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German Pages 174 [180] Year 1953
DER Klose /
KLINIKER Spezielle
Chirurgie
Janik / Frakturen und Luxationen
DER
KLINIKER
Ein S a m m e l w e r k für Studierende und Arzte Herausgegeben von Professor Dr. I. Z a d e k
SPEZIELLE
CHIRURGIE VON
PROF. DR. HEINRICH KLOSE D I R E K T O R D E S STÄDT. K R A N K E N H A U S E S
BERLIN-FRIEDRICHSHAIN
19 5 3
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J.Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.
B e r l i n W 35
FRAKTUREN UND LUXATIONEN VON
D O Z E N T DR. B E R N H A R D J A N I K OBERARZT AM STÄDT. KRANKENHAUS BERLIN-FRIEDRICHSHAIN
Mit 146
Abbildungen
19 5 3
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Gösohen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.Berlin W
35
Alle R e c h t e , insbesondere das der Übersetzung und der Herstellung von Mikrofilmen, vorbehalten Copyright 1953 by W a l t e r de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, K a r l J . Trübner, Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Str. 13, Archiv-Nr. 515353 Printed in Germany Satz und Druck: Buchdruckerei Richard H a h n , Leipzig (111/18/12) 5931/49 - 8230/49
Geleitwort Die deutsche akademische Jugend hat es wahrlich nicht leicht. Das Kriegs- und Nachkriegselend hat sie aus der eingefahrenen Bahn geworfen und jegliches Studium außerordentlich erschwert. Die Mehrzahl der Studenten muß die Mittel zum Studium selbst aufbringen; viele stehen bei zermürbender Tages- und Nachtarbeit in schwerem Existenzkampf, manch einer ist nach Jahr und Tag zum Aufgeben des Studiums gezwungen. Fehlschläge entmutigten sie indessen nicht, es gibt kaum Klagen, keinerlei Resignation. Imponierend ist die klare, nüchterne Erkenntnis der eigenen Situation und die realistische Einstellung zu den Problemen der Umwelt, prachtvoll die Aufgeschlossenheit der Studenten, ihr Flei ß und Wissensdurst, die sich in den Vorlesungen und Kursen offenbaren, erhebend der Mut und Stolz, mit denen sie das Leben anpacken und in die Zukunft schauen. Die finanzielle Not wirkt sich auch auf die Beschaffung des Unterrichtsmaterials aus. Namentlich die Mediziner können ihren Bedarf an wichtigen Büchern aus eigner Kraft nicht decken. Im akademischen Unterricht stößt man bei den Studenten der höheren klinischen Semester auf Lücken ihres Wissens, die durch Mangel an Lernstoff entstanden sind. Um diesem Übel zu steuern, habe ich schon im Jahre 1946 den Plan gefaßt, sämtliche klinische Disziplinen zusammenfassend zur Darstellung zu bringen. Erfahrene Kliniker und hervorragende Theoretiker sollten den Kandidaten der Medizin in kurzen, aber erschöpfenden Abhandlungen die Grundlagen ihrer Spezialgebiete vermitteln. Ausführliche Literaturangaben wurden beiseite gelassen, verwirrende Auseinandersetzungen über Streitfragen und ungelöste Probleme übergangen oder höchstens gestreift, die modernen F o r s c h u n g s r e s u l t a t e dagegen gebührend ber ü c k s i c h t i g t . Damit dürften die einzelnen Kapitel auch für den P r a k t i k e r von Bedeutung sein, der sieh über dieses oder jenes Fachgebiet einen Überblick verschaffen will. Selbstverständlich legten die Mitarbeiter bei der Abfassung ihrer wissenschaftlichen Beiträge den größten Wert darauf, den Charakter von Kompendien strikt zu vermeiden. Die Ungunst der Zeiten hat der Verwirklichung des ursprünglichen Planes, das Gesamtwerk in regelmäßig erscheinenden Einzelheften herauszubringen, entgegengearbeitet und die Drucklegung der Lieferungen verzögert. Um so mehr freuen sich mit allen Autoren Herausgeber und Verlag über die bevorstehende Veröffentlichung des Sammelwerkes, das an aktuellem Interesse nicht verloren hat. Allen beteiligten Kollegen möchte ich für ihre mühe- und verständnisvolle Mitarbeit verbindlichst danken. Möge „Der Kliniker" einen erfolgreichen Weg nehmen und dem medizinischen Nachwuchs wie den praktischen Ärzten in ganz Deutschland Nutzen bringen! Berlin, Frühjahr 1953. I. ZADEK
Vorwort Die Versorgung von K n o c h e n b r ü c h e n u n d V e r r e n k u n g e n steht unter dem Mahnwort: „Lasse die Sonne nicht auf- und untergehen, bevor Du nicht die fach- und kunstgerechte Behandlung eingeleitet h a s t . " Richtigstellung — Reposition Ruhigstellung •— Retention Wiederherstellung der Funktion — Punktionelle Nachbehandlung sind die drei Zielpunkte, die der Arzt auf dem mühsamen Wege zum Erfolg zu meistern hat. Selbst wenn nur der Verdacht einer Prellung •— Kontusion •— auftaucht, sind der k l i n i s c h e n U n t e r s u c h u n g n a c h f o l g e n d e R ö n t g e n a u f n a h m e n unerläßlich. Ihre Unterlassung ist eine straffällige Versäumnis. Die funktionelle Höchstleistung auf diesem sozial wichtigsten Gebiete der Unfallchirurgie kommt der werktätigen Bevölkerung des knochenkräftigsten Lebensalters zugute. Der Lehrer kann daher die Erziehung der Studenten und jungen Ärzte, ihre Bildung zur chirurgischen Urteilsfähigkeit in einem heilsamen und pädagogischen Schematismus nicht ernst genug auffassen. So werden immer wieder die bewährten Methoden der k o n s e r v a t i v e n B e h a n d l u n g in Wort und Bild veranschaulicht und begründet. Der Meisterchirurg THEODOR BILLROTH hatte während seines Wirkens in Z ü r i c h , 1860—1867, unter den o f f e n e n Gelenkfrakturen und Luxationen eine Mortalität von 60% zu beklagen. Aber die Züricher Klinik war eine Musteranstalt! Die Erfindung der Antisepsis und Asepsis, die technische Anzeigestellung und die Ausgestaltung der operativen Frakturbehandlung unter Penicillinschutz, insbesondere die Anwendung der Marknagelung nach KÜNTSCHER, die Einbeziehung der „biologischen Therapie" der Antibiotika in die Knochen-Handbehandlung sind entscheidende Fortschritte, die das Schreckgespenst der Infektion gebannt haben. Ich glaube, daß es meinem Schüler, Oberarzt Dr. med. BERNHARD JANIK, in diesem klaren und kurzen Kompendium gelungen ist, dem Studenten und jungen Arzte einen sicheren Führer durch die so verantwortungsvolle Tagesaufgabe der Behandlung der Frakturen und Luxationen in die H a n d zu geben. B e r l i n - F r i e d r i c h s h a i n , im Frühjahr 1953. HEINRICH
KLOSE
Inhalt Seite
Geleitwort Vorwort Einleitung
V VI 1
Allgemeiner Teil I . G e s c h i c h t e der F r a k t u r b e h a n d l u n g
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II. Begriffsbestimmung I I I . M e c h a n i s c h e u n d f u n k t i o n e l l e E i g e n s c h a f t e n des K n o c h e n s
4 . . .
IV. F r a k t u r m e c h a n i s m e n A. Statische Frakturentstehung 1. Biegungäfrakturen 2. Kompressionsfrakturen 3. Schubfrakturen 4. Torsionsfrakturen 5. Rißfrakturen B. Dynamische Frakturentstehung V. L u x a t i o n e n VI. D i s l o k a t i o n der F r a g m e n t e Am. D e r B l u t e r g u ß VIII. Der Unfallschock I X . B e z i e h u n g der F r a k t u r zur M u s k u l a t u r X . K o m p l i k a t i o n e n bei K n o c h e n b r ü c h e n 1. Komplizierte (offene) Frakturen 2. Offene Gelenk Verletzungen 3. Nervenverletzungen 4. Verletzungen der Gefäße — Thrombose und Embolie 5. Die Fettembolie 6. Die hypostatische Pneumonie 7. Die Luxationsfraktur 8. Das Haut- und Luftemphysem X I . Die normale B r u c h h e i l u n g — K a l l u s b i l d u n g X I I . P s e u d a r t h r o s e n und verzögerte K o n s o l i d i e r u n g
6 8 9 9 9 11 11 11 12 13 13 14 15 15 16 16 17 17 17 18 18 18 19 19 22
XIII. Myositis ossificans
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XIV. Die i s c h ä m i s c h e M u s k e l k o n t r a k t u r
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XV. Folgen s c h l e c h t g e h e i l t e r K n o c h e n b r ü c h e : F r a c t u r a e male s a n a t a e X V I . D a s SüDECKsche S y n d r o m XVII. Frakturdiagnostik
24 25 27
VIII
Inhalt Seite
XVIII. Die R ö n t g e n u n t e r s u c h u n g bei K n o c h e n b r ü c h e n X I X . Die K n o c h e n b r u c h b e h a n d l u n g 1. Die Reposition. Einrichtung der Fragmente 2. Die Dauerzugbehandlung 3. Die Retention A. Der Gipsverband B. Die Transfixation C. Kombination: Gipsverband und Dauerzug D. Schienenverbände E . Wie lange soll ein Knochenbruch ruhiggestellt werden? 4. Die funktionelle Behandlung A. Funktionelle Behandlung während der Ruhigstellung B. Nachbehandlung C. Massage D. Hyperämie E . Elektrische Behandlung X X . Die B e h a n d l u n g offener, komplizierter F r a k t u r e n 1. Geschichtliches 2. Wie geht man praktisch bei einem komplizierten Knochenbruch vor 1 A. Betäubung B. Röntgenaufnahme C. Blutleere D. Die Wundausschneidung E . Reinigung des Knochens F. Sehnendurchtrennung G. Nervenverletzung H. Primärer Nahtverschluß I. Reposition der Fraktur K . Behandlung offener Gelenkverletzungen und Gelenkfrakturen . . . X X I . Die o p e r a t i v e F r a k t u r b e h a n d l u n g 1. Die blutige Behandlung frischer Frakturen A. Die Indikation B. Die Gefahren der blutigen Osteosynthese C. Welche Möglichkeiten stehen uns nach der Reposition zur Fixation der eingerichteten Fragmente zur Verfügung? 2. Die Behandlung der Pseudarthrose A. Allgemeines B. Spezielles X X I I . D i e M a r k n a g e l u n g n a c h KÜNTSCHER 1. Allgemeines 2. Gefahren der Marknagelung A. Die Gefahr der Infektion B. Die Fettembolie C. Wie verhält sich die Marknagelung auf die Kallusbildung? . . . . 3. Welche Brüche eignen sich am besten zur Marknagelung? A. Oberschenkel B. Unterschenkel C. Oberarm D. Unterarm
29 32 32 36 40 40 43 44 44 45 46 46 48 48 49 49 50 50 50 50 51 51 51 51 51 51 52 52 52 53 53 53 53 54 55 55 56 57 57 57 57 58 58 58 59 59 60 60
Inhalt 4. Instrumentarium A. Marknägel nach KÜNTSCHEK B . Weitere notwendige Instrumente 5. Zeitpunkt der Nagelung 6. Betäubung 7. Lagerung und Reposition 8. Durchleuchtung 9. Wie stark soll der Nagel sein? 10. Die Nagelung 11. Nachbehandlung 12. Nagelung bei komplizierten (offenen) Frakturen 13. Nagelung bei verzögerter Kallusbildung und Pseudarthrosen 14. Nagelung aus anderen Indikationen A. Nagelung nach schlecht geheilten Knochenbrüchen B . Nagelung bei sonstiger Indikation X X I I I . S u l f o n a m i d e und P e n i c i l l i n in der K n o c h e n b r u c h b e h a n d l u n g . . A. Allgemeines B . Spezielles 1. Penicillinprophylaxe bei komplizierten (offenen) Frakturen und Knochenoperationen 2. Empfindlichkeit des Erregers 3. Allgemeine und örtliche Anwendung 4. Lokale Anwendung 5. Intraartikuläre Injektionen 6. Sulfonamidanwendung in der Knochenbruchbehandlung
IX Seite 61 61 61 61 61 62 62 62 62 63 63 63 63 63 64 64 64 64 64 65 65 66 66 66
Spezieller Teil I. C o m m o t i o , C o n t u s i o , C o m p r e s s i o c e r e b r i
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II. S c h ä d e l b r ü c h e 1. Schädelbasisbrüche 2. Brüche des Schädeldaches 3. Brüche des Gesichtsschädels a) Brüche des Nasengerüstes b) Brüche des Jochbeins c) Brüche des Oberkiefers d) Brüche des Unterkiefers e) Unterkiefer Verrenkungen III. B r ü c h e der W i r b e l s ä u l e 1. Brüche der Wirbelkörper 2. Brüche der Wirbeldornfortsätze 3. Brüche der Wirbelquerfortsätze 4. Laminektomie
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4
IV. D e r B a n d s c h e i b e n v o r f a l l (Nucleus pulposus Hernie) . . • V. V e r l e t z u n g e n des B r u s t k o r b e s 1. Rippenbrüche 2. N e b e n v e r l e t z u n g e n b e i R i p p e n b r ü c h e n a) Das Hautemphysem b) Der Hämothorax c) Der Spannungspneumothorax d) Komplizierte Rippenbrüche 3. Stumpfe und scharfe Thoraxverletzungen
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X
Inhalt Seite
A. Stumpfe Verletzungen 1. Die „Druckstauung" 2. Die Commotio thoracis 3. Die Contusio thoracis 4. Die Compressio thoracis B. Scharfe Thoraxverletzungen 1. Brustbeinbrüche
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VI. B e c k e n b r ü c h e 1. Beckenrandbrüche 2. Beckenringbrüche 3. Pfannenbrüche 4. Behandlung der Beckenbrüche
99 99 99 101 101
VII. H a r n r ö h r e n v e r l e t z u n g e n
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VIII. Blasenverletzungen
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IX. Nierenverletzungen
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X . F r a k t u r e n und L u x a t i o n e n a m S c h u l t e r g ü r t e l 1. Schulterblattbrüche 2. Schlüsselbeinbrüche 3. Schlüsselbeinverrenkungen 4. Schulterverrenkungen I X . F r a k t u r e n u n d L u x a t i o n e n an der o b e r e n E x t r e m i t ä t A. Oberarmbrüche 1. Brüche am oberen Humerusende 2. Oberarmschaftbrüche 3. Brüche am unteren Humerusende 4. Brüche der Oberarmkondylen 5. Epikondylenfrakturen 6. Fractura capituli humeri et trochlea B. Ellenbogenverrenkungen C. Vorderarmbrüche 1. Olekranonfrakturen 2. Brüche des Radiusköpfchens 3. Brüche beider Vorderarmknochen 4. Brüche des Radiusschaftes 5. Isolierte Ulnarschaftfrakturen D. Marknagelung der Ober- und Unterarmpseudarthrosen E . Die typische Radiusfraktur F. Verletzungen der Handwurzelknochen 1. Die Navikularfraktur 2. Verrenkungen des Mondbeines G. Brüche der Mittelhandknochen H. Brüche der Fingerphalangen X I I . F r a k t u r e n und L u x a t i o n e n der u n t e r e n E x t r e m i t ä t A. Luxatio coxae B. Frakturen am Femur 1. Schenkelhalsbrüche 2. Pertrochantäre Brüche 3. Oberschenkelschaftbrüche 4. Brüche am unteren Ende des Femur 5. Kondylenbrüche
105 105 106 108 109 110 110 110 112 113 114 114 115 115 116 116 117 118 120 120 120 122 123 124 125 128 128 129 129 130 130 133 133 136 136
Inhalt
XI Seite
C. D. E. F.
Brüche der Kniescheibe Verrenkungen der Kniescheibe Kniegelenksverrenkung Binnenverletzung des Kniegelenkes 1. Kreuzbandverletzungen 2. Meniskusverletzungen 3. Seitenbandverletzungen G. Unterschenkelbrüche 1. Schienbeinkopfbrüche 2. Unterschenkelschaftbrüche 3. Knöchelbrüehe H. Frakturen und Luxationen am Fuß 1. Brüche des Talus 2. Verrenkungen des unteren Sprunggelenkes 3. Fersenbeinbrüche 4. Brüche der Fußwurzelknochen a) Brüche des Os naviculare pedis b) Brüche der übrigen Fußwurzelknochen 5. Brüche der Mittelfußknochen 6. Brüche der Zehen Schrifttum Sachregister
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Einleitung Durch den verlorenen Krieg ist unser Volk in seiner Substanz u n d Arbeitskraft erheblich geschwächt davongekommen. Die schweren seelischen und körperlichen Erschütterungen können nicht von heute auf morgen beseitigt werden. E s wird Jahrzehnte dauern, bis alle diese Schäden behoben sind. I n dieser Aufgabe erwächst der Ärzteschaft eine große Verantwortung. Der durch die Kriegsfolgen zusammengeschrumpften Arbeitskraft können weitere Schädigungen durch den Wiederaufbau der Industrie, des Verkehrswesens u n d der damit verbundenen Zunahme der Unfälle erwachsen. Das Schicksal vieler Unfallverletzter und besonders Knochenbruchverletzter hängt dabei nicht n u r von der Art und Schwere des Unfalles, sondern in großem Maße von der Behandlung ab. E s b r a u c h t nicht b e t o n t zu werden, d a ß ein Teil der schweren und offenen Knochenbrüche selbstverständlich auch mit entsprechenden schweren Folgen ausheilen wird. BÖHLER nennt diese „unabwendbare Unfallfolgen" im Gegenteil zu den „vermeidbaren Behandlungsfolgen". Ein großer Teil aller F r a k t u r e n heilt auch heute noch trotz aller F o r t schritte in der F r a k t u r b e h a n d l u n g mit Folgen aus, die sicher vermieden werden können. Aus verschiedenen Statistiken geht hervor, daß mehr als die H ä l f t e ( 2 / 3 bis 4 / 5 ) aller R e n t e n auf mangelhaft geheilte F r a k t u r e n gezahlt werden. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser schlecht geheilten Knochenbrüche liegt einmal in dem großen Verlust an Arbeitskraft, wie auch in den riesigen Geldsummen, die jährlich von den Versicherungsträgern gezahlt werden müssen. Dabei darf aber auch die menschliche Seite nicht vergessen werden. Denn ein vorher gutbezahlter F a c h arbeiter, wird mit einer mehr als 5 0 % igen Erwerbsminderung nicht in der Lage sein, seine Familie zu ernähren. Der größte Teil der Dauerrenten wird besonders nach Brüchen des Ober- u n d Unterschenkels sowie Ober- und Unterarmes, d. h. nach F r a k t u r e n der langen Röhrenknochen gezahlt. Es geht weiter aus den Statistiken hervor, d a ß nach diesen F r a k t u r e n 50—60—80% aller behandelten Brüche Dauerrenten beziehen. Hierbei handelt es sich gar nicht um ausgesprochene schlechte Statistiken. Selbst in größeren S t ä d t e n mit großen chirurgischen Abteilungen k a n n m a n diese schlechten Erfolge beobachten. So hat z . B . RÜTZ aus der Chariteklinik in einer Arbeit, die sich auf die Unfallakten der nordöstlichen Berufsgenossenschaft stützen, errechnet, d a ß bei Oberschenkelfrakturen sämtliche Versicherte Dauerrentner wurden, während nach Oberarmfrakturen 9 7 % Dauerrenten bezogen. Angesichts dieser schlechten Erfolge wird man sich die Frage vorlegen, wie k a n n man die Ergebnisse in der Knochenbruchbehandlung verbessern? Wie ist es möglich, d a ß auch heute noch so viel ungünstige Ergebnisse nach F r a k t u r e n beobachtet werden? Verschiedene Ursachen sind hierfür verantwortlich zu machen. Wir sind mit vielen anderen der Ansicht, daß zwei Voraussetzungen erfüllt werden müssen, u m bessere Ergebnisse zu erzielen. Die erste davon ist eine bessere Unterweisung und Belehrung der Studenten in der Frakturbehandlung. Gerade bei der Frakturenlehre ist der praktische Teil von allergrößter Wichtigkeit. Der Student soll nicht nur einen Begriff über den Entstehungsmech&nismus, die verschieDer Kliniker: K l o s e - J a n i k ,
Frakturen und Luxationen
1
2
Einleitung
denen Frakturarten und die Dislokationen bekommen, sondern er soll auch die Technik der Repositionen erlernen, sowie einen Gips- oder Streckverband anlegen können. Das genügt aber noch nicht. Der Student muß neben den theoretischen und praktischen Grundlagen der Frakturbehandlung bei der Besprechung der allgemeinen Frakturlehre insbesondere die mechanischen Grundlagen der Frakturbehandlung kennen lernen. Denn eine Frakturlehre ohne Mechanik ist ebensowenig verständlich, wie z . B . die innere Medizin ohne pathologische Physiologie. Auch darf die Frakturen lehre nicht einseitig nur von Röntgenplatten gelehrt werden. Der Student muß zwar das plastische Sehen aus Röntgenplatten lernen, darf aber nicht allein aus der Beurteilung des Knochens seine Schlüsse ziehen. Die sogenannte „pathologische Einheit der F r a k t u r " besteht sowohl aus der Zusammenhangstrennung des Knochens wie auch in der Störung des physiologischen Gleichgewichtes der Muskulatur, Gefäße (Bluterguß), Nerven und Haut. Die Frakturenlehre muß sich also zur Aufgabe machen, diese pathologische Einheit in allen ihren Erscheinungen gründlich zu erforschen. Wenn auch die mechanisch-statischen Gesetze aus der Frakturbehandlung nicht wegzudenken sind, so darf dabei die Physiologie und Biologie nicht zu kurz kommen. Der Ausspruch D I E F F E N B A C H S gilt auch für die Frakturbehandlung: „ E i n e Chirurgie, auf M e c h a n i k g e s t ü t z t , ist ein R e i t e r auf einem h ö l z e r n e n P f e r d ; es b l e i b t a u f der S t e l l e s t e h e n u n d w ü r d e u n v e r ä n d e r l i c h s e i n , w e n n d i e W ü r m e r es nicht zernagten. Eine Chirurgie auf P h y s i o l o g i e g e g r ü n d e t , d u r c h f l i e g t d a g e g e n die W ü s t e n wie e i n a r a b i s c h e s P f e r d . " Die zweite Forderung, die eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse verspricht, betrifft die organisatorische Änderung der Frakturbehandlung. E s muß heute, im Zeitalter der Spezialisierung gefordert werden, daß sämtliche Unfälle, insbesondere Frakturen und Luxationen von besonders dazu befähigten und ausgebildeten Ärzten behandelt werden. E s liegt im Interesse des Patienten, wenn er von Anfang an bis zur Beendigung der Behandlung in den Händen eines fähigen (Unfall) Chirurgen bleibt. Dazu ist erforderlich, daß sämtliche Unfallpatienten eines Bezirkes, Kreises oder einer Stadt konzentrisch in einer oder mehreren Abteilungen erfaßt werden, in welchem sowohl die ambulante Vor- und Nachbehandlung, wie auch die stationäre Behandlung erfolgen kann.
Allgemeiner Teil I. Geschichte der Frakturbehandlung Die ersten Aufzeichnungen über die F r a k t u r b e h a n d l u n g s t a m m e n aus dem Altert u m . Schon in der hippokratischen Zeit wurden die Knochenbrüche durch Zug und Gegenzug behandelt, bzw. durch Schienenverbände in ihrer Lage gehalten. Von den arabischen Ärzten wurde zur Festlegung der F r a k t u r eine Substanz in Form von erhärtendem Eiweiß verwandt. Die Dauerzugbehandlung war zwar schon im 11. J a h r h u n d e r t bekannt, sie wurde aber erst im 18. J a h r h u n d e r t von PEKCIVAL POTT durch seine Forderung der Muskelentspannung durch Semiflexion zur brauchbaren Methode ausgebaut. Der Konstanzer Arzt SAUTER h a t d a n n 1812 die Dauerzugbehandlung mit der Semiflexion kombiniert. Die oft schwer durchzuführende Technik des Dauerzuges h a t dem holländischen Arzt MATH Y SEN ermöglicht, d a ß sein 1852 eingeführter Gipsverband besonders in Deutschland die Dauerzugbehandlung verdrängte. Man h a t t e durch die bessere Ruhigstellung günstigere Resultate zu erzielen erhofft. Das war nicht immer der Fall, im Gegenteiles k a m häufig zu Versteifungen der Gelenke, erheblichen Muskelatrophien, Lähmungen mit D r u c k auf die Nerven, Heilungen in schlechter Stellung u n d ähnlichen Komplikationen, die dem Gipsverband zur Last gelegt wurden. Man ersetzte deshalb den Gipsverband durch den sogenannten Etappenverband, d. h. daß der Gips alle acht Tage gewechselt wurde u n d zwischen jedem Verband wurde mit Massage u n d Bewegungsübungen versucht, möglichst Versteifungen zu vermeiden. Auch dieser E t a p p e n verband brachte keine Verbesserungen in den Endergebnissen, im Gegenteil durch den dauernden Wechsel des Verbandes k a m es häufig zu erneuten Verschiebungen der Fragmente, zu Pseudarthrosenbildungen und ähnlichen Schäden. E r s t die E i n f ü h r u n g des Gehgipsverbandes h a t viele dieser Schäden beseitigt, besonders die Muskelartrophien u n d Gelenkversteifungen. Gegenüber dieser streng immobilisierenden Behandlung entwickelte LUCAS CHAMPONIERE seine funktionelle Methode. E r verzichtete auf jede Ruhigstellung u n d behandelte von Anfang an mit Massage, aktiven u n d passiven Bewegungen. Seine Ergebnisse in bezug auf die anatomische Stellung waren zwar nicht gut, d a f ü r h a t t e er aber weniger Versteifungen an benachbarten Gelenken. Diese beiden extremen Behandlungsmethoden, von denen die eine nur Wert legte auf die Ruhigstellung, die andere auf die F u n k t i o n , h a t t e n sowohl ihre Anhänger wie auch Gegner. Sie konnten sich beide in ihrer extremen Form nicht durchsetzen. Dagegen fand mehr Anwendung die Dauerzugbehandlung, die von VOLKMANN nach Deutschland eingef ü h r t u n d von BARDENHEUER systematisch ausgebaut wurde. Die Behandlung ergab sowohl gute anatomische wie auch funktionelle Ergebnisse. Während BARDENHEUER noch in Streckstellung extendierte, schaffte ZUPPINGER erst die Vorbedingung f ü r eine wirksame Extension. E r bewies, d a ß die Extension erst d a n n wirksam sein kann, wenn eine Muskelentspannung durch Semiflexion erfolgte. Die Extension wurde mittels Heftpflasterverbände ausgeübt. Diese h a t t e den Nachteil, d a ß m a n 1. nicht genügend starke Zugkräfte h a t wirken lassen können u n d 2. t r a t e n bei schweren Gewichten Druckschäden an der H a u t auf. E r s t als es gelang, durch direkt 1*
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Begriffsbestimmung
am Knochen angreifenden Zug die Extension zu gestalten, besserten sich auch die Ergebnisse. So empfahl K L A P P 1 9 1 2 im Balkankriege die Drahtextension, während STEINMANN schon 1 9 0 7 die Nagelextension einführte. Größere Verbreitung fand die Drahtextension erst durch Einführung des KÜRSCHNER-Bügels (1927). Trotzdem fand man, daß die konservativen Methoden nicht immer zum Ziele führten, so daß die Frage aufgeworfen wurde, ob es nicht berechtigt wäre, operativ g e w i s s e B r ü c h e a n z u g e h e n . I m J a h r e 1 9 0 2 h a t FRITZ KÖNIG i m A n s c h l u ß a n VÖLCKER u n d ARBUTNOT LANE d i e s e s P r o b l e m a u f d e m C h i r u r g e n k o n g r e ß a u f g e w o r f e n . D i e
Indikation zur blutigen Behandlung frischer Knochenbrüche wurde zunächst sehr weit bemessen. Erst als eine Reihe Mißerfolge auftraten, die nicht selten zur Amputation oder zum Tode führten, forderte man eine strenge Anzeigestellung. Unter dieser strengen Indikation h a t sich die blutige Behandlung einiger Frakturarten (z. B. quere Patellarfraktur, Olecranonabrißfraktur u.a.) bis heute bewährt. Diese Mißerfolge der blutigen Osteosynthese verhalfen der konservativen Behandlung ihre Methoden weiter zu verbessern und damit auch bessere Ergebnisse zu erzielen. Trotzdem gelang es nicht, manche Probleme auf konservativem Wege zur Lösung zu bringen, so z. B. die medialen Schenkelhalsfrakturen. Es bedeutete einen Umschwung, als SMITH-PETERSEN in Boston im Jahre 1925 einen sternförmigen Nagel erfunden hatten, mit welchem dann SVEN JOHANNSEN ohne Freilegung des H ü f t gelenkes die Fraktur extraartikulär absolut fest fixieren konnte. Dieser Nagel ist so dünn, daß er nur wenig Spongiosa des Halses und Kopfes zerstörte. Dieses von SMITH-PETERSEN erfundene Prinzip der Schenkelhalsnagelung h a t KÜNTSCHER auf die langen Röhrenknochen übertragen. E r berichtete darüber 1940 auf dem Chirurgenkongreß in Berlin. Das Verfahren von KÜNTSCHER wurde zunächst weitgehend abgelehnt. Man hegte große Bedenken gegen die Einführung eines so großen Fremdkörpers in die Markhöhle eines Knochens. Durch Tierversuche konnte KÜNTSCHER beweisen, daß eine Schädigung der Markhöhle mit Auswirkung auf den Allgemeinkörper nicht zu befürchten war, wie es heute durch die vielen Nagelungen bewiesen wurde. Trotz vieler Vorteile der KÜNTSCHER-Nagelung ist die zunächst breite Indikation wesentlich eingeengt worden. Es wird heute eine strenge Indikation gefordert.
II. Begriffsbestimmung Als Fraktur oder Knochenbruch bezeichnet man jede Zusammenhangstrennung des Knochens. Diese kann entweder durch äußere Gewalten (Trauma) oder durch muskeleigene K r ä f t e herbeigeführt werden (z. B. die quere Patellarfraktur oder Abriß des Spina iliaca ant. sup.). Unter Verrenkung verstehen wir eine durch äußere Gewalteinwirkung plötzlich entstandene Verschiebung der Gelenkenden gegeneinander. Wenn die Fraktur mit einer Trennung der äußeren H a u t einhergeht, so spricht man von einer komplizierten oder oifcnen Fraktur, im Gegenteil zur geschlossenen Fraktur, die ohne Hautverletzung einhergeht. Ähnlich sprechen wir auch von offener (komplizierter) und geschlossener Verrenkung. Der A u s d r u c k „komplizierte F r a k t u r " ist n i c h t ganz glücklich g e w ä h l t , weil eher m a n c h m a l eine geschlossene F r a k t u r bei gleichzeitiger L u x a t i o n m i t N e r v e n - u n d Gefäßzerreißung als d e m eigentlichen Sinne „kompliziert" bezeichnet werden m ü ß t e . Besser ist deshalb v o n offenen Frakturen zu sprechen.
Wenn die Fraktur einen pathologischen Knochen betrifft, so spricht man von einer pathologischen oder spontanen Fraktur im Gegensatz zur normalen oder traumatischen Fraktur.
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Bei Kindern und Jugendlichen entstehen häufiger Epiphysenlösungen: Die Diaphyse wird von der Epiphyse getrennt. Wenn die Trennungslinie zusätzlich noch durch Knochensubstanz geht, so spricht man von einer Epiphysenfraktur. Weiterhin bezeichnet man als vollständige Frakturen diejenigen, bei denen der Zusammenhang zwischen den Fragmenten vollkommen getrennt ist (auch das Periost ist mitzerrissen). I m Gegensatz dazu, wird eine
Abb. 1. Normale, traumatische Qüerfraktür des Unterschenkels.
Abb. 2. Fraktur am pathologischen Knochen (Oberschenkel).
Fragmente noch in einer gewissen Verbindung stehen (entweder Periost oder Knochensubstanz) und die für gewöhnlich keine große Dislokation aufweist ( z . B . Subperiostale Fraktur, Infraktion). J e nach dem Verlauf der Frakturlinien unterscheiden wir Quer-, Schräg-, Längsoder Spiralfrakturen. Weiter kennen wir T-, Y-, X-förmige Frakturlinien. Ist der Knochen in zwei Ebenen frakturiert, so sprechen wir von Stückfrakturen. Bei großer Splitterung der Frakturenden kommt es zu Zertrümmerungs- oder Splitterfrakturen (auch als Komminutivfrakturen bezeichnet). Bei Jugendlichen bleibt oft das Periost bestehen und wird nicht mitzerrissen = subperiostale Fraktur (Grünholzfraktur). Am Schädeldach wird der Zusammenhang des Knochens bei äußerer Gewalteinwirkung nicht vollständig getrennt = Infraktion (Fissur). Diese ist häufig mit einer Impression kombiniert. Die Fissuren werden auch als Spaltbrüche bezeichnet. Wenn ein umschriebenes Stück aus der Kontuinität des Knochens ausgestanzt wird, spricht man von Lochbrüchen (meist Schußfrakturen). Verzahnen sich die Fragmentenden ineinander, so entsteht eine Kompressionsfraktur (Fersenbein, Wirbel). Wir unterscheiden weiterhin direkte und indirekte Frakturen.
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Mechanische und funktionelle Eigenschaften des Knochens
Die direkten Frakturen entstehen am Orte der Gewalteinwirkung — während die indirekten entfernt vom Orte der Gewaltein Wirkung zustande kommen. Von einer Luxätionsfraktur („Verrenkungsbruch") spricht man dann, wenn gleichzeitig eine Fraktur mit einer Verrenkung kombiniert ist.
III. Mechanische und funktionelle Eigenschaften des Knochens Wenn man einen Röhrenknochen durchsägt, so sieht man auf dem Querschnitt, daß die Peripherie von einer festen und harten Substanz, die man als „Substäntia corticalis" oder „compacta" bezeichnet, aufgebaut ist, während im Inneren die Knochensubstanz ein weites Maschennetz bildet und „Substantia spongiosa" genannt wird. Die Zwischenräume dieses Maschennetzes sind mit einer weichen Masse, dem Knochenmark, ausgefüllt. Die Oberfläche des Knochens wird von einer faserigen Haut, -—-— und zwar dem Periost überzogen. J e nach 6 der mechanischen Beanspruchung des Kno'-' ' Q chens verteilen sich die Kompakta und Spon' ' "s" giosa verschieden.
Ha versehe Kanälchen Abb. 4. Querschliff durch einen langen Röhrenknochen. a Äußeres Grundlamellensystem. 6 HAVERsche System, c Inneres Grundlamellensystem.
Abb. 5. Längs- und Querschnitt durch die Kompakta eines langen Röhrenknochens. a Außeres Grundlamellensystem. 6 HAVERsche System, c Inneres Grundlamellensystem.
Die Knochensubstanz selbst besteht aus einer organischen Grundsubstanz und den eingelagerten Kalksalzen. Wenn man die Kalksalze mit einer Säure herauslöst, so bleibt eine zähe, zugfeste, organische Substanz zurück, die die Elastizität des Knochens bedingt, während die eingelagerten Kalksalze die Tragfähigkeit des Knochens erhöhen. E s ist bekannt, daß sich im Alter die Zugfestigkeit und Elastizität des Knochens verringert. Ebenso, daß bei Osteomalazie die Tragfähigkeit des Knochens so herabgesetzt wird, daß Verkrümmungen entstehen. Auch die Form des Knochens ist für seine Festigkeit von Bedeutung. E r besitzt die Fähigkeit, sich den statischen und dynamischen Beanspruchungen anzupassen. Während der Wasser- und Fettgehalt des Knochens nach Alter und Art des
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Knochens Schwankungen erleidet, sind die Mineralstoffe und organischen Substanzen ziemlich konstant: 60% Mineralstoffe, 34% organische Substanzen. Von den Mineralstofien sind die wichtigsten das Kalziumphosphat und das Kalziumkarbonat. In kleineren Mengen: Magnesiumphosphat, Kalium, Na, C1 und Fluorverbindungen. Wenn wir den Bau einer Diaphysenkompakta näher betrachten, so finden wir folgende Struktur: 1. Außen: Das Periost. 2. Darunter: Ein parallel verlaufendes System (Grundlamellensystem). 3. Darunter: „ÜAVERsche System", d. h. kleinere Lamellen (Blätter) oder Speziallamellen, welche die HAVERschen K a n ä l e konzentrisch umkreisen und durch Schaltlamellen verbunden sind.
Abb. 6. Architektur der Spongiosabalkensysteme am oberen Femurende.
Abb. 7. Richtung der Molekularverschiebungen bei a Druckspannung, b Zugspannung, c Schubspannung.
4. Am inneren Umfang der Diaphysenkompakta: „Gründlamellensystem" (wie unter Punkt 2). Die Diaphysenkompakta enthält also außer den längsverlaufenden Knochenk a n ä l c h e n u n d H ö h l e n drei getrennte Systeme: Zwei Grundlameliensysteme, die d a s
konzentrisch in die HAVERschen Kanäle angeordnete Speziallamellensystem umschließen. Dadurch wird der Kompakta eine große Strebefestigkeit erteilt, die besonders Querausbiegungen verhindert. Auch die Spongiosa ist zweckmäßig im Aufbau der statischen und dynamischen Beanspruchung angepaßt. Wenn wir einen Schliff durch das obere oder untere Ende des Femurs betrachten, so fällt eine wohlmotivierte Architektur von Bälkchen, Strebepfeilern, Plättchensystemen, Spitzbogen- und eliptischen Bögen, Druck- und Zugkurvensystemen auf. Da der Knochen einen röhrenförmigen Bau aufweist (Hohlzylinder), kann er mit möglichst wenig Material sehr widerstandsfähig konstruiert werden. Nicht so sehr die Zugbeanspruchung, sondern die Beanspruchung aui Druck spielt bei der Ausbildung der Knochenstruktur eine wesentliche Rolle. Auch der Kallus des heilenden Knochens paßt sich dieser Architektur an.
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Frakturmechanismen
Aber nicht nur der Druck (Tragen der Körperlast), sondern im großen Maße die Muskulatur spielt für die Ausbildung der Architektur des Knochens eine Rolle. Es geht beständig, auch in der Ruhe, von den Muskeln ein gewisser Druck und Zug auf die Knochen aus. Was heißt eigentlich „Druck- oder Zugspannung"? Es sind Kräfte, die entweder eine Annäherung (Druckspannung) oder ein Auseinanderweichen von Molekülen (Zugspannung) verursachen. Entsprechend seiner Elastizität kann der Knochen durch Einwirkung äußerer Kräfte seine GeZugspannung stalt verändern. Im Knochen entstehen dabei Spannungen (Zug, Druck- und Schubspannung), indem Moleküle des Knochens sich nähern oder voneinander entfernen. Wenn die deformierende Kraft aufhört zu wirken, kehren die Moleküle in ihre ursprüngliche Stellung wieder zurück — vorausgesetzt, daß die Elastizitätsgrenze nicht Druckspannung überschritten wurde, d. h., daß keine Fraktur eingetreten ist. Abb. 8. Kombination von Zug- und Druckspannung am brechenden Stab. Durch Druckspannung allein sind wir nicht Während sich die Moleküle an der imstande, einen Bruch zu erzeugen, da elastiStelle der Fraktur entfernen, nähern sche Körper unter Druck fast ihr ganzes Vodiese sich in der Richtung des Fortschreitens der Fraktur. lumen beibehalten. Dagegen kommt es bei Zugspannung dadurch, daß sich Moleküle voneinander entfernen, bei Überschreiten der Elastizitätsgrenze, zur Fraktur. Häufig sieht man eine Kombination beider Spannungen, wenn z . B . ein Molekül unter Zugspannung gesetzt wird und sich von anderen Molekülen entfernt, gleichzeitig aber in anderer Richtung seinen Nachbarmolekülen nähert. Unter Schubspannung verstehen wir Kräfte, die Teile eines Körpers gegeneinander zu verschieben trachten. Nach dem HooKschen Gesetz wächst die Größe der Formveränderung im gleichen Verhältnis wie die Größe der deformierenden Kraft. Diesen deformierenden Kräften stellt der Körper seine Festigkeit entgegen. Dabei unterscheiden wir folgende Festigkeitsformen: 1. Die Druckfestigkeit,
2. die Zugfestigkeit,
3. die Schubfestigkeit.
Die Festigkeit einzelner Knochen ist verschieden groß (beim Femur hat man z. B . die Zugfestigkeit auf 674 kg je ccm berechnet), ebenso variiert unter normalen (physiologischen) wie auch pathologischen Verhältnissen die Elastizität, Härte und Sprödigkeit. Während junge Knochen elastisch aber weniger fest sind, weisen ältere eine geringe Elastizität auf, sind dafür aber fester.
IV. Frakturmechanismen Eine Fraktur können wir dann erzeugen, wenn wir einen gewissen Längsdruck auf einen Knochen einwirken lassen. Dieser muß so stark sein, daß er die Elastizitätsgrenze des Knochens übertrifft. Wir können aber auch mit einem viel geringerem Gewicht (Längsdruck) eine Fraktur erzeugen und zwar dann, wenn dieses Gewicht oder der Druck mit einer gewissen Geschwindigkeit den Knochen trifft. Von diesen zwei Standpunkten aus, d. h. im ersten Falle vom statischen, im zweiten vom dynamischen kann der Entstehungsmechanismus jeder Fraktur betrachtet werden.
Statische Frakturentstehung
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A. Statische Frakturentstehimg 1. Biegungsfrakturen Die B i e g u n g s f r a k t u r e n n e h m e n d a s H a u p t k o n t i n g e n t aller F r a k t u r e n ein. W e n n wir einen H o l z s t a b brechen, so ergibt sich folgendes Bild: A n der konvexen Seite des Stabes t r e t e n Z u g s p a n n u n g e n a u f , an der k o n k a v e n Seite D r u c k s p a n n u n gen. I n der M i t t e des S t a b e s heben sich beide S p a n n u n g e n auf u n d es e n t s t e h t eine n e u t r a l e Schicht.
Abb. 9. Verlauf der Bruchlinie am Holzstab. Durch Zugspannungen entsteht an der konvexen Seite des Stabes eine Rißfraktur. In der Mitte des Querschnittes („neutrale Schicht") lieben sieh beide Spannungen auf und es entsteht ein Längsriß.
neutrale Schicht
Abb. 10. Richtung, Verteilung und Größe der molekularen Zug- und Druckspannung am biegenden Stab. An der konvexen Oberfläche sind die Zugspannungen am größten. In der Mitte des Stabes heben sich Druckund Zugspannungen auf und es entsteht eine neutrale Schicht.
Abb. 11. Verlauf der Frakturlinie am röhren förmigen Knochen. Die neutrale Schicht verläuft hier nicht waagerecht wie an einem hölzernen Stab, sondern sie wandert während des Fortschreitens der Fraktur nach der konkaven Seite. Dadurch wird an der konkaven Seite ein Dreieck ausgebrochen und aus der Lage dieses kann auf die Richtung der wirkenden Gewalt geschlossen werden.
Bei Beginn des B r u c h e s reißt z u n ä c h s t der K n o c h e n a n der konvexen Seite senkrecht ein. Gelangt er gegen die Mitte des Querschnittes, also zur neutralen Schicht, so biegt er n a c h beiden Seiten zugleich ab, so d a ß ein Dreieck m i t Basis an der k o n k a v e n Seite ausgebrochen wird. Nach d e m Beispiel eines Holzstabes (Abb. 9) m ü ß t e a n der neutralen Schicht ein L ä n g s r i ß entstehen. Dieser L ä n g s r i ß entsteht a m röhrenförmigen S t a b (Knochen) jedoch n i c h t , sond e r n v e r l ä u f t schräg gegen die K o n k a v i t ä t , weil w ä h r e n d des Fortschreitens des B r u c h e s a u c h die n e u t r a l e Schicht n a c h der k o n k a v e n Seite w a n d e r t . Somit k a n n m a n aus der Form des Bruches u n d Lage des Dreiecks die Richtung u n d den Angriffspunkt der Gewalt ablesen. Oft sind die Biegungsbrüche m i t einer Kompression kombiniert, weil sich die M u s k u l a t u r im selben Moment k o n t r a h i e r t . 2. Kompressionsfrakturen W e n n ein röhrenförmiger Zylinder z u s a m m e n g e d r ü c k t wird (unter der W i r k u n g entgegengesetzter K r ä f t e ) , so k o m m t es einerseits zur Verkürzung, andererseits n i m m t sein U m -
Abb. 12. Unterschenkelfraktur (Biegungsfraktur) mit typischem Bie gungsdreieck.
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Frakturmechanismen
fang zu. Wir erwähnten schon, daß Druckspannungen selten zur F r a k t u r f ü h r e n u n d erst die sekundär entstehenden Zugspannungen können einen Bruch herbeiführen. E s entstehen zirkuläre Zugspannungen, die zu Längsrissen führen. Kompression
Längsriß ¿T sekundäre •j ßiegungsfraktur ,
Kompression A b b . 13. Kompression ( S t a u c h u n g ) eines Zylinders m i t L ä n g s r i ß (Längsf r a k t u r ) . Die eingezeichn e t e n Pfeile zeigen, d a ß der Längsriß durch sekundäre Zugspannungen entsteht. Dadurch wird der U m f a n g des Zylinders i n d e r M i t t e seines Querschnittes, vergrößert.
A b b . 14. Längskompression eines Zylinders. D u r c h die Stauchung (Kompression) ents t e h t z u n ä c h s t ein L ä n g s r i ß . Gleichzeitig v e r g r ö ß e r t d e r Zylinder in d e r M i t t e seinen Quers c h n i t t , so d a ß s e k u n d ä r bei F o r t b e s t e h e n der e i n w i r k e n d e n Kraft durch Zugspannungen Biegungsfrakturen entstehen.
A b b . 16. K o m p r e s s i o n einer Hohlkugel. S c h e m a t i s c h e E n t s t e h u n g einer S c h ä d e l f r a k t u r m i t Einrissen a n der ä u ß e r e n und inneren. Kortikalis.
A b b . 15. S t a u c h u n g s f r a k t u r des U n t e r s c h e n k e l s m i t A b s p r e n g u n g eines r a u t e n f ö r m i g e n F r a g m e n t s . Dieses F r a g m e n t k o m m t d u r c h Längsriß und sekundären Biegungsfrakturen bei Kompression zustande.
A b b . 17. L a g e u n d R i c h t u n g der einwirkenden K r ä f t e beim Z u s t a n d e k o m m e n einer Schubf r a k t u r . Diese e n t s t e h t d u r c h die W i r k u n g zweier entgegengesetzter K r ä f t e , die dicht n e b e n e i n a n d e r liegen.
A b b . 18. B r u c h l i n i e bei T o r s i o n eines Zylinders. Durch die Torsion entstehen zwischen den Molekülen D r u c k und Z u g s p a n n u n g e n , die d a n n zu der spiralförmigen Schraubenbruchlinie führen.
Frakturmechanismen
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Wenn die Kompression weiter anhält, so entstehen an Stellen der stärksten Biegung noch Biegungsfrakturen. So kommt es zu den nicht so selten beobachteten Aussprengungen peripherer Knochenfragmente, besonders bei spröden Knochen. Entgegengesetzt dazu kommt es bei jugendlichen Knochen, besonders aber an der Epiphyse, die sehr weich und elastisch ist, zum Vorstadium der Längsfraktur, d. h. zur zirkulären Umfangvergrößerung und Wulstbildung. Man spricht hier von einer „Wulstfraktur" oder Stauchungsfraktur. K O H L , D E QUERVAIN und I S E L I N beschrieben diesen Typus. Eine Kombination von Kompressions- und Biegungsfrakturen können wir sehr schön am unteren Humerus- und Femurende sowie Tibiakopf beobachten. Es entstehen hier die typischen T-, Y- und X-Frakturen mit Längsspaltfrakturen und Biegungsbrüchen. Bei Kompressionsfrakturen vorwiegend im Bereiche der Spongiosa, hauptsächlich beim Wirbelkörper, Schenkelhals, Fersenbein werden die Spongiosabälkchen unter der Wirkung stauchender Kräfte gebrochen und der betreffende Knochen wird abgeplattet. Schließlich wäre noch der Entstehungsmechanismus von Kompressionsfrakturen am Schädel (der einer Hohlkugel entspricht) zu erläutern. Wird eine Hohlkugel zwischen zwei Kräften komprimiert, so flacht sie in der Richtung der wirkenden Kräfte ab, die Meridiane und der Äquator erweitern sich dafür. Da die innere Kompaktaschicht, die Tabula interna („Tabula vitrea") spröder ist als die äußere, kommt es zunächst zu einem Einriß an dieser. 3. Schubfrakturen Sie entstehen unter der Wirkung entgegengesetzter Kräfte, die dicht nebeneinander liegen. Die Fraktur kommt direkt am Orte der Einwirkung zustande. 4. Torsionsfrakturen Sie entstehen dann, wenn ein Knochen an zwei Stellen zugleich entgegengerichteten Drehungen ausgesetzt wird. Den Mechanismus kann man am besten am Beispiele eines elastischen Hohlzylinders beobachten, der dem Röhrenknochen am ähnlichsten ist. Durch die torquierenden Kräfte kommt es zu Druck- und Zugspannungen, die in Form einer Schraubenlinie verlaufen. Praktisch sieht es meist so aus, daß das eine Ende des Knochens fest fixiert ist, während die torquierende Gewalt das andere Ende abzudrehen versucht. Selten werden wir eine reine Torsion antreffen. Meist ist diese mit Biegung und Stauchung vergesellschaftet, und zwar wird die Biegung gleichzeitig durch die torquierende Gewalt verursacht. Zugleich spannt sich die Muskulatur an und führt zu einer Stauchung. 5. Rißfrakturen Bei den meisten Rißfrakturen handelt es sich eigentlich um Abrisse kleinster Fragmente aus einem größeren Skeletteile. Wir sprechen deshalb auch von Abrißfrakturen. Diese entstehen durch zwei entgegengesetzt, parallel wirkende Kräfte. Häufig handelt es sich dabei um eine Kombination von Zug und Biegung. Bei den reinen Zugfrakturen kann die Zerreißung entweder durch willkürlichen oder unwillkürlichen Muskelzug entstehen. Auch Gelenkbänder können durch übermäßige Dehnung eine Rißfraktur verursachen.
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Frakturmechanismen
B. Dynamische Frakturentstehung Bei der statischen Betrachtungsweise der Frakturgenese war immer eine Gegenkraft erforderlich. Die Mehrzahl der Frakturen kommt aber in der Praxis durch kurzdauernde Gewalten zustande und zwar durch eine Kraft, unabhängig davon, ob eine Gegenkraft vorhanden ist oder nicht. Diese Gegenkraft war z . B . bei der statischen Betrachtungsweise der Biegungsfraktur die Unterstützung des Knochens an beiden Enden von der Rückseite her. Wenn wir auf einen an beiden Enden unterstützten Böhrenknochen (z. B . Femur) ein Gewicht auflegen, so entsteht eine Biegungsfraktur mit dem typischen Biegungsdreieck. Lassen wir aber dasselbe Gewicht aus großer Höhe auf einen nicht gestützten Knochen fallen, so entsteht auch eine Fraktur, allerdings nicht mit dem typischen Biegungsdreieck, sondern es entsteht eine Schubfraktur. Hier spielt also nicht nur das Gewicht, sondern auch die Geschwindigkeit, Beschleunigung und Zeit eine Bolle.
Pine Fraktur entsteht also um so eher: a) je größer die Wucht des Stoßes ist, b) je rascher der Stoß geführt wird und c) je kleiner die Angriffsfläche ist. Die Kraft des fallenden Gewichtes erteilt den getroffenen Molekülen eine Beschleunigung in Richtung des Stoßes während die anderen Moleküle durch die Trägheit zurückbleiben. So entstehen Zugspan»/.:¡] nungen, die zur Fraktur führen. Ist die Geschwindigkeit gering, so kommt es zur Biegungsfraktur. Bei größere Geschwindigkeit entstehen Schubfrakturen.
Abb. 19.
Statische und dynamische Frakturentstehung. a „Statische Fraktur." Hier ist immer eine Gegenkraft erforderlich. E s resultiert eine Biegungsfraktur mit typischem Biegungsdreieck. b „Dynamische F r a k t u r " . Diese entsteht durch kurzdauernde Krafteinwirkung. Dabei resultiert eine Schubfraktur.
Abb. 20. Beispiel einer Lochfraktur durch ein Projektil ( z . B . am Schädel). Durch die kurzdauernde, große Krafteinwirkung entsteht eine „dynamische" Schubfraktur. Das ausgestanzte Loch hat dabei die F o r m eines Trichters, da die K r a f t allmählich abnimmt und an der Hinterfläche mehr eine Biegungsfraktur entsteht.
Auch Rißfrakturen sind vom dynamischen Standpunkt aus zu beurteilen: Abrisse von Knochenfortsätzen werden nie durch noch so starke Muskelkräfte herbeigeführt, wenn sie langsam erfolgen (statischer Pntstehungsmodus). Dagegen entstehen sie bei 'plötzlichem, ruckartigen Muskelzug (dynamische Pntstehung). Noch besser lassen sich die Schußfrakturen, besonders beim Schädel, vom dynamischen Standpunkt aus erklären. Wenn ein spitzes Instrument oder ein Projektil mit großer Geschwindigkeit den Schädel trifft, so wird ein Loch ausgestanzt und es entsteht eine Schubfraktur. Da die Wucht des Stoßes aber allmählich abnimmt, so kommt es an der Hinterfläche mehr zu einer Biegung, so daß das Loch eine trichterförmige Gestalt bekommt.
Luxationen — Dislokation der Fragmente
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I s t die Geschwindigkeit geringer, so wird der Schädelknochen a u ß e r d e m auf Biegung b e a n s p r u c h t , u n d es e n t s t e h e n zusätzlich konzentrische Fissuren. A u c h a n den E x t r e m i t ä t e n k n o c h e n finden wir n e b e n d e m S c h u ß k a n a l S p r ü n g e in der U m g e b u n g , die um so zahlreicher sind, je größer die Geschwindigkeit des Geschosses ist. W ä h r e n d an den E p i p h y s e n das Geschoß g l a t t d u r c h g e h t (große Geschwindigkeit bei kleiner Angriffsfläche), ist der W i d e r s t a n d a n den D i a p h y s e n größer u n d es e n t s t e h t eine größere Splitterung. Je größer die Schußdistanz, desto großsplitteriger die Fraktur — je kleiner die Schußdistanz, desto kleinsplitteriger die Fraktur.
V. Luxationen A u c h bei den Verrenkungen unterscheiden wir solche traumatischen Ursprungs u n d jene, die d u r c h einen pathologischen Prozeß hervorgerufen w u r d e n . Bei d e n t r a u m a t i s c h e n L u x a t i o n e n wird die K a p s e l meist eingerissen u n d die eine Gelenkfläche v e r l ä ß t d u r c h den ents t a n d e n e n Schlitz d a s alte Lager. Als U r s a c h e von Verrenkungen tret e n meist äußere m i t t e l b a r e Gewalten auf. D u r c h H e b e l w i r k u n g wird der Gelenkkopf meist aus seiner P f a n n e herausgehoben. Seltener wird eine direkte Gewalt oder a k t i v e Muskelkontraktion eine L u xation h e r b e i f ü h r e n . Die habituelle oder gewohnheitsmäßige Luxation wird entweder d u r c h Deformierungen der P f a n n e , d u r c h E r w e i t e r u n g des Kapsela p p a r a t e s , Kapselrisse u n d Gelenksergüsse v e r u r s a c h t . I s t die L u x a t i o n n i c h t vollständig, so d a ß die Gelenkflächen sich