gelang, durch die Dicumarolprophylaxe die tödliche Lungenembolie in ihrer Frequenz von 0,35 % auf 0,035 % zu senken, während die Zahl der Thrombosen von 1,46 % auf 0,25 % zurückging. V E T T E R erreichte durch Tromexanprophylaxe bei 2 6 3 Fällen eine Senkung der Thrombose und Emboliekomplikationen auf 1,1 %, wähiend bei den unbehandelten Fällen in 11,5 % solche auftraten. GLOOR und SIGG betrieben bei geschlossenen Unterschenkelfrakturen eine spezifische Prophylaxe mit folgendem Ergebnis: Mit Prophylaxe ohne Prophylaxe

Anzahl 52 51

Hämaturien 2 0

Embolien und Thrombosen 0 4

M A N D L sah unter einer kombinierten Vorsorge durch Frühaufstehen, Antikoagulantien und Venenligatur einen Rückgang der massiven Lungenembolien von 8 °/00 auf 3 °/oo.

Spezifische Prophylaxe

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OBE empfiehlt insbesondere für die postoperative Phase nach Eingriffen an der Prostata die Antikoagulantienprophylaxe, während H R Y N T S C H A K sie ablehnte. Gerade hier ist aber die Thromboemboliegefahr besonders groß, da es sich nach unseren Erfahrungen dabei meist um Beckenvenenthrombosen handelt — im Sinne der fortgesetzten Wundthrombose —, deren Entstehung durch Bewegung u n d Massagen weniger gut verhindert wird. Dazu k o m m t noch eine besonders hohe Gefährdungsrate der Operierten (Alter, Infektion durch Katheter, Operationstrauma und Gewebszertrümmerung beim stumpfen Herauslösen der Prostata mit Freiwerden von Thrombokinase). Eine individuell angepaßte medikamentöse Prophylaxe, die einer ganz besonders sorgfältigen Indikationsstellung und Überwachung bedarf, möchten wir demnach auch hier empfehlen. Wenn schon die Ergebnisse der spezifischen Prophylaxe nicht an allen Orten gleich günstig sind und selbstverständlich noch durch örtliche und klimatisch gegebene Thrombosegefährdung beeinflußt werden, so ist doch im allgemeinen der Wert dieser neuen Behandlungs- u n d Prophylaxemethoden nicht zu bezweifeln. H a t m a n sich zu einer medikamentösen Prophylaxe entschlossen, so stehen dafür sowohl Heparin und Thrombocid, wie auch die Cumarinabkömmlinge zur Verfügung. Grundsätzliche I n d i k a t i o n e n für die Anwendung des einen oder anderen Präparates bestehen nicht, ihre Wahl wird — abgesehen von den K o n t r a i n d i k a t i o n e n — mehr durch äußere Faktoren bedingt. So müssen Heparin und Thrombocid intravenös oder als Depotpräparat intramuskulär verabreicht werden, verlangen aber nicht unbedingt eine Kontrolle der Gerinnungszeit. Die Dicumarine dagegen werden peroral angewendet und die Kontrolle der Prothrombinzeit ist f ü r ihre sachgemäße Verabreichung unerläßlich. F ü r prophylaktische Zwecke spielt auch der Preis eines Präparates eine gewisse Rolle. Diese Gesichtspunkte mögen unter Berücksichtigung allfälliger Gegenanzeigen die Wahl des Präparates im Einzelfall entscheiden. Die Dosierung kann — zumindest bei den Dicumarinen — keineswegs schematisch gehandhabt werden. Sie h a t sich ausschließlich nach dem kontrollierten Effekt zu richten, nämlich der Senkung des Prothrombinspiegels auf einem Bereich von 20 bis 3 0 % der Norm. Dieser Bezirk wird vielfach als sicher angesehen, sicher nach zwei Seiten: Einmal sollen in ihm keine Thrombosen, zum andern keine Blutungen auftreten. Zum mindesten für die Blutungen h a t sich diese Annahme allerdings als nicht vollkommen richtig erwiesen. Es sind auch innerhalb dieser Begrenzung vielfach Blutungen beobachtet worden. Wir erinnern an Beobachtungen von W R I G H T und ROTHMAN, die vier tödliche Blutungen während der Dicumarolanwendung beschreiben, die bei einem Prothrombinspiegel zwischen 25 und 40 % auftraten. Offenbar besteht kein direkter Zusammenhang zwischen der Tiefe des Prothrombinspiegels und der Blutungsbereitschaft (s. auch K a p . VI, S. 91 ff.). Für die D o s i e r u n g können daher nur Anhaltspunkte gegeben werden. Auf einen P u n k t ist aber mit Nachdruck hinzuweisen: Nach VON K A U L L A vermögen zu kleine Dosen eines Antikoagulans direkt thromboemboliebegünstigend zu wirken, indem sie als Reizdosen eine Gegenregulation im Gerinnungssystem hervorrufen. Vor einer U n t e r d o s i e r u n g ist daher ebenso z u w a r n e n wie vor einer Überdosierung. Es hat also keinen Sinn und kann sogar gefährlich sein, etwa aus Sorge vor einer Nachblutung den Prothrombinspiegel nur e t w a s zu senken und sich dann in Sicherheit zu wiegen. Es gilt hier durchaus das Prinzip: Entweder — oder. Diese vermeintliche Sicherheit ist nämlich dann in Wirklichkeit gar nicht vorhanden, so daß möglicherweise auftretende thromboembolische Störungen nicht richtig realisiert

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Die Prophylaxe der Thrombose und Embolie

und eingeschätzt werden. Es verlangt also auch die Prophylaxe eine ausreichende Verabreichung der entsprechenden Mittel. 1. Heparin und Heparinoide

Die zweckmäßige Dosierung bei der alleinigen Heparinprophylaxe sind mindestens 40—50000 I. E. täglich, i. v., verteilt auf vier Einzelgaben oder als kontinuierliche Dauertropfinfusion, die sogenannte Torontomethode. Der Zeitpunkt des Einsetzens der Prophylaxe richtet sich im wesentlichen nach der Blutungsgefahr, wobei gewisse Unterschiede zwischen einzelnen Operationen zu beachten sind. Die gelegentlich angegebenen Karenzzeiten von 6—10 Tagen halten wir allerdings für zu lange. In dieser Zeit kann sich längst eine blande Thrombose entwickelt haben, wobei dann sogar die Gefahr besteht, daß durch die zu spät eingesetzten Antikoagulantien die feste Verbindung zwischen Thrombose und Gefäßwand verhindert wird. Normalerweise führt man die Medikation, die um den zweiten postoperativen Tag zu beginnen hat, so lange fort, bis der Patient täglich mindestens 3—4 Stunden außer Bett ist. Nach Möglichkeit sollen die Heparinpräparate jedoch nicht länger als 8—10 Tage angewandt werden, um allergische Erscheinungen zu vermeiden (KOLLER). Die Anwendung von Depotheparinen zur Prophylaxe verlangt die gleiche Dosierung, jedoch genügt dabei die einmalige Injektion der entsprechenden Menge pro Tag. Wie erwähnt, ist eine K o n t r o l l e d e r G e r i n n u n g s z e i t nach neueren Ans c h a u u n g e n n i c h t e r f o r d e r l i c h u n d u n g e n a u (MERZ, KOLLER, HOFER).

Die Prophylaxe mit Thrombocid gestaltet sich im Prinzip völlig gleich und unterliegt bezüglich ihrer Dauer den gleichen Einschränkungen wie das Heparin. Die prophylaktische Durchschnittsdosis beträgt 3mal 2 Ampullen i.v. täglich bzw. vom Depotthrombocid morgens und abends eine Ampulle. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß vorerst die Anwendung der Depotpräparate, sowohl des Thrombocids wie des Heparins noch nicht für so sicher angesehen wird, wie die fraktionierte i n t r a v e n ö s e Anwendung. 2. Cumarinabkömmlinge

Auch die Dicumarine wurden sehr bald nach ihrem Bekanntwerden als Throinboseprophylaktikum angewandt, wodurch eine Senkung der Thromboemboliehäufigkeit um etwa 1 / 3 erreicht werden konnte. Folgende Tabelle nach SCHMID gibt einen Überblick über einige diesbezügliche Statistiken: BRUZELIUS LEHMANN

ALLEN U. Mitarb. Kontrolle

Fälle 1448 175 832 1000

Thrombose 0,8 % 0,5 % 0,4 % 2,5 %

Embolie 0,5% 1,3 %

Exitus 0,16% 0,7 %

Therapie Dicumarol -

Daß ihre Anwendung p e r o r a l geschieht, ist einerseits ein Vorteil, schränkt aber auf der anderen Seite den Kreis der Patienten ein. Die Dosierung ist s t r e n g an die K o n t r o l l e der P r o t h r o m b i n z e i t gebunden, die in den ersten Tagen bis zur Erreichung eines genügend tiefen Prothrombinspiegels t ä g l i c h , s p ä t e r i n 2 — 3 t ä g i g e n A b s t ä n d e n vorzunehmen ist, sobald eine gewisse Stabilität des Effektes erzielt wurde. Es ist aber auch dann noch eine regelmäßige Prüfung erforderlich, da sich die Empfindlichkeit des Patienten gegenüber dem Präparat während der Anwendung ändern kann, so daß man bei Unterlassung dieser Vorsichtsmaßregel vor unliebsamen Zwischenfällen nicht sicher ist. Durch die Bindung der Dicumarinanwendung

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Spezifische Prophylaxe

an die Prothrombinkontrolle ist der Gebrauch dieser Mittel im allgemeinen auf den klinischen Betrieb beschränkt, wenn auch vereinzelt die Anwendung in der Allgemeinpraxis empfohlen wird (MÜLLER). Wir möchten vorläufig davon abraten. Es sind jedoch in letzter Zeit einfache Testbestecke für die Prothrombinbestimmung entwickelt worden (MARBET und WINTERSTEIN). Allenfalls kann sich dadurch das Anwendungsgebiet ausweiten. Auch auf die Möglichkeit, daß, wie z. B. in Holland, ein Laboratorium die täglichen Bestimmungen bei verschiedenen Hauspatienten vornimmt, sei hingewiesen. Die N o r m d o s e n , die im allgemeinen zu einer genügenden Senkung des Prothrombinspiegels führen, sind für die verschiedenen Präparate recht unterschiedlich: Im allgemeinen wird folgende Dosierung empfohlen: 1. Dioumarol: 2. Tromexan: 3. Marcumar:

1. 2. 1. 2. 1. 2.

Tag Tag Tag Tag Tag Tag

250 mg 100 mg 1200 mg 900 mg 21mg 7 mg

Erhaltungsdosis 100 mg Erhaltungsdosis 300 mg Erhaltungsdosis

3 mg

Wir selbst kommen allerdings, besonders bei der Anwendung von Tromexan, häufig mit niedrigeren Dosen aus. Die w e i t e r e G a b e richtet sich je nach dem A u s f a l l der P r o t h r o m b i n b e S t i m m u n g . Grundsätzli ch sind für die Prophylaxe alle Präparate geeignet, es empfiehlt sich aber, sich mit einem Präparat vertraut zu machen. Von besonderer Wichtigkeit ist auch für die Prophylaxe, daß mit der Medikation nicht abrupt aufgehört wird, sondern daß man sich, sobald der Patient genügend mobil ist, langsam mit dem Mittel „ausschleicht", da andernfalls bedrohliche Gegenregulationen im Gerinnungssystem ausgelöst werden können. Selbstverständlich ist auch eine K o m b i n a t i o n von H e p a r i n - und Dicumar i n b e h a n d l u n g sehr gut möglich (ALLEN, HEINEMANN, R E H N U. a.). Dieses Vorgehen scheint sich in letzter Zeit, zumindest für das postoperative Indikationsgebiet, zunehmender Beliebtheit zu erfreuen und wir selbst wenden diese Methode in geeigneten Fällen ebenfalls an. So empfiehlt sich dieser Modus bei Operierten, bei denen bereits eine Dauertropfinfusion liegt, wie z. B. nach Magen-Darmoperationen. Sobald die Patienten peroral ernährt werden können, geht man auf ein Cumarinpräparat über, wobei es wichtig ist, Heparin bzw. Thrombocid so lange neben diesem Mittel weiter zu geben, bis der Prothrombinspiegel — morgens vor der ersten Heparininjektion, also im heparinfreien Serum bestimmt — auf den gewünschten Bereich zwischen 20 und 30 % gesenkt ist. Die Dosierung der einzelnen Mittel ist bei dieser kombinierten Anwendung die gleiche wie bei ihrem alleinigen Gebrauch, da sie ja im wesentlichen an verschiedenen Stellen in das Gerinnungssystem eingreifen (s. auch S. 89ff.). Hinsichtlich der Thromboseprophylaxe mit Antithrombotika anderer Herkunft, wie z. B. seltenen Erden, Vitamin E u. dgl. verweisen wir auf die Ausführungen in K a p . I I I , S.67ff. Die Erfahrungen mit diesen Präparaten sind unseres Erachtens noch nicht ausgiebig genug, um eine endgültige Stellungnahme beziehen und ihre allgemeine Anwendung empfehlen zu können. Dagegen scheinen sich für die Thromboprophylaxe im Wochenbett, wo sich vorerst noch Zurückhaltung in der Anwendung der Dicumarine empfiehlt (s. S. 65), das Venostasin und ähnliche Präparate zu bewähren. Bei den anderen postoperativen Zuständen sollte man zur Zeit noch zu Heparin oder den Cumarinabkömmlingen greifen, wenn man die Möglichkeit zu ihrer sachgemäßen Anwendung und Kontrolle hat.

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Die P r o p h y l a x e der Thrombose und Embolie

In den letzten Jahren machten eine Reihe von Veröffentlichungen auf p e r k u t a n w i r k e n d e A n t i t h r o m b o t i k a aufmerksam, vor allem auf die Hirudoid- und Thrombophobsalbe. Der Wirkungsmechanismus beruht auf einer Erhöhung der Hautdurchblutung und einer Gerinnungshemmung durch perkutane Resorption eines Heparinzusatzes oder heparinartigen Stoffes. Die Meinungen über die Wirksamkeit dieser Mittel gehen weit auseinander. Ablehnenden stehen zustimmende Äußerungen gegenüber. So wird z.B. von GOOSSENS der allgemeine, gerinnungshemmende Einfluß für nicht genügend stark angesehen; er erreicht nicht denjenigen der eigentlichen Antikoagulantien, wie Heparin und Dicumarol. Nach eingehender klinischer Prüfung wurden die Salben von anderen Autoren jedoch auch für die Prophylaxe empfohlen (SCHEDEL) und ihre Anwendung dürfte auf jeden Fall dort zu empfehlen sein, wo der Gebrauch anderer Präparate nicht gut möglich ist, wie z. B. vorerst noch in der häuslichen Praxis. Wir selbst haben nur Erfahrung mit der Anwendung der Hirudoidsalbe bei oberflächlichen Thrombophlebitiden, wo sie im Verein mit elastischen Verbänden gute Dienste leistet und vor allem eine schnelle Minderung der subjektiven Beschwerden herbeiführt. c) Operative Methoden Wir müssen noch auf eine operative Methode der Thromboembolieprophylaxe eingehen, da sie in den letzten Jahren besonders von amerikanischer Seite wieder stärker propagiert wurde: Die V e n e n l i g a t u r . Sinngemäß handelt es sich dabei natürlich um eine Embolieprophylaxe. Nachdem die Unterbindung der Beinvenen schon einmal vor etwa 30 Jahren bei Thrombophlebitiden und blanden Thrombosen empfohlen worden war, aber dann wegen ungünstiger Erfahrungen bald wieder verlassen wurde (KLAPP), haben seit 1934 amerikanische Chirurgen die prophylaktische Unterbindung der Beinvenen proximal des Thrombus vermehrt durchgeführt (HOMANS) . Auch die Vv. iliacae und V. cava inf. wurden ligiert (ALLEN, L I N T O N und DONALDSON, T H E B A U T und W A R D , D A X , O W E N S ) . In den letzten Jahren kamen diese Eingriffe sehr häufig zur Anwendung und es liegen größere Statistiken darüber vor, die von einer Senkung der rechnerisch zu erwartenden Embolien zeugen (MANDL). Der Eingriff wird meistens an der Einmündungsstelle der V. saphena magna in die V. femoralis vorgenommen, wobei es nach L U K E darauf ankommt, den großen Lymphgefäßstrang zu schonen, der an der Vorderseite der V. femoralis verläuft, da dessen Läsion für spätere allfällige Lymphstauung des Beines verantwortlich sein soll (HOMANS). Von STREUTER-MILTON führte nach Tierversuchen an Hunden bei 25 Patienten einen zeitweiligen Verschluß der V. cava mittels Katgut durch, wobei das Gefäß nicht vollständig ligiert wurde, ist aber wegen der beobachteten Folgen in der Beurteilung des Verfahrens recht zurückhaltend. Zusammenfassend kann man heute nach neueren Arbeiten, die auch die Spätresultate etwas besser überschauen, sagen, daß dieser Eingriff nicht häufig indiziert sein wird. So geben E R B und SCHUMANN bei 1 0 0 Fällen, von denen 5 0 mit und 5 0 ohne doppelseitige Venenligatur behandelt worden waren, mit je 58 % bei beiden Gruppen die gleiche Mortalität an. Bei der Autopsie wurde nach der Ligatur 7mal kardiale Insuffizienz mit nicht tödlicher Lungenembolie (Kontrollgruppe 4mal), einmal kardiales Versagen mit tödlicher Lungenembolie (Kontrollgruppe 2mal) und einmal primär tödliche Lungenembolie (Kontrollgruppe Omal) festgestellt. Die Verfasser ziehen hieraus den Schluß, daß die Ligatur der V. femoralis keinerlei Einfluß auf die Emboliemortalität ausgeübt hat. Von ähnlicher Zurückhaltung in der Beurteilung dieses Präventiveingriffes sind eine Reihe anderer Autoren (VEAL, H U S S E Y - M O R T O N , A N L Y A N , SURINGTON und J O N A S u.a.). Auch der Ansicht von SOHMID, daß der Ein-

Unspezifische Maßnahmen

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griff selbst völlig harmlos sei, kann man keineswegs beipflichten, schon gar nicht bezüglich der Ligatur der V.iliaca und cava. Denn wir wissen, daß selbst kleinste Operationen als Causa movens den Umschlag der latenten Thrombosebereitschaft bringen und auslösend auf den Mechanismus der Thromboseentstehung wirken können. Weiterhin ist zu beachten, daß wir über die Spätfolgen derartiger Ligaturen mangels genügend langem Beobachtungszeitraum vielfach noch nicht hinreichend orientiert sind. In Analogie zu den postthrombotischen Störungen sie sind jedoch unbedingt zu erwarten. Der Ansicht, daß die Unterbindung der V. femoralis über das Ziel hinausschießt, da es zu lang dauernden und störenden Stauungserscheinungen kommt ( N I S S E N , F O N T A I N E , K A I S E R ) , ist demnach beizupflichten. In Anbetracht der guten Wirksamkeit der antikoagulierenden Medikamente ist somit die Indikation zu derartigen prophylaktischen Eingriffen nur noch sehr selten gegeben. Kapitel V Die Therapie manifester thromboembolischer Zustände Unsere therapeutischen Bemühungen in der Behandlung manifester Thrombosen bezwecken mehreres: 1. Soll ein Weiterschreiten des thrombotischen Prozesses, d. h. die Apposition neuer Thrombusmassen verhindert, 2. soll das gefürchtete Ereignis einer Lungenembolie vermieden und 3. sollen Spätfolgen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Dabei ist die Verhinderung des Weiterwachsens eines Thrombus gleichbedeutend mit einer Embolieprophylaxe, zum mindest mit einer Vorsorge vor massiven, tödlichen Embolien, da für die Bildung eines größeren Embolus in der Regel die Beteiligung der V. poplitea, V. femoralis oder der Beckenvenen am thrombotischen Prozeß vorausgesetzt werden muß. a) Unspezifische Maßnahmen Das klassische Mittel zur-Erreichung dieser Ziele ist die a b s o l u t e R u h i g s t e l l u n g d e s P a t i e n t e n , verbunden mit Hochlagerung der Beine. Bei entzündlichen Begleiterscheinungen leistet die Applikation von feuchten Umschlägen mit essigsaurer Tonerde oder Alkohol, oder Salbenverbänden, z. B. mit Ichthyol oder neuerdings Hirudoidsalbe Gutes. Bei Beckenvenenthrombosen empfiehlt es sich außerdem auch, die Darmtätigkeit lahmzulegen, zum mindesten so zu regeln, daß keine Notwendigkeit zur Anwendung starker Bauchpresse besteht, da diese als embolieauslösend oder -fördernd angesehen wird. Der tödliche Ausgang einer Thrombose soll sich dadurch meistens vermeiden lassen (MERZ). Die statistische Erwartung einer Embolie ist aber trotz dieser Maßnahmen recht groß, nach manchen Übersichten bis zu 50%. Möglicherweise wird das Weiterwachsen des Thrombus durch die Hochlagerung der Beine eher begünstigt, was auch das in 80 % erfolgende Übergreifen einer Unterschenkelthrombose auf den Oberschenkel und die in etwa 30 % stattfindende Beteiligung des andern Beines erklären würde. Die Bettlägerigkeit ist bei der erwähnten Behandlung recht lang dauernd, wodurch auch die Kosten dieses Vorgehens sehr erheblich werden. Aus all den genannten Gründen ist es verständlich, daß immer wieder nach anderen Behandlungsmethoden der Thrombose gesucht wurde. Dazu gehören auch die aktiveren Maßnahmen. Mit K o m p r e s s i o n s v e r b ä n d e n ohne strenge Ruhigstellung des

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Die Therapie manifester thromboembolischer Zustände

Patienten sind von einer Reihe von Autoren (FISCHER, K R I E G , SIGG U. a.) bemerkenswerte Erfolge erzielt worden. Über ein kombiniertes Verfahren mit sogenannten T h r o m b o v a s o g e n v er b ä n d e n gaben in letzter Zeit ZANDER und A U E R Erfahrungen bekannt, die durchwegs günstig waren. Da das Vasogen Jod enthält, ist auf eine Überempfindlichkeit des Patienten zu achten. Die Problematik dieser Behandlung liegt unseres Erachtens darin, daß einmal die komprimierenden Verbände das Weiterschreiten des Prozesses über den Oberschenkel hinaus wohl kaum verhindern können und daß andererseits der Zeitpunkt, an dem man die Patienten ohne Gefahr für eine Embolie mobilisieren darf, nur sehr schwierig zu bestimmen ist. Zu den weiteren aktiven Behandlungsmöglichkeiten gehört die in der Praxis früher und z. T. heute noch beliebte A p p l i k a t i o n v o n B l u t e g e l n (STRAATEN). Lokale Prozesse werden davon gut beeinflußt, eine therapeutisch genügende allgemeine Herabsetzung der Gerinnbarkeit des Blutes resultiert jedoch nicht daraus (KOLLER). MERZ ist sogar der Ansicht, daß bei dieser Behandlung eine Unterdosierung von Antikoagulantien mit ihren gefährlichen Polgen zustande kommt. Wir haben aber den Eindruck, daß P r o z e s s e von n i c h t zu g r o ß e r A u s d e h n u n g i n f o l g e d e r Gew e b s e n t l a s t u n g v o m D r u c k des s t a g n i e r e n d e n B l u t e s u n d d e r V e r b e s s e r u n g d e r Z i r k u l a t i o n g ü n s t i g r e a g i e r e n . Vor allen Dingen werden die subjektiven Beschwerden, wie Schmerzen und Spannungsgefühl, schnell verringert, was wohl im wesentlichen auf ein Nachlassen des begleitenden Ödems zurückzuführen ist. Für Fälle, bei denen man aus irgend welchen Gründen keine Antikoagulantien anwenden kann, hat unseres Erachtens d i e s e B e h a n d l u n g auch h e u t e n o c h d u r c h a u s i h r e B e r e c h t i g u n g und kann empfohlen werden. Man erleichtert sich das Anbeißen der Blutegel, wenn die Haut etwas geritzt oder mit roher Leber oder Zuckerwasser bestrichen wird. Günstigerweise läßt man in dem Gläschen, mit dem die Blutegel auf die Haut gestülpt werden, genügend Wasser. Je nach Ausdehnung des Prozesses benötigt man etwa 3—6 Stück, die im allgemeinen nicht wieder verwendet werden können. Nach Abfallen der Egel läßt man die Wunden unter einem sterilen Verband weiter bluten, bis die Blutung spontan zum Stehen kommt.

Von der R ö n t g e n b e s t r a h l u n g thrombotischer Bezirke, wie sie von HENSCHEN, a. gehandhabt wurde, macht man auch heute noch hin und wieder in besonderen hartnäckigen Fällen mit infiltrativen Vorgängen Gebrauch. Offenbar wird dadurch die entzündliche Komponente beeinflußt. Namentlich bei Thrombophlebitiden, z. B. der V. angularis, hat uns diese Behandlung immer gute Dienste geleistet. LERICHE hat die Behandlung der Oberschenkelthrombosen und Phlegmasia alba dolens durch p a r a v e r t e b r a l e n B l o c k inauguriert. Es gelingt .dadurch, die begleitenden Gefäßspasmen relativ schnell zu beseitigen. Vor allem Schmerzen und Schwellung gehen rasch zurück, wie es wieder ANSELMINO und SAUER bestätigen konnten (s. S. 122). Da jedoch insbesondere die Emboliehäufigkeit nicht beeinflußt wird, hat diese Methode keine große Verbreitung erlangt. Man wird sich ihrer aber in geeigneten Fällen, besonders wenn Gegenanzeigeen für die Antikoagulantientherapie bestehen, erinnern und gern bedienen. Auch g e f ä ß e r w e i t e r n d e M i t t e l haben Eingang in die Thrombosebehandlung gefunden. So berichtet NASEMANN über gute Erfolge bei Thrombophlebitiden mit der Anwendung von D i l a t o l . Es ist von Vorteil, diese Behandlung einige Wochen über das akute Stadium hinaus fortzusetzen, um durch Offenhalten des Kollateralkreislaufs bis zum Eintritt normaler Durchblutungsverhältnisse das Entstehen von Rezidiven und chronischen Ödemen hintanzuhalten. Als Dosierung empfiehlt sich täglich dreimal 1 Tablette, dazu anfangs zusätzlich 1—2 Ampullen i. m. HALBAN, MAC GUIRE U.

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Spezifische Behandlung

E t w a auf d e m gleichen Wirkungsmechanismus b e r u h e n die günstigen Beobacht u n g e n m i t H y d e r g i n , über die STRATTSS berichtet h a t . Die Dosierung b e t r u g dreim a l 10—15 Tropfen täglich. Von anderen gefäßerweiternden Mitteln sei noch das R o n i c o l e r w ä h n t , das bei schweren Kreislaufstörungen ziemlich hoch dosiert werden soll (mehrmals täglich 2 Ampullen, allfällig intraarterielle u n d intravenöse B e h a n d l u n g kombiniert, dazu 4—6 T a b l e t t e n pro die). Auch diese Medikation ist längere Zeit fortzusetzen. Mit der K o m b i n a t i o n von gefäßerweiternden u n d schmerzstillenden, bzw. blockierenden Mitteln w u r d e n ebenfalls gute R e s u l t a t e in der B e h a n d l u n g frischer Thrombosen u n d Thrombophlebitiden erzielt (RAPPERT, CAITHAML). D a s Vorgehen gestaltete sich f o l g e n d e r m a ß e n : E s w u r d e n 4—5 Ampullen zu 10 ccm einer 0,3%igen Lösung von P a n t h e s i n m i t 250 ccm Kochsalz u n d 2—4 Ampullen H y d e r g i n intravenös verabreicht, wobei gleichzeitig 2 Ampullen (0,6 mg) H y d e r g i n zwei- bis dreimal täglich i n t r a m u s k u l ä r injiziert wurden. Bei schweren Fällen w u r d e diese I n f u s i o n zweimal in 24 S t u n d e n verabreicht oder s t a t t der zweiten I n f u s i o n 5 ccm einer 5 % i g e n Panthesinlösung m i t 1—2 Ampullen H y d e r g i n i n t r a m u s k u l ä r gespritzt. Die intravenöse I n f u s i o n w u r d e vom 4. T a g a n d u r c h die i n t r a m u s k u l ä r e Applikation dieser Medikamente ersetzt. Bei weniger bedrohlichen Fällen b e s t a n d die B e h a n d l u n g in der alleinigen i n t r a m u s k u l ä r e n P a n t h e s i n — H y d e r g i n — Therapie f ü r 6 bis 10 Tage. A u c h die alleinige Therapie m i t L o k a l a n ä s t h e t i k a h a t sich offenbar sehr b e w ä h r t (RAPPERT, PRÖSCHER). J e n a c h Schwere der Thrombose werden d a b e i eine halbe bis 2 Ampullen 5-proz. P a n t h e s i n gelöst in 2 0 0 — 4 0 0 ccm physiologischer Kochsalz- oder Ringerlösung 1—3mal a m Tage verabreicht, d a z u 1 Ampulle 5-proz. P a n t h e s i n i. m. — Die D a u e r der A n w e n d u n g richtet sich ganz n a c h d e m klinischen Bild; ein langsames Absetzen der Mittel empfiehlt sich auch hier. R A P P E R T b e t o n t , d a ß diese Therapie u n t e r keinen U m s t ä n d e n m i t Antikoagulantien kombiniert werden darf, d a sie in diesem Falle erfolglos bleibt, wie die E r f a h r u n g gezeigt h a t , ohne d a ß eine E r k l ä r u n g f ü r diese Tatsache gegeben werden k ö n n t e . P R Ö S C H E R v e r w a n d t e in Anlehnung an R A P P E R T tägliche Gaben von 2 0 0 — 2 5 0 ccm %-proz. Novocainlösung m i t ebenfalls g u t e m Erfolg. F ü r die B e h a n d l u n g a k u t e r Thrombophlebitiden wird auch I r g a p y r i n u n d B u t a z o l i d i n empfohlen, womit es gelingen soll, ohne B e t t r u h e u n t e r Anlegen eines Kompressionsverbandes die a k u t e n Erscheinungen rasch zum Schwinden zu bringen (SIGG, S T E I N u n d

ROSE).

Ü b e r die o p e r a t i v e T h r o m b u s e n t f e r n u n g u n d die V e n e n l i g a t u r w u r d e bereits im K a p i t e l P r o p h y l a x e näheres berichtet ( L Ä W E N , F R Ü N D , F O N T A I N E ) . b) Spezifische Behandlung Eine deutliche Verbesserung der Behandlungsergebnisse b r a c h t e aber erst die E i n f ü h r u n g von Mitteln, die in die Blutgerinnung selbst eingreifen. Mit diesen A n t i k o a g u l a n t i e n , die wir in K a p . I I I , S. 57 eingehend besprochen h a b e n , k a n n eine gezielte „kausale" Therapie der Thrombose d u r c h g e f ü h r t werden. I n D e u t s c h l a n d w a r e n es vor allem R E H N u n d seine Schule, die sich f ü r ihre Anw e n d u n g eingesetzt h a b e n , n a c h d e m amerikanische, skandinavische u n d schweizerische Forscher u n d Kliniker wesentliche Voraussetzungen geschaffen u n d beachtliche klinische Erfolge m i t diesen B e h a n d l u n g s m e t h o d e n erzielt h a t t e n . E i n Vergleich großer Statistiken, wie sie namentlich durch skandinavische U n t e r s u c h e r d u r c h g e f ü h r t w u r d e n , e r h ä r t e t den günstigen E i n d r u c k , der durch f r a p p a n t e Einzelerfolge i m m e r wieder erweckt wird, a u c h a n großen Zahlenreihen. W i r geben im folgenden einige Tabellen, wie sie von J O R P E S zusammengestellt wurden. Hitter, Thrombose u. Embolie

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Die Therapie manifester thromboembolischer Zustände

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