Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 1 Die Grundbegriffe und die Grundlehren des Rechts der Schuldverhältnisse [5. Aufl. (2. der neuen Bearb.). Reprint 2019] 9783111472126, 9783111105246


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German Pages 846 [848] Year 1887

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Table of contents :
Vorwort
Inhalts-Verzeichniß des I. Bandes
Erklärung der abgekürzten Citate
Einleitung
Erstes Buch. Die Grundbegriffe
Erster Theil. Das objektive Recht
Zweiter Theil. Die Berechtigung
Zweites Buch. Das Recht der Schuldverhältnisse
Erster Theil. Die Grundlehren des Rechts der Schuldverhältnisse
Erster Abschnitt. Von den Schuldverhältnissen im Allgemeinen
Zweiter Abschnitt. Begründung des Schuldverhältnisses
Dritter Abschnitt. Lösung der Schuldverhältnisse
Vierter Abschnitt. Veränderung der Schuldverhältnisse
Fünfter Abschnitt. Der gerichtliche Schutz der Schuldverhältnisse
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Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 1 Die Grundbegriffe und die Grundlehren des Rechts der Schuldverhältnisse [5. Aufl. (2. der neuen Bearb.). Reprint 2019]
 9783111472126, 9783111105246

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Theorie und Praxis des

heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts. Auf der Grundlage des Werkes von

Dr. Franz Förster bearbeitet von

Dr. M. E. Eeeius, Geheimer Oberzustlzrath und Vortragender Rath im Iustlz-Mmistermm.

I. Hand. Fünfte Auflage. (Zweite der neuen Bearbeitung.)

Berlin. Verlag van Georg Reimer.

1887.

Preußisches Privatrecht Erster Band.

Die Grundbegriffe und die Grundlehren des Rechts der Schuldverhältnisfe.

Vorwort. Die

neue

Privatrechts,

geben

wird,

Ausgabe

erster

deren

bezeichnet

sich

der

Band als

und

Theorie

hiermit

„auf

Praxis der

preußischen

Oeffentlichkeit

Grundlage

Dr. Franz Förster" von mir bearbeitetet.

des

des

Werkes

über­

von

Als ich vor sieben Jahren

unternahm, das Buch meines verstorbenen Freundes in vierter Ausgabe herauszugeben, war ich mir bewußt, daß die Veränderung der Gesetze und die Nothwendigkeit der Erörterung neuerdings hervorgetretener Fragen

zu einer erheblichen Umgestaltung des Werkes führen werde.

Aber nur

der Wunsch, Förster's Buch der Praxis zu erhalten, hatte mir die Feder

in die Hand

gegeben,

und ich mußte mich deshalb bei meiner Arbeit

streng an die Gedankenfolge Förster's anschließen, durfte von den Aus­ führungen

desselben

nicht leicht etwas fortlassen und

hatte Wort für

Wort zu prüfen, ob ein Anlaß zu Abänderungen vorliege.

Sollte sich

freilich meine Arbeit als ein einheitliches und brauchbares Werk erweisen, Md sollte der innere Zusammenhang der von mir selbständig bearbeiteten

Abschnitte und des Ueberarbeiteten nicht vermißt werden, so durfte ich nicht Mterlassen, der eigenen Auffassung, wo sie von der Förster's wesentlich

abwich, bestimmten Ausdruck zu geben.

Im Fortgang meiner Arbeit zeigte

sich, daß die Lesbarkeit und Uebersichtlichkeit des Werkes bei zu strengem

VIII

Festhalten dieser ursprünglich befolgten Methode leiden würde,

und ich

kam deshalb dazu, mehrfach nur das Wesentliche des Förster'schen Buches

in die neue Bearbeitung hinüber zu nehmen, — hatte mich doch auch die Methode des ersten Bandes nicht davor gewahrt, daß mir,

auch nur

von Einer Seite,

gelegt wurde.

mangelnde Pietät

gegen Förster zur Last

Als unmittelbar nach Vollendung meiner

hervortrat, mußte

Bedürfniß nach einer neuen Auflage

wenn

Arbeit

ich

das

mir sagen,

daß die vierte Ausgabe nicht durchaus gleichmäßig gearbeitet sei, und daß die ersten Abschnitte des Buches nicht überall den vollständigen Ausdruck meiner eigenen Anschauung enthielten.

Ich habe deshalb

geglaubt,

bei

der neuen Bearbeitung gegenüber dem Förster'schen Werk einen freieren

Standpunkt in Anspruch nehmen zu sollen. meines

verewigten Freundes fand

Bei den Rechtsnachfolgern

ich hierfür die vollste Zustimmung.

In Uebereinstimmung mit denselben habe ich Förstcr's Werk

als

die

Grundlage meiner Arbeit festgehalten, aber ich darf das, was ich biete, nicht mehr als Förstcr's Werk bezeichnen, wenn auch Einzelnes

ohne

wesentliche Aenderung übernommen ist.

Festgehalten habe ich im Wesentlichen, aber nicht überall, an der Ordnung, in welcher Förster den Rechtsstoff behandelt hat, wenn ich

dabei auch

habe. in

zuweilen einen abweichenden systematischen Aufbau versucht

Infolge dessen hat in diesem Bande den einzelnen Paragraphen

ihrer

früheren

Zahlenbezeichnung

meist

im

Wesentlichen

derselbe

Rechtsstoff wie in den früheren Ausgaben belassen werden können

Der

§.23, welcher von der allgemeinen Natur der Beziehungen des Subjekts

zum Objekt der Berechtigung handelte, ist in zwei Paragraphen zerlegt, die

dem persönlichen

und dinglichen Recht und einer allgemeinen

örterung des Grundbuchwesens gewidmet sind.

Er­

An die Stelle des mit

„Berfügungsfähigkeit" überschriebenen §.28 ist eine Auseinandersetzung

Über das „Rechtsgeschäft" getreten.

In die Behandlung der Verjährung

durch

Nichtgebrauch (§. 57) ist die in den früheren Ausgaben davon

gesonderte

Erörterung

der

Verjährung

(§. 120 der früheren Ausgabe)

von

Entschädigungsansprüchen

hineingezogen.

Die Anfechtung von

Rechtshandlungen durch Gläubiger, welcher Förster ihren Platz im Ber­ tragsrecht (§. 88) angewiesen hatte, ist an dieser Stelle gestrichen; die

Anfechtung von Verträgen durch die Paciscenten ist in den §.87 ver­ wiesen und §.88 ist zu einer zusammenfassenden Darlegung der bei Aufhebung und Anfechtung von Verträgen entstehenden Rückleistungspflicht

benutzt worden.

Der Vermögensverfall und das Konkursrecht,

denen

Förster mit Rücksicht auf die dadurch bewirkte Veränderung im Obli­ gationsgegenstand ihre Stelle angewiesen hatte (§§. 109—116), sind in die Lehre vom gerichtlichen Schutz der Schuldverhältnisse, insbesondere

in die der Darstellung von Klage und Einrede aus Schuldverhältnissen

hinzugefügte Lehre vom gerichtlichen Zwang gestellt worden.

An dieser

Stelle hat auch im Anschluß an die das Civilrecht berührenden Grund­ sätze

von

der Zwangsvollstreckung

(§§. 111 f.)

das

Anfechtungsrecht

(§. 114) Erörterung gefunden.

Für die Darstellung der einzelnen Lehren habe ich den Grund­

die Theorie des preußischen Rechts im Zusammen­

gedanken Förster's,

hang

mit der jetzt maßgebenden Auffassung

zustellen, überall festgehalten.

des gemeinen Rechts dar­

Im Uebrigen bin ich davon ausgegangen,

daß die vorliegende Bearbeitung meine eigene Auffassung wiedergeben soll, ich habe deshalb auch nicht — wie in der vorigen Ausgabe überall —

sondern nur da, wo mir dieser Hinweis erheblich schien, darüber Rechen­ schaft

gegeben,

Förster's verhält.

wie

sich

die

jetzt vertretene Auffassung zu derjenigen

Einen Theil der gemeinrechtlichen Auseinandersetzungen,

der mir zur Illustration des preußischen Rechts nicht wesentlich schien,

habe ich im Verhältniß zu den früheren Ausgaben gekürzt.

Die Revision

der einzelnen landrechtlichen Lehren hat mich nicht selten von dem Stand-

X

punkt Förster's noch weiter, als in der vorigen Ausgabe hervortritt, ab­

geführt, auch die eigenen Auseinandersetzungen der vorigen Ausgabe habe ich nicht ohne Kritik und in Folge dessen nicht überall unverändert bei­ behalten.

Eine nicht

unerhebliche Anzahl von rechtlichen Beziehungen,

welche gar nicht oder nur beiläufig erörtert und

eingehende Erörterung gefunden.

ständlich

überall

auf

meinem Dafürhalten

waren,

hat

grundsätzliche

Besondere Rücksicht ist selbstver­

die Praxis des Reichsgerichts genommen.

gehört

wissenschaftlichen Erörterung

es

zu

den

des Rechts,

wesentlichen

Aufgaben

der Fortentwicklung

Nach einer

desselben

in der Praxis aufmerksam zu folgen, die Ergebnisse derselben aber nicht

ohne Weiteres auzunehmen,

sondern zu prüfen.

Wo ich dem Reichs­

gericht nicht zustimmen konnte, habe ich die abweichende Ansicht zu be­ gründen versucht.

Dem ersten Bande werden die anderen mit thunlichster Beschleuni­

gung folgen; der zweite wird bereits in den ersten Monaten des neuen

Jahres ausgegeben werden können. Berlin, zu Anfang November 1886.

Eccius.

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes Einleitung. §. 1.

§. 2.

Geschichtliches .............................................................................................................. Kurfürstliche Zeit. Kammergerichtsordnung. 1. Joachimica. Johann Georgs Landrecht. 2. Friedrich Wilhelm L 3. Pnvilegia de non appellando. Codices Frideiiciani. 4. Projekt des corporis Juns Fridericiani. 5. Das Allgemeine Landrecht und die Allgemeine Gerichtsordnung

....

Seite 1

6

Kab.-Ordre an Carmer wegen Redaktion des L. R. 6. Mitarbeiter. 7. Allgemeiner Gang der Arbeit und Publikation des Allg. Gesetzbuchs. 8. Das Allgemeine Landrecht, die Allgemeine Gerichtsordnung. 9. Verhältniß beider Gesetzbücher zu einander. 10.

§. 3.

Spätere Gesetzgebung.

Reichsrecht................................

11

Erster Anhang. Deklarirende Gesetze. 11. Ergänzende, ändernde Gesetze. Revisionsarbeiten. 12. Ausgleichung der verschiedenen in Preußen geltenden Rechtssysteme. 13. Reichsgesetze, insbesondere die Reichsjustizgesetze. 14.

§. 4.

Giltigkeit des A.L.R. als gemeines Recht.

Provinzialrechte..............................14

Verhältniß zum gemeinen Recht, 14, zu den Provinzialrechten. der letzteren. 15.

Verdrängung

§. 5.

Giltigkeit des A.L.R. als Rechts der preußischen Staaten................................... 16 Theilweise Suspension. 16. Einführung in die neuen Provinzen. Jetziges Geltungsgebiet. 17.

§. 6.

Beurtheilung des A.L.R................................................... Urtheile zur Zeit der Entstehung. 18. Organische Verbindung des römischen und deutschen Rechts. Wahrung deutschrechtlicher Verhältnisse. 19. Streben nach kasuistischer Regelung für alle Fälle. 20. Fürsorge für die wirthschaftlich Schwachen. Guter Glaube. Sprache des Landrechts. 22.

§. 7.

System des A.L.R...................................................................................................................22 Erster Theil. 23.

§. 8.

Zweiter Theil. 24.

Wissenschaft des preußischen Rechts

18

System dieses Werks. 25.

..................................................................

Frühere Hemmnisse wissenschaftlicher Bearbeitung. Literarischer Ueberblick. 27.

.

25

Ziel einer solchen. 26.

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe. Erster Theil.

§, (9.

Das objektive Recht.

Die Rechtsnormen, insbesondere das Gesetz...............................................................33

Das Gesetz als vorherrschende Quelle des preußischen Rechts. 33. Landes­ gesetze. 34. Reichsgesetze. 35. Unterschied von Gesetz und Verordnung.

XII

Jnhalts-Verzeichnitz des I. Bandes. 6eite Prüfung der Gesetzmäßigkeit durch die Gerichte. 36. Publikation Ver­ bindende Kraft des Gesetzes. 37. Dauer der Gesetzeskraft. 38. Zwingendes Recht, öffentliches Recht, bürgerliches Recht. 39.

§. 10. Zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze . Regel der Richt-Rückwirkung 40. Ausnahmen. 41. Gesetze über das Dasein von Rechten. Gesetzlicher Eingriff in bestehende Rechte. 42. Rechts- und Handlungsfähigkeit. 43. Verträge. 44. Form der Rechtsgeschäfte. 45. Wider­ rechtliche Beschädigung. Grundeigenthum. 46. Verjährung. 47. Familien­ recht. Ehe. 48. Väterliche Gewalt, Vormundschaft. 49. Erbrecht. Gesetzliche Erbfolge. Testamentsform. Testirfähigkeit. Erwerbsfähigkeit. 49. Inhalt des Testaments. 50. Prozeßvorschriften. Konkurs. Anfechtungsrecht. 50.

39

§. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze Staatsverträge. Entwickelung des internationalen Privatrechts. 51. System der Stammrechte, der Landesrechte, der Gleichberechtigung. Personal-, Real-, gemischte Statuten. Grundsatz nach Savigny. 52. Allgemeine Grundsätze. 53. Bedeutung von Wohnsitz. 54. Herkunft, Staatsangehörig­ keit. 55. Im Einzelnen: Rechts- und Handlungsfähigkeit. 55. Bei Verlegung des Wohnsitzes. 56. Juristische Personen. 57. Vermögensrecht. Sachen­ recht. 57. Obligationen. 59. Form der Rechtsgeschäfte, locus regit actum. 59. Inhalt und Wirkung der Rechtsgeschäfte. 60. Uebertragung, Verpfändung, Pfändung. 61. Gesetzliche Obligationen. Delikte. 62? Statusrechte. Ehe, eheliches Güterrecht. Scheidung 63. Eheliche Kindschaft. Außereheliche. Erbrecht. Gesetzliche Erbfolge. 64. Testamentarische. 65. Proreßgesetze. 65. Klagenverjährung. 66. Konkursverfahren, Anfechtungsrecht. 68. Retorsion. 69.

51

§. 12. Auslegung der Gesetze . . . . Grammatische, logische Interpretation. 69. Selbständigkeit der richterlichen Auslegung. Hinblick auf gemeines Recht. 70. Register, Marginalien. Vorschrift über Auslegung gemeinrechtlicher Normen. 71. Landtags- und Reichstagsverhandlungen. Legalinterpretation. 72.

69

§. 13. Analogie Rechts- und Gesetzesanalogie. 73.

.

.

73

§. 14. Das Sonderrecht und Privilegium Bedeutung des Unterschieds. 74. Beispiele von Sonderrechten. Ertheilung von Privilegien im Wege der Verwaltung. 75. Auslegung und Aufhebung der Privilegien. 76.

74

§. 15. Erlasse des Königs und der Behörden Ausführungsverordnungen. Delegation Delegirtes Polizeiveroronungsrecht. 77.

. Gesetzgebung.

77

§. 16. Das Gewohnheitsrecht. Volksrecht Gewohnheitsrecht, Observanz. 78. Stellung des Landrechts und der Provinzialrechte zum Gewohnheitsrecht. 79. Erfordernisse. 79. Beweis eines Gewohnheitsrechts. 80.

78

§. 17. Das Juristenrecht Richterspruch Recht erzeugend? Bedeutung der Jurisprudenz für Entwickelung des Rechts. 80. Präjudikate des Obertribunals und des Reichsgerichts. 81.

80

Entsprechende Anwendung. 74

des

Rechts

der

Zweiter Theil. Die Berechtigung. Erstes Kapitel.

Wesen der Berechtigung.

§. 18 A. Begriff und allgemeine Grundsätze Rechtssätze, Rechtsverhältnisse, Rechtsinstitute. Berechtigung. Rechts­ erzeugende Thatsachen. 82. Wohlerworbene Rechte. Rechtserwartungen. Selbständige, abhängige Rechte. Entsprechende Verbindlichkeit. 83. Absolutes,

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes.

XIII Seite

relatives Recht. Person, Gegenstand. Inhalt. Theilbarkeit. Berechtigung als Macht. 84. Ausübung Beschränkungen der Rechtsausübung aus sitt­ lichen Gründen und dem öffentlichen Rechte gegenüber. 85. Kollision. 86. Veräußerung. 88 Verzicht, Entsagung. 89.

§. 19. B. Das Rechtssubjekt, die Person.............................................................................. 90 Rechts- und Handlungsfähigkeit. 90. 1. Anfang der Persönlichkeit, Leibes­ frucht. Geburt. 91. 2. Ende der Persönlichkeit. Tod. 92. Verschollenheit. Todeserklärung. 93. Durch Ausschlußurtheil. 94. Ohne Ausschlußurtheil. 95. Priorität des Todes. Beweis. Vermuthliche Lebensdauer. 97. 3. Unter­ scheidungen. Geschlecht. 97. Alter. 98. Religion, Ehre. Geburtsstände. 99. Krankhafte Körper- und Seelenzustände. 100. Verschwender. 101. Unfähig durch Vermögens - Beschlagnahme. Ausländer. Juristische Personen. Publikum. 102. § 20. C. Das Rechtsobjekt. Begriff der Sache............................................................. 102 Sache im weiteren. 102. Sache im engeren Sinne. Objekt dauernder Rechte. 103.

§. 21. Einteilung der Sachen...................................................................................... .103 1. Einzelsache und Inbegriff. Universitas facti, juris. Vermögen. Erb­ schaft. 105. 2. Bewegliche und unbewegliche Sachen. Substanz. 106. Grund und Boden. Oberfläche. Ländliche, städtische Grundstücke. 107. Landgut. Wertpapiere. 108. 3. Theilbare, unteilbare. 108. 4. Verbrauch­ bare, vertretbare. 109. 5. In und außer dem Verkehr. 109. 6. Frucht, Nutzung. 111. 7. Haupt- und Nebensache, a. An- und Zuwüchse. 112. b. Pertinenz. Begriff. 113. Behandlung. 114. Beispiele. 115. 8. Rechte. Affirmative, negative, Untersagungsrechte. Bewegliche, unbewegliche Rechte. 116. §. 22. Sachwerth. Ersatz durch Surrogate................................................... Gebrauchs- und Tauschwerth. 117. Waare, Schätzung. Gemeiner, außer­ ordentlicher und Werth der Vorliebe. 118. Höherer und mittlerer Werth. 119. Pretium succedit in locum rei? 119. D. Die verschiedenen Arten der Beziehung zwischen Rechtssubjekt und Objekt.

117

§. 23. Persönliche und dingliche Rechte.............................................................................121 Grundsätze der Spezialität und persönliches und dingliches Recht. 121. Unmittelbarkeit des dingl. R. 123. Erkennbarkeit, Titel und Modus. 124. Mittelbarer, unmittelbarer Erwerb, Recht zur Sache. 125. Modus der Besitzergreifung und der Eintragung in das Grundbuch. 126.

8.23a. Das Grundbuchwesen ................................................................................................. 127 Geschichte der Grundbuchseinrichtung. 127. Zweck. Einrichtung. Real­ folien. 128. Personalfolien. 129. Oeffentlichkeit. Glaube des Grundbuchs. 129. Objektiver, subjektiver Glaube. 130. Was heißt wissen, wann muß man wissen? 131. Beweis des Wissens. 132. Begrenzung der Vollständigkeit des Grundbuchs bezüglich der einzutragenden Rechtsverhältnisse. 133. Be­ deutung des Vermerks thatsächlicher Verhältnisse; Wirkung der Ein­ tragungen. 134. Endgiltige, vorläufige Einschreibungen. Haftung der Beamten und des Staats. 134. Konsensprinzip. Legalitätsprinzip. 135. Zweites Kapitel.

Entstehung der Berechtigungen.

1. Abschnitt: Einleitendes. §. 24. Faktoren des Rechtslebens.......................................................................................135 Handlungen und Begebenheiten. Wirkung in die Zukuuft. Rückziehung. Kontinuität des Rechts. 136. §. 25. Insbesondere die Handlungen und Willenserklärungen....................................137 Aeußere freie Handlungen Willenserklärungen. Widerrechtliche Hand­ lungen. Unterlassungen. 137.

XIV

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes. Seite

§. 26. Handlungsfähigkeit.......................................................................................

Bei Rechtshandlungen Rasende, Wahnsinnige. durch Genehmigung des heit, Leidenschaft. 141. §. 27. Zurechnung.

...

138

Unfähigkeit aus natürlichen Gründen. 138. Kinder, 138. Blödsinnige, Verschwender 139. Ergänzung Vertreters. 140. Blinde, Taube, Stumme. Trunken­ Unfähigkeit aus Gründen des Gesetzes. 142.

Schuld....................................................................................................... 142

Zurechnungsfähigkeit. 142. Schuld. 143. Vorsatz, Versehen. Sorgfalt. 144. Culpa in concreto. Grade des Versehens. 145. Zufall. 146.

2. Abschnitt: §. 28. A. Wesen des Rechtsgeschäfts

Das Rechtsgeschäft.

......................................................

147

Willenserklärung. Rechtsgeschäft. 147. Gewollte nnd vom Gesetz gewährte Wirksamkeit. Allgemeine Voraussetznug: Verfügungsbefugniß nach Inhalt der Erklärung. 148. Voraussetzung der gerade auf diesen Erfolg gerichteten Ab­ sicht. 149. Verbotene Rechtsgeschäfte. Sanktion der Nichtigkeit. 150. Sanktion der Strafe. 151. Einseitige, mehrseitige Geschäfte. Verträge, Schuldverträge. 151. Dingliche Verträge. Rechtsgeschäfte unter Lebenden, von Todeswegen. 152.

B. der Willensentschluß. §. 29. I. Freiheit. Zwang............................................................ Physische, psychische Gewalt. Furcht. Drohung. 153. fechtbar. 155.

152 Nichtig oder an­

§. 30. Freiheit. Irrthum.............................................................................................................156 Begriff. 156. Rechtsirrthum und thatsächlicher Irrthum. Wesentlicher, un­ wesentlicher Irrthum. 157. Falscher Beweggrund, falsche Beschreibung. Folge des Irrthums: Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit? 158.

§. 31. Freiheit. Betrug........................... Begriff. 159. dolus causam dans. dolus meldens, gegenseitiger Betrug. 160. Exc. doli generalis. 161.

159

§. 32. II. Ernst. Scherz und Schein ................ Aeußeres Hervortreten von Scherz und Schein. 161. Mentalreservation. Simulation zweiseitiger Geschäfte. 162. Anerkenntniß scheinbarer oder scherz­ hafter einseitiger Erklärungen. 163. Nichtigkeit simulirter Geschäfte. 164.

161

§. 33. III. Gewißheit

164

...........................................................

C. Willensäußerung beim Rechtsgeschäft. §. 34. I. Art und Weise der Aeußerung...........................

Ausdrückliche, stillschweigende, 165,

II. Inhalt des geäußerten Willens. §. 35. a. Bestandtheile des Rechtsgeschäfts........................................... Wesentliche Bestandtheile. 166.

165

vermuthete Erklärung, Schweigen. 166.

166

Natürliche, zufällige. 167.

b. Nebenbestimmungen.

§. 36. Bedingung.................................................................

I. Bedeutung von Nebenbestimmung. 167. Begriff der Bedingung. Keine Beschränkung des Daseins des Willens. Bedingtheit des Rechts­ verhältnisses. Abhängigkeit von einem Ereigniß. Zufällige Potestativ­ bedingung. 168. Bestimmtheit des bedingenden Ereignisses. Der bloße Wille als Bedingung. Nothwendigkeit der Ungewißheit derselben. 169. Objektive, subjektive. Conditio in praeteritum s. praesens collata. Uner­ laubte, unsittliche Bed. 170. Unmögliche, nothwendige. Conditio juris. 171. Affirmative, negative B. Aufschiebende, auflösende. 172. II. Rechtliche Behandlung. 1. Zustand während des Schwebens. 173. 2. Zeitpunkt der Entscheidung, Existenz, Deficienz. 174. Rückwirkende Kraft des Eintritts

167

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes.

XV Seite

der aufschiebenden Bedingung? 176. Bei der auflösenden Bedingung. 177. Im Falle des conditio in praeteritum relata. 178. III. Beweislast beim Streit ob unbedingter oder bedingter Geschästsschluß. 178. IV. Willens­ erklärungen, die nicht bedingt sein dürfen. 179.

§• 37. Zeitbestimmung....................................................................... Dies certus, incertus. Ex die, in diem. 181. Unmögliche und rechtlich unzulässige Zeitbestimmung. 182. Unterschied von Bedingung. 183.

181

............................................. ... §. 38. Zweckbestimmung Begriff und Anwendungssphäre. 164. Modus Simplex, qualificatus. Wirkung der Nichterfüllung. Art der Erfüllung. 184. Klage? 185.

184

§. 39. Beweggrund und Beschreibung............................................................. Unrichtiger Beweggrund. 186. Unrichtige Bezeichnung. 187.

186

8- 40. III. Form der Willensäußerung........................................................ Gesetzlich vorgeschriebene Form. 189. Verabredete Form. Gesetzliche Formen des Landrechts. Schriftlichkeit. Bedeutung der Urkunde als Beweis­ mittel. Beweiskraft, Echtheit. Oeffentliche Urkunde, Privaturkunde. 188. Rechtsgiltigkeit der Urkunde bei Privatschrift, 190. Bei öffentlicher Ur­ kunde. 191. Notariat. Auslegung der Urkunde. Beweis im Fall des Verlusts der Urkunde. 192.

187

....... §. 41. D. Ungiltigkeit der Rechtsgeschäfte und deren Heilung Nichtigkeit. Anfechtbarkeit. Nichtigkeit von Anfang an. Später eintretende. Nichtigkeit ipso jure, nicht Kraft Nichtigkeitserklärung. 194. Absolute, relative Nichtigkeit? 195. Konvalescenz. Unsichere Rechtssprache. 196. Konversion. Anerkennung anfechtbarer Geschäfte. 197. Entsagung der Einwendungen. 199.

193

8-42. E. Mitwirkung und Stellvertretung bei Rechtsgeschäften................................... 200 1. Mitwirkung. 200. Beistand, Beitritt. Genehmigung Dritter. 201. 2. Stellvertretung. 201. Voraussetzungen. 202. Interposita persona. 203. Berechtigte Stellvertretung. Vollmacht. Ratihabition. 204. 8. 43. F. Auslegung der Rechtsgeschäfte....................................................................... 205 3. Abschnitt.

Andere Entstehungsgründe der Berechtigung.

8- 44. 1. Widerrechtliche Handlungen............................................................................. 206

.... 8- 45. 2. Ereignisse, insbesondere Zeit. Berechnung des Zeitablaufs. Frist. Zeitpunkt, Zeitdauer. 207. Civilkomputation. 208. Zeiträume. Terminologie. 209.

207

8- 46. Die Verjährung in ihren allgemeinen Grundlagen..........................................211 Kein jurist. Gattungsbegriff. Naturrechtliche Verallgemeinerung des Be­ griffs. 211. Systematische Stellung der Lehre. 212. Gemeinsame Grund­ sätze für beide Arten der Verjährung. 214. Nur vermöge Gesetzes, nur für bestimmte Rechte. Veränderung an Rechten durch Zeitablauf. 215. Unter­ schied von Frist. 216. Auch erlöschende Verjährung kein allgemeines Rechts­ institut, 217. desgl. die erwerbende V. 219. Hindernisse des Anfangs jeder Verjährung. 220.

Drittes Kapitel.

Schutz der Berechtigung.

8- 47. Die Rechtsverletzung............................................................................................ 223 8- 48. I. Vorbeugender Schutz gegen Rechtsverletzung...............................................224 Staatliche Fürsorge bei Entstehung von Rechtsverhältnissen. Sicherung des * erworbenen Rechts. 224. 1. Kaution. 225. 2. Rechnungslegung. 226. 3. Protestation. 4. Reservation. 225. 5. Vermögensverzeichnisse. 6. Einst-

XVI

Jnhalts-Verzeichnitz deS I. Bandes. Sette

weilige Verfügungen, Arrest. 228. 7. Vormerkungen. Dingliche Bedeutung derselben. 229. 8. Sperrvermerke. 9. Sequestration. 10. Feststellungs­ klage. 231. Früheres Vorkommen derselben. 232. Wesen und Ziel. 233. Interesse an alsbaldiger Feststellung. 235. Beweislast bei der negativen Feststellungsklage. 236. II.

Wiederherstellender Schutz.

A.

Außergerichtlich.

§. 49. 1. Selbsthilfe............................................................................................................ 236 Regelmäßige Unzulässigkeit. Erlaubte Selbsthilfe. Folgen der Uner­ laubten. 237. Pfändungsrecht, 238, nach Landrecht, 239, nach dem Forstund Feldpolizeigesetz. 240. Zurückbehaltung. 241. §. 49a. 2. Schiedsspruch ......................... . Materielle Natur: Kompromißvertrag. 241. Andere Grundlagen des Schieds­ spruchs. 242. Gegenstand, Bestimmung der Schiedsrichter. 243. Außerkraft­ treten des Schiedsspruchs. 244. Receptum. Erzwingbarkeit? Formelles Verfahren, vor dem Schiedsrichter. 245. Vollstreckungsurtheil. Gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs. 246.

B.

241

Gerichtlich.

1. Die Klage.

§. 50. Begriff. Bestandtheile. Arten............................................................................. 247 Klage das Recht als Anspruch. 247. Verhältniß zu Klagegrund. Klage­ antrag. 250. Klageschrift als formelle Grundlage des Prozesses. 251. Der Klagegrund nach der C.P.O. 252. Ergänzung und Berichtigung, Aenderung des Klagegrundes. Aenderung des Klageantrags, Klageerweiterung. 255. Actio nata, Kündigungsklage. 256. Eintheilung der Klagerechte. Ding­ liche und persönliche Klage. Das Moment der Feststellung des Rechts in jeder Klage. 257. Petitorische, possessorische Klage. 258. §. 51. Einfluß der Erhebung der Klage auf das Recht.................................... . Litiskontestation. Klageanmeldung. Jetzt Klageerhebung. Wie erfolgt diese? 259. Wirkungen der Rechtshängigkeit. Bezüglich der' Unter­ brechung der Verjährung und Vererbung. 260. Aenderungen im Recht nach Beginn des Rechtsstreits. 261. Veräußerung des Streitgegenstands und der actio litigiosa. 262. Umfang der Verurtheilung. Ne ultra petitum. 263. Verzug und unredlicher Besitz des Beklagten. Wirkung der Anmeldung eines Anspruchs im Konkursverfahren. 264.

258

§. 52. Konkurrenz der Klagen................................................... Identität des Gegenstands, Mehrheit der Rechtsgründe. 264. Uebergang durch Befriedigung. Gleichzeitige Benutzung der mehreren Klagen. 265. Benutzung nach einander. 266.

264

§. 53. 2. Die Einrede . .................................... Verneinung und Einrede. 267. Bereich der prozessualischen Einrede. 268. Zerstörende, aufschiebende, verzögernde, prozeßhindernde Einreden Replik, Duplik. 269. Das Einrederecht. Exceptio de jure tertii. Geltendmachung der Einrede. 270. Prozessualische Behandlung. 271. Wirkung des Ge­ brauchs der Einrede. 272.

266

§. 54. 3. Der Beweis......................... • Begriff. 273. Judici fit piobatio. Haupt- und Gegenbeweis. 274. Beweis­ beschluß. Natürlicher und künstlicher Beweis. Beweislast. Grundsätze. 275. Vermuthungen. Fiktionen. Beweissatz. 276.

273

Jnhalts-Verzeichniß deS I Bandes.

XVII

Sette 4. Das Urtheil. §. 55. a. Begriff und Umfang der Rechtskraft Begriff der Rechtskraft. Formelle Rechtskraft. 279. Wirkung der Rechts­ kraft. 280. Inhalt des Urtheils. Verurtheilung. Abweisung. 281. Be­ gründung eines Rechtszustands, Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Ab­ lehnung der materiellen Entscheidung durch Abweisung in angebrachter Art. 282. Abweisung zur Zeit. Keine Abweisung angebrachter Matzen wegen mangelnder Substanzirung. 283. Relative Rechtskraft. 285. Wie weit geht die Rechtskraft? Tenor und Gründe 286. Standpunkt der C. P. O. 288. Inzidentfeststellungsklage. 289.

279

§. 56. b. Die Wirkung der Rechtskraft Konsumtion der abgeurtheilten Klage. 290. 1. Verwirklichung der Ver­ urtheilung. Urtheile, die durch sich selbst Veränderungen wirken, 291, über den Kreis der Parteien hinaus. 292. Judikatsklage, Zwangsvollstreckung. 293. Präjudizielle Bedeutung der dezisiven Entscheidung unter den Parteien und für Dritte. 394. Wirksamkeit des Urtheils gegen Rechtsnachfolger. 295. Gegenstand der Vollstreckung und Judikatsklage. 296. Einreden gegen die­ selbe. Judikatzinsen. 297. 2. Die Einrede der Rechtskraft. 298. Subjektive Identität. 299, objektive, dem Gegenstände nach, 300, der Rechtsfrage nach. 301. Erwerbs- oder Entstehungsgrund bei der dinglichen Klage. 302. Verzicht auf die Einrede der Rechtskraft. 303.

290

Anhang zu §§. 55. 56. Vorläufige Vollstreckbarkeit und vollstreckbare Urkunden. Vollstreckung ohne Rechtskraft des Titels. 303. Rechtsverhältnisse aus nachmaliger Aenderung des Urtheils. Vollstreckbare Urkunden. 304. Ent­ scheidung über Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel und über materielle Einwendungen. 305. Die Feststellnng im Konkursverfahren. 306.

303

Viertes Kapitel.

Verlust der Berechtigung.

I. Erlöschungsgründe von allgemeiner Bedeutung. §. 57. a. Verjährung durch Nichtgebrauch Nichtgebrauch. 306. Theilweiser Gebrauch. 307. 1. Anfang der Verjährung. Nicht gegen Bevormundete. 307. Möglichkeit des Gebrauchs. Actio nata. 308. Si nativitas est m pote&tate creditons. Auf Kündigung stehende Ansprüche. 309. Hindert die Zulässigkeit von Einreden gegen die Klage den Anfang der Verjährung? 311. Besondere Bestimmung des Anfangstermins in einzelnen Fällen, besonders bei der kurzen Verjährung. 312. 2. Zeitraum. Ordent­ liche 30jährige Verj. 312. Ungewöhnliche 44jährige. 314. Verjährung der Schadensansprüche außerhalb bestehender Rechtsverhältnisse. 315. Die zwei- und vierjährige Verjährung des Gesetzes von 1838. 316. 3. Unter­ brechung. Ausübung des Rechts. Nicht außergerichtliche Erinnerung. Gegenseitiges Anerkenntniß. 318. Klageerhebung und sonstige Rechts­ hängigkeit. 319. Anmeldung im Konkursverfahren. Nicht Anspruchserhebung durch Einrede. 320. Unzuständigkeit des Richters. 321. Wegfall der Unter­ brechung durch Beseitigung der Rechtshängigkeit. 322. Für wen wirkt die Unterbrechung? Für welchen Anspruch? 323. Erledigung der erhobenen Klage durch Urtheil. Verjährung der Judikatsforderung. 324. Liegen­ lassen des Rechtsstreits. 325. 4. Wirkung der Verjährung. 326. 5. Geltend­ machung als Einwand. 6. Verträge über Verjährung. 328. 7. Verjährung der Einreden. 329. §. 58. b. Aufgebot und Ausschlußurtheil Provokationsklagen, Ediktalladung. 330. Aufgebot als Voraussetzung einer amtlichen Thätigkeit. 331. Aufgebot als Grundlage eines Ausschluß­ urtheils. Fälle. 332. §. 59. c. Sonstige Gründe Tod. 334. Verlust der Einreden zur Strafe. 335.

§. 60. II. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Civilprozessualische Wiedereinsetzung gegen Ablauf der Verjährung Auch bei kürzeren Verjährungen? 337. Förster (EccluS), Preuß Privatrecht I.

5. Aust.

jj

306

330

335 336

336.

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes.

XVIII

Seite

Zweites Buch.

Das Recht der Schuldverhältnisse. Erster Theil. Die Grundlehren des Rechts der Schuldverhältniffe.

Erster Abschnitt.

Von den Schuldverhältnissen im Allgemeinen.

§. 61. I. Wesen der Schuldverhältnisse ........................................................ Heutige Geltung und Aenderungen des röm. Obl. Rechts. Systematische Stellung. 342. Römische Definition der Obligation, deutschrechtlicher Stand­ punkt. 343. Begriffsbestimmung im Landrecht. Savigny's, Puchta's, Unger's Definition. 344. Recht zur Sache. Naturalobligation. 345. Nach preußischem Recht. Soluti retentio. 346. Andere Wirkungen? 347. Fälle, in denen ein Schuldverhältniß nicht das ganze Vermögen belastet. 348.

II.

341

Die Subjekte der Schuldverhältnisse.

§. 62. Gläubiger und Schuldner ................ 349 Einseitige Schuldverhältnisse. Zweiseitige, zufällig zweiseitige. Mehrheit des Subjekts. 350. Standpunkt des röm. und preuß. Rechts im All­ gemeinen. 351.

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner 1. Gesammtforderung. 352. Gemeinschaftliche Ausübung. 353. Einzelne Fälle der Anwendung des landrechtlichen Grundsatzes. 355. Verhältniß der Mitberechtigten unter sich. Abfindung eines Mitberechtigten durch den Schuldner unter Eintritt desselben in die Stelle des ersteren. 356. — 2. Gesammtschuld. A Begründung. Vermuthung des tz. 424 1.5. 357. Entstehung aus anderen Gründen als gemeinsamem Vertrag. Testament. 359. Widerrechtliche Handlung. Gesetzliche Pflicht. Gerichtliches Urtheil. 360. B. Rechtsverhältniß aus der Gesammtschuld. Wahlrecht des Gläubigers. 361. Verminderung der Verpflichtung durch Handlungen eines Schuldners. 363. Erschwerung oder Erweiterung. 365. Insbesondere Verzug? 366. C. Aus­ gleichungsanspruch (Regreß). Regel. 366. Besondere Fälle. 367. Regel­ mäßige Ausgleichungsgrundsätze. 367.

352

§. 64. Unbestimmtheit des Gläubigers Bestimmtheit des Schuldners. 369. Reallasten. Bestimmtheit des Gläubigers. Jndossable Papiere. 370. Jnhaberpapiere, Begriff und Kreis derselben. Stellung des Landrechts zu denselben. Blankocession und Blankogiro. 371. Historisches. Verhältniß zum Ordrepapier und Legitimationspapier. 372. Voraussetzungen. Inhaberaktien. Jnhabergeldpapiere. Jnhaberpapiere über andere Leistungen. Wesen des Emissionsgeschäfts. 373. Einseitigkeit des Rechtsgeschäfts. Das Jnhaberpapier als Sache. 374. Das obliga­ torische Verhältniß. Möglichkeit des Fehlens einer causa obligationis. Jnhaberpapier über Geld. Prämieninhaberpapiere, Banknoten. 375. Das Verbot der Emission ohne Privileg. 376. Näherer Inhalt der Obligation. Zinskupons. 377. Talon. Tilgung der Jnhaberobligation. Kraftloserklärung der Jnhaberpapiere. 378. Verwandlung in Forderungen mit bestimmtem Gläubiger. Außerkurssetzung. 379. Wiederinkurssetzung. Das Staatsschuldbuch. 380. Geschäfte über Jnhaberpapiere. 381.

369

III. Gegenstand des Schuldverhältnisses. §. 65. Bestimmtheit der Leistung Geben. Thun. 381. Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit. 382. Gattungs­ obligation. 383. Wahlobligation. Wahlrecht. Wirkung der erklärten Wahl. 384. Unmöglichkeit einer der Leistungen. 385.

XIX

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes.

§♦ 66. Möglichkeit der Leistung....................................................... Begriff. 387. Unmöglichkeit von Anfang, spätere. Handlungen und Sachen Dritter. 388. Dem Verkehr entzogene, nicht existirende S. 389. Uner­ laubte, unmögliche Handlungen. 390.

§. 67. Theilbarkeit des Schuldverhältniffes........................................ Quantitative Theilbarkeit der fungibelen Leistung. 391. Bei nicht fungibeler Leistung; bei alternativen Leistungen. Verwandlung untheilbarer Leistung in theilbare. 392.

Sette 387

391

§. 68. Haupt- und Nebenleistung. Zinsen . ........................................................ . 392 Begriff. 393. Accefforische Natur der Zinsen. Kapital. Gleichartigkeit mit der Hauptleistung. 394. Zinsfuß. 395. Beschränkungen desselben aufgehoben. Reichsgesetz betreffend den Wucher. 396. Kündigungsrecht des Gläubigers bei höheren Vertragszinsen. Zinsen der Pfandleiher. Usurae ultra duplum. Vorauszahlung. 397. Anatozismus. 398. Verjährung der Kondiktion. 400. Vorbedungene Zinsen. 401. Verjährbarkeit. 401. Klagbarkeit. Ein­ wirkung einer Quittung über das Kapital und über einzelne Zinsraten. 402. Klage nach dem Prozeß über das Kapital. 403. Gesetzliche Zinsen. Ver­ zugs-, Prozeß-, Urtheilszinsen. 403. Andere Fälle. 405. Natur der gesetzt. Zinsen als Schadenersatz. 406. Ausschluß durch Zinsabrede; anderer Schadenersatz unzulässig. Ohne besondere Fälligkeit. Verjährung. 406. Klagbarkeit. 407. Nachforderung nach Einklagung des Kapitals. 408. Nach Quittung über das Kapital. Vorbehalt. 409. Jnterusurium. 409.

§. 69. Werth der Leistung ........................................ Aenderung einer Obligation in eine Obligation auf Werthleistung. 410. Nutzlose Verträge. 411. Zweiter Abschnitt.

410

Begründung des Schuldverhältnisses.

§. 70. A. Uebersicht der Entstehungsgründe. Gesetzliche Verbindlichkeit .... Handlungen und Begebenheiten (Zustände) als Quellen der Oblig. 411. Römische Einteilung der Oblig. 412. Uebersicht der gesetzlichen Obli­ gationen. 412. B. Rechtsgeschäfte. §. 71. I. Einseitige Rechtsgeschäfte....................................................................... . Von Todeswegen. Unter Lebenden. Auslobung. 413. Keine bloße Offerte. Rechtsverhältniß daraus. 414. Jnhaberpapier. Gelübde. 415. II. Zweiseitige Rechtsgeschäfte oder Schuldverträge. §. 72. A. Der Begriff und die Arten................................... Begriff des Vertrags und des Schuldvertrags. Einteilungen. Real­ kontrakte. 416. Obligatorische, liberatorische, einseitige, gegenseitige, lästige, wohlthätige V. 417.

B. Der Abschluß. §. 73. a. Die Personen......................... Vertragsunfähige Personen. Negotia claudicantia. 418. Die zur Ergänzung einer Disposition erforderliche Genehmigung. Wem wird sie erklärt? und in welcher Form? Form des nachmaligen Anerkenntnisses des zur Zeit des Vertrages Unfähigen. 419. Genehmigung derselben Person für Verträge unter Vertragsunfähigen. Geschäfte des Kindes oder Mündels mit Vater oder Vormund. 420. Nothwendigkeit der Abgabe der genehmigenden Er­ klärung während der Dauer der Abhängigkeit. Vertragsunfähigkeit bei be­ stimmten Verträgen. 421. Arglistige Benutzung der Vertragsunfähigkeit zu Betrug. 422. §. 74. Stellvertreter ............................................................................ Freie Stellvertretung bei Vertragschluß. Vertretungsbefugnitz. 423. ll*

411

413

415

417

423 Ge­

XX

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes. Seite

fetzliche Vertretung. Willkürliche Stellvertretung. Innere Vertretung im Willen. Erklärung der Absicht als Stellvertreter zu kontrahiren. Wer ist fähig als Stellvertreter zu kontrahiren? 424. Willensmängel des Ver­ treters. Sein Wissen als Wissen des Vertretenen. Seine Verletzung der Vertragstreue für den Vertreter verpflichtend. Form der Aeußerung nach der Person des Vertreters. 425. Kontrahiren Jemandes mit sich selbst als Vertreter eines Andern? 425. §. 75. Vertragsabschlüsse zum Vortheil Dritter............................................................ 427 Zulässigkeit und Wirksamkeit eines solchen Vertrags für die Paciscenten selbst. 428. Rechtsentwickelung bezüglich der Stellung des Dritten. 429. Auffassung des heutigen gemeinen Rechts. 430 Prinzipieller Standpunkt des preußischen Rechts, Beitritt des dritten mit Bewilligung der Haupt­ parteien. 431. Abgrenzung des Begriffs. Handeln des Promissars im eigenen Namen, nicht als Stellvertreter; als Inhalt des Versprechens, Leistung nicht an ihn, sondern an den Dritten. 432. Gegensatz der bloß vom Promissar ausgehenden Ermächtigung, die ihm versprochene Leistung an einen Dritten zu machen. Möglichkeit der Abrede einer Leistung an den Dritten gegen eine Leistung des Letzteren. 433. Cession des Prounssars an den Dritten. Ablehnung der Leistung seitens des Dritten. 434. Form der Beitrittsaufforderung und der Beitrittserklärung. 435. Besonderheiten: 1. des Gutsüberlassungsvertrages mit Abfindung Dritter. 435. Annahme der Stellvertretung. 436. Inkonsequenz der Praxis bei Annahme einer Rück­ trittsb efugniß. 437. Standpunkt des Reichsgerichts 438; 2. bei Lebens­ versicherungen. 439.

§. 76. b. Inhalt und Gegenstand........................................ Inhalt: Materielle causa. Abstrakter Verpflichtungswille. 439. Anklänge daran im Landrecht. 440. Gegenstand: Leistung die Vortheil gewährt. Hand­ lungen des geselligen Verkehrs als Arbeitsleistung. Versprechen die in das Familienrecht eingreifen. Verbotene Gegenstände. 441. c. Die Willenseinigung. §. 77. 1. Anbieten und Annehmen . . . .............................................. Völlige Einigung durch gegenseitige Erklärung. 442. Traktate, pacta de contrahendo. 443. Punktation. 444. Anbieten. 445. Gehörige Zeit der Annahme. Annahmefrist. Sofortige Erklärung unter Anwesenden. 445. Erklärung Abwesender. Verschiedene Theorien. 446. Preußisches Recht: Empfangstheorie. 447. Gebundenheit des Antragstellers bis zur Ent­ scheidung. Zulässiger Widerruf. 448. Tod, eintretende Handlungsunfähig­ keit. 449. Vorsichtsregeln des A. L. R. 450.

439

442

§. 78. 2. Beschränkungen der Vertragswirkung; Hindernisse der Willenseinigung. Culpa in contrahendo ... ........................................................................ 451 I. Beschränkungen: Unerlaubte Bedingungen. 451. II. Hindernisse: Wesent­ licher Irrthum. 451. In Betreff des Inhalts, der Personen. 452. Des Gegenstandes. 453. III. Culpa in contrahendo 454. Unzulässigkeit der An­ nahme, daß die Sorgfalt bei Verhandlung über einen nicht zu Stande kommenden Vertrag, nach Inhalt des beabsichtigten Vertrags verschieden zu bemessen sei. Anerkennung der culpa in contrahendo im Landrecht. 455. Rechtliche Natur derselben. 456. §. 79. 3. Die Form des Vertrages.................................................................................457 Gemeines Recht. 457. Theorie des A. L. R. 458. Vorgeschichte desselben. 460. 1. Vollendung der Schriftform. 460. Die Unterschrift nur eines Kontra­ henten. 461. Analphabeten und Sprachunkundige. 462. Zulässigkeit der Interpretation des Geschriebenen. 464. Punktationen. 464. Briefwechsel, Telegramm, Rechnung. 465. Loos, Pfandschein. 466. Einseitige Urkunden, die auch für den Empfänger bindend, Schuldschein, Vollmacht, Police. 466. 2. Nothwendigkeit der schriftlichen Form, kraft Gesetzes nach Maßgabe der Höhe des Gegenstandes. 466. Bei einseitigen Erklärungen. 467. Berechnung der Objektshöhe. 468. Verträge, die schlechthin schriftliche Form fordern. 469.

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes.

XXI

Vertragsmäßige Nothwendigkeit der Schriftform. 470. 3. Der schriftliche Vertrag ausschließlich maßgebend. Mündliche Nebenabreden. 471. Begriff und Abgrenzung. 471. 4. Verabsäumung der Schriftform. 472. Wirkung der. Erfüllung, der beiderseitig vollständigen 473, der theilweisen und emseitigen bei V. über Sachen, 475, Pflichten des zurücktretenden Theils dabei. 476, bei V. über Handlungen. 477. 5. Verlust der Urkunde. 479. Anhang. Verzeichniß der Rechtsgeschäfte, die gerichtlich oder notariell abgeschlossen werden müssen...................................................... 4. Verstärkung. §. 80. Verstärkende Abreden.

480

Gerichtliche Bestätigung ....................................................... 481

Unterschied von Verstärkung und Heilung der Anfechtbarkeit; von Ver­ stärkung und Sicherung des Interesse und der Erfüllung. 481. Gerichtliche Bestätigung. Bloße Verlautbarung. Unpraktisch. 482. Gerichtliche Ge­ nehmigung im Vermögensrecht ebenfalls unpraktisch; auch bei Antichresis. 483.

§. 81. Draufgabe und Angeld..................................................................................................484 Auffassung des Instituts im römischen und deutschen Recht. 484. Stellnng des A. L. R. dazu 485. Reugeld. 486.

§. 82. 5. Auslegung........................................................................................................................487 Objekt der Auslegung. Der „übereinstimmende" Wille der Paciscenten. Gegen den Versprechenden, gegen den Urheber der Erklärung. 487 Punktation als Hilfsmittel der Auslegung. Besondere Regeln. 488.

C.

Inhalt der Vertragspflicht.

§. 83. a. Recht auf Erfüllung............................................................................................

Ganz und vollständig. 489. Die Erfüllung §♦ 271. I. 5. 490. Verurteilung zu Leistung des nicht gehörig erfüllten Vertrages. 492. Zeit. 493. Nach Möglichkeit und Gelegenheit.

489

bei gegenseitigen Verträgen Zug um Zug. 491. Einrede Gegenstand der Erfüllung. 494. Ort. 495.

b. Gewährleistung. §. 84. Allgemeines........................................................................................................................497 Verhältniß zu Erfüllung. Gewährleistung für Fehler nach röm. Recht. 497. Nach deutschem R. 498. Entwehrung nach röm. N. 498. Nach deutschem R. Verschiedenheit beider Institute. 499. Prinzip des A. L. R.. Gemein­ same Sätze. 500.

§. 85. Gewährleistung wegen körperlicher Fehler der Sache............................................500

Entscheidend ist die Zeit der Uebergabe. I. Verschuldete Fehlerhaftigkeit. 501. II. Unverschuldete, Vertretung der vorbedungenen und vorausgesetzten Eigenschaften. 502. Entscheidet bei Grundstücken jetzt die Zeit der Auf­ lassung? 503. Unerhebliche Fehler. Größe als Eigenschaft. 504. Bei ge­ wagten Geschäften. Bei einem Inbegriff. 505. III. Uebersicht der Rechts­ mittel. IV. Die Minderungsklage. Berechnung des Minderwerths. 506. V. Die Wandelungsklage. 508. Voraussetzung: Rückgabe des Empfangenen. 509. Einwirkung der Mora des Redhibitionspflichtigen. Behandlung des Redhibenten als redlichen Besitzers. Kein Anspruch auf Schadloshaltung. 510. VI. Gegenseitiges Verhältniß beider Klagen. 511. Inwiefern ist die Wahl unwiderruflich? 512. VII. Verjährung. 513. VIII. Verzicht. 514. §. 86 Gewährleistung wegen rechtlicher Mängel. Entwehrung ...... 1. Allgemeines. 514. II. Verpflichteter. 515. III. Die verschiedenen Fehler im Recht. 1. Ansprüche Dritter; Eigenthumsansprüche oder Ansprüche aus dinglichem Recht, die zur Entziehung der zu gewährenden Sache führen. 2. Rechte, welche die Nutzung verringern, ohne zur Entwehrung zu führen. 516. a. gemeine Lasten, b. Privatlasten, c. Privatschulden. 517. Fehlende Rechte oder Rechtseigenschaften der Sache. Nothwendigkeit, daß der Mangel schon zur Zeit der Uebereignung begründet war. 518. IV. Uebersicht der An-

514

XXII

Jnhalts-Verzeichniß des I. Bandes Sette

sprüche wegen rechtlicher Mängel. V. Insbesondere die Entwehrung. Her­ vortreten derselben Streitverkündigung. 519. Entwehrung ohne ablatio rei per judicem. 521. VI. Der Entwehrungsanspruch. Bei gänzlicher Ent­ wehrung. 521. Der redliche Erwerber: Haftung „nach Verhältniß der Ver­ schuldung für den wirklichen Schaden". 522. Der unvorsichtige, der unred­ liche Erwerber. 523. bei theilweiser Entw. 527. VII. Einrede drohender Entwehrung. Kautionsforderung. VIII. Verjährung. 525 IX. Wegfall des Anspruchs. 526. X. Bestimmungen des D. Hand. G. B. 527. Einfluß gegenseitiger Beerbung. 527. §. 87. D. Vertragsanfechtung und Aufhebung ............................................................ 528 Aufhebung, Lösung, Anfechtung, Umwandlung. Anfechtungsgründe unter den Paciscenten. 528. 1. Veränderte Umstände. 529. Concursus causarum lucrativarum. 530. 2. Zufällige Unerfüllbarkeit. 531. 3. Tod. 533. 4. Mangel hafte Erfüllung von einer Seite. 534. Bei Verträgen, deren Hauptgegen­ stand Handlungen sind. 535. 5. Nutzlosigkeit. 6. Erlaß. 536. 7. Auf­ hebung durch beiderseitige Einwilligung. 537. §. 88. Rückleistung des aus unverbindlichen oder aufgehobenen Verträgen Geleisteten Grund der Rückleistungspflicht an sich das Haben ohne Grund. 538. Darüber hinaus Haftung des Empfängers als unrechtfertigen Besitzers beim Rücktritt wegen mangelnder Schriftlichkeit des Verkehrs. Andere Falle. 539. Wirkung des erklärten Rücktritts zu Gunsten des anderen Theils. 540. C. Rechtlose Handlungen. §. 89. Die Beschädigung . ....................................................... Beschädigung als Grund einer neuen Obligation. 541. Schaden. Wirk­ licher Sch. Entgangener Gewinn. Unmittelbarer und mittelbarer Schaden. 542. Nur gefürchteter Schaden. Entsteht der Entschädigungsanspruch erst bei Eintritt des Schadens? 543 Wer gilt als beschädigt? 544. Be­ schädigende Handlung. 544. Unterlassungen. Kausalzusammenhang. 545. Beweislast. 546. Präsumtionen 547.

538

541

§. 90. Die Entschädigungsforderung . ........................................................................... 547 A. Einfache Entschädigungsforderung. Bei Aufopferung zum gemeinen Wohl. 547. Bergrechtliche Fälle, Eisenbahnunternehmungen. 548. Bei Voll­ streckung vorläufig vollstreckbarer Titel und von Arrestbefehlen. 549. Oeffentliche Aufläufe, Handlungen Deliktsunfähiger. Eingriffe durch Gewerbe­ betrieb. 550. — B. Deliktsobligation. I. Verschulden. Grade desselben 551. Zurechnung. Insbesondere bei juristischen Personen. 552. Haftung des Staats aus schuldhafter Verrichtung öffentlich rechtlicher Funktionen der Staatsbeamten? 553. Schaden durch Thiere. 554. II. Mehrheit der Be­ theiligten. Urbeber, Anstifter, Theilnehmer. Befehl und Auftrag. 555. Wissentliches Geschehenlassen, Dienstherrschaft, Meister, Vermiether. 556. III. Entschädigung: Wiederherstellung oder Schadenersatz. 557. Werths­ ermittelung. 558. IV. Umfang des Schadenersatzes in den verschiedenen Fällen. 559. V. Wegfall der Entschädigung, insbesondere durch konkurrireude Schuld. 560. Verjährung. 561. Dritter Abschnitt.

Lösung der Schuldverhältnisse.

§. 91. Zahlung............................................................ 561 Begriff. 561. 1. Wem kann gezahlt werden? 562. Solut. c. adj. 564. Zahlung aus Irrthum an einen Unberechtigten. 565. 2. Wer kann zahlen? Zahlender Dritter. 565. Gesetzliche Cession. 566. 3. Wann und wo? 567. Stundung. 567. Zahlung aus und an öffentlichen Kassen. 568. 4. Womit? Was ist Geld? 568. Verträge über ausländisches Geld. Münzveränderung. 569. Papiergeld, Geldpapiere auf den Inhaber. 570 5. Wie ist zu zahlen? Stückzahlungen. 572. 6. Die Zahlung ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Z. mit Vorbehalt. 573. Anrechnung bei mehreren Schuldposten. 574. Wer

Jnhalts-Verzeichniß deS I Bandes.

XXIII Sette

hat die Anrechnung auf eine bestimmte Schuld zu begründen? 575. 7. Quittung als Beweis der Zahlung. 576. Beweiskraft der Quittung. 577. Beweismittel für ein befreiendes Rechtsgeschäfts. Voraussetzung der Be­ urtheilung einer Quittung als Entsagung. 578. Vermuthung aus Quittungen auf Zahlungen, über die nicht quittirt ist. 579. Sonstige Vermuthungen aus Quittungen. 580. Vermuthung der Zahlung auf Grund der Rückgabe des Schulddokuments. Pflicht hierzu oder zur Mortifikation 581. Ver­ muthung der Zahlung auf Grund der Kassation des Schuldscheins. 582.

§. 92. Hinterlegung . . Verschiedene Zwecke der Deposition. Rechtmäßige Deposition als Be­ freiungsgrund von Verbindlichkeiten. 582. Hinterlegung von Geld, Kost­ barkeiten, Werthpapieren. 583. Von anderen Gegenständen. 584. Wirkung der rechtmäßigen Deposition. Fälle rechtmäßiger Deposition. 585. Genügt subjektive Ungewißheit über Legitimation des Gläubigers? 586. C. P. O. §. 72. 587. Deposition wegen streitiger Gegenforderungen. 587. Hinter­ legung zu anderen Zwecken als zu dem der Befreiung des Schuldners. 588.

582

§. 93. Hingabe an Zahlungsstatt Formlose Einigung darüber. Widerruf beim Hervortreten von Ent­ wehrungsansprüchen. 589. Ueberweisung einer Forderung an Zahlungs­ statt. 590.

589

§. 94. Gegenseitige Anrechnung Prinzip. Entwickelung im röm. R. 591. Ipso jure. 592. I. Bedingungen. 592. Kompensationsvertrag. 593. Subjektive Voraussetzung der Komp. 1. Wechselseitigkeit. Fiskus. 2. Eigene Forderungen. Eingreifen der Gesammtschuldverhältnisse593. Erbschaft. 594. Cession. 595. Anweisung. 596. Bürgschaft. Pfandbesitzer, verpfändete Forderung, Stellvertreter, Vormund, Ehemann. 597. Objektive Bedingungen: 1. Fälligkeit. 598. 2. Gleichartig­ keit der Forderungen. 3. Giltigkeit. 599. 4. Liquidität. 600. II. Aus­ übung und Wirkung. Anrechnung eine einseitigen Erklärung. Nicht nothwendig im Prozeß. Zurückziehung der Wirkung. 601. Im Falle des Vorhandenseins mehrerer Forderungen, auf welche kompensirt werden kann. Compensatio compensationis Verjährte Forderungen. 602. Verzicht auf die Einrede. Behandlung im Prozeß. 603. III. Aufrechnung im Konkurs­ verfahren: 1. der Konkursgläubiger, der aufrechnen will, braucht nicht zu liquidiren. 2. Er kann nicht gegen das, was er erst nach der Konkurs­ eröffnung zur Masse schuldig wurde, kompensiren. 604. 3. Auch zum Zwecke der Kompensation muß er schon bei der Konkurseröffnung forderungs­ berechtigt sein. 4. Bedingte, ungleichartige, illiquide Forderungen. 605. 5. Ausschluß der Aufrechnung auf Grund des Anfechtungsrechts. 6. Kom­ pensation im Auslande. 7. Rechtslage nach Beendigung des Konkurses. 606. IV. Fälle der Unstatthaftigkeit der Kompensation. 607.

590

§. 95. Anweisung Begriff. 608. Normalfall, Anweisung zum Zweck der Tilgung einer Schuld des Anweisenden. Erweiterung des Begriffs, Kreditanweisung. Auffassung der Anweisung als Verbindung von Zahlungsmandat und Einkassirungsmandat. Kritik. 609. Begriff des Landrechts. Gegenstand. Auch geschuldete individuelle Leistungen? Form. 610. 1. Rechtsverhältniß zwischen dem Anweisenden und Angewiesenen. Pflicht des letzteren die Ein­ ziehung zu betreiben. 611. Klage. Auslagen. Widerrede und Rücktritt. 612. 2. Zwischen dem Anweisenden und Ueberwiesenen. Pflicht des überwiesenen Schuldners zur Annahme. Wirkung der Annahme für den An­ weisenden. 613. Zwischen dem Angewiesenen und Ueberwiesenen. Wirknug der Annahme. Weitere Begebung. 614. Widerruf. Uebergang in Cession, Delegation. Verhältniß zur kaufmännischen Anweisung. 615. Ueber­ weisung einer Forderung zur Einziehung in der Zwangs­ vollstreckungsinstanz. Rechtsverhältnisse daraus. 616.

608

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes.

XXIV

Seite §. 96. Vereinigung von Forderung und Schuld ..................................................................617 Begriff und Voraussetzungen. 617. Lösung der Obligation. 618. Bei Erbschaftserwerb mit Vorbehalt. Absonderungsrecht. Nachlaßkonkurs. 619. Bei der Gesammtschuld. Bei der Bürgschaft. Vereinigung der Person des Cedenten und Cessionars. 620. Schuldübernahme. Konsolidation. 621.

§. 97. Umschaffung.............................................................................................................. ♦ 621 Die Novation des römischen Rechts. Streitfrage des gemeinen Rechts. Landrechtlicher Zusammenhang der Lehre. 622. Begriff des Landrechts. 623. Wirkungen der Beziehung des Aufhebungswillens zur Neubegründung einer Obligation. 624. Novation nur durch Vertrag. Keine n. necessaria. Novation eine abstrakte Verpflichtung? 625. Ausstellung eines Wechsels, Begründung einer Grundschuld auf Grund einer bestehenden Verbindlich­ keit. 626. Vierter Abschnitt.

A

Veränderung der Schuldverhältnisse.

Veränderung in den Personen.

a. Auf Seiten des Gläubigers. §. 98. Erbfolge................................................................. Regel. Erlöschen von Schuldverhältnissen durch den Tod des Gläubigers. 627. Verhältniß der Miterben. 628. Erbschaftskauf. 629.

627

§. 99. Rechtsabtretung ...................................................................................................................629 Succession in Forderungen? nach röm. R., ältere und neuere Doktrin. 629. Begriff nach A. L. R. 631. I. Rechtsgrund. 631. a. Rechtsgeschäft. Pactum de cedendo. 632. Unentgeltlich. Entgeltlich. 633. b Rechtsvorschrift. Nothwendige Cession. Fälle des Uebergangs auch der Nebenrechte ohne Cession. 634. Zahlung im Falle eines schon vorher für den Fall der Zahlung bestehenden Regreßrechts. 635. c. Gerichtszwang. Ueberweisung an Zahlungsstatt. Theilüberweisung. 636. II Cessionsform. BlankoCesston. 637. Theilcession. Aushändigung der Schuldurkunde. Annahmeerkärung. Quittung als Cessionsform. 639. Cession von Jnhaberpapieren und Wechseln? 640. III. Gegenstand. Auch Klagen aus dinglichen Rechten, 640, bei Rechten, die nicht auf Leistung eines Schuldners gehen. 641. Bedingte ungewisse, künftige, alternative R. R. aus zweiseitigen Verträgen. 642. Rechtsverhältniß des Vermiethers und Verpächters. Recht auf den Zuschlag. 643. R. aus dem Verwahrungsvertrage. Recht des Verkäufers auf Befreiung von Hypotheken, Anspruch auf Ergänzung des Pflichttheils, Widerruf der Schenkung. 644. Beispiele nicht abtretbarer streng, persönlicher Rechte: Pactum de contrahendo, insbesondere de mutuando, Wiederkaufs-, Vorkaufs-, Retraktrecht. Recht der Zwangsenteignung. Nießbrauch. Recht auf Nutzung zur Nothdurft. N. auf künftige Alimente. Unpfändbare Rechte? 645. Beirechte. Nebenrechte. Recht auf künftige Verzugszinsen. 646. Kon­ ventionalstrafe. 647. actiones vindictam spirantes Buße. Verbot der Cession an Gerichtsbeamte. 648. IV. Wirkung. Wirkliche Succession. 649. Uebergang der Nebenrechte, der Vorrechte. 650. Wirkung einer bedingten Cession 651. Im Einzelnen: a. Rechte und Pflichten zwischen Cedenten und Cessionar. Recht auf Gegenleistung. 651. Das pactum de cedendo, Vertrag über Eigenthumsübertragung, nicht Vertrag über Handlungen. Wegfall des Anastasischen Gesetzes. Keine Verletzung über die Hälfte. 652. Pflicht zu Vollziehung der Abtretung, Aushändigung der Schuldurkunde, Mitwirkung zur Legitimation des Cessionars. 653. Haftung für nomen verum. 654, für nomen bonum. 655. Bei nothwendiger und gerichtlicher Cession? 656. Verjährung dieser Haftpflicht. Recht des jüngeren und älteren Cessionars. 657. Bei Hypotheken und Grundschulden, 658, bei anderen Forderungen die nur gegen eine Urkunde zu zahlen sind. 660. b. Rechtliche Stellung des Schuldners gegenüber dem Cedenten und Cessionar. Die Stellung desselben soll nicht erschwert werden und soll nicht gewinnen. 660. Denunziation. 661. Schlechtgläubigkeit des Schuldners vor der Denun­ ziation. Aufhören der Legitimation des Cedenten. 662. Legitimations-

XXV

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes.

Seite

Prüfung des Cessionars. 662. Nichtige Cession, simulirte Session, Session des in der Verfügung über die Forderung Beschränkten, Cession im Gegen­ satz zu einem pactum de non cedendo. Frühere Denunziation des jüngeren Cessionars. 663. Zulässigkeit der gegen den Cedenten zulässigen Einreden dem Cessionar gegenüber. 664. Cedirte Grundschuld und Hypothek. Cedirte von einer Gegenleistung noch abhängige Forderung. Widerklage gegen den Cessionar? 665. Anerkennung des Cessionars als Gläubiger. 666. Unzulässigkeit des Gebrauchs persönlicher Vorrechte des Cessionars. Vorsicht des Schuldners bei der Zahlung an einen Cessionar. 667. V. Cession rechtshängiger Forderungen. Geschichte, preußisches Recht, Civilprozeßordnung. 668. Folgerungen aus der Annahme, daß die Cession für den Prozeß als gar nicht geschehen gelte. 669. Unzulässigkeit dieses Standpunkts. Materielle Einwirkung der Cession auf den formell von derselben nicht berührten Prozeß. 670.

b. Auf Seiten des Schuldners.

§. 100. Erbfolge

673

Regel, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Nachlaß suchen kann. 673. Persönliche Haftung des Erben, der der Rechtswohlthat des Nachlaßver­ zeichnisses verlustig geht; persönliche Haftung aus Verletzung der Pflichten des Benesizialerben. Zwangsvollstreckung in den Nachlaß. 674. Be­ grenzung derselben insbesondere durch den erbschaftlichen Liquidations­ prozeß, das erbschaftl. Liquidationsverfahren und das Aufgebot der Nach­ laßgläubiger. 675. Welche Schulden nicht übergehen? 676. Miterben. 677.

§. 101. Delegation und Expromission ............................ Verhältniß zum röm. Recht. I. Delegation. In welches Rechtsverhältniß wird succedirt. 678. Wirkung. Form. 679. Verhältniß zwischen Deleganten und Delegaten, 681, zwischen Delegatar und Deleganten, Delegatar und Delegaten. 681. II Expromission. Begriff Form. 681. Rechtliche Be­ handlung. 682. III. Vergleichung der Delegation und Expromission. 683.

678

§. 102. Schuldübernahme

683

Delbrück's Theorie. 683. Praktisches Bedürfniß. 684. Vorkommen im A. L. R. Erbschaftskauf. Vitalizien-Vertrag. Schenkung eines ganzen Ver­ mögens? 686. Vergleich von Testaments- und Jntestaterben. Ueber­ nahme einer Handlung. Uebernahme der Hypotheken in Anrechnung auf das Kaufgeld. 687. Deklaration v. 31. März 1835. 689. Die danach zwischen Schuldner und Uebernehmer begründete Obligation auf Befreiung. Cession derselben. 690. Zeitige Anwendungssphäre der Dekl. 691. Das neue Recht des §. 41 des Eig.-Erw.-Gesetzes. 692. Uebernahme des Meistgebots bei einer Zwangsversteigerung und Uebernahme der Schulden einer Eisenbahngesellschaft durch den Staat. 695. B.

Veränderung in dem Gegenstand.

a In Folge beiderseitigen Willens. §. 103. Der Vergleich Begriff. 696. Verhältniß zum Urtheil. Persönliche Fähigkeit zum Ver­ gleichschluß. 697. Form. Gegenstand. 698. Wirkung. 699. Auslegung. Anfechtung. 700. b. In Folge schuldhaften Verhaltens. §. 104. Schuldhafte Verletzung der Pflicht aus dem Schuldverhältniß

....

Die Regeln über Einwirkung von Vorsatz und grobem Versehen zwingendes Recht, die über mäßiges und geringes dispositiv. 702. Regelung nach dem Vortheil aus dem Geschäft. Klassifizirung der einzelnen Obligationen danach. 1. Kein Vortheil. 2. Gegenseitiger Vortheil. 703. 3. Einseitiger Vortheil. 4. Ausnahmsweise Steigerung. 704. 5. Ausnahmsweise Er­ mäßigung. 705. Obligationen aus dem Gesetz. Konkurrenz des Ver­ schuldens. Haftung für Stellvertreter. 706.

695

XXVI

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes.

Serie §. 105. Verzug.........................................................................................................................707 Mora solvendi, mora accipiendi. Der Verzug muß verschuldet sein. 707. Begriff des Verzugs. Bei welcher Obligation ist er möglich? 708. I. Erfüllungsverzug. Mahnung. 709. Dies interpellat 710. Ent­ schuldigung. Wirkung. 711. Beseitigung. 713. II. Annahmeverzug. Anbieten. 714. Wirkungen.715. Entschuldigung.716. III Beiderseitiger Verzug. 716.

§. 106. Das Interesse..................................................................................... ... I. Begriff. 717. Darin liegende Ersatzansprüche von geringerem Umfange. 718. Sprachgebrauch des A. L. R. 719. II Grundlage des Jnteresseansprnchs der Obligation, die nur ihren Gegenstand ändert. 720. III Umfang der Ersatz­ pflicht. 720. Regel. Ausnahmen: 1. nur wirklichen Schaden. 721. 2. Volles Interesse auch bei geringerem Versehen. 722. IV. Berechnung des Interesse. Keine Beschränkung auf das doppelte. Sachwerth. 723. V Ausschluß des Anspruchs. VI. Beweis. 724. Beweislast. Beweiswürdigung. 725.

717

§. 107. Die Konventionalstrafe........................................ Beariff. 727. Interesse. Accessorium des Hauptvertrages, nicht der Hauptforoerung. 728. Selbständig nach der Fälligkeit. Verhältniß zu anderen vertragsmäßig festgesetzten Folgen vertragswidrigen Verhaltens. 729. Ausschluß einer höheren Jnteresseforderung. 730. Ausgleichung des Interesse wofür? 731. Gegenstand. Verfall der Strafe. 732. Zum Besten eines Dritten. Beweis. Aufhebung. Einreden. 734. Wandelpön. 735.

726

c. In Folge von Begebenheiten. §. 108. Zufälliger Nachtheil und Vortheil...................................................................... 735 I. Gefahr. Casum sentit dominus. 736. Casus interitus, c. deteriorationis. 737. Reiner Zufall bei den einzelnen Obligationen, einseitige, zwei­ seitige auf Geben, 738, auf Thun. 739. Zufall in der Person, Casus mixtus Zufall bei bedingten Obligationen. 740. Bei alternativen. 741. Ver­ einbarung über das Tragen der Gefahr. 741. II Vortheile. Commodum ejus, cujus periculum AccessorischeS, stellvertretendes commodum. 742. Fünfter Abschnitt.

A.

Der gerichtliche Schutz der Schuldverhältnisse.

Gerichtliche Geltendmachung.

§. 109. Die Schuldklage und die Einreden dagegen....................................................... 743 Klagebegründung; insbesondere bei bedingten Verpflichtungen, bei sekundären Verpflichtungen (auf Ersatzleistung) 744. Einreden. Insbesondere die Einrede des Eigenthums gegen Klagen auf Herausgabe einer Sache. 745. Die exceptio doli generalis. 746.

§. HO. Die Einrede der Zurückbehaltung.............................. Verschiedene Auffassung. 747. Begriffsbestimmung des Landrechts Voraussetzungen, a. Jnnehaben der Sache. Redlicher Weise. 748. b Fremde, körperliche Sache. 749. Kapitalsumme. Zins? 751. Rechte? 752. Dem Gegner verschuldete, nicht ihm gehörige Sache. 753. c. Wegen Gegenforderung. 752. Konnexität desselben. Richtung der Forderung gegen den die Sache fordernden. 753. Fälligkeit. Liquidität. 754. d. Wirkung der Zurückbehaltung. Verhältniß von Retentions- und Pfandrecht. 756. e. Ende des Zurückbehaltungsrechts. 756. Zurückbe­ haltungsrecht im Konkurse. 757. B.

747

Erfüllungszwang.

I. Zwangsvollstreckung. §. 111. Die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen.............................. Verhältniß zur Obligation. Begriff der Zwangsvollstreckung. Nachweis daß auch die Zwangseintragung einer Forderung eine Zwangsvollstreckung ist. 758. Anfang und Ende der Zwangsvollstreckung. 759. Vertheidigungs-

758

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes.

XXVII Seite

recht des Schuldners. anspruch. 761.

760.

Direkter,

indirekter Zwang.

Interesse­

§. 112. Zwangsvollstreckung in das Vermögen ................................... Begriff. 761. Bewegliches, unbewegliches Vermögen. Zwangsvollstreckung bei beschränkter Haftung des Vermögens. 762. Wirksamkeit der Zwangs­ vollstreckung auf Grund präsumirten Eigenthums des Besitzers. Wider­ spruch Dritter. Natur der Widerspruchsklage. 763. Versehen bei der Zwangsvollstreckung. 764.

§. 113. Die Rechtswohlthat der Kompetenz und die Begrenzung der einer Pfändung unterworfenen Vermögensstücke...................................................................... 1. Kompetenz. Römisches Recht, Preußische Rechtsentwickelung. 765. Relative Wirksamkeit gegenüber bestimmten Gläubigern 766. Art der Geltend­ machung. Wirkung. Lehnskompetenz. 767. 2. Der Pfändung entzogene Gegenstände. Historische Entwickelung. Recht der C.P.O. 768. 3. Aus­ schluß der Pfändung bei rechtlicher Unveräußerlichkeit. 769. §. 114. Erweiterung des Kreises der Gegenstände der Zwangsvollstreckung in Folge der Anfechtung von Rechtshandlungen .................................................. Historische Entwickelung. Gemeines Recht. 770. Preußisches, Reichsrecht, Vergleichung des letzteren mit dem gem. 772. Rechtliche Natur der Ans. Obligation. 773. 1. Allgemeine Voraussetzungen der Anfechtungs­ obligation. Im Konkurse. 774. Außerhalb des Konkurses, a. Vollstreck­ barkeit der Forderung des Anfechtenden. b. Fälligkeit. 775. c. Auf Geld gerichtete Forderung, d. Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. 776. 2. Gegenstand der Anfechtung. Rechtshandlungen. Ob auch Unter­ lassungen? 777. 3. Anfechtungsfälle. Die besonderen des Konkurs­ rechts. 778. Die gemeinsamen in und außer dem Konkursverfahren. 779. 4. Anfechtungsschuldner. Erbe. Singularsuccessor. 5. Ziel der Anfechtung. 781. Behandlung der Gegenleistung des Anfechtungs­ schuldners. 6. Verjährung. 7. Anfechtung eines besseren Pfand­ rechts. 782. 8. Einwirkung der Konkurseröffnung auf früher erhobene Ansprüche. 784. 9. Erfüllung der Anfechtungsobligation. 785. 10. UebergangsVorschriften. 786.

761

764

770

II Konkursrecht. §. 115. Der Konkursanspruch........................................................................................... 788 Begriff des Konkursanspruchs Wesen des Konkursverfahrens. 788. Zahlungsunfähigkeit als Voraussetzung des Konkursanspruchs. 789. Aus­ nahme davon. Zahlungseinstellung. Begriff der Zahlungsunfähigkeit. 790. Feststellung des Konkursauspruchs durch den Eröffnungsbeschluß. Vor­ aussetzungen außer der Zahlungsunfähigkeit. 791.

§. 116. Das eröffnete Konkursverfahren........................................................................... 792 Wirkung der Eröffnung im Allgemeinen. Insbesondere: 1. die Konkurs­ masse. Ganzes Vermögen zur Zeit der Eröffnung. Fälle eines besonderen Konkursverfahrens über Bestandtheile eines Vermögens. 792 „Zur Zeit der Eröffnung," 793. Pfändbares Vermögen. 794. 2. Der Gemein­ schuldner. Verlust der Verfügung und Verwaltung. Nichtigkeit seiner Rechtshandlungen gegenüber den Gläubigern. 795. Modifikation bei Zahlungen und nach Grundbuchrecht, nicht nach den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen. Rechtshandlungen eines Ver­ treters 796. Sonstige Wirkungen der Ausschließlichkeit des Rechts der Konkursgläubiger. Zur Zeit der Eröffnung anhängige Prozesse. 797. 3. Konkursverwalter. 798. Rechtsstellung desselben unter Aufsicht der Gläubiger. Gläubigerversammlungen 790. Gläubigeransschuß. Ziel der Verwaltungsthätigkeit. 800.

§. 113. Einwirkung der Eröffnung des Verfahrens auf Vertragsverhältniffe . . Schwebende Vertragsverhältnisse, die aus der Konkursmasse erfüllt werden können. Wahlrecht des Verwalters. 800. Ausnahmen. Lieferungsgeschäfte

800

XXVIII

Jnhalts-Verzeichniß des I Bandes. Serie

mit späterem Stichtag. 802. Pacht und Miethe. 803. Landesgesetzliche Bestimmungen. 803.

Dienstverhältnisse.

§. 114. Die Gläubiger im Konkursverfahren..................................................................804 1. Aussonderungsberechtigte. 804 2. Absonderungsrechte. 3. Massegläubiger. 805. Prozessualische Behandlung der Ansprüche zu 1—3. 4. Konkursgläubiger. Forderungen, die von der Theilnahme am Konkursverfahren ausgeschlossen sind. Umwandlung der Ansprüche in Geld­ forderungen von bestimmter Höhe. 806. Bedingte Ansprüche. Alimenten­ forderungen. 807. Vorrechte. — Bedeutung der Feststellung einer Konkurs­ forderung mit den durch den Konkurs bedingten Modifikationen nach beendigtem Verfahren. 808. §. 115. Beendigung des Konkursverfahrens ................................................................. 809 1. Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses. 809. 2. Einstellung des Ver­ fahrens. 810. 3. Aufhebung des Konkursverfahrens. Abschlagsver­ theilungen. Schlußvertheilung. 811. Wirkung der Aufhebung. Nach­ trägliche Verkeilung. 812.

§. 116. Zwangsvergleich.....................................................................................................813 Aufhebung des Konkursverfahrens zufolge eines Zwangsvergleichs. Recht­ liche Natur desselben. 813. Voraussetzungen. 814. Bestätigung. 815. Wirkung der Aufhebung im Falle des Zwangsvergleichs. 815. Anfechtung derselben. 816.

Erklärung der abgekürzten Citate.

Die Abkürzungen sind die herkömmlichen; Lehr- und Handbücher sind mit dem

Namen der Verfasser citirt.

Arch. f. civ. Prax . Arch. f. pr. R. W. . Arnsberger Archiv.

Bekker und Muther

. . .

' . .

Zeitschrift für das gesummte Handelsrecht. Gruchot, später Rassow und Küntzel, Beiträge zur

.

.

.

.

.

Bl. f. Rpfl Blum, Annalen 1 Busch, Arch. /

.

.

Busch und Vierhaus . . Dernburg (ohne Zusatz) .

. .

Dresdner Annalen

.

.

Entsch.

.

.

Bl. f. R. A. .

'

.

'

Entsch. d. R. O. H. G., 1 auch R. O. H. G. / ' Entsch. d. R. G., auch R. G.

Fenner und Mecke....

Gerber und Jhering, > auch Jhering / ' Goldschmidt, Zschr. Gruchot

.

.

Hervorgehoben werden die folgenden:

Archiv für civilistische Praxis. Archiv für praktische Rechtswissenschaft. Neues Archiv für preußisches Recht und Verfahren. Arnsberg 1834 bis 1854. Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts, seit 1857 (mit dem sechsten Band geschlossen). Blätter für Rechtsanwendung, zunächst in Baiem, seit 1836. Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt. Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts, 1862. Zeitschrift für deutschen Civilprozeß. Lehrbuch des Preußischen Privatrechts; I. Band vierte, II. und III. Band dritte Auflage. Annalen des könig. sächs. O.-App.-Ger. zu Dresden, seit 1860. Entscheidungen des königlichen Obertribunals. 1837 bis 1879. Entscheidungen des Bundes- später Reichs-OberHandelsgerichts 1872—1879. Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen. — (Wo die Entsch. des Reichsgerichts in Straf­ sachen citirt sind, ist ein Zusatz gemacht). Civilrechtliche Entscheidungen der obersten Gerichts­ höfe in Preußen für die gemeinrechtlichen Bezirke des preußischen Staats. Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, seit 1857.

Erläuterung des Preußischen (jetzt des Deutschen Rechts).

XXX Grünhut

.

..... .

.

....

.

Jhering Johow, Jahrb. ....

. .

Johow und Küntzel

.

.

Krit. Ueberschau ....

.

Krit. Viertelj.schr.

.

Haimerl, Viertelj.schr. . Heuser, Ann.

.

.

.

.

Rehbein

Rehbein und Reincke R. G. und R. O. H. G. Roth

. .

. .

Savigny (ohne Zusatz) Schletter, Jahrb. . .

. .

. ..

Seuffert

......

Striethorst ...... Tafel, Civ. Rspr. . . . . Wach, Hdb . Württemb. Arch. . . . . Zeitschr f. Rpfl. und Verw. .

Zeitschrift für Privat- und öffentliches Recht der

Gegenwart. Wien 1874. Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Rechts- und Staatswissenschaft. Annalen der Justizpflege und Verwaltung in Kur­ hessen, seit 1855. s. Gerber und Jhering. Jahrbuch für endgiltige Entscheidungen der preußischen Appellationsgerichte. Jahrbuch für Enffcheidungen des Kammerqerichts, seit 1881. Kritische Ueberschau der deutschen Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. 1853—1859. Kritische Vierteljahrschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. München. Die Enffcheidungen des vormaligen Preußischen Obertribunals ans dem Gebiete des Civilrechts. Deren Landrechtsausgabe. s. Entsch. Bayr. Civilrecht. Roth's System des Deutschen Privatrechts wird mit Roth, D. Pr. R. citirt. System des heutigen römischen Rechts. Jahrbücher der deutschen Rechtswissenschaft und Gesetzgebung. 1855. Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte Deutschlands. 1847. Archiv für Rechtsfälle. 1851—1880. Auserlesene Civilrechtssprüche der höheren Gerichts­ stellen in Württemberg. Handbuch des deutschen Civilprozeßrechts. B.1.1885. Württemb. Archiv für Recht und Rechtsverwaltung. Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung in Sachsen.

Einleitung.

Einleitung §. 1. v

Geschichtliches.

Raumer, über die Einführung des römischen Rechtes in der Churmark Br. in v. Ledebur, Archiv f. d. Geschichtskunde des preuß. St. B. 5 S. 31. Laspeyres, die Reception des röm. R. in der Mark Br. in der Zeitschr. f deutsches R 1841 B. 6 S. 1—96 Jacobson, der preußische Staat, 1854. S 10 (Abdruck aus dem Rechtslexikon). Trendelenburg, Friedrich d G und sein Großkanzler Sa­ muel v. Cocceji, Beitrag zur Geschichte der ersten Justizreform und des Naturrechts. Berlin 1863. Philippson, Geschichte des preußischen Staatswesens. B 1 1880, B. 2 1882. — Heydemann, Einleitung in das System des preuß. Civilr. B 1. S. 5. 1861. Bornemann, 2. A. 1842. B. 1. S. 1—5. v. Daniels 1 A. 1851. B. 1 S. 5. Koch 3. A 1857. B. 1. S. 12. Dernburg, Pr. Pr. R. B. 1. S. 3 f — Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen B. 1. S 609 B. 2. S. 446 f Franklin, Beiträge zur Geschichte der Reception des röm R. 1863. bes S 119 f. O

) Savigny S. 414. Unger S. 122.130. Bornemann S. 13. Schmid S. 119 Dernvurg I. § 31 Note 1. Stobbe I. S. 162. Roth I. S 130. Personen, welche das Alter der Großjährigkeit erreicht haben, sind nach der Vormundschafts­ Ordnung v 5 Juli 1875 selbständig handlungsfähig, auch wenn im Testament des vorher verstorbenen Vaters nach Alt. R. II. 18 §§ 697. 698, auch §. 170 die Zeit, in welcher sie unter Vormundschaft stehen sollten, um 6 Jahr verlängert war. R.O.H G. B. 20 S. 174.

44

Erstes Buch.

dann bewahrt, wenn dieses

Die Grundbegriffe.

einen späteren

Termin vorschreibt;

denn die

erlangte Großjährigkeit sei mehr als eine bloße Fähigkeit für Rechtshandlungen, sie sei eine eingetretene Begebenheit, deren Wirkung nicht mehr beseitigt werden könne, ein wirklich erworbener Rechtszustand.

Ein erworbener Rechtszustand

der Volljährigkeit ist aber ebenso wenig zu konstruiren, wie es als erworbener

Rechtszustand

einer juristischen Person bezeichnet werden könnte,

Nothwendigkeit der Zustimmung einer Aufsichtsinstanz schließen.

ohne die

gewisse Verträge zu

Ebenso wie eine Aenderung der Gesetzgebung in letzterer Beziehung

die Folge haben müßte, daß die juristische Person ohne jene Zustimmung nicht

mehr wirksame

Verträge schließen kann, würde man in Ermangelung be­

sonderer Vorschriften die Selbständigkeit eines Großjährigen demjenigen ab­

sprechen

müssen,

der

sich

zur Zeit

jährigkeit befindet, wenngleich

im gesetzlichen

er nach

eines Vertreters nicht mehr bedurfte").

die

Wer

der

Minder­

einer früheren Gesetzgebung bereits

Mit gutem Grund haben deshalb

Einführungspatente, welche das Landrecht an Stelle

des französischen

Rechts einführten, es für nöthig gehalten, durch ausdrückliche Bestimmungen die Geschäftsfähigkeit derjenigen, die bereits großjährig geworden waren, auf­

recht zu erhalten*3). 2.

Bei den Verträgen kommt das Gesetz zur Zeit ihrer Abschließung

allein und unbedingt in Betracht,

sowohl für die Beurtheilung ihrer Form

als ihres Inhalts und aller daraus entstehenden rechtlichen Folgen *3). Nament­

lich sind hiernach auch alle Fragen zu beantworten, die sich darauf beziehen,

wie und was der Verpflichtete zu erfüllen, zu gewährleisten oder zu vertreten hat.

Die Gradedes Versehens, die das Gesetz für den unter seiner Herrschaft geschlossenen Vertrag vorgeschrieben, bleiben maßgebend.

Zweifelhaft kann es nur sein, ob

die Folgen des Verzugs, wenn sie unter dem neuen Gesetz erst eintreten, nach diesem oder dem früheren zu bestimmen sind.

Das Obertribunal hat in einem

speziellen Falle das Erstere angenommen"),

offenbar von der Ansicht aus-

11) Uebereinstimmend Unger I. S. 130 Windscheid I. §. 32 Sinnt 4; anders Savigny S. 415. Bornemann S. 14. Dernburg I. S. 58 Sinnt. 1; mit neuer Begründung Riuteleu a. a. O. S 28 — nach ihm wirkt das einmal erreichte Sliter der Großjährigkeit einen enbgilttgen Rechtsverlust, den Verlust der „Minder­ jährigkeitsrechte". Ob und wie weit ein Gesetz, welches den Termin der Großjährig­ keit ändert, (z. B das Gesetz v 9 Dezbr 1869) auf ältere Willenserklärungen ein­ wirkt, welche ein Recht bis zur Großjährigkeit ober von derselben an etnräunten, ist eine thatsächliche Frage der Auslegung. S. unten §. 43 Hoffmann bei Gruchot XVI S 90. 12) Publ Pat. v. 1814 § 14, von 1816 §. 18, von 1825 §. 21 Wenn bei Berathung des Gesetzes vom 9. Dezember 1869, welches das Alter der Volljährigkeit auf 21 Jahre festsetzt, angenommen wurde, daß die Geschäftsfähigkeit derjenigen Personen unter 21 Jahren, welche im Lande Hadeln bereits mit 18 Jahren großjährig geworden seien, durch das Gesetz nicht berührt werde, so möchte dem nicht zugestimmt werden können. 13) Savigny S. 435 Boruemanu S. 16 24 Unger I. S. 137. Schmidt S. 132 f. Strieth. B 53 S. 122 Dernburg I. §. 31 Rote 2. u) Präjudiz 1773 in der Präj Samml B. 1 S 87 zu § 67-68 I. 16 A.L.R. Dagegen Koch, Kommentar zu P. P. VIII und zu § 68 I. 16. Die Entscheidungs­ gründe des Obertribunals sind nicht veröffentlicht.

§. 10. Zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

45

daß der Verzug ein widerrechtliches Verhalten ist, welches mit dem

gehend,

Wesen des Vertrags nicht weiter in Zusammenhang steht, und daß die Folgen desselben daher nur nach dem Recht der Zeit, wo er eintritt, beurtheilt werden

dürfen — ein Moment, was Koch, der das Präjudiz tadelt, übersieht. Ueber die Form der Rechtsgeschäfte besteht

früher sehr lebhaft erörtert wurde.

eine Streitfrage, die

Zm Widerspruch zu §. 17 Ein!., welcher

vorschreibt: „Frühere Handlungen,

welche wegen eines Mangels der Förmlichkeit

nach den alten Gesetzen ungiltig sein würden,

sind giltig, insofern nur die

nach dem neuen Gesetz erforderlichen Förmlichkeiten zur Zeit des darüber ent­

stehenden Streites dabei angetroffen werden."

bestimmt §. 43 I. 3: „Eine Handlung, die wegen Verabsäumung der gesetzlichen Form von Anfang an nicht klar war, kann in der Folge niemals giltig werden."

Die letzte Vorschrift entspricht der gemeinrechtlichen Auffassung, während die erstere sich von ihr entfernt und auch keinen Stützpunkt in dem allge­

meinen Grundsatz findet,

seien.

daß Rechtsgeschäfte möglichst aufrecht zu erhalten

Man hat sich nun große Mühe gegeben, diese Antinomie zu beseitigen:

man hat zwischen Form und Förmlichkeit, zwischen nichtig und ungiltig unter­ scheiden wollen") — allein, da das A.L.R. in der Wahl technischer Bezeich­

nungen sehr schwankend ist, kann auf den Gebrauch jener Worte, als sei mit ihnen ein fester, technischer Sinn verbunden worden, kein Gewicht

werden.

nur auf einseitige Handlungen, die willkürlich

tz. 43 auf Verträge beziehe"), muß Auflagen gemißbilligt werden.

daß

ein

gelegt

Die vom Obertribunal zuletzt aufgestellte Ansicht, daß sich §. 17

neues

es die Form,

Gesetz

ad

abgeändert werden können,

mit Koch und Förster in den früheren

Denn

wenn

auch

Svarez

für den Satz,

casus praeteritos gezogen werden könne, wenn

woran vorhin die Giltigkeit der Handlung gebunden war,

simplifizirt und abkürzt, als Beispiel die Testamentssolennitäten hervorhebt, so

kann doch hieraus nicht entnommen werden, daß er sich dessen bewußt gewesen

is) So neuerdings wieder Rintelen a. a. O. S. 73 ff. 16) Vergl. über die Kontroverse außer den Ergänzungen, Koch's Kommentar und den Lehrbüchern noch Bornemann, Erörter. 1 S 17. Dernburg I §. 31 Note 2 Rechtsfälle B. 4 S 186 Entsch. B. 17 S 509. (Präj 2097) B 18 S. 242. 33. 57 ©. 376 f. Striethorst B. 1 S. 21. Rehbein I S. 50 RO. H.G. V. S. 253. — Schmidt, S. 117 bemerkt richtig: Der Grund, warum man die An­ wendung des §. 17 Eint, in so künstlicher Weise zu beschränken sucht, liegt wohl weniger in dem scheinbaren Widerspruch mit §§. 42 u 43, als in der zweifelhaften Richtigkeit des in ihm anerkannten Grundsatzes — Die nach den Vorschriften des AL R. ungiltig eingegangeneu Frauenbürgschaften sind nicht durch das Gesetz vom 1. Dezbr. 1869 (Ges.-S. S. 1169), welches jene Vorschriften aufgehoben hat, giltig geworden. Die Frage entscheidet sich weder aus §. 43 I 3, noch aus § 17 Einl. zum A.L.R., weil sie nicht die Form des Geschäfts, sondern die Geschäftsfähigkeit der Frauen betrifft. S Bohlmann bei Gruchot XVI S. 101. Vergl auch Rintelen a. a. O. S 73.

Erstes Buch.

46

Die Grundbegriffe.

ist, dieser Satz sollte gerade nur bei einseitigen Rechtsgeschäften gelten.

Ein

innerer Grund der abweichenden Behandlung einseitiger Erklärungen ließe sich allenfalls unter der Voraussetzung anerkennen, daß die Aenderung des Gesetzes

zu einer Zeit eingetreten ist, zu welcher der Erklärende noch in der Lage war, die früher abgegebene Erklärung in der Form des neuen Gesetzes, d. h. also wie sie früher abgegeben war.

ganz ebenso zu wiederholen,

zur Zeit

entstehenden Streits

des

Für diese Vor­

Derselbe verlangt vielmehr, daß

aussetzung ergiebt aber §. 17 keinen Anhalt.

die Gesetzgebung

eine

andere

geworden,

würde also auch durchgreifen muffen, wenn die Testamentsform nach dem Tode des Testators gemindert worden wäre.

ist ebenso

Das

irrationell,

wie die

Annahme, daß ein formlos geschlossener Vertrag gegen den Willen des einen Theils nach einer Aenderung der Gesetzgebung

werden könnte. zuerkennen.

bindend aufrecht erhalten

als

Es wird deshalb das Richtige sein, die Antinomie einfach an­

Denn auch der Erllärungsversuch Förster's, daß die Regel des

§. 43 durch die Ausnahme des §.17 eben für den Fall der Aenderung des

Gesetzes durchbrochen werde, kann theils wegen der Irrationalität, theils wegen des „niemals" in §. 43") zugegeben,

Wird

es zu billigen,

Jedenfalls ist

aber die Antinomie als ob keine der Be­

d. h. unter allen Umständen im Sinne des

stimmungen im Gesetz stimmt,

§. 43.

befriedigen").

nicht

so muß die Frage so entschieden werden,

daß

auch

das Obertribunal die An­

wendbarkeit des §. 17 auf den Fall einschränkt, wo die Handlung alle vom späteren Gesetz vorgeschriebene Formen an sich hat,

denn

dadurch

wird die

Anwendung dieses irrationellen Satzes möglichst beseitigt"). Die Widerrechtlichkeit einer beschädigenden Handlung und deren

3.

privatrechtlichen

Folgen sind

nach

dem

Recht zur Zeit

der Handlung zu

beurtheilen; ob ein Verhalten vertragswidrig zu nennen, bemißt sich dagegen

nach

den

Gesetzen

zur

Zeit

des

Vertragsschluffes"').

Welche

Ansprüche

gesetzlich aus dem Verzug erwachsen, bestimmt sich nach den Gesetzen, welche

(Präjud. des Obertribunals 1773).

während der Verzugszeit gelten.

Die Gesetzgebung über Erwerbung des Grundeigenthums

4.

von

1872 hat nicht ein neues Eigenthum an Stelle des alten gesetzt; ob aber die

Befugnisse Rechts

des

eingetragenen

eingetragenen

Eigenthümers

titulirten

ausdrücklich entschieden.

dem unter Herrschaft des alten

Besitzer zustehen

sollen, ist im Gesetze nicht

Auf die sehr bestrittene Frage wird bei der Erörterung

der Auflassung zurückzukommen fein"b).

n) Wenn in §§. 32. 33. I. 5. §§. 312. 313. II. 2. einem „niemals" die Ausnahme un­ mittelbar angehängt wird, so liegt die Sache anders als bei §. 43 I. 3. 18) Striethorst B. 1 S. 27. 19) Entsch. B. 18 S. 252. Koch, Kommentar, Note 25 a. E. zu §. 17 Eint. 19*) Die Wirkung der Handlung — (Auflösung der Vertrags oder Schadensersatz) wird sich nach dem Gesetz zur Zeit der Handlung bestimmen i»b) Vgl. unter Bd. III. §. 178 Sinnt. 56 auch'Gruchot B 25 S 710.

§. 10. Zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

Einer besonderen Erwähnung bedarf die Verjährung, die Er­

5.

sitzung inbegriffen"").

nach

47

Nicht zweifelhaft ist,

das die vollendete Verjährung

alten Recht beurtheilt werden muß.

dem

Für die noch laufende soll

nach dem Publ. Pat. von 1794 „in allen Stücken" das neue zur Anwendung

kommen").

Es kann hier nur zweifelhaft sein, ob die rechtliche Beurtheilung

des noch unter das alte Recht fallenden Anfangs der Verjährung auch nach dem neuen vorzunehmen, ob also, wenn das neue strengere oder weniger strenge

Erfordernisse für den Beginn vorschreibt, dies zurückwirken soll.

Die Worte

„in allen Stücken" scheinen dafür zu sprechen, mehr noch, daß die begonnene

Verjährung nicht unter den Begriff eines wohlerworbenen Rechts fällt, daß der Verlust oder Erwerb

Vollendung

daß

eintritt,

eines

Rechts, den sie bewirken soll, erst bei ihrer

sie also nur eine Erwartung erzeugt, die sich dem

Wechsel der Schicksale unterwerfen muß, der während ihres Laufes mannigfach störend eintreten kann.

Gemeinrechtlich wird daher angenommen, daß das neue

Gesetz auf den Anfang der Verjährung zurückwirkt"").

Dagegen aber ist nicht

außer Acht zu lassen, daß dann von einer „laufenden" Verjähmng überhaupt nicht die Rede sein könnte, weil eben das neue Recht andere Erfordernisse für den Anfang

vorschreibt,

und aus diesem Grunde hat das Obertribunal für die

Beurtheilung des Anfangs der Verjährung dem alten Rechte den Vorzug gegeben"").

Nach dem Wortlaut des Publ. Pat. §. XVII. muß zwar dem

Obertribunal beigetreten werden.

Da dieser §. aber nur eine vorübergehende

Bestimmung enthält, nur den damaligen Uebergang in einen neuen Rechts­

zustand ordnen sollte, so kann er auf später erschienene Gesetze nicht angewendet, es muß vielmehr die an sich richtigere gemeinrechtliche Ansicht angenommen

werden.

Verkürzt das neue Gesetz den Laus der Verjährung, so soll die

Frist erst vom Tage der Einführung dieses Gesetzes berechnet werden.

Nur

wenn die laufende Verjährung schon so^nahe ihrem Ende war, daß die neu

eingeführte Frist länger ist, soll es bei jener kürzeren Restfrist sein Bewenden behalten").

Verlängert das neue Gesetz die Frist, so muß, weil die laufende

Verjährung noch kein Recht giebt, die neue Vorschrift sogleich anwendbar 20) Bornemann S. 37. Savigny S. 426 Unger I. S. 146. Vangerow I. S. 60a Schmid S. 122. Stobbe I S. 164. Roth I. S. 132. Entsch. B. 18 S. 137, B. 19 S. 260. Rehbein I S. 56. 21) Ueber diese Worte, die in den späteren Patenten fehlen, vergl. Gösche! in Simon u. Strampff Zeitschr B- 2 S. 27. a) Unger I. S. 147 Note 79. Windscheid I. S. 75 Note 1. Dagegen Schmid S 182, der beide Gesetzgebungen berücksichtigt sehen will. 23) Entsch. B. 6 S. 317, B- 18 S. 137. Dafür Bornemann S. 38. Dagegen Koch Kommentar. Dernburg I S.59 Note 5. — Anders liegt die Sache jeden­ falls, wenn der Beginn der Verjährung von der neuen Gesetzgebung an ein in dieser bezüglich seiner Voraussetzungen und seiner Wirkungen auf ein bestehendes Rechtsver­ hältniß eigenthümlich geregeltes Ereigniß geknüpft ist, welches in dieser Regelung und Bedeutung dem früheren Recht unbekannt war. Vgl. Entsch. B. 65 S. 189, B. 78 S. 207. 24) Ges. vom 31. März 1838 §. 7. Damit stimmen auch die Publ. Patente überein. Savigny S. 432. — A. M. Rintelcn S. 45.

Erstes Buch.

48

Die Grundbegriffe.

werden, d. h. die vorher begonnene Verjährung erreicht erst ihr Ende, wenn

sie den Zeitraum des neuen Gesetzes erfüllt hat22).

Gleichwohl hat das

Obertribunal hierin eine unzulässige Rückanwendung gesehen und das altere

Recht angewendet26), ohne sich darüber zu äußern, inwiefern der Beginn der Verjährung ein Recht

nicht gesagt werden, gefallene Begebenheit"

gebe,

welches des Schutzes bedürfe.

Es kann auch

daß der Anfang der Verjährung eine „vorhin vor­

sei,

auf welche nach

den Worten des A.L.R.

die

Rückwirkung ausgeschloffen ist, denn wann die Verjährung begonnen, läßt sich erst beurtheilen, wenn der Endpunkt eingetreten, durch Zurückrechnen22).

6.

Aus dem Familienrecht ist zunächst die Ehe hervorzuheben22).

Sowohl die persönlichen Erfordernisse für Eingehung dieses Verhältnisses, als

die

güterrechtlichen Folgen

sind

der

Wandelung

der Gesetze

entzogen22).

Getrennt kann aber die Ehe nur nach dem Recht werden, welches zur Zeit

der

Scheidungsklage

gilt;

aber dann,

wenn die Handlung,

durch welche

die Scheidung gerechtfertigt werden soll, vor Publikation des neuen Gesetzes fällt und damals nicht als Scheidungsgrund gegolten hat, bleibt das alte Recht

in Kraft2"). — Zn Betreff der Zntestaterbfolge der Ehegatten hat das preußische

Recht eigenthümliche Bestimmungen.

An sich würde dieselbe nicht anders zu

behandeln sein, als die Zntestaterbfolge der Blutsverwandten, d. h. die Regeln müßten gelten, welche zur Zeit ihres Eintritts vorhanden sind.

Erbrecht der

Ehegatten vermöge seiner statutarischen

Nur wo das

Natur den Charakter

des ehelichen Güterrechts theilt, würde es nach den Regeln des letzteren beur­ theilt werden müssen.

Dies erkennt das A.L.R. auch an; im ersteren Falle aber

— wenn das Erbrecht auf dem gemeinen Recht beruht — soll der überlebende

Ehegatte dennoch die Wahl haben, ob er nach dem alten oder neuen Recht erben will;

wählt er letzteres, so kommt dies in allen Beziehungen zur Geltung.

Das Wahlrecht

steht übrigens dem Ehegatten nur für seine Person zu und

geht nicht auf dessen Erben über2'). 25) Savigny S. 431 Unger S 147. 26) Entsch Bd. 19 S. 260 Koch, Komm, zu P. P. ß. XVII. Note 37. BornemannS.39. 2?) Der Cod. N. art 2281 weicht ab. Er läßt die angefangene Verjährung unter dem alten Recht, und modificirt nur den Satz dadurch, daß auch eine längere ältere Verjährungsfrist nicht 30 Jahre überdauern soll. Zachariä (Puchelt I. S. 565. Das österr. Ges. B. stellt die Verjährung ganz unter das alte Recht. Unger I S. 148. Die Einführ. Verord. zum sächsischen Ges. B vom 2. Januar 1863 §. 16 hat im Fall der Verlängerung der Frist das neue Recht, im Fall der Verkürzung aber hat es § 17 dem Ersitzenden oder Verjährenden eine Wahl gestattet, und wenn er die neuere, kürzere Frist wählt, wird sie erst von dem Tage gerechnet' wo das Gesetzbuch in Kraft tritt. 28) Bornemann S. 50. Savigny S-404. Unger S. 139. Zachariä (Puchelt) I. S. 91 Note 2. Roth I S. 131. Stobbe I. S. 169 29) A. M. Schmidt S 188. Dagegen Stobbe I. S 170. 30) Rest, vom 14 Januar 1799 bei Amelang, B. 2 S. 82 Publ P. von 1794 § XIV. vom 9. September 1814 §. 9, Publ Pat vom 9. u. 15. November 1816 §. 11. 31) Publ. P. v. 1794 § XIV. P. P v 1814 § 9, 1816 §. 11, 12. Ges. v. 11 Juli 1845 § 8 (Ges-Samml. S 172) Vergl damit §. 495 11. 1. A.LR Gösche! in Simon und Strampff, Zeitschr. B. 2 S 297. Entsch B 5 S 299, B. 31 S 198, B. 38 S 157. Vgl Rehbein 1. S. 17.

§. 10.

Zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

49

Die Entstehung der väterlichen (Seroalt32) richtet sich nach dem Gesetz zur Zeit der Geburt oder zur Zeit der Thatsache,

welche die Legitimation

begründet haben soll, dagegen wird ihre Aufhebung, ihre Beschränkung oder

Erweiterung in Bezug auf die Person oder die Vermögensrechte der Kinder

dem neuen Gesetz unterworfen33).

Die Vormundschaft

wird

von dem ändernden Gesetze

beherrscht;

sie ist kein wohlerworbenes Recht des Vormundes, hat vielmehr den Charakter eines öffentlichen Rechts33).

7.

Erbrecht.

Die gesetzliche Erbfolge33) richtet sich nach

dem

Recht zur Zeit des Todes des Erblaffers, weil sie vorher kein wohlerworbenes Recht, sondern nur eine Hoffnung ist.

Nach A.L.R. fällt der Moment des

Todes mit dem Erwerb der Erbschaft zusaynnen33). Bei der testamentarischen Erbfolge33)

sind die beiden Zeitpunkte

der Errichtung des Testaments und des Todes des Erblaffers zu unterscheiden.

Wenn ein inzwischen erschienenes neues Gesetz Aenderungen trifft, so verbleibt der Beurtheilung nach altem Recht die Form des Testaments33).

Pat. v. 1794 erkennt es an,

Das Publ.

obwohl nur aus Zweckmäßigkeitsgründen, die

späteren Patente ebenfalls; und nur für die französischen holographischen Testa­

mente ist vorgeschrieben, daß diese nur noch ein Jahr gelten sollten, nach

dem

A.L.R.

abgeändert werden mußten.

Allgemeine Bestimmungen

für die Testamentsform finden sich im A.L.R. sonst nicht33). fähigkeit folgt dem alten Recht.

dann

Die Testir-

Entzog dieses dem Testator die Verfügung

über sein Vermögen nur durch positive Vorschrift, im Gegensatz zum natür­

lichen Mangel,

so soll das Testament rechtöbeständig

Recht die Einschränkung beseitigt hat.

sein, wenn das neue

Führt letzteres vor dem Erbanfall

die Unfähigkeit als Strafe einer gesetzwidrigen Handlung ein,

zurück33).

so wirkt es

Die Erwerbsfähigkeit des Erben oder Vermächtnißnehmers wird

nach dem Recht zur Zeit des Anfalls, d. h. des Todes oder des Eintritts der

Substitution beurtheilt3'). W) Publ Pat. von 1814 §. 10, von 1816 §. 16. Bornemann S. 58. Savigny S. 502. Unger S. 141. Schmidt S. 139 a. E. Stobbe I 171. 33) Auch bezüglich der Rechte außerehelicher Kinder war das Gesetz vom 24. April 1854 (Ges.-Samml. S. 198) für alle Fälle sofort anwendbar erklärt, welche noch nicht durch Klagebehändigung rechtshängig geworden waren. w) Stobbe 1. 171. Sonn. Ordn, vom 5. Juli 1875 §. 92. 35) Bornemann S. 49. Savigny S. 482. Unger S. 144. Schmidt S. 145. Stobbe I. S. 169. Roth I. S. 132 36) AL.R. I. 9. §. 367. 37) Bornemann S. 45. Savigny S. 447, über prcuß R. S. 474. Unger S. 143. Schmidt S. 141. Stobbe I. S 169 Roth I. S. 132. 38) I 26. C. VI 23 Nov. 66. c 1. §. 4 5. 39) Ueber §. 17 Einl. s. oben bei Anm. 15 ff. Savigny macht übrigens S. 478 mit Recht darauf aufmerksam, daß im Verhältniß des Landrechts zu den früheren Ge­ setzen nach den Bestimmungen des ersteren über die Testamentsform gar nicht daran gedacht werden konnte, daß es sich dabei um geminderte Förmlichkeiten handle. 4°) A.L.R. I. 12 §. 11—14. Nach der richtigen Theorie des gemeinen Rechts muß die aktive Testirfähigkeit zur Zeit der Errichtung und zur Zeit des Todes vorhanden sein. 4i) A.L.R. I. 12 8 43. 460.

Förster (Eccius), Preuß. Pnvatrecht I 5. Aufl.

Erstes Buch.

50

Die Grundbegriffe.

Der Anhalt des Testaments soll nach dem Publ. Pat. v. 1794 eben­

Die neueren Patente schweigen über den

falls dem alten Recht verbleiben. Anhalt.

Nur das Patent für Westpreußen v. 1814 sagt, daß auch der An­

halt nach dem alten Recht geht, wenn nur nicht ein neues Prohibitivgesetz

entgegensteht (über Erbfähigkeit, Pflichttheil). gestellt werden,

daß

Ms die Regel aber muß auf­

der Anhalt des Testamentes nach dem Gesetz zur Zeit

des Erbfalles zu beurtheilen ist,

daß

also auch auf ihn die dann geltenden

neueren Bestimmungen vom Notherbrecht anzuwenden sind. 8.

Zum Schluß dieser Lehre sei noch erwähnt,

daß Prozeßvor­

schriften, weil sie wohlerworbene Rechte nicht berühren, sofort giltig werden, doch dürfen die durch das bisherige Verfahren,

z. B. durch Ausschließungen

entstandenen Rechte und Ansprüche einer Partei dadurch nicht geändert roer= den").

Die Bestimmungen der deutschen Civilprozeßordnung finden reichs­

gesetzlich auf die am 1. October 1879 anhängigen Civilprozesse und Zwangs­

vollstreckungen

keine

Anwendung.

Durch

landesgesetzliche

bestimmungen ist die Anwendung einzelner Vorschriften geordnet.

ordnung ist nur auf die am oder nach dem

UebergangsDie Konkurs­

1. October 1879

eröffneten

Konkursverfahren anzuwenden, das Gesetz betreffend die Zwangsvollstreckung

in das unbewegliche Vermögen vom 13. Zuli 1883 auf die Zwangsvollstreckungen seit dem 1. November 1883.

Ist das

neue Recht

aber

anzuwenden,

so

finden seine Bestimmungen über abgesonderte Befriedigung auf alle früher ent­

standenen Forderungen Anwendung; älteren Pfand- und Vorzugsrechten, die

denl neuen Recht unbekannt sind,

kann unter gewissen Voraussetzungen eine

Vorrechtsstellung durch Eintragung in ein Vorrechtsregister erhalten roerben43).

Die Anfechtung

von Rechtshandlungen

eines Schuldners

durch

Gläubiger

desselben oder den Konkursverwalter hat ihre Grundlage in der gegenwärtigen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, ist deshalb auch bezüglich älterer Rechts­

handlungen nur nach Maßgabe des geltenden Gesetzes zulässig,

aber

auch

dieses nur, insoweit bereits zur Zeit der Rechtshandlung eine Anfechtung

begründet war44).

ti) Strieth. V. 47 S. 133. Gegen die Anwendung neuer Prozeßgesetze auf schon an­ hängige Sachen. Seuffert IV. N. 248. Meist reguliren die Prozeßgesetze diesen Punkt direkt, z. B Verordn, v. 1. Juni 1833 §. 77. Verordn, v- 21. Juli 1846 §. 39. Konkurs-Ordn. 1855. Einführungsgesetz Art. IV V. V O. v. 21. Juli 1849 §. 91 fg. Vgl. übrigens Wach Handbuch I. §. 18 S. 211. *>) Einf.-Ges. zur C.P.O. §§. 8. 21, Ges. betr. die Uebergangsbestimmungen zur D C.P O.v. 31 Marz 1879 (G. S. S. 332), Einf.-Ges. zur K. O. §§. 10. 12. 13, Ausf.-Ges. z. D. K. O. v. 6. März 1879 (G. S. S. 109) §§. 18 ff. M) Einf.-Ges. z. K.O. §§. 9.10; Ges. betr. d. Anfecht. v Rechtshandl. eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens v 21. Juli 1879 (R. Ges. B. S. 277) §. 14.

§♦ 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

51

§. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze. A.L.R. §. 23—42. Bornemann, Erörter. 1855. H. 1 S. 65. Civ. R. I. S. 52. Koch I. S. 133. Kommentar I S. 47. Daniels I. S. 152. Heydemann I S. 97. Dernburg I. S. 47. — Wächter im Arch. f. civil. Prax. B. 24 S. 230. 270. B. 25 S. 1. 161. 361. Würtemb. Pr. R. II S. 79. Schäffner, Entw. des internationalen Pr. R. 1841. Pütter, das praktische europ. Fremdenrecht 1845. Beseler, deutsch. Pr. R 1847. B. 1 S. 145. 2 A. S. 105 Savigny. B. 8 S. 8. Unger B. 1 S 149. Windscheid B. 1 S. 83. Bar, das intern. Pr. u. Str. R. 1862 Derselbe in Krit. Vierteljschr. XV. S. 1. R. Schmid, die Herrschaft der Gesetze nach ihren räumlichen und zeitlichen Grenzen. 1863. S. 4. Martin im Arch. f. prakt. RW., N. F. B. 5 S. 225. Mommsen im Arch. f. civ. Pr. B. 61 S. 149. Bruns in der Encyclopädie von Holtzendorff. 1. 320. Asser-Cohn, Das internationale Privatrecht. 1880. Stobbe I. §. 29— 34 S. 172 fg. Roth I. §. 16 S. 134f. Roth, D. Pr. R. I. §. 52.

Schwieriger und bestrittener noch ist die Lehre von der örtlichen Wirk­ samkeit der Gesetze. Der neuere Verkehr, welcher sich durch die Grenzen der verschiedenen Rechtsgebiete nicht hindern läßt, schafft täglich neue Kollisionen, für welche die entscheidenden Rechtsregeln nicht erschöpfend in den Gesetz­ büchern gefunden werden. Es ist daher auch hier dem Gerichtsgebrauch und der Wissenschaft Vorbehalten geblieben, die Grundsätze auszubilden, welche leiten müssens. Was als Inland anzusehen ist und wieweit sich die Herr­ schaft des inländisches Gesetzes erstreckt, ist hier nicht näher auszuführen. Her­ vorgehoben mag jedoch werden, daß ein inländisches Schiff, sofern es nicht innerhalb des Gebiets eines andern Staats vor Anker liegt, als im Inlande befindlich angesehen wird. Das sogen, internationale Privatrecht hat drei Phasen seiner ge­ schichtlichen Entwickelung durchgemacht1 2). Zm Anfang des Mittelalters 1) Wie wenig das tönt. R. bietet, s. Bar S. 8. Deßhalb überlassen die Romanisten die Behandlung dieser Lehre auch den Germanisten. Vangerow 1. S. 63. Be­ seler, B. 1 §. 38. 39. Gerb er, 8. A. §. 32. Stobbe a. a. O. behandelt die Lehre besonders ausführlich. — Vergl. noch Code ait 3. Oesterr. G.B. §. 4. 34— 37. 300. Sächs. G. B. §. 6—19. In neuerer Zeit haben die Staaten Verttäge abgeschlossen, welche in die hier einschlagenden Fragen wenigstens zum Theil ein­ greifen. Von Preußen sind folgende geschlossen und in bez. Jahrgängen der Ges.Samml. publizirt: mit Sachsen-Weimar 1824 und 1857, S.-Alteuburg 1832 und 1857, S.-Koburg-Gotha 1833 und 1858, Reuß-Gera 1834, Königr. Sachsen 1830 und 1859, Schwarzburg-Rudolst. 1840, 1857, 1860, Anhalt-Bernb. 1840, Braun­ schweig 1841 (G.S. 1842 S. 1) und 1858, Schwarzburg-Sondershausen 1844 und 1860, Reuß-Greiz 1845, Anhalt-Dessau 1853 und 1857, Lippe 1857, Reuß-Plauen 1857, Sachsen-Meiningen 1859. Auch Verträge des Reichs, namentlich die Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge, auch die Konsular- und die Literar­ verträge enthalten einzelne hier eingreifende Bestimmungen: Vgl. z. B. Art. 10. 11 des Konsularvertrages mit Italien v. 21. Dezemb. 1868 (B.G.Bl. S. 113); Art. 10 ff. des Konsularvertrages mit Spanien v. 22. Febr. 1870 (B.G.Bl. S. 99); Art. 9 ff. des Konsularvertrages mit den Vereinigten Staaten v. 1. Dez. 1871 (R.G.B. 1872 S. 95); Konvention mit Rußland v. 12 Rov. 1874 (R.G.Bl. 1875 S. 136); Art. 9 des Konsularvertrages mit Rußland v. 8. Dez. 1874 (R.G. Bl. 1875 S. 145). 2) Bar S. 16. 19. 24. 40. Stobbe, in Better und Muther, Jahrb. B. 6 S. 21.

52

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

herrschte das System der persönlichen Rechte oder der Stammrechte: jede Person nahm das Recht ihrer Heimat, ihrer Nationalität, in das fremde

Gebiet mit und behielt es dort.

Rechts

römischen

Rechts

sich

hatten, des

trat

ersten,

seit

der

als

gebildet,

und

das

System

hervor:

jede

Dann,

als durch die Wiederbelebung des

Glossatorenzeit

die

des

Person

der

Begriff

einzelnen

Staaten

Landesrechts, verlor

ihr

sie in das fremde Gebiet eintrat und wurde

eines

gemeinen

sich mehr befestigt

der

grade

heimatliches

Gegensatz

Recht,

wenn

in Gemäßheit des Prinzips

der Territorialität ausschließlich dem Rechte dieses Gebietes unterworfen. Die neuere Zeit endlich hat beide Einseitigkeiten überwunden, ihr sind die ver­ schiedenen Landesrechte gleichbedeutend, sie läßt, wenn es sich nach allgemeinen

Rechtsgmndsätzen rechtfertigt,

auch das ausländische Recht

entscheiden: das

System der Gleichberechtigung der Landesrechte. An das Territorialitätsprinzip knüpfte die Doktrin die Eintheilung der

Rechte in Personal-, Real- und gemischte Statuten.

Diese Auffassung

herrschte zur Zeit, als das A.L.R. verfaßt wurde: sie liegt seinen sehr dürftigen

und unvollständigen Bestimmungen zu Grunde.

Die Rechtsregeln, welche den persönlichen Rechtszustand betreffen, wurden statuta personalia,

die für die Rechtsverhältnisse der Zinmobilien statuta

realia, und die für Handlungen und Rechtsgeschäfte statuta mixta genannt.

Doch herrschte bei weitem keine Einigkeit der Meinungen über diese Begriffe und über die Unterordnung der einzelnen Fälle 3).

Die neuere Theorie hat diese Statutenlehre als ungenügend verworfen, und, nachdem mehrfache Versuche gemacht worden,

die nicht allgemeinen An­

klang gefunden haben, kann jetzt als die mehr und mehr herrschend gewordene Meinung diejenige bezeichnet werden, die Savigny zu ihrem Begründer hat,

wenn auch in praktischen Folgerungen noch vielfach Meinungsverschiedenheit übrig geblieben ist.

Sie stellt an die Spitze den Grundsatz: dasjenige ört­

liche Recht ist auf das Rechtsverhältniß anzuwenden, dem dasselbe seiner Natur nach angehdrf).

Dieser Satz setzt nun aber die ohne ge-

8) Ueber diese Lehre Unger S. 153. Savigny S. 122. Koch Komm. Note 29. zu §. 23 Eint. A.L.R. Bar S. 24. Stobbe S. 176. Dernburg I. S.49 erkennt an, daß die Eintheilung einen erschöpfenden Maßstab nicht gebe; die Begriffe „Statuta personalia und realia“ seien indessen eine schätzbare Handhabe für die Interpretation der einzelnen Gesetze. 4) Savigny S. 108. — Vergl. Entsch. B. 32 S. 333, wo die Savigny'sche Theorie anerkannt wird. Striethorst B. 20 S. 307. B. 60 S. 67, R.O.G. B. 12 S. 414, B. 17 S. 297. Savigny's Theorie unterscheidet sich von der seines Vorgängers Wächter wesentlich darin, daß letzterer von der Frage ausgeht: in welchen Fällen gestattet das einheimische Recht dem einheimischen Richter die Anwendung eines fremden Rechts. Er läßt dies nur zu, so weit das einheimische Recht entweder aus­ drücklich oder wenigstens nach seinem Sinn und Geist es gestattet (B. 24 S. 236 fg.). S. dagegen nimmt einen höheren Standpunkt ein, seine Grundfrage ist allgemeiner gestellt, und er gewinnt dadurch einen weiteren Gesichtskreis. Er bindet nicht zu­ nächst den einheimischen Richter an das einheimische Recht und läßt das fremde nur zu, wenn das einheimische es gestattet, sondern er fragt: welches Landesrecht ist in ledem einzelnen Falle anzuwendcn. Er nimmt auf Grund eines allgemeinen Gewöhn-

§♦ 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

53

schlichen Anhalt schwer zu lösende Frage, welchem örtlichen Recht eben das einzelne Rechtsverhältniß seiner Natur nach angehört. Das Recht des einzelnen Staats giebt hierbei insofern eine Grenze, als es durch positive Vorschrift bestimmen kann, ob ein in seinem Gebiet zu entscheidendes Rechtsverhältniß ausschließlich nach inländischen Normen zu beurtheilen ist. Hiernach steht fest, sowohl wenn es sich um verschiedene Rechte verschiedener Staaten, als um verschiedene Rechte desselben Staates handelt 5), der Richter darf nicht nach fremdem Recht sprechen, wenn sein einheimisches Recht heitsrechts oder, richtiger gesagt, auf Grund einer sich mehr und mehr durcharbeitenden allgemeinen Rechtsüberzeugung an, daß in den twrliegetiben Fällen jedes Landes­ recht zur Anwendbarkeit gleichberechtigt sei: das Dasem dieser Rechtsüberzeugung sei unbestritten, wenn auch im Einzelnen noch vielfach Zweifel und Meinungs­ verschiedenheiten ihrer Erledigung harrten (B. 8 S. 18. 28—30). Schmid meint, daß die Annahme eines solchen allgemeinen über die Grenzen der einzelnen Staaten hinausgreifenden Gewohnheitsrechts unzulässig sei, weil auch ein solches nur in Be­ ziehung auf ein bestimmtes Territorium sich als Rechtsquelle bilden könnte. Er knüpft die Giltigkeit des Gewohnheitsrechts an die stillschweigende Billigung der Staatsgewalt. Im Allgemeinen stellt sich Schmid aber schließlich Savigny doch näher als den Anderen. Er nimmt dessen Hauptgrundsatz an, und will ihn dadurch modifiziren, daß seine Anwendung nur dann gerechtfertigt sei, wenn sie als Bedingung eines gesicherten internationalen Verkehres er­ scheine, und keine Störung in der eignen rechtlichen Ordnung herbeiführe, die schwerer wiege, als der Vortheil für den Verkehr (S. 10. 30). Dies sind aber schwer bestimmbare Bedingungen, nicht auf Rechtsgrundsätzen beruhend. — Sintenis, Civ.-R. 2. A. Bd. 1 §. 7 fg. steht im Wesentlichen auf dem Standpunkt von Wächter. 5) Die herrschende Meinung stellt beide Fälle gleich. Bar S. 69. Dagegen will Pütter (civil. Arch. B. 37 S. 384f., B. 38 S. 57 f.) zwischen beiden unterscheiden. Er nimmt einen streng territorialen Standpunkt für die einzelnen Staaten ein, und behauptet (B. 37 S. 389), in dem allgemeinen Rechtsgesetz, daß nur die Landes­ gesetze als Rechtsgesetze im Lande und Gericht zur Anwendung kommen sollen und dürfen, sei ein unbedingtes Verbot, fremde Gesetze als Gesetze anzuwenden,, ent­ halten. Darin kann ihm nicht beigetreten werden. Die Existenz einer inländischen Gesetzgebung hat freilich den Zweck, die dem Jnlande angehörigen Rechtsverhält­ nisse zu reguliren. Aber in dieser Existenz liegt nichts von einem Verbot, aus­ ländisches Recht auf ausländische Rechtsverhältnisse anzuwenden, wenn sie vor dem inländischen Richter zur Sprache kommen, und die Souveränetät des Staats, mag sie noch so eifersüchtig bewahrt werden, wird dadurch nicht beschädigt. — Die weitere Frage, ob der inländische Richter das fremde Recht von Amtswegen oder nur auf Antrag der Partei anzuwenden habe, wird richtiger für die erste Alternative be­ antwortet, denn es ist Beruf des Richters, das richtige Recht anzuwenden. Vergl. sächs. G. B. §. 172. Freilich aber — weil ihm die Kenntniß des fremden Rechts nicht zugemuthet werden kann und ihm die Mittel, sie sich zu verschaffen, fehlen kön­ nen, ist es Gegenstand der Beweisanträge der Parteien, C.P.O. §. 265. Ueber das ältere Recht vgl. A.G.O. 1 10. ’§. 53. Strieth. B. 18 S. 233, B. 26 S. 49, B. 76 S. 353. Seuffert B. 13 S. 253, B. 12 S. 111, B. 8 S. 124 (Lübeck, nur auf Parteiantrag). S. 2 (Rostock, desgleichen). Dagegen B. 4. S. 168 (eben­ falls Lübeck). Dresdener Annalen I 471. II. 360. R.O.H.G. B. 3 S. 42, B. 6 S. 356, B. 10 S. 228, B. 23 S. 328. Bar S. 102. Stobbe S. 179. Wenn der Richter das ausländische Recht auf einen Fall, der ihm unterworfen wäre, nicht oder irrig anwendet, so ist dies, wie bei falscher Anwendung des einheimischen Rechts zu behandeln. Rur sollte es keine Nichtigkeit begründen, wenn der Richter ein aus­ ländisches Gesetz, ohne von den Parteien darauf hingewiesen zu sein, ignorirt. Seuffert B. 9 S. 327. Nach preuß. Recht war auch hier die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig. Auch nach der C.P.O. kann darauf, daß das Gericht zu Unrecht auslän-

Erstes Buch.

54

diese Anwendung versagt,

Die Grundbegriffe.

sei es vermöge eines Verbots oder weil es das

Rechtsinstitut, dem das streitig gewordene Rechtsverhältniß

angehört, nicht

anerkennt b). Eine zu weitgehende Ausdehnung wird aber diesem Prinzip gegeben,

wenn aus demselben gefolgert wird, daß die Anwendung ausländischen Rechts die besondere Zulassung der inländischen Gesetzgebung voraussetze und daß im

Zweifel stets inländisches Recht anzuwenden fei.6**)* * *Vielmehr *S.II. ist mit von Bar

das einzelne Institut darauf hin zu untersuchen, ob nach dem Zusammenhang der

inländischen Gesetzgebung, als Wille des Gesetzes anzusehen ist, daß sich das Verhältniß nach der Norm eines bestimmten ausländischen Rechts regele.

Es ist also der Ort, dem das Nechtsverhältniß angehört,

in jedem

einzelnen Fall aufzusuchen und da tritt in der preußischen Gesetzgebung vor allem häufig als bestimmend der Wohnsitz der Person, des Trägers Herrn der Rechtsverhältnisse,

hervor.

und

Der Wohnsitz ist das Band, welches

die Person mit einem bestimmten Rechtsgebiete verknüpft und den dauernden

Mittelpunkt für ihre Lebensverhältnisse und Rechtshandlungen sixirt, ubi quis larem rerumque atque fortunarum suarnm summam constituit — ubi

quisque sedes et tabulas habet, suarumque rerum constitutionem fecit1) Auf den Wohnsitz legt daher auch unser Recht abweichend von anderen, in

stärkerem Maße das Recht der Nationalität betonenden, Rechtssystemen den Nachdruck;

eine Veränderung desselben,

Recht einwirken soll,

welche zugleich verändernd auf das

wird erst dann angenommen,

wenn mit Zuverlässigkeit

die Absicht erhellt, einen andereil Ort zum Wohnsitz zu wählen.

Hat Jemand

noch keinen bestimmten Wohnsitz, so gilt der Ort der Herkunft dafür, d. h.

disches oder HeimischesRecht angcwendet habe, sehr wohl die Revision gegründet werden, während die richtige Auslegung des mit gutem Grund angewendeten auswärtigen Rechts der Judikatur des Reichsgerichts nicht unterstellt ist. Vgl. C.P.O. §. 511 und Begr. d. C.P.O. S. 322. Eccius, die Revisionsinstanz und das Landesrecht S. 6. Vgl. unten §. 54 Z. 2. 6) Das A.L.R. hat hierüber keinen ausdrücklichen Ausspruch, wenn man solche nicht in §. 1 Ei ul. finden will, welcher das Landrecht als maßgebend bezeichnet, soweit nicht besondere Gesetze etwas anderes bestimmen. Vgl. sächs. Ges. B. §. 19. Entsch. B. 40 S. 50 (lex Anast) Striethorst Bd. 49 S. 40. Seuff. B. 8 S. 1, B. 11 Nr. 110 (Verbot der Cession litigiöser Forderungen). Bar S. 108. 165 §. 48. «•) Pütter. Arch. f. civ. Pr. B. 37 S. 384, Schmid a. a. O. S. 21. 7) I. 7. C X. 39. I. 16 §. 13. I 27 §. 1. D. 50. 1. I 203. D. de V. 8. Savigny VIII S. 58. Bornemann S. 141. Zachariä (Puchelt) I. S. 343 fg. Ueber Begründung des Wohnsitzes und die Möglichkeit eines doppelten Wohnsitzes s. 88. 10—12. 14.15. I. 2. A.G.O. §. 27. Einl. zum A.L.R. Vergl. auch R.G. betr Bestätigung der Doppelbesteuerung v. 13. Mai 1870 §. 1. Die C.P.O. §. 13 setzt einen Begriff des Wohnsitzes voraus, der tu den folgenden §§ durch einzelne besondere Bestimmungen klar gestellt wird. Wichtig ist, ob Gesindedienst einen Wohnsitz begründet; das ist zu verneinen. & 13 A.G.O. I 2 hatte nur eine Bestimmung über den Ge­ richtsstand. vergl. C.P.O. 8. 21. Auch das Haben einer Wohnung an einem Ort ist noch nicht durchschlagend. Striethorst B. 86 S. 36. Nothwendiger Wohnsitz: Bei Strafgefangenen läßt sich ein solcher am Ort ihrer Haft nicht annehmen. Ehe­ frauen und Kinder theilen den Wohnsitz des Hausvorstandes, uneheliche Kinder den der Mutter (abgeleiteter Wohnsitz). A.G.O. I. 2 8. 90. A.L.R. Einl. §§. 25, 26, II. 2 §. 60. Auf den Wohnsitz verweist das Landrecht insbesondere in Einl. §§. 23, 24, 34. Vgl. über den Wohnsitz nach der C.P.O. Wach I. S. 400.

55

§. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

der Wohnsitz seines Vaters8), und ist dieser im Ausland oder unbekannt, so werden die Rechte beurtheilt entweder nach A.L.R. oder nach dem Recht des jedesmaligen Aufenthaltsorts, je nachdem es der Handlung am günstigsten

ist.

Hat Jemand einen doppelten Wohnsitz, so wird seine Fähigkeit zu handeln

nach dem Recht des Orts beurtheilt, nach welchem die Giltigkeit des Geschäfts

am meisten begünstigt ist.

Gegenüber dieser im preußischen Recht anerkannten Bedeutuüg des Wohnsitzes

haben, wie bereits hervorgehoben, andere Gesetzgebungen, die das nationale Recht eines einheitlich damit ausgestatteten Staats regeln, insbesondere der code civil und die auf demselben beruhenden Legislationen, aber auch das sächsische und zuni

Theil

das

österreichische

Gesetzbuch

einzelnen Person maßgebende

vielmehr

der

Staatsangehörigkeit

Bedeutung zugewiesen 8*).

der

Gerade diese Ver­

schiedenheit des Standpunkts der verschiedenen Legislationen stellt die Praxis

häufig vor schwer zu lösende Aufgaben.

Im Einzelnen ist zu berücksichtigen,

daß die Verfasser des Landrechts

neben der zur Zeit der Abfaffung des Landrechts geltenden Theorie von

der Statutenlehre sich von dem Wunsch beeinflussen ließen,

Interessenten wirklich beabsichtigten

Rechtsverhältnisse

die von den

möglichst aufrecht zu

halten.

1. Die Rechts- und Handlungsfähigkeit") des Inwohners Preußen

muß vom preußischen Richter ohne Rücksicht

von

auf die Nationalität

nach denl Recht des Wohnsitzes beurtheilt werden'"), und zwar sowohl dann,

wenn cs sich um ein Geschäft handelt, welches der nach seinem Heimatsrecht

dazu nicht befähigte Inländer im Auslande geschlossen hat, wo die Befähigung dazu ihm an sich zustehen würde, als auch dann, wenn es sich um ein Geschäft handelt, welches

der dazu befähigte Inländer im Ausland

eingegangen ist,

wo Personen der gleichen Rechtsstellung die Befähigung an sich abgehen würde. Dies hat die preußische Praxis ausdrücklich anerkannt").

Das A.L.R. erklärt

s) Bei unehelichen Kindern der Wohnsitz der Mutter. Herkunftsort minderjähriger oder unter väterl. Gewalt stehender Militairpersonen entscheidend (auch gegenüber dem den Wohnsitz nur in Ansehung des Gerichtsstandes bestimmenden §. 15 C.P.O.): Kab. O. v. 31. März 1839. — Bar S. 82. «•) Auch die preußische Vormundschaftsordnung v. 5. Juli 1875 neigt sich dem Prinzip der Staatsangehörigkeit zu, indem sie in §. 6 zwischen Preußen und Nichtpreußen unterscheidet, — ebenso einige Staatsvertrage des Reichs. 9) Savigny S. 134. 141. Unger S. 163. Bornemann S. 72. Schmidt S. 30. 41. Stobbe S. 183 f. 186. Entsch. B. 43 S. 239. Rehbein I. S. 61. 10) §. 23. Einl. z. A.L.R. spricht vom Gesetze der „Gerichtsbarkeit", unter der man seinen Wohnsitz hat. Dies hängt mit den damaligen, durch die V.O. v. 2. Jan. 1849 beseitigten Exemtionen zusammen, A.G.O. I. 1. §. 5. 6. ") Entsch. B. 32 S. 401. Wenn der minderjährige Preuße im Bereich des fran­ zösischen Rechts die Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde anerkennt, wozu nach französischem Recht auch Minderjährige berechtigt sind, so kann er doch aus diesem Anerkenntniß vom preußischen Richter nicht für gebunden erachtet werden. Vor dem inländischen Richter steht der Inländer in Betreff seiner Handlungsfähigkeit immer unter dem inländischen Recht, gleichviel, ob das Geschäft, welches der Beurtheilung unterliegt, im In- oder Ausland errichtet worden ist. Hierbei ist aber die Voraus-

Erstes Buch.

56

auch bezüglich der Fremden, d. h.

Die Grundbegriffe.

der in einem fremden Staat wohnenden

Personen den obigen Satz im Prinzip als maßgebend, fügt aber hinzu, daß Fremde,

die im Znlande Verträge

schließen,

in Betreff ihrer Handlungs­

fähigkeit nach demjenigen Gesetz beurtheilt werden sollen, nach Handlung

welchem die

am besten bestehen fami12 * *),13 * *— * * *also * * je nach dem preußischen oder

ihrem Heimathsrecht.

Die Verlegung

des Wohnsitzes in ein andres Rechtsgebiet bewirkt

auch die Veränderung der Rechts- und Handlungsfähigkeit"); ob die einmal

erreichte Großjährigkeit erhalten bleibt, wie von Förster gelehrt wurde,

ist

zu bezweifeln, kann aber zur Zeit als wesentlich unpraktische Frage beiseite gelassen

werden.

Der Volljährigkeitserklärung,

die einmal wirksam

erfolgt ist,

darf

in dem andern Lande, welches dasselbe Institut kennt, die Wirkung nicht ver­

sagt werden.

Was die Unfähigkeit eines

Gemeinschuldners

zur Verfügung

über sein Vermögen anlangt, so geht das deutsche Konkursrecht davon aus, daß die

aus

einer auswärtigen Konkurseröffnung entspringende Unfähigkeit,

sowie die sich daran knüpfende Vertretung des Konkursverwalters Inland anzuerkennen ist; einer

aus

auch

im

Nützlichkeilsgründen ist jedoch die Möglichkeit

gesonderten Zwangsvollstreckung in das inländische

unter Umständen eines inländischen Konkurses zugelassen14).

Vermögen

und

Ist die Erwerb­

setzung, daß der Preuße auch in Preußen zur Zeit seinen Wohnsitz hat. (Einl. §. 23.) Wenn er im Ausland seinen Wohnsitz hat, wird er nach dessen Recht zu behandeln sein nach § 25 Einl. Ein Minderjähriger, welcher in fremden Staats­ dienst tritt, bleibt bis zu seiner Volljährigkeit in seinen persönlichen, privatrechtlichen Verhältnissen im Allgemeinen bcu Gesetzen seines bis dahin gesetzlich begründeten Domizils unterworfen. Seuffert XXIII. 3. Seitdem in Preußen und nun auch im ganzen Reich allgemein die Großjährigkeit mit dem vollendeten 21. Jahre eintritt, sind die Kollisionen der Ortsrechte in dieser Frage für den innern deutschen Verkehr im Wesentlichen beseitigt. 12) Einl. z. A.L.R. §. 35. Unter Unterthan fremder Staaten und Fremder in §§. 34. 35 muß muß man nicht den Angehörigen einer andern Nation, sondern den Insassen eines andern Rechtsgebiets verstehen, der ja als solcher zur Zeit der Entstehung des Landrechts jedenfalls Unterthan eines fremden Staats war. Die Bestimmung ist deshalb trotz des Art. 3 der Reichsverfassung noch jetzt auf nichtpreußische Deutsche anwendbar, was das R.O.H.G. Bd. 6 S. 359 leugnet. Ebenso muß sie zur An­ wendung kommen, wenn Insassen eines nicht landrechtlichen preußischen Gebietstheils im landrechtlichen Gebiet einen Vertrag schließen. — Vergl. auch Wach, Handbuch I. S. 549 Anm. 40. — In Betreff der Wechselfähigkeit vergl. Art. 84 d. Wechs. Ord. und bezüglich der Prozeßfähigkeit C.P.O. §. 53. — Was die Rechtsfähigkeit anlangt, so hat §. 1 Ges. v. 9. März 1857 den Grundsatz verlassen, insofern Sklaven aus Gründen des inländischen öffentlichen Rechts ohne Rücksicht auf ihr Domizil rechts­ fähig werden, sobald sie den preußischen Boden betreten. — Von den ausländischen Gesetzen erstreckt das Sächs. Gesb. §. 8 die Herrschaft des inländischen Rechts weiter. Vergl. Oesterreich. Ges. B. §. 34, Code civ. A. 3. Ueber die gemeinrechtliche Praxis s. Blätter für Rechtsanwendung B. 14 S. 401, Seuffert B. 2 S. 2, B. 12 S. 321, B. 13 S. 102, S. 255. 13) Strieth. B. 36 S. 109, auch bei Seuff. B. 14 S. 5. Wenn Jemand seinen Wohnsitz aufgegeben in der Absicht, einen andern zu wählen, und er stirbt, ehe er letzteren ergriffen, z. B. auf der Reise dahin, so ist sein Nachlaß nicht als der eines wohnsitzlosen Vagabunden zu betrachten, es kommt vielmehr noch das Recht des letzten Wohnsitzes zur Anwendung. U) Konk. Ordn. §§. 207, 208.

§.11.

57

Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

fähigkeit einer Person in Bezug auf gewisse im Znlande befindliche Gegen­

stände beschränkt, so folgt daraus nicht eine gleiche Beschränkung bezüglich der

entsprechenden im Ausland befindlichen Gegenstände").

Das Institut des

bürgerlichen Todes, soweit es noch in einem Lande bekannt ist, kann in einem andern Lande, dem dasselbe fremd ist, die Handlungsfähigkeit des Betroffenen

nicht

Todes

beeinflussen.

Dagegen wird die durch den Eintritt des

begründete Universalerbfolge auch im andern Staat

bürgerlichen

als eingetreten

dasselbe gilt von einer in demjenigen Herrschafts­

anerkannt werden müssen,

gebiet, dem Jemand in seinen allgemeinen persönlichen Verhältnissen untersteht, erfolgte Todeserklärung, wenn das Institut in dem andern Staate nicht

überhaupt unbekannt ist"). Juristische Personen stehen streng genommen nur kraft besonderer

Rechtssatzung des Staats, der sie anerkannt hat, physischen Personen in den Geschäften gleich.

Deshalb kann es zweifelhaft sein,

ob solche Anerkennung

über die Grenzen des Staats hinaus wirkt, namentlich soweit die Anerkennung

eine rechtliche Fiktion in sich schließt.

Insofern jedoch das inländische Recht

eine analoge Erstreckung der Persönlichkeit überhaupt als möglich zuläßt, muß die Wirksamkeit des

anerkannt

der ausländischen

Akts

werdenn), darüber hinaus

Person des Auslands

als

Staatsgewalt Insoweit

auch die

maßgebend").

auch im Inland

aber die juristische

solche im Znlande überhaupt

bleiben für den inländischen Richter

bestehenden Heimatsgesetze

nicht.

anzuerkennen ist,

über ihre innere Einrichtung

Wie andere juristische Personen,

so müssen auch Handelsgesellschaften des Auslands in ihrer vom ausländischen

Recht bestimmten Handlungsfähigkeit anerkannt werden"). 2. Im Bereich des Vermögensrechts ist nach A.L.R. zu unterscheiden, ob es sich

um rechtliche Beurtheilung

einzelner zum Vermögen

eines

Vermögens-Inbegriffs

gehöriger Sachen, und

oder unbeweglicher Güter handelt.

oder

hier weiter beweglicher

Das Vermögen als solches insbesondere

als Nachlaß, unterliegt dein Recht des Wohnsitzes^),

insbesondere wird dies

15) Z. B. wenn in dem einen Lande nur Katholiken Grundeigenthum erwerben können; wenn Juden von solchem Erwerbe ausgeschlossen sind. i«) Vergl. B ar a. a. O. S. 132. 17) In §. 12 der deutschen Gewerbeordnung, welcher bezüglich des Gewerbebetriebs von juristischen Personen des Auslands auf die Landcsgesetze verweist, kann „Ausland" nur als Reichsausland verstanden werden. Danach ist die Gewerbefähiqkeit der in irgend einem deutschen Staat anerkannten juristischen Person, deren Persönlichkeit nach dem Rechte des Heimathsstaats die Fähigkeit des Gewerbebetriebs in sich schließt, in jedem deutschen Staat unbedingt anzuerkennen. 18) Anerkannt in Entscheidungen B. 20 S. 326. 19) Ob die inländischen Handelsgesellschaften als juristische Personen anzuerkennen, ist bei den verschiedenen Arten derselben streitig. — Darauf daß der Satz des Textes in ganz Deutschland als Recht anerkannt wird, beruht es, daß Rußland gegenüber in einem nicht vom Reichstag genehmigten Vertrage die Anerkennung russischer Gesell­ schaften als handlungs- und prozeßfähig im Inland hat ausgesprochen werden können. 80) Vgl. jedoch unten bei Anm. 45.

58

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

vom beweglichen Vermögen ausgesprochen,

und es wird hinzugefügt, daß bei

einem doppelten Wohnsitz das Recht des Ortes, wo es sich befindet, beim Mangel

eines bestimmten Wohnsitzes das Recht des Aufenthalts entscheidet2*).

Ueber un­

bewegliche Vermögensstücke herrschen die Gesetze des Rechtsgebietes, in welchem sie liegen (die Realstatuten), und zwar unbedingt, nicht blos, wenn diese Ge­

setze besondere Vorschriften über Immobilien enthalten22 * *)23 **

Deutet man den das „bewegliche Vermögen" betreffenden Satz von den einzelnen Stücken des beweglichen Vermögens, so wäre im Landrecht der Satz

der älteren Praxis anerkannt: Mobilia ossibus

inhaerent,

ein Satz,

dem

gegenwärtig die Wissenschaft maßgebende Bedeutung nicht mehr zuspricht22a).

Das Gesetz handelt aber nur von dem beweglichen Vermögen und dessen Ver­

hältnissen.

Welchem Gesetz die einzelnen Sachen unterworfen sind, sofern sie

als besondere Objekte,

kommen,

nicht als zugehörig zu einem Vermögen in Betracht

darüber schweigt hiernach das Landrecht.

dem Recht unterworfen,

in dessen Gebiet

Die Sachen an sich sind

sie sich befinden,

es können daher

auch nur nach diesem Recht sachenrechtliche Befugnisse an denselben begründet werden.

Besitz,

Eigenthum,

dingliche Rechte22).

Das

einmal

entstandene

21) A.L.R. Einl. §. 31. Die Worte „jedoch mit Rücksicht auf seinen persönlichen Stand" sind seit Aufhebung des cximirten Gerichtsstandes veraltet. Darüber ob es richtiger wäre, das Recht des locus rei sitae entscheiden zu lassen, wenn es am bestimmten Wohnsitz fehlt s. Stobbe S. 195. 22) Nach dem Präjudiz des O. Trib. 663 nur, sofern die Gesetze speziell die Immobilien betreffen. Dagegen mit Recht Koch, Kommentar zu §.32 Einl. Stobbe S. 193. 22») Vgl. Savigny VIII. 8. 169, Unger S. 173, Bar. krit. Viertelj. Schr. S. 30. Internat. Priv. R. S. 200. S. Sachs. Ges. B. §. 10. Auch R.G. bei Gruchot B. 29 S. 869. 23) Bornemann S. 88. Unger S. 169. Savigny S. 169. Stobbe S. 196. Bar S. 188 fg. S. 192. 210. Eine im landrechtlichen Bezirk befindliche bewegliche Sache wird, auch wenn sie in der Rheinprovinz verkauft wird, nicht durch den Vertrag sondern durch Uebergabe Eigenthum des Käufers. Besondere Schwierigkeit macht die Ersitzung, wenn der Ersitzende während des Zeitlaufs die Sache mit sich in verschiedene Länder genommen hat, in denen verschiedenes Recht hierüber gilt. Nach Förster in den früheren Auflagen ist die Frage für das preuß. R. durch §. 28 Einl. für entschieden zu erachten: das ist bei der oben dargelegten Auffassung des §. 28 nicht aufrecht zu erhalten, das Recht des Orts, wo die Ersitzung begonnen worden, muß über die Möglichkeit dieses Beginns entscheiden. Gelangt die Sache in ein Gebiet, in welchem die Ersitzung unzulässig ist, so hört diese auf; nach dem Gesetze des neuen Orts entscheidet sich, ob die Ersitzung vollendet ist, wenn die Befltzzeit unter der Herrschaft des neuen Rechts hierzu ausreicht. Zurechnung des Besitzes unter der Herrschaft des früheren Rechts ist statthaft, wenn auch nach diesem die Ersitzung jetzt vollendet wäre. Die Ansicht Försters war etwas ab­ weichend. Vgl. Striethorst B. 20 S. 141. Für die Vindikationsklage mit ihrer omnis causa wollte Förster den locus rei sitae entscheiden lassen, und nur wenn der Beklagte die bewegliche Sache an verschiedenen Orten mit sich führt, noch das Recht seines Wohnsitzes, Bar S. 215 Note 21, denn hier fehle es daran, daß res aliquo loco constituta est Savigny S. 187 und die herrschende Meinung will das Recht des Klageorts entscheiden lassen. Schmid S. 62. Man wird davon ausgehen müssen, daß das einmal entstandene dingliche Recht, wo immer sich die Sache findet, geltend gemacht werden kann, so lange es nicht untergegangen ist. Ob neben dem Recht etwas anderes (omms causa) gefordert werden kann, wird sich danach richten, ob das Haben des Beklagten nach den Gesetzen des Orts, in dem es begründet wurde, unredlich oder redlich zu nennen ist, und welche Folgen dieses Recht hieran knüpft. Wenn Jemand eine Sache vindizirt, die im Gebiete des A.L.R.

59

§. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

dingliche Recht besteht fort,

auch wenn die Sache in ein anderes Gebiet

gelangt, es sei denn, daß das Gesetz dieses anderen Gebiets unter den obwal­ tenden Umständen ein dingliches Recht überhaupt nicht annimmt.

Zm gemeinen

kennt ein dingliches Recht des Miethers einer beweglichen Sache.

Recht ist diese Dinglichkeit nicht anerkannt;

Das A.L.R.

es wird also der gemeinrechtliche

Richter nach Transport der Sache in ein gemeinrechtliches Gebiet dem preußischen Miether die dingliche Klage zu versagen haben, weil ihm das Rechtsinstitut an

sich fremd ist24 * *).25 * * 26 Das * * * gemeine Recht kennt ein durch Vertrag zu begründendes

Pfandrecht an beweglichen Sachen, das preußische Recht und das geltende Reichs­ recht verlangt Besitzeinräumung; es wird also der preußische Richter kein im Auslande

entstandenes Pfandrecht ohne Besitz anerkennen dürfen.

Dasselbe

gilt von der im preußischen Recht verworfenen Generalhypothek 2°).

Auf

3.

die

obligatorischen Rechtsverhältnisse2^

der alten Theorie die statuta mixta sich beziehen,

Orts,

wo

die Handlung vorgenommen worden.

d. h.

sollten nach

die Gesetze des

Das A.L.R. enthält keine

erschöpfende Bestimmung, obgleich gerade auf dem Gebiete des Verkehrs die Kollisionen verschiedener Rechte am häufigsten eintreten und am mannigfaltigsten sich gestalten. Die Form des Rechtsgeschäfts steht unter der Regel locus regit

a.

actum27); Ort,

würde.

wo

das dieser Regel entsprechende Geschäft ist gütig, auch wenn der

das Geschäft

wirksam

werden

soll,

andere

die Möglichkeit gegeben ist,

Der Ort also, wo das

Geschäft errichtet, zur Vollendling gekommen, entscheidet.

26)

2’)

erfordern

daß Geschäft in die Form zu kleiden, die nach

dem Recht, dem es sonst angehört, erforderlich wäre.

M) 25)

Formen

Dieser Satz rechtfertigt sich schon dadurch, daß im Auslande oft nicht

Diesem Ort gehört

von dem Beklagten redlich erworben ist, oder die unter der Herrschaft des lübschen Rechts einem dritten anvertraut ist, der sie durch Ueberlassung an den Beklagten veruntreut hat, so steht dem Beklagten die Bezugnahme auf A.L.R. I. 15 §. 26, Liib. Recht III. 2 c. 1, 2 zur Seite, auch wenn sich die Sache jetzt wieder im Gebiet des gemeinen Rechts befindet. (Die Förstersche Ansicht war auch hier etwas ab­ weichend). Vgl. auch Entsch. B. 32 S. 353, Strieth. B. 73 S. 72. Rehbein I. S. 63. Dies ist Savigny's Ansicht, System 8 S. 190. Dagegen Bar S. 221. Savigny S. 194 f. — Für die nur vorübergehend außerhalb des Rechtsgebiets, in welchem die Verpfändung stattgefunden hat, und in einem Gebiete, das dieselbe nicht kennt, befindlich gewesene Recht, braucht das Pfandrecht nicht als aufgehoben angesehen zu werden. Bei Schiffen, welche nach den Gesetzen des Rechtsgebiets, in dem die Schiffspapiere ausgestellt sind, symbolisch verpfändet werden können, erachtet das Reichsoberhandelsgericht das Pfandrecht, welches an denselben durch symbolische Verpfändung begründet worden ist, von Bestand und sebst im Ausland verfolgbar. Vgl. Seuffert B. 28 Nr. 2. R.O.H.G. B. 6 S. 80. Bornemann S. 78. Savigny S. 200. Unger S. 179. Bar S. 112, 230. Schmid S. 63. Stobbe S. 198. Das A.L.R. I. 5. §§. 111, 145 erkennt den Satz von Verträgen an. A.G.0.1.10. §. 115 allgemein bezüglich der „Giltigkeit" von Urkunden. Löwenberg, Motive B. 1 S. 32. Bar S. 112, der auch die Dogmengeschichte des Satzes giebt. Unger S. 205. Stobbe S. 190. Code civ. a 47. 48. Aus der Praxis: Entsch. B. 32 S. 333, B. 33 S. 1, B. 35 S. 368. Striethorst B. 23 S. 352, B. 24 S. 370, B. 29 S. 60. Rehbein I. S. 66. Seuffert B. 2 Nr. 119, B. 8 Nr. 4, B. 10 Nr. 220, B. 16 Nr. 157, B. 24 Nr. 185.

60

Die Grundbegriffe.

Erstes Buch.

das Geschäft nach seinen formellen Bedingungen an.

die Parteien gegenwärtig sind. müßte

dasjenige

allgemeinen

Ortsrecht

Dies ist einfach, wenn

Geschieht der Abschluß durch Briefwechsel, so

den

geben,

Ausschlag

in

dessen

Gebiet

nach

Willenseinigung erreicht worden, also der Ort,

Grundsätzen die

Das A.L.R. hat aber angeordnet,

wo die Annahme des Anerbietens erfolgt ist.

daß derjenige Wohnort der Parteien entscheide, nach dessen Recht das Geschäft

am besten bestehen kann, und wenn unter Abwesenden der Vertrag durch eine

schriftliche Urkunde Ortsdatum das

über Immobilien, sollen29).

errichtet wird, der Ort der Daürung, bei mehrfachem

günstigere die

sich

Ausnahme machen die Verträge

Eine

Recht28 29).

in der Form nach

der lex rei sitae richten

Nach demselben Grundsatz, daß das günstigere Recht entscheiden soll,

ist anzunehmen, daß, wenn der im Ausland errichtete im Inland zu erfüllende Vertrag dem dortigen Gesetz über die Form nicht, wohl aber dem preußischen entspricht, er aufrecht erhallen bleibt29').

b.

Inhalt und

Wirkung

eines

Rechtsgeschäfts

sind,

soweit nicht

beschränkende absolute Gesetze in Frage kommen, zunächst dem freien Belieben,

der Verfügung der Parteien unterworfen.

Wenn also der nach den Gesetzen

des Orts, an welchem der Vertrag geschlossen wird, nicht unzulässige Wille

derselben klar

Frage

erkennbar ist,

thatsächlicher

Natur,

wird

ob

derselbe maßgebend sein; es ist also eine

das

Recht

des Ortes,

wo

der

Vertrag

abgeschlossen, oder wo er erfüllt werden soll, oder wo der Verpflichtete (der

Schuldner) wohnt,

entscheidet.

Die

Theorie sucht nach

einer

allgemeinen

Vorschrift, die eingreifen soll, wenn dieser Wille nicht ermittelt werden kann.

Savigny, dem sich Förster in den früheren Ausgaben anschloß, stellt den 28) A.L.R. I. 5. §§. 113, 114. Ohne diese positive Vorschrift würde die Verschiedenheit des Landrechts darüber, wann und wodurch die Willenseinigung erreicht wird, in Frage kommen; und dabei würde davon ausgegangen werden müssen, daß der einzelne Akt eine weitergehende Bedeutung nicht haben kann, als ihm nach der Gesetzgebung zukommt, unter welcher er erfolgt ist, daß deshalb eine Perfection der Willenseinigung erst dann angenommen werden kann, wenn das dazu nach beiden Gesetzgebungen Erforderliche vorliegt. Dies wird auch im landrechtlichen Gebiet anzuerkennen sein, wo es noch auf diese Frage ankommt. (I. 5 §§. 80, 102.) Bar S. 128 hält überhaupt in dem hier unterstellten Fall den Vertrag nur dann für giltig, wenn er den am Wohnort beider Kontrahenten geltenden Gesetzen konform ist. Sachs. Ges. B. §. 9. Ort der Vornahme, „es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Orts, an welchem das Geschäft in Wirksamkeit treten soll". Die landrechtliche Bestimmung I. 5 §. 113 setzt eine Verschiedenheit des Rechts der Wohnorte der Parteien voraus. Die Bestimmung wird also nicht zutreffen, wenn ein in Paris befindlicher Berliner mit einem Brandenburger einen Vertrag durch Briefwechsel schließt. 29) A.L.R. I. §. 115. Innerlich gerechtfertigt ist dieser Satz bezüglich der Rechts­ geschäfte mit dinglicher Wirkung, der dinglichen Verträge. Eigenthum an einem landrechtlichen Grundstücke kann vertragsmäßig nur durch Auflassung, eine Grund­ gerechtigkeit nur durch schriftlichen Vertrag begründet werden. Die Bestimmung geht aber weiter, auch auf obligatorische Rechtsgeschäfte, obgleich hier der innere Grund fehlt. 29») Vgl. Bar S. 124. R.G. Entsch. B. 1 S. 322 (gemeinrechtlicher Fall). Art. 86 der Wechs.-Ord. Positive Anerkennung des Satzes im preuß. Recht fehlt, und derselbe rst bei der kategorischen Fassung des §. 111 nicht ohne Zweifel.

§♦ 11.

Erfüllungsort Ort

des

Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

voran,

Wächter

Vertragsabschlusses,

Schuldners^).

und

Beseler

Windscheid

61

den Prozeßort, Bruns den

und

Bar

den

Wohnsitz

des

Da das Gesetz solche Regeln nicht aufstellt, so bleibt nichts

übrig, als nach der ganzen Sachlage zu erwägen, welchem Gesetz die Parteien

ihr

Verhältniß

unterstellen

wollen,

und

ist dieser Wille der Parteien nicht

festzustellen, so muß man bei dem Ort des Rechtsgeschäfts verbleiben^).

War

aber ein im Znlande zu erfüllender Vertrag nach inländischem Gesetz unzulässig

und

ist

er

geschlossen,

gerade

so

versagen haben. c.

wird

aus

diesem

demselben

Grunde der

in

dem

inländische

ihn zulassenden Auslande

Richter

die Wirksamkeit

zu

Auch die Praxis schwankt^).

Bei den Rechtshandlungen, durch welche eine Obligation übertragen,

verpfändet, gepfändet werden soll, kommt das Verhältniß zu dem Drittschuldner 30) Wächter, würtemb. Pr. R. II. S. 91 nach I. 34 de R. J. I. 6. D. 21. 2. Savigny S. 246. (Für diese Ansicht spricht besonders I. 21 D. 44. 7: contraxisse unusquisque in so loco intelligitur, in quo ut solveret se obligavit). Windscheid, Pand. I. §. 35. Bar S. 230 fg. Schmidt S. 65 läßt die Art und Weise der Leistung nach dem Erfüllungsort, die übrigen rechtlichen Bedingungen und Wirkungen des Geschäfts nach dem Klageort beurtheilen. Schmidt in Busch, Arch. f. Handels­ recht III. 449 nimmt den Ort des Abschlusses in Bezug auf Form, Inhalt, Auslegung und Vollziehung der Verträge als entscheidend an. 31) Preußische Praxis: Entsch. B. 18 S. 146: „Die Wirkungen eines über bewegliche Sachen von Inländern im Auslande geschlossenen und dort sofort erfüllten Vertrages sind nach den Gesetzen des Auslandes zu beurtheilen." B. 24 S. 21. „Das kontraktliche Verhältniß einer ausschließlich preußischen Eiseubahngesellschaft, welche Güter zur Weiterbeförderung übernommen hat, die einer auswärtigen Eisenbahn aufgegeben waren und durch eine auswärtige Eisenbahn weiter transportirt werden sollen, richtet sich nach den preußischen Gesetzen." In beiden Fällen ist der Vertrags­ und Erfüllungsort identisch. B. 40 S. 50: „Die Einrede der lex Anastas. kann vor preußischen Gerichten nicht erhoben werden, wenn auch die Cession da erfolgt ist, wo jene gilt, wenn der debitor cessus ein Preuße ist." Gegen das Recht des Vertragsorts, doch nur, weil das preuß. Recht das Institut nicht anerkennt. Vgl. auch Strieth. B. 20 S. 135. R.G. Entsch. B. 4 S. 242, B. 9 S. 225, auch S. 3 u. 185 (wie weit richtet sich die Obligation des Bürgen nach dem die Hauptschuld betreffenden Recht?) Vgl. Rehbein I. S. 69. Gemeinrechtliche Praxis: Seuffert B. 2 Nr. 253, B. 4 Nr. 3, 4, 92, B. 6 Nr. 129, B. 7 Nr. 136, B. 8 Nr. 3, 4, 5, B. 15 Nr. 183, B. 23 Nr. 5, 102, B. 24 Nr. 268. Blätter f. R. Anw. in Baiern B. 8 S. 16, B. 19 S. 362. Oesterreich. R. Allg. bürgerl. GB. §. 35 hat die Theorie vom günstigeren Recht, §. 36 läßt den Beweis zu, daß von den Kontrahenten bei Abschluß des Vertrags auf ein anderes Recht Bedacht genommen. §. 37 erkennt den Grundsatz locus regit actum und die Berechtigung der Parteien an, den Vertrag einem andern Recht zu unterwerfen. Sächsisches G.B. §. 11, 18 beurtheilt den Vertrag nach dem Erfüllungsort, läßt aber die Willkür der Parteien ein anderes Recht verabreden. Eine im Auslande erfolgte Hinausschiebung der Protestfrist (ein Moratorium) hat auf die inländischen Wechselverpflichtungen keine Einwirkung. Seuffert B. 25 Nr. 169. Ein seiner Zeit lebhaft erörterter Fall, den das R.O.H.G. gewiß richtig entschieden hat. 32) Die früheren Auflagen nehmen gegen Bar S. 233 Note 6 an, daß dieselbe Obligation, die an verschiedenen Orten zu erhalten ist, verschiedenen Rechten unterstehen könne. Das ist nicht festzuhalten. Freilich hat auch das R.O.H.G. zwischen einem örtlichen Recht der Obligation, Ablieferung der Waare, also am Bestimmungsorte, soweit es die Substanz des Rechtsverhältnisses betrifft, und dem besonderen in Bezug auf das Tilgungsgeschäft und die sich danach ergebende Verbindlichkeit für den Fall, daß der Gläubiger zwischen verschiedenen Stellen die Wahl hat, entschieden. R.O.H.G. B. 24 S. 168.

Erstes Buch.

62

Die Grundbegriffe.

in Betracht, der nur nach demjenigen Recht, dem seine Obligation unterliegt, die Legitimation seines ursprünglichen

Gläubigers

als

aufgehoben und die

Legitimation eines anderen als begründet anzusehen hat33).

4.

Gesetzliche

Verpflichtete

z.

Obligationen,

Geschwister, werden nach

dem

seinen Wohnsitz

B.

die

Unterstützungspflicht

der

Recht des Bezirks beurtheilt, in welchem der sofern nicht das Gesetz, dem der Richter

hat,

unterworfen ist, die gesetzliche Pflicht unabhängig davon, ob der Verpflichtete

in seinem Gebiet wohnt, hinstellt und an andere Umstände knüpft3*).

5.

Delikte.

Die

ob

Frage,

eine

Handlung

für

unerlaubt

zu

erachten und welche Folgen sie in Betreff des Schadenersatzes nach sich ziehe,

gehört dem Recht des Orts,

wo

sie vorgenommen — jedoch mit der Aus­

nahme, daß, wenn eine nach inländischem Recht als Delikt bezeichnete Hand­

lung von einem Inländer gegen einen Inländer im Auslande verübt worden, das inländische Recht entscheidet,

Auslande zu schützen hat,

weil der Staat seine Angehörigen auch im

und der Inländer auch dort seinem heimathlichen

Recht und den daraus für ihn entstehenden Verpflichtungen gegen seine Mit­ bürger sich

nicht entziehen tmm35).

Ist der Schaden auf offenem Meere,

33) Vgl. v. Bar S. 268, Stobbe S. 201. S. auch Entsch. B. 40 S. 51 (oben in Anm. 31). Rehbein 1. S. 74. Die deutsche Civilprozeßordnung tz. 730 setzt dem­ nach, — was freilich oft verkannt wird, — voraus, daß der Pfändungsbeschluß dem Drittschuldner durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden kann, — also im Inland. Nur für solche Schuldner konnte das Gesetz das an sie erlassene Gebot für maßgebend erklären. 34) Förster leitete aus Einl. §. 23 Entsch. B. 56 S. 8 den Satz her, daß der Wohn­ sitz des Berechtigten entscheidend sei. Es handelt sich aber bei der gesetzlichen Obligation nicht um eine „persönliche Befugniß". In der Regel entsteht eine gesetzliche Verbindlichkeit aus Thatsachen, an welche das Gesetz, unter deren Herrschaft sie erfolgen, diese Folge knüpft. Das Gesetz kann aber die Folge des Entstehens einer Verbindlichkeit auch an Thatsachen knüpfen, welche nicht unter seiner Herrschaft erfolgt sind. Der Richter des Bezirks, für den das Gesetz gilt, wird die Verbindlichkeit in dem einen wie dem andern Fall ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Berechtigten und Verpflichteten anerkennen. Soll die Verbindlichkeit aber vor einem andern Richter verfolgt werden, so wird dieser die Verbindlichkeit nur insoweit anerkennen können, als nach dem Rechte seines Bezirks für die darin wohnenden Personen eine entsprechende Verbindlichkeit gesetzlich anerkannt ist. — Eine nach dem Rechte, unter welchem die Verwandschaft entstanden ist, begründete Alimentationsverbindlichkeit für einen entfernten Verwandten z. B. wird der inländische Richter, als eine dem inländischen Recht fremde gesetzliche Verbindlichkeit nicht anerkennen dürfen. Vgl. Dernburg I. §. 28 Anm. 5. Vgl. auch Entsch. B. 37 S. 10, B. 56 S. 8. Rehbein I. S. 77. 35) Entscheid. B. 9 S. 381. Bornemann S. 111. Wächter II. S. 389 und Savigny S. 278 nehmen das R. des Klageorts an. Unger S. 188. Bar S. 317. Das sächs. Ges. B. hat keine besondere Bestimmung. Seuffert B. 9 Nr. 1, B. 11 Nr. 3, B. 25 Nr. 115 für das Recht des Klageorts. Dagegen für das Recht des Delictsorts Seuffert B. 31 Nr. 196. Vgl. auch Bl. f. R. Anw. in Baiern B. 12 S. 287 (ein Plenarbeschluß des O.App.Ger. München). Bei briefl. Beleidigungen der Ort, wo der Brief zur sichern Bestellung aufgegeben worden. Wochenbl. f. merkw. Rechtsfälle 1855 S. 300 für das inländische Recht, obgleich der Verlag im Auslande. Vgl. Bundesgesetz betr. das Urheberrecht v. 11. Juni 1870 (B.G.Bl. S. 339) §. 22. Den Anspruch der Geschwängerten aus der erfolgten Schwängerung unterstellt das Obertribunal als Deliktsanspruch dem Ort der Schwänge­ rung (Entsch. B. 13 S. 503, bei Gruchot B. 21 S. 821), jedenfalls mit Recht bei mangelnder Zustimmung der Geschwächten zu dem Beischlaf, aber auch bei ihrer Zustimmung stehen §§. 36, 37 I. 3 nicht entgegen, von einer Theilnahme der Stupirten an einem gegen sie selbst verübten Delikt kann man nicht sprechen. A. M. Kujawa bei Gruchot B. 22 S. 576, 831.

§. 11.

Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

welches keinem Rechtsgebiet angehört,

desjenigen Orts vergütigt werden,

zugefügt,

63

so muß er nach dem Recht

an welchem zuerst die Klage angebracht

werden tarnt*36).37 38

6.

Statusrechle3?).

des Ehemannes

Es entscheidet der Wohnsitz des Familienhauptes,

und Vaters36).

Die Form des Gelöbnisses

und

der Ehe­

schließung folgt jedoch der Regel locus regit actum, die innere Giltigkeit der Ehe dem persönlichen Recht des betreffenden Gatten; die Frage, ob und wie

der väterliche Konsens

zu

ertheilen sei,

wird

nach

dem Recht beantwortet

werden müssen, nach welchem die väterliche Gewalt normirt ist39).40 Das ehe­ liche Güterrecht wird bestimmt durch den ersten ehelichen Wohnsitz: ob bleibend — wenn

später der Wohnsitz verlegt wird — ist verschieden

beantwortet

keine

sicher, über­

worden, und es hat sich hierüber im gemeinen Recht noch

wiegende Praxis gebildet.

Das A.L.R. entscheidet sich

Modisication aus Rücksicht

auf

bejahend

mit einer

die Gütergemeinschaft, um dritte Personen

gegen Benachtheiligung zu schützen^9).

Geschieden kann die Ehe nur werden

aus Gründen, die das Recht des allgemeinen Gerichtsstandes, d. h. des jetzigen

Wohnsitzes des Ehemannes, anerkennt, wogegen das Recht des ftüheren Wohn­ te) Entscheid. B. 42 S. 14. (Auch bei Seuffert B. 14 S. 335.) Besonders Seuffert IV. Nr. 4. Vergl. Handelsges.B. Art. 736 fg. Bar S. 413. 37) Bornemann S. 131. Savigny S. 324. Bar S. 321. Schmidt S. 77. Stobbe S. 203. 38) Seuffert B. 24 Nr. 2. (Väterlicher Consens zur Verlobung.) 39) Was die Eingehung der Ehe anlangt, so ist mit der Beseitigung der positiven Be­ stimmung des §. 170 A.L.R. II. 1 durch das Personenstandsgesetz §. 56, jede etwa für das frühere Recht anzunehmende Singularität beseitigt. Vgl. jedoch Sicherer. Personenstand S. 138. Bezüglich der Ehen von Deutschen im Ausland kommt noch das Reichsgesetz vom 4. Mai 1870 in Betracht, welches eine von dem Gesetz des Auslandes, selbst wenn es das Gesetz des ersten ehelichen Domizils ist, unabhängige, vielleicht nach diesem Gesetz unmögliche Ehe für das Inland wirksam durch Akt vor dem Konsul geschlossen werden läßt. 40) A.L.R. II. 1. §. 350. 352. Entsch. B. 13 S. 297, V. 45 S. 193. B. 69 S. 101. Strieth. B. 86 S. 46. Rehbein I. S. 93. Aus der gemeinrechtlichen Praxis für die Wandelbarkeit des Güterrechts je nach dem Wohnsitz: Seuffert B. 7 Nr. 137, B. 14 Nr. 106, B. 26 Nr. 288. Gegen die Wandelbarkeit: daselbst B. 1 Nr. 152, B. 7 Nr. 138 (rheinischer Kassationshof Berlin). B. 9 Nr. 302, B. 10 S. 322, B. 14 S. 106, B. 24 Nr. 104. Striethorst B. 20 S. 182, B. 41 S. 99. R. O.H.G. B. 9 S. 249. Andere Gerichte haben geschwankt: Seuffert B. 14 S. 162 Nr. 1. Eine gute Uebersicht der verschiedenen Ansichten bei den Schrift­ stellern und Gerichten in Seuffert XVIII. 1. Vgl. R.G. Entsch. B. 6 S. 393. Das neue sächs. Ges. B. läßt das Recht nicht wechseln. Unger I. S. 194 nimmt auch für das österreichische Recht die Beständigkeit an. Savigny S. 324 für die Beständigkeit; ebenso Stobbe S. 206 f; Roth S. 137 f.; dagegen Brehmer in der Zeitschr. f. deutsches R. B. 18 S. 200. Vergl. auch Funk im Arch. f. civil. Pr. B. 21. 22. Schmidt S. 81. Windscheid I. §. 35 S. 11. Nicht ein still­ schweigender Vertrag oder Verzicht rechtfertigt die Annahme der Beständigkeit des ehelichen Güterrechts, denn daraus könnte bei Veränderung des Wohnsitzes auch das Gegentheil gefolgert werden (Seuffert B. 7 Nr. 137), sondern der bleibende Charakter der Ehe und daß die einseitig vom Manne ausgehende Veränderung des Wohnsitzes der Frau das wohlerworbene Recht nicht nehmen kann. Das Wahlrecht des überlebenden Ehegatten bei der Erbfolge nach preuß. R. (s. unten) ist jedenfalls ein nicht ungeschicktes Expediens. Siehe auch Gerber, deutsch. Priv. R. §. 229. Daß, wenn Eheleute mit getrenntem Güterrecht an einen Ort ziehen, wo Güter­ gemeinschaft gilt, sie die Ausschließung derselben öffentlich bekannt machen müssen: Entsch. des O.Trib. Berlin bei Seuffert B. 14 S. 340. Vgl. übrigens auch B. IV. §. 209 Anm. 32. 33.

Die Grundbegriffe.

Erstes Buch.

64

sitzes entscheidet, wenn dieses durch die dort vorgefallene Handlung die Scheidung

nicht rechtfertigen läßt4').

Ob ein Kind ehelich geboren,

bestimmt sich nach

dem Gesetz des Wohnorts der Eheleute zur Zeit der Geburt.

Auch die Wirk­

samkeit einer Legitimation hängt von dem Personalstatut des Vaters ab, aber

es

kommt dabei zugleich in Betracht,

ob der Rechtsakt,

an welchem das

Personalstatut jene Wirkung knüpft, nach den Gesetzen, unter welchen das

Kind steht,

die gleiche Wirksamkeit hat"°).

Der Umfang der väterlichen

Gewalt richtet sich nach dem jedesmaligen Wohnsitzrecht, ist also der Wandlung unterworfen4^).

Lange hat man geschwankt, welche Rechte das gegen seinen Erzeuger anrufen kann.

außereheliche Kind

Die jedenfalls unrichtige Auffassung der

den Anspruch erzeugenden That als eines Delikts hat dabei vielfach irregeführt.

Ein Plenarbeschluß des Obertribunals hat für

das Recht des Wohnsitzes

(dauernden Aufenthalts) der Mutter zur Zeit der Schwängerung entschieden43 41).42 7.

Erbrecht.

Während der Redaction des A.L.R. im Jahre 1782 daß die gesetzliche Erbfolge44) in An­

hat die Gesetzkommission festgesetzt,

sehung der Immobilien nach dem Ort, wo sie liegen (den Realstatuten), in

Ansehung der Mobilien nach dem letzten Wohnsitz des Erblassers (den Personal­ statuten)

zu

Hervorhebung

reguliren des

hiermit zusammenhängt. daß

die

gesetzliche

Es

sei.

„beweglichen"

ist

nicht

Vermögens

unwahrscheinlich, in

§.

31

der

Die Praxis hat sich aber jetzt dahin

Erbfolge

in

einen

Nachlaß

lediglich

daß

die

Einleitung gewendet,

dem Recht

des

letzten Wohnsitzes des Erblassers unterworfen ist, wenn auch Immobilien dazu gehören, die in einem andern Rechtsgebiet liegen45).

Und dies ist prinzipiell

41) Bornemann S. 135. R.G. Entsch. B. 9 S. 191. 4i*) Nur an eine civilrechtlich wirksame Legitimation fnach den preußischen, beziehungs­ weise im Inland geltenden Bestimmungen über internattonales Privatrecht wirksam, vgl. §. 3 Ges. v. 31. Dez. 1842, §. 4 Ges. v. 1. Juni 1870] knüpft sich auch die Begründung des Jndiginats. Vgl. unten B. IV. §. 219 Sinnt. 45. 42) Bornemann S. 135. Stobbe S. 210. Würtemb. Arch. B. 6 S. 147. 43) Bornemann S. 136. Stobbe S. 211. Hinschius bei Behrend V. S. 280. Entsch. B. 18 S. 39. Pl.-Beschl. B. 20 S. 300 (Wohnsitz der Mutter zur Zeit der Geburt), B. 32 S. 401, B. 37 Nr. 1 (Wohnsitz zur Zeit der Konzeption). Striethorst B. 33 S. 139. Vgl. auch noch Entsch. B. 47 S. 53, B. 50 S. 310. Strieth. B. 29 S. 355, B. 49 S. 305, B. 63 S. 245, B. 95 S. 19. Rehbein I. S. 84. Als Domizil der Mutter, welches für den Status des Kindes zur Zeit der Kon­ zeption entscheide, sieht übrigens das Obertribunal den Dienstort der Geschwängerten in Preußen, nicht auch einen außerhalb Preußens belegenen Dienstort an — auf Grund der K.O. v. 4. Juli 1832 und 5. Dez. 1835. Entsch. B. 62 S. 1, B. 77 S. 69. — Dernburg I. S. 53 Sinnt. 6 erklärt sich mit der Judikatnr des OberTribunals nicht einverstanden, und es ist ihm darin zuzustimmen, daß die Be­ stimmungen über den Gerichtsstand in der K.O. v. 4. Juli 1832 und 5. Dez. 1835 zu einer ausdehnenden Erklärung des Begriffs Domizil, als für Statusverhältnisse entscheidend, keinen Anlaß geben. 44) Bornemann S. 126. Savigny S. 295. 314. Unger S. 199. Stobbe S. 214. Sächs. Ges.B. §. 17. 45) Zu vergl. ist Anh. §. 78 zu L.R. II. 1 §. 495 (Entscheidung der Gesetzeskomm. v. 20. Mai 1794). Entsch. B. 10 S. 143, des. S. 146. Rehbein I. S. 97." Savigny

Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

§♦ 11.

65

richtig, denn der Nachlaß als Inbegriff, als Ganzes, ist Gegenstand der Erb­ folge; die einzelnen Stücke können nicht besonders berücksichtigt werden, wo es sich um den Inbegriff als solchen handelt.

Das Vermögen, als der Inbegriff

alles dessen, was einer Person zusteht, muß also dem Rechte dieser nachgehen. In

Betreff der Erbfolge der Ehegatten ist noch zu bemerken, daß auch sie sich grund­

sätzlich nach dem letzten ehelichen Wohnsitz richten sollte, nur statutarisch ist das Erbrecht

daß

so

abhängig

bei

es

vom dem

Güterrecht

ehelichen

des

Recht

ersten

und

dessen

folgt

Wohnsitzes

Gesetzen,

Bewenden

das

be­

Das A.L.R. hat aber hier das oben §. 10 Nr. 5 besprochene Wahl­

hält.

recht anerkannt^). — Bei der testamentarischen Erbfolge gilt die Form des

Testamentes

unter Lebenden;

nach

dein Ort der

Errichtung,

wie

bei

die Tesürfähigkeit muß nach dem Gesetz,

Rechtsgeschäften

dem der Testator

zur Zeit der Testamenserrichtung und des Todes unterstand, wesen sein,

die Rechte

dem Inhalt des Testamentes

aus

vorhanden ge­

einschließlich des

Pflichttheilsrechts sind nach dem Wohnsitz des Erblassers zu beurtheilen. Dazu

gehören auch die werden kann.

Vorschriften darüber,

wer mit Erfolg als Erbe eingesetzt

Die Erwerbfähigkeit des Berufenen

richtet

sich

nach

seinem

Personalstatute47 * *).48 * * * * * * * * * * * * * 46

8. Daß Prozeßgesetze des Auslandes

lungen

sowohl

nach

der

Seite

der

bei inländischen Prozeßhand­

Voraussetzungen,

Wirkungen vorn inländischen Richter niemals

als

nach

ihren

angewendet werden dürfen").

VIII. 316 f. Bornemann I. 54. Koch, Pr. N. I. §. 40. Nr. II. Dagegen Daniels I. S. 153. Gemeinrechtl. Praxis: Seuffert, Arch. B. 1 S. 92, B. 2 Nr. 354, B. 4 Nr. 92, B. 6 Nr. 307. 308, B. 7 Nr. 332, B. 13 Nr. 121, B. 14 Nr. 107, B. 23 Nr. 4. Hat der Erblasser einen doppelten Wohnsitz an verschiedenen Orten, mithin auch einen doppelten Gerichtsstand gehabt, so ist der Gerichtsstand der Erbschaft nach demjenigen Orte zu bestimmen, an welchem der Erblasser zur Zeit seines Ablebens wirklich gewohnt hat. Ist der Erblasser an einem dritten Orte, z. B. auf einer Reise gestorben, so können nur thatsächliche Momente entscheiden, welchem seiner beiden Wohnsitze als Gerichtsstand der Erbschaft anzusehen ist. - Art. 10 der Konvention über Regulirnng von Hinterlassenschaften zwischen dem Deutschen Reich und Rußland vom 12. November (31. Oktober) 1874 (R.G.Bl. 1875 S. 136) bestimmt Beurtheilung des Jmmobiliennachlasses nach der lex rei sitae. In dem Konsularvertrag des Deutschen Reichs mit Griechenland vom 26. Nov. 1882 (R.G. Bl. 1882 S 101) Art. 23 ist dagegen das Gesetz der Nationalität als für den ganzen Nachlaß entscheidend anerkannt. 46) Bornemann S. 135. A.L.R. II. 1. §§. 495. 496. Entscheid. B. 37 S. 202. Der letzte Wohnsitz bei Seuffert XV. Nr. 95. 47) Bornemann S. 125. Form des Testaments Entsch. B. 35 S. 368. Gruchot, Beiträge B..3 S. 112. A. M. Koch zu A.L.R. Einl. §. 33, Bar S. 400. Inhalt des Test, jurist. Wochenschr. 1842 S. 421. 1843 S. 349. 436. Seuffert B. 1 Nr. 92. (Das Recht, welchem der Erblasser im Allgemeinen unterworfen ist, wo der größte Theil des Nachlasses sich befindet!?) B. 18 Nr. 204. Ueber die Giltigkeit holographischer Testamente, errichtet am Bord eines französ. Schiffes, s. Schering, Arch. B. 2 S. 133. Im Falle doppelten Domizils erachten Entsch. B. 82 S. 162 das Gesetz des Orts entscheidend, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes that­ sächlich gewohnt hat. 48) Hierher gehören auch die gesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit gewisser Beweismittel. Wenn Dernburg I. §. 28 Anm. 3 die französisch rechtliche Aus­ schließung des Zeugenbeweises, falls aus Verträgen geklagt wird, die außerhalb Frankreichs geschlossen sind, mit Recht für unanwendbar erachtet, so wird dazu der Förster (Eccrus), Preuß Pnvatrecht.

I

5. Aufl.

5

66

Erstes Buch.

ist nicht zu bezweifeln.

Es müssen auch die materiellen Wirkungen der Prozeß­

Die Grundbegriffe.

erhebung ohne Rücksicht darauf, welchem Gesetz

das verfolgte Recht an und

für sich untersteht, nach dem Gesetze des Prozeßorts bemessen werden.

Ent­

sprechend sind aber auch ausländische Urtheile in dem Maße als wirksam an­

zuerkennen, als nach der Civilprozeß-Ordnung ihre Vollstreckung im Zulande

würde erstritten werden können48').

demselben Maße muß die Rechts­

Zn

hängigkeit im Auslande vom inländischen Richter als Hinderungsgrund einer erneuten Verfolgung anerkannt werden48b).

9.

Sehr bestritten ist es, wie sich der Richter in Betreff der Klagen­

verjährung zu verhallen habe.

behaupten diejenigen,

Nach

dem örtlichen Recht der Obligation

welche in der Verjährung ein materielles Rechtsinstitut

sehen; — nach dem örtlichen Recht des Richters, vor dem die Klage erhoben wird, meinen diejenigen,

welche sie als Prozeßinstitut auffassen.

Die Praxis

des Obertribunals hat sich wiederholt für die letztere Ansicht entschieden, die ge­

meinrechtliche Praxis neigt sich überwiegend zur entgegengesetzten Meinung. Auch läßt sich in derThat nurdiese rechtfertigen48). Die Auffassung des Obertribunals ver­ franz. Richter nicht gelangen, indem er das ausländische Recht anwendet, sondern nach dem inländischen Prozeßrecht, welches für alle Fälle gilt, wenn dem Anspruch nicht ein in Frankreich geschlossener Vertrag zu Grunde liegt. Abweichend in Betreff der Beweiskraft der Handelsbücher Entsch. B. 17 S. 325, B. 50 S. 365. Seuffert B. 23 Nr. 66. Dem inländischen Richter genügt es übrigens nach C.P.O. §. 339, wenn der im Ausland vorgenommene Beweisakt dem inländischen Recht entspricht, während das ausländische Recht nicht beachtet ist. 48») C.P.O. §§. 660, 661. Zu großen Schwierigkeiten giebt dabei die Bestimmung Anlaß, daß das ausländische Urtheil nur insoweit anzuerkennen ist, als Gegenseitigkeit verbürgt ist. Vgl. unten §. 56 bei Anm. 16. S. Gruchot 23.30 S. 460. — Im Justizministerial­ blatt von 1877 S. 55 findet sich eine Auseinandersetzung darüber, inwieweit in Preußen die Ehescheidungsurtheile schweizerischer Gerichte als wirksam anerkannt werden. — Der Satz von Wach, Handbuch I. S. 220, daß der inländische Richter das ausländische Recht anzuwenden hat, soweit es sich um die Wirkung ausländischer prozessualischer Vorgänge auf das Inland handelt, beschränkt sich nach dem, was ebenda S. 223 gelehrt wird Eine Zeugenvernehmung im Ausland unter einem Gesetz, das an die Aussage des Zeugen volle Beweiskraft knüpft, die Leistung eines Parteieides in einem Lande, nach dessen Prozeßgesetz der Parteieid wie ein Zeugeneid nur auf die Ueberzeugung des Richters einwirken soll, bemißt sich in ihren Wirkungen für den im Inland anhängigen Prozeß nicht nach auswärtigem, sondern nach in­ ländischem Recht. 48b) Vgl. Wach Handbuch I. S. 247. 49) Bornemann S 113, der die Ansicht des O.Trib. vertheidigt. Savigny S. 273. Koch, Beurtheilg. der Entsch. S. 682, und Kommentar zu §. 33 Einleit. Schmid S. 74 für die entgegengesetzte Ansicht. Unger übergeht diesen Punkt. Bar S. 283 entscheidet sich für den Wohnsitz des Schuldners. Martin a. a. O. S. 266 f. das örtliche Recht der Obligation. Das sächs. Ges.-B. schweigt hierüber. Aber es läßt die Verjährung nicht von Amtswegen, sondern nur im Wege der Ein­ rede geltend machen (§. 153), was mit der Annahme der prozessualischen Natur nicht stimmen würde. Entsch. des O.Trib. B. 10 S. 102, B. U S. 232, B. 28 S. 70. Rechtsfälle B. 4 S. 27. Striethorst 23.12 S. 135, 23.14 S. 191, B. 20 S. 8, 23. 36 S. 90. Rehbein 23. 1 S. 80. Aus der gemeinrechtl. Praxis für die prozessualische Natur der Einrede der Klagenverjährung: Seuffert IX. Nr. 246 (Eelle, 2. Senat). XII. Nr. 334 (Darmstadt). XVI 157 (Rostock). XXIII. 2 (Celle). Für die materiellrechtl. Natur derselben: Seuffert II. Nr. 120 (rhein. Kassat-Hof zu Berlin, vergl. Striethorst 23. 19 S. 60 und 23. 30 S. 201). Seuffert VIII.

§. 11. Oertliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

67

kennt das Wesen der Verjährung, indem sie in derselben ein prozessualisches Rechts­

Nach gemeinem Recht war es wohl streitig, ob die Verjährung

institut sieht.

nur die Klage beseitigt und eine Naturobligation übrig läßt, — obgleich auch

hier jetzt mehr und mehr die Meinung Uebergewicht erlangt, daß nach heutigem Recht die Obligation zerstört wird50 * *),51 * *und * * auch aus der bloßen Klagzerstörung

würde

Natur der

noch nicht die prozeffualische

nach

folgen:

Verjährung

preußischem Recht ist es aber völlig unbestritten, daß durch Verjährung das

Recht erlischt"),

so zwar,

daß ein verjährtes Recht nicht einmal mehr zur

Kompensation geeignet ist52).53 Die Einrede, mit der ein das eingeklagte Recht treffender Erlöschungsgrund geltend gemacht wird, ist aber gewiß materieller Natur; ihm

sagt52):

oder

sei

Kontrakt

gar

die

durch

nicht,

nicht

kommt

weiter

die

es

auf

sie

bleiben

an,

Wege der Klage keine Wirksamkeit

beweisen.

Erwägung,

der

„Bei

Verjährung

erlöschen

eigenthümliche

innnern Wesen

seinem

Obertribunal

treten

Recht

das

daß

nach

ob

die

rechtlichen

ist

kann,

Eigenschaft.

eine

Wenn

Folgen

ganz dahingestellt,

aus da

das

einge­

Verjährung

dem

sie im

dies eben erst zu

mehr haben", so ist

Die übrigen Folgen des Vertrags kommen freilich

nicht mehr in

Frage, wenn die Verjährung eingetreten ist. Daß die Verjährung „die recht­ liche Folge der Nachlässigkeit des Berechtigten ist, welcher mit Verfolgung seines Anspruchs zu lange gezögert hat",

ist

gewiß richtig,

aber nicht

ebenso der

daran geknüpfte Folgesatz: „aus dem Vertrage entspringt sie nicht". Denn da

für verschiedene Verträge verschiedene Arten von Verjährung — nicht bloß in Betreff der Zeitdauer,



Beginns")

sondern

angeordnet

der Obligation anhängt,

und

auch

sind,

der rechtlichen Voraussetzungen ihres

ergiebt

so

Wechsel des Wohnsitzes geändert werden kann.

das Gesetz

sich,

daß

daß diese ihre Eigenschaft

die

Verjährung

nicht durch

einen

Daß die Publik.-Patente und

v. 31. März 1838 (worauf Vornemann noch

einiges Gewicht

legen will) die neu eingeführte kürzere Verjährung auch auf schon bestehende

Obligationen anwenden, steht nicht entgegen,

denn wenn es dem Gesetzgeber

aus irgend welchen Nützlichkeitgründen beliebt, die Wirkung hältnisses sofort zu ändern, Der Ansicht,

daß

so

läßt

die Verjährung nicht als Prozeßinstitut,

von dem örtlichen Recht der Obligation

so) 51)

52) 53) M)

eines Rechtsver­

sich daraus nichts Allgemeines folgern. sondern

als ein

bestimmtes Institut des materiellen

Nr. 7 (Celle, 3 Senat). XII. Nr. 334 (München). XIII. Nr. 5 (Lübeck), und Lübecker Entscheid, in Hamburger Rechtssachen B. 4 S 49 a. E. Seuffert XXV. Nr. 2 (O.Ä.G. Berlin) Nr. 114 (Stuttgart). Das App.-Ger. Greifswald folgte auch dieser Ansicht (dagegen das O.Trib. Entsch. B. 52 S. 388). Ferner Dresden, Wochenbl. f. merkw. Rechtsfälle in Sachsen, N. F. VI. (1858) S. 55. Sintenis, prakt. gern. Civilr. 2.A. B. 1 S. 294 Note 57. Holzschuher, Theorie und Kasuistik B. 3 S. 49. A.L.R. I. 16 §. 7. Wenn §. 568 I. 9. nur die Vermuthung für die Aufhebung der Verbindlichkeit aufstellt, so ist dies im Wesentlichen dasselbe. A.L.R. I. 16. §. 377. Entsch. B. 10 S. 105. z. B. §§. 313. 344. I. 5. §. 199 fg. I. 11. §. 154. I. 14. A.L.R.

6S

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

Rechts anzusehen sei, ist denn auch vom Reichsoberhandelsgericht ausgesprochen

und in gleicher Weise vom Reichsgericht anerkannt worden?") 10.

Eine im Ausland

erfolgte Eröffnung des Konkursverfahrens

wirkt nicht unmittelbar auf die im Znland befindlichen Vermögensgegenstände

des

Gemeinschuldners

gehörig,

ein.

Dieselben

gelten

nicht

als

zur Konkursmasse

vielmehr kann die Zwangsvollstreckung in dieselben und unter Um­

ständen ein besonderes Konkursverfahren im Zulande

eröffnet werden.

Daß

int inländischen Konkursverfahren Vorzugsrechte nur nach inländischem Recht

anerkannt werden können, ist einleuchtend.

Der Zwangsvergleich, bei welchem

alle Gläubiger, die sich auf den Konkurs einlassen müssen, gebunden werden, kann für die Rechtsverfolgung in einem andern Staat keine Bedeutung haben,

sofern in diesem die Rechtsverfolgung

Konkursverfahren und

außerhalb

ohne Rücksicht

desselben

gestattet

auf das

ist?6)



bestchende

Das An­

fechtungsrecht der Reichsgesetzgebung hat seine Grundlage in dem im Zitland

eröffneten Konkursverfahren beziehungsweise der im Znlande hervorgetrckenen

Unzulänglichkeit des der Vollstreckung unterliegenden Vermögens eines Schuldners zur Deckung

einer fälligen vollstreckbaren Forderung zur Zeit der gesichten

Befriedigung. Außerhalb Deutschlands besteht das Anfechtungsrecht fast überall auf anderer Grundlage, es beruht hier meist auf der frans und der participatio

fraudis nach den Grundsätzen der actio Paulliana. Ob dieser Deliktsansprtch in Deutschland verfolgt werden kann, wird sich nach dem zu 5 Gesagten bemessen51).

11.

Uebrig bleibt nur noch die kurze Bemerkung, daß die Vorschrift

des A.L.R.: „fremde Unterthanen haben bei dem Betriebe erlaubter Geschäfte

in hiesigen Landen sich aller Rechte der Einwohner zu erfreuen, so lange sie sich des

Schutzes

der

Gesetze nicht unwürdig machen"66)

für die Rechts-

M) R.O.H.G. B. 14 S. 258. Erk. des Reichsgerichts t). 10. Dez. 1879 bei Eruchot V. 24 S. 437 Entsch. d. R.G. B. 1 S. 126. Nach R.G.Entsch. B. 2 S. 13 ist das inländische Recht selbst dann nicht anzuwenden, wenn das ausländische Recht, unter welchem die Verbindlichkeit entstanden ist, die Verjährung als Prozeßinstitut ansieht. Vgl. auch R.G.Entsch. B. 7 S. 21, B. 9 S. 225. sc) K.O. §§. 207. 208. Rheinisches Museum B. 57 S. 79. Senffert B. 26 Nr. 1 (R.O.H.G.) B. 28 Nr. 100. Entsch. B. 38 S. 1. Rehbein I. S. 79. 57) Vgl. Seuffert B. 25 Nr. 115. Man wird indessen, sofern das Konkursverfahren in Deutschland eröffnet worden ist oder die Unzulänglichkeit des Vermögens bei einem Schuldner hervorgetreten ist, über dessen Vermögen Konkurs in Deutschland zu er­ öffnen wäre, eine Anfechtung von Rechtshandlungen nur nach Maßgabe bei K.O. §§. 22 ff. und des Gesetzes, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlunger vom 21. Juli 1879 (R.G.Bl. S. 277) zulassen können, selbst wenn man den nach ansläniischem Recht erwachsenen Anfechtungsanspruch als Anspruch aus einem Delikt ansieht undoanach annimmt, daß die lex delicti commissi die civilrechtlichen Folgen regelt. Vgl. unten §. 114 Anm. 23. Abweichend, weil davon ausgehend, daß auch der reichsgesetzliche Anfechtungsanspruch ein Deliktsanspruch ist, F r a n k e im Archiv f. c. Praxis. B. 62 S. 478. 5») A.L.R. Einl. §. 41. Art. 3 der deutschen Reichsverfassung hat ein gemeitsames Jndigenat für alle deutschen Reichsangehörigen geschaffen. Dies bezieht sich ir erster Linie auf die politischen, das öffentliche Recht angehenden Beschränkungen der Rechts­ fähigkeit, aber nicht auf diese allein. Hieraus folgt: Zwar sind die eben dargllegten Grundsätze von der Kollision der Statuten für Angehörige anderer deutscher Staaten nicht beseitigt — vgl. Seuffert B. 24 Nr. 186 —; aber alle Bestimmungm die sich mit dem Ausländer als solchem befassen, haben ihre Anwendbarkeit auf Angchörige anderer deutscher Staaten verloren. Vgl. Mandry, der civilrechtl. Inhalt der Reichsgesetze S. 37.

Auslegung der Gesetze.

§♦ 12.

69

anwendung in ihren letzten Worten eine bedeutungslose Phrase ist — und

daß,

einem auswärtigen Staate die Fremden nachtheiliger gestellt

wenn in

sind, als die Einheimischen, letztere in Preußen sich ein Gleiches gefallen lassen

müssen

(Vergeltungsrecht,

nicht

ein,

wenn die

Alle,

also

auch

die

Retorsion).

Diese Wiedervergeltung

tritt

Abweichung des ausländischen Rechts vom preußischen Angehörigen des eigenen Landes trifft59), und sie wird

nicht dadurch beseitigt, daß der Ausländer seinen Anspruch an einen Preußen oder sonst an Jemand abtritt, gegen welchen sie nicht stattfinden tönnte60).

§. 12.

Auslegung der Gesetze.

A.L.R. Einl. §. 46fg. — Jacobson in S. und Bobriks Zeitschrift H. 1 S. 1.

Heydemann 1 1. S. 101.

Bornemann I. S. 67.

S. 122.

2. A. (1806).

Kierulff, Theorie des Civilrechts I. S. 18 (1839).

I. S. 206 (1840).

Wächter, wärt. Pr. R. II. S. 133 (1842).

Roth, I. §. 14.

Zachariä (Puchelt),

Zur

österr.

G. F. H. Meyer in

Beiträge XXIII 1 ff.

Anwendung des

richtige Auffassung seines von dem Wort hat,

v. Savigny

Unger,

franz. R. I. S. 96 (1874).

IHering, Geist des röm. Rechts II. S. 470 (1858). Gruchot.

Koch

Pfaff und Hoffmann, Comm. z. österr. bürg. G.B.

Pr. R. I. S. 76 (1856).

S. 166ff.

Daniels I. S. 145.

Dernburg I Z. 9,10. — Thibaut, Theorie der logischen Auslegung

aus,

braucht dasselbe

Gesetzes

Inhalts,

in welches

aber

nur

gehört das Verständniß desselben, die

Auslegung.

die

sich

der

Diese geht nothwendig

gesetzgeberische Gedanke

gekleidet

als das nächste Mittel, um den Gedanken

des Gesetzes aufzufinden. -So übt man neben der grammatischen die logische Auslegungl).

„Ueber das Werthverhältniß dieser beiden Interpretationen zu

einander kann kein Zweifel fein.

spricht

Dem Wesen der geistigen Mittheilung ent­

allein die logische Interpretation;

sie

legt dem Wort keinen anderen

Werth bei, als dasselbe einmal hat"?). 59) A.L.R. Einl. §§. 42 — 45. Vgl. auch Gruchot. B.30 S. 460. Einen Anwendungsfall bietet I 12 §. 40, ein Beispiel Entsch. B. 78 S. 1. Nach R.K.O. §. 4 findet die Retorsion zweck­ mäßiger Weise nur auf Anordnung des Reichskanzlers unter Zustimmung des Bundes­ raths statt. Vgl. auch N. Gew. Ord. §. 64. Im preußischen Recht fehlt eine ähnliche Vor­ schrift. Nur in einem Spezialfall (II. 8 §. 935) war, wenn die Sache nicht ganz klar sei, Anfrage an das Justizdepartement vorgeschrieben, was mit der Abhängigkeit der Gerichte von dessen Reskripten zusammenhängt und nicht als eine noch jetzt zu befolgende Vorschrift mit Dernburg I. S. 92 Anm. 8 verallgemeinert werden kann. Vgl. auch J.M.Bl. 1862 S. 319. Einen wesentlich anderen Charakter als das Vergeltungsrecht hat eine Reihe reichsgesetzlicher Bestimmungen (Str. G. B. §§. 102, 103, C.P.O. §§. 102, 106, 661), welche die Anwendung inländischer Rechtsnormen auf Ausländer oder ausländische Akte davon abhängig erklären, daß die Gegen­ seitigkeit verbürgt sei, Normen, deren Anwendung durch die Schwierigkeit dieser Prüfung, zumal sich die Anwendungssphären der verschiedenen Gesetze oft nicht decken, sehr erschwert wird, so daß wohl erwartet werden kann, daß die Gesetzgebung, wie schon in der Konkurs-Ordnung geschehen, zu den gesunden Prinzipien des Ver­ geltungsrechts zurückkehren wird. 60) Ebenso sächs. Ges.-B. §. 20. Oesterr. Ges.-B. §. 33. Bar S. 67fg. Vgl. R.K.O. §. 4. 1) Ueber das Verhältniß dieser beiden Auslegungsarten vergl. bes. Kierulff S. 21, Jhering S. 470. 2) Jhering S. 473.

Das A.L.R. giebt für die Gesetzesauslegung nur wenig Vorschriften. Auch war zunächst die wissenschaftliche Auslegung im Wesentlichen dem Richter entzogen und der Gesetzkommission überwiesen; sobald ein berechtigter Zweifel aufstieg, sollte die Thätigkeit dieser Kommission eintreten. Durch Kab. Ord. vom 8. März 1798 wurde aber diese Znterpretattonsbehörde aufgehoben^) und dem Richter die Pflicht zurückgegeben, nach allgemeinen Regeln, d. h. nach den Grundsätzen der Wissenschaft, das Gesetz auszulegen. Und wenn auch noch längere Zeit dem Richter bei dieser Thätigkeit vielfache Belehrungen von Oben zu Hilfe eilten, die seine Selbständigkeit noch ferner bedrohten, so hat doch schon das Reskript vom 18. April 18403 4)5unumwunden anerkannt, „daß die Gerichtshöfe selbständig nach den Gesetzen, und wo deren Sinn zweifelhaft, nach den allgemeinen Auslegungsregeln entscheiden sollen." Auch das A.L.R. sagte: „Bei Entscheidung streitiger Rechtsfälle darf der Richter den Gesetzen keinen anderen Sinn beilegen, als welcher aus den Worten und dem Zusammenhänge derselben, in Beziehung auf den streitigen Gegenstand, oder aus dem nächsten unzweifelhaften Grunde des Gesetzes deutlich erhellet." Hierdurch war ihm sowohl die grammatische als logische Interpretation übertragen, denn der Zusammenhang und der nächste unzweifel­ hafte Gmnd ist nichts anderes, als was das Gesetz unmittelbar will oder wollen muß, wenn man es in den organischen Zusammenhang mit dem ganzen Institut setzt, dem es angehört. So ist auch bei neueren Gesetzen wesentliche Aufgabe der Auslegung die einzelne Bestimmung int Zusammenhang des ganzen Gesetzes und dieses wieder im Zusammenhang des gesammten Rechts­ systems aufzufaffen. Jede Auslegung sucht nothwendig nach den: Zusammenhang, in welchem das neue Gesetz mit dem früheren Rechtszustand, das A.L.R. also mit dem gemeinen deutschen Recht, steht. Hierbei ist davon auszugehen, daß eine Aenderung des früheren Rechts nur insoweit anzunehmen ist, als sich dieselbe aus den Worten des neuen Gesetzes und dessen Zusammenhang ergiebt. Präzise Redaktion der Gesetzesworte ist für das Verständniß des Gesetzes das beste Hilfsmittel. Wie bereits an anderer Stelle hervorgehoben, bietet das Landrecht in dieser Beziehung manche Schwierigkeit. Insbesondere darf anscheinend technischen Ausdrücken nicht ein zu großes Gewicht beigelegt werdens. Auch die Materialien zum A.L.R. d. h. die in den Akten des Justizministeriums enthaltenen Entwürfe uud Bemerkungen der Redaktoren 3) N. C. C. tom. X. p. 1609. Dazu das Reskript vom 21. März 1798, aus welchem Anhang §. 2 entstanden. Löwenberg, B. 2 S. 22 u. 114. 4) Just. Min.-Bl. S. .147. 5) Wenn das A.L.R. einem Wort einen bestimmt abgegrenzten Begriff unterlegt, so ist dieser Begriff für dieses Wort, wenn es in neueren Gesetzen gebraucht ist, sestzuhalten, und man darf das Wort nicht aus dem Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens erklären. Striethorst B. 75 S. 309.

§. 12. Auslegung der Gesetze. unseres

Gesetzbuchs

sind

für

seine

können

aber

auch

nur

mit

großer

sie

nur die

und lich

Bestimmung im

die

ist

nur

von

Vorsicht

Redaktoren

Text das

deutsche

Gesetz

hoher

gebraucht

oder

Wichtigkeit,

werden,

Monenten

weil

wiedergeben

ob eine Ansicht schließ­

erzeugt hat°).

Das Register zum

eine Privatarbeit, ebenso sind die sogen. Marginalien keine

sicheren Znterpretationsmittel'). der

Auslegung

in seltenen Fällen mit Sicherheit erhellt,

nur

wirklich

A.L.R.

Ansichten einzelner

71

Bei den Uebersetzungen des A.L.R.

eigentliche Gesetzt).

Bei Staatsverträgen,

bleibt die in

verschiedenen Sprachen gedruckt sind, wird der deutsche Richter auf den deutschen

Text das ausschlaggebende Gewicht zu legen habens

Das

Publikations-Patent von

Bestimmung:

1794

§. IX. hat noch die besondere

„Wenn aus einer älteren Handlung oder Begebenheit Prozesse

entstehen und die damals vorhandenen, auf den vorliegenden Fall anzuwendenden

Gesetze dunkel oder zweifelhaft sind; also, daß bisher über den Sinn und die Anwendbarkeit derselben verschiedene Meinungen in gefunden haben:

den Gerichtshöfen

statt­

so ist derjenigen Meinung, welche mit den Vorschriften des

A.L.R. übereinstimmt, oder ihm am nächsten kommt, der Vorzug zu geben." Hiermit stimmt das Publik.-Patent vom 9. September 1814 §. 4., nur daß

ihm

die

„also"

Worte:

Regel hat

sich

das

bis

„stattgefunden

haben"

fehlens.

Ueber

diese

Obertribunal dahin geäußert, daß da, wo int gemeinen

Recht eine klare gesetzliche Vorschrift vorhanden ist, es auf „etwaige" Kontro­ versen

der

Rechtslehrer

ankommen kann").

oder

eine

„angeblich"

abweichende

Praxis

nicht

Es soll also zwar der erkennende Richter zunächst selbst

prüfen, ob ihm das ältere Gesetz dunkel tmd räthselhaft ist, er soll nach seiner Einsicht es anwenden und sich nicht durch vereinzelte abweichende Auslegungen irre machen lassen; wenn er aber wahrnimmt, daß über das Verständniß des

Gesetzes sich wirklich Kontroversen in der Praxis gebildet und erhalten haben, so muß er, selbst gegen seine eigene Ueberzeugung, derjenigen Meinung folgen,

die dem A.L.R. am nächsten steht. Seit der Aenderung der preußischen Staatsverfaffung ist in den Motiven

der Regierungsvorlagen sowie in den Landtags- und Reichstagsverhandlungen der Gesetzauslegung ein neues Material zugesührt").

werden, daß diese Verhandlungen von Bedeutung sind.

Es soll nicht geleugnet

Aber man darf diese

«) Vergl. Dernburg I. §. 10 bei Sinnt. 4. ’) Ueber das Register: Rechtsfälle B. 3 S. 6. Ergänz, zn §. 229. 230. I. 11. A.L.R. Ueber die Marginalien: Entsch. B. 47 S. 195. 8) K.O. vom 20. Juni 1816 (Ges.-S. S. 204). 9) Ebenso in den Patenten von 15. November 1816 §. 5., vom 21. Juni 1825 §. 15. *) Entscheid. B. 2 S. 60. Dazu Gruchot, Beiträge B. 1 S. 1. n) Rönne, preuß. Staatsr. (3. A.) B. 1 S. 78. Wächter, Abhandl. aus dem deutschen Strafrecht 1. S. 242. Derselbe im Archiv f. Criminalrecht 1839 S.315. Besonders ausführlich und erschöpfend Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht rc. 1 S. 96 und Meyer a. a. O.

72

Erstes Buch.

Bedeutung nicht überschätzen.

Die Grundbegriffe.

Der Landtag als Einheit äußert sich nur durch

seine Beschlüsse. Welche Motive die einzelnen Mitglieder bei ihren Abstimmungen

geleitet haben,

bleibt meist

unbekannt,

ob

die Ansichten

der aufgetretenen

Redner auch diejenigen der Mehrheit gewesen, ist nicht festzustellen, und nur

den Regierungsmotiven und den Kommissionsberichten kann größeres Gewicht

beigelegt werden,

wenn die

Vorlagen der Regierung oder die Anträge der

Kommission angenommen worden finb12).13 Auch bei den so vielfach jetzt zur

Auslegung

des

und

Handelsgesetzbuchs

Berathungsprotokollen

der

Reichsjustizgesetze

muß daran festgehalten werden,

daß

sie

gebrauchten

nur einen

doktrinellen Werth in Anspruch nehmen können, mithin freier Kritik unter­

worfen

die

sindn).

Vor

allem

Entstehungsgeschichte

ist

zu

beachten,

des Gesetzes

daß

klarstellend,

die

Materialien,

als

lediglich zur Feststellung

des wahren Sinns der Worte des Gesetzes und der aus dem Zusammenhang der Bestimmungen herzuleitenden Rechtsgrundsätze benutzt werden können; aber

Etwas was nicht im Gesetze gefunden

der innere Zusammenhang geht vor.

werden kann oder wovon das Gegentheil aus den Bestimmungen des Gesetzes

zu

entnehmen ist,

wird dadurch,

daß es die bei der Redaktion des Gesetzes

betheiligten Personen zum Gesetz machen wollten oder als Gesetz voraussetzten,

nicht zum Gesetze, und wenn inan daran festhält, daß das Gesetz den Beruf in sich trägt, auch für die nicht in dem Bewußtsein seiner Redaktoren lebendigen

Beziehungen Recht zu schaffen, und daß es nicht losgelöst von allen anderen Rechtsvorschriften, sondern nur im Zusammenhang mit denselben als ein Theil der Gesetzgebung Recht geworden ist,

klüger sein muß

als

seine Redaktoren,

können

entgangen

sein

verstanden

werden

ergiebt sich,

so

muß,

und

daß

es

daß das Gesetz häufig

denen diese oder jene Beziehungen

danach

nothwendig

zuweilen

anders

als alle bei der Wortfassung betheiligten Personen

angenommen haben.

Die durch ein Gesetz selbst gegebene Interpretation eines früheren Gesetzes,

Legalinterpretation, geht der wissenschaftlichen vor.

Bei derselben giebt der

Gesetzgeber dem Willen Ausdruck, daß nicht nur in Zukunft etwas als Gesetz gelten, sondern daß dies neue Recht als in der früheren ^Bestimmung enthalten

angesehen

werden

soll.

Insofern

Recht jederzeit rückwirkende Kraft.

hat

das durch Interpretation geschaffene

Selbstverständlich ist es, daß ein Landes­

gesetz nicht im Stande ist ein Reichsgesetz zu interpretiren.

Das Reichsgesetz

mit seinem wahren Inhalt geht vielmehr der landesgesetzlichen Norm, welche

unter der Gestalt einer Interpretation des Reichsgesetzes auftritt, nothwendig vor. 12) Was die anderen Gesetzgebungen betrifft, so enthalt der Code civ. keine Regeln über Auslegung der Gesetze, nur art. 1156 über die Auslegung von Verträgen; österr. Ges. B. §. 6 stimmt mit A.L.R. §. 46. Sachs. Ges. B. §. 22 f. „Die Gesetze sind nach ihrem Wortsinn, oder wenn die Worte Zweifel lassen, nach der auf andere Weise sich kundgebenden Absicht des Gesetzgebers — im Zweifel so, wie es allgemeinen Rechtssätzeu am meisten entspricht, auszulegen. 13) Vcrgl. Scuffert B. 25 Nr. 184.

73

§. 13. Analogie

§. 13.

Analogie.

A.L.R. Einl. §. 49. Koch I. S. 114, und Kommentar zu §. 49. — Kierulff, Theorie I. S. 25. Savigny I. S. 46. Wächter II. S. 54. Unger I. S. 59. Windscheid, Pand. I. S. 55. 62.

Wenn auch das preußische Recht nicht' eine ähnliche Bestimmung wie

der Code civil hat, daß der Richter, welcher unter dem Vorwande das Ge­

setz lasse den vorgetragenen Fall unberührt, Urtheil zu sprechen sich weigert,

sei dunkel und unzulänglich, ein

gerichtlich belangt

so gilt

werden kann'),

doch auch bei uns, wie in jeder geordneten Rechtsverfassung, daß der Richter für jeden Streitfall die Entscheidung finden muß, und es hat daher auch das A.L.R. Fürsorge getroffen, ihn, wenn er kein Gesetz findet, welches zur Ent­

auf die Herleitung einer solchen aus den allgemeinen

scheidung dienen kann,

die im Gesetzbuch angenommen, und aus

Grundsätzen, Fälle

ergangenen Verordnungen zu verweisen31).2 Hiernach ist die Analogie

in ihren beiden Arteir,

das

den wegen ähnlicher

Recht

zu

als

Ergänzung

sie

doch

aus

wird, letzteres,

als Gesetzes- und Rechtsanalogie,

ergänzen,

anerkannt.

Rechts

des

positiven

dem

gesetzlichen

indem

Analogie

kann

aufgefaßt werden:

Material,

und

nur

sie dem gefundenen Rechtssatz

Fälle giebt, für die er nicht bestimmt roar3).

aus

Mittel,

das

als

als

Auslegung und

ersteres,

ihm

indem

geschöpft

eine Anwendung

auf

Die Voraussetzung für die

Analogie besteht darin, daß in der gesetzlichen Bestimmung ein Rechtsgrundsatz enthalten ist, der vermöge seiner allgemeinen Natur nicht bloß

auf dieses,

sondern auch auf andere Nechtsinstitute Anwendung erleidet; sie ist eine orga­ nische Ergänzung des Rechts.

Es muß der Grund des Gesetzes, über sein

Wort hinaus, gesucht werden, und dieser muß zu der Folgerung berechtigen, daß der Gesetzgeber —

wußtsein gekommen wäre

wenn ihm die jetzt vorliegende Rechtsfrage zum Be­ —

sie derselben Entscheidung unterworfen

würde (ubi eadem ratio, ibi eadem legis dispositio)4).

haben

Dieser Grund kann

sich aus verschiedenen Momenten ergeben, aus der historischen oder national­

ökonomischen Veranlassung des Gesetzes, wenn gleiche oder ähnliche Begebenheiten

oder Bedürfnisse zu der Bestimmung geführt haben.

Er kann auch, abgesehen

1) C. c. Art. 4. 2) Oesterr. G. B. §. 7 verweist auf „ähnliche Fälle", auf die „Gründe verwandter Ge­ setze", und schließlich auf die „natürlichen Rechtsgrundsätze"; das sächs. G. B. §. 25 auf „ähnliche Fälle." 3) Das A.L.R. behandelt die Analogie als Auslegung des Gesetzes. Ebenso das österr. u. sächs. Ges. B. Dagegen Wächter S. 54 Note 2, ihm folgt Unger S. 60. Savigny sieht sie als Ausdehnung des Rechts an S. 292 und Windscheid, Pand. S. 61. 4) 1. 11. 12. 27. 32. pr. D. I 3. Das analog anzuwendende Gesetz muß erkennbar der Ausdruck eines Rechtsgrundsatzes von allgemeiner Bedeutung sein. Obertribunal bei Gruchot B. 16 S. 137. Stegemann II. 88.

Erstes Buch.

74

äußeren Momenten,

von diesen

Die Grundbegriffe.

ein allgemeiner Rechtsgedanke, ein Prinzip

sein, welches eine zu enge, seine Wirksamkeit nicht erschöpfende Anwendung im

Gesetz gefunden hat. Der Analogie entziehen sich solche Gesetze, welche Ausnahmen von der

oder besondere, unmlsdehnbare Fälle betreffen.

Regel aufstellen,

Auch darf

der preußische Richter nicht, wie es das österreichische Gesetzbuch gestattet, auf

das s. g. Naturrecht

zurückgreifen,

sondern muß sich an das im A.L.R. ge­

gebene Recht ausschließlich haltens. Vielfach schreibt die moderne Gesetzgebung ausdrücklich entsprechende

Anwendung eines Rechtssatzes für ein Gebiet vor, nächst nicht bestimmt war.

für welches derselbe zu­

Zn solchen Fällen ist oom Gesetz selbst anerkannt,

daß für die Analogie Raum ist.

Immer handelt es sich aber nicht um wört­

liche, sondern um sinngemäße Anwendung des Rechtssatzes; und es muß also in allen Beziehungen besonders geprüft werden,

ob

nicht die Verschiedenheit

der Sachlage zu einer modifizirten Anwendung Anlaß giebt.

§. 14. Das Sonderrecht und Privilegium. A.L.R. Einl. §§. 54-58, 62-72. Bornemann B. 1 S. 70. Koch I. S. 106. Dernburg I. §§. 23—25. v. Rönne, preuß. Staatsrecht I. §. 50. Wächter II. S. 14. Unger I. S. 49, 587 und II. S. 312. Kierulff S. 53. Savigny I. S. 61. Schlayer, in der Zeitschr. f. Civilr. u. Proz. N. F. XII. 2. (1855.) Windschetd 1. S.72. 411. v. Gerber, Abhandlungen (2. Ausg. 1878) S. 470ff. Roth, D. Pr.R. I. §. 46.

Insofern unter dem allgemeinen Landesrecht Rechtsnormen verstanden

werden,

alle Mitglieder des Staats

welche

vom Sonderrecht

(jus singulare),

verbinden,

unterscheidet es sich

dem besondern Recht einzelner Klassen,

und dem für den Einzelnen bestehenden Rechtssatz, dem Privilegium.

faffung

der

römischen

Rechtsquellen

weicht

in

des Sonderrechts von derjenigen der Neueren

ein

der

aus

anderen,

der

Gesellschaft

Nützlichkeit

wegen,

sittlichen,

nicht

aus

Bezug

ab.

Recht,

juristischen

welches

als

Die Auf-

den

Begriff

Den Römern war

staatswirthschaftlichen Rücksichten

zugebilligtes

auf

Gründen, einzelnen

solches

immer

Kreisen außer­

halb der juristischen Konsequenz lag und daher als Ausnahme

erschien,

Privilegium im

Recht

weiteren

Sinnes.

Zm

heutigen

gemeinen

es

sondern

als wird

5) Beispiele von analoger Anwendung des Gesetzes: Entsch. B. 13 S. 297. Vgl. unten §. 209, Rote 32. Ferner B. 45 S. 123. Strieth. B. 28, S. 213. Gruchot II. 81. Dagegen eine ganz verfehlte Anwendung der Analogie in Entsch. B. 52 S. 320 (Stellvertretungskosten eines zum Abgeordneten gewählten Beamten, bes. S. 355 a. E.) Die §§. 369f. 1. 5, welche von kasueller und kulposer Nichterfüllung handeln, werden hier auf einen Fall angewendet, wo die Nichterfüllung nicht kasuell, sondern freiwillig, und nicht kulpos, sondern gesetzlich erlaubt ist. Vgl. ferner R.G. Entsch. B. 6 S. 228, B. 8 S. 231. B. 10. S. 224.

1) I. 16. D. I. 3: Jus singulare est, quod centra teuerem rationis propter aliquam utilitatem auctoritate constituentium introductum est

§. 14. Das Sonderrecht und Privilegium.

75

das Sonderrecht vom Privileginm getrennt, und das A.L.R. schließt sich dieser

Austastung an.

Sonderrecht ist uns jedes einem einzelnen Kreise der bürger­

lichen Gesellschaft zustehende Recht.

eines Sonderrechts werden z. B.

Kraft

Rechtsangelegenheiten, welche die Personen- und Familienrechte des Landes­ herrn und seiner Familie betreffen, nach den Hausverfassungen und den Ver­

trägen bestimmt, und kraft eines Sonderrechts ist dieser Satz in einzelnen Be­ ziehungen auf die fürstliche Familie Hohenzollern, beziehungsweise in der Reichs­

gesetzgebung auf die Mitglieder landesherrlicher

Familien überhaupt ausge­

dehnt^), ebenso ist die besondere Rechtsstellung, welche den vormaligen unmittel­

baren Reichsfürsten und

faffungsurkunde

Gemäßheit der Deklaration der Ver-

Grafen in

10. Zuni

vom

eingeräumt

1854

ist,

ein

Sonderrecht.

Privilegium dagegen nennen wir ausschließlich die s. g. constitutiones per­

sonales des römischen Rechts, d. h. die an einzelne Individuen (auch juristische

Personen) oder für Rechtsverhältnisse an Sachen, z. B. Grundstücke einer be­ vom Gesetzgeber verliehenen Befreiungen vom gemeinen

sonderen Kategorie,

Privilegien begründen hiernach regelmäßig eine subjektive Berechtigung,

Recht.

Sonderrecht

das

während

Sinne ist.

ist

Die Entwickelung des

verwiesen'')

Verleihung

mancher

Privilegien

von

Verleihung

die

Ausgabe von Papieren

tigkeiten

auf

Grund

bahnunternehmens,

die

der Krone zugewiesen').

Rechte,

z.

Kreises

im

Recht

objektiven

und nicht unter die Erwerbsgründe der

passend das Privilegium besprochen Rechte

seines

innerhalb

Trotzdem wird auch, wo von den Quellen des Rechts die Rede ist,

B.

zur

Staaatsrechts hat freilich

Verwaltungssache

Korporationsrechten,

auf

von

den

Inhaber,

des

Andere in

Legitimation,

die

Regalien,

Verleihung

die

Genehmigung

die Verleihung

von

Genehmigung

eines

Rechts

der

Enteignung

die

So

gemacht.

der

Gerech­ Eisen­

gesetzlich

dieser Weise der Krone zugewiesene

Dispensation

von

gewissen

Ehehindernissen,

Dispensation vom Aufgebot, sind staatlichen Behörden delegirt4*).2 3 Die neuere Gesetzgebung ist der unmittelbaren Begründung von Sonder­

rechten und Privilegien nicht günstig.

Die gesetzlichen Exemtionen und Im­

munitäten des früheren Rechts, Zoll- und Steuerbefreiungen, Freiheit von den ls) Deshalb auch Revisibilität des ein Privileg begründenden Gesetzes. Strieth. Bd. 77 S. 356, B. 85 S. 118. Rehbein I S. 25. 2) Vgl. L.R. II 13. §. 17; Norm. Ordn. v. 5. Juli 1875 §. 100. Reichspersonen­ standsgesetz v. 6. Febr. 1875 §. 72. — Aehnlich die Sonderbestimmungen im Prozeßrecht. G. v. 26. April 1851 (G.S. S. 181) Art. III., Eins. G. zum Ger. Vf. Ges. §. 5, Eins. G. z. C.P.O. §. 5, Eins. G. z. St.P.O. §. 4, Einf.G. z. K.O. §. 7, Ausf.G. z. G.V.G. §. 18. 3) Bez. der Korporationen s. A.L.R. II. 6. §§. 25. 26, vgl. aber auch Art. 31 und 12 der Vers. Urs.; bez. der Juhaberpapiere s. §. 1 G. v. 7. Juni 1833 (G.S. S. 75); bez. der Eisenbahnunternehmungen §. I G. v. 3. Nov. 1838 (G.S. S. 505); bez. der Enteignung §. 2 G. v. 11. Juni 1874 (E.S. S. 221). 4) Vgl. A.L.R. II 2. dazu A. E. v. 25. April 1870 (I. M. Bl. S. 126) §§. 28. 33. 35. 40. 50 des R. Personenstandges. v. 6. Febr. 1875 (R.G.Bl. S. 23) und V. v. 24. Febr. 1875 (G.S. S. 97), V. v. 8. Jan. 1876 (G.S. S. 3).

76

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

Leistungen für die bewaffnete Macht im Frieden und im Kriege, die Ausnahmen vom Gemeinde- und Kreisverbande und von der Gerichtsgewalt der ordent­

lichen Gerichte sind theils beseitigt theils beschränkt.

Die Mehrheit der alten

Gewerbeprivilegien und die Zwangs- uitb Bannrechte sind verschwunden.

der Beschränkung des Kreises

der Regalien ist

die Verleihung

Mit

darauf be­

ruhender Gerechtigkeiten weggefallen.

An die Stelle des Privilegs ist vielfach

die widerrufliche Konzession getreten.

Die Privllegien haben hiernach viel von

ihrer frühern Bedeutung eingebüßt.

Das A.L.R.

hat sich darauf beschränkt,

Vorschriften über

die Aus­

Es soll ihre Er­

legung und über Aufhebung der Privilegien zu ertheilen.

klärung nicht zum Nachtheil eines Drittens, doch auch nicht so erfolgen, daß

die wohlthätige Absicht des Verleihers vereitelt wird;

muß sie auf die

auch

Uebereinstimmung mit dem gemeinen Recht möglichst gerichtet werden °), und

nicht einen Widerspruch mit dem im Gesetz nicht näher bezeichneten „Haupt­ endzweck des Staats" zulaffen.

Sind Privilegien

durch

einen lästigen Ver­

trag, d. h. unter einer Gegenleistung erworben, so sind sie nach den Regeln der Verträge zu deuten.

Persönliche Realprivilegien sönlich

der

Privilegien

gehen

Ausübung

erlöschen

auf jeden fähig ist.

Tode

dem

Privilegien, die

sitzer einer bestimmten Sache zustehen, dieser Sache.

mit

Besitzer der Sache

des Begünstigten:

über,

sofern

einer Person

er per­

als Be­

endigen mit dem Verlust des Besitzes

Sind Privilegien auf Zeit verliehen, so erlöschen sie nach Ab­

lauf derselben.

Endlich kann der Staat aus überwiegenden Gründen des ge­

meinen Wohls,

jedoch nur gegen hinlängliche Entschädigung, dergleichen Be­

günstigung aufheben, und zwar ohne Unterschied,

Vertrag erworben worden, oder nicht:

ob sie durch einen lästigen

ohne Entschädigung nur, wenn durch

Richterspruch festgestellt wird, daß sie gemißbraucht worden ist7*).* * * Uebrigens

liegt es in der Natur der Privilegien, da sie wohlerworbene Rechte begründen,

daß das ältere dem neueren vorgeht.

5) Ueber die Regel privilegiatus contra aeque pnvilegiatum s. Seuffert B. 26 Nr.2. 6) Das ist auch der Sinn der Regel in dubio contra fiscum I. 10 D XLIX 14: der Fiskus soll im Zweifel nicht als privilegirt, sondern als unter dem gemeinen stecht stehend erachtet werden. Seuffert B. 24 S. 9. 7) Wenn durch einen Akt der Gesetzgebung ein Privilegium beseitigt wird, so erwachsen daraus nicht Entschädigungsansprüche gegen den Fiskus. Entsprechend sagt das zu §§♦ 70, 75 Einl. eingetragene Präjudiz Nr. 863 (Präj. S. I S. 4): Diese Vor­ schriften finden in dem Falle keine Anwendung, wenn das Privat-Eigenthum ein­ zelner Mitglieder des Staats durch einen Akt der Gesetzgebung benachtheiligt wird oder verloren geht, und in dem betreffenden Gesetz eine desfallsige Entschädigung von Seiten des Staats nicht zugesagt ist. Vgl. unten §. 18, Anm. 6. Die §§. 71. 72 Einl. haben auch nach der Bestimmung der Verfassung für den Fall eines Eingriffs der Verwaltung in ein Privileg Bedeutung. Einen Fall richterlicher Aufhebung rines Privilegs enthält §. 17. I. 23. Vgl. Strieth. B. 60 S. 111. Rehbeinl. S.99, wo Näheres über die Praxis.

§. 15.

§. 15. A.L.R. Einl. §. 5.

Erlasse des Königs Und der Behörden,

77

Erlasse des Königs «nd der Behörde«.

Kab.-Ordre vom 6. September 1815. — Heydemann I. S. 81.

Bornemann I. S. 35. 36.

Daniels I. S. 146.

Koch I. S. 119. 121.

Daß die Gerichte publizirte königliche Verordnungen,

auch

wenn

sie

nach ihrem Inhalt und Zweck der Zustimmung der beiden Häuser des Land­

tags bedurft hätten, als Gesetze anzuwenden haben, ist bereits erwähnt (§. 9).

Ausführungsverordnungen zu erlassen steht dem Landesherrn zu, bei Reichsgesetzen regelmäßig dem Bundesrath *). Organe

des Reichs

Auch kann dem König, bei Reichsgesetzen einem

der Erlaß von allgemeinen Rechtsnormen in

Begrenzung gesetzlich delegirt sein.

bestimmter

Verordnungen über einzelne Fälle dürften

aber auch im absoluten Staat nicht für andere Fälle oder bei anderen Gegen­

ständen als Gesetze angesehen werden.

Sie konnten daher auch niemals die

Unterlage für eine Analogie sein, oder als authentische Interpretation gelten u). Ebenso wenig können in der Regel durch Verfügungen der Staatsbehörden

verpflichtende Rechtsvorschriften begründet werden.

Verfügungen des Zustiz-

ministers insbesondere binden die Gerichte in ihren Rechtsprüchen nichts.

Zn sehr untergeordneter Weise ist einzelnen Ministerien oder Provinzial­

verwaltungsbehörden durch besondere Gesetze

die Ermächtigung ertheilt,

An­

ordnungen von allgemeiner Giltigkeit zu treffen, theils um vorhandene Gesetze Das Privat­

auszuführen, theils um öffentliche Ordnung aufrecht zu erhallen.

recht

wird dadurch fast gar nicht

bindung mit der Regelung

des Rechtszustands

Grenzregulierungen erworbenen Gebietstheile des Innern (der Polizei)

Erheblicher war die in Ver­

berührt31).2

der bis 1837

den Ministern

in Folge von

der Justiz und

ertheilte Ermächtigung den Zeitpunkt

festzustellen,

von welchein ab bei ferneren Gebietsabtretungen die Gesetze der angrenzenden

preußischen Provinz

in dem

erworbenen Gebiet

Diese Delegation kann nicht mehr als zu Recht

Geltung

haben sollten4).

bestehend angesehen werden,

ist vielmehr durch das verfassungsmäßige Recht des Landtags zur Betheiligung an der Gesetzgebung beseitigt. 1) Vgl. Adolf Arndt. Das Verordnungsrecht des deutschen Reichs 1884. Zorn in Hirth's Annalen 1885 S. 301. **) Hier ist die Entsch. B. 12 S. 145 zu bemerken: Den fiskalischen Behörden ist nicht gestattet, einen nach älteren Gesetzen gerechtfertigten Anspruch gegen einen Unterthan durchzuführen, wenn der König in einem neueren Erlaß seinen Willen kundgegeben hat, daß fortan ein solcher Anspruch nicht erhoben werden soll — selbst wenn der Erlaß nicht gehörig publizirt ist. Durch unser jetziges Verfassungsrecht ist dieser Satz als Rechtssatz beseitigt. Der König kann nicht einseitig bestehende Gesetze außer Anwendung fetzen. 2) Ueber die Entstehung der Kab.-Ordre vom 6. September 1815 s. Koch a. a. O. S. 121 fg. 3) Vgl. besonders wegen des Rechts zu Polizeiverordnungen. A.L.R. II. 17. §§. 10,11. Ges. v. 11. März 1850 über die Polizeiverwaltung, Kreisordnung vom 13. Dez. 1872 §§. 62. 76. Ges. üb. d. allg. Landesverwaltung v. 30. Juli 1883 (G.S. S. 195) §§. 136—145, Rosin. Polizeiverordnungen. 1880. 4) Kab. Ordre v. 29. März 1837 (G.S. S. 71).

Erstes Buch.

78

§. 16.

Die Grundbegriffe.

Das Gewohnheitsrecht, Volks recht.

A.L.R. Publ. Pat. §. VII. Einl. §§. 3. 4. 60. 85. — Heydemann I. S. 71. Borne­ mann I. S. 30. Daniels I. S. 148. Koch I. S. 110. 112. — Dernburg I. §. 21. — Puchta, das Gewohnheitsrecht, 2 Bde. 1828 und 1837. Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, 1843. Savigny, System B. I. S. 34. 76. 197. Windscheid I. S. 424. Wächter, würtemb. Pr. R. II. S. 32. Adickcs, Lehre von den Rechtsquellen. Adolf Schmidt. Das Gewohnheitsrecht, 1881. Zitelmann im Arch. f. civ. Prax. B. 66 S. 323. Unger, österr. Pr. R. I. S. 33. Pfaff u. Hoffmann, Commentar zum österr. Bürg. Ges. B. I. S. 230. Zachariä (Puchelt), franz Civ. R. I. S. 56. Roth, d. Priv. R. I. §. 44, Bayr. C.R. §. 9.

Der Anhalt des Rechts ist nicht allein in der Schrift niedergelegt; auch

ungeschrieben, getragen von der gemeinsamen Rechtsüberzeugung

äußert es

sich durch die hierauf beruhende Uebung aller Betheiligten während längerer Zeit').

So entsteht das

Gewohnheitsrecht, welches man,

sofern eine

Gesammtheit des Volkes dasselbe entwickelt, auch als Volks recht bezeichnet hat. Innerhalb des Gewohnheitsrechts ist analog dem Gegensatz von Gesetz

und Statut oder von gemeinem und besonderem Recht das Gewohnheitsrecht im engeren Sinn,

welches sich in einer Uebung

aller Klassen der Bewohner

eines Bezirks manifestirt, und das Herkommen (die Observanz), welches in einem bestimmt umgrenzten Kreise durch das gleichmäßige Verhalten der

Betheiligten in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältniß entsteht, sich aber

von der Verjährung dadurch unterscheidet, daß es nicht das Rechtsverhältniß bestimmter Personen begründet, oder modifizirt, sondern eine für alle in dem Kreis wiederkehreqden gleichartigen Fälle

für den Zweck,

eine Norm begründet").

die Grundsätze des preußischen Rechts

Es kann

zu entwickeln,

dahin

gestellt bleiben, ob die Gewohnheit die Quelle dieser Art Rechtsbildung, oder nur ihre äußere Erscheinung, ihre Manifestation ist. Wie andere Kodifikationen

erkennt das Landrecht das Gewohnheitsrecht für die Zukunft als allgemeine Rechts­

quelle neben der Gesetzgebung nicht an. Observanzen sollten

Auch partikuläre Gewohnheitsrechte und

nur dann gesetzliche Kraft

vinzialrechten einverleibt würden;

haben,

wenn

sie den Pro­

nur so lange sollen sie als ungeschriebenes

Recht weiter gelten, bis diese Kodifikation zu Stande gekommen; neues Recht aber sollte demnächst durch sie weder eingeführt, noch vorhandene Gesetze durch sie

aufgehoben werden. gelassen haben,

Wenn aber die Gesetze ein Rechtsverhältniß unentschieden

soll die Observanz so lange wirksam sein,

bis eine gesetzliche

i) Koch. Schief. Archiv B. 4 S. 295. Entsch. B. 12 S. 78, B. 24 S. 211. B. 51 S. 67. B. 65 S. 196. B. 81 S. 285. Rehbein, I. S. 27. !*) Ueber den Unterschied von Observanz und Verjährung vergl. Simon und v.Strampff Rechtsspr. I. S. 375, Strieth. B. 12 S. 128, B. 59 S. 171, Seuffert B. 14 S. 325. Eine fundale Observanz, die zeitweilig in der preuß. Praxis angenommen wurde, ist ein juristisches Unding.

§♦ 16. Das Gewohnheitsrecht, Volksrecht.

Bestimmung erfolgt 2).

Hiernach

hat

sich also

79

seit Einführung des A.L.R.

ein seinen Bestimmungen entgegenstehendes Gewohnheitsrecht nicht mehr bilden

könnens. Da aber mit Ausnahme der beiden Provinzen Preußen die Provinzial­ rechte noch

nicht kodifizirt sind,

so ist den Gewohnheiten und Observanzen,

welche zur Zeit der Publikation des A.L.R. bereits bestanden — wie dies auch in

der Praxis angenommen wird4*)S. *— * * * ihre * * * rechtliche II. Wirkung bis heut erhalten.

Zn

jenen beiden Provinzen dagegen gellen sie nur, sofern die Provinzialgesetzbücher dies

ausdrücklich gestatten oder etwas unentschieden lassen und ein Gewohnheitsrecht zur Ergänzung dieser Lücke nachweisbar ift4a).

Ueber die Erfordernisse und Merkmale eines Gewohnheitsrechts

das A.L.R. keine Bestimmung, Rechts zurückgegangen werdens.

enthält

es muß daher auf die Regeln des gemeinen

Zn Angelegenheiten, welche Gegenstand der

Reichsgesetzgebung geworden sind, ist die Bildung

eines Gewohnheitsrechts

nicht nur für das preußische Gebiet sondern nach dem Wesen des Reichsrechts ausgeschlossen, soweit nicht die reichsgesetzliche Bestimmung selbst die Bildung

2) Einl. §. 4. Vgl. Oesterreich. Ges. B. §♦ 10, Sächsisches §. 28. Das Proj. des C. J. Frider. tit. 2 §. 25 ließ der wohlhergebrachten Gewohnheit neben dem ge­ schriebenen Recht noch vim legis, doch sollte sie gegen eine notorische Landesver­ fassung oder gegen das L.R. keine Kraft Rechtens erlangen. Im Entwurf zum G.B. §. 3 heißt es: Sogenannte Gewohnheitsrechte, welche in diese Bücher nicht ausgenommen sind, sollen keine gesetzliche Kraft haben. §. 41 (bergt corp. jur. Frider. VI. 6 §. 16): „Observanzen, Gewohnheiten und Herkommen sind mit den Gesetzen nicht zu verwechseln und müssen wie andere bestrittene Thatsachen durch Aufnahme des Beweises ins Licht gesetzt werden. In wiefern dergleichen zur Ent­ scheidung etwas beitragen können, wird im A.G.B. festgestellt. Svarez war ein entschiedener Gegner des Gewohnheitsrechts. Vergl. Bornemann a. a. O. 3) Präjudiz des Obertrib. Nr. 678 in der Sammt. I. S. 2. — Simon und v. Strampff, Rechtsprüche B. 1 S. 375 Entsch. des Oberverwaltungsger. I. S. 227ff. Striethorst B. 97 S. 399. Dagegen hat das O. Trib. auch ange­ nommen, daß in den Fällen, wo das A.L.R. ausdrücklich auf Gewohnheit und Ob­ servanz Bezug nimmt, und eine provinzialrechtliche Bestimmung nicht entgegensteht, auch noch neue Gewohnheiten sich haben bilden können. Präj. 1391 (Sammt 1 S. 3), vergl. Striethorst B. 10 S. 334, B. 27 S. 71, B. 41 S. 135, B. 71 S. 249, B. 81 S. 285. Entsch. B. 43 S. 9. Rehbein I. S. 41. Kuh, in der juristischen Wochenschrift 1842 S. 385. Das deutsche A.H.G.B. läßt, soweit dasselbe keine Bestimmung enthält, die Bildung handelsrechtlicher Gewohnheiten (Handels­ gebräuche) zu. Vgl. Anschütz und v. Völderndorff, Kommentar B. 1 S. 13ff. Ueber die örtliche Begrenzung eines Handelsgebrauchs s. Striethorst B. 76 S. 32. 4) Entsch. B. 2 S. 238, B. 45 S. 73. Koch, schles. Arch. B. 1 S. 542, B. 5 S. 420. Striethorst B. 71 S. 248. B) Abweichend Entsch. B. 45 S. 188. s) Vgl. Koch, schles. Archiv B. 1 S. 89, B. 2 S. 552, und Gesetzrevisor in den Er­ gänzungen zu §§. 1—4. Einl. sub e. Im Publikationsgesetz von 1794 wird wegen der Observanzen auf die allgemeinen rechtlichen Grundsätze verwiesen. An einzelnen Stellen des Landrechts, an denen von Gewohnheitsrechten die Rede ist, wird für die Zeit der Uebung der Ausdruck „rechtsverjährte Zeit" gebraucht (II. 7 §. 313, II. 8 §. 41;) an andern Stellen, die nach dieser Richtung zuweilen citirt werden (II. 8 §. 187, 11 §§. 352, 366, 17 §. 175), ist mit demselben Ausdruck die ebensowie ein Vertrag wirkende Ersitzung gemeint. An einer Stelle (II. 11 §. 242) wird ausdrücklich von 10 jähriger Nutzung als Grundlage der hier bezeichneten Observanz gesprochen. Dernburg I. §♦ 21 Anm. 4 generalistrt diese Bestimmung als den

Erstes Buch.

80

Die Grundbegriffe.

eines Gewohnheitsrechts sanktionirt oder ein solches als ergänzende Vorschrift in Bezug nimmt6*)* * Ein dem Gericht unbekanntes Gewohnheitsrecht ist Gegenstand der Be­ weisanträge der Parteien im Prozesse.

jedoch

befugt,

alle

ihm

zugänglichen

Nach §. 265 C.P.O. ist der Richter

Erkenntnißquellen

zu

benutzen und

zum Zwecke solcher Benutzung das Erforderliche von Amtswegen anzuordnen.

§. 17.

Das Juristenrecht.

A.L.R. Publ. P. a. Schl. Einl. §§. 6. 60. 1856 (Ges.S. S. 293).

Daniels I. S. 150. Beiträge

B. 1

Kab. Ord. 1. Aug. 1836.

Heydemann I. S. 74.

Koch I. S. 115. 117.

S. 15.

Unger I. S. 41.



Wächter II. S. 40.

Ges. v. 7. Mai

Bornemann I. S. 37.

Dernburg I. §. 22.

Savigny I.

Gans,

§§. 14. 19. 20.

Außerdem die §. 16 citirten Werke von Puchta und Be seler.

Roth, D. Pr. R. Z. 45.

Oscar Bülow, Gesetz und Richteramt 1885.

Während das Gesetz die allgemeinen Rechtsnormen aufstellt, nach welchen

sich Rechtsverhältnisse bilden und lösen sollen, erfolgt das konkrete Rechtsgebot des Staats für das

gerichtliche Erkenntniß.

einzelne streitig werdende Rechtsverhältniß durch das Der Richter hat die Aufgabe, für den einzelnen Fall

gemäß der geltenden Rechtsnorm das Recht zu finden.

Aber indem er hierbei

sich der bereits erörterten Hülfsmittel der Auslegung und der Analogie bedient,

nimmt unter seiner Hand die Rechtsnorm selbst eine andere Gestalt an.

Es

entwickelt sich so das den einzelnen Redaktoren des Gesetzes selbst vielleicht unbe­ wußt in der ausgesprochenen Norm liegende Recht, zunächst für den einzelnen Fall, der rechtskräftig nach solcher Storm entschieden wird *). Dann aber macht

sich der einmal gefaßte Rechtsgedanke, mag er in einem Urtheil oder in einer wissenschaftlichen Erörterung zu Tage getreten sein, in weiteren Kreisen geltend.

Zn dieser Beziehung scheint jedoch das Landrecht in §. 6 der Einleitung ein Hinderniß zu bieten: „Auf Meinungen der Rechtslehrer oder ältere Aus­

sprüche der Richter soll bei Entscheidungen keine Rücksicht genommen weiden. im Landrecht geltenden Satz betreffend die Zeit der Verjährung enthaltend. Vergl. Entsch. B. 17 S. 365, B. 63 S. 323. Rehbein I. S. 36. Entsch. des Obcrverwaltungsgerichts B. 5 S. 156, B. 7 S. 157. 6) Art. 2 der Reichsverfassung schließt ebenso partikulare Gewohnheiten wie partikulare Gesetze aus. Einem allgemeinen deutschen Gewohnheitsrecht steht die das Gewohnheits­ recht als Rechtsquelle verwerfende Gesetzgebung einzelner Staaten entgegen, der gegenüber keine Bestimmung des Reichsrechts die allgemeine Möglichkeit reichsrecht.'icher Bildungen des Gewohnheitsrechts anerkennt. Auf dem Boden des Civilrechts kann also die etwa lückenhafte Gesetzgebung ihre Ergänzung nur aus dem Juristenrecht ent­ nehmen. — Das Handelsgesetzbuch verweist in Art. 1 auf ergänzende Handelsge­ bräuche, ein derogirendes partikulares Gewohnheitsrecht wird, soweit nicht das Gesetzbuch selbst darauf hinweist, ausdrücklich ausgeschlossen. In Art. 278, 279, 317 werden Handelsüsancen als zur Erläuterung des Parteiwillens erheblich an­ erkannt. !) Vgl. Bülow a. a O. und zu demselben Wach, Handbuch. B. 1. S. 7. Selbst das auf falscher rechtlicher Grundlage gesprochene Urtheil entscheidet den einxlnen Streitfall zu „Recht".

§. 17. Das Juristenrecht.

81

durch sie können neue Gesetze nicht eingeführt, vorhandene nicht aufgehoben

werden."

Diese ausdrückliche Bestimmung des Landrechts stellt vor die Frage,

ob sich das Landrecht

dem Ausbau des

Rechts durch eine wissenschaftliche

Theorie und Praxis in ähnlicher Weise feindlich entgegengestellt hat, wie einst Justinian2).3 Indessen das, was oben über die Aufgabe des Richters als Inter­ preten des

gesetzlichen Willens und über

die Bedeutung der Analogie im

preußischen Recht gesagt ist, führt zu einer anderen Auffaffung.

Jene Worte

richten sich lediglich gegen eine mißbräuchliche Praxis der damaligen Gerichte.

Hier waren nämlich die Meinungen bewährter Schriftsteller und die Präjudizien der oberen Gerichte mit der Zeit geradezu zu einer bindenden Autorität ge­

worden,

und nur dies soll bei Entscheidungen der preußischen Gerichte nicht

mehr zulässig sein.

Es bleibt also gestattet, das, was die Jurisprudenz für

Erkenntniß des Rechts geleistet hat, mit freier Selbständigkeit zu prüfen und nach der gewonnenen Ueberzeugung der richtigen Ansicht

sich anzuschließen.

Die Einrichtung der Plenarbeschlüsse des Obertribunals zeigt,

die

daß jedenfalls

spätere preußische Rechtsentwickelung die feindselige Stellung gegen den

Einfluß des Zuristenrechts Obertribunals,

aufgegeben hat2).

Wie der einzelne Senat des

so soll jetzt der einzelne Senat des Reichsgerichts

der durch einen anderen Senat gebilligten Rechtsansicht abgehen.

nicht von Demselben

Zwecke dient das in den §§. 40, 51 ff. des Ausführungsgesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom 24. April

1878 (G.S.

S. 230) geordnete

Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gegen die Entscheidungen der Landgerichte in den durch jenes Gesetz

den Amtsgerichten zugewiesenen Angelegenheiten,

und die regelmäßige Zuweisung dieser weiteren Beschwerden an das Kammer­ gericht.

Zu wünschen bleibt freilich, daß die Präjudizien nicht eine über ihren

Zweck hinausgreifende Autorität erlangen,

daß nicht die Richter der unteren

Instanzen die Neigung zu selbständiger Prüfung der Rechtssätze einbüßen, das höchste Gericht selbst nicht in die Gefahr gerathe, seine Präjudizien mit Gesetzes­

ansehen zu belegen und wiederholter Prüfung und Abänderung derselben zu schwer zugänglich zu werden.

Auch hier ist es Aufgabe der Wissenschaft, er­

gänzend, berichtigend, fördernd mitzuwirken.

2) In L. 12 C. I. 14, L. 2 C. I. 17. 3) Die Rechtsentwickelung ergießt sich aus der K.O. v. 1. Aug, 1836 (G.S. S. 218), dem Ges. v 7. Mai 1856 (G.S. S. 293) und dem §. 9 des B.Ges. v. 12. Juni 1869 (B.G.Bl. S. 201); das geltende Recht für das Reichsgericht ist int §. 137 des G.B.Ges. enthalten. Sott den 5 Civilscnaten des Reichsgerichts bearbeiten IV. und V. die Sachen des preußischen Rechts. In der Uebergangszeit — vgl. V., betreffend die Uebertragung preußischer Sachen auf das Reichsgericht, v. 26. Sept. 1879 (R.G.Bl. S. 287) — dienten noch drei Hülfssenate dieser Judikatur. Sehr lästig und schwerfällig war die von dem früheren preußischen Recht abweichende Bestimmung des Gerichtsverfassungsgesetzes, daß das Plenum nicht blos über die zwischen dem einzelnen Senate streitige Rechtsfrage zu entscheiden, vielmehr in der Sache selbst zu urtheilen hatte. In dieser Beziehung hat das Reichsaesetz vom 17. März 1886 (R.G.Bl. S. 61), welches zugleich die Möglichkeit des Ausgleichs von Differenzen der Civil- und Strafsenate bietet, abhelfend eingegriffen. Forster (E-cruS), Preuß. Privatrecht. I

5. Stuft.

6

Zweiter Theil.

Die Berechtigung. Erstes Kapitel. Wesen der Berechtigung. §. 18.

A. Begriff und allgemeine Grundsätze.

A.L.R. Einl. §. 73—108. Heydemann I. S. 126. Bornemann I. S. 196. 200. 209. Koch I. S. 220. 224. Dernburg I. §§. 32. 35. 36. 85. — Wächter IL S. 191—201. 338. 572—601. 605—633. Unger I. S. 489. 499. 596. 607. 612. 618. 621. Windscheid, Pand. I. S. 92. 166ff. — Neuner, Wesen und Art der Privatrechtsverhältnisse 1866. Jhering, Geist des röm. R. I- S. 25 fg. III. §§. 60. 161. Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht. 1880.

Das Recht, wie es sich im Ausspruch des Gesetzes

heitsmäßigen

Uebung

Rechtssätze dar.

Betrachtung

dokumentirt,

bietet

die

einzelnen

die mannigfachen Lebensverhältnisse

welche in

Nechtsregeln

oder

der Menschen

Rechtsverhältniß regeln, lassen sich im System

welche das juristische Erkennen des

zubringen; insbesondere

einzelnen Rechtsinstituts für

zu Rechts­

ihrem Zusammenhänge das einzelne

des Rechts zu größeren Ein­

heiten gruppiren, die wir Rechtsinstitutei) nennen.

nach den Regeln

in der gewohn­

Unter Einwirkung derselben erheben sich für die juristische

verhältnissen, die Normen,

Thatsachen,

und

Das Leben bietet die

als geeignet zu betrachten hat,

rechtliche Wirkungen

hervor­

den einzelnen Menschen als Subjekt Befugnisse,

Rechte im subjektiven Sinn, Berechtigungen zu begründen,

von denen

er im eigenen Interesse nach den Normen des Rechts Gebrauch machen kann. Als Thatsachen, aus denen die Rechte der Menschen entstehen, bezeichnet das

A.L.R. Geburt, Stand, Handlungen und Begebenheiten,

die Gesetze diese Wirkungen verbinden.

mit denen

Sofern und soweit diese Thatsachen

unter die Herrschaft des Rechts fallen, erzeugen sie Rechte.

An jedem Rechts-

i) Ueber die Begriffe von Rechtsverhältniß und Rcchtsinstitut bergt Savigny, System B. 1 S. 6. 9. Unger et. a O. I. S. 210fg. (wo auch die Bedeutung dieser Begriffe für die Systematik erörtert ist.) Windscheid a. a.O. S. 94 Rote4. Die Unterscheidung des Letzteren zwischen Verhältnissen, die nur Rechtsverhältnisse, d. h. durch die Rechtsordnung geschaffen seien (Eigenthum), und solchen, die zugleich Lebensverhältnisse sind (Besitz), dürfte unfruchtbar zu nennen sein.

§. 18, Berechtigung. Begriff und allgemeine Grundsätze.

83

hältniß, an jedem einzelnen Recht ist eine thatsächliche und rechtliche Seite zu Der Eintritt solcher Thatsachen macht das in der Abstraktion

unterscheiden.

gedachte Rechtsverhältniß zu einem konkreten, praktisch wirklichen. Der schon wohlerworbenen') wirklich daseienden, zur vollen Existenz gelangten Berechtigung steht die noch schwebende Rechtserwartung gegen­

über, wenn die bisher eingetretenen Thatsachen nur in Verbindung mit künftig eintretenden, Die

also noch gehofften Thatsachen,

das Recht begründen können.

ausnahmsweise juristische Bedeutung.

bloße Rechtserwartung hat nur

Nur das wohlerworbene Recht (jus quaesitum) ist ein wirkliches Recht, mit dem

Schutze

der

allgemeinen

Kontinuität ausgerüstet,

Rechtsordnung

und

d. h. einmal entstanden

der

Eigenschaft

der

es fort bis zur

dauert

Erfüllung seines Zwecks, oder bis zum Eintritt von Thatsachen, die in ent­

Das Recht ferner kann selbständig oder

gegengesetzter Richtung wirken').

abhängig von der Existenz eines anderen Rechts sein, bezieht, durch dessen Existenz seine eigne bedingt ist.

das Haupt- und Nebenrecht.

auf welches es sich

Hiernach unterscheidet sich

Das letztere entsteht zwar aus einem eignen

selbständigen Grunde, aber es setzt zugleich das Bestehen eines andern Rechtes voraus.

Mit diesem, als seinem Hauptrecht verknüpft, kann es von demselben

nicht mehr willkürlich getrennt werden, es muß mit ihm in demselben Subject

vereinigt bleiben; es kann nicht länger bestehen, als jenes, es überträgt sich mit

ihm

jeden neuen Erwerber.

auf

Nur,

soweit

es

dem

Berechtigten

ein

besonderer Fälligkeit unterliegendes Recht auf eine besondere Leistung begründet, kann es

abgesondert von seinem Hauptrecht gerichtlich erzwingbar gemacht

werden, sonst nur mit diesem zugleich oder als Theil des gesammten Rechts*), Eine

rechtliche Befugniß

entsprechende erschöpfen

Verpflichtung.

und

kann nicht gedacht werden, kann den

Diese

liegt dann nothwendig

bestimmten Verpflichteten ob.

Das

ohne

eine ihr

Inhalt des Rechts völlig

einem durch den Rechtsinhalt selbst

Recht kann

aber

auch

zunächst

einen

anderen Inhalt haben, dem gegenüber Andere verbunden sind, nicht störend

einzugreifen und die Ausübung des Rechts sich gefallen zu lassen, und nur unter besonderen Umständen auch für die Erfüllung des Rechts etwas zu thun.

Aus­

nahmslos gilt also im Privatrecht der Satz, daß jeder Berechtigung eine Ver­ pflichtung entspricht.

„Aus dem Recht des Einen", sagt das A.L.R., „folgt die

Pflicht des Andern zur Leistung oder Duldung deffen, was die Ausübung des Rechts erfordert.

Wer den Andern in der Ausübung seines Rechts hindert, be­

leidigt ihn und wird ihm verantwortlich."

Ze nachdem diese Verpflichtung zur

2) Ueber wohlerworbene Rechte bergt Christiansen Ueber erworbene Rechte. S. auch Stobbe 1. S. 159. Seuffert, Arch. B. 8 Nr. 112. 282. B. 9 Nr. 244 S inten is 1. S. 87. 3) Die Kontinuität des entstandenen Rechts ist besonders im Prozeß bei der Frage nach der Ausdehnung der Beweislast von Wichtigkeit. Der Eintritt von Thatsachen, die sie hätten unterbrechen können, wird nicht vermuthet. Siehe unten ß. 24 Note 3. 4) Wächter a. a. O. S. 338 f. Unger S. 596,

84

Erstes Buch. Die Grundbegriffe.

Rechtsänerkennung jene allgemeine, allen Menschen obliegende und daher ihrer

Natur nach negative ist oder durch den Inhalt des Rechts als Pflicht einer bestimmten Person in besonderer Weise bestimmt wird, und daher auch in

positiven Leistungen bestehen kann, hat das Recht einen absoluten oder rela­ Das absolute Recht äußert sich mit gleicher Stärke gegen

tiven Charakter.

alle, das relative nur gegen eine bestimmte Person, jenes umfaßt die sogen.

Zustandsrechte (z. B. väterliche Gewalt) und das Vermögensrecht mit dringlichem

Charakter, dieses das reiche Gebiet des Verkehrs von Person zu Person, das Obligationenrecht.

Wer als Berechtigter oder Verpflichteter in einem Rechtsverhältniß steht, oder auch nur stehen kann, den nennt die Rechtssprache eine Person.

Der

Anhalt des einzelnen Rechtsverhältnisses bezeichnet ferner den Gegenstand,

auf welchen die Person ihre Befugniß richtet, auf den sich die Verpflichtung bezieht, das Rechtsobjekt.

Aedes Recht kann eine Mehrheit von Befugnissen

in sich schließen, steht aber eine einzelne dieser letzteren Befugnisse Jemandem ohne die anderen zu, so ist sie nicht ein Theil des erstgedachten Rechts, sondern

ein besonderes Recht. Sache,

aber

zusteht,

so

geartetes

Es liegt z. B. im Eigenthum das Recht der Nutzung der

wenn ein Nutzungsrecht

hat

Recht

derselbe nicht ein

einem Andern als dem Eigenthümer

Stück Eigenthum, sondern ein besonders

Wohl aber kann das Recht seinem

an fremder Sache.

Gesammtinhalt nach mit allen seinen Befugnissen, in seiner Einheit

erhalten,

mehreren Personen zustehen, und diese beschränken sich gegenseitig.

Hier hat

jeder Einzelne alle Befugnisse, die das Recht bietet, nur mit geringerer Machtfülle. An diesem Fall ist das Recht in der Idee getheilt').

ist

es

möglich,

dies Verhältniß dadurch

Nicht bei allen Rechten

zu lösen, daß dem einzelnen Mit­

berechtigten eine qualitativ identische Befugniß, die quantitativ geringer ist, eingeräumt wird (reelle Theilung). Die Berechtigung ist eine Macht, ein Dürfens der berechtigten Person

das sich auf die Gebote der allgemeinen Rechtsordnung gründet und gerade durch diese —- und

erlangt').

nur durch

Erzwingbar wird

Prozeßverfahren.

es

sie — die Eigenschaft der nämlich durch die

Ein Recht, das

keine Klage

Erzwingbarkeit

Hilfe des Staats,

im

oder Einrede begründet, ist

ein unvollkommenes, oder richtiger ausgedrückt überhaupt kein Recht'").

Aber

weil die Berechtigung Macht ist, d. h. die freie Selbstbestimmung des Menschen

erweitert, ist ihr Gebrauch dem freien Willen anheimgegeben; Niemand kann gezwungen

werden,

sich seines

Rechtes zu

6ebienen8*).* * * Daß * an die Nicht­

ös Wächter, S. 579. Savigny, Oblig. R. B. 1 S. 310. Unger, S. 607. 6) Windscheid S. 92 Note 1. 2. 3. 1) Vergl. L. 7 §. 7.16. D. II. 14. L. 26. 35. §. 1. D. XLV. 1. I. 112. §. 3. de leg. I. §. 36 in fine J. II. 20 I 4 C. VIII, 39. >) A.L.R. Einleitung §. 86. 8) L. 20 §. 5 D. VIII. 2. I. un C. III. 7. Ueber die vormalige Diffamationsklage und über die Fälle, in denen ein Aufgebot zur Geltendmachung eines Rechts oder Anspruchs bei Vermeidung des Ausschlusses in den Gesetzen begründet ist, vergl. unten §. 58.

§. 18.

den

85

Rechts unter Umständen nachtheilige Folgen sich anschließen,

ausübung des hebt

Berechtigung. Begriff und allgemeine Grundsätze.

Grundsatz

nicht auf,

enthält keinen Zwang zur Rechtsausübung,

kann nur dem Willen einen Beweggrund geben, sich geltend zu machen.

Soweit

nun Jemand

ein Recht

erlangt hat,

ist er dasselbe in den

gesetzmäßigen Schranken auszuüben befugt, wobei das Recht zum Größeren

oder Mehreren auch das

schließt3*).* S. An * * * *den *

geringere oder wenigere Recht gleicher Art in sich

Erwerb

des Rechts

knüpft sich die Befugniß, alle vom

Gesetz bewilligten Mittel anzuwenden, ohne welche es nicht ausgeübt werdeu Die Ausübung des Rechts ist daher nicht allein nach Außen, durch

kann").

die Rechtssphären anderer Personen begrenzt, sondern hat sich auch innerhalb dieser Grenzen an die Vorschriften der Gesetze zu binden und nur diejenigen

Mittel anzuwenden, welche die Gesetze bewilligen; durch deren gesetzmäßigen

Gebrauch ist die Person zu allen Vortheilen befugt, die das Recht zu gewähren

Wenn ein solcher Gebrauch Dritte beschädigt, so liegt in ihm

im Stande ist. doch

kein

utitur,

Unrecht und verpflichtet nicht zum Schadenersatz (qui jure suo

neminem

laedit)11).*

Der

sittliche

Gebrauch des Rechts ist zwar

nicht Rechtspflicht"), trotzdem, weil das Recht der Unsittlichkeit nicht Vorschub leisten darf, giebt es im sittlichen Interesse Beschränkungen für die Ausübung

des Rechts (z. B. die Interdiktion der Verschwender, das civilster exercger.

bei Servituten, „Wie

die

roeik diese

werden.

Sie

Einschränkungen des

Rechts

der Zwangsvollstreckung).

Beschränkungen gehen können, kann abstrakt nicht bestimmt

bilden eine Linie,

die

sich

mit der sittlichen und rechtlichen

Anschauung, mit der Bildung eines Volkes ändert"13). sittlichen Interesse,

Abgesehen von diesem

welchem der Gesetzgeber das rechtliche unterordnet, soll

das letztere als nur das einer einzelnen Person auch aus anderen höheren

Gründen dann zu weichen haben, wenn das Interesse der Gemeinschaft, welches

der Staat zu befördern berufen ist, sich entgegenstellt.

Das A.L.R. stellt hier

als Prinzip hin: jedes Mitglied des Staats ist das Wohl und die Sicherheit des gemeinen Wesens nach dem Verhältniß seines Standes und Vermögens

zu unterstützen (d. h. also positiv zu fördern) verpflichtet.

Daraus leitet es

9) Eint. §. 91 L. 21 de R. J. Beispiel bei den Wegeservituten pr. J. II. 3 A.L.R. I. 21 §. 66. 10) Einl. §. 90 L. 56. 62. D. III. 3. I. 3 §. 3 D. VIII. 3. 1.11 pr. §. 1 D. VIII. 4. Wächter S. 60. 11) Einl §§. 88—94, 1. 6. §. 36, I. 8. §. 26. Vgl. Seuffert B. 14 S. 354. L. 55. 151 de R J. 12) L. 38 D. VI. 1. I. 1 §. 21. I. 2 §. 9 D XXXIX. 3 enthalten wie Wächter S. 195 Note 10 zeigt, nur spezielle Vorschriften, die nicht verallgemeinert werden dürfen. Das A.L.R. rügt an mehreren Stellen den Mißbrauch des Rechts, der ohne eigenen Nutzen zur Kränkung, zum Schaden Anderer gereicht. §. 37 I. 6. §§ 27. 1. 8. Vergleiche hierzu den jetzt nicht mehr praktischen §. 516II. 20. Ueber Verlust der Privilegien durch Mißbrauch s. oben §. 14, insbesondere Anm. 7. — In anderer Bedeutung wirkt der Mißbrauch einer gemietheten oder gepachteten Sache, d. h. der Gebrauch derselben zu einem anderen als dem vertragsmäßig bestimmten Gebrauchs­ zwecke oder Gebrauch unter Beschädigung der Substanz (1. 21 §. 387) als Rechts­ grund für Endigung des vertragsmäßigen Gebrauchs. io) Ahrens, juristische Encyklopädie, 1885. S. 597.

86

Die Grundbegriffe.

Erstes Buch.

ab, daß die Privatrechte der Einzelnen den Rechten und Pflichten zur Beförderung

des gemeinschaftlichen Wohles, wenn zwischen beiden ein wirklicher Widerspruch nachstehen,

eintritt,

besonderen

daß und

Rechte

in

also

Vortheile

solchem

dem

Fall

gemeinen

der Wohle

Rur soll der Einzelne dafür vom Staat entschädigt werden"). setzt voraus, daß

das

Wohl und

der

die

seine

opfern

muß.

Dieser Anspruch

Staat auf Grund der ihm obliegenden Fürsorge für

Sicherheit des

Einzelnen verlangt,

Einzelne

und

gemeinen Wesens

er ist nicht vorhanden,

ein Opfer des

wenn vom Staat der

Privatperson der Schaden dadurch zugefügt worden ist, daß er sich gegen sie seines ihm an sich schon zustehenden Privatrechts, z. B. als Besitzer von

Grundstücken,

bedient

sei es

innerhalb

oder außerhalb

der

gesetzlichen

Schranken

hat — denn in jenem Fall ist überhaupt nicht zu entschädigen, in

diesem Fall haftet der Staat, wie jede Privatperson").

Wenn die Majestäts-

und Hoheitsrechte des Staats in einer den Einzelnen schädigenden Weise ausgeübt werden,

so kann dies eine Entschädigungspflicht des Staats nicht

begründen"). Für den Fall, daß die Berechtigungen verschiedener Personen nicht in

vollem Umfang neben einander bestehen können (kollidiren"), giebt das A.L.R. folgende Grundsätze: Es weicht das mindere Recht dem stärkeren, der gesuchte

Vortheil dem abzuwendenden Schaden; sind die Rechte von gleicher Beschaffenheit,

u) L.R. Einl. §§. 73—75 I. 8. §§. 29-33. 11. §. 4. Verfass. Urk. Art. 9. Ueber Zwangsenteiynung vgl. §. 131. Inwiefern abgesehen von der Zwangsenteignung gegenüber Etngriffen der Staatsverwaltung in die Privatrechtsphäre des Einzelnen ein Privatrecht auf Herstellung des früheren Zustandes anzuerkennen oder nur Ent­ schädigung in Gemäßheit des obigen Prinzips zu gewähren ist, regelt das Gesetz betreffend die Zulässigkeit des Rechtswegs in Bezug auf polizeiliche Verfügungen vom 11. Mai 1842 (G.S. S. 192) G. v. 19. März 1881 (G.S. S. 155) Art. IV. ß. 2 Zuständigkeitsgesetz v. 1. August 1883 §§. 55—57. Der Entschädigung sp flich tig e ist nicht immer der Staatsfiscus, sondern oft derjenige Verband, in dessen Interesse der Eingriff geschehen ist. Vgl. §. 7 Enteign. Ges. v. 11. Juni 1879. Entsch. B. 49 S. 80, B. 53 S. 31, B. 5b S. 29. Striethorst B. 51 S. 34. Rehbein I. S. 105. S. unten §. 90 unter I.

15) Ueber diese Abgrenzung bergt bes. Entsch. B. 20 S. 3 (Plenarbeschl.); auch Entsch. B. 72 S. 1 wo Eigenthumshandlungen des Fiskus an dem Straßenterrain int Gegensatz zu Handlungen aus Gründen des öffentlichen Wohls näher präzisirt werden. Vgl. Rehbein I. S. 102. S. auch R.G. B. 3 S. 171, B. 7 S. 213. Auch bei Beschränkungen denen sich jeder unterwerfen muß, der in einer bestimmten Lage sich findet, ist das Recht auf Entschädigung begründet. Abweichend Entsch. B. 20 S. 801, aber s. Entsch. B. 68 S. 265, Striethorst, B. 86 S. 353. Was übrigens die Rayonbeschränkungen anbelangt, so ist jetzt das Reichsgesetz betr die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen vom 21. Dezember 1871 (R. G. Bl S. 459) §§. 34 ff. maßgebend. Vergl. unten §. 171. 16) K.O. vom 4. Dezember 1831, durch V. vom 16. September 1867 auf die neuen Provinzen ausgedehnt. Präjudiz 863 (Sammt I. S. 4) und Entsch. B. >7 S. 374. Strieth., B. 60 S. 111, B 86S.97. Ausdrückliche Einschränkung der Entschädigungs­ pflicht in §. 13 des Ges. betr. Anlegung und Veränderung der Straßen v. 2. Juli 1875 (G.S. S. 561). Ueber den Fall, wenn ein Gesetz schädigend in Privatrechte eingreift, vgl. oben §. 14 Sinnt. 7. i’) Wächter II. S. 587.

Unger I. S. 621.

§. 18. Berechtigung. Begriff und allgemeine Grundsätze.

87

so muß jeder der Berechtigten von dem seinigen soviel nachgeben, als erforderlich ist, damit die Ausübung beider bestehen fann").

Der Begriff der Kollision

setzt den Widerstreit zweier Berechtigungen voraus.

Es liegt also eine Kollision

nicht vor, wenn verschiedene Personen ein und daffelbe Recht, jede für sich ausschließlich in

Anspruch nehmen,

denn hier kann

es nur einer zustehen;

welcher? wird auf dem Wege des Prozesses durch richterliches Urtheil entschieden"). Weiter ist nicht Kollision vorhanden, wenn das eine Recht die Bestimmung hat,

nur in der Ausübung zu beschränken, weil hier schon die

das andere

Natur und der

Zweck des einschränkenden Rechts den Widerstreit beseitigt.

Endlich kann nicht von Kollision gesprochen werden in allen Fällen einer Rechtsgemeinschaft, weil hier schon die Gemeinschaft die Lösung eines Wider­ streits enthält.

Vielmehr ist der Begriff der Kollision der Rechte dahin fest­

zustellen, daß verschiedene Personen

Befugnisse

auf

denselben

ausüben dürfen, die einander stören und widersprechen.

Gegenstand

Zede Person muß

ein begründetes Recht zur Ausübung haben, jedes dieser Rechte muß sich auf denselben Gegenstand beziehen, die Ausübung des einen muß gehindert werden durch die Ausübung des andern.

Dies kann eintreten entweder dadurch,

daß beide Rechte ihrem Zweck und Ziel nach gegen einander gerichtet sind, oder

daß

dadurch,

der Gegenstand

die Ausübung beider Rechte

neben

daß er dazu nicht ausreicht.

Daß die

Rechte ihrem Begriff nach gleichartige sind, ist nicht nothwendig:

wesentlich

einander nicht zu tragen

vermag,

ist nur, daß die Befugnisse, die aus den beiden Rechten fließen, geeignet sind,

einander zu stören. wenn

ein

Es entscheidet sich also nach den Grundsätzen über Kollision,

dingliches

und

ein persönliches Recht auf denselben Gegenstand

zusammentreffen, obgleich beide Rechte ungleichartig finb20 18).*

Es ist Kollision,

wenn mehrere dingliche Rechte oder mehrere persönliche Rechte auf denselben

Gegenstand gerichtet sind, ohne durch denselben sämmtlich Befriedigung erlangen

zu können. Rach den

obigen

Sätzen weicht im Fall der Kollision zunächst das

geringere Recht dem stärkern.

finden ifi21).

Es fragt sich, worin die größere Stärke zu

Hierher gehören bestimmte Vorzüge, die das Gesetz einem Recht

beigelegt hat22),23höheres Alter der Entstehung22) (prior tempore potior jure), unmittelbarere und vollere Beherrschung des Gegenstandes bei dem einen, als

18) Einl. §§. 95—97. Entsch. B. 75 S. 104, Strieth. B. 95 S. 63. 18) Bei letztwilligen Verfügungen, welche zu Gunsten mehrerer Personen in gleicher Weise gedeutet werden können, begründet die Auslegungsregel der §§. 542. 543 1.12 A.L.R einen Kollisionsfall. Vgl. §. 254. 20) Vgl. unter Anm. 24. 21) Der Entwurf z. allgem. G.B. hatte in §. 103 Einl. die Bestimmung: welches Recht das stärkere (jus potius) sei, muß der Richter nach den Gesetzen bestimmen. Das versteht sich von selbst. 22) Z. B. A.L.R. I 17 §. 26. 27 I. 20. §. 587. 588. 274 fg. I. 22. §. 128 sg. II 4. §. 4. 5. 88 II. 11. §. 344 II. 16 §. 159. 23) Z. B. A.L.R. I. 10 §§. 20. 22 I 19 §. 19 I. 20 §§. 500. 590 I. 21 §. 72.

Erstes Buch.

88

Die Grundbegriffe.

bei dem ander» (bei dem durch Besitz oder Eintragung begründeten dinglichen

Recht gegenüber dem persönlichen)^).

Sind beide Rechte gleich stark, so soll

ein gegenseitiges Nachgeben ftattfinben.

Ein solches ist regelmäßig nur denkbar,

wenn eine verhältnißmäßige Theilung inöglich ist. theilbar,

so

wird das

Zst der Gegenstand nicht

Loos entscheiden müssen, auf welches das A.L.R. in

einzelnen Fällen verweist^), ohne es indessen als allgemeines Lösungsmittel zu erwähnen.

Ebenso läßt es die Wirkung der Prävention unerwähnt, die

gemeinrechtlich anerkannt roirb26 * *).** 28 * *Gleichwohl 29 *** wird sie auch für das preußische

Recht eine Macht, sofern der Zuvorkommende sich in den Besitz des Gegenstandes setzt, da er hierdurch seinem Recht eine größere Stärke verleihet2').

Wenn das Recht nur existiren kann in Beziehung auf eine bestimmte

Person, weil es mit deren besonderen persönlichen Eigenschaften zusammen­ hängt, ist es ans andere Personen nicht übertragbar.

Weitaus die

meisten

Rechte aber, insbesondere die Vermögensrechte sind der Willkür des Subjekts

unterworfen,

und können,

unbeschadet ihres Daseins und ihrer Wirkungen,

von ihm auf andere übertragen, veräußert werden.

Es geht dann das be­

stimmte Herrschaftsverhältniß über einen Gegenstand, welches die Berechtigung

gewährt,

auf die andere Person so weit über,

als es der Veräußerer will.

Es giebt eine gänzliche und eine theilweise Veräußerung, aber regelmäßig kann der Veräußerer nicht mehr Recht übertragen, als er selbst hat22). Das Recht geht

über mit seinen Lasten und Einschränkungen: der Wechsel der Subjekte ändert nichts an dem Umfang und den Eigenschaften,

an der Individualität des

Rechts22). Durch die Veräußerung geht also das Recht nicht unter,

halten, nur der bisher Berechtigte giebt es auf.

es bleibt er­

Sein Wille ist hierbei das

ri) Z. B. A.L.R. I. 10 §§. 19. 23 1. 19 §. 4 I. 20 §§. 9. 10 I 20 § 626. Körperliche Uebergabe wirkt stärker als symbolische I. 7 §. 74. Strieth, B. 48 S. 21. Eintragung wirkt stärker als Uebergabe. Ges v. 5. Mai 1872 §§ 1. 4. Das dingliche, selbst das eingetragene Recht, das ohne guten Glauben erlangt ist, weicht unter umständen dem blos persönlichen Ges v. 5. Mai 1872 88 4, 9. ») Z. B. ALR. I. 9 8 317 I 12 § 394 I 17 §. 28. Nach I. 17 § 62 entscheidet die Wahl des aus dem Miteigenthum Ausscheidenden unter den verschiedenen zum Vorkauf berechtigten Miteigenthümern. 26) Unger S. 629. Vergl besonders die Belege in Note 30 das. S. 630. 2’) Z. B. A L.R. 1.9 § 256 II. 4 §. 237 A.G.O I. 31 § 19. Gegen die Prävention durch Eintragung sprach § 25 I. 10 ALR. Der Satz ist durch §. 4. 15 des Ges. vom 5. Mai 1872 beseitigt Förster pr. Grundbuchr. S. 48f. 28) L. 54 I. 160 §. 2 I. 175 §. 1 I. 177 pr. I. 143 de R. J. S. Gruchot, Beitr. XIV S. 603 fg. Hierher gehört auch der Fall, wo der Veräußerer das Recht nur auf Zeit hatte. Hier erlischt das Recht bei Eintritt dieses Zeitpunktes auch bei dem neuen Erwerber (resoluto jure dantis resolvitur jus accipientis). Vgl. Fitting, über den Begriff der Rückziehung, 1856 S. 66. 29) Die noch von Kuntz e (die Obligation und Singularsuccession 1855 S.53 fg.) fest­ gehaltene Unzulässigkeit der Singularsuccession aus dem Grunde, weil, wenn die Person des Berechtigten wechsele, das Recht selbst ein anderes werde, ist für das moderne gemeine Recht aufgegeben. Vgl. Kritische Ueberschau B 4 S. 55. Unger B. 2 S. 17 Note 4. Arndts, Pand. 4. A. 1861 S. 59 Note 1. Windscheid I. S. 168 Note 6,

§. 19. Das Rechtssubjekt, die Person.

89

bestimmende Moment, und weil nicht vermuthet werden kann, daß sich Jemand seines Rechts begeben wolle,

daß der Wille auf das

so muß klar feststehen,

„Die Willensäußerung

Veräußern gerichtet gewesen.

verlässig fein"30 * *).31 * 32 Das Recht, wenn es nur

soll deutlich und zu­

überhaupt die Eigenschaft

der Uebertrag-

barkeit hat, geht auch nicht unter, wenn der Berechtigte stirbt — es fällt dann an den Erben, wenn nicht anderweit auf den Todesfall darüber verfügt ist.30*) Da Niemand gezwungen werden kann, sich seines Rechts zu bedienen, so

kann

er sich desselben durch

Entsagung ist Anderen.

das Aufgeben

Entsagung oder Verzicht entäußern").

eines Rechts

ohne Uebertragung

auf einen

Die Entsagung verlangt ihrem Wesen nach nicht nothwendig etwas

mehreres als eine einseitige Handlung, jedenfalls aber bedarf es,

— wie

zur Rechtsbegründung auch bei dem Verzicht, —

wie das

einer und zwar,

Gesetz bestimmt, einer ausdrücklichen, regelmäßig nicht aus andern Umständen zu entnehmenden Aeußerung des Willens.

genügt nicht.

Aber der

Das bloße Wollen der Entäußerung

einseitig erklärte Wille zu

entsagen,

wirkt

nur,

sofern ihm das Gesetz diese Kraft besonders beigelegt hat,33) was abgesehen von prozessualischen Entsagungen insbesondere bei den an eine gewisse Form

gewiesenen Erbschaftsentsagungen der Fall ist.

Sonst erfordert eine wirksame

Entsagung, daß sie gegenüber demjenigen, dessen Rechtsstellung sie verbessern

soll, erklärt und daß sie von diesem angenommen ist,

sie wird nur als Ent­

sagungsvertrag wirksam33). Das

Rechte

A.L.R.

keinen

definirt

Gebrauch

die

machen

Entsagung:

zu

„Die

wollen"").

Erklärung, von einem Der Ausdruck

ist kein

so) Vergl. Koch, Kommentar zu §. 106. Eint. Sinnt. 108. An sich liegt in den Worten: „deutlich und zuverlässig" nicht, daß der Wille ausdrücklich erklärt werden muß. §§. 58. 59 I 4. A.L.R. 30») Vgl. unten §. 51 Sinnt. 9 und B. 4 §. 266. 31) A.L.R. I. 16. §. 378—404. Koch, R. d. Forder. 11. S. 741 fg. und Kommentar. Bornemann III S. 388 f. Dcrnburg I. 8. 85 S. 188. — Savigny IV. S. 544fg. Unger II §. 94 S. 179fg. 32) Förster wollte (und in der vorigen Ausgabe ist dies noch stehen geblieben) aus I. 35, 100 D de R. J., L. 80 D XI. VI 3 ein allgemeines Prinzip entnehmen, daß Rechte durch Entsagnng in derselben Weise untergeben, wie sie geschaffen sind. Das ist indessen keine Norm für das besondere Rechtsgeschäft der Entsagung. Bei ein­ getragenen Rechte und insbesondere wirkt Verzicht wie andere Aufhebungsgründe, es ent­ steht daraus ein Recht auf Löschung, wenn auch das eingetragene Recht selbst erst mit der Löschung als aufgehoben gilt. 33) Ueber die Art und Weise, in welcher eine Entsagung wirksam angenommen wird, s. unten §. 87 bei Sinnt. 34. Der §. 392 I. 16 stellt den Satz auf: „Gerichtliche Ent­ sagungen bedürfen keiner Annahme". Diese Bestimmung kann nur auf die gericht­ liche Entsagung der Erbschaft oder auf die im Prozeß erklärte Entsagung bezogen werden (A.G.O. I 20 8§. 19—21, C.P.O. §§. 277, 475). Keineswegs läßt sie sich dahin deuten, daß die als Vertragserklärung beabsichtigte Entsagung ohne An­ nahme dessen, zu dessen Gunsten sie gereichen soll, verbindlich werde, wenn sie in ge­ richtlicher Form abgegeben ist. Darüber, daß auch der Verzicht der Civilprozeßorbnung der Annahme nicht bedarf, vgl. Wach im Arch. f. civ. Prax. B. 64 S. 242. w) §. 378 d. T. Der Wille ein Recht aufzugeben, kann auch dadurch Wirksamkeit er­ langen, daß er sich unter Umständen äußert, unter denen die Gesetze ein Rechts­ geschäft mit besonderem Inhalt annehmen, Dereliktion, Preisgeben einer Sache.

90

Erstes Buch.

glücklicher,

da nicht

blos

dem

Die Grundbegriffe.

Gebrauch

eines Rechts,

sondern

offenbar

auch dem Recht selbst, seiner Existenz nach, entsagt wirb35). An seine Definition

knüpft das Landrecht

eine dem sonstigen Sprachgebrauch nicht entsprechende

übrigens in Ermangelung daran geknüpfter Folgen unpraktische Unterscheidung

der Entsagung eines bereits erworbenen und eines erst zu erwerbenden Rechts; im ersteren Fall ist die Entsagung Erlaß, im letzteren Verzicht33). Bevor auf diejenigen Momente, durch welche ein Recht zur Entstehung gebracht wird, näher einzugehen ist, sind zunächst die Subjekte des Rechts (die Personen), seine denkbaren Objekte, die Sachen, und die Art der Beziehung, in welcher das Subjekt zu dem Objekt steht,

einer

allgemeinen Betrachtung zu

unterwerfen.

§. 19. B. Das Rechtssubjekt, die Person. A.L.R. I. 1. — Heydemann 1. S. 130. Bornemann I. S. 72. Daniels I. S. 165. Koch I. S. 141. Dernburg I. §§. 40—48. Gruchot Glossen in s. Beiträgen I. S. 1'22. — Sturm bei Gruchot. B. 29 S. 278. Wächter II. S. 201. Unger I. S. 230. Roth 1. §§. 19—28. Savigny B. 2. Sintenis B. 1 S. 90 §. 13. Windscheid I. S. 123, 131. Zachariä (Puchelt) I S. 163. Roth, D. Pr. R. I. §§. 60ff.

Der Mensch ist Herr und Träger der Rechtsverhältnisse, Rechtssubjekt,

rechtsfähig, Person.

Die Eigenschaft der Persönlichkeit kommt ausnahms­

los jedem Menschen zu.')

Rechtsfähigkeit mit der

Auf die Willensfähigkeit des Menschen ist seine früheren Auflage nicht zu gründen, weil Niemand,

wenn sein Selbstbewußtsein und sein Wille noch ganz unentwickelt oder auf­

gehoben ist'), aus diesem Grunde der Rechtsfähigkeit entbehrt. fähigkeit des

Menschen ist

aber die Voraussetzung

dafür,

eigenen rechtlichen Beziehungen gestaltend eingreifen kann. sich seine unten (§. 26)

Die Willens­

daß

er in die

Hiernach bemißt

näher zu erörternde Handlungsfähigkeit.

Be­

züglich des Menschen als der natürlichen Person kommen die folgenden Punkte in Betracht: 35) Dernburg, §. 85 Anm. 1. 3«) §. 379 d. T. Der näheren Erörterung bedarf cs hiernach nicht. Die einzige Be­ stimmung, in welcher auf die Unterscheidung Gewicht gelegt wird, ist §. 103 I. 11, nach welcher Verzichtleistungen auf ein zwar angefallenes aber noch nicht über­ nommenes Recht (d. h. auf eine ganz bestimmte Aussicht, vgl. Entsch. B. 75 S. 180, Strieth. B. 95 S. 13) nicht die Natur eines Schenkungsvertrags haben, während §. 393 1. 16 alle Entsagungen auf Rechte, die bereits erworben sind, auch wenn sie bezüglich der Ausübung als künftige bezeichnet werden müssen, den Schenkungen gleich achtet. Auf den Erlaßvertrag ist unten §. 87 unter 6 zurückzukommen. *) 6tnl. §. 83. Unfreiheit als Grund der Rechtsunfähigkeit ist dem preußischen Recht unbekannt. Die alte Erb- oder Gutsunterthänigkeit ist seit 1807 aufgehoben. Sklaven werden von dem Augenblick an frei, wo sie preußisches Gebiet betreten, das Eigen­ thumsrecht ihrer Herren hört auf. Ges. v. 9. März 1857 (Ges.-S. S. 160), durch welches §§. 198—208 II. 5. A.L.R. aufgehoben worden. Ueber den bürgerlichen Tod und die Rechtsfähigkeit der Mönche und Nonnen S. Anm. 10. — Der Rechtsfähigkeit entspricht im Civilprozeßrecht die Parteifähigkcit, der Handlungsfähigkeit die Prozeß­ fähigkeit. Ueber letzteres vgl. aber §. 73 Anm. 20.

§♦ 19.

1. Der

Anfang der Persönlichkeit.

Menschheit", sagt das Gesetzbuch, seiner Empfängniß.

91

Das Rechtssubjekt, die Person.

gebühren

Letztere läßt sich

Die

„allgemeinen

Rechte

der

auch dem noch Ungeborenen seit

nach

der Erfahrung

nicht

auf einen

bestimmten Tag festsetzen, es ist daher ein der Wahrscheinlichkeit entsprechender Zeitraum von der Geburt zurückgerechnet für sie angenommen^).

Unter den

allgemeinen Menschheitsrechten kann hier nichts Anderes gemeint sein,

als der

Anspruch auf physische Pflege, und darauf daß Alles vermieden werde, was der lebendigen

Geburt hinderlich

werden könnte.

Die Pflicht

hierzu

liegt den

Eltern ob2 3),4 und der Staat schützt mit seiner Strafgewalt die Leibesfrucht^). Bürgerliche Rechte, welche dein Ungeborenen zukommen würden, wenn er zur

Zeit der Empfängniß schon wirklich

geboren gewesen wäre,

den Fall der lebendigen Geburt Vorbehalten5).

bleiben ihm für

Rechtssubjekt wird der Mensch

im Moment der lebendigen Geburt, d. h. der vollständigen Trennung als ein lebendiges Kind von der Mutter, ohne Unterschied, ob die Trennung natürlich ein­

tritt oder künstlich bewirkt wird6). Die lebendige Geburt sollte nach Landrecht schon

als bewiesen angenommen werden, wenn bei der Geburt gegenwärtig gewesene 2) Innerhalb des 302 —210. Tages vor der Geburt zur Bestimmung der Ehelichkeit (II. 2. §. 2), bis zum 302. Tage nach dem Tode des Vaters (II. 2. §. 19.), ebenso bei geschiedener Ehe (II. 2. § 40) Der 270. Tag vor der Geburt wird in II. 2. §. 22 als der gewöhnliche Zeitpunkt betrachtet, wenn festgestellt werden soll, ob ein Kind der späteren oder vorigen Ehe bei zu zeitiger Wiedetverheirathung der Mutter an­ gehört. Bei unehelichen Kindern der 285—210. Tag (Ges. v. 24. April 1854 § 15.) 3) Der §. 11 h t sagt: „Wer für schon geborene Kinder zu sorgen hat, der hat gleiche Pflichten in Ansehung der noch im Mutterleibe befindlichen." Daß hierunter nicht subsidiär Verpflichtete zu verstehen sind, wie z B nach älterem, jetzt durch das Gesetz vom 24. April 1854 §. 20 beseitigtem Recht die Großeltern für Alimentation unehelicher Enkel, und das Gesetz nicht auf Pflichten zu beziehen ist, die erst nach der Geburt entstehen, darüber bergt Striethorst B 6 S. 182 4) Deutsches Strafges. B. §§. 217—220. 5) A.A R. I. 1. §. 12. Die Privatrechte bleiben nur Vorbehalten, d h. nicht, der Ungeborene hat sie schon seit der Empfängniß Ein Rechtssubjekt ist der Un­ geborene nicht; durch den Pfleger, welchen er nach §♦ 88 der Vorm Ordn, erhalten kann, wird seine Rechtsfähigkeit nicht erweitert Dies übersieht Dernburg I. §. 41 Anm. 8. Daß die Vertretungsfähiakeit des Pflegers in der Vorm. Ordnung nicht besonders beschränkt sei, ist kein Gegengrund Eine negotiorum gestio, — wenn solche für einen künftigen Menschen überhaupt möglich ist, — würde den Charakter der berechtigten Vertretung erst durch Genehmigung, also nachdem der Mensch zur Existenz gekommen ist, erhalten; beim Pfleger aber würde es sich um eine von vorn­ herein wirksame Vertretung handeln, die vor dem Beginn der Rechtsfähigkeit des Em­ bryo undenkbar ist. Der Pfleger kann daher nicht für den Ungeborenen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten übernehmen: er hat nur dahin zu wirken, daß die vorbehaltenen Rechte unversehrt bis zur Geburt bleiben. Man kann auch nicht mit Entsch. B. 47 S. 113 (Rehbein I. 118) von Rechten reden, die durch demnächstige Geburt suspensiv be­ dingt sind. Denn Jemand der noch nicht existirt, ist auch nicht bedingt berechtigt; erst der Geborene kann Rechte erwerben. Vgl. auch unten B. IV. §. 236 unter 2. S. auch Jakobi, in der jurist. Wochenschrift 1842 S. 591 gegen das Kammergericht (Pupillen-Kollegium) und Koch, Kommentar zu §. 12 h. t. Z. B. §♦ 371 I. 9, 527 1. 12, §. 44 II. 4. Das Reserviren bezieht sich im Wesentlichen auf die Landes- und Erbrechte. I 3. D V. 4. „Integra reservarent “ Aber auch andere Rechte, die dem bereits Geborenen ohne eine eigene Erwerbshandlung zustehen würden, verbleiben ihm, z. B. das Recht auf Grund des Reichshaftpflichtgesetzes Alimentation zu fordern. R.O.H.G. B. 23 S. 198. 6) Lebenszeichen vor beendigter Geburt genügen nicht. Vgl. aber Str. G.B. §♦ 217

i

Erstes Buch.

92

Die Grundsätze.

Zeugen die Stimme des Kindes deutlich vernommen habens.

fähigkeit fordert das Gesetz nicht für

Eine Lebens­

die Persönlichkeit 8* ).6 9 710Sind Zwillinge

geboren und handelt es sich inn Rechte der Erstgeburt, so muß der Zeitpunkt der Geburt jedes einzelnen genau ausgemittelt werden;

liche Gesetzgebung

wirkt auf die möglichst sichere Feststellung

jedes der Zwillinge hin. das Loos.

auch die standesamt­

der Geburtszeit

Kann der Beweis nicht geführt werden, so entscheidet

Mißgeburten,

denen die menschliche Form und Bildung

abgeht,

werden nicht rechtsfähig^).

2. Die Persönlichkeit

endigt nach

dem natürlichen Tode.

bürgerlichen Tod kennt das preußische Recht nichts. dessen Tod

muß bewiesen werden,

und Rechte desselben handelt.

Den st g.

Wer einmal gelebt hat,

wenn es sich um schon

erworbene Sachen

dieser Beweis nicht

vollständig geführt

Kann

werden, so stellt das Gesetz Vermuthungen auf. und dazu R.G. Entsch. in Strafsachen B. 1 S. 446. I. 12, pr. D. XXVIII. 2, I. 6 pr. D. V. 2, I. 1 tz. 5 D. XXXVIII. 17. I. 3 C. VI. 29 I. 129 de V. 8. — Oesterr. G.B. §. 22. 7) Bekannt ist, daß diese dem römischen Recht fremde Bestimmung aus dem Sachsen­ spiegel I. Art. 33 stammt, ebenso ist in der Praxis jetzt unbestritten, daß das Schreien nur ein Beweismittel ist, das Leben des Kindes bei der Geburt auch auf andere Weise dargethan werden konnte. Auch heute wird die freie Beweis­ würdigung natürlich auf jenen Umstand Gewicht legen. Eine Rechtsvermuthung enthält die Bestimmung aber nicht Rach österr. R. (§. 23 a. b. G.B.) wird ver­ muthet, daß das Kind lebend zur Welt gekommen; es fällt also demjenigen, der das Gegentheil behauptet, der Beweis zu. Das preuß. Recht verlangt den Beweis der lebendigen Geburt. Das Projekt des corp. jur. Fnder. hatte noch eine entgegen­ stehende Bestimmung (1. Tit. 4 §. 4). Gruchot a. a. O. S. 122. Ueber die Be­ weiskraft der Eintragungen und des Standesamtsreqisters bezüglich lebendiger Geburt, bergt Hinschius und gegen ihn Sicherer zu §. 23 des Personenstandsgesetzes.

8) Ueber die gemeinrechtliche Streitfrage über das Erforderniß der Vitalität bergt Savigny II. S. 385. Windscheid I. tz. 52 N. 8. Lebensfähigkeit verlangt der Cod. civ., aber er vermuthet sie, wenn das Kind nach dem 180. Tage nach der Empfängniß lebend geboren ist. Zachariä I. S. 212, Cod. art 725. 906. 9) Nach L. 44 pr D XI 7 nimmt man an, daß wesentlich die Bildung des Kopfes entscheide, das Landrecht äußert sich nicht; die heutige medizinische Erfahrung leugnet die Möglichkeit eines lebendig von Menschen geboreneu Kindes ohne menschliche Bildung. Vgl. Skrzeezka in Goltdammers Archiv B. 14 S. 516. 10) Verf. Urk. Art. 10. Auch dem älteren Recht war er unbekannt. — Dagegen gelten Mönche und Nonnen nach abgelegtem Klostergelübde als verstorben. §. 1199 II. 11 A.L.R. aber nicht so, daß ihr Vermögen, wie nach dem kanonischen Recht an das Kloster fällt. Vielmehr fällt dasselbe, soweit sie nicht zuvor darüber verfügt haben, an ihre Erben (Wittken bei Gruchot III. 124), die Rechte der väterlichen Gewalt hören auf. §. 270 II. 2 A.L.R. Vergl. auch Strieth. B. 40 S. 228 über die trotz Art. 9 der Verf. Urkunde fortdauernde Geltung dieser Bestimmungen. Das Gesetz, betreffend die geistlichen Orden und ordensähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche, v. 31. Mai 1875 (G.S. S. 217) hat die Auflösung der Orden und Kongregationen mit bestimmten Ausnahmen angeordnet. S. auch Gesetz vom 14. Juli 1880. Ehemalige Mönche und Nonnen, die auf Grund der Gesetze oder nach ihrem Willen aufgehört haben, Mönche oder Nonnen zu sein, sind vollkommen rechtsfähig, ohne indessen auf die Rechte, welche sie mit Ablegung des Ordensge­ lübdes verloren haben, Anspruch machen zu können. — Ueber die Frage, ob Ange­ hörige ordensähnlicher Kongregationen wie Ordensmitglieder zu behandeln seien, vergl. Striethorst B. 39 S. 231 und dagegen Hinschius. Die preußischen Kirchengesetze der I. 1874. 1875 S. 88ff, aber auch Richter-Dove. Kirchenrecht, 7. Aufl. S. 1055.

§♦ 19. Das Rechtssubjekt, die Person.

a. Wenn es sich um die Frage handelt, schollener, von

dessen Aufenthalt

und

93

ob ein Abwesender, ein Ver­

Leben man

keine

Nachricht

hat,

den Anfall eines Rechts noch erlebt hat, so gilt die Vermuthung, daß er bis zum vollendeten 70. Zahr,

gelebt hat").

aber nicht darüber hinaus

also bis zu diesem Zeitpunkt

erbfähig

Er ist

und transmittirt die ihm angefallene

Erbschaft an seine Erben. b. Soll

aber aus dem Tode

deren hergeleitet werden,

und kann

des Menschen

ein Recht für einen An­

dieser den Beweis

des Todes

gewöhnliche Weise, durch kirchliche Atteste, Zeugenaussagen,

nicht auf

führen, weil der

angeblich Verstorbene verschollen ist, so muß ein prozessualisches Verfahren auf

Todeserklärung") eingeleitet werden, an welche sich nicht eine bloße Rechts­ vermuthung des Todes knüpft, bei deren Widerlegung die scheinbaren Folgen

des Todes in sich zusammenfallen, die vielmehr sowohl für das Vermögensrecht

als für das Eherecht mit den Wirkungen des eingetretenen Todes ausgerüstet ist, aber mit der Maßgabe,

daß diese Wirkungen im Falle

die Zukunft möglichst rückgängig gemacht werden"').

der Rückkehr für

Die gerichtliche Todes­

erklärung Verschollener ist ein Gebilde deutschen Gewohnheitsrechts, durch die

Praxis

entwickelt,

und mancherlei Streitfragen sind

dabei

entstanden.

Zn

H) L.R. I. 1§§. 37. 38. II. 2 §§ 452 453. Ueber die Dogmengeschichte dieses Rechts­ satzes, der zuerst von Menochi aufgestellt und dann von Carpzow in die deutsche Praxis eingeführt worden ist, statt des Termins von 100 Jahren, und über dessen beide Wirkungen, nämlich daß der Verschollene bis zum 70. Jahr gelebt habe, und daß er nicht darüber hinaus gelebt habe. Bruns, die Verschollenheit in Bekker und Muther, Jahrbuch des gemeinen deutschen R. 1 B. 1857 S. 90, bes. S. 123 125. 147 fg. Die Beziehung auf den Psalm 90 ist erst später zur Rechtfertigung dieses Termins hervorgetreten, zuerst bestimmt bei Leyser (1723) in f. med. ad. pand. sp. 96 m. 5. Bru ns a. a. O. S. 175. Für die preuß. Praxis die ausführl. Ent­ wickelung in den Entsch. B. 17 S. 87 und das. B. 12 S. 176. B. 55. S. 196. Rehbein I. S. 114. Die erste der beiden Wirkungen hat neuerdings besonders Cropp (in s. u Heise's jur. Abh. B. 2 Nr. 4. 5.) angefochten. Dagegen Bruns a a. O. S. 193, bei dem auch weitere Nachweisungen über die sehr schwankende gemeinrechtl. Praxis. Vergl. Seuffert, Archiv B 1 Nr. 160, B. 7 Nr. 356, B. 5 Nr. 31. Heuser, Annalen IV. 661 bes. 674f. Das Obertribunal zu Stuttgart hat mit seinen Ansichten gewechselt. Vergl. Bruns S. 196 und dagegen Seuffert B. 15 S. 321. Hier verneint das Gericht die Lebenspräsumtion bis zum 70. Jahre und spricht dem Verschollenen die Erbfähigkeit ab. — Vertragsmäßige, von dem Erleben eines Zeitpunkts abhängige Berechtigungen fallen nicht erst beim Ein­ tritt dieses Zeitpunkts an. Hier kann also die Vermuthung der §§. 37. 38 nicht eingreifen. — Eine rechtliche Ungewißheit fortdauernden Lebens besteht nicht mehr, wenn Jemand für todt erklärt ist. Es greift dann also für den noch nicht siebenzig Jahr Alten die Vermuthung des Lebens nicht ein. A. M. Koch z. §. 38. Der Anh. §. 270 A.G.O. enthält eine nicht auszudehnende Spezialbestimmung. Statt der 70 Jahre verlangt das österr. Ges. B. 80 Jahre. § 24. 12) Vergl. den in Note 11 citirten Aufsatz von Bruns, der die ganze Lehre erschöpfend behandelt und Harder, zur Lehre v. d. Versch. in der Z. f. Civ. R u. Proz. N. F. B. 19 S. 293. Das Urtheil wirkt auch gegen dritte Personen. Strieth. B. 78JS 255. 12»)Vgl. unten B. IV. §. 203. Anm 41 Z. 268 Anm.23ff. Dernburg I. tz.44Anm. 11. spricht nur von einer Vermuthung. Dann wäre aber die Beschränkung des Rückforderungsrechts des Verschollenen unerklärt.

Erstes Buch.

94

Die Grundsätze.

Preußen durch das Edikt vom 23. Oktober 1763")

zu bestimmterer Gestalt

gelangt, hat dies Institut im A.L.R. seinen Abschluß erhalten.

Das Inkraft­

treten der Reichsjustizgesetze hat das Rechtsinstitut nur in einigen Punkten

berührt").

Hiernach ist folgendes praktisches Recht.

auf Todeserklärung eines Verschollenen zu stellen,

nächsten Verwandten.

Berechtigt, einen Antrag sind der Ehegatte und die

Auch der Inhaber einer Polize, auf welche das Leben

des Verschollenen versichert ist, kann die Todeserklärung deffelben nachsuchenls). Sind Verwandte

Todeserklärung

so hat der Vormund

nicht bekannt,

bei dem Prozeßrichter zu betreiben").

des

Abwesenden die

Es geschieht letzteres

im Interesse des Fiskus, der in Ermangelung gesetzlicher Erben das Vermögen

des

Verschollenen

als herrenlos

in

Anspruch

zu nehmen hat.

Die obere

Verwaltungsbehörde des Bezirks (Regierung, Landdrostei) muß daher auch von dem eingeleiteten Verfahren in Kenntniß

gesetzt werden.

Der Antrag darf

erst gestellt werden, wenn mindestens seit 10 Zähren keine Nachricht über das

Leben oder den Tod des Verschollenen eingegangen ist.

Diese Frist berechnet

sich entweder vom Tage des Verschwindens oder vom Tage der letzten Nachricht,

und wird auf 5 Zahr verkürzt, wenn er nach vollendetem 65. Jahr verschollen

ist") — was offenbar mit den oben erwähnten 70 Zähren

des 90. Psalms

zusammenhängt; sie verlängert sich aber, wenn er vor erreichter Großjährigkeit sich entfernt hat,

um so

viele Zahre,

als zu derselben noch gefehlt haben.

Läßt sich die Zahl der letzteren nicht feststellen, so ist ein 15 jähriger Zeitraum

abzuwarten. handelt

Kann der Tag

des Verschwindens nicht ermittelt werden,

es sich um den Anfall

Erblassers den Anfangspunkt.

einer Erbschaft,

Der Verschollene wird,

rechtfertigenden Thatsachen glaubhaft gemacht sind,

und

so bietet der Todestag des wenn die den Antrag

die Antragsteller sich auch

13) Nov. Corp. const. March. Thl. 3 S 316. Vgl. Bruns A. A. O. S. 180. 14) A.L.R. II. 1 §§ 665—667. 692 (Todeserklärung eines verschollenen Ehegatten). II. 18 §§. 821—855. A.G O. I. 37 über das Verfahren, jetzt §§ 22. 24—26 Ausf. G. z. C.P.O. v. 24. März 1879 (G.S. S. 281) und die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren §§ 823 ff. 15) AL R. II. 1 §. 692 II. 8 § 2296. 16) Nach § 3 I. 37 St G.O., § 826 II. 18 A.L.R. sollte das Vormundschaftsgericht den Kurator in solchem Fall anweisen, die Todeserklärung zu betreiben. Jetzt ist eine solche Anweisung nicht erforderlich, auch wird der Richter die Legitimation des Vor­ munds nicht durch Prüfung der Frage, ob ihm Verwandte bekannt waren, in Frage stellen können. — Ueber die Bedeutung der Vormundschaft über den Abwesenden vgl. B. 4. §. 230 unter 4. In der gemeinrechtlichen Literatur war streitig, ob Vor­ mundschaft oder provisorische Besitzeinweisung des Erben, ob dann successio ex tune oder ex nunc stattfinde, wem während der Abwesenheit der Fruchtgenuß zufalle, ob dem Verschollenen noch Erbschaften zufallen. Vrgl. über alles dieses bes. Bruns a. a. O. Der Code civ. art. 112—140 ist dem altfranzösischen coutumes entsprechend bei der Auffassung eines provisorischen Erbschaftsbesitzes und der successio ex tune stehen geblieben. Bruns S. 127 bis 131 Zachariä (Puchelt) I. S. 343fg. S. 352 fg. Das österr G. B §§ 277, 278 leitet Kuratel für den Verschollenen ein und präsumirt ihn, wie das A.L.R., als lebend bis zur gerichtlichen Todeserklärung. Unger I. S. 237 fg. 17) Also auch, wenn der Verschollene bei seiner Entfernung schon über 70 Jahre alt war. Gemeinrechtlich will man in diesem Fall auf die alte Präsumtion von der 100jährigen Lebensdauer zurückgehen. Bruns S 186. 201.

95

§♦ 19. Das Rechtssubjekt, die Person.

zur eidlichen Bestärkung seiner Angaben erboten haben, öffentlich unter Inne­

haltung gesetzlich Vorgeschriebener Fristen

aufgeboten, und wenn er sich nicht

meldet, die Antragsteller auch nach dem Ermessen des Gerichts den Diligenzeid

geleistet

haben,

durch

Todestag gilt der Tag,

förmliches Erkenntniß

da es mit der Verkündung rechtskräftig wird"). sich durch Wegfall der öffentlichen Ladung, der erreichten Großjährigkeit

kenntniß

für todt erklärt").

an welchem dieses Erkenntniß

Das Verfahren vereinfacht

wenn seit der Entfernung oder

40 Zahre verstrichen

soll der Beweis des Todes

Als

verkündet worden ist,

finb20).

eines Verschollenen

Ohne

ein Er­

als hinreichend ge­

sichert angenommen werden, wenn ein im Kriege schwer Verwundeter innerhalb 18) Die Ediktalien sind zuerst durch die preuß. Verordnung v. 1763 (bergt oben) in die deutsche Praxis erngeführt und haben schnell weit verbreiteten Anklang gefunden. Bruns a. a. O. S. 180. Im Aufgebotsverfahren der Civilprozeßordnung handelt es sich sonst geradezu um den Ausschluß von Rechten und Ansprüchen; inwieweit ein solcher Ausschluß bei der Todeserklärung iu Frage steht, ergiebt sich aus den im §. 268 darzulegenden erbrechtlichen Bestimmungen. is) Für das Recht vor der C.P.O. vertheidigte Förster in den früheren Ausgaben gegen Koch, Civilprozeß (1848) S. 747 Note 6 S. 749, der noch die zehntägige Restitutionsfrist verstrichen wollte, und unter Bezugnahme auf Förster, Einiges zur Lehre von der Rechtskraft in Gruchots Beitr. II. S. 361, sowie auf Heffter, preuß. Civilprozeß, 1856 S. 257 und das Rescript vom 16. April 1839 (J.Min.Bl. S. 143), die Ansicht, daß als Todestag der Tag der vollendeten Insinuation, die hier durch vierzehntägigen Aushang an der Gerichtsstelle (Ges. v. 5. Mai 1838 §. 36) zu bewirken war, anzusehen ist. — Ueber die ebenfalls bestrittene Frage, ob das Todeserklärungsurtheil deklarative oder konstitutive Bedeutung habe, vergl. Bruns S. 198fg. Die Praxis ist auch im Gebiet des gemeinen Rechts jetzt mehr für die letztere Wirkung.des Urtheils. Das sächs. G.B. §§. 37. 43. 44 läßt als Wirkung der Todeserklärung nur die Vermuthung zu, daß der Verschollene an dem Tage ge­ storben, an welchem die den Antrag auf Todeserklärung begründende (20j. und 5j.) Frist abgelaufen ist. Beweis des Lebens, oder daß der Tod zu einer anderen Zeit eingetreten, widerlegt die Vermuthung. Ueber Einwirkung der Todeserklärung auf bestehende Ehen s. unten B. IV. § 203 Anm. 41, über die vermögensrechtliche Stellung des unrichtig für todt Erklärten u. seiner Erben Bd. IV. § 268 bei Anm. 23 fg. so) Dieser Fall und die in den nächsten beiden Absätzen bezeichneten Fälle werden im Ausf.G. zur C.P.O. nicht erwähnt. Auf dieselben können die Bestimmungen der C.P.O. nicht Anwendung finden. Es handelt sich bei der Todeserklärung überhaupt nicht um eine „bürgerliche Rechtsstreitigkeit" im Sinne des § 3 des Eins. G. z. C.P.O. Die gerichtliche Thätigkeit, obgleich in die Formen eines Prozesses gewiesen und mit einem „Erkenntniß" abschließend, gehört in das Gebiet der freiwilligen Ge­ richtsbarkeit. Vergl. Wach. Handbuch B. I. S. 60. Dies hat nunmehr auch das Kammergericht (Johow u. Küntzel B. 5 S. 4.) anerkannt Hiernach gelten die formalen Vorschriften im Wesentlichen unverändert, wie auch im Kommiss. Bericht des Abgeordnetenhauses zu §. 23 (z. §. 17) des Ausf G. zur C.P.O. annerkannt wurde. A. M. ist ein Aufsatz von Zastrow bei Gruchot B. 25 S.301. Die hier für Anerkennung der Todeserklärungen ohne Aufgebot als bürgerliche Rechtsstreitig­ keiten geltend gemachten, rein äußerlichen Gründe, können nicht als durchgreifend anerkannt werden. - Das Ausf. G. z. d. G V.G. v. 24. April 1878 (G.S. S. 230) begründet im §. 26 die Zuständigkeit des Amtsgerichts. Nur in einer Beziehung ist das Verfahren geändert. Zustellungen in Angelegenheiten, welche zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, erfolgen nach §. 1 des Ausf. G. zur C.P.O. unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der C.P.O., auf öffentliche Zu­ stellungen in nicht streitigen Angelegenheiten aber sind ausdrücklich die Vorschriften über die öffentliche Zustellung von Ladungen anwendbar erklärt Während hiernach in den Fällen des Aufgebots das Todeserklärungserkenntniß nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung einfach zu verkünden ist, bleibt, wenn kein Aufgebot erfolgt,

96

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

eines Jahres nicht zurückgekehrt oder Nachricht von ihm nicht eingegangen ist.

Die hierdurch begründete Rechtsvermuthung ist,

von den Bestimmungen der

Civilprozeßordnung unberührt, noch jetzt in (Geltung21 * *).* * * * * * * * * * welche an den Kriegen von 1806 bis 1815 und

Bezüglich derjenigen,

an den Kriegen von 1864, 1866,

stimmen

besondere Gesetze

ein

1870,

1871 Theil genommen haben, be­

vereinfachtes

Todeserklärungsverfahren.

Die

Theilnehmer jener Kriege können, ohne daß es eines weiteren Zeitablaufs und

einer öffentlichen Ladung

bedarf,

durch Erkenntniß

vermißt worden

wenn sie in dem betreffenden Kriege

Friedensschluß von

für todt erklärt werden,

sind

seit

dem

ihrem Leben eine Nachricht nicht eingegangen ist.

Der

Todestag für diese Personen

bestimmt sich,

Kriegen von 1806 bis 1815 waren, für die Theilnehmer des Krieges

sofern

und

sie Theilnehmer an den

durch die Rechtskraft des Erkenntnisses;

von 1864 und der späteren Kriege gilt, je

nachdem sie an dein einen oder andern dieser Kriege Theil genommen haben, der 31. Dezember 1864, der 31. Dezember 1866,

der 30. Juni 1871 als

Todestag22).23

Wer in Seegefahr sich befunden hat, wird im Todeserklärungsverfahren

als verstorben angesehen, wenn das Fahrzeug, auf welchem er gewesen, unter­ gegangen und ein Jahr ohne Nachricht verstrichen ist.

Der Untergang des Fahr­

zeugs selbst aber wird als erwiesen angenommen, wenn es am Bestimmungsort

nicht eingetroffen oder nicht zurückgekehrt ist, und seit dem Zeitpunkt, wo es zuletzt in See gegangen

Fahrten auf

oder gesehen worden,

anderen europäischen

bei Fahrten in der Ostsee

Meeren zwei,

bei Fahrten

europäischen Meeren drei Jahre ohne Nachricht verflossen sind. dieser Thatsachen

kann auf jede gesetzliche Weise

auf

ein,

bei

außer­

Der Nachweis

geführt werden; die Todes­

erklärung erfolgt auch hier durch Erkenntniß und der Tag des Todes ist der der Rechtskraft dieses Erkenntnisses22).

Sofern feststeht,

daß zwei oder mehrere Personen in einem gemein­

samen Unglück umgekommen sind, ohne daß die Zeit des Todes jedes Einzelnen

ermittelt roerbeit kann, so wird angenommen, daß keiner den Andern überlebt die Nothwendigkeit einer öffentlichen Zustellung des Erkenntnisses aus dem alten Verfahren bestehen, der einfache — dem bisherigen Recht entsprechende — vierzehn­ tägige Aushang genügt aber nicht, es ist außerdem ein Auszug des Schriftstücks einmal in den Reichsanzeiger und zweimal in das sonst zur Veröffentlichung amtücher Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt einzurücken (C.P.O. §. 187), uiib die Zustellung gilt als erfolgt, wenn ein Monat nach der letzten Einrückung des Auszugs verstrichen ist. Der letztere Tag mutz auch bei den in den folgenden Absätzen erwähnten Fallen, in denen der Tod als mit der Rechtskraft des ErkenntmPs eintretend anzusehen ist, als Todestag gelten. - Es läßt sich annehmen, daß 7r,&c) Koch R. d. F. II. S. 155. Im alten röm. R. waren die Stipulation, Acceptilation causae, im neuen Recht ist es der Wechsel.

188

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

und Beglaubigung,

Form nur zur mehreren Gewißheit

des

Beweises

dienen*2).

Haben die

Parteien

also zur Sicherung

eine besondere Form verab­

redet, so hängt davon die Giltigkeit des Geschäfts ab 3).

Ast im Gesetz die

Form nur unter Androhung einer Strafe für ihre Verabsäumnng geboten, so

der Versäumung

bleibt trotz

das Geschäft

bei Bestand4).

Daß die Form

nach dem Gesetze des Orts zu beurtheilen ist, wo das Geschäft errichtet worden, und nach dem Gesetz zur Zeit,

schon erwähnt5).

Rechts,

Auch

in

welcher es errichtet worden,

mit denen des gemeinen

diese Grundsätze stimmen

insbesondere gilt auch hier,

daß

ist ebenfalls

die gewillkürte Form,

wenn

nicht

ein anderer Sinn der Abrede erhellt, die Rechtsgiltigkeit des Geschäfts bedingt6).7 8 9

Im gemeinen Recht wird mit großer Bestimmtheit der Satz festgehalten, daß das wegen Formmangels nichtige Geschäft weder welche Rechtswirkungen erzeugen kann.

konvalesciren, noch irgend

Von Förster wurde in den früheren

Ausgaben dieses Lehrbuchs auch nach Landrecht das formell ungiltige Geschäft

als ein unter allen Umständen nichtiges bezeichnet, bei welchem die Konvalescenz ausgeschlossen sei.

sein ’).

Es wird hierauf an anderer Stelle zurückzukominen

Das gemeine Recht kennt verschiedene für die Giltigkeit der Geschäfte

erhebliche

Formen;

es

läßt

z.

B.

noch

den Versprechungseid in gewissen

Fällen als formelle Bekräftigung des Geschäfts zu3).

Dem preußischen Recht

ist dieser Eid unbekannt, es hat nur eine Formgattung, nämlich die Schrift­ lichkeit ausgenommen, diese aber unter verschiedenen Arten. Die

schriftliche Urkunde

hat

mittel eine allgemeinere Bedeutung.

an,

welches

zu regeln

hat,

im Rechtsleben

zunächst als Beweis­

Als solches gehört sie dem Prozeßrecht

was durch die Urkunde bewiesen werden kann

(Beweiskraft), und wie die Urkunde sich als schriftliche Erklärung

gerade

desjenigen feststellen läßt, der ihr scheinbarer Urheber ist, (Echtheitsbeweis). In beiden Beziehungen tritt der Unterschied von öffentlichen und Privat­

urkunden hervor.

Die letzteren können niemals Anderes beweisen, als daß

ihr Aussteller die beurkundete Erklärung abgegeben hat3).

Den entsprechenden

2) Entsch. B. 1 S. 22, B. 9 S. 88, B. 10 S. 276, B. 16 S. 107, B. 17 S. 67, B. 18. S 250, B. 21 S. 192, B. 28 S. 102. Striethorst B 34 S. 325. 3) I. 5. §. 116. Simon und v. Strampf, Rechtspr. I. S. 129. 4) 1. 5. §. 110, Verwendung von Stempelpapier. 5) §. 10 bei Sinnt. 15, f. §. 11 unter 3a. «) pr. J. III. 23. I. 17 C. IV. 21. 7) L. 29 de R. J. quod initio vitiosum est. non potest tractu temporis convalescere. Vgl. §. 41 Sinnt. 28, §. 79 unter 4. 8) Wenn ein Unmündiger das mit Zustimmung seines Vormunds abgeschlossene Ge­ schäft beschwört, so giebt er das Recht auf Wiedereinsetzung in den vor. St. auf, I. 1 C. II. 28, und wenn eine Partei einen für sie anfechtbaren Vertrag beschwört, verzichtet sie auf die Anfechtung. Wächter II. 772. 9) Als positive Beweisregel spricht dies die C.P.O. §. 381 nur für diejenigen Privat­ urkunden aus, welche durch Unterschrift oder durch gerichtlich oder notariell beglaubigte Handzeichen des Ausstellers sich als abgeschlossene, fertige Willens­ erklärungen ergeben. Bei nicht unterschriebenen schriftlichen Erklärungen ebenso wie bei Urkunden, die nicht in Schriftform vorliegen (Grenzzeichen, Kerbhölzer und dgl.) entscheidet freie Beweiswürdigung, ob und wie weit in de» urkundlich vor­ liegenden Ergebnissen einer Thätigkeit der Beweis einer fertigen Willenserklärung gefunden werden kann.

§. 40. Form der Willensäußerung.

189

Beweis liefert auch die öffentliche Urkunde einer Behörde: — die darin ent­

haltene Anordnung, Verfügung, Entscheidung wird durch die Urkunde darge­ than 10).11 *Die von einer öffentlichen Behörde in den Grenzen ihrer Amtsbe-

fugniffe und die von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person inner­

halb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises ausgestellte Urkunde, — die öffent­ liche Urkunde —, ist aber geeignet auch noch Anderes zu beweisen, die nach Inhalt- der Urkunde amtlich bezeugte Thatsache, insbesondere

die Thatsache,

daß eine andere Person eine wiedergegebene Erklärung abgegeben habe"). — Was ferner den Echtheitsbeweis anlangt, so spricht für die Echtheit der in­ ländischen,

d. h. der innerhalb

des Reichs errichteten,

öffentlichen Urkunden

eine Vermuthung "), bezüglich der ausländischen öffentlichen Urkunden giebt es

einen gesetzlich

Echtheitsbeweis 13),

geordneten

auf

und

ohne diesen kann ihre Echtheit ohne Weiteres

angenommen werden "),

auch

inländische Urkunden

zurückzuführenden

die Echtheit von Privaturkunden muß im Prozeffe

durch Zugeständnisse des Gegners oder versäumtes Bestreiten klargestellt oder

im Bestreitungsfalle durch Beweismittel dargethan werden *5). — Für diejenigen

Fälle,

in

denen außerhalb des Rechtsstreits die Echtheit

einer Urkunde in

Frage kommt, namentlich wenn auf Grund derselben ein Akt der freiwilligen

Gerichtsbarkeit,

insbesondere

eine Eintragung in das Grundbuch

stattfinden

soll, giebt es zum Theil positive Vorschriften, wie die Urkunde beglaubigt sein muß, damit darauf hin die erheblich

gerichtliche Thätigkeit stattfinde.

ist hierbei die gerichtliche oder

notarielle

Insbesondere

Beglaubigung

privater

Willenserklärungen *6).

Zm Zusammenhang der hier vorgetragenen Lehre erscheint die Schrift­ form

als

ein die verbindliche Kraft der

dingendes Moment.

Wo sie dies ist,

abgegebenen Willenserklärung be­

müssen alle wesentlichen Bestandtheile

des in Rede stehenden Rechtsgeschäfts aus der Urkunde

erhellen.

Sonst ist

10) C.P.O. §. 382 11) C.P.O. §§. 380. 383. Gegenbeweis der Unrichtigkeit ist zuläffig. 10) C.P.O. §. 402. Der Richter kann sich dieser Vermuthung entziehen, wenn auf Befragen des Richters die als Aussteller der Urkunde erscheinende Behörde oder Urkunds­ person die Echtheit in Abrede stellt. 11) C.P.O. §. 403 Abs. 2 R.G. v. 1. Mai 1879 (S. 89). Das letztere Gesetz beseitigt außerhalb des Prozesses alle Vorschriften, nach denen für den Gebrauch deutscher öffentlicher Urkunden eine besondere Beglaubigung vorgeschrieben war, steht aber der Anwendung des §. 38 der Grundbuchordnung dahin, daß bezüglich außer­ preußischer öffentlicher Urkunden der Grundbuchrichter, der an ihrer Giltigkeit zweifelt, solche auf diplomatischem Wege festzustellen habe, nicht entgegen. it) C.P.O. §. 403 Abs. 1. 13) C.P.O. §§. 404ff. Der Diffessionseid des früheren Rechts ist beseitigt. ii) Vgl. z. B. §. 3 G. betr. die Ausstellung gerichtl. Erbbescheinig. v. 12. März 1869 (G.S. S. 473); §. 33 Grundbuchordnung. — Bei der Beglaubigung von Unter­ schriften bedarf der Notar jetzt allgemein nicht mehr der Zuziehung von Zeugen auch nicht der Aufnahme eines Protokolls. §. 5 d. Ges. enth. Best, über das No­ tariat v. 8. März 1880 (G.S. S. 177). Früher galt derselbe Satz nur für die notariell beglaubigten Grundlagen einer Eintragung in das Grundbuch (Gr.-B.-O. §. 33) und nach C.P.O. §. 76 für Prozeßvollmachten.

Erstes Buch.

190

Die Grundbegriffe.

nicht dieses Rechtsgeschäft, sondern etwas Anderes beurkundet, selbst wenn bei der Urkunde die Absicht vorlag jenes Rechtsgeschäft zu beurkunden 16a).

Dem­

nächst fragt sich, ob die Urkunde mit diesem Inhalt rechtsgiltig ist,

d. h.

ob sie den für Urkunden dieser Art in den Gesetzen gegebenen Erfordernissen

entspricht*17).

Als eine die Giltigkeit der abgegebenen Erklärung bedingende

Form kennt das preußische Recht nicht die Solemnisirung von Privaturkunden

durch Unterschrift privater Zeugen 18).

einfacher Schriftform für

der Nothwendigkeit

die

Bestimmung

gegenüber,

in

gerichtlichen

oder

Eine

Privaturkunde

daß

notariellen

stellt das preußische Recht

Dagegen

gewisse

eine

große

Zahl von Fällen

Willenserklärungen wirksam nur

Urkunden

bedarf zu ihrer Giltigkeit

abgegeben

werden

der Unterschrift

Person, deren Erklärung sie enthält19), ohne diese ist sie ungiltig.

können. derjenigen Sie be-

i6»)Strieth. B. 82 S. 60. Rehbein Bd. I. S. 175. 17) Nach der obigen Definition der öffentlichen Urkunde ist die Rechtsgiltigkeit auch Voraussetzung der Beweiskraft. — Daß die Urkunde nach einer dritten Richtung rechtlicke Erheblichkeit hat, daß sie zum „Werthpapier" wird, wenn das Recht selbst oder die Ausübung desselben sich an das Haben der Urkunde knüpft, ist bereits im §. 21 erwähnt. 18) Ueber Solemnitäts- und Beweiszeugen s. Jh ering in Jahrb. f. Dogm. II. S. 293. Unger II. S. 132 Nr. 13; untenB.IV.§.249 Anm.57. Die Anerkennung der bür­ gerlichen Ehrenrechte macht unfähig zum Solemnitätszeugen. Str.G.B. §. 34 Z. 5. 19) §§ 116-118 I. 5. Vgl. auch das Wort „vollzogen" in §. 42 I. 3. - Nur von der Rechtsgiltigkeit der Urkunde als solcher ist hier die Rede, nicht von der Ver­ bindlichkeit der Erklärung, die regelmäßig voraussetzt, daß sie gegen einen Anderen erfolgt ist. Darauf beruht die Erheblichkeit der erfolgten Aushändigung der Urkunde. Vgl. Entsch. B. 19. S. 71. — Der Vollziehung durch Unterschrift steht nach preußischem Recht die Vollziehung durch Handzeichen nicht gleich; der Schreibensunfähige hat die Urkunde gerichtlich oder notariell zu vollziehen (1. 5. §. 172, unten Anm. 22). Vollziehung durch beglaubigte Handzeichen gestattet die Wechselordnung Art. 94 und das Reichsgesetz betr. eingeschr. Hllfskassen v. 7. April 1876 §.6. — Die Unterschrift stellt die Rechtsgiltigkeit einer Urkunde auch dann her, wenn die Erklärung erst später darüber gesetzt, oder wenn nachträglich Zusätze oder Aenderungen gemacht sind. Es mag dann die Wirklichkeit der Erklärung — ob sie in der That als Erklärung des X. anzusehen ist — in Frage gestellt und der gegenüber der Beweiskraft der Ur­ kunde hierfür zulässige Gegenbeweis (C.P.O. §. 405 Abs. 2) angetreten werden. Mit Unrecht aber leugnet das Obertribunal (B. 58 S. 128. Entsch. B. 69 S. 200. B. 74 S. 168. Rehbein I. S. 327) die Giltigkeit der Urkunde. — Ob die Unter­ schrift leserlich, ist gleichgiltig. Arnsb. Arch. B. 3. S. 557. Die Unterschrift mit dem bloßen Taufnamen auch mit einer sonstigen Bezeichnung muß dann als voll­ ständige Unterschrift gelten, wenn der Unterschreibende sich gegenüber den Betheiligten dadurch erkennbar individualisirt. Jur. Wochenschrift 1837 S. 870. Eine Unterschrift deckt nur das darüber stehende. Wird hier eine Anlage oder etwas darunter Stehen­ des in Bezug genommen, so kann nicht letzteres, wohl aber eine dasselbe genehmigende Erklärung als unterschrieben gelten. Vgl. Entfach. B. 50 S. 29. B. 69 S. 189, B. 74r S. 168. — Zur Unterschrift gehört eine eigene Thätigkeit desjenigen, der die schriftliche Erklärung abgiebt. Daß er die Schriftzüge einzeln ausmalt, kann eben so wenig als wesentlich erachtet werden, wie das Material, mit welchem geschrieben wird. Nur muß erhellen, daß durch die Thätigkeit die Urkunde hat vollzogen sein sollen. Dies wird beim Aufdruck eines einfachen Namensstempels nicht anzunehmen sein, da solcher nicht als Unterschrift erscheint und im Verkehr nicht als solche an­ gesehen wird, wohl aber beim Aufdruck eines Facsimile der Unterschrift, der man nicht ansehen kann, ob sie geschrieben oder gedruckt ist, der man aber ansieht, daß sie das Schriftstück als unterschrieben erscheinen lassen soll. Dernburg hält freilich dafür, daß über das Unpraktische dieser Unterscheidung Worte nicht zu verlieren sind. Indessen ist Rehbein I. 327 Anm. zu demselben Ergebniß gelangt, und es muß abgewartet werden, ob die Praxis der praktischen Erfahrung Dernburgs folgen wird

§. 40. Form der Willensäußerung.

darf

aber keiner weiteren Form.

Besiegelung

gedacht ist,

191

Auch wenn in der

Schrift selbst einer

macht die unterbliebene Beifügung der Siegel die

Die Erklärungen einer öffentlichen Behörde werden

Urkunde nicht ungiltig 20).

rechtsgilüg unter der verfassungsmäßigen Unterschrift der Behörde abgegeben. Zu der verfassungsmäßigen Unterschrift kann hier die Besiegelung gehören 21).

Als öffentliche Behörden kirchlichen

erscheinen

auch die Organe der kommunalen und

Selbstverwaltung.

Sofern eine Willenserklärung Privater der gerichtlichen oder notariellen

Beurkundung

gewiesen

ist,

Erklärung 22)

person

durch

Gesetz

oder

nach

dem

Willen

tritt

neben

die

von

dem

Erklärenden

die

Erklärenden zu

zu­

vollziehende

amtliche Beurkundung der vom Staat bestellten Urkunds­

des Richters

Fällen ist

der

oder Notars.

In

gewissen

vom Gesetze

bestimmten

neben der Unterschrift des Richters die des Gerichtsschreibers zu-

— Wie wenn sich der Erklärende eines Andern gewissermaßen als des Instruments seiner Unterschrift bedient, z. B. wenn er die Erklärung und seine Namensunterschrift diktirt? Dernburg I. §. 97 Anm. 7. erachtet die Urkunde als Urkunde des Er­ klärenden mit Berufung auf das R.O.H.G. B. 7. S. 315. M.E. mit Unrecht. Die Urkunde verkörpert hier nur die Thätigkeit des Schreibers, nicht auch den Jussus, der diese Thätigkeit als eine mechanische erweist. Der gesetzgeberische Gedanke aber, der die Schriftlichkeit einer Erklärung zu einem Erforderniß ihrer Giltigkeit macht, beruht darin, daß in der Schrift die Handlung ihr dauerndes Merkmal hinterläßt. Von dem Jussus, den Namen zu schreiben, ist verschieden der Auftrag ein schriftliches Geschäft in der Weise zu schließen, daß der Beauftragte statt des Auftraggebers dessen Namen unterschreibt. Der bloße Auftrag, statt des Auftragenden ein schrift­ liches Geschäft zu schließen, kann freilich auch dann, wenn der Mandatar den Namen des Auftragenden geschrieben hat, die Urkunde nicht zu einer eigenen schriftlichen Erklärung des Auftragenden machen, sie ist immer nur eine schriftliche Erklärung des Beauftragten. Daß ihre Verbindlichkeit für den Auftraggeber von der formellen Giltigkeit des Auftrags oder der formellen Giltigkeit der Genehmigung abhängt, kann jetzt nach dem Wegfall des alten auch die Unterschrift durch einen Beauftragten leugnenden Diffessionseides nicht mehr bezweifelt werden; mit Grund auch nicht vorher. Vgl. Entsch. B. 12 S. 477, wo nur die Möglichkeit wirksamer Ratihabition (Entsch. B. 19 S. 29) nicht ausreichend beachtet ist. Weiter ging der Plenarbeschluß Entsch. B. 29 S. 293 der den Namen als ein unveräußerliches Stück der eigenen Persönlichkeit betont. Auf einem anderen Standpunkt stand das R.O.H.G. B. 5. S. 265, B. 7 S. 315. Die mit dem Namen des angeblich Bevollmächtigten unter­ schriebene Urkunde ist ein schriftlicher Vertrag, der je nachdem der Machtgeber ver­ bindlich ermächtigt oder ratihabirt hatte, diesen verpflichtet, obgleich sie keine schriftliche Urkunde des Machtgebers ist. Wer mit einem ihm nicht zukommenden Namen eines Dritten eine Erklärung unterschreibt, wird wenn diese Erklärung eine eigene Ver­ bindlichkeit zum Ausdruck bringen sollte, den Mangel der Schriftform nicht vor­ schützen können; soll sie eine Verbindlichkeit des Dritten zum Ausdruck bringen, so kann sie nicht mehr bedeuten, als wenn der eigene Name mit dem Zusatz statt des Dritten unterzeichnet wäre, aber diese Bedeutung ist der Urkunde immerhin zu geben. Hiernach ist dem R.G. B. 4 S. 307 dahin zuzustimmen, daß ein mündlich ratihabirtes Geschäft, das von einem Anderen im Namen des Ratihabirenden unter Unterschrift seines Namens geschlossen ist, Rechtswirksamkeit erlangt. Vergl. auch R.G. bei Gruchot B. 25.S. 941, wonach die nach Handelsrecht wirksame mündliche Ermächtigung zum Abschluß eines schriftlichen Vertrages, Aktienzeichnung, mit dem Namen des Ermächtigenden, diesen verpflichtet, wenn dke Zeichnung mit seinem Namen stattgefunden hat. 20) §. 119 I. 5. 21) Vgl. z. B. § 137 Kreis-Ordn., §. 91 Prov.-Ordn.; Art. I. G. betr. die evang. Kirchenverf. v. 3. Juni 1876. 22) §§. 42 ff. II. 2. A.G.O. — Die Vollziehung schreibensunfähiger Personen regeln §§. 175. 177 I. 5. Auch §. 5, K.O. v. 20. Juni 1816 (G.S. S. 203). — Dem Richter und Notar liegt zugleich die Sorge für gehörige Redaktion dieser Erklärung-

192

Erstes Buch.

Die Grundbegriffe.

weilen auch von Unterschriftszeugm erforderlich 22 * *‘).* * * Noiare * * * * * * sind * * Beamte des

Staats, denen die Ausübung der s. g. freiwilligen Gerichtsbarkeit in Konkur­ renz mit den Gerichten23) für bestimmte Bezirke und unter gesetzlicher Rege­

lung ihrer Befugnisse und Pflichten übertragen ist24).25 26 Zur 27 Giltigkeit nota­ rieller Verhandlungen ist Zuziehung und Mitunterschrift eines zweiten Notars

oder zweier Zeugen erforderlich.

Dieselben dürfen von der Theilnahme an

dieser Verhandlung nicht gesetzlich ausgeschlossen sein, und das muß in dem

Akte selbst bezeugt werden. — Den Reichskonsuln ist für ihren Amtsbezirk die Rechtsstellung der Notare gewährt, auch sie haben zwei Zeugen zuzuziehen23). Ausfertigung stimmte

einer gerichtlichen oder notariellen Verhandlung ist ein an be­

Formen gebundenes amtliches Zeugniß

über die stattgehabte Ver­

handlung, welches die Beweiskraft der letzteren hat. Die Giltigkeit einer Willenserklärung kann auch an deren Beurkundung

durch andere Behörden oder Beamten außer den Gerichten oder Notaren ge­

sein.

knüpft klärung

Diese erlangen dadurch die Fähigkeit die fragliche Willenser­

auch insofern zu beurkunden,

klärenden sonst

eine

als

nach

den Eigenschaften des Er­

gerichtliche oder notarielle Erklärung erforderlich ist23).

Der Inhalt der schriftlichen Urkunde unterliegt den gewöhnlichen Aus­

legungsregeln; ist in ihr etwas unleserlich, so kann der Inhalt dieser Stelle

durch jedes

zulässige Beweismittel bewiesen werden2').

Dasein einer abhanden gekommenen Urkunde und

Ebenso wird das

der Inhalt einer solchen

ob, — anders wenn es sich um eine bloße Verlautbarung handelt §§. 565. 566 I. 9, §. 84 I. 18, § 100 I. 20, 8. 63 II. 4, Ges. v 5. März 1855. Beispiele bieten I. 9 §. 566, I. 12 §. 66, II. 2. §. 216, II. 4 §. 29, Ges. v. 20. März 1837 über Gütergemeinschaftsverträge. Vgl. auch Ges. v. 11. Juli 1845 über die Form ein­ zelner Rechtsgeschäfte. rs») Die Unterschriftszeugen — I. 12 88- U5. 116, I. 16 8- 93 — sind wie die nach Not.Ordn. v. 11. Juli 1845 zuzuziehenden Zeugen Solemnitätszeugen (Oben Sinnt. 18); sie müssen gesetzlich qnalistzirt und nach 8- H5 cit Männer sein, welche die Eigen­ schaft gütiger Jnstrumentszeugen (8 117 I. 12) besitzen, insbesondere lesen und schreiben können. Strieth. Arch. B. 19 S. 292, Gruchot B. I. S. 205 — dagegen Entsch. B. 22 S. 133, B. 63 S. 112). Sie müssen auch überhaupt und für Angelegenheiten dieses Richters zeugnißfähig sein, d. h. nach C.P.O. 8- 358 sie müssen eidlich für ihn als Zeugen vernommen werden können. Vgl. hierzu Notar. Ordn. 8- 7. 23) Für die freiwillige Gerichtsbarkeit sind zur Zeit regelmäßig die Amtsgerichte zu­ ständig 8- 26 Ausf.-Ges. z. Ger.V.G. v. 24. April 1878 (G.S. S. 230). Ueber die freiwillige Gerichtsbarkeit der Auditeure und Militärbehörden s. Ges. v. 8. Juni 1860 (G.S. S. 240) Reichsmititärges. v. 2. Mai 1874 8- 39 Abs. 3 u. 8- m des Ausf.-G. z. Ger.-V.-G. — Aelteres Recht K.O. v. 2. Sept. 1815. 24) Not.-Ord. v. 11. Juni 1845 (G.S. S. 487). Ges v. 8. März 1880 (G.S. S. 177). 25) Gesetz betr. die Organisation der Bundeskonsulate v. 8. Nov. 1867 88- 16 17. (B.G.BI. S. 140). 26) Die Beurkundung der Erklärungen über den Eheschluß gehören vor den Standes­ beamten §8- 53. 54. Ges. v. 6. Febr. 1875; vor demselben kann auch die Aner­ kennung eines unehelichen Kindes ebenso wirksam wie in einer gerichtlichen oder notariellen Urkunde erklärt werden; 8- 25 ebenda. Die nach dem Edikt v. 27. Juni 1811 8- 9 von Regierungsbeamten über Veräußerung von Domainen und Forsten aufgenommenen Licitationsverhandlungen haben für Analphabeten die Kraft ge­ richtlicher Urkunden. Präs, des Ob.-Trib. 3. Samml. I. S. 319). 27) I. 5. 88- 130. 263.

§. 41. Ungiltigkeit der Rechtsgeschäfte und deren Heilung.

durch die gesetzlichen Beweise ermittelt.

193

Ist aber eine Urkunde vorsätzlich von

demjenigen beseitigt, gegen den sie beweisen soll, und kann letzterer danach im

Rechtsstreit den

gesetzlichen Editionseid nicht leisten,

mit welchem er das

Gegentheil zu beschwören hat, oder kommt er im Rechtsstreit der Auflage die Urkunde vorzulegen nicht nach: so wird in wesentlicher Uebereinstimmung mit der herrschenden gemeinrechtlichen Ansicht, die bestimmte Angabe des Andern

von dem einer beigebrachten Abschrift entsprechenden Inhalt der Urkunde für richtig angenommen, und diese Annahme kann auch stattfinden, wenn die An­

gaben des Beweisführers weniger genau (inb28).

§. 41.

D. Ungiltigkeit der Rechtsgeschäfte und deren Heilung.

Koch, über den Unterschied v. Nichtig!, u. Ungilt. d. R.gesch. in der jurist. Zeitung 1838 S. 870 Pr.R. I. S. 295. Bornemann, R.gesch. S. 188. Dernburg I. §§. 71. 77-79. Savigny, System IV. S. 536. 549. Wächter II. S. 655. Unger II. S. 140. Sintenis I §. 24. Windscheid, zur Lehre des Code Nap. über die Ungiltigkeit der R.gesch. 1847. Pand. 1. §§. 82. 83. Schloß­ mann, Lehre vom Zwang M. 2.3. Derselbe: Der Vertrag S. 201 ff. Karlowa, das Rechtsgeschäft S. 116ff. — Zachariä (Puchelt) I. S. 86.

Allgemeine Regeln darüber, welche Wirkungen die Mangelhaftigkeit eines Rechtsgeschäfts

äußert,

giebt weder Tit. 3. noch Tit. 4.; bei den einzelnen

Instituten werden verschiedene Ausdrücke von so unbestimmter Vieldeutigkeit gebraucht, daß man oft nicht mit Sicherheit aus

dem Wort des Gesetzes

schließen kann, welche Art oder welcher Grad von Ungiltigkeit anzunehmen ist.

Selbst die scheinbar schärfere terminologische Scheidung von nichtig und un-

giltig bei dem Abschnitt von der Ehe *) ist nicht hinreichend ausgebildet. nach muß bei jedem einzelnen Rechtsinstitut untersucht werden,

ob

Da­

unter ge­

wissen Voraussetzungen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit, als die beiden begrifflich

verschiedenen Arten der Ungiltigkeit anzunehmen sei.

Diese Begriffe sind im

Folgenden eingehender zu erörtern2*).1 Die Wirksamkeit der Willenserklärung im Rechtsgeschäft hängt von deni

Vorhandensein aller derjenigen Voraussetzungen ab, welche

nach

gesetzlicher

Vorschrift für das konkrete Rechtsgeschäft wesentlich sind, so daß nur bei ihrem Vorhandensein das Gesetz dem Willen des Erklärenden die Kraft

gewollten Rechtserfolg hervorzubringen.

ist das Rechtsgeschäft und

ungiltig, es

giebt,

den

Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so

folgeweise das

dadurch

vermag Wirkungen nicht zu äußern.

gesetzte Rechtsverhältniß

Es liegt dann also in

28) C.P.O. §§. 391. 392. Ueber das ältere Recht und den Widerspruch von I. 5. §. 170 und A.G.O. I 10 §. 120. Koch, R. d. F. II. S. 183fg. Heydemann S. 223 giebt der A.G.O. den Vorzug. S. Entfch. B. 40 S. 296. Ges.-Revis. Pens. XIV. S. 99. 1) A.L.R. II. 1. §§. 933. 934. 936. 949. 952. 960. 973 fg. 2) Das Folgende weicht wesentlich von der in der vorigen Auflage reproduzirten Förster'schen Anschauung ab. Forster (Eccuus), Preuß. Pnvatrecht. I 5. Aust 13

Erstes Buch.

194

Die Grundbegriffe.

Wahrheit ein Rechtsgeschäft nicht vor.

Aber es kann die äußere Erscheinung

des Rechtsgeschäfts vorhanden fein3).

Oft springt das Fehlen einer Voraus­

äußeren Erscheinung in die Augen.

setzung nicht zugleich

mit dieser

gegenüber kann

der Standpunkt des Rechts ein verschiedener sein.

nun

kann die fehlende Voraussetzung

eine solche betrachten,

als

schlechthin die Wirksamkeit des Geschäfts

nichtig.

Wille»!

ausschließt,

dann

Dem Es

deren Fehlen

ist das Geschäft

Oder das Gesetz verlangt Geltendmachung des Umstands nach dem

eines

bestimmten

Betheiligten:

das

Geschäft

beiden Fällen ist mit der Klarstellung des Mangels

ist

anfechtbar.

Zn

der Voraussetzung die

Wirkungslosigkeit des Rechtsgeschäfts als solchen gegeben, und der Unterschied

besteht nur darin,

Willen Ganz

des

daß

in dem

zweiten Fall die Geltendmachung von dem

bestimmten Betheiligten abhängt und seinem Verzicht unterliegt.

verschieden

hiervon

ist die in den Gesetzen begründete

Einwirkung

äußerer von dem Wesen des Rechtsgeschäfts unabhängiger Umstände auf den Fortbestand des im Geschäft uns erwachsenen Rechts.

Hier ist das Geschäft ein

wirksames gewesen, und es handelt sich um Aufhebung des Geschäfts oder seiner Wirkungen,

als Folge des neuen rechtlich wirksamen Ereignisses.

Die

Betrachtung dieser Fälle hat aus der Erörterung der hier in Rede stehenden Begriffe auszuscheiden 4).

Regelmäßig soll sich

geschäfts

solches Geschäft ist

nicht.

nach

dem

Gesetze die Wirksamkeit

an den Zeitpunkt seines Abschluffes

eines Rechts­

unmittelbar anknüpfen.

Ein

also mit seinem Abschluß verbindlich und wirksam oder

Insbesondere kann ein Rechtsgeschäft unter Lebenden nur von Anfang

an nichtig sein.

Die Geschäfte von Todes wegen aber sind von der Art,

daß sie ihre Wirksamkeit erst mit dem eintretenden Tode erlangen sollen, sofern der Wille bis dahin fortgedauert hat.

Hier kann das Gesetz später eintretenden

Umständen die Bedeutung geben, daß das Geschäft wirkungslos ist.

Man wird

hier von einer erst später eintretenden Nichtigkeit reden können3).*

Das preußische

Recht

nimmt

bezüglich der nichtigen

Geschäfte

den

Standpunkt ein, daß im Falle derselben die äußere Erscheinung des Geschäfts von

selbst in sich zusammenfällt; es bedarf hierzu nicht einer Erklärung des Geschäfts für

nichtig durch richterliches Urtheil3).

Nur für die Ehe, die einmal in der ge­

hörigen Form äußerlich geschlossen ist, nimmt das Gesetz einen anderen Stand­ punkt ein7).

Dieselbe muß, um als ungiltig oder nichtig angesehen zu werden,

so lange die beiden Eheleute am Leben sind, durch gerichtliches Urtheil rechts3) Vgl. Windscheid §. 82. Anm. 2. ) Nur das Dasein, der Eintritt des Schadens, nicht der Umfang desselben muß bekannt sein. Deshalb verjährt der Schadensersatzanspruch auch, sofern sich der Schade in Zukunft wiederholt oder erneuert, wenn nur diese Wirkung des Schadens dem Be­ schädigten bekannt war, in drei Jahren. Entsch. B. 13 S. 19 (Plenar-Beschluß). Rehbein B. 1 S. 623. Dauert aber das beschädigende Verhalten fort, oder wieder­ holt es sich und entsteht nur dadurch der Schade, so entsteht dadurch ein neuer Schadensersatzanspruch. Wegen der Nachklage bezüglich des später hervorgetretenen Schadens, nachdem einmal rechtzeitig auf Schadensersatz geklagt wurde, vergl. Strieth. B. 92 S. 258. so») Auch wenn die Parteien über die Rechtmäßigkeit des Schadens streiten, oder die Schuld des Urhebers Gegenstand einer Kriminalnntersuchung ist, kann die sichere Kenntniß des Verletzten von dem Urheber des Schadens vorhanden sein. Entsch. B. 19 S. 3, Strieth. B. 25 S. 236, Förjster bei Gruchot B. 2 S. 355, Gruchot B. 4 S. 129. Die Verjährung des Haftpflichtgesetzes v. 7. Juni 1870 sieht von der Kenntniß vom Urheber des Unfalls ab. 31) I. 9 §. 546. 1. 3 C. VII 39. Ebenso die neueren Gesetzgebungen: österr. §§. 1479. 1486, Code civ art. 2262 und sächs. §. 150. 3i) Code art. 2260. 2261. Sächs. G.-B. §§. 169 u. 89. Bei der kurzen Verjähmng des Gesetzes von 1838 läuft mit Rücksicht auf die oben erwähnte Bedeutung des 31. Dezembers des Fälligkeilsjahrs als fingirten Zahlungstages (vgl. die in Anm. 29 citirte Ent­ scheidung) die Verjährung erst mit dem Ende des 31. Dezembers des Schlußjahrcs ab.

Erstes Buch.

314

Die Grundbegriffe.

Die Berechnung geschieht kalendermäßig vom Tage des Anfangs.

werden nicht berücksichtigt.

Zn

Betreff des

Schalttage

Nichtgebrauchs solcher

Rechte,

welche nur bei gewissen Gelegenheiten ausgeübt werden können, wozu besonders

der non usus solcher Servituten gehört, ist vorgeschrieben, daß von der ersten versäumten Gelegenheit noch zwei andere innerhalb der 30 Zahre unbenutzt

geblieben sein müssen, ohne daß erfordert wird, daß die erste und dritte grade Es darf nur seit der dritten versäumten nicht

30 Zahre auseinanderliegen.

noch innerhalb des Zeitraums eine andere fein33 * *).34 35 Daß * * 38das

Recht,

welches

eingetreten und benutzt worden

erlöschen soll, im Lauf der Zeit durch

Universal- oder Singularsuccession auf andere Personen übergegangen ist, hat

keinen Einfluß auf die Vollendung der Verjährung3^). Der regelmäßigen Verjährung steht eine ungewöhnliche von längerer Dauer gegenüber. Gegen den Fiskus, Kirchen und solche Korporationen, welchen vermöge

ihrer Privilegien gleiche Rechte beigelegt sind, soll eine Verjährung von 44 Zähren

wirken33).

Diese Frist ist offenbar zusammengesetzt aus der gemeinrechtlichen von

40 und den 4 Jahren der Restitutionsfrist33).

Daß unter die in solcher Weise

bevorzugten Personen die Stadt- und Dorfgemeinden, wenn ihnen nicht das Priviligium besonders beigelegt ist,

preußischem Recht unzweifelhaft3^).

nicht

gehören,

ist nach gemeinem und

Aus dem Umstand,

daß

die königlichen

Hausfideikommißgüter zu den Staatsdomänen gehören, ist von der Praxis des Obertribunals gefolgert,

gleichstehen33).

daß

sie in Betreff der Verjährung den fiskalischen

Ein kürzerer Verjährungszeitraum

z. B.

von

Monaten,

die

dann je zu 30 Tagen berechnet werden, ist mannigfach in den Gesetzen vor38) I, 9 §. 544. Entsch. B. 20 S. 113. Dagegen ist, wenn die dritte Gelegenheit erst nach Verlauf von 30 Jahren eingetreten, und benutzt worden, die Verjährung trotzdem vollendet. 34) Unger S. 415 Note 15, S. 416 Note 16. 35) I. 9 §. 629. G-m. Recht. Nov. III. Nov. 131 c. 6. 1. ult. C. XI. 61. Unter Kirche wird hier die kirchliche Korporation, regelmäßig die örtliche Gemeinde einer der zur Zeit der Entstehung des Landrechts öffentlich aufgenommenen Religionsgesellschaften (IL 11. §. 17) verstanden. Es ist nicht richtig, wenn Koch, Komm, zu Z. 629 d. T. meint, Kirchen wären nach A.L R. nicht Rechtssubjekte. Er verwechselt Kirche mit Kirchengebäude. Geistliche Stifter, Domkapitel haben nicht das Privilegium der 44. Jahre. Entsch. B. 2 S. 68, ebensowenig diejenigen Religionsgesellschaften, .denen blos Korporationsrechte beigelegt sind. Schul- und Armenanstalten stehen nach II. 12 § 19, II. 19 § 43 den Kirchen gleich. 86) Simon, Materialien S. 554. Svarez hatte sich dagegen erklärt. Nur statt der regelmäßigen dreißigjährigen, nicht statt der allgemein an kürzere Fristen gebundenen Verjährung tritt die ungewöhnliche ein. Entsch. B. 6 S. 244. Rehbein I. S. 1074. 3’) Im gemeinen Recht war die Praxis früher schwankend, jetzt steht fest, daß gegen Städte die 30jährige Frist maßgebend ist. Vang erow, Pand. 1.259. Das O.-Trib. hat noch angenommen, die Frage sei nach gern. R. kontrovers. Entsch. B. 13 S. 161, wo für das preuß. R. der obige Satz festgestellt ist. Ferner Entsch. B. 18 S. 182. Rehbein I. S. 1077. Wegen Dorfgemeinden s. Rechtsfälle B. 4 S. 217. Gegen die Ansicht des O.-Trib. Fitting bei Gruchot X. 330. 38) Entsch. B. 45 S. 112. Der Satz gilt nur von den eigentlichen königlichen Hausfideikommißgütern, welche das Privileg der Staatsdomänen haben; also nicht von den Gütern, welche der regierende Landesherr erworben hat, und über die er unter Lebenden oder von Todeswegen noch anders zu verfügen in der Lage ist.. Vergl. A.L.R. II. 14 §§. 12—15.

§.57. Verjährung durch Nichtgebrauch.

315

geschrieben, und wird davon im besonderen Theil bei den betreffenden Rechts­

instituten zu handeln sein. Von allgemeinerer Bedeutung ist die im §. 54 I. 6 des Allgemeinen

Landrechts geordnete dreijährige Verjährung der Ansprüche auf Ersatz eines außerhalb der Fälle eines Kontrakts erlittenen Schadens, welche wie

bereits erwähnt, neben der ordentlichen vom Zeitpunkt der Schadenszufügung

laufenden Verjährung von den« Zeitpunkt läuft, in welchem Dasein und Urheber des Schadens zur Wiffenschaft des Beschädigten gelangt sind 38‘).

Der Umfang

der Anwendbarkeit dieser kurzen Verjährung ist nach doppelter Richtung zweifel­

haft gewesen.

Der eine dieser Zweifel, ob die Bestimmung auf den Fall der

Beschädigung durch unerlaubte Handlungen zu beschränken sei, ist durch die Deklaration vom 31. März 1838 dahin erledigt, daß die Bestimmung auch auf den

durch erlaubte Handlungen verursachten zu ersetzenden Schaden bezogen werden mufc38b). Gerade hieran knüpft sich die weitereFrage, ob die Worte „außerhalb dem

Falle eines Kontrakts"

strikt zu interpretiren seien, so

daß

von der kurzen

Verjährung zwar der Anspruch auf das Interesse wegen nicht erfüllten Ver­

trages, nicht aber Znteresseansprüche aus der Verletzung anderer zwischen be­

stimmten Personen bestehender Rechtsverhältniffe ausgenommen

seien.

Rach

mehrfachem Schwanken hat sich die Praxis mit Recht dahin entschieden, daß in allen solchen Fällen die kurze Verjährung ausgeschloffen ist38-), insbesondere

also wenn es sich um eine durch letzwillige Verfügung begründete Verbindlich­ keit, um das durch den Vormund verletzte Verhältniß desselben zum Mündel38^),

um Ansprüche

aus

der Geschäftsführung,

zwischen Nießbraucher

und

Eigenthümer,

und Grundeigenthümer38') handelt.

um Verletzung der

Inhaber

Beziehungen

einer Grundgerechtigkeit

Die Deklaration selbst hat eine der in

Rede stehenden rechtlichen Beziehungen besonders hervorgehoben, indem sie die Beschädigungen des Staats durch Amtsvergehen seiner Beamten, die eine

Verletzung des Dienstverhältnisses

Verjährung ausdrücklich entzieht.

zum Staat in

sich schließen,

der kurzen

Auch stellt die Deklaration klar, daß das durch

die Handlung bewirkte Erlangen eines Vortheils zum Nachtheil des Beschädigten 38b) Vgl. Svarez, Amtl. Vorträge in Kamptz Jahrb. B. 41 S. 7. Loewenberg, Motive der preuß. Gesetzgeb. I. S. 139, Hcydemann I. S. 305, Gruchot IV. 127, Koch, Recht der Forderungen II. 543, Unterholzner I. 521. In den früheren Auflagen dieses Buchs ist diese Lehre gesondert in dem §. 120 abgehandelt. Vergl. auch oben die Anm. 30a—30c. Die Deklaration gilt unter Beseitigung aller provinzialrechtlicher und statuarischer Bestimmungen. V. v. 15. April 1842. (G.S. S. 114). Vgl. die Vorgeschichte bei Loeweuberg S. 140. M-) Pln.-Beschl. v. 6. Sept. 1852. J.M.Bl. S. 354, Entsch. B. 23 S. 241, Rehbein 1 S. 615. 38B. 1 S. 289. Die Oblig. u. Sing. Succ. 1856. S. 115. Helmolt, die Korrealobl. 1857. Fitting, die Natur der Korr.-Obl. 1859. Windscheid, Krit. Ueberschau. B. 6 (1859) S. 209? Fritz in der Zeitschr. f. Civ.R. u. Proz.R. B. 17 S. 145, B. 18 S. 355, B. 19 S. 55. Samhaber zur Lehre von den Korrealobligationen. 1861. Baron, die Gesammtrechtsverhältnisse im röm. Recht. 1864. Siebenhaar, Korreal-Obligation. 1867. 1868. Brinz, Krit. Vierteljahresschr. B. 16 S. 1 (1873). Czylarz in Grünhut's Zeitschr. B. 3 S. 57. Weibel, die Korreal - Obligation. 1873. Mages, Gesammtschuldverhältniß. Auch Förster in den früheren Auflagen dieses Werks §. 63. Samhaber, zur Lehre von d. Korrealoblig. S. 201 Vangerow 6. A. III. S. 67f. Sintenis 2. A. II. S. 122. Windscheid II. §. 293. Vgl. im Uebrigcn im vorigen Paragraphen die Anm. 6. — Für deutsches R. Stobbe zur Gesch. des deutschen Vertragsrechts 1855 S. 145 f. D. Pr. R. B. III. §. 176 u. Goldschmidt Zeitschr. XIV. S. 397, XV. S. 301. - Zachariä (Puchelt) II S. 269. Hasenöhrl, Oesterr. Obl.Recht §. 9.

Die rechtliche Konstruktion

des Gesammtschuldverhältnisses

hatte zur

Zeit der Redaktion des A.L.R. noch wenig die Aufmerksamkeit der Civilisten

angeregt. derung

Man faßte ohne Unterscheidung die Fälle, in denen dieselbe For­

oder

dieselbe Schuld Mehrerer aus einer Obligation stammte, mit

denen zusammen, wo verschiedene Obligationen dieselbe Leistung erzeugten. Es ist daher erklärlich, daß auch das A.L.R. eine solche Unterscheidung nicht macht'), und ein näheres Eingehen in die richtige Auffassung des römischen

Rechts

die

wird

deshalb in der

gegenwärtigen Auflage dieses Werkes als für

Erkenntniß des preußischen Rechts unfruchtbar bei Seite gelassen.

Zn

diesem ist, wie bereits im vorigen Paragraphen angedeutet, das Gesammt-

gläubigerrecht und die Gesammtschuld auseinander zu halten.

I.

Gesammtgläubigerrecht?).

Eine Gesammtforderung im Sinne

des gemeinen Rechts regelt das Landrecht durch seine Vorschriften nicht.

Gesammtforderung des Landrechts ist wesentlich verschieden.

Die

Die mehreren

Gläubiger einer Obligation werden als Gesellschaft mit einheitlichem Willen t) Vgl. Svarez Schlußrevision. Jahrb. B. 41 S. 5. r) A.L.R. 1. 5. §. 450—453. Gruchot III. 343. Heydemann I. 289. Borne­ mann II. 381. Daniels II. 314. Koch, R. d. F. II. 19. Pr.R. II. 123. v. Kräwel bei Gruchot III 10. X. 231 f Savigny 1.289. Samhaber212. Der Entwurf zum allg. Ges.B. unterschied noch zwischen Theilbarkeit und Untheil-

§. 63 Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

353

aufgefaßt.

Zunächst gilt dies vom Vertragsrecht: „Hat sich Jemand in einem

Vertrage

mehreren Personen

einer und derselben Sache oder Leistung

zu

verpflichtet, so können die Mitberechtigten das gemeinschaftliche Recht in der Regel nur gemeinschaftlich ausüben"4*).* 3 Auch der Enverbsgesellschast, für

welche in irgend einer Weise

Forderungsrecht begründet ist,

ein

Geltendmachung der Forderung nur gemeinschaftlich ju5).

die

Gemeinschaft bezüglich

einer

Berechtigung durch

steht die

Aber auch wenn

ein vom Willen der

Genossen unabhängiges Ereigniß entstanden, gilt dasselbe; namentlich soll beim Erbfall die zur Erbschaft gehörige Aktivforderung von den Erben, solange sie

sich nicht auseinandergesetzt

haben,

nur

gemeinschaftlich

eingezogen

werden

tönnen6).7 Hier gellen diese Sätze schlechthin, dagegen bei der vertragsmäßigen Be­ gründung nur als naturale negotii, als Regel. Es kann Theilung des Rechts, ebenso

auch — wofür allerdings heute zu Tage selten ein Interesse bestehen wird, — die Geltendmachung als

werdens.

Korrealforderung im römischen

Sinne verabredet

Die Abrede der Berechtigten wird dann auch dazu beitragen können,

die Schwierigkeiten,

welche

aus

der Nothwendigkeit

gemeinschaftlicher Aus­

übung etwa entstehen können, zu beseitigen; Schwierigkeiten, welche die Praxis

barkeit des Objekts; bei ersterer sollte jeder seinen Antheil fordern können, bei letzterer sollten die Berechtigten „zusammen" fordern; war eine und dieselbe Hand­ lung zu leisten, so sollte auch nur Einer der Gläubiger sie forden dürfen. Heydemann S 290 Note 515. Ganz unbekannt ist die gemeinrechtliche aktive Korrealobligation dem Landrecht nicht; §. 460 I 16 setzt dieselbe als möglich voraus; warum sollte sie auch nicht durch ausdrückliche Willenserklärungen vertragsmäßig begründe: werden können? §. 450 I. 5. schreibt die gemeinschaftliche Ausübung des Rechts nur als Regel vor. 3) Hier wird ein rechtsgiltiger Vertrag vorausgesetzt. Striethorst B. 26 S. 194b. Ueber die Frage, ob auch aus einem Vertrage, bei welchem die gesetzlich vorge­ schriebene Form nicht beobachtet worden ist, eine aktive und passive Korrealobligation entstehen kann, s. Reichert bei Schering B. 2 S. 1 f. 4) Der §. 450. I. 5 entspricht der Meinung von Svarez: es sollte vermieden werden, daß der Schuldner zu Partialzahlungen wider seinen Willen verpflichtet werde. Er bezieht sich auf alle Arten obligatorischer Leistungen, wie sich insbesondere daraus ergiebt, daß der §. 15. II. 2. des Entwurfs, der noch die Auffassung des römischen Rechts enthielt, nicht in das A.L.R ausgenommen worden ist. S. Göppert, Bei­ träge zur Lehre vom'Miteigenthum, S. 21. 5) Vgl. unten B. II. §..143 unter III. 6) Vgl. unten §. 98 und B. IV §. 271. Das ist der praktisch häufigste Fall eines gemeinsamen Gläubigerrechts. 7) Vgl.Anm.3. Das moderne Verkehrsleben wird keinen Anlaß zu solcher Abrede geben; eine nähere rechtliche Ausgestaltung fehlt jedenfalls dem Verhältniß im preußischen Recht. Im gemeinen Recht ist zweifelhaft, ob die Prävention eines der Gläubiger durch Klage­ erhebung der Klage des zweiten Gläubigers entgegen stehe. Vom Standpunkte des preußischen Rechts ist zur Bejahung kein Anlaß; der Schuldner muß durch Zahlung, Deposition oder eine andere zulässige Tilgungsart befreit sein, wenn er sich gegen das Andringen eines der Gläubiger vertheidigen will. Das gilt insbesondere von dem reichsgesetzlichen Fall einer aktiven Korealobligation, welche das reichsgesetzliche Anfechtungsrecht begründet, bei welchem jeder der Gläubiger desjenigen, dessen Rechts­ handlung angefochten werden soll, von dem Dritten, die Rückgewähr behufs Er­ weiterung der Gegenstände der Zwangsvollstreckung fordern kann. Ein Fall, in dem aus den Umständen Theilung des Rechts nach Köpfen entnommen wird, I. 11. §. 615. Förster (Eccrus), Preuß. Privatrecht 1. 5 Aust 23

354

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

veranlaßt haben, weitgehende Individualrechte der einzelnen Mitberechtigten

anzunehmen b). 8) Förster bezeichnete in den früheren Ausgaben das Institut der „gemeinschaftlichen Berechtigung als ein für den Verkehr völlig unbrauchbares. „Es ist daher erklärlich", so führte er aus, „daß die Praxis bemüht ist, von dieser Regel abzukommen und sie kann dafür in einer mit dem älteren Recht übereinstimmenden Vorschrift der A.G.O. I. 5. §. 4. Nr. 7 einen Anhalt finden, wonach zwar der Einzelne nicht ohne Vollmacht der Uebrigen das Ganze, wohl aber seinen Antheil einklagen darf. Aber die Ausleger sind darüber verschiedener Meinung, wie weit mit Hilfe dieser Vorschrift die Bestimmung gemeinchaftlicher Einziehung beseitigt werden könne. Bornemann will dem Mitgläubiger die abgesonderte Einforderung seines Antheils nur dann ge­ statten, wenn die Forderung Mehrerer nicht durch Vertrag entstanden. Er hält also §. 450 d. T. aufrecht. Koch beseitigt ihn, indem er in allen Fällen die getheilte Einforderung zuläßt, wo die Leistung an sich theilbar ist. Bei untheilbaren bleibt es bei der gemeinschaftlichen Einziehung. Kräwel stellt sich in die Mitte, er ent­ zieht der Anwendbarkeit des §. 450 die Forderungen auf Zahlung einer Geldsumme: hier soll jeder Gläubiger seinen Antheil einklagen dürfen. Bei Ansprüchen auf „ein und dieselbe Sache" aber, als welche eine Geldsumme, weil sie kein zusammen­ hängendes Ganze sei, niemals betrachtet werden kann, soll §. 450 allein entscheiden. Gegen Bornemann spricht, daß zu einer solchen Unterscheidung die Worte der A. G.O. keinen Anhalt gewären, gegen Kräwel, daß er ganz übersieht, daß §. 450 nicht bloß bei Verträgen über ein dieselbe Sache, sondern auch bei Verträgen über Leistungen die Gemeinschaftlichkeit anordnet, die Zahlung einer Geldsumme aber doch jedenfalls eine Leistung ist. Darf also die Praxis sich bei theilbaren Sachleistungen nicht auf die A.G.O. berufen, so darf sie es auch nicht bei Geldleistungen. Deshalb erscheint Koch's Ansicht, mag sie immerhin die kühnere sein, allein als gerechtfertigt; jeder ist berechtigt, seinen Antheil einzuziehen, nur die Einziehung des Ganzen muß in Gemeinschaft, oder von dem Einen mit Vollmacht der Anderen erfolgen. Was die Praxis betrifft, so sagt das Reskr. v. 20. Septbr. 1833 (Jahrb. B. 42 S. 86), ein mehreren Personen hinterlassenes theilbares Legat kann, sofern der Antheil jedes Mitlegatars feststeht, von jedem Legatar auf Höhe seines Antheils eingezogen werden. Hier lag aber der Fall so, daß der Erblasser bereits die Quoten festgesetzt hatte, dadurch erschien das Legat schon ipso jure getheilt. Das O.Trib. hat in dem Präj. 1870 (v. I. 1840), Entsch. B. 40 S. 463, mit Hinweisung auf A.G.O. 1. 5. §. 4. N. 7 den Satz aufgestellt: Bei gemeinschaftlich geschlossenen Verträgen kann das ge­ meinschaftliche Recht in der Regel auch nur gemeinschaftlich von allen Theilnehmern im Wege der Klage verfolgt werden, und ist daher, so lange die Gemein­ schaft besteht, insofern der Vertrag selbst nicht etwa eine exceptionelle Bestimmung darüber enthält, der einzelne Theilnehmer zur Verfolgung des gemeinschaftlichen Rechts für sich nicht berechtigt. Eine wichtige Abweichung von dieser Regel enthält aber der PlBeschl. v. 1. Decbr. 1851 Entsch. B. 22 S. 136. Striethorst B. 4 S. 138. „In dem Fall, in welchem Mehreren das ihnen gemeinschaftliche Recht zu­ steht, von einem Dritten Rechnungslegung zu fordern, gehört es zu den Individual­ rechten des einzelnen Mitberechtigten, von dem Verpflichteten die Rechnungslegung an die Gesammtheit zu fordern." Vorbereitet war der Beschl. durch die Entsch. B. 19 S. 213. Diese Entscheidungen stützen sich aber nicht auf §. 4. N. 7. I. 5. A.G.O., sondern führen mit Rücksicht auf A.L.R. I. 17. §. 24 den Grundsatz aus, daß dem Mitberechtigten Alles gestattet sein müsse, wodurch die Rechte der Theil­ nehmer nicht verletzt und der Verpflichtete nicht in eine schlechte Lage versetzt wird. Eine Entscheidung, welche gradezu auf Grund des §. 4. N. 7. I. 5. A.G.O. den §. 450. I. 5. A.L.R. für beseitigt erklärt hätte, ist noch nicht bekannt geworden. Die Praxis zögert noch, der „kühnen Ansicht" Koch's zu folgen (welche Baron, Gesammtrechtsverhältniffe S. 231 ein schlechtes Mittel um eines guten Zweckes halber nennt), und doch ist sie, wenn der Bestimmung der A G.O. überhaupt Gewicht bei­ gelegt wird, woran man im Grunde nicht gehindert ist, allein konsequent und ge­ eignet, an Stelle des Unvernünftigen etwas Vernünftiges zu setzen. Allenfalls Striethorst B. 5 S. 28, wo §. 450 für unanwendbar erklärt wird auf die Klage eines von mehreren Bevollmächtigten gegen den Machtgeber wegen seiner Auslagen. Hier deducirt aber das O.Trib., daß nicht Einheit des Objekts der Obligation vor­ liege, d. h. in Betreff der Auslagen kein gemeinschaftliches Recht. Am weitesten geht die bei Gruchot III. 348 mitgetheilte Entscheidung auch in ihrer Auslegung des

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

Von dem Prinzip der Gemeinschaftlichkeit macht

ausdrückliche Anwendung.

Wiederverkauf

berechtigt,

355

das A.L.R. mehrfach

Sind mehrere Verkäufer oder mehrere Erben zum

so kann derselbe nur mit einstimmiger Bewilligung

Aller ausgeübt werdens. Der Bevollmächtigte, welcher von Mehreren zugleich einen

Auftrag erhallen hat, ist ihnen auch nur gemeinschaftlich Rede und Antwort schuldig10 * *).11 * * 12 ****9 Ist eine Sache von Mehreren gemeinschaftlich bei einem Dritten niedergelegt, so

hat dieser, selbst wenn die Sache theilbar wäre, sie mit: an Alle zurückzugeben, und sich mit dem Einzelnen nicht

einzulassen").

Die von mehreren Schuld­

nern gemeinschaftlich verpfändete Sache darf Einem derselben ohne Bewilligung

der übrigen nicht verabfolgt werden,

selbst wenn dieser die ganze Schuld be­

zahlt hätte").

9) 10)

11) 12)

Pl.Beschl., und Striethorst B. 25 S. 151. Siehe hierüber Koch, R. d. F. S. 27 N. 20a" — Förster erkennt am Schluß dieser Ausführungen an, daß die Praxis sich bis jetzt hauptsächlich, um das Verhältniß der Miterben zu bestimmen, mit dieser Frage beschäftigt hat. Nach Ansicht des Herausgebers ist aus §. 4. Nr. 7. I. 5. A.G.O. die „kühne" Ansicht Koch's nicht zu begründen. Die Bestimmung der A.G.O. ist mit dem Landrecht wohl vereinbar, wenn man sie auf die Fälle be­ schränkt, in denen ausnahmsweise ein selbständiges Theilrecht begründet ist. Vgl. auch Deruburg II. §. 51 und R G. bei Gruchot B. 26 S. 916. Es lassen sich aber auch nicht mit dem Obertribunal Fälle konstruiren, in denen der einzelne Mitberechtigte befugt wäre, Ansprüche auf Rechnunglegung oder auf Leistung an die Gesammtheit der Berechtigten als ein Individualrecht zu verfolgen. Ueber die Praxis vgl. außer den oben citirten Entsch. noch Entsch. B. 18 S. 242. B. 24 S. 24 S. 86, B. 68 S. 277. Reh dein I. S. 565. Nur wenn der Mitberechtigte als Stellvertreter der Mitberechtigten aufzutreten befugt ist, kann man solche Klage als zulässig ansehen. Die Abweisung der Klage der Einzelnen würde den gemeinsam auftretenden Mitberechtigten nicht als Judikat entgegengesetzt werden können. Zur Sache legitimirt sind also nur die Mitberechtigten zusammen. Es ist ein Fall noth­ wendiger Streitgenossenschaft im Sinne des §. 59. C.P.O. Die Judikatur läßt sich verleiten, die Legitimation anzunehmen, wenn der verfolgte Anspruch abgesehen von der Legitimation als begründet erscheint und berücksichtigt nicht, daß der Beklagte von Rechtswegen nur dann genöthigt ist, sich sachlich zu vertheidigen, wenn derjenige gegen ihn klagt, dessen Abweisung den Rechtsstreit zu seinen Gunsten erledigt, nicht wenn jemand klagt, trotz dessen Abwartung die wirklich berechtigten Mitgläubiger zusammen von Neuem klagen können. Vgl. oben §. 56 Anm. 41. I 11 §. 320. I 13. §. 210. Dies soll, wie die Rechtsprechung des Obertribunals nach der in Anm. 8 erwähnten Praxis annimmt, nicht ausschließen, daß der einzelne Mitberech­ tigte auf Rechnungslegung an die Gesammtheit der Auftraggeber Klage erhebe. I. 14. §§. 63. 65. I. 20. §. 181. — „Damit steht aber", so hieß es bei Förster, „in Widerspruch, daß, wenn eine Sache mehreren Personen geschenkt worden ist, und eine von ihnen ausfällt, ihr Antheil in das Vermögen des Schenkenden zurückfallen soll (I 11. §. 1085), daß ferner, wenn Mehrere gemeinschaftlich eine Leibrente gekauft haben, bei fehlender Verabredung angenommen werden soll, daß jeder nur einen Kopfantheil zu fordern habe, mithin mit dem Abgang Eines sein Antheil zu Gunsten des Ver­ käufers erlischt (I. 11. §§. 615, 616), daß dem Mitberechtigten gestattet ist, mit dem gemeinschaftlichen Schuldner auf seinen Antheil eine Novation vorzunehmen, ja daß er aufs Ganze noviren kann, wenn der Schuldner befugt ist, an ihn das Ganze zu zahlen (I. 16. §§. 459. 460. Gruchot S. 345 Note 1)." — Diese Widersprüche siud als solche nicht aufrecht zu erhalten. I 11. §. 1085 enthält den einfachen Satz, daß, wenn eine Schenkung den A, B und C zu Miteigentümern einer Sache machen sollte, bei Wegfall des A dem B und C nicht mehr geschenkt ist, als zuvor beabsichtigt war, und daß also, soweit das Geschenk nicht zur Ausführung kommt, der Geschenkgeber Miteigentümer bleibt. Die Bestimmung läuft darauf hinaus, daß die verbleibenden Geschenknehmer gemeinschaftlich nur auf Einräumung des Miteigentums klagen

Zweites Buch.

356

aus

Wie nun Gesammtrechts

Die besonderen Privatrechte.

dem Grundsatz der gemeinschaftlichen Ausübung eines

folgt,

daß

kein Mitberechtigter durch seine einseitigen Hand­

lungen und Entsagungendas Rechtderübrigenschmälern, daß ein solcher also in keiner

Weise wirksam ohne Zustimmung der anderen mit dem Schuldner Verhandlungen über das gemeinsame Recht vornehmen darf, die dem Mitberechtigten schädlich

werden könnten"),

so

ergiebt

sich weiter daraus, daß das Verhältniß

der

Mitberechtigten unter sich nach den Grundsätzen des gemeinschaftlichen Eigen­

thums beurtheilt werden muß"). „Hat bei

Zweifelhaft ist die Auslegung des §. 452:

einer theilbaren Sache oder Summe der Verpflichtete

einem

der

Berechtigten seinen Antheil entrichtet, so tritt er in Beziehung auf die übrigen Berechtigten an dessen Stelle."

Darin liegt,

daß

die Zahlung

des Schuld­

ners an einen Berechtigten auf seinen Antheil nicht unwirksam ist, daß dieser

Berechtigte aus der Gemeinschaft austritt und daß bei der Allsgleichung der

Mitberechtigten unter sich statt des Befriedigten der Schuldner dessen Antheil liquidirt.

Ergiebt sich dann, daß der Befriedigte bei der Theilung nicht soviel

zu erhalten hatte,

als ihm gezahlt ist, so kann der Zahlende über den wirk­

lichen Antheil hinaus nicht als befreit angesehen werden").

Dieselben Sätze

können, nicht aber, daß jeder einen selbständigen Anspruch auf einen bestimmten An­ spruch hat. Die §§. 615 ff. I. 11 regeln, inwiefern beim Leibrentenkauf Mehrerer das Ableben eines der Käufer die Gesammtverbindlichkeit des Leibrentenverkäufers er­ leichtert, darüber aber, ob die Ueberlebenden jeder für sich in bestimmter Höhe klagen können, oder ob sie bei einheitlichem Vertragschluß gemeinsam zu klagen haben, wird nichts bestimmt. Der Fall des §. 460 I 16 setzt, wie bereits in Anm. 2 hervor­ gehoben ist, voraus, daß ausdrücklich den mehreren Gläubigern die Stellung gemein­ rechtlicher correi eingeräumt ist; im §. 459 aber wird der Novation eines nach Land­ recht Mitberechtigten dieselbe Wirkung beigemessen, die der Zahlung an denselben nach dem im Text weiter unten besprochnen §. 452 I 5 betgemessen ist. In Höhe des Antheils des Novirenden wird der Schuldner befreit, wie hoch dieser An­ theil ist, bestimmt sich bei der Theilung, dem Mitberechtigten gegenüber aber rückt der Schuldner insoweit an die Stelle des Abgefundenen. — Wirklich im Widerspruch mit dem Prinzip der Gemeinschaftlichkeit des Forderungsrechts Mehrerer stehen dagegen §§. 303, 308. I. 16, wonach der gemeinschaftlichen Klage der Berechtigten (auch der Miterben) gegenüber der Beklagte in Höhe des Antheils des Einzelnen mit Gegen­ forderungen an diesen kompensiren kann. (Für den Fall, daß der letztere klagt, ist der eine im Prozeß stehende Mitberechtigte dagegen nicht legitimirt, die gemeinschaft­ liche Gegenforderung in Höhe seines „Antheils" in Anrechnung zu bringen. Striethorst B. 47 S. 128). Es muß dies als eine zum Schutze des Schuldners und seines Kompensationsrechts gegebene Ausnahmevorschrift anerkannt werden. Was es heißen soll, wenn Dernburg (II. 123) die Bestimmung nur anwenden will, wenn die Höhe des Antheils „liquid" ist, verstehe ich nicht, auch gegenüber dem Miterben zur Hälfte wird vor Zuweisung der Nachlaßforderung an ihn zur Hälfte die Kompensation durchgreifen, und derselbe wird sich bei der Nachlaßtheilung den durch Kompensation getilgten Betrag anrechnen lassen müssen. Vgl. auch unten §. 91 Ib. 13) L 5. §. 451. Daß §. 451 mit doch anfängt, deutet darauf hin, daß die Vorschrift des tz. 450 wieder etwas gemildert werden soll; keiner der einzelnen Teilnehmer soll hindern, daß alle gemeinschaftlich ihr Recht verfolgen: das Interesse des Einzelnen soll nicht das Interesse Aller stören. Daraus folgt, daß hier, wie in anderen Fällen der Gemeinschaft, es Mittel geben muß, den Widerspruch des Einzelnen zu beseitigen, der durch die Weigerung der Rechtsverfolgung die andern an der Ausübung ihrer Gerechtsame hindern würde. Die Praxis stützt aber hierauf zum Theil den ausge­ dehnten Schutz des Individualrechts, von dem in Anm 8 gesprochen ist. 14) I. 6. §. 453, vgl. mit I, 17. §. 171. 173. 15) Förster leugnete gegen Rubo S. 16 mit Bornemann I. 383f. Koch, R. d. F. II. 25, daß der Zahlende als Cessionar des Befriedigten angesehen werden könne, da

357

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

müssen bei andern Aufhebungsgründen dem einzelnen Miigläubiger gegenüber, z. B. bei Novation oder Erlaß durchgreifen, nur für die Kompensation ist die

Rechtsstellung des Schuldners der Gemeinschaft abweichend geordnet").

2. Die Gesammtschuld").

„Hasten des Einen für Alle und Aller

für Einen," kann nach preußischem Recht für die Milverbindlichkeit einer Mehrheit

von Personen durch Vertrag, letztwillige Verfügung, widerrechtliche Beschädi­ gung begründet werden.

Auch eine gesetzliche Haftung dieser Art ist möglich.

Bei jedem gemeinschaftlichen Vertrag aber vermuthet das Gesetz, wie

erwähnt,

durch den Nachweis einer abweichenden Willensübereinstimmung

schließenden beseitigt.

bereits

Diese Vermuthung wird

für die Absicht der Korrealverpflichtung.

der Vertrag­

Dieselbe kann sich aus dem Vertragsinhalt nach Wort­

laut und Auslegung desselben ergeben.

eine münd­

Insbesondere wird auch

liche Abrede, wenn die Verbindlichkeit ohne nähere Angabe gemeinschaftlich in

den schriftlichen Vertrag übernommen ist, beseitigen").

Auch die näheren Umstände

genügen,

um die Vermuthung zu

des Geschäftsschluffes,

die Natur

des Geschäfts, der sich aus Stand und Gewerbe des Einzelnen ergebende Zweck

der Betheiligung des Einzelnen19 * *) * können * 16 17 * die Annahme einer getheilten Haftung begründen.

Dabei wird sich zugleich die Höhe der Theilhaftung ergeben;

Zweifel aber wird man gleiche Antheile annehmen müssen.

im

Die Vermuthung

kann auch nach der Richtung hin ausgeschlossen werden, daß statt der korrealen

eine „gemeinschaftliche" Haltung in der Weise eintreten

sprochene Leistung kann.

nur von den Schuldnern zusammmen

soll,

daß

die ver­

gefordert werden

Eine dahin gehende Absicht ergiebt sich ohne ausdrückliche Erklärung,

wenn der Vertrag nach seinem Inhalt nur durch

gemeinschaftliche Thätigkeit

erfüllt werden kann19), z. B. wenn mehrere als Kollektivbevollmächtigte beauf-

16) 17)

iS)

19)

soweit die Schuld getilgt sei, von Abtretung einer Forderung nicht mehr die Rede sein könne: es handelt sich aber nicht um Eintritt des Zahlenden in das Gläubigerrecht gegen ihn selbst, sondern um Eintritt desselben in das Forderungsrecht bezüglich der Kommunion gegenüber dcnKommunionsinteressenten. Vgl. Dernburg II. §.51 Sinnt. 13 S Sinnt. 12 a. E. I. 5. §. 424—449. Gruchot Hl. 288. Heydemann I. 283. Bornemann II 378. Koch, Pr.R. II. 125. R. d. F. II. 28. Wienstein bei Gruchot VI. 475. Savigny I. 290. Samhaber 204. Auch bei Verpflichtungen mehrerer Personen durch ein Geschäft, welches von ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist, wird regelmäßig eine solidarische Pflicht begründet. H.G.B. Art. 280, vgl. Art. 112, 173, 178, 204, 241, 245, 257, 269. Gruchot III. S. 300 führt aus, daß eine solche mündliche Abrede als eine vom schriftlichen Vertrag abweichende Feststellung wesentlicher Theile des Vertrags anzu­ sehen sei, während Wienstein a. a. O. S. 489 darin eine unerhebliche mündliche Nebenabrede sieht. Es steht aber nichts entgegen, abweichend von der Vermuthung des §. 424, die schriftlich vorliegende Erklärung bei ausdrücklicher Abrede einer be­ stimmten Art der Haftung dieser Abrede gemäß zu interpretiren. — Als Beispiel einer aus dem Stand des Einzelnen zu entnehmenden Interpretation erwähnt Bornemann S. 381 Note 2 den Fall, daß die Mitglieder einer Gemeinde zn Bau­ diensten (Hand- und Spanndiensten) verpflichtet sind, nicht Einer für Alle, sondern jeder nach seinen Kräften. Nicht bei allen untheilbaren Obligationen. (Vgl. §. 67.) Wenn zwei Schuhmacher die Pflicht übernehmen, ein Paar passender Stiefel zu liefern, so kann der eine nicht durch Lieferung eines Stiefels, sondern nur durch Lieferung des Paares frei werden;

Zweites Buch.

358 tragt worden sind,

sollen,

geben

Die besonderen Privatrechte.

wenn mehrere aus der gemeinsamen Verwahrung heraus­

insbesondere

auch,

wenn Miteigentümer

schaftlich an einen Andern veräußern. Ganze verpflichtet sein soll;

daß

gegen den

Hier ist klar, daß nicht jeder auf das

ebensowenig aber ist die Absicht dahin gerichtet,

einzelnen Miteigenthümer

ein Anspruch

auch

daß eine Verbindlichkeit des einen der Mitkontra­

henten entstehen konnte, während

der andere als verpflichtungsunfähig,

weil er sich z. B. als Analphabet nicht in der

konnte, frei bleibt.

auf Abtretung des

Bei einem solchen Vertrage kann hiernach

Miteigenthums erwachse2").

nicht davon die Rede sein,

eine Sache gemein­

oder

gewählten Form verpflichten

Vielmehr wirkt in Fällen dieser Art nothwendig die Un­

verbindlichkeit des Vertrages für einen Kontrahenten die volle Unverbindlichkeit

desselben auch für den anderen21 * *).20

’ Die Vermuthung aus §. 424 bezieht sich auf die gemeinschaftliche Ver­ pflichtung in demselben Vertrage, ist also nicht auf den Fall auszudehnen, wo

ein Dritter

die bereits in einem fertigen Vertrage begründete Verbindlichkeit

eines Andern nachträglich übernimmt. ergiebt

die freie Interpretation seiner

gilt dies von der Bürgschaft, sein kann,

und

Wofür dieser haften will Vertragserklärung22).

und

soll,

Insbesondere

die auf einen Theil der Hauptschuld beschränkt

bei der zwar die Leistung des Hauptschuldners den Bürgen,

nicht aber die des Bürgen den Hauptschuldner befreit, welcher letztere vielmehr er ist auf das Ganze verpflichtet, und kann auf die ganze Lieferung allein verklagtwerden; es handelt sich nicht um eine Leistung, die er gemeinsam mit dem andern fertig stellen soll. 20) Vgl. Striethorst B. 96 S. 252. — Vielleicht ist in Z. 427 der Passus „und ist es gleichwohl aus dem Vertrage klar, daß die mehreren Verpflichteten nicht gemein­ schaftlich haften sollen" in diesem Sinne zu verstehen, wahrscheinlich ist indessen hier mit dem Ausdruck die korreale und gleichzeitig gemeinschaftliche und deshalb einen Regreß begründende Gesammthaftung bezeichnet; jedenfalls wird der Ausdruck aber auch angewendet, wo er besagen soll, daß die Verpflichteten alle zusammen in Anspruch genommen werden sollen, z. B. gemeinschaftliche Verpflichtung der Erben nach §. 127 I. 17; der Ausdruck kommt frerlich auch vor, wo nur angedeutet werden soll, daß die mehreren Verpflichteten eine Last unter einander zu übertragen haben, ohne daß deshalb gefolgert werden dürfte, daß die Klage gegen alle Verpflichteten in dem­ selben Verfahren angestellt werden muß, und daß der Kläger sich dabei der Aufgabe entziehen darf, jeden Verpflichteten auf einen bestimmten Antheil zu verfolgen (II. 3 §. 20), vgl. unten Anm. 59. Die ausdrückliche Vertragsabrede gemeinschaftlicher Haftung in dem im Text bezeichneten Sinne würde ohne das Vorhandensein eines gemein­ samen Objekts, das selbst den ungetheilten Gegenstand der Leistung bilden soll oder aus dem zu leisten ist, ein bestimmtes Maß der Haftung nicht ergeben, wenn nicht ein bestimmtes Verhältniß festgesetzt wäre: der Zwang gegen die gemeinschaftlich Verurtheilten muß doch gegen das Vermögen des Einzelnen gerichtet werden, falls nicht das Urtheil selbst einen gemeinsamen Gegenstand oder einen Inbegriff gemeinsamer Gegenstände, aus dem zu leisten ist, bezeichnet. Ein Urtheil gegen mehrere Ver­ wandte, das sie zur gemeinschaftlichen Zahlung von Alimenten verurtheilt, ist nicht vollstreckbar. Vgl. B. IV. §. 239 Anm. 37 ff. Die bloße Abrede gemeinschaftlicher Leistung würde nicht einmal die exceptio plurium litis consortium begründen können, sie wäre nach dieser Richtung wegen mangelnden Interesses unverbindlich. 21) Striethorst B. 96 S. 252. Rehbein I. S. 561. Vgl. unten Anm. 49. 22) I. 14. §§. 257—277, 338. Siehe das Nähere bei der Darstellung der Bürgschaft §. 144. Das Verhältniß des Bürgen und des Hauptschuldners steht nicht unter dem Gesichtspunkt der Gesammtschuld, sondern der von einer Hauptschuld abhängigen accessorischen Verbindlichkeit. Ebenso ist die Pfandhaftung accessorisch. Die An­ schauungen Försters waren abweichend.

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

Dagegen werden, da das A.L.R.

solchen Falls dem Bürgen verpflichtet wird.

die Einrede der Theilung nicht kennt,

mehrere Mitbürgen,

ohne antheilsweise Verhaftung festzusetzen.

gemeinschaftlich verpflichtet haben,

dann,

wenn sich

dem Gläubiger

wenn sie sich in einem Vertrage

gegenüber als Gesammtschuldner aufgefaßt,

Auch

359

besonders verbürgt hat, haften sie dem

ein Zeder

Gläubiger auf das Ganze der von Jedem übernommenen Verbindlichkeit, ohne

zu einander in das Rechtsverhältniß gemeinschaftlicher Verbindlichkeit (Gesammtschuld) zu treten23).

Aus

Verträgen der verschiedensten

rechtlichen Kategorien kann eine

Verpflichtung der Mitschuldner auf das Ganze hervorgehen24). 25 26 Die * 28s. g. Real­ verträge,

deren Verbindlichkeit aus

machen keine Ausnahme. Gesetz gradezu23),

dem

Sache

Empfange der

entspringt,

Zn Betreff des Verwahrungsvertrages sagt es das

in Betreff des Darlehns

hat sich die Praxis mit gutem

Grunde dafür entschieden, auch wenn für den gemeinschaftlichen Empfang nur

der

spricht23).

gemeinschaftliche Schuldschein

Bei dem

öffentlichen Verkauf

haften diejenigen, die gemeinsam Meistbietende geblieben sind, wie bei gemein­

samem Vertragsschluß als Gesammtschuldner2'), Unternehmer,

und

ebenso müssen mehrere

zu deren Gunsten eine Zwangsenteignung stattfindet,

für die

Enteignungsentschädigung als Gesammtschuldner haften23). Wenn in einem Testament

ein Legat ausgesetzt ist,

so

haften die

mehreren Erben dafür zwar gemeinschaftlich mit dem Nachlaß, wie Miterben

auch für Nachlaßschulden haften, aber nicht Einer für Alle.

Durch die Thei­

lung ohne Befriedigung des Legatars kann dann eine Haftung des Einzelnen

für das Ganze begründet werden,

wie unten näher darzulegen ist22).

Eine

23) I. 14. §§. 374. 378. Es fehlt die Regreßverbindlichkeit 24) Die Wechselverpflichtung Mehrerer beruht nicht auf demselben Vertrag, sondern für jeden auf besonderem Grund, geht zwar auf das Ganze, ist aber nicht korreal. Nicht einmal die Zahlung des Einen befreit nothwendig den Anderen. Striethorst B. 78 S. 15. R.O.H.G. B. 15 S. 179. Rehbein I S. 559. 25) A.L.R. I. 14. §. 59. 26) Entsch. B. 21 S. 421. B. 32 S. 349. Rehbein I S. 557. Koch, R. d. F. II. S. 10 Note 3b. gegen das Obertribunal. Vgl. gegen ihn Wienstein a. a. O. 483f. und Samhaber S. 205. 2’) Dies folgt aus der in §. 130 darzulegenden Vertragsnatur, kraft deren §§. 424 ff. anzuwenden sind. Der neben dem Meistbietenden nach §. 83 des Jmmob.-Vollstr.Ges. v. 13. Juli 1883 haftende Cessionar der Rechte aus dem Meistgebot haftet nicht kraft einer gemeinschaftlichen, sondern nur einer solidarischen Pflrcht. Der Meist­ bietende wird sich an ihn, nicht er an den Meistbietenden im Regreßwege halten können. 28) Auch hier entscheidet die im §. 131 zu begründende Vertragsnatur. Vgl. Koch, R. d. F. II. S. 9, Gruchot S. 305. ») Von der Gemeinschaftlichkeit der Haftung der Miterben ist in §. 98 und in B. IV. H. 271 zu handeln Sie versteht sich von der Haftung mit dem Nachlaß, so lange dieser im ungetheilten Besitz der Miterben. Ein Urtheil, das in den Nachlaß voll­ streckt werden darf, kann vor der Theilung nur gegen die Gesammtheit der Miterben ergehen. Der einzelne Benefizial-Miterbe, der doch nur aus und mit dem Nachlaß haften soll, ist überhaupt nicht passiv legitimirt; das gegen ihn ergehende Urtheil wäre nicht in den Nachlaß zu vollstrecken, und seine persönliche Haftung wird nicht gesucht. Ihm steht also die exceptio plurium litis consortium zur Seite, er findet

Zweites Buch.

360

Die Grundbegriffe.

von vorn herein eintretende torreale Verpflichtung kann aber der Testator aus­ drücklich anordnen30 * *).31 * **

Eine Verpflichtung der mehreren an der Hervorbringung einer wider­ rechtlichen Beschädigung Betheiligten auf das Ganze erkennt das Gesetz

an, wenn den Betheiligten Vorsatz oder grobes Versehen zur Last fällt, un­ bedingt,

bei mäßigem und geringem Vergehen aber dann, wenn nicht ausge­

mittelt wird,

daß

eingetretenen Folgen auf die Handlungen eines be­

die

stimmten Theilnehmers

zurückzuführen sind3').

Unter diesen

Gesichtspunkt

fallt auch die'Verhaftung des Mitgliedes eines Beamtenkollegiums für schädi­

gende Amtsversehen33).

Nach dem Reichsgesetz über den Wucher trifft die

solidarische Verbindlichkeit alle des Wuchers Schuldigen, Weise schuldig

in besonderer

gemacht hat33).

auch wenn jeder sich

Reichsgesetzlich ist auch die

Haftung des Veranlaffers und des Veranstalters34) eines Nachdrucks eine soli­

darische, und Mehrere, die gemeinschaftlich zu einer Buße verurtheilt werden, haften für das Ganze33).

Gesetzlich führt ferner die

gleiche

Verantwortlichkeit mehrerer Vor­

münder dahin, daß jeder für einen als Folge seiner Versäumniß eingetretenen

Nachtheil, neben dem Theilung

andern gleich säumigen Vormund,

auf das Ganze zu

Auf die gesetzliche Korrealschuld der Miterben im Fall der

haften hat33).

eines Nachlaffes ohne Zahlung der Nachlaßschulden ist bereits hin­

gewiesen3').

Reichsgesetzlich ist noch zu erwähnen die eigenthümlich geordnete

Solidarhaft der Mitglieder einer Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaft für deren Schulden33),

die solidarische Haftung der offenen Handelsgesellschafter

und der persönlich hastenden Gesellschafter neben der Gesellschaft33), sowie die solidarische Haftung der Gründer einer Aktiengesellschaft43) und der Mitglieder

des Vorstands,

der Liquidatoren und des Aufsichtsraths für gewiffe Vernach­

lässigungen4').

Das gerichtliche Urtheil kann eine solidarische Verbindlichkeit feststellen,

es hat aber nach preußischem Recht nie den Zweck, eine solche zu begründen43). sich — vor der Theilung — in nothwendiger Streitgenossenschaft. (Entsch. B. 4 S. 302 Plen.-Beschl.; Präj. 938, Entsch. B. 44 S. 94. Striethorst B. 76 S. 175) Ein Miterbe, der als Erbe ohne Vorbehalt, also als persönlicher Schuldner, in An­ spruch genommen wird, ist in anderer Lage. 30) A.L.R. I. 12 §. 289. 31) I. 6. §§. 29. 30. 31. Gruchot S. 485. Vgl. auch die besonderen Bestimmungen der V. v. 17. August 1835. 32) A.L.R. II. 10 §§. 130—134. Strieth. B. 48 S. 297. 33) Reichswuchergesetz v. 24. Mai 1880, Art. 3. 34) Reichsges. über das Urheberrecht v. 11. Juni 1870, §. 20. 33) Str.G.B. §. 231 Abs. 3, — ebenso die anderen Gesetze, nach denen auf eine Buße erkannt werden kann. 36) Vorm.-O. v. 5. Juli 1875, §. 32. (A.L.R. II. 18 8. 288.) 37) Oben Sinnt. 29. 38) Gen.-Ges v. 4. Juli 1868, §§. 12, 51. K.-Ord. §. 195. 39) H.G.B. Art. 112, 150, vgl. Art. 257, 269. 4°) H.G.B. Art. 178, 180, 180a, 211, 213 a. 41) H.G.G. Art. 180 b, 204, 241, 245, 247. 42) Das Theilungsurtheil, das im gemeinen Recht Verbindlichkeiten begründen kann, ist ' dem preußischen Recht fremd.

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

361

Zst in einem Urtheil ein Beitragsverhältniß mehrerer Verpflichteten nicht an­ gegeben, so wird eine Interpretation des Urtheils ergeben können, daß damit eine bestimmt getheilte, gemeinschaftliche oder solidarische gemeint ist; ob aus solchem Urtheil ohne erneute Feststellung der Art der Haftung die Zwangs­ vollstreckung zulässig erscheint, ist eine andere Frage"). Aus den vorstehenden Erörterungen ergiebt sich, daß die korreale Haftung nlehrerer Mitverpflichteter nur in den positiven Grenzen des Gesetzes begründet ist. Darüber hinaus gilt auch in Preußen ratarische Haftung, sofern der Gegenstand der Leistung ein theilbarer ist, sonst gemeinschaftliche Leistungs­ pflicht"). Insbesondere kann daraus, daß mehrere Personen nur gemein­ schaftlich zur Geltendmachung der entsprechenden Forderung berechtigt gewesen wären, kein Schluß dahin gewonnen werden, daß dieselben bei gemeinschaft­ lichem Empfang einer Nichtschuld zur Rückzahlung in solidum verpflichtet sind, da solcher Empfang nicht ein auf Begründung einer Verbindlichkeit ab­ ziehendes Rechtsgeschäft ist45 43). 44 B. Was die Rechtsverhältnisse auf Grund einer rechtlich begründeten Gesammtschuld anlangt, so ist der Gläubiger berechtigt, jedem einzelnen, oder einige oder alle Schuldner auf die ganze Leistung oder beliebige Theile derselben in Anspruch zu nehmen; er wählt unter ihnen, kann von der Wahl abspringen und dieses Wahlrecht erlischt erst durch wirkliche 93efriebigung46). Seine Klage gegen den einen Schuldner aus dem gemeinschaftlichen Vertrage 43) Als entscheidend int Falle des Zweifels muß angenommen werden, daß die für das ursprüngliche Nechtsverhältniß maßgebende Art der Haftung auch im Erkenntniß ge­ meint ist. So schon A.G.O. I 24. §. 13. Bezüglich der Kosten, welche einer aus mehreren Personen bestehenden Partei auferlegt sind, ist die Frage nach ergangenem Urtheil ebenfalls Auslegungsfrage; für das zu erlassende Urtheil schreibt §. 95 C.P.O. vor, daß, soweit nicht Vorschriften des bürgerlichen Rechts solidarische Haftung be­ sonders begründen, regelmäßig Haftung nach Kopftheilen^auszusprechen ist, daß jedoch das Gericht bei Verschiedenheit der Betheiligung ein anderes Verhältniß festsetzen kann. Früheres Recht §. 29 I. 23 A.G.O. und später §. 10 Nr. 5 Ges. v. 10. Mai 1851. 44) A.G.O. I. 5 §. 4 Nr. 8 Abs. 3, Koch, R. d. F. II. 15. 45) Das O.Trib. hat Solidarverbindlichkeit zur Rückerstattung angenommen (Striethorst B. 25 S. 99, B. 29 S. 262). Gegen die Ansicht des O.Trib. s. Koch S. 13. Gruchot S. 305 Samhaber S. 206. Wienstein S. 488. Dernburg II. Rehbein I S. 559. Vgl. auch R.O.H G B. 24 S. 11. Hat die Empfangnahme der Schuld für eine Gesellschaft oder bei einem gemeinschaftlich verwalteten Nachlaß stattgefunden, so wird gemeinschaftliche Haftung mit dem gemeinsamen Fonds be­ gründet sein. 46) A.L.R. I. 5 §§. 430, 433, 434. Auch gleichzeitig kann der Regel nach in beson­ deren Prozessen gegen mehrere der Gesammtschuldner auf das Ganze geklagt werden. Seuffert XII. 12 verneint aus Gründen, die für das preußische Recht nicht zutreffen. Dernburg II. §. 49 Anm. 2 bejaht. Bei Verfolgung der Gesammtschuld gegen mehrere Schuldner in demselben Rechtsstreit, sind letztere eigentliche Streitgenossen (C.P.O. §. 56), die Rechtsstellung des einzelnen in seiner Vertheidigung ist regel­ mäßig selbständig (C.P.O. §. 58): insoweit die Verhaftung der Mitschuldner in dem Sinne einer nur gemeinschaftlich zu erfüllenden Pflicht übernommen oder kraft Ge­ setzes begründet ist, finden die Grundsätze von der nothwendigen Streitgenossenschaft Anwendung. Bezüglich der Geltendmachung in den Konkursen mehrerer Verpflichteter vgl. Anm. 52.

362

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

unterbricht die Verjährung gegen die übrigen4,7).

der Litiskontestation ist dem

Die konsumirende Wirkung

preußischen Recht unbekannt.

Es kann der be­

langte Schuldner auch die Einrede der Rechtskraft aus der Person des früher verurtheilten gegenstellen,

oder von

der Schuld freigesprochenen Milschuldners nicht ent-

ohne Rücksicht darauf,

im Prozesse beigeladen ist. nur dahin,

ergeht darum doch

daß dem Gläubiger gegen den erst belangten Schuldner der An­

spruch nicht zusteht. Rechts

ob er diesem regreßpflichtig und deshalb

Denn der abweisende Spruch

Die durch Novelle 99 für Korrealschuldner des römischen

eingeführte Einrede der Theilung

ist in das

ausgenommen, ebensowenig in das deutsche Handelsrecht.

preußische Recht nicht

Der Gläubiger kann

also nicht antheilweise an einen Mtschuldner verwiesen werden.

der belangte Schuldner die Mitverpflichteten insoweit,

dieselben einen Ausgleichungsanspruch zu

haben,

als

er

zum Prozeß

Dagegen kann glaubt zuziehen,

gegen und

ihre Vertheidigung kommt ihm zu gute48 * *).49 * * *Dem * * * * *Gläubiger *** gegenüber wirkt auch die persönliche Unfähigkeit eines auf das Ganze haftenden Mitschuldners für die anderen nicht befreiend48).

Doch ist hierbei zu beachten, daß bei zwei­

seitigen Verträgen die Leistung von der

einen Seite nur gegen die

volle

Leistung des andern Theils beansprucht werden kann; daß sich aber hieraus nicht folgern läßt, daß der andere Theil an den Vertrag gebunden bleibt,

obgleich

ihm als Paciscent nunmehr nicht alle diejenigen gegenüber stehen, für welche nach seinem Vertragswillen ein gemeinschaftliches Recht begründet werden sollte ^). 47) 1.5. §.440. Darüber ob Anerkennung eines Korrealschuldners die Verjährung gegen die an­ deren unterbricht s. Anm. 61. Jedenfalls ist Zinsenzahlung durch einen der Schuldner als Zinsenannahme durch den Gläubiger und also als Ausübung der Forderung mit Recht als unterbrechend angesehen. Schles. Arch. B. 5 S. 462, Jurist. Wochenschr. 1846 Sp. 33.—Der Satz ist nur für die vertragsmäßige Korrealschuld ausgesprochen, ist aber auch anwendbar für andere Fälle der Gesammtschuld aus identischem Verpflichtungsgrunde, insbesondere Testamentsbestimmung, dagegenkann er nicht beiden aus besonderemVerschulden der Ein­ zelnen herzuleitenden Ansprüchen,auch nicht bei den gesetzlichen Fällen der gemeinsamenVerbindlichkeit angewendet werden. Bei der in Anm. 24 betonten Natur der gemein­ samen Wechselschuld Mehrerer war Art. 80 der Wechselordnung, nach welchem die Verjährung nur gegen den einzelnen bestimmten Schuldner durch Klage unterbrochen wird, ganz konsequent. Ueber die Wirkung der Verjährung bei accessorischer Ver­ bindlichkeit s. §. 144 Anm. 89 (Bürgschaft) und §. 194 unter c (Pfand). 48) I. 5. §§. 430—434 jetzt C.P.O. §. 69. Darnach ist die Streitverkündung nicht ge­ geben, wenn der Verklagte den andern Gesammtschuldnern gegenüber zur Zahlung aus eignen Mitteln verpflichtet ist und dies anerkennt. Auch wird in solchem Falle Zurückweisung einer Intervention des correus auf Grund der §§. 63 ff. C.P.O. wegen mangelnden Interesses beantragt werden können. Der Satz des Landrechts, daß die Streitverkündung den Berechtigten in der Verfolgung seines Anspruchs nicht auf­ halten dürfe, hatte auch nach älterem Recht nur die Bedeutung, daß die Litisdenunziation rechtzeitig im Hauptprozeß erfolgen muß. Die rechtzeitig vorgebrachte Ver­ theidigung des Litisdenunziaten wurde aber verhandelt, selbst wenn sie weit aus­ sehende Beweisführung verlangte. Koch, R. d. F. II. S. 43. — Hauptpartei, Mit­ beklagter wird selbstverständlich der herangezogene und in den Rechtsstreit eintretende Mitschuldner nicht. 49) I. 5. H. 446. Entsch. B. 41 S. 45. Strieth. B. 38 S. 51. Rehbein I. 560. Daß d:e Sache bei gemeinschaftlicher Verpflichtung anders liegt, darüber vgl. Anm. 21. 69) Abweichend Förster in den früheren Auflagen. S. auch v. Kraewel a. a. O. S. 25f. Wienstein a. a. O. S. 497f. Man erwäge: Wenn A. gegen die Ver­ bindlichkeit des B. und C. zu einer Zahlung eine Vorleistung übernommen hat,

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

363

Die Handlungen eines Schuldners können den Gegenstand der Gesammtschuld

erweitern

oder vermindern.

Mit Rücksicht hierauf

entsteht die

Frage, wie dergleichen Handlungen eines der Mitschuldner auf das Verhältniß der übrigen Schuldner

einwirken51 * *).52 * * * Zwei * * * * Grundsätze

giebt das A.L.R.

„Was in Ansehung der schuldigen Sache oder Handlung von dem einen Ver­ pflichteten gethan,

gereicht allen übrigen zum Vortheil"

„die Handlung



Eines Verpflichteten kann die Rechte der übrigen nicht schmälern"33).

wird also jede Verminderung,

die der Eine herbeigeführt hat,

Es

den Uebrigen

angerechnet, dagegen sollen diese nicht darunter leiden, wenn der Eine durch seine Handlung die Schuld erschwert, ihren Umfang vergrößert hat.

Vermindert wird die Verpflichtung Aller durch jedes Rechtsgeschäft,

welches die gänzliche oder theilweise Lösung der Verbindlichkeit oder die Hinaus­

schiebung der Erfüllung für Alle zum Gegenstand hat.

Also vor allem durch

Leistung des Geschuldeten ganz oder soweit sie erfolgt: Zahlung, Hingabe an

Zahlungsstatt53),54 erfolgte 55 * Abrechnung durch Kompensation^), Novation, welche an Stelle der bisherigen Verbindlichkeit eine andere setzt33),

den

gesetzlich

zulässigen Fällen33),

Hinterlegung in

Fristverlängerung für die Erfüllung des

Vertrages, auch wenn sie auf das Anstichen nur eines Verpflichteten ertheilt wird3?), gänzlicher oder theilweiser Erlaß,

Schuldner erklärt worden ist58).

51) 52)

53)

54)

55)

66) 57) 58)

wenn er vom Gläubiger

auch

nur einem

Dagegen wird die Gesammtschuld in ihrem

müßte er sonst trotz der Unfähigkeit des B. auf Antrag des C. zur Vorleistung verurtheilt werden, obgleich er demnächst nicht, wie bei seinem Versprechen vorausgesetzt, sich an B. oder C. sondern nur an C. halten kann. Das wird nicht angenommen werden können. Aber auch bei Leistungen Zug um Zug wollte und sollte A. nur der gemeinsamen Forderung von B. und C. haftbar sein, und solche kann nicht ge­ stellt werden. — Aus der einseitigen Verpflichtung des C. dem A. gegenüber folgt nur, daß C. zunächst — wie bei anderen hinkenden Vorfragen — die Erklärung fordern kann, ob A. gegen seine, des C Leistung den Vertrag zu erfüllen verpflichtet sein wolle. Wienstein S. 500ff. A.L.R. I. 5. §§. 435. 438. I. 16. §. 235. Die während des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Solidarschuldners erfolgende Theilzahlung durch einen andern Mitschuldner oder aus der Konkursmasse desselben gilt für Berechnung des Percipiendums des Gläu­ bigers in dem Konkursverfahren bis zur vollen Befriedigung desselben nicht als geschehen. §. 61 K.O. (Abweichend noch §. 87 Abs. 1 Preuß. K.O.). i. 16. §§. 300. 304. Der Gläubiger kann gegen jeden Gesammtschuldner die Schuld in Abrechnung bringen, zu der er dem einen verpflichtet ist. Der einzelne Gesammt­ schuldner kann seine Forderung an den Gläubiger, nicht solche der übrigen Ver­ pflichteten, zur Abrechnung stellen. S. unten §. 94 I. c. 1. 16. §. 458. Nicht diejenige Umschaffung, die nur die Person der Schuldner wechselt. I. 16. §. 461. (Assignation, Expromission, Delegation), denn hier bleibt der objektive Bestand der Obligation unberührt, sie vermindert sich nicht und wird nicht aufgehoben. Wienstein S. 503, der in Betreff der Delegation a. M. Allein auch hier tritt nur der zustimmende Assignat in die Stelle des Assignanten, d. h er tritt, indem der letztere ausscheidet, in die Korrealschuld ein. Die Verbindlichkeit ist nicht getilgt. I. 16. §. 213. l. 5. §. 441. Gegen Rubo (Jahrb. B. 20 S. 14). Koch, R. d. F. II. S. 31. Es kommt beim Erlaß stets auf die Jnterpretationsfrage an, ob die Schuld gemindert sein sollte oder ob sie nur gegen den einzelnen Schuldner nicht über ein bestimmtes Maß oder überhaupt nicht geltend gemacht werden sollte. Für den Zwangsvergleich eines

Zweites Buch.

364

Die besonderen Privatrechte.

objektiven Bestände nicht verinindert (aufgehoben oder getilgt) durch Ereignisse

oder Handlungen,

kommen und

die zwischen dem Gläubiger

und

einem Schuldner vor­

nur auf die Person des letzteren Beziehung haben,

nur diese Beziehung lösen.

also auch

Der Gläubiger kann den einen seiner Gesammt-

schuldner entlassen, er kann dem einen Schuldner die Erfüllung seiner Pflicht

erleichtern durch Vergleich, durch Fristbestimmung oder sonst wie, er kann mit seiner Klage gegen den einen Schuldner rechtskräftig abgewiesen sein: aus alle dem folgt nicht, daß die rechtliche Lage der Mitschuldner irgend geändert werde, sie bleibt dieselbe, sie wird nicht vermindert, weil keine Erfüllung ein­

getreten,

sie wird ihnen nicht erschwert,

weil Zeder das Ganze schuldet59).

Selbst wenn bei der rechtskräftigen Abweisung ausgesprochen sein sollte, ein Gesammtschuldverhältniß überhaupt nicht vorliege,

daß

oder wenn im Prozeß

ganze oder theilweise Befriedigung der Gesammtschuld festgestellt worden, können

übrigen Schuldner

die

entnehmen60).

aus dem Urthell

die Einrede der Rechtskraft nicht

Die Unterbrechung der Verjährung

gegenüber

einem

oder

mehreren aus demselben Rechtsgrund verpflichteten Gesammtschuldnern, wirkt gegen die andern;

trotzdem kann das Recht in diesem Fall gegen den einen

Schuldner durch Verjährung erloschen sein

und

doch gegen die andern noch

fortdauern, insofern ein Mitverpflichteter seine Befreiung ersessen haben sann61). Wenn einer der Schuldner zum Gläubiger wird, daß

derselbe

so bewirkt die Konfusion,

den Anspruch nur als Ausgleichungsanspruch

geltend machen

kann, also nur sofern und soweit als ihm solcher Ausgleichsanspruch im Falle der Zahlung zustehen würde.

Alles dieses gilt aber nur von der auf das

Ganze gehenden Mitverpflichtung des einzelnen Mitverpflichteten,

nicht sofern

es sich um eine Pflicht handelt, welche nur von den Mehreren gemeinschaftlich zu erfüllen ist.

Zn diesem Fall berührt auch die Konfusion die Verhältnisse

der übrigen nicht, d. h. der Mitschuldner, der zum Gläubiger geworden, wird' nicht gehindert den Anspruch gegen die Gesammtheit (im Judicium divisorium) zu verfolgen; ebenso wie der Mitgläubiger, der durch Konfusion zum Schuldner geworden ist, der Gemeinschaft das Ganze schuldet69).

5») so) ei)

62)

Mitschuldners im Konkursverfahren bestimmt das Gesetz ausdrücklich, daß dadurch die Rechte des Gläubigers gegen Mitschuldner nicht berührt werden. Konk.Ordn. §. 178. (Ebenso schon Preuß. K.O. §. 198). I. 5. 88. 437. 442. A.L.R. I. 9. §. 577. I. 9. 8. 577. Wienstein S. 508. Gruchot S. 326f. S. oben §. 57 Sinnt. 67. Der Wortlaut des Gesetzes läßt es zweifelhaft, ob die Unterbrechung der Verjährung auch in dem Falle gegen alle Mitschuldner wirkt, wenn einer derselben die Schuld anerkannt hat. Aber auch die Entgegennahme dieses Anerkenntnisses ist eine Aus­ übung des Rechts. Der Korrealverpflichtete, gegen den die Verjährung unterbrochen ist, muß nach der Natur des Verhältnisses zur Zeit der Ablösung der ungeachtet des Ablaufs der Verjährungszeit fortbestehenden Verbindlichkeit, die Möglichkeit des Regresses gegen die Mitverpflichteten haben; und diese beruht auf dem Fortdauer» der Mitverpflichtung. Aus dem von Förster für dieentgegengesetzteAnsichtangezogeneß. 439 I. 5 folgt nicht s Gegentheiliges, denn das Anerkenntniß wirkt zwar Verlängerung der Haftung, ist aber nicht seinem Inhalt nach Einwilligung in eine Verlängerung. I. 16. §. 492. Siehe unten §. 96 Nr. 2.

§. 63. Gesammtgläubiger und Gesammtschuldner.

oder

Erschwert

erweitert

365

darf durch die Handlungen des einen Es steht jenem frei,

Schuldners die Lage der übrigen nicht werden.

Gläubiger neue Rechte in Beziehung auf die Gesammtschuld

die

das

Objekt

erweitern

oder

die

Befriedigung

sichern



aber von

solchen Befugnissen kann der Gläubiger nur gegen diesen Schuldner, gegen die übrigen Gebrauch machen.

dem

einzuräumen,

Es knüpft sich hieran die Frage,

nicht ob

diese Regel auch in soweit Anwendung fordert, als ein Versehen, das, wenn

es dem alleinigen Schuldner zur Last fiele, eine Aenderung oder Erweiterung

der schuldigen Leistung zur Folge haben würde, Last fällt.

einem der Mitschuldner zur

Zn der letzten Ausgabe ist dies im Anschluß an äßienftein33),

Samhaber") und Förster, sowie entsprechend der in der gemeinrechtlichen

Theorie auf Grund d. 1. 18 D. XLV. 2. wenigstens für die Korrealobligation herrschenden Meinung33), geleugnet worden.

Eine wiederholte Erwägung der

Sache hat den Herausgeber zu der Ueberzeugung geführt, daß die Mithaftung

des unschuldigen Gesammtverpflichteten für die Folgen der Schuld des Schuldigen mit §. 438 nicht vereinigt werden kann33). achten.

Hierbei ist ein Umstand zu be­

Der §. 438 bezieht sich nicht auf diejenigen Fälle, in denen eine von

zu erfüllende Verbindlichkeit in Frage steht.

allen gemeinschaftlich

Wird bei

einer Verbindlichkeit der letzteren Art, z. B. bei der Verbindlichkeit zur Ueber-

eignung einer gemeinsamen Sache,

aus einem Nachlaß,

oder zu einer Leistung individueller Art

die Erfüllung ganz

eines Mitverpflichteten

unmöglich,

so

oder

zum Theil durch dadurch

können

haftenden Schuldner oder einzelne derselben nicht



die Schuld

die gemeinschaftlich

weil ihnen gegenüber

diese Unmöglichkeit als eine zufällige anzusehen sei, — befreit werden, vielmehr werden sie, wie zuvor

zur Leistung des Obligationsgegenstands,

Leistung des Interesse gemeinsam verpflichtet sein. wird

man die volle Wirksamkeit des §. 438

können. 63) 64) es) 66)

so jetzt zur

Wird dies festgehalten, so

ohne Unbilligkeit anerkennen

Daß die Folgen des Verzuges nur persönlich wirken,

spricht das

A. a. O S. 512 f. A. a. O. S. 209. Vgl. Windscheid §. 295 Sinnt. 13. Ueberetnftitnmenb Dernbnrg II. §. 49 Sinnt. 6, Gruchot S. 333f. will die Gesamintschnldner auf den Werth der Leistung nicht aber für das Mehr haften lassen. Etwa entsprechend dem Code civ. art 1205. Die Begründung Wiensteins und der früheren Auflagen beruht einfach darauf, daß dem Gläubiger gegenüber es gleichgiltig sein müsse, was die Unmöglichkeit verschuldet hat, und daß dies nur für den Ausgleichsanspruch erheblich werde. Das kann nicht aufrecht erhalten werden. Die angeblichen Anwendungsfälle der Regel in speziellen Vorschriften sind nicht als solche anzuerkennen. Die nicht in das geltende Vormundschaftsrecht übergegangenen §§. 288, 289 II 18. A.L.R. handeln nicht von einer bestehenden durch Schuld erschwerten Korrealverpflichtung, sondern davon, daß bei mehreren gemeinschaftlich verwaltenden Vormündern der eine für die andern mitverantwortlich sein soll; die Bestimmungen der §§. 127, 186, 137 II. 10 A.L.R. lassen den einzelnen Beamten stets nur aus der eigenen Schuld verantwortlich werden, freilich wird eine solche auch in der eigen­ mächtigen Geschäftsvertheilung gefunden. S. unten §. 154. Endlich bestimmt §. 205 I. 13 gar nichts darüber, unter welchen Umstäitden einer von mehreren Bevoll­ mächtigten für die Schuld eines andern haften soll, sondern giebt nur die Vorschrift, daß derjenige, der als haftbar herangezogen werden konnte, gegen den eigentlich schuldhaften regreßberechtigt ist.

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

366

römische Recht mtsdrücklich aus67).68 Und auch für das preußische Recht muß dasselbein Anwendung destz.438.d.T.auf jeden Fall behauptet werden. DerVerzug

verwandelt nicht die Leistung in das Interesse, er läßt erstere unberührt und fügt ihr nur etwas bei,

der Anspruch

nicht verwandelt.

wird vergrößert,

Bei gemeinsam zu erfüllenden Verbindlichkeiten ist ein Verzug des einzelnen

Mitschuldners nicht möglich,

sie können nur zusammen in Verzug gerathen.

Soweit aber bei der Korrealschuld,

die von Zedein ganz zu erfüllen ist,

einzelne Mitschuldner in Verzug gesetzt ist,

erstreckt

sich

der

die Gesammtschuld

nicht auf eine danach gegen jenen eintretende Vergrößerung, und dies um so

weil der Gläubiger den Nachtheil,

weniger,

bringt,

vermöge seines Wahlrechts

den ihm der Verzug des Einen

unter allen Schuldnern

abwenden kann.

Was die Beseitigung des Verzugs und die Begründung des Annahmeverzugs anlangt, so muß das reelle Anerbieten jedes einzelnen Gesammtschuldners nach dem

Prinzip

des

§. 435

zu Gunsten aller wirken.

C. Die Frage, ob der Schuldner, der den Gläubiger befriedigt, einen Aus­

gleichungsanspruch (Regreß) an die übrigen tjübe69), wird für das römische

Recht nach der noch immer in der gemeinrechtlichen Theorie herrschenden Meinung nur in sofern bejaht, als die mehreren Schuldner durch einzwischenihnenbestehendes Rechtsverhältniß hierzu verpflichtet sind").

Für das deutsche Recht wird im

Gegensatz hierzu angenommen, daß dem zahlenden Gesammtschuldner als solchem ein Regreß zukomme79); das A.L.R. gelangt, ausgehend von dem Standpunkt,

daß das von mehreren Personen in demselben Vertrage gegebene Versprechen

nicht nur dem Gläubiger gegenüber die gemeinsame Obligation, sondern auch

zwischen den Versprechenden Regelung,

die,

ein Genleinschaftsverhältniß begründet, zu einer

soweit nicht für einzelne Gesammtschuldverhältnisse besondere

Bestimmungen gegeben sind,

für die

auf demselben Rechtsgrund

beruhende

Gesammtschulden allgemeine Anwendung beansprucht").

67)

68)

69)

7°)

’!)

I. 34. §. 4 D. XXII, 1. I. 173 §. 2. de R. J. Samhaber S. 114. Koch, R. d. F. II. 33. Wienstein S. 519. A.L.R. I. 5. §§. 443 —449. Savigny I. S. 226f. Vangerow III. S. 77f. Windscheid §. 294. Stobbe, zur Geschichte des deutschen Vertragrechts, S. 171. Samhaber S. 192. 211. Koch R. d F. II. S. 36f. Gruchot S. 339. Wien­ stein S. 520. 1. 62. pr. D. XXXV. 2: „si quidem socii sint, in ea re dividi inter los debere Ob­ ligationen! . . quod si societas inter eos nulla fuisset, in pendenti esse ... ex cujus bonis detrahi“. Außerdem 1. 71. pr. D. XLVI. 1. Samhaber S. 194. Windscheid a. a. O. Stobbe a. a. O. Sachsenspiegel III. 85. §. 1. Homeyer's Note dazu und Kühns in der preuß. Gerichtszeitung II. S. 87. Auf die Fälle der accessorischen Verbindlichkeit in ihrem Verhältniß zur Hauptver­ bindlichkeit findet dies nicht Anwendung. Vgl. §. 99 Anm. 32ff, §. 184 Sinnt. 96 ff. Mit den vorigen Ausgaben ist daran festzuhalten, daß der Regreßanspruch Identität des Grundes der gemeinsamen Verpflichtung, darum aber nicht nothwendig Gleich­ zeitigkeit der Begründung der Pflicht voraussetzt. Vgl. Samhaber S. 212. A. M. Koch R. d. F. II. S 39 u. Wienstein S. 522. Vgl. auch Entsch. B. 12 S. 171. Die Korrealverpflichtung mehrerer Pfandstücke, insbesondere die Gesammthypothek und Gesammtgrundschuld gehört nicht hierher. S. darüber B. 111. §. 194 Anm. 74ff.

§♦ 63. Gesammtgläubiger und Gesamnitschuldner.

Besonders geordnet ist die

Regreßverbindlichkeit für den Fall der ge­

meinsamen widerrechtlichen Beschädigung^), durch Amtshandlungen^).

Auch

367

besteht die

einschließlich

der

Beschädigung

besondere Vorschrift,

daß Be­

vollmächtigte,

welche gemeinschaftlich ein Geschäft übernommen haben, soweit

sie für einen

bei dem Geschäft entstehenden Schaden dem Machtgeber aufzu­

kommen haben, deshalb an denjenigen von ihnen, der an dem Schaden Schuld

ist, Regreß nehmen können'").

Die Hauptgrundsätze des sonst eintretenden regelmäßigen Regreßrechts sind: zuerst, daß nur derjenige Schuldner von dem andern eine Ausgleichung

erhallen kann,

der mehr als seinen Antheil gezahlt hat^),

zweitens, daß er

auch in Folge einer Klagenabtretung nicht an die Stelle des Gläubigers tritt,

um dessen Recht auf das Ganze gegen die übrigen Gesammtschuldner geltend zu machen^).

Seinen Antheil muß er immer selbst tragen und die Erstattung

des Mehrgeleistelen verlangt er nur kraft des ihm vom Gesetz gegebenen Rechts.

Zunächst entscheidet der Inhalt des unter den Mitschuldnern bestehenden Vertrages; fehlt ein solcher, so entscheiden die aus dem übernommenen Geschäft oder

aus

hältniffe");

dem

daraus gezogenen Vortheil

sich

ergebenden besonderen Ver-

sowohl der Vertrag als die besonderen Verhältnisse können den

72) A.L.R. I. 6. §§. 33 — 35. Gruchot B. 3 S. 497. Regreß nach Verhältniß des Antheils an der Schadenszufügung, der aber bei vorsätzlicher Beschädigung statt des Zahlenden von der Ortsarmenkasse zu erheben ist. Bei Schaden, welcher gelegentlich eines Tumults oder Auflaufs geschehen ist, findet unter den Teilnehmern kein Regreß statt; die Zuschauer aber, die dem Betheiligten ebenfalls solidarisch haften, haben unter einander Regreßrecht zu gleichen Theilen, und an die Urheber können sie wegen des Ganzen Regreß nehmen. Ges. v. 17. Aug. 1835 §. 11. (G.S. S. 170). 73) A.L.R. II. 10 §§. 136, 137. Vgl. auch die antiquirteu §§. 288, 289 II. 18 A.L.R. 74) A.L.R. I. 13 §. 205. 75) Das darf nicht dahin verstanden werden, daß es zur Begründung des Regreß­ anspruchs gehört, daß der Zahlende darlegt, das von ihm Gezahlte gehe über seinen Antheil hinaus. Wie das R.O.H G. B. 24 S. 99 mit Recht ausführt, ist §. 447 I. 5. nur eine spezielle Anwendung des in §. 436 bereits ausgesprochenen Prinzips. Jede Tilgung sertens eines Mitverpflichteten zu irgend einem Theil der Schuld begründet den Anspruch auf verhältnißmäßigen Ersatz; es ist Sache des Beklagten, diejenigen positiven oder negativen Thatsachen zu seiner Vertheidigung zu beweisen, welche geeignet sind, ihn frei zu machen. 76) Wie dies Bornemann II. S. 662 behauptet. Die Praxis verwirft diese Auffassung. Simon und v. Strampf Rechtsprüche B. 3 S. 90. Entsch B. 11 S.303. Nr. II. B. 12 S. 169. Strieth. B. 6 S. 342f., B. 34 S 168, 174, 178. Rehbein I. S. 563. Vgl. auch Adel bei Gruchot B 11 S. 1. Selbst im Wechselrecht würde dem einen von mehreren Ausstellern, der den Gläubiger gegen Cession oder Indossament befriedigt hat, die exceptio doli entgegenstehen, wenn er auf Grund des Indossaments die übrigen Aussteller auf die ganze Summe belangen wollte. Seuffert B. 10 Nr. 205 (auch bei Gruchot B. 3 S. 342). R.O.H G. I. S. 102. Die Frage, ob mehrere Wechselaussteller gegen einander regreßpflichtig sind, entscheidet sich nicht nach Wechselrecht, sondern nach den Bestimmungen des A.L.R. Seuffert B. 25. Nr. 11, R.O H.G. I. 29. Vgl. übrigens auch §. 99 Anm. 37b. 77) Es kann zweifelhaft sein, ob der Ehemann, der eine mit seiner Frau gemeinschaftlich eingegangene Schuld bezahlt, einen Regreß gegen seine Frau hat. Mit Rücksicht darauf, daß bei solcher Schuld die Vermuthung dafür spricht, daß sie zum Vortheil der Ehe, zur Bestreitung der ehelichen Lasten eingegangen, und für diese die Sorge dem Mann obliege, ist sein Regreßanspruch verneint bei Heuser, Ann. VI. S. 86. Nach Ansicht des Herausgebers kann das nach Umständen der Fall sein, als ein allgemein giltiger Rechtssatz läßt sich das Gesagte nicht aufrecht erhalten.

368

Zweites Buch.

Regreß ausschließen

führen.

Die besonderen Privatrechte.

oder auf ein bestimmtes Ausgleichungsverhältniß zurück­

Das letztere bestimmt sich im Zweifel dahin, daß die Antheile gleich

finb78).79 Ist ein Mitschuldner unfähig oder unvermögend,

so muß sein aus­

fallender Antheil Allen, den Regreßsucher eingeschlossen, zur Last gelegt werden. Aufrechnung der Regreßforderung mit einer anderen Schuld ist ihm gegenüber

nur demjenigen Mitschuldner gestattet,

zusteht, und für das,

dem die Gegenforderung gegen

ihn

was er in Folge der Ausgleichung von dem einzelnen

Mitschuldner zu fordern hat,

haften ihm die anderen nicht solidarisch.

Die

Entlassung eines Mitschuldners aus der Verbindlichkeit von Seiten des Gläubigers

kann den Regreß gegen denselben nicht ausschließen, pflichtung

gegen den Mitschuldner

Gläubigers nachträglich nicht zu beseitigende ist. anspruchs

da die causa der Ver­

eine selbständige,

hat jeder Gesammtschuldner

durch den Willen des

Zur Sicherung des Regreß­

das Recht,

wordenen Genossen Sicherstellung zu verlangen78).

von dem zweifelhaft ge­ Hat der vom Gläubiger

78) Rechtssprüche B. 3 S. 90, Strieth. B. 91 S. 193. Rehbein I. S. 563. 79) I. 5. §. 449. Das ist eine materiel-rechtliche Vorschrift; die Regreßforderung selbst besteht nur bedingt, ist also nicht durch Arrest zu sichern. (CP.O. §♦ 796, Be­ gründung des Entwurfs S. 578), aber schon gegenwärtig gewährt das Gesetz das durch Klage verfolgbare Recht, Sicherstellung zu verlangen; und die Zwangsvoll­ streckung bezüglich dieses unbedingten Anspruchs kann durch einstweilige Verfügungen gesichert werden. Im Konkurse gestattete die Preuß. K.O. tz. 86 die Geltendmachung dieses Rechts auf Sicherstellung nicht, nur aus dem Rechte des befriedigten Gläubigers konnte der Mitschuldner (und Bürge) liquidiren, auch letzteres nach §. 87. Abs. 3. regelmäßig nicht, soweit die Befriedigung im Konkursverfahren eines Mitschuldners erfolgt war; der Rückgriff galt hier nur, wenn der aus den verschiedenen Konkurs­ massen zur Hebung gelangende Betrag den Betrag der Forderung überstieg und deshalb eine Ausgleichung zu erfolgen hatte. Dagegen war derselbe, abgesehen hiervon, selbst dann ausgeschlossen, wenn der Regreßanspruch auf einem besonderen Titel beruhte. Der in letzterer Beziehung abweichenden Meinung des Obertribunals (Striethorst B. 37 S. 193, B. 41 S. 332) ist neben dem R.O.Handelsgericht (R.O.H. Entsch. B. 14 S. 314, B. 21 S. 92) auch das Reichsgericht (Gruchot B. 24 S. 1052) entgegen getreten. — Nach der ReichsK.O. steht der Liquidation des Anspruchs auf Sicherstellung wie des bedingten Anspruchs nichts entgegen (§. 60), auch die Vorschrift des §. 87 Abs. 5 ist nicht wiederholt. Die Anm. zu dem reichs­ gerichtlichen Erkenntniß bei Gruchot B. 24 S. 1055 hält hiernach den Grundsatz des §.87. Abs. 3. schlechthin für beseitigt. Das wird aber nicht angenommen werden können, sofern der Gläubiger in Gemäßheit des §. 61 K.O. für dieses Konkurs­ verfahren als Gläubiger der ganzen bei Eröffnung des Konkursverfahrens be­ stehenden Forderung aufgetreten ist und trotz der demnächst erfolgten Theilzahlung noch jetzt als Gläubiger der ganzen Forderung angesehen werden muß. Insoweit kann ein Eintritt in diese Forderung weder für dis' zweite Konkursmasse, noch für den ohne Konkurs eine Theilzahlung leistenden Mitschuldner oder Bürgen statt finden, und auch wenn letzterer seinen bedingten Anspruch oder den Anspruch auf Sicherstellung liquidirt hat, tritt für ihn trotz seiner Theilzahlung die Bedingung seines Anspruchs nicht ein. Es würde sonst dieselbe Forderung doppelt an der Distribution Theil nehmen. Für den Konkurs ist die Forderung ganz durch die Liquidation des Hauptgläubigers konsumirt, „dazu bedarf es nicht einer besonderen Bestimmung." Mot z. Konk.O. S. 284. Daß in dieser Weise der Regreßberechtigte zwar Konkurs­ gläubiger ist, aber nur insofern, als der Gläubiger selbst seine Rechte nicht geltend macht oder bereits vollständig befriedigt ist, und daß für den durch denRegreßberechtigtcn gedeckten Ausfall im Konkurse kein Konkursanspruch besteht, daß also auch die Regreßforderung solchenfalls bei einem Zwangsvergleich keine Rechte gewährt, ist nunmehr auch vom Reichsgericht, das in Entsch B 7 S. 80 einen abweichenden Standpunkt vertreten hat, in dem Plenar-Beschluß v. 15. Febr. 1886 (R.G. Entsch. B. 14 S. 172) anerkannt.

§. 64. Unbestimmtheit des Gläubigers.

369

Jnhaberpapiere.

in Anspruch genommene Schuldner seine Genoffen zum Prozeß zugezogen, so diese bei der

dürfen ihm

die

lassen haben,

obgleich

Zeitpunkt,

als

Stande waren.

späteren Ausgleichung keine Vertheidigungsmittel

gegen den Gläubiger selbst geltend zu machen sie unter­

entgegensetzen,

sie dazu

nach

sie in Folge der

der

Lage

des

Streitverkündung

Rechtsstreits

in dem

beitreten konnten,

im

Umgekehrt aber werden ihm die Einreden nachtheilig, welche

die Mitschuldner gegen den Gläubiger hätten erheben können,

Prozeß zugezogen worden wären.

wenn sie zum

Einreden, die dem zugezozenen Mitschuldner

unbekannt waren, die aber die Hauptpartei kannte, jedoch absichtlich oder aus grobem Versehen nicht geltend machte,

können dem Regreßanspruch entgegen

gestellt werden °°).

§. 64.

Unbestimmtheit des Gläubigers.

Jnhaberpapiere.

A.L.R. I. 11. §. 401. 653. I. 15. §. 47. I. 16. §. 28. V. O. v. 16. Juni 1819 (Ges.S. S. 157). Kab.O. v. 3. Mai 1828 (Ges.S. S. 61). Ges. v. 17. Juni 1833 (Ges.S. S. 75). Ges. v. 4. Mai 1843 (Ges.S. S 177). Ges v. 4. Mai 1843 (Ges.S. S. 179.) Dernburg II. §§. 88 f. - Koch, Pr.R. II. 438. R. d. F. III. 791 f. — Duncker über Papiere auf den Inhaber in der Zcitschr. f. deutsches R. B. 5 S. 30. 1841. Savigny, Obl.R. II. S. 88. 92. 1853. Thöl, Handelsrecht I. §. 51—56. Re­ naud, Beitrag z. Theorie der Oblig. auf d. Inhaber in der Zeitschr. f. deutsches R. B. 14 S. 315. 1853. Gengler, deutsches Priv.R. S. 170. 1854. Gerber, deutsches Priv.R. 8. A. 8-161. S. 405. Bluntschli, deutsches Priv.R. 3. A. S. 503 fg. Beseler, deutsches Priv R. B. 3 S. 319 f. 1855. 2. A. S. 313 f. Jolly im Archiv f. deutsches Wechselrccht B. 4 S. 383f. Eigenbrodt bei Gerber und Jhering B. 2 S. 181. 1856. Unger, die recht!. Natur der Jnhaber­ papiere. 1857. Kuntze, die Lehre von den Jnhaberpapieren. 1857. Derselbe in der 3. A. v. Holzschuher, Theorie und Kasuistik B. 2 S. 185 fg. 1864. Renaud in der kritischen Ueberschau, B. 5 S. 397. 1857. Hoffmann im Archiv f. deutsch. Wechselrecht, B. 5 S. 256. 1857. Bekker in s. und Muther's Jahrb. des gern, deutschen Rechts, B. 1 S. 266. 361. 1857. Jolly in Goldschmidt's Zeitschrift f. d. gesammte Handelsrecht B. 1 S. 177. 833. 1858. Renaud das. S. 461. Dü­ ring das. 33. 2 S. 545. 1859. Kuntze das. S. 570 Goldschmidt in s. Zeit­ schr. B. 3 S. 274f. B. 9 S 62, B. 28 S. 63. Siegel, Versprechen als Ver­ pflichtungsgrund (1873) S. 108ff. v. Poschinger, Beitr. z. Gesch. d. Jnh.-Pap. 1875. Gareis in Goldschmidt's Zeitschr B. 21 S. 349. Brunner ebenda B. 22 S. 1, B. 23 S. 225ff. und in Endemann, Handb. des Handelsrechts B. 1 S. 196. Stobbe, D. Pr.R. III. §§. 175. 179 ff.

Zum Wesen des Schuldverhältniffes gehört, wie im §. 62 gesagt worden, daß eine bestimmte Person dem Berechtigten verpflichtet ist*1); würde hiervon

abgesehen, so fehlte es der Obligation an bestimmtem Inhalt oder sie würde

sich in ein dingliches Recht umwandeln.

Es genügt allerdings auch, daß die

so) Koch, R. d. F. II. S. 43. A.L.R. I. 5. §. 431. C.P.O. §§. 65, 71 (früheres Recht A.G.O. I. 17. §. 19. 10). 1) I. 2. §. 122. Förster (EccruS), Preuß. Prrvatrecht. i. 5. Ausl.

Zweites Buch.

370 Feststellung wird.

Die besonderen Privatrechte.

der Person des Verpflichteten durch

äußere Umstände bestimmt

Hierauf beruht es, daß, wie in der Lehre von den Reallasten näher

ausgeführt werden wird, der Eigenthümer des einer Reallast pflichtigen Grund­ stücks, für die in die Zeit seines Eigenthums fallenden Hebungen persönlicher mit

seinem ganzen Vermögen haftender Schuldner wird, und daß also das Recht

auf solche Hebungen

den Charakter einer Obligation hat.

Wenn in diesem

Falle für spätere Hebungen ein anderer Schuldner eintritt, als derjenige, der die früheren persönlich

verschuldete,

so

sind

diese späteren

Gegenstand ganz neuer, selbständiger Schuldverbindlichkeiten. geltende Obligationenrecht den Eintritt

eines

Hebungen der

Zn wiefern das

neuen Schuldners in dieselbe

Obligation zuläßt, wird erst später zu erörtern fein2).*

Auch der Gläubiger eines Schuldverhältnisses muß, damit an ihn geleistet werden könne, eine bestimmte und dem Schuldner bekannte Person sein2). Es wird

aber durch den Begriff der Obligation nicht ausgeschlossen, daß das Gläubigerrecht

von vornherein mit dem Eigenthum einer Sache verbunden ist.

Das ist der

Fall bei dem subjektiv dinglichen objektiv persönlichen Rechte des Landrechts. Wie aber schon hierin eine Verschiedenheit des modernen von dem römischen

Recht hervortritt, welches letztere streng daran festgehalten hat, daß auch die Bestimmtheit des Gläubigers zum wesentlichen Inhalt jeder Schuldverbindlich­

keit gehört, so daß selbst die Cession nur auf einem Umwege zur Wirksamkeit gelangen konnte, so hat die moderne Rechtsentwickelung in mehrfachen Beziehungen

zu anderen Ergebniffen geführt. Rach denselben kann die Uebernahme einer Pflicht in der Weise stattfinden, daß dieselbe nicht für eine einzelne von vornherein bezeichnete oder

an bestimmten Merkmalen zu erkennende Person endgiltig begründet wird und dann nur als deren Recht allenfalls auf eine andere, so wie es ihr zustand,

zu übertragen ist, sondern so, daß die Pflicht einer unbekannten und wechselnden Mehrheit von Personen gegenüber mit dem Erfolge begründet wird, daß der

zeitige Gläubiger, durch bestimmte Merkmale erkennbar, kraft seines

eigenen

Rechts, nicht kraft des ihm übertragenen Rechts eines ursprünglichen Gläubi­ gers die Forderung erhebt.

Hierhin gehören die handelsrechtlichen Obligations­

verhältnisse, welche an Werthpapiere in der Weise geknüpft sind, daß die zu­ lässige Zndossirung des Werthpapiers dem Schuldner einen neuen, selbständig

zur Forderung berechtigten Gläubiger gegenüberstellt 4).

hört hierhin ein Rechtsinstitut,

Vor allem aber ge­

dessen erste Spuren sich schon Zahrhunderte

vor der Reception des römischen Rechts im germanischen Europa verfolgen

lassen, dessen weitere Entwickelung dann unter dem Druck des recipirten Rechts

längere Zeit gehemmt worden ist, im modernen Verkehr aber eine ungemein

2) Unter §. 102. s) Entsch. B. 4 S. 197. 4) Wechsel und die handelsrechtlichen Papiere des Art. 302 H.G.B. Eine ähnliche Selbständigkeit hat die cedirte Hypothek oder Grundschuld nach Eig.-Erw.-Ges. v. 5. Mai 1872 §. 38.

§.64. Unbestimmtheit des Gläubigers.

große Wichtigkeit und

Jnhaberpapiere.

371

große Verbreitung erlangt hat — das Institut

eine

der Jnhaberpapiere (lettres au porteur)R).

Unter Jnhaberpapieren versteht man solche Schuldverschreibungen eines bestimmten Schuldners, in denen sich dieser verpflichtet, an den Inhaber des

Papiers — dessen Person ihm zunächst noch gänzlich ungewiß ist — als Gläubiger zu leisten, Jnhaberpapiere obligatorischen' Charakters. Es giebt aber

auch Jnhaberpapiere außerhalb

deren Innehabung andere

des Obligationenrechts,

Urkunden,

an

mit der Entstehung der Urkunde in Verbindung

stehende Rechte, das Theilnehmerrecht an einer Aktiengesellschaft bei Aktien auf

den Inhaber oder gewisse Rechte an einem fremden Grundstück geknüpft sind5 6). Das A.L.R. erwähnt an einigen Stellen die Jnhaberpapiere, ohne ihren

Begriff anzugeben.

Es betrachtet

sie als möglichen Gegenstand eines Dar-

lehns und als Zahlungsmittel, auch erklärtes ihre Vindikation wie beim baaren Gelde für unzulässig, eine Bestimmung, die das Handelsrecht dahin fortgebildet hat,

daß jede Veräußerung derselben, auch wenn sie dem Veräußernden nicht ge­

hörten und gestohlen oder verloren waren,

wirkliches Eigenthum begründet.

Das Landrecht knüpft an jene Vorschrift Bestimmungen über die Umwand­ lung eines Znhaberpapiers in die Forderung

durch Außerkurssetzung.

Es

eines

bestimmten Gläubigers

bezeichnet ferner die Verpfändung

sowie das

Vermächtniß eines Znhaberpapiers als Faustpfand an einer körperlichen Sache

und als Vermächtniß einer Sache im Gegensatz zum Pfand und Vermächtniß einer Forderung,

wie denn auch die Zwangsvollstreckung in Jnhaberpapiere

den Grundsätzen von der Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen unterliegt1). Urkunden, welche ein ursprünglich für eine bestimmte Person begründetes Recht verbriefen, können, auch wenn das Recht nur gegen Aushändigung des

Werthpapiers geltend gemacht werden kann, dadurch daß sie in blanko oder

an den Inhaber girirt oder cedirt werden, nicht in Jnhaberpapiere verwandelt

werdenR).

Vielmehr ist von Jnhaberpapieren im

Sinne der

obigen Be-

5) Geschichtliche Notizen giebt besonders reich Kuntz e a. a. O. S. 33—93 , ferner Duncker a. a. O. S. 32. Gengler S. 170. Eigenbrodt bei Gerber und Jhering B. 2 S. 181 und Kuntze bei Goldschmidt B. 2 S. 570. Stobbe das. B. 11 S. 397. Gareis und Brunner a a. O 6) Die nach den Reglements der älteren Landschaften als Jnhaberhypotheken ausgestellten Pfandbriefe. Vgl. Kab.-Ordre vom 29. August 1769. Schles. Ed. Sammt. XI. S. 254 und die Reglements der Landschaften von 1770 bis 1808, §. 47 Grundbuch­ ordnung vom 5. Mai 1872. Es gehören hierher ferner die Landeskulturrentenbriefc nach dem Gesetz vom 13. Mai 1879, auch das Recht aus den Zinsquittungsscheinen einer Grundschuld nach Eig.-Erw.-Ges. v. 5. Mai 1872 §. 29 und Grundbuch­ ordnung § 128. -) A.L.R. I. 2. §. 12., I. 11. § 793., 1. 12. §. 415., I. 15 §. 47ff., I. 20. §. 286. Hand.-Ges.-Buch Art. 307. C.P.O. §. 722, 724 (vgl. Ges. v. 20. März 1854 §§. 12ff). Das Landrecht erkannte ferner II. 8. §. 762 ausdrücklich den kauf­ männischen Wechsel auf den Inhaber an, den erst die deutsche Wechselordnung antiquirt hat. s) Weder auf die in blanko girirten Wechsel oder sonstigen Ordrepapiere noch auf die in blanko cedirten Grundschuldbriefe (Eig.-Erw.-Ges. §. 59) können die Grundsätze von Jnhaberpapieren angewendet werden. Nur insofern stehen sie denselben gleich, als die Uebertragung des Gläubigerrechts sich durch sachenrechtliche Uebergabe voll-

24*

Die besonderen Privatrechte.

Zweites Buch.

372

sttmmungen nur zu reden, sofern von vornherein bei Ausstellung des Papiers das Recht an den bloßen Besitz der unveränderten Urkunde geknüpft ist,

daß es für jeden Inhaber derselben begründet sein sollte.

Entstehung des Instituts

so

Historisch führt die

allerdings auf Papiere zurück, die

auf

einen ge­

nannten Gläubiger ausgestellt waren und daneben die Inhaberklausel hatten. Man ist nicht einig darüber, ob diese Nebenklausel eine wirkliche Inhaber­

klausel sei,

denn die älteren Zünften faßten sie auf bald als Ermächtigung

des genannten Gläubigers,

das Papier und

damit die Forderung selbst an

Andere zu übertragen, bald als Beifügung eines Zahlungsempfängers anstatt

des Gläubigers (Mandatars oder eines solutionis causa adjectus), und es war daher auch bestritten, zeiger

habe').

ob

der Schuldner an jeden Inhaber oder Vor­

des Papiers zu zahlen oder ob er noch dessen Legitimation zu prüfen Solche Papiere kommen heut wohl bei uns nur selten vor.

Aus

denselben hat sich neben dem an den Inhaber als den Berechtigten zahlbaren

Papier das handelsrechtliche Ordrep apier10 * *)**und 9 das in neuerer Zeit sogenannte Legitimationspapier entwickelt.

Das Letztere hat die Bedeutung, daß ein ver-

bneftes Recht einem ganz bestimmten Berechtigten zusteht, daß aber der Ver­ pflichtete sich durch eine Klausel des Papiers die Befugniß ausbedungen hat, an jeden Inhaber des Papiers ohne Legitimationsprüfung zahlen zu dürfen").

Der Besitz des Papiers

begründet in diesen Fällen kein Gläubigerrecht des

Inhabers, aber die Einlösung des Papiers durch den Schuldner befreit ihn dem wahren Gläubiger gegenüber wenigstens dann, wenn nicht bei Annahme

des Inhabers als legitimirt

9)

10) u)

u)

gegen die bona fides gefehlt ist12).

Ob eine

zieht. Vgl. Sohm in Goldschmidt's Zeitschr. B. 17 S. 70. Paris, Uebertragungsform der Grundschuld S. 8. R.O.H.G. B. 19 S. 383, R.G. Entsch. B. 4 S. 175. A. A. Achilles, Grundbuchges. S. ‘292, Dernburg I S. 803. Duncker das. Eigenbrodt a.a. O. Kuntze bei Goldschmidt B. 2 evinzirt worden, für die in Wahrheit gewährten 10 Morgen 3500 und hat nur 4500 zu ersetzen Es ist aber klar, daß er bei gleicher Bonität des Kaufobjekts nur den 10. Theil des Preises behalten, und 7000 herausgeben muß. Es läßt sich die absolute Berechnung auch nicht in §§. 173. 174 ausgedrückt finden Zweifelhafter ist der Spezialfall der §§. 189. 190. d. T. Vergl. Striethorst B. 16 S 27. B. 50 S. 31. Pro quantitate evictae partis: 1. 1 eit.

§. 86. Gewährleistung wegen rechtlicher Mängel.

sie für das Ganze aufgewendet,

hältniß deffelben zum Ganzen.

kommen auch

so

Entwehrung.

525

fallen sie auf den Theil nach dem Ver­

Bei der Berechnung des sonstigen Interesse

die in der Zwischenzeit den Theil getroffenen Verbesserungen

oder Verminderungen in Berücksichtigung.

Es ist die Zeit der Entwehrung

maßgebend.

VII. Einrede.

Kommen

Gewährsmängel

oder

Ansprüche

eines

Dritten an die Sache vor erfolgter Bezahlung des Kaufgeldes zum Vorschein, so kann der Käufer einen verhältnißmäßigen Theil

und gerichtlich niederlegen15).

deffelben zurückhalten

Die jetzt durch Plenarbeschluß festge­

stellte Praxis legt diese Worte dahin aus, daß sie den Fall im Auge habe,

wenn ein nicht sogleich klar zu stellendes Recht auf Entwehrung die Rechts­ stellung des Erwerbers als gefährdet erscheinen läßt, und zwar nicht nur nach

der Meinung des Erwerbers der Sache, sondern objekiv.

Unter diesen Um­

ständen ist der Käufer nicht in der Lage die Zahlung des Kaufgelds durch einen Kompensationsanspruch abzuwehren,

aber er soll trotzdem in Höhe der

Gefährdung die Zahlung verweigern können, sofern er den Betrag als zwischen dem Veräußerer und ihm streitig hinterlegt14).

Wenn die Zurückhaltung mit

Rücksicht auf einen zweifelhaften Anspruch vertragsmäßig besonders eingeräumt ist15), bedarf es der Hinterlegung nicht.

Der

verhältnißmäßige

regelmäßig durch einfache Schätzung zu bestimmen,

Betrag ist

soweit nicht der andere

Theil ein anderes relatives Verhältniß zum Gesammtpreise nachweist15). gens hat der Entwehrte noch

das

Sicherungsmittel

Uebri-

einer Kautionsforde­

rung, nach deren Bestellung er seine Gegenleistung nicht vorenthalten darf11). VIII. Verjährung „Wegen solcher Mängel, welche nicht die Sache selbst,

sondernnuräußereEigenschaften,Befugnisse ober Saften derselben betreffen, muß der Uebernehmer seine Rechte bei Landgütern innerhalb eines Jahres, bei städtischen Grundstücken innerhalb sechs

und

bei

beweglichen Sachen innerhalb dreier

Monate nach der von dem Mangel erlangten Kenntniß geltend machen"15).

Daß unter äußeren Eigenschaften, Befugniffen, Lasten die s. g. juristischen

im Gegensatz zu den physischen Eigenschaften zu verstehen sind, ist jetzt all­ gemein angenommen15).

Die Anwendbarkeit des §. 344 ist bedingt durch

73) I 11. § 222. M) Entsch. B. 28 S. 1. Striethorst B. 14 S. 112. Rehbein II. S. 110. Strieth. B. 27 S. 23. B. 31 S. 59. B 33 S. 27. B. 35 S. 206. B. 38 S. 288. B. 40 S. 45. Steht die Entwehrung bereits fest, so kann der Käufer nach den obigen Grundsätzen endgiltig Minderung des Preises fordern; Strieth. B. 95 S. 226, der Fall des §. 222 ist also der einer evictio emminens. R. G. Entsch. B. II. S. 216. N) Entsch. B. 29 S. 355. 66) Striethorst B. 15 S. 98. ”) 1. 11. 8. 223. Bei erweislich begründeter Besorgniß der Entwehrung: Seuffert XIII 15. ’8) ] 5. § 344. Gemeinrechtlich keine kürzere Verjährung; nach österr. G.B. §. 933 drei Jahre bei unbeweglichen, sechs Monate bei beweglichen Sachen; nach sächsischem §. 946 drei Jahre. 79) Leydemann I. S 259. Entsch. B. 15 S. 3. Rehbein I. S. 523. Striethorst B. 43 S. 205. Entsch. B. 79 S. 138, Rehbein I. S. 530.

526

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

einen Mangel solcher juristischen Eigenschaften oder durch eine Belastung, die

als Mangel der Sache erscheint.

Dagegen tritt die gewöhnliche Verjährung

ein, wenn die Sache entwehrt ist80)

oder wenn Freiheit von Schulden be-

ansprucht wird, für welche die Sache haftet84).

unterliegt

zwar die

hier

zulässige

Bei theilwciser Entwehrung

Wandelungsklage,

tereffenklage der kurzen Verjährung88).

Haben

nicht aber die Zn-

die Parteien im Vertrage

die Vertretung so verabredet, wie sie schon aus dem Gesetz folgt, so bleibt die nach dem Vorstehenden eintretende kurze Verjährung anwendbar88).

ginnt mit der „erlangten Kenntniß des Mangels",

der Uebernahme.

Sie be­

also nicht mit dem Tage

Es ist aus den Thatsachen zu ermessen, ob und wann die

Kenntniß des Mangels

(nicht des bloßen Anspruchs)

erlangt worden.

Daß

dazu die rechtskräftige Verurtheilung oder Abweisung des Erwerbers im Ent­

wehrungsprozeß nothwendig sei, läßt sich nicht behaupten. aber mit einem gewißen Grade von Zuverlässigkeit

Die Kenntniß muß

bekleidet fein84).

Daß

die Einrede nicht der Verjährung unterworfen ist, gilt auch hier88). IX.

Der Anspruch wegen Entwehrung fällt fort,

wenn vertrags­

mäßig demselben ohne Arglist entsagt worden88); wenn die Sache dem Erwerber

nicht sowohl wegen eines Mangels im Recht, zogen ist81):

als durch höhere Gewalt ent­

wenn der Erwerber den Verlust verschuldet hat88);

wenn die

Sache vor der Entwehrung durch Zufall untergegangen88); wenn beide Theile

ausdrücklich80)

Erwerber

über eine fremde Sache den Vertrag geschlossen84);

gewußt,

daß

Recht nicht zustand88).

und die

seinem Veräußerer

wenn der

oder der Sache das veräußerte

Was den Einfluß eines Erbfalles auf die Entwehrung

aus ihr hervorgehende Gewährleistungspflicht betrifft,

so sind sechs

8°) Entscheid. B. 15 S. 3. Damit stimmt auch die Praxis des O.A.G. München. Blätter f. Rechtsanw. B. 23 S 289. 81) Rechtsfälle B. 10 S. 194, B. 3 S. 59. Strieth. B. 7 S. 298. Magazin für hannov. Recht von Klemke B. 4 S. 99 (Aufsatz von Bojunga). Gruchot I. S. 479. Hierher gehört auch, wenn Freiheit von Rückständen von Reallasten oder Abgaben beansprucht wird. Entsch. B. 55 S. 19. Rehbein I S. 528. Oben Anin. 27. 82) Entsch B. 15 S. 3. 83) Vgl. §. 85 Anm. 84. Entsch. B. 74 S. 171. M) Entsch. B. 41 S. 39 a E. Koch, R. d. F. II S. 453. Die Praxis geht von dem die Last rechtskräftig feststellenden Urtheil aus, wenn nicht der strike Nachweis früherer Kenntniß geführt wird. Entsch. B. 79 S. 138 Rehbein I. S. 530 85) I. 5. §. 345. Oben §. 85 Anm. 82. 86) §§. 137. 138. I. 11 Arglistig ist der Veräußerer, wenn er das Recht des Dritten selbst begründet, oder es gewußt und verschwiegen hat. Koch, R. d. F. II. S. 457. 1. 11. §§ 14. 15. 18. D. XIX. 1. Ueber das pactum de non praestanda evictione war viel Streit. Glück B. 20 S. 295. Vangerow III. S. 345 8’) Hierher gehören auch die Verfügungen der Staatsgewalt, Expropriationen, gesetz­ liche Aufhebung von Rechtsinstituten. Koch B. 459 a. E. Simon, Rechtspr. B. 4 S. 34. 88) Z. B. nachweisbare Nachlässigkeit in Vertheidigung gegen den Evinzenten und unter­ lassene Litisdenunziation. KochS 460. §§. 146. 147. I. 11. 89) A.L.R. (Jini. §. 108. Koch S. 461. Entsch. B. 11 S. 245. 1. 21 D. XXI. 1. 90) Präj. 526 Samml. I. S. 51. 91) 8. 139. I. 11. 92) §. 159. 1. 11. 1. 27. C VIII. 45. Seuffert B 7. Nr. 297.

§. 86. Gewährleistung wegen rechtlicher Mängel.

Möglichkeiten denkbar.

Entwehrung.

527

1. Das A.L.R. erwähnt nur den Fall, daß der Ent-

wehrer (Eigenthümer) den Veräußerer beerbt93).* 95 Wird er dessen Erbe ohne

so kann er nicht mehr aus eigenem Recht evinziren,

Vorbehalt,

"fällt auch die Verpflichtung weg,

und

dem Erwerber Ersatz zu leisten.

Erbe des Veräußerers mit Vorbehalt, so kann er noch aus

damit

Wird er

eigenem Recht ent-

wehren, muß aber auch die Pflicht seines Erblaffers erfüllen, d. h. dem Entwehrten

äußerer den Eigenthümer beerbt, Entwehrungsrecht,

so erwirbt er von

seinem Erblasser das

bleibt aber dem Entwehrten als Veräußerer verhaftet auf

Es muß daher auch

den Ersatz.

2. Wenn umgekehrt der Ver­

so weit sein Erbtheil reicht.

gerecht werden,

zulässig

erscheinen,

daß der Veräußerer,

obschon ihm im Entwehrungsprozeß der Streit verkündigt ist

und

er

dem

Erwerber Beistand geleistet, nachdem er den Eigenthümer beerbt, den Beistand wieder aufgiebt und den Prozeß seines früheren Gegners nunmehr gegen seinen

früheren Parteigenossen

Dieser Wechsel der Parteirollen

fortsetzt.

erscheint

weil der Veräußerer mit seinen früheren Erklärungen,

zwar bedenklich,

gegen den Entwehrer gerichtet waren, in Widerspruch treten muß.

die

Wird aber

erwogen, daß er dem Erwerber nicht in dessen, sondern im eigenen Interesse zur Seite getreten, daß er schon an sich berechtigt ist, jeden Augenblick diesen Beistand wieder

Vormann

aus

wenn sein Interesse abweicht,

aufzugeben,

scheinbare Auffälligkeit.

so schwindet die

Ein Gleiches ist anzunehmen, wenn der beigeladene

Singulartitel

Rechtsnachfolger

freilich versteht sich von selbst,

des

Evinzenten

wird.

Rur

die Rechte des Streitverkündigers nicht

daß

beeinträchtigt werden dürfen, und daß er ungehindert ist, die Vertheidigungs­

mittel, ferner

die ihm von seinem auch

werber.

gegen ihn

bereits

dargeboten sind,

3. Der Veräußerer beerbt den Er­

Das Eviktionsrecht des Eigenthümers bleibt unberührt, der Eviktions­

regreß ist weggefallen. Eoiktionsrecht ist berührt.

bisherigen Beistände

zu benutzen9*).

4. Der Eigenthümer

weggefallen,

beerbt den

5. Der Erwerber beerbt den Veräußerer:

Eigenthümers ist geblieben, der Regreß weggefallen.

mit Vorbehalt angenommen, geltend machen.

Erwerber:

Das

der Eviktionsregreß an den Veräußerer un­

Das Eviktionsrecht des

Hat aber der Erbe nur

so kann er sein Regreßrecht als Nachlaßschuld

6. Der Erwerber beerbt den Eigenthümer:

Das Eviktions­

recht ist beseitigt, der Regreß an den Veräußerer ist geblieben. X.

Zum Schluß sei erwähnt,

daß das deutsche Handelsgesetzbuch

den redlichen Erwerber von beweglichen Sachen, die ein Kaufmann in seinem Handelsbetriebe veräußert, verpfändet oder übergiebt, gegen alle Entwehrung sichert,

wenn

auch

der

veräußernde

Früher begründetes Eigenthum,

Kaufmann

nicht

Eigenthümer

war.

früher begründetes Pfandrecht oder anderes

dingliches Recht erlischt93). 93) §§. 140-142. I. 11. Koch S. 462f. 9t) So hat das O.A.G. Kassel einen Rechtsfall entschieden. Heuser, Annalen B. 5 S. 43 f 95) Art. 306. Auf gestohlene und verlorene Sachen hat dieser Artikel keine Anwendung. Bei Veräußerung von Papieren auf den Inhaber ist die Entwehrung ausgeschlossen,

Zweites Buch.

528

§. 87.

D. Vertragsanfechtung und Aufhebung.

A.L.R I. 5. §§. 349—423. Bornemann II. S. 359.

F. II. S. 495.

Die besonderen Privatrechte.

Heydemann I. S. 263f. Gruchot III. S. 128f. Daniels II. S 345. Koch, Pr.R. II. S. 207. R. d.

Plathner Geist. I. S. 299. 311. 327.

Unter der Randaufschrift: A.L.R.

„Aufhebung

der Verträge"

Betrug, Unmöglichkeit der Erfüllung,

sieben Fälle:

erwähnt das

veränderte Um­

stände, wechselseitige Einwilligung, Mangel der Erfüllung von der einen Seite,

Erlaß und Vergleich, Tod einer Partei.

Es ist in diesen Bestimmungen die

Aufhebung des Vertrages vermischt worden mit der Anfechtung und der Ver­ wandlung des Vertragsgegenstandes in eine Entschädigungsforderung.

Aufhebung ist Wiederbeseitigung eines giltigen Vertrages mit Aus­

geben seines Zwecks.

Sie unterscheidet sich einerseits von der feinem Begriff

nach natürlichen und nothwendigen Beendigung oder Lösung des Vertrags-

andererseits von der Anfechtung,

verhältniffes,

standenen Vertrag angreift,

welche einen ungiltig ent­

und von der Umwandlung des Vertrages in

durch welche der Geschäftszweck erhalten werden soll.

einen neuen,

Betrug

ist kein Aufhebungs-, sondern ein Anfechtungsgrund'); Vergleich, weil dieser das bisherige Vertragsverhältniß nur einschränkend ändert, hebt ihn ebenfalls

nicht auf; mangelhafte oder ganz ausbleibende Erfüllung, soweit sie eine ver­ schuldete ist und die Forderung auf das Interesse erzeugt,

bringt vielmehr

recht eigentlich die zwingende Kraft des Vertrages an den Tag. Bezüglich der Anfechtung der Verträge unter den Parteien als rechtlich unverbindlich,

der Gründe, welche den Vertrag als nichtig erscheinen lassen,

so daß er von Niemanden als geschlossen berücksichtigt zu werden braucht, und der Gründe,

aus welchen

einer der Kontrahenten den Vertrag nach seinem

Willen als ungiltig anfechten, aber auch auf solche Anfechtung verzichten kann, ist lediglich

auf die

bereits abgehandelte Lehre von der Nichtigkeit

der Anfechtbarkeit der

rechtliche Möglichkeit der Anfechtung der Kontrahenten

und von

zurück zu verweisen.

Die

eines Vertrags durch Gläubiger

eines

Rechtsgeschäfte

(§. 41)

als ihnen gegenüber unwirksam, die von Förster in diesem

Zusammenhang abgehandelt wurde (§. 88 der früheren Auflage) gehört nicht

dem Vertragsrechte an.

Verträge sind hierbei denselben Rechtsätzen unterworfen,

wie andere Rechtshandlungen.

Von den Rechtsvorschriften hierüber wird unten

im §. 114 gehandelt werden. auch wenn die Veräußerung nicht vom Kaufmann in seinem Handelsbetriebe ge­ schehen und das Papier gestohlen oder verloren gewesen. Art. 307. Die Be­ stimmungen haben zur Voraussetzung Rechtsgeschäfte, welche an sich giftig sind. Gegenüber den reichsgesetzlichen Bestimmungen, daß Rechtsgeschäfte eines Gemein­ schuldners nach der Konkurseröffnung dem Gläubiger gegenüber und Geschäfte, des­ jenigen dessen Vermögen mit Beschlag belegt ist, dem Fiskus gegenüber, nichtig sind, haben die Vorschriften keine Bedeutung. i) Dies ist auch der Ausdruck in §, 92. I. 4

§. 87.

Vertragsanfechtung und Aufhebung.

529

Es bleibt also hier übrig von den eigentlichen Aufhebungsgründen eines Vertrags zu hervorgehoben,

In der Lehre von der Form der Verträge ist bereits

reden.

daß das Landrecht den formlosen

Gegenstände von höherem Werth

mündlichen Vertrag über

einseitiger oder theilweiser Erfüllung

bei

bis zum Rücktritt eines Theils als verbindlich ansieht.

nur

Fall abgesehen kommen

trags

zu rechtfertigen

erfüllbarkeit, Tod,

als

geeignet,

in Betracht:

das

Von diesem

einseitige Aufheben eines Ver­

Veränderte Umstände,

zufällige Un­

mangelhafte oder verweigerte Erfüllung von der anderen

Seite, Nutzlosigkeit der Leistung.

Der beiderseitig zusammenwirkende Wille

der an der Obligation Betheiligten kann die Vertragsaufhebung zum Gegenstand haben, oder auch nur das Aufheben einer Verbindlichkeit, Erlaßvertrag.

Dieser

letztere Fall gehört systematisch in die Lehre von der Aufhebung der Ver­ bindlichkeiten,

nicht der Verträge,

wird aber im Zusammenhang

an dieser

Stelle abgehandelt. 1. Veränderte Umstände?). Bestimmung des römischen Rechts,

Man kann es kaum verstehen, wie die daß die an eine zum Zahlungsempfang

bestimmte Person (solutionis causa adjectus), welche inzwischen eine Rechts­

minderung (capitis deminutio) erlitten, geleistete Zahlung unwirksam sein solle?) in der Praxis des 17. und 18. Jahrhunderts die Regel hat erzeugen können, daß jedem Vertrage die stille Voraussetzung anhange:

rebus sic stantibus,

d. h. daß veränderte Umstände eine Aufhebung des Vertrages herbeiführen sollen4).

Das A.L.R.

hat auch den Satz in seiner Allgemeinheit?) verworfen.

Ver­

änderte Umstände berechtigen „in der Regel" nicht, die Erfüllung zu verweigern. Aber wenn die Erreichung des ausdrücklich erklärten oder aus der Natur des 2) I. 5. W.377—384. Hehdemann l. S. 268. Gruchotlll. S. 139. Plathner l. S. 387f. Bornemann II. S. 361. Daniels II. S. 351. Koch, Pr.R. II. S.208. R. d. F. II. S. 505. 630. Dernburg II 8-100. Roser in der Anwaltszeitung 1863 S. 92. — Weber, syftemat. Entwickelung der Lehre von der natürlichen Verbind­ lichkeit, 8- 90. Unterholzner I. S. 564. Sell, über die römisch-rechtliche Auf­ hebung der Obl. durch conc. duar. caus. lucrat. 1839. Mommsen, Beiträge I. S. 255f. III. S. 413f. Dazu Windscheid in der (Heidelb.) krit. Zeitfchr. II. S. 130. Arndts S. 458. Sintenis II. S. 500. Keller S. 518. Seuffert, Pand. 4. A. II. S. 157. §. 296.

3) 1 38. pr. v. XLVI. 3. 4) 3. B. Leyser, sp. 40 m. 4: Omne pactum, omnis promissio rebus sic stantibus mtelhgenda est, sive ut Seneca rem clarius explicat, omnia esse debent eadem, quae luerunt, cum promitterem, ut promittentis fidem teneas. Er stützt aber diesen Satz nicht auf die 1. 38 (vorige Note), sondern auf die Stellen, wo zufällige Uner­ füllbarkeit von der Leistung entbindet. Das als Beispiel beigesetzte Responsum von Helmstädt paßt nicht, da es nur die Billigung eines Vergleiches empfiehlt Bei Götz, Entscheid, der jurid. Fakultät zu Altdorf, 1808 S. 89, ist die Klausel eine oft miß­ verstandene, übel angewandte genannt. Weber a. a. O. 5. A. S. 345 hat den Satz so eingeschränkt, wie er im A.L.R. erscheint. „Es wird erfordert, daß die Veränderung einen Umstand betreffe, welchen entweder die Natur des Vertrages oder ausdrückliche Verabredung der Parteien dergestalt wesentliä) erfordert, daß ohne ihn der Vertrag wegfällt." S. 346. Svarez Ansicht bei Bornemann II. S. 361. 5) Das öfter. G.B. 8- 936 läßt veränderte Umstände nur auf die Verabredung, künftig einen Vertrag zu schließen, einwirken. Dem französ. und sächs. G.B. ist der Satz überhaupt unbekannt. Förster (EccruS), Preuß. Privatrecht. I. 5. Aufl.

34

Zweites Buch.

530

Die besonderen Privatrechte.

Geschäfts sich ergebenden Endzwecks beider Theile durch die zufällige Ver­

änderung der Sachlage unmöglich gemacht worden,

ist dies der Fall.

Es

wird vorausgesetzt, daß die Aenderung der Umstände unvorhergesehen eingetreten, insbesondere also nicht durch einen der Kontrahenten willkürlich herbeigeführt ist, und daß bei ihrem Eintritt noch nicht erfüllt ist, aber auch noch nicht hätte

erfüllt sein sollens.

so

anzusehen,

Unter diesen Voraussetzungen rechtfertigt es sich, die Sache

als wäre kein Vertrag

geschlossen worden.

Ist schon

ganz

erfüllt, auch bei einseitigen Verträgen, so bleibt es dabei; ist mit der Erfüllung erst angefangen, so muß zurückgeleistet werden');

so tritt der Anspruch auf Entschädigung ein, geändert haben8*).7 *

ist die Erfüllung verzögert,

selbst wenn die Umstände sich

Nun kann aber die Veränderung der Umstände auch durch

die freie Handlung einer Partei verursacht sein, oder sie kann nur dem einen

Theil die Erreichung des Vertragszweckes vereiteln.

Zn diesen Fällen läßt das

A.L.R. zwar auch den Vertrag aufheben, jedoch nur gegen Entschädigung, aber grade darin zeigt sich, daß hier der Vertrag nicht aufgehoben, sondern daß

vielmehr sein Inhalt und Gegenstand in die Leistung des Interesse geändert wird8).

Die Forderung

auf Entschädigung kann sich nur auf den Vertrag

gründen, der also wirksam bleibt.

Als eine Veränderung der Umstände, welche den Vertrag aufhebt, wird insbesondere auch angesehen, wenn der Gläubiger,

der eine bestimmte Sache

unentgeltlich zu verlangen hat, dieselbe anderweitig unentgeltlich erworben hat (concursus causarum lucrativarum)10).

Das A.L.R. stellt den Satz allgemein

nicht auf, wendet ihn aber bei Vermächtnissen an, wenn der Legatar die Sache schon unentgeltlich

erworben hat").

Die Regel ist

nicht anwendbar

bei

oder

wenn der Gläubiger nur den Werth,

nicht die Sache selbst empfangen").

Diese muß unwiderruflich und wirklich

Gattungssachen (Quantitäten),

in sein Eigenthum übergegangen seint3).

(Note 13 S. 531.)

«) Entsch. B. 26. S. 239, Rehbein I. S. 537. Entsch. B. 49 S. 55. 7) Gegen die Ansicht Kochs (Anm. zu § 378. d. T.), daß Beginn der Erfüllung durch denjenigen, der vom Vertrage zurücktreten will, den Rücktritt ausschließt, vgl. R.O.H.G. B. 23 S. 201; Erk. des R.G. B. I. S. 109. 8) Heydemann S. 269 hat die Stellen des A.L.R. angeführt, in denen die Veränderung der Umstände sich geltend macht: I. 11. §§. 178. 635. 656f. 758—760. 982. 984-986 1005 f. 1140 s. I. 12. §. 538. I. 14. §§. 47 f. 248. I. 16. § 33. I. 17. §. 80. I. 21. §§. 235f. 366f. 376f. 553 (dazu Svarez, Schluß-Revis. S. 71). II. 1. §§. 107 f. 489. II. 2. §§. 454. 485. II. 5. §§. 143. 146 (dazu Gesindeordn. v. 1810 §§. 144. 147. 149). [II. 18. §. 416.1 II. 19 8. 41. ») Striethorst B. 24 S. 302, B. 35 S. 128. 1») §. 6. J. II. 20. 1. 17. 19. v. XLIV. 7. 1 83 §. 6. v. XLV. 1. 1. 34. §3 1. 108. §§. 1. 4—6. de leg I. Sell, über die römisch-rechtliche Aufhebung der Obligationen durch conc. duar. caus. hier. Mommsen, Beitr. zum OblR. I. S. 255f. Hat der Empfänger die Sache entgeltlich erworben, so beibt die Obligation auf das bestehen, quod abest creditori; das muß der Schuldner leisten. ii) I. 12. §§. 323. 380. Uebrigens bezieht sich die Mehrheit der Stellen des corp. jur. auch auf Vermächtnisse. 19) 8. 6. J II 20. Bei Konkurrenz eines bedingten und unbedingten Erwerbsgrundes hebt der letztere, wenn er, zum wirklichen Erwerb geführt hat, den ersteren auf, 1. 98. pr. de V. 0. Ersitzung ist auch ein unentgeltlicher Erwerbsgrund. 1. 82. §. 1. de

§. 87.

Das A.L.R. sagt: „entsteht die

Zufällige Unerfüllbarkeit").

2.

531

Vertragsanfechtung und Aufhebung.

Unmöglichkeit, den Vertrag zu erfüllen, durch einen Zufall oder durch unab­ wendbare Gewalt und Uebermacht, so wird der Vertrag für aufgehoben an­

Es bedarf nicht eines Anfhebungsaktes der Parteien.

gesehen".

§. 66 ist

erwähnt, daß die Unmöglichkeit bei Schuldverhältniffen in zweifacher Hinsicht in Betracht kommt:

entweder ist

die Leistung schon nach ihrer Natur von

Anfang an unmöglich; dann kann sie überhaupt nicht Gegenstand einer Obli­

gation werden, und dies ist der beschränktere Sinn der Regel: impossibilium null» est obligatio. lich geworden,

und

Oder die Erfüllung der Leistung ist hinterher unmög­

hier gilt nach gemeinem Recht der Grundsatz, daß der

Schuldner frei ist von der Verpflichtung zum Leisten, sofern dieses ohne sein Verschulden unmöglich geworden.

Zede verschuldete Unmöglichkeit erzeugt aus

dem Vertrage die Forderung auf das Znteresse.

Das A.L.R. dagegen befreit

bei unverschuldeter Unmöglichkeit nicht den Schuldner von der Leistung, sondern es hebt den Vertrag auf. Folgen.

Rach

Die Verschiedenheit

gemeinem Recht behält der

zeigt sich

Gegenleistung, weil der Vertrag nicht aufgehoben ist. Zufall verursacht, trifft die andere Partei, zu tragen").

Anders

bei der Miethe").

Vorleistung bedingt, erfolgt ist.

den praktischen

Recht

auf die

Der Nachtheil, den der

sie hat die Gefahr (periculum)

So bei allen Verträgen, die Eigenthumserwerb bezwecken, be­

sonders beim Kauf. Nutzung,

in

Schuldner das

dagegen bei den Verträgen auf Gebrauch und

Hier ist die Gegenleistung

so sehr durch die

daß jene nur so weit verlangt werden darf, als diese

Das A.L.R. hat die Regel des römischen Rechts von der Miethe

verallgemeinert und auf alle Verträge ausgedehnt.

Auf die hieraus sich er­

gebende Verschiedenheit der Auffassung, die sich insbesondere auch bei zufälliger

Verschlechterung des Leistungsgegenstandes geltend macht, ist unten im §. 108 näher einzugehen. Die Unmöglichkeit, welche zur Vertragsaufhebung führen soll, muß objektiv

fein, d. h. die Leistung als solche oder diejm Vertrage bestimmte Art derselben treffen").

Eine bloße Erschwerung der Erfüllung findet keine Berücksichtigung;

leg. I. Will der Schuldner dem Gläubiger den Nießbrauch an der Sache schenken und der andere erwirbt anderweitig das Eigenthum an derselben, so ist die Schenkung des Nießbrauchs aufgehoben, weil in dem größeren Recht das geringere enthalten ist, so daß es hier nicht darauf ankommt, ob das Eigenthum unentgeltlich erworben. 13) 1. 108. §. 6 de leg. I H) I. 5. §§. 360-376. Heydemann I. S. 265. Gruchot lll. S. 131. Plathner l. S. 299 Bornemann II S. 359. Daniels II. S. 349 Koch, Pr.R. II. S. 208 und 40. R. d. F. II. S. 502. I. S. 198, bes. S. 202 f. Dernburg II. §.101. Unterholzner 1. S. 511 f. Arndts S. 454. Sintenis II. S 464. Keller S. 532. Windscheid §. 360. Seuffert II. S. 136. Mommsen, Beitr. S. 304. R.O H.G. IV Nr. 35. Unten §. 108. 13) Mommsen, Beiträge I. S. 232f. 16) S. einerseits 1. 5. §. 2. D. XVIII. 5. I. 15. D. XXIII. 3. Mommsen S. 330f., andererseits 1. 9. §§. 4. 6. 1. 19. §. 6. 1. 30. §. 1. D. XIX. 2. Mommsen S. 342 f. ii) I. 5. §§. 364. 373. Der „bloße" Zufall im Gegensatz zu dem Zufall, der sich in der Person eines Kontrahenten ereignet hat, §§. 369. 370. Als Zufall erscheint es 34*

Zweites Buch.

532

Die besonderen Privatrechte.

was aber nur mit Gefahr des Lebens kann, ist unmöglich").

Soll eine

oder der Freiheit ausgeführt werden

Gattungssache

geleistet werden,

so kann

eine objektive Unmöglichkeit der Regel nach nicht eintreten (genus non perit)"), es sei denn, daß der Kreis der überhaupt vorhandenen Sachen der Gattung übersehbar ist.

Aber auch wenn der

Gegenstand

eine bestimmte Sache ist,

darf der Umstand, daß der Schuldner sich durch ein Verhalten, welches nach der Natur des Vertragsverhältnisses ihm nicht als Schuld angerechnet werden kann, das also für dieses Verhältniß unter den Gesichtspunkt des Zufalls zu

stellen ist, die Erfüllung für seine Person unmöglich gemacht hat, das Recht auf Erfüllung des Vertrags nicht ausschließen.

Zn solchem Fall ist zwar die

in Aussicht genommene Art der Erfüllung (unmittelbare Selbstleistung) durch

den in der Person des Schuldners hervorgetretenen Zufall unmöglich geworden, die Leistung selbst aber ist möglich, sie kann durch Herbeiführung der Thätig­

keit eines Andern

erwirkt

roerbeit20 * *).* * * *Insbesondere * 18 *

Schuldner nicht befreien oder als Aufhebungsgrund

kann

es

also den

des Vertrages dienen,

wenn derselbe aus noch so entschuldbarem Irrthum an einen Andern als den

Gläubiger geleistet, dadurch die zu leistende individuelle Sache aus der Hand gegeben, sich die Erfüllung unmöglich gemacht hat.

Der Vertrag besteht solchen­

falls und erzeugt die Verbindlichkeit, die Leistung zu beschaffen oder das Zntcreffe zu leisten21).

Auch in anderen Fällen der Unmöglichkeit, den Vertrag in

der bedungenen Art zu erfüllen, welche durch einen die Person des Verpflichteten treffenden Zufall herbeigeführt werden,

wird der Berechtigte gerade so, wie

wenn eine Schuld des Verpflichteten obwaltete, befugt eine andere Erfüllungs­ art, insbesondere die Leistung des Interesse zu

18)

1»)

so)

2i)

fordern,

wie umgekehrt der

auch, wenn ein Gesetz die Fälle, in denen die Vertragserfüllung in Frage kommen konnte, beseitigt hat, Strieth. B. 89 S. 263, Rehbein I. S. 537; ferner wenn die Erfüllung durch Schuld eines Dritten unmöglich wird Entsch. B. 17 S. 96f. Striethorst B. 27 S. 162. Dem widerspricht nicht 1 37. §. 5. D. XLV. 1, wo von subjektiver Unmöglichkeit die Rede ist. Im Gebiete des Landrechts finden diese Besümmungen auch bei handelsrechtlichen Verträgen Anwendung. Entsch. B. 62 S 212. Rehbein I. 534. I 5 §. 376. Andere unvorhergesehene Gefahren muß der Berechtigte, der auf Er­ füllung besteht, nach §. 375 übernehmen, d. h. er muß für die entstehenden Nachtheile aufkommen. 1. 42. D. XXIII. 3. I. 1. §§. 2—4. D. XLIV. 7. In der 1. 37. v. XLV. 1 find die certi nummi in arca nicht Gattungssache, sondern Spezies. Jedenfalls ist der Beweis des vollständigen Erlöschens eines genus ein sehr schwieriger. Daß der Aussteller einer gewissen Sorte von Börsenpapieren dieselben aus dem Verkehr gezogen hat, möchte allein noch keine Unmöglichkeit begründen, wenn sie nicht alle vernichtet sind. I. 5. §§. 369. 370. Hiernach ist nach preußischem Recht jedenfalls der Satz nicht zu bezweifeln, daß unverschuldete Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht als Zufall von der Zahlungspflicht befreit, ein Satz, dessen Gegentheil Windscheid §. 277 Anm. 8. — freilich unter lebhaften Widerspruch Anderer — für das gemeine Recht daraus, daß hier auch subjektive Unmöglichkeit befreit, zu begründen versucht hat. Den entgegengesetzten Standpunkt nimmt Dernburg II. § 212 Anm. 26 ein. Vgl. B. 2 §. 139 Anm. 44. — Die Jnteressenforderung fällt unter den Gesichtspunkt einer andern Erfüllungsart; denn auch das Interesse wird in Erfüllung des Ver­ trages geleistet.

§. 87.

Verpflichtete,

wenn der

Vertragsanfechtung und Aufhebung.

Zufall

in

der Person des

533

Berechtigten

eintritt,

diesen nöthigen kann, sich eine andere Erfüllungsart gefallen zu lassen.

Ist

dagegen die Erfüllungsart — ohne einen solchen Zufall oder eine Schuld —

objektiv

unmöglich,

wird z. B. die zu leistende individuelle Sache dem Ver­

pflichteten gestohlen, so wird der Vertrag aufgehoben, obgleich auch in diesem

Fall eine andere Erfüllungsart, die Leistung durch Vermittelung des zeitigen

Inhabers denkbar ist.

Was als objektiv unmöglich

unter Berücksichtigung des wirthschaftlichen

anzusehen,

bestimmt sich

Vertragszwecks der Parteien22 * *).* * * * * * * * * * da der Gläubiger eine

Theilweise Unmöglichkeit ist Unmöglichkeit überhaupt,

Theilleistung nicht als Erfüllung anzunehmen schuldig ist.

Bei der Wahlobli­

gation ist nach preußischem Recht Unmöglichkeit der Leistung vorhanden, wenn

die eine von den Sachen,

aus

denen zu wählen war,

untergegangen ist23).* * 26 27

Soweit es denkbar ist, daß eine objektive Unmöglichkeit später wieder wegfällt, kann der einmal aufgehobene Vertrag doch nicht wieder erwachen2^).

Zn Folge der Aufhebung des Vertrages

muß,

was vor Eintritt der

Unmöglichkeit bereits geleistet worden, zurückgeleistet werden, um den Zustand

vor dem Vertragsabschluß wieder herzustellen23).

Unmöglichkeit, welche durch

Verschulden herbeigesührt oder in der Person des Verpflichteten zufällig einge­

treten ist, wirkt dagegen nur verändernd auf das Schuldverhältniß23). 3.

Der Tod hebt

den

Vertrag

auf,

wenn

dessen

Gegenstand

eine

Handlung war, bei welcher es auf besondere Fähigkeiten und Verhältnisse des verstorbenen Verpflichteten ankam2').

Die Erben müssen zurückgeben, was der

Verstorbene erhalten, können aber für das, was ihr Erblasser bereits geleistet

hat, einen entsprechenden Theil der

Gegenleistung — nach

dem Maße des

W) Dieser Gedanke liegt Entsch. B. 40 S. 30, Rehbein I. 532, zu Grunde, wenn er auch hier keine glückliche Anwendung gefunden hat, auch der Ausdruck relative und absolute Unmöglichkeit das, was hier ins Auge gefaßt ist, kaum richtig bezeichnet. Insbesondere zeigt sich diese Berücksichtigung, wo nach der Absicht der Kontrahenten die Zeit der Leistung erheblich war, und die nachher mögliche Leistung nicht mehr gefordert werden kann.'» A) I. 11. §. 33. Oben §. 65 Sinnt. 28. 2«) 1. 98. §. 8. D. XLV1. 3. Vgl. ans der Praxis R.G. Entsch. B. 5 S. 278. Zu beachten ist dabei, daß nur die zur Zeit der Fälligkeit der Leistung vorhandene Unmöglichkeit in Betracht kommt. In den von Dernburg II. §. 101 Sinnt. 6 besprochenen Fällen, wenn ein gemietheter Diener zum Militär eingezogen, aber vor Beginn der Dienstzeit wieder entlassen ist, wenn das eingeleitete Enteignnngsverfahren bezüglich eines vermietheten Hauses vor Beginn der Miethzeit aufgehoben wird, ist die Leistung nie unmöglich gewesen. 25) §§. 365-368. d. T. Vergl. den folgenden Paragraphen und I. 11. §§. 902. 960. 964. 967. I. 16. §§. 14. 102. I. 18. 88. 760 f. I. 21 §§. 211. 299 f. 381. 26) §§. 359—363. 369-372. 374—376. d. T. Unten §. 106 und 108. 27) §. 416. d. T. Koch, R. d. F. II. S. 523. R.G. bei Gruchot 33. 28 S. 912. Der Satz hat besonders Anwendung bei der Werkverdingung und dem Dienstleistungs­ verträge. I. un. §. 8. C VI. 51. Anwendungen im A.L.R. 1. 13. §. 186. 1. 17. §§.281. 290. I. 21. §§. 366 f. II. 1. §§. 124—127. 830. 1088 f. II. 8. §§. 661 f. Gesindeordn. v. 1810 §§. 99 f. Schriftliche Aufhebung des schriftlichen Vertrages über Handlungen nach §. 388. I. 5. ist nicht erforderlich. Striethorst B. 69 S. 160.

Zweites Buch.

534 Vortheils,

den

der

Die besonderen Privatrechte.

Gläubiger erlangt hat — beanspruchen23).

Der Tod

wirkt unter diesen Voraussetzungen als ein Zufall, der die Erfüllung hinterher unmöglich macht,

dauernd

geradeso

wie eine bei Lebzeiten eingetretene die Erfüllung

unmöglich machende

Unfähigkeit zur Leistung,

und

insofern hat

Gruchot Recht, wenn er die besonderen Bestimmungen des A.L.R. hierüber überflüssig nennt29).

4.

Mangelhafte Erfüllung von einer Seite33).

Eine Erfindung

der Redaktoren des A.L.R. ist es, daß derjenige Kontrahent, der sich weigert, seinerseits zu erfüllen, weil der andere Theil nicht erfüllt, ein Wahlrecht auf

Schadenersatz oder auf Rücktritt vom Vertrage haben soll, sobald im Wege

des gerichtlichen Verfahrens seine Weigerung für begründet erachtet worden,

und daß der andere Theil ebenfalls zurücktreten kann, wenn in erster Instanz umgekehrt gegen den Weigernden entschieden ist.

daß dieses Wahlrecht die Kraft haben soll,

Noch wunderbarer ist es,

die Fortsetzung des gerichtlichen

Verfahrens in den folgenden Instanzen zu beeinfluffen, d. h. dem Verurtheilten

oder Abgewiesenen die weitere Verfolgung des materiellen Rechts geradezu abzuschneiden31).

Der Praxis ist das Institut im Wesentlichen fremd ge­

blieben, weil das Bedürfniß des Lebens auf ein solches Wahlrecht nicht hin­

führt32). — Bei Verträgen auf ein Geben soll regelmäßig das Ausbleiben der Leistung oder die Mangelhaftigkeit der Erfüllung kein Grund sein, den Vertrag aufzuheben,

vielmehr

zeigt dieser grade hier seine zwingende Kraft.

Die Weigerung oder nicht gehörige Erfüllung des andern Theils giebt Anlaß

die Erfüllung zu erzwingen,

freien33),

aber nicht

sich von der eigenen Pflicht zu be­

und Besonderheiten treten nur beim Kauf ein, wo

der Verkäufer

ein Rücktrittsrecht hat, wenn die Sache für weniger als 150 Mark verkauft ist und der Käufer sie nicht zur bedungenen Zeit abholt34),

oder

ohne eine

Beschränkung, wenn der Käufer nicht die bei der Uebergabe bedungene Baar28) §§. 417—422. d. T. — Dernburg II. 8. 102. — Verschieden von der Aufhebung des Vertrages durch den Tod ist die Einwirkung desselben auf das Ende von dauernden Obligationsverhältnissen, Mandat, Societät, Pacht und Miethe. 29) Beiträge B. 3 S. 180. 80) §§. 393-414. I. 5. Heydem. S. 272f. Gruchot III. S. 147f. Koch, R d. F. II. S 509 f. Die Entstehungsgeschichte auch in Entsch. B. 50 S. 31. Strieth. B. 50 S. 325. Rehbein I. 546. 81) §§. 396—407. Das Vorbild für diese Bestimmungen war das jus poenitendi bei den unbenannten Realverträgen und Svarez meinte, seine Theorie sei keine neue. Schlußrev. Vortr. S. 5 f. Albert bei Behrend B. 3 S. 343. Das österr. GesB. 8. 919 läßt nur die Erfüllungsklage zu; der Code art. 1194 läßt von jedem zwei­ seitigen Vertrage zurücktreten, wenn ein Theil nicht erfüllt. — Eine unmittelbare Einwirkung auf den Prozeß wird dem Rücktritt nicht beigemessen. Wird der Prozeß in der höheren Instanz vom Gegner fortgesetzt, so wird es Sache des Zurücktreten­ den sein, die durch den Rücktritt vom Vertrage begründeten Rechtsfolgen für den erhobenen Anspruch geltend zu machen. Aus dieser Rechtslage ergiebt sich, daß die Reichscivilprozeßordnung die Bestimmungen, die rein materiellrechtlichen Inhalts sind, unberührt gelassen hat. 82) Anwendungsfälle: Entsch. B. 20 S. 97, Strieth. B. 14 S. 34. 33) I. 5. §§. 393. 394. 34) I. 11. §. 229.

Vertragsanfechtung und Aufhebung.

§. 87.

535

Zahlung leistet33).

Bei Verträgen über Handlungen liegt die Sache anders.

Das A.L.R. sagt:

„Bei Verträgen, deren Hauptgegenstand Handlungen

sind, kann Derjenige, welcher behauptet, daß der Andere die Erfüllung bisher

nicht kontraktmäßig geleistet habe, oder solchergestalt nicht leisten könne, sofort auf seine Gefahr von dem Vertrage wieder abgehen".

darin,

daß

er den andern Theil entschädigen muß,

Seine Gefahr besteht

wenn seine Behauptung

über kontraktwidrige Leistung unrichtig befunden wird.

Dagegen hat er einen

Entschädigungsanspruch, wenn sein Rücktritt gerechtfertigt erscheint36).

Werden

diese Bestimmungen an der oben gegebenen Definition der Aufhebung gemessen,

so ergiebt sich, daß hier eine solche nicht stattfindet; der Vertrag behält, mag die Behauptung des Gläubigers wahr oder unwahr sein,

die Wirkung,

im letzteren Fall er selbst, im ersteren der Schuldner entschädigen muß. ist dem Gläubiger nur gestattet,

das

gleich

zu fordern und

Interesse

daß

Es die

spätere Leistung der Handlung zurückzuweisen, während in der Regel erst bei

fruchtlos versuchten Ersüllungszwang die Entschädigungsforderung hervortritt3'). Darum ist auch die Frage,

schiedene Beantwortung

werden muß,

die in der Praxis des Obertribunals eine ver­

erfahren hat,

ob der Rücktritt

oder auch thatsächlich erfolgen kann,

ausdrücklich

von keiner

erklärt

wesentlichen

Bedeutung38).

Aber die Feststellung des Begriffs:

Handlungen

„Vertrag,

sind", ist nicht unzweifelhaft.

deffen Hauptgegenstand

Das Wort Hauptgegenstand

deutet offenbar darauf hin, daß auch an solche Verträge gedacht ist, bei denen

Geben und Thun auf derselben Vertragsseite

gemischt ist.

sächlichen Unterlagen des einzelnen Falls muß

entnommen

Handlung der Hauptgegenstand ist.

Sie wird

es sein,

Aus den that­ werden,

ob die

wenn sie dem Ver­

trage den eigentlichen Charakter aufdrückt, insbesondere wenn auf der Seite des säumigen Theils nur Handlungen zu leisten sind,

oder wenn nach der

konkreten Sachlage anzunehmen ist, daß auf die Handlung bei dem Vertrage 85) I. 11. §. 230. Ueber das handelsrechtliche Rücktrittsrecht des Käufers und Ver­ käufers bei Verzug des andern Theils s H G.B. Art. 354—357. — Dem §. 230 entspricht für den Fall des gerichtlichen Verkaufs durch den Gerichtsvollzieher C.P.O. §. 218 Abs. 3 mit der Maßgabe, daß der säumige Bieter für den Ausfall verhaftet bleibt; hier wird also der Rücktritt von dem Vertrage ein Theil des eigenthümlich geregelten Jnteressenanspruchs. Bei der Zwangsversteigerung ist die Wiederver­ steigerung (Jmmob.Vollstr.Ordn. v. 13. Juli 1883) eine eigenthümlich geordnete Zwangsvollstreckung gegen den Ersteher. 86) 88. 408—410. d. T. Siehe bes. Gruchot's ausführliche Glossen hierzu B. 3 S. 154f. Heydem. S. 276 f. Ueber die Höhe der Entschädigung im Fall des §. 409 u. 410f. Entsch. B 11 S. 30. Centralblatt 1838 S. 834. Gruchot S. 179. Die §§. 409. 410. d. T. erfordern, daß der eine Kontrahent zurück­ treten zu wollen erklärt hat, weil der andere nicht erfüllt hat Striethorst B. 61 S. 6. Unten §. 106 Sinnt. 36. ”) Auch bei Verträgen über Handlungen kann auf Erfüllung geklagt werden, so lange noch nicht ein Rücktritt stattgefunden hat. Dies ist das Verhältniß des §. 408. I. 5. zu §§. 877. 878. I. 11. Gruchot S. 158 (Erk. des O.Trib. v. 13. Oktbr. 1857). Vergl. auch Gesindeordn. v. 1810 §. 145 f. 38) Gruchot S. 176f. Strieth. B. 2 S. 372, B. 15 S. 225, B. 18 S. 259, B. 28 S. 47, B. 69 S. 160.

Zweites Buch.

536 das

Hauptgewicht

gelegt

Die besonderen Privatrechte.

wurde,

so

leistung nicht als davon trennbare

die

daß

weiter

versprochene Sach­

und nur zufällig in denselben

Vertrag

aufgenommene Verbindlichkeit aufzufassen ist39 * *).** ** *Man * * * * *muß ** die Bestimmung beziehen auf alle Verträge,

auf welche

die Bestimmungen des 8. Abschnitts

des 11. Titels Anwendung finden, soweit nicht das Rücktrittsrecht von solchen Verträgen eine besondere Regelung erfahren hat49).

Danach ist bei solchen

Verträgen auf Grund der wirklichen Weigerung des einen Theils zu erfüllen,

der Rücktritt schlechthin statthaft44); und wenn Jemand es auf sich nimmt, daß der andere Theil nicht gehörig geleistet habe oder überhaupt nicht leisten

könne, so tritt er nach der hier erörterten Bestimmung auf seine

Gefahr

zurück. 5.

Nutzlosigkeit der Leistung,

deren

berechtigt den Verpflichteten, in dem dort

Begriff §. 69

erörtert ist42),

erörterten Sinne bei Gericht als

Klage oder Einrede den Antrag zu stellen, den Vertrag aufzuheben. 6.

Erlaß (pactum de non petendo)43)

ist die vertragsmäßige und

von Seiten des Entsagenden ausdrückliche Erklärung, einem bereits erworbenen Rechte zu entsagen44).

Er kommt daher nicht bloß als Aufhebungsart für

Vertragsrechte in Betracht, sondern hat eine allgemeinere Natur, die wie in §. 18 erörtert,

mit

dem Begriff des Rechts

als Befugniß

zusammenhängt.

Ebenda ist hervorgehoben, daß regelmäßig nur der vertragsmäßige Erlaß recht­ liche Bedeutung hat.

Der Erlaß

von der Aufhebung der Rechte.

gehört

hiernach

systematisch in die Lehre

Wird eine Entsagung gegen Entgelt erklärt,

so steht der Vertrag unter den allgenieinen Regeln der lästigen Verträge, und er nimmt die Rechtsnatur des Vergleichs an,

sobald

dem Rechte als einem

89) Entsch. B. 60 S. 8 (Rehbein I. S. 549), durch welche das unhaltbare Präjudiz 2066 (Samml. 1 S. 18) Arnsberger Arch. B. 14 S. 187, Entsch. B. 16 S. 521' aufgegeben ist. m) Dies ist insbesondere geschehen bei Verträgen über ein verdungenes Werk, das ergiebt I. 5 §. 412. I. 11 §. 938. Vgl. Entsch. B. 19 S. 151. Rehbein I. 552, Strieth. B. 20 S. 240, R.O.H.G. B. 5 S. 168, B. 11 S. 158. Ueber den Frachtvertrag vgl. O H.G. B. 20 S. 340. Vollmachtsvertrag, Gesellschaft, Ver­ sicherung folgen ihren eigenen Regeln. Ueber letztere vgl. O.H.G. B. 5 S. 167. — Die zweifelhafte Anwendbarkeit der Bestimmungen auf den Lieferungsvertrag (Strieth. B. 18 S. 259, Gruchot S. 161) kommt mit Rücksicht auf H.G.B. Art. 338 praktisch kaum noch in Frage. Anwendbar ist §. 408 dagegen bei Dienstverträgen. Gruchot S. 160 Strieth. B 4 S. 1, B. 28 S. 47. 204; bei Engagement eines Schauspielers, Strieth. B. 15 S 225; bei Verträgen mit Handarbeitern, Strieth. B. 20 S. 240 (vgl. aber auch B. 43 S. 317). «) §. 877. I. 11. 42) I. 5. §. 70. 42) Koch, R. d. F. II. S. 741. Dernburg I. 8. 85. — Unterholzner I. 478. Sintenis II. S. 479. Arndts S. 438. Vangerow III. S. 394. Seuffert, Pand. II. S. 149. Völderndorf, zur Lehre vom Erlaß. 1850. Sch cur l, Beiträge B. 2 S. 14. Arndts in der kritischen Ueberschau B. 2 S. 154. Vgl. oben §. 18 Anm. 31 ff. Darüber ob eine ipso jure wirkende Acceptilation dem heutigen gemeinen Recht fremd ist, vgl. Windscheid §. 357 Anm. 9. 44) §§. 379. 381. I. 16. Ueber die Form vgl. oben §. 79 Anm. 62. Ueber Entsagnng durch Quittungsleistung s. unten §. 91 Anm. 105ff. Der Versuch Dernburg's §. 96 bei Anm. 15 den bloß mündlichen, formell unverbindlichen Erlaß als exceptio doli zu verwerthen, kann nicht gebilligt werden.

§. 87.

Vertragsanfechtung und Aufhebung.

537

zweifelhaften entsagt ist; diese Rechtsnatur ist auch, ohne daß ein weiteres Entgelt wenn das Recht bereits im Prozeß geltend

dann anzunehmen,

bedungen ist,

gemacht roar45).

Als

wohlthätiger Vertrag

einseitiger,

hat der Erlaß die

rechtlichen Wirkungen einer Schenkung46), ohne an die Formen des Schenkungs­

Vertrages gebunden zu fein41).

Aber der Erlaß bedarf auch in diesem Falle

der Annahme, die Annahme kann aber

erklärt werden.

Inhalt des Erlasses kann dahin gehen, erlassen werde.

Nur im ersteren

hebung des Vertrags schränkt^).

wie

die Annahme einer Schenkung

Insbesondere genügen also konkludente Handlungen45).

Fall kann

gleichkommen45),

die Wirkung der

im letzteren ist

Wie der einem Schuldner ertheilte

Gesammtschuldverhältniß wirkt,

Der

daß die Leistung ganz oder theilweise

ist §. 63

Erlaß

vollen Auf­

Wirkung einge­

die

bei vorhandenem

erwähnt5 * '); * * * wie

er

auf Dritte,

nebenbei Verpflichtete, z. B. Bürgen wirkt, wird bei der Erörterung der Bürg­ schaft zu erwähnen fein52).

7.

Vertragsaufhebung

setzt voraus,

daß

durch

beiderseitige

Einwilligung 52)

der fertig geschlossene verbindliche Vertrag noch unerfüllt

ist54), und daß die Aufhebung uneingeschränkt, bedingungslos erfolgt.

Solche

Erklärung erfordert weder Ausdrücklichkeit55), noch eine besondere Form, doch

soll die schriftliche Vertragsurkunde vernichtet werden55),

und nur bei einem

45) I. 16 §§. 394, 395. 46) I. 16 §. 393. Vgl. oben §. 18 Anm. 36 und unten Bd. II. §. 122 bei Sinnt. 12. Der Erlaß bereichert den Schuldner, auch wenn derselbe nicht zahlungsfähig ist. B. 22 §. 3, 1. 82 D. XXXV. 2, 1. 31. §§ 1, 4 D. XXXIX 6. 4i) Dies geht schon daraus hervor, daß I. 16 § 387 die bloß mündliche Entsagung nach den allgemeinen Grundsätzen über Vertragsform unter Umständen als giltig bezeichnet. Durch den erklärten Erlaß wird die Schenkungsabsicht ausgeführt, es handelt sich nicht mehr um ein noch zu erfüllendes Schenkungsversprechen. Entsch. B. 5 S. 261, B. 7 S. 86. Rehbein II. S. 391, 398. Vgl. übrigens §. 79 Anm. 62 und bezüglich gerichtlicher Entsagungen §. 18 Anm. 33. 48) I. 16 §§. 389, 390. Vgl. B. II. §. 14 bei Anm. 34 ff. 49) Es bleibt auch keine natur obl zurück. so) Wenn nach dem Kaufabschluß der Verkäufer gegen Minderung des Preises von der Gewährleistung befreit wird, so ist dies nicht der Erlaß eines besonderen Rechts, sondern eine nach §§, 317, 318 I. 5 zu beurtheilende Aenderung des Kaufvertrages. A.L.R. I. 5. §§. 317. 318. I. 16. §. 381. Stegemann IV. S. 129. 51) Oben §. 63 Anm. 58. 52) Vergl. I. 14. §. 385. Unten §. 144. «) 88. 385-392. I. 5. Gruchot S. 140. Heydem. S. 269. Koch, R. d. F. II. S. 495. § 4. J. III. 29. 54) Strieth. B. 83 S. 203. Rehbein I. S. 543. — Formell unverbindliche Verträge werden formlos aufgehoben. Entsch. B. 12 S. 163, und bei bloßen Vertragsaner­ bieten ist von Nichtannahme die Rede, nicht von Rücktritt. Entsch. B. 33 S. 30. Bei einem einseitig verpflichteten pactum de emendo ist in Entsch. B. 69 S. 95, Rehbein I. S. 541 dasselbe angenommen. Vgl. hierzu oben §. 77. 55) Seuffert B. 23 Nr. 23. 56) Dies ist wesentlich. Entsch. B. 14 S. 192 auch wenn der Vertrag seinem Gegen­ stände nach der Schriftform nicht bedurfte s. Entsch. B. 74 S. 5; doch nur wenn ein von beiden Theilen unterschriebenes Instrument vorlag, also nicht ein einseitiges Anerkenntniß Entsch. B. 20 S. 93. Strieth. B. 28 S. 50 und Bornem., Eröretr. H. 1 S. 178 f.; und nicht, wenn der Vertrag durch Schriftwechsel zu Stande gekommen. (A.L.R. I. 5. §§. 386. 387.) O.H.G. B. 6 S. 350.

Zweites Buch.

538

nach gesetzlicher Vorschrift,

Die besonderen Privatrechte.

nicht nach bloßer Willkür der Parteien60 57)*58 62 gericht * ­

lich geschlossenen Vertrage soll auch die Aufhebung gerichtlich erfolgen. beiderseitige Einwilligung ist

ein liberatorischer Vertrags).

erfüllt, so ist eine bloße Aufhebung nicht mehr denkbar;

Die

Ist schon ganz

wollen die Parteien

in solchem Fall die Wirkungen des Vertrages wieder beseitigen, so kann dies

nur durch ein neues verpflichtendes Geschäft in der gesetzlichen Form60) ge­

schehen.

Dasselbe gilt,

wenn die Erfüllung schon angefangen,

oder erst ein­

seitig erfolgt ist, oder wenn die Aufhebung nicht unbedingt geschehen, eigentlich Zst der unverbindliche mündliche Auf­

also der Vertrag modifizirt werden soll. hebungsvertrag

thatsächlich erfüllt,

greift §. 146 I. 5 ein60).

so

ein Vertrag nicht aufgehoben werden,

wenn

geschlossen und dieser bereits beigetreten6'),

Es darf

er zum Vortheil eines Dritten oder wenn ihn

für den Dritten „vermöge obliegender Pflichten"

geschloffen

ein Kontrahent und diesem da­

durch ein Recht erworben hat60).

§. 88.

Rückleistnng des ans unverbindlichen oder aufgehobenen Verträgen Geleisteten.

Wenn

ein Vertrag unverbindlich

ist

oder aus

erheblichen Gründen

wieder aufgehoben wird, so hört derselbe auf, ein Rechtsgrund für das Haben

dessen zu sein, was bereits in Erfüllung des Vertrages geleistet worden ist. Es entsteht deshalb eine Verbindlichkeit auf Rückgewähr aus dem Haben ohne

Grund, der Bereicherung.

Von

diesem Anspruch wird in dem

besonderen

Obligationsrecht näher zu handeln sein'). 57) Strieth. B. 25 S. 127. 58) Siehe oben §. 72 S. 472. Gruchot S. 140 Note gegen Sintenis. Seuffert, Arch. 1. Nr. 223. 5») Strieth. B. 9 S. 203. Entsch. B. 58 S. 35. Rehbein I. S. 544. Deutsche Gerichtszeitung N. F. B. 2 S. 252 fg. eo) Entsch. B. 73 S. 200. Rehbein I. S. 363. Strieth. B. 26 S. 42. Auch das O.A.G. München (Blätter f. R. Anw. B. 15 S. 377) hat §. 390. I. 5 auf einen Fall angewendet, wo ein noch ein Jahr dauernder Mietvertrag auf 130 sl. Miethe dadurch aufgehoben worden, daß der Miether ausgezogen und der Vermiether die Schlüssel der Wohnung an sich genommen und letztere anderweitig benutzt hatte, weil der Aufhebunhsvertrag sofort von beiden Seiten erfüllt worden, also der schriftlichen Form nicht bedürfe. Der Aenderung eines fertig geschlossenen Ver­ trages durch Korrekturen, welche mit beiderseitiger Zustimmung in die unterschriebene Vertragsurkunde gesetzt worden, weigert das Obertribunal die Anerkennung, sofern nicht die korrigirte Urkunde demnächst von Neuem unterschrieben worden. Entsch. B. 69 S. 20. Vgl. dagegen §. 40 Sinnt. 19. — War der Vertrag schon erfüllt, so tritt im Zweifel die Auflösung ex nunc. ein. Seuffert X. 3t. ei) §. 391. d. T. Oben §. 75 bei Sinnt. 17. 62) §. 392. d. T. Das hindert natürlich denjenigen, der auch für den Aufhebungs­ vertrag Stellvertretungsbefugniß hat, z. B. Vormünder und Vertreter einer juristischen Person, nicht, die Aufhebung wirksam zu vereinbaren. — Aus der Bestimmung kann nicht entnommen werden, daß derjenige, der in freier Vertretung auf den Namen eines Andern einen Vertrag geschlossen hat, befugt ist, selbständig den Vertrag wieder au^ulösen. — Auch in diesem Fall ist den Andern — unter der Bedingung seiner Genehmigung — schon durch den Vertragsschluß selbst ein Recht erworben. i) Unten B. 2 §. 150.

§. 88. Rückleistung d. a. unverbindlichen ob. aufgehobenen Verträgen Geleisteten. Wie aber bereits bei

der Lehre

von der Vertragsform für den Fall

des Rücktritts von einem der Schriftform bedürfenden, weise erfüllten mündlichen Vertrag

539

erwähnt

einseitig oder theil-

worden*3),

knüpft sich

an den

Rücktritt unter den Uinständen jenes Falls eine Erweiterung der Verbind­ lichkeit zum Nachtheil des Zurücktretenden.

Er hat das Erhaltene

Pflichten eines unrechtfertigen Besitzers zurückzugeben.

mit den

Nicht daß er wirklich

unrechtfertiger Besitzer gewesen wäre; vielmehr hat ihn die Vertragserfüllung

zum Eigenthümer gemacht, und seine Rückleistungspflicht ist eine rein obligato­ aber sie geht über die Haftung aus dem Haben ohne Grund heraus,

rische;

und erweitert sich dahin, daß für den unveränderten Zustand der Sache zur Zeit des Empfanges eingestanden, und daß Früchte und Zinsen seit der Zeit des Empfanges gewährt werden müssen,

während

der andere Theil nur für

Rückgewähr zur Zeit des erklärten Rücktritts haftet und

bis dahin die aus

-redlichem Besitz fließenden Rechte behält. Zn ähnlicher Weise hat das Gesetz

andere Fälle der Anfechtung und

Bei der Wandelungsklage geht,

Aufhebung behandelt.

wie in §. 85 hervor­

gehoben, die Intention des Gesetzes auf Herstellung des frühern Zustands vor der Vertragserfüllung, und dieses Ziel wird nur dadurch modifizirt, daß der

Zurücktretende mit den Rechten eines redlichen Besitzers für die Zeit vor dem Rücktritt zurückgewährt3).

Wird

ein

erfüllter Vertrag wegen Betrugs mit

Erfolg angefochten4),* * so 7 hat der Anfechtende das ihm in Erfüllung des Ver­

trags Gegebene nur in dem Zustand,

in welchem es

sich zur Zeit befindet

und als ob er in der Zwischenzeit redlicher Besitzer gewesen wäre, liefern,

der Betrüger aber haftet als

zurückzu­

unredlicher Besitzer für das Geleistete,

wie es zur Zeit der Leistung war, so daß er für Verschlimmerung aufkommen muß und Verbesserungen nur wegnehmen kann, und alle gezogenen Nutzungen

herausgeben muß3).

Auf die zu ziehen gewesenen ist aber seine Haftung nicht

erstreckt, und der Betrogene muß die gezogene Frucht, reichert ist,

zurückgewähren3).

Bein:

soweit er dadurch be­

Rücktritt wegen zufälliger

objektiver

Unmöglichkeit der Erfüllung wird von beiden Theilen das Erhaltene mit dem Recht

des redlichen Besitzers zurückgegeben1), was aber nach den später zu entwickeln­ den Sätzen des Landrechts nicht ausschließt, ein grobes Verschulden bezüglich

der Verschlechterungen anzunehmen, für welches zu haften ist3). soll bei der Rückgewähr

Aber'Keiner

sich mit dem Schaden des andern Theils bereichern.

2) Oben §. 79 Anm 86 ff. s) Oben §. 85 Anm. 63. 4) Sowohl bei dolus causam daus als bei dolus incedaus, der einen wesentlichen Irr­ thum hervorgerufen hat. I. 5 8. 358. 5) I. 5 §§. 352—357. «) I. 5 §§. 352, 356. 7) I- 5 §§. 365, 366. Wie aber wenn Handlungen geleistet sind? Vgl. darüber unten §. 108 unter I. A. 3. s) I. 7 §. 219. S. B. 3 §. 165 Anm. 39.

540

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

Es werden also die gezogenen Früchte nicht lukrirt, sondern sind zu ersetzen °).

Dies gilt auch für den Fall des Rücktritts wegen verweigerte Erfüllung, so­

weit nicht die gerade für diesen Fall besonders reich ausgebauten kasuistischen Vorschriften des Landrechts eine Behandlung des zurücktreten denoder des anderen

Theils als

unredlichen Besitzers anordnen").

Bezahlte Kaufgeldzinsen oder

landesübliche Zinsen des bereits gezahlten Kaufgelds sind auf die Nutzungen abzu­ rechnen").

Beim Rücktritt vom Kauf wegen Verletzung über die Hälfte ist

ausdrücklich geordnet, daß Zinsen des Kaufgelds und Nutzen der Sache regel­

mäßig gegen einander aufgehoben worden, daß aber wenn sich findet, daß der

Ertrag, der aus einem verkauften Landgut hätte gezogen werden können höher ist als die vom Verkäufer zurückzubehaltenden Zinsen der Ueberschuß herauszugeben ist"). Zn allen Fällen

des

vom

Gesetz

zugelassenen

Rücktritts von

einem

Vertrage ist zunächst nur derjenige Theil, der zum Rücktritt berechtigt ist, be­

fugt die daraus erwachsenden Verbindlichkeiten geltend zu machen.

trittserklärung

aber,

die

als

eine

einseitige,

nicht

auf

Die Rück­

Herbeiführung

künftiger Rechtswirkungen gerichtete Willenserklärung einer Formvorschrift nicht unterliegt, beseitigt regelmäßig den Vertrag, so daß, nachdem sie dem andern

Theil gegenüber abgegeben ist, auch der andere Theil die Kondiktion aus dem

Haben ohne Grund anstellen kann").

Ein jus variandi läßt sich höchstens

bei der Wahl zwischen Wandelungs- und Minderungsklage im Falle der Er­

klärung für die erstere annehmen, weil hier die Wahl von der Fähigkeit der

eigenen Rückgewähr abhängig ist, also die bloße Erklärung nicht genügt"); und bei dem Rücktritt von mündlichen Verträgen, die wegen der Objektshöhe hätten

schriftlich geschlossen werden sollen, weil hier das Rücktrittsrecht die Eigenschaft einer facultas alternativa hat,

besteht").

die

neben der eigentlichen Erfüllungspflicht

In allen anderen Fällen ist kein jus variandi anzuerkennen").

9) I. 5 §. 367, 868. Vgl. Koch, R. b. F. I. S. 219. Vgl. I. 16 §. 302. 10) 1. 5 §§. 398 ff. 11) I. 11 §§. 233, 234. Behält der Käufer die Nutzungen, so fordert der Verkäufer Kaufzinsen. §. 235 ebenda. 12) I. 11 §§. 251—256. Vgl. unten B. II. §. 127a. 19. ff. Insbesondere bezüglich der eigenthümlichen Haftung für Verschlimmerungen der Sache A. 48. 13) Abweichend das Reichsgericht bei Gruchot B. 24 S. 893. ii) S. oben §. 88 Sinnt. 75. 15) Vgl. oben §. 79 Sinnt. 86*. is) Das gilt schon nach röm. Recht für die Wahl des Rücktritts aus der lex commissaria S. 1. 4 §. 2 D. XVIII. 3. Ebenso ist die Wahl einer der Alternativen des Handelsgesetzbuchs Art. 354, 355 bindend. Strieth. B. 94 S. 304, R.O.H.G. B. 3 S. 203, 280, B. 23 S. 41, S. 191, B. 24 S. 328.

541

§. 89. Die Beschädigung.

C.

Rechtlose

Handlungen.

A.L.R. I. 6. §§. 1-97. Heydemann I. S. 294. Gruchot III. S. 466. IV. S. 115. Bornemann II. S. 170. Koch, Pr.R. II. S. 219. R. d. F. I. S. 196. II. S. 531. v Daniels IV. S. 1. Dernburg II. §§. 294ff. Plathner II. 1. Förster, Klage und Einrede S. 347. — v. Wenning-In gen heim, die Lehre vom Schadenersatz nach röm. R. 1841. Hepp, die Zurechnung auf d. Geb. des Civilrechts. 1828. Mommsen, Beiträge zum Obl.R. 2. Abth: Zur Lehre vom Interesse 1855. Unterholzner I. S. 91. 253f. Savigny, Obl.R. II. S. 293. Wächter, würtemb. Pr R. II. S. 776. Unger, österr. Pr.R. II. S. 228. Arndts §§. 206. 243. Sintenis II. §. 100 S. 314. Seuffert, prakt. Pand.R. 4. A. 1. B. S- 78. A. Pernice, Zur Lehre von der Sachbeschädigung. 1867. Keller §. 240 S. 471. Windscheid, II. §. 326 S. 245. Zachariä (Puchelt) II. S. 695f. Unger, Fragmente zum österr. Obl.R. 1864 S. 3. L. Pfaff, Zur Lehre vom Schadenersatz und Genugthuung n. österr. Recht. 1880.

§. 89. Die Beschädigung. Insoweit zwischen zwei Personen

ein Schuldverhältniß besteht,

durch

welches der eine Theil dem anderen zu einer Leistung irgend einer Art, sei es einer Handlung oder Unterlassung rechtlich verpflichtet ist, kann die Einwirkung

des

des

Verhaltens

einen

oder

anderen Theils

welche gerade dieses Rechtsverhältniß beherrschen,

Verhalten der Betheiligten kann,

nur

nach

den

Regeln,

bemessen werdens.

wie später zu erörtern sein roirb2),

Das

dazu

führen, daß der Gegenstand der Leistung umgestaltet, vergrößert oder verringert

wird,

aber die Grundlage des zu verfolgenden Anspruchs

bleibt doch

stets

dasselbe, wenn auch im Gegenstand modiftzirte, Verhältniß.

Es kann aber nach den bereits im §. 25 angedeuteten Grundsätzen eine Handlung

werden,

auch

zur Grundlage

eines neu

entstehenden Schuldverhältnisses

ohne als Rechtsgeschäft auf dessen Begründung abzuzielen, in sofern

das Gesetz

den Handelnden

verpflichtet für die Folgen seiner Handlungen

dann einzustehen, wenn dieselben in die Rechtssphäre eines Andern ohne Recht

eingreifen und also diesen schädigen2). lage einer in

ihren Folgen

pflicht annehmen.

Das Gesetz kann auch ohne die Grund­

zu vertretenden Handlung eine Entschädigungs­

Davon wird

in nächsten Paragraphen näher zu handeln

i) § 17. d. T. Heydemann S. 294. i) Unten §. 106. 3) Einl. z. A.L.R. §§. 93. 94. I. 6. §. 8. pr. J IV. 4 generaliter injuria dicitur omne, quod non jure fit 1. 1 pr. D XLVII. 10; injuria ex eo dicta est, quod non jure fiat; omne enim, quod non jure fit, injuria fieri dicitur: hoc generaliter. I. 5. 1. D. IX 2. Wer sich seines Rechts innerhalb der gesetzlichen Schranken bedient, wird dann für seine schädigenden Eingriffe verantwortlich, wenn er eine von mehreren möglichen Arten der Rechtsausübung in der Absicht wählt, gerade dadurch zu schädigen. I. 6 §§. 36, 37.

Zweites Buch.

542

Die besonderen Privatrechte.

sein, wo zugleich der Inhalt des Entschädigungsanspruchs zu behandeln ist.

Im Folgenden wird zunächst nur von den regelmäßigen Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs,

dem Schaden

und der ihn bewirkenden Handlung

die Rede sein. a. Schaden definirt das A.L.R.: „jede Verschlimmerung des Zustandes

eines Menschen in Ansehung seines Körpers, seines Vermögens"^).

Aber auch

seiner Freiheit oder Ehre oder

die Verletzungen der

hier nur in ihrer Rückwirkung auf das Vermögen

ersten Art koinmen

in Betrachts.

Ueberall

wo jemand, dem ein Recht zusteht, in Folge der unbefugten Einwirkung eines

Andern in Ausübung desselben irgendwie behindert ist, liegt eine „Beleidigung", eine Rechtsverletzung vor, deren vermögenrechtliches Ergebniß als Schaden zu

bezeichnen ist.

Zeigt sich hierbei eine Verminderung des bereits vorhandenen

Vermögens, Vernichtung einer Sache, Verschlechterung, Hinderung des Gebrauchs,

Nothwendigkeit von Aufwendungen so liegt wirklicher Schaden (damnum

emergens) vor.

Daneben tritt die gehinderte Vermehrung des Ver­

mögens, der entgangene Gewinn: wenn

eine gewisse Handlung

„Vortheile, die man erlangt haben würde,

oder Unterlassung nicht vorgefallen wäre"6*).* * * *

Während nun das römische und

gemeine Recht bei dieser natürlichen

Eintheilung in wirklichen Schaden (damnum

emergens) und

entgangenen

Gewinn (lucrum cessans) sich begnügen?), hat das A.L.R. den ersteren noch in einen unmittelbaren und mittelbaren unterschieden, je nachdem er durch

die Handlung oder Unterlassung allein

(„unmittelbar

und

zunächst")

oder

durch diese in Verbindung

mit einem von ihr verschiedenen Ereigniß und

Umstand bewirkt worden8).

Diese Unterscheidung, welche parallel ist mit der

4) Damnum von demere und deminuere. I. 3. D. XXXIX. 2. Damnum ab ademtjone et quasi deminutione patrimonii dictum. Schaden an Leib, Ehre, Vermögen: 1. 1. C. V. 47. 1. 50. D. XXXVI. 1. 5) Damnum pecuniarium: 1. 5. §. 5. in f. D. IX. 3. 1. 3. D. XXXIX. 2 (Note 4). Der Schaden ist die Differenz zwischen dem Vermögensbetrage einer Person, wie derselbe in einem gegebenen Zeitpunkt ist, und dem Betrage, welchen dieses Ver­ mögen ohne die Dazwischenkunft eines bestimmten beschädigenden Ereignisses in dem zur Frage stehenden Zeitpunkte haben würde. Mommsen S. 1. Der Aus­ druck id quod interest, Interesse, bezieht sich hauptsächlich auf den Schadensbetrag, der innerhalb von Vertragsverhältnissen erwachsen ist. §. 286. I. 5. Vgl. unten § 106 bei Anm. 15-21. 6) §. 5. 6. d. T. 1. 13. pr. D XLVI. 8: quantum mihi abest, quantumque lucrari potui. Damnum und lucrum ist häufig in den Quellen nebeneinandergestellt, und zwar immer so, daß der fehlgeschlagene Gewinn zum damnum gerechnet wird; z. B. 1. 33. pr D. IX. 2: in lege Aquiha damnum conseqmmur: et amisisse dicemur, quod aut consequi potuismus aut erogare cogimur 1. 11. pr. D. XXXVI. 1. 1. 13. pr. D. XLVI. 8. 1. 2. §. 11. D. XLV1II 8. 1. 2. §. 8. D. XIII. 4. Der Ausdruck lucrum cessans und damnum emergens im Reichsabschied von Speyer. 1600. §. 139. 7) 1. 30. D. IX. 2: nam et qui occasionem praestat, damnum fecisse videtur. 1. 22. §. 1. D. IX. 2. 1. 21. §. 3. D. XIX. 1: „omnis utilitas in aestimationem vemt“. In der gemeinrechtlichen Doktrin ist die Eintheilung des damnum circa rem ipsam und extra rem entstanden, doch ist auch diese in der neueren Theorie verworfen. Mommsen S. 265f. Arndts S. 326f. Anm. 3. 4. Das A.L.R. erwähnt diese Eintheilung nicht. Auch den anderen neuen Gesetzbüchern ist eine weitere Eintheilung des damnum emergens unbekannt. Oesterr. §§. 1294. 1295. Sächs. §§. 124. 125. Ueber franz R. s. Zachariä (Puchelt) II. 576. 8) L 6. §§. 2. 3. Rechtspr. B.4. S. 447.

§. 89. Die Beschädigung.

543

Eintheilung der Folgen einer Handlung in unmittelbare und mittelbare9),

macht sich indessen nur in den Fällen bemerkbar, in denen das Versehen, für welches zu haften ist, ein geringes ist, oder wo bei gröberem Versehen eigene

Schuld des Verletzten konkurrirt.

Regelmäßig umfaßt der wirkliche auch den

mittelbaren Schaden.

Von einem zu ersetzenden Schaden kann erst dann die Rede sein, wenn die Handlung ihre verletzende Wirkung bereits

geäußert hat.

Während das

gemeine Recht in verschiedenen Fällen gefährdender Handlungen

einen ge­

setzlichen Anspruch auf Kautionsleistung eintreten ließ *°), verweist die moderne

Rechtsbildung in

den vorbeugenden Schutz der Polizei.

solchen Fällen auf

In manchen Fällen wird aber ein Vermögensrecht schon dadurch,

eines Ereignisses gefährdet ist,

Folge einer Handlung oder

dem Eintritt des gefürchteten Falls an Werth verlieren, in dieser Werthsminderung erkannt

werden.

Auch

daß es in

auch bereits vor

und

es kann

dann

ein bereits hervorgetretener Schaden

mit Recht

und auch in den früheren

wird man den vielfach

Austagen dieses Buchs") vertretenen Satz, daß erst mit dem Entstehen des die Pflicht des Schadensersatzes beginne,

Schadens

können.

nicht aufrecht

erhalten

Eine Folge dieses Satzes würde sein, daß im Konkursverfahren über

das Vermögen des Urhebers eines Schadens der Ersatzanspruch nicht geltend gemacht werden könnte,

wenn der schadende Erfolg

erst nach der Konkurs­

Es besteht vielmehr zwischen dem, der von den

eröffnung eingetreten ist").

Folgen der Handlung bedroht ist, und dem Thäter sogleich nach der Vornahme

der Handlung ein Rechtsverhältniß, Voraussetzungen vorliegen,

kraft dessen,



wenn die

— von ihm die ihrem Umfang nach ungewissen

schadenden Folgen der Handlung vertreten werden müssen,"). dies

nicht

anerkennen,

sonstigen

so müßte man auch in solchen Fällen,

Wollte man in denen die

bereits hervorgetretenen schädlichen Folgen erst der Beginn der

schädlichen

Wirkungen sind, oder in denen anzunehmen ist, daß ein schädlicher Erfolg sich

periodisch

erneuern wird,

den entstandenen Anspruch

bercits hervorgetretenen Schadens beschränken"). nicht

zu

folgern,

daß

auf

die

bloße

auf den Bereich des

Aus dem Gesagten ist aber

Behauptung einer

möglicher

Weise

schadenden Handlung ein Klageanspruch auf Ersatz des vielleicht entstehenden 9) A.L.R. I. 3. §§. 4. 5. 10) Siehe die Urtheile von Heydemann S. 294f. Gruchot S. 466. Koch, Komm. Note 1 zu ß. 1. d. T. 10‘) Operis novi munti atio, cautio damni infecti etc. Ueber polizeiliche Einwirkung gegen Schaden drohende Handlungen vgl. A.L.R. I. 8. §. 71, §. 75, II. 17 §. 10; Edikt, über Aufhebung des Mühlenzwangs v. 28. October 1810 §§. 7, 8. Dazu Entsch. B. 7 S. 188; Edikt, v 15. Nov. 1811 §§. 15, 19. - Ein Recht auf Kaution nach Berggesetz v. 24. Juni 1865 §§. 6, 10. u) §. 99. Anm. 4; Gruchot B. 3 S. 469. Nach Konk.-Ordn. §. 2. M) Die Pflicht für die (schädlichen) Folgen der (unerlaubten) Handlung einzustehcn, »entsteht" aus der Handlung. A.L.R. I. 3. §§. 1, 7ff. u) In solchen Fällen wird aber die Zulässigkeit der Feststellung der Verantwortlichkeit fiir später entstehenden Schaden allgemein anerkannt. Vgl. Entsch. B. 13 S. 19.

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

544 Schadens

gestützt werden könnte,

vielmehr ist actio nata erst nach wie bei anderen Obligationen,

Eintritt des Schadens vorhanden,

bestimmter Inhalt

durch

dem

deren un­

später eintretende Thatsachen bestimmt wird.

Vor

dem Eintritt des Schadens wird höchstens eine Feststellungsklage bei erweislichem Interesse an der alsbaldigen Feststellung möglich sein.

ist die nach eingetretenem Schaden

angestellte Klage

Von solcher verschieden auf Verurtheilung zum

Schadensersatz vorbehaltlich der Liquidation, die von der Praxis vor und nach der Civilprozeßordnung zugelassen wirb15 * *).****18 * *

Schade

ist

Verletzung

eines

Rechts

irgend

Handlung kann die Rechte Mehrerer verletzen. schädigt, soweit dies der Fall ist.

neben dem Eigenthümer")

einer Art").

Dieselbe

Dann ist jeder derselben be­

Insbesondere kann bei Sachbeschädigungen

auch derjenige verletzt sein,

ihm

einge­

räumte dingliche Recht") in früherer Weise auszuüben behindert ist.

Wer

der

das

nur ein persönliches Recht hat, besten Gegenstand die Sache ist, ein Recht zur Sache, kann ebenfalls als beschädigt gelten, soweit er die Gefahr des Vertrags­

verhältnisses zu tragen hat und sich mit der verschlechterten Vertragsleistung

dem Vertragsschuldner gegenüber begnügen muß"); ebenso muß derjenige, der kraft

eines Vertragsverhältnistes

eine Sache inne hat,

für deren nicht ver­

er dem Vertragsgenossen aufzukommen hat,

durch

eine solche Vertretungspflicht erzeugende Beschädigung verletzt fern20).

Inso­

schlechterte Beschaffenheit

weit das Eine oder das Andere der Fall kaün nicht gleichzeitig der Eigenthümer die in Rede stehende Entschädigung fordern. b.

Die beschädigende Handlung.

Der entstandene Schaden muß

auf eine unbefugte Handlung als die Ursache, aus der er entsprungen ist, zurückzuführen sein.

Eine bloße Unterlassung kann einer schädigenden Hand-

15) Vgl. oben §. 48 Sinnt. 36, §. 50 Sinnt. 9. Diese Klage setzt voraus, daß anzu­ nehmen ist, daß ein Schaden, dessen Umfang nur in besonderer Verhandlung erörtert werden soll, erwiesener Maßen entstanden ist. iß) Vgl. Gruchot B. 4 S. 151-158. 17) Dem Eigenthümer gilt der vollständige redliche Besitzer, der die Rechte des Eigenthümers gegen dritte Personen hat, gleich. A L.R. I. 7*§. 176. Schon nach tönt. Recht §. 15 J. IV. 1. Plate bei Grnchot B. 10 S. 360. R.G. bei Gruchot B. 26 S. 924. 18) Der Nießbraucher, wer ein beschränktes Gebrauchs- oder Nutzungsrecht hat, ein­ schließlich des Pächters, Miethers, Leihers; der Berechtigte zn einer Grundgerechtigkeit; unter Umständen auch der Pfandberechtigte. A.L.R. 1. 21 §§. 2 23, I. 17 §. 3 D. VII. 1, 1. 11 §. 10 D. IX. 2; A.L.R. I. 7 §. 6, Grnchot B. 5 S. 220, B. 7 S. 391, Strieth. B. 83 S. 206. A.L.R. I. 20 §. 117, I. 7 §§. 1, 169, 146f., §.14 J. IV. 1. 1. 12 §. 2 D. XIII. 1, I. 30 §. 1 D. IX. 2. iS) Nach röm. Recht kommen hier solche Fälle in Betracht, in denen das preußische Recht ein dingliches Recht annimmt. Handelt es sich um ein Vertragsverhältniß, das kein Recht zur Sache begründet, so kann von einer Verletzung der eigenen Rechts­ sphäre durch die Beschädigung der Sache nicht die Rede sein. Z. B. im Fall eines Versicherungsvertrags. O.H.G. B. 13 S. 426. 20) Vgl. R.O.H G. B. 22 S. 296. Weitergehend auf Grund A.L.R. I. 7 §. 137, 162. Entsch. B. 4i S. 5. Rehbein I. S. 579, wo aus dem Recht des Detentors die a. Publiciana anzustellen, in einem Fall, in welchem der Detentor dem Eigenthümer nicht verantwortlich war, das Recht desselben, auf Schadensersatz für Beschädigung der Sache zu klagen, hergeleitet ist.

§. 89. Die Beschädigung.

lung nicht gleich geachtet werden,

545

wohl aber eine Unterlassung, die in Ver­

bindung mit einer Handlung schädlich geworden ist, obgleich die letztere allein, wenn jenes Unterlassen nicht dazu gekommen wäre, den Schaden nicht hervor­

gerufen haben würde").

besondere also

wenn

nach

Auch wo sonst eine Zwangspflicht besteht"),

ins­

gesetzlichem Gebot hätte gehandelt werden sollen,

gilt das negative Verhallen als Schaden stiftende Handlung.

Davon daß nur

das widerrechtliche, d. h. ohne Befugniß erfolgende Handeln in Betracht kommt,

sowie davon,

daß nur die freie, dem Handelnden zuzurechnende Handlung

als Grundlage des Entstehens

zum Ersatz

einer Verbindlichkeit

des

daraus

entstandenen Schadens angesehen werden kann ist, bereits in §. 27 die Rede

gewesen.

Besprochen ist auch bereits,

daß Nothwehr dem Angreifenden selbst

gegenüber als Rechtsausübung anzusehen ist23 21).22 Im folgenden Paragraphen

wird gezeigt werden, wie das preußische Recht die

Grade der Schuld

zu

einer Abstufung des Umfangs der Entschädigungspflicht verwendet hat. Nur insofern,

als

der Schaden

erweislich

die wirkliche Folge der

Handlung ist, entsteht die Obligation zur Entschädigung, ihr Dasein und ihr Umfang ist davon abhängig.

Es

nicht die

braucht

nothwendige Folge

gewesen zu fein24).25 26 Ebenso 27 wenig gehört es zu dem ursächlichen Zusammen­

hang, daß die Handlung die alleinige Ursache gewesen23): mittelbaren Schadens besteht grade darin,

der Begriff des

daß zu der Handlung noch andere

Umstände oder Thatsachen als mitwirkend hinzugetreten sind, gleichviel, ob der Eintritt dieser oder nicht23).

mitwirkenden Thatsachen Die

Ursächlichkeit

möglicher Weise der Schaden

aber sie ist ausgeschlossen,

durch jene Handlung bedingt war nicht dadurch

ausgeschlossen,

auf andere Art hätte

entsteht keine Obligation,

daß

eintreten können,

wenn er unter allen Umständen,

Handlung eintreten mußte2'). so

auch

wird

auch ohne die

Ist also lediglich ein Zufall schädlich geworden, hat dagegen

der Zufall nur

die Folgen der

21) Vgl. Strieth. B. 41 S. 334. Rehbein I. S. 571. R.O.H.G. B. 23 S. 354. Vgl. Windscheid §. 455 Anm. 8, 9; ferner Sintenis II. S. 318 Note 8 unter II. S. 320. Hasse, die Culpa. 2. A. S. 13f; aber auch weitergehend A. Pernice a. a. O. S. 164 und Labeo B. II. S. 56. Aus der Praxis Seuffert B. 16 S. 363. B. 31 S. 229. Vgl. A.L.R. I. 6 §§. 3, 4, 5, 9, 12, 59. 22) A.L.R. I. 6 §. 9. Förster stellte gegen Koch, Recht der Forderungen I. S. 253, dies in Abrede, weil durch Unterlassen einer Zwangspflicht ein gesetzlich bestehendes Rechtsverhältniß verletzt, nicht begründet werde. Aber allgemeine gesetzliche Vorfchristen begründen kein besonderes Rechtsverhältnitz zwischen dem, an den sich das Gebot richtet, und dem, der durch unterlassene Befolgung verletzt werden könnte. Vgl. auch Dernburg II. §. 294 Anm. 11, Stobbe, d. Pr.R. III. §. 200 Nr. 2. 23) Oben §. 49 Anm. 2. Ob auch der unverschuldete Nothstand allgemein als civil­ rechtlicher Entschuldigungsgrund anzusehen ist, hängt davon ab, ob man im Ausschluß der Strafe ein Anerkenntniß des Gesetzes sehen kann, daß die Nothstandshandlungen erlaubte Rechtshandlungen sind. Jedenfalls darf ein Nothstand, in den man sich selbst gebracht hat, Entschädigungsforderungen nicht ausschließen. 2«) Mommsen S. 142. 165. 25) Mommsen S. 143. 164. 26) A.L.R. I. 6 §. 3. 27) Mommsen S. 146. Vgl. hierzu I. 4. §. 5. D. IV. 7. I. 36. §. 3. D. V. 3. 1. 27. §. 2. D. VI. 1. Es genügt nicht, um die Verantwortung auszuschließen, daß der Förster (EcciuS), Preuß. Privatrecht. I. 5. Stuft. 35

Zweites Buch.

546

so wird dadurch der ursächliche Zusammenhang nicht

Handlung beeinflußt, zerstört.

geworden,

Die besonderen Privatrechte.

Ob nun im einzelnen Fall eine Handlung die Ursache eines Schadens es sich nur um Feststellung des wirklichen Schadens

wo

ist da,

(damnum emergens) handelt, meist leicht nachweisbar28 * *).*

sprechen hier unmittelbar. entgangenen Gewinns

sein,

weil hier zu den Thatsachen mehr oder weniger

arbiträre Schlußfolgerungen hinzutreten müssen. zu verlangen,

es

Man kommt nicht damit aus,

müsse die Gewißheit des Gewinns

nachgewiesen werden.

Die Gewißheit ist graduell, und welcher Grad soll genügen?

hätte ohne Dazwischentreten der

einen bestimmten und

Die Frage ist:

beschädigenden Handlung der Beschädigte

erlaubten Gewinn ziehen können?

hängt von Zweierlei ab;

Die Thatsachen

Weniger sicher wird das Ergebniß in Betreff des

einmal davon,

ob

objektiv

Die Beantwortung

die thatsächlichen und

rechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb vorgelegen haben oder

eintreten

sodann,

ob subjektiv der angeblich Beschädigte habe erwerben

oder gewinnen wollen.

Jenes objektive Moment wird in den meisten Fällen

mußten,

und

klar erkennbar

sein und

ebenso,

ob die beschädigende Handlung an sich ge­

eignet gewesen, grade diese Voraussetzungen zu beseitigen.

Schwieriger ist der

Beweis des. subjektiven Moments, wenn der Gewinn eine bestimmte Thätigkeit des Erwerbers verlangt.

Hier hat Mommsen den unzweifelhaft richtigen

Grundsatz ausgesprochen:

es muß immer angenommen werden, daß der Be­

schädigte den Erwerb durch seine Thätigkeit herbeigeführt haben würde, wenn das Unterlassen dieser Thätigkeit ein Mangel an der Sorgfalt eines diligens paterfamilias

keine Thätigkeit

während in den Fällen, wo der Erwerb überhaupt erfordert, sondern nur in einem passiven Anfallen besteht,

wäre,

jenes subjektive Moment gar nicht zur Sprache kommt29). Es folgt aus den Grundsätzen von der Beweislast, daß der Beschädigte

die Handlung,

den Eintritt und Umfang des Schadens und den ursächlichen

Zusammenhang der

ersteren mit diesem

stätigt dies, indem es sagt:

beschädigt worden,

wird

nachweisen muß.

Das A.L.R. be­

„daß Jemand durch die Schuld eines Andern

nicht vermuthet"30).

Dagegen giebt es noch zwei

Schaden zu einer späteren Zeit aus anderen Gründen eingetrcten wäre, wenn also durch die Handlung der Eintritt auch nur beschleunigt ist. Strieth. B. 95 S. 281. Rehbein 1. S. 581. 28) Wenn auch oft durch Schlußfolgerungen. Seuffert XIII. 314. 2v) Mommsen S. 177. Die immer als Beispiel angezogene I. 29. §. 3. D. IX. 2, um die Gewißheit des Gewinnes als Erforderniß zu erweisen (cum incertum fuerit, an caperentur), ist doch von zweifelhafter Richtigkeit, da bei einem Fischer, der hierin seine Gewerbsthätigkeit hat, wohl immer mit Gewißheit anzunehmen ist, daß er Fische gefangen hätte, wenn ihm die Neye nicht entzogen gewesen wären. Ungewiß bleibt nur die Menge der Fische, die Größe des Fanges, und deßhalb rechtfertigt sich die Entscherdung des Juristen. Mommsen S. 190 Note 29 §. 6 I. 6. AL R. giebt Anhaltspunkte für die Bestimmung des entgangenen Gewinnes. Der natürliche, gewöhnliche Lauf der Dinge soll angenommen werden, nichts Außerordentliches oder AusnahmsweiseS (§. 116. d. T.). Beispiele aus der Praxis: Rechtspr. I. S. 259. IV. S. 224. 243. Striethorst B. 3 S. 13. B. 7 S. 226. Seuffert B. 17 Nr. 224. Unger, Fragm. z. österr. Obl.R. 1864. S. 7 Nr. 7. so) I. 6. §. 24. und I 3. §. 15.

§♦ 90. Die Entschädigungsforderung.

Beweisregeln über den ursächlichen Zusammenhang,

547

von denen die eine die

den Gegenbeweis zulassende Vermuthung aufstellt, daß der bei Gelegenheit der Ausübung einer unerlaubten Handlung entstandene Schaden durch die Schuld

des Thäters verursacht weises ftngirt,

worden^),

die andere

der durch Beachtung eines Pölizeigesetzes

daß jeder Schaden,

hätte vermieden

werden können,

mit Ausschluß des Gegenbe­

unmittelbare Folge

als

der Uebertretung

desselben entstanden ist31 32).

§. 90. A.

Die Eutschadigungsfor-erung.

Die Ausführungen des vorigen Paragraphen hatten die Beschädigung

durch zuzurechnende widerrechtliche Handlungen (Privatdelikte) zum Gegenstand. Das ist der regelmäßige Fall des

Landrechts

im

sechsten Titel des ersten Theils des

behandelten Schadensersatzanspruchs.

Das Gesetz

knüpft aber in

einer Reihe von Fällen das Entstehen einer solchen Entschädigungsforderung

an andere Thatsachen als an ein schuldhaftes Verhalten.

Es kennt einfache

Entschädigungsforderungen, gerichtet auf vollständige Ausgleichung eines Schadens,

der aus Handlungen oder Ereignissen entspringt,

nicht angesehen werden können.

die

als Delikt

Einer Reihe der hier in Betracht kommenden

Fälle liegt das Prinzip zu Grunde,

daß

wer seine besonderen Rechte

und

Vortheile dem Wohl des gemeinen Wesens aufzuopfern verpflichtet ist, hierfür vom Staate entschädigt werden muß*).

Dieser Satz hat selbst für Akte der

31) I. 6. §. 25. Damit die Vermuthung durchgreift, muß der Schaden bei Gelegenheit des Delikts entstanden sein, der Kausalzusammenhang muß möglich sein; aber jeder andere Beweis des Zusammenhangs, auch der Beweis eines konkurrirenden Ver­ schuldens des Beschädigten zerstört die Vermuthung. Strieth. B. 66 S. 309, B. 80 S. 84. Bedenklich ist die Anwendung des Begriffs der „unerlaubten" Handlung auf einen Fall der Verletzung einer Dienstvorschrift durch einen Beamten. Strieth. B. 13 S. 8. 32) I. 6. §. 26. Gruchot III. S. 480. Die Bestimmung ist uur auf solche polizeiliche Vorschriften anzuwenden, die ein ganz bestimmtes Thun oder Unterlassen gebieten, also z. B. nicht auf §. 120 Abs. 3 der Reichsgewerbeordnung. R.G. Entsch. B. 6 S. 62. Ein Beispiel bietet A.LR. I. 8. §. 74. Ist erweislich, daß auch durch Beobachtung des Polizeigesetzes der Schaden nicht vermieden sein würde, so findet die Bestimmung keine Anwendung (Strieth. B. 91 S. 178, R.G. bei Gruchot B. 26 S. 689), ebensowenig wenn das Polizeigesetz ein ganz anderes Ziel hatte, als gerade das, die Verhütung des eingetretenen Schadens zu vermeiden. Strieth. B. 81 S. 34, auch nicht wenn die eigene Thätigkeit des Beschädigten, die in Ver­ bindung mit der unter das Polizeigesetz fallenden Handlung den Schaden herbei­ geführt hat, im Sinne des Polizeigesetzes als zulässig nicht angesehen werden kann. Entsch. B. 65 S. 45, Reh dein I. S. 588. Dagegen kommt eine bloße konkurrirende Schuld des Beschädigten nicht in Betracht, da ja der eingetretene Schaden als ein unmittelbarer fingirt wird. Entsch. B. 29 S. 339. Rehbein I. S. 585. Polizeiliche Anordnungen für den einzelnen Fall, die durch administrativen Zwang ausführbar waren, haben nicht den Charakter von Polizeigesetzen. Strieth. B. 60 S. 76. — Darüber daß die Verletzung der polizeilichen Zwangspflichten auch als Schuld von Korporationen deren Verantwortlichkeit in Gemäßheit des §. 26 begründet (Entsch. B. 14 S. 92, B. 37 S. 32, Strieth. B. 27 S. 128) s. unten. i) A.L.R. Einl. §. 75. Zu beachten ist hierbei, daß nach älterem deutschen Recht bei den schadenden Handlungen überhaupt nach Schuld und Zurechnung nicht gefragt wurde. Sachsensp. II. Art. 5 §. 1.

Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte.

548

Anerkennung gefunden,

Gesetzgebung dadurch

bei Aufhebung gewisser

daß

Rechtsinstitutionen dem Benachtheiligten Entschädigung zugesichert ist2).3 Ohne

solche besondere Sanktion kann

er freilich auf den Fall von Eingriffen der

Gesetzgebung in bestehende Rechte nicht ausgedehnt werden2),

die be­

und

sonders geordnete gesetzliche Entschädigung unterliegt ihren besonderen Regeln.

Der Satz

liegt

auch

den

gesetzlichen Bestimmungen

über Enteignung zu

Grunde, bei denen aber nach den unten darzulegenden Grundsätzen des Land­ rechts

festzustellende Entschädigung für die Ent­

die regelmäßig im Voraus

eignung oder Rechtsschmälerung auf ein vom Gesetz nach Analogie des Kaufs

konstruirtes Rechtsverhältniß der Betheiligten zurückgeführt roirb4).5 6 7Wo aber

im Verwaltungswege

durch

Privateigenthum stattfindet, mäßig,

d.

h.

ist

staatlichen

Anwendung

einer Reihe von Fällen

hat

des

das

in

regel­

Interesse stattfindet,

wo aber die Einwirkung im Interesse

rationen des öffentlichen Rechts geübt wird, einer entsprechenden

ein Eingriff

die Entschädigungspflicht begründet,

wenn der Eingriff im

Pflicht des Staats,

Anordnungen

polizeiliche

als

anderer Korpo­

als Pflicht dieser letzteren kraft

landrechtlichen Grundsatzes2). — Zn

die Gesetzgebung ferner

eine Ausgleichung für

das Ueberwiegen eines von ihr als stärker anerkannten Rechts darin gesucht,

daß sie gleichzeitig eine

Entschädigungsverbindlichkeit gegenüber

tretenden Rechtsanspruch

anerkannt

hat.

dem

zurück­

So ist der originäre Eigenthums­

erwerb durch die Verbindlichkeit zur Entschädigung des dadurch benachtheiligten

Intereffenten belastet2).

Rach bergrechtlichen Grundsätzen ist der Schürfer zur

Entschädigung des Grundbesitzers und der Bergwerksbesitzer zur vollständigen Entschädigung des Grundeigenthümers für allen Schaden verpflichtet, welcher

aus dem unterirdisch oder mittels Tagebaus geführten Betrieb des Bergwerkes

entsteht').

Der Eisenbahnunternehmer

welcher bei Beförderung sondern

auch

für den Schaden,

durch den Betrieb erwächst,

demjenigen,

muß

nicht

von Personen und Gütern

nur

für den Schaden,

auf der Bahn entsteht,

der anderen Personen und

deren Sachen

aufkommen2). — Das formelle Recht gestattet

der sich einen Rechtsanspruch zuschreibt,

unter Umständen einen

Arrestbefehl zur Sicherung demnächstiger Zwangsvollstreckung oder einstwellige 2) V. v. 15. Sept. 1818 wegen Entschädigung für Aufhebung des Mahl- und GetränkeZwangs (Ausschluß des Rechtswegs). Gesetz betr. Entschädigung für Aufhebung der Grundsteuerbefreiungen vom 21. Mai 1861 (ebenfalls ohne Rechtsweg). 3) Oben §. 18 Anm. 16. 4) Unten Band 2 §. 131. 5) Entsch. B. 53 S. 31. Rehbein I. S. 105, Entsch. B. 80 S. 34, Striethorst B. 86 S. 81. Rehbein I. S. 746. Entsch. B. 68 S. 266. 6) Vgl. B. 3 §. 173 Anm 36, §. 176. 7) Berggesetz v. 24. Juni 1865 §§. 6, 10, 148. Aelteres Recht A.L.R. II. 16 88. 109-112, 116, 150; Entsch. B. 4 S. 354, B. 9 S. 101, B. 15 S. 379, B. 18 S. 71. 8) Eisenbahngesetz v. 3. Nov. 1838 §. 25, Zusatzgesetz v. 3. Mai 1869. Ueber den Umfang des Anspruchs vgl. Entsch. B. 24 S. 270. R.O.H.G. B. 6 Nr. 10. Zweifelhaft ist, ob nicht das Landrecht II. 15 §§. 138ff. den Privatinhabern der Zoll-, Brücken-, Fahr- oder Wegegeldgerechtigkeit die Pflicht der Instandhaltung der Kommunikationsmittel, deren Benutzung für sie Quelle von Einnahmen ist, in dem Sinne aufgelegt, daß es der bewußten oder fahrlässigen Versäumniß nicht bedarf. Der Zweifel ergiebt sich aus §. 140, wonach nicht bloß der Nachweis

549

§. so. Die Entschädigungsforderung.

Verfügungen zu erwirken,

die

in die Nechtssphäre des Gegners

eingreifen,

obgleich der Anspruch sich möglicher Weise demnächst als unbegründet erweist; ebenso gewährt des Gesetz

die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus vor­

läufig vollstreckbaren Titeln,

der Anspruch nicht bestand,

rechtswidrig geübt worden ist.

Geleistete

oder Aen-

Zn beiden Fällen kann sich also demnächst Herausstellen,

berung unterliegen.

daß

dieselben der Aufhebung

obgleich

der formell zulässige Zwang objektiv

daß

Daß in dem letzteren der beiden Fälle das

zurückgewährt werden muß,

ist unzweifelhaften

Rechtens^);

die

aber des Weiteren

hat sich

preußische Praxis

vor

dahin entschieden,

daß die Ausnutzung des formellen Rechts zur Beitreibung

eines

unbegründeten

der Civilprozeßordnung

Anspruchs

auf

die Gefahr

des

betreibenden

Theils

geschieht, und daß dieser dem andern Theil für das Znteresse haftbar rotrb10 * *).11 * *12 * * * * 15 Zn dem besonderen Falle einer in der höheren Instanz als unbegründet er­ kannten Immission oder Exmission beruht dies auf positiver gesetzlicher Grund­ lage"); und die Anwendung des gleichen Satzes auf andere Fälle hat außer

der Analogie jener Vorschrift den inneren Grund für sich, daß derjenige, der

eine möglicher Weise sich als objektiv rechtwidrig erweisende Einwirkung der Staatsgewalt herbeiführt,

welcher

sich der Andere um des gemeinen Wohls

willen fügen muß, eine sich nachmals als unrechtmäßig erweisende Aufopferung

zum

gemeinen Wohl in seinem Znteresse veranlaßt hat.

ordnung hat in dieser Rechtslage nichts geändert").

die Sache freilich

zwischen den Parteien")

auch

die Praxis des Obertribunals")

Die Civilprozeß­

Ganz ähnlich aber liegt

bei dem ersten Fall. und

Hier hat

des Reichsgerichts"),

sofern

nicht ein „schuldhafter" Mißbrauch des formellen Rechts dargethan wird,

die

Entschädigungspflicht geleugnet, obgleich das Landrecht ausdrücklich nicht bloß

denjenigen, der durch falsche Vorspiegelungen, sondern jeden, der auf seine Gefahr einen Personalarrest erwirkt und jeden, der Sachen unrechtmäßiger Weise

9) 10) 11) 12) 10)

11)

15) i«)

mit

Arrest

belegt,

für verantwortlich

erklärt").

Koch,

der

die

eigener Schuld des Reisenden, sondern auch Nachweis des Zufalls befreit. Das Rechtsverhältniß muß hiernach dahin aufgefaßt werden, daß zur Begründung des Anspruchs kein culpa nachzuweisen ist, daß ferner ohne Rücksicht auf den Grad der culpa volle Entschädigung zu gewähren ist, daß aber dem Beklagten der Nachweis des §. 140 offen steht. Vgl. oben Anhang zu 88. 55, 56. Entsch. B. 31 S. 9. Rehbein I. S. 593. Strieth. B. 3 S. 74, B. 19 S. 37, B. 37 S. 295, B. 45 S. 7. A.G.O. I. 44 §. 63. Vgl. insbesondere den dem §. 10 der V. v. 14. Dez. 1833 entsprechenden §. 651 der C.P.O. Das Rechtsverhältniß eines Dritten der durch die Zwangsvollstreckung geschädigt wird, steht im Fall der Vollstreckung eines Arrestbefehls nicht anders als im Fall der Vollstreckung eines rechtskräftigen Urtheils. Dafür den Vollstreckungsgläubiger unbedingt für den Schaden haftbar zu erklären, der dem dritten Eigenthümer aus der Pfändung seiner im Besitz des Vollstreckungsschuldners befindlichen Sache erwächst, Strieth. B. 5 S. 366 — finde ich keinen Grund. Entsch. B. 19 S. 11 (Plenum). Rehbein I. S. 590. Vgl. auch Entsch. B. 15 S. 103. Aber entgegengesetzt ältere Entscheidungen. R.G.Entsch.B.7S.374und bei Gruchot B.27S.893.Vergl.R.O.H.G.B.21S.71. 1. 6. §. 133, §§. 137, 138. Die Praxis interpretirt „unrechtmäßiger Weise" gleich

Zweites Buch.

550

Die besonderen Privatrechte.

Praxis des Obertribunals billigt, bekennt dabei"), daß es „gewiß ist, daß danach schwerlich ein Regreß wegen ungerechtfertigten Arrests zu begründen sein wird",

daß also die Kaution oder Sicherheitsleistung wegen der dem Gegner drohenden

Nachtheile, welche die Glaubhaftmachung des Anspruchs ersetzen soll"), eine innere

Gerade

Rechtfertigung nicht hat").

die dahin

gehenden Rechtsvorschriften,

die nicht etwa für den Fall der Sicherheitsleistung' eine besondere Pflicht zum eventuellen Schadensersatz begründen, sondern die Durchführung dieser voraus­

gesetzten Pflicht zu sichern bestimmt sind,

zeigen,

daß

die Gesetzgebung eine

Entschädigungspflicht des Arrestsuchers, auf dessen Gefahr der Arrest angelegt

wird, voraussetzt.

Auch die vorläufige Vollstreckung des Arrestbefehls muß sich

der, gegen den er gerichtet ist, um des allgemeinen Wohls willeu zum eigenen

Schaden gefallen lasten.

Es greift also §. 75 der Einleitung hier wie in anderen

Fällen ein, nur daß der Verpflichtete der ist, zu dessen Gunsten das Hoheits­ recht geübt wird. — Polizeiliche Zweckmäßigkeitsgründe haben für den bet öffentlichen Aufläufen angerichteten Schaden dahin geführt, neben den schuldigen

die

Betheiligten,

ohne

besonderen Nachweis

der auf

sie

zurückzuführenden

Urheberschaft des Schadens in erster Linie haften, vorbehaltlich des Rückgriffs

an

jene

alle Zuschauer,

die

sich

nicht bei polizeilichem Einschreiten sogleich

entfernen, und wieder vorbehaltlich des Rückgriffs auch an diese die politische Gemeinde für haftbar zu erklärens).

Auch die bereits erwähnte Entschädigungs­

pflicht der Deliktsunfähigen (der Kinder unter sieben Zähren und der Geistes­ kranken) aus den Handlungen, die im Falle ihrer Deliktsfähigkeit Delikte wären,

können

zu

den

einfachen

Entschädigungsforderungen

Ferner hat die Reichsgewerbeordnung für den Fall

Genehmigung

errichteten

gerechnet

einer mit

werden?').

obrigkeitlicher

gewerblichen Anlage an die Stelle der Eigenthum­

freiheitsklage eines durch die Einwirkungen des Gewerbebetriebs, benachtheiligten Besitzers eine an den Nachweis einer Schuld nicht gebundene Klage auf Herstellung

von Einrichtungen, welche die Nachtheile ausschließen, oder wo solche unthunlich oder

mit gehörigem Gewerbebetrieb unvereinbar ist, auf Schadloshaltung eingeführt22 * *).* * * * iS) * * * * * 21

i’) iS) 18)

2°)

21) 22)

„ohne Recht" in I. 6. §. 8 als rechtswidrig, unerlaubt. Aber nach A.G.O. I. 29 §. 37 sollte der Richter aus der Arrestkaution bei Aufhebung des Arrests als „unrecht­ mäßig" dem Geschädigten zu seiner Entschädigung und Genugthuung verhelfen. Vgl. auch A.G.O. I. 29 §. 80. Im Kommentar zu §■ 137. Für die Praxis auch Heydemann S. 322, Dernburg §. 295 Staat. 7. C.P.O. §. 801 Abs. 2, A.G.O. I. 29 §. 31 Z. 3. Das Reichsgericht sieht als zu ersetzenden Schaden in dem Sinnt. 15 citirten Erkenntniß nur an: die Kosten des Arrests und des Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit desselben (— beide fallen dem in der Kostenentscheidung Vcrurtheilten zur Last, nicht als Schäden), die Kosten einer etwaigen Veräußerung des Objekts und der Rückgabe. Ges. v. 17. August 1835 und Gesetz v. 11. März 1850. So wenig bedarf es hier eines Nachweises einer Schuld, daß selbst der Nachweis der Unmöglichkeit der Ver­ hinderung der Beschädigung die Gemeinde nicht befreit. Entsch. B. 74 S. 124. Oben §. 27. Reichsgewerbeordnung §. 26. Vergl. für das ältere Recht Entsch. B. 23 S. 252, Strieth B. 32 S. 90. Bezüglich der Besonderheiten des Reichshaftpflichtgesetzes vgl. unten B. II. §. 151.

§. 90. Die EntschadigungSforderung.

B.

Aquiliae,

551

Die Deliktsobligation des römischen Rechts,

im Falle des

die actio legis

eigentlichen damnum injuria datum23) bezog sich

ursprünglich nur auf die körperliche Beschädigung (corpore corpori), aber sie erfuhr schon dort und in weiterem Maße in der gemeinrechtlichen Praxis eine sehr ausgedehnte Anwendung auf alle Arten von Beschädigungen, nur immer

vorausgesetzt, daß eine unerlaubte, schuldbare Handlung sie hervorgerufen.

Wie

weit diese Ausdehnung über den im römischen Recht festgehaltenen Thatbestand der Schadenszufügung an körperliche Sachen und an Menschen hinaus prakti­

schen Rechtens ist, kann hier dahin gestellt bleiben. ist

jeder

Zm landrechtlichen System

schuldhafte Eingriff irgend welcher Art in die Rechtsstellung eines

anderen Subjekts ein znr Entschädigung verpflichtendes Delikt2^).

Die obliga­

torischen Folgen eines Privatdelikts sind im römischen Recht pönaler Natur, in der Praxis des gemeinen Rechts überwiegt aber die Ansicht, daß die Privatstrafen beseitigt sind.

Auch die eine anderweitige Entschädigung ausschließende Buße des Reichs­

rechts kann nicht, wie von Einigen geschieht, als Strafe aufgefaßt werden23).

I.

Schuldhafte

Rechtsverletzung

ist

die

Grundlage

des

Delikts­

anspruchs23), und das römische Recht macht bei dem Anspruch auf Entschädi­ gung keinen Unterschied bezüglich des Grades der Schuld,

die dolose und kulpose Beschädigung,

angenommen werden kann, gleich.

auch

Auch das preußische Recht läßt regelmäßig

eine Haftung bei jedem Grade einer Schuld eintreten2'), römische Recht davon ausgeht,

behandelt insoweit

wenn nur ein geringes Versehen

aber während das

daß die Entschädigungsverbindlichkeit in allen

23) I. 2. pr. 1. 27. 8- 5. D. IX. 2; §. 19. J. IV. 3. 24) Vgl. z. B. wegen der culpa in contrahendo oben §. 78 unter III. 25) Strafgesetzbuch 88- 188, 231. Gesetz über das Urheberrecht an Schriftwerken v. 11. Juni 1870 8- 18. Entsprechend die übrigen Gesetze betr. das Urheberrecht v. 9., 10. und 11. Jan. 1876. Markenschutzgesetz vom 30. November 1874. §. 14. Patentgesetz v. 25. Mai 1877 8- 36. Vgl. insbesondere außer den Kommentaren. Wächter, die Buße 1874 und dagegen Dochow, die Buße 1875 — auch Kohler, Patentrecht, welche mit Recht für die Buße den Charakter der Entschädigungsforde­ rung in Anspruch nehmen S. 639. In ähnlicher Weise wie die Buße schließt das Ersatzgeld, s. oben 8- 49, Entschädigungsansprüche aus, während aber die Buße nur im Strafverfahren zu beanspruchen ist, wird das Ersatzgeld im Verwaltungswege, bez. im Civilprozeß verfolgt. 26) Kläger muß das Verschulden des Beschädigers nachweisen, weil es zu den das Klagerecht erzeugenden Thatsachen gehört. Anders bei dem Anspruch auf Ent­ schädigung (Interesse) aus Vertragsverhältnissen. Vergl. unten 8» 106 und 8.107 bei Note 62. Vgl. auch die Bemerkung oben in Anm. 8. In Betreff der Vertretungs­ pflicht des Hypothekenrichters hat das Spruchkollegium zu Heidelberg (Seuffert B. 17 Nr. 120) angenommen, daß nicht der Kläger das Versehen des Beamten, son­ dern dieser, daß er diligentiam prästirt habe, beweisen müsse. Die Begründung dieses Satzes, die darin gefunden wird, daß hier das Gesetz schon annehme, daß der Beamte die Mittel und Wege habe, um die ihm obliegende Sorgfalt anzuwenden, ist aber nicht ausreichend. 27) Die einschränkende Bestimmung des 8- 23. I. 3, welche I. 6. 8- 15 allerdings neben 8- 22 anzieht, nach welcher nur derjenige verpflichtet ist, geringes Versehen zu ver­ treten, den die Gesetze besonders verpflichten, mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit anzuwenden, bezieht sich auf besondere Vertragsverhältmsse. Zur Achtung fremder Rechte ist jeder verpflichtet, alle Aufmerksamkeit anzuwenden. Eine Ausnahme enthält I. 6. 8- 38, wonach derjenige, der eine gefährliche Handlung an einem öffentlichen Orte mit Genehmigung der Obrigkeit vornimmt, nur im Falle des Vorsatzes oder

Die besonderen Prtvatrechte.

Zweites Buch.

552

Fällen dieselbe ist,

hat das Landrecht dieselbe nach dem Grade der Schuld

eigenthümlich abgestuft.

Bevor auf die hier eingreifenden Bestimmungen über

Inhalt und Umfang der Pflicht einzugehen, ist

noch

einiges

über die

ent­

schädigungspflichtige Person zu sagen.

a.

Bei der Erörterung der Zurechnungsfähigkeit29) ist nur die physische,

nicht auch die juristische Person in Betracht gezogen, und auch an dieser Stelle muß die prinzipielle Erörterung der Frage, ob und in wie weit eine juristische Person als solche einer culpa für fähig erachtet

werden kann, unterlassen

worden, da dieselbe auf das noch nicht erörterte Wesen der juristischen Person einzugehen

hat.

Diese

Korporationsrechten

Erörterung29)

einen

wird

von dem Willen

schiedenen kollektiven Willen fassen und

zeigen,

der

daß

Gesellschaften mit

einzelnen Thetlnehmer ver­

sich dabei auch eines Willensfehlers,

insbesondere eines Versehens schuldig machen können.

Abgesehen hiervon wird

regelmäßig der Beamte der juristischen Person, der in Verwaltung ihrer An­ gelegenheiten thätig ist,

Verantwortlichkeit

nach den in §. 154 zu erörternden Grundsätzen die

für die in Folge seiner Versehen oder seiner bösen Absicht

vorgenommenen Handlungen

zu

tragen haben.

Eine Verantwortung der

juristischen Person selbst, die jedenfalls in bestehenden Obligationsverhältniffen

durch Nichterfüllung oder dnrch ein ihrer Verpflichtung widersprechendes Verhalten verantwortlich wird, und die das Verhalten ihrer Vertreter bei der Begründung

von Obligationsverhältnissen gegen sich gelten lassen muß"), insoweit annehmen, als die juristische,

läßt sich ferner

ebenso wie die physische Person gesetz­

lichen, insbesondere polizeilichen Verpflichtungen in ihrem Thun und Unterlasten unterworfen sein kann.

Ein

gegen solche Pflichten

verstoßendes Verhalten

wird sie selbst direkt verantwortlich machen2'), insbesondere gilt dies auch für die juristische Person, die als Betriebsunternehmer eines der Gewerbeordnung

oder dem Haftpflichtgesetz unterworfenen Betriebs anzusehen ist.

Dieselbe ist

wie eine physische Person nach den Bestimmungen der Gesetze haftbar.

28) 2») 8°) 3l)

Die

groben Versehens für den daraus entstehenden Schaden haftet, ferner I. 6. §§. 56, 57, wonach geringes Versehen bei Veranlassung unwillkürlicher Handlungen eines Andern, welche schädlich einwirken, sowie bei der Aufsicht über Kinder unter sieben Jahren, die demnächst Schaden verursachen, entschuldigt wird. Oben §. 27. Vgl. unten B. IV. §. 282 unter VIII. Vgl. in ersterer Beziehung unten §§. 105, 106, in letzterer oben §. 74 bei Anm. 15. Dies gilt insbesondere von der einer Korporation als Eigenthümerin eines Hauses, als Inhaberin einer Zollgerechtigkeit rc. obliegenden Unterhaltungspflicht. Entsch. B. 14 S. 92. (Plen.) Rehbein I. S. 597; auch bei der kraft Gesetzes bei Ertheilung der Konzession einer Eisenbahngesellschaft auferlegten Verpflichtung und deren Erfüllung. Entsch. B. 37 S. 32. Rehbein I. S. 600. Vgl. auch Entsch. B. 61 S. 1; R.O.H.G. B. 8 S. 202, B. 18 S. 135. R.G. bei Gruchot B. 25 S. 106, B. 27 S. 898, B. 28 S. 871. Entsch. d. R.G. B. 8 S. 236. Bezüglich der Literatur vgl. Savigny, System B. 2 S. 317. Unterholzner I. S. 140f. Puchta im Rechts­ lexikon B. 3 S. 70f. Vangerow I. S. 112. Sintenis I. §. 15. IV. S. 116, 6es. Note 53 S. 119, 122 unter y. In Beziehung auf die Vertretungspflicht des Staates aus rechtswidrigen Handlungen und Unterlassungen seiner Beamten: Pfeiffer, prakt. Ausführungen, 1828, B. 2 S. 361; H esst er im Archiv f. Crim.R. 1851 S. 455, wo er seine frühere Ansicht in den Beiträgen zum deutschen Staats-

§♦ 90. Die Entschädigungsforderung.

553

vorige Ausgabe hat sich aber an dieser Stelle noch ganz allgemein der Ansicht daß über dieses Maß der Haftung hinaus

Försters angeschlossen,

ein von

dem Vertreter im Bereich der Vermögensverwaltung verübtes Delikt, der Vertreter nach seiner Amtsstellung befugt war,

Delikt der juristischen Person anzusehen ist.

soweit

sich so zu verhalten,

Es läßt sich indessen

als

nicht als

Regel annehmen, daß die Stellung des Vertreters der juristischen Person dieser

gegenüber in weiterem Maße als bei Vertretung physischer Personen die Er­ mächtigung in sich schließt,

Es ist

deshalb der Satz

in fremde Rechtssphären schädigend einzugreifen. aufzustellen,

daß

die juristische Person aus

den

Handlungen ihrer Vertreter und Beamten nur in demselben Umfange haftbar wird, wie eine physische Person^).

Was ferner insbesondere den Staat an­

langt, so hat derselbe zwar bezüglich der staatlichen Vermögensverwaltung die Stellung

anderer juristischen Personen,

im Bereich

der

öffentlich-rechtlichen

Funktionen der Beamten^) aber kann aus deren Verhallen regelmäßig in keiner

Weise eine Verbindlichkeit des Staats erwachsen. Selbst in Beziehung auf die Verpflichtung des Staates, für die Landstraßen zu sorgen, in Betreff der Ausübung

der Zollberechtigung und

verantwortlich erklärt,

standen^^).

32)

33)

34)

35)

sind die Beamten für

wenn durch ihre Nachlässigkeit Anderer: Schaden ent­

Das hat die Praxis

überhaupt nicht

des Postregals,

zu der Annahme geführt,

daß der Staat

solche Verschuldungen seiner Beamten zu vertreten habe^).

und Fürstenrecht, 1829 S. 162, modifizirt; Perthes, der Staatsdienst in Preußen, 1838 S. 137, und außer den Kompendien über Staatsrecht besonders die Abhand­ lung von Zachariä in der Tübinger Zeitschrift f. die gesammte Staatswissenschaft B. 19,1863 S. 582 f. Löning, die Haftung des Staats aus rechtswidrigen Hand­ lungen seiner Beamten. Stobbe, d. Pr. R. III. S. 400. Verh. d. VI. Juristen­ tages B. I. S. 45, B. III. S 323, des VIII. B. I. S. 388 und des IX. B. III. S. 46, 340. Viel weiter geht das Dogma Zacharias S. 615f.: „Der Staat ist als moralische Person Subjekt von Rechten und Pflichten; er hat keine Willens- und Handlungs­ fähigkeit und bedarf daher nothwendig physischer Personen, die für ihn wollen und handeln, ihn berechtigen und verpflichten. Jeder Beamte vertritt ihn in der ihm angewiesenen Sphäre. Handlungen, welche seine Vertreter außerhalb ihrer Sphäre vorgenommen haben verpflichten ihn nicht. Amtshandlungen, auch wenn in ihnen ein Amtsmißbrauch liegt, verpflichten ihn. In culpa kann der Staat zwar nie sein, aber weil seine Vertretung durch Beamte eine nothwendige ist, muß er wenigstens Garantie für deren Handlungen leisten und — eine s. g. Justizsache vorausgesetzt — den Verletzten entschädigen, wenn objektiv eine Gesetzwidrigkeit und subjektiv ein Verschulden des Beamten vorliegt." Vgl. Wind scheid §. 470 Anm. 4. Kab.O. v. 4. Dezbr 1831 (Ges.S. S. 255), welche durch V.O. v. 16. Sept. 1867 auch in die neuen Provinzen eingeführt ist, hat den Gegensatz von Ausübung der Hoheitsrechte und von vermögensrechtlichen fiskalischen Verhältnissen hervorgehoben und erstere dem Rechtsweg entzogen. A.L.R. II. 15. §§. 12. 119. In II. 10. §§. 59 f., wo man solche Bestimmungen suchen sollte, finden sich keine Die Haftungspflicht der Privatgerichtsherren, II. 17. §§♦ 90f. ist jetzt antiquirt. Nach §. 186. II. 15 müssen die „Postämter", d. h. die einzelnen Postbeamten die Versehen vertreten. Jetzt entscheidet über die Ersatzver­ bindlichkeit der Postbehörden Abschn 2 §§. 6fg. des Gesetzes über das Postwesen v. 2. Novbr. 1867 (B.G.Bl. S 61 fg.). Entsch. B. 2. S 119 f. Das O.Trib. ist übrigens früher anderer Ansicht gefolgt und hat „mit Rücksicht auf das eigenthümliche Verhältniß, welches aus der Noth­ wendigkeit der Anstellung von Beamten folgt", den Staat aus deren Handlungen

Zweites Buch.

554

Die besonderen Privatrechte.

Ganz ausnahmsweise ist durch die Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 §. 29 jetzt der Grundsatz,

daß der Staat für die Versehen seiner Beamten in Betreff des Grundbuchwesens zur Anerkennung

subsidiär zu haften habe,

gelangt.

Zn der gerichtlichen Depositalverwaltung nach der Depositalordnung

haftete der Staat ferner nur für die s. g. culpa in eligendo, während der­ selbe jetzt nach dem Hinterlegungsgesetz vom 14. März 1879 in ein Vertrags­

verhältniß mit dem Hinterlegenden tritt.

b.

Ein Verschulden liegt auch

der Entschädigungspflicht zu Grunde,

wenn durch Thiere Schaden zugefügt ist36 * *).37 * * **Das 39 * * A.L.R. entfernt sich hier

von dem römischen und

dem

altdeutschen Recht.

Das letztere kannte nicht

die noxae datio des ersteren, wenn ein Thier contra naturam sui generis geschadet hatte3'),

sondern verpflichtete den Herrn, wenn er vom Ersatz frei

sein wollte, das Thier laufen zu lassen oder fortzujagen36), und während das

römische Recht bei Schaden durch gefährliche wilde Thiere eine Entschädigungs­ klage aus dem ädilitischen Edikt nur dann gab,

wenn man sie an öffentliche

Orte gelassen36), verpflichtete das deutsche Recht in diesem Fall unbedingt zur vollen Entschädigung66).

Das A.L.R. unterscheidet zwischen ihrer Natur nach

unschädlichen und schädlichen Thieren,

und

bei den

ersteren wieder zwischen

solchen, die in Haushaltungen gebraucht werden oder nicht.

Zn allen Fällen

wird der Grund zur Entschädigungspflicht in einem eigenen Verschulden des

Herrn gefunden6'): entweder in der versäumten Aufsicht bei den Hausthieren, oder in einer

gewissen Rücksichtslosigkeit gegen die Mitmenschen bei den für

den Hausgebrauch entbehrlichen und den von Natur schädlichen Thieren. Was

die letzteren angeht, so soll man sie ohne obrigkeitliche Erlaubniß überhaupt nicht halten.

Man trägt deshalb

Schaden, den sie anrichten.

versäumten Aufsicht gehaftet.

36) 37) 88) 39) 60) «)

bei Ermangelung dieser Erlaubniß jeden

Zst die Erlaubniß ertheilt, so wird nur aus der

Alle Verpflichtung zur Schadloshaltung fällt

zum Schadenersatz verpflichtet erklärt. Simon, preuß. Staatsrecht I. 1844 S. 820. Centralblatt 1837 S. 303 f. Vgl. insbes. jetzt Entsch. B. 61 S. 1, wo auch die bisherige Praxis vollständig mitgetheilt ist. Vgl. auch Dernburg I. §. 54 Anm. 14. Ueber den Fall, wenn mit einer Beschädigung des Staats durch Delikt eines Andern eine Schuld eines Staatsbeamten in der Abwehr konkurrirt, und die Unanwendberkeit des §. 19. I. 6 für diesen Fall s. Entsch. B. 3 S. 39. Vgl. Centtal­ blatt 1840 S. 19. I. 6, §§. 70-78 d. T. Heydemann I. S. 314. Gruchot IV S. 42. pr. J. IV. 9. 1. 1. pr. D. IX. 1. Hepp S. 90f. Sachsensp. II 40. Hepp S. 153f. 159. ]. 29. 8. 6. I. 40 §. 1. 1. 41. 42. D. IX. 1. Schaden durch Hausthiere setzt Verschulden des Eigenthümers für die aquilische Klage voraus. Heuser, Annalen I. 550. Sachsensp. II. 62. S. j. Stobbe B. 3 8. 202. Entsch B. 35 S. 378. Rehbein I. S. 602. Das Verschulden ist stärker, wenn der Eigenthümer oder Besitzer des Thieres weiß, daß es gegen seine Natur schädlich sei §. 74. d. T. Diese Bestimmung, nicht die des §. 72, klingt an das contra naturam sui generis des röm. R. an. Vgl auch Entsch. B 21 S 188. — Ueber den Ersatz des Schadens auf Grund von Ueberschreitungen der Feldpolizeiordnungen vgl. oben §. 49.

555

§. 90. Die Entschädigungsforderung.

weg, wenn der Verletzte das Thier gereizt

oder sonst durch Unvorstchtigkeit

Anlaß zur Beschädigung gegeben hat4?).

II.

Von dem Fall, daß mehrere Personen bei derselben Beschädigung

als Miturheber mitgewirkt haben und von der daraus erwachsenden Korreal-

verbindlichkeit ist bereits oben im §. 63 die Rede gewesen.

ist übrigens nicht bloß der Urheber, nehmer anzusehen4S).

Daß

auch

Als Beschädiger

sondern auch der Anstifter und Theil-

in

einer Begünstigung des Beschädigers

nach der vollendeten Schadenszufügung eine Mitwirkung zu dieser Schadens­ zufügung gefunden werden könne, muß bestritten roerben44 * 43 ).* 46Der willkürlich

oder auch nur durch mäßiges Versehen gegebene Anlaß zu einer Schadens­

zufügung

durch die unwillkürliche Handlung eines Andern macht gegenüber

dem Beschädigten, auch wenn dies der Handelnde selbst ist, verantwortlich").

Besonderer Erörterung bedürfen noch

Befehl

und Auftrag.

Befehlende ist für die unerlaubte Handlung immer verantwortlich. intellektueller Urheber,

Anstifter.

Der auf

Der

Er ist

Befehl Handelnde haftet ge­

meinsam 4°) mit ihm, wenn die Handlung gesetzlich verboten und er nicht aus

irgend einem Grunde verpflichtet war,

Unwissenheit des Thäters

unbedingt zu gehorchen.

Selbst die

von der Gesetzwidrigkeit des Befehls befreit ihn

nicht, sondern giebt ihm nur Regreß gegen den Befehlenden4').

Der Thäter

haftet allein, wenn er die Grenzen des Befehls überschreitet und dadurch die

Beschädigung verursacht.

Unerlaubte Aufträge verpflichten aber den Macht­

geber selbst dann, wenn der Bevollmächtigte den Auftrag überschritten hat4?). Der unausgeführte Auftrag kann noch

keinen Schaden hervorgerufen haben.

Daß man ber einem ausgeführten Auftrag noch sollte untersuchen müssen, ob

derselbe geeignet war als Anstiftung zu wirken, den Willen des Thäters zur 4) Weil auch das Reugeld ein Interesse ersetzen soll, so findet auf dasselbe §. 304 d. T. Anwendung. Entsch. B. 19 S. 94. Und weil ein Interesse nur aus einem gütigen Vertrage erwachsen kann, ist §. 310. d. T. auch auf das Reugeld zu beziehen. Gruchot II. S. 157. ">) 1 5. §. 314. Der Entschluß des Schuldners, vom Vertrag zurückzutreten, berech­ tigt aber den Gläubiger zur Einklagung der Wandelpön nur dann, wenn er nicht selbst durch sein vertragswidriges Verhalten den Schuldner berechtigt hat, zurück­ zutreten. Der Ausdruck der früheren Auflage: „es ist eine alternative Pflicht", ist, wie an anderem Orte (§. 65 Anm. 19) schon von Förster bemerkt worden, un­ richtig; die Wandelpön ist zunächst nur in solutione. Vgl. noch aus der Praxis Striethorst B. 6 S. 175. B. 42 S. 364. Entsch. B. 34 S. 65. Rehbein 1. 487. Seuffert B. 3 Nr. 42. B. 13 Nr. 217. Die Beschränkung des Betrages auf das Doppelte (§. 301. d. T.) findet wie Gruchot überzeugend ausgeführt (II. S 156), beim Reugeld keine Anwendung. *5) 1 5. 315. Rechtsfälle B. 1 S. 215. 57) 1 5. §. 316. Die schriftliche Form hängt nicht von der Höhe des Objekts ab, sie muß, um die Wahl unwiderruflich zu machen, beachtet werden, auch wenn der' Hauptvertrag nur mündlich errichtet worden. A. M. Koch, R. d. F. II S. 372. Eine mündlich erklärte Wahl kann also vom Verpflichteten noch geändert werden, und wenn er nach einer solchen Erklärung vom Gläubiger auf Zahlung des Reu-geldes belangt wird, kann er excipiendo noch Erfüllung anbieten, ebenso wenn der Verpflichtete überhaupt noch nicht gewählt hat. Entsch. B. 34 S. 68f. Strieth. B. 42 S. 364. Regelmäßig kann also ohne schriftliche Uebernahme der Wandelpön auf diese nicht geklagt werden: dies gilt aber nur, wenn nicht schuldhaft oder nach­ träglich die Erfüllung der Obligation selbst unmöglich geworden ist. (R.O.H.G. B. 24 S. 120); hier zeigt sich die Wandelpön als eigentliche Konventionalstrafe. — Vergl. auch §§. 212-216. I. 5. (Draufgabe als Wandelpön und oben §. 65 Anm. 19 S. 433 und §. 81 a. E. S. 543.

736

Die besonderen Privatrechte.

Zweites Buch.

XV. S. 97. 188. Fuchs, daselbst 1851. XXXIV. S. 106. 224. 385. Hepp, die Zurechnung auf dem Gebiete des CivilrechtS. 1838. S. 13. 32. 42. 194. Jhering, Abhandlungen aus dem röm. R. 1844. Nr. 1. Stobbe, zur Geschichte des deutschen Vertragsrechts 1855. S. 209 u. d. Pr. R. B. III. §. 184. Mommsen, Beiträge I. S. 228 Derselbe, Erörterungen (über die Regel commodum ejus esse debet, cujus peroculum est) 1859. Windscheid, in der Heidelb. krit. Zeitschr. II. S. 135 und in der Münchener krit. Vierteljahrschrist I S. 133. Jhering in s. und Gerber's Jahrb. B. 3 1859 S. 449, B. 4 1861. S. 366. (Beiträge zur Lehre v. d. Gefahr bei Kaufkontrakten). Goose zur Lehre v. Casus in Jhering's Jahrb. B. 9 und dessen Dissert. de casu quaedam observationes. Berol. 1866. Hofmann, über das periculum beim Kauf. 1870. — Arndts S. 454. Vangerow III. S. 228. Sintenis II. S. 464. 472. Keller S. 494. Seuffert II. S. 112. 137. Bluntschli, deutsches Privatrecht, 3. A. besorgt von Dahn. 1864. S. 332.

Die zufällige Unmöglichkeit der Erfüllung eines Vertrages bewirkt wie

im §. 89 auseinandergesetzt ist, nach preußischem Recht nicht wie nach römischem

sondern Aufhebung des

Befreiung des Schuldners von seiner Verbindlichkeit,

Ebenda ist auch

Vertrages.

bereits besprochen,

objektiven Unmöglichkeit zuzuschreiben ist;

daß diese Wirkung nur der

während bei einem Zufall,

bloß die Person des Verpflichteten hindert,

welcher

ebenso wie bei einem Zufall, der

nur die Modalität der Erfüllung beeinflußt, eine andere Erfüllungsart, allen­

falls Leistung des Jntereffe, beansprucht werden kann. Am angeführten Orte ist eine

wiederholte

Erörterung

tionsverhältniffe bezüglich

auch bereits

aber der

der Gefahr

darauf hingewiesen,

des

Einwirkung

Zufalls

daß

Obliga-

der Verschlechterung erforderlich

Daneben ist die Möglichkeit zufälliger Verbesserungen

werde.

auf

sein

und die einst­

weilige Nutzung des Vertragsrechts in's Auge zu fassen. I.

Gefahr.

Periculum.

Die Redaktoren des

Landrechts

von dem in der damaligen Theorie unbestrittenem Satze aus:

dominus.

Zwar im Gesetzbuch selbst ist derselbe nicht

ausgesprochen,

aber

aus Svarez'

gingen

casum sentit

geradezu als Prinzip

geht hervor,

amtlichen Vorträgen')

daß

dieser ihn als die Grundregel betrachtet und nach ihr das Tragen der Gefahr

bei den einzelnen Obligationen bestimmt hat. Recht

nur

auf Eigenthum

und

Der Satz

dingliche Rechte

darf im gemeinen

bezogen

werden,

ist

im

Uebrigen unrichtig, und nicht geeignet, alle Vorschriften des römischen Rechts

über die Gefahr bei den einzelnen Verträgen zu erklären.

legenheit half man sich

Aus dieser Ver­

in der gemeinrechtlichen Theorie mit Ausnahmen *2),

die Redaktoren des A.L.R. aber beseitigten diese Ausnahmen als unpraktische

Spitzfindigkeit2). '> Die

Regel

hat

dadurch

im

A.L.R.

eine

konsequentere

1) Svarez, amtliche Vorträge bei der Schlußrevision. v. Kamptz, Jahrb. B. 41 S. 17 fg. „casum sentit dominus ist eine der ersten Regeln des röm. Rechts". 2) Glück IV. S. 380 nennt das Tragen der Gefahr bei dem Kauf eine ganz spezielle Disposition der römischen Gesetze, dem Naturrecht widersprechend. s) Svarez a. a. O. A.L.R. I. 11. §§. 100. 120.

§. 108. Zufälliger Nachtheil und Vortheil.

erfahren,

Durchführung

737

als sie die geineinrechtliche Doktrin aus den wider­

strebenden römischen Quellen herleiten konnte.

die Unmöglichkeit, so

wird

der

den Vertrag zu erfüllen,

Vertrag

nothwendige Folge

für

hiervon,

aufgehoben

daß,

„entsteht

bereits besprochene Regel:

Auf jener Grundlage beruht die

wenn

die

durch einen Zufall,

angesehen" ^).

Leistung des

Die nächste

andern

Theils

bereits erfolgt war, zurückgeleistet werden mitfc5*),* *ist * bereits besprochen.

Von

der Regel giebt es nur bei einzelnen bestimmten Geschäften Ausnahmen 6). Aufgehoben wird der Vertrag aber nur, wenn seine Erfüllung gänzlich unmöglich

geworden

deteriorationis)

Die zufällige Verschlechterung (casus

(casus interitus).

begründet

die

Aufhebung

nicht,

weil

doch

immer

noch

geleistet werden kann. Bei den einseitigen Verträgen trägt solche Verschlechterung, ebenso wie den Untergang,

sie nicht zu

vertreten hat.

Eigenthümer ist.

der Empfänger (Gläubiger), Dies gilt auch,

weil der Schuldner

wenn der Empfänger nicht der

Bei den Obligationen auf Zurückgeben trifft allerdings auch

dieser Gesichtspunkt zu, — aber derselbe ist hier nicht der entscheidende.

Bei zwei­

seitigen Obligationen gilt: die Gefahr trägt der Schuldner der Sachleistung, weil er bis zur Uebergabe der Eigenthümer der Sache gewesen ist und dafür einstehen muß, daß der Empfänger sich der übergebenen Sache nach Natur und Inhalt des

Vertrags aber ist,

bedienen könne;

Inhalt des Vertrags über eine bestimmte Sache

daß dieselbe vertragsmäßig,

Vertrags hat, übergeben werde.

in dem Zustand,

den sie zur Zeit des

Danach muß er sich gefallen lassen, daß der

Gläubiger die verschlechterte Sache nicht

annimmt,

dafür den Preis nicht

zahlt, zurücktritt oder nach Annahme Gewährleistungsansprüche geltend macht'). Eine Pflicht, für den nicht gewährten Vortheil der Lieferung der fehlerlosen 4) Oben §. 87 unter 2. I. 5. §§. 364, 365. I. 11. §. 100. Svarez, Schlußrev. v. Kamptz, Jahrb. B. 41 S. 17. Koch I. S. 215f. Hepp, Zurechnung S. 197fg. Das österr. G.B. §§. 1048. 1064 hebt in Folge des Zufalls den Tausch- und Kaufvertrag auf — als allgemeines Prinzip spricht es die Aufhebung nicht aus. Da es aber nach §. 1112 auch den Bestandvertrag, zu welchem der Mietvertrag gehört, durch den Zufall auflösen läßt, so steht es im Wesentlichen auf dem gleichen Standpunkt mit dem A.L.R. 5) Vgl. oben §. 88, insbes. Sinnt. 7, 9. 6) Koch S. 206. 220. 223 bezeichnet mit Unrecht als Ausnahmen den Fall der Mora und den Fall des casus dolo vel culpae subord. — Denn auch der letztere ist kein Zufall: das vertretbare Verschulden des Leistungspflichtigen, das in Verbindung mit einem Zufall die Unmöglichkeit herbeigeführt hat, muß vertreten werden. Dagegen müssen der Kauf in Bausch und Bogen, der Kauf eines Inbegriffs und der nothwendige Verkauf als Ausnahmen bezeichnet werden (§§. 117. 120. 121. 342. I. 11), denn während sonst beim Kauf der Akt der Uebergabe den Moment fixirt, in welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht, soll bei jenen Arten des Kaufs der Moment des Vertragsab­ schlusses diese Wirkung haben, während doch das Eigenthum erst durch die Tradition auf den Käufer übergeht. Uebrigens soll auch hier der Vertrag aufgehoben sein, wenn die Sache durch Zufall dergestalt vernichtet wird, daß gar keine Uebergabe stattfinden kann. Gruchot in Goldschmidt's Z. f. Handelsr. III. S. 515fg. Das Nähere bei dem Kauf. i) Koch S. 220. 224. I. 11. §§. 95, 96. 178. 179. Oben §. 85 Sinnt. 10, 13. Förster (Eccius), Preuß. Privatrecht. I. 5. Ausl.

47

Die besonderen Privatrechte.

Zweites Buch.

738

zu leisten,

Ersatz

Sache

liegt dagegen

nicht

in

dem

Tragen oder

Er­

leiden der Gefahr9*).10 * * *11* * * * Nach dem bisher ausgeführten kann die Theorie des A.L.R. in Kürze so zusammengefaßt werden:

A.

Der

„bloße"

Bei

einseitigen

Zufall

improvisus)

fortuitus,

(casus

ist

zu

erleiden: 1.

Schuldner nichts

zu

Obligationen

hat.

vertreten

überein.

est rei periculum

die der Verschlechterung

werden

der unentgeltlichen Leihe

der

Hier stimmt das preußische mit dem

gemeinen Recht in dem Grundsatz casus a nullo praestantur

creditoris

weil

Gläubiger,

vom

gleich

behandelt.

bei Obligationen

und deßhalb

des Untergangs

Die Gefahr

und

So bei der Schenkung9),

auf

Rückgabe

einer

Sache

wegen Nichtschuld").

Bei

2.

Sache trägt

zweiseitigen

bis

Obligationen

thümer der Sache die Gefahr nach

dem

und

Nachleistung,

casum

aufgehoben,

andere Theil zurücktreten.

leistung

des Untergangs

verallgemeinerten Satz:

Untergangs ist der Vertrag

der

auf

Geben

einer

bestimmten

zur Lösung der Obligation durch Uebergabe der

und

sentit

und

Eigen­

der Verschlechterung,

dominus.

Zm Fall des

im Fall der Verschlechterung kann

Der Nachthell besteht darin, daß die Gegen­

wo

die Obligation zu

einem Zurückgeben

8) Entscheid. B. 11 S. 244, Nr. 2 S. 247: „So wenig der Käufer, wenn er die Gefahr trägt, zu einem sonstigen Schadenersatz verpflichtet ist, ebenso wenig kann dem Verkäufer mehr als der Verlust des Preises, also etwa ein Ersatz des Schadens aufgelegt werden, obwohl es dem Käufer vielleicht vortheilhafter wäre, die un­ beschädigte Sache um den bedungenen Preis zu haben. Dadurch unterscheidet sich dieses einfache Periculum von der Uebernahme einer Gefahr im Sinn einer Assecuranz und von der Verpflichtung zum Schadenersatz aus dolus oder culpa". 9) Besonders ausgesprochen ist es in Betreff der Schenkung zwar nicht (I. 11. §§. 1076 bis 1078), es folgt aber aus der Natur der Sache. 10) I. 2L §. 252. 11) 1. 16. §. 202. Nach I. 5 §. 156. hat bei formell ungiltigen Verträgen der Kon­ trahent, welcher die Erfüllung des andern angenommen, die Verpflichtung, entweder auch zu erfüllen, oder das Empfangene zurückzugeben oder zu vergütigen. Wie, wenn das Empfangene aus Zufall nicht zurückgegeben werden kann? Das Appel.G. Hamm (Gruchot VIII. S. 357) hat angenommen, daß dann erfüllt werden muß, daß der Beklagte, da die Wahl nicht mehr stattfinden kann, auf die andere Ver­ bindlichkeit der Alternative beschränkt ist. Das ist nach römischem Recht richtig; nach preußischem könnte es zweifelhaft sein, weil hier die alternative Obligation durch die kasuelle Unmöglichkeit der einen Leistung aufgehoben wird. §. 33. I. 11. Allein dies trifft nur bei Obligationen mit alternativem Leistungsgegenstand, nicht auf den Fall zu, wenn gesetzlich eine Wahl zwischen verschiedenen Rechten, — hier, dem Recht des Rücktritts und dem Recht, Erfüllung zu verlangen, sofern nicht der andere Theil den Rücktritt wählt, — gegeben ist. Sofern der Empfänger wegen Untergangs des Gegenstands von dieser facultas alternativa keinen Gebrauch machen kann, muß er nach dem Verlangen des Gebenden den mündlichen Vertrag erfüllen. Das Obertribunal gelangt zu demselben Schluß auf einem anderen Wege (S. 359). Es erachtet den mündlich abgeschlossenen Tauschvertrag als einen zur Uebertragung des Eigenthums geeigneten Titel; hiernach war der Beklagte durch die Uebergabe Eigenthümer geworden, und er hat also die Gefahr zu tragen d. h. er muß gegen­ leisten oder vergütigen; von einer Aufhebung der Verbindlichkeit durch Zufall könne hier aber nicht die Rede sein, weil §. 364. I. 5 sich nur auf die unmöglich ge­ wordene Erfüllung geschlossener Verträge beziehe.

§. 108. Zufälliger Nachtheil und Vortheil.

739

Es fragt sich, ob nachdem

verpflichtet, die Zurückgabe der Sache wegfällt").

für Grundstücke der Uebergabe die Bedeutung entzogen worden, den Eigenthums­

übergang

zu vermitteln,

an die Stelle des Zeitpunktes der Uebergabe

hier

derjenige der Auflassung getreten ist.

Mit der Auflassung ist der

seitens des Verkäufers in der Hauptsache erfüllt;

über

zur Uebergabe

auch

die

die

ist von der Bethätigung

Man kann deßhalb

Gefahr

bis

des Willensakts

nicht mehr davon ausgehen,

Uebergabe dei dem Veräußerer

zur

wird vielmehr eine Einwirkung

bleibe,

aber das Recht des Käufers den

verpflichtet,

Besitz der Sache zu beanspruchen,

der Uebergabe unabhängig.

daß in solchem Fall

der Verkäufer ist zwar vertrags­

Sache verfügen;

Eigenthümer

mäßig

Vertrag

der Käufer kann jetzt als

neuen Rechts

des

auf die hier er­

Zuweit aber geht man, wenn man dem in

örterte Frage zugeben müssen.

Erfüllung des Vertrages des Auflassung vorangegangenen Akt der Uebergabe die Bedeutung abspricht,

daß damit die Gefahr der Sache

übergehe.

Für den Satz des Gesetzes,

ratio in

dem

Grundgedanken:

daß

dem

auf den Käufer

so sein solle,

casum sentit dominus zu

cessante ratione legis non cessat lex ipsa.

ist zwar die

finden;

aber

Die der.Auflassung in Er­

füllung des Vertrages vorangehende Uebergabe überträgt auch jetzt noch nach

§§.

95.

100 I. 11 A.L.R.

die

Gefahr,

obgleich

sich

mit derselben

der

Eigenthumsübergang nicht verknüpft").

3.

lungen)

Bei gegenseitigen Obligationen

gilt derselbe Grundsatz,

auf Thun

(Verträge über Hand­

daß der Vertrag aufgehoben ist, wenn die

schuldige Handlung unmöglich geworden").

Ist die von der einen Seite ver­

schuldete Handlung geleistet, und wird dann der Vertrag wegen Unmöglichkeit der Gegenleistung aufgehoben, so kann die geleistete Handlung natürlich nicht

rückgängig gemacht werden, vielmehr ist dafür, entsprechend einer Vergütung

des gemeinen Sachwerths, der gewöhnliche Lohn solcher Handlungen zu vergütigen").

An die Stelle des gemeinen Werths-oder Lohns tritt vertrags­

mäßige Vergütigung,

wenn die Handlungen theilweise geleistet worden und

ihre Vollendung durch einen Zufall in der Person des anderen Kontrahenten

unmöglich wird").

Die Vergütung ist nach Verhältniß des Geleisteten zur

ganzen Leistung abzumessenn).

12) Beim Kauf: §. 100. I. 11, vgl. Entsch. B. 11 S. 239, B. 50 S. 127. Rehbein II. 74, 80; und bei Pacht und Miethe: §§. 299—308. I. 21; über Obligation auf ein Zurückgeben vgl. I. 16. §. 202. I. 21. §. 252. 13) A. M. ist Dernburg 1. §. 242 Sinnt. 8, II. §. 138 Sinnt. 9. Vergl. Förster, Grundbuchrecht S. 93. .Da Icke bei Gruchot XVI. S. 464. Auch das Ober­ tribunal hat angenommen, daß das Eigenthumserwerbgesetz vom 5. Mai 1872 dem Uebergange der Gefahr mit dem Zeitpunkt der bloßen Uebergabe nicht entgegenstehe, ebens. das R.G. Entsch. B. 7 S. 241. Gruchot B. XXIII. S. 916. S. auch oben §. 85 Sinnt. 15. u) 1. 11. §. 879. 15) I. 11. ts. 882. 16) I. 11. §. 886. i’) Koch 1. S. 235 bei bb.

Zweites Buch.

740 Die

Gefahr

also

trägt

oder Handlung

leisttlng

Die besonderen Privatrechte. derjenige

Kontrahent,

dem

seine

Sach-

in Anwendung des Grund­

geworden,

unmöglich

casum sentit dominus —, und sie besteht darin, daß er die Gegen­

satzes

oder,

leistung nicht empfängt

wenn er

der Fall,

Handlungen

sie bereits

ganz oder zum Theil

Analog der Gefahr der Verschlechterung ist bei

empfangen hat, vergütigen muß.

wenn der Rest derselben unmöglich geworden.

Auch

hier gelten sie nicht für geleistet, für die weggefallenen Resthandlungen erhält

der Verpflichtete

Gegenleistung,

keine

aber für das

bereits Geleistete ent­

sprechende Vergütigung je nach

sachverständiger Abschätzung

Feststellung im Vertrage").

Koch") sieht in der Bestimmung, daß der

zufällige Untergang

sollet,



vor der Uebergabe den Bauherrn treffen

eines Baues

Eine solche wäre sie,

eine Ausnahme.

Bedeutung der Eigenthumsübertragung hätte,

Grundsatz des A.L R.

oder nach der

wenn die Uebergabe hier die

denn dann müßte nach dem

der Zufall vom Baumeister getragen werden.

Der

Bauherr ist aber auch schon vorher der Eigenthümer des allniälig entstehenden

Baues, wie er Eigenthümer des Grund und Bodens ist.

Der in der Person des einen Theils hervorgetretene Zufall, sei es

B.

des Gläubigers

oder Schuldners,

hebt den Vertrag

nicht auf,

der andere

Theil hat das Recht, eine andere Erfüllungsari zu wählen und den Anspruch

auf Entschädigung wegen des Nachtheils, der ihm hierdurch entsteht2^.

Der mit Verschulden verbundene Zufall (casus mixtus) wird ver­

C.

treten und

zwar wie nach gemeinem Recht von demjenigen Kontrahenten,

durch deffen Verschulden der Zufall schädlich geworden22 18).*19 2420 Der 2521 Vertrag wird

Wer insbesondere seine Vertragspflicht zu erfüllen zögert,

nicht aufgehoben.

übernimmt die Gefahr,

die

sonst nach Inhalt des Vertrages nicht auf ihm

liegt, und muß, wenn die Erfüllung unmöglich geworden, das Zntereffe leisten

oder wenigstens den wirklichen Schaden ersetzen22).

Umgekehrt wird durch den

Verzug des andern Theils derjenige Kontrahent von der Gefahr entlastet, den

sie sonst nach der Natur des Vertrages obgelegen hätte,

er kann die Gegen­

leistung und bei einseitigen Verträgen Vergütigung fordern2^). D.

bedingte

den

Bei

bedingten Obligationen

einseitige

Zufall

Schwebens

und

zweiseitige

aufgehoben.

der Bedingung

Die

ist zu

Obligationen

unterscheiden: suspensiv­ werden

Gefahr trägt Derjenige,

noch Eigenthümer

gewesen,

ebenfalls

durch

der während des sein Anspruch

auf

Gegenleistung fällt weg22), und auch bei Verschlechterung tritt nichts von den 18) 19) 20) 21) 22) 28) 24) 25)

I. 11. §§. 885. 908. 917. 920. R. d. F. I. S. 237. I. 11. §. 967. I. 5. §§. 369- 372. Z. B. I. 11. §. 339. I. 13. §. 249. I. 14. §. 14. I. 20 §. 131. I. 21. §. 251. Oben §. 105 bei Anm. 42, 60 f. I. 11. §. 103 1. 5. §. 364 Nach 1. 8. pr. D. XVIII. 6 trägt die Gefahr der Obligation bis zur Entscheidung über die Bedingung der Promittent (Verkäufer), weil er erst von diesem Moment emtio perfecta und damit die Gefahr auf den Käufer übergeht.

§. 108. Zufälliger Nachtheil und Vortheil.

obigen Regeln Abweichendes hervor.

muß dies

geltend

bis

741

Auch für resolut-bedingte Obligationen

zum Zeitpunkt der Erfüllung.

Nach der Erfüllung

kommt es darauf an, ob der erfüllende Schuldner trotz der Erfüllung Eigen­

thümer der übergebenen Sache geblieben ist.

Dann hat er, wenn die Sache

untergeht, keinen Anspruch auf Ersatz, und er muß die verschlechterte annehmen,

War dagegen der Empfänger bis zur Rückgabe Eigenthümer ge­

wie sie ist.

worden, nur belastet mit einer Rückleistungspflicht, so wird der Vertrag, inso­

weit er diese begründet, durch den Zufall aufgehoben und es fällt, wenn bei der Rückgabe

eine Gegenleistung zu gewähren ist, diese bei dem Untergang

der Sache weg,

bei der Verschlechterung dagegen muß sie gewährt werden,

wenn der Rückerwerber nicht den Rücktritt vorzieht26).* 28 29 E. der

Die alternative Obligation

mit dem

zufälligen Wegfall der

gilt nach preußischem Recht,

wenn

einen Leistung der Vertrag Wahlbe­

rechtigte nicht die möglich bleibende Leistung wählt, als aufgehoben^). Dies sind

die

gesetzlichen Grundsätze

vom Tragen der Gefahr, die

allerdings bei einzelnen Vertragsverhältnissen sich dahin modifiziren, daß das

Gesetz eine Vertragshaftung bis in das Gebiet des Zufalls hinein begründet^).

Jedenfalls steht den Parteien frei, in ihren Verträgen Abweichendes darüber zu vereinbaren22), wer von ihnen, in welchem Umfang und für welche Art

des Nachtheils er die Gefahr übernehmen soll.

Daß der Ausdruck „alle Ge­

fahr und Schaden" sowohl von gewöhnlichem als ungewöhnlichem Nachtheil zu verstehen ist, und daß davon nur bei den« Pachtvertrag eine Ausnahme gilt.

26) Das A.L.R. giebt über das Tragen der Gefahr bei resolutiv-bedingten Verträgen keine Vorschriften. Die §§. über bedingte Käufe, über vorbehaltenes Eigenthum, und über den Vorbehalt eines besseren Käufers im 11. Titel schweigen darüber. Nur soll der Zurückgebende als redlicher Besitzer angesehen werden (I. 11. §. 290). Aber aus den §§. 188 fg. I. 7 ist auch nur zu folgern, daß der redliche Besitzer §. 219) bei Verschlimmerungen (casus deteriorationis) nicht haftet. Wie es steht, wenn die Sache gänzlich untergegangen, ist zwar beim Besitzer dem Eigenthümer gegenüber nicht zweifelhaft, der letztere trägt nach dem landrechtlichen Grundsatz den casus. Aber bei dem resolutiv-bedingten Kauf wird der Käufer Eigenthümer, folglich muß er den Zufall tragen, d. h. wenn er nicht zurückleisten kann, den Werth der Sache ersetzen. Allein es ist danach hier anzunehmen, daß der Vertrag über Rückgewähr des Eigenthums bei gänzlichem Untergang als aufgehoben anzusehen sei. Für den Wiederkauf bestimmt es ausdrücklich §. 301. I. 11. Bei dem Kauf auf Probe oder Besicht wird in der gemeinrechtlichen Doktrin angenommen, daß der Käufer, der also die Sache zurückgeben soll, die Gefahr des Unterganges trage; er muß daher anch die etwaige Gegenleistung geben. Goldschmidt, Zeitschrift für Handelsrecht I. S. 120. Fitting daselbst II. S. 270 und aus der Praxis das O.A.G. Dresden in der Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung in Sachsen, N. F. B. 20 S. 158. Nach A.LR. I. 11. §§. 333. 338 trägt der Verkäufer den Zufall. 27) Oben §. 65 Anm. 28. Nach römischem Recht muß die möglich gebliebene Handlung geleistet und genommen werden. 1. 2. §. 3. D. XIII. 4. 1. 34. §. 6. D. XVIII. 1. I. 16. pr. D. XLV. 1. 28) Vgl. oben §. 104 Anm. 34. 29) I. 5. §. 261. I. 11. §. 95 „oder sonst ein Anderes ausdrücklich verabredet worden". Klare Bestimmtheit der Verabredung, im Zweifel Auslegung nach dem Recht. Seuffert B. 4 Nr. 111.

742

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

bei welchem Kriegsschaden nicht unter jenem Ausdruck begriffen sein soll, ist be­

reits erwähnt33 30).31 32 Die Uebernahme ständigen Obligation

der Gefahr kann

sein.

Dann

auch

der Gegenstand

einer selbst­

bedeutet Gefahr so viel als Risiko, und

die Uebernahme verpflichtet zur Vergütigung desjenigen Nachtheils, der aus einem

bestimmten zufälligen Ereigniß künftig entstehen kann: Versicherungs­

vertrag 31). II. Wie Nachtheile, so kann der Zufall auch Vortheile bringen33). Von „Nutzungen"

spricht das A.L.R.33), und es gilt die Regel, daß dem­

jenigen die zufälligen Vortheile gehören, der die zufälligen Nachtheile zu tragen hat.

ejus

Commodum

unterscheidet

esse

debet,

cujus

periculum

est34).

Man

zwischen einem zufälligen Vortheil, welcher zu dem ge­

hierbei

schuldeten Gegenstand

als Vermehrung

Hinzutritt (accessorisches Kommo-

dum)35),36 und 37 38demjenigen, der an die Stelle desselben tritt, indem der Zufall, der

die Leistung unmöglich gemacht, also nachtheilig gewirkt,

Vortheil gebracht hat (stellvertretendes Kommodum)33). Vortheil

kann so beschaffen sein,

zugleich einen

Zener accefforische

daß er in den Hauptgegenstand ganz auf­

geht, mit ihm völlig eins wird, z. B. Alluvion, oder kein selbständiges Dasein

hat, wie die Befreiung von einer Last, die bisher auf dem Obligationsgegen­ stande gelegen hat, die Steigerung des Preises der versprochenen Waare.

Zn

diesen Fällen kann der, welcher die Gefahr trägt, gewiß keinen Anspruch auf diese Vortheile machen, sie müssen vielmehr auch nach preußischem Recht mitdem Gegen­

stand, zu dem sie hinzugetreten, dessen Theil oder Eigenschaft sie geworden, ohne Vergrößerung der Gegenleistung übergeben

werden3').

Vorthell

der Obligation trennbare

eine

selbständige,

von dem Gegenstand

Wo aber der

Natur hat, z. B. der vor der Uebergabe in dem verkauften Grundstück aus­

gefundene Schatz,

die Zinsen und Früchte33), da folgt aus dem Eigenthum

30) Oben §. 82 a. E. 31) II. 8. §. 1934. Unten B. 2 §. 145. 32) Mommsen, Erörter. 1 über die dtegcl: commodum ejus esse debet, cujus periculum est (1859), und Jhering, Abhandlungen Nr. 1. In wie weit muß der, welcher eine Sache zu leisten hat, den mit ihr gemachten Gewinn herausgeben? (1744). Koch, R. d. F. I. S. 237. 33) I. 9. §. 100. I. 11. §. 105. 34) I. 9. §§. 99. 100. I. 11. §§. 105. 474 mit 483. Striethorst B. 67 S. 273. Der schlechtgläubige Besitzer aber muß, obschon er die Gefahr trägt, die zufällig erlangten Vortheile doch herausgeben. I. 7. §§. 223. 241. 248. — Sächs. G.R. §. 869. Auch umgekehrt, wer den Vortheil hat, muß den Nachtheil tragen. Seuffert B. 6 Nr. 13. §. 3. J. III. 23. 1. 10. D. de R. J. 1. 22. §. 3. C. VI. 2. 35) Mommsen S. 2. 5fg. 36) Mommsen S. 2. 76fg. 37) I. 11. §. 108. In der 1. 12. C IV. 49 heißt es: sicut periculum vini mutati, quod certum fuerat comparatum, ad emtorem, ita commodum aucti pretii pertinet. Ueber die Alluvion s. §. 3 J. III. 23. 1. 7 D. XVI11. 6. 1. 10. §. 1. D. XXIII. 3. 1. 16 D. de leg. III. Mommsen S. 17. Ueber den Fall der juristischen Accession (Weg­ fall eines beschränkenden Rechts): Mommsen S. 19fg. 38) 1. 13. §. 11. D. XIX 1. 1. 59. §. 1. 1). VII. 1. Sächs. G.B. §. 869 giebt natürliche und juristische Früchte dem, der den Zufall trägt.

§. 109. Die Schuldklage und die Einreden dagegen.

743

dessen, der die Gefahr zu tragen hat, daß er auch in der Lage war, bis zur Uebergabe zu nutzen; aber nur das, was vermöge des gewöhnlichen Nutzungsrechts abgesondert wird,

gebührt ihm^).

Bei Pacht- und Miethszinsen als dem

Entgelt für Gebrauch macht nicht der Tag der Fälligkeit einen Unterschied, sie werden nach der Besitzzeit getheilt"),

subjektiv

dinglichen mit

dem

dafür

Zeit ihrer Fälligkeit

während bei anderen Hebungen aus

Vertragsgegenstand verbundenen Rechten die entscheidend ist,

ob sie in die Nutzung

des

Veräußerers oder Erwerbers gehören41 * *).42 * 43 Eine 44 * ausdrückliche 46 Abrede, daß die

Gefahr schon

vor der Uebergabe auf den Käufer übergehe, interpretirt das

Gesetz dahin, daß dann auch der Nutzen aus einem Schatze dem Käufer ge­ bühre").

Dagegen

gebührt unzweifelhaft das stellvertretende Kommodum

denjenigen, bei dem die Gefahr der Obligtion liegt"), und zwar nicht nur, wo letzteres dem Gesetz entspricht, sondern auch, wo die Gefahr vertragsmäßig

übernommen Nachtheils

worden ").

gilt;

Der Grund ist, daß der Vortheil als Ersatz des

wer den Nachtheil trägt, hat deshalb diesen Vortheil").

Hierher gehören insbesondere die Klagerechte gegen dritte Beschädign").

Fünfter Abschnitt.

Der gerichtliche Schutz der Schuldverhältnisse. A. Gerichtliche Geltendmachung.

§. 109.

Die Schuldklage und die Einreden dagegen.

Oben §. 50 S. 276, §. 54 S. 301. Förster, Klage u. Einr. S. 353fg. — UnterHolzner I. S. 331—357. Seufsert, Pand. II S. 178-182. H. Gerber,

«) I. 11. §. 108. io) I. 11. §. 106. 41) L 11. §. 107. Angewendet auf die Dividenden von Aktien. R.O.H.G. B. 6 S. 145. 42) I. 9. §. 100. Eine Ausnahme von der Regel I. 9. 8 99 bei dem Kauf in Bausch und Bogen. Vgl. oben Anm. 56. In der Zeit der Redaktion des A.L.R. war die Frage, wem der Schatz zufalle, bestritten. Glück B. 17 S. 190. Lauterbach, Coll. tb. pr. 1XIX. §. 36, Cocceji, jus contr. XIX. 1. qu. 15. Jhering a. a. O. S. 8 will ihn zwischen Verkäufer und Käufer theilen, aber die aus §. 39. J. II. 1 und 1. un. C. X. 15 hergeholte Analogie paßt nicht. Aber nach gemeinem Recht gehört der Schatz dem Eigenthümer, d. h. dem Verkäufer bis zur Uebergabe, und zwar auch die Hälfte, die er jure domini erwirbt (die andere Hälfte bleibt ihm ohnehin jure inventoris). Jhering meint, die erstere Hälfte müsse er dem Käufer herausgeben, „denn sie verdankt er lediglich seinem Eigenthume; er würde sie auch fordern dürfen, wenn nicht er, sondern ein Dritter den Schatz gefunden hätte" . Dies nennt Mommsen B. 56 S. 5 den schlagendsten Nachweis, aber das ist er nicht. Daraus, daß der Verkäufer die eine Hälfte vom dritten Finder fordern kann, folgt doch nicht, daß er sie dem Käufer herausgeben muß. Der Schatz ist nicht in obligatione, nicht mit zu übergeben, wenn er vorher gehoben worden. 43) Mommsen S. 76f. 44) Es würde jedenfalls eines ausdrücklichen Verzichts auf das commodum bedürfen, der nicht schon in der Uebernahme der Gefahr liegt. 4ö) Mommsen S 77. Voraussetzung ist, daß dieselbe Thatsache zufällig Nachtheil und Vortheil gebracht'hat. 46) 1. 13 D. XVIII. 6. 1. 13. §. 12. D. XIX. 1. Mommsen S. 84fg. Seuffert, Pand. II. S. 116 Note 12.

Die besonderen Privatrechte.

Zweites Buch.

744

Beiträge zur Lehre vom Klagegrunde und der Beweislast 1858. Dazu Wind­ scheid in der krit. Vierteljahrsschr. B. 1 S. 130. Maxen, über Beweislast, Ein­ reden und Exceptionen 1861 S. 1. 47. 62.

Der Klagegrund besteht bei der Schuldklage in dem bestimmten obli­ gatorischen Verhältniß zwischen dem Kläger und Feststellung sich der Klageanspruch ergiebt.

dem Beklagten, aus besten

Um das obligatorische Verhältniß

aber in seiner Individualität von anderen zu unterscheiden, bedarf es regel­ mäßig der Angabe

dasselbe

der

Thatsachen.

begründenden

Kläger sofern der Anspruch nicht anerkannt wird,

Jedenfalls hat

zur Darlegung der recht-

inäßigen Entstehung des Anspruchs die sein Recht erzeugenden Thatsachen

zu behaupten; — was diesem Recht bleibt

dem

überlassen

Beklagten

hindernd

oder

anzuführen.

aufhebend entgegensteht,

Soweit der Kläger die sein

konkretes Recht erzeugenden Thatsachen zu behaupten hat, grade so weit reicht auch seine Beweispflicht.

Es

ist eine unrichtige

Zumuthung,

daß er auch

die Thatsache der Rechtsverletzung, also der Nichterfüllung der Obligation zu

beweisen habe').

zur Erfüllung,

Aus der Existenz der

jene

allein

Obligation

erzeugt die Klage

auf

folgt die

Verpflichtung

Es ist Sache des

diese.

Beklagten zu beweisen, daß er erfüllt habe, oder weshalb er zu erfüllen nicht

schuldig sei.

Bei

bedingten Verpflichtungen

Anspruchs offenbar auch die Thatsache, gehört zu den das Rechtsverhältniß

Kläger

den

Eintritt

der

Bedingung

daß

gehört zur Begründung des

die Bedingung

erzeugenden Thatsachen.

eingetreten,

Daher hat der

zu behaupten und zu beweisen.

schieden davon ist aber der bereits oben erörterte*2) Fall,

wo

sie

Ver­

aus der Nicht­

erfüllung der ursprünglichen Leistung sich die Verpflichtung zu einer sekundären,

einer Ersatzleistung ergiebt; der Fall der Jnteresseklage. sich nicht um eine durch die Nichterfüllung bedingte Leistung.

dingung muß

außerhalb des Rechtsverhältnisses

Hier handelt es Denn die Be­

stehen, muß eine Thatsache

sein, von welcher dieses lediglich durch den Willen der Parteien in Abhängig­ keit gesetzt worden.

Daraus ergiebt sich,

er die Ersatzleistung (Interesse, weisen hat, daß der Beklagte

daß

der Kläger auch dann,

Konventionalstrafe)

wenn

eingeklagt, nicht nachzu­

grade nach der Richtung nicht erfüllt hat, für

welche der Ersatz gefordert wird — es bleibt vielmehr

auch

hier dem Be­

klagten überlassen, darzuthun, daß er erfüllt habe oder nicht verpflichtet fei3).

Nicht weisen,

der Kläger

hat

sondern dieser,

das Verschulden,

den

Verzug des Beklagten

zu be­

daß er nichts verschuldet, nicht verzögert, daß er er­

füllt habe oder durch Zufall daran

gehindert worden.

Im Zusammenhang

hiermit ist aber bereits oben darauf hingewiesen worden, daß soweit der Um­ fang der Ersatzleistung je nach dem Grade des obligationswidrigen Verhaltens

des Schuldners ein verschiedener ist,

und wenn die erhobene Forderung nur

r) Gerber a. a. O. S. 10. Windscheid a. a. O. S. 131. Maxen a. a. O. S. Ifg. S. 50fg. S. auch Unger, österr. Priv. II. S. 454s. 2) Oben §. 106 zu VI. 3) Dies erörtern hauptsächlich die angeführten Schriften von Gerber u. Maxen.

745

§. 109. Die Schuldklage und die Einreden dagegen.

bei Vorsatz oder grobem Versehen begründet erscheint, den entsprechenden Grad

des Verschuldens nachweisen muß 4).

Bei der Klage auf Konventionalstrafe fällt

diese Rücksicht weg, wenn sie allgemein auf Nichterfüllung oder eine Art der­ selben gestellt ist; — dagegen muß auch hier jener Beweis geführt werden, wenn

die Strafe nur für einen bestimmten Grad des Verschuldens verabredet ist.

Die Einreden und können daher

sind entweder einzelnen Rechtsgeschäften eigenthümlich,

erst bei Erörterung dieser zur Sprache gebracht werden,

oder sie haben eine allgemeinere Natur,

sie

vermöge welcher

allen oder vielen Schuldklagen entgegengesetzt zu werden.

geeignet

sind,

Dabei ist weiter

zu unterscheiden, ob sie stets nur als Einreden zu gebrauchen oder ob sie auch selbständige Klagerechte

Von letzteren haben

sind.

Obligation wieder

verhindern,

theils

solche,

die

welche

die bisherigen Unter­

welche die Entstehung der

suchungen schon mehrere vorgeführt, theils solche,

Obligation

entstandene

Dahin gehören- die - Einreden,- durch - welche man die

vernichten.

Aufhebung eines Schuldverhältnisses erstrebt oder ein solches in seiner Rechts­ giltigkeit oder in seinen Wirkungen anficht oder eine Aenderung der Leistungs­ pflicht behauptet.

der Zahlung

Nur eine Einrede

entsteht aus

aus der

oder Erfüllung,

der Klageverjährung, aus

Gegenrechnung, die das preußische

Recht wie dargelegt nicht auffaßt als die Geltendmachung eines Anspruchs in Form einer Einrede, sondern als die Geltendmachung des Untergangs der

Forderung in Folge des Gegenüberstehens der verschiedenen Ansprüche und des Aufrechnungswillens,

aus der Entsagung,

aus der Stundung, während

die s. g. Neuerung oder Umschaffung (Novation) der älteren Obligation nur eine Einrede,

zwar gegen die Klage aus

zugleich aber auch aus der neuen

Obligation eine Klage erzeugt, und ebenso der Vergleich den Grund zu einer

Klage und einer Einrede giebt. Bestritten ist, Sache die

Einrede des Eigenthums

Meinung stützt sich trages

eine

dern darf,

vorgehenden

ob gegen Vertragsklagen auf Herausgabe einer

Sache inne daß

daß

darauf,

hat,

sich

statthaft fei5)-

derjenige, diesen

der

Grund

die

er zunächst verpflichtet ist,

Obliegenheiten

zu

erfüllen.

So

Depositar dem Verpächter oder Deponenten

auf des aus

Die verneinende

Grund dem

soll also

der

Ver­

eines

nicht

än­

Vertrage

her­

Besitzes

Pächter der

auf die Klage wegen Heraus­

gabe der Sache nicht entgegnen dürfen, daß diese ihm selbst oder einem Dritten eigenthümlich gehöre.

Das letztere ist allerdings nicht zweifelhaft, hier ent­

scheidet schon der Grundsatz, daß aus dem Recht eines Dritten eine Einrede

nicht entnommen werden darf.

Aber nicht ebenso ist Ersteres richtig.

Zwar

kann man sich auf eine Stelle des römischen Rechts berufen, welche geradezu

ausspricht: wer einen Acker pachtweise besessen hat, muß erst den Besitz zurück-t) § 106 zu VI. am Anfang. 5) Weber, Beitr. z. d. Lehre v. gerichtl. Klagen und Einreden. 2. A. 1802. S. 85f. Glück B. 17. S. 497. Besonders Thon in der Zeitschr. f. Civ. R u. Proz. B. 1. S. 470 fg. Ferner Unterholzn er II S. 340. Note b Rechtslexikon VII. S. 784. Sintenis II. S. 651. N. 27. S. 662 N. 103.

746

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

geben, ehe er über das Eigenthum streitet6).

Aber müßte dieser Satz dahin

ausgelegt werden, daß der Pächter, welcher Eigenthümer zu sein behauptet, gegen den zurückfordernden Verpächter sein Eigenthum nicht geltend machen

dürfe, bevor er die Sache zurückgegeben, so würde er gewiß eine merkwürdige Abweichung von der allgemeinen Regel sein: cui daraus actionem, eidem et exceptionem competere multo magis quis dixerit7); 8 9 gilt * * 12doch die Regel,

daß man seine eigene Sache nicht pachten, kaufen, als Depositum oder Pfand

annehmen kann6), daß,

wenn der Pächter die Sache hinterher durch Ver-

mächtniß oder Geschenk erwirbt,

er dem Verpächter wegen des Zinses nicht

mehr verhaftet ist, ja gegen ihn klagen kann; ihn aus der Pachtverbindlichkeit

zu befreien6).

Die Einrede des Eigenthums charakterisirt sich als

Vertragspflichten aufhebende,

eine die

vernichtende, und der Satz, daß sich Niemand

den Grund des Besitzes ändern kann, trifft hier überhaupt nicht zu, well in diesem Fall der bisherige Pächter nicht einseitig und eigenmächtig aus anderem Grunde fortan besitzen will, vielmehr der Grund des Besitzes durch einen be­ sonderen Erwerbsakt geändert worden ist76).

Dies führt dazu, jene wider­

sprechende Vorschrift anders zu erklären: sie kann nicht allgemein dahin verstanden werden, daß der Eigenthümer die Sache zuerst an den Verpächter zurückgeben

muß und dann vindiziren mag.

Sie bezieht sich vielmehr nur auf das Ver­

hältniß des possessorischen und petitorischen Rechtsstreites: gegen die Besitzklage des Verpächters (das Interdikt auf Restitution) soll nicht eine petitorische Ein­

rede gestellt werden77).

Rach preußischem Recht ist es für unzweifelhaft zu

halten, daß die Einrede des Eigenthums gegen die Vertragsklage zulässig ist72). Jede Verbindlichkeit muß nach Treue und Glauben erfüllt und sie darf

nur nach Treue und Glauben,

nicht in mißbräuchlicher Benutzung irgend

welcher formellen Vortheile geltend gemacht werden.

tritt die exceptio doli generalis gegenüber.

Einem solchen Streben

Auf die Bedeutung derselben und

auf die ihr nach preußischem Recht in den positiven Bestimmungen über die Form der Verträge gesetzten Grenzen (§. 31) hingewiesen.

ist bereits in der Lehre vom Betrug

Als ein Anwendungsfall derselben

erscheint das Recht

der Zurückhaltung, das indessen einer, näheren Erörterung bedarf. 1. 25. C. IV. 65. 1. 1. §. 4. D. XLIII. 18. 1. 45. D. de R. J. I. 20. 23. C. IV. 65. I. 9. §. 6. 1. 10. D. XIX. 2. Es ist auch überhaupt zweifelhaft, ob dieser Satz nicht bloß auf die Usucapion Be­ zug hat. Thon a. a. O. S. 473 (1. 1 D. XLIV. 1.). Daß er hier nicht Anwen­ dung findet, folgt aus 1. 23. C. IV. 65. n) Thon a. a. O. S. 476f. beschränkt die I. 25. C. IV. 65. auf den Fall, wo der Pächter nach Abschluß des Vertrags das Eigenthum von einem Dritten erworben und vom Verpächter auf Restitution belangt wird. Sintenis II. S. 651. Note 27. findet darin ausgedrückt, daß, wenn der Pächter die Sache dem Ver­ pächter zurückgiebt, dadurch seine Eigenthumsklage nicht präjudizirt werden soll. Auf den Gegensatz von Possessorium und Petitorium führen das Gesetz zurück: Puchta, Pand. §. 366. und der Verf. des Aufsatzes im Rechtslexikon. B. 7. S. 785. Auf den Gegensatz von Liquidität und Illiquidität geht Glück zurück (B. 17. S. 497). 12) Vergl. insbes. §. 76. I. 14. A.L.R. Koch, R. d. F. III. 441.

6) 7) 8) 9) 10)

§. 110, Die Einrede der Zurückbehaltung.

§. 110.

747

Die Einrede der Zurückbehaltung.

A.L.R. I. 20. §. 536-567. Bornemann I. S. 274. v. Daniels IV. S. 184. Koch, Pr. R. I. S. 383. R. d. F. I. S. 666. Dernburg I. §§. 362ff. — Hälschner, das Ret.R. in Kamptz, Jahrb. B. 20 S. 177. Ziebarth, Realexekution U. Oblig. 1866. S. 310. — G. L. Böhmer, de jure retent. ejusque effectu. 1774 Faselius, Versuch einer Wem. Darstellung der Lehre v. R. R. 2. A. 1793. Glück B. 15. S. 114f. Schenk, die Lehre v. R. R. nach gem. R. 1837. Luden, das Ret.R., eine civil. Abh. 1839. Cramer, Bemerk, über das R.R. im Arch. f. civil. Praxis B. 37 S. 305. 415 (1854). Lenz, Art. R.R. tut Rechtslexikon B. 9 S. 377 1855. Zaun, Beitr. z. L. v. R. R. im Arch. f. prakt. R.W. B. 4 S. 369. 1857. Großkopf, z. L. v. R. R. 1858. Wind­ scheid in der krit. Vierteljahr. B. 1 S. 127. Wolff in Busch, Arch. f. Han­ delsrecht B. 3 S. 251. 1864. Frank, das R. R. des Spediteurs, in Siebenhaar, Arch. für deutsches Wechsel- und Handelsrecht B. 13 S. 226. 1864. Harder im civil. Arch B. 51 S. 110 Goldschmidt, Handelsrecht I. 962f. Langfeld. Die Lehre vom Retentionsrecht nach gem. R. — Unterholzner I. S. 374. Savigny Besitz 6. A. S. 19. §. 3. Jetzt 7. A. 1865. S. 38. Arndts S. 143. 144 Anm. 3. Sintenis II. S. 166. Seuffert I. S. 131. Keller S. 184. Man hat sich noch nicht darüber geeinigt, welche Bedeutung die Zurück­

behaltung (rietentio)!) im Rechtssystem

hat sich mit dieser Frage beschäftigt.

habe.

Eine umfangreiche Literatur

Seit Savigny wird sie jetzt zwar all­

gemein als eine „Anwendung" der Einrede der Arglist (exc. doli) aufgefaßt.

Dies entscheidet aber nur, wie sie prozessualisch geltend gemacht werden sonn2).

Die Schwierigkeit, sie als ein Rechtsinstitut mit bestimmten Voraussetzungen

seiner Anwendbarkeit zu konstruiren2), hat einen neueren Schriftsteller^) dahin -------------------(Rote 4 auf S. 478.) 1) Retinere bedeutet Zurück behalten und Behalten. Detentatio in den Quellen für Zurückhaltung. Ueber den Sprachgebrauch s. Schenk S 34. Note 3. 4. Lenz S. 378 Note 3. Sintenis II. S. 166 Note 75. 2) Windscheid a. a. O. S. 127. Großkopff S. 11 f. 3) Sehr verschiedene Definitionen sind aufgestellt worden. Höpfner §. 283: „Man versteht darunter das Recht, eine Sache, die dem Andern gehört, oder die ich ihm zu geben schuldig bin, und die ich besitze, so lange in memem Besitz zu behalten, bis mir der Andere leistet, was er mir schuldig ist." Faselius S. 20: die Befugniß, im Besitz einer Sache so lange zu bleiben, bis eine Schuld, deren entweder derjenige, der diese Sache von mir fordert, oder ein Dritter sich gegen mich zu ent­ ledigen hat, getilgt worden ist. So wurde das R. R. aufgefaßt zur Zeit der Redaktion des A.L.R. Schenk definirt es (S 36) als das „Recht, die rechtmäßig in Besitz bekommene, einem Andern gehörige Sache so lange an sich zu behalten, bis eine Forderung des Besitzers der Sache, welche entweder gleich ursprünglich mit der Sache in Verbindung gestanden hat, oder nach gesetzlicher Vorschrift oder in Folge Vertrags mit ihr in Verbindung gebracht worden, befriedigt wurde." Lenz: „das Recht des Inhabers, eine Sache, die er an sich herauszugeben schuldig wäre, bis zur Befriedigung eigener Ansprüche, dem die Herausgabe derselben Fordernden vorzuenthalten." — Die Schriftsteller über preuß. Recht halten sich zwar an die landrechtliche Definition, weichen aber ebenfalls in der Auffassung der Natur des Rechts sehr von einander ab. Hälschner S. 178f. erklärt es für ein Recht des Besitzes, Bornemann bestreitet seine dingliche Eigenschaft (S. 276f.), Koch erklärt es für eine Art Selbsthilfe in Form der Vertheidigung, auf dem Grundsatz beruhend, daß bei wechselseitigen Verbindlichkeiten kein Theil von dem andern Erfüllung for-

748

Die besonderen Privatrechte.

Zweites Buch.

gebracht, sie zu einem Nichtrecht zu verflüchtigen.

Sie soll nichts weiter sein

als der thatsächliche Schutz desien, der eine Sache herauszugeben verpflichtet ist, in welcher ein ihm gehöriger Vermögenswerth steckt.

Alle Bedingungen, alle anderen

die bisher das positive Recht für ihre Ausübung festgehalten,

werden von ihm verworfen:

Fälle, in denen sie gestattet worden,

weder sei

nöthig, daß der Zurückhaltende sich dadurch eine Forderung sichere, daß zwischen

einer solchen Forderung und der zurückgehaltenen Sache eine Beziehung bestehe,

noch auch selbst, daß der Zurückbehaltende die Sache in rechtlicher Weise in seinen Gewahrsam bekommen. Diese Theorie, der jedenfalls auch nach gemeinem

Recht

das entgegensteht,

daß sie unerklärt läßt,

wie ein thatsächliches Ver­

halten, ohne daß es ein Recht ist, als Recht anerkannt, und durch eine Ein­ rede geschützt sein kann8), ist für das preußische Recht jedenfalls unverwendbar. Das A.L.R. definirt: das Zurückbehaltungsrecht besteht in der Befugniß

des Inhabers einer fremden Sache, selbige so lange in seiner Gewahr­ sam zu behalten, bis er wegen seiner Gegenforderung befriedigt worden8).

Daraus ergiebt sich im Allgemeinen: das Zurückbehaltungsrecht ist eine Vertheidigungsbefugniß', aber dieser Vertheidigungsbefugniß liegt eine Forderung zu Grunde,

Tilgung

auf deren

jenes

Vertheidigungsmittel

einwirken

Danach wird mit dem Retentionsrecht jedesmal eine Forderung

soll.

gellend ge­

macht, aber nicht so, daß ihre Erfüllung gefordert würde, sondern so, daß das Recht des Schuldners auf den tionsberechtigten

nicht

Besitz einer ihm gehörigen und dem Reten-

geschuldeten

Sache

geschmälert wird.

Die

Voraus­

setzungen des Retentionsrechts sind hiernach die folgenden:

a. Zurückbehalten kann der Inhaber; Besitz im technischen Sinn ist nicht

erfordert").

Aber

„der

Besitz"

soll

redlicher Weise erworben fein8).

Das bedeutet nach der Auffassung der Redaktoren: die Zurückbehaltung kann

derjenige ausüben, dessen redlich erworbener aber unvollkommener Besitz wieder aufgehört, und der von diesem Augenblick, weil er die besessene Sache zu­ rückgeben

4)

5)

r>) ')

s) 9)

soll, Inhaber

geworden8).

Diese Auffassung ist jedoch

zu

enge.

dern kann, ohne selbst zur Leistung bereit zu sein. (Auch schon Glück B. 15. S. 122 faßt das R. R. als eine Art Selbsthilfe auf). Dagegen sagt Lenz S. 382: diese Begründung ist durchaus nicht haltbar, da der Retinent sich weder in den Be­ sitz einer Sache setzt, noch sich Rechte auf sie anmaßt, namentlich nicht sich aus ihr befriedigen will. Vergl. Wächter, würtemb. Priv.R. II S. 404. 405. Großkopff in der citirten Schrift. Vergl. Seuffert B. 23 Nr. 8. Auch nach Dernbürg a. a. O. Anm. 2 erhält das Retentionsrecht nur „einen faktischen Zu­ stand", aber wie bei Anm. 3 hinzugefügt wird, auf Grund einer Befugniß eine schuldige Leistung zu unterlassen. Darauf hat Sintenis gegen Großkopff aufmerksam gemacht. II. S. 168 Note 75. Spalte 1. a. E. §. 536. d. T. Es genügt, daß man Dritte, namentlich den zurückfordernden Schuldner von jeder Einwirkung auf die Sache ausschließen kann. Schenk S. 76. Lenz S. 384. Koch, Note des Komment, zu §. 536. d. T Ueber das Retentionsrecht des In­ habers gegen den Besitzer s Strieth. B. 42 S. 222. §. 537. d. T. Koch, Komm. Note. Also z. B. das Ret. R. des Pächters nach Beendigung des Pachtverhältnisses, I. 21. §. 396. — In der gemeinrechtlichen Theorie spricht man auch von einem s. g. qualifizirten Ret.R. Glück B. 15. 120. bezeichnet damit

749

§. 110. Die Einrede der Zurückbehaltung.

weil auch dann retinirt werden darf, wenn gleich von Anfang nur ein Ge­

wahrsam entstand,

z. B. bei der Verwahrung").

Man ist

daher befugt,

den Rechtssatz dahin zu formuliren: zurückhallen darf derjenige, der eine Sache,

die er zurückgeben soll, redlicher Weise in seinem Gewahrsam hat"). licher Besitz schließt das Zurückbehaltungsrecht aus").

Unred­

Der Besitzer, dem der

Gewahrsam fehlt, ist zur Ausübung des Rechts ungeeignet"). b.

Nur Sachen,

und

zwar fremde,

können zurückgehalten werden.

An diesen Satz knüpft sich die Streitfrage, ob nur körperliche Sachen reti-

nirt werden können, oder auch Rechte, insbesondere aber, ob Handlungen oder Leistungen, zu denen man dinglich oder persönlich verpflichtet, der Gegner also

berechtigt ist, als Gegenstand einer Zurückhaltung angesehen werden können"). Es läßt sich nicht verkennen, daß die Praxis mit dem Ausdruck Zurückbe­

halten oft nachlässig umgeht, ihn mehr in der Bedeutung, die er im gewöhn­

lichen Leben hat, anwendet, und darüber seinen iunstisch technischen Sinn über­ sieht, daß sie das Nichtigsten einer Handlung, das Nichtzahlen einer Schuld,

das Nichtübergeben einer Sache, pflichtet ist,

zu deren Uebergabe man persönlich

wenn dieses Unterlassen geschieht, um

ver­

sich die Erfüllung einer

Gegenforderung zu sichern, als Ausübung des Zurückbehaltungsrecht bezeichnet — natürlich nur in figürlicher Uebertragung.

Jedenfalls läßt sich diese Bezeichnung

wissenschaftlich in keiner Weise rechtfertigen.

leisten,

io) n) 12)

iS) 14)

Man kann sich enthalten, zu

aber die Leistung kann nicht zurückgehallen werden, denn sie existirt

dasjenige, was „mit einem anderen dinglichen Recht verbunden ist". Das dingliche Recht könne ein Pfandrecht sein, wie bei dem Vermiether, ein Eigenthumsrecht, wie bei bem Verkäufer an der Sacke bei noch nicht gezahltem Preise, ein Erbrecht, wie bei dem Erben wegen der Quart. Schenk S. 166. definirt das qualifiz. Ret.R. ebenso wie Glück, und bringt darunter noch als besonderen Fall das R. des Pfand­ gläubigers, nach Befriedigung seiner Pfandforderung wegen anderer Forderungen zu retiniren, aus der vielbesprochenen 1. un. C VIII. 27. Sintenis Civ.R. I. S. 622 nennt letzteren Fall allein qualifizirt. Koch, R. d. F. erste A. I. S 628 ebenso, aber in der 2. A. I. S. 667 definirt er es wie Glück. Der ganze Begriff ist zu verwerfen, denn wenn es darin bestehen soll, daß es mit einem dinglichen Recht verbunden, ist, so wird die Ausübung des letzteren zu einem selbständigen Recht gemacht. Koch, R. d. F. A. I. S. 667. Schenk a. a. O. Was aber das sich fortsetzende Ret R. des Pfandgläubigers betrifft (aus der I. un.), so ist es wenigstens im preuß. R. geradezu beseitigt. I. 20. §. 171. — Das österr. Ges.B. §. 471. verwirft das Ret.R. überhaupt; das sächs. §. 767. definirt es ähnlich, wie das A.L.R. A.L.R. I. 14. §. 77. Der Retinent muß auch rechtmäßig in den Besitz der Sache gelangt sein. Strieth. B. 57 S. 272 (nach gemeinem R). §. 538. d. T. Sächs. G.B. §. 769. Auch nach gemeinem R., denn die Unredlichkeit des Retinenten kann nicht durch eine exc. doli geschützt werden. Lenz S. 385. Bestritten von Großkopff S. 86. Glück B. 15 S. 119. Lenz S. 384. Vergl. die Ergänzungen z. §. 536. d. T Koch, Komment. Note zu §. 542. Bor­ nemann a. a. O. S. 274 geh! auf die Frage gar nicht ein. Die Retention an unkörperlichen Rechtsobjekten bestreiten Hälschner a. a. O., die Gesetzrevisoren, die jedoch ausführen, daß in §. 542. d. T. ein solches an Forderungen enthalten sei, Rönne in der A. von Klem's System B. 1 S 560. Für gemeines Recht spricht gegen die Retention unkörperlicher Sachen 1. 36. D. XXXVI. 1. Glück B. 15. S. 112. Lenz S. 386. Sintenis, Pfandrecht S. 22. — Faselius §. 2.

750

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

vor ihrer Vornahme überhaupt noch

nicht,

es

fehlt am Objekt, an der res

retinenda15 * *).* * Das * * * * Leisten kann nur gefordert, nicht wieder gefordert werden, und grade das Wiederfordern, das Zurückfordern ist die charakteristische Vor­

aussetzung für das Zurückbehalten16). Netinenten ein Werth

sein,

gegeben

Auch soll in dem Zurückbehalten dem der ihm für seine Gegenforderung eine

Sicherheit gewährt, der in seinem Vermögen sich befindet, ohne ihm eigentlich

anzugehören,

daß

für ihn kein solcher Werth").

bloße Nichtleisten ist aber

Selbst wo die Uebergabe einer verschuldeten Sache verweigert wird, kannvon Zurück­ behalten nicht gesprochen werden, weil diese Verweigerung nicht eine Vertheidi­

gung gegen die Restitution

einer fremden Sache ist;

vor der Uebergabe ist

die Sache noch die eigene des angeblichen Retinenten.

Eine solche Weigerung

ist

nur ein Nichterfüllen

Sache").

einer

persönlichen

Verbindlichkeit mit der eignen

Deshalb läßt sich endlich das Retentionsrecht auch nicht mit dem

Grundsatz in Verbindung

bringen,

daß bei

gegenseitigen Verträgen die Er­

füllung bis zur Gegenerfüllung unterbleiben soll (s. g. exceptio non impleti contractus).

Auch

hier handelt

mied er geforderten Sache. mein, daß

es

sich nicht

um

ein Zurückgeben einer

Beide Sätze haben allerdings das miteinander ge­

auch die Verweigerung der Vertragserfüllung bis

zur Gegener­

füllung als eine „Anwendung" der exceptio doli generalis aufgefaßt werden kann, bei der Allgemeinheit der Natur der letzteren aber ist damit eine Charakterisirung des Individuellen nicht gewonnen").

Aber es fragt sich,

ob

nicht einzelne Stellen des A.L.R. dieser Auf-

faffung entgegenstehen und dennoch

eine Retention an Schuldverpflichtungen

oder anderen unkörperlichen Rechtsobjekten zulassen.

15) 16)

17) iS) i»)

Zwar die Definition des

Schenk §. 22. 27. (vgl. §. 33) und Puchta Vorles. I. §. 94. lassen Retention in den Fällen der quasi possessio zu. Daß auch Schuldverpflichtungen retinirt werden könnten, wird bei gemeinrechtlichen Schriftstellern nicht behauptet. Bei Seuffert B. 6. Nr. 290. wird ein engeres und ein weiteres Ret.R. unterschieden, ersteres nur bei körperlichen Sachen, letzteres von so allgemeiner Anwendung, als die exe. doli gen. (Hier handelt es sich um Erbzinsen, also einen Gegenstand der quasi possessio.) Kassel bei Heuser, Annalen IV. 305. läßt Retention einer Schuld zu. Vergl. noch daselbst VI. 178. Hälschner S. 187f. Dies ergießt sich aus den Ausdrücken: den Besitz wieder zu räumen, §. 537., in die Hände des Besitzers gekommen, ß. 539., Rückgabe 8-540., die Sache wieder­ fordernder Schuldner, 8- 545. d. T. Daß nur an das Zurückbehalten einer körperlichen Sache in 8« 83. I. 13. zu denken, ist wohl nicht zu bezweifeln. Ein wirkliches Retentionsrecht hat auch der gutgläubige Besitzer gegen den Vindikanten aus 8- 26. I. 15. Hälschner a. a. O. Lenz S. 387. Sintenis, Civ.R. II. S. 169 Note 76. Ueber §. 271. I. 5. s. oben S. 547. Es kann daher Koch, der das Ret.R. auf den in 8- 271 ausgedrückten Grundsatz stellt, nicht beigestimmt werden. S. noch Schenk S. 112 f. 8- 33. — Bei Strieth. B. 45 S. 305 ist richtig entschieden, daß die Vorschriften über das Ret.R. nur da zur Geltung komttten, wo ein spezieller Ver­ trag, der zur Zurückhaltung berechtigt, nicht vorhanden ist; und in Entsch. B. 70 S. 180 ist für den Fall, daß der Verpächter die Vorleistung für die Zukunft ver­ weigert, die Zulässigkeit der Zurückhaltung des Pachtzinses eines vergangenen Jahres, in welchem die Vorleistung stattgefunden hat, verneint.

§. 110.

Die Einrede der Zurückbehaltung.

Retentionsrechts widerspricht,

751

wenigstens was persönliche Verpflichtungen be­

trifft, dem geradezu; — aber bei anderen Stellen scheint cs in der That, daß

sie die hier verworfene Ansicht billigen.

Zunächst heißt es: „unter vorstehenden

Erfordernissen (§§. 539. 540. 541) kann auch der Inhaber einer Kapitals­

summe wegen einer an den Eigenthümer derselben ihm zustehenden Gegen­ forderung, selbst alsdann, wenn ihm sonst das Kompensationsrecht nicht zu­

stehen würde, das Zurückbehaltungsrecht ausüben"2"). Kapitalssumme kann also zurückgehalten werden.

Eine wiedergeforderte

Koch identifizirt den Begriff

Kapitalssumme mit dem Begriff Kapitalsschuld und folgert daraus, daß das A.L.R. die Retention von Schuldverpflichtungen zuläßt.

Das kann ihm aber

ohne Weiteres nicht zugegeben werden, denn offenbar haben sich die Redaktoren

und zwar eine körperliche Sache gedacht, die

hier unter Kapital eine Sache,

greifbare Summe von Geldstücken

oder von Geldpapieren, und

Auffassung auch gewiß nicht ohne Unklarheit gewesen ist, so daran eine gewisse Stütze, nicht die Forderung

daß man im

oder die Schuld,

wenn diese

hat sie doch

gewöhnlichen Leben unter Kapital

sondern die konkrete,

durch nutzbare

Anlegung festgemachte, gewissermaßen individualisirte Summe Geldes versteht. Man beachte insbesondere die Worte: Inhaber einer Kapitalssumme.

Kann

man wohl sagen, daß der Schuldner der Inhaber der Schuld sei? Aber man kann sagen, daß er der Inhaber einer Summe sei.

Will man aber auch in

dieser Stelle eine figürliche Anwendung der Retention auf eine Kapitalsschuld erblicken, so kann doch in keinem Fall aus ihr der

werden,

daß jede

Schuld, jede

obligatorische

allgemeine Satz gezogen

Verpflichtung

zurückbehalten

werden kann, mindestens muß die Verpflichtung in einem Zurückgeben be­

stehen, der Gegner muß wiederfordern.

Es heißt ferner: der Pächter hat

ein Zurückbehaltungsrecht an der gepachteten Sache, aber „der Miether kann

ein solches Zurückbehaltungsrecht nicht auf die Sache selbst, sondern nur auf den Zins

des

letzten Termins

ausüben"2t).

Aber auch dieser Ausspruch

beweist nicht die Möglichkeit und Zulässigkeit einer Retention an der Zins­

schuld, denn es leuchtet wohl ein, daß der §. nur ungenau gefaßt ist. Sinn ist offenbar:

Der

der Miether darf nicht die gemiethete Sache zurückhalten,

aber er darf statt dessen die Zahlung des Zinses verweigern, und dies heißt nichts weiter,

als

er darf die Gegenleistung vorenthalten.

Auslegung keine gezwungene,

Gewiß ist diese

und dann muß man sie annehmen,

weil die

entgegengesetzte, die nur das Wort preßt, zu einer Widernatürlichkeit, zu einer

Unklarheit hinführt, die selbst dann die Wissenschaft zu berichtigen berufen ist,

wenn der Wortlaut des Gesetzes ihr scheinbar verfallen ist.

Und so wird es

auch keinem Zweifel unterliegen, daß das Zurückhallen in §. 222. I. 11 nicht

den technischen Sinn

des Retentionsrechts

hat,

sondern —

wie so oft im

A.L.R. — ein ungenauer, dem täglichen Leben entlehnter Sprachgebrauch ist,

752

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

zumal hier nicht einmal der Kaufpreis wirklich

zurückgehalten wird,

sondern

gerichtlich niedergelegt, d. h. in einer besonderen Weise gezahlt werden muß. Ebenso wenig aber, wie persönliche Schuldverpflichtungen, können an­ dere unkörperliche Rechtsobjekte, dingliche Rechte auf eine fremde Sache, Ser­

Der Revisor des A.L.R. bemerkt22) bei affir­

vituten zurückgehalten werden.

(quae in faciendo und quae in non fa-

mativen und Untersagungsrechten ciendo consistunt)

denken;

lasse sich eine Zurückhaltung des Rechts überhaupt nicht

bei ■ negativen Rechten (quae in patiendo consistunt) verhalte es

sich aber anders, weil die Ausübung dieser Rechte mit dem Besitz einer Sache

verbunden sei.

gemeinrechtlichen Theorie ist

in der

Auch

das Retentions­

recht auf solche Servituten vertheidigt worden wegen der certa et continua possessio,

die bei ihnen an der fremden Sache oder an den Vorrichtungen

stattfindet23).24 25 Das

werden kann,

beruht aber auf einer Täuschung.

Was zurückbehalten

ist auch hier nicht das unkörperliche Recht, sondern die körper­

liche Sache, die für dessen Ausübung die Voraussetzung ist. Der Begriff der Frage

entstehen,

ob

fremden Sache

als

Retentionsobjekt läßt noch die

die Sache die eigene des Retentionsgegners sein muß,

oder ob sie auch die eines Dritten sein kann.

Unter der Voraussetzung, daß

die Forderung, die sich der Retinent sichern will, sich auf diese Sache bezieht, kann es nicht darauf ankommen,

ob

Dritten gehört; wesentlich ist nur,

tinenten zurückzufordern.

sie

Retentionsgegner

dem

oder

einem

daß Ersterer ein Recht hat, sie vom Re-

Dies ist der Sinn der Worte, daß die Sache eine

res alteri (dem Retentionsgegner) debita sein müsse"), und dem widerspricht

nicht der Grundsatz des A.L.R.: gegen einen Dritten kann in der Regel das Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeübt werden, wenn

dieser Dritte

befugt ist,

die Räumung des Besitzes zu verlangen23), denn hier ist die Wiedergabe der Sache dem Dritten, nicht dem Retentionsgegner geschuldet. c.

So lange wird die

fremde Sache zurückgehalten, bis der Retinent

wegen seiner Gegenforderung

befriedigt ist.

Es versteht

sich von selbst,

daß der Ausdruck Gegenforderung nicht einen Zusammenhang der Retention mit der Kompensation andeuten soll.

wer die Retention auch

Beide

sind

gänzlich verschieden.

bei Schuldverpflichtungen zulassen will,

Scheidung beider Rechtsinstitute.

Nur

verliert die

Bei der Kompensation wird Forderung mit

Forderung bezahlt, die Retention soll nur sichern.

Erstere setzt Gleichar­

tigkeit beider Forderungen voraus, letztere nicht, ja meist wird bei ihr Un­ gleichartigkeit stattftnden



von der einen Seite eine Forderung auf Geld

(genus), von der andern ein Anspruch auf Zurückgabe einer Sache (species)26). 22) Ergänzungen zu §. 542. d. T. 23) S. oben Note 13. (Faselius, Schenk, Puchta), dazu noch Solzschuher, 3. A. von Kuntze I. S. 125. 24) S. Holzschuher a. a. O. S. 125. a. E. f. 25) §. 546. d. T. Veröl, unten Note 33. 26) Trotz der augenscheinlichen Verschiedenheit hat man doch früher beide Rechtsinstitute in Vergleichung gesetzt. Glück B. 15 S. 144fg. polemisirt dagegen. Schenk §§. 6—10. Ist mit der Kompensation ein Retentionsrecht verbunden, so ist es, wie

§. 110. Die Einrede der Zurückbehaltung.

Der Zurückhaltende muß eine Forderung haben,

und

753 diese Forderung

muß „in Ansehung der Sache selbst oder aus dem Geschäft, vermöge dessen dieselbe in die Hände des Besitzers gekommen, entstanden sein"21). Dies ist das

Erforderniß der Konnexität, welches zu so viel Streit Veranlassung gegeben hat.

Die Streitigkeiten beziehen sich hauptsächlich darauf, daß man die im positiven Recht vorkommenden Fälle des Zusammenhangs auf bestimmte Kategorien hat zurückführen wollen, bei denen von der

einen Seite behauptet wird, daß sie

nicht erschöpfend, von der anderen, daß sie mit nicht hierher gehörigen Fällen

überladen feien28).

Das A.L.R.

stellt

keine

Kategorien auf,

und das mag

um so mehr anerkannt werden, als es sonst der Neigung zu kasuistischer Voll-

ständigkeit sehr

oft verfallen ist.

Zn

der

That muß die

Aufstellung von

Kategorien ganz aufgegeben werden, sie ist durchaus unnöthig: es genügt für

die Beurtheilung des einzelnen Falls die allgemeine Regel, daß durch die Reten­ tion eine Forderung gesichert werden soll, die aus dem Geschäft, durch welches

die Sache erlangt worden, entstanden ist29).

oder in Beziehung auf die zurückzugebende Sache

Die Forderung soll eine Gegenforderung gegen die Restitu-

tionsforderung sein, sie muß also dem Retinenten gegen den Retentionsgegner

zustehen, und dieser muß ein „wiederfordernder Schuldner"30) sein. Deshalb darf

gegen einen Dritten nicht zurückbehalten werden, des Besitzes verlangen kann,

wenn dieser die Räumung

d. h. wenn nicht er für die zu sichernde Forde­

rung aufzukommen hat.

Hiervon eine Ausnahme: wenn die Forderung entstanden ist aus einer zum Nutzen der Sache geschehenen Verwendung,

vorenthalten werden,

pfangen würde3').

der

so

mit ihr den Vortheil

Aber diese Ausnahme ist

dung erzeugt einen Anspruch auf Ersatz, ist, kann Retention stattfinden32):

und

kann die

Sache Jedem

aus der Verwendung em­

eine scheinbare.

Die Verwen­

nur wo ein solcher begründet

ersatzpflichtig ist aber Jeder, der die Sache

zurückfordert, und mit ihr die Bereicherung erhalten würde, das Zurückgeben der Sache und das Ersatzleisten

sind Leistungen Zug um Zug auf Grund

Schenk §. 10. ausführt, nicht eine retentio jure retentionis, sondern eine retentio jure compensationis. S. auch über die Verschiedenheiten beider Dernburg, die Komp, nach röm. R. S. 93. 422. 27) §§. 539. 543. d. T. 28) Vergl. hierüber besonders Grotzkopff, der freilich die Konnexität ganz leugnet, und Sintenis II. S. 167 Note 75 Spalte 2. Seuffert B. 24. Nr. 105. 29) Beispiele von Konnexität: Strieth. B. 9 S. 281, B. 10 S. 190, B. 43 S. 357. so) §. 545. d. T. Seuffert B. 6 Nr. 290. Die Retentionseinrede kann einer Klage auf bloße Vorlegung einer Urkunde nicht entgegengesetzt werden, weil keine Zurück­ forderung erfolgt. Seuffert B. 11 Nr. 150. 31) §§. 546. 547. d. T. Vergl. Arnsb. jurist. Monatschr. I. S. 538. 32) Nur der redliche Besitzer (Inhaber) hat Anspruch auf Ersatz, der befriedigt werden muß bei Herausgabe der Sache. Der malae fidei possessor hat den Anspruch nicht, er hat nur das jus tollendi, soweit der frühere Zustand wieder hergestellt werden kann. A.L.R. I. 7. §§. 204f. 212f. 238. Nothwendige Verwendungen müssen zwar auch dem unredlichen Besitzer erstattet werden, I. 7. §. 236., aber er darf des­ halb nicht retiniren. §. 538. I. 20. Ebenso nach gemeinem Recht: 1. 5. C. 111. 32. 1. 38 D. V. 3. 1. 25. D. XX. 1. Schenk S. 90f. Lenz S. 386 Note 30. Förster (Ec cius), Preuß. Privatrecht. I. 5. Aufl. 4tz

Zweites Buch.

754

Die Grundbegriffe.

nützlicher Verwendung oder austragloser Geschäftsführung. Der zurückfordernde

Dritte ist kein Dritter, sondern der rechte Schuldner für diese Ersatzforderung33).34 35 Die Verwendung nmß noch wirklich vorhanden fein,

auf

den

übergehen,

Zurückfordernden

und

nur

würde — auf die Höhe des entsprechenden Werthes

also wirklich als Werth so



weit

sie

übergehen

darf zurückgehallen

werden^). Die Forderung nmß ferner zur Zeit, wo die Sache zurückgegeben werden soll, fällig3^ sein.

ein Zurückbehalten nicht,

ist stärker.

und

Bedingte das

betagte Forderungen rechtfertigen daher

unbedingte und unbetagte Rückforderungsrecht

Der Anspruch sollte auch wenigstens soweit bescheinigt sein als nach

den Gesetzen zur Anlegung

eines Arrestes

erforderlich ist36).37 Im gemeinen

Recht wird das hier ebenfalls betonte Erforderniß der Liquidität als prozessua­ lisches Erforderniß angesehen,

das

im

ordentlichen Prozeß

wegfällt31).

fragt sich, was bedeutet die Bestimmung des preußischen Rechts? eine

bloße

Bescheinigung

einer

bestrittenen

Forderung

Es

Soll etwa

den Inhaber

einer

33) Koch, Komm, macht zu §. 547. d. T. die Bemerkung: dies ist nicht mehr Wirkung des Zurückbehaltungsrechts, es ist die eigenthümliche Wirkung eines dinglichen Rechts." Der Anspruch auf Ersatz der Verwendungen ist aber nicht ein dingliches Recht, sondern obligatorisch. Auch giebt die Pr. Konk.Ord. §. 33. Nr. 10. ebenso Reichs K.O. §. 41 Nr. 7. „diesem dinglichen Rechte" nicht den „Namen" des Pfand­ rechts, sondern giebt dem Retinenten wegen Verwendungen nur die „gleichen Rechte" mit den Faustpfandgläubigern, d. h. auf abgesonderte Befriedigung aus der Sache. Dies ist freilich nicht Wirkung des Retent.R., da dies nicht auf Befriedigung aus der Sache geht; die positive Vorschrift ist aus dem alten gemeinrechtlichen Pfandrecht bei der versio in rem hervorgegangen. — Ueber den Begriff des D ritten ist Meinungs­ verschiedenheit. Koch (Note zu tz. 546) sagt: ein Dritter ist hier Jeder, welcher nicht an Stelle desjenigen, gegen den das Retentionsrecht ausgeübt werden kann, in eben dass elbe obligatorischeVerhältniß eintritt. Koch scheint hiernach unter dem Dritten nicht den Singularsuccessor zu verstehen, d. h. denjenigen, der die Forderung des Retentions­ gegners auf Zurückgabe der Sache erworben hat. Daß gegen den Singularsuccessor das Ret.R. ausgeübt werden kann, ist gewiß (Präj. 2222. Entsch. B. 19 S. 488). Aber dieser ist auch kein eigentlich Dritter; der Begriff desselben geht weiter, man wird auch denjenigen darunter verstehen müssen, der unabhängig vom Retentionsgegner und ohne in dessen Anspruch eingetreten zu sein, eine Forderung auf Herausgabe der Sache hat. Also wie Hälschner a. a. O. S. 233 annimmt, auch den, der eine solche schon früher gehabt, ehe die Sache in die Hände des Retinenten gekommen, oder den, welcher die Herausgabe fordern kann, nachdem das R. des Retentions­ gegners auf die Sache resolvirt ist. Die Auskunft aus den Materialien, die Koch Note zu 8- 546. giebt, ist nicht recht klar. Das Beispiel, das er anführt, paßt nicht. Dem Käufer gegenüber, dem noch nicht übergeben, der also nur einen obli­ gatorischen Anspruch an den Verkäufer auf Uebergabe hat, und der nicht bloß „wahr­ scheinlich" nicht, sondern gewiß noch nicht Eigenthümer geworden, kann der Werk­ meister die Herausgabe der Maschine bis zur Befriedigung seiner Lohnforderung verweigern. Dies fällt aber unter §. 271. I. 5. und ist nicht Ausübung des R. im eigentlichen Sinn. S. oben Note 18. In §. 547. d. T. ist offenbar nur an die versio in rem gedacht, die ohne ein bestehendes Vertragsverhältniß erfolgt ist, und durch sich selbst ein quasi Vertragsverhältniß erzeugt. 34) §§. 548. 550. d. T. 35) §. 540. d. T. Lenz S. 388. 1. 213. pr. de V. 8. 1. 35. D. V. 1. 1. 36. D. XII. 1. 36) §. 541. d. T. Arnsb. jurist. Monatsch. I. 538. Ueber das ganz irrige Reskr. vom 15. Septbr. 1804 s. Koch, Komm. Note 5 zu 8» 541. Daniels a. a. O. hält das Reskr. für giltig und richtig. 37) Glück B. 15 S. 124. Lenz S. 389. Großkopff S. 90.

§. 110. Die Einrede der Zurückbehaltung.

Sache berechtigen,

755

sie demjenigen dauernd vorzuenthalten, der die Forderung

nicht anerkennt, ohne daß dieser Streit endgiltig erledigt zu werden brauchte?

Auch die Bestimmung des

Gewiß nicht.

prozessualische verstanden werden.

aber sie genügt nur,

als eine

„Wenigstens" Bescheinigung ist erforderlich,

wo das Recht den Streit über das Retentionsrecht als

Arrestprozeß behandelt, wie das

Verpächters in §. 55. I. sondern

beim Retentionsrecht des Vermiethers und

44 A.G.O. geschah;

jenes „wenigstens" nicht aus, haft zu machen,

preußischen Rechts muß

muß

— in anderen Fällen reicht

die bestrittene Forderung ist nicht bloß glaub­ bewiesen werden.

Hiernach wird

mit dem

Wegfall der Behandlung jenes Retentionfalls als Arrestsache im neuen Prozeß­ recht die Bestimmung ihre praktische Bedeutung verloren haben; der Retini-

rende wird jetzt im Prozesse seine Forderung stets beweisen müssen38).

ä.

Die Wirkung des

Zurückbehaltungsrechts besteht darin,

Befriedigung einer Forderung gesichert wird. die Befriedigung erhalten,

sondern man

hält in der Sache einen der Forde­

rung entsprechenden Werth so lange zurück,

worden38).

bis man anderweitig

Man darf daher nur soviel zurückhalten als nöthig ist,

Befriedigung

zu

sichern;

daß die

Man will nicht aus der Sache

übersteigt der Werth

befriedigt

um die

der Sache den Betrag der

Forderung und ist jene untheilbar, mithin ein verhältnißmäßiges Zurückbehalten unausführbar,

so soll sie zur gerichtlichen Verwahrung gebracht oder gegen

annehmbare Sicherheitsleistung zurückgegeben roerben40).

Weil die Zurückbe­

haltung Sicherungsmittel für eine Forderung ist, so tritt eine Ähnlichkeit mit dem

Pfandrecht hervor, die auch schon in den römischen Rechtsquellen Ausdruck ge­ sunden hat4'), und offenbar Veranlassung gewesen ist, dasRetentionsrechtimA.L.R.

dem Pfandrecht systematisch anzuschließen.

Dem Zurückbehaltenden sind daher

auch wegen Verwahrung, Verwaltung, Gebrauch der Sache die Pflichten eines

•s) Abweichend will Dernburg (Anm. 8, 13) die Verurtheilung des Beklagten von der Erfüllung des Gegenanspruchs abhängig machen, ohne daß dieser bewiesen zu sein braucht, — wenn er nur glaubhaft gemacht ist. *9) Befriedigt wird der Retinent auch, wenn der Schuldner rechtmäßig deponirt. Strieth. B. 21 S. 230. l0) §§. 552—554. 555. d T. Bergt, dazu in einer speziellen Anwendung Auh. §. 302 zu §. 60. I 44. A.G.O. Faselius §. 8. Frank in Siebenhaar, Archiv für Wechselrecht B. 13 S. 231. Schenk S. 109f. will die Ret. nicht auf den Werth der Forderung beschränken. Der materiell rechtliche Inhalt der Bestimmung des Anh §. 302 zu §. 60. I. 44 A.G.O ist noch jetzt von Bestand. Es wird jetzt durch einstweilige Verfügung zu bestimmen sein, welche Sachen bis zum Austrag des Streits über die Miethszahlung zurückbehalten sind. Vgl. unten §. 136. V 4l) Quasi pignus — loco vel nomine pignons — veluti naturalis pignons vinculum. Vergl. 1. 15. §. 1 D. XLVII. 2. 1. 15. D. XLIX. 15. 1. 5 D. XXXIII. 4. u. a. St. Lenz S. 379 Note 10. Ueber den Unterschied von Pfand- und Retentionsrecht s. Wolff a. a. O S. 258fg. Das D. Hand G.B. Art. 313 bis 316 stellt das kaufmännische Ret.R. dem Pfandrecht gleich und — was seiner Natur widerspricht, — gewährt für dasselbe sogar eine Klage. S. überhaupt hierüber den Aufsatz von Wolff und La band in Goldschmidt's Zeitsch. B. 9 S. 482f. Auch der Spediteur hat nach Art 382 ein Pfandrecht an dem Gute. Frank in Siebenhaar, Archiv für Wechsel- und

48*

756

Zweites Buch.

Pfandiuhabers

auf erlegt42).

Die besonderen Privatrechte.

Er vertritt zwischen

der wesentliche Unterschied

Pfandgläubiger berechtigt ist,

Befriedigung hebt

darin,

Aber

daß der

sich durch das Pfand zu befriedigen, der Reti-

nent seine Befriedigung anderweitig

erwarten mufc43).

Das Retentionsrecht

bis der Zurückhaltende befriedigt worden ist; theil-

bleibt so lange in Kraft, weise

ein Verschulden wie dieser.

beiden Instituten liegt

es

gegen die Restitutionsklage

nicht

auf44).

geschützt").

Es

Eine

wird

durch

selbständige

eine

Klage

Einrede

auf Ein­

räumung des Zurückbehaltungsrechts giebt es nicht46); — aber ist der Inhaber

durch Gewalt oder List des Besitzes entsetzt,

so

hat

er die Besitzklage gegen

den Entsetzenden auf Wiedereinräumung des Besitzes"). e.

Das.Retentionsrecht hört auf, wenn der Gewahrsam aufgegeben

wird, und es

kann nicht erhalten werden durch Protestationen, die man bei

der Zurückgabe der Sache erhebt43).

Fordert das Gericht die Sache ab, so

bleibt das Zurückbehaltungsrecht von Rechtswegen vorbehalten, so lange sich

die Sache oder ihr Werth in gerichtlicher Verwahrung befindet"); soll aber die Sache vom Gericht einem Anderen übergeben werden, so kann der In­

haber

es sich nur durch eine innerhalb acht Tage

Protestation erhalten^).

Ob gegen Bestellung einer Kaution Aufgeben des

Retentionsrechts verlangt werden kann,

42) 43)

44)

45)

46)

47)

48) 49) 50)

gerichtlich anzubringende

ist im gemeinen Recht streitig —

Handelsrecht. B. 14 S. 225 fg. (1864). Die Möglichkeit einer Anfechtung des Retent. durch andere Gläubiger (Art. 30. des preußischen Einführungsgesetzes z. deutsch. Handels.Ges.Buch) unterliegt jetzt den allgemeinen Grundsätzen des Anfechtungsrechts, unten §. 114. 8. 558. d. T. 1. 30. D. XIII. 7. 1. 5. §. 22. D. XXXVI. 4. Bornemann I. S. 277 bei Note 2. Nach Art. 315 des D.H.G.B. befriedigt sich der handelsrechtliche Retinent durch Verkauf der zurückbehaltenen Sache. Ob nach preuß. R. dem Vermiether an den eingebrachten Sachen des Miethers nur ein Reten­ tionsrecht (A.G.O. I. 44. §§. 56 f), oder ein wirkliches Pfandrecht (A.L.R. I. 21. §. 395) zustehe, wird passender in der Lehre von der Miethe und Pacht erörtert. Der Praxis haben die gesetzlichen Bestimmungen manche Schwierigkeiten gemacht. S. Lenz, Studien und Kritiken, 1847. S. 115 fg. §. 557. d. T. Das Ret.R. ist untheilbar. 1. 65. D. XXL 2. 1. 19. D. XX. 1. Ueber die Bedeutung der Worte: „ist die Forderung klar" in §. 557. d. T. siehe Strieth. B. 49 S. 25. Donec pecunia solvatur. I. 26. §. 4. D. XII. 6. 1. 5 pr. v. XXV. 1. tz. 558. d. T. als „Anwendung" der exc. doli gener. Das Urtheil findet, da die Retention nur wegen fälliger Forderungen zulässig ist, am richtigsten in der Weise Ausdruck, daß Kläger nicht zur Zeit abgewresen, sondern Beklagter gegen die ihm zu gewährende Leistung zur Herausgabe verurtheilt wird. Soweit eine materielle Einrede in der Zwangsvollstreckungsinstanz zulässig ist, kann auch die der Ret. Ein­ rede zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gebraucht werden. Strieth. B. 53. S. 148. — L. 5. pr. D. XXV. 1. 1. 26. §. 4. D. XII. 1. 1. 2. pr. D. XIV. 2. Strieth. B. 20 S. 334. Das Retentionsrecht ist für sich selbst kein Entstehungs­ grund von Rechten gegen einen bestimmten Verpflichteten; der Anspruch, Wegendessen man sich der Retention bedient, muß vielmehr mit der ihm eigenen Klage geltend gemacht werden. Das deutsche Hand.Ges.B. giebt dem Retinenten eine Klage. Art. 315 s. oben Note 40. §. 561. d. T. Auch wenn der Entsetzende der Schuldner selbst ist; vgl. I. 20. §. 120. Motive in den Ergänzungen. §§. 559. 560. d. T. §. 562. d. T. §§. 563. 564. d. T.

757

§. 110. Die Einrede der Zurückbehaltung.

wenigstens will man

es

bejahen,

wenn die Forderung noch illiquid ist51).

Zm Allgemeinen müßte aber wohl die Frage verneint werden, weil der Reten­

tionsgegner durch bloße Sicherheitsstellung noch nicht Befriedigung bietet, und nur der freie Wille des Retinenten sich mit dem Minderen der Kaution zufrieden

erklären kann.

Das A.L.R. hat aber die damalige Ansicht beibehalten, daß bei

bestrittener Gegenforderung die Stellung einer Kautiondie Zurückhaltung aufhebt52).

Das A.L.R. schreibt ferner, einen gemeinrechtlichen Streit entscheidend, vor:

„Zst Konkurs über das Vermögen des Schuldners entstanden,

so hört

das Zurückbehaltungsrecht auf und der, welchem selbiges beigewohnt hat, er­ langt dadurch vor anderen Gläubigern keinen Vorzug"53).

das Landrecht,

das Handelsrecht

und jetzt

Indessen hat schon

das Konkursrecht (K.O. §. 41)

gewisse Retentionsrechte — freilich unter selbständiger Bestimmung der Vor­

aussetzungen — den Faustpfandrechten auch hier gleichgestellt und zur abge­ sonderten Befriedigung im Konkursverfahren berechtigt. Nachdem die einzelnen Merkmale des Zurückhaltungsrechts und die Vor­

dargestellt sind,

aussetzungen seiner Ausübung

Obschon

„eigengearteten" Rechts.

dinglichen Rechte

gestellt ist,

dasselbe

ergiebt sich die Natur dieses

im Landrecht mitten unter die

kann es nur ein persönliches (relatives) Recht

sein.

Indem es eine Forderung sichern soll nicht durch die Sache, sondern

burdj

die

Zurückhaltung

der

Sache,

ist

es

ein

Gegenrecht

gegen

den

Anspruch auf Herausgabe der Sache, und da es nur sichern soll, ist es ein unselbständiges, abhängiges Recht.

Es ist ein Mittel, die Forderung indirekt

geltend zu machen, und geht daher mit der Forderung auf den Universal- und

Singularsuccessor über, aber nur, wenn demselben zugleich der Gewahrsam der Sache übertragen ist.

B.

I.

Erfüllungszwang.

Zwangsvollstreckung.

Civilprozeßordnung §§. 644 f. Gesetz betr. die Zwangsvollstreckung und das unbeweg­ liche Vermögen v. 13. Juli 1883. Gesetz betreffend die Zwangsvollstreckung gegen Benestzialerben und das Aufgebot der Nachlaßgläubiger vom 28. März 1879. — Kommentar zur C.P.O. von Wilmowski und Levy, Seuffert, Gaupp, Petersen, Struckmann u. Koch, v. Bülow, Reincke. Kommentar des Jmmobiliarvollstr. Gesetzes b. Krech u. Fischer, Jaeckel, Volkmar, Dorendorf. — Wetzell, System des Civilprozesses §. 50. 51) Glück B. 15 S. 124. Von den 9teiteren s. Voet. Vol. III. XVI. 2. §. 21. Leyser med. sp. 175. m. 3. 4. Pufendorf, observ. II. 130. Die Neueren ver­ neinen. Schenk S. 337fg. §. 90. Holzschuher 3. A. I. S. 133. Aus der Praxis: Seuffert B. 16 Nr. 94. B. 17 Nr. 2. 52) §. 556. d. T. Die Kautionsleistung in §. 555 hat eine besondere Voraussetzung, s») §. 566 d. T., entlehnt aus der älteren Praxis des Obertribunals. S. Stege­ mann Beitr. VII. S. 76. Koch, Recht der Forder. I. S. 666f.

Zweites Buch.

758

Die besonderen Privatrechte,

Die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen.

tz. 111.

Eine Verbindlichkeit würde,

auch nachdem sie

durch Urtheil festgestellt

worden, eine unvollkommene sein, wenn nicht die Rechtsordnung des Staats die Möglichkeit gewährte, sie auch bei mangelndem guten Willen des Schuld­

Das Wesen der Schuldverbindlichkeit, nach welchem

ners in Kraft zu setzen.

der Wille des Schuldners zu

handeln der Herrschaft des Gläubigers unter­

worfen ist,

stellt hierbei vor das Problem,

den Willen

des

Handelnden

wie eine Willenshandlung gegen Dasselbe Problem besteht

herbeizuführen ist.

aber über das Obligationsrecht hinaus, da auch außerhalb desselben jede Verurtheilung zu einer Leistung irgend einer Art sich dahin wirksam zeigt, daß sie

eine Schuldverbindlichkeil des Verurtheilten erzeugt.

Deshalb schließt sich die

Betrachtung der materiellen Beziehungen des Zwangsvollstreckungsrechts dem

Obligationenrecht an. Bereits an anderer Stelle ist davon die Rede gewesen, daß die Ver­

bindlichkeit, eine Willenserklärung abzugeben, vom Gesetze als erfüllt angesehen

wird, sobald dieselbe durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt ist, indem dieses Urtheil die Kraft hat, die Willenserklärung zu ersetzen *).

Zm klebrigen weist

die Civilprozeßordnung den Gläubiger wegen des zu übenden Zwangs an die staatlichen Organe

der Gerichtsgewalt,

und. der Gerichtsvollzieher.

das Gericht als Vollstreckungsgericht

Aber die Thätigkeit solcher Organe ist nicht etwas

für den Begriff der Vollstreckung Wesentliches.

Wie die pignoris capio im

altrömischen Recht als ein vom Gläubiger selbst zu

übendes Zwangsmittel

bestand?), so widerstrebtes auch heute nicht der Idee der Zwangsvollstreckung,

daß dem Gläubiger

selbst Mittel zur Durchsetzung

seines Anspruchs in die

Hand gegeben werden,

gegen deren Anwendung dem Schuldner ein Wider­

stand nicht möglich ist.

Zwar läßt sich bezweifeln, ob die Civilprozeßordnung

hiervon Gebrauch gemacht hat^), jedenfalls ist dies aber im preußischen Gesetz be­

treffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen geschehen, welches

den Gläubiger ermächtigt

auf Grund eines vollstreckbar ausgefertigten Voll-

i) C.P.O. §. 779. Oben §. 56 Sinnt. 5. -) Gai IV. §§. 27-32. s) Der Gläubiger kann sich vom Prozeßgericht nach §. 773. CP.O. ermächtigen lassen, an Stelle des Schuldners eine Handlung, zu welcher dieser verurtheilt ist, vorzu­ nehmen. Er wird dann zur Verwirklichung seines Rechts thätig, aber nur Kraft jener Ermächtigung, nicht Kraft einer ihm selbst gegebenen Machtbefugnis Dagegen muß man in §. 744. C.P.O. eine vom Gesetz in die Hand des Gläubigers mit voll­ streckbarem Schuldtitel gelegte Ermächtigung finden, durch die dort bezeichnete vom Gerichtsvollzieher nur zuzustellende Benachrichtigung eine Forderung mit der Wir­ kung des Arrestpfandes vorläufig zu pfänden. Geht man von dieser Auffassung des §. 744 aus, so muß der vollstreckbare Schuldtitel, (vgl. C.P.O. §. 672) fällig fein. Der außerordentliche Behelf des ß. 744 sollte nur die bereits jetzt rechtlich be­ gründete Vollstreckungspfändung gegen die aus der Weitläufigkeit der Herbeiführung des Beschlusses eines entfernten Gerichts zu fürchtende Verzögerung sichern.

§♦ 111. Die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen.

759

streckungstitels durch seinen allein stehenden, der Bewilligung des Schuldners

entbehrenden Antrag die Eintragung einer ihm vollstreckbar zustehenden Geld­ forderung im Grundbuch auf dem Immobiliarbesitz des Schuldners herbeizu­ führens.

Der Grundbuchrichter ist bei diesem Vollstreckungsaft nur als Organ

der freiwilligen Gerichtsbarkeit betheiligt,

nicht als Vollstreckungsrichter.

Zwang gegen den Schuldner liegt darin, daß der unter

Der

solchen Umständen

gestellte Antrag die Eintragsbewilligung des Vollstreckungsschuldners ersetzt. Eine Zwangsvollstreckungsinstanz als

sich von

selbst

an

das Urtheil

anschließende Stadium des einmal begonnenen Prozesses giebt es nicht.

Die

einzelne Zwangsvollstreckungsmaßregel muß vielmehr vom Gläubiger besonders

in Gang gebracht werden.

Nur sofern dies geschehen ist und bis die sich zum

Zwecke der Verwirklichung des Gläubigerrechts entschließende Maßregeln zur

Ausführung gekommen sind, kann Zwangsvollstreckung die Rede fein4 5). vollstreckung

hat nach

von einer schwebenden

anhängigen

oder

Der Anfang und das Ende der Zwangs­

zwei Richtungen hin rechtliche Erheblichkeit.

mal begonnene und noch nicht

zu Ende

Die ein­

geführte Zwangsvollstreckung

durch den Tod des Schuldners nicht unterbrochen5).

wird

Während zum Beginn

einer Vollstreckung gegen den Erben nothwendig ist, daß der Vollstreckungstitel zunächst gegen den Erben vollstreckbar ausgefertigt worden ist,

gonnene Vollstreckung in den Nachlaß fortgesetzt.

wird die be­

Das hat seine gute innere

4) Jmmobilarvollstr.Ges. v. 13. Juli 1883. §. 2 Ziffer 1, §. 6. A. M. Krech und Fischer S. 195, 220, denen weder die petitio prmcipii zugegeben werden kann, daß die Zwangsvollstreckung stets ein Akt der mit der Ausübung der streitigen Civilgerichtsorgane betrauten Staatsorgane sei, welche dem Gläubiger mittels Uebung eines Zwangs gegen den Schuldner behufs Verwirklichung des Schuldtitels Rechtsschutz gewähren; — ein Satz, dem die citirten Gesetze klar widersprechen, — noch der Satz, daß bei erfolgreich durchgeführter Zwangsvollstreckung der C.P.O stets der Inhalt des Schuldtitels verwirklicht werde. Die Pfändung einer Forderung ist er­ folgreich durchgeführt mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses. Aber weder in diesem Stadium, noch wenn sich der Gläubiger die Forderung zur Einziehung über­ weisen läßt, ist sein Schuldtitel verwirklicht. Es ist in seine Hand nur ein Mittel gegeben, das er vielleicht zur Verwirklichung des Schuldtitels mit Erfolg wird be­ nutzen können. Ebenso be: der Zwangseintragung. Kr. u. F. haben S. 222 völlig Recht, daß das preußische Gesetz dem Grundbuchrichter nicht ohne Verletzung des Reichsgesetzes die Anordnung einer Vollstreckung in das Grundstück hat übertragen können, und daß das nicht geschehen ist. Sieht man aber von dem durch das Reichs­ gesetz nicht aufgestellte Satz: Keine Zwangsvollstreckung ohne Anordnung des Gerichts oder des Gerichtsvollziehers! ab, so bedarf es auch keiner Fiktion, um die Zwangs­ eintragung als eine der allgemeinen reichsgesetzlichen Bestimmungen über Zwangs­ vollstreckung unterstellte Abart derselben aufzufassen. Es ist übrigens auch unrichtig, daß die Zwangsvollstreckungsbehörden bei der Eintragung ganz aus dem Spiel bleiben. Das Zwangsvollstreckungsgericht kann bezüglich der Judikatshypothek in Ge­ mäßheit der Vorschriften der Civilprozeßordnung und der §§. 1 und 11 des Ge­ setzes betreffend die Zwangsvollstreckung gegen Benefizialerben die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits erfolgter Vollzugsmaßregeln, an­ ordnen, und auf Grund solcher Anordnung der ersteren Art hat die beantragte aber noch nicht ausgeführte Eintragung zu unterbleiben, und durch die letztgedachte wird nach §. 11 des Jmm.Vollstr.Gesetzes die Löschungsbewilligung des Gläubigers ersetzt. Vgl. Einf.Ges. z. C.P.O. §♦ 21. Preuß. Ges. betr. d. Uebergangsbestimmungen v. 31. März 1879 §. 15.