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German Pages 590 [601] Year 1992
ADOLPH FREIHERR KN IG GE SÄMTLICHE WERK E BAND r
Adolph Freiherr Knigge Sämtliche Werke In Zusammenarbeit mit Ernst-Otto Fehn, Manfred Grätz, Gisela von Hanstein und Claus RitterhofF herausgegeben von Paul Raabe
BAND
2
Abteilung i Romane in 8 Bänden
Adolph Freiherr Knigge
Der Roman meines Lebens In Briefen herausgegeben Teil 3 bis 4
K G - Säur München - London - New York - Paris 1992
Photomechanischer Nachdruck der Erstausgabe nach dem Exemplar der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt. Sign.: Gü 4136
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Knigge, Adolph Frhr. von: Sämtliche Werke / Adolph Freiherr Knigge. In Zusammenarbeit mit Emst-Otto Fehn ... hrsg. von Paul Baabe. Photomechanischer Nachdr. der Erstausg. - München ; London ; New York ; Paris : Säur. ISBN 3-598-22870-8 NE: Baabe, Paul [Hrsg.]; Knigge, Adolph Frhr. von: [Sammlung] Photomechanischer Nachdr. der Erstausg. Bd. 2 : Abt. 1, Bomane : in 8 Bänden. Der Boman meines Lebens : in Briefen herausgegeben. -Teil 3/4. -1992 ISBN 3-598-22872-4
Printed on acid-free paper / Gedruckt auf säurefreiem Papier Alle Bechte vorbehalten / All Bights Strictly Beserved K. G. Säur Verlag GmbH & Co. KG, München 1992 A Beed Beference Publishing Company Printed in the Federal Bepublic of Gennany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlages ist unzulässig Druck/Printed by Strauss Offsetdruck, Hirschberg Binden/Bound by Buchbinderei Schaumann, Darmstadt ISBN 3-598-22870-8
D ev
R o m ä N meines
Lebens
in B r i e f e n herausgegeben»
D r i t t e r
T h e i l ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ » ♦ ♦ » » » » « ♦ » « m m ♦ » » » » »» »» ♦♦»♦41
R i g a
1 7 8 2 ,
A n d i e Leser.
ist eine gar possierliche S ache UM die Zlutorsucht, und um den R uhm , den man durch das Bücherm acherhand werk zu erwerben trachtet. Ic h sehe selbst sehr wenig W erth au f den M a n n , der blos dadurch beliebt wurde, daß er ein gutes B lich schrieb. E s ist sehr viel leichter hundert schöne Grundsätze pre digen, als einen einzigen ausüben. Am Schreibtische, wenn keine Leidenschaft ins S p ie l kömmt, lassen sich herrliche S ach en sagen, und gewöhnlich sieht doch der M a n n ganz anders au f dem P apiere a u s , als in seinen H andlungen.
Aber
A ber dennoch ist so etw as in m ir ( ich gestehe es frey) das mich kitzelt, wenn mich jemand versichert, er habe etw as von mir m it V ergnügen gelesen — I c h meine im m er, es müßte ein verständiger M a n n seyn, der so etw as sagt — Ob cs wohl andern Leuten auch so geht?
W a s ist daher natürlicher, als daß ich Ih n e n A lle n , die S ie mit so nachsichtsvol ler G üte die beyden ersten Theile dieses Büchclchens aufgenommen haben, herzlich danke? M ögte der dritte eben so glücklich seyn, I h r e n B ey fall zu gewinnen! V iel leicht schriebe ich dann noch — N icht die zwanzig, davon w ir neulich redeten — aber doch ein oder ein P a a r dazu, um ein G anzes daraus zu machen, und S ie nicht in Ungewißheit über das Schicksal der P e r sonen zu lassen, welche ich die E hre gehabt
habe Ihn en vorzustellen. Allein
Allein da werde ich denn nach Gelegene heit etwas dazu lügen müssen, so wie ich Ihnen bis jetzt würklich nur wahre Bege benheiten erzählt habe. I m Grunde sollte freylich wohl allewahr seyn, was in einem Roman steht. Alan kann sich ja auch nichts so Tolles erdenken (das versichre ich S ie ) was nicht irgend einem Erdensohne begegnet wäre, und keinen so albernen Streich, den nicht schon einmal ein Mensch gemacht hätte. Wenn man aber freye Hand hat, eine Menge Abenthencr auf Eines Menschen Kopf zu erzählen; so kan» man der Ge schichte wohl eher diejenige E in h e it geben, welche S ie vielleicht hier vermissen. I n dessen wollen wir doch überlegen, wie w ir das Ding so einrichten, daß alles in ein ander paffe.
Unglück-
Unglücklicherweise lebe ich 'je |t einsam, In dem Schooße meiner Familie ruhig, fern von den großen Thorheiten der W elt, und an einem O rte, wo es wahrhaftig so viel herzlich gute Menschen giebt, daß, wenn ich Ih n e n die Scenen schildern sollte, die ich jetzt vor m ir habe, S ie sehr einfache G em älde sehen, und ich denenjenigen, welche nur die lächerliche S e ite ihrer M it menschen vor Angen gestellt haben mögen, wenig U nterhaltung würde verschaffen können. Ueberlegen S i e das alles! Und wenn S i e dennoch, nach Lesung dieses T heils eine Fortsetzung des R om ans meines Lebens begehren — E y n u n ! so muß man sehen, wie m an R a th schafft. X )C = X X I n h a lt
vir Inhalt des dritten theils.
Erster B rie f, von Müller an Meyer, au- Hambürg geschrieben. Er ist nebst Leitthal in Gor, gen um. da- Schicksal de- jungen Hohenau. Man sollte solche junge Schwärmer ihrem Schicksal überlassen. Aber Erziehung und schlechte Schriftsteller verdrehe» der Jugend den Kopf. Ueber Zünfte. Gelehrten-Zunft. Vor schläge gegen die Schreibseligkeit. Nachricht von der Abreise au« Urfstädt, Ankunft in Ham burg, und Leben-art daselbst. Ueber Reichs städte und ReKdenze». Herr Bellojoe» nimmt diesen Brief mit. Mever soll über sein Herum reisen sein Glück in Dresden nicht verscherzen. Sie hoffen bald bessere Nachrichten von Hohcna« zu hören. Zweyter B rie f, von Meyer an Leidthal. Er ist« nachdem er Hohenau auf Hundefeld- Gut nicht gefunden, nach Donner-rund gereiset. Auch hier ist derselbe so wenig, al- da« Fräulein. Werber im Wirth-hause. Ueber M ilita ir, Solbatcnstand, perftaliche Tapferkeit, grne und kleine Feldherrn. Gemälde der Frau von Don, «ergründ. Ein hochadeliche- Hau-. Au-stcht de«
den jungen Hohenau tu finden. Reise nach Eisltben. Des Herrn von p . . . in 3 . . . . Geschichte. Ankunft tu LiSlcben. Der Jung, ling, welchen er aufsucht/ ist des Herrn von rvallitz natürlicher Sohn. Dessen Geschichte/ und von seiner '.ITiittcv. Carl ist also noch immer nicht gefunden. Er weiß auch nicht, wo er ihn suchen soll. Als« geht er jetzt gerade nach Dresden. D ritte r B rie f, von der Frau von Donncrgrund an den Herrn von Tiegel. Jetzt klart sichauf. S ie hat ihre Nichte bey der Lrau M fe / rink abgesetzt, woselbst sie Ritzel besucht», und sie vermögen soll, ihn zu heyrathen, dagegen dieser der Frau von Dvnnergrund da« Geld schenkt, da« sie ihm schuldig ist. Hohenau war dieselbe bracht mit Meyer in einem WirrhsHause, und wurde da den Werbern in die Hände gespielt, Meyer aber nachEisteben irregeführt. Eine Bitte wegen einer Cantelbekleidung. D ierter B rie f von Leidthal an Meyer. Nun da alle Mühe, alles Suchen vergebens ist, soll er nur seine Crcretairsfieüe i» Dresden, die Sei ner erwartet, annehmen. Gott wird schon für den jungen Hohenau sorgen. Künstliche Ertiehung im Gegensatz mit Erziehung, die das Schicksal giebt. Fünfter
F ü n fter B r ie f von der Frau Kascrink an die Frau von Donnergrund. D as Fraulein ist aus dem W ilthshause, wo sie ein Paar Tage bleiben mußten, fortzegangen, indem sie sich hat von einem Manne entführen lasse», der vorher französisch mit ihr sprach. Frau Kaserink be theuert angstvoll ihre Unschuld. Sechster B r ie f von Wecke! an Leidthal. Er spricht ihm Trost ein , und will e- versuchen, ihn aufzumuntern; erzählt ihm, daß, und wen er hcyrathen werde. Ei» alter geiziger Curie. Ein ilnba.i tebuch. Lin Zeikungsblatt. Gesell, schafl im Wilthshause. Amtmann. Kaufmann. Apotheker. Ossieier. Adept. Derselben Ge spräche. Eine Fürstliche Geoatkerschast. S ie b e n te r B r ie f , von dem jungen Hundefeld an Leidthal. Giebt Nachricht von der Enlweichung des Fräuleins. D ie Eltern glauben Hohenau habe dies veranstaltet, deswegen machen sie nun ihrem S ohne, der sein Freund war. Vor würfe. S ie liege» vor Kummer krank. D er junge Hundefeld rollt nachreisest, und bittet Leib thal unterdessen nachzuforschen. Achter B r ie f von Meyer an Leidthal. Nachricht von seinem neuen Etablissement. Ueber die Art zu studieren und sich zu seinem künftigen Zu stande
stände vorzubereiten.
Philosophie. Trodsiudien.
W a ru m man nicht weiter in der W eisheit kömmt. Nachricht von seiner Ueber Bildsäule». geht.
häuslichen Einrichtung.
W ie e- dem jungen W allitz
E in Präsident. Unterschied unter D e v u n -
drung und Zuneigung.
Ueber H ernhut.
D ie
D rü d c ru n itä t. W ie man auf die W e lt würken sollte. Esprit de Corps. Esprit public. Ueber M ü lle rs Aussichten. th a l.
Dankbarkeit gegen Leid,
W üßten E ie m it , wo Hohenau ist!
N e u n te r B r i e f von L c itth a l an M eyer. sich, daß M eyer zufrieden ist.
federn unserer guten Handlungen. denschaften.
T ollt,-lusi-.
Freuet
Ueber die T rieb Ueber Lei
Ueber die N a rrh e it.
D a ist endlich N ich rich t von Hohenau, welche sie A lle m it Freude e rfü llt. Z e h n te r B r i e f ( in dem v o rig e n eingeschlosien) von Hohenau an Leibthal a u t Potsdam geschrie ben.
E r bitte t ihn um Verzenhung seiner V e r
irrungen. ist.
Erzählung dessen, was ihm begegnet
W ie er Charlotten auf HnndefeldS G ute
nicht fand; h e ru m irrte ; endlich sie auch in D o n nergrund vergebens suchte;
W ie ihn dort ein
Franzose den preussischen W erbern In die Hände H ie lte , die ihn einige Woche» lang m it herumf ü h r tm ,
und
dann
in
Potsdam
abliefer
ten. Daselbst entdeckt er sich seinem Obristen, und
lind der ist glücklicherweise derselbe ehemalige L djudant, welcher in M eyers Geschichte vorge kommen ist. Sobald sich dies entwickelt, wird C arl losgelassen, und als Lieutenant bey de« Obrisien Regiment angestellt. Ie n t wäre alleg u t; aber wo ist Charlotte? D er Franrose hak dem jungen Hohenau ein Briefgcn abgelockt, um ihm , wie er sagte, da-Fräulein zuzusühren. W enn der Franzmann ein Schelm ist; so wird es schlimm aussehen. Hohenau ist in großen Gorgen bcsfaUs, bittet übrigens nochmals um Werzenhung, und legt Briese vom Obristen an Lcirrhal und M eyer bey. E ilfte r B r ie f von M eyer an Leidthal. E nthält einen Auszug aus dem Briefe des Obristen an ihn. Nemlich die Erzählung, wie er aus dem Gefängnisse, nach dem Tode des Fürsten, los gelassen, den Abschied als Obristlieutenant be köm m t, nach Schlesien zu einem D etter geht, durch denselben preussischer Obrist w ird, und ein Regiment bekömmt. Ueber den Nutzen würklicher treuer Lebensbeschreibungen im Geg:nsatz mit ander» Rrnianen. W o mag aber das Fräulein von Hundefeld sey»? M an darf C arl nicht von ihrer Entführung unterrichten, muß aber ihren Eltern sagen, wie unschuldig Hohenau daran istZwölfter
Z w ö lfter B rie f von Mr. de ja Saiticre an einen Grafen in Berlin. Hier klärt sich cüt« auf. D er G iaf hatte diesen Ficnzrscti, teil der Leser schon aus dem zweyten Theile dieses Roman« kennt, aufselragen- sinnt Theil des Gelde«, welches sie geiminschasliich in Span gewonnen harten, dazu anzuwenden, ihm eine hübsche Maitreffe miiiubringen. La Saitii.-c traf Ho henau an , wie man schon weiß, spielte densel ben den Werbern in die Hände, ließ sich einen D ri.f von ihm an Charlotten geben, und nützte diese» B rief, um dieselbe tu entführen, unter dem Vorwände sie ihrem Geliebten zuzuführen. Nachdem dieselben ein P aar Monathe in Worin« ingebracht, und vor Kummer über die m isra, thene Hofnung krank geworden, da indessen la Saltiere ihre Briese auffängt, und an deren S ta tt falsche schreibt, bewegt er sie endlich, durch einen eben dergleichen nachgeahmten B rief von Hohenau, mit ihm sich auf den Weg riach Berlin zu machen. S ie werben also gegen den i ; . dort ankommen, wo Ja saldiere dann Charlotten in de« Grasen Hönde liefern will. D rey jeljn ter B rie f von Meyer an Leidthal. Er berichtet ihm mit traurigem Herzen, was er so eben durch einen B rief von Carl erfahren hat. D er Odrist ist nemlich schleunig gestorben, und Charlotte ihrem Geliebten untreu geworden. Wenig,
X lll Wenigstens glaubt Carl di'S, «eit er den dpi» M r. !-> Saitivrc fi'.tüiyücl) geschrieben:!, Brief tekvmmm bn. Jetzt fürchtet Meyer, .s\«!>-'raa werde schlechter werden, ohne Führer i i r i - 'ne Liebe, in Berlin. £er Lbrist hat Cai.'n j„ seinem Testamente bedacht. Meyer ist äusserst niedergeschlagen. Vierzehnter B rie f von Meckel an Leibthal. Nach, richt von seiner Herrath. Ueber de» Ehestand. Kleine Rcisebeschreü ung. Ueber das Vekannt» schaftmachen, und die Kunst sich beliebt ;u in«, chen. Eine rührende Malreit. Ein Landedel, mann. Ein Pfarrer. Ein Lügner. Lin fürst, sicher Garten. Ein Trauerrug. Ein Regi, mciitSchirurauS. Man soll niemand beschämen. Fünfzehnter B r ie f von Hundefeld an seinen Va, ter. Er hat nirgends auf die Spur von Char, lottenS Aufendhalt kommen können. Nun kömmt er so eben nach D e ;im , um wenigstens Hohe» nau ;u sprechen. Er hat eine« artigen,v tosen anaetrosse», dem er seine Geschichte er, lsthlt, und der ihm versprochen hat, ihn mor, gen früh selbst hinzu begleiten. Ceehzehuker B rie f von Ja s.ikicre, Billet an den Grafen........... Er schickt ihm eine» auf gefangene» B rief, den Charlotte, bi« in Ma dam SchusttS Hause ist, an ihre Eltern fort» schicken wollte. Zugleich meldet er ihm, wie Hundefeld in seine Hände gefallen sey, und daß
daß er M it t e l gefunden habe,
denselben der
Policen verdächtig zu machen, damit ih m , ehe er Hohenau sprechen könnte, vom Gouverneur die S ta d t verbothen werde. S ie b e n z c h n tc e B r i e f (E inschluß
des v o rig e n )
von Charlotten an ihre E lte rn .
S ie klagt zärt
lich darüber, daß sie keine A n tw o rt von ihnen bekömmt, schildert ihren jammervollen Zustand, und bittet flehentlich um E rrettu n g .
D e r Frau
rose hat sie nach B e rlin in der Frau S ch n itt
in
Haus
der Töpfergaffe geführt.
S ie weiß
n ic h t, was fü r ein Haus das ist. S ie ist im m er krank, wünscht bald zu sterben, und weiß gar n ic h t, wo Hohenau sich aufhalt. von M
.............. D e r G raf.
D ie Obristen
E in junges M a d -
gen, welches ih r gufwarrer. A c h tz e h n te r B r i e f , von dem Grafen an die soge nannte Obristen von M ___ davon, hat.
E r ist unzufrieden
daß sie Charlotten noch nicht bekehrt
S ie soll balv Anstalt machen, das F räu
lein a u fm u n te rn , zu einer Unterredung m it ihm vorbereiten,
und
das M adgen,
welches den
B r ie f an Charlottens E lte rn hat besorgen sollen, von ih r e n tfe rn n . N e u n z e h n te r B r i e f , nen V a te r.
von Ludwig M ü lle r an sei
E r freuet sich über des Commer-
tienraths nahe Hofnung zu dänischen Diensten. Ueber seine jetzige Lage. lerstand
überhaupt.
Ueber den Schauspie-
Künste
in Deutschland. D ich te r.
D ichter. richt
Schriftsteller.
von
meruug.
Hrhenau«
Unangenehme Nach, moralischer Derschlim-
Ueber dar S p ie l.
Einige Nachrichten
von Berlinischen Unterhaltungen. Z w a n z ig s te r B r ie f » an Hshenuo.
u.-ti dem jungen Hunde'.Id
Nacknicin, baß ihm der Gouver
neur die S ta d l verboten habe.
E r har vorher
zweymal Hohenau in seinem Hause ausgesucht, aber im m er verfehlt.
E r solle doch auvwürkcn,
daß er wieder in die S ta d r komme» dürfe. E in
u n d z w a n z ig s te r B r i e f ,
von Hohenau an
M eyer. M a n sieht aus dem S t y l , daß er anfangt sittlich schlechter;u werden.
Beschreibung seiner
Gesellschaft. Nachtheiliges U rtheil vom weiblichen Character. S e in M istra u e n gegen ia Saniere. Z w e y u n d zw a n zig ste r' B r i e f , an Leidlhal.
von
B irn b a u m
E r b itte t ihn zur Gevatterschaft.
Nachrichten von Urfstädt und Wallitzen« Kränk lichkeitD r e y u n d z w a n z ig s te r B r i e f , Hoheuau.
G ute Lehren.
von Leidkbal an
Geschichte eines ver
abschiedeten M in iste rs, und ei.uge Hofau ertöten. Ueber ReligionS-Indissereiilism uS.
W ie unsi
cher der R u f eine« Menschen ist. V i e r u n d z w a n z ig s te r B r i e f , M ü lle r. Von
Fröhlich wie immer.
seinem gute» O heim .
Etwa« über diese N a tio n .
von Wecke!
an
W ie er lebt. E in
Holländer.
A o n B a u e rn , und
deren V o ru rth e ile n . Fünf
F ü n f und zwanzigster B rie f, vom Seeretair Reifenbri'ikk an Leidthal. Auf Befehl feinet Herrn geschrieben, der auf dem Sterbebette ihn gern sprechen will, und ihn also bittet, nach Ursstädt tu kommen. S ech s und zwanzigster B rie f, von Hohenau an Hundeseld. Sehr leichtfertig geschrieben. E r hat bey dem Gouverneur feine Unschuld gethan. Er kann als» nach Berlin zurückkom men. Entdeckung der Derrätherey de« la Saltieec,
S ieb en und zwanzigster B r ie f , «,m Commertienrath Müller an feine Tochter. Er ist in dänische Dienste getreten. Familienumstande. Nachricht von LeidthalAcht und zwanzigster B rie f, von Ludwig Mül ler an feinen Vater. Nachricht von Hohenau« Verirrungen. Seine Lebensart beschrieben. Interessante Beschreibung von desselben Zusam menkunft mit Charlotten in Madam Echufit« Hause.
E rster
Erster Brief. An den Herrn Meyer. Abzugeben in Göttingen. H am b urg d m sten Jenner
Ich schreibe Ih n e n
1771,
a u f Geheiß
des guten B a ro n Leidthals, der so zerstreuet und nieder, geschlagen is t, daß ich sehr fürchte, die Last von Unruh« und K u m m e r, welche er seit ei, nem J a h re hat tragen müssen, w ird E in flu ß a u f seine Gesundheit habe«.
W o sind S ie denn jetzt? M ö g te n S ie doch, wenn C ie diesen B r ie f bekommen, den jungen Hohenau gefunden haben! Aber w er w e iß ,
w o S ie umherstreifea müssen,
Roman in . Tb.
A
den b rau,
brausenden J ü n g lin g
zu suchen,
der u n s
A llen so v ie l S o rg e macht?
I c h bekenne es g e rn , wenn es von m ir -W e n g e ,
ich' wäre ih m längst nicht mehr
nachgelaufen.
D ie Vorsehung sorgt fü r ih n ,
und w enn er sehen w ir d ,
daß cs in der
w ürklichen W e lt ganz anders aussieht, a ls in einem empfindsamen R o m a n ; so w ird er schon zurückkehren, und vielleicht noch einst «m nützlicher M a n n werden.
Wehe denen S c h rifts te lle rn -
welche die
Phantasie unserer jungen Leute durch w ild e s Feuer entzünden, ihre S in n e so reitzbar ma chen, daß sie den B o d e n , w o ra u f sie treten, fü r glühend h a lte n , und bey jedem F u ß tritte la u t schreyen! D a versengt dann der zehrende B lic k eines solchen S ch w ä rm e rs die schönsten tziuhrcn um ih n her. D e r G ru n d zu diesem Unglücke w ird aber schon in
der S chule gelegt, w o m an u n s diese
dies! Welt als ein Jammerthal vorstellt, trt welches der Schöpfer uns nur gefetzt hätte, um zu versuchen, ob wir auch Prüfung er, tragen könnten — Elender, den Allgütigea entehrender Gedanke! — So werden wir gewöhnt, über alle Seligkeit dieser Welt hinweg, in ein fernes Vaterland zu schielen, und undankbar die mütterliche Erde mit Füssen zu treten. Meiner Meinung nach sollte der Mensch ganz anders unterrichtet werden. Ehe die Begierden zu heftig, die Einbildungskräfte zu lebhaft werden, sollte man ihm die Schätze dieser Welt in ihrer ganzen Annehmlichkeit vor Augen stellen, da, mit er früh diesen blendenden Glanz ertragen lernte, aber auch eben so früh sollte er ge, wohnt werden, Schmer; zu leiden. M it ei, nem Worte, man sollte ihn unterrichten, das vielfache Gute, welches wir in dieser ir, dischen Wohnung schmecken können, recht herzlich fröhlich, aber mäßig und dankbar ge, messen, die kleinen Ungemächlichkeiten aber, die ihm aufstoßrn, für da- zu halten, was A 2 sie
sie sind, für unvermeidliche Folgen unserer eigenen Abweichungen vom graben W ege, und für Glieder in der Kette der Begeben« Heiken. Und erst dann, wenn er diese W elt recht kennte, recht leben und gemessen ge« lern t, und sich also $u einem nützlichen Bür« ger einer bessern W elt gebildet hatte, erst bann sollte eS ihm erlaubt seyn, sich eine seligere Zukunft j» wünschen. Allein von wahrem Genusse und weiser Anwendung dieses Lebens wird uns in der Jugend sehr w en ig , und dies W enige sehr trocken gesagt. M an fühlt dann bald, daß es unvernünftig seyn würde ju glauben, der gute Schöpfer habe uns fünfzig Jahre deO Jam m ers bestimmt. W enn nun das Alter der Wünsche und des Verlangens herantritt» dann angelt der Jüngling nach Freuden, die er nicht gemessen gelernt hat. Aber er hat auch das Ungemach nicht wahrhaftig ertra« gen , sondern nur mit kaltem moralischen kumpengewebe überspinnen gelernt. Cr ist in
in dieser Welt so neu als möglich. Kömmt tr nun in eine Lage, wo so viel unbekannte Gegenstände auf seine Sinne würfen, daß er sich im übermäßigen Genusse derselbe bei rauscht, und nachher dafür leiden muß, oder versagt ihm das Schicksal manches eitlen Wunsches Gewährung, ja! dann muß der Himmel die Schuld tragen; Er murrt gegen die Vorsehung, und wünscht sich in eine an# Ist Welt. Hier kommen ihm unsere neueren Schrift# peller herrlich ju Hülfe. Die liefern ihm Ideale nach seinem Herjen, und unterhalten feine elende Schwärmerey. D a winselt ein jämmerlicher, in der bürgerlichen Welt »ni nutzer Müßiggänger ihm, von seinem Dach# stübchen herunter, Klagelieder über die un dankbare Welt entgegen — Dann geht erst das rechte Unglück an. Er glaubt, hier sey nun einmal nichts mehr für ihn ju thun, also handelt er wie ein Rasender, und w ird, ehe er M ann ist, schon ein unnützer A z Bürger
Bürget — I n s Zuchthaus Mtt solche» Schriftstellern! Ueberhaupt! Ware denn gar kein M ittel -em unseligen Dücherschreiben Grenzen zu setzen? Die Wissenschaften sind nun einmal eine res communis geworden; Indessen liesse sich viel darüber sagen, ob es nicht besser wäre, wenn sie, wie ehemals in Egypten und andern Landern, das Monopolium ei# nes gewissen Standes würden? Dies ist freylich ohngefehr der nemliche S tre it, als: ob es gut sey die Zünfte gufjuheben odetz nicht? Es. ist w ahr, wen» man. kein« Zünfte h a t; so gilt der privilegirte Pfuscher nichts, und der M ann von Verdienst gewinnt. Aber ist nicht der Schaden eben ft) groß, wenn ft# der Pfuscher arbeiten darf, was er will? Wer halt sich nicht für berufen, ein Hand# werk, das er liebt, ju treiben? und indeß er, wenn er schlechte Arbeit macht, betteln muß; so verliehet doch der S taa t den Mann» der etw as, wozu er gcbohren wäre, unter# dessen
Hessen treiben könnte. Geschicklichkeit,
E r wich nie feine tiir#
sondern dje Undankbarkeit
des Publikums anklagen.
D arüber also fol#
len di« Zünfte wachen, baß niemand sich ;n einer Lebensart dränge, ju welcher ihn die N a tu r nicht berufen hat.
£)6 dies m it der
Gelehrsamkeit und dem Geniewesrn so an sehe, ob cs nicht $u Mißbräuchen und Un terdrückung Anlaß geben würde, das kann ich nicht untersuchen.
Aber dazu liessen sich
doch gewiß Anstalten treffen, daß nicht s» viel
jämmerliches
Zeug
dürfte
gedruckt
werden. Könnte man nicht in jedem Lande eine D eputation von redlichen verständigen und uneigennützigen M ännern
dazu festsitzen?
E in Schriftsteller müßte sein M anuskript da h in , ohne sich zu nennen , abliefern: Aber auch die M ä n n e r, aus denen die D eputation bestünde, müßten dem Namen nach unbekannt bleiben.
Es würde untersucht, ob das Buch
irgend etwas enthielte, daS sittlichen Nutzen A
4
bringen
bringen könnte.
W äre es so beschaffen; so
würde nicht nur die Herausgabe desselben tri la u b t,
sondern auch der Verfasser a u f alle
A r t unterstützt, und sein Fleiß belohnt, &a« m it er nicht von einem geizigen Buchhändler abhienge.
W ürde aber die S c h rift vcrwor«
feu, oder als gänzlich elend erkannt» so bliebe noch dem Verfasser das Recht zu appclliren ü b rig , um fich nicht über Partheylichkeit bt« klagen zu können.
Es müßte ihm erlaubt
seyn, seine Handschrift an zwey Deputatio« «en in zwey andern Ländern
zu schicken,
H ätten nun unter diesen drey Richtstühlen, zwey vor oder gegen die Sache gesprochen; so müßte er sich dem Aussprüche unterwerfen, und wenn nachher noch etwas von der A rt ohne Erlaubniß gedruckt worden w äre;
so
würde der Verfasser in öffentlichen Zeitungen beschimpft, oder des Landes verwiesen. Diese Einrichtung würde nicht die Ge« brechen der gewöhnlichen Büchercensuren ha« den, und di« D rp u tirte n dürften auch m it über
über gewisse A rte n S c h rifte n richten.
W o llte
aber jemand etw as gegen die Negierung oder dergleichen
schreiben;
so
müßte
es
ihm
durchaus erlaubt seyn, in so fern der N am o des Verfassers v o r dem Werk« stünde, den» solche S c h rifte n stiften, wenn sie W ahrheiten enthalten, mehrenthetls N utzen, und scha« den,
wenn es V crläum dungen sind,
nur
dem Verfasser.
D o c h , w a s ermüde ich S ie jetzt, zur un gelegenen Z e it,
m it meinen T räum ereyc»?
I c h w ill Ih n e n lieber Nachricht von unserer A r t $u leben geben. W i r togen, w ie S ie wissen, im vorigen M o n a te hierher. E s w a r eine tra u rig e Scene, a ls unser lieber W o h lth ä te r U rfstädr verlas sen mußte, gen.
kaffen S ie mich darüber schwei
G ew iß w ird er noch lange in dem
Herzen seiner ehemaligen treuen Unterthanen gegenwärtig seyn.
W ie manchem Redlichen
hat e rd o rt großm üthig geholfen, w ie manche A 5
T h .a n e
IO Thrstiw getrocknet! —
D e r H e rr von W a lliz
h a t wenige Tage nachher,
w ie
m an unS
schrieb, Besitz von seincmHause genommen, und ob er es gefühlt hat weiß ich nicht, aber gewiß (>«(,■ ausser ein P a a r eigennützigen Schmeich« le r n , kein E inziger de» T a g seines E in zu g s gesegnet, kein H e r; ihm entgegen geschlagen.
W ir bewohnen hier das mittelste Stocke werk eines a rtig e n Hauses.
D e r B a ro n
Leidthal geht w enig a u s , und ich leiste ih m beständig Gesellschaft.
Noch haben w ir nicht
vie l Bekanntschaft gemacht, obgleich ich sehr w ünschte, daß unser guter H e rr es doch ver suchen m ögte, sich ein w e n ig zu zerstreuen, denn der K um m er
nagt u naufhörlich
an
ih m — S e in lieber E a rl schwebt im m er v o r seinen Augen.
W ä re n w ir nicht in diese T ra u rig k e it ver senkt; so w ürden w ir hier sebr glücklich le ben.
D e r V e rlu st des R eichthunis ist bald
verschmerzt, sobald man nicht M a n g e l leidet, und
«üb d as Leben in einer freyen R eichsstadt h a t etw as sehr aufm unterndes. M a n sieht da die Menschen mehr ihrem Jn sijncte folgen, statt daß in einer Residenz sich alles nach dem L o n stim m t, den derFürst an g ieb t, und der o ft, wenn das-Unglück etw a einen schlechten M enschen a u f den T hron geklebt h a t , wie es denn zuweilen der F all ist, äusserst elend ist. Und dann w ird alles dnrch die schändlichen Triebfedern des Hofinrcresse gezogen. D e r, zehre ich nicht G eld genug im Lande, oder ersetze diesen M angel nicht durch W ind und R an ke; G efallt meine W enigkeit dem M i« nister oder dem Schuputzer (w er denn grade der Liebling ist) n icht, und dieser gnädige H e rr aussert sich darüber gegen jem and; so t i a ich in der ganzen S ta d t m it einer A rt W ä In fa m ie bedeckt. N e in .' M a n sage w a s m an w ill gegen die Reichsstädte.; H ier sind wohl auch kleine V erhältnisse,, wie aller O rte n , wo der Mache tige den Schw achem zurückdrängen kann, aber
aber doch fin d , wenn ich mich sonst ruhig h alte, mein Vermögen,
mein R u f, mein
Glück, meine Ruhe nicht das S p ie l d e rW illr kühr eines schlechten oder schwachen M e n , schcn, und ich finde immer einen kleinen Eire cul von Freunden,
in deren Umgänge ich
alle Verderbnisse der W e lt vergessen kann. E s herrscht hier in Hamburg auch sehr viel A u fklä ru n g , wahrer Geschmack an W ift senschasten und Künsten, eine vernünftige Gleichhaltung der S ta n d e , und ein sehr am genehmer, zutraulicher Ton in Gesellschaften. M e in Nachbar co n tro lirt nicht mein Hause wesen; M a n erlaubt m ir zu leben, mich zu tragen, wie ich w i ll ; die jungen Leute sind bescheiden, gefällig und sittsam. wenig Persiflage.
M a n hört
E s ist viel Familienbaud,
viel häusliche Glückseligkeit unter den Leuten, und endlich hat man ja die W ahl unter einer großen Menge Menschen aller A r t, denn aü* gemein paßt freylich das Gemälde nicht a u f das Hamburger Publicum. De«
Den toten.
I c h w ar heyte einige Augenblicke au f dem D aum hause. W elch' ei» herrlicher Anblick »on da hinunter die m it Schiffen beladene Elbe und so viel geschäftige Leute ju sehen! U nter dem G ew ühle von fremden K aufleuten dachte ich jem and anjutreffen, der a u s dor tigen Gegenden käm e, und m ir vielleicht Nachricht von dem H errn von H ohenau ge ben könnte, aber vergebens. Indessen habe ich einen alten Freund gefunden, den H errn B ellojoco, der a u s Schweden köm m t, und morgen früh nach M annheim abreiset. E r w ird diesen B rie f in G öttingen abgeben. Eben habe ich unsern arm en H errn noch einm al gesprochen. E r bittet S ie durch mich, w ährend I h r e r Nachforschungen I h r Glück nicht zu versäumen. M a n erw artet S ie in D re sd e n , wo S ie so dringend empfohlen find , daß es Ih n e n gewiß nicht m islingen w ird , wenn nur d as Eisen geschmiedet w ird, weil es w arm ist. W ir
W ir umarmen S ie in Gedanken — O l wogten w ir gute Nachrichten von Jhneit er# fahren! Ic h bin ewig
der Ihri-e
Müller.
Zweyter
Zweyter Brief. An
den Freyherrn von Leidthal in Ham burg. Tonnergrund de» men Jenner 1771.
6 ^ o c h ist alle meine M üh e,
alle meine
Nachforschung vergebens gewesen; Ic h hübe den unglücklichen jungen Menschen nicht gefunden.
Meine letzten eilig geschriebenen
Zeilen werden S ie , erhalten haben * .
mein gnädiger H e rr! Ic h konnte a u f Hunde«
felds G u t und in der ganzen Gegend nicht das Geringste von ihm erfahren.
W a s w ar
also natürlicher, a ls ;u glauben, er sey ge rade hierher nach Donncrgrnnd gelaufen? Aber auch hier w ill niemand nichts von ihm wissen.
V o r wenig Stunden bin ich ange,
kommen, und habe so genau geforscht, alS « a n an einem gan; fremden Orte forschen kann * Diese finden sich nicht.
sannt — alles umsonst.' D ie Frau von Dons «ergründ ist vorgestern hier angekommen» W as aber das Sonderbarste ist; so hat sie ihre Nichte gar nicht mit hergebracht, da sie doch mit derselben abgereiset w a r, und nies mand erwartet hier das Fräulein. Ich wollte geradeswegs ;u der Dame gehn, aber es war so spat, und ich so ermü, bet von der Reise, daß ich diesen Besuch aus morgen früh verschoben habe. Gern hätte ich nun diese Nacht ein wenig geschlafen, aber da ist unten im W irthshause ein Serin von W erbern, der m irs, bey meinem ohne, hin unruhigen Gemüthe, ohnmöglich macht, ein Auge zu schliessen. Wie ich aber höre; so werden sie nach Mitternacht weiter m ar, schiren. Ich bin also wieder aufgestanden, um mich noch eine Stunde mit meinem theuer, Pen W ohlthäter zu unterhalten. M ögte ich Ih n en etwas zur Aufmun, terung sagen können! aber mein Herz ist auch
auch so bedrängt; A lle s stellt sich m ir in trü< Len Lichte d«lr. D ie W erber und Recruten lermen unauf h ö rlic h , singen, fluchen und toben durchein ander —
G o tt! w ie find die menschlichen Anstalten so verderbt w orden! E in V o lk , das ju seiner Glückseligkeit gesellige und bürgerliche B ande unter sich geknüpft h a tte , mußte sich in dem Gebrauch der W affen üben, um gegen die E in fä lle und Räubereyen einer weniger cultiv irte n , müßigen N a tio n geschützt ju seyn. Nach und nach bediente sich ein Haufen der S tä rk e rn dieses M it t e ls , um dieSchwächern $tt unterjochen —- N u n ja ! da w a r doch noch Recht des S tä rk e rn , Tapferkeit.
T r iu m p f persönlicher
A b e r, w ie artete d is nach und
nach a u s ? D e r Feige w o llte auch feine Lei denschaften befriedigt wissen.
O ie Großen
dieser Erde fanden es bequemer, aus einer M enge ih re r S kla ve n Roman u i. Th.
eine Irrs tö ru n g s m a B
schine
fchine für ihr« Nachbarn zusammen ju setzen. M an erfand M itte l, tu todten ahne zu fech« ten , aus Schlupfwinkeln heraus zu morden. W e persönliche Tapferkeit fiel bald w eg; W er die größte und die best« ZerstörungsMaschine hatte, der hatt« das größte Recht. Jetzt werden die an dieses künstliche W ert gehefteten Menschen so abgerichtet, daß man ihnen zuerst ihren eigenen Willen nim m t, sie tu Puppen macht, di« ohne Ueberlegung für -i« gute und bös« Sache, zu Befriedigung der thörichten Leidenschaften eines Einzigen morden» rauben, hungern, wachen, gehen, und stehen müssen, nachdem man ihnen durch Zeichen einen Wink dazu gibt. Dies« Selaverey, welche nach und nach zur Gewohnheit, ja zur Ehre geworden ist, hat aus unsern Fürsten, welche sonst nur gewählte oder durch höhere Bestimmung au f den Thron gesetzte Vorsteher w aren, unsere Götter gemacht. Ohne M urren müssen jetzt Millionen Menschen sich als das Eigenthum eines
i9 eines Unwürdigen oder
Feigen behandeln
lassen, wenn er eine solche M M airm aschiae fu seinem Dienst bereit hat. D a nunmehr» nicht mehr Freyheit, M u th und gerechte Cache das Glück des Krieges bestimmen, ihn herbeyführen oder entfernen; so muß der Nachbar jeden Augenblick erwar« le n , daß man in sein Reich einbreche, und bas Glück des Landes, dessen Vorsteher ec is t, der Raub irgend eines unruhigen Kopfes werde.
Ec muß also a u f alle Falle auch eine
Schaar solcher Puppen
halten,
und
w eil
also ein S ta a t m it dem andern w etteifert; so werden die sogenannten Armeen jährlich größer.
I s t der S ta a t nicht reich genug,
hier;» Fremde ;u erkaufen; so muß auch der wohlthätigste beste Fürst die arbeitsamsten nützlichsten seiner Unterthanen von ihrer Be« stimmung weg, aus dem Schooß ihrer F a, M ilien reissen, und m itten im süssen Frieden ei» ungeheures Heer zusammen halten.
Um
dies recht groß ju haben w ird alles a u f E r, B 2
sparung
foorimg eingerichtet. M a n gibt dem M an n e, der sein Leben der W illkühr eines Einzigen w idm et, kaum f t viel Speise und Kleidung, daß er nicht verhungert oder versricrt, und unterdessen muß der nützlichste Theil der Un terthanen nicht für sich und seine K inder, nein', für die Erhaltung dieser armen Leute arbeiten.
E in H e rr,
der recht lanbesväter-
lich denkt, und drn Nahrungsstand in seinem Lande nicht ganz w ill untergehn lassen, er richtet sein Heer aus Fremden — Und w as fü r Menschen werden da gebraucht, für die Rechte der Menschheit zu kämpfen? Betro gene, verirrte Jünglinge, bannte Leute,
verworfene ver
welche Noth»
Verzweiflung
oder Ucberlistigung in dies Joch spannt —
Doch ist birst Einrichtung nun einmal, wenigstens, f t lange nicht irgend ein großer Kopf M u th haben w ird , eine Monarchie von ganz anderer A rt zu errichten, für mächtige Fürsten ein
nothwendiges Uebel geworden,
aber auch der kleine Monarch, drr sein Land gegen
-«gen nichts als B e ttle r $u vertheidigen hat, dessen Monarchie a u f der Landcarte so klein ist,
daß die Namen der S tabte über di«
Grenzen hinaus geschrieben werben müssen. W ill
aus Eitelkeit
nachahmen,
Größere aus N oth thun muß.
was
der
E r hält sich
auch ein Heer von armen unglücklichen, aus« gehungerten Leuten, die der hülflose Bauer im Schweiß seines Angesichts ernähren muß» um dem Fürsten die unschuldige Freude zu gönnen,
zuweilen zwanzig Prügel a u f den
Rücken eines zur Geduld gewöhnten Geschöpfs abzuzahlen. O ! wer ein weiches Herz in seinem Bu« srn trä g t, der mögte blutige Thränen üben «inen solchen Anblick weinen.
Wenn doch
die guten Fürsten (es gibt deren noch, welche die reinen Freuden der Seele fühlen können) wenn sie einmal in sich gehen, und bedenken w o llte n , wie gewiß es ist,
daß diese Ein«
richtung die dam it verbundene Verderbniß der S itte n ,
und die Unterdrückung aller B 3
wahr-
wahrhaftig großen Tugenden bald Europa so tktkräften w ird ,
daß wenn dieS noch ein
P a a r hundert Jahre also fortdauert,
uutf
immer höher gespannt w ird , w ir einst d r R aub irgend eines männlichen, rohen, nichts fürchtenden Volks werden.
W a s fürchtet
der M a n n , der nichts $u verliehren h a t, die Gefahr nicht kennt, für feine Freyheit ficht, enb gegen Maschinen ju kämpfen hat? S o ll ten sie nicht überlegen. daß hundert innigst verbundene M ä n n e r,
die ihren Fürsten lie-
den, dabey die gerechte Sache vor Augen, die Bcschützung ihrer ruhigen H ü tte n , und das Glück ihrer unschuldigen Fam ilien im Herzen habet», daß diese eiire sichrere Leib wache als zehntausend durch Furcht zusam men gehaltene Miethlinge sind? —
Doch
eine höhere Hand wird gewiß diesen Klagen halb ein Ende machen.
E s wird stiller unten im Haufe.
E ie
sind fort j Ic h w ill mich zur R uhr legen.
Ec»
=
L)
Den laten UTorgtns n Uhr. Ic h bin bey der Frau von Donnergrund gewesen,
und nichts weniger als zufrieden
von diesem Besuche zurückgekommen; D e n n ohngrrechnet, daß ich nichts von dem H errn von Hohenau erfahren habe; so hat m ir auch diese Bekanntschaft sehr wiedrige Eindruck« eingeflößt.
M ögte
ich in
der Gemüth-verfassung,
darinn ich b in . Ih n e n eia etwas lebhaftes Gemählde von
derselben
machen können!
S tellen S ie S ic h , mein gnädiger H e rr! ein kleines dickes W eib v o r, deren breiter rother K o p f nach hintenzu a u f einem unförmlichen Stumpfe wie angenagelt sitzt.
D ie Angen
klein und zusammengekniffen, di« Nase in die Höhe stehend, die S tir n in kurze Perpendta cularlinien gezogen.
Ih r e S tim m « wie das
Rufen einer Hertngsverkauferinn, ihr Gang watschlich und langsam, ih r Lächeln wie d a G rinzrn eines schadenfrohen Menschen —
B 4
B ey
Bey dieser würdigen Person wurde ich, nachdem ich eine Stunde lang im durchrauchertea Lakaienjimmer gewartet hatte, von einem Bedienten, der, wie beynahe alle So# mestiken, die Richtung von dem Character seiner Herrschaft bekommen ju haben schien» eingeführt. D as gan;e Haus hatte ein gewisses Tee präge hochadelicher hochmüthiger - Armuth. Alles sollte nachlaßig umherliegend ausse hen, und alles war doch gewiß künstlich auS-, gekramt. Der Bediente bedeutete mir, dass ich die Füße auf dem Saale rein abtreten sollte, obgleich der Boden äusserst schmutzig aussah. Er öfnete mir sodann die Thür ei nes Vorzimmers, in welchem auf einer al ten goldledernen Tapete viel Familienportraitte mit Ordensbändern, wie deren auch, heut zu Tage mancher N arr kauft, und mancher Kluge aus Politik annehmen muß, hiengen. Es war hier nicht eingeheitzt, doch stund rin ungeheurer Ofen, auf welchem adeliche
liche Petschafte gegossen w are n , gleich neben der T h ü r. D ie S tü h le w aren von Schnitz, a rb e it ; W er sich hätte eine S tu n d e lang im E itzen d arau f anlehnen w ollen, w ürde eine M enge Laubwerk a u f sein Rückcnfell geprägt haben. D e r Bediente schlich durch eine T apeten, th ü r in der gnädigen F ra u E abinct, und mel, bete mich. E in alter, unförmlich dicker grauer H u n d , von der A rt, welche m an S p io n e n e n n t, bellte m ir entgegen, a ls m an mich einließ, und stritt m it m ir um den D o rtrag . D ie D am e kam a u s ihrem Schlafzim m er, und setzte sich sogleich a u f ein Canapee, w a rf den K o pf zurück, befahl ihrem H unde Stillschw eige», und frag te: „ W a s ist zu „ S e in e n D iensten, M u sjö ? “ H ierau f legte sie ein Zeichen in ein a u f einem Tische vor ih r aufgeschlagenes Gebethbuch, schlug es z u , und irrte m it ihrem unsichcrn Blicke au f m einer F ig u r herum. D 5
CS
i6 ES verdroß mich, daß das Weib mich E r kennte, und mich so da fiehn ließ; Dennoch fdgte ich ihr ganz bescheidm die Ursache, warum ich ja ihr gekommen sey. Ueber die Erzählung von unsers lieben Carls Thorheit schlug sie beyde Hände zusammen, ru f Ja m mer ans über die Verderbniß der W elt und der gottlosen, leichtfertige» Ju g en d , und als ich geendigt hatte, sagt« sie »hngcfeh» folgendes: „ Ic h weiß wohl, daß mein Fräulein Nieee „ rin ridicülcs Attaschement zu tintm jungen „Menschen gefaßt h at, mit dem ihr Bruder „ a u f Universitäten, wo man nicht immer „choisircn kann, sondern Leute von allerley „Extraction um sich sehen m uß, in Bekannt„schaft gerathen ist. D as wird wohl derselbe „sogenannte junge Cavalier seyn, von dem „der H rrr redet. Ich höre aber, daß nie„m and recht weiß, wo dieser Purfche eigent, „Ilch her ist, ob er von Familie ist, und ob „ er Vermögen hat. Eoilte man cS denken, „daß
„ t a g heut t» Tage junge M adgen von „ S ta n d e sich so w eit vergessen könnten, m it „selchen Landläufer« sich abiugeben? S o „ lange ich d as K ind bey m ir gehabt habe, „ ist sie in der Zucht und V erm ahnung zum „ H e rrn erhalten w orden, beim ich bin ihr „ P a th e , und der liebe G o tt w eiß, wie sie „so h at a u s der A rt schlagen können. W enn „sich der M u sjö H ohenau, oder wie er heißt, „ f ia ttir t h a t, daß er in unsre Fam ilie kom„ m e n , und dadurch vielleicht V ersorgung „erh alten w ü rde; so hat er sich sehr geirrt. „ M on D ie u ! E r muß dem F raulein weiß gt„m ach t haben, a ls wenn er von Fam ilie „ w ä re . D en n sonst h ätte sic gewiß nicht „ein m al daran gedacht. Ic h habe a u s Com„m iseration gegen d as arm e K in d , sie an „ein en sichern O rt bringen lasten, um da „z u r R aison $u kommen, und bethe täglich „ f ü r sie, daß sie der Him m el starken wolle, „ d a m it sie dem bösen Feinde widerstehe, und „ ih re r F am ilie E hre mache; denn ich habe „ein e P a rtie für sie, uud sie w ird auch die „T h o r-
„T h orheiten bald vergesse« h ab en , w enn ste „ h ö r t, w a s für ein Zeisig der M u sjö ist. „U cbrigens habe ich nichts w eiter von S ei« „n ein jungen Pursche» gehö rt, und ich weiß „ au ch n icht, wie E r dazu köm m t, mich „ d a ru m ju fragen. S uche E r ih n , wo er „ g la u b t, daß er ist; M ich geht das nicht„ a n . s(Et w ird wohl irgendwo unter die „ S o ld a te n gegangen seyn. K an n ich I h m „ a b e r sonst bienen m it meinem Gebethe oder „ a n d e rn ehristlicheu guten W erke»; so w ird „ m ir es ein P laisir seyn." Ic h hatte kaum Fassung genug d as 6e* leidigende Gewäsche anzuhören; Auch sagte ich der D am e einige sehr beissende D in ge Aber ihre A rt sich auszudrücken, über die geerbten Vorzüge des A d els, über des H errn von H ohenau Character u. s. w . Nach eini gem H in -u n d H erreden, in welchem sie »ft w iederholte, daß sie von dem arm en C arl nichts wisse, und m ir den A ufenthalt des F rä u le in s zu entdecken nicht für nöthig halte,
war
ftw r ich schon im B egriff voll V erdruß fort# zugehn, a ls sie mich zurückrief, und m ir sagte: S ie habe au f ihrer Reise einen jungen Menschen gesehn, den sie in Allem natürlich so beschrieb, w ie unser Pflegesohn aussieht und gekleidet ist. D ieser sey des N achts m it ih r in demselben W irthshause gewesen, habe sehr trau rig auSgesehn, und sey, wie der W irth nachher erzählt habe, m it dem Post wagen nach E isleben in der G rafschaft M aun sfeld gereiset. N u n , m ein theuerster H e rr? W a s soll ich jetzt th u n ? D e r Beschreibung nach müsste ich glauben, daß dies der H err von H ohenau gewesen ist — W a s kann ich also besserth u n , a ls ihm nachreisen? — Aber w a s w ill er in E isleben? Zu welchem Zwecke? D ie ganze Begebenheit ist m ir ein unauflös liches R äthsel. Ic h weiß nicht recht wozu ich mich entschliesse — Eisleben bringt mich zugleich näher nach D re sd e n , und wo soll ich ihn sonst suchen? — J a ! ich w ill hin. Treffe
Treffe ich ihn nicht a n ; so erwarte ich Jhve weitern Befehle. Gern will ich die Aussicht ten, welche S ie mir in Dresden so groß« nmthig erofnet haben , aufopfern, wenn ich Hofnung haben kann, unsern Flüchtling in einer andern Gegend (u finden. Allein ich sehe dazu noch.keine Aussicht — I n einer S tunde reife ich ab. Z . . . den 13ton Abend».
Hier übernachte ich, und da ich auf allen Posten genaue Nachforschung angestellt habe; so bcstattigr sich meine H ofnung, daß ich ihn finden werde, und daß E r es w ar. der mit der Post nach Eislcbcn grreiset ist — G ott, wogte es wahr ft»»: Gern reifete ich noch heute a b , aber ich bin tu müde. Wissen S ic denn auch, mein gnädiger H err! daß ich an dem O rte, wo ich jetzt bi», manche vergnügte S tunde verlebt habe? Ich hatte diesen Abend eine rührende S cene, die
auf
a u f einm al bis E rinnerung derselben lebhaft in m ir zurückrief. H ier besaß der H err von P ............ ein L an dg ut; E r selbst aber w ar H ofrath in W ................. E in lieber, sanfter M a n n , n u r etw as zu schwach, ;u sinnlich. E r w ar mein Freund — M ögce der Him m el ihm jetzt fröhlige Tage scheuten! — Aber er w ar 111(61 gem acht, um in dem Creise, den >hm d as Schicksal angewiesen hatte glücklich tu seyn. E r verstand nicht die Kunst m it dem G enüße gut R ath zu h alten , zu wirthschaft len. Jed e kleine Freude machte er zu einem Theil seines W esens, und wer sie ihm raubte, der nahm ihm einen Theil seiner Existenz. E r liebte die schönen K ü nste, den sanften Um gang der M u sen , und vergaß an der S e ite eines holden M adgens alles Ungemach des Le b en s, aber auch a lle s, w a s m an unterdessen nützlichers für die W elt thun könnte a ls scher« zen und küssen. Folglich w ar er kein fleißiger H o fta th , aber der beste Anordner geselliger V er-
Z2 Vergnügungen.
------Daher kam es denn, daß
der Fürst in W . . . . von ihm ,
und re
von seiner Laufdahn in des Fürsten Diensten nicht sehr zufrieden w a r , daß er sich nicht höher schwung,
wenig Gehalt hatte,
und
also, w eil er nicht reich w a r, und viel Geld der Freude aufopferte, in seinen häuslichen Umständen zurückkam.
E r nahm desfalls
seinen Abschied, kehrte in sein Vaterland zu rück, schmeichelte sich dort durch seine ange nehmen Talente sehr e in ,
und wurde aufs
Neue bey einem Collegium angesetzt.
H ier
hatte er es m it einem M inister zu th un , der, wenigstens von solchen Leuten, die nicht durch sein allmächtiges V o rw o rt in den Dienst ge kommen waren, viel Fleiß forderte. diesem lebte er in
M it
unaufhörlichem Kriege.
D e r M a n n hatte gar keinen B e g riff davon, daß ein Schauspiel einem Lande oft weniger Schaden brächte, als ein Cammereollegium, und daß es keine Sünde sey, über ein dcjcüne dansant eine S rß ion zu versäumen. —
K u rz! hier glückte es auch nicht, und unter dessen
dessen waren meines armen P . . . .
gü
nanzumsiände so zerrüttet, daß feine einzige Hofnnng blieb, a u f feinem kandgnte hier in Z . . . sparsam und ländlich zu leben. E in M a n n aber, der tfn viel zusammen gesetztere Freuden gewöhnt ist,
als welche
der Aufenthalt in einem Landstadtgen gewäh ren kann,
w ird
schwerlich je glücklich a u f
dem Lande seyn.
Ic h w ar einst acht Tage
lang bey ih m , als ick nach B e rlin gitng und fand ihn in
einem C ircul von Bauer-
knaben, die er vom Pfluge weg an die Bratsche oder Baßgeige berufen hatte. Diese Lebensart wurde ihm nun bald zu einförmig.
E r reifete aus d ir Nachbarschaft
um her, verzehrte viel G e ld , kam immer tie fer in Schulden, und mußte endlich seinen Gläubigern entfliehen,
und
sein Landgut,
eine alte würdige M u tte r und den Nus eines rhr* Erster Theil i iter Brief.
Vornanm. Cb.
C
ehrlichen M annes beym großen Haufen im Stiche lassen. D er M inister w ar unterdessen in Ungnade gefallen. Ic h glaube, er hatte es verdient, aber ich nehme nicht gern P artey gegen den Gedrückten, u n d rede nicht gern w ieder je, w a n d , der sich weder rächen nach otr* theydigen kann. G enug, der M inister h atte, schuldig oder unschuldig, seinen Ab, schied bekommen, und das G » t des H errn von P . . . . gekauft, wo er jetzt gewiß nicht glücklicher lebt, a ls der vorige Besitzer, weil sich hier weder Finanzplane, noch Com, mödienplane ausführen lassen. Doch ist nun d as H au s angepinselt, der G arten verschö, nert w orden; E r leidet also, wie cs scheint, wenigstens keinen M angel, und könnte, wenn er weise w ä re , zufrieden seyn, indeß P . . . . in der W e lt, G o tt weiß wo herum irrt. Am Ende des Flecken, nicht weit von mei, nem Gasihofe, ist ein H a u s , wo immer ein alter
alter In v alid e Wache hält. Ic h gieng ei nige Augenblicke auf dem Platze auf und nie der, und redete m it dem M an n e, der eben da stand, von allerley Begebenheiten, von meinem Freunde, der dort noch allgemein geliebt ist, wo er wohl jetzt seyn mögt«, vom M inister, der sein Feind w a r, und von ver schiedenen andern D ingen. D er W achtmann hielt einen alten verrosteten Degen in der H an d , der aber bald meine Aufmerksamkeit auf sich zog — Ic h meinte den Degen ;u kennen; E r w ar von S ta h l, und einst m it Gold ausgelegt gewesen — „ J a , " sagte der M a n n , „der hat auch dem guten H errn „g eh ö rt." Ic h besah ihn genauer, und eS w ar würklich derselbe D egen, m it welchem ich den ehrlichen P . . . in seinen W onnetagen in W . . in einem Zirkul von Beyfall lächelnden D am en hatte hinrund herflattern gesehn — Einst die Zierde eines jur Gesel ligkeit gebohrnen M a n n e s, letzt das Werk zeug, den unglücklichen B ettler, der hier Hülse sucht, von dem Thore abzutreiben — E a G efäß
Gefäß und Stichblatt waren aLgenutzk, und das Ohrband v e r l o h r e n Don einem Juden, der ihn in der Auktion erstanden hatte, w a r er für einen halben Gulden an seinen jetzigen Besitzer gekommen —
D e r Anblick rührte mich;
Ic h dachte.
Ich wollte den Degen an mich kaufen; Aber doch entschloß ich mich anders.
In
meinen
Händen, glaubte ich, wäre er weniger merk» w ü rd ig ; H ie r kann er noch lange ein M o » u , Ment der Vergänglichkeit menschlicher Hoheit und Freude seyn.
Vielleicht wird ein anderer
Freund des armen P . . . .
der hier durch»
reiset, dieselbe Ueberraschung haben, empfin» den w as ich empfand; und wenn der Degen gan; abgenutzt und unbrauchbar geworden seyn w ird ;
w ird
auch vielleicht der gute
P . . . nicht mehr a u f den Beinen seyn, oder glücklichere Umstände werden das An» denken seines erlittenen Ungemachs auS sei» ner Seele vertilgt haben.
Die
Di« Aug«» fall«» mir vor Müdigkeit »u; Morgen früh reife ich weiter. Ich will nun Liesen Brief nicht eher fortschicken, bis ich in Eisleben bin. Beleben den iSken. Meine süßen Hofnungen sind leider! vew schwunden ; der Herr von Hohenau ist nicht hier, und der Jüngling, der ihm gleichen sollt«, ist - - rathen S ie , theuerster Herr! — Ist des Herrn von Wallitz unehliger Sohn — Doch ich will alles ordentlich rrzahlep. Als ich ankam, war mein erster Weg in Las Posthaus — Ich fragte nach, man be sann sich, erkundigte sich, und ich erfuhr. Laß der junge Mensch, von dem ich redete, würklich noch in Eisleben war. Die S tad t ist klein, und bald ausgefragt; Ich fand auf dem Markte, ohnfern der Apotheke daS H aus — Mein Herz schlug voll freudiger Hofnung — Nachdem ich nun den W irth C3 des
txg HaufeS gefragt hatte, ob nicht ein Jung« lin g , der m it dem Postwagen gekommen sey, hey ihm logiere, gieng e r, ohne tu antw or, te n ,
vor m ir her,
und führte mich drey
Treppen hoch in ein kleines Hinterstübchen, öfnete die T h ü r , und rie f,
indem er mich
hineinschob: „ J u n g e r H e rr! da ist jemand, „d e r S ie sprechen w i l l "
und darauf gieng
er fort.
Ic h trat also in das Zim m er, und sah nun bald, suchte.
daß hier nicht w a r ,
w as ich
E in Jü ng lin g von edlen Gesichts«
tügen saß vor dem Bette einer alten F rau , und hatte derselben, wie es!schien, 'e tw a s vorgelesen, denn ich hörte noch den Laut der ätzten W o rte , und er hielt das Buch in der H a n d , stand a u f, als ich kam, und gieng m ir freundlich entgegen. „ Ic h hab« mich g e ir r t" sagte ich, und tra t ein P a a r Schritte jurück. „ S ie ,
„ Verzeyhen
ich glaubte jemand, den ich kenne, « h ier
„ h ie r anzutreffen." D e r junge Mensch steckte sein Buch in die Tasche,
und machte m ir
Entschuldigung, indem er versicherte:
„E S
„th ä te ihm leid, daß ich mich in meinen C r, „W artungen betrogen h a tte " und so beglei« tete er mich wieder aus der T h ü r.
„Ic h
„fü h re S ie wieder h erau s" setzte er hinzu, „k a n n S ie auch nicht b itte n , in diesem kleie „n e n Zimmer länger ju bleiben, denn meine „a rm e M u tte r liegt da an Leib und Seele „k ra n k ,
und w ir
haben n ur die einzige
„S tu b e .
Vorgestern erst bin ich wiedergee
„kom m en, und habe sie sehr viel schwächer >, gefunden — die arme F r a u ! " „ I c h weiß » G anzen zu befördern — Aber wie wenig solcher Handlungen giebt cs?
Doch darüber wollen w ir nicht zanken. G enug! ich mögte dem jungen D.allitz gern dienen, wenn ich konnte; Ji)"> wäre auch im Grunde eben so viel damit geholfen, ob >ch
[in ]
ich es aus Eitelkeit oder aus reiner Absicht thäte. Und das ist wahrlich eine sehr feine Einrichtung in der W elt, daß d as G u te doch geschieht, selbst v o n denen, die d a s G u te nicht lieb en , indem tausend kleine Triebfedern den W illen herbryführcn. W ir leben noch auf dem alten F u ße, der ehrliche M üller und ich. M orgens gehen w ir zuweilen, wenn cs heiteres W etter ist, ein bisgen umher, und ergötzen uns an nmtv chcn schönen Gegenstände», welche denen, die an dieses Schauspiel gewöhnt sind, und ihre Geschäfte im Kopfe haben, entwischen. Diesen M orgen haben w ir das Tolkhaus besehen — Ein Anblick, der jedem M en schenfreunde höchst wichtig seyn muß. A l lein ich habe no-h sehr viel an dergleichen Anstalten auszusetzen. M an wendet zu wenig S o rg fa lt auf die Herstellung solcher keute.
wir
w i r sind A lle m e h r o d er w eniger N a r r e n , das b e iß t: gewöhnlich ist eine Hauptleidciischaft so sehr M eister über u n s, daß sie m it unserm Kopfe davonlauft, so oft sie u n s allein , ohne H ü lfe, antrifft. D ie ganze K unst besteht n u r dariuu , die Lei denschaften im m er m it einander im W ett kampfe zu erh alten , und nach dem Je s u i tensysteme: d iv id e, & im p e ra ! zu verfah ren. W er dies k a u n , den nennen w ir im gemeinen Leben einen fingen und guten M enschen. B ey den eingesperrten N arren aber ist m ehrentheils Eine reiben litts t so mächtig gew orden, a ls etw a die M aitresse über den schwachen F ü rste n , oder gar zwey Leiden schaften, die s.ch g u t m iteinander vertragen, w ie wenn der Eam m erdtener steh m it in die R egierung mischt. E ie machen dann den arm en M enschen, den sie beherrschen, taub gegen alle andre Eindrücke. TV'imm in . Tb.
G
W a ru m
W arum studiert man also nicht mehr die Quelle des Uebels ?
M an muß doch seinen
Feind kennen, um gegen ihn streiten zu kön nen.
A llein, wer bekümmert sich darum in
solchen Häusern?
Und doch ist das wahrlich
keine Kleinigkeit.
Ic h glaube, daß cs wenig
Narren giebt, die nicht durch eine kluge Be handlung zu leite», und dazu zu bringen wa ren , wa» w ir V rrn u n ft nennen. Den 5: fleit. Freuen S ie S ich, mein Lieber! da ist ein B rie f von unserm Carl — Lesen E ie ihn selbst! * Sagte ich es nicht, daß ihn die Vorsicht gut leiten wurde? O
(fr ist Ofsteier, und —
unbegreifliches Schicksal!
Glück dem Manne zu banset!,
E r hat sein tim dcssent-
pttllen Eie einst so viel gelitten haben. Doch, * Den folgenden Brief.
=
99
*
Doch, ich w ill (?’ i|iVn, wie schwer >'s einem jnn« gen M en'chen von meiner Lei haftig leit ist, die kalte V ern u n ft zu h ören , wenn heftige Leu denschaft sich der Ecele bemcistert hat.
D as
D a s Bewußtseyn der Unschuld und R ei. vigkeit meiner Absichten, die F urcht, das zu verliehrcn. was allein mich an die W e lt fesselt, I h r Schicksal, vcrtrcflichcr M a n n ! welches S ie doch ausser S ta n d setzte, fernerhin, ohne Ih r e eigene größte Ungcmachlichkeit,
fü r
mich zu sorgen — das alles tra t a u f einmal so lebhaft vor meine Augen, daß ich mich entschloß, es zu versuchen,
meine Geliebte
den Handen ihrer Verfolger zu entreissen, und m it ih r ein Winkelchen der W e lt aufzusuchen, wo w ir , unbemerkt und ohngekrankt, m it der Arbeit unserer Hände unsern Unterhalt erwerben konnten —
Ic h hoffte, die Liebe
würde meine schuldlosen Absichten bcgünsti# gen —
Aber ach! wenn dieser S c h ritt zu
kühn, zu übereilt w a r; so bin ich hinlänglich dafür bestraft; denn noch haben meine Augen das liebe Mädgen nicht wiedergesehn,
ob#
gleich von einer andern Seite die Vorsehung über mich gewacht, und mich dem Unglücke entzogen hat, in welches meine Unbesonnen# heit mich hätte stürzen können — G 3
um
Noch
Noch einmal] Ich werft mich zu Ih re » Füßen ■, Entziehen E ie m ir Ih re väterliche Güte nicht —
D as Andenken alles deffen-
was ich Ihnen zu danken habe, ist nie auS meiner Seele gewichen, kann nie verlöschen; Und sollten S ie mich auch verstoßen, und nichts weiter von m ir hören wollen; so bleibe ich doch ewig I h r Eigenthum. werden S ie nicht thun. —
Aber das
Haben S ic nicht
immer mein Herz m it Nachsicht und S anftmuth aus den rechten Weg geleitet?
S in d
S ie nicht mein Schutzengel, vou meiner zar testen Kindheit au, gewesen? Doch fühle ich m it innigster Freude, daß ich S ic nichtJhrerWohlthaten wegen, «ein! daß ich den herrlichen, aujjerordentlichen, edlen M ann in Ihnen verehre, den M a n n , der so, m it allgemeiner treuer Liebe, Alles umfaßt, zu dem man sich hingezogen f iiM t , ohne zu wisse» rote. —
Ja.' ich bin so stolz, zu glau
ben, E ie könnten Sich nicht von m ir lossa gen, tiiib E ie wollten es auch nicht.
Und m it
m it tiefer festen Zuversicht a u f Ih re n großen C h aracter, bin ich so kühn Ih n e n zu sagen, w ie es m ir feit der unglüc! lieben S tu n d e ge, gangen ist, da ich, m it zerrissenem Herzen, meinen F reund in G öttingen verließ. Ic h lief nach dem Landgute z u , wo ich meine C harlotte noch zu finden glaubte. D o rt w ollte ich die K nie ihrer E ltern um fassen, im b sie beschwören, u n s nicht zu trennen» u n s nicht d as Leben zu nehmen. Aber sie w ar schon m it ihrer T ante sortgereifet, und nun glaubte ich keine Zeit verUehren zu dürfen, ih r nachzueilen, um sie, wo m öglich, den H anden dieses schändlichen W eibes zu ent, reissen. D er Schulm eister (d e r einzige M ensch, den ich dort sprach) m ußte m ir den W eg be, schreiben. Ic h fragte von D o rf zu D o r f ; Aber schon gegen die M itte der Reise verlehr ich die S p u r ; N irgends w eiter hatte m an die Kutsche gesehen. M an machte mich irre. © 4
2ch
Ic h verlohr darüber acht Tage.
Dadurch
aber ließ ich mich nicht abhalten, gieng endlich nach Donnergrund.
sondern
D och, a ls
ich ankam, erfuhr ich zu meinem größten E r , staunen, daß die F rau von Donnergrund a l, le in , ohne ihre Nichte, angckommeu sey. W a s w ar nun zu thun?
T ra u rig und
unentschlossen stand ich da int W irthshause, L s waren preußische W e rb e r* m it einigen Recruten in demselben Z im m er, und ausser, dem saß noch ein Franzose in der Ecke. * * Dieser nun näherte sich m ir ; E r merkte, daß ich in
titu'iH
unruhigen Gcmüthszustande
w a r , und suchte jetzt a u f die verbindlichste A r t mein Zutraue» zu gewinnen. D a s thcilnchmerrde M itle id e n , welches aus den Reden des Fremden hervorzuleuchten schien, nahm mich armen Lerlasjenen bald fü r * Man sehe den zweyten Brief in diesem Theil. * *
Wie der zweifle Brief dies emwiekelt.
fü r ihn ein. Ic h erzählte ihm also mein S chicksal, und er both m ir R ath und Hülfe an . Auch begnügte er sich nicht m it W orten, sondern machte würklich A nstalt, m ir Licht über den A ufenthalt meiner C harlotte zu verschaffen. E r g i e n g a u s , u m , wie er sagte, denen Bedienten der F ra u von D onncrgruud d as G eheim niß auszulocken; E in Laguaie kam bald d arau f m it ihm in das W irth s h a u s ; S ie sprachen u nter ein and er, indeß er m ir durch Zeichen zu verstehen g a b , daß er hoffe, es werde alles gut g eh n ; D er Uiiterofficiec von den W erbern wurde hinausge» usen; M a n unterredete sich— U nd, G o tt verzeihe m ir, w enn ich dem Franzosen Unrecht thue! (U nter suchen habe ich es nachher nicht g ew ollt) Aber sehr wahrscheinlich w ird cs m ir itzt, daß er gemeinschaftlich m it der F rau von D onnergrund mich den W erbern verkauft hat. K urz! er winkte m ir, m it ihm zu kommen. W ir giengen in ein anderes Zim m er, und nun tru g er m ir folgendes v o r: E r hatte uemlich, G 5 wie
wie er sagte, von den Bedienten die Nachricht eingezogen, daß die Fra» von Donncrgrund das Fräulein (dam it ich ihren Aufenthalt nicht erfahren
sollte) einer Verwandtnkn anver-
trauet hatte, welche sie m it sich nach H e rli« nehmen wollte.
„ Ic h reise morgen grade
„auch d a h in ," fuhr er fort.
„
essen S ie
„ m i r nur ei» Paar Zeilen an Ih re Geliebte „m itgeben, dam it sie m ir traue; so w ill ich „ schon M itte l finden, sie den Handen ihrer „B aase zu entreiffen; denn ich weiß genau „d e n Lbeg, den sic nehmen m uß, und auf „ mich w ird niemand Argwohn haben.
S ie
„a b e r müssen Sich m it den Werber» Verab„re d e n , (denn ich kann Ih n e n sagen, daß „m a n E ie sehr ve rfo lgt) eine Uniform anzu„ziehen, und unter derselben Schuhe m it bis „a n
die Grenze der preußischen Lander zu
„kommen.
I n B aruth in Sachsen aber Hei#
„ben S ie , denn ich würde Ih n e n eben nicht „ra th e n ,
m it in das Preußische zu gehn.
„ D a h in w ill ich aber Ih re Beliebte fuhren, „ oder durch sichere Leute bringen lassen.
N ur „ muß
io? „ m u ß ich mich d arau f verlassen können, daß „ S ie dort sind, und ich daö arm e F räulein „ nicht irre führe. “ E in P la n , der fo einfach, so großm üthig und natürlich schien, m ußte m ir nothwendig gefallen. Ic h dankte dem Franzosen m it alle» M erkm alen der wärm sten F reude, und es kam nun nur d arau f a n , die W erber ju ge w in nen , daß sie m ir erlaubten, m it ihnen zu gehen. W ir riefen also einen von ihnen heraus. D ieser Bösewicht ließ sich lange b itten ; E nd lich w illigte er in unsere Absichten e in ; Ic h jog Uniform an, der Franzose fuhr m it der Post fo rt, nachdem ich ihm vorher den verlangten B rief an meine F reundinn gegeben h a tte , und ich marschirte um M itternacht m it den S o ld aten ab. Keine Beschwerlichkeit w ar m ir unterw eg c n s j u g r o ß ; Schlechte K ost, theure Zeh rung,
log rtrn g , ein elendes N a ch tla g e r— tru g ich m it Freuden,
Alles er,
denn die H ofnu ng ,
meme Charlotte wiederzusehen und ju besitzen, überwog jedes Ungemach. In
der dritten Woche,
a ls w ir eines
Tages in einem Stadtgen einkehrten, kam (vermuthlich w ar das ein abgeredetes S p ie l) ein M a n n , und sah' uns Alle sehr aufmerksam in s Gesicht.
E r verweilte sich lange bey
m ir ,
las eine Beschreibung meiner F ig u r
h e r,
die a u f ein H aar ju meiner Person
paßte, und darauf forderte er Rechenschaft von dem U nterofficier, ob und wie er mich angeworben hätte. D er schelmische Unterofficier rie f mich a u f die S e ite : „ W a s ist hier tu th u n ? " sagte e r, „ M a n w ird Ih n e n wohl einen Steckbrief „nachgeschickt haben.
Jetzt werden S ie
„m ich in eine schöne Verlegenheit setzen. „ W i r sind hier in fremder H errn Lande. „G e w iß w ird I h r P apa, oder wen S ie sonst „haben.
io9 h aben , S ie verfolgen, und m an w ird S ie „ u n d mich festhalten." Ic h w ar unerfahren g en u g , d irs zu g lauben, und bath den Böse w ic h t, niich a u s diesem H andel ju helfen. „ H ie r ist kein anderer R a t h ," antw ortete er M ir , „ a l s daß S ie gradczu sa g e n : C ie „seyen freyw ilug in D onncr^luno von m ir „ a l s R ecrute angew orben w orden; und dann „ w ill ich sehen, w er Ih n e n ein -?aar truni# „ men soll. Doch machen S ie c s , wie Ih n e n „b eliebt. Ic h wollte ab er. S ie hätten mich „ungeschoren gelassen." W a s blieb m ir ;u thun ü b r ig ? Ic h sah mich schon in G edam en den H anden d e r J u stitz überliefert, und C harlotten in B a r u th , in der traurigsten k age, a lle in , verlasse», vergebens sich nach m ir sehnend. D er V o r schlag des W erb e rs, dem es g ar nicht darum ju thun schien, mich bey sich ju behalten, be hauptete also die O berhand, und ich erklärte dem Frem den: ich sey frey w illig ;um S o ld a ten angew orben w o rd en , welches derselbe nieder-
niederschrieb,
und m it kacheln hinzusetzte:
„ N u n müsse er mich wohl riehen lassen." V o n diesem Tage an begegnet« man m ir vollkommen wie einem Necrutcn.
Denken
S ie an, bester L a te r ! wie m ir bat et) zu M uthe w ar. — men?
Aber wer w ollte sich M einer anneh» Ic h bath, drohete, sprach von vor»
nehmen V erw andten, von meinem S ta n d e ; Aber man spottete nur über dies alles.
D er
Unterofficier nahm auch einen ganz andern Weg als nach Baruth»
und sobald w ir iin
Preußischen w aren, überlieferte er mich einem
C V 'f k k t , dem er m it der größten Frechheit erzählte: E r habe mich angeworben;
Unt*
a ls ich Himm el und Erde zu Zeugen des De» trug s anrief, zeigte m ir der H auptm ann, zn. meiner größten Verwunderung,
das Pro»
tocoll der Aussage, so ich in dem S tadtgen gethan hatte, von einem N otar unterschrie» den.
Ic h mußte also nebst den übrigen U «
ernten vier Wochen hier bleiben. Da
D a h a lf nun kein K la ge n , kein Grämen. Ic h fühlte die ganze Last des Unglücks, den» Mich meine Unvorsichtigkeit und Thorheit ausgesetzt hatte —
Aber ich muffte mich »r
mein Schicksal finden.
C o oft inbcjfin der
Gedanke in m ir aufstieg, in welchen Zustand ich die Freundinn meiner Seele vermuthlich gefetzt hatte, lie f ein kalter Schauer durch meine Glieder. D ie Recruten wurden endlich getheilt. D e r ttn te ro fficier, der mich so schändlich be< trogen hatte,
gieng wieder zurück, und ein
anderer führte den T ra n s p o rt, w a r, nach Potsdam.
wobey ich
Daselbst kamen w ir
des Abends a n , und am folgenden Morgen sollten w ir dem Obrist vorgeführt werden, dessen Regiment zwar in B e rlin lie g t, der aber jetzt bey dem Könige w ar. Ic h erwartete sehnlichst diesen Augenblick, denn mein Herz ahndete, daß dieser würdige M a n n nicht taub bey meinen Klagen seyn, und
und daß er mich retten würde.
S obald w ir
also sämtlich in sein H aus gebracht, und ihm vorgestellt w aren, faßte ich M u t h , und bath de» Obristen, m it allem Anstande, den Erzie hung und
das Bewußtseyn
der gerechten
Cache geben können, m ir eine geheime Un terredung m it ihm zu verstatten.
E r bewil
ligte sogleich meine B itte , schickte die Andern fo rt, und behielt mich allein bey sich.
Jetzt erzählte ich ih m , in der ungekünstel ten Sprache des HerzeuS, alle meine Un glücksfälle.
E r hörte m ir m it wahrer T h eil-
nehmung zu, und schien gerührt, für mich eingenommen,
und bereit,
m ir zu helfen.
E r fragte nach jedem kleinen Umstande, und ich mußte »hm oft die Nahmen der Ocrter und Personen wiederholen.
E n d lich —
0 , bester V a te r! W e r hätte
daS denken sollen? —
A ls er recht nach des
würdigen M eyers Geschichte geforscht hatte; fand sich's,
daß dieser liebe Obrist grade derselbe
derselbe Mann w ar, um dessentwillen einst mein treuer Mcntor so viel gelitten hatte, • derselbe Adjuvant, welcher wegen muthmaßlii cher Vertraulichkeit mit der Fürstinn i n . . . . . gefangen gesetzt wurde. Nun schien er doppeltes Interesse für meine Person zu fassen. E s war keine Rede «ehr davon, daß ich sein Recrnte wäre; Ich mußte den Soldatenrock wieder ausjiehen, und fein ganjes Her; war beschäftigt, mir eine» Plan für mein folgendes kehrn zu machen. Allein ich konnte eher an nicht- denken, bis ich mich von dem Schicksal meiner Chan lotte versichert hatte. Der erste Gebrauch, den ich daher von meiner Freyheit machte, w a r , daß ich meinem edlen Obristen den Wunsch äusserte, nach Baruth zu reiten. Et
* erster Theil uter Brief. Roman III. TI).
H
E r schien diesen Vorsatz nur halb zu b il, kigen; Doch/ in dem Betracht, daß ich das arme F raulein in eine sehr misliche Lage ge, setzt hatte, stand er m ir diese kleine Reise j u ; ja , er gab m ir einen Reitknecht und Geld m it, indeß er auch nach B e rlin schrieb, um dort Erkundigung desfalls einzuziehen —
Aber
kein Frauenzimmer, kein Franzose waren in B a ru th angekommen, und nirgends konnte man in B e rlin auf die S p u r treffen. Ic h kehrte also traurig zurück.
Aber nun
fieng mein vortreflicher Obrist a n , m ir V o r, stellungen wegen meiner künftigen Plane zu machen:
„ E s ist eine ganz gute Sache um
„ d ie L ie b e ," sagte e r. „ u n d ich kenne diese „Leidenschaft vielleicht so gut als S ie . Allein „ S i e haben nun selbst gefühlt, daß fit auch „ ihre Bitterkeiten hat,
und am Ende —
„ Gestehe» S ie es m ir ! —
wäre es do h
„lächerlich, als ein irrender R itte r , in der „ W e lt umher» einem Madgen nachzulaufen, „ungew iß ob
man
sie finden, ob
man
sie be,
„sitzen.
„ sitzen, ob man sie würde glücklich machen „können. Sie sind jung, und haben dem „gemeinen Wesen, für welches Sie gebohren „wurden, noch gar nicht gedient, ö trfiu „chcn Sie es, in der bürgerlichen -Welt I h r „Glück ju machen, und Sich auf diese Art „eine Aussicht zu cröfnen, einst dein Mädgen, „d a s Sie lieben, ein besseres Glück anzubiee „then, als wenn Sie jetzt Armuth und Hin„dernisse, die Sie noch gar nicht alle kennen, „ m it ihr theilen wollten. Zudem ist es „noch nicht so gewiß, daß man sie Ihnen ,;entrcissen w ird, und endlich wissen Sie ja „nicht einmal, wo sie ist. Ich verspreche, „Ih n e n durch mein Vorwort eine Lieute„nantsstclle zu verschaffen. Bey meinem „Regimente ist grade eine Vakanz. Sie „können dann bey mir wohnen und speisen, „u n d ich stehe dafür ein, daß es Sie nicht „reuen soll, mir gefolgt zu sey». Gefallt „Ih n e n demnächst diese Lebensart nicht; so „is t ja noch immer Zeit, sie zu verändern, „und unterdessen wollen wir uns auf KundHs
>, schaft
u6 „ fchaft legen, was auS Ihrer Geliebten ge, „worden ist." Er führte so viel Gründe an, diesen güti, gen Antrag ju unterstützen, daß ich ganz »er, blendet und undankbar hatte seyn müssen, wenn ich ihn nicht angenommen hatte. Ich dankte dem würdigen Manne aus der Fülle meines Herzens. Er schlug mich dem Könige vor, und seit wenig Tagen bin ich bey dein Regimente angestellt, und thue würklich schon Dienste. Nun, theuerster Wohlthäter! S o ist denn setzt mein Zustand besser, als ich es verdient habe — Werden S ie mir nun Ihren väter« lichtn Schutz dazu, Ih re großmüthige Der, zeihung versagen? Beyliegender Drief meines lieben Cheffs* wird mein Vorsprecher bey Ihnen seyn, wenn es noch eines ander» Vorsprechers, als Ih res eigenen edlen Herzens bedarf, das so gern wohlthut und verzeihet. Zugleich liegt auch * Dieser ist nicht in der Sammlung.
«uch «in B rief von dem Obristen und einer von m ir selbst an den würdigen M eyer bey,* um deren gütige Besorgung ich so kühn bin» S ie zu bitten. Ach! wie verlangt mich von Ih n en Allen Nachricht zu hören! Ic h müßte heucheln, wenn ich sagen wollte , daß meine Seele ruhig sey, so lange ich nicht w eiß, w as au s meiner Charlotte geworden ist ; Aber wenn etw as in der W elt mich vergessen machen kann, daß ich nur halb lebe, indeß ich in dieser Unge« wißheit b in ; so ist es die Verficherung, daß S ie glücklich sind, und nicht ganz aufgehört haben zu lieben,
Ihren treueste» Pstegesohn, Carl von Hohenau. H 3
Eilster
+ woran« in dem folgenden Briest Ansiüge vor kommen.
n8
-------
Eilfter Brief. An den Freyherrn von Leidthal in Hamburg. Dresden den lotenIumu» 1771.
M ein theuerster Herr! Unbeschreiblich habt ich mich gcfreuet — so gefreuet, a ls vielleicht noch nie in meie ntm Leben. Unsern Carl gerettet, und einen langst vcrlohrengegrbenen Freund gesund und glücklich ju wissen; das w ar m ehr, als ich tu hoffen gewagt hatte. Ic h will nun ein heiliges Gelübde t h u n , nie wieder im Un glücke ;u verzweifeln, immer zu hoffen, und fest au f die Vorsehung zu bauen, die m it unbegreiflicher Kunst die Knoten unserer Schicksale auflöset, wenn sie auch noch so verwickelt scheinen. Doch,
=—
n9
Dock, ich will Ihnen nun auch einen kurzen Auszug aus der Erzählung mittheilen, die mir der gute Obrist von seinen Begeben, heilen, in dem Briefe, den er mir geschrie, den hat, macht. S ie wissen, mein gnädiger Herr! daß, vor etwa fünf Jahren, eine unglückliche Ca, tastrophe uns trennte. Der arme Adjndant wurde gefangen gefetzt, und ich nach Berlin geschickt, wo ich Eie anzutreffen das Glück hatte, und mit Ihnen nach Urfstadt reifete, ohne daß ich wieder etwas von meinem Freunde erfahren konnte. D as gieng auch sehr natürlich zu, denn obgleich er kaum ein halbes Jah r lang gefangen gesessen hat; so wußte er doch hernach nicht, wo er mich, noch ich, wo ich ihn suchen sollte. Er wurde in seinem Gefängnisse scharf bewacht, durste sich auch mit niemand, rot, der mündlick noch schriftlich unterreden« bis der Tod des Fürsten aus einmal der Sache H 4 ein«
«
schaffe, noch übermäßige Zerstreuungen (ich hoffe, das Letzte isi auch -dein F all nicht) ab« gehalten werden, aber dennoch so unerträglich faul in diesem Puncte sind, daß sie eher den größten Verlust leiden, als zu einer bestimmten Zeit einen B rie f schreiben wollte».
D as ist
würklich schimpflich, und zeugt von schlechter Erziehung,
oder geringer M u fa m fa t und
G ew alt über sich selbst. ein B rie f gefchriebe» !
'I'-Sn- leicht ist nicht W ie viel Nutzen oder
Freude kann ich nicht oft damit stiften!
Und
wo ist der Mensch, dem seine Geschäfte oder sein - 'einüthsniiiand nicht täglich eine viertel Stunde frey liesse» ? — jährlich 365 B r ie fe ,
D a s macht doch
und manche fröhlige
Stunde
Stunde unsern entfernten Freunden,
di«
vielleicht, in unangenehmen, trübe» M in u ten,
durch Eine Zeile von uns erheitert
würden. Ic h kenne aber Deine Ordnung von dieser S e ite , und also tr ifft D ick, mein lieber Ho henau'. dieser V o rw u rf nicht,
deswe
gen aber ahnde ich andere Ursachen Deines Stillschweigens.
S o llte Dein Gemüth wohl
nicht in demjenigen glücklichen Gleichgewichte seyn, in welchem w ir, gestützt auf die Tugend und den Adel unserer H andlungen, einem Freunde unser ganzes unschuldiges H er; aus schütten d ürfen ? —
D as würd« m ir sehr
wehthun, mein S o h n !
Aber wenn es so ist;
so scheue Dich dennoch nicht, mich zum Vertraueten Deiner Verirrungen zu machen! S o ll ich D ir m it meinem Bekenntnisse entgegen kommen?
Sehr gern!
Ic h glaube
aus Deinen Briefen zu sehen, daß D u , nach dem Verluste Deiner Geliebten, N a
nicht diejenige
jenige A rt von Trost gesucht hast, welche des festen CharacterS eines M an n e» w ürdig ist, und wozu u ns W eisheit u»d Pflicht aufru fen. Ic h fürchte vielm ehr. D u suchst Dich in stnnliche» Ergötzungen zu berauschen, um §u vergessen, w as D u D ir selbst schuldig bist — D a s w urde eine unglückliche G em üths lage für Dich seyn. D enn nicht nur würdest D n kein w ahres G lück, keine Seelenruhe, die D u doch wünschen w irst, au f diesem W ege finden, sondern D u würdest auch D eine schönsten Tage verlichren; das Leere, welches diese üppigen V ergnügungen. deren inan sehr früh überdrüssig w ird , » der Seele zurück lassen, würde Deine natürliche Thätigkeit hl G ah run g bringen, und weil D u Dick dann von ediern Geschäfte» cu tf.rn t härtest, w ü r dest D u v i e l l e i c h t , um den gänzlichen M ü s, siggaug u: fliehen. D ir au s D ingen ein G e, werde machen, die Unglück, Elend und Reue über Deiir -p au st sainnilen würden. S o lltest
S o lle s t D u , mein bester C arl! a u f dem Wegc zu diesem Labyrinthe seyn; so höre die Stim m e eines treuen und erfahrnen Freun des, und kehre zurück! — Es ist gewiß noch Z e it; Und daran kannst D u erkennen, ob es noch Zeit ist,
wenn btcfcc B rie f Dich ein
P aar Stunden lang ernsthaft oder m isvrrgnügt macht. Schütte also Dein Herz in meinen Busen aus! Ic h erwarte m it väterlicher Sehnsucht D rin Bekenntniß —
Jetzt wollen w ir von
andern Dingen reden — Ic h lebe noch immer hier äusserst einfach, aber zufrieden.
M ü lle r w ird mich nun auch
bald verlassen; Doch, zu seinem Glücke; denn ich zweifle nicht, daß er in Danuemark gu ten Unterhalt und Gelegenheit finden w ird, feine Kenntnisse nützlich anzuwenden. M e in einziger Umgang hier ist m it dem H errn von B ..............einem allen, w ürN 3
digen.
digen, obgleich von vielen sehr verkannten M anne. E r w a r, wie D u w eiß t, M inister in seinem D aterlan d e, hatte dem H errn, dem er vierzig J a h re seines Gebens w idm ete, sehr beträchtliche Dienste geleistet, und w ar der Schöpfer alles desjenigen G u ten , w a s der schwache P rin ; je, unter eigenem N ahm engcthan hat. W a s w ar daher n atürlicher, a ls baß er eine M .n g e heimlicher N eider und Feinde um sich her h a tte , die ihn zu stürzen such» ten? S ein e A dm inistration w ar aber so lla r, so öffentlich, gut ordentlich und nützlich, daß m an ihn darinn keiner S ü n d e zeugen konnte, D a er nun reichlich fiefolbct w u rde; so hatte er G elegenheit, Geld zu sarnn.'en; die M isgu nst der hungrigen Hofichranzen aber machte ihm das zum Verbrechen. M an sprengte böse Gerüchte gegen ihn a u s , und d as V olk, welches gern alles nachplaudcrt, Bcr-
Veränderungen lie b t,
u n d , w eil ein M in i«
sier nicht jeden befriedigen kann, im m er von dem G egenw ärtigen
unjnfrieden
ist,
und
von dem Nachfolger alles h o fft, verbreitete bald einen so allgemeinen schlechten R u f über ih n ,
daß es m ir durch die Seele g ie n g ,
als
ic h . der ich die G radhcit des M a n n e s kannte, ihn
aller
O rten
so
grausam
verlästern
hörte.
U eberhaupt, w as in der W e lt ist w ohl unfichcrer, a ls der R u f eines M a n n e s ,
6t«
sonders an Hofe» ? Ic h sehe immer gern m it eigenen A ugen, sich oft.
und auch da betrügt m an
W e r kann im m e r, durch die H ü lle
der H o f - In t r ig u e n
hindurch,
den wahren
Faden der Begebenheiten und alle die kleinen Triebfedern entwickeln, welche manchen schätz« b aren, vortreflichen M a n n zum Gegenstände des Abscheues,
und manchen S chuft tu ei
nem Orakel des ganzen Landes erklären? — < v ! w en n doch das die Menschen zigen w o l l t e n ,
die
beher
so bereit s in d , 9t
4
auf d a»
das allgemeine Geschwätz, b:n Huf eine» Menschen, den sie gar nicht kennen, an einem dritten Orte zu zerreissen, und da durch so manche Wunde zu schlagen, die nicht wieder zu heilen ist! D er H err von B ........... w ar in einer sehr üblen Lage. E r sollte seinem Fürsten alle entbehrlichen Ausgaben ersparen, folg lich mußte er m anchem , dem er gern gehol fen h a tte , verdiente W ohlthaten versagen; Und von einer andern S e ite schrankte der S u lta n doch seine Begierden nicht e in , und w a s der Dienerschaft abgezogen, und den B au ern ausgepreßt w u rde, d as verzehrten M aitrcssen, G eig er, Pferfer und M ü ß ig gänger. S a h e nun der gnädige Landesvate r, daß er und d as Land dabey sichtbarlich zurückkamen; so schob er die S chuld davon nicht au f sich, sondern au f die H au sh altu n g des M in iste rs, in welcher G em üthsverfasi sung er denn auch von kleinen, erkauften tzrralu ren , von Cam merdienern u. s. f. unter# halten
20 r
halten wurde. — Es hieß immer: der Herr und das Land würde» arm , und der M u n
ster reich. Diesen Zeitvunkt nützte ein elender Schwä tzer, der m it flüchtigen Kenntnissen von Büchern über das Cameralivcsen auüsiafiert, einige Einrichtnngen in ander» Ländern, die aber, weil er sie mit schiifen Blicken ange sehen hatte, hier gar nicht passend waren, dem Fürsten so rcitzcnd abmalte, daß der selbe nun in diesem Windbeutel endlich den M ann gefunden zu haben glaubte, der sei» bisher schlecht verwaltetes Zinanzwescn wie der herstellen konnte. Es ist unbegreiflich, wie leicht cs meh, renkheils den erbärmlichsten Menschen ist, eine Nolle bey den Großen, der Erde zu spie, len. Dieser Kerl hatte ein Paar Harauguen auswendig gelernt, die er immer wieder, holte, war übrigens ei» so schlechter, u», moralischer,
tückischer, R 5
und
unwissender Mensch,
Mensch, daß ihn brr würdige, große B - - .. nicht würbe zum Eccretair gemacht habe»; Jetzt verdrängte er diesen aus dem Minister rium; denn, kurzum! mein Freund bekam auf eine höflich falsche Art seinen Abschied, und wohnt itzt hier; überzeugt, daß ein Füre stendicncr zu sey», das undankbarste, unehr lichste Handwerk auf dieser Erde ist. Ich schreibe D ir , mein lieber Carl! gern solche Erfahrungen aus der großen Welt. Schreibe Ou mir nur auch fleissig, was D u um Dich siehst, und welche interessante Be kanntschaften Du machst; An einem Orte wie Berlin ist, kann cs D ir daran nicht fehlen. N u n , das war ein langer Brief.
Lebe
wohl, mein bester Carl! Ich hoffe bald et was Gutes von D ir zu hören.
k e i d t h a l. Vier
Vier und zwanzigster Brief. An
den H errn Commerzicnrath M ü lle r in Hamburg.
.................. den 4teii Julius 1771. denke, ich muß Ihnen doch noch tttt* ^
mal schreiben, che E ie nach Dannemark
gehn, es wird Ihnen diese Zeilen «in Hole lauder überreichen, der nach Hamburg reisec,
und den ich hier habe kennen ge
lernt. D as ist nun freylich so ein Volk von Menschen, m it denen ich durchaus nicht sympathisieren kann.
I h r ganzes Wesen ist
Handel, Pflegma und Uncinpsindlichkeit — Wissen Sie die Geschichte des Mannes, dem m an, als er nach Amsterdam gieng, wohl ringe-
eingeprägt hatte«, er solle, ehe er von einem Holländer eine D ienstleistung, oder s n s t irgend etw as annähm e, vorher m it d en fcii' ii über den P reis einig werden? Er fiuti a lfo a n , und bath einen am Ufer ste henden H olländer, ihm ein gewisses H a n s zu zeigen. D er Mensch fragte, w ie viel er ihm zur B elohnung geben w ürde; C»e w ur den ein ig; der Fremde bezahlte, und der H olländer, ohne sich vom Platze zu bewe g en , w ies nur m it der Hand zurück, indem er sagte: „ H ie r , hinter m ir, das H a u s , s» „ I h r da seht, das ist e s ! " M it dem allen aber ist der M a n n , der Ih n en diesen B rief b ringt, ein bisgen bes ser, a ls seine gewöhnlichen sandeslcute; Ich empfehle ihn daher Ih rer G üte. Er kann Aufträge von Ih n e n in H olland besorgen. W enn werden w ir u n s denn einm al se hen? A u f das Frühjahr komm ich gew iß nach H am burg; aber dann sind S ie vielleicht nicht
nicht mehr dort.
M e in ehrlicher Oncle w ill,
wenn er kan«, die Reise mitmachen; Aber ich fürchte, seine Gesundheit fangt an «an# ftttb $u werden.
Ic h
bin
sehr vergnügt
hier
a u f dem
Lande, studiere das K a u rrn v v lk , ihre Charackere, ihre V o ru rth e ile , ihre Lieder, »nd w a h rlich ,
ich finde manche originelle M e n -
schcn unter ihnen. a u f,
D a rü b e r schreibe ich vie l
auch ihre V o ru rth e ile ,
Gesänge und
Tänze sammle ich; E ie sollen nächstens et w a s davon lesen.
Da
werden S ie hören,
daß man das Messer nicht a u f den Rücken legen d a rf, dam it die heiligen Engel nicht in die Schneide tre te n , daß m an, während es znr Kirche lä u te t, nichts essen soll, dam it die Zähne nicht a u sfa lle n ; W ie man cs an zufangen h a t,
um nicht behext zu werden,
und dergleichen mehr.
Unter den Liedern
«erden S ie einige recht herzergreifende fin den; Aber
da müßten S ie dieselben auch
hier fingen hören. D i«
20 6
Die E inlage# bitte ich geschwind zu U* sorgen. S ie ist mir gestern eilig von Urft städt geschickt worden. Von wem der Brief ist, weiß ich nicht. Leben S ie w ohl, mein Lieber! und vert gessrn mich nicht.
v o n Weckes.
Fünf * Den folgenden Brief.
*c
«l«i
-^ «t-a e
Fünf und zwanzigster Brief. (Einschluß de« vorigen.) An
den Freyherr« von Leidthal, eilig.
Urfstädk den Zken Julius 1771. ^ ^ e y Ew. Hochgcbohren soll auf Befehl meines auf den Tod krank liegenden Herrn Principais ich angclegendlichst nach suchen, doch Denenselbe» die Bitte nicht ab« zuftillagen, vor Ihrem Ende noch,
so ge
schwind als möglich, hierher nach Urfstadt zu komnien; als worum gedachter mein gnä diger H e rr, Ew. Hochgedohren auf das pres santeste ersuchen; maßen S ie Hochdenenselben angenehme und von der größten Wich tigkeit seyende Sachen ;u eröfnen hatte»; hoffend Ew. Hochgebohren würden alle alte
D.ffc-
D ifferen z,, anjctzo bey S e ite setzen, und ei nem niorib'.milo diese letzte G ü te nicht Ver salien; M it dem B eyfüge», gern alle D ePensen der Reise qu$ftionis stehen zu w ollen ; W elches alles nur in Ei>e unterthanig zu m elden, mich aber zu beharrlicher G nade und Protection zu em pfehlen, und m it vollkom menster Vencrakion zu unterschreiben nicht unterlassen wollen, Ew. Hochgcbohren
unterthäniger Knecht/ Anton Josias Reifendruck, C ecretair des H errn von W allitz.
S ech s
2OY
Sechs und zwanzigster Brief. An den Herrn von Hundefeld in Noscnchal.
Berlin den L4sten Iunius 1771*
^ o m m nur gleich, mein lieber freund! nach Erhaltung öicfcr siü^ tiq qosci/rict denen Zellen, nach ^vnm \m,\ * ! Ich habe be.)m V>e;iv vttvuv a-.les in Ordnung gebracht — Du wirst (enbvrfur: Dinge erfahren — Der V-vhamiurv ^van^ofv l at Dich und nach sd)aiuMi'i) angeführt
!ber
er soll das tu ‘ i ninwnst gethan Iv.ihtu N^ch ist er in der v Mbf (fr tann uns nicht cntwlfchnl. ^ormn nur soalerd- lners her, und trete in der Stabt jpant? ab, Vornan ui. 11% O daselbst |2251
daselbst will ich Nachricht lasse», wo ich anjulreffen bin. Ich erwarte Dich mit Ungeduld.
C a r l von Hohenau.
Sieben
Sieben tmb zwanzigster Brief. An die Frau von der H o r d e , gebohrne M ü ü c r , in A m sterdam . Hamburg den ioten Julius 1771.
^ ^ i c s ist vorerst das letztem al, daß ich D ir, meine h ellte Tochter! a u s H am burg schreibe. Ic h liu so glücklich gewesen, die einträgliche S te lle , wovon ich neulich (Er* Ivähnrmg th a t, * würklich zu erhalten, und meine Abreise nach Koppenhagen ist a u f küuftcgen D ieusttag festgesetzt. 4
Seelenverkam
Verkäufer, Kuppler, kurz; alles ist, wozu ihn m t Reicher nur nütze» w ill, ) Gebrauch von dcs juu t ii Mannes Offenherzigkeit- iEr redete es mir der Hrau von Donnergrund ab, verkaasir den Herrn von Hohenau an preusi» fische Werder, und ließ ihn des Nachts, da Herr Meyer, der ihn aussuchte, in dem Zimmer über ihm schlief,
fortführen;
ec
selbst aber lockte dem Jünglinge einen B rie f an seine Freundinn ab. unter dem Vorwa»« de, sie ihn» nach Baruth zu bringen , wo er
auf ihn warten sollte.
M it diesem Briefe ausgerüstet, gieng ec fo rt, fiuttc vaS Ziaulein auf, und erhielt, nach Vorweisung be,,en, das? sic sich ihm in die Hände liebste; smie 'Absicht aber war, dieselbe,
wenn sie sich iv.ue Hülfe sehen
würde, einem reichen Grafe» in Berlin als Maitresse zuzuführen.
Er
2l7 E r jog das unglückliche K in d , ein paar M onate hindurch, unter allerley Vorwände von einem Orte zum andern. vor Kum m er,
S ie erkrankte
bis er sie endlich,
m it der
Hofnuug ihren Carl in B e rlin anzutreffen, auch dahin lockte-
S e in Schrecken w ar nicht gering, da er den Herrn von Hohenau, den er als Recrnte in irgend einer entlegenen Provinz glaubte, hier alsO fsicicr fand.
N un w ar doppelte
■X orsicht n öth ig , eine ohnge.ehre Zusammen kunft zu verhindern.
D as Fräulein wurde
also — denken S ie an , bester V a te r! — in ein Bordel geführt, und daselbst in einem Hinterstübcken einer liederlichen CLcibsperfo n ,
welche ehemals die Buhlerin» eines
Obristen gewesen war» (die man ihr aber als eine Dame von Stande verstellte) an vertrauet.
O5
Jetzt
Jetzt ahndete das arme M ab g en dasi sie hintergangcn w ü rd e ,
w ohl,
doch hoffte sie
noch immer a u f A n tw o rt von ihren E lte rn , w e il sie ;u ihrem Glücke nicht w u ß te, daß m an alle ihre B riefe au ffie n g ; klciue
und dieser
Hofnungsstrahl erhielt sie
m
ihrer
schwere» Gemüths« und Lcibcskrankhcit, an welcher sie noch darniedcrliegt, bey einigen K räften .
Unterdessen hatte sich H o h en au , auS V e r zweiflung überdievermeintliche (durchfalsche B riefe des Franzosen ihm angezeigte) U iv treue seiner G eliebten , allerley Ausschwei fungen ergeben; aber suchte
noch
kam nach B e r lin ,
der H e rr im m er
von Hnndefeld seine Schwester,
wurde'durch eine Cabale
des französischen Bösewichts wieder aus der S ra d r geschafft,
kehrte aber gestern wieder
hierher
und
zurück,
tra t
in
der
S ta d t
P a r is ab-
Hohenau
Hohenau begegnete m ir des M o rg en s a u f der Gasse, sagte m ir ,
er erwarte heute sei,
neu akademischen F re u n d ,
und bath mich,
sobald ich dessen Ankunft vernehmen sollte, ihn bey dem H e rrn Lieutenant von B . . . . , woselbst er den Abend zubringen w ü rd e , ab, zurufen.
Dieser B . . . .
»st ein wackerer
junger M a n n , der vor ein paar Jahren im Reiche a u f W erbung w a r ,
aber ib t leider!
auch rin bisgcn liederlich w ird.
Abends um acht U h r kam Hundefeld an. Ic h hatte ihn e rw a rte t, ihn im Gasihofe.
W ir
und bcwilllom m te giengcn zusammen
nach dem Hause des Lieutenants von B . . . . , allein
der Bediente sagte u n s ,
sein Here
und der andere O fficier seyen zu der F ra u "Schufit,
in der Töpfergasse,
ohnweit dem
ssomödienhause, gegangen.
E s fiel uns nicht e in , daß dies rin de, rücktigtes H a u s seyn könnte;
rote hätte ich
den H e rr» von Hohenau fähig halten mögen, öffent,
ir.o öffentlich dahin jit cf)i), und den?aqnaien von diesem S c h ritte zu unterrichten?
Auch
muß ich zu seiner Rechtfertigung sagen, daß dies daS erstemal gewesen, daß er einen Fuß hierher
gesetzt,
und
daß
ihn
der
H e rr
von B > . . . dazu verleitet hatte — G ew iß hegte die Vorsehung die Absicht, ihn durch das,
w as er hier sehe» w ü rd e ,
a u f den
W eg der Tugend zurück $u führen.
W ir
gicngen
sorglos
dem Hause
zu,
träte» h in e in , fanden aber eine solche V e r/ W irru n g ,
einen solchen A u fru h r in bcnisel-
den, daß w ir wie versteinert da standen.
O ! Horen S ie , theuerster V a te r ! kcicht« sinn
und Alisschweisuuasgcjst
hatten
den
H e rrn von Hohenau ui dies H aus geführt. E r w ar m it seinem verderbten Freunde kaum hineingetreten,
a ls e r,
ohne weitere A n
fra g e , in das Hinlerstübchen gehen w ollte, welches verm uthlich dem H errn von B . . . . von alten Zeiten h e r,
bekannt
w ar.
Er vfnete
öfnete bte T h u r , und — $S?cseb ein Anblick? — H ier fvtue C harlotte, i;r. L-etre liegend, frans, blas?, mit allen Zeichen des tii'flien S ch.nerjes, tic Äugen 4u.11 F im m el gerichtet, anzutreffen! —
M a s für eine Scene d as w a r ; wie iviv baratif LN.nmv.ufvt l.fru u o n r >; wie i.v * peil fvi>v: lid) und mel'iiu'iiii.M tue v.ri‘•*!. 't ved Slmu-eres dies Oiemalbe n:achte; rvov ,. r ■f Vorfiel; welche Cel.iiuee n g » nuu ei,e ^ t.n ; wie der arme .p obenan gegen sich gegen das H a u s , gegen c>>e Menschen, reildje ihn geiauseht und irreoetüU t b a t t a t , tobte; w a s die wahrscheinliche» folgen davon seyn w e r d e n — das alles, Itebiter itiater! wer den Cric be;)er a u s beyliegenbem Briefe und « n s meinem nächsten Lchrc:Ven sehen.
Noch bin ich zu v erw irrt, um I h n e n etw as Zusammenhängendes banilier sagen iu
Ju
können.
w erde,
Sobald ich aber ruhiger seyn
erwarten S ie eine wettläuftigere
N achricht, von
I hr em ßehorsamsten Sohne, L u d w ig M ü l l e r .
Ende des dritten Theils.
[ 2 40 ]
D er
Roman
meines
Lebens
in B r i e f e n h e rausgegeben.
V i e r t e r
Thei l .
++++++«+++«+++»+»>
N i g a
I
7 8 3t
ist so süß, M enschen lieben zu können, und von M enschen geliebt zu werden; stch aller Ercattir zu c. barm e»; der Tugend zu huldigen, und dem Laster muthig in den W eg zu treten. (£o ist so füy, den Leiden den zu trösten, und dem Unglucllichen eine brüderliche T hräne zu weinen. C ö ist so süß, sich dcö B edrängten anzunehmen, daS verfolgte V erdienst zu beschützen, und das gedrückte T alent ans dem S ta u b e hervorzuziehn. E s ist so süß, dein ver kannten Redlichen Gerechtigkeit zu ver schaffen, für den V erlaßnen zu arbeiten, den Schw achen zu ertragen, von dem W eisen zu lerne», über den Thoren zu lächeln,
lächeln, ohne ihn zu hassen, und dem angebetheren S chürten
ans dem Throne,
dem sclavischen Tyrannen,
und dem nie
drigen Furstenknechie den Spiegel vorui# halten.
E s ist so süß, in der S tille G u
tes zu n n h tc ii, auch von V ie le n verkannt, m it ruhigem, liebevollen Herzen und dem Bewußtseyn ein guter, obgleich schwacher Mensch gewesen zu seyn, heiter der lebten S tu n d e ,
die jede Thräne abwischt von
unsern Augen, entgegen zu sehn,
vom
grossen Haufen vergessen, ein Denkm al in den Herzen gefühlvoller, sympathetischer Freunde zurückzulassen.
X X=XX
An [244 J
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A n die Leser.
^ c h danke Ih n e n zum letztenmal fü r die unverdiente
gütige Aufnahme
de-
dritten Theils dieses rapfodischcn W erks. D e r B e y fa ll, wom it S ie dasselbe beehrt haben, w ird mich anfeuern, die geringen T alente, welche m ir die N a tu r in diesem Fache verliehen hat,
sorgfältiger auszu
bauen, m it Ih n e n einst etwas Besseres, fleißiger B earbeitetes, zn liefern. D enn, gew iß! ich fühle die vielfachen Fehler die ses Büchelchens sehr gut,
und mit I h r e
Nachsicht nicht länger ans die Probe zu setzen, habe ich den Rom an meines Lebens m it diesem Theile beschlossen. W enn
W enn ich aber hier von nnverdientem B eyfalle des Publicnm e rede; so urtheile ich, offenherzig gesagt, nach dem schnellen V erkaufe der doppelten A uflagen; denn die verbindlichen Lobeserhebungen meiner Freunde schreibe ich a u f die Rechnung ihrer Parthcylichkeit für meine geringen P ro d u ctc; W a s die hohen Herrschaften und armen Excellenzen dazu gesagt haben, ist m ir sehr gleichgültig, und um Rezen sentenlob und T adel bekümmere ich mich nicht. M a n weiß leider! wie es damit zugeht, und wie unsicher man fahren w ü rd e, wenn m an hiernach au f die G ü te eines B u c h s schliessen wollte. W e il w ir indessen eben von Rezensen ten reden; so muß ich doch eines Richter spruchs in dem acht und rierzigsten B a n d e der allgemeinen deutschen B ibliothek E rwchnung thun. J e d e r unparthcyische Freund der Literatur wird den W erth dieser kritischen S c h rift erkennen, w ird eing-stehen,
b cn , welches Licht sic in unserm V a te rlande verbreitet h a t, w ird endlich dein vorrreflichcn H erausgeber in seinem Herzen danken, daß er, dessen Verdienste über haupt über mein Lob, so wie über den T a del seiner N eider erhaben sind, ein so m ühsam es, undankbares W erk, nun so viel J a h r e hindurch, mir immer gleicher S tä rk e geführt hat. Allein bey der nngeheuren Schreibseligkcit unserer lieben LandeSleute bedarf H e rr N icolai auch einer M enge M ita r beiter. E s ist nicht immer möglich dazu die gelehrtesten, mit andern D ingen be schäftigten M än n er anzustellen. Auch kömnu eine so schreckliche M enge unwich tiger S chriften heraus, (m anrechne immer die meinige mit d arunter) daß es der M ühe nicht lohnt, darüber das Urtheil großer M ä n n e r zu hören. Um also diesen B allast von minder wichtigen B üchern rezensieren zu lassen,
setzt H err N icolai auch junge G elehrten und D ilettanten in B ew egung — M ä n n e r chen, welche ihm hie und da von andern verdienstvollen Leuten empfohlen werden, oder sich selbst empfehlen. D a geschieht eS denn zuweilen, daß ein K nablein, in welchem ein biegen G enie herum lauft, stolz au f die E hre den Richtcrstnhl bestei gen zu dürfen, ein sehr schiefes, jugendli ches Urtheil publicirt, und diesen Fall glaube ich unter andern bey B eurtheilung des ersten T heils meines R o m an s erlebt zu haben. I c h kann sehr gut Zurechtweisung ver trag en , theils weil das Bücherschreiben gar nicht mein H andw erk, sondern der G egenstand meiner Erholungsstunden von ernstcrn Geschäften ist, th eils, weil ich mich überhaupt gar nicht für ohnfehlbar halte. W enn daher der H e rr quidam sagt, daß dies W erkgen nicht Zusammen hang genug habe; so hat er vielleicht Recht, obgleich
obgleich sich auch dagegen manches einwen den liesse. D enn cigenliich weiß ich doch nicht, w arum grade ein B uch die Lebens beschreibung E ines M an n es enthalten soll, w arum man nicht die einzelnen, in einan der verwebten Begebenheiten mehrerer Leute erzählen darf, ohne daß sich eben alles au f E inen Held bezieht — Doch darüber wol len w ir nicht zanken — W enn aber der junge H e rr mich lehren w ill, w as H ofton ist; so isi das gar lustig. V o n meiner zar testen Ju g e n d an habe ich leider! (q t im mer an Höfen gelebt, und cs kostet mich M ü h e, die unglücklichen Eindrücke davon, die so leicht angenommcli werden, den T on, den jeder auch noch so elende Mensch so bald lern t, wieder loszuwerden. E in M agisterlcin, in seinem Dachstüb chen, ein zierlicher In fo rm ato r, oder irgend ein andres schongcistcrischcs Geschöpf die ser A rt, sollte cö wahrlich nicht unterneh men Über den H osten zn urtheilen, den er
höchstens durch die dritte H a n d , ans dem Umgänge mit seinem hohen G ö n n er, dem fürstlichen Canuncrdiener kennt. Und w as die W ahrheit der B egeben heiten betrifft, die der liebe M a n n bestrei te t; so wünschte id) her'lieh, er wogte Recht haben. Z u mancher Menschen E h re , und zu meiner eigenen B eruhigung mögte ich ganz gern das alles so erdacht haben. Liegt es aber an der A rt der D arstellung, daß, w as ich erzähle, nicht ganz den Anstrich der ungeschminkten W ahrheit h a t; so be denke m an , daß ich gute Leute habe scho nen wollen. D esw egen habe ich manche Annecdoten durch Zusähe unkenntlich gemacht. W a re die W e lt wie sie seyn sollte; so würde diese Vorsicht überflüßig seyn. I c h wenigstens verlange nicht besser zu scheinen als ich bin; fest überzeugt, daß ein feiner Menschenkenner dennoch durch meine Mac-ke hindurch, meine Leidenschaf te n , und w as diese etwa hervorbringen können,
können, erblicken und nicht deswegen glau ben w ir d , daß ich nie vcm gruben Wege abgewichen bin, weil ich cö ihm verschweige. I c h habe immer geglaubt, daß w e r |td ) n ic h t v o r sich selbst s tb a m r, sich n ic h t v o r A n d re n zu schämen Ursache habe. K inder halten die Hände vor das Gesicht, wenn man sie nackend a n trifft, aber nicht M ä n n e r.
E in offenherziges Gcstaudniß
feiner Fehler isi ein grosser S c h ritt zur Besserung, lind man haßt deswegen den M a n n nicht, weil man erfahrt, daß er keilt E ngel,
oder daß er sogar vielleicht einst
lie f gefallen w a r; ja ! ich müßte den M e n schen sehr verachten, den ich nicht werth hielte, daß man, dlirch Erzählung seiner V e rirru n g e n , Andre aufseile guten S e i len aufmerksam machte. Aber freylich gehn auch eine Menge D in g e in der W e lt vo r,
von denen eine
gewisse Classe von Leuten gar nichts erfährt, und die dem ganz unwahrscheinlich vorkvm-
kommen, der bey seinem O cllam pgen, vier Treppen hoch, nur mit Spcditionshandcl für Jo u rn a le und M usenalm anachs sich beschäftigt, in einem kleinen Circul von unoarcigcn G elehrten lebt, un d , ausser seinen UnivcrsiratSfreunden und einigen M accnaten, nie viel von der schönen W elt gesehen har. D a s ift also zu verzeyhen. Vielleicht hat das M ännchen, voll H efnung au f eine künftige V ersorgung, durch einen vorneh men P a tro n , der sich einbildete das P o r trait seiner jämmerlichen Excellenz oder Hochwohlgebohrnheit in meinem R om an zu chndcn, sich bewegen lassen, ein biSgen au f mich zu fchinipfen — E s ist auch wahrlich nicht erlaubt, daß ich mit so wenig Respect von Personen rede, die ihm so tvvfft* beute scheinen, die aber, in der N i he betrachtet, gar kleine Menschen sind — Eitlen solchen Ketzer muß m an verdächtig machen — Unglück-
Mil Unglücklicherweise sacbo nb aber ' k v
*
lies) S e in e r und feiner eetenmacher sollte
keine F ina iitkn dirigieren. ist anwendbar.
E in
N ic h t >ede Theorie
M a n n der die W elk aus
Büchern ke n n t, spielt darinn eine dumme R olle. Ueber T yra n n ie der deutschen Fürsten.
D a ke r,
laudesliebe ist kein D o ru rth e il D r e y t« l) N te r B r i e f , M ü lle r.
Der
von Wecket an den alten
Onele
ist
[258]
gestorben.
W a lliq , M eye r
fflfcwr und Hohenau sind angekommen. Sie werden nun dald abreist«, e r «ft unpäßlich gewesen. Beschreibung eine» Arztes. Eine son, berbare Entbindung. Geschichtgen von einem Hofaieifter. Dierzehnter B r ie f, vom alten Müller an Leid, that. Er ist froh über Ludwigs Glück, obgleich sein Her; sich nicht mehr so freuen kann als ehe mals. Man soll mittelmäßige Leute nicht leicht sein Uebergewicht fühlen lassen, ueber die dä nische Nation. Fünfzehnter B r ie f, von Meyer an Ludwig M ül ler. Regeln, wie er sich in seiner neue« Lauf bahn betragen soll. I n wie fern man auf Freunde rechnen kann. Mistrauen ohne Haß. Ueber die Liebe der Weiber. Er hat Madam Decker ge sehn, und in ihr seine Wilhelmine wieder erkannt. Sein Gemüthszustand. Etwas über des Cam merrath« von . . . Characrer. Portraitle vom e r c r m t r Fränzel, Hauptmann« von Herdcl, HofratheTtllmeper, dem Schriftsteller . . . . und Herrn von Alrhe»». Der junge Hundefeld «ft in hessische Dienst« getreten, geht aber noch auf ein Jahr nach Vvttingen. Sechzehnter B r ie f , ven der ganjen Reisegesell schaft an Leidthal. Weckel sieht alles von der luftigen, Meyer von der verdrießliche« Seit« an. Hohenau ist empfiiirsam und Wallitz bewundert alles, findet alles schön. H.rnnovev. Bekannt, schäfte»
schäfte» daselbst. Charakter der Niedersachsen imGegensatz mit dem der Rheinländer. Lebens art und Eitlen in Hannover. Gebäude. Gur ren. Bibliothek. Lniiredore von eeibnil-. Gegend. ^ilticvN im . .Yiv.umuV.im^. Len daselbst. H»Henau legt einen Brief an Charlotten ein. Weg von Draunschweig nach Wc-Isendürrel. Ueber diese Stadt. Bibliothek. Ueber das Bücherschreiden. Weg von da nach Zelle durch die Heike. Ueber Zelle. Ton der dort in Gesell schaften herrscht. Toll- und Zuchthaus. Sie rei ft» m tiu Paar Lagen auf Güttingen )u. Ciebenzehnter D» je f, von Wilhelmine» an ihre Freundinn. Nachricht von der unerwarteten Erscheinung ihre« Jugendfreunde«. Ihre Cmpfindungeu dabey. Achtzehnter B r ie f, von Leidrhal an Müller. Er schickt ihm de» fvlacndkn Brief von Wecl.l. Meye'r har nur au« Gärungen er» Paar Zeiten geschrieben. Wa« er über Universitären sagt. Neunzehnter B r ie f, (in dem vorigen eingeschlos ftn) von Wecke! an Müller, auf der Reise ge schrieben. I n Zelle rvohme er noch einem Con certe bey. Ucd-r den Geschmack au Musik. Orche ster i» Hannover. iiua;t, Eharaerer der S .anhartet. Z w ey und jw an zig lier B rie f, von dem allen M üller en Meckel. Ueber »JaUi-ie und un, gliielli.he Laune, v"ein n a v t GemüthsIrla n d im Gtö»nsah.- i..ir dem,c..ijC.i. Einige
Bemerkungen über da« Betragen der Mensch,» im Unglück.'. Charakter de« Docror« Verenholz, de« Ueberdringer« diese« Brief«. Seine Schicksale. Daß man nie klagen solle, ton# da»u gehört, einen -roßen Plan durchtusetzen. D rey und zwanzig,icr B r ie f , von Meckel, Ho henau und Wallt- an Leidihal. Fortsetzung der Erzählung ihrer Reise. S ie fuhren mit dem Marktschifft au« Frankfurt. Reisegesellschaft. Ein C'vuriner Inquilinen in Preussen. Lin Landedelmann. Wie e< da hergieng. Ei» ar mer franiönscher Osfirier mit seiner Frau. Höchst. Lad c«fabrik, unnützer Aufwand. Gegend von '.IT-iyn;. Carrause. Lustschloß. Charakter de« Churfürsten. Lebensart in Maynz. Ei» Hofman» in einer bürgerlichen Gesellschaft, toanim im Wirthihause. Oppenheim. Herr liche Gegend. Unmenschlichkrit »er franiöstschen Nation. Verwüstung der Pfal». Leiche eine« jungen Mädgen«. Ei» Beinhau«. D er Graf v o n ............ Rhein Eürkheim. rvorm s. Ein ralvinischer Pfarrer. Freinsheim. Gute Leute, bey denen fit sind. Weinlese; Wie sie ihre Zeit hinbringen. Traubencur. Frankenthal. Gastfreyrr Freund in . . . . Redlichkeit der Landschreiber. Bestechungen in der Pfal». Herxheim; Au«stcht dasclbft, und in N eustadt. Eurkhrim ; Parsork,,agd. Einige Annecdoten. Characler e»-e« würdigen Pfarrer«. Dauer» [262]
^0tt
soll man nicht um Fußwege fragen. Deide,, heim; Barmherzige Brüder. V ie r und zrvarijigster B rie f, een Meeer an Leidthal. Fottsehung. Bekanntschaft mit eini gen würdigen und verdienstvollen Menschen. Ueber Speyer, tiranheim. Erzählung von Bothen und Taftwirthen. Bildergallerie. Ur theil eine« Dilettanten. Schwetzingen. Ueber den Garten. Annecdore von einem Cteinfreffer. Die Bergstraße. Darm stadr. S ie besuchen einen edlen Mann. Eine englische Werbe, inn. Die Iudengass« inFranlfurt. Ueber die« gedrückte Volk. 4'lfcnbad). Wer daselbst regiert, wer da wohnt. F ü n f und jw anziqstcr B rie f, von Leidthal an Hohenau. €« freuet ihn, daß er gute Men schen angetroffen hat. Die Familie der Ediern. Ueber Charlotten. Wie listig Ke ihn bewogen h at, Carl« Reise abzukürzen. Annecdvk« von einer klrinrn Demüthigung. Ueber Religion«Deweise. Ueber Aechrheit der Freymaurer. Logen. S e c h s und tw anjigfrer B rie f, »»n Weckel an Müller. Abreise von Frankfurt. Zwey Freunde, Herr von Grcb und der Professor Blumendof gehn bi« Nürnberg mit. Seligenstadt. Abtey. MtnchSleben. Domherrn. D orf, wo die Dauern die Auftrstehung nicht glauben wollen. Lin Pudel. Wo der Unglückliche Trost sucht. Lin Kaiserlicher UTajot von U l . . . Geschichte einer Entführung. Aschassenburg. Lin I n , forma-
fermater. Der Spefferwald. Ein G reit, um ringt von .Lindevkindern. Esselbach. Neue Belanntschafte». Lui Man» mit brittehalb SOeib rn. Lin Wagen voll Emigranten. Annecboten von regierenden Grasen, w ürzburg. Lage. Schloß. Heilung. Exequien für einen seligen £>qmbmii. Lin Lfficier. Srünhui1 Gegenden. Wegebeiftrungoanstalten in -er Graf schaft S . - - Nürnberg. Herr von i» . . . Freymaurer. (Bitten und le n der Nürnberger, isoncm/ (Beupptt, Ball. Kaiserliche Burg. Römische Uhr. iE itb rn und zwanzigster B r ie f, von Sophie an ihren Barer den Ltatörath. Nachricht, wie et ihnen geht- Ueber Lrtiehung. Madam de Beaumvnrt Giundsaye. Lin Informator. Lin kleiner Roman von tyim t jungen Mäkgen, da« litt bey dem J. trrn Leoeow 8ch aufhält. Uebrige Nachrichten von dem Bruder ütch, Beter, Lud wig, und Lhrisioph. Acht und zwanzigster B r ie f, von der Reisegesell schaft an Leidthal. Sie ünd von Nürnberg ab gereiset , und haben sich von den beyden guten Reisegefährten getrennt. Schwabach. Fabri ken. Zuchthaus. pleinseld. Unsichre, schlechte Wege. Eichstädt. Nachforschungen. Lage von Eichstädt. Bsaffenregiment. Derstnsterung. Ein Paar gute Männer. Jesuiten. Ih r Geschäft ist geendigt. Hohenau war unpäßlich. Lebenoavt,
a r t , todte S tillem Eichstädt. Ann-'cdote von ei nem Hefmanne. Reliquien; heilige Walvurge. 7^««olirarr. Aufklärung von Bevern. (ibarccter tu Kation. Luraroj'er Mann.Mtidgen. Wein. Bier. N e u n und sreanv ß ftcr B r ie f , von fceibthal an Mcver. Antwort aus Briese, die sich mcdt stnden. Ueber U iünäw n. S tad t. Gegend. Kir chen. Grafen, t~rmvhniburuden. .ttdlte in Bayern. Edler Zug von einer Erb . . . von . . . D reysitgsier B r ie f , von Hohenaus Bedienten, Lriedricb 'Äirtcf>bro^ an den AcciSeinuchmer Birnbaum in Urfstätr. Beschreibung von den Proeesstonen in München und auf dem Vonfre. Wie man dort beichtet. Gasterenen. Lurch engebrauche. Pfaffenbetrug. Familie des Grafen von S . . . Frei singen. Wie es dort zugeht. Anneedvte von fürstlicher Bestechung. E in u nd dreysil.qster B r ie f , von der Reisegesell schaft an Veibtbfll. Abreise von München. tmgen. avrmcTi'n. Unfall daselbst. Postmerster. />cilbvomt. S ie treffen dm .vem i von P . . . an. Heidelberg. Ein herrlicher Mann. Gegend. Schloß. Bild von Kebmtart und Wohnung der zehigen Fürsten. Eigenschaften, welche man von einem Seererair verlangt. Ueber 4 cm b m $ v o r der H obe, und die dortige.Verrfcytifr. C ie reisen nun nach ^auwied.
ytvw
Z w ey u n d d r,» k iq st,r B r ie f , een M eyrr an Leidthal. Herrliche Wasserfahrt den Rhein hinunter. Wie de sich im Schiffe beschäftigen. Mann;. Ein guter M ann. S ie finden den la s.'it vre ui den Eisen. Ein schönes müßen* lisches Instrument. Fleißige Einwohner. Rheinbrücke. Gegend bis Bingen. Mannzische O r thographie. S t . G o ar. Ankunft in N euw ied. Beschreibung der Lage des OttS und des Schlos ses. Tolerant- Fabriken. Character der H err schaft. I h r Freund. W ie der Mensch früh Morgens beym Aufwachen ist. Ehristoph M ül ler wird gelobt. Andernach. Beschreibung einer Flö^e. tsoN rn;. Lage. Edler Jug vom jun gen F . . . w ie d e r-S e lte rs. Beschreibung des O rts. S ie treffen den Freund Sim on mit seiner Familie dort an. Eine fürte Geschichte von dem Herrn von Trautenberg. Rückreise bis Frankfurt zu Lande. Schlechte Wege. D re y illld brcvMWivv B r ie f , von Leidthal an Hohenau. Er freuet sich, daß sie nun bald über Golha und Weimar zn ihm zurückkehren wer den. E r erwartet auch Edarlotten und deren M utter. Die Hochzeit soll bald seyn. Plan auf die Folge. Hundeseld ist nun in Cassell ttablitt. W as er mit Wallst; und Meyer vor h at/ da Reifendruck fort ist. Ueber Herrn . . . in G otha, und vom Herzoge von Weimar. X X = rX X [266]
Erster
At .
'•^ v .
t a u f unsre Nachrichten geantwortet —
Doch,
ich komme zu meiner Erzählung. C ie können leicht denken, liebster V ä te r! baß der H e rr von H ohenau,
beschämt und
gerührt über seine bisherigen V e rirru n g e n ; ln nagendem Zw eifel über die Veranlassung, durch welche Charlotte in der F rau S ch u fit H a u s gekommen w a r ; nach näherer E rklä rung aber,
erfreuet den Gegenstand seiner
Liebe unschuldig, vcrzeyhend, und so zärtlich a ls jemals fü r ihn wiederzufinden; endlich ungewist, w as nun künftig ih r ge mein schäst, liches Schicksal seyn werde — daß e r,
sage
ich , da in einem S tru d e l von kämpfenden Empfind
Empfindungen umhergetrieben wurde.
W ie
suchten in dessen diese Ccene abzukürzen, be sonders da des F räuleins schwach« Gesund« heit sehr dabey leiden mußte *. A ls daher die ersten Erläuterungen vor über w aren, kam es darauf a » , dem armen K in d t einen anständigen Aufenthalt zu ver schaffen, und ich wurde abgeschickt, m it einer braven O fficicrsw ttkw c, deren Bekanntschaft der Lieutenant von B > - .
gemacht
hatte,
dcsfalls zu reden. Diese bewog ich denn auch ohne M ü h e , Charlotten ans eine Zeitlang zu sich zu nehmen.
E s wurde in demselben
Hause ein Zimm er fü r den H errn von H un dtfeld gemiethet, und w ir machten sogleich Anstalt beyde dahin zu führen. M a n faiid cs der K lugheit gemäß, daß der H err von H ohenau, bis zu eingelaufener A 2
Ant«
Hehciiauü Brief an Lcidthal, in ivelchem diese gante Scene beschrieben iw , ist nun flank au- der Sammlung weggeblieben.
A n tw o rt von Hundcfelds E lte rn , das Frau« lein nicht besuche» sollte, so hart ihm auch diese Forderung schien.
C ie wohnt nun sät
drey Woche» in diesem Hause, und der Zu« stand ihres K ö rp e rs,
so wie ihrer
Ceele,
w ird täglich leidlicher, wozu ein S tra h l von H o fn u n g , endlich bas Ende ihrer Leiden zu erleben, und m it dem Freunde ihres Herzenverbunden zu werden, nicht wenig beyträgt. W a s die F rau S ch u fit und den G rafen b e trifft; so glaubten w ir , cs werde nicht gut gethan seyn,
viel Lern» zu machen.
W ie
kann man es einen» W o llüstling verdenken, wenn er neue Gegenstände zu Befriedigung feiner immer an
ihm nagenden Begierden
aufsucht? D a s W eib droheten w ir zwar, ih r durch die Police,) das schändliche Handwerk,
so sie triebe,
legen zu lassen; allein sie schien
sehr ruhig dabey, und »logte w ohl theils in einer so galanten E ta d t des höher» Schuhes g rw li; seyn, theils selbst fühlen, da,: w ir,
ohne
den R u f des F räuleins von Hundefeld aus
a u f d as S p ie l |u soften, die Cache nicht wett tor aufrühren bürsten. I c h bekenne g e r n , ( w a s . m an auch zn V ertheidigung dos S a f t e s , das; m an in gross fon 'S tä tte n solche H äuser dulde» müsse, sagen m a g ) ba|l es mich em pö rt, wen» ich bedenke, baß bio Vori'teher bor bürgerlichen und geselligen Einrichtungen öffentliche B o r delle anzulegen erlaube» kennen, und dadurch Gelegenheit geben, an leine Heiligkeit irgend eines Geseiees mehr zu glauben. S ü n d ig e jeder a u f seine G e fa h r, und trage die F elgen davon 1 Aber baß m an dem schamhaften J ü n g l in g e , der noch nicht frech, kühn, geübt genug im l’aßor ist. um Gelegenheiten und Gegenstände zu Ausschweifungen aufzusncheu, wenn er sich dadurch der G efahr aussept, entdeckt zu w erden, die M itte l erleichtert, im S tille n den düsten zn froh ne», mit dec S p rac h e des sasters bekannter zu werde», die unglückliche E orruption des Geschlechts näher kennen zu le rn e » , gewiß zu seyn, daß ec
er nicht abgewiesen w ir d ,
und stumpf fü r
die sanften Triebe keuscher Liebe t» werden; daß
man die Zufluchtsörtcr ve rvie lfä ltig t,
w o ein junges Mädgen ohne Scheu ihre Un« schuld vcrlie hren ,
eine F ra u
die
eheliche
Treue brechen kann, wovon sie b is itzt we» nigstens durch den M an ge l an Sicherheit und Gelegenheit, der uns so oft von F e h ltritte n , zu unserm Glücke, a b h a lt,
zurückgezogen
w urden — D aS finde ich erschrecklich — Nehmen S ie noch dazu, daß, auch bei der besten Aufsicht,
diese Einrichtung gar
nicht gegen böse Krankheiten sichert, indem doch n u r die dort wohnenden Frauenzimmer» nicht aber die hineingehenden M ä n n e r der Untersuchung der Aerzte unterworfen sind; daß folglich das Einzige, waS sich noch etwa zu Vertheidigung dieses M isbrauchs sagen liesst, w e g fa llt; daß in B e rlin sogar D am en von vornehmen S ta n d e , w ie man mich ver, siche rtha t,
in solche Hauser schleichen, und
dort die W ü rd e ,
die ihnen S ta n d , Erzie, hang
hung und feinere Gefühle auflegen, verges s n — Bedenken S ie das a lle s, und gestehe», daß solche öffentliche Anstalten bald allgemeine Zügellosigkeit verbreiten, und alle Cchaam verscheuchen müssen. C ie wissen, theuerster V a te r; daß ich so gern die geheimen Geschichten des menschli chen Herzens studiere.
A ls ich daher den
folgenden Tag m it dem H errn Lieutenant von D . . . wieder in der F ra u Schustt H a u gehen mußte, um wo möglich Nachricht von la Sjltivre einzuzichn;
( welches uns jedoch
nicht gelungen is t) so kam ich a u f den E in fa ll. die armen verirrten M ädgen zu bitten, uns ihre Lebensgeschichten zu erzählen, um zu erfahren, durch welche Reihe von Bege benheiten sie in wären.
dies Labyrinth
gerathen
Diesen P la n führten w ir a us, und
vielleicht ist es Ih n e n nicht unangenehm, den H a u p tin h a lt von einigen dieser Geschich ten zu hören.
A 4 [2731
Vorzug-
Vorzüglich intereßirte uns die Physionos m it eines etwa achtzehnjährigen M ädqenS. Noch waren Ucbcrresie von den Abdrucke» eines unschuldigen, fröhligen und wohlwols lende» Herzens a u f ihrem Gesichte zu sehen. D ie Rolne ihrer W angen w a r zwar nicht ganz mehr jugendliche, gesunde F a rb e ;
das
erhitzte B lu t hatte den G rad derselben erhöht, doch schien »och keine Schminke a u f ihre H a u t gekommen zu seyn. vierte, die
Äber der irrende, |iu#
Ruhe suchende Blick ihrer Augen,
ermüdet und schlaff im ^ opfe
lagen,
zeigten ihren F a ll a n , und verkündigten, daß bald jener jugendliche Reiz das Opfer ihrer Ausschweifungen werden würde.
E s rti! rle
uns sehr, dies junge M ädgen schon a u f dem schlüpfrigen Wege des Verderbens zu finde», und w ir bathen sie also, uns zu sagen,
wie
sie dahin gerathen w ä re , welches sic dann, nicht ohne V e rw irru n g , that.
C ie w ar nemlich die Tochter eines ehrli che
Beamten a u f
dem Gute
des H e rr» von
von W . . . gewesen.
Dieses Edelmanns Ge,
moblitm aber hatte sie, wider ihre und der Eltern Ile ig u iig ,
schon vor drey Jahren
bewogen, m it ihr in die S ta d t zu gehn. C ie wollte hier eine Eamincrjiingfcr aus ihr bil, den i und lic|i ihr ;u diesem Endzwecke litt, terncht in aller weibliche» Handarbert geben. I n einem Ä lte r, reo das junge Madgen noch so vieltr Än,s:chr bedurfte.
batte die
gnädige Frau freylich sich auch um ihre sitt, liebe Lildnng
behim ::i:ni,
und bey dem
Glanze und de» Äerftibrnngen der t machen — Wie» verstand von allen S e ite n , N eid, K alte, ungerechte Auslegung Ih re r unschuldigsten, edelsten Handlungen — das alles erwarten S ie sicher, und dies nicht nur vom vornch» nun und geringen P ö b el, nein! von denen keuten, die sich Ih re Freunde nennen; und haben S ie einst in dreyßig Ja h ren drey Men» scheu gefunden, die C ie ganz verstanden, ganz uneigcnnülrig an Ih n en hiengen, von denen C ie treu, unwandelbar, um Ih re r selbst willen geliebt wurden — dann sind S ie rin C ohn des Glücks.
Aber
1 12
Aber biet? erbittere E ie nicht! Spannen E ie vielmehr beyzeiten Ih re Erwartungen herab; so werden E tc nicht von identischen Jpofiiumien getauscht werden,
ghun S ie tu
der S tille so viel Gutes als Ste kennen, rechnen S ic auf keine Erkenntlichkeit,
auf
keinen Beyfall, freuen v ic S ich , wenn bas alles von niemanb erkannt, Undank belohnt wird.
wenn es mit
Dein liebevollen Wer
fe n , das bte Haare aus unserm Hauple zahlt, entgeht kein Bestreben des Redlichen, ketu Sehnen des Ediern, kein guter Lorsal», kein Eeufzer bet? teibeiibeii,
feilte Silage über
miSlungene fromme Wünsche. C ie b«ieS I h r 2ro |t seyn,
Ach! la,sen
lieber Freund!
und werben nicht müde de» graben Weg zu gehen, wenn S ie Sich auch durch tausend SOerirrte drangen »»Ilsen, die Ihnen höhnen. E ie aufhalten, und Ihnen groste Steine vor bte Füße werfen. voll süßer
Eine einzige Übeubilunbe
Ritekeriiinerulig
überwuiidener
Schwierigkeiten er|ent alles erlittene Ungee mach, und El« Paar treue Gefährten, die Ihnen
— —
ii3
Ih n e n das Schicksal zuführt, alle Beschwer lichkeiten der Reise.
Aber
suchen C ie
diese Freunde
nicht
ängstlich, aus Furcht, es mögte E ie gar zu sehr schmerzen,
oder erbittern,
wenn E ie
S ich geirrt hatten.
Fragen S ie
wo er hinaus w i l l ;
Aber S ie werden schon
niemand,
einmal an irgend einen andern stillen W a n derer gerathen,
wenn C ie viel Tagereisen
gemacht haben,
und S ie
denselben guten
Menschen jeden Abend in derselben Herberge finden; wenn S ie bemerken, daß er stets den nemlichen graben W eg geht, deln —
den S ie w an
dann ist es wahrscheinlich, daß ec
eben den O r t erreichen w ill, wohin S ie stre ben , und S ic können es versuchen Hand in H and m it ihm zu wandeln — Allein auch da werden S ie Sich noch oft getäuscht sehen —
D och ,
was thut es?
W en n S ie nur indessen nicht au f Irrw e g e gerathen sind. Roman IV II) .
H
Alsa
J i4
-------
Also trauen C ie W enig en , aber verach ten S ie jt tu r n t, und helfen, wo C ie kön nen. G o tt und die N a tu r haben die bessern S e e le n i» W erkjeugen besinnuit, der gedrück ten M enschheit w ieder anfjuhelfen. D e r K am p f isi schwer, aber der E ie g sü ß , und heitrer F rieden und die entzüekende Aussicht in die seligere Zukunft der Lohn des S tr e i tenden. E s ist eine alte B em erkung, aber sie ist desw egen nicht w eniger w a h r, daß C ie , w enn S i e im Glücke sind, nicht wissen kön n e n , w er I h r F reun d ist. D e r E ine w ird sich Ih n e n au fd rin g en , um sich durch I h r Z u trau en G la n ; ju geben; d a s P ublicum soll e s m erken, daß ei» allgem ein g eehrter, ver stän dig er, oder g ar berühm ter M a n » sein F reu n d ist. D er Andre sucht S i e a u f , w eil er irgend eineu V o rth eil von Ih n e n ziehen, einen Freundschaftsdienst erwiese» habe,;, irgend e tw a s lern en , I h n e » irgend e tw a s ablocken w ill. E in D r i.te r sucht n u r in Ih re m
J15
=
Ih re m angenehmen Umgänge Unterhaltung, A u sfüllung ei»
seiner leeren Stunden.
Anderer
fürchtet
C ie .
sucht
Noch Ih re n
Schutz, Ih r e Nachsicht m it seinen Fehlern. Alle aber nehmen ohngcfehr eben dieselbe Aussenseite der persönlichen Zuneigung an. Loch lassen C ie trübe Stunden kommen; lassen E ie ein G e w itte r sich über I h r H au pt zusammenziehen; und dann sehen S ie , Wenige S tich halten, Schutz in
wie
wie Wenige Ih n e n
ihrer H ütte anbiethen
Versuchen S ie cs n u r,
werden.
und bringen ein
nachtheiliges Gerücht über Ih r e Person in s P u b lic u m ; da werden denn alle diese schönen Freunde sich zurückziehen» und so lange hin ter dem Busche lauren. bis fi.e sehen, wie das D in g
abläuft.
W o w ird der M a n n
seyn, der m it fester Entschlossenheit sich Ih r e r annähm e, sein Privatinteresse,
seinen R u f
a u f die S e ite setzte. Ih n e n irgeird ein Opfer bringen,
sich dem S tu rm entgegenstellen,
und ausrufen w ürde: „n c s ,
„Schone des M a n -
er verdient nicht gemishandelt H 2
zu
„w e r-
ii6
„werden — Ich kenne den E d le n ; er ist „m ein Freund. “ Und hier habe ich nur von der schlechtesten blasse von Menschen geredet. Ader auch die Bessern, $u schwach ihren Grundsätzen treu ju bleiben, werden, wenn man C ie vcrlanmr det, zurückweichen. Zehnjährige Kenntniß I h r e s Herzens wird nicht hinreichen I h r e r Unschuld daö W ort zu reden. Die v?dmni# Hungen I h r e r Feinde werden dem ganzen B ild e, das S ie so ausgem alt in den Seelen ihrer Freunde glaubten, andre F arb en , an dre Umrisse geben. Ein Schein von W a h r scheinlichkeit wird genug seyn, S i e der un erhörtesten Handlungen zu beschuldigen, H an d lu n g en , deren Möglichkeit ganz ausser I h r e m Eharaetcr liegt. M a n wird alle I h r e guten edlen Züge vergessen. so manche Probe I h r e r Rechtschaffenheit, so manchen Freund schaftsdienst — I h r e ? ugenden werden nicht gegen I h r e Fehler auf die Wagschale gelegt werden; Auf die Heftigkeit I h r e r kciden, schäften
schäften wird man nicht Rücksicht nehmen; E s wird sich cm bisgcn N eid ,
selbst der
Bessern, die das Uebergewicht Ih re r V e r, dienste ungern tragen, mit hineinmischen — Und mm wird jeder Knabe sich erlauben der Richter eines noch vor acht Tagen allgemein angebetheken Mannes $u seyn, Eine Ih re r Vertraueren sagt:
ludest der „ Ic h kenne
„des Menschen nicht," und der Andre die Achseln tuest,
ausruft:
„H a tte ich das
„ je gedacht! "
und vielleicht gar das noch
schleichende Gerücht, durch d«e ängstliche A rt rote
er die Sache itim t, ausbreitet und
brfiältigt. Und mit was für Recht?
S ie können
eine sonderbare Erfahrung dabey mache». Wenn es Ihnen leidlich wohl geht;
dann
roerden Verwandte und Freunde ruhig seyn; Niemand wird sich berifern, Ih re Zufriedene l;e»t zu vermehren; S ie weiden immer allen» für Eich arbeiten. Sich selbst durchhelfen, der
Schöpfer Ih re s
Glücks seyn müssen. H 3
[ 383]
Aber
ii R
=
Aber fattm erfahrt man etwaS Nachtheiliqes von Ih n e n ;
so glaubt jeder ein f'ü'du zu
haben. Ihnen Vorwürfe zu machen: ,.M e in „ G o t t ! " werden sic ausrufe». „ 2 6 as hast Du
W as
müssen Deine
„Freunde von D ir hören?
Denk an. wie
„u n s
da gemacht'/ das
kränken,
beschimpfn muss!"
D ann w ird jeder fordern, vorschreiben was C ie thun sollen — H ä lft,
glicht zu Ih re r eiaencn
sonder» damit die Achtung der elen*
den Mensch, n, die durch Ihren Umgang sich geehrt wisien w ollten, nicht vor den Augen des Volks leide. Lehen S ie ,
mein lieber Freund!
das
find Resultate von Erfahrungen mein s nur ruhigen Lebens.
M o tte n L re doch alles
falsih finden, was ich hier gesagt habe! Zur Ehre der Menschheit wünschte ich es —* Aber Wie wenig darf ich das hossen Wenn denn einst I h r lebhafter, thätiger, sorgenloser Geist E ie in cinen bösen Handel
»tntu
verw ickelt,
wo C ie cs so gut gemeint hat«
t a t , und nun alles schief geht,
alles a u f
C ie f ü llt , Schande, Unrecht, Kummer — a u f S ie , der, da er nur Gutes thun w ollte, so gänzlich miskannt w urde;
Wenn
ein
F reund, a u f den E ie fest bauetcn, Ih n e n in einem entscheidenden Augenblicke den Rücken wendet;
W enn der M a n n ,
den C ie m it
W ohlthaten überhäuft hatten, E ie m it Füs sen t r i t t — dann wafneu E ie Eich m it lie# bevölkern M u th e ;
Nehmen E ie alle W ürde
Ih r e s Geistes zusammen, und stehen da, in der ganzen bescheidenen Größe eines edlen, sich keines bösen Vorsatzes bewußten M an« ncs.
I h r Gewissen w ird E ie reichlich 6t#
lohnen.
Hassen E ie nur die Menschen nicht!
E s ist Schwache, und sonst nichts, was die guten N arren so verkehrt macht. E ie die Schwache»,
Ertragen
und leiden geduldig.
N ie müsse E tc Ih re heitre ftöhligc Laune ver lassen'. Haben C ie Frieden m it Eich selbst; so w ird Ih n e n alles übrige leicht zu ertragen werden. H 4
Len
Den stört Abend«. Ic h weiß n ich t, ob S ie je gclieb: haben; Also kann ich Ih n e n hinüber keinen R ath geben.
Auch ist da schwer zu rathen; denn
dies süße Ungemach kömint über unS, wenn w ir cs am wenigsten erwarten. also, so lange S ie noch könne».
Fliehen S ie I s t es aber
zu spät — dann erfahren S»e selbst,
welche
R evolution die erst« Uebe tu Ih re m ganzen Wesen hervorbringen
trü b .
N u r merken
E ie S ic h , daß E ie nie bey dem andern Ge, schlechte jene gänzliche treue Hingebuna erwar ten müssen,
m it welcher w ir M än ne r unS
ihnen in die Hände liefern. D er klügste M a n n ist,
wenn er liebt,
nicht mehr Meister seines Verstandes.
Ec
w ird nichts hören, nichts sehe», a ls seine G eliebte;
Alle übrigen Weiber werden fnc
ihn Bildsäulen seyn.
Vergebens w ird er sich
in einer Gesellschaft, w orinn die Freundinn seines Herzens ist, verstellen wollen.
M an
w ird sehen, wie seine Augen nur sie suchen, wie
wie seine ganze Heiterkeit an einem Blicke von ih r hängt.
Aber das «nersahrendsie
M ädgen w ird sich in dieser Leidenschaft zu bemcisiern, sie wo cs nöthig ist zu verhehlen wissen.
S ie w ird von zwanzig Jünglingen,
unter denen sie Einen lieb t, keinen der übri gen neunzehn beleidigen noch verabsäumen, jeden durch irgend eine kleine zutrauliche Ge fälligkeit gewinnen, und dadurch ihrem Ge liebten
oft
kummervolle
schlaflose Nächte
machen. I s t es würklich eine ganz andre A rt von Leidenschaft was sie Liebe nennen, und wo bey sic sich noch immer so planmäßig in ihrer G e w alt haben,
oder hat der Schöpfer ge
w o llt , daß sie dadurch gegen unsre Zudring lichkeiten geschuht seyn, sich weniger verges sen sollten'/ — D a s kann »ch nicht entschei den; Genug, die N a tu r hat es so gewollt, und eben diese kleinen Cocketterien, welche den Weibern
beynahe angebohren werden,
geben der Liebe mehr M an nigfaltigkeit. D aS H 5
erregt
erregt dann zärtliche Besorgnisse, macht dem redlichen M anne wohl manche unruhige S tu n d e , ist aber dennoch so böse nicht gtt meint. M an muß ihnen nur die Künste ein bisgen ablernen, und sie mit ihren eigenen Waffen bekämpfen; denn sie sind iin Grunde eifersüchtiger als w ir, besonders wenn sie erst verheyrakhet sind, und hangen mit gan, zer Seele an ihren G atten und an ihre Kinder. Und nun, da ich Ih n en von einer Leiden, schaft geredet habe, die so großen Antheil an meinen vielfachen Schicksalen hat; so muß ich Ihnen etw as vertrauen, das mir schwer auf dem Herzen liegt. C ie wissen, daß seit einiger Zeit ein ge wisser H err Becker (wenigstens giebt er sich diesen N ahm en) nebst seiner Frau in dem S ladtgen ohnweit Urfstädt wohnt. D a nie, mand diese Leute kannte, und sic allen Um, gang mieden; so erregten sic anfangs die Aufmcrk,
Aufmerksamkeit des vorwitzigen Publicirm s; Ic h a ,x r , der ich nicht sehr neugierig in so(# che» Dingen bin, habe in der ganzen Zeit um so weniger nach ihnen gefragt, da ich m ir es gewiß nicht träumen ließ, daß sie das geringste Interesse für mich haben könnten. Vorigen Dirnsttag n u n , als ich, m it einem Buche in der H and, an dem Bache hinter dem neuen G arten her spazieren gehe, begegnet mir dies P a a r — Und welche un# angenehme Entdeckung! — ich erkannte in der Frau die Geliebte meiner Ju g en d , meine W ilhelmine. W as ich in dem Augenblicke em pfand, das bin ich nicht fähig Ihnen zu beschreiben. Auch weiß ich mich es kaum mehr ;n erinnern; Meine Verwirrung w ar so g ro ß , daß ich mich noch zuwe«lc» gern überzeugen mögte, ich hätte mich geirrt. Ob sie mich erkannt h a t, weiß ich nicht. Ich w ar nicht genug bey mir selbst, um beobacht
beobachten zu können, und hatte nicht das Herz, mich, als sic vorbey waren, umzuft, hen. Ich habe niemand hier etwas davon erzählt; aber man wollte mich sehr verändert finden, alS ich des Abends, zur Geselle schafl kam. Nicht als wenn meine alte nun überwune bene Liebe aufgewacht wäre! Dieser Schae den ist — leider! — längst geheilt; Aber die Rückcrinnerung alles dessen, was ich um Wilhelminrn gelitten habe, meine Schicksale, die fast alle Folgen von dieser Leidenschaft gewesen sind — das alles, und viel andre Dinge drängen sich itzt vor meine Phantasie, so sehr ich.mich bemühe diese Gedanken zu vertreiben — Ich fürchte, es wird das Der« gnügen meiner Reise sehr verbittern, mir böse Launen machen. Mich dünkt der Herr Becker hat einen finstern unfreundlichen Blick. Wenn er nur gut mit «hr umgeht! — Aber
Aber wie kamen sie in diese Gegenden? W arum führt er einen N ahm en, der nicht der seinige ist? — Doch w as bekümmert mich das alles? Ich wollte indessen, ich w äre schon vor acht Lagen fortgercist — E ie w ird mich wohl nicht mehr gekannt haben; S ie hat mich, hoffe ich. längst vcr, geffen — Zerreissen S ie nur diesen B rief — D a s wäre Wasser auf des Herrn vonW eckels M ü h le , wen» er über eine solche Wicderfins düng scherzen konnt« — S ü n e Lustigkeit ist meiner itzigcn Kemüthsverfassung sehr zuwies der — Aber der M ann meint es so g u t; M ein V erdruß macht mich ungerecht — G o tt erhalte ihm sein fröhligeS Humor.' — Und nun wollen w ir nicht weiter von dieser Sache reden — S ie bitten mich. Ih n e n ein P o rtrait von einigen der Leute zu machen, mit denen C ie itzt leben. Allein mein B rief ist schon so lang, und C ie werden alle diese Personen bald f i'U 'lt
selbst naher kennen lernen.
Vielleicht kann
Ih n e n auch das, was ich zu Anfang dieses Bogens von der A r t gesagt habe,
wie ich
glaube, daß man die Menschen beurtheilen muß-, zu einen» allgemeinen Commentar fü r jede neue Bekanntschaft, werden, dienen.
die S ie
machen
N u r w ill ich ein P a ar
W orte über einige Personen sagen, m it denen S ie in Verbindung stehen. S ic wissen, wie sehr ich Ih n e n empfoh len habe, die Freundschaft des Cammcrraths von . . . ju suchen. ein edler,
E r ist auch wahrlich
seltener M a n n .
aber wünschte ich doch nicht,
M « t dem allen daß C ie ganz
Ih re n Charactcr nach dem seinigen zu bilden suchen w ogten, jetzigen Lage.
wenigstens nicht in Ih r e r
S e in freyes, ofncs H er; fließt
zu oft über, wo es W ahrheit und Aufrechterhaltm ig der guten Sache g ilt , und da t r if f t denn o ft sein gerechter E ifer den heuchlerische» aber rachgierigen,
mächtigen Pöfewicht so
scharf, daß der gute Cammcrrath sich dadurch mancher
i-7 m ancher V erfolgung aussetzt. W enn er so dreist weg den falschen papiernen N im b u s fortblast, den sich ein vornehm er Schurke um seinenEs lsköpf geklebt h a t; dann w ird der nackte B e trü g er aufgebracht, und sucht ihm hinter dem Rücken so viel, möglich zu schaden. E s fehlt nicht an schlechten sclavischen S eelen , die jeden solchen, in einer guten S tu n d e ge sagten E in fa ll, jedes freye W o rt über P fa ffcntyranney >«nd Fürstensirciche, jeden S p o tt über T h o rh eit, jeden S c h im p f, w om it er den paradierenden S chelm belegt, aufsam m i le n , bey S e ite an einen sichern O rt legen, und zu rechter Z e it, um des E iferers C h a, racter verdächtig zu machen, wieder herzuholen wissen. D ie A nzahl seiner Feinde verm ehrt sich, und alle seine V erdienste, seine ganze K lugheit w ird ihn nicht gegen die trau rig en F olgen schützen, welche dies nach sich ziehen w ird . M a n verschrcyet ihn a ls einen u n ru higen K o p f, a ls einen Lästerer — O ft h ätte ich ihm gern vorgelesen, w as E n g rn iu s zu Vorick sagte. Aber diese A rt Leute ist nicht in
zu bessern; Auch sind sie wahrlich von der Vorsehung zu Werkzeugen einer glücklichen Revolution auserschcn — S chade, daß sie m ehrenthrils das Opfer ihres redlichen Be» sirebens werden, und die Früchte ihrer Ar» b eit, große freye Grundsätze auszubreiten, nicht erleben. D er C ecretair Fränzel hat viel gute An« läge. W enn er nicht ganz ist, w as er seyn sollte; so schieben S ie die Schuld auf Rech» nnng seiner Erziehung und der durch schlech, ten Umgang erhaltenen Eindrücke. E r ist ein hübscher M a n n , gefiel früh den W eibern, wurde von ihnen geschmeichelt, fiel aber un# glücklicherweise ausschweifenden, wenig ge bildeten Frauen in die H ände; daher die Fri» v o litat, m it welcher er über alles hinaus» glitscht. E r liebt das V ergnügen, und hat nicht Festigkeit genug, sich irgend eines zu versagen. D a er für sich wenig Vermögen h a tte ; so mußte er sich, bis er dahin kam, wo er jetzt ist, um G önner bewerben, diesen Wey»
Weyrauch opfern, seinen Charactcr in manche Form zwangen, und nun ist dieser von der N a tu r
wahrhaftig m it herrlichen Talenten
ausgerüstete M an n ein unsichrer Freund, ein leerer schwacher M a n » geworden. D e r Hauptmann von H erdel,
der m it
Ih n e n an einem Tische speiset, ist nod) sehr jun g,
voll Lebhaftigkeit und gutes M u th s .
< £ tiii K o p f ist hell, sein H er; nicht ohne Ge» fü h l.
Aber schwerlich werden K ie ihn fest
an irgend etwas binden könne».
E r ist auf
brausend, heftig, ein beständiger Wetterhahn seiner stürmende» Leidenschaften.
E r hat nie
M an ge l gefühlt, sondern w ar das Lieblingssöhnchen seiner E ite rn , und daher hat sein Eharacter nicht die ;um geselligen Leben so nöthige Biegsamkeit angenommen. Bey allem Anschein der wärmsten Theilnehmung lebt er doch nur einzig für sich, und hat dabey hohe überspannte Begriffe von falscher Ehre, welche, nebst einer unbegranzk.» E itelkeit, allem die Triebfeder seiner Handlungen ist. Roma» IV . Th.
I
D er
igo D e r H ofrath T illm encr ist vielleicht einer der edelsten M enschen, von denjenigen neinlich, m it denen E ie leben, doch haben heim liche Leiden seinem Herzen einen gewissen A n strich von B itterkeit gegeben. Allein er mögt« eigentlich gern schlechter scheinen a ls er «st, oder er betrügt sich vielm ehr selbst; g laub t fü r die M enschen sey nun einm al nichts mehr zu th u n , sie seyen insgesam m t N a rre » oder Schelm e. Aber geben E ie ihm Gelegenheit einem arm en Gedrückten in der S tille zu dies n e n ; so w ird seine T em peram cntsgüte über seine G rundsätze siegen, «mb er w ird G u t und B lu t d aran w agen. W eil er aber arm ist; so h ang t er von einigen M enschen ab, nach deren T on er sich stimmen m ust; und da dieser nicht der beste ist; so sieht m an ihn fast nie selbstständig handeln. D ie s ist uin so mehr zu bedauern, a ls er würklich viel T h atk raft h a t, die itzt, so wie jedes würkr same B estreben, bey ihn» schlaft.
D en
D en herrlichen . . . kennen C ie a u s dem so allgemein beliebten» bewunderten W ,erke, d as er geschrieben hat. W elch' ein K opf! W elch' ein Reichthum vou Im a g in ä r tio n ! W elch' ein feines zartes G efühl! W elch' ein philosophischer B lick ! — Und dieser M a n n ist so fa u l, so schwer an die A rbeit zu b rin gen, so unordentlich, daß C ie S ic h g ar keinen D egriffdavon machen können. E s ist nicht P hlegm a bey ih m , sondern Ger lo o hn hcit, S orglosigkeit an sich selbst H and anzulegen, und sich von kleinen Cchwachheir len loszum achen. Ic h habe erlebt, daß er, der sehr vermögend ist, kein G eld h atte , und w irklich M ang el l i t t , b lo ß , wcil er sich nicht entschliessen konnte, an seinen Ger fchäftsm ann einen B rie f zu schreiben. E inen P o sttag nach dem andern versäum te e r , und ließ indessen lieber eine» J u d e n rufen, dem er seine Uhr versetzte, a ls daß er einen kurzen B rie f geschrieben hatte. E r hat in alle» wissenschaftlichen Fächer» mehr gelesen, a ls vielleicht irgend ein Mensch von seinen« A lter. I 2 M ögt«
IZ2 M ögte er nur mehr stk reiten! Aber wenn er auch etwas m einer guten Stunde a n fa n g t; so ln|,:t er es entweder aus Faulheit wieder liege», oder verlichrt das M anuskript unter dem
unendlichen
Chaos
von
schmutziger
Wasche, Büchern, Schriften und Kleidern. D er H err von A lthcim hat eine sehr eine geschrankte, falsche Erstehung genossen, welche denn auch seine vortrefliche Anlage gänzlich erstickt, fern von N a tu r warmes treues H erj erkaltet,
seinen K o p f verdunkelt hat.
Hje
und da seht man »och einen Blick von d i« sem Guten hervorschlmmern, aber es ist alles n ur Erscheinung. ist eigensinnig, melancholischen
E r steckt voll V orurtheile, an M üßiggang Temperaments,
immer in der E inbildung krank,
gewohnt, und
fast
welches
wegfallen w ürde, wen» er eine geschäftigere Lebensart wählte. Sehen C ie , mein Lieber! da habe» S ie ein kurzes B ild der mehrsten Personen, m it denen
7 33
denen S i c umgeh». I c h habe mir so i» Eil die (?ir»ud;ügc entworfen; I h r e eigene E r fahrung wird die P v rtraitte schon ausm alen helfen. 21 I r r cs ist wohl Z eit, daß ich diesen B r ie f schlieste; E r kann für drey gelten. D a gegen erwarten S i c in de» ersten acht bis zehn Wochen auch keinen wieder- Ic h werde bey dein 'Anfange unserer Eiet so schwerlich so viel M uße finden; C ie erhallen ja durch I h re» H errn V ater immer Nachricht von u ns. D e r junge H err von Hohenau ist wieder nach S ö ttin g en gegangen, woselbst er noch ein J a h r studieren, und dann die ihm zuge sicherten hessischen Civil- und Hostienstc in Castell antreten wird. Leben S i e , lieber guter M üller! recht wool und zufrieden. N iem and nii.it w ärm e ren Antheil an I h r e m Clücke, a ls 3 h r treu ergebener Freund Meye r.
I 3 [399]
Sechzehn«
--»«-1»!-—- *Kf- »«-afr-»»- ü;i -♦«- aei-»«-ae-»*->
Sechzehnter B r ie f . An den Freyherr» von Leidrhal in Urfstädt.
London - ^eheiil’c in Hannover den i2ton •^eptemVev 1771. ^ ^ i s d a h in , bester V a te r! sind w ir glück« lich gekommen, und es gefallt uns ganz gut hier.
W ir sind Alle sröhlig und guter
D in g e , unsern ehrlichen M eyer abgerechnet, der zuweilen Anfalle von Hypochondrie hat, so sehr er sich auch beeifert, ein heitres Ge sicht anzunehmen.
Doch hoffe ich. es soll
sich schon »ach «nd nach legen;
wenigstens
th u t der H err von Wcckel redlich das Ceintge dazu.
E r überrascht uns jeden Augenblick
m it höchst possierlichen E in fa lle n ,
pinselt
alles, was uns aufsiößt, m it bunten lusiir gen Farben a n , und hak uns unterwegcns in jedem
135
=
jedem W irth s h a u s c , w o w ir einkehrten, eine römische Scene gegeben.
V orgeste rn , sobald w ir ankam en, zogen w ir uns a n , und fuhren herum , unsre Ad« drcsse» abzugeben,
wobey w ir rin P a a r in
teressante Bekanntschaften machten. gendcr B r ie f des
D e ylie -
vortrcflichcn I . . .
an
S i c , ü theuerster V a te r ! w ird Ih n e n dar über mehr erzählen.
W ir
geniessen
den
w o h lth ä tig e n Umgang dieses großen M a n n e s in ganzer F ü lle . Ic h finde es täglich mehr bcstattigt, w a s S ie
uns über den Eharacter
sachsen gesagt haben.
der N ieder
Diese glücklichen P ro
vinzen von Teutschland haben weniger von der Ueberschwenimung der französischen Le bensart gelitte n . Festigkeit,
Es
E ig e n h e it,
herrscht hier mehr W ü rd e ,
M a n n h e it,
und doch zugleich mehr wahre E a n ftm u th und M ild e ,
a ls in den leichten Provinzen
3 4 ' dieser findet sich nicht. 1401]
»in
i3o
= =
am M a y n und R h ein . D e r Riedersachfe ist nicht tuvovfom mcnö gegen Frem de, er d rin g t sich nicht fv bcreitwtlktg a u f, wie der nach französischem M uster verschnittene R h ein län d er, Aber wenn er seinen M an n geprüft h at, und ihm dann einm al treuherzig die H an d schüttelt; so d a rf m an d arau f mehr zählen, a ls a u f tausend (E u ß ig fri'.n , die jener seinen fü n f und fünfzig Freunden täglich sagt» w o bey er nichts fü h lt, und die er für jeden, der ihm eine gute L tu n d c machen k ann , in B e reitschaft h a lt, so lange eo nicht an s thätige H ülse, au f irgend eine Aufopferung anköm m t. E s versteht sich w o h l, daß diese Anmerkun gen nickt allgem ein passen; d as w äre freylich h a r t; I m G anzen aber m uß jeder u nparthcyische Beobachter dieselben w ahr finden. H annover ist weder groß noch besonders schön gebauet, aber sehr bevölkert, und eS herrscht hier eine gewisse O pulenz, rin An seh» von W ohlstand. M ich dünkt die heute sehen Alle so a u s, a ls wenn sie ein gutes G e wissen
wissen h ä tte n , voll edlen S to lz e s wären, und sich zu keiner Niederträchtigteit herablassen könnten. E s sagte mir gestern jem and: cs frene i h n , daß doch nun der hiesige Adel anftenge zu reisen, sich m it fremden S i tt e n bekannter zu machen, und geschliffener zu werde» — „ U n d w a r u m « fragte ich „ fre u e t „ C i e d a s ? Glauben S i c , dasi derCharacter „dadurch gewinnen w ir d ? Lassen S i c immer „ den S chimpsauf ihren eandesleuten hängen, „ d a ß sic ihr schönes Geld am liebsten zu Haufe „ b e y ihre» Unterthanen verzehren, ihr i\Ucr>' „ liches G u t nicht bey den Ausländern vrtv „p rassen, nicht jedem durchreifenden Abeiu „ th e u r e r , der bey ihnen nichts z» suchen „ h a t te , mit einer Legion von Eoizzplinrcnten „entgegenfahren, noch ihn bitten ihr H a n s „ a l s das seinigr anzufehn, und ihre L e ib e r „ u n d Töchter zu verführen; W enn nur übri„ g e n s achte tmksche S i t t e und Redlichkeit „ i n ihrcn Herzen w o h n t" —
I 5 [403]
O er
D e r M a n n w ar im Grunde m it meiner M einung
einverstanden,
fügte
aber
doch
h inzu: cs sey ehemals diese Zurückhaltung gegen Fremde zuweilen übertrieben worden, und weniger die Folge einer soliden vorsichti« gen D enkungsart, a ls vielmehr eines Ahe nenstoljes und einer gewissen, den Englän dern abcopierten Verachtung alles dessen ge wesen,
was nicht a u f ihrem Grunde und
Boden gewachsen wäre. D ie l Merkwürdigkeiten sind hier nicht jn sehen, doch darum reisen w ir ja auch nicht. D a s Lustschloß Herrnhausen hat einen großen langweiligen -'-'arten, und ein sehr schlechtes, nicht einmal massiv gcbauetcs sch lo ß ,
in
welchem d>e antiken L üsten, die ein wenig durch
unvorsichtiges
Reinmachcn
gelitten
haben, (denn sic stehen im Orangcnehause, wo sie im W in te r von den Ausdünstungen angegriffen werden) das beste sind.
D ie
Wasserkünste sind eine S eltenheit; die große Fontaine springt ungeheuer hoch und dick, welches um so mehr zu verwundern seyn mag, da
da d a s G anze durch Kunst getrieben w ird, indem d as W asser gar reine» F all hat. D e s wegen ist es aber auch nicht möglich, sie ohne Z errü ttu n g der M aschiene.im m erfort sprin gen zu lassen — Doch ich verstehe davon n ic h ts, und überhaupt ist ein solches W erk n u r dem M echaniker w ichtig, macht aber a u f den F rem den, der ein D in g nach dem M aaß e des V ergnügens oder des würklrchen N u tzens, welchen es g ew ah rt, beurth eilt, we nig Eindruck. D ie königliche Bibliothek ist vorzüglich stark im historischen Fache, und an Leiliiipischcn M anuskripten. Ic h m ögt.' wissen, ob e s w ah r ist, w a s u n s einst H err M üller erzählte, daß m an unter dieses W eltw eisen P ap ieren einen Briefwechsel m it Jesuiten ge funden haben sollte, dar«n.i er sich anheischig gemacht, gegen eine S u m m e G eldes die T rans« substanliation, merudo mathcmatica zu be weisen. * D as * Wenn da- wahr wa're; f« hatte der vortrejliche S lauler in Ingolstadt eine» großen Vorgänger gehabt.
D a s Haus, in welchem diese Büchersammhing zugleich m it dem Archive ist, sodann ein T he il des Schlosses nebst dem Opernhause, die M arstalle,
das Buschische H a u s ,
und
einige andre sind die vornehmsten Gebäude. D ie Egidien-Neustadt ist der schönste,
obt
gleich minder bevölkerte Theil der S ta d t, aber die Häuser sind mehrentheils leicht und nicht ganz von Steinen gebauet. M a n sieht eine Menge schöner Equipagen, und viel schön gekleidete Lakayen, wovon die Straßen stets voll sind; w ohnt,
denn man ist gw
sehr viel Visiten zu machen,
und
selbst die H errn M in ister haben täglich des M orgens eine A rt von Cour,
statt daß an
jedem andern Orte sich ei» m it wichtigen Ge schäften beladener M a n n sehr wundern würde, wenn man ih m , ohne etwas m it ihm zu reden zu haben, des M orgens beschwerlich fiele. H ier aber w ird dies als eine jum Wohlstand nöthige Cache angesehn.
Der
D e r A ufw and in K leidern ist nicht flroß; besonders w ird w enig an F litterstaat gewenr d e t, aber w a s m an k au ft, d as ist theuer, fein und h altb ar. An der Landes - R egierungsverfassung w ird uicht viel gekünstelt — Vielleicht um desto besser! Alles geht seinen nicht w illknhr, lichen, einm al festgesetzten G an g. C inlander h aben , wie billig, den ersten Anspruch a u f V e rso rg u n g , und die D ienerschaft ist reich lich bezahlt. Uebcrmorgcn gehn w ir über H ildesheim nach B raunschw eig, und dieser B rie f reiset m it. B iS dahin empfehle ich mich I h r e r väterlichen G nade. C a rl. Braunschweig den i fiten Abends.
N u n ergreife ich die F ed er, mein bester gnädiger H err! um I h n e n w eiter von unS Nachricht zu geben. D«e
D ie Gegend um H annover ist ziemlich reizend; E s sind auch viel adcliche G ü ter in der N ähe. U ebcrhanpt giebt cs, wie bekannt, w enig teutsche P ro v in ze n , in welchen der Adel so einträgliche G u ter h a t, a ls im H a n noverschen. H ildeshkim ist ein bischöflicher S itz , d a s h e iß t: alle S tra ß e n dieses frnstern häßlichen O r ts w im m eln von B e lle rn , indeß sich ein H eer m üßiger Pfaffen zur E hre G o tte s m ästet — W ir eilten w eiter — B raunschw eig ist g ro ß , w a r einst eine glänzende, reiche S t a d t , ist aber setzt ausser der Messe äusserst tob. Obgleich es so nahe an dem hannöverschen Lande lie g t, «nd ehe m a ls ein S tü ck desselben au sm achte; so herrscht doch schon einige Verschiedenheit im C haracter und in den S itte n beyder S tä m m e . D a sieht m a n , welchen großen E influß die R egicrungsverfassung h at. D azu kömmt noch d a ß , w a s die S t a d t selbst betrifft, H andcl-
14 3 Handelschaft und H ofsitte» (u n d dieser H o f w a r einst sehr p rä c h tig ) dem ganzen V olke eine W endung gegeben haben, w ovon man in H annover keine S p u r findet. Ic h bekenne es,
ohngeachtct dieser großem Geschliffen-
h e it,
mvgte ich doch lieber d o rt a ls hier
w ohnen, wenn ich einen dieser O erter w ä h len müßte. W i r haben hier Gelehrte und schöne G e i ster aufgesucht, auch einige schätzbare M e n schen kennen gelernt.
D ie jungen H e rrn sind
sehr v e rg n ü g t, und iiehen mich den ganzen T a g durch alle Gassen.
M o rg e n sehen w ir
die Lustschlösser und W o lfe n b ü ttc l. D e r H e rr von Hohenau hat an seine Char lo tte geschrieben; Ic h bin so frey den B r ie f hier einzulegen.
E s w ird w ohl viel verlieb
ter Unsinn d a rin n stehen. daß ich ih n nicht
zu lesen
W » : glücklich,
brauche!
G e rn .
G e rn , bester H e r r ! mögt« ich I h n e n e tw a s so recht a u s meinem Herzen sagen, aber ich weiß nicht wie es kom m t, daß ich so w enig aufgelegt bin. Und dazu machen m ir die Reisegefährte» den K o pf so w arm . D e r E ine lacht über a lle s, der Andre schmelzt a u s Em pfindsam keit, und der junge W allitz w undert sich über a lle s, ihm ist alles n e u , er findet alles schön, und aller Orken so viel vortrefliche M enschen — Ic h mögte zuw ei, len a u s der H a u t fahre» — D o ch , w arum sollte ich I h n e n , mein theuerster H err! m it m einem S p lee n zur Last fallen ? — Ic h küsse I h n e n ehrerbiethigst die H ände. M r y e r.
Zelle den rrsten. D ieser B rie f soll Von hier fortgeschickt w erden, und die hochanschnliche Gesellschaft trä g t m ir au f den Rest desselben m it der E rläh lu ng unsrer w eitern Reise anzufüllen. In d e m
In d e m ich nun lese, w a s meine V o rg än ger geschrieben haben, um mich in ihren schleppenden Reisebeschreiberston hinemzuar« b eiten; finde ich da zu m einer B efrem dung des gelbsüchtigen Erzfeindes M ey ers hämische K lagen über u n s , tic w ir w ahrlich in unserm kleinen F in g er mehr V erstand haben (ich nehme den verliebten H errn B räu tig am a n s ) a ls der G rillenfäng er in seinem ganzen K ör per M it so einem M enschen soll m an n u n leb en , der nichts a rtig finden w ill, nicht einm al meinen W itz — N e in ! d as ist h a rt, d as ist nicht auszuhalten. A u f dem höchst angenehm en W ege von B raunschw eig nach M o lfen b ü tte l, zwischen G arten h ä u se rn , Lustschlössern und aum uthigen W äldern schlief er ruhig e in ; A ls w ir nach W olfenbüttel kam en, rief er a u s : „ M e in G o tt! I s t d as eine S t a d t , eine ehe„ m alige Residenz? E s wachst ja G ra s a u f „d en S tra ß e n . M a n sieht keinen M enschen. „ A m hellen M ittag e m eint m a n , die Leute Roman IV. Th. K lägen
„ lägen alle zu Hause in ihren B e tte n ."
D ie
herrliche Bibliothek nannte er einen unnützen, vergrabenen Schatz.
D ie erste freundliche
M ie n e a u f der ganzen Reise machte e r , als er Lessingen sah.
Doch w a r , w as er auch
tu ihm sprach, alles bizarr und verschroben. E r behauptete unter andern, w ir kämen in reellen Kenntnissen gar nicht w e ite r, drchetcn uns immer in dem Circul alter aufgewärmter Id e e n herum ,
und daran wäre das Bücher«
schreiben Schuld.
D a brächte ein jeder seine
E in fälle zu P a p ie re , C o u rs,
gäbe diesem Papiere
und verewige dadurch seine Privat«
Meinungen.
D ie Nachkommenschaft werde
dann von Jugend a u f gewöhnt nur das schon Gedachte,
als
durchzulesen,
currante W a a re
Geltende,
ihre Gedankcnreyhe nach die«
fern Muster zu knüpfen, und so gicnge keiner «inen neuen W eg. um
einmal
eine
M a n sollte,
meinte er,
Hauptrevolution in den
menschlichen Erkenntnissen zu machen,
alle
Bibliotheken, groß und klein verbrenileu, so w ie Alexander der Große, um seiner Armee alle
alle Hofnung zu benehmen zurückzugehn, die ganze Gegend hinter sich und die sämtliche Bagage verwüsten und zertrümmern ließ. Dergleichen Einfalle brachte unser Hypo, chondrischt Freund in Menge v o r,
und a ls
w ir a u f der Reise von Wolsenbüttel hierher nach Zelle durch die lange öde Heide kamen, da hätten S ic ihn über die N a tu r schimpfen hören sdllen.
Indessen muß »ch ihm die Ges
rechtigkeit wicdcrfahre» lasse»,
daß er sich
hier noch so leidlich betragt — Aber der H err von W allitz bittet mich aufzuhören.
E r w ill doch auch gern ein
P a ar Zeilen zu diesem allgemeinen R apport seyen.
Leben S ie also w o h l,
treflichcr Freund.'
lieber, vor-
Ic h werde Ih n e n nach,
stens einzeln schreiben.
Weckel.
K r [413]
Ver,
Verehrungsw ürdigster, theuerster Wohl« th ä te r!
Noch habe ich keine unangenehme
M in u te gehabt, seitdem w ir in Urfsiädt in die Kutsche stiegen.
£>'. welch' ein Vergnü«
gen ist doch das Reisen! Und wie viel lerne ich jeden Augenblick; N icht n u r, da ich viel neue Gegenstände, viel Menschen sehe, son dern auch indem dadurch die Gelegenheit ent steht, über unzählige D inge und a u f so ver schiedene A r t zu raisonnieren und raisonnie ren zu hören. Zelle ist ein gar allerliebster freundlicher, obgleich nicht großer O rt.
D ie Vorstädte
machen den angenehmsten Theil davon a u s ; Auch wohnen darinn die angesehensten Leute. D ie hiesige Lebensart ist so ungezwungen, der Ton in Gesellschaften so zutraulich' D e r Umgang hat durch die Verwandtschaft der ehemaligen Herzoge von Zelle m itfranzösi schcn Häusern,
durch die hierher gezogenen H u
genotten und durch den Krieg grade so viel von
143
= von
fM ttjtfisc&cr Leichtigkeit angenommen,
a ls nöthig
ist,
die glückliche M ittclsiraße
zwischen S teifigkeit «nb F riv o litä t zu Hali ten — Eine herrliche P o litu r , die dem Ge, präge nichts benommen hat. Dazu
kö m m t,
dast
die versclffcdencn
S tände sich nicht absondern. angenehme,
Jeder sittliche,
sichre und verständige Gesell,
fchasrer (hä tte er auch gar keine Ahnen) ist in Zelle in den ersten (S trah l willkommen, da hingegen in Hannover das D in g ganz anders beschaffen ist. M a n fangt a n , hier so wie bey Hannover, G ärten im englischen Geschmacke anzulegen. W ir haben diesen M orgen eine öffentliche Anstalt gesehen, wobey freylich ein gefühl, volles Herz lebhaftes M itle ide n empfinden m uß , w orinn w ir aber doch zugleich d ieO rd, nung der Aufsicht, den Kostenaufwand, und -ie Reinlichkeit bewundert haben; Ic h meine K 3 [415]
das
das Zucht- und Tollhaus. Sollte ick etwas daran aussetzen; so wäre cs. m r tiricnncn Unglücklichen, welche Zerbrechen yalbci tnv selbst eingesperrt fmo, trenn sic tm i Vermö gen babe». >: t den e- chwoelien, Veeruckten in dem nemiichei« Ziiuin.r sitze», de» nmv'it Tag Unsinn v6rm in ü jin i, und dadurch zu letzt auch in Gefahr gesetzt werten, den Ver stand zu verliehren. Ferner dnntk es Mich, baß einige Personen, die w ärilia. »,cht ganz, oder nicht immer, sondern nur bey MondswailLelungeu roll sind. zu eng- eingesperrt werden, wodurch ihr Gemüth beängstigt, ihre Krankheit wird.
vermehrt
und
unheilbar
Uebermorgen reifen w ir weiter, und den» ken den 26irrn in Göttmgcn zu seyn. Ic h verharre biethung,
m it
dankbarster Ehrer
3 h r gehorsamster Pstegesohn W a lliß .
Siebe n-
I 5I As ^ rk ' V Ai
7-kr K- 7+Ä
Ai
As
Si c bcnzehnter B r i e f . An das Fraulein Caroline von Wilmar. . . . . . den rosten Seprember 1771.
erwarteten wohl nicht, meine liebe Freundinn! als ich Ih n en neulich einen Theil meiner Schicksale erzählte, ich würde Ih n e n bald melden können, daß ich den M a n n , der einst der Gegenstand meiner ersten Liebe w ar, von Angesicht zu Angesicht gesehen habe — Und doch ist dies heute der F all. Aber fürchten C ie desfalls nichts für meine R uhe! Freylich habe ich nicht ohne Gemüthsbewegung einen Menschen erblicken können, der m ir ehemals so nahe am Herzen lag. W er auch nicht scharfsichtiger Beobach ter gewesen w äre, der müßte doch meine B e stürzung, meine V erlegenheit, den Ausdruck von tausend Empfindungen, die sich alle a u f K4 mich [417]
i*a
-------
mich z n d ran g ten , a u f m einem Gesichte geles fen Halen. U rtheilen S i e d ah er, ob dies a lle s m einem redlichen G a tte n verborgen bleiben konnte. L s w a r m ein G lü ck, daß dieser erschüt ternde A u ftritt mich nicht in einem gesell schaftlichen C ircu l, sondern a u f einem S p a ziergänge bey U rfsiadt überraschte. W ie H err M eyer d ahin k öm m t, d a s w eiß ich noch n ich t; N u r feen l habe ich erfa h re n , daß er sich seit einiger Zeit bey dem B a r o n Leidthal aufgehalten h a t , und w enige T ag e nach dem sonderbaren Z ufalle, der «hu v o r m eine Augen b rachte, m it ein P a a r ju n , gen H errn a u f R eisen gegangen ist. D och auch ohne diesen U m stand, der ihn w ieder v on hier e n tfe rn t, w ü rde m ir in der F olge nicht bange fü r m eine G em üchsruhe seyn. I c h habe mich sorgfältig geprüft, und glaube mich stark g e n u g , täglich m it ihm um gehn zu können, ohne daß je ein G efü hl von wie# dcrerw achcnder Liebe tn m ir aufkeim en w ürde. Auch w a r mein sonst so ängstlicher M a n n so voll
*53
=
v o ll «bleu Z u tra u e n s, daß er m ir nicht die geringste Unruhe gezeigt hat.
E in Blick a u f
ihn und meine Tochter würde mich zur V e r«»»st zurückrufen, wenn ich mich je verges sen könnte.
Ader ich bin auch jetzt ganz an
ders gestimmt, und würde in meinem Um gänge
die
gehörige Vorsicht
zu
nehmen
wissen. Unterdessen wäre ich doch neugierig zu erfahren, ob er t u t * nuedergekannt h a t; Ic h glaube es nicht. ein
Weibergesiebt
Zeh» Jahre können schon verändern.
W e r weiß,
wenn ich cim tutl das Glück hätte E t c , F n l'.u d ln n !
wieder zu umarm en,
beste
ob auch
S ie mich dann noch kennen würden. Seyen S ic aber überzeugt,
daß wenn
auch Ltc Zeit meine Züge verändert, dieselbe doch keinen Wechsel hervorgebracht hat in dem Herzen Ihrer Ihnen treu ergebenen Freundinn W ilhelm ine. K 5 [419]
Acht-
«jt
«ft
w
H *"*-* »|»
Achtzehnter B r ie f . A n den H e rrn E ta tsra th M ü lle r in Coppenhagen.
Urfstädl den ioten Dekoder 1771. schicke Ih n e n , mein lieber Freund! ^
hier einen B rie f unsres muntren WeckclS
an E ie * , hat.
bin er m ir offen eingeschlossen
Von dem guten Meyer habe ich nur
wenige Zeilen aus Göttingen erhalten, die (der Himmel weiß, w aru m ? ) voll böser Laune sind. sagt:
E r schilt alle Universitäten,
es seyen gelehrte Findrlhauscr,
wo
manches Genie, dnrch Verwahrlosung und Mangel an guter Nahrung ( indem man ihm nur
aufgewärmte
ermordet würde.
Wassersuppen
reichte)
Wenn er ein großer Herr
wäre, meint er, so würde er alle diese W eis, heits-
* de» f lu t e n neunikhnten.
hcitsinnungen, diese öffentlichen Anstalten verwüsten, würde die Gelehrten b itten , in den C labten sich niederzulassen, und ihnen, ohne Dienste von denselben zu fordern, b tt qutiucn Unterhalt reichen.
I h m wäre «16#
dann nicht bange, ob ein solcher M a n n Licht um sich her verbreiten und junge Zöglinge bilden würde.
D a hatten nxr die Einrich#
tung der alten philo>ophischen Schulen, denen w ir alle unsre Ixn a n öie:'.»rn>sse zu danken hätten, in welchen jeder seinen eigenen küh# n t« Gang gehen, Pedant,
sondern
wo nicht der graduirte d a-
schöpferische Genie
Epoche machen würde. C ie sind den rüsten Abends nach Göttin# gen gekommen, und haben den jungen Hun# deftld,
m itten unter B üchern, gesund und
vergnügt gefunden. Ic h schreibe diese Zeilen in E il, w eil ich Besuch erwarte. E s gehe Ih n e n w o h l, lieber F re u n d ! Denken S ie zuweilen an Ih re n
Lcidthal. Neun#
r;6
Neunzeh nter Brief. ( in dem »origen eingeschlossen.)
An den Herrn Etarsrath Müller in Coppcnhagcn.
Zelle den rgstei» September Abends. ^ c h w ill diesen B r ie f an S ie noch hier in Zelle anfangen,
und denke daran so
fortzuschreiben, bis ich nach F ra n kfurt komme. Heute waren w ir in einem Privatconcerte, und ich habe gefunden, Musicliebhaberey herrscht.
daß hier recht viel S ie wissen, daß
ich schon sehr vo rth cilh a ft von den m ildern S itte n einer S ta d t urtheile, in welcher man Geschmack an Tonkunst findet.
D a schleiche
ich gewöhnlich, wenn ich an einen fremde« O r t komme,
de- Abends durch die Gassen,
und horche,
ob in den Häusern gespielt und gesun»
gesungen w ir d ,
höre was fü r Melodien das
gemeine V o lk , welches m ir begegnet, trille rt oder p fe ift,
und wenn ich merke, daß H a r
monie in einer solchen E ta d t w o h n t; so lege ich mich ruhig in das B e tte , ohne m einZ im mer zu verschließen. In
Hannover schien m ir der Geschmack
in der M usic steifer a ls hier.
D a s dortige
königliche Orchestre ist aber dennoch m it eini gen guten S pielern besetzt, und diese werden gut besoldet.
N u r hat es mich gewundert zu
hören, daß die Größe des Gehalts sich nicht nach dem größer« Talente, sondern nach der Anciennitat richtet.
M a n hat m ir erzählt,
(ic h stehe nicht fü r die W ahrheit der Sache) daß der Aeltcste unter den Hofmusikern allzeit die stärkste Gage bekäme, wäre er auch nur rin leidlicher Bratschcnspieler, da indeß der unentbehrlichere aber jüngere erste V io lin is t sich vielleicht nur halb so hoch steht. M orgen reisen w ir fo rt — G o tt befoh len , H err E ta tö ra th !
Göllm-
(Böttingen in der frone, den ag(lett.
Noch ein P aar Zeilen, ehe ich fortreife, denn ich bin im Begriff mich auf einige Zeit von meiner Gesellschaft zu trennen. W ir gehen jwar morgen zusammen nach Cassell; da aber die andern hohen Herrschaften sich daselbst einige Tage aufhalten werden, ich aber einen alten Freund ohnweit Herßfeld besuchen will; so fahre ich weiter, und werde erst wieder in Frantfurt zu ihnen stoßen. Herßfeld den;osten Uuttags. Ich bin in Hessen — J a ! meine Rippen fühlen es — Schöne Wege — Berge über Berge — ftöhlige Armuth— Entvölkerung— schmutzige Wirthshäuser — schlechte Kost — langsame Postanstalten — Korruption de6 Landvolks, welche die Soldaten aus der Re, stdenz bringen — liebäugelnde Mädgen — elende Müsse — ja! ich bin in Hessen — Mein Postillon pfiff den ganzen Weg durch eine jämmerliche Polonaise — Ich hätte
hatte to ll werden mögen —
A ls ich mich
aber m it ihm in ein Gespräch einließ,
da
erzählte er m ir allerley seltsame M ärchen; Unter andern versicherte er m ich, es habe chn ein Zigeuner fest gegen S tich und Schuß gemacht — M u ß ich nicht schon wieder a u f die Pferde w arte n! — In d e m ich so im Zimmer umher suche, finde ich eine gedruckte Nachricht von den Geschenken, die im vorigen Jahre an das hiesige Waisenhaus eingeschickt worden sind. D a steht zum Beyspiel: es habe Einer einen Kalbsbraten geschenkt, und sich dagegen vor« behalten, man solle G o tt um Gesundheit fü r ihn bitten — W ie doch jedermann hier in Hessen so feh lerhaft schreibt!
H ie r liegt eine gedruckte
V erordnung, in welcher a u f einer S eite vier Fehler gegen dir Rechtschreibung sind.
Ich
i6 o Ic h habe die von den galanten Franzosen verwüstete Stiftskirche besehen. da« herrliche Gebäude!
Schade um
D e r große Bogen
des hohen A ltars steht noch majestätisch, in dem edelsten S t y l gcbauet,
m it den beyden
Nebenporralen da —
Endlich kommen die Pferde — F o rt von hier! — . . . . . . den -een Oktober 1771 M orgens.
Ic h habe seit vorgestern manche vergnügte S tunde bey meinem alten Freunde zugebracht. E r hat den letzten Krieg mitgemacht,
und
darinn den R uhm eines herzhaften, redlichen M anneS erworben. so fü r
D a ihn der Fürst nicht
ferne Dienste belohnte,
als er
rS
erwarten konnte; so nahm er seinen Abschied, lebt nun a u f seinem Eigenthum e, wo er von jedermann geliebt ist, und würkt so viel G u , tes als er kann.
E r ist von gar milder»
edler G em üthsart, ein warm er Freund aller redlichen Menschen, gastfreundschaftlich, (w ie
rS
i6i es denn überhaupt der hessische Adel ist) w ohlthätig und dienstfertig. C r hat kürilich ein kleines liebes W eib, die Tochter au s ciner benachbarten F am ilie, gehcyrathet, m it welcher er herzlich lebt. C ie ist so edel und gut als er, und h a t, obgleich ganz au f dem Lande erzogen, einen sehr cultivirten, feinen Verstand. Beyde lesen fleißig zusam men die besten neuern Schriften, und brin, gen so ihr Leben heiter und nützlich für sich und Andre hin — E s thut m ir wehe, daß ich mich von diesen guten Menschen trennen muß — Hungen den 4ten Abends.
Ic h habe glücklicherweise einen angench, men Reisegefährten, den sächsischen M ajor von Eterkfeld gefunden, der m it mir biS Frankfurt gehn wird. W ir sitzen hier im W irthshause, und erzählen uns allerley. Jetzt da er eben ein P a a r Briefe schreiben muß, w ill auch ich, biS unser Abendessen kömmt, rin wenig m it Ih n e n plaudern. Rom an
iv. Th.
e
Ich
16a Ich habe ohnehin nichts zu lesen bey mir. D er W irth, den ich bath mir ein Buch zu leyhea, brachte mir einige gottselige Gedan, ken bey Hinrichtung eines Räubers. ES war nemlich die Bekehrungsgc schichte eines Delinquenten. Herr Walther Echandy meint, es sey im Grunde einerley, wie cm Schurke stürbe, und er hat wohl nicht Un# recht. Ich halte auch nicht viel auf Bekeh# rungen von der A rt, wenn das Messer an der Kehl« sitzt. Thaten können nur durch Thaten ersetzt werden, und Eine Stunde kann nicht das erwiesene Unrecht von vierzig Jahren vergüten. D as wäre eine schöne Gerechtigkeit und ein herrlicher, bequemer Schlupfwinkel für den Bösewicht. Wenn mein Sohn auf Universitäten w ill; so muß er auf Schulen fleißig gewesen seyn. Ich lasse rS gelten, daß er aufrichtigst bedaure, feine Zeit schlecht angewendet zu haben, aber was hilft mir das? E r ist zu keinem höher« Unterrichte qualificiert, und kann, so sehr ich ihn auch liebe und beklage, doch ohnmöglich
möglich verlangen, daß ich ihn Philosophie lehre, wenn er noch nicht lesen kann. W e il w ir eben von Schulen reden;
so
muß ich Ih n e n doch etwas erzählen, das m ir der M a jo r von Sterkfeld beschrieben hat. I n der Reichssladt . . . herrscht
bekanntlich
wenig Sorge fü r die Erziehung der Jugend. Lustbarkeiten
und Gewinnsucht lassen den
E lte rn nicht so viel Zeit ü b rig , zu denken.
um daran
D ie ansehnlichste Schule hält ein
gewisser H err Eycrmann.
I n derselben wer«
den dreyhundert Knaben zusammengearbeitet. G ern nähme der liebe M a n n auch tausend a u f, wenn es möglich w äre, sie in das Zim mer zu stopfen,
denn dies Zimmer ist so
kle in , daß die Kinder ihre Arme kaum von dem Leibe bringen können.
Bey dem E in
tritte muß ein jeder seinen H u t hergeben, welcher m it den übrigen zu einer großen P y ramide aufgethürmt w ird .
Diese Pyramide
w ir ft der H err Präccproc, nach Endigung der S tu n d e , m it dem Fuße u m , L »
und dann stürzen
( liir jm alle Knaben über den Haufen her, und suchen ih r Eigenthum heraus, wobey es nicht selten Stöße und Schläge giebt.
D ie
entsetzlichen Ausdünstungen der also finge* Pröpsten K inder machen denn fast in jeder S tund« de« Einen oder Andern ohnmächtig; E r w ird sodann in die Höhe gehoben,
und
w andert auS einer Hand in die andre bis $tt der T h ü r,
wo e r, w eil er nicht zu seinen
H u t hat kommen können,
m it dem Angst,
schweisse a u f der S t ir n ,
im bloßen Kopfe
sich der Luft aussetzen muß.
Auch verliehet
jeder J u n g e , der vier Wochen diese M ö rd e r, grübe besucht, seine gesunde Farbe. M u tte r ,
Eine
welche einen vernünftigen M a n n
um R ath fra g te , ob ste ihre Söhne $u den H e r r il Eyermann schicken sollte»
und von
ih m erfuhr, wie es dort hergeht, entschloß sich die Probe m it einem weniger geliebten Kinde z» machen.
W enn dieses seine rothen
Backen verlöhre, meinte sie, dann w ollte sie die übrigen nicht hingehen lassen. M it
M it dem Unterrichte geht es in dieser Schule folgendergestalt zu: Er lehrt die Knaben, wie Papagaitn, Dinge auswendig lernen, womit sie bey ihren Eltern, zur Ehre des gelehrten Unterrichters paradieren, aber wobey sie nichts denken können. Diese Kenntnisse werden ihnen vermittelst einer großen Peitsche beygebracht, welche Herr Eyermann so zu dirigieren weiß, daß er jeden auch noch so entfernten Schüler auf den rechte» Fleck trifft. Di« Belohnungen aber bestehen in Anweisungen an die Eltern, zum Beyspiel: dem Knabe» Georg N. N. für sei nen bezeigten Fleiß heute vier gute Groschen za bezahlen. S o wird dann daS ganze Ressort zu edler Anstrengung — Furcht und Gewinnsucht; die Peitsche und das Geld — Wie gefallt Ihnen das Bild dieses Philanthropins? R un muß ich Ihnen aber auch eine lustig« Geschichte liefern, die der M ajor selbst mit angesehen hat. An dem Hofe zu . . . speiL3 s'teir
fettn rin P a a r Ofsiciere, welche in der Nach» barschafk auf dem Lande in Q uartier liegen. E ie aßen ihre gute P ortio n von allem w as ihnen angebothen w urde, hatten aber nicht das H e r ;, etw as zu trinken zu fordern. Nach der Tafel wurde lauhw arm es Wasser zum M undausspülen herumgegeben, und tum glaubten die guten M ä n n e r, welchen diese Gew ohnheit unbekannt w ar» das Wasser austrinken zu müssen. C ie schluckten es also nieder, wurden elend, mußten sich au« genblicklich entfernen, und alles von sich geben. S ie sagten hernach: m an habe sie sehr gut bew irthet; N u r die Gewohnheit kei« m n W ein sondern w arm es Wasser zu trinken, könne ihr M agen nicht ausstehen — D a kömmt unser Abendbrod! Ic h bin froh, daß doch hier kein Franzw rin herrscht. S o n d erb ar! I n ganz Niedersachsen wird fast lauter Franzw ein getrunken, ein W ein, der, so wie er da ist, gar nicht wachst. I n B rem en sind die B rauhäuser, w orinn er vor aller
=
i6?
aller Menschen Augen gemacht wird. Jeder, mann weiß das, und doch trinkt man dies elende erhitzende Zeug, und die Polliccy leidet cs. Nun wollen wir speisen. Das Zimmer, darinn wir sitzen, ist ganj hübsch. An den Wanden hangen Monumente fürstlicher Hel, dcnthatcn. Es sind Bilder von Hirschen und Rehen, darunter immer geschrieben steht: „ den -osten............ haben Ihre Hochfürstl. „Durchl- diesen ansehnlichen edlen Hirsch „Nro. i. geschossen" u. s. f. — Gute Nacht! — Zrankfurt am VHapit, im Gasthose zum römische» Laiscr, den;ten Gclobcr.
Ich komme eben an, und finde einen Brief von Meyer, darinn er mir meldet, sie wür, den morgen hier eintreffen — Die Post geht ab; es ist über fünf Uhr — He! Keller! Licht — Leben Sie wohl, ehrlicher guter Frennd! Meckel. L4
Zwan,
i6z
Zwanzigster Brief. A n den Herrn von Hohenau in Frankfurt am M a yn .
.............. den sten O ktober 1771.
^aum
bin ich drey Stunden in dem Besitze
Ih r e r zuletzt an mich geschriebenen Zeis len» und schon schreibe ich wieder an E ie , theuerster, bester Freund meiner Seele! Ach' es ist die einzige Beschäftigung, der ich mich so von ganzem Herzen überlasse.
Seitdem
E ie aus meinen Armen gerissen sind, gcniesse ich keinen frohen Augenblick, ausser wenn ich entweder Ih r e Briefe erhalte, oder durch ein zärtliches Stelengespräch mich an Ih r e S eite h in versetze —
Und voch ist auch keine dieser
Freuden ganz la u te r, ganz vollkommen. I h r letztes B la tt — d a rf ich es sagen, daß meine Zärtlichkeit nicht davon zufrieden ist?
— S ie
S ie schreiben so fu rj, so eilfertig, und die kiebe macht so besorgt, so ängstlich — Ach C a rl! W enn Cie Ih re Charlotte vergessen könnten — Wenn neue Gegenstände fähig w ären, Eindruck auf das Her; tu machen, an dessen ganzen einzigen Besitz die Ruhe mei, ncs Lebens unauflöslich geknüpft ist — D ergieb, Geliebter! vergieb den bangen Zweifeln Deines M ädgcns — Ich setze kein M istrauen in Deine Redlichkeit, in Deine Treue — N ein! gewiß nicht! Aber wie, wenn unvermerkt mein B ild , das D u in D ein Herz aufnahmst, zu verlöschen anfiengc, wenn meine Züge sich mit andern vermisch ten , von irgend einer jener artigen Frauen, welche D u auf Deiner Reise kennen lerntest, und die D u mir mit so viel W ärme lobst?— Ich bin heute ausserordentlich zur Schw er, muth gestimmt — M einer Einbildungskraft drängen sich immer neue Bilder der Traurig, keil und des Jam m erS vor — W enn ich i 5 denke.
denke,
daß noch so manche? Tag langsam
dahtnschlcichrn w ir d , bis ju den Augenblick unsres frohen Wiedersehens; daß mein Ge liebter so manchem Unfälle ausgesetzt ist; daß jede Stunde mich weiter von ihm entfernt — W o kann ich da Trost, wo Beruhigung fin den , als in Deinen Briefen?
O!
schreiben S ie bald wieder an Ih r e
C harlotte, mein Bester!
Um
unsrer Liehe
w ille n , thun S ie e s N o c h muß ich S ie bit te n ,
Ih r e n
nächsten B r ie f nach . . .
ju
richten; Ic h gehe a u f dringende Einladung in einigen Tagen zu der F ra u von Weekel. Diese gütige Freundinn glaubt, daß einige Zerstreuung seyn mögte.
meiner
Gesundheit
zuträglich
W ir wollen die Klagen über
die Abwesenheit unsrer Freunde vereinigen, und
das
w ird
vielleicht
meine
Seele
erleichtern.
Unsre E ltern sind jetzt leidlich wohl. Don
=
I?I
V o n meinem Bruder habe ich gestern einen B r ie f erhalten. E r ist» da nunmehr Camera!» Wissenschaften sein Hauptstudium seyn m uf, fvn,
den 28|ten voriges M o n a ts a u f den
H a r; gegangey, wo e r, um einige Id ee vom Bergwesen zu bekommen,
ein halbes J a h r
bleiben w ird . E s gefallt ihm sehr wohl dort. D ie ersten Tage besähe er nur den Unterharz,
und w ar
über Nordheim nach Seesen gereiset, wo er einen Freund h a t, einen treflichen muntren M a n n , der, glaube ich, dort old gorftmei# flec steht. Seesen macht ein kleines Stadtgen aus, in
welchem einige
wackre Leute wohnen,
welche ganz gesellig, theils unter sich, theils m it der Nachbarschaft leben.
V on da gieng
er a u f einige Stunden nach Gandersheim, wo ein kleiner H o f der Aebtissinn (v o m her, zoglich,braunschweigischen Hause) ist.
D ie ,
ser O rt gefiel ihm nicht sehr. E r hat auch die alte
alte grämliche Reichsstadt G o sla r m it ihren verfallenen schwarzen M auern gesehen. Jetzt ist er in Zellerfeld, einer S ta d t die m it C la u s th a l, wo so viel ich weiß die chur» fürstliche D ire ction ist,
(denn die beyden
braunschweig * lüneburgischen Hauser haben beyde Antheil am Harze) beynahe zusammen» hängt. H ie r kann er nicht genug beschreiben, w ie gesellig die Leute leben; welche herrliche, w ild e , romantische Gegenden er täglich sicht; w«e der ehrwürdige Tannenwald so majestä, tische, malerische Scenen darbiethet; wie freundlich das gemeine V o lk , leute sind.
und
die Berg»
S ie stellte sich an das Fenster»
„ w o llte sehen,
ob nicht bald die Thränen
„d e s H im m e ls die gepreßte N a tu r erleichtern „w ü rd e n
—
D er Reifende fürchtete vom
„R e g e n überfallen zu werden; E r kam in „d e n Klosterhof gefahren, und dachte: hier „d ü rfe er um Erlaubniß bitten einStündgen „u n te r Dach zu gehen, denn er w ar ein gar „g u te r M a n n , der, wenngleich er im Wa« „g e n trocken faß, doch nicht gern das arme „ V ie h
leiden sehen könnte.
D ie
Nonne
„ w ollte vom Fenster zurücktreten; sie wogte „keine fremde Gesichter sehen —
Aber der
„R eifende stieg geschwind aus — Ach! und „w e lch ' ein Anblick! es w ar der Freund ihrer „ J u g e n d , den sie so lange betrauert hatte — „ D a s arme M ädzen!
S ie hat feit dieser
„S tu n d e ihre Augen nicht wieder aufgehoi „d e n ; S ie glaubte, sic könnte nicht mehr so „ andächtig bethen — Aber der liebe V ater M 4 [449]
„u n d
„ und Schöpfer bet Menschenkinder erbarmte
„sichih re r,
und eiferte nicht, wenn W ehr
„m u tt) die Heiterkeit, m it der sie vor ihn trc* „ te n sollte, umwölkte — Jetzt hat sie den „T ro s t gefunden, nach welchem sie so lange „schmachtete" — „ S i e jehrte nach und nach a u s , w a r vo ll „ in n ig e r M elancholie, klagte aber nie, w a r „a u ch
niemand zur Last,
sondern
„jederm ann freundlich nnd liebreich.
gegen Co
„ste h t sie nun vor G o tt, und hat ihrem B r u , „ d e r langst verziehen,
aber eS w ird schon
„ fein Ankläger einst vor dem Throne der Ger „rechtigkeit Rechenschaft über jede Thräne, „jeden Seufzer seiner Schwester fo rd e rn ." S o w eit geht des H errn M eyers Erzäh lung.
W ir kamen den 6ten Abends hier in
F ra n kfu rt
an,
und
fanden
den
H errn
von Wecke! im römischen Kaiser. Diese drey Tage haben w ir angewendet des M orgens «nd Nachmittags die wenigen Merkwürdig« keilen.
leiten, die Gartenhäuser, die Gegend n .d .g l. zu sehn, des Abends aber verschiedene P rivathäuscr zu besuchen, um doch eine Idee von der hier herrschenden Lebensart zu bekommen. • W ir waren zuerst in einer Gesellschaft des hiesigen Adels — M an setzte sich an den Spieltisch, und gicng um neun Uhr ausein ander. Cs soll fast täglich eine dergleichen Gesellschaft in irgend einem Hause seyn. Gestern waren wir M ittags zu Gaste, sodann in noch ein P a a r Häusern von H an delsleuten, und den Abend in einer großen Gesellschaft von calvinischen Kaufleuten, in welcher der feinste, sittlichste Ton herrschte. E s waren sehr wackre cultivirte, bescheidene, durch Reisen und Umgang mit aller Gattung von Menschen sehr gebildete Leute darunter, und ich hörte einige Gespräche, die weder gemein noch langweilig waren. Ms [451]
In
I n einzelnen Stücken gefallt uns Franke f ü r t , sowohl nach dem was w ir davon gesee hen, a ls auch von Andern erfahren haben, gut genug, wenngleich, im Ganzen gcnome men, an der A r t das Leben zu geniessen inane chcs auszusetzen wäre.
D ie Absonderung
der verschiedenen, sich im Grunde zienillch gleichen verwandten S ta n d e , und die E n t, fernung, in welcher die Relizionssectcn eine von der andern leben, geben schon den allgce meinen Belustigungen m an,
einen Z w ang,
den
in diesem Z e ita lte r, beynahe in den
größten Residenzen nicht mehr kennt. Schaue spiele und andre öffentliche Vergnügungen sind, vielleicht aus dieser Ursache, ausser den Meßzeiten nicht.
D aher d a rf man sich denn
auch nicht wundern, wenn cs, bey dem ohne hin noch nicht sehr gelauterten litterarischen Geschmacke dieser Gegenden, m it einer ge» wissen A r t von A ufklärung,
und m it dem
feinern Gefühle fü r die schönen Künste,
die
so großen E influß a u f die zartere Ccelenbile düng haben, nicht gänzlich so aussieht, a ls man
- E -
1 87
man cs wünschen mögte, wenn man oft fran zösischc Leichtfertigkeit an der S telle gründlichcr Einsicht, statt philosophischen EinneS schielenden
Blick
w a h rn im t,
und endlich
m erkt, daß die klügern empfänglichern M en schen, deren es hier gewiß viel giebt, sich entweder gänzlich vom Umgänge absondern, oder wenn sic große Gesellschaften besuchen, den stacke» Ton m it annehmen, und darüber ju lc i-t sll's t zu Grunde gehn,
»idem, bey
tr it t gänzlichen M angel an Anstalten fü r die B ild u n g des Geistes, Verfeinerung des Ge schmacks,
und
Austauschung
Id e e n , aller M u c h ,
origineller
alle Lebhaftigkeit des
G efühls, alle Gelegenheit weiter zu kommen, w egfällt. * E s sind viel große Häuser hier, wo sehr oft prächtige Gastereyen gehalten werben; A llein
* Sollte es vielleicht, um der Schwachen willen, nöthig seyn ;u erinnern, dass dies von dem ?u< fioii'c vor zwölf Jahre», und dennoch nicht fliliitiumi zu versuchen isst [453]
i88 A llein w enige. wo ein guter Freund ohnerw arte t a u f einem freundschaftlichen geselligen Fuße ein Paar häusliche Schüsseln mitjuessen Willkommen wäre — einer solchen M a h lze it, geringer
Aufivand
J a ! man würde m it wo M äßigkeit und
herrscht,
sehr schlechte
Ehre einlegen. Zu A u sfü llu n g der leeren S tunden ist hier bas S p ie l beynahe die einzige Belustigung, welche denn auch in vollem M aaß genossen, indem in F ra n kfu rt entsetzlich hoch und viel gespielt w ird . 'Z u r Ehre des schönen Geschlechts, wel» ches in dieser S ta d t sehr reizend ist, man es sagen,
muß
daß keine Zügellosigkeit der
S itte n hier hervorleuchtet, und daß die frane jöstsche Lebensart doch die S ittsam keit nicht verdrängt hat.
Es versteht sich,
daß ich
nicht von einzelne» Ausnahmen rede.
Ein
-----
i89
S in edler?ng in dem C h a r t e r der hiesi gen Kaufleute t|i die W ohlthätigkeit.
In
ihren Zusammenkünften, auch beym C p ie l, vergessen sic der Unglücklichen nicht.
I n kei«
ncr S ta d t von Deutschland w ird vielleicht nach V erhältniß so viel an Arme ausgetheilt, und zu kollerten fü r Ä u sw artige , die durch B ra n d oder untre Ealanüiäien ins Elend gerathen, giebt oft ein einziger M a n n hun dert bis jwcyhundcrt Gulden her. C o viel über die S itte n und Lebensart dieser Reichsstadt,
welche w ir morgen ver
lassen werden
Verzcyhcn C ie ,
—
bester
H e rr! wenn mein B r ie f zu lang gerathen is t; ich w ill Gnade
jetzt schliessen, und
indem sich Ih r e r
väterlichen
Güte
fernerhin
empfiehlt I
h r gehorsamster Diener W allitz. Zwey
Zwey und zwanzigster B rief. A n den H e rrn H au ptm a nn von Weckel, a u f der Reise.
Ccpppiihugcn den irren Dekoder 1771. , ^ c r ;lic h c n D a n k , mein geliebter, ^
theurer
F re u n d ! fü r Ih re » gütigen B r ie f;
Er
hat m ir einige recht fröhlige Augenblicke ge macht.
Ic h kann nicht genug sagen, wie
sehr ich i r i t um Ih r e glückliche Laune benei den könnte. Sonderbar ist es doch m it den verschiede, nen Dispositionen der Menschen beschaffen. M ich haben so viel ertragene Schicksale gar jn sehr in M o ll gestimmt.
Ic h w ar einmal
ein recht munterer fröhligcr M a n n ;
Ic h
konnte so recht aus Herzens Grunde lachen, und der ehrliche M ü lle r w ar dafür bekannt, daß
.baß fr keine Gesellschaft verdarb.
Wenn ich
einen Heiner» Plan zum Bergungen für mich oder Andre entwarf, oder irgend m it Anssicht, Wonne e»i;uerndten, vor m ir zu ereli cken glaubte, dann hatte ich Bor- und Nachgenust.
Gerieth eine kleine W iederwärtigleit
dazwischen; so kam ich anfangs aus aller Fassung; Ader Cm 'Augenblick von besserer Ueberlegung war hinreichend, wenn ich nur noch einen Schlupfwinkel fand, mich wieder m it neuem Muthe zu erfüllen,
mich alles
vergessen zu machen, und dann sah man mich wieder so heiter alS vorher.
A u f diese A rt
kämpfte «ch lange gegen das Ungemach, und oft war nur es schon Erleichterung,
wenn
ich nur über la s Schicksal, und die Cindrücke, welches dasselbe auf daS Her; dcS Menschen macht, raisonnieren konnte.
S o gerieth ich
dann auf manche theils neue Drmcrlnng, theils auf irgend einen frisch au!gest»l;ten Eemcinspruch, der in der neu.» timee m ir wenigstens für de» Augenblick diente, mieh ein wenig zu trösten.
34 [457]
I c h fas) unter an d ern , daß doch niem and in der W eit so unglücklich ist, daß er m it einem A ndern, so oft er diesen auch beneidet, gänzlich g radeauf tauschen m ö g te, ncmlich w enn er alles G u te und B ö se, Vollkommen« Heiken und F e h le r, D ispositionen der S eele und des K ö rp ers, V erbindungen Kenntnisse, G efü hle, kurz, sein ganzes W esen m it dem W esen des beneideten Glücklichern umwcch» sein m üßte. I c h fan d , baß d a s die seltensten, tbtl# ften S eelen sind, die auch.mikten im Schm erze den» G efühl der Freundschaft offen bleiben, die ihren K nm m er nicht Andre em pfinden lassen, und durch T raurigkeit nicht böse Lau» tu n bekommen, sondern um so liebevoller gegen ihre B rü d er werden, w enn der B alsam , den sic so gern in fremde W unden giessen m ö gten , ihre eigenen nicht heilen kann. Ic h erfu h r, daß m an den M enschen flies hen soll. der fähig ist, einem schon gekrankt ten
(on Manne, auch wenn er von ihm beleidigt wäre, eine löse ertaube ju itMcfMt, der teilt Gefühl für die heilige Unverletzlichkeit des Unglücllie! en hat. M it dergleichen Beobachtungen jerstreuete mein Verband die trüben Wolken, welche meine Seele umhüllten; Aber der Schlüge kamen ;u viel — Wen» ein Papier gar zu oft gefaltet w ird ; so ist es zuletzt nicht mehr glatt zu machen. Nunmehr» also, da es nur wohl geht, drucken mich uoei- die alten Beugungen. Ich fühle einen sonst me ge kannten Hang, alles in unangenehmen richte ;n sehen; Ich bin lustig, ohne fröhlig $u seyn, und, was mich am mehrsten krankt, ich kann nicht mehr so lebhaft an der Freude Anderer Theil nehmen. Dies» B rief gebe ich dem £ocfor Deren, holz m it, deC Sie in Frankfurt aussuchen, oder den Brief, wie Sie es befohlen haben, int römischen Kaiser abgeben wird. Ich wünfchte. Sie lernten den Mann genau ken nen. Feinheit deö Geistes, Reinigkeit deS 'u'iit.m iv. Th.
N
Her-
Herzens, Menschenliebe. Thätigkeit, W ärm e, Sanftm uch, Bescheidenheit und M ild e verVin« b tt er m it W e ltkenntnis, l'ectuv, Geschick lichkeit und W itz,
i k u i i a i t mäßig in allem,
hat er nur wenig Bedürfnisse zu befriedigen, aber doch ein Paar Leidenschaften, die an sich nicht unedel sind, aber ihn doch oft in V e r, legenheit setzen; denn seine häuslichen Um, stände sind nicht die bcsien, obgleich er nt« klag t, denn er kennt die Menschen genug, um zu wissen, daß sie den unter die Füße treten, von dem sie wissen, daß er ihrer bedarf. Vielleicht übertreibt er diesen Grundsatz cm w e m g , indem er lieber das Aeussersie leidet,
als feinem vertranetesten Freunde siine B e , drangniffe zu klagen, so sehr ihn auch dieser durch
einen
liebevollen,
bittenden
B lick,
durch ein stummes Händedrücken, ein vor, ausbezahltes Thränchen derEheilnehm ung, oder durch jutrauliches Aufdecken eigener V e r legenheiten zu ermuntern sucht; E s ist alles vergebens. Er
T95 Er würde, wenn er Feinde hatte, nie davon reden, denn er hat den Grundsatz, daß jeder feste M an n sich seldsi schützen müsse, und da deS K äm pfens in der W U t so viel w äre; so sey es vergebens Alliirte zu suchen, w eil dieselben bey der ersten G elegenheit, wo es eigene Sicherheit gilt, davon liefen; M a n müsse immer sagen: „ G o ttlo b ! mir geht es „ g u t , ich habe Freunde." L a hielte man u n s dann für einen mächtigen Vundcügcnosse n . den man schonen müsse, und liesse unS ungeschoren, da hingegen auf den Verlasse nen jeder, wie die benachbarten Fürsten auf die Rechte einer kleinen Reichsstadt herum tanzte, und den verfolgten M an n Alle auf grobe oder feine Art flöhen. Unterdessen kenne ich des guten Verenhol; Umstände recht g u t, und w eiß , wie wenig sein Schicksal seiner würdig ist. S e i» H ang jnr Unabhängigkeit läßt ihn alle Gelegenheit fliehen in öffentliche» Geschäften gebraucht zu werden, und da er unverheyrathet ist» so N 2 hält [461]
hält er alles geduldig aus, und h ilft steh, s» gut er samt.
Indessen dringt er gewiss seine
Zeit nicht nnnül; für die W elt Hut. Ih n e »
E r w ird
von einem weitaussehenden Plane
reden, an dem er schon so manches Jade ar* beitet, und ju welchem er, tra u t ihn die N a tu r auf den Beinen erhält, Grundstein legen wird.
den ev|leit
Schade, das; es ihm
Müde kosten w ird eilt Paar M itardeiter $tt finden!
Es giebt wenig Menschen, welche
auodauctn können; die MeKrsien, wenn sie auch für etwas warm werden,
verliehre»
bald das Feuer, sobald die Sache lucht gut geht,
oder
sie nicht
Früchte vor sich sehn.
augenblickliche
gute
Einen sei treten Plan
fü r die Nachwelt anzulegen,
wovon man
gewiss weiss, dass man d:e Ä> süchrung nicht erleben w ird ; und dennoch mit den »naehenr rett Schwierigkeiten ;u kämpfe»; nicht »lüde ju werden; Gefahren, 'Aufopferungen aller A rt, Wiedersprüche, Denullhigungen — 'Alles zu ertragen, uiib seinem Lorso.pe getreu zu bleiben — das ist Grösse der S .e ie ! Ein
Ein solcher M an» ist der Ueberbringer tii'fed ^'rivfvd-
Cr ic werden ihn lieb « verzehren, etw as a n seinem eilig geordneten Anputze zu verbessern, sich beque mer zu setzen — Jetzt wurden Bekanntschaf ten gemacht — „ U m V ergebung, mein „ .'perr! S i e gehen gewiß w e i t e r " — D o r t sprach a u f einmal jemand von M a d rit — „ H e r r Je m in e ! so weit sind S i e schon „ gereiset? “ 31 r
E in
E in Landedelmann, bet die Frauenzim, n u r m it platten Späßen unte rh ielt,
und
tucrst über jeden seiner oft probierten E in fälle selbst lachte,
hatte seinen S o h n bey sich,
einen groben Bengel von fünfzehn Jahren, den er nach H olland bringen w o llte , dam it er dort Cadet w ürde , und gegen baare L e , jahlung
fü r die
hochmögenden H errn —
exercierte. „Z e h n S ch ritte vom Leibe. D u schmutzi, „ g c r Capuziner! „ f ü r D ic h '."
—
Behalte D e in Ungeziefer „ U n d das können S ie
„e in e m armen Mönch zurufen,
den N oth
„o d e r Tyrannei) seiner F am ilie zu dieser un< „ glücklichen Lage bestimmt haben? “ — Aber er w a r doch gew altig unwissend, denn a ls von der In q u is itio n geredet wurde, behauptete er, im Preussischen sey dieselbe noch allge, mein eingeführt.
Verm uthlich hatte er ein,
mal etwas von der Regie reden gehört, die doch würklich eine vortrefliche Einrichtung ist. Ueber so etwas kann ich mich freuen.
M an tu t;
entsagt doch w ohl nicht der W e lt, um sich noch nachher um ihre kleinen H.'.ndcl ju be, küm m ern, und mich h at es im m er geärgert, w enn ich h ö rte , daß in Klöstern und Abteye» der H auptgegenstand der U nterredung Zej, tungsnachrichten sind. I n der Ecke saß ein D eutscher, in einer abgetragenen französischen O sficiersuniform . E r h atte ein junges W eibchen bey sich; E ie blickten sich oft trau rig und kümmerlich an , und die arm e Z ra u hielt ein Bünbelchcn an der H a n d , w orinn etw as E siro rra th , ju E rsp aru n g der M itta g s m a lz c it, sey» mogte. B eyde kamen m ir so bekannt v o r, und ich erinnerte mich b a ld , w o ich sie gesehen hatte. D en n a ls ich im vorigen J a h re durch . . « re ife te , und des A bends, kur; vor Tische, a u s meinem Z im m er über einen langen G an g in d as H in te rh au s g ie n g , stand die T h ü r einer bewohnten kleinen K am m er offen, in welcher ke»n Licht w ar. Zwey S tim m e n sungcn rin deutsches L ied; die m ännliche begleie
co4
=
begleitete die M elodie harmonisch eine Terz niedriger. D a s lieb sollte m unter g e h n » aber es ilang nicht frö h lig , wie sic es vor« trug en . M ir kam cs v o r, a ls w ollten die Leute sich n u r einander M u th einsingen, oder nicht von unangenehm en D in gen reden, sich nicht gestehen, w a s jeder einzeln litt, und dem A nder» verschweigen w o llte , dam it dieser heiter seyn möqte. Ic h fragte d am als den W u th , und der sagte m ir: „sie sangen, „ w .il sic nichts zu essen h a tte n ; der M a n n „sey cm abgedanlter Ossicier und habe einen „ P r o c e ß , von dessen A usgange sein Gluck „ a b h ä n g e ." A ls ich des M o rg en s von . . . w e g fu h r. sahe ich denselben arm en Ofsteicr a u f der Gasse in einem eifrige» Gespräche m it einem Ju d e n verw ickelt, verm uthlich um G eld geborgt zu bekommen. W a s w eiter a u s den Leuten geworden ist, und wie fit hier in d as M arktschiss kam en, darnach habe ich mich nicht erlundigen können. W o ich vor« a u sw e iß , daß ich nicht helft» k ann , da ver« nu'icv ich d as vorwitzige N achfragen. D i»
D ie übrige Gesellschaft in der E ajüte w a r nicht sehr interessant. I n Höchst asten w ir j» M itta g e . T ort hat ei» reicher Italien s scher T ab acofabrilan t eine ungeheure M ag e von G ebäude» aufgethürm t. * D ie E ite lte it, durch eine Reyhe von S chlos sern dort seinen N ahm en zu verew igen, kostet den H err» B o leng aro gew altige S u m m en , wobey ntem and a ls die H an rw erto leu le V o r theil haben. Ic h kan» «uchtS schön finde«, w a s nicht zweckmäßig ist. und eine T abacsf a b r it, die wie ei» königliches S chloß a u s sieht, ist etw as eben so elendes, a ls ein Neisekoffcr, der m it G oldstoff überzogen w äre. D a auch gewöhnlich nach einer Reiche von J a h r e n andre neuere Etablissem ents jede F a brik dieser A rt lahm legen; so ist v o ra u s;» , sehn, baß den E rben m i|t dieser S teinh aufen sehr * D er Herausgeber glaubt feinen Tadel tu ver diene» , rofim man hier und bey andern Gele« genheire» dieser Art timuil. ii Tinae beschriebe» findet, die im Jahre irr« »och nicht da wäre»; Ei» Roma» ist ja keine .vifiotie. [471]
zo6 sehr zur käst fallen und dann vielleicht der Churfürst von M a y n ; ( wenn w ir ;n der Zeit noch Churfürsten haben) den ganzen Bettel um eine geringe S um m e kaufen w ird.
H in ter Höchst kamen Mustcantcn in das S c h iff,
die das lustige Publicum sehr ange,
nehm unterhielten.
E ie
verkleideten sich
im ttt andern rote J u d e n , und ahmten den R rm
einer Synagoge nach,
freylich,
welches nun
da verschiedene Is ra e lite n gegen-
Ivartig w aren,
fü r dies ohnehin gedrückte
Volk nicht angenehm seyn konnte.
D ie Hitze im S c h iffe .
und die Hofnung
zu einer herrlichen Aussicht trieben uns oben au f den Verdeck —
Und w ah rh aftig ! W e r
S in n für die Schönheiten der N a tu r hat, der muß bey dem Anblicke der Gegend von M a y n ; gerührt
werden.
D a wo sich der
M a y n in den majestätische» Rhein ergießt; rechter Hand die S ta d t mit ihren Thu entern, gegen über Cassell; und dann an de» Ufern die
die Weinberge; die Lage der Larkaust neben dem Lustschlosst,
die Favorire genannt —
das alles ist in der That hinreissend.
Auch
schwammen unsre jungen H errn in Empfinde samkcit, und H err M eyer wünschte ein Care täustr zu seyn. W ir kamen um vier Uhr a n , und besuch ten diese guten Mönche,
die nun freylich
keine solche Lebensart fü hren , wie sie de» H auptm ann
von Wecket
Freude
machen
w ü rd e ; Unterdessen hat dieselbe doch in man« chen Stücke» Vorzüge vor derjenigen,
in
welcher die mehrstcn übrigen Ordensgeistli« chen vegetieren;
denn jeder ttl'iV t hier sein
kleines H aus fü r sich, uitb hinter dem Hause «in G ärtgcn. w erk,
Dabey treibt er ein Hand«
wozu ihm alles erforderliche Hand«
wcrkszcug und dergleichen airgeschaffl w ird . Ic h kann nicht sagen, daß der churfürst« liche G a rten , die Lage ausgenommen, den geringsten Reiz fü r mich gehabt hätte.
In
Aschaf«
Aschaffenburg hingegen sollen schöne Cpa« jirrganae seyn, M ay»;
und vor einem Thore von
sehen w ir auch verschiedene artige
Allee».
ÜL'ir wollen morgen w eite r,
also nicht an den H o f gehn.
und
Uebrigens sagt
m an, das- es tin gar angenehmer H o f sey. Emmerich Joseph ist allgemein geliebt, und von seinen Unterthanen angebethet. gesellig,
und hat so gar
S to lze s.
Pedantisches,
Churfürsten.
E r ist
nichts S teife s,
wj«
wohl
andre
D ie Etikette »st ihm ein »er*
hasites D in g ,
w e il er weist,
dast das m it
ein H ü lfs m itte l fü r dumme,
aufgeblasene
Fürsten ist. len ,
daß
Diese, wenn sie innerlich füh« ihre
persönlichen
Eigenschaften
ihnen keine Liebe erwerben können, und sie kein andres M itte l haben,
sich geachtet jn
machen, schreiben den Leuten um sich her eine gewisse Form , zu Bezeugung der erzwungenen Ehrerbiethung vor — eine M aske, die jeder vorhcnken m uß , und hinter welcher er den sürstlichen Pinsel im Herzen aushöhnen kann, wenn dieser es nur nicht sicht.
MayiiZ
M a y n j ist übrigens ein todter O r t, w ie alle Siefibenim geistlicher Fürsten. V iel K irchcn sind b a n n n ; ob viel oder w enig w ahre R elig io n und C hristenthum , d a s weiß ich nicht. D e r M aynzische Adel ist gasifrey, an ge, nehm und leicht im U m gänge, und w enn Frem de über d as G egentheil klagen; so w are n es gewiß im m er solche, die entw eder a u s M an g el an L eb ensart, oder wegen ihrer G e b u rt, die m m einm al in dieser W e lt « in t« gewissen aussern Unterschied u nter de« Classen der M enschen m acht, fü h lte n , daß sic in diesen C irculn nicht a n ihrem Platze w are n . W ir brachten aber diesen A bend, von sie ben Uhr a n , in einer bürgerlichen Gesell schaft ju . E s w aren artig e Leute d aru n ter, u nd w ir w urden bald bekannt m it ihnen. G egen neun Uhr kam ein Cam m erherr dahin. E r paßte sich nicht recht zu den übrigen dort Roman IV. Th. O gcgen-
gegenwärtigen Menschen. A r t der Erziehung/
D ie verschiedene
und der Umgang der
Leute, m it denen man leb t, geben unsrem Wesen oft einen solchen T o n , daß cm feiner K o p f,
vo ll
W e lt- und
dazu gehört,
um in jeder Gesellschaft zu
Hause zu seyn. einer ehrlichen
Mcnschcnkenntniß
E in bloßer H ofm ann in bürgerlichen Versam mlung,
ist wie ein B ln tfin le , den man ein Licdgen gelehrt h a t, und ihn dann wieder in da< Feld fliegen laß t — D och, es ist spat, mein theuerster Freund« Ic h w ill also Abschied von Ih n e » nehmen. Leben C ie w ohl — Wecket .
Worms den 11tvn, Abends p Uhr. Könnte ich I h n e n . bester V ater.'
m ir
beschreiben, welche herrliche Gegenden heute meine Augen gesehen haben! 0 ! daS ronian, tische Oppenheim! —
Aber man muß von
-e r andern E c ite , über die fliegende Drücke her.
a ii her, dahin kommen — W ie sich dann diese ehrwürdige alte ( rta b t, g ru b ,
an dem Berge Han«
dem Auge darstellt!
—
Es ist ein
rührender Anblick ; E in K in d muß das füh, len.
W ir kamen des M itta g s a n , und de«
stiegen das S ch loß , um von daher die Reiche der
W e lt
sehen —
unter unsern Fußen Welch' eine
schöne
liegen jn Landschaft!
Gewiß das Paradies von Teutschland —i Und diese entzückende Pfalz
i t die galanteste
aller N a tio n e n , der w ir unsre schöne C ultur, unsern Geschmack,
unsre feine Lebensart,
unsre H o f» S itte n und unsre Aufklärung zu danken haben,
m it mordbrennerischer Faust
verwüstet. Diese Heldenthat eines von S e n tim ents strotzenden V o lk s , dies vontrrfliche Pendant ;« der pariser Bluthochzcit, mögt« ich jedem Teutschen vor Augen stellen, deö sich seines Vaterlandes
schämt,
und m tf
fremden S ilke n p ra hlt.
Als wir ans dem Kirchthurm standen, begrub man unten auf dem Kirchhofe rin juit/ D 2 ges [477]
a ia
---------
ges M a d g e n . die «in ;u hcisser Tag im Früh« linge ihrer Tage dahingewelkt hatte — O ! w a s mein von so viel S eiten gepreßtes H e rj da fühlte — Aber der H err von CÜeckel hat fü r so etwas keinen S in n ; ich w ill auch nichts wehr davon sagen, er mögte es lesen.
An
meine Charlotte habe ich viel über Oppen» heim geschrieben;
Ic h w ar grade damals
recht gestimmt dazu, und sah dort manches Interessante. E s ist cm Bemhauö in Oppen» heim ,
in welchem viel tausend Cchedel lie
gen, mehr a ls ich je in meinem Leben a u f einem Flecke gesehen habe, aufgcthürm t und fachwkise geordnet. W ie mancher gute K o pf, dachte ich, mag hier schlafen, wie manches linruhige G ehirn hier vertrocknet seyn! — Freund und Feind, Einheimischer und Fremd« lin g , da vereinigt und gesellig neben ein, ander — A ls
w ir
in den Gasthof jurückkamen,
begegnete uns oben in i Durchgänge ein un ansehnlicher kleiner M a n n , im blauen Ueber, rocke.
=
•
2 1 7
rocke, m it einem kurzen Pfeifgen im M unde. E r machte sogleich Bekanntschaft m it uns. und bat!) u n s , w eil w ir doch noch a u f unser Essen w arteten, indeß in sein Zimmer zu tre# ten.
W ir thaten das,
und nun fteng er
allerley schale Gespräche m it uns a n , die th v n sehr schiefen K o p f verriethen, und doch redete er m it einer gewissen A rt von Schein des Bewußtseyns, uns als geringere Ge« schöpfe betrachten zu dürfen.
W ir glaubten,
der Mensch sey ein N a r r . und w eil ec uns Langeweile machte; so giengcn w ir von ihm weg.
ju irs nachher, als der W irth »ns das
Essen brachte, erfuhren w ir von ihm , daß es der G ra f von . . . gewesen, der seit viel Jahren ausser seinem Landgen herumreiset, allerley tolle Streiche niacht, und seht vor einigen Tagen m it einem kleinen Gefolge nach Oppenheim gekommen w ar. Ehe man nach W o rm s kömm t, berührt man einen O r t, der R h e in -Türkheim heißt, am Ufer des Flusses gelegen.
O Z [479]
D e r M on d schien
schien so schön, und spiegelte sich a u f dem W asser; D e r Abend w a r heiter und lieblich; W i r beschlossen also zu Fuß zu gehen. schickten die Kutsche v o ra u s ,
W ir
«ns Q u a rtie r
und Abendessen zu bestellen, und so schlendere len w ir längst dem Rhein h in ; H err M e y e r rauchte ein P feifgen, und rotv sprachen dann von allerley,
und waren recht fröhlig.
E in
D a u e r, aus eurer entferntern Gegend» w elcher denselben W eg vorhalte, vermehrte d«e Gesellschaft, und erzählte uns allerley.
Cr
w a r unzufrlcden über seinen calvuustischen P fa rr e r, der, wie er sagt, stark trin k t, und fich dadurch oft krank und unfähig macht, sein A m t zu verw alten.
Aorigcn ersten Jen -
ucr hat e r, wert er Abends vorher euien star« ken Rausch gehabt hatte,
auf einen andern
das Neujahrsfest
T ag verlegen wollen.
W o rm s zeigt wieder klägliche Ueberbleibsel von des französischen Generals M elac Un menschlichkeit.
Auch ist sein Nahmen so ver
h a ß t, daß in der P fa lz die mchrsten Hunde M e la c
ai5 M cla c gencnnt werden. Speyer und QBorm$ waren einst sehr große, beträchtliche S tädte, M a n sahet viel tausend S ch ritte von dem ersten Thore a u , durch R udcra, die jetzt zum T heil m it W eingarten umpflanzt sind, bis man au den Anfang der, nach der Zerstohrung wieder aufgebaueten S ta d t kömmt. S o v ie l w ir diesen Abend sehen können, ist es hier äusserst still und menschenleer. W ir werden morgen früh wieder fortreisen, w ib küssen Ih n e n ,
bester V a te r!
Alle in
Gedanken die Hände. H ohenau. Freinsheim den -6ste» Dekoder.
Dieser B r ie f hat lange unvollendet gele gen.
S ie werbe» indessen des H err»M eyers
Schreiben vom U te n und das Paquet des H err» von Hohenau vorn lyten richtig erhal ten haben. *
Jetzt, bester H e rr! O 4
* wovon sich aber hier nicht- findet. [481]
w ill ich drn
den Rest m it E rzählung unsrer w eitern Reise au sfüllen . W ir durchstreichen die schöne P fa lz , und zw ar m eh ren th n ls zu F uß e. D ie W einlese geht noch stark fo rt, und d as ist ein g ar Herr, licheS S chauspiel fü r u n s. D e s M o rg e n s frü h lausen w ir m it in die W einberge und M e in fe ld c r, w o dann alles von fleißigen M enschen w im m elt, welch« T rauben lesen, und dabey fröhlig und guter D in g e sind. A u f den Feldern stehen hie und da H an d m ü h , le n , w o rin n die T rauben gequetscht. sodann in Fässer geschüttet, und a u f K arren in die H äu ser zur K elter gebracht w erden. W ir helfen unsern lieben, vortreflichcn H a u s w irth c n , die I h n e n heute selbst schrei« den w erd en , fleißig lesen, wobey w ir unS selbst aber nicht vergessen. M a n sollte es nicht g la u b e n , w ie viel T rauben m an deS M o rg en s genieffen k an n , ohne irgend gesät, tig t zu « e r d e n , und ohne Ungemächlichkett
tu
;u fühlen. C u r,
I m Gegentheil! es ist eine wahre
welche Magen und S a fte verbessert,
und leichtes, muntres B lu t schafft. Es giebt Schweizer, die m it ihrer F am ilie im Herbste hierhcrziehn,
sich einen Weinberg miethen,
daselbst Hütten aufschlagen, hier bleiben, haben.
und so lange
bis sie denselben kahlgcgrssen
D es M itta g s
einfaches M a h l
schmeckt ein gutes
herrlich,
und dabey eine
Flasche pfälzischen W e in s , der lieblich und gesund ist.
Des Nachmittags werden wieder
Trauben-gelesen, bis es dunkel w ird ; Indeß dann die Domestiken keltern,
sammlet sich
eine kleine Gesellschaft, schwazt. spielt, macht M u s ic , und des Abends geht cs selten ohne ein Tanzgcn a b , w orau f man sich sorgenlos ju Bette
legt.
D a s ist unsre Lebensart,
indem w ir von einem Orte zum andern jie , hen,
eigentlich aber doch hier, bey der lie
benswürdigen . . . . . . F am ilie unser H au pt quartier haben.
O 5
[483]
Fran-
Frankenthal ist ein freundliches, gedanktes Stadtgen.
artig
ES wohnen viel Za,
bricanten h,er. F ü n f Tage haben w ir , nicht w eit von da bey Ih re m allen Freunde . . . . in . . . - zugebracht.
W ir sind voll Liebe
empfangen und behandelt worden.
E r ist
jedem unserer Wünsche zuvorgekommen, war den ganzen Tag durch nur Aufmerksamkeit und Sorge fü r das Vergnügen seiner Gaste — G ute r, gastfreundlicher M a n n ! D u thust so gern Andern w ohl, theilst so gern, was D ir der Himmel beschehrt ha t, m it Deinen Freun, den.
Bey D ir findet der Elende Schutz und
der Hungrige eine Labung.
D u dienest so
gern jedem — Wogtest D u nie an Undank, bare
Deine
Wohlthaten
verschwenden;
Mügte jeder, wenn D u Seiner bedarfst, so bereit seyn D ir die Hand zu biethen, als D u eS jetzt bist, alles was um Dich lebt glück, lich und vergnügt zu machen. Es gefiel uns nicht,
dasi die Dauern in
einige» pfälzischen Dörfern Conkretänze tan, zen
je« und D ix rc tM t >Arien trUfcnt. Auch sollen die B itte n der Landleute in einige» tikgm # den f i i; r verderbt seyn. M a n erzählt viel Böses von den Lande fchreibern, und daß Einige von ihnen in vo# rigen Zeiten, ;n Bestreitung ihres fürstltchen Aufw andes, erschreckliche Dicbrreyen Legan# gen Hanen. is t;
Ic h weȧ nicht, ob das wahr
Allem die jeyigcn sollen grundehrliche,
gewissenhafte beute seyn, und von denen un# erhörten Bestechungen, ohne welche ehemals niemand in der Pfalz das Geringste erlangen konnte, Hort man sehr wenig mehr. Herxheim hat eine Lage,
die wede' ju
beschreiben, noch ju malen ist. M a n sieht aus des H errn von Reinccks G arten, einer Anhöhe lie g t,
der a u f
rin gs umher vielleicht
sechs und zwanzig Stunden w e it, und nach manchen Seiten verliehrt sich ganz das Auge. S o viel S tä d te , D ö rfe r, Weinberge, Fel# der, S trö h m e , W ä ld e r, Schlösser — [4851
Es
-st
ist ein segcnvollcr Reichthum
der schönen
N a tu r. Beynahe noch majestätischer ist dieser A n , blick in Neustadt an der H a rt. I n Türkheim hat der Fürst von keiningen ein S ch lo ß ,
welches auch sehr angenehm
gelegen ist.
Dieser H err soll eine
Parforcejagd haben.
artige
D er H err von Wecket
erzählte uns bey dieser Gelegenheit verschie, dene Annecdoteu von dieser A r t Iagoen.
Zu
Zwcybrücken soll ohnstreitig jetzt in Deutsch, land die vollständigste seyn.
I n Lassest w er,
den mchrentheils nur jahmc Lannhirsche int Q tA e n herumgejagt.
Aber sie werden des
Tags vorher w ild gemacht, und so geht es doch gut.
D ie englischen Officiere und andre
vornehme H errn in Am erica, jagen,
und
welche gern
kein W ild haben,
lassen ein
Stück frisches Rindfleisch an einem S e ile o u f der E rde, von einem K e rl ;u Pferde vor, auSschlcppen,
und a u f dieser Fährte jagen dann
22 r bann die Hunde.
W a s aber in Türkheim
mehr als die Parforcejagd unsre Aufmerke famkeit a u f sich zog, w a r ein alter ehrwür diger P fa rre r, welcher selbst der S tifte r sei ner calvinifchcn Gemeine ist.
E r hat fü r
sei» Häuflein eine beträchtliche Cottecte gesamm let,
bey deren Zusammenbringung er
sogar in Holland herumrrisete, feine Be schwerlichkeit fchcuete, selbst tüinmcrlich lebte, dann zurückkam, ein Gotteshaus aufbauete, alle Schwierigkeiten überwand,
seit dieser
Z eit m it Wiederspruch aller A r t ,
m it K um
mer und Krankheit kämpfte, aber immer fest und heiter, der Freund, V a te r und Rathge ber seiner Glaubensgenossen blieb. er tu t Auge verlohren, andern w en ig;
Jetzt hat
und sieht m it dem
Aber er m u rrt nicht, liebt
G o tt und Menschen,
und th eilt seine Ar«
w üth m it jedem, dem er einen heitren A u genblick
dadurch
machen
kann.
Es
ist
Schade, daß der M a n » kein Buch geschrieben, keine B a ta ille gewonnen, kein band a ls M i nister in V e rw irru n g gebracht h a t;
M an würde
würde doch von ihm rebem
Jetzt w ird ,
wenn der flute G rciS zu feinen V a te rn ver sammlet ist,
vielleicht sein Nahmen nicht
wieder genannt werden. W ir haben bey unsern Fußreisen Gele genheit d ir Anmerkung zu bestattige«,
daß
m an d ir B auern und Postillons in ihren Ge genden nie tun die nächsten Fußwege fragen muß. S ie beimnmern sich darum nicht, fo ul der» gehn die W ege, welche, von V a te r a uf S o h n herab, a ls die nächsten sind anerkannt worden, und es ist vergebens ihnen begreiflich machen zu w ollen , daß eine grade Linie der kürzeste Weg zwischen zwey Puncten ist. In
Deidesheim sahen w ir ein H aus der
barmherzigen B rü d e r —
Ic h schätze diesen
Orden sehr — C ie nehmen Kranke von allen dreyen R eligion-partheyen a u f,
behandeln
dieselben m it bewundernswürdiger S o rg fa lt und R einlichkeit, und reichen ihnen alle diese w ahrhaftig christlichen Liebesdienste und die erforderlichen Arzeneyen unentgcldlich. M orgen
M orgen gehen w ir nach Cpeyer. D ort werden wir einen neuen B rief an E ie , bester W ohlthäter! anfangen. D er gegenwärtige ist so lan g , daß wir beschlossen haben, ihn auf die Post $u schicken. Ich füge also nichts m ehr, als die Versicherung meiner unübcr* trefbaren Ehrerbiethung hinzu.
Walliß.
Vier
Vier und zwanzigster Brief. A n den Freyherrn von Lcidthal in Urfstädt.
F rankfurt am UTayn den iitcn Vloveml’et
Theuerster,
gnädiger
177*.
Herr'.
^ ^ e r frühlige Herbst ist schnell vorüberge, gangen, und w ir haben die liebe Pfalz recht ungern verlassen. Augen
schieden wie
M i t Thränen in den von
unfern
theuren
Freunden. obgleich w ir Hofnung haben, sie bey unserer Zurückkunft aus B ayern wieder zu umarmen.
Jetzt sind w ir h ie r, und bereu
ten uns zu unserer Wmkerreise vor.
E in P a a r Tage waren w ir in . . . .
.,
Wo w ir die vortreflichen Menschen kennen lernten.
lernten, denen S ic und empfohlen hatten. W ir sahen die herrliche F ra » , bereu freien« voller Blick durch seine Wurde und Aninuth mich rührte, mich jt, ihr h in riß , indes jedes W o rt aus ihrem Munde das fanftcjic Herz und den feiiifm i Geist verrieth.
I h r ver«
dicnstvoller Gatte kam uns entgegen, freundlicher, einladender Miene.
mit
A u f seiner
S tirn e wohnt -Heiterkeit, Bewußtseyn time# rer Güte, heiliger Frieden.
Und der große
M a n n , dessen Nahmen ich nicht ohne Nüh« rung ausspre'che, der den M uth hatte, dem mächtigen Schurken sich kühn eiitgegenzustel« len, ihn stund Unrechts ju zeugen und. als das mcht helfen w ollte, ihm seine Geschenke vor die Füße zu werfen; der nicht Wohlthat teil annehmen mogte von dem, der gute heute drückt, und den er verachten mußte; der, da er das Unrecht nicht hindern, konnte, das sei« ncm Freunde geschahe, so edel dachte, allem Glanze, allen Bortheilen zu entsagen, alle Bande, die ihn an den elend.» Unterdrücker knüpfte», zu zerre,sseii, und sich in einen Roman IV. LH.
P
ruh'1
ruhigen Privalstand zurückzuziehn, wo er, lernn er nicht allcS Gute würken kann, das sein großes Her; wünscht, wenigstens der Ungerechtigkeit nicht zu schmeicheln braucht — O ! wenn es der Männer viele gäbe, die die sem Beyspiele ju folgen Willen und Kraft hatten! Wie jahm würden unsre kleinen Tyrannen, wie leer die Vor;immer der Erdengötter werden! Mügtest D u , verchrungswürdigstcr M ann! wißen, was ich in dem Augenblicke, da ich dies schreibe, voll En thusiasmus fürDich, fühle! — Aber warum solltest D u es erfahren? Was fragt die Conne darnach, ob der Dichter sie besingt'! Cie scheint in majestätischer Größe, und wärmt Kind und Mann. Auch habe ich die beyden Domherrn von . . . und . . . gesehen. I n dem Circul dieser vortrcflichen brüte brachten w ir ein Paar Tage, im Dorschmacke des Himmels hin. Ich war vorher mismüthig und trau rig; Aber wenn ich noch solche Menschen in der
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227
der W e lt antreffe; so dünkt Mich, ich mögte SQIuti) fassen, dieser
Erde
daß noch einmal wieder auf Glück
und
Ruhe
herrschen
werden. Speyer ist ein so trauriger Steinhaufen, a ls ich K einen gesehen habe.
D e r D om hat
etw a- Schauer erweckendes, feycrlich Ehre würdiges. W ir giengen von dort zu Fuß nach Man» heim , Schwetzingen, und von da durch die Bergstraße hierher,
nahmen von D o r f ju
D o r f Dothen m it, die cin Päckgen m it Nachte zeug trugen, und lernten da manche O rigi» nale kennen.
V o n Speyer aus hatten w ir
erntn katholischen Knaben bey u n s, der sehr vernünftig über die Religionssecten urtheilte, und unter andern sagte: er müsse gestehen, daß in seinem D orfe die Protestanten bessere Menschen und wohlthätigere Christen wären, a ls seine Glaubensgenossen, und es käme ihm ««wahrscheinlich v o r, P 2 [493]
daß Leute, die mehr
mehr Gutes thäten, einen geringern Anspruch an der Seligkeit haben.sollten, als die, welche viel betheten, ihr Geld aus Schwachheit oder Eitelkeit müßigen und unsittlichen Pfaffen gäben, und indessen den elenden Dürftigen schmachten liessen. Ein W irth in Manheim schien nicht gee neigt Fußgänger aufzunehmen; So sehr tourst das Vorurtheil. Der aulre führte uns auf cm schmutziges Hinkerstiibchcn, bis unsre Kutsche kam, und da nannte er «ns Excellenzen, gab uns zwey schone Zimmer ein. lief; uns tapfer auftische», und noch tapfter bezahlen. Manheim ist völlig nach der Schnur ge» baut, sieht auS wie ein Wassellnche», ganz cinförmig, und hat manche fd-eite H anf r, alle neu und massiv, aber niedrig. £>K'*c unbeoölkerte S ta d t, obgleich sie eine der schön sie» in Europa seyn mag. gefallt mir nun gar nicht.
Ich mag wohl sehen, daß jeder
jeder sich satte Hütte nach seinem eigene«» Geschmacke baue.
Ic h mag wohl den E r,
tm i.T , de» H ausherr», datnach beurtheilen» Ic h
mag Abwechselung sehen,
Heine und
grohe Gassen m it cinandewvcrgleichcn können, Ge wühle
thätiger
Mensche»
Und bad alles fehlt hier.
erblicken
—
D a s Schloß ist
groß, übrigens ein Schloß wie andre Cchlös« fe r;
Schone Z im m er,
jurn T h a l prächtig
tapeziert, und m j.dein Zimmer eine U hr, dam it die müßige» H ofi.ute der faulen Zeit die zu langsam schleichenden Stunden nach« rechnen, und in jvixm Zuumer aufrufen f 6u« nen:
„G o ttlo b !
wieder eine M in u te über«
„s ta n d e n !" I n der Bildcrgallerie sind herr liche Stücke, len K ö p fe ,
besonders die beyden beruh»«« die m it einem nicht genug zu
bewundernden Fleiße ausgearbeitet sind.
Es
w a r ein Fremder m it u n s, der einmal gehört hatte,
dergleichen ängstlicher. Fleiß sey au
einem M a le r tadelte er nun
nicht zu lobe».
Deswege«»
diese beyden Meisterstücke.
D e r gute M a n n bedachte nicht,
P3
was er sagte. De»
Del) historischen S tü c k e n , oder bey P o r tr a its , w o m a n , durch die Lenkung der Aufmerksam« keil an f kleines D e ta il, d as Interesse für d a s S u je t oder für die Aehnlichkeit schwächt, da kann die Regel w ah r seyn; Aber w enn ich tinA t einzelnen K o p f m ale, der nichts w eiter vorstellen soll a ls — einen K o p f, m it einer n ichts Leidenschaftliches ausdruckenden M ies n e ; dann ist ein G em älde um so besser, je fleißiger es in den kleinsten Theilen ausgear« beitet ist. U eberhaupt w a r alles w a s dieser M a n n vorbrachte, gem ein und elend. D e r H e rr von Weckel m ein te, er sey fähig seinen N ah m en in eine W irthshausfensterscheibe ;u schneiden, und in ein S ta m m b u c h : „dlimer „ h xcrtn, c’cst toujours ma m.iximc “ u. s. f. ju schreibe». W ir asten des A bends m it ihm im G asthvfe, und a ls er d as Licht putzte, h ielt er die H an d nicht frey, sondern legte die Lichtschcere zur S e ite a u f d a s Licht, so dast ein dicker K lum pen W achs d aran hängen blieb. S ie wissen, dast der H err von Weckel dies schon für ein böses Zeichen hält-
3" [496]
In
Schwetzingen
ist
rin
ungeheurer,
g ri'liv r, prächtiger G a rte n , der wohl wenige seines Gleichen in Deutschland h a t, und rs w ird eine S um m e,
die hundert Fam ilien
glücklich machen könnte, jährlich dazu ver wendet, nur sticht das alte gothische Schloß sehr dagegen ab. Es sind viel einzelne Schön heiten im G a rte n , doch muß ich offenherzig sagen, daß diese nicht ganz zusammenpassen» A lte R lldcra und w ild e ,
m it
w ahrhaftig
edlen Geschmacke und N aturgefühl angelegte Gegenden, sind in der M itte von regulairen Spaziergängen, von künstlichen Wasserwer ken u m rin g t, dahingepflanjt E in fa lt!
—
Einsalt,
wenn wirst du wieder K o p f und
Herz der Menschenkinder leiten? Zu den tü r kischen Moscheen werden gewaltig viel S w in e m it schweren Kosten aufgethürml.
M ir fiel
dabey e in , was einst ein Engländer am Hofe des . . . .
von . . . sagte. Es reifete nein-
lich damals ein Sleinfresser um her, der sich vor Geld sehen ließ.
D er Fürst hatte eben
cittc Eolonnadc bauen lasse»/ welche dem P 4
Englän-
rzr
-------
E ng länd er etw as kleinlich vorkam . A ls b i« f tr nun die A nkunft des C trinfresserS erfuhr, lie f er geschwind jum O brrm arschall, und bath denselbrn: er mögt« doch seinen gnädi» gen H errn w arn en , denn es sey ein M a n n hierhergekom m en, welcher wohl die Colon« «ade auffressen w ürde. I n M anh eim verkauften w ir unsre große schwere Kutsche (w o "v n tu t H err von Wecke! behau ptete, der Ryswicksche Frieden sey d arin n geschlossen) und haben bicr eine andre erhandelt. W ir schickten sodann die Bedien« t .n und K o f f r s m it dem P ostw agen , und giengen tu F u ß fort. E in ficben;lgjahrigce P o rte u r trug nufer Päckgen b is an d as nächste D o rf. D o rt übernahm es der Fcldschüü, u nd a u f diesen folgte ein penfionirter alter C o ld a t, der m anches erfahren hatte. I n H eppenheim reitrbe ein gesundes, fettes D anerm ädgen unser B oche, und beschämte u n s im Lchnellgchn — D ie schönd Derg«
=
2ZZ
G ergstraste! S ie wissen, wie sehr ich diese G egend liebe. D o n Zwingenberg a u s gieng ein Ju d e m it u n s. E s wurde A bend, und der arm e J s r a e iite fieng an Gespenster zu fürchten. A ls die S o n n e untergicng, legte er daS B ü n , del w eg , stellte sich gegen M o rg en , verricht tete fein G ebeth, und lobte G o tt m it allen seinen G liedern. W ir sahen ihm andächtig thcilnehm cnd zu; C o d a» » wünschte er u n s einen guten Abend, und w ir giengen m it ihm weiter. Allein w ir w aren erm üd et, blieben also des N achts schon in E berstadt, in einem sehr schmutzigen W irthShause. D en folgenden M org en bekamen w ir einen versoffenen, lici verliehen B o th en , den w ir halb zurückschicke te n , und nach der Reihe unsre B agage selbst trug«».
P 5
Also
Also kamen w ir nach D arm stadt. N ach vorhergegangener gehörigen T h o r-In q u isitio n , liefen w ir grade zu unserm herrlichen Freunde . . . . und bathen ihn um ein w o h lth ätig es Frühstück. M eh r a ls d as aber erquickte u n s sein U m gan g , seine Gespräche voll W eish eit und E a l z , seine lebhafte E inb ild un gskraft, sein feiner philosophischer G eist, und sein w a rm e s , fü r d as G u te und W ahre g lühen, des Herz. E s w äre m ir lieb, w enn m au den dariilstädtischen E inw ohnern bekannt machen kon nte, daß ein solcher M a n n in ihren M a u e rn le b t; A u sw ä rts weist m an es schon. Um zw ölf Uhr giengcn w i r , begleitet von einem Trom m elschläger hierher nach Frank« fü rt. E r holte sich erst einen T h o rp a ß , und gieng dann in seinen engen weisst» Eamnia« schcn, ohne welche er sich nie d a rf sehen las sen, m it u ns. E r schien ein guter K e rl, soll auch vortreflich tro m m eln , und dcsfalls bey seinem durchlauchtigen H errn beliebt seyn. U n ten
U nterw egens sahen w ir an dem Fenster eines W irth sh auses ein hübsch gekleidetes Frauenzim m er. W ir fragten unsern Beglei te r , w er dieselbe s y , und erfu hren , daß cs eine englische W erbcrinn w äre. D ie s W eib lockt nemlich schöne junge Leute an sich, macht diese g la u b e n , sic fty eine reiche Dffw ciersw itw e, läß t sich m it ihnen in ein Ehetü n d n iß e in , r i s t , nach der T rauung m it dem jungen M enschen fo rt, liefert ihn den W erbern der englisch rostiudischen Compagnie in die H ä n d e , und kehrt dann heimlich zu rück, cm neues Probestück zu machen. A ls w ir hierherkam en, fanden w ir d a s kicbe P aq u et a u s U rfstädt. D ie andern H errn an tw o rten säm tlich, also habe ich ihrcntwegen nichts hinzuzufügen. D iesen V o rm ittag sahen w ir die Ju d e n gasse, und den N achm ittag haben w ir in Offenbach zugebracht. I n der hiesigen Jur dcngasse fanden w ir Ursache dem Him m el zu danken-,
danken, daß aus derselben nicht jährlich aller« lcy ansteckende Krankheiten über die S ta d t verbreitet werden.
Einte,e tausend gedrückte,
verstoßene, zum Theil sehr arme Geschöpfe, leben hier eingekerkert» gen,
in kleinen schnruyi«
oft fü n f Stockwerk hohe» Häuser»,
dürfen
in keinem andern Theil der S ta d t
w ohnen, ja ! nicht einmal zu jed erze it noch an jedem Orte spazieren gehn —> DaS ist unsre christliche 2h t m it einem Volke umzu« gehen,
das
dieselben Freyhcitsrechte
Menschheit wie w ir h a t,
der
von welchem w ir
auf gewisse A r t abstammen. baS wenigstens mehr
O rig in a litä t. E igenheit,
und
mehr
Reinigkeit der S itte n unter sich erhalten hat, alS w ir , und welches w ir nun zwingen, in« dem w ir ih m , a u f die unedelste 2 lr t,
alle
M itte l zu andrem Erwerbe abschneiden, sich vom Wucher zu »ahre».
D ie I^ldeu helfen
sich unter einander, halten zusammen, f»h« ren selten Processe unter sich, indeß w ir , die »»»großmüthigen
U nterdrücker,
«ichtsbedeuliinde Kleinigkeiten,
u»S
um
um unnütze Meinuu«
M einungen, verfolgen.
D e r große Erlöser,
der gan; Liebe w a r, kam aus jenem Volke her,
das w ir verachten.
W ir prahlen thtC
fm u v Lehre und erwürgen u n s , aus Anhange lichkeit an elende Spitzfündtgkciten, die er nie gelehrt hat, wodurch niemand glücklicher w ird , besser lebt, noch ruhiger stirbt — Und das nennen w ir Christenthum! Osfenbach, am Ufer dös M a y n s gelegen, ist ein freundliches, heitres C tädrgrn. Jede» m ann,
der unter dem Tchnye eines edlen
guten Fürsten, welcher ohne Prahlerei) seine ihm von G o tt aufgelegten Pflichten treu und redlich e rfü llt, und nur darauf stolz ist fü r einen anten Menschen gehalten $u werden, den wer ihn nur kennt seines reinen Herzens wegen verehren und lieben m uß; W e r, sage ich,
unter tiefem Echnlre frey und ruhig
sein Gewerbe treibe» w ill,
der Zieht gern
d a h in , bauet sich ein Häusgen, und so w ird dann , der O rt von J a h r zu Jahre größer, geselliger, angenehmer, und w ird in kurzer
Zeit
Z eit andre S ta b te w eit ü bertreffen, in welche sich niederzulassen die Frem den m it süßen W o rten und V ersprechungen hingclockt, bald a b e r, w enn sic nicht die K unst verstehen, den kleinen V ezirn in und ausser Livree zu schmeicheln, die den C u lta n um ringen und leiten, so lange chicanirt w erden, b is sic m it ihrem G elde w ieder fortgehn. H ier haben die H e rrn D 'O rv ille und B ern h ard eine große berühm te Tabacöfabrik angelegt. D ie G e bäude sind einfach, zierlich, schön, zweck m ä ß ig , und ohne W indbeutelei) gebauet. D a s G anze h at ein Ansehn von Rechtlichkeit u nd W ü rd e , die des C h aracters der recht schaffenen lieben M ä n n e r , denen d as W erk g e h ö rt, w erth ist. W irre ise n überm orgen von hier a b , und bitten S i e , theuerster W o h lth äter! u m I h ren S eg en a u f den W eg. M e y e r. Fünf
Fünf und zwanzigster Brief. A n den Herrn von H ohen«» in N ürnberg.
tlrfstädk den igtcit November 1771.
habe nun alle E ure B rie fe , I h r guten Leute! richtig e rh alten , und danke Euch herzlich, daß I h r , auch a u f der R eise, M ei« ncr so fleißig eingedenk seyd. Aerzeyhe m ir es n u r , m ein liebster C a rl! w enn ich nicht im m er an Dich einzeln schreibe. I c h habe jetzt viel G eschäfte, und da es früh dunkel w ird , und meine Augen schwach w erden; so kann ich deö Abends auch w enig ausrichten, b eso n d ers, da ich mich gew ohnt habe sehr klein zu schreiben, und in meiner Ju g e n d , w enn m an m ir a n ric th , größere Buchstab«» zu m achen, nicht folgen wollte.
Ich
Ic h bin überzeugt, daß Deine R e ift, in allem Betracht sehr nützlich fü r Dich seyn w ird , und es freuet mich, daß D u einige gute, m it D ir sympathircnde Menschen an, getroffen Haff.
D a s iff gar süß, so »cw
schwiffcrte Eeclen zu finden.
Ach! es giebt
nur Eine Famnie der bessern Menschen, eine alte adeliche Z am ilie, U rin , beynahe ausgc, sterben,
in
verschiedene Lander zerstreuet,
doch so, daß sic sich mietet tVmnn, wieder finde».
?u eies r gehören auch w ir ;
taun ich m it Zuversicht sagen; Ahnenprobe
»ff
in
unser
das
und unsre
weiches
Herz
gegraben. Wenn D u nach München kömmst, und das
OpcrnhanS
sichst;
so erinncrc Dich
M einer; Den» ich habe dort einmal eine kleine Demuihlgnng ertragen. an sich ist «»wichtig,
Die Cache
beweiset aber doch,
wie ungern gekränkte E ite llu t vergißt.
Ich
saß »emllch, als ein jniiger Mensch» in der nächsten söge dem Theater zur Rechte». Ic h war
w a r ein Mögen früh gekommen, und noch waren wenig Menschen da.
E in alter G ra f
von Isenburg, der auch allem in einer an dern Hege siand, kam zu m ir herüber, und ließ sich in ein Gespräch m it m ir ein. Anfangs gteng das D ing g u t,
und der alte M a n n
schien Geschmaek an meiner Unterredung zu finden.
W ir kamen aber nachher auf einen
Gegenstand, wovon ich nichts verstand, und -vermuthlich aus
Naseweistgk.it
etwas
so
-schiefes vorbrachte, daß der G reiS, ohne m ir zu a n tw o rte n . noch sonst etwas zu sagen, aufpackte und fortgieng.
Diese l'ection w ar
m ir auf lange Jett nützlicher alS eine Predigt über den V orw itz gewesen seyn würde, und noch jetzt, da ich es nicht habe vergessen kön nen,
schäme ich mich, und mogte mich dem
M anne,
der längst im Grabe lieg t,
von
«inet vortheilhaftern Seite zeigen. Deine Charlotte besucht mich oft m it der F ra u von Weckel.
S ie zeigt m ir so viel Zu
trauen und Aufmerksamkeit,
Roma» iv. Th.
Q
als wen» si«
meine
meine eigene Tochter wäre, und in Wahr heit! ich gewinne sie täglich mehr lieb. Fürchte D ir nur! Es wird wohl am Ende so kommen, daß wir einen Bund gegen Dich machen, oder gar, daß wir Dich reisen und ich mich indessen mit Deiner Braut trauen lasse. Die böse« Weiber plagen mich unaufhöw lich, ich solle tut Zeit Deiner Reise abkürzen, aber ich halte mich fest wie ein Mann. Unter dessen hatten sie es gestern doch so listig an gelegt, daß ich in so weit nachgeben mußte, es nur bry Einem Jahre bewenden zu lassen. Sie hatten «ich sonderbar gefaßt. Zurrst bathen sie um allerley Kleinigkeiten, wovon sie wußten, daß ich mich ungern darauf tiw lassen wurde, z. B. ich sollte mich abmale» lassen, sollte mit ihnen aas einen Ball gehe» und d. gl. mehr. Das alles wurde in Gna den abgeschlagen, und da kam es dann an die Hauptsache, wo ich, um nicht für eine« wunderliche« Mann zu gelten,
wohl ei« wenig
wenig nachgeben mußte. lieber C oh n!
Indessen,
mein
suche nur von diesem Jahre
recht V o rth e il für K o p f und Herz ju liehen. Ic h habe die Bücher gelesen, welche D u m ir empfohlen haß.
Ic h wundre mich gar
nicht mehr darüber, daß schwache Köpfe Re« ligionszweisel haben können, w eiß,
seitdem
ich
daß ein so großer Astronom
a ls
de la Lande, ein Atheist ist, das heißt: au der Existenz des Kochs zweifeln, dessen Pa« siete w ir essen.
Ucbrigcns bekümmert mich
das sehr wenig.
E s g iebt, dünkt m ich, nur
Einen Beweis fü r die Aechtheit einer Lehre, und das ist der, wenn sie mich glücklich und ruhig macht.
W a s geht es mich a n , ob hi«
storische Beweise fü r die Aechtheit der B ibel da sind, oder nicht! W er eine bessere, glück licher machende, einfachere, ältere, natür« sichere, die Menschen zu besserer Seelenruhe und Tugend führende Lehre kennt, Lehre Jesu,
a ls die
der thut sehr unrecht diese fü r
göttlich $u halten, hätte sie auch alle Beweise Q 2
vor
v o r sich — B rau ch t es denn eines ander« B ew eises, daß dieser B a u m ein A pfelbaum ist, a ls w enn ich die reife F rucht davon bre, chcn k ann? E s geht d a m it, wie m it der Aechtheit der F rcym an rcr t Logen. Diese tanken sich u n ter einander um d as Recht Eonr stitutionen ;u ertheilen. G ebt Aufschlüsse, »ickt E p ielw c rk e, und arbeitet besser für daS W o h l der W e lt; so seyd I h r gewiß ächt; T h u t I h r aber d as n icht, w a s helfen m ir E u re V crbriefungen? Je tz t w ill ich noch ein P a a r W o rte an M ey er schreibe». Lebe w o h l, mein lieber E a rl! und vergiß nicht D einen treuen Freund Leidthal.
Ce c hs
rh
^
^
Sechs und zwanz-gtlcr Brief. A n den H errn E tatsrath M ü lle r
in
Coppenhagen.
fiüriiljcvg t'i’ii igtfii November 1771. 0 f ^ t i n . mein lieber E ta ts ra th ! W ie geht eS Ih n e n denn? N icht w a h r, C ie wogten gern einmal wieder so etwas von meiner Prosa lesen?
W o h la n ! Kommen C ie h er!
H ie r ist die Erzählung unserer großen Reise von F ra n kfurt nach N ürnberg,
wie solche
beschrieben steht in unserm Reise-Journale, daselbst aus der i8isten S e ite ,
wie folget.
Uebrigcns ist mein herzlicher Wunsch, diese Zeilen mögen meinen H errn E tatsrath bey gutem Wohlseyn und wahrer ächter dänischer Eemüthsruhe antreffen — Zur Sache!
Qr [511]
Als
A ls w ir eben bcn iz te n von F ran k fu rt abreisen w ollten, kam der liebe H err v on G reb m it dem Professor B lun icnh of hier a n , und überbrachte u n s einen E m pfehlungsbrief von unserm theuren F reu n d e , dem P fa rre r Po> tkenthal. E s th at m ir w eh , daß w ir dieser guten M ä n n e r U m gang nicht langer genicssen konnten, und w ir klagten eben d arü b er, a ls diese herrlichen Leute sich kurz entschlossen, u n s bis N ü rnb erg zu begleiten. W enn ich l'< einen jungen M a n n gesehen habe, der w ah re Festigkeit und W ürde im E haracter m it F ein h eit, E a n ftm u th . G efühl und liee bevollem Aenfferlichen v erbin det; so ist es der gute J ü n g l in g , unser G rrb . W ir habe« in seiner und des vortrefiichen P lu m en h o ss Gesellschaft g ar selige E künden hingebracht. I n zwey W agen v erth eilt, fuhren w ir des M o rg e n s a u s F ran k fu rt a b , nachdem w ir vorher einen kurzen aber genußreichen Besuch bey dem D o cto r Tenjed abgestattet hatten, einem M a n n e , der voll F eu er, Geist und W ärm e fü r alles L u te ist, und keinen andern Fehler
=—
247
Fehler haben mag, a ls daß er in dem Orte» wo er w oh nt, m it seiner Würksamkcit vö llig allem sieht.
Auch lebt e r, u m ringt von so
viel inconsequentcn Menschen, gänzlich ein» fam und verschlossen. W ir kamen gegen M itta g nach Seligen stadt, wo eine Bencdictincrabtcy ist, liessen uns bey dem Prälaten melden, usd wurden von ihm zur M itta g s ta fe l eingeladen.
E ie
haben guten W e in , diese Leute, und man steht, daß sie bey ihrer Andacht und Seelen« ansirengung, doch die materielle Hülle nicht vergessen — J a ! lieber H im m e l! W a s soll man auch machen?
G o tt läßt den schönen
W e in wachsen, und giebt dann auch Starke, daß man ihn vertragen, und überhaupt das beschwerliche Klosierlebcn ausstehen lernt. E s speist« ein D om herr m it u n s , der auch a u f Reisen w a r, und zwar m it seiner Maitrcsse, die jedoch so lange im W irth s« Hause blieb.
E r w ar ein M a n n voll F irn iß , Q 4 [513]
ange,
angenehm , lustig — Aber so le e r, so leer! — B ßiim ich oft sehe, wie die mehrsten dieser M enschen ertogen w erd en , wenn ich t r i e f t von ihnen lese; W enn ich bedenke, welche unnüfte G lieder des S t a a t s sie sind, w ie w enig sie auch n u r einm al die B estim m ung erfü llen , zu welcher m an sie fett macht — A ber zum D enker! d afü r werden sie auch im F egefeuer pfeifen, und keinen V icariu s dar« a u f halten dürfen. B ey dem F egefeuer, an welches nicht jeder g la u b t, fallt n u r ein Gefchlchtgen ein. I n Hessen w a r rin D o rfp fa rrc r, dem gemcl« bet w u rd e , e s gäbe in seiner G em eine Leute, welche die Anferste! ung der Todte» leugneten. D e r Lcrm der orthodo.ren G egenparthey w urde so la u t, daß der arm e Geistliche endlich d a s D in g in s R eine bringen m ußte. E r vcr» fam m lete also seine G em eine, rief alle die, welche die Auferstehung g lau b ten , hervor, und stellte sie a u f eine S e ite , de» Unglaubi« ßcn gegenüber, und nun rief er a u s : « I h r ,, Vcr«
„Verstockten!
I h r zur Linken! I h r glaubt
„a ls o nicht die Auferstehung der L o b te n ? " S ic juckten die Achseln — „ W ohl a ls o !" fu h r er fo rt „ I h r bleibt in der Erde liegen, „ I h r Hunde! und alle jene wackren M änner „ werden m it H aut und H aar auferstehen — „ D a s ist nun Eure S c h u ld ! " — und dam it g»eng er fort. H in te r Seligenstadt gesellte sich rin Pudel t» u n s , und verließ uns auch siit dieser Zeit bis
itzt
nicht.
D er
empfindsame
H err
von Hohenau g laubt, der Hund labe vor# jüglich zu ihn» Zuneigung, i t r i l er ein guter M a n n se»), an den sich gern jeder Unmündige wende.
„ B e y m ir " ru ft er pathetisch aus
„sucht der Unglückliche Trost, und der Aer# „ laffene Zuflucht; Es giebt ein Gefühl von „S y m p a th ie , welches jedes sckutzbedürftige „Geschöpf, jeden Leidenden, jedes K ind und „jedes Thier zu dem hinzieht, der gern h ilft,
„und thctlnehmend
fühlen kann." Q $
W ir
W ir kamen den Abend nach Aschaffenburg, w o w ir die N acht blieben. Ic h w äre gern w eitergefahren, denn die besten D ettcn w aren schon fü r eine andre Gesellschaft in Beschlag genom m en. E s w a r ein gewisser kaiserlicher M a jo r von M . . . , den ich vor etw a acht J a h r e n in Leipzig gesehen h abe, nebst seiner F ra u . E r h atte d am als eben diese F ra u ihrem V a te r , einem reichen G rhcim erath in B . . .» entführt. Nachdem er verschiedencm al vergeblich um sie a n g eh alten , befand er sich eines A bends m it seiner G clrebtcn und deren E lte rn in einer Gesellschaft. E s w a r neun U h r, und m an w ollte au sein and er gehn. D e r M a jo r fü h rt d as F rau lern die T reppe h in u n te r, und statt sie in ihrer E lte rn Hutsche zu heben, steht schon ein W agen m it vier Postpferden vor der T h ü r , in welchen die bt»)drn Täubchen geschwind H üpfen, und von dannen fliegen. D e r V a te r r u f t: „ W a s „ so ll denn d a s heissen?" aber m an hatte M usicanten a u f die Gasse gestellt, die eine lermcndc M elodie blasen m ußten, bey welcher es
es nicht möglich w ar, die S tim m e des alten Eehcim cnraths zu hören, der nicht wußte w ie ihm geschahe, indeß sein Töchterlein schon aus dem Thore war. D er Vater tobte, wurde aber nach und nach besänftigt, und w illigte ein , da das Uebel nicht mehr zu andern war. Jetzt leben die Leute recht Vtw g n ü g t, und haben einen einzigen S o h n , der nebst seinem Hofmeister bey ihnen war. Die« ser Hofmeister gefiel mir aber nicht. E s war ein steifer Candidatus Thcologiac, hatte eine schwarze sammckne Weste mit Knöpfen von geschliffenen Steinkohlen a » , eine Hos« von gewürfeltem wollenen Zeuge, und einen braunen Rock mit halb steifen Schößen, und kleinen mir Kameelgarn übcrsponnenea Knöpfen. W ir fuhren den i4ten früh M orgens fort. D er W eg geht über einen D erg , welcher der Epesscr heißt, auf dessen Höhe es schon recht grimmig kalt war. D a s Volk in diesen G e, gendcn ist g u t, treu, wohlgebildct, höflich, aber
aber arm.
W ir hielten bey einem W irthS.
Hause, ganz oben auf dem ehrwürdigen Berge still, und stiegen emen Augenblick aers, etit Frühstückzu nehmen.
Cm alter G reis, m it
gan; roeiiien Haaren, faß in dem (iircul von etlf Personen seiner F am ilie, Enkel.
M a n sahe,
Minder und
dass diese Leute nicht
viel Bequemlichkeit des Lebens schmeckten; aber doch waren sie heiter, Eintracht herrschte in dieser Hütte der D ürftigen, und der alle M a n n , bey welchem m ir der Greis auf dem Berge Ätlas einst.1, spielte m it seinen jtiitz desiindem,
die seine Jime umsasten, und
auf welche er sanft und ftvhlig lnrabsah. Jeder von uns gab jedem jiuii>e ein Kreuzer, chen, und w ir fuhren weiter. I n Esselbach begegneten uns zwey andre Lutsche», und da unsre Postillons Lust hatteil m it jenen zu wechseln; so stiegen w ir sämtlich a u s» und machten oder erneuerten vielmehr Bekanntschaft m it den Fremden» denn ich sah bald, daß es Personen waren,
tue
di« ich irgendw o gesehen hatte. D er ganze Z ug sah ziemlich a u s , wie E m ig ra n te n , die nach Astrakan gehen, und in einer Kutsche saßen sieben Personen: Entrcs toujours, Commerc, nous ne fommes qu’il fcpt. E s w a r unter andern eine A rt von Cammer« Jungfer u nter ih n en , m it einer schwarzen H au b e, und dabey la n g , h a g e r, g elb , ge« staltet wie der Lieutenant Lism ahago. D ie H errschaft aber bestand a u s einem gewissen Obristcn von V erd en , der einst in russischen und sodann in französischen D iensten w ar. Derselbe hielt einm al um ei» reiches F rau« lein in S tu ttg a rd an. M a n erfuhr aber in« dessen, daß er schon in R u ß lan d verheyra« thct sey. A ls m an ihn nun darüber zur Rede stellte, und er h ö rte, daß seine erste F ra u gegen ihn geklagt h atte , fragte e r: „W elche „ F r a u ist denn d a s ? " D en n S ie müssen wissen, daß es sich nachher entw ickelte, er habe nicht n u r in M o sk a u , sondern auch in C tra ß b u rg eine theure E hehälfte zurückgelas« sen, und beyder Vermögen durchgebracht. D er
Der Bruder dieses M annes war in der an, dern Kutsche mit seiner Familie. E r ist Forstmeister im Sächsischen, rin M ann von unerhörtem Phlegma, dazu geizig und äus serst langweilig. M an kömmt nachher durch verschiedener kleinen Grafen Länder. Ein Franzose sagte einst zu einem von diesen Potentaten: „ J ’ai „travers«; ce matin Yotrc Monarchie.“ Derselbe G raf, zu welchen» er dies sagte (er wohnt aber nicht in diesen Gegenden) gieng einmal anfdem Felde spazieren, und traf einen Bauern an , der hinter einer Hecke gewisse Bedürfnisse der N atur befriedigen wollte. D er G raf fand dadurch die ihm schuldige Ehrerbiethung beleidigt: „ K e rl!“ rief er „W eißt du, daß sich das nicht schickt?“ „ E y n u n !“ erwiederte der Bauer ganz ge« taffen „so gehe ich denn über die Grenze.“ E r behielt die Beinkleider in der Hand und gieng zwanzig Schritte von da in eines an, dem Herr« Länder. Es
E s war schon spat a ls w ir nach W ürjbürg kamen, und da wir glaubten, es sey der M ühe w erth, sich einige Stunden hier aufzuhalten; so bestellten wir erst die Pferde a u f den folgenden M ittag. W ir spciseten indessen des Abends in Gesellschaft eines guten alten biedern O fficiers, der von unten a u f gedient, und sich seine Bildung gänzlich selbst zu danken hatte. Er hatte eine bey solcher Art Menschen ungewöhnliche M ilde im Eharacter, und w ir wurden bald recht vertraulich mit ihn». Unser Gasthof lag am M ayn . D ie A us ficht nach einer Art von W asserfall, die Brücke, sodann oben auf dem Berge die Festung; das alles macht einen hübschen An blick. W ir besahen diese Festung, so weit e s , der strengen militairischcn Einrichtung nach, erlaubt ist, und a ls w ir herabkainen, giengen w ir dem Schlosse zu. E s ist eines der schönsten in Teutschland, nur vielleicht zn sehr mit Zierrathe« überladen, für eine,» gcist,
geistlichen Pallast.
W ie würden stch die l i t t
den 'Apostel w undern, wenn sie sehen sollten, daß ihr Eollegc rin so babylonisches Schloß dahingesevt,
und S tatu en auS der heidni
schen M ythologie
davor aufgepflanzt h a t!
Auch macht es einen bösen Eindruck, gegenüber so schlechte Hauser stehn. wohnten
daß W ir
noch im Dom den Exsequien fü r
einen kürzlich verilichenen Dom herrn
bey,
der an m ttr Indigestion und also in seinen» B e ru f gestorben w a r, und darauf fuhren w ir den i;te n M itta g s von dort ab. Dies« Gegend von Franken ist öde und w üst,
doch findet man Weinbau daselbst.
W enig D ö rfe r sieht m an. aber freundliche höfliche
Leute,
scheußliche Wege.
elende Postansialten
und
W ir fuhren die Nacht
durch, weil die Gegend doch nicht verdiente dry Tage gesehen zu werden. C o oft ich von bösen Wegen höre, fa llt m ir d ir Geschichte vom regierenden Grafe» von
von S . . . ein,
der einen quasi Finanz
birector hatte, welcher sich freylich zu den» Posten gar nicht schickte, beim er war ein schöner G eilt, übrigens aber nie m it Geschäf ten umgegangen. durch
Es begab sich aber, daß
ein gewisses D o rf im
Lande eine
Chaussee sollte gemacht werden, wogegen sich aber der gräfliche Minister ans der Fülle sei« ner Lunge setzte, und zwar aus der Ursache, weil dadurch schmiede und andre Handwerks« tcutc lahmgelegt werden würden.
Denn da
in diesem Do-sse die Fremden fast immer etwas an ihrem Fuhrwer. zerbrachen, wel« ches hier ausgebessert werden müßte; so dürfte
man zum bessern Aufkommen des
D o rfs die Wege ja nicht bessern. Diese Vor« stellung leuchtete dem Grafen ein, und die en,
w ird auch an die
„Reichsgerichte dieferiregen, und an vcrfdjte# „bene H ö fe ,
Traetaten abzusel'lieffen, ver-
„sendet werden.
Wenn er nicht a u f Reisen,
„sondern zu Hause ist, erfordert man von „ ih m . baß er von M orgens 8 bis 12 Uhr, „ u n d Nachm ittags von 3 bis 8 beym gna, „d ig e n H errn im Zimmer bleibe.
Dagegen
„ h a t e r freye W o h nu ng , und jährlich 150fl. „ G e h a lt, und wenn er sich gut a»suchet “ (s o ll vermuthlich heiffen,
wenn er rasieren
im b frisieren, folglich den h'aiiimerdieiier zur gleich machen kann"! „d a s J a h r 200 fl., wo, „ v o n er sich aber zugleich belösugen muß. „ W a s er deS Tags a u f der Reise fü r Zeh, „ r u n g zugelegt bekomme,
w ird man nach
„V e rh ä ltn iß seines Gehalts bestimmen. D er „ H e r r steht in Ansehn und Vermögen; M a n „k a n n also da bey guter Aufführung fein
„Glück
„G lück machen. D a s M ehrere ist a u f dem „große» Kaffeehause ju erfragen." Frankfurt am N»ayn den -6>ien Abends. W ir kamen gestern spat h ie ra n , und fuh« ren gleich diesen M orgen nach H oiudurg vor der H ö he, von. woher w ir so eben wieder itt# rücktoininen. H om l nrg vor der Höhe ist ein kleines E ia d tg c n . Ic h wollte ab er, es w ohnte» in manchen glänzenden Residenz- oder Reichs» stabten halb so viel gute Menschen a ls hier. W ollen S ie erntn Fürste» sehn, der sich nicht schämt ein guter V ater z» seyn; der seine K inder selbst u nterrichtet, sie selbst jn r W eish eit und Lugend fü h rt; einen F ürsten, der alle Schmcicheley h aßt und die Schm eich, ker flieht; der seine G röße (die G röße seines G eistes und H erzens, dann er g laubt an keine a n d re ) nicht einm al ah n d et; der der beste G a tte , der theilnehmendste F reu n d , der gn, tigste sorgsamste L andesvater ist» W ollen T s E i«
S ic eine Fürstinn sehen, die all« ausser« An« in'bm lubfeiteit, einen unnachahmlichen, E hre« biethnng gewinnenden'instand, feine Talent«, und einen durchdringenden Geist, m it E in fa lt bcßJpcrvntf, herablassender G üte. M ild e und Menschenliebe verbindet; so reifen S ie nach H om burg» und wenn S ie den Anblick dieser glücklichen seltenen fürstlichen F am ilie und der gute» l’cntc, die um dieselbe leben, recht genossen haben,
dann gehen S ie auch di«
Anlagen zn sehen, welche der bandgraf im großen und kleinen W ald« gemacht h a t, wie er der schönen N a tu r , ebne Forderungen, nur unm erklich;n H ülfe gekommen ist.
Welche
herrliche Gegenden werden S ie da erblicken; M e h r werth a ls die großen fürstlichen G arte il, in welchen M illio n e n verschwendet w u r, den, um je g ri lbim ua ju realisireii. * Unser
* La« alles tret ttcfcl im Jahr 1771. kort noch niest als? tu sehen. Verrenhe aber, lieber Le ser ! trenn ein für alle« öute und Seien« «arm« .'..'er; den Herauegeder ;u 'Lukrichtuneine«
Unser Schiffer ist da. um mit uns einen Tontract jn schliesst», und die Post geht um sechs Uhr ab. Ich w ill daher diesen B rief fortschicken. Hier sind noch ein Paar Ein, lagen — W ir empfehlen uns sämtlich Ih re r fernern Gewogenheit. Weckel. eine« Seile bewegt, den weder Schmeichelcy noch Hofnung einiger Wicdcrv.'rgeltung er heischt. Dielleicht werden die lieben Leute, welche ich hier lode, nie dies uiibedeukende Buch lesen, und wenn sie ',t, von woher man die ganze legend überschauen kann, hat eine sehr reizende S itu a tio n . A ls w ir ankamen, lag unser lieber Freund . . . noch im Bette.
Sietr überraschten ih n ;
Und wenn es wahr ist, daß man das apaupt; gepraqe des Charakters eines Mannes nach der banne beurtheilen kann,
m it welcher er
a u flie ft; ( wen» er anders gesund iß ) so hat diese Bemerkung auch hier nicht gelogen, denn der vortrefliche M ann
sprang heiter
und liebevoll aus dem Bette i» unsre Arme. W ir haben schon heute einige glüctliche C tu n , den m it ihm und unsern andern theuren Freunden verlebt.
Auch habe ich sogleich de»
jungen Christoph M ü lle r aufgesucht,
und
ans seines behrherrn Munde da- vertheil« Hafkeste Zeugniß seines Fleißes »nd seiner Ausführung gehört.
■Ten
Ecu 4tfii Iiinius. W ir haben heute etwas gesehen, das man nur in diesen Gegenden allein huben sann# und wo»»» man in den übrigen Provinzen von Oentschland keinen Begriff hat, nemlich eine Fiepe (V lo o t). (Ein solches ungehen# red Gebäude kömmt stückweise an, und wird nicht weit von hier zusammengesetzt, mit nack Holland geführt zu werden. iCa w ir erfuhren, das eine dergleichen Maschine henke von Andernach abfahren würde; (wie beim gewöhnlich jährlich zwey hinnntergehn) so nahmen w ir ein Nachen und fuhren dahin. Es ist ein frappanter Anblick für jemand, der so etwas noch nie gesehn hat, eine schwimmende I n s l , welche, ohne die Flur gel, die man Knie nennt, acht- bis neun# hundert Schuhe lang, etwa hundert Schuhe breit und sechs bis sieben tief ist. Don einem solchen Gebäude, das oft 200,000 fl. werth ist, werden bis Holland ohngefehr 30,000 fl. Zoll gegeben. Es stehen viel Hutten zu Woh# U 3 iiungen [575]
fü r Menschen und Dich darauf, denn vier« bis fünfhundert keutc leben Tag und Nacht darauf.
F ür dieselben w ird täglich
ein Ochse geschlachtet.
M an ninit fünfzehn,
bis srchszehnhuudrt kalb B ro d ,
vier- bis
fünfhundert Ohm B ier > drei) bis vier Fuder W ein und ganze Feister voll geschnittenen B rods zu puppen m it aus den Weg.
Ge
wöhnlich
die,
geht
noch eine Jagd m it.
wenn alles Holz n»d die übrige Waare in Holland verkauft ist. die Menschen zum Theil wieder herausführt.
Es gehört große X m i|l
dazu, eine so colossalischc Maschine zu len, ken. und da der c trohin gegen diese große Maße überaus mächtig würken kann; so seht der geringste wiedrlge Umstand, und ein lle i, ner Fehler, der bey den Drehungen vorgeht, die ganze Mannschaft in Lebensgefahr. nun gewiß zu seyn,
Um
ob sie Wasser genug zur
Reise haben, lassen sich die Unternehmer täglich aus der Schwei; einen B rie f nach Andernach schreiben, und darin» melden. wenn der ge, schmolzene Schnee von den Gebürgen losgeht. A ls
3 ii A ls w ir wieder ju Hause kamen fanden w ir Ih re n lieben B r ie f und unsre Zurürkbr» rufung.
W ir werben Ih re m Befehle gemäß
über Gotha und W eim ar reisen, und also bekommen S ie n u n , theuerster H e rr!
ausser
dem B rie fe , den der H err von Hohenau heute a u f die Post schickt, keine weitre Nachricht von u n s,
und dies Paquct wollen w ir von
F rankfurt aus abschicken.
Nieder- Selters de» 8ttn Jnniiis 1772. W ir sind heute über Coblcn;, M ontcbaue und Limburg hierhergekommen, wo w ir uns fern liebenswürdigen S im o n m it seiner Fa m ilie gefnndtn haben.
D ie Gegend dieses
D runnenorts hat w ilde Schönheiten. B ru n nengäste sind immer wenige gegenwärtig, um desto beträchtlicher aber ist die Versendung des Wassers.
V om frühen M orgen bis spät
in die Nacht sitzt ein Haufen Menschen a» der Q u elle, wovon der Eine Wasser schöpft, der Andre die Krüge herreicht, U 4
der D ritte da-
Z»r
=
d a s p u t 'in b n i , t c r V ierte d a s Verpichen und so ein jeder e tw a s besorgt. W i r haben hier auch einen meiner alten B e k a n n te n , de» H errn von Traukenberg m it seiner F r a u angetroffen. C s w a r eine rü h rende Freude für m ich, diesen g u te n , einst sehr unglücklichen M a n n , so zufrieden, ge sund und Hüter zu sehen. Crlauben (sie, liebster H e r r ! daß ich I h n e » eine vtchk a u s seinem beben m it h in en eigenen W o rte n erzähle. C ie werden dieselbe nicht ohne T heil, n rh m u ng lesen. „ I c h w a r ein fleißiger, fro m m er, aber „ z u w a rm und enthusiastisch gefühlvoller „ J ü n g l i n g , a l s ich nach . . . a u f die U m , „versitak kam. D o n allen Menschen hatte „ich eine v o rth c ilh a fte Id e e , und kettete mich „ s o gern an jeden a n , der irgend eine her, „vorstechend gute Cigenschaft blicken ließ, „ o d e r m ir einige Zuneigung b ew ies; S o neu „ w a r ich ncch in der W e lt — E s drängte» »ft*
„ sich verderbte J ü n g lin g e an m ich, gvroon# „ t u n nur die schwache S e ite a b , betrogen „ mich mit G eld und J e tt, und verführten „ mich zu einem m üßigen Leben." „ A b er dieser T aum el dauerte nicht lange.
„Ich gcrieth bald in S c h u ld e n , welche m ein „ V o rm u n d nicht bezahlen w o llte , und fühlte „ j u früh d as Leere meiner L ebensart, den „ V e r lu st der schönsten J a h r e , und glaubte, „ ich sey unw iederbringlich v er le rn n . Um „eben diese Zelt w ar ich auch sehr unglücklich „ in der Liebe; m ein einziger treuer Freund, „ m e in ältester B ruder starb, und meine G e , „ sundhett w ar nicht die beste. “ „ A lle diese U nfälle öfneten m ir die A ugen „ ü b er meinen Zustand, und da ich nun so „ w e n ig F reude, gleich bey meinem ersten „ E in tr itte in die W elt schmeckte; so verr „zw eifelte ich d a ra n , jem als Glück in der, „selb en zu finden. W a s ist, dachte ich , an „ ein em einzelnen Menschen verlohren, w enn U 5 „ er
„e r von einer irdischen Wohnung Abschied m mint, in welcher für ihn lein Heil mehr ist „ Don allen Todesarten hielt ich keine für „sanfter und weniger schmerst-afk als die, „O pium zu nehmen. Ich renkte aber, daß „ es. zu Verhütung des Mißbrauchs» »er# bothen ist, dieses G ift in großen Portionen „zu verkaufen. Deswegen holte ich nur, „unter allerley Vorwände, von mehreren „Apotheker», zu verschiedenen Zeiten, so „v ie l laudanum liquidum, als jeder verkau« „fen dürfte, sammlete alles in einem Glase, „u n d als ich endlich so viel zusainmenger „bracht hatte. alS nach medicinifcher Lheoe „rie dein stärksten Manne nethwendig einen „Schlagstuß zuwege bringe» mußte, machte „ich mich an die Ausführung meines P lans." „ E s studierte mit mir ein deutscher s*ui|7e, „von welchem ich wußte, daß er mir auf „Gelegenheit wartete, die Universität zu „verlassen, auf welcher er eine sein Vermör
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„ g e n übersteigende Echuldenlast (itifqrbnuft „ h a tte . £ lesen bath ich mit m ir ctuctt „ i? o a ;ie rg a n g a u f m i benachbartes D o r f Jit „ machen. M ein ILu'cbfel w ar t l \ n anaefom# v n u n , und ich li-die tat* ganze (. h !;' Im ) „ m i r , in der A . ficht, daß