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German Pages 56 [58] Year 2016
Jahrgang 2016 1. Heinz Duchhardt Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit. Drei Beiträge ISBN 978-3-515-11345-8 56 S., € 10,–
Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit
3. Winfried Schmitz Antike Demokratie und Atomistik. Politische Ordnungsvorstellungen im Spiegel antiker Kosmologien ISBN 978-3-515-11154-6 46 S., € 9,–
6. Michael Custodis Rudolf Gerber und die Anfänge der Gluck-Gesamtausgabe ISBN 978-3-515-11248-2 48 S., € 9,–
Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit Drei Beiträge
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2. Christa Jansohn (Hrsg.) unter Mitwirkung von Werner Habicht, Dieter Mehl und Philipp Redl Shakespeare unter den Deutschen. Vorträge des Symposiums vom 15. bis 17. Mai 2014 in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz ISBN 978-3-515-11000-6 343 S. (inkl. einer CD des LyrikLabors Mainz), € 39,–
5. Otto Zwierlein Die antihäretischen Evangelienprologe und die Entstehung des Neuen Testaments ISBN 978-3-515-11210-9 86 S., € 15,–
Heinz Duchhardt
Jahrgang 2015 1. Bernard Andreae Des Siegers Beute. Die vergoldeten Bronzestatuen von Cartoceto bei Pergola und Gaius Asinius Pollio ISBN 978-3-515-11068-6 140 S. (inkl. 33 Farbtafeln), € 22,–
4. Stefan Hradil (Hrsg.) Der Alltag in der digitalen Gesellschaft – Chancen und Risiken. Vorträge des Symposiums vom 28. November 2014 ISBN 978-3-515-11209-3 36 S., € 7,–
EINZELVERÖFFENTLICHUNGEN 11. Maria Besse Bäschoff, Kastelt und Kutterolf. Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Materialität, Form und Funktion im Bereich der entlehnten Gefäß- und Hohlmaßbezeichnungen im Deutschen ISBN 978-3-515-09703-1 2010. 463 S. mit 82 Abb., € 56,–
13. Wolfgang Kleiber Schwarzwälder Namenbuch. Die Schwarzwaldromania in sprachlicher und außersprachlicher Sicht. Mit Beiträgen zur Archäologie und Anthropologie ISBN 978-3-515-11045-7 2015. 168 S. (inkl. 34 Farbabb.), € 20,–
12. Marc Lienhard Spannungsfelder einer Identität: Die Elsässer ISBN 978-3-515-10438-8 2013. 196 S., € 20,–
14. Ursula Verhoeven (Hrsg.) Ägyptologische „Binsen“-Weisheiten I–II. Neue Forschungen und Methoden der Hieratistik. Akten zweier Tagungen in Mainz im April 2011 und März 2013 ISBN 978-3-515-11127-0 2015. 489 S. (mit zahlreichen s/w- und Farbabb.), € 49,–
Preisänderungen vorbehalten
ISSN 0002-2977
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR • MAINZ FRANZ STEINER VERLAG • STUTTGART
Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse
Heinz Duchhardt
weitere Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse Jahrgang 2016 Nr. 1
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Heinz Duchhardt
Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit Drei Beiträge
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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR MAINZ FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART
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Inhalt Vorwort ...................................................................................................... 5 Der Krönungstag – Annäherungen an ein Forschungsfeld .......................... 7 Der „Billardtisch“. Die Krönungs- und Auswurfmedaille Rudolfs II. von 1575 ........................ 19 Imperator in Imperio suo? .......................................................................... 35 Personenregister .......................................................................................... 54
Vorwort Seit meiner Mainzer Habilitationsschrift von 1974 haben mich die frühneuzeitliche Kaiserideologie und die Praxis des Kaiseramts immer wieder in ihren Bann gezogen und zu verschiedenen Studien Anlass gegeben. Wie die beiden Spitzen der christianitas, die jeweils von Wahlkörperschaften in ihr Amt beförderten (und zudem durch Wahlkapitulationen eingegrenzten) Päpste und Kaiser sich in einer sich wandelnden Welt mit ihren Ansprüchen zu behaupten suchten (oder auch ihre Ansprüche und zeremoniellen Forderungen reduzierten), zählt zu den spannenden Prozessen der Ausbildung eines Staatensystems, das sich mehr und mehr auf den Abbau „überkommener“ Vorrechte und auf den Grundsatz der Parität aller Gemeinwesen fokussierte. Die hier vorgelegten Studien sollen veranschaulichen, wie beim Herrschaftsantritt sich mehr und mehr ganz pragmatische Gesichtspunkte statt eines dezidiert symbolischen Handelns in den Vordergrund schoben, und wie eine Chance vertan wurde, mittels eines Mediums der Kommunikation der Öffentlichkeit ein stringentes Herrschaftsprogramm zu präsentieren. Der dritte Beitrag, der im Kern auf ein Vortragsmanuskript von 2004 zurückgeht, fragt nach der (tatsächlichen und symbolischen) Präsenz des Kaisers im Reich nach dem Westfälischen Frieden. Noch die allerneueste Literatur – etwa die 2011 publizierte Habilitationsschrift von Harriet Rudolph – beklagt, wie sehr die Erforschung des frühneuzeitlichen Kaisertums lange Zeit vernachlässigt wurde. Vielleicht sind die hier vereinten Fallstudien geeignet, in dieser Hinsicht einen neuen Impuls zu geben. Ich danke dem Präsidium der Akademie, dass es der Publikation dieser Studien in den Abhandlungen zustimmte, und Harriet Rudolph (Regensburg), dass sie mein Manuskript einer kritischen Lektüre unterzog und eine Reihe wertvoller Hinweise gab. Mainz, im September 2015
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Der Krönungstag – Annäherungen an ein Forschungsfeld Die Krönung eines – wie auch immer, ob auf dem Erbweg oder durch Wahl in sein Amt gelangten – Monarchen war im vormodernen Europa ein Ereignis, dessen Bedeutung und Funktion für ein Gemeinwesen gar nicht überschätzt werden kann. Überall in Alteuropa war die Krönung seit den Zeiten der fränkischen Herrscher Kristallisationspunkt des Gemeinschaftsbewusstseins, die „verfahrenstechnische und symbolische Mitte“1 einer ganzen Reichsordnung, die in sakralen Formen sichtbar gemacht wurde, durch „eine Reihe formalisierter liturgischer Handlungen eine transzendentale Wirkung“ herbeiführte und auf die „göttliche Sanktionierung des neuen Amtsträgers“ zielte2. Der Krönungsakt, der zwingend der Liturgie und sakraler Formelemente bedurfte, war im „lateinischen“ Europa3 zudem nie und nirgendwo ohne die Partizipation nicht nur der (soweit gegeben) Wähler und der jeweiligen Führungsschichten, sondern der – idealiter gesprochen – Gesamtbevölkerung und ihres Konsenses denkbar. Auch in Erbreichen konnte unbeschadet des bruchlosen Übergangs des „unsterblichen Körpers“ nie von einem Tag zum anderen zur Krönung des Nachfolgers im Amt des Fürsten geschritten werden – die Krönung bedurfte sorgfältiger Planung und in der Regel einer strikten Orientierung an der Tradition, der Observanz. Der freien Bestimmung unterlag lediglich ihr Termin. Der Tag der Krönung eines europäischen Herrschers war kein nur zufällig oder von der Dauer allfälliger Verhandlungen über die Wahlkapitulation her sich ergebendes Datum, sondern wurde in aller Regel – aus der Annahme oder gar Überzeugung, dass davon für die ganze Regierungszeit des neuen Herrschers eine Art Signal ausging (oder doch ausgehen konnte) – sehr bewusst festgelegt. Zwar weiß man mangels Kenntnis der (meist noch ungehoben in den Archiven schlummernden) Wahlprotokolle bzw. der Empfehlungen der Familie oder der Ratgeber des aufgrund Erbrecht in sein Amt gelangten Fürsten bisher nicht viel über die Gesichtspunkte, die für den einen oder gegen einen anderen Termin 1 So eine Formulierung von Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008, S. 172. 2 Die Formulierungen ebenfalls bei Stollberg-Rilinger, S. 172f. 3 Nur die iberischen Reiche gingen im Spätmittelalter vom Institut der Krönung ab und beließen es bei der bloßen Proklamation ihrer Herrscher.
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sprachen. Aber es ist keine Frage, dass eine aufmerksame Öffentlichkeit peinlich genau registrierte, welche liturgische oder persönliche Konnotation sich mit dem Krönungstag verband. Dabei muss man freilich zugleich ganz praktische Gesichtspunkte im Auge behalten. In Wahlreichen mit einer nicht fixierten Residenz konnte die Anwesenheit eines Coronandus am Wahl- und Krönungsort nicht beliebig verlängert werden, in Krisensituationen hing viel von der umgehenden Krönung und damit der raschen Akzeptanz des neuen Monarchen ab. Krisensituationen konnten sich andererseits aber auch terminverlängernd auswirken. Das Spektakel einer Krönung bedurfte zudem eines zeitlichen Vorlaufs, den man sicher nicht nur in Tagen bemessen darf. Der Termin musste in Wahlreichen wie dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation natürlich mit den Wählern abgestimmt werden, denen bei der Krönung zentrale Funktionen zukamen. Der jeweilige Stadtmagistrat benötigte ein zeitliches „Polster“, um die entsprechenden Ordnungen zu erlassen und das Anmieten von Häusern durch teilnehmende Fürsten oder Interessenvertreter zu organisieren; das betraf vor allem Kommunen, die nicht auf eigenes umfängliches Aktenmaterial zurückgreifen konnten, sondern die außerhalb der Normalität Krönungen zu organisieren hatten. Die Krönungskirche musste vorbereitet werden, die Beteiligten – die Geistlichen, aber auch beispielsweise das Orchester, insbesondere die Trompeter – mussten eingewiesen werden. Da es essentiell war, die Krönung nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzunehmen, sondern im Gegenteil unter möglichst großer Anteilnahme der Bevölkerung, schlossen sich Termine in problematischen Jahreszeiten, also mitten im kalten und schneereichen Winter, häufig aus. Völlig frei waren die Berater des Coronandus und er selbst in der Festlegung des Krönungstermins demnach nicht. Aber unbeschadet dessen: Das war für ein Reich ein derart prominentes Ereignis, dass man seiner Bedeutung auch nach außen hin Rechnung tragen wollte. Das soll zunächst am Beispiel der Krönungen der englischen Könige exemplifiziert werden4. Der erste Tudorkönig, Heinrich VII., wurde noch in den Wirren nach der Schlacht von Bosworth, die die sog. Rosenkriege abschloss, am 30. Oktober 1485 in London gekrönt, einem (nicht weiter hervorgehobenen) Sonntag, wo4 Die Daten im Wesentlichen nach Peter Wende (Hrsg.), Englische Könige und Königinnen. Von Heinrich VII. bis Elisabeth II., München 1998.
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bei sich die Ansetzung sicher primär der noch denkbar instabilen Lage im Land verdankte. Sein Sohn Heinrich VIII. wurde am 24. Juli 1509 gekrönt, ebenfalls einem Sonntag, im Heiligenkalender dem Memorialtag Johannes des Täufers, liturgisch gesehen einem herausgehobenen Festtag. Dessen Sohn Eduard VI. wurde angesichts der unübersichtlichen dynastischen Gegebenheiten bereits vier Wochen nach dem Tod des Vaters, am 20. Februar 1547, in der Westminster Abbey durch Erzbischof Cramner gekrönt, dem Sonntag Estomio – die Sonntage scheinen unter den frühen Tudors sozusagen eine Selbstverständlichkeit, ein durchgehendes Motiv gewesen zu sein. Auch Eduards Schwester Maria die Katholische blieb (erstaunlicherweise) dieser Tradition treu; sie wählte als Krönungstag den 1. Oktober 1553, einen Tag, der in der altgläubigen Welt vor allem mit dem Heiligen Remigius verbunden war. Nach ihrem Tod war schnelles Handeln erforderlich; deswegen wurde ihre Halbschwester Elisabeth noch am Todestag Marias, dem 17. November 1558, gekrönt, einem einfachen Donnerstag – sicher der Situation geschuldet und nicht einer „Politik“, sich von der Familientradition und der Sonntags-Präferenz abzuwenden. Ein völlig anderes Bild ergibt sich dann unter den Stuarts: Jakob I. wurde am 25. Juli 1603 gekrönt, einem Montag, also nicht am 24 Juli, dem Heiligenfest (Johannes Baptista), das der zweite Tudor gewählt hatte, sondern dem Folgetag – seinem Namenstag! Karl I., sein Sohn, ließ sich vom Zeitpunkt seiner Nachfolge im Amt bis zu seiner Krönung am 2. Februar 1626 fast ein Jahr Zeit – man könnte deswegen vermuten, dass auch dieses Datum sehr bewusst gewählt worden ist. Ein ganz besonders hervorgehobenes Marienfest, Mariä Lichtmess, das allerdings nicht unbedingt die kompromisslose Katholizität des neuen Monarchen spiegelte, sondern als eins der wenigen Marienfeste auch in den protestantischen Kirchen begangen wurde. Nach der Revolution und mit der Restauration erfolgte dann erneut ein Paradigmenwechsel: Sowohl Karl II. als auch Jakob II. ließen sich am Tag des englischen „Nationalheiligen“ krönen, dem St. Georgstag (23. April), einem Dienstag (Karl II., 16615) bzw. einem Donnerstag (Jakob II. 16856). 5 Krönungsbeschreibung: Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale historico-politicum, oder Historisch- und politischer Schau-Platz Aller Ceremonien […], Bd. 1, Leipzig 1719, S. 1361-1363. 6 Krönungsbeschreibung: Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1363. Der Georgstag wird ausdrücklich genannt!
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Es lag auf der Hand, dass der Oranier Wilhelm III. mit dieser Tradition rasch wieder brechen würde; er und seine Stuart-Frau Maria II. entschieden sich, wohl auch mitbedingt durch die kritische Lage, in der sich das Land nach dem Sturz der Stuarts befand, für den 11. April 1689. Einen besonderen Akzent setzte dann nach dem Tod Königin Annas (gekrönt am 8. März 1702, dem Tag vor dem Sonntag Oculi) ihr welfischer Nachfolger Georg I., der nach seiner Landung in Greenwich am 18. September 1714 sich knapp sechs Wochen später, am 31. Oktober 1714 in Westminster krönen ließ: dem Reformationsfest. Sein Sohn folgte im Juni 1727 auf dem Thron; er ließ sich bis zu seiner Krönung am 11. Oktober 1727 relativ lange Zeit, aber es war kein irgendwie hervorstechender Termin, für den er sich entschied: ein einfacher Samstag. Der Reformationstag fand keine Reprise, ebenso wenig der Georgstag, möglicherweise weil dieser Tag des englischen „Nationalheiligen“ die Schotten, die ja seit 1707 integraler Bestandteil des Reichs waren, doch zu sehr irritiert hätte. Es lassen sich bei den englischen Krönungsterminen mithin bestimmte Strukturen erkennen: Unter den Tudors dominierten die Sonntage, unter den späten Stuarts erfreute sich der Georgstag besonderer Vorliebe, die Hannoveraner begannen immerhin mit einem konfessionellen Paukenschlag, setzten diese Tradition dann aber nicht mehr fort.
* Die englischen Könige seit Heinrich VIII. waren, sieht man von der kurzen Amtszeit Marias der Katholischen ab, als Leiter der anglikanischen Kirche formal – dem allgemeinen Sprachgebrauch der Zeit entsprechend – dem protestantischen Lager zuzuordnen. Freilich wurden alle Stuart-Monarchen des 17. Jahrhunderts katholisierender Tendenzen bezichtigt, was den Rückgriff auf bestimmte Heiligen- oder Marienfeste in einem besonderen Licht erscheinen lässt. Aber generell gilt für die protestantischen Monarchen natürlich, dass ihr Auswahlrepertoire beschränkter war, weil für sie als typisch altgläubig konnotierte Daten des liturgischen Kalenders wie etwa das Allerheiligenfest, die ganz „prominenten“ Marienfeste oder auch ein Tag wie Fronleichnam sich ausschlossen. Das bestätigt sich beispielsweise bei einem kurzen Blick auf Dänemark, wo offenbar der eigene Geburtstag (Christian III. 1537) oder der des Vaters
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Der Krönungstag – Annäherungen an ein Forschungsfeld
(Friedrich IV. 17007) eine gewisse Rolle spielte. In Schweden fand eine Krönung, die von 1676, am Michaelstag statt8, indes scheint das nicht irgendwie programmatisch gewesen zu sein. Aber im Folgenden sollen die Blicke nun auf das Heilige Römische Reich deutscher Nation gerichtet werden, ein Wahlreich – unbeschadet der Tatsache, dass in der Frühen Neuzeit mit einer einzigen Ausnahme nur Angehörige des Hauses Habsburg bzw. Habsburg-Lothringen zum Zuge kamen. Die eben angesprochene dänische Praxis, auf eigene oder familiäre Geburtstage als Ort der Königskrönung zurückzugreifen, sozusagen wie auf einen neuen Geburtstag des Amtsinhabers, findet sich, um ein Ergebnis vorwegzunehmen, im deutschen Reich lediglich ein einziges Mal. Bei ihm hat man zudem zu berücksichtigen, dass Wahl und Krönung wenigstens am Beginn der auf die Frühe Neuzeit fokussierten Übersicht der Goldenen Bulle als dem verbindlichen Reichsgesetz gemäß an verschiedenen Orten – in Frankfurt und in Aachen – stattfanden, bevor sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts die Praxis durchsetzte, die Krönung aus Aachen abzuziehen und aus Gründen der Bequemlichkeit am Wahlort, also in der Frankfurter Bartholomäuskirche, stattfinden zu lassen. Argumentiert wurde natürlich nicht mit dem Faktor der Bequemlichkeit oder der weiten Entfernung von den habsburgischen Stammlanden, sondern eher – so schon 1520 – mit der in Aachen gegebenen Seuchengefahr9, später, 1562, mit dem Hochwasser auf dem Rhein, das die übliche Schifffahrt verhindere, und der räumlichen Nähe zu den unruhigen Niederlanden. Der Bruch mit der Aachener Tradition wurde im Übrigen auch dadurch begünstigt, dass mehrmals kein geweihter Kölner Erzbischof als Coronator zur Verfügung stand. Das nach 1531 zur Regel werdende Abgehen vom Krönungsort Aachen war für den Rat der Stadt natürlich kein Anlass, auf sein Recht zu verzichten, sondern vielmehr bis zum Ende des Alten Reiches mit dem „Mittel der ritualisierten Protestation“ gegen die „Neuerung“ Einwände zu erheben10. Aus dem (nicht ungern gesehenen) Zufall wurde Tradition, sieht man von einigen wenigen Krönungen – in der Regel Krönungen zum Römischen Kö7 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1388 (ausdrücklich erwähnt). 8 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1392. 9 Zu den Aachener Krönungen und ihrem Ende im 16. Jahrhundert vgl. Silvinus Müller, Die Königskrönungen in Aachen (936–1531). Ein Überblick, in: Krönungen. Könige in Aachen – Geschichte und Mythos (Katalog Aachen 2000), Mainz 2000, Bd. 1, S. 49-58. 10 Die Formulierung bei Stollberg-Rilinger, S. 185.
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nig – ab, die nach Regensburg oder Augsburg vergeben wurden (1575, 1636, 1690). Für Frankfurt sprach im bi- bzw. trikonfessionell werdenden Reich dann auch sehr viel: die Mehrkonfessionalität der Stadt, ideale Örtlichkeiten mit dem (katholischen) Bartholomäusdom und dem kurzen Weg zum Rathaus mit seinem großen Vorplatz, die Weltläufigkeit der Kommune als Messeplatz und Sitz großer Handelshäuser und (jüdischer) Bankiers, ihre relativ leichte Erreichbarkeit für die meisten Kurfürsten11. Es gab in Wien und andernorts wohl nur wenige, die dem traditionsbeladenen Aachen ganz heftig heißeTränen nachgeweint hätten. Im Folgenden werden Befunde zu den Krönungsdaten als dem einzigen frei disponiblen Element in dem ansonsten in seinem Ablauf präzise vorgeschriebenen Vorgang der Herrscherbestellung mitgeteilt und versucht, sie in das politisch-religiöse Gesamtbild des Coronandus einzuordnen. Über die Diskussionen innerhalb der kaiserlichen Familie über den Krönungstag werden mit einiger Wahrscheinlichkeit kaum Quellen zur Verfügung stehen. Ob die Zeremonialakten im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv einschlägige Überlegungen enthalten, müsste in jedem einzelnen Fall überprüft werden, ebenso, ob zwischen dem für Zeremonialfragen in letzter Instanz zuständigen kaiserlichen Obersthofmeister und den Autoritäten der Krönungsstadt eine Diskussion stattfand oder ob der Krönungstag schlicht autoritativ festgelegt und der Kommune mitgeteilt wurde. Die für die Zeit ab 1619 in großer Zahl vorliegenden Krönungsberichte in dem zeremonialgeschichtlichen Standardwerk von Lünig schweigen sich zu den Diskussionen über den Krönungstag selbstredend ebenfalls aus. Nun aber zu den Terminen: Karl V., der „Spanier“, wurde an einem einfachen Dienstag in Aachen gekrönt, am 23. Oktober 1520, nachdem seine Wahl in Frankfurt zu diesem Zeitpunkt schon acht Monate zurücklag. Der 23. Oktober war kein liturgisch hervorgehobenes Datum, auch nicht eins, soweit erkennbar, dem irgendeine persönliche Bedeutung – etwa als Geburts- oder Namenstag – zukam12. Der Lütticher Bischof als für Aachen zuständiger Ober11 Vgl. auch Heinz Duchhardt, Krönungen außerhalb Aachens: Die Habsburger bis 1806, in: Krönungen (wie Anm. 9), S. 636-643, bes. S. 637ff. Viel Material zur „Dignität“ Frankfurts als Wahl- und Krönungsort in dem Katalog der Frankfurter Ausstellung von 2006: Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356–1806, hrsg. von Evelyn Brockhoff und Michael Matthäus, 2 Bde., Frankfurt/M. 2006. 12 Vgl. auch Paul-Joachim Heinig, Die letzten Aachener Krönungen: Maximilian I., Karl V. und Ferdinand I., in Krönungen (wie Anm. 9 ), Bd. 2, S. 563-572.
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Der Krönungstag – Annäherungen an ein Forschungsfeld
hirte hatte den Tag allerdings kurzfristig zum Feiertag erklärt13, was – schon aus logistisch-organisatorischen Gründen – zur Regel wurde und dem Ereignis ein ganz exzeptionelles Gewicht gab. Der König hatte ursprünglich auf den Michaelistag 1520 (29. September) zur Krönung eingeladen, dann den Termin auf den 6. Oktober verschoben, ehe es aufgrund etlicher Schwierigkeiten schließlich auf den 23. Oktober zulief, einen Termin, der, um es zu wiederholen, nicht Karls „erste Wahl“ gewesen war. Seine Kaiserkrönung in Bologna im Jahr 1530 ließ Karl dagegen an seinem Geburtstag, dem 24. Februar, vollziehen. Es war das letzte Mal, dass sich ein gewählter deutscher König vom Papst zum Kaiser krönen ließ; das inzwischen verfestigte Gremium der deutschen Kurfürsten wählte seitdem faktisch auch den Kaiser, mit dieser Praxis erklärte sich nolens volens auch die Kurie einverstanden. Karls Bruder Ferdinand (I.), schon 1531 in Köln – nicht im pestverseuchten Frankfurt – zum Römischen König cum jure succedendi gewählt, wurde am 11. Januar 1531 in Aachen gekrönt, einem durch nichts hervorgehobenen Wochentag, und nach der Resignation Karls am 24. März 1558 – jetzt schon in Frankfurt – ohne einen neuerlichen Wahl- oder gar Krönungsakt zum „Kaiser“ proklamiert14: einem ebenfalls durch nichts ausgezeichneten Donnerstag. Ferdinands Sohn Maximilian II. wurde am 28. November 1562 zum Römischen König gewählt und schon zwei Tage später, am 30. November, erneut in Frankfurt gekrönt – hier müssen die organisatorisch-logistischen Vorbereitungen lange vor der eigentlichen Wahl begonnen haben! Seit Maximilian II. fielen der Wahl- und der Krönungsort in der Regel zusammen, wurden „zu einer Handlungssequenz“15 – Ausnahmen im 17. Jahrhundert bestätigen indirekt diese Regel. Der 30. November war der Montag nach dem 1. Advent und immerhin dem Apostel Andreas geweiht – also kein ganz „normaler“ Wochentag. Maximilians ältester Sohn Rudolf (II.) wurde 23-jährig am 27. Oktober 1575 in Regensburg zum Römischen König gewählt und drei Tage später, am 1. November, ebenfalls in Regensburg gekrönt – an einem der hohen katholischen Festtage, dem Allerheiligenfest, für den in Spanien streng katholisch erzogenen jungen Mann sicher eine Demonstration seiner Kirchentreue. Regens13 Heinig, Aachener Krönungen (wie Anm. 12), S. 568. 14 Näherhin dazu Alfred Kohler, Ferdinand I. 1503-1564. Fürst, König und Kaiser, München 2003, S. 267ff. 15 So Stollberg-Rilinger, S. 175.
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burg sollte übrigens eine Ausnahme bleiben, weil in Frankfurt eine Seuche wütete, aber man in der Hofburg auch schon nach der Bequemlichkeit und der örtlichen Nähe zu schielen begann, die sich angesichts der Gebrechlichkeit des amtierenden Kaisers auch nahelegte. Rudolfs Bruder Matthias wurde in schwerer See – die Reichsverfassungskrise war mit den Händen zu greifen – am 13. Juni 1612 wieder in Frankfurt gewählt16 und elf Tage später ebendort gekrönt, im Kirchenkalender einem durch seine Weihe an Johannes Baptista liturgisch durchaus hervorgehobenen Tag – von dem Johannistag war ja auch andernorts schon die Rede. Noch turbulenter war die Lage bei der Wahl des der innerösterreichischen Linie des Hauses Habsburg entstammenden Ferdinand II., die am 28. August 1619 in Frankfurt vor sich ging, wo erneut nur weniger als zwei Wochen später, am 9. September, die Krönung vollzogen wurde17 – einem Donnerstag, immerhin einen Tag nach einem der höchsten Marienfeste, Mariä Geburt. Seinen Sohn ließ der Vater, zwei Monate vor seinem eigenen Tod, am 22. Dezember 1636 abermals in Regensburg im unmittelbaren Umfeld eines Kurfürstentages ohne Beteiligung Kurtriers zum Römischen König wählen und am 30. Dezember, also nur acht Tage später, ebendort krönen18, sozusagen noch im Schlagschatten des Weihnachtsfestes und am Tag vor dem Fest des Heiligen Silvester – übrigens einem Dienstag. Wahl und Krönung seines Sohnes Ferdinand (IV.) zum Römischen König19 kamen, wie Barbara Stollberg-Rilinger gezeigt hat20, in den Jahren unmittelbar nach dem Westfälischen Frieden eine ganz besondere Rolle zu, die mit der Tatsache, dass der Gewählte nie ins Kaiseramt kommen sollte, sondern vorzeitig verstarb, in einem merkwürdigen Spannungsverhältnis steht. In Osnabrück war dem nächsten Reichstag ja die Aufgabe zugewiesen worden, über die Wahlen von Römischen Königen vivente imperatore noch einmal grundsätzlich zu diskutieren und dabei durchaus auch das Wahlrecht nur der Kurfürsten auf den Prüfstand zu stellen. Aber die Kurfürsten unterliefen diesen Verfassungsauftrag auf elegante Weise, indem sie sich in der Anfangsphase des Regensburger Reichstags – auch er wegen der Neujustierung der hierarchischen Verhältnisse, vor 16 Ab hier wird jeweils der neue Datierungsstil verwendet, also der Gregorianische Kalender. 17 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1141-1145. 18 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1150-1151. 19 Krönungsbeschreibung: Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1153-1158. 20 Stollberg-Rilinger, S. 172-189.
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allem mit zeremoniellen Mitteln, ein besonderer Markstein – nach Augsburg absentierten und dort den jungen Erzherzog wählten. Da sie dem Kaiser bemerkenswert viele Funktionen gegenüber dem Electus überließen, sieht StollbergRilinger als einen Ansatz, „das dynastische Element der Thronfolge sichtbar zu stärken“21, etwas, woran den Kurfürsten im Prinzip ja überhaupt nichts gelegen sein konnte. Die Krönung wurde dann wiederum nach Regensburg verlegt, durchgeführt – nach heftigen Streitigkeiten hinter den Kulissen – vom Mainzer Erzbischof, obschon Regensburg ja nicht nur nicht zur Kölner, sondern auch nicht zur Mainzer Kirchenprovinz gehörte. Der Krönungstag war der 18. Juni 1653, der Samstag vor dem 2. Sonntag nach Trinitatis, also ein nicht durch eine liturgische Dignität besonders ausgezeichneter Tag. Ferdinands III. jüngerer Sohn Leopold (I.) wurde nach dem vorzeitigen Tod seines Bruders und nach einem langen Interregnum, in dem auch über personelle Alternativen gesprochen und verhandelt worden war, am 18. Juli 1658 in Frankfurt zum Kaiser gewählt und am 1. August in der dortigen Bartholomäuskirche gekrönt22 – die Kurfürsten von Mainz und Köln hatten vorher ihre schon länger andauernden Streitigkeiten wegen des Krönungsrechts in einem Vergleich beigelegt23. Der 1. August ist das Patronatsfest S. Petrus in Vincula und fiel 1658 auf einen Sonntag – vom Wetter und von der Dignität des Tages her durchaus etwas Besonderes. Seinen ältesten Sohn Joseph (I.) ließ Leopold 1690 zum Römischen König wählen24, diesmal ausnahmsweise in Augsburg, und zwar mitten im Winter, am 24. Januar; die Krönung folgte nur zwei Tage später ebendort. Der Tag lag mitten in der Woche und war nicht durch irgendeine Heiligentradition ausgezeichnet. Sein Bruder folgte ihm 1711, inmitten des Spanischen Erbfolgekriegs und nach einer mühsamen Reise aus Spanien 21 Stollberg-Rilinger, S. 180. 22 Krönungsbeschreibung: Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1163-1192. – Aus der Sicht des Magistrats wichtig Matthias Schnettger, Der Wahltag aus der Perspektive des Frankfurter Rats: Das Beispiel 1657/58, in: Die Kaisermacher (wie Anm. 11), S. 252-261. 23 Vgl. Wolfgang Sellert, Zur rechtshistorischen Bedeutung der Krönung und des Streites um das Krönungsrecht zwischen Mainz und Köln, in: Herrscherweihe und Königskrönung im frühneuzeitlichen Europa, hrsg. von Heinz Duchhardt, Wiesbaden 1983, S. 21-32. Der Vergleich besagte, dass das Krönungsrecht von der Kirchenprovinz abhängig gemacht wurde, in der die Krönung stattfand; bei Krönungen in einer anderen Kirchenprovinz – also z. B. der Salzburger, zu der Regensburg gehörte – sollte zwischen beiden abgewechselt werden. 24 Krönungsbeschreibung: Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1215-1223.
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über das Mittelmeer und Italien nach Frankfurt, wo er erst am 17. Dezember eintraf, so dass es kaum erstaunen kann, dass zwischen der Wahl in Frankfurt (12. Oktober) und der Krönung in der Bartholomäuskirche25 diesmal mehr als zwei Monate verstrichen (22. Dezember). Der Krönungstag war ein normaler Wochentag, der Dienstag nach dem 4. Advent. Der einzige Nicht-Habsburger in dieser Reihe, der Wittelsbacher Karl Albrecht (Karl VII.), wurde mitten im Krieg, am 24. Januar 1742 in Frankfurt gewählt und am 12. Februar in Frankfurt gekrönt, übrigens von seinem eigenen Bruder, nicht dem an sich zuständigen Mainzer Erzbischof, am Sonntag Invocabit26. Dass dies auch noch der Geburtstag eines (nicht vor Ort befindlichen) „Kaisermachers“, des preußischen Königs Friedrich II., war, war natürlich reiner Zufall und hatte keinerlei symbolische Bedeutung. Und Karls VII. Nachfolger schließlich, der aus Lothringen stammende Franz Stephan (Franz I.), wurde am 13. September 1745 in Frankfurt gewählt und am 4. Oktober ebendort zum Kaiser gekrönt, einem liturgisch gesehen ziemlich belanglosen Montag. Die „Reihenuntersuchung“ mag damit beendet werden27, weil die Wahrscheinlichkeit, dass just bei den letzten drei Kronträgern, die ausnahmslos Kinder der Aufklärung waren, Momente eines symbolischen Handelns zutage getreten wären, als wenig vorstellbar, ja als gegenstandslos eingestuft werden muss – in der Tat sind die Krönungsdaten Josephs (II.) (3. April 1764), Leopolds II. (9. Oktober 1790) und Franz’ II. (14. Juli 1792) in keiner Weise symbolisch aufgeladen und waren ganz normale Wochentage (Dienstag – Samstag – Samstag). Aber für die zweieinhalb Jahrhunderte vor der Mitte des 18. Jahrhunderts können doch einige Strukturen aufgezeigt werden. 1. Für die gewählten Kaiser oder Römischen Könige in der Neuzeit – im Mittelalter sah das anders aus – waren die kirchlichen Hochfeste (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) als Krönungstermin ausgeschlossen. Offenbar wollte man jetzt den Eindruck peinlich vermeiden, in irgendeine Konkurrenz zur Christus-Memorie einzutreten. 25 Krönungsbeschreibung: Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1268-1315. 26 Dazu Rainer Koch, Karl VII. – Konflikt in Europa, Wahl und Krönung in Frankfurt am Main, in: Die Kaisermacher (wie Anm. 11), Aufsatzband, S. 262-273. 27 Die relativ vereinzelten Krönungen von Kaiserinnen – die an sich ja durch ihre Eheschließung schon ihren Titel führten – sind hier ausgeblendet geblieben, weil ihnen keine rechtliche Relevanz innewohnte.
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Der Krönungstag – Annäherungen an ein Forschungsfeld
2. Auch die anderen besonders hervorgehobenen kirchlichen Feste (Allerheiligen, die Adventssonntage, Epiphanias) wurden – offenbar als gezielte Demonstration – in der Epoche des erbitterten Glaubensstreits nur ein einziges Mal gewählt (Allerheiligen). Die Aposteltage (Andreas, Petrus in Vincula) und der Johannistag waren, liturgisch gesehen, ansonsten die höchstrangigen Heiligenfeste, die für die deutschen Krönungen bemüht wurden. 3. Offenbar keine Rolle in der deutschen Tradition spielen die Rückgriffe auf persönliche Gedenktage, also Geburtstage oder Namenstage, auch nicht die der engsten Familienangehörigen (Eltern). Karls V. Bologneser Kaiserkrönung an seinem Geburtstag durchbricht diese Regel ein einziges Mal. Dass dabei die Vorstellung, als vom Papst gesalbter Fürst, dessen starke Affinität zur Kaiserideologie bekannt ist, sozusagen ein neues Leben zu beginnen, eine Rolle gespielt hat, dürfte als wahrscheinlich anzunehmen sein, 4. Mangels eines deutschen „Nationalheiligen“, wie ihn beispielsweise England mit dem Hl. Georg „zur Verfügung“ hatte, war auch eine bestimmte Heiligen-Memorie kein liturgisches Datum, auf das zurückgegriffen werden konnte. Der seit der Lechfeldschlacht von 955 als Schutzpatron der Deutschen und des Heiligen Römischen Reiches geltende Heilige Michael wurde nur ein einziges Mal – und zudem vergeblich – bemüht: von Karl V., der für diesen Tag (29. September 1520) seine Aachener Krönung geplant hatte. 5. Auffällig ist, wie wenig die jahreszeitlich bedingten Strukturen bei der Ansetzung der Krönungstage zu Buche schlugen – also gutes Wetter, um der Bevölkerung alle Chancen zu geben, das Fest mit dem obligatorischen gebratenen Ochsen und dem Weinbrunnen ausgiebig auszunutzen. Die Krönungen im Winter oder im meist nicht übermäßig freundlichen Herbst sind jedenfalls längst nicht die Ausnahme. 6. Die Entscheidungen für den einen und gegen einen anderen Krönungstag werden in der Regel im engsten Familienkreis gefallen sein und werden sich ihrer Mündlichkeit wegen der historischen Rekonstruktion entziehen. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass in autobiographischen Reflexionen oder auch in Reskripten an die für Organisation und Zeremoniell zuständigen obersten Hofbeamten Beweggründe für die eine oder andere Option angesprochen werden. Das ist auch als Appell an die Forschung zu verstehen, in jedem einzelnen hier referierten Fall den Zeremonialakten entsprechende Beachtung zu schenken.
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7. Für die laufende, aber durchaus kontroverse Diskussion, ob im RömischDeutschen Reich die Krönung einen Bedeutungsverlust gegenüber der Wahl durch die Kurfürsten erlitten habe, trägt die Analyse der Krönungstage nur bedingt etwas bei. Aus der Tatsache, dass die Praxis, nicht besonders prominente liturgische Termine zu wählen, sondern auf normale, durch nichts ausgezeichnete Wochentage zurückzugreifen, wird man eher auf eine zunehmende Säkularisierung denn auf einen grundsätzlichen Bedeutungsverlust schließen sollen. Auch die zeitgenössischen Juristen haben die Rechtsqualität der Krönung nie in Frage gestellt. Und auch wenn sich Goethe als Augenund Ohrenzeuge der Frankfurter Krönung Josephs II. 1764 im Rückblick über diese und jene Begleiterscheinung ein Lächeln nicht verkneifen konnte: die Krönung an sich hat ihn ihrer Traditionsbeladenheit, ihrer Symbolkraft, ihrer rechtlichen Qualität und ihrer Ausstrahlung auf die Anwesenden wegen durchaus und nachhaltig beeindruckt.
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Die Sitte, nach der Krönung eines Monarchen Münzen unter das vor dem jeweiligen Ort des liturgischen und zeremoniellen Geschehens bzw. auf dem Zug von der Kirche zum Ort des anschließenden Banketts wartende (und akklamierende) Volk auswerfen zu lassen, war ein gesamteuropäisches Phänomen und wurde sowohl von gewählten als auch auf dem Erbweg ins Amt gelangten Fürsten praktiziert1. Lässt man noch frühere Belege außer Acht, war die Übung, dem Publikum sog. tesserae zu dedizieren, als Zeichen besonderer liberalitas des Herrschers, schon der römischen Antike geläufig: metallene Marken ohne Nominalwert, die oft mit Darstellungen der liberalitas versehen waren und außerrechtliche und moralische Beziehungen zwischen Geber und Empfänger herstellen sollten. Schon damals wurde der Begriff missilia („Wurfgeschosse“, von missilis, werfbar) gebräuchlich, der sich von dem Verb mittere herleitete und den Akt des Schenkens anklingen ließ, wobei diese anfangs noch nicht sehr aufwendig gestalteten „Münzen“ in aller Regel als Eintritts-, Erkennungs- und Kontrollmarken oder auch als „Berechtigungsausweise“ bei der Lebensmittelversorgung dienten. Erst seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert wurde auf die äußere Gestaltung mehr Wert gelegt, die sich insbesondere in der Verwendung von Kaiserbildern niederschlug, aber auch in der Motivik von Schlachtensiegen – die Empfänger sollten gewissermaßen kommunikativ an der ganzen Karriere des Spenders teilhaben. Die Funktion der missilia als Propagandamedium wurde damals unübersehbar. Die Linie lässt sich dann über das Byzantinische Reich weiterziehen, wo sich die Praxis, Münzen aus Anlass eines Herrscherwechsels zu werfen, weiter ausprägte und wo die Münzen in hochwertigem Gold geprägt wurden, deren Ausstreuen – auch wenn der Akt selbst durch einen Senator vollzogen wurde – nun zum kaiserlichen Vorrecht wurde. 1 Vgl., auch zum Folgenden, Heinz Duchhardt, Münzwurf und Krönungsmünze, in: Iconologia Sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas (Festschrift für Karl Hauck), hrsg. von Hagen Keller und Nikolaus Staubach, Berlin/New York 1994. S. 625-631 (mit weiteren Hinweisen auf die münzkundliche Literatur).
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Die mittelalterlichen Krönungsberichte und die ordines spiegeln wider, dass die Übung zu einem integralen Bestandteil der Herrscherbestellung in allen europäischen Gemeinwesen geworden war, dem sich im Übrigen auch das Papsttum anschloss. Eduard Eichmann hat einige dieser Berichte, soweit sie das Römisch-Deutsche Reich und die Päpste betrafen, schon vor über 70 Jahren zusammengestellt2, die erkennen lassen, dass es immer auch darum ging, durch den Münzwurf – gelegentlich sogar der Gekrönten selbst – den Weg frei zu machen, dass dies aber sicher nur ein Nebeneffekt war. Denn das Movens, dem Publikum als Gegengabe für die laudes und Huldigungen des Kaisers etwas Materielles geben zu müssen, war der entscheidende Gesichtspunkt, bei den Kaiserkrönungen in Rom das Ritual zu einer Art Zwangsabgabe weiterzuentwickeln, die dann von den europäischen Monarchien übernommen wurde. Es scheint einiges dafür zu sprechen, dass bei den römischen Krönungszügen im Wesentlichen auf Kurrentmünzen – also Münzen mit einem bestimmten Nominalwert – zurückgegriffen wurde; noch bei der römischen Krönung Kaiser Sigismunds scheint das der Fall gewesen zu sein. Erst seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts scheinen die deutschen Monarchen und ihre europäischen Gegenüber allmählich dazu übergegangen zu sein, zu diesem Anlass besondere „Münzen“ – die man, da nunmehr kein förmliches Zahlungsmittel mehr, der methodischen Klarheit wegen besser als „Medaillen“ bezeichnen sollte3 – prägen zu lassen: ohne Nominalwert, dafür aber mit einem hohen Edelmetallgehalt (Gold oder Silber). Der unverkennbare Aufschwung der Medaillenkunst just in dieser Zeit mag diesen Prozess beschleunigt haben. Dabei muss man zudem im Auge behalten, dass der Übergang von diesen Sonderprägungen, die für eine größere Volksmenge gedacht waren, und dem neuen Typus der Schaumünzen, der pièces à plaisir sicher fließend war4, die als Ehrengeschenke an fremde Persönlichkeiten Verwendung fanden (und oft dann auch zu Schmuckstücken umfunktioniert wurden). 2 Eduard Eichmann, Die Kaiserkrönung im Abendland. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des Mittelalters, Bd. 2, Würzburg 1942, S. 277 ff. 3 So schon Friedrich Freiherr von Schrötter, Wörterbuch der Münzkunde, Berlin/Leipzig 1930, S. 221. Die Problematik, dass hier eine begriffliche Überlappung mit den nicht für das breite Publikum, sondern zu Geschenkzwecken an eine sozial herausgehobene Schicht geprägten „Medaillen“ entsteht, ist mir dabei bewusst. 4 Hierzu sind die Forschungen von Robert W. Scheller wegweisend geworden; vgl. die Angaben bei Duchhardt, Münzwurf (wie Anm. 1), S. 627 mit Anm. 10.
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Der Münzwurf, um eine Zwischenbilanz zu ziehen, war eine auf antiken Grundlagen aufruhende europäische Praxis, mit dem die neuen Herrscher ihren Untertanen liberalitas signalisierten, also zusagten, ihren Wohlstand zu sichern – oder gar zu mehren! Für ihren Amtsantritt brauchten sie den Konsens – sowohl den ihrer Wähler (wie beispielsweise in Polen oder im Römisch-Deutschen Reich), auf jeden Fall aber wenigstens stellvertretend den aller Untertanen: durch die Huldigungen in den Kommunen und durch die Gesandtschaften ihrer Fürsten. Mit der Geste der liberalitas wurde der nachträgliche Konsens ebenso „einfacher“ wie andere Gnadenakte des neuen Herrschers, etwa die Verkündigung einer Amnestie oder die Freigabe von bestimmten Utensilien, die bei dem Krönungsmahl benutzt worden waren, an die jeweilige Dienerschaft, sich leicht aus ihr ableiten ließen. Ob Wahlreich oder Erbreich: am Konsens des Untertanenverbandes führte kein Weg vorbei. Hierfür war der Münzwurf ein wichtiger Bestandteil. Dass bei den – relativ wenigen – Krönungen von Ehefrauen von Herrschern, etwa im Römisch-Deutschen Reich, allem Anschein nach kein Münzwurf stattfand, kann deswegen kaum erstaunen; die Ehefrauen waren es eben nicht, von denen liberalitas erwartet wurde.
* In den europäischen Monarchien oder auch den Republiken mit monarchieähnlichen Strukturen und Ansprüchen wie etwa Venedig ordnet sich der Münzwurf in einen komplexen vielstufigen Vorgang von „Handlungssequenzen“ (Harriet Rudolph) ein – es scheint nur ganz selten Beispiele zu geben, dass Monarchien auf den Münzwurf verzichteten, etwa die iberischen Staaten, bei denen die Proklamation der Herrscher bzw. ihre „Erhöhung“ nicht mit dem Ausstreuen von Gold- und Silbermünzen einherging. Mit gutem Grund sind diese Handlungssequenzen für das Reich als „inszenatorisches Gesamtkunstwerk“ bezeichnet worden5, die im Übrigen trotz Gegenvorstellungen aus pro testantischen Kreisen gegenüber früheren Krönungen6 unverändert geblieben waren und sich im Prinzip immer noch an dem sog. Mainzer ordo von 1309 orientierten – bei liturgischen Elementen, die die neugläubigen Kurfürsten nicht 5 Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis. Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558–1618), Köln/Weimar/Wien 2011, S. 285. 6 Vgl. Karl Vocelka, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1576–1612), Wien 1981, S. 134.
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glaubten mittragen zu können, verließen sie schlicht befristet die Krönungskirche. Blickt man auf das Römisch-Deutsche Reich, so war die Abfolge von Heiliggeistmesse, von Salbung und Krönung in einem (altgläubigen) Dom, von Kommunikation und Sprechakten zwischen den Konsekratoren und dem neuen Herrscher, von den Wechselgesängen der Litanei und der triumphalen Begleitmusik die Grundlage dessen, was am Ende von dem neuen Monarchen beschworen werden musste: Grundsätze seiner Amtsführung, die auf Schutz und Schirm der Untertanenschaft, auf deren Wohlergehen und Zukunftsfähigkeit hinausliefen und zu deren unverzichtbaren Elementen auch die Zusicherung der caritas des Fürsten gehörte. Sie wurde schon in der Kirche akklamiert und dem affirmativen Beifall des „Publikums“ („Fiat“) anheimgestellt und dokumentierte sich in nachkirchlichen Vorgängen wie dem sogenannten „Freigeben“ von Hafer, Fleisch und Wein vor dem Festmahl, wie – nicht überall – einem Pardon für Inhaftierte, den ritualisierten Ritterschlägen, ggf. den sich dem sacre anschließenden Skrofelnheilungen und nicht zuletzt im Münzwurf. Aus dem bisher Gesagten wurde deutlich, dass die Auswurfmedaillen ein herausragendes Medium waren7, um politische Botschaften und eine politische Programmatik zu vermitteln, die auch dem illiteraten Empfänger – also dem Mann oder der Frau, die eine dieser Medaillen erhaschen konnte – eingängig war, auch wenn er oder sie vielleicht nicht mit allen Feinheiten mythologischer Bezüge vertraut war. Anders formuliert heißt das auch, dass die Herrscher bzw. ihre Ratgeber, wenn sie es denn darauf anlegten, mit ihren Untertanen auf diesem Weg zu kommunizieren, gut daran taten, die bildlichen Botschaften nicht zu kompliziert anzulegen – sie sollten schließlich für den bürgerlichen oder unterbürgerlichen Rezipienten verständlich sein. Die verwendeten Symbole sollten eine appellative Wirkung erzeugen, sollten Affekte und Emotionen hervorrufen – für Zeremonienmeister und die Medailleure eine wirkliche Herausforderung. Das schloss nicht aus, dass die gewählte Ikonographie anspruchsvoll war, aber sie durfte nicht allgemein als ein Rätsel empfunden werden, das nur den Gelehrten zugänglich war – die Krönungsmedaille Wilhelms von Oranien und 7 Eine Definition aus dem mittleren 19. Jahrhundert lässt diese heute selbstverständliche Funktion noch überhaupt nicht erkennen. Es heißt dort (Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit, oder neuestes encyclopädisches Wörterbuch […], hrsg. von H. A. Pieper, 3. Aufl., Bd. 8, Altenburg 1851, S. 986): „[Krönungsmünzen sind] Denkmünzen auf Krönungen, von verschiedenem Metall, die gemeiniglich die Krone, den Namen des Gekrönten und das Datum der Krönung enthalten und ausgeworfen werden“.
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Königin Marias mit einem antiken Motiv beispielsweise war so schwer verständlich, dass sie allgemeine Irritation hervorrief. Insofern lag es nahe, auf einen bestimmten Kanon an Motiven zurückzugreifen, die das Selbstverständnis des jeweiligen Gemeinwesens und ggf. auch die politische „Botschaft“ des neuen Herrschers widerspiegelten. Dass jeder Todesfall eines Herrschers und jedes Interregnum in einem Wahlreich gleichwohl die Zeremonienmeister und die Künstler auf den Plan rief und eine Diskussion über die Krönungsmedaille auslöste, mag ein Protokoll der Wiener Geheimen Konferenz aus dem September 1711 andeuten, in dem noch vor der Wahl des Bruders des verstorbenen Kaisers, des in Spanien weilenden Habsburgers Karl (VI.), dringend Überlegungen angemahnt wurden zur Umschrift und zur ikonographischen Gestaltung der Krönungsmedaille, deren Stempel möglichst rasch geschnitten werden sollte8. Die Krönungsmedaillen der europäischen Monarchien bewegten sich idealtypisch also auf einem schmalen Grat zwischen Tradition/Herrscherideologie und individueller Gestaltung. Krönungsmedaillen, die im Bestreben nach Originalität diesen schmalen Grat verließen, konnten durchaus auf Kritik, Unverständnis, ja Ablehnung stoßen9. Die französischen Könige in der Frühen Neuzeit konnten in der Motivik ihrer Krönungsmünzen auf einen bestimmten Standard zurückgreifen, der sich aus ihrer Herrschaftsideologie ableitete, dass nämlich das Chrisam, die heilige Ampulle mit dem Salböl, direkt aus dem Himmel heruntergereicht worden sei – ein Gutteil ihrer Krönungsmünzen aktivierte deswegen auch diesen (fiktiven) Moment, in dem die Hand Gottes aus den Wolken kommend die heilige Ampulle dem besonders ausgezeichneten Monarchen, eben dem französischen König, zur Verfügung stellt. Dieses Motiv lässt sich durchgehend wenigstens seit Franz II. im 16. Jahrhundert bis in die Epoche Ludwigs XIV.10 belegen, wobei allerdings gelegentlich das Panorama der Krönungsstadt Reims hinzutrat. Erst im 18. Jahrhundert sollte der Salbungsakt als solcher stärker akzentuiert werden, immer aber noch mit der Hervorhebung des göttlichen Salböls zumindest in der Umschrift. 8 Haus, Hof- und Staatsarchiv Wien, Zeremonialakten, Prot. 7, S. 68. 9 Vgl. das bei Duchhardt, Münzwurf (wie Anm. 1), S. 628 vorgestellte englische Beispiel. 10 In der bei Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale historico-politicum, oder Historisch- und politischer Schau-Platz Aller Ceremonien […], Bd. 1, Leipzig 1719, S. 1328 mitgeteilten Krönungsbeschreibung fehlt dagegen jeder Hinweis auf den Münzwurf!
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Auch bei den englischen bzw. britischen Königen lässt sich für die Gestaltung ihrer jeweiligen Krönungsmedaille eine bestimmte Typologie ermitteln, die zum einen den deutlichen Rückgriff auf Motive der griechischen Mythologie (Pallas Athene) aufweist, unter den Vorzeichen der englisch-schottischen Personalunion im gemeinsamen Wappentier, dem Löwen, ihren Niederschlag findet und nach der Restauration zunächst die Thronfigur des Herrschers und bestimmte Symbole das Gottesgnadentum des Monarchen benutzt. Die bei Lünig eingehend beschriebene Krönungsmedaille Karls II. zeigte 1661 beispielsweise auf dem Revers die Figur des Monarchen auf einem Thronsessel, dem ein Engel die Krone reicht, und auf dem Avers nochmals das Porträt des Königs mit einer lateinischen Umschrift, die assoziieren soll, dass er gesandt ist, um dem zu Grunde gestürzten Land wieder aufzuhelfen11 – programmatischer konnte die „Restauration“ kaum zum Ausdruck gebracht werden. Nach dem Übergang zur Welfendynastie wurde dann stärker die Verbindung von Staatsvolk und Herrscher thematisiert. Der englische „Nationalheilige“ Georg wurde bemerkenswerterweise nur ein einziges Mal (Georg I.) bemüht, obwohl alle britischen Könige im 18. Jahrhundert seit dem Dynastiewechsel diesen Namen trugen – Georg wurde vor dem Hintergrund des Zusammenwachsens des Reichs dann doch wohl als zu „englisch“ angesehen12. So verwundert es auch nicht, dass eine andere Krönungsmedaille, die – wie in England üblich – jeweils vom Großschatzmeister ausgeworfen wurde, deren goldene Variante aber wohl vor allem für die an der Krönung teilnehmenden Repräsentanten fremder Staaten reserviert war13, die Figur der Britannia zeigt, die dem Monarchen die Krone aufs Haupt setzt. Der Revers zeigte in diesem Fall lediglich die Signatur, also Name, Titel und Datum der Krönung. Eine gewisse Schlichtheit glaubte Lünig festzustellen, was ihn zu der etwas maliziösen Bemerkung veranlasste, offenbar habe die Zeit gefehlt, um etwas Originelleres auf die Beine zu stellen14. Im Heiligen Römischen Reich stand kein allgemein anerkannter „Nationalheiliger“ zur Verfügung – in diese Rolle wuchs der Heilige Michael nie hinein –, der instrumentalisiert hätte werden können, es gab das Traditionsbewusstsein, in der Reihe der vier biblischen Monarchien zu stehen, aber keine spezifische 11 Beschreibung bei Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1363. 12 Vgl. Heinz Duchhardt, Krönungsmedaillen als Spiegel des Herrschaftsverständnisses: das Beispiel England, in: Majestas 4 (1996), S, 107-118. 13 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1358. 14 Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1383.
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Herrschaftsideologie wie die von der besonderen „Qualität“ der Monarchie, die auf den Mythos eines direkten Transfers einer heiligen Ampulle mit dem Salböl durch eine göttliche Instanz hätte rekurrieren können – in einer Wahlmonarchie konnte sich ein solcher Mythos schlechterdings auch gar nicht ausbilden. Was für die deutsche Wahlmonarchie instrumentell zur Verfügung stand und somit disponibel war, war der Anspruch, allen anderen Monarchien im Rang voranzugehen, war ihr „universaler“ Anspruch, und waren einige andere Momente wie z. B. die besondere Verpflichtung zum Schutz der Christianitas in Gestalt des Türkenkriegs. Aus diesen Ansprüchen konnte man schöpfen – die Frage ist, ob man auch in der Situation des Jahres 1575 darauf zurückgriff.
* Der Kaisersohn Rudolf, zu diesem Zeitpunkt bereits (seit dem Herbst 1572) König von Ungarn und wenige Wochen zuvor auch noch zum König von Böhmen gewählt und gekrönt (22. September 1575), wurde am 27. Oktober in Regensburg zum Römischen König – der dann „automatisch“ dem Kaiser nachfolgen würde – gewählt und vier Tage später im Regensburger Dom gekrönt – ein insofern atypischer Vorgang, als Wahl und Krönung der Kaiser und Römischen Könige seit Maximilian II. ja in Frankfurt vor sich gingen, dessen Rat dann auch förmlich Protest gegen dieses (auch von einigen Kurfürsten kritisierte) Abweichen von der (freilich noch nicht gefestigten) Tradition und letztlich auch der Goldenen Bulle einlegte15. Regensburg war diesmal wohl vor allem aus Rücksicht gegenüber dem kränkelnden und trotz seiner erst 48 Jahre bereits altersschwach wirkenden Kaiser Maximilian gewählt worden, dem die weite(re) Anreise nach Frankfurt erspart werden sollte. Eine Rolle spielte aber auch, dass der Kölner Erzbischof noch nicht geweiht war und das Krönungsrecht somit auf den Mainzer Erzbischof überging, der angesichts eines fortlaufenden Streits mit dem Inhaber des Kölner Stuhles um das Krönungsrecht kein Interesse daran hatte, die Krönung in Aachen als dem in der Goldenen Bulle festgelegten Krönungsort durchzuführen16, das im Übrigen aber nicht ernsthaft zur Diskussion 15 Vgl. Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis, S. 47. In einem Revers wurde Frankfurt seine Funktion als Wahlort bestätigt. 16 Eine Beschreibung der Krönung von 1575 in dem zeremonialrechtlichen Standardwerk von Lünig, Theatrum Ceremoniale, ist nicht vorhanden. Auch andernorts ist keine gedruckte Krönungsbeschreibung zu finden.
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stand. Es war trotz seiner unübersehbaren Gebrechlichkeit nicht vorhersehbar, dass Kaiser Maximilian II. schon ein knappes Jahr später, am 12. Oktober 1576, auf dem Regensburger Reichstag sterben und Rudolf damit im Kaiseramt nachfolgen sollte. Nicht ganz analog dem Procedere bei der Nachfolge Ferdinands I. im Kaiseramt, dem nach seiner Aachener Krönung (1531) nach dem Amtsverzicht seines Bruders noch einmal eine Wahlkapitulation vorgelegt wurde (ohne aber noch einmal gekrönt zu werden), ging die Entwicklung deutlich dahin, es bei der einmaligen Krönung durch einen der geistlichen Kurfürsten und bei der Beschwörung nur einer Wahlkapitulation zu belassen. Die im Folgenden zu behandelnde Krönungs„münze“ ist somit die einzige ihrer Art; ob ihr 1576 nach der Übernahme des Kaiseramts, auch wenn das Vorbild Ferdinands I. noch präsent war, eine weitere folgte, ist bisher nicht gesichert. Über ihre Entstehung sind wir durch einen von Karl Vocelka abgedruckten „zeitgenössischen Bericht“ eingehend informiert17, dessen Autor leider ver17 Karl Vocelka, Die politische Propaganda Kaiser Rudolfs II. (1576–1612), Wien 1981, S. 136. Der Text hat folgenden Wortlaut: „Laut die umb- und überschrift auf der ersten seiten also: Rudolphus Secundus die gratia Romanorum rex, electus vicisima septima octobris, coronatus prima novembris milesimo quingentesimo septuagesimo quinto Ratisbonae. Auf der andern seiten im zitkel um den tisch herum stehen nachfolgende wort: Consentientibus votis. Hie ist aber zu wiszen: dass der gulden münz nur einerlei sorten gewest eben in dieser grösze auch beederseits mit dieser schrift gepräget, wie der hievorgestellt abriss ausweiset; und derselben gulden pfening sind zum auswerfen nit mehr als fünfhundert gemacht worden. Dazu hat man dem münzmeister aus der kais. Maj. cammer zugestellt fünfhundert reinisch goldgulden; die hat er widerumb ausberaitet. Das alt gepreg abgethan und dises neue gepreg mit der umb- und überschrift durchaus gleich darauf geschlagen, dasz also derselben jedes ein rheinischen goldgulden wigt. Und wiewohl man dem münzmaister über die vorgemelten 500 goldgulden noch einhundert und fünzig ducaten ungerisch und salzburgisch zugestellt, welche er gleichfalls wie die goldgulden widerumb ausbraiten, das alte gepreg gar abthun und das neue mit der umbund überschrift wie auf den andern darauf hat schlagen müszen, so sind doch dieselben 150 ducaten zum auswerfen nit sondern in der kais. Maj. cammer genommen, zum verschenken und verehren gebraucht worden. Derselben münzen aber sind zweierlei sorten gemacht worden, nemblich zum ersten die kleinen wie oben verzeichnet, welche aber am gehalt und werth ungleich, deren dann etliche fünf, welche aber sechs kreuzer halten, dannoch auch etliche gröszer doch eben auch mit dem gepräg, umb- und überschrift wie die kleinen secundum proportionem magnitudinis; derselben grösze haben welche zehen, etliche aber 15 kreizer gehalten. Und zu denselben silbern groschen allen miteinander gossen und kommen hat
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schwiegen wird, ebenso wie Vocelka die Krönungsmünze Rudolfs II. bedauerlicherweise nicht reproduziert. Verantwortlich für die Anfertigung und die Prägung waren zum einen der Goldschmiedemeister Jobst Mo(h)r, der die eisernen Prägestempel verfertigte, und der Münzgeselle Thomas Obermayr, der die Herstellung übernahm, beide Bürger der Stadt Regensburg18. Die Quelle vermeldet ausdrücklich, dass die Arbeit „in groszer eil“ vor sich gehen musste – wenn man die kurze Frist zwischen Wahl und Krönung sich vergegenwärtigt, wird man diese Nachricht für überaus glaubwürdig halten müssen, selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Vorarbeiten schon ein paar Tage vor der Wahl angelaufen sein mögen. Auch das künstlerische Ergebnis spiegelt diese Eile wohl mehr als deutlich wider. Der Verfasser eines im 18. Jahrhundert überaus populären Lieferungswerks, der Sammlung Merkwürdiger Medaillen, kommentierte das „Kunstwerk“ mehr denn ironisch-süffisant: ihm scheine, dass die Rückseite der Medaille offenbar einen Tisch darstelle, der einem Billardtisch ganz ähnlich sehe, er wolle sich aber „biß zu weiterer Belehrung“ aller anderen Mutmaßungen über dieses Gebilde enthalten. Die Krönungsmedaille19 ist in ihrer Schlichtheit und Interpretationsbedürftigkeit mit anderen Beispielen aus derselben Zeit tatsächlich kaum zu vergleichen. Die Aversseite besteht nur aus Schrift: Einer Umschrift, die aufgelöst man dem münzmaister geben vierhundert thaler zu acht schillingen, die hat man ihme eingewogen, daraus hat er gemacht die groszen und kleinen pfening, soweit er damit hat reichen können, welche alle ihme darnach mit dem vorigen gewicht seind wider ausgewogen worden, also dasz er die anzahl der silbernen stuckh augentlich nicht gewust noch gezehlet allein, dasz sie alle aus den vierhundert thalern gemacht worden. Diese gulden und silbernen münzen, wie obstehet, sind durch Thomam Obermayr, burgersohn und münzgesellen allhie als damals verwaltern des münzwerkhs, gemacht worden, und haben in grozer eil gefertigt werden müssen. Die eisen hat meister Jobst Mor, goldschmidt und burger allhie, geschnitten“. 18 Ein Goldschmied Jobst Mor wurde im Jahr 1548 in Regensburg als Bürger aufgenommen. Er stammte aus Nordhausen. Reichsstadt Regensburg, Politica III, 6. Freundlicher Hinweis des Regensburger Stadtarchivs (Herrn Günther Handel), dem ich für die Bemühungen herzlich danke. Für das Jahr 1575 taucht ein Träger dieses Namens in den Bürgerbüchern und sonstigen Quellen nicht auf, was u. U. mit der unvollständigen Überlieferung zusammenhängt. 19 Abb. bei Johann Hieronymus Lochner, Sammlung Merkwürdiger Medaillen, Bd. 6, Nürnberg 1742, S. 389. Bessere Abbildung bei Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis, Abb. 47.
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lautet: Rudolphus II. Dei gratia Romanorum Rex electus. Die zwischen die Umschrift gelagerten fünf Zeilen beinhalten nur Daten: XXVII Octobris, coronatus I. Novembris MDLXXV Ratisbonae. Für die Zeit war das eine eher „hausbackene“ Lösung! Die Reversseite trägt die Umschrift Consentientibus votis, also: mit allgemeiner Zustimmung, mit einmütigen Stimmen – also nicht etwa die persönliche Devise, wie Rudolfs Nachfolger es dann oft praktizieren sollten. Die lateinische Umschrift ist natürlich als Hinweis darauf zu verstehen, dass Rudolf mit den Stimmen aller (sechs) Kurfürsten, auch der protestantischen, gewählt worden war – die böhmische „ruhte“ ja bekanntlich bei solchen Anlässen. Und in dem runden Rahmen dann, wie Lochner es formulierte, der „Billardtisch“, eine Art auf vier Beinen stehender Tisch mit sechs aufgesetzten Kugeln und einer weiteren, die über ihnen schwebt. Harriet Rudolph hat neuestens die Kugeln aus dem venezianischen Wahlverfahren des Dogen, das eine Art mehrstufige ballotage war20, abgeleitet, wobei die sechs Kugeln die an der Wahl beteiligten Kurfürsten symbolisiert hätten21. Diese These scheint zumindest weit hergeholt zu sein, denn: Wer kannte im Reich das venezianische Wahlverfahren, konnte das bei dem Rezipientenkreis überhaupt auf irgendein Verständnis stoßen? Mona Stocker, die sich vor eineinhalb Jahrzehnten in einem auf ihrer Regensburger Magisterarbeit beruhenden Aufsatz eingehend mit den Regensburger Medaillen auf Maximilian II. und Rudolf II. beschäftigt hat, blieb angesichts der Schmucklosigkeit der Auswurfmedaille von 1575 ebenfalls ziemlich ratlos und vermutete ikonographisch gar einen Rückgriff auf Wahlvorgänge im antiken Athen, konnte für diese These aber keinerlei bildliches Material vorlegen22. Die Schlichtheit eines mit Mühe erkennbaren Tischs mit einigen Kugeln mag freilich nicht ausgeschlossen haben, dass auch die Krönungsmünze Rudolfs zu einem mehr oder weniger begehrten Sammlerobjekt geworden ist – und damit die Funktion als Gedächtnismedium sich in den Vordergrund schob – und, wie andere, zu einem Tausch- und Handelsobjekt der glücklichen Besitzer wer-
20 Vgl. dazu jetzt Uwe Israel, Doge und Wahlkapitulation in Venedig, in: Heinz Duchhardt (Hrsg.), Wahlkapitulationen in Europa, Göttingen 2015, S. 35-57, hier S. 43. 21 Rudolph, Das Reich als Ereignis, S. 461. 22 Mona Stocker, Regensburger Medaillen auf Maximilian II. (1564-1576) und Rudolph II. (1576-1612) in den Symbola des Jacobus Typotius, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien 1 (1999), S. 119-150, bes. S. 130f.
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Abb. 1a: Johann Hieronymus Lochner, Sammlung Merkwürdiger Medaillen, Bd. 6 (1742), S. 189
Abb. 1b: Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis, 2011, Tf. 67.
den konnte23. Die Chance, mittels dieses Mediums bildlich und „programmatisch“ den neuen Monarchen zu inszenieren, wurde allem Anschein nach aber deutlich verfehlt. Und verfehlt wurde angesichts der Gesamtkonzeption – die Aversseite nur Schrift, die Reversseite mit einem jedenfalls für die große Masse unverständlichen Bildmotiv – auch, die illiteraten Schichten zu erreichen, die keine Flugschriften oder Beschreibungen von Festlichkeiten zu lesen imstande 23 Vgl. Siegfried Sieber, Volksbelustigungen bei deutschen Kaiserkrönungen, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 11 (1913), S. 91.
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waren und für „ihr“ Bild vom jeweiligen Reichsoberhaupt elementar auf solche bildlichen Medien – und auf die Predigten – angewiesen waren. Schmuckloser und zugleich weniger aussagekräftig, jedenfalls für das Regensburger Publikum, dem die Geheimnisse des venezianischen Wahlverfahrens sicher nicht geläufig waren, kann man sich eine Krönungsmedaille kaum vorstellen, und das „verdankt“ sie sowohl der Eile als auch der angewandten Technik. Dem zitierten Augenzeugenbericht zufolge wurde von den zur Verfügung stehenden und von der Kaiserlichen Schatzkammer bereitgestellten 500 rheinischen Goldgulden die alte Prägung schlicht entfernt und durch die neue Prägung ersetzt. Gleiches geschah dann auch noch mit 150 ungarischen und Salzburger Goldgulden, die ebenfalls umgearbeitet wurden, die aber im Unterschied zu den „aktualisierten“, also „gewandelten“ rheinischen Goldgulden nicht zum Auswurf bestimmt gewesen, sondern für Geschenkzwecke in die Kaiserliche Kammer genommen worden seien. Weiterhin seien noch 400 Silbertaler umgearbeitet worden, aus denen eine nicht bekannte Anzahl Silberpfennige gemacht worden seien. Einer Angabe im einschlägigen Hofzahlamtsbuch des Wiener Finanz- und Hofkammerarchivs zufolge wurden 1575 1464 Gulden für den Münzwurf ausgegeben24. Ob der für die Krönungsmünze Rudolfs verauslagte Betrag eher gering war oder der Norm entsprach, müsste durch vergleichende Erhebungen geklärt werden. Im Übrigen war der Auswurf von goldenen und silbernen Krönungsmünzen im Römisch-Deutschen Reich Tradition und setzte sich auch bis an sein Ende fort25. Technisch handelt es sich bei dieser „Münzwandlung“ – so der numismatische Fachbegriff – um eine „Überprägung“, bei der das Gewicht der Münze unverändert blieb. Der komplette langwierige Herstellungsvorgang vom gegossenen Rohling über den ausgehämmerten Zain, den gestückelten und justierten Schrötling bis zur prägefertigen, flach- und rundgeschlagenen Platte wurde damit umgangen. Bei der geprägten Ausgangsmünze – also den Rheinischen Talern – wurde lediglich die ursprüngliche Prägung flach geklopft und in der
24 Rudolph, Das Reich, S. 247, Anm. 248. 25 Vgl. die vielen Belege bei Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1144 (Ferdinand II.), 1150 (Ferdinand III.), 1157 (Ferdinand IV.), 1180 (Leopold I.), 1220 (Joseph I.), 1296 (Karl VI.).
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Fasszange dann wieder gerundet26. Dann wurde – u. U. zwischendurch erhitzt27 (Weichglühen), wovon aber der angezogene Bericht nichts vermeldet – der neue Prägestempel aufgesetzt. Für Fachleute ist die alte Prägung unter dem Mikroskop in der Regel wohl noch erkennbar, für den Empfänger wird die Freude überwogen haben, in den Besitz eines solchen besonderen Stücks gekommen zu sein. Für ein so „prominentes“ Genre wie eine Krönungsmedaille war das jedenfalls aber ein denkbar ungewöhnliches Verfahren. Was die in dem Bericht angesprochenen kleineren Silbermünzen betrifft – die hier nur beiläufig interessieren –, muss wohl davon ausgegangen werden, dass sie eingeschmolzen, dann aber nicht al pezzo justiert wurden, sondern in der Mark. Die Eile und das gewählte Verfahren, bereits geprägte Gulden umzuarbeiten, zu „wandeln“, und mit einem anderen Bildprogramm zu versehen, sind wahrscheinlich verantwortlich für die ungewöhnliche Askese, die hier obwaltete. Einen propagandistischen Zweck im Sinn eines „Regierungsprogramms“ des zukünftigen Kaisers wird die Krönungsmünze mit dem „Billardtisch“ und der Wiedergabe der nackten Daten und Orte nicht gehabt haben. Da waren Rudolfs Nachfolger dann schon viel phantasievoller: Ob sie die eigene Devise mit „einbauen“ ließen, die ja immer etwas Programmatisches zum Ausdruck brachte28, ob sie die göttliche Wurzel ihres Amtes verbildlichten, etwa durch eine aus den Wolken die Krone herabreichende Hand29, ob sie das eigene Porträt mitsamt den Amtsinsignien in den Mittelpunkt rückten, ob sie mit dem
26 Vgl. Volker Bernad Wagenhoff, Arbeitsschritte bei der Hammerprägung – die Schaffhausener Münzmeisterfenster von 1563 und 1565, in: MünzRevue 45 (2013), S. 79-84. Freundlicher Hinweis des Verfassers. 27 Für fachliche Beratung bin ich dem Direktor der Staatlichen Münzsammlung München, Herrn Dr. Dietrich Klose, zu herzlichem Dank verpflichtet, ebenso zur technischen Seite des Vorgangs Herrn Dr. Volker Bernad Wagenhoff (Mannheim). Ich danke auch dem Präsidenten der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, Herrn Kristian Nicol Worbs (Gmund), für seine freundliche Vermittlung dieses Kontakts. 28 So etwa die Krönungsmünze Leopolds I. mit seinem Wahlspruch: Consilio et industria. Beschrieben u. a. bei Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1180. Die Münzen wurden damals teils vom pfälzischen Kurfürsten persönlich, teils von den Erbschatzmeistern Sintzendorff ausgeworfen. 29 So Ferdinand II.; vgl. die Beschreibung seiner (goldenen) Krönungsmedaille – daneben gab es silberne runde und viereckige – bei Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1144.
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Sonnensymbol30 oder der Weltkugel arbeiteten, die den universalen Rang und Anspruch des Kaisers symbolisieren sollte, ob sie in einem Fall sogar die Verantwortung der Kaiser für den Türkenkrieg thematisierten31, ob sie die von Sonne und Mond flankierte geschlossene Kaiserkrone verbildlichten wie Rudolfs Nachfolger Matthias und mit einer leicht verständlichen Umschrift versahen32 – das alles war eindrucksvoller und im Sinn der Propaganda und Werbung überzeugender als der mühsame Versuch der Regensburger Goldschmiede. Oder sollte sich statt des von Lochner evozierten Billardtischs33 irgendwie die Assoziation eines Baldachins einstellen? Oder sollte ein Anstoß für andere subtile Interpretationen gegeben werden? Lochners Hilflosigkeit hätte das alles freilich kaum beseitigt. Die relative Lieblosigkeit und Phantasielosigkeit des jungen Römischen Königs, der ebenso wie sein Vater die Entwürfe der Regensburger Münzmeister ja gewiss abgesegnet hat, nimmt angesichts der nachmaligen Leidenschaft Rudolfs für hochwertige und anspruchsvolle Goldschmiedekunst Wunder. Auf Rudolfs II. spätere Prager Schatzkammer mit den beeindruckenden Goldschmiedearbeiten unter anderem Wenzel Jamnitzers, der ja auch schon unter Maximilian II. im kaiserlichen Auftrag tätig gewesen war, kann hier nur sehr summarisch verwiesen werden, eine Sammlung, der 1648 das schlimme Schicksal beschieden sein sollte, von schwedischen Truppen nach Stockholm verbracht und von dort zerstreut zu werden. Warum man 1575 nicht beispielsweise auf Jamnitzer oder einen anderen aus der Garde der für den Kaiserhof arbeitenden Goldschmiede34 zurückgriff, wäre wenigstens ein interessanter Ansatz, ebenso der, ob auch die ungarischen und böhmischen Krönungsjetons ähnlich phantasielos gestaltet wurden. Freilich muss man – und das wird in dem oben zitierten „Werkstattbericht“ ja auch ausdrücklich angesprochen – davon ausgehen, dass noch eine zweite Krönungsmedaille angefertigt wurde, die aber nicht in größerer Zahl – und mit einem entsprechenden Propagandaeffekt – dem „Volk“ preisgegeben wurde, 30 So Joseph I. 1690; vgl. die Beschreibung bei Lünig, Theatrum Ceremoniale I, S. 1220. 31 Vgl. das bei Duchhardt, Münzwurf (wie Anm. 1) genannte Beispiel aus dem Jahr 1690. 32 Abb. bei Lochner, Sammlung, Bd. 5, Nürnberg 1741, S. 409. Die lateinische Umschrift lautete: concordi lumine maior, also: sie ist größer als das gemeinsame Licht von Sonne und Mond. 33 Billard war in Europa spätestens seit dem 16. Jahrhunderts integraler Bestandteil des gesellschaftlichen und selbstredend auch höfischen Lebens. 34 Vgl. die Hinweise bei Rudolph, Das Reich, S. 457f.
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sondern in sehr viel kleinerer Auflage, nämlich 150 Stück, für Geschenkzwecke Verwendung fand – der Typus der „Schaumünze“, von dem oben gesprochen wurde. Es soll sich dabei35 um eine von Zacharias Kempf gestaltete Medaille gehandelt haben, die ikonographisch offenbar auf die sog. Proklamationsmedaille Ferdinands I. von 1558, also mit dem Brustbild des Gekrönten und dem Wappenschild auf beiden Seiten, rekurrierte. Der oben zitierte Bericht bestätigt diese ikonographische Annahme freilich nicht, und auch in der großen Sammlung von Krönungsmedaillen des Frankfurter Historischen Museums findet sie sich nicht36, ebenso wenig in dem Katalog von Stocker37. Diese Praxis, die die ursprüngliche Idee des Münzwurfs „konterkarierte“38, weil mit diesen Medaillen eine bestimmte hervorgehobene soziale Schicht für etwas belohnt wurde, die aber nicht mehr Ausdruck der liberalitas und der Fürsorge des neuen Herrschers war, hatte schon eine gewisse Tradition und wurde, ganz unabhängig davon, wie diese Prägung von 1575 ikonographisch gestaltet gewesen sein mag, nun zunehmend zu einer gängigen Praxis. Im Übrigen wurden auch in Regensburg die Krönungsmünzen von Herolden nach der eigentlichen Krönung auf dem Weg vom Dom zum Rathaus, dem späteren Sitz des Immerwährenden Reichstags, ausgeworfen. Die im Mittelalter bei Kaiserkrönungen gelegentlich anzutreffende Praxis, auch schon vor der Krönung Münzen auswerfen zu lassen, begegnet in der Frühen Neuzeit nirgendwo mehr – sie hätte ja auch die ganz und gar ungewünschte Vorstellung genährt, dass dem „Volk“ und seiner Akklamation bei der Herrscherbestellung irgendeine rechtliche und politische Funktion zukomme. Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts setzte sich – in der Regel eben in Frankfurt – die Praxis durch, die Krönungsmünzen im Rahmen des sog. „Preismachens“ vor dem Rathaus unter das Volk zu streuen, zunächst, so 1653, vom Inhaber des neugeschaffenen Erz35 Rudolph, Das Reich, S. 458, Anm. 127. Harriet Rudolph versichert mir brieflich, sie in alten Druckwerken aus der Zeit vor 1800 gesehen zu haben. 36 Gisela Förschner, Frankfurter Krönungsmedaillen aus den Beständen des Münzkabinetts, Melsungen 1992. Das angebliche Vorbild, die sog. Proklamationsmedaille Kaiser Ferdinands I. von 1558, findet sich abgebildet ebd., S. 19, und detailliert beschrieben S. 13ff. – Im Übrigen enthält das Buch von Förschner keinen Hinweis – von einer Abbildung ganz zu schweigen – auf die hier diskutierte Medaille. Da die Krönung Rudolfs nicht in Frankfurt stattfand, darf das allerdings nicht verwundern. 37 Stocker, Regensburger Medaillen (wie Anm. 22). 38 So zu Recht Rudolph, Das Reich, S. 247.
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schatzmeisteramts, dem Kurfürsten von der Pfalz persönlich, vollzogen, später dann vom Inhaber des Erbschatzmeisteramts bzw. dessen Vertreter39. Diese neue Praxis sollte auch dazu dienen, dass der Krönungszug vom Dom zum Rathaus nicht durch die sich um die Medaillen balgenden Menschen versperrt wurde, wobei Raufereien um die Stücke mit einem immerhin beachtlichen Metallwert und einem vielleicht noch höheren Erinnerungswert trotzdem nicht verhindert werden konnten, Goethes Schilderung des Münzwurfs anlässlich der Krönung des jungen Römischen Königs Joseph II. gibt einen Eindruck von dieser „Volksbelustigung“, die mutatis mutandis wohl auch auf die Regensburger Ereignisse von 1575 übertragen werden kann. Die offenbar relativ geringe Menge von Medaillen, die 1575 in Regensburg ausgeworfen wurde, würde eine Sicht, dass hier in großem Stil eine Art soziale Fürsorge betrieben wurde, allerdings wohl ausschließen. * Grundsätzlich stand den Kaisern in der Frühen Neuzeit ein ganzes Arsenal an Medien zur Verfügung, mit denen sie für sich selbst um Sympathie und Unterstützung werben, mit denen sie für ihre Politik appellativ-propagandistisch aufwarten konnten: vom Hof gesteuerte Flugblätter und andere (apologetische und emblematische) Presseerzeugnisse, Feste und Einzüge, Kunstwerke und repräsentative Bauten, um nur die wichtigsten zu nennen. Weitaus überwiegend suchten diese Medien, teilweise schon aus Gründen ihrer Schriftlichkeit, die Resonanz der Reichsstände, der sonstigen Obrigkeiten und der „Intellektuellen“. In diesem Strauß an Ansätzen, die „öffentliche Meinung“ für sich einzunehmen, verorten sich die Krönungsmedaillen, die sich freilich an einen anderen Rezipientenkreis wenden: Sie wurden an einem „prominenten“ Ort im Ablauf eines Herrscherlebens eingesetzt, boten wenigstens die Chance, mit einer Art bildlich-schriftlichem Regierungsprogramm die nicht den genannten Gruppen angehörenden Anwesenden – und über sie dann auch einen weiteren Kreis von Untertanen – zu erreichen und zu beeindrucken. Die Krönungsmedaille Rudolfs II. hat diese Chance, wenn überhaupt, freilich nur höchst bedingt genutzt. 39 Vgl. z. B. für 1742 Rainer Koch, Karl VII. – Konflikt in Europa, Wahl und Krönung in Frankfurt am Main, in: Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356–1806, Aufsatzband, hrsg. von Evelyn Brockhoff und Michael Matthäus, Frankfurt/M. 2006, S. 262-273, hier S. 270.
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Imperator in Imperio suo?1 Sich mit kontrafaktischer Geschichte zu befassen, also mit dem, was nicht oder nicht so geschehen ist, wie es „war“, mit dem, was nur gedanklich-experimentell konstruiert werden kann, galt lange als die Sünde des Historikers schlechthin. Was wäre geschehen, wenn … – eine solche Fragestellung wurde vielleicht einem Romanautor nachgesehen, vielleicht einem Politiker, der eine Sonntagsrede zu halten hatte, aber nicht einem ernsthaften Historiker, auch wenn er sich bei öffentlichen Vorträgen immer wieder mit solchen (vermeintlich naiven) Nachfragen eines wissens- und aktualitätshungrigen Bildungsbürgertums konfrontiert sieht. Nun ist aber die Historie in den letzten beiden Jahrzehnten um vieles unkonventioneller geworden als noch in den 1960er und 1970er Jahren, in denen sich weite Teile der Geschichtswissenschaft an der vermeintlich unbestechlichen Zahl, der Kurve, der präzisen Statistik orientierten. Und wenn dann ein so renommierter Wissenschaftler wie der Berliner Althistoriker Alexander Demandt vor einigen Jahren ein Buch unter dem Titel Ungeschehene Geschichte vorlegte2, das, kaum überraschend, zu einem glänzenden Publikumserfolg wurde, dann war das ein Indiz dafür, dass die kontrafaktische Geschichte nicht nur publikumsträchtig, sondern gewissermaßen sogar hörsaalfähig geworden war – auch wenn sich die Anerkennung entsprechender Hauptseminarscheine des genannten Wissenschaftlers durch das zuständige Landesprüfungsamt zunächst schwierig gestaltete. Ein Teil der nachfolgenden Untersuchung beschäftigt sich mit Fragen der ungeschehenen Geschichte. Eine zweite Vorbemerkung bezieht sich auf den gewählten Titel dieses Beitrags – Imperator in Imperio suo?. Er lehnt sich – jedermann, der sich mit dem Römischen Recht und der internationalen Diskussion über Imperium und Regna im ausgehenden Mittelalter beschäftigt, weiß das natürlich – an die schon im 1 Der Beitrag geht auf ein Manuskript zurück, das für eine Konferenz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Instituts für Europäische Geschichte in Wien im Dezember 2004 konzipiert worden war. Krankheitsbedingt konnte es allerdings damals nicht vorgetragen werden. Die – an sich fest vereinbarte – Dokumentation der Konferenz („Kaiser, Hof und Reich“) durch die Wiener Akademie, für die auch dieser Beitrag erbeten worden war, hat sich leider 2012 zerschlagen. 2 Alexander Demandt, Ungeschehene Geschichte, Göttingen 1984, 3. Aufl. 2001.
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12. Jahrhundert nachweisbare Formel vom Rex Imperator in regno suo an, die zum Ausdruck bringen sollte, dass dem Römischen Kaiser keine Eingriffsmöglichkeiten in die sich formierenden Nationalstaaten zustanden und dass deren Fürsten zumindest nach innen vollständig souverän waren (wenn dieser Begriff in anachronistischer Weise, also avant la lettre, für das 14. Jahrhundert bereits verwendet werden darf ). Hier wird der herrschaftstheoretische Begriff natürlich in einem paradoxalen Sinn verwendet: im Sinn der Frage, ob der gewählte Römische Kaiser denn überhaupt Herr in seinem eigenen Haus gewesen sei? * Seitdem Volker Press vor knapp drei Jahrzehnten (1986) in einem Mainzer Kolloquiumsvortrag über die kaiserliche Stellung im Reich im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden im Sinn eines „Versuchs einer Neubewertung” nachdachte3, hat sich die Forschungslandschaft erheblich gewandelt. Zum Teil ging dieser Wandel auf die Anregungen des Tübinger Historikers selbst zurück, dem ja in mehrfacher Hinsicht in der reichsbezogenen Frühneuzeitforschung die Funktion eines „Pfadfinders“ zukam. Zum Teil hängt das aber auch mit ganz anderen Faktoren zusammen – veränderten Forschungsdesigns, den verschiedenen turns, die inzwischen geradezu periodisch über die Geisteswissenschaften und damit auch die Geschichtswissenschaft hereinbrechen, einer neuen Forschergeneration mit anderen Interessen und Zugängen. Press war es in dem genannten Vortrag, der dann umgehend auch publiziert wurde, darum gegangen, für den Zeitraum 1648 bis 1740 das Paradoxon zu beleuchten, dass ganz entgegen den Absichten der Architekten des Westfälischen Friedens der Kaiser seinen Einfluss auf das „Reich“ über alle anfänglichen Krisen hinweg, die etwa mit dem (1.) Rheinbund zu fassen und zu benennen sind, viel stärker zu reaktivieren und auszubauen vermochte, als dies die reichskritische Historiographie des 19. und auch noch des 20. Jahrhunderts wahrhaben wollte. Er habe sich dabei lehensrechtlicher Instrumente, aber auch des Reichshofrats und des – obschon zögerlichen – Ausbaus seiner diplomatischen Präsenz im 3 Volker Press, Die kaiserliche Stellung im Reich zwischen 1648 und 1740, in: Stände und Gesellschaft im Alten Reich, hrsg. von Georg Schmidt, Stuttgart 1989, S. 51-80; wiederabgedruckt in: V. P., Das Alte Reich. Ausgewählte Aufsätze, 2. Aufl., Berlin 2000, S. 189-223.
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Reich bedient. Für den Rückfall im Sinn eines neuerlichen Rückzugs der Institution Kaisertum aus dem Reich sei Karl VI. verantwortlich zu machen, der vor allem die Diplomatie nicht mehr so weiter ausgebaut habe, wie es notwendig gewesen wäre, um auch traditionell reichs- und kaiserferne Territorialstaaten nicht in andere politische Lager abdriften zu lassen. Die Forschung hat sich seitdem in wenigstens vierfacher Richtung weiterbewegt, wobei auch hier wie bei Press – nicht nur der größeren Kompetenz, sondern auch sachlicher Überlegungen wegen – der Zeitraum nach 1648 im Fokus stehen soll. Press hatte sehr wohl schon das Instrument der kaiserlichen Kommissionen als ein wesentliches kaiserliches Steuerungssystem erkannt und genannt, aber erst in der jüngsten Vergangenheit ist das ganze Volumen der einschlägigen Aktivitäten dieses Rechtsprechungs- und Politiksteuerungsinstruments vor Augen geführt worden. Für die Regierungszeit Kaiser Ferdinands III. sind rd. 600 Kommissionsbeschlüsse des Reichshofrats nachgewiesen worden, wobei die Zahlen nach 1648 sprunghaft nach oben schnellten4; eine Regionalstudie zum Schwäbischen Reichskreis des 18. Jahrhunderts bestätigt dieses Bild5. Die Erhebung des einschlägigen Materials im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv hat somit bereits Früchte getragen und wird weitere Aufschlüsse erbringen. Überhaupt ist der Reichshofrat in einem Maß in das Zentrum der Forschung gerückt – auch dank eines „Netzwerks Reichsgerichtsbarkeit“ meist jüngerer Wissenschaftler aus den beiden interessierten Fakultäten6 –, das zum Zeitpunkt des Press’schen Vortrags noch ganz undenkbar erschien – natürlich nicht unbegründet, denn der Reichshofrat hat, wie beispielsweise eine Untersuchung der Prozesse der thüringischen Kleinstaaten verdeutlicht und bestätigt7, nach dem Westfälischen Frieden im Rahmen der konkurrierenden Gerichts4 Eva Ortlieb, Im Auftrag des Kaisers. Die kaiserlichen Kommissionen des Reichshofrats und die Regelung von Konflikten im Alten Reich (1637–1657), Köln/Weimar/Wien 2001. 5 Martin Fimpel, Reichsjustiz und Territorialstaat. Württemberg als Kommissar von Kaiser und Reich im Schwäbischen Kreis (1648–1806), Tübingen 1999. 6 Vgl. etwa: Wolfgang Sellert (Hrsg.), Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, Köln/Weimar/Wien 1999. Überhaupt ist in der Schriftenreihe „Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich“ eine dezente Schwerpunktverlagerung hin zum Reichshofrat unübersehbar. 7 Siegrid Westphal, Kaiserliche Rechtsprechung und herrschaftliche Stabilisierung. Reichsgerichtsbarkeit in den thüringischen Territorialstaaten 1648–1806, Köln/Weimar/Wien 2002.
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barkeit der beiden Reichsgerichte das Reichskammergericht in der Praxis, also der Präferenz und der Frequenz, rasch überholt. Press hat in anderen Schriften, etwa zum Reichskammergericht8, die lange bestehenden Defizite bei der Verortung des Reichshofrats im Verfassungsgefüge des Reichs selbst gelegentlich beklagt, aber die wirkliche Formierung einer Forschungsstrategie war dann nicht mehr seine Sache. Dieses Forschungsanliegens hat sich nun vor allem Wolfgang Sellert angenommen9, der in Zusammenarbeit mit dem Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs ein Langzeitprojekt zur Neuverzeichnung der Akten des Reichshofrats initiiert hat, das seit 2007 läuft und mit der Aufarbeitung der sog. Alten Prager Akten begonnen hat. Die Spruchtätigkeit des Reichshofrats in seiner Funktion als Reichsgericht wird nach Auslaufen des Vorhabens (2024) sehr viel präziser gefasst werden können als bislang. Davon wird, so ist zu erwarten, auch die jurisdiktionelle Tätigkeit des Reichshofrats in Richtung Reichsitalien, die schon etliche Ansätze zu verzeichnen hat10, profitieren. Press hatte auch schon – als ein Historiker, für den eine besondere Affinität zum Adel charakteristisch war – auf die Adelspolitik der Hofburg aufmerksam gemacht, also auf die Bildung einer neuen kaisertreuen Klientel, die sich aus den Erblanden, aus Böhmen und dem Reich speiste und darauf ausgelegt war, die habsburgischen Interessen in ihren jeweiligen Regionen zu vertreten, aber auch direkte kaiserliche Dienste zu übernehmen. In der Hofforschung im engeren Sinn sind nun aber unverkennbare Fortschritte gegenüber den mittleren 1980er Jahren erzielt worden, die unter anderem auch etwas mit dem cultural turn zu tun 8 Volker Press, Das Reichskammergericht in der deutschen Geschichte, Wetzlar 1987, S. 28 und passim. 9 Sellert hatte sich schon durch seine Dissertation als Experte für dieses Themenfeld ausgewiesen: Über die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshofrat und Reichskammergericht, Aalen 1965. 10 Matthias Schnettger, Die Reichsgerichtsbarkeit in Italien in der Frühen Neuzeit, in: Reichsgerichtsbarkeit, hrsg. von Siegrid Westphal [u. a.], in: zeitenblicke 3 [2004], Nr. 3; ders., Kooperation und Konflikt. Der Reichshofrat und die kaiserliche Plenipotenz in Italien, in: Gerichtslandschaft Altes Reich. Höchste Gerichtsbarkeit und territoriale Rechtsprechung, hrsg. von Anja Amend [u. a.], Köln 2007, S. 127-149; ders., Die kaiserliche Gerichtsbarkeit in Italien in der Frühen Neuzeit, in: Akten des 36. Deutschen Rechtshistorikertages, Halle an der Saale, 10.–14. September 2006, hrsg. von Rolf Lieberwirth und Heiner Lück, Baden-Baden 2008, S. 607-625; ders., Appellationen aus Reichsitalien. Ein Konfliktfeld zwischen Reichshofrat und Plenipotenz, in: Beiträge zur Österreichischen Rechtsgeschichte 1 (2013), S. 175-188.
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haben, der auf die Geschichtswissenschaft spätestens seit den mittleren 1990er Jahren übergriff. So sind etwa für die Regierungszeit Karls VI. – in Ergänzung zu der eher fürstenbezogenen traditionellen Hofforschung – die Beweggründe erhellt worden, die den Adel bewogen, sich an den Hof ziehen zu lassen – es waren weit weniger finanziell-ökonomische Gesichtspunkte als vielmehr solche der Steigerung des symbolischen und ins Soziale zu wendenden Kapitals, also der „Ökonomie der Ehre“, die ihn die möglichst permanente Nähe zum Herrscher suchen ließen11 und die ihn längere Abwesenheiten vom Hof, etwa im Rahmen diplomatischer Missionen, eher zähneknirschend akzeptieren ließen. Schließlich, es klang bereits an, ist auch die kaiserliche Politik in und gegenüber Reichsitalien, lange Zeit eine Art Reservatbezirk eines einsamen Rufers in der Wüste, des jüngst verstorbenen Karl Otmar von Aretin, nachhaltig in das Bewusstsein der fachinternen Öffentlichkeit getreten, also die Politik der Kaiser gegenüber den Reichslehen in Oberitalien, ihrer Instrumente, der Kompromisse, die sie eingehen musste12. Es ist eine der erfreulichsten Entwicklungen in der Forschungslandschaft, dass sich hier eine wirkliche Kooperation von Historikern aus Italien, Österreich und Deutschland abzeichnet13, die sich allerdings 11 Andreas Pečar, Die Ökonomie der Ehre. Höfischer Adel am Kaiserhof Karls VI., Darmstadt 2003. Mutatis mutandis werden die Ergebnisse Pečars durch die Studie von Mark Hengerer, Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Eine Kommunikationsgeschichte der Macht in der Vormoderne, Konstanz 2004, bestätigt, der sich vor allem mit der Gruppe der Kammerherren beschäftigt. 12 Maßgeblich sind hier vor allem die Arbeiten Matthias Schnettgers geworden, insbesondere: ‚Principe sovrano‘ oder ‚civitas imperialis‘? Die Republik Genua und das Alte Reich in der Frühen Neuzeit (1556–1797), Mainz 2006; Libertà e dominio. Il sistema politico genovese: le relazioni esterne e il controllo del territorio, hrsg. von Matthias Schnettger/Carlo Taviani, Roma 2011; Das Alte Reich und Italien in der Frühen Neuzeit, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Bibliotheken und Archiven 79 (1999), S. 344-420; Die Republik als König. Republikanisches Selbstverständnis und Souveränitätsstreben in der genuesischen Publizistik des 17. Jahrhunderte, in: Majestas 8/9 (2000/2001), S. 171-209; Le Saint-Empire et ses périphéries: l’exemple de l’Italie, in: Histoire, Économie et Société 23 (2004), S. 7-23; Möglichkeiten und Grenzen mindermächtiger Interessenpolitik: Oberitalienische Fürsten auf den Friedenskongressen des 17. Jahrhunderts, in: L’art de la paix. Kongresswesen und Friedensstiftung im Zeitalter des Westfälischen Friedens, hrsg. von Christoph Kampmann [u. a.], Münster 2011, S. 463-514. 13 Sie wurde u. a. greifbar in einer internationalen Konferenz in Trient im Juni 2003 (L’Impero e l’Italia nella prima età moderna/Das Reich und Italien in der Frühen Neuzeit), deren Dokumentation von Marcello Verga und Matthias Schnettger übernommen
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bisher noch nicht institutionalisiert und verfestigt hat. Im Übrigen ist dieses neuerwachte Interesse der (internationalen) Forschung an einer Peripherielandschaft des Reichs aber nur ein Symptom für einen generellen Forschungstrend, die Spannung Zentrum – Peripherie, für andere europäische Gemeinwesen seit langem ein Standardthema, auch für das Reich systematischer anzugehen; ein in Greifswald eingerichteter Forschungsschwerpunkt „Kulturen des Ostseeraums“ hat unter dieser Fragestellung für den südlichen Ostseebereich schon eine ganze Menge Zwischenergebnisse erbracht14. Schließlich und nicht zuletzt ist beim kursorischen Überblick über die Erweiterung des Forschungsdesigns der Bereich des symbolischen Handelns und der symbolischen Kommunikation zu nennen, der in den zurückliegenden eineinhalb Jahrzehnten einen gewaltigen und viele Aspekte der Reichsgeschichte in ein völlig neues Licht tauchenden Aufschwung genommen hat. Ihre Protagonistin Barbara Stollberg-Rilinger hat dieses Forschungsfeld zunächst theoretisch abgesteckt und dann vor allem reichsbezogen angepackt, seine Ausweitung auf eine europäische und damit komparatistische Ebene ist aber schon absehbar – symbolisches Handeln verstanden als zentraler Bestandteil einer Kulturgeschichte des Politischen15. Diese Ansätze haben in jüngster Vergangenheit nun in Umsetzung der theoretischen Klärungen zu einem so spannenden (und umfassenden) Vorhaben geführt, die Verfassungsgeschichte des Alten Reiches sozusagen von der Symbolsprache her (neu) zu verstehen16 und mit manchen Klischees der nach-reichischen Geschichtsschreibung aufzuräumen. Zwei der in Stollberg-Rilingers magistralem Werk Des Kaisers alte Kleider versammelten vier Fallstudien sind der Zeit nach dem Westfälischen Frieden gewidmet, also Fragen des symbolischen Handelns des Reichsoberhaupts und seiner Präsenz und Repräsentanz im Reich: die eine dem in mehrfacher Hinsicht „aufregenden“ wurde: L’Impero e l’Italia nella prima età moderna/Das Reich und Italien in der Frühen Neuzeit, Bologna/Berlin 2006. 14 Z. B. Michael North/Nils Jörn (Hrsg.), Die Integration des südlichen Ostseeraums in das Alte Reich, Köln/Weimar/Wien 2000. 15 Von den zahlreichen Arbeiten Barbara Stollberg-Rilingers aus den jüngst zurückliegenden Jahren nenne ich stellvertretend nur den von ihr herausgegebenen Sammelband: Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, Berlin 2005, zu dem sie die Einleitung (S. 9-24) verfasst hat. Neben anderem wichtig zudem: dies., Rituale, Frankfurt/M./New York o. J. [2013]. 16 Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008.
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ersten Reichstag nach dem Westfälischen Frieden, der sich mit den sog. negotia remissa zu beschäftigen hatte, also mit möglichen Weiterentwicklungen der Reichsverfassung, der aber eindringlich vor Augen führte, dass das „Statussystem“ des Reichs, symbolisiert in den Sessionen (und den Konkurrenzen von Prätendenten), wegen der neuen Ansprüche „quasisouveräner Potentaten“ nicht mehr funktionierte. Die andere Fallstudie widmet sich ausschnitthaft dem Immerwährenden Reichstag des Jahres 1764 und der ihm parallellaufenden Römischen Königswahl und -krönung Josephs (II.), die ja durch die Erinnerung Johann Wolfgang Goethes, der als „Zeitzeuge“ das Frankfurter Ereignis beobachte und sich Jahrzehnte später in seiner Autobiographie – nicht ohne Empathie und es zugleich belächelnd – darüber Rechenschaft ablegte, im allgemeinen Bewusstsein des Bildungsbürgertums ihren Platz hat(te). Das Reich trat auf dem Reichstag zwar nach wie vor in Erscheinung, die innere Spannung war durch das Ungleichgewicht zwischen den wenigen großen und den vielen mittleren und kleineren Reichsständen aber kaum noch aushaltbar geworden, zumal sich die „Großen“ von ihren lästig gewordenen Reichspflichten zunehmend zu emanzipieren suchten. Und es litt massiv darunter, dass es in den Augen namhafter Repräsentanten der kaiserlichen Regierung inzwischen zu einem bloßen Akzidens geworden war, fassbar in vielen Bekundungen Josephs, der den alten Zeremonien keinerlei Verständnis entgegenbrachte und sich geradezu demonstrativ über Zeremonialvorschriften hinwegsetzte – bezeichnenderweise machte Joseph II. auf der Rückreise von seiner Frankfurter Krönung keine Station mehr in Regensburg, obwohl sein Schiff doch in Sichtweite vorbeifuhr. Das Bild vom Reichs„körper“ mit der wenigstens gelegentlichen Präsenz des Reichsoberhaupts war zumindest deutlich verblasst und hatte an Konturen eingebüßt. In beiderlei Hinsicht hatte das kurze Kaisertum des Wittelsbachers Karl VII., der den „großen“ Reichsfürsten ein Übermaß an Entgegenkommen entgegengebracht hatte und zu dessen Lasten die Wahlkapitulation erheblich verändert worden war, eine verhängnisvolle Entwicklung eingeleitet. So viele Impulse indes von der „Münsteraner Schule“ Stollberg-Rilingers ausgingen und selbst schon materialisiert wurden, so waren sie doch zugleich auch Ausdruck einer ganz allgemeinen Erweiterung des Forschungsdesigns unter Fragestellungen der Repräsentanz und des symbolischen Handelns. Sie haben zum Beispiel ganz unabhängig von den wegweisenden Anregungen aus Münster vor allem für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ihre Früchte getragen, für die unter Fragestellungen und mit den entsprechenden Begrifflich41
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keiten der Geschichte der politischen Kultur, namentlich dem Schlüsselbegriff der „Performanz“, insbesondere die Präsenz der Kaiser in Gestalt ihrer Reisen „ins Reich“ und ihrer Entrées solennelles eindringlich aufgearbeitet worden sind17 – Reisen zu den Wahltagen und den Reichstagen (allerdings nicht regelmäßig), in ganz wenigen Fällen verbunden auch mit den Besuchen von kurfürstlichen Höfen (Kurpfalz, Kursachsen). Das war freilich dann zugleich auch die letzte Blütezeit eines intensiven, unterschiedliche Medien nutzenden kommunikativen Austauschs zwischen Oberhaupt und Ständen – mit dem Übergang zum 30-jährigen Krieg brach diese Tradition des regelmäßigen, systemischen zeremoniellen Austauschs zwischen dem Kaiser und seinen Untertanen bzw. deren Obrigkeiten zwar nicht abrupt, dann aber doch irreversibel ab18. Auf die wenigen Ausnahmen wird zurückzukommen sein. Solche Aspekte einer Kulturgeschichte des Politischen waren – natürlich – in Volker Press’ Überlegungen allenfalls ansatzweise vorhanden; in den mittleren und späteren 1980er Jahren war der cultural turn höchstens vage absehbar gewesen, aber noch weitab von der Realität des Forschens. * Alle diese hier nur recht pauschal angesprochenen Entwicklungen und Veränderungen der Forschungslandschaft zentrieren sich mutatis mutandis um die Person des Kaisers, um seine „Majestät“ im Sinn der feierlichen Ausübung ritueller Akte wie Belehnungen oder Reichstagseröffnungen, um seine Präsenz, und dies soll Anlass geben, nicht bei einer bloßen Forschungsbilanz stehenzubleiben, sondern eine Frage wieder einmal aufzuwerfen, die die zeitgenössische Publizistik, vor allem soweit sie habsburgkritischer Art war, wiederholt beschäftigt hat. Es war kein Zufall, dass Bogislaw Philipp (von) Chemnitz19 in seinem unter einem Pseudonym erschienenen (lateinischen) Pamphlet aus dem Jahr 1640 die 17 Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis. Formen und Funktionen der Herrschaftsinszenierung bei Kaisereinzügen (1558–1618), Köln/Weimar/Wien 2011. 18 Sieht man einmal von den Wahl- und Krönungstagen ab, bei deren Bereisung die Kaiser/ Könige natürlich in Kontakt zur Bevölkerung kamen, gab es kaum noch Gelegenheiten außerhalb der Erblande, mit Reichsuntertanen zusammen zu treffen. Gerade deswegen wäre eine Fortsetzung der ertragreichen Studie von Harriet Rudolph wenigstens für die Zeit bis zum Westfälischen Frieden (mit mehreren Wahl-, Krönungs- und Kurfürstentagen) wünschenswert. 19 Nach wie vor lesenswert: Rudolf Hoke, Hippolithus a Lapide, in: Staatsdenker im 17.
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Ablösung der Habsburger aus dem Kaiseramt und ihre Vernichtung auch damit begründete, dass sie im Reich überhaupt nicht mehr präsent seien; ein neuer Kaiser aus einer anderen Dynastie sollte zu einem guten Teil mit als Reichsgut zurückfallendem Territorialbesitz unterhalten werden, der seine permanente Präsenz im Reich garantieren würde. Chemnitz und anderen, die das ganze monarchische Europa im Blick hatten, mochte der Unterschied zu den nationalen Königreichen im Westen und Südwesten des Kontinents besonders in die Augen springen, deren Herrscher bei aller Tendenz zur Verhofung in einem Maß in ihren Reichen persönlich präsent waren, mit dem die relativ wenigen Reisen der Habsburger ins Reich überhaupt nicht vergleichbar waren. Von Elisabeth I. ist bekannt, dass sie so gut wie jedes Jahr ihre Provinzen bereiste (und sich dabei nicht nur auf den von ihren Vorfahren errichteten Schlössern, sondern mit Vorliebe, und das nicht nur zum Vergnügen der Gastgeber, beim regionalen Adel einquartierte), das gleiche gilt für die französischen Könige, deren feierliche Entrées in die Städte ihres Reiches für die kommunalen Funktionsträger immer aufs neue eine (logistische und ikonographische) Herausforderung darstellten. Selbst Ludwig XIV., der die „Verhofung“ der französischen Monarchie entscheidend vorantrieb, hat es sich nicht nehmen lassen, auf „zahlreichen Reisen“20 mit erheblichem zeremoniellem Aufwand die Provinzen seines Gemeinwesens immer wieder aufzusuchen21 – wobei gar nicht in Abrede gestellt werden soll, dass ihn dabei nicht nur der Wunsch nach Kontaktpflege und Austausch mit seinen Untertanen leitete, nach stillschweigendem oder explizitem Konsens, sondern auch Momente der Kontrolle bestimmter Sozialgruppen, etwa wenn er, was sehr häufig vorkam, zu seinen Heeren reiste. Und mehr als das: Die überall anzutreffenden Places Royales und die in den größeren Städten selbstverständlichen Reiterstandbilder des Roi-Soleil sorgten dafür, dass seine Präsenz als immerwährend
und 18. Jahrhundert: Reichspublizistik – Politik – Naturrecht, hrsg. von Michael Stolleis, 2. Aufl., Frankfurt/M. 1987, S. 118-128. 20 Klaus Malettke, Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Profil und Leistung, Göttingen 1994, S. 68. 21 Die Entrées solennelles sind in Frankreich und in der angelsächsischen Welt ein riesengroßes Forschungsfeld, wobei es sich bisher vor allem auf die Zeit der Renaissance – unter anderem Heinrich IV. – fokussiert. Das Thema findet immer wieder auch seinen Niederschlag in lokalen Ausstellungen, etwa zu den königlichen Einzügen in Avignon und Carpentras im Jahr 1997, die auch in einem Katalog dokumentiert sind.
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empfunden wurde. Das ging über das Rituelle weit hinaus: der Monarch wurde zum Begleiter des tagtäglichen Lebens. Im Reich entwickelten sich die Dinge ganz anders. Nach einer Phase relativ ausgeprägter Mobilität im ausgehenden 16. Jahrhundert, die mit den häufigen Wahl-, Kurfürsten- und Reichstagen zusammenhängt und, wie erwähnt, jüngst umfassend aufgearbeitet worden ist22, zog sich das Kaisertum – wenn man den Ausgang der langen Regierungszeit Rudolfs II. und sein Verbleiben in Prag, im Schatten der böhmischen Aufständischen, hier einmal unberücksichtigt lässt, das durchaus schon zu Mahnungen führte, endlich wieder „ins Reich“ zurückzukehren23 – seit der Mitte des 17. Jahrhunderts weitgehend aus dem Reich zurück, mitbedingt natürlich auch durch die Verstetigung des Reichstags, der immer eine besonders spektakuläre Bühne geboten hatte, den Kaiser in all seiner Majestät vor Augen zu führen. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts reduzierte sich die persönliche Präsenz des Kaisers in der Regel auf seine Reise zum Wahlund Krönungsort – meist jetzt Frankfurt, auch das schon eine Konzession an die aus Wien anreisenden, also mit langen Reisen und Strapazen konfrontierten Habsburger, denn die Fahrt nach Aachen, dem traditionellen Krönungsort, hätte ja Wochen mehr in Anspruch genommen. Und die Kaiser reisten in 140 Jahren noch ganze zwei Mal zu einem Reichstag an; mit der Perpetuierung des Reichstags wurde das hinfällig bzw. schmolz auf die beiden Fälle zusammen. In Stollberg-Rilingers großer Verfassungsgeschichte ist eindringlich vor Augen geführt worden, wie Ferdinand III., der ja scheinbar durch den Westfälischen Frieden erheblich in die Defensive gedrängt worden war, vor großem fürstlichen Publikum mit der persönlichen Präsenz seiner gesamten Familie und den subtilen Mitteln des Zeremoniells den kombinierten Wahl-, Hof- und Reichstag als Forum des Gegensteuerns, der Reanimierung des Kaiseramts nutzte – eine Politik, in der manche Beobachter sogar schon das Motiv des Dynastizismus zu erkennen meinten24 und die konsequent, u. a. durch die eher ungewöhnliche und nicht der Normalität entsprechende Krönung der Kaiserin, darauf angelegt war, 22 Vgl. die oben Anm. 17 genannte Monographie von Harriet Rudolph, Das Reich als Ereignis. 23 Vgl. Anton Chroust (Bearb.), Der Ausgang der Regierung Rudolfs II. und die Anfänge des Kaisers Matthias, München 1006, S. 54 und 202. Man reflektierte sogar darüber, in Ermangelung einer festen Residenz dem Kaiser wechselnde Residenzen an bestimmten Fürstenhöfen anzudienen. 24 Vgl. Stollberg-Rilinger, S. 180.
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die Hierarchie des Kaiserhofs vor die des Reiches zu schieben, die Reichshierarchie und das Herkommen zu überspielen25. Sein Sohn Leopold reiste dann noch einmal aus Anlass der Eröffnung des Reichstags von 1663 nach Regensburg – da aus diesem Reichstag dann der „immerwährende“ wurde, entfiel für die Kaiser seitdem die Chance, sich an dessen Beginn und Abschluss in all ihrer Autorität sinnfällig zu präsentieren. Die Habsburger haben das aber sicher nicht nur beklagt, weil 1653/54 erwiesen hatte, dass der Kaiser wegen der unendlichen – und strukturell unlösbaren – Präzedenzstreitigkeiten und der Erwartung, er werde sie lösen können, in immer größere Schwierigkeiten geraten war und auch fernerhin geraten würde. Die Mobilität des Kaiserhofs beschränkte sich seitdem, abgesehen von den wenigen Wahlen und Krönungen „im Reich“, also jenseits der Residenzstadt an der Donau. in aller Regel auf Wien und die niederösterreichischen und burgenländischen Schlösser der Umgebung26, sieht man einmal von den für manche Kaiser selbstverständlichen Besuchen der ungarischen Landtage, von (innerösterreichischen) Wallfahrten u. ä. ab. Faktum war: Bei aller emotionalen Bindung der Reichsuntertanen an „ihren“ Kaiser haben ihn die weitaus meisten Menschen jenseits der Grenzen der Erblande nie persönlich zu Gesicht bekommen. Auch der traditionelle Krönungsumritt war schon seit dem mittleren 16. Jahrhundert so gut wie gänzlich außer Gebrauch gekommen; bei den Schifffahrten zu den und von den Krönungsorten zurück nach Wien blieben die Majestäten in aller Regel an Bord und nahmen noch nicht einmal die Gelegenheit wahr, in der Reichstagsstadt Regensburg auszusteigen und ggf. sogar Amtsverrichtungen auszuüben. Das Reich wurde für die Kaiser zum ungeliebten Nebenschauplatz, das „reichische“ Leben in Gestalt etwa von Lehennahmen verlagerte sich zur Gänze nach Wien, wo allenfalls noch der Reichsvizekanzler und der Reichshofrat so etwas wie Reichsbewusstsein aufrecht erhielten, wohin die Reichsfürsten mit guten Gründen – in der Ranghierarchie des dortigen Hofes war für sie grundsätzlich kein Platz vorgesehen – aber nur noch ganz ausnahmsweise einmal reisten. Diese Enthaltsamkeit erstaunt auch deswegen, weil die politische Theorie der Zeit, die u. a. fassbar wird in der Fürstenspiegelliteratur, die Bedeutung des leichten und allgemeinen Zugangs des Fürsten, also seine Zugänglichkeit für die Untertanen, sehr stark betonte. Nicolaus Vernulaeus etwa unterstrich 1640, 25 Stollberg-Rilinger, S. 193. 26 Vgl. Hengerer, Kaiserhof und Adel, S. 130.
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dass der Zugang zum Herrscher für alle immer und ohne Schwierigkeiten offen stehen müsse. Auch der in den späten 1620er oder frühen 1630er Jahren für den Gebrauch am Kaiserhof verfasste Princeps in compendio geht aus von der Idealvorstellung einer Interaktionsgesellschaft, in der alle Schichten der Bevölkerung und jeder einzelne Untertan mit dem Fürsten in Kontakt treten können müsse, will aber doch die Einschränkung nicht übergehen, dass die Wahrung der Autorität, also der Majestät, in jedem Fall Vorrang haben müsse27. Aber bei solchen Reflexionen wurde der Fürst natürlich immer als der Passive behandelt, als der, der empfängt, nicht als der, der auf seine Untertanen zugeht. Auf der anderen Seite klang das bei Fürsten, die selbst mit einem theoretischen Anspruch über ihr Amt nachdachten, ganz ähnlich; Ludwig XIV. etwa hat in seinen Mémoires darüber reflektiert, dass es das Signum der französischen Monarchie sei, dass alle Untertanen freien und ungehinderten Zutritt zu ihrem Herrscher hätten. Es ist immer wieder nachhaltig zu bedauern, dass sich so wenige frühneuzeitliche Herrscher mit ähnlichen Selbstreflexionen beschäftigt haben; die Politischen Testamente bilden hier nur einen notdürftigen Ersatz. Immerhin spiegeln sie für eine andere, viel kleinere staatliche Dimension den Grundzug fürstlichen Selbstverständnisses wider, wie es etwa das Politische Testament des hessen-darmstädtischen Landgrafen Georg II. aus dem Jahr 1660 illustriert: Der Nachfolger soll den Klagen und Beschwerden der Untertanen über die Beamten nachgehen, und zwar „auch auf den Raißen, Iagten und beÿ dergleichen Gelegenheiten auf dem Land seine Underthanen quasi aliud agens mit gütlichen Worten fragen, wie es ihnen gehe? ob sie etwa klagten und was sie vor Anligen haben?“28. Es geht nicht darum, die Situation in den westeuropäischen Nationalstaaten mit der des Reiches in eins zu setzen und vermeintliche Defizite hier oder dort zu beklagen. Aber die Diagnose wird davon nicht berührt und auch dadurch nicht relativiert, dass eine Reise „ins Reich“ immer ein logistisches Großunternehmen29 und auch angesichts der notorischen Finanzknappheit der Wiener Hofburg eine finanzielle Herausforderung30 war – der Befund bleibt: das 27 Edition von Franz Bosbach in: Das Herrscherbild des 17. Jahrhunderts, hrsg. von Konrad Repgen, Münster 1991, S. 79-114. 28 Politische Testamente und andere Quellen zum Fürstenethos der Frühen Neuzeit, hrsg. von Heinz Duchhardt, Darmstadt 1987, S. 64. 29 Vgl. Hengerer, Kaiserhof, S. 137 mit Anm. 514. 30 Vgl. Hengerer, Kaiserhof, S. 588.
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Reichsoberhaupt war persönlich im Reich nicht (mehr) präsent. Man kann darauf abheben, dass nach dem Ius feudale der Herrscher niemals zu dem Vasall kommt, sondern das Verfahren immer umgekehrt ist: der Vasall kommt zum Lehensträger – was bei den Lehenserneuerungen der sog. Kronlehen ja auch lange Zeit so praktiziert wurde, bis die Belehnung, auch wenn man zunächst immer noch eine entsprechende Entschuldigung des betreffenden Fürsten erwartete, nach 1653/54 dann durchgängig von Diplomaten entgegengenommen wurde31, sich die Entpersonalisierung der Politikbeziehungen also auch in dieser Sphäre durchsetzte. Mochte Chemnitz sich über das rituell ausgestaltete Lehenswesen auch noch so ironisch und despektierlich äußern32: die solennen Mutungen waren ein spektakuläres Moment gewesen, die die Majestät des Kaisers visibel gemacht hatten. Man kann auf die Selbstinterpretation verweisen, derzufolge der (fürstliche!) Prinzipalkommissar in Regensburg die Person des Kaisers „repräsentierte“ und, wie jüngst gezeigt wurde, noch im Siebenjährigen Krieg eine beachtliche Klientel zu aktivieren wusste33, man könnte ergänzend darauf hinweisen, dass der vom Kaiser ernannte Kammerrichter des Reichskammergerichts bei den solennen Akten in Wetzlar ebenfalls die Majestät des kaiserlichen Oberstrichters stellvertretend verkörperte – aber der Kreis der Menschen, die Zeugen eines solchen Aktes in Regensburg oder Wetzlar waren, blieb dann doch arg begrenzt. Man kann nicht in Abrede stellen, dass bei den Bischofswahlen in den geistlichen Staaten der kaiserliche Wahlkommissar als veritabler Repräsentant des Kaisers auftrat und die kaiserliche Genehmhaltung der vollzogenen Wahl aussprach34 – ein durchaus solenner Akt. Man kann darauf abheben, dass die Institution Kaisertum zumindest in den „kaisernahen“ Regionen des Reiches natürlich allenthalben präsent war: in den Kirchenfenstern von St. Lorenz und St. Sebald in Nürnberg, in den Kaisertreppen der süddeutschen Stiftsgebäude, im figürlichen Schmuck der reichsstädtischen Rathäuser, in all dem, was auf einer großen Tagung in Irsee Mitte der 1990er Jahre, die ganz wesentlich 31 Meist übrigens mit mehrjährigem Abstand zum Thron- bzw. Amtswechsel! 32 Vgl. Stollberg-Rilinger, S. 143. 33 Michael Rohrschneider, Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745–1763), Göttingen 2014. 34 Vgl. Hubert Wolf, Präsenz und Präzedenz. Der kaiserliche Wahlkommissar und die Entwicklung von Verfahren und Zeremoniell bei den frühneuzeitlichen Bischofswahlen, in: Christoph Dartmann [u. a.] (Hrsg.), Technik und Symbolik vormoderner Wahlverfahren, München 2010, S. 183-200.
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von dem viel zu früh verstorbenen Rainer A. Müller konzipiert worden war, unter dem Rubrum „Bilder des Reiches“ zusammengetragen wurde35. Aber geben sich die Menschen auf Dauer mit Abstracta und Sachobjekten zufrieden? Brauchen sie nicht wenigstens dann und wann auch das Haptische, das Unmittelbare? Man kann auch darauf abheben, dass der Kaiser schließlich durch seine Diplomaten und die Kommissionen indirekt präsent war – aber dem lässt sich entgegenhalten, dass eine halbwegs flächendeckende diplomatische Präsenz der Hofburg erst nach dem wittelsbachischen Intermezzo auf dem Kaiserthron zustandekam und dass die Kommissionen zwar in kaiserlichem Auftrag agierten, sich aber doch in aller Regel aus Persönlichkeiten aus der jeweiligen Region zusammensetzten. Und zudem: Wer außer den politischen Eliten an einem Hof bekam einen kaiserlichen Diplomaten zu Gesicht, ersetzte eine indirekte Präsenz den persönlichen Eindruck, das Charisma eines Herrschers von Gottes Gnaden, eines, der in ein eschatologisches Gedankengebäude eingebunden war oder dies doch immerhin und nach wie vor durch seine publizistischen Begleittruppen behaupten ließ36? Nun wird man solchen und ähnlichen rhetorischen Fragen entgegenhalten, dass der jeweilige Kaiser natürlich immer und in allen Köpfen präsent war. Die politische Ikonographie und die Kommunikationsforschung haben in den zurückliegenden Jahren verdeutlicht, in welchem Maß auch die Wiener Hofburg fehlende persönliche Präsenz auf medialem Weg zu substituieren suchte: durch Medaillen zu dynastischen Ereignissen und persönlichen Jubiläen oder aus Anlass der Krönung, durch Kupferstiche zu wichtigen Schlachten oder Friedensschlüssen, durch universitäre Thesenblätter, letztlich auch durch Kalender und andere mit dem Konterfei des Kaisers gezierte Gebrauchsgegenstände in vielen Haushalten, soweit sie literate Mitglieder hatten. Die jüngste Forschung hat zwar gezeigt, dass von einer wirklichen Medienstrategie etwa für das Zeitalter Leopolds I. nicht gesprochen werden kann37, aber findige Medienunternehmer substituierten diese Zurückhaltung der Hofburg unter Nutzung des nicht geschützten Porträts des Kaisers mehr oder weniger konsequent aus, um seine 35 Dokumentation: Bilder des Reiches, hrsg, von Rainer A. Müller, Sigmaringen 1997. 36 Patrick von zur Mühlen, Die Reichstheorien in der deutschen Historiographie des frühen 18. Jahrhunderts, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte GA 89 (1972), S. 118-146. 37 Jutta Schumann, Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I., Berlin 2003.
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Pietas oder seine europäische Funktion bei der Türkenabwehr zu unterstreichen – unbeschadet der Tatsache, dass Leopold I. bei der Kahlenbergschlacht ja alles andere als eine glückliche und überzeugende – von heroische ganz zu schweigen – Figur gemacht hatte38 und sich fluchtähnlich aus Wien absetzte, statt sich mit an die Spitze des alliierten Heeres zu stellen, wie es die Kaiserideologie an sich vorgab. Aber auch hier muss noch einmal die rhetorische Frage ihren Platz haben: können Bilder mit dem Porträt des amtierenden Kaisers – auf Titelkupfern oder illustrierten Flugblättern, auf Ehrenpforten und Medaillen – persönliche Präsenz wirklich ersetzen? Die am symbolischen Handeln orientierte Geschichtswissenschaft wird eine bejahende Antwort nahe legen, aber Zweifel bleiben. Hat die konsequente Absenz der Habsburger eine wirkliche Identifikation nicht nur der territorialen Funktionsträger, sondern breiter Bevölkerungsschichten mit der Dynastie verhindert? Hat die reichsstädtische Bevölkerung nicht irgendwann doch wehmütig auf vergangene Zeiten zurückgeblickt, als die Huldigung vom Kaiser persönlich und nicht irgendeinem Kommissar entgegengenommen wurde – und als die Stadtobrigkeiten sich in all ihrer Pracht darstellen konnten, die heimischen Künstler an der Gestaltung der Ehrenpforten gutes Geld verdienten, die gelehrten Räte und die Professoren der Schulen noch vor der Herausforderung standen, originelle Inschriften und Chronostichen zu erfinden? Hätte die mehr oder weniger regelmäßige „Verreichung“ der liturgischen Fußwaschung an den Gründonnerstagen und die Tafeldienste für die Armen durch den Kaisers sein Prestige im Sinn seiner fortwährenden Barmherzigkeit und caritas für seine Untertanen nachhaltig steigern können – ein „Instrument“ wie die Skrofelnheilungen stand den römisch-deutschen Kaiser ja nicht zur Verfügung? Wäre der rasante Prestigeverlust der Casa de Austria in der Epoche Josefs II. , der dem Reichsorganismus und seiner komplizierten Symbolik unverständig gegenüberstand, vielleicht weniger dramatisch verlaufen, wenn die emotionale Bindung an die Dynastie ausgeprägter gewesen wäre? Wäre ein Mehr an kaiserlicher Präsenz im Reich jenen Stimmen entgegengekommen, die, wie der jüngere Moser, ein neues Nationalgefühl einforderten, das man wohl im Sinn eines stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühls verstehen sollte?
38 Dazu Heinz Duchhardt, Leopold I. – der Türkensieger?, in: Krig fra først til sidst. Festskrift til Knud J. V. Jespersen, Odense 2006, S. 199-206.
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Solche und ähnliche Fragen legen sich unter anderem auch deswegen nahe, wenn man sich vergegenwärtigt, wie sehr sich die Bindekraft zwischen Souverän und Dynastie auf der einen und Untertanenschaft auf der anderen Seite durch persönliche Präsenz verstärken konnte. Paradebeispiel für diese Interdependenz ist sicher der Preußenkönig Friedrich II., der ohne den Ballast eines Sacre und einer Gottesnähe assoziierenden Krönung39 ein im besten Sinn des Wortes patriarchalisches Verhältnis zu seinem Untertanenverband suchte und auf seinen zahllosen Inspektionsreisen auch fand. Die borussische Geschichtsschreibung mag hier zwar dies und jenes überzeichnet haben („Der allgegenwärtige König“), aber es scheint keine Frage zu sein, dass die exzeptionelle Opfer-, Leidensund Identifikationsbereitschaft der preußischen Untertanen hier eine ihrer Wurzeln hat – einem Fürsten, der nicht nur militärische Glanztaten vollbrachte und deswegen einem Olymp zugeordnet wurde, sondern den man sehen, sprechen und anfassen konnte, der weit über Preußens Grenzen hinaus zu einer Identifikationsfigur wurde und selbst rheinische Kleinadlige wie zwei Brüder vom Stein bewog, ganz entgegen der Familientradition und der bisherigen familialen Handlungsmuster in seine Dienste und nicht die der Hofburg oder des Reiches einzutreten. Aber es wäre etwa auch an das Exempel Maria Theresias zu erinnern, der in Ungarn in der großen Existenzkrise der Habsburgermonarchie nach 1740 deswegen eine so große Sympathie entgegenschlug, weil sie mehrmals persönlich in dieses Kronland reiste. Man sollte das Haptische auch für die Vormoderne nicht bagatellisieren. Es soll nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gutteil der Popularität der jungen Habsburgerin und des Preußenkönigs, seiner Stilisierung zu, wie Karl Otmar von Aretin das zuspitzend formulierte40, einem Gegenkaiser, in dieser Anfassbarkeit gründete. Auf der anderen Seite muss man wohl zugeben, dass das hier angezogene Beispiel des Preußenkönigs aus dem Durchschnitt seiner Standesgenossen dann doch herausragt. Ludwigs XIV. Nachfolger Ludwig XV. hat, wohl auch wegen seiner Scheu, öffentliche Ansprachen zu halten, sich fortwährend zwar von einem Jagdschloss zum anderen bewegt, aber die großen Entrées solennelles dann doch viel weniger praktiziert als sein Urgroßvater. Und auch von den Stuart39 Vgl. Heinz Duchhardt, Die preußischen Nicht-Krönungen nach 1701, in: Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation, hrsg. von Johannes Kunisch, Berlin 2002, S. 257-263. 40 Karl Otmar von Aretin, Heiliges Römisches Reich 1776–1806. Reichsverfassung und Staatssouveränität, 2 Bde., Wiesbaden 1967, Bd. 1. S. 19ff.
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Königen des ausgehenden 17. Jahrhunderts ist keine Reisetätigkeit im Land in der Größenordnung überliefert wie bei Elisabeth. Die ersten Welfenkönige haben ihre Reisetätigkeit und den bewusst gesuchten Kontakt mit der Untertanenschaft wohl ebenfalls eher auf die Reisen zwischen London und ihrem Stammland beschränkt. Aber für diese Monarchen gab es dann doch genug Gelegenheiten, mit dem „Volk“ in Kontakt zu treten: aus Anlass von Besuchen des Heeres, von Skrofelnheilungen, im Parlament. Derart fernab von ihrer Bevölkerung wie die römisch-deutschen Kaiser waren sie wohl doch nicht, obwohl die meisten von ihnen vom Zustand der Popularität weit entfernt blieben. Wirkliche und unzweideutige Belege, dass man die kaiserliche Absenz als ein Problem und als ein tiefreichendes Defizit empfand, wird man freilich kaum finden, zumal sich für die meisten Autoren des 17. und des 18. Jahrhunderts eine Fundamentalkritik an der Person des Kaisers und der Institution des Kaiseramts eo ipso verbot. Man wird sie aber auch deswegen allenfalls ausnahmsweise einmal ausmachen, weil für die – meist ja für einen landesfürstlichen Hof und dessen Interessen schreibenden – Pamphletisten das Herbeireden einer stärkeren Präsenz des Kaisers im Reich mit den Emanzipations- und Autonomietendenzen ihrer Auftraggeber überhaupt nicht kompatibel war. Selbst in den Zeiten, in denen über eine Reichsreform intensiver nachgedacht worden ist, etwa im Umfeld des Fürstenbundes von 1785, macht es Mühe, unzweideutige Belege für dieses Thema zu finden. Beispielsweise muss man schon arg zwischen den Zeilen lesen, wenn der pfalz-zweibrückische Minister Hofenfels in einer (der Forschung seit langem bekannten) Denkschrift vom Februar 1784, deren erklärtes Ziel es war, den eigenen Herzog Karl August als zukünftigen Erben aller wittelsbachischen Territorien als Kaiserkandidaten ins Gespräch zu bringen, dessen Nähe zum Reich hervorhob und einer irgendwie gearteten Einschränkung der kaiserlichen Rechte strikt widersprach41. Aber in aller Regel ging es den Pamphletisten der 1780er Jahre, den Pfeiffer und Müller, den Posselt und Siegmann und wie sie alle hießen, nicht mehr um das Thema, den Kaiser räumlich näher an das Reich heranzuführen oder in das Reich zu holen42. Sowohl die von Friedrich Karl 41 Eingehend behandelt bei Karl Otmar von Aretin, Heiliges Römisches Reich 1776–1806. Reichsverfassung und Staatssouveränität, Bd. 1, Wiesbaden 1967, S. 171f. 42 Zur reichsbezogenen Publizistik des (17. und) 18. Jahrhunderts grundlegend: Wolfgang Burgdorf, Reichskonstitution und Nation. Verfassungsreformprojekte für das Heilige Römische Reich deutscher Nation im politischen Schrifttum von 1648 bis 1806, Mainz 1998.
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von Moser ausgelöste Nationalgeistdebatte als auch die Freiheitsdiskussion, die sehr schnell auf die konkreten Verfassungszustände im Reich bezogen wurde, waren kein Boden mehr, über einen Zuwachs an oder Wiederbelebung von Kaiserrechten, der ja aus einer stärkeren Kaiserpräsenz hätte erwachsen können, zu diskutieren. Insofern hat die hier thematisierte Frage, ob das denn wirklich noch das Reich des Kaisers war, das und dessen Menschen er nicht mehr kannte, einen eher akademischen Charakter. In der politischen Praxis waren alle Seiten – die Fürsten, die ungestört ihren eigenen Staatsausbau vorangetrieben hatten und zumindest Quasi-Souveränität besaßen (und dementsprechend die traditionelle Lehennahme immer mehr zu entwerten suchten), der jeweilige Kaiser, der lästigen und kostspieligen Reisen aus dem Weg gehen konnte (und allenfalls wie Joseph II. in „herrschaftstechnischer Absicht“43 „incognito“ das Reich noch das eine oder andere Mal durchstreifte) – mit dem status quo recht zufrieden. Ob es auch der Weber in Augsburg und der Rheinschiffer, die Jüdin in Hameln44 und die Dienstmagd in Schwäbisch-Hall waren, der lokale Bürgermeister und der heimische Künstler in einer Reichsstadt, das bleibe auf sich gestellt. Es soll bei alledem nicht in Abrede gestellt werden, dass in Einzelfällen – so schwierig sich das angesichts der landesherrlichen privilegia de non appellando und aus geographischen Gründen auch gestalten mochte – landsässige, also reichmittelbare Untertanen über Suppliken den Rechtsweg nach Wien beschritten (und also eine wenigstens approximative Vorstellung von kaiserlicher Majestät und plenitudo potestatis besaßen), dass Einzelpersonen wie Buchhändler, die um kaiserliche Druckprivilegien einkamen, Hospize und „normale“ Bürger, die kaiserliche Lehen innehatten und dafür bei jedem Lehensfall eine wunderbare kaiserliche Urkunde erhielten, dass Korporationen oder Einzelne den Kaiserhof um Bestätigungen von Privilegien baten. Aber rein quantitativ waren solche direkten Kontakte zum Kaiserhof für den hier betrachteten Zeitraum45 – die lau-
43 So Stollberg-Rilinger, S. 245. 44 Zu den – in aller Regel freilich nicht persönlichen – Beziehungen zwischen deutschen Juden und dem Kaiser (mit Einschluss des Reichshofrats) vgl. nun den Sammelband von Stefan Ehrenpreis [u. a.] (Hrsg.), Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte, München 2013. 45 Das einschlägige Forschungsprojekt der Universitäten Graz und Eichstätt zu den Suppliken reichsmittelbarer Untertanen an den Kaiser erfasst ja „nur“ die lange Amtszeit Kaiser Rudolfs II. (1576–1612).
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fenden Auswertungen der Reichshofrats- und sonstigen Wiener Akten werden das mutmaßlich bestätigen – doch nur von geringer Bedeutung. Aber auch im Wissen um diese fortbestehenden Kontakte einzelner nichtadliger Gruppen kann das kein Grund sein, die Frage der defizitären Präsenz des Kaisers in „seinem“ Reich nicht aufzuwerfen und einerseits den Gründen dieser Absenz nachzugehen, andererseits den heuristischen Wert eines solchen Ansatzes einzuräumen. Die moderne Geschichtswissenschaft hat – es klang eingangs an – keine Scheu mehr, unkonventionelle Fragen zu stellen, die Quellen gegen den Strich zu bürsten, Gefühlen, Emotionen auf die Spur zu kommen – heute stärker denn je zuvor –, sich auch mit etwas zu beschäftigen, was realpolitisch nie eintrat, aber die Menschen unterschiedlicher Politiknähe durchaus bewegte – die Frage, ob denn nicht auch einmal ein Protestant auf den Kaiserthron gelangen könne, war in bestimmten Schlüsselszenen der Frühen Neuzeit ein breit diskutiertes Thema und wurde insofern, und sei es als Negativfolie und als Schreckensszenario, dann eben doch auch politikwirksam46. Aber das Plädoyer dieses Beitrags geht über die „Legalisierung“ des Kontrafaktischen als einer geschichtswissenschaftlichen Kategorie sui generis hinaus. Der breite Bereich der Kulturgeschichte des Politischen mit ihrem Rekurs auf bisher unterschätzte politisch-soziale Phänomene eröffnet über die politischen Inszenierungen und die ihnen zugrunde liegenden, in vielen Fällen gar nicht mehr im Bewusstsein der Akteure präsenten Verhaltensstrukturen ein weites Feld, das nach dem Aufarbeiten des von der Norm abweichenden Verhaltens, nach Veränderungen des zweiten oder dritten Niveaus, das sich dann in Krisensituationen Bahn bricht, schließlich auch nach der Analyse des Verzichts, geradezu verlangt. Ob die Habsburger vor Maria Theresia, die sich konsequent weigerte, sich zur Kaiserin krönen zu lassen und zur Krönung ihres Sohnes mit ins Reich zu reisen, und vor Joseph II. wohl ihre Abkoppelung von den Untertanen selbst gelegentlich als Defizit empfunden haben werden? Dieser Aspekt der Kulturgeschichte des Politischen scheint noch auf der Agenda zu stehen – und beim Stichwort des „Verzichts“ schließt sich der Kreis.
46 Heinz Duchhardt, Protestantisches Kaisertum und Altes Reich. Die Diskussion über die Konfession des Kaisers in Politik, Publizistik und Staatsrecht, Wiesbaden 1977.
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Personenregister Abkürzungen: Ks. = Kaiser, Kg. = König, Kf. = Kurfürst, Ebf. = Erzbischof, Bf. = Bischof, Hzg. = Herzog, Frhr. = Freiherr Im Text erwähnte Wissenschaftler/innen werden kursiv ausgeworfen.
Anna, engl. Kgin 10 Aretin, Karl Otmar Frhr. von 39, 50 Brendel von Homburg, Daniel, Kf.Ebf. 25 Chemnitz, Bogislaw Philipp (von) 42, 43, 47 Christian III., dän. Kg. 10 Cramner, Thomas, Ebf. 9 De la Marck, Erard, Bf. 12 Demandt, Alexander 35 Eduard VI., engl. Kg. 9 Eichmann, Eduard 20 Eleonora Magdalena (Gonzaga), Ksin 44 Elisabeth I., engl. Kgin 9, 43 Eltz, Philipp Karl von, Kf.-Ebf. 16 Ferdinand I., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks. 13, 26, 33 Ferdinand II., Römisch-Deutscher Ks. 14, 30, 31
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Ferdinand III., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks. 14, 15, 30, 37, 44, 45 Ferdinand (IV.), Römischer Kg. 14, 15, 30 Franz I., Römisch-Deutscher Ks. 16 Franz II., Römisch-Deutscher Ks. 16 Friedrich II., preuß. Kg. 16, 50 Friedrich IV., dän. Kg. 11 Georg I., brit. Kg. 10, 24, 51 Georg II., brit. Kg. 10, 51 Georg II., hess. Landgraf 46 Goethe, Johann Wolfgang von 18, 34, 41 Heinrich IV., franz. Kg. 43 Heinrich VII., engl. Kg. 8 Heinrich VIII., engl. Kg. 9, 10 Hofenfels, Christian Frhr. von 51 Isenburg, Salentin von, Kf,-Ebf. 25 Jakob I., engl. Kg. 9 Jakob II., engl. Kg. 9, 51
Personenregister
Jamnitzer, Wenzel 32 Joseph I., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks, 15, 23, 30, 32 Joseph II., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks. 16, 18, 34, 41, 49, 52, 53 Karl I., engl. Kg. 9 Karl II., engl. Kg. 9, 24, 51 Karl V., Römisch-Deutscher Ks. 12, 13, 17, 26 Karl VI., Römisch-Deutscher Ks. 15, 16, 23, 30, 37, 39 Karl VII., Römisch-Deutscher Ks. 16, 41 Karl XI., schwed. Kg. 11 Karl August, pfalz-zweibrückischer Hzg. 51 Karl Ludwig, pfälz. Kf. 31, 34 Kempf, Zacharias 33 Leopold I., Römisch-Deutscher Ks. 15, 30, 31, 45, 48, 49 Leopold II., Römisch-Deutscher Ks. 16 Lochner, Johann Hieronymus 27, 28, 32 Ludwig XIV., franz. Kg. 43, 44, 46, 50 Ludwig XIV., franz. Kg. 50 Lünig, Johann Christian 12, 24 Maria (die Katholische), engl. Kgin 9, 10 Maria II., engl. Kgin 10, 23
Maria Theresia (von Habsburg), Ksin 50, 53 Matthias, Römisch-Deutscher Ks. 14, 32 Maximilian II., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks. 13, 14, 25–28, 32 Mo(h)r, Jobst 26, 27, 32 Moser, Friedrich Karl von 49, 52 Müller, Johannes von 51 Müller, Rainer A. 48 Obermayr, Thomas 26, 27, 32 Posselt, Ernst Ludwig 51 Pfeiffer, Christoph Ludwig 51 Press, Volker 36–38, 42 Rudolf II., Römischer Kg. bzw. Römisch-Deutscher Ks. 13, 14, 25, 26, 28–34, 44, 52 Rudolph, Harriet 5, 21, 28, 33 Schönborn, Johann Philipp von, Kf.-Ebf. 15 Sellert, Wolfgang 38 Siegmann, Friedrich Huldreich Carl 51 Sigismund, Römisch-Deutscher Ks. 20 Sintzendorff, Georg Ludwig von 31 Stein, Heinrich Friedrich Karl vom 50 Stein, Johann Friedrich vom 50 Stocker, Mona 28, 33
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Personenregister
Stollberg-Rilinger, Barbara 14, 15, 40, 41, 44 Vernulaeus, Nicolaus 45 Vocelka, Karl 26, 27
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Wilhelm III., engl. Kg. 10, 22 Wittelsbach, Klemens August von, Kf.-Ebf. 16 Wittelsbach, Maximilian Heinrich von, Kf.-Ebf. 15
Jahrgang 2016 1. Heinz Duchhardt Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit. Drei Beiträge ISBN 978-3-515-11345-8 56 S., € 10,–
Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit
3. Winfried Schmitz Antike Demokratie und Atomistik. Politische Ordnungsvorstellungen im Spiegel antiker Kosmologien ISBN 978-3-515-11154-6 46 S., € 9,–
6. Michael Custodis Rudolf Gerber und die Anfänge der Gluck-Gesamtausgabe ISBN 978-3-515-11248-2 48 S., € 9,–
Studien zum Kaiseramt in der Frühen Neuzeit Drei Beiträge
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2. Christa Jansohn (Hrsg.) unter Mitwirkung von Werner Habicht, Dieter Mehl und Philipp Redl Shakespeare unter den Deutschen. Vorträge des Symposiums vom 15. bis 17. Mai 2014 in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz ISBN 978-3-515-11000-6 343 S. (inkl. einer CD des LyrikLabors Mainz), € 39,–
5. Otto Zwierlein Die antihäretischen Evangelienprologe und die Entstehung des Neuen Testaments ISBN 978-3-515-11210-9 86 S., € 15,–
Heinz Duchhardt
Jahrgang 2015 1. Bernard Andreae Des Siegers Beute. Die vergoldeten Bronzestatuen von Cartoceto bei Pergola und Gaius Asinius Pollio ISBN 978-3-515-11068-6 140 S. (inkl. 33 Farbtafeln), € 22,–
4. Stefan Hradil (Hrsg.) Der Alltag in der digitalen Gesellschaft – Chancen und Risiken. Vorträge des Symposiums vom 28. November 2014 ISBN 978-3-515-11209-3 36 S., € 7,–
EINZELVERÖFFENTLICHUNGEN 11. Maria Besse Bäschoff, Kastelt und Kutterolf. Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Materialität, Form und Funktion im Bereich der entlehnten Gefäß- und Hohlmaßbezeichnungen im Deutschen ISBN 978-3-515-09703-1 2010. 463 S. mit 82 Abb., € 56,–
13. Wolfgang Kleiber Schwarzwälder Namenbuch. Die Schwarzwaldromania in sprachlicher und außersprachlicher Sicht. Mit Beiträgen zur Archäologie und Anthropologie ISBN 978-3-515-11045-7 2015. 168 S. (inkl. 34 Farbabb.), € 20,–
12. Marc Lienhard Spannungsfelder einer Identität: Die Elsässer ISBN 978-3-515-10438-8 2013. 196 S., € 20,–
14. Ursula Verhoeven (Hrsg.) Ägyptologische „Binsen“-Weisheiten I–II. Neue Forschungen und Methoden der Hieratistik. Akten zweier Tagungen in Mainz im April 2011 und März 2013 ISBN 978-3-515-11127-0 2015. 489 S. (mit zahlreichen s/w- und Farbabb.), € 49,–
Preisänderungen vorbehalten
ISSN 0002-2977
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR • MAINZ FRANZ STEINER VERLAG • STUTTGART
Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse
Heinz Duchhardt
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