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German Pages 453 Year 1987
WILFRIED ERBGUTH
Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts
Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Micb a el Klo ep fer, Trier
Band7
Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts
Von Wilfried Erbguth
Duncker & Humblot · Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Erbgutb, Wilfried: Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts I von Wilfried Erbguth.- Berlin: Duncker u. Humblot, 1987 (Schriften zum Umweltrecht; Bd. 7) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., HabiL-Sehr., 1985 ISBN 3-428-06340-6 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06340-6
Vorbemerkung Die vorliegende Untersuchung ist aus einem im Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster bis April 1985 durchgeführten Forschungsprojekt hervorgegangen; die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Bearbeitung durch Gewährung einer Sachbeihilfe unterstützt. Die Arbeit ist im Herbst 1985 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Habilitationsschrift angenommen worden. Sie wurde unter dem Titel "Raumbedeutsames Umweltrecht" als Band 102 der Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung veröffentlicht und ist inzwischen vergriffen. Im Sommer 1987 ist die Schrift mit dem Wissenschaftspreis des Deutschen Beamtenbundes ausgezeichnet worden. Zum Zwecke ihrer Aufnahme in die "Schriften zum Umweltrecht" wurde die Untersuchung überarbeitet und aktualisiert - allerdings nur dem Grundsätzlichen nach. Denn der systematisierende Ansatz der Arbeit und die sich hieraus erschließenden Problemlagen bleiben von der jüngeren Diskussion umweltrechtlicher Einzelfragen in Rechtsprechung und Literaturweitgehend- unberührt. Entsprechendes gilt für Gesetzesänderungen bzw. -novellierungen jüngeren Datums: Das ab 1. 11. 1986 geltende Abfallgesetz des Bundes 1 sieht wie das bisherige Abfallbeseitigungsgesetz zwei die rechtsnormative Struktur kennzeichnende Instrumente vor. Nach§ 6 AbfG haben die Länder überörtliche Abfallentsorgungspläne (bisher: Abfallbeseitigungspläne) aufzustellen; § 7 AbfG fordert für einzelne Abfallentsorgungsanlagen grundsätzlich eine Planfeststellung2. Die vom 1. 1. 1987 an geltende Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes 3 enthält ebenfalls keine Modifizierungen in Aufbau oder instrumenteller Ausstattung gegenüber der früheren Rechtslage4. Für die zentrale Neukodifikation in dem hier interessierenden Rechtskreis, den Erlaß des Baugesetzbuchs 5 , gilt nichts abweichendes, weil das Instrumentarium der Bauleitplanung, wie es im Bundesbaugesetz vorgesehen war, dem Grunde nach beibehalten worden ist und die Regelung des 1 2 3 4
5
V. 27. 8. 1986, BGBL I, S. 1410. Dazu Book, Bodenschutz, S . 143ff. BGBl. I, S . 1529. Vgl. etwa Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 89f. Bekanntmachung v. 8. 12. 1986, BGBL I, S. 2253.
6
Vorbemerkung
Baugenehmigungsverfahrens weiterhin den Landesbauordnungen vorbehalten bleibt. Auch die Integration des Städtebauförderungsrechts in das Baugesetzbuch zieht für die rechtssystematische Analyse, auf die sich die Untersuchung allein richtet, keine Konsequenzen nach sich6 . Angesichts dessen wurde auf eine Anpassung an das neue, Gegenstand und Gang der Bearbeitung indes nicht berührende Recht verzichtet.
6 Zum neuen Baugesetzbuch etwa Bietenberg I Krautzberger I Söfker, DVBl. 1986, 377; Stich, UPR 1986, 205; Das neue Baugesetzbuch, Zur Sache. Themen parlamentarischer Beratung, 4186.
Inhaltsverzeichnis Einleitung
23
Erster Teil Problemlage, Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
28
§ 1 Problemlage des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Divergenzen innerhalb des Rechtsgebiets Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Unterschiedliche rechtliche Ansätze im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . 1.2 Überschneidungen im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Fehlende Verbindungen im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Über- und Unterregelungen im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 28 29 30 31 32 33
§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 1. Weiterentwicklung des Umweltrechts als Ziel der Untersuchung . . . . . . 34 2. Zum Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3. Ergänzende Anmerkungen zum Vorgehen bei der Systematisierung des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Zum Ablauf der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Zweiter Teil 44
Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
§ 3 Der Begriff der Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 § 4 Das Rechtsgebiet Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Meinungsstand zur näheren Bestimmung des Rechtsgebiets . . . . . . . . . . 50 2. Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.1 ·Außenabgrenzung des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.2 Rechtsgebietinterne Gliederung des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . 57 § 5 Öffentliches Umweltrecht .. .. .......... . .. ... .......
1. Abgrenzung zum privatrechtliehen Umweltrecht . 2. Ausgrenzung des Umweltstrafrechts
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§ 6 Raumbedeutsames (öffentliches) Umweltrecht . .... . .. . . . ... .. .
1. Zum Begriff der Raumbedeutsamkeit ...
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Inhaltsverzeichnis
2. Beurteilung 67 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 § 7 Das begriffliche System des (raumbedeutsamen öffentlichen) Umweltrechts
68
1. Umweltrecht mit unmittelbarer Raumbedeutsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Unmittelbar raumbedeutsames Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Unmittelbar raumbedeutsames Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
71
2. Umweltrecht mit mittelbarer Raumbedeutsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
3. Abgrenzung zum Umweltrecht ohne Raumbedeutsamkeit . . . . . . . . . . . .
74
§ 8 Die Bedeutung außergesetzlicher Vorgaben für das (raumbedeutsame öffentliche) Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
1. Komplementärfunktion außergesetzlicher Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Generalklauseln des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Technische Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 75 77
2. Umweltrecht und informales staatliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zu den Einschätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79 80 84
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Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Dritter Teil Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
91
§ 9 Allgemeine Prinzipien als Grundlagen des Umweltrechts . . . . . . . . . . . . . . .
92
1. Das Vorsorgeprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
2. Das Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
3. Das Kooperationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
4. Sonstige Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
5. Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
§ 10 Beurteilung der Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
97
1. Analyse der Vorschriften nach Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
1.1 Analyse des Umweltrechts nach Maßgabe der gesetzlichen Zielbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Alleinige Umweltschutzzielbestimmungen im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Nebengeordnete Umweltschutzzielbestimmungen im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht ........ . ... ... . . .. 1.1.3 Keine materiellen gesetzlichen Zielbestimmungen im mittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht . ............... .... . 1.2 Analyse des Umweltrechts nach Maßgabe des Instrumentariums . .. 1.2.1 Das planende Instrumentarium im Umweltrecht ...... . . ... 1.2.1.1 Planungsinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel
99 99 100 102 102 103 103
Inhaltsverzeichnis
9
1.2ol.2 Planungsinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel 00 00 00 00 000 0 0 0 00 00 00 00 00 00 00 0 0 00 00 00 0 105 1.201.3 Keine Planungsinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug 0 0 0 0 00 00 00 00 00 00 00 00 00 00000 107 1.202 Die vorhabenbezogenen Mittel direkter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht (Einzelinstrumente bzwo -entscheidungen) 00 0 107 1.20201 Einzelinstrumente mit Planbindung 00 00 0 00 00 0 0000 107 a) Plangebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 00 00 00 00 0o 0o 00 0 0 00 0o 0o 0 107 b) Plangebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel 00 00 00 00 00 00 0 0 00 0 0000 108 c) Keine plangebundenen Einzelinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug 0 0 00 00 00 0 110 1.20202 Einzelinstrumente ohne Planbindung 00 00 0 0 00 00 000 110 a) Planungebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 00 00 00 00 00 00 00 0 0 00 0 0000 110 b) Planungebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel 0 00 00 00 0 0 00 0 0000 112 c) Keine planungebundenen Einzelinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug o o 0ooo 113 1.203 Vorschriften mit Komplementär- und Konkretisierungsfunktion 0 000 0 0 00 00 00 000 0000 00 00 0 0 0 00 0000 00 00 00 00 0 00 0000 0 114 1.20301 Vorschriften mit Komplementärfunktion 0 00 0 00 000 0 114 a) Komplementärvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 00 000 00 00 0 0 00 00 00 00 00 00 00 0 0 00 0 0000 114 b) Komplementärvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel 0 0 0 0 00 00 00 00 00 00 0 00 0 0 00 000 0 115 c) Keine Komplementärvorschriften im mittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht 0 00 00 00 0 00 0000 0 117 1.20302 Vorschriften mit Konkretisierungsfunktion 0 00 0 0000 117 a) Konkretisierungsvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 0 0000 00 00 0 00 00 0000 00 0 00o 00 0 0 00 000 0 117 b) Konkretisierungsvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit n ebengeordnet em Umweltschutzziel 0 0 0 0 00 00 00 00 00 00 0 00 0 00 0 000 0 119 20 Bewertung der Analyse des Umweltrechts 0 00 00 0 000 00 0 000 0 00 00 00 000 121 201 Bewertung der Ziel- und Zweckbestimmungen der Gesetze 00 0 000 0 122 202 Bewertung der Instrumente der Planung und Einzelentscheidung 0 0 123 20201 Bewertung der Instrumente in horizontaler Sicht 0 00 00 0 0000 124 20201.1 Bewertung der Planungsinstrumente in horizontaler Sicht 0 00 00 000 0000 0 00 0 0 00 00 0 000 00 0 000 0 00 00 00 000 124
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Inhaltsverzeichnis a) Die Unterscheidung von Fachplanungen und Gesamtplanungen des Umweltrechts ......... . .. . b) Fehlende Vernetzungen im Umweltrecht ........ c) Fehlende Vernetzungen mit dem übrigen Planungssystem . . .. . ..... .. . .. . . . . .......... . . . . . . . 2.2.1.2 Die Bewertung der Einzelentscheidungen in horizontaler Sicht ............ . .................. .. ... a) Die störende Parallelität von Verfahren b) Die defizitären Konzentrationsregelungen ...... 2.2.2 Bewertung der Instrumente in vertikaler Sicht ....... . .... 2.2.2.1 Bewertung der Planungsinstrumente in vertikaler Sicht ... . . . .... ... ....... . ....... . ...... .... .. a) Unterschiedliche Konkretisierungsstufen der Planung . ............................... .. .... aa) Dreistufige Planungsebenen ....... . ... . . . bb) Zweistufige Planungsebenen .. . ... . ..... . . cc) Einstufige Planungsebenen .. . . ... . . .... . . b) Fehlendes Planungsinstrumentarium .... .. .... . c) Die Bewertung des Verhältnisses von Planungen zu Einzelentscheidungen . . .................. . aa) Die Bewertung von plangebundenen Einzelentscheidungen . ..... . .............. . ... bb) Die Bewertung von planungebundenen Einzelentscheidungen . . .. ............ . . ... . . cc) Überschneidungen zwischen Planung und Einzelentscheidung . . . ............ . .. ... . 2.2.2.2 Die Bewertung von Einzelentscheidungen in vertikaler Sicht ................. .. ........... . ....... 2.3 Die Bewertung von Komplementär- und Konkretisierungsvorschriften ............. . .................. . .................. .. .
Zwischenergebnis und weitere Vergehensweise
125 125 126 126 127 127 127 128 128 128 128 129 130 130 130 131 133 133 134 136
Vierter Teil Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht: Systematisierung, Harmonisierung, Problemlösungen
140
§ 11 Vorbemerkung: Zur Bedeutung außer-umweltrechtlichen Rechts für die weitere Untersuchung .......... . .......... .. .... . ............ . . .. 140 § 12 Weiterentwicklung der Prinzipien des Umweltrechts .... . .. .. .. .. .. . .. 143 § 13 Weiterentwicklung der Zweck- und Zielbestimmungen der Umweltgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 § 14 Weiterentwicklung des Instrumentariums . .. . ... .. . .............. . .. . 145 1. Weiterentwicklung des Planungsinstrumentariums in horizontaler Sicht 146 1.1 Weiterentwicklung der überörtlichen Umweltplanung . . . ........ 146 1.1.1 Vernetzung der Umweltfachplanungen . . . . ............... 147
Inhaltsverzeichnis 1.1.1.1 Ausgestaltung der überörtlichen Landschaftsplanung zur umweltrechtlichen Leitplanung ........ .. ..... 1.1.1.2 Einführung einer integrierten Umweltplanung ..... . 1.1.2 Umweltplanungen und herkömmliche Fachplanungen ...... 1.1.2.1 Verstärkung des Umweltschutzes in herkömmlichen Fachplanungen .......................... . ... .. 1.1.2.2 Einbindung von Umweltplanungen in die Raumordnung und Landesplanung . ................ ... .. . 1.1.3 Kombination der Modelle ...... . .... . ........... . . . .. . . 1.2 Weiterentwicklung der örtlichen Umweltplanung ... . .... . ...... 2. Weiterentwicklung der Einzelentscheidungsregelungen in horizontaler Sicht .......... . ....... . ......... .. .... . ............... . .... . 2.1 Rechtsdogmatische Unterschiede zwischen Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissen . . .......... . ... . . .. . ........... .. . . .. . 2.1.1 Planfeststellungen ........... .. . .............. ... . .. .. 2.1.2 Kontrollerlaubnisse ............ . ............... . . .... . 2.1.3 Mischformen . .. ... ..... . . . . . .... . . ... . . .. . . ... .. . . . .. 2.1.4 Beurteilung der Trennung von Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissen .......... . .... . . . . ................. . 2.2 Parallele Zulassungsverfahren ........ . .... . .......... .. .... . 2.2.1 Konzentrationswirkung von Planfeststellungen ... . . .. .. . . 2.2.1.1 Allgemeine Regelungen der Konzentrationswirkung .. 2.2.1.2 Spezialgesetzliche Regelungen der Konzentrationswirkung . . . . . .. . ... .... . .. . . . .. . . . .. . .. .. . . .. . a) Materiell-rechtliche Regelungen .. . . . .... .. . . . . b) Verfahrensrechtliche Regelungen ... . ... . . .. . . . 2.2.2 Parallele Kontrollerlaubnisse .... .. ............... . .... . 2.2.2.1 Erlaubnisse mit fachgesetzlichem Prüfungsauftrag . . 2.2.2.2 Erlaubnisse mit fachübergreifendem gesetzlichem Prüfungsauftrag ............ .. ..... . ........ . .. ... 2.2.2.3 Erlaubnisse mit Konzentrationswirkung . . . .. . .. . . . 2.2.2 .4 Erlaubnisse mit Zuständigkeitskonzentration .. .. . . 2.2.3 Beurteilung der Parallelität von Zulassungsverfahren . . . , .. .
11
147 150 151 151 152 153 154 158 158 159 159 159 160 166 166 166 170 171 171 171 172 172 173 174 175
Zwischenergebnis ........ . ..... . ............... . ............... . .... . 188
3. Weiterentwicklung der Planungsinstrumente in vertikaler Sicht .... . . 3.1 Konkretisierungsstufen der Planung .. . . ............... . . ..... 3.2 Das Verhältnis der Planungen zueinander . . ... ... ... ... .. . . . . . 3.3 Das Verhältnis der Planungsinstrumente zu Einzelentscheidungen 3.3.1 Meinungsstand .. ...... .... .. .. . ........ . . .... . . . .... . 3.3.2 Beurteilung .. .. . . . .. .. . . . . . . . . . .. . .. .. . . . .. . . . . . .. . . .
190 190 191 194 195 200
4. Weiterentwicklung der Einzelentscheidungen in vertikaler Sicht . ... . . 4.1 Weiterentwicklung der Kontrollerlaubnisse· ... . ......... . . .... . 4.1.1 Zu den rechtlichen Grundlagen . . .... . . . .. . .. ........ . . . 4.1.2 Beurteilung der Stufung von Kontrollerlaubnissen in vertikaler Sicht .. . . . . ... . ...... . .. ... ....... . .. . ... .. .... . .
209 209 209 212
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Inhaltsverzeichnis 4.2 Weiterentwicklung gestufter Planfeststellungen .......... .. .... 4.2.1 Meinungsstand .............. . . .. . ........ . ...... .. . .. 4.2.2 Beurteilung der Stufung von Planfeststellungen in vertikaler Sicht . . . .. . . . ... . .. .. . . . ................ . ........... 4.3 Präklusion bei gestuften Entscheidungsprozessen .... . ..... . ... .
213 214 216 221
5. Verhältnis von Einzelentscheidungen zur Planung ............ . ..... 221 5.1 Entwicklungslinien und Meinungsstand .................. . .... 221 5.2 Beurteilung des Verhältnisses von Einzelentscheidungen zur Planung 224 § 15 Weiterentwicklung durch Verrechtlichung technischer Regelwerke . . . .... 229 Zwischenergebnis ..... . ......... . ..... . ... . . .. . . . ... . .. .. . . . ... . . .... 235 § 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen im Umweltrecht .. . ... 237 1. Vorbemerkungen zum Rechtsschutz im Umweltrecht ......... . . ... .. 237 2. Zur Einordnung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes im Umweltrecht ..... .. ... . ............ . . .. . . .............. . . . . 2.1 Drittbeteiligung als vorverlagerter Rechtsschutz . . .. .. .... . . . . . . 2.2 Beurteilung der Rechtsschutzkomponente in der Drittbeteiligung .. 2.3 Konsequenzen aus der Beurteilung der Drittbeteiligung . .... . . ... 2.3.1 Keine Kompensation des Verwaltungsverfahrens für das Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Keine Kompensation des Gerichtsverfahrens für das Verwaltungsverfahren .................. . . . ........ . ... . . . ... 2.3.3 Sonstige Wechselwirkungen zwischen verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung und gerichtlichem Rechtsschutz 2.4 Folgerungen aus dem Verhältnis von gerichtlichem Rechtsschutz und verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung für die Präklusionswirkung im materiellen Sinn .. . ................. . .. .. 2.4.1 Der Begriff der Präklusion ..... . . . . . . ............ . .... . 2.4.2 Regelung der Präklusion im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht ...... . . . ..... . ..... . .... . . . ........... . .... 2.4.3 Regelungen der Präklusion im Umweltrecht 2.4.4 Meinungsstand zur materiellen Präklusion 2.4.5 Beurteilung der materiellen Präklusion ....... . . . .. . . ... . 3. Probleme des gerichtlichen Rechtsschutzes im Umweltrecht ... .. .... . 3.1 Eröffnung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes .. . . .... . 3.1.1 Vorbemerkungen und Überblick ... . . . .... . ...... . . .... . 3.1.1.1 Gerichtliche Kontrolleröffnung gegenüber umweltrechtlichen Planungen . ... . . .. . .. ... . .. . . .. . . ... a) Allgemeiner Überblick . . . . . ...... . .... . . .... . b) Gerichtliche Kontrolleröffnung bei gestuften Planungsprozessen ... . . . ... .. ..... . ..... . . . ... . 3.1.1.2 Gerichtliche Kontrolleröffnung gegenüber umweltrechtlichen Einzelentscheidungen . . . . ... .. . . . .. . . 3.1.2 Umfang der Klage- und Antragsbefugnis im Umweltrecht ... 3.1.2.1 Abgrenzung von Klagebefugnis nach§ 42 Abs. 2 VwGO und Antragsbefugnis nach§ 47 Abs. 2 VwGO . . . ....
242 242 244 248 248 250 254 254 255 256 256 258 264 276 276 276 278 278 280 285 293 293
Inhaltsverzeichnis
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3.1.2.2 Antragsbefugnis bei Rechtsschutz gegen Planungen . . 294 a) Überblick ............. . . ............... . ... 295 b) Die Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren (§ 47 Abs. 2 VwGO) und die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Feststellungsklage nach § 43 VwGO 296 3.1.2.3 Umfang der Klagebefugnis von Drittbetroffenen nach § 42 Abs. 2 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Meinungsstand . ... . . ............ . .. ... . aa) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Literatur ..... . ..... . .......... . .. .. . .. (1) Grundrechtliche bzw. verfassungsrechtliche Herleitung subjektiv-öffentlicher Rechtsstellungen . . . ......... ... ... .. . (2) Einfachgesetzliche Herleitung ...... . .. (3) Vermittelnde Auffassungen .... . . .. ... . b) Beurteilung .... . .. . ... . . . .......... . ... .. .. aa) Stellungnahme zur Schutznormtheorie . . . ... bb) Stellungnahme zum grundrechtliehen Drittschutz . . . .. . . . ... . ... . . . . . ..... . . . ... . . cc) Stellungnahme zum Rücksichtnahmegebot . . dd) Zur Beschränkung der Schutznormtheorie auf vollzugsorientierte Normen ........... . ...
300 301 302 305 305 307 309 310 311 317 323 327
3.1.3 Folgerungen für den Rechtsschutz Drittbetroffener im Umweltrecht (Überblick) . . .. . ....... .. .. . . . .......... . ... 329 3.1.3.1 Rechtsschutz Drittbetroffener gegenüber umweltrechtlicher Planung . .... . . ... .. . . . ... . . .. . . .. . . 330 3.1.3.2 Rechtsschutz Drittbetroffener gegenüber umweltrechtlichen Einzelentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 334 3.2 Gerichtliche Kontrolldichte bei der Überprüfung von Planungen und Einzelentscheidungen des Umweltrechts .. . ............ . . . . 3.2.1 Planerischer Gestaltungsspielraum und Kontrolldichte bei Planungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Zur planerischen Abwägung und Abwägungsfehlerlehre bei der Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik im Schrifttum .. .. ... . . . .... . ... .. ... . b) Beurteilung der Abwägungsfehlerlehre . ... . . . .. 3.2.1.2 Auswirkung gestufter Planungsprozesse auf den planerischen Gestaltungsspielraum und die planerische Abwägung . . . . ..... . .... . .... ... ........ . . .... 3.2.2 Überprüfbarkeit von Einzelentscheidungen des Umweltrechts
348 348 348 350 351 358 364
Zwischenergebnis ..... .. . . ........... . ..... .. ..... . ..... . .. . . .... 372 4. Grundprobleme des verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes im Umweltrecht ...... . ... . .............. . ......... . ..... ... .. . 4.1 Meinungsstand ... . . . . . ... . . . . . . .. . . . .. .. . . . . ... . .... . ... . . 4.2 Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtsschutz gegenüber Einzelentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
376 377 382 385
14
Inhaltsverzeichnis 4.2.2 Verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtsschutz gegenüber Planungen .................... . . . ............ . . . .. . . . 4.2.2.1 Verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtsschutz gegenüber Umweltfachplanungen ..... . .... . .. . .. . . 4.2.2.2 Verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtsschutz gegenüber Gesamtplanungen des Umweltrechts ... .. . . Zwischenergebnis ....... . ................. ... ................ . . ..
387 388 388 390
§ 17 Exkurs: Umweltverträglichkeitsprüfung(en) (UVP) . ......... . .... ..... 391 1. Materiell-rechtliche Komponente der UVP . . ................... . .. 394 2. Verfahrensbezogene Komponente der UVP . . . . . . . . ... . ...... . . . .. . 2.1 UVP und landesplanerisches Raumordnungsverfahren ... . .... . . . 2.2 UVP und§ 8 BNatSchG ........................... . .... . . .. 3. Organisatorische Komponente der UVP ... . . ......... . .. . .... . . . ..
396 397 399 401
Fünfter Teil
Die Ergebnisse der Untersuchung in Thesen
402
§ 18 Zusammenfassung der Einzelergebnisse . .... . . . . ....... . . .. .... . . ... 402 § 19 Gesamtbetrachtung des Weiterentwicklungsbedarfs im Umweltrecht .. . .. 409 1. Folgerungen aus den Untersuchungsergebnissen für die Stellung privater und staatlicher Stellen im Umweltrecht ................... . .... 1.1 Zu den Trägern der Staatsgewalt im Umweltrecht .. . ...... . .... 1.1.1 Die Stellung der Legislative ... . . .. .. . ...... . ... . .. . .. . . 1.1.2 Die Stellung der Judikative . .... .. . . . .. .. . . . .. . ... . . ... 1.1.3 Die Stellung der Exekutive ........................ . ... . 1.2 Die Stellung der Vorhabensträger ... . ..... . ........... .. ..... 1.3 Die Stellung privater Dritter ........ . .... . ............. . .. ..
409 409 409 410 410 411 411
2. Die Ergebnisse der Untersuchung im Hinblick auf rechtliche Systematisierungsdefizite ......... .. . ....... . ... . .... . ..... . . ..... . . .... 412 3. Die Ergebnisse der Untersuchung im Hinblick auf verbleibenden Harmonisierungsbedarf . .. ... . . . . . . ... . . ... .. . . . ..... . .. . ... .. ... . 413
Literaturverzeichnis
414
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. AbfG
Abs. AbwAG
a.E. a.F. AG AgrarR Alt.
anderer Ansicht am angegebenen Ort Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz) vom 7. Juni 1972 (BGBL I S. 873) i. d . F. der Bek. vom 5. Januar 1977 (BGBL I S. 41, ber. S. 288), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. März 1982 (BGBl. I S . 281) Absatz Gesetz über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz) vom 13. September 1976 (BGBL I S. 2721, ber. S. 3007)
= amEnde alte Fassung, alte Folge Ausführungsgesetz Agrarrecht (Zeitschrift)
AltölG
Alternative Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung der Altölbeseitigung (Altölgesetz) vom 23. Dezember 1968 (BGBL I S. 1419) i. d. F. der Bek. vom 11. Dezember 1979 (BGBL I S. 2113)
amtl. Anh. Anm. AöR
amtlich (e, er) Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)
ARL ARSP Art. AS
Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie (Zeitschrift) Artikel Amtliche Sammlung von Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Rheinland-Pfalzund des Saarlandes
AT
Allgemeiner Teil
AtAnlV
Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomanlagenverordnung) i. d . F . der Bek. vom 29. Oktober 1970 (BGBL I S. 1518) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) i. d. F. d er Bek. vom 31. Oktober 1976 (BGBL I S. 3053), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. August 1980 (BGBL I S. 1556)
AtG
AtVfV
Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche Verfahrensverordnung) i. d. F . der Bek. vom 31. März 1982 (BGBL I S. 411)
Aufl.
Auflage
16 Bad.-Württ., bad.-württ. BauNVO
BauONW BauR Bay., bay.
Abkürzungsverzeichnis Baden-Württemberg, baden-württembergisch(e, es) Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung) i. d . F. der Bek. vom 15. September 1977 (BGBL I S. 1763) Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen- Landesbauordnung-vom 26. Juni 1984 (GV NW S. 419/SGV NW 232) Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bayern, bayerisch(er, es)
BayVBl.
Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
BayVerfGH BB
Bayerischer Verfassungsgerichtshof Der Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BBauBl
Bundesbaublatt (Zeitschrift)
BBauG
Bundesbaugesetz i. d. F. der Bek. vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2257, her. S. 3617), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juli 1979 (BGBL I S. 949)
BBauG 1960 BBergG
Bundesbaugesetz i. d .F. der Bek. vom 23. Juni 1960 (BGBLI S.341) Bundesberggesetz vom 13. August 1980 (BGBL I S. 1310)
BBU
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
Bd.
Band, Bände
Bek.
Bekanntmachung
her.
berichtigt
betr. BGB
betrifft, betreffend Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. S. 195), zuletzt geändert durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 1983 (BGBl. I S. 375)
BGBL
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 721, her. S. 1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. März 1982 (BGBl. I S. 281)
BlmSchG
BimSchV BlGBW
Verordnung(en) zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht (Zeitschrift)
BMBau
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
BMI
Bundesminister des Innern
BNatSchG
Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) vom 20. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3574, her. BGBL I 1977 S. 650), geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1980 (BGBl. I S. 649)
Abkürzungsverzeichnis
17
Bre., bre.
Bremen, bremisch(e, es)
BRS
Baurechtssammlung, Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Gerichte zum Bau- und Bodenrecht, begründet von Fr. Thiel, weitergeführt von K. Gelzer
BT-Drucks.
Drucksachen des Deutschen Bundestages
Buchholz BVerfG
Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, hrsg. von K. Buchholz, Loseblatt Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BWaldG
Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), geändert durch Gesetz vom 27. Juli 1984 (BGBl. I S. 1034)
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
zirka
dB(A) dens.
Dezibel (A-bewertet) denselben
ders.
derselbe
d.h.
das heißt
dies.
dieselben
diesbzgl. DIN
diesbezüglich(e, en) Deutsches Institut für Normung e. V.
DISP
Dokumente und Informationen zur Schweizerischen Orts-, Regional- und Landesplanung (Zeitschrift)
Diss.
Dissertation
DJT
Deutscher Juristentag
DÖV Dt.
Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches
DVBl.
Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)
DVO
Durchführungsverordnung
ebd.
ebenda
EG
Europäische Gemeinschaft
EIA EIS
environmental impact assessment environmental impact statement
EnWG
Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. Dezember 1935 (BGBL I S. 1451), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung energierechtlicher Vorschriften vom 19. Dezember 1977 (BGBl. I S. 2750)
EPlaR
Entscheidungen zum Planungsrecht, hrsg. vom Institut für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparen e. V., Loseblatt
2 Erbguth
Abkürzungsverzeichnis
18
ET
Erläuterungen Energiewirtschaftliche Tagesfragen (Zeitschrift)
etc.
et cetera
e.V.
eingetragener Verein
EVU EVwVfG
Energieversorgungsunternehmen Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1973, BT-Drucks. 7/910
Erl.
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
f.
folgende, für
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. FluglärmG
fortfolgende Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBL I S. 282), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 1976 (BGBL I S. 3341, her. BGBL I 1977 S. 667)
FlurberG
Flurbereinigungsgesetz i. d. F. der Bek. vom 16. März 1976 (BGBL I S. 546), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1982 (BGBL I S. 1777)
Fn. FStrG
Fußnote(n) Bundesfernstraßengesetz i. d. F. der Bek. vom 1. Oktober 1974 (BGBL I S. 2413, her. S. 2908), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1980 (BGBL I S. 649)
gern.
gemäß
GEP
Gebietsentwicklungsplan
GewArch GewO
Gewerbearchiv (Zeitschrift) Gewerbeordnung i. d. F. der Bek. vom 1. Januar 1978 (BGBL I S. 97), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 1984 (BGBL I S.1008)
GG
ggf.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert am 21. Dezember 1983 (BGBL I S.1481) gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GMBL
Gemeinsames Ministerialblatt
GVNW
Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen
Hamb., hamb.
Hamburg, hamburgisch(er, es)
Hess., hess.
Hessen, hessisch(er, es) herrschende Meinung
h.M. Hrsg., hrsg.
Herausgeber, herausgegeben
Hs.
Halbsatz
i.d.F.
in der Fassung
i.d.R.
in der Regel
i.d.S.
in diesem Sinne im einzelnen
i. e.
Abkürzungsverzeichnis insbes. i.S. i.S.d. ISP i.S.v. i.ü. i.V.m. IzR
19
insbesondere im Sinne im Sinne der, im Sinne des Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Raumplanung (Zeitschrift) im Sinnevon im übrigen in Verbindung mit Informationen zur Raumentwicklung (Zeitschrift)
JA JuS JZ Kz. l.
Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kennziffer
LAbfGNW
Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesabfallgesetz) vom 18. Dezember 1973 (GV NW S. 562/SGV NW 2061), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. März 1979 (GV NW S . 94) Landesentwicklungsplan Landesforstgesetz
LEP LFoG
linke
LGNW
Landschaftsgesetz vom 26. Juni 1980 (GV NW S. 7347), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. März 1985 (GV NW S. 261)
LimSchGNW
Gesetz zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen (Landes-Immissionsschutzgesetz) vom 18. März 1975 (GV NW S. 232/SVG NW 7129), geändert am 18. September 1979 (GV NW S. 552) Landkreistag Nordrhein-Westfalen Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen i. d. F. der Bek. vom 28. November 1979 (GV NW S. 878/SVG NW 230) Leitsatz Luftverkehrsgesetz i. d . F. der Bek. vom 14. Januar 1981 (BGBL I s. 61) Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeswal)sergesetz) vom 4. Juli 1979 (GV NW S. 488/SGV NW 77), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1984 (GV NW S. 370)
LKTNW LPLGNW Ls. LuftVG LWGNW m.a. W. MBL NW mschschr. m .w .H. m.w.N.
mit anderen Worten Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen maschinenschriftlich mit weiteren Hinweisen mit weiteren Nachweisen
Nachw. Nds., nds. NJW Nr., Nm.
Nachweise(n) Niedersachsen, niedersächsisch(er, es)
2'
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer, Nummern
20 NuR
Abkürzungsverzeichnis Natur und Recht (Zeitschrift)
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NW,nw o.ä.
Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch(er, es) oder ähnliche(s)
o.J. o.O.
ohne Jahresangabe ohne Ortsangabe
o.V.
ohne Verfasserangabe
OVG
Oberverwaltungsgericht
OVGE
Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i. d. F. der Bek. vom 2. Januar 1975 (BGBL I S. 80, ber. S. 520)
r.
rechte
RabelsZ
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
RdL
Recht der Landwirtschaft (Zeitschrift)
Rdn. RdWWi
Randnummer(n) Recht der Wasserwirtschaft
RGBL Rh.-Pf., rh.-pf.
Reichsgesetzblatt
ROG
Raumordnungsgesetz vom 8. April 1965 (BGBL I S. 306), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1980 (BGBl. I S. 649) Raumordnungsverfahren
ROV RTW
Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch(er, es)
RuR
Recht - Technik - Wirtschaft (Schriftenreihe), hrsg. von Rudolf Lukes Raumforschung und Raumordnung (Zeitschrift)
s.
Seite(n), Satz
s. Schl.-Ho., schl.-ho. SGVNW
siehe Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch(er, es) Sammlung des bereinigten Gesetz- und Verordnungsblattes für das Land Nordrhein-Westfalen, Loseblatt
s.o.
sieheoben
so2
Schwefeldioxid sogenannt(e, er)
sog. StädteT
Der Städtetag (Zeitschrift)
StBauFG
Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (StädtebaufÖrderungsgesetz) i. d. F. der Bek. vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2318, ber. BGBl. I S. 3617), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I s. 1532)
std. Rspr.
ständige Rechtsprechung
Abkürzungsverzeichnis
21
StGB
Strafgesetzbuch i. d. F. der Bek. vom 2. Januar 1975 {BGBL I S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 1981 (BGBL I S. 1329)
StGR
Städte- und Gemeinderat (Zeitschrift)
StrlSchV
Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung) vom 31. Oktober 1976 (BGBL I S. 2905), her. BGBL I 1977, S. 184 und S. 269), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Mai 1981 (BGBL I S. 445)
SWR
Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung (Schriftenreihe), hrsg. von Wemer Ernst, Wemer Hoppe und Rainer Thoss
TA Lärm
Allgemeine Verwaltungsvorschrift über genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 16 der Gewerbeordnung- Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 16. Juni 1968 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 137 vom 26. Juli 1968)
TA Luft
Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 28. August 1974 (GMBL S. 426) i. d. F. vom 23. Februar 1983 (GMBL S. 94)
tlw.
teilweise Technische Universität
TU TWG
Telegraphenwegegesetz vom 18. Dezember 1899 (RGBL S. 705)
i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 1. Juni 1980 (BGBL I S. 649)
Tz.
Textziffer
u.
u.a.
und und andere, unter anderem
u.a.m.
und andere(s) mehr
UBAG
Gesetz über die Errichtung eines Umweltbundesamtes vom 22. Juli 1974 (BGBl. I S. 1505)
umfangr.
umfangreich(en)
UPR UStatG
Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) Gesetz über Umweltstatistiken vom 15. August 1974 (BGBL S. 1938) in der Fassung vom 14. März 1980 (BGBL I S. 311)
UVP
Umweltverträglichkeitsprüfung
V.
von, vom
VBlBW
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift)
VDI VerwArch
Verein Deutscher Ingenieure Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)
VGH vgl.
vergleiche
VkBl
Verkehrsblatt (Zeitschrift)
Verwaltungsgerichtshof
Vorbem.
Vorbemerkung
VR
Verwaltungsrundschau (Zeitschrift) Verkehrsrecht-Sammlung
VRS
22
Abkürzungsverzeichnis
vv
Verwaltungsvorschrift
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBI. I S. 17), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 1982 (BGBL I S.1834)
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25. Mai 1976 (BGBI. I S. 1253), geändert durch Gesetz vom 2. Juli 1976 (BGBI. I S. 1749)
VwVfR
Verwaltungsverfahrensrecht
WaStrG
Bundeswasserstraßengesetz vom 2. April 1968 (BGBI. II S. 173), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1980 (BGBL I S. 649)
weit. WHG
weitere(n) Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) i. d. F. der Bek. vom 16. Oktober 1976 (BGBI. I S. 3017), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. März 1980 (BGBI. I S. 373)
WiVerw
Wirtschaft und Verwaltung (Beilage zu Gewerbearchiv und Umwelt- und Planungsrecht)
z.B.
zum Beispiel
ZfBR ZfW
Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Wasserrecht
Ziff.
Ziffer
ZIR
Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster
zit.
zitiert
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik (Beilage zur Neuen Juristischen Wochenschrift)
z.T.
zumTeil Zeitschrift für Zivilprozeß
ZZP
Einleitung Daß die Bedeutung des Umweltrechts gewachsen ist und dieser Prozeß sich fortsetzt, kann als ebenso unbestritten angesehen werden wie das besondere Gewicht öffentlich-rechtlichen Umweltrechtsl im Kanon dieser Normen. Hier wiederum ist es das raumbedeutsame (öffentliche) Umweltrecht, dem in der allgemeinen Diskussion, aber auch in der Verwaltungsund Gerichtspraxis ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird. Als ausschlaggebend dürfte dafür die naturwissenschaftliche und umweltpolitische Einsicht gelten, daß repressive Einzelmaßnahmen der Gefahrenabwehr ungeeignet sind, die Probleme des Umweltschutzes auf Dauer allein zu bewältigen. Wirkungszusammenhänge des Naturkreislaufs, großflächige2 , zudem mehrere Umweltgüter treffende Schadstofftransporte fordern vorsorgendes und planendes staatliches Handeln, das auf solche synergistische Belastungskumulationen vorausschauend reagiert3. Das raumbedeutsame Umweltrecht verfügt über Instrumente der Umwelt(vor)sorge in diesem Sinne, etwa in Form von Schutzgebietsausweisungen nach dem Wasserrecht und dem Wald- und Forstrecht, darüber hinaus in vielfältigen Ausprägungen der Planung, wie beispielsweise der Luftreinhalte-, Landschafts- und der wasserwirtschaftliehen Planung. Dem kann nicht nur die zentrale Bedeutung des raumbedeutsamen Umweltrechts entnommen werden, sondern auch, daß die umweltrechtliche Hauptproblematik nicht in einem allgemeinen Normierungsdefizit liegt. Zur Verfügung steht vielmehr eine Vielzahl gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungen , deren weitgefächertes Instrumentarium nach mehr als zwölfjähriger Erprobung in eine erste Phase der Konsolidierung eingetreten ist. Die aktuell interessierende Frage ist daher die nach der Bewährung des Umweltrechts, und zwar vornehmlich aus drei Blickrichtungen: Nachfolgend: öffentliches Umweltrecht. Zu grenzüberschreitenden Umweltbelastungen als Rechtsproblem Kloepfer, DVBl. 1984, 245. 3 Vgl. bereits Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193, 201ff.; Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245, 253 ff.; auch Hofmann, UPR 1984, 73, 73 ; eingehend Bender, NJW 1978, 1945; aus dem politischen Raum hierzu instruktiv Beschluß des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Berücksichtigung von Fernwirkungen durch Luftverunreinigungen aus immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen vom 25./ 26. 4. 1983, NVwZ 1983, 601, 602; eingehend Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 211. 1
2
24
Einleitung
Verwaltungswissenschaftlich geht es um die Implementation umweltrechtlicher Vorschriften in der Verwaltungspraxis4 • Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist von Interesse, in welchem Umfang sich das Recht als geeignetes Transportmittel für ökologische Erkenntnisse erwiesen hat. Rechtswissenschaftlich steht die Frage im Vordergrund, ob sich das Umweltrecht zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt und als solches bewährt hat, nämlich ob sich gemeinsame rechtliche Grundlinien herausgebildet haben, die die rechtssatzförmigen Einzelausprägungen des Umweltrechts einerseits miteinander verbinden, andererseits eine systematisierende Gliederung des Rechtsgebiets im Sinne klarer Aufgaben- und Anwendungsverteilung ermöglichen, oder ob Atomisierungs- bzw. Überlappungserscheinungen das Verhältnis der Umweltgesetze zueinander prägen5 • Stichwortartig geht es folglich aus dem hier interessierenden Blickwinkel um Systematisierung, Harmonisierung und Weiterentwicklung des Umweltrechts. Der Versuch einer solchen Durchdringung und Ordnung des Rechtsgebiets stößt auf Problemstellungen, deren Komplexität darauf beruht, daß der ordnungsrechtliche und originär rechtsstaatlich-liberale Gehalt umweltrechtlicher Agendens mehr und mehr zurücktritt zugunsten vorsorgender, verteilender, folglich dem Sozialstaatsprinzip stärker verpflichteter Aufgabenerfüllung 7• Dies zeitigt die bereits angesprochenen instrumentellen Konsequenzen. In den Blickpunkt gerät neben eingriffsorientierten Handlungsmitteln das breite Feld des lenkenden, verteilenden, leistenden, insbesondere aber planenden Instrumentariums. Sozialstaatliches Handeln bedingt überdies einen Abbau an Distanz zwischen Staat und Bürger. Nicht mehr- nur- der Einzelkontakt kennzeichnet dieses Verhältnis, sondern längerfristige Zusammenarbeit bzw. vielfältige Begegnungsvorgänge zwischen staatlichen Stellen und Individuen bzw. 4 Vgl. etwa Mayntz, Vollzugsprobleme; Winter, Vollzugsdefizit, insbes. S. 44; Kessler, DOV 1984, 285, 287ff. s Im Vergleich zum schweizerischen Entwurf eines Umweltschutzgesetzes Knebel I Sundermann, UPR 1983, 8, 52. 6 Eindrucksvoll v. Lersner, der Iandkreis 1984, 63, 63: "Man liest deshalb immer wieder, daß der Umweltschutz eine althergebrachte Aufgabe öffentlicher Verwaltung sei. Dem ist nur mit Einschränkung zuzustimmen. Denn die Maßnahmen, die die Verwaltung einst zur Beseitigung von Abfällen und Abwasser, zur Vermeidung von Lärm und Gestank traf, dienten weniger der Umwelt als dem unmittelbaren Schutz des Menschen. Die Rückstände seiner Produktionen und seines Konsums wurden von ihm weggeschafft und über Kanäle, Müllfahrzeuge oder Schornsteine besser verteilt. Der Umweltschutz geschah passiv und gleichsam dilatorisch" ; zur polizeirechtlichen Herkunft des Umweltrechts auch Feldhaus I Schmitt, WiVerw 1984, 1, 8. 7 Auch Schmidt-Aßmann, Festgabe BVerwG, S . 569, 569; zum Stand umweltschützender Maßnahmen der Bundesregierung Kohl I Zimmermann, Bulletin 2211983, s. 197.
Einleitung
25
gesellschaftlichen Gruppens. Damit werden Entscheidungen nicht mehr allein im administrativen oder legislativen (Binnen-)Bereich getroffen, sondern zunehmend in der osmotischen Wechselbeziehung zwischen Staat und Gesellschaft9. Aus rechtlicher Sicht kommt daher dem Entscheidungsverfahren in Funktion und Ausgestaltung, aber auch seiner ggf. rechtsschützenden Wirkung gesteigerte Bedeutung zu, während die traditionell rechtsstaatlich ausgerichtete Rechtsdogmatik den Entscheidungsvorgang zugunsten des verfahrensabschließenden Entscheidungsgehalts über lange Zeit weitgehend vernachlässigtelo. Anwendung und Umsetzung des Umweltrechts werden zudem durch Vorgaben beeinflußt, die dem außerrechtlichen Bereich entstammen. Hierzu zählen zunächst naturwissenschaftliche Umweltdaten über die Beschaffenheit und den Gefährdungszustand der Umweltmedien Luft, Boden und Wasser. Nur anhand solcher Vorgaben kann das Recht seinen Schutz- und Pflegeaufgaben zugunsten der natürlichen Lebensbedingungen gerecht werdenu. Des weiteren spielen bekanntlich technisch-naturwissenschaftliche Regelwerke im Umweltrecht, insbesondere im Immissionsschutz- und Atomrecht, eine hervorgehobene Rolle. Zu nennen sind VDI-Richtlinien, DIN-Normen u.a.m., die über Generalklauseln des Umweltrechts, wie ,Stand der Technik' oder ,Stand von Wissenschaft und Technik' etc., Eingang in den Gesetzesvollzug und dessen gerichtliche Überprüfung finden 12 . Letztlich ist nicht erst in jüngster Zeit13 Aufmerksamkeit dafür geweckt worden, daß dem verwaltungsrechtlichen Entscheidungsvorgang in der Praxis vielfach informale Absprachen und Abmachungen zwischen Exekutive und Vorhabensträger vorangehen, die zu einer weitgehenden Vorprogrammierung des staatlichen Handeins führen, ehe auch nur der erste Schritt in das förmliche Verwaltungsverfahren getan ist 14 . 8 Vgl. Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 7; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 37ff. 9 Hierzu bereits Forsthoff, Industriegesellschaft, S. 21ff.; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S . 133ff.; Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S . 357ff.; W. Weber, Verfassungssystem, S. 152ff.; Zippelius, Legitimation, ARSP Beiheft Nr. 15, 1981, S. 84 ff. ; weit. Nachw. bei Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 7 Fn. 25; zu r echtsethischen Fragen des Raumplanungs-und Umweltschutzrechts Lendi, UPR 1984, 105. 10 Brohm, VVDStRL 30 (1972), S . 245, 253ff. mit umfangr. Nachw. 11 Eingehend hierzu Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S . 211, 275 ; zur faktischen Belastungssituation v. Usslar, NuR 1983, 289; auch Salzwedel, Umwelt Nr. 95 (1983), 3. 12 Allgemein hierzu Bender, NJW 1978, 1945, 1946: "Man darf wohl die Feststellung wagen, daß einige erregende Probleme, die mit dem Phänomen der Großtechnik verbunden sind, vom Recht noch nicht eingeholt worden sind." 13 Vgl. bereits Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245, 253ff. 14 Vgl. nur Bohne, Der informale Rechtsstaat.
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Einleitung
Damit stellt sich aber die Frage, wie solche Einwirkungen außerrechtlicher Festlegungen und Vorgaben auf das formelle Verfahren rechtlich zu beurteilen bzw. zu bewältigen sind. Die vorstehend skizzenhaft umrissenen Problembereiche sind keineswegs unerkannt geblieben und Gegenstand einer Vielzahl von Abhandlungen aus rechtswissenschaftlicher, rechtspraktischer und richterlicher Sichtl5. Angesichts dessen kann es der Untersuchung nicht darum gehen, dem einen weiteren Mosaikstein hinzuzufügen. Auffällig ist freilich, daß sich der Kanon der Darstellungen einerseits in solche sondern läßt, die sich der Probleme aus übergeordnetem, vornehmlich verfassungsrechtlich-rechtsdogmatischem Blickwinkel annehmen 16 ; andererseits liegen Abhandlungen vor, die Einzelnormen oder -normbereichen eine vertiefte Betrachtung widmeni7. Nur selten findet sich das Umweltrecht hingegen querschnittsartig untersucht, indem die jeweiligen Rechtssätze und deren Regelungen systematisch erfaßt und analysiert werden 18 . Gerade ein solches Vorgehen erscheint indes geboten, um die angesprochenen Fragen nach der Eigenständigkeit und Bewährung des Umweltrechts19 beantworten zu können: Nur wenn sich Umwelt bzw. Umweltschutz als systembildende Gesichtspunkte erweisen, denen sich Rechtsmaterien unterschiedlicher Herkunft zuordnen lassen, kann vom Umweltrecht als Rechtsgebiet die Rede sein. Und nur vor diesem Hintergrund ist- zweitens- seine rechtliche Bewährung dahingehend überprüfbar, ob das Rechtsgebiet gemeinsame Grundstrukturen aufweist, denen eine ordnende Kraft zukommt und die damit für Übersichtlichkeit, Rechtssicherheit und Effizienz stehen2o. Zum dritten macht lediglich eine die umweltrechtlichen Gesetzesinhalte in Vergleich setzende Sicht erkennbar, welche Problemlagen in gleicher oder ähnlicher Weise die insoweit einschlägigen Einzelnormierungen kennzeichnen, folglich das Rechtsgebiet prägen. In diesem Sinne beschäftigt sich die Untersuchung mit dem öffentlichen Umweltrecht. Dabei werden die beschriebenen Fragenkreise am Beispiel des raumbedeutsamen (öffentlichen) Umweltrechts aufgrunddessen rechtsund umweltpolitischen Gewichts2I behandelt. 15 Vgl. etwa die zusammenfassende Darstellung bei Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts. 16 Vgl. etwa Steiger, Grundlagen, S. 21; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81; Rauschning, VVDStRL 38 (1980), S. 167. 17 Etwa Henseler, Abwasserbeseitigung; Breuer, Wasserrecht; des weiteren die Einzelbeiträge in: Grundzüge des Umweltrechts (Fn. 15); Degenhardt, Kernenergierecht; Ronellenfitsch, Genehmigung. 18 Vgl. Kloepfer, Systematisierung; Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633; Storm, Umweltrecht; Sendler, JuS 1983, 255. 19 Siehe oben, bei Fn. 5. 20 In diesem Sinne Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 6. 21 Siehe oben, bei Fn. 1.
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Die gegenüber Einzelbetrachtungen bestimmter Umweltfragen größere Bandbreite der rechtlichen Untersuchungsgegenstände zieht allerdings eine ordnende Gegenüberstellung der Rechtsnormen als Grundlage und Ausgangspunkt weiterführender Überlegungen nach sich, die dem Leser ein erhebliches Maß an Geduld abverlangt. Auch kann und soll die Abhandlung nicht jene Vertiefung rechtlicher Details leisten, die spezieller zugeschnittenen Darstellungen möglich ist. Gegenstand dieser Bearbeitung ist vielmehr das geltende (Umwelt-)Recht in seinen instrumentellen und sonstigen Auffächerungen. Die Untersuchung nimmt ihren Ausgangspunkt folglich im besonderen Verwaltungsrecht. Wo die so angelegte Analyse auf Fragestellungen trifft, die sich anhand der spezialgesetzlichen Ausformungen nicht bzw. nicht gesichert beantworten oder verdeutlichen lassen, sind freilich Vorgaben und Grundlagen des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Verfassungsrechts heranzuziehen. Den Schwerpunkt der Arbeit bilden mithin rechtsvergleichende Aspekte im Sinne der bezeichneten Systematisierung, Harmonisierung und Weiterentwicklung des- raumbedeutsamen öffentlichen- Umweltrechts 22 •
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Siehe oben, bei Fn. 5.
Erster Teil
Problemlage, Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise Die angesprochenen Problemlagen des Umweltrechts1 sind nicht nur vielfältig und komplex, sondern auch höchst interdependent. Daß sie vor allem anhand des technischen Umweltrechts2 diskutiert werden3 , ist lediglich äußerer Ausdruck der aktuellen politischen Relevanz dieses Normkreises. Fragestellungen ähnlicher oder verwandter Art stellen sich auch in anderen umweltrechtlichen Bereichen4. Eine erste Sichtung der Stellungnahmen zeigt bei aller Meinungsvielfalt einen gewissen Grundkonsens dahingehend, daß die Problemlage des Umweltrechts vornehmlich durch Unklarheiten, Widerläufigkeiten und Auseinanderentwicklungen im Vorschriftenkreis, kurz durch rechtliche Divergenzen gekennzeichnet ist.
§ 1 Problemlage des Umweltrechts 1. Divergenzen innerhalb des Rechtsgebiets Umweltrecht
Hierzu werden vornehmlich gezähJtl: Unterschiedliche rechtliche Ansätze im Umweltrecht Überschneidungen im Umweltrecht Fehlende Verbindungen im Umweltrecht Über- und Unterregelungen im Umweltrecht.
I Mit Ausnahme des 2. Teils der Untersuchung, in dem ihr Gegenstand und ihre Grundlagen näher zu bestimmen sind, meint "Umweltrecht" nachfolgend das raumbedeutsame öffentliche Umweltrecht. 2 Zur Begrifßichkeit Rittstieg, Technische Standards, S. 11 m. w. N. und unten, § 8, bei Fn. 4; eingehend zu Fragen des technischen Umweltrechts die monographischen Beiträge bei Lukes (Hrsg.), Schriftenreihe RTW. 3 Vgl. etwa Degenhart, Kernenergierecht; Ronellenfitsch, Genehmigung; Jarass, BlmSchG. 4 Vgl. Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455. I Vgl. umfassend Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 211 .
§ 1 Problemlage des Umweltrechts
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1.1 Unterschiedliche rechtliche Ansätze im Umweltrecht
Rechtsstrukturelle Unterschiede zeigen sich zunächst in dem Ansatz, den der Gesetzgeber wählt, um Vorgänge mit Umweltrelevanz legislativ zu erfassen2 • So knüpft er teilweise bei den jeweiligen schutzbedürftigen Medien an (Boden, Wasser, Luft), bemüht sich in anderen Fällen dann aber, medienübergreifende Zusammenhänge gesetzlich zu regeln, verläßt in sonstigen Bereichen wiederum den medienbezogenen Ansatz und regelt produkt- bzw. stoffbezogenes Umweltrecht (z.B. Chemikaliengesetz). Des weiteren integriert er das Umweltrecht hinsichtlich seiner planerischen Komponenten in die Querschnittsaufgaben der Raumordnung/Landesplanung und Bauleitplanung, verfährt dabei allerdings keineswegs einheitlich. So findet sich die Landschaftsplanung und die forstliche Planung explizit in das raumordnerische Instrumentarium eingebunden, nicht aber die Planungsmittel der Abfallbeseitigung und der Luftreinhaltung. Mag sich das stoffbezogene Umweltrecht einer solchen Integration entziehen, weil sein kausaler Ansatz3 eine eigene einbindbare Planung ausschließt, so erscheint die unterschiedliche Behandlung der forstlichen Planung und Landschaftsplanung einerseits und der Abfallbeseitigungs- und Luftreinhalteplanung andererseits nicht ohne weiteres plausibel. Divergierende Strukturen zeigen sich des weiteren im Aufbau der Gesetze. Manche verfügen über umfangreiche Schutzzielkataloge, andere setzen die gesetzesimmanenten Zwecke wie selbstverständlich voraus oder beschreiben sie in äußerst verallgemeinernder Knappheit. Weitgefächerte Gesetzeszweckregulierungen enthalten sich regelmäßig einer Prioritätensetzung zugunsten einzelner Ziele im Katalog der gesetzlichen Zielsetzungen. Des weiteren werden planerischeMittel und Erlaubnis- bzw. Planfeststellungsinstrumentarien (o.ä.) in der Normgebung recht unterschiedlich behandelt. Ihnen wird von Gesetz zu Gesetz nicht nur ein verschiedenes Maß an Bedeutung zugewiesen; auch die nähere rechtsnormative Ausprägung differiert. Während Planinhalte zuweilen sehr detailliert gesetzgeberisch vorgegeben werden, halten sich andere Inhaltsbeschreibungen weitgehend im Vagen und Allgemeinen. Ähnliches gilt für Erlaubnis-, Genehmigungsund Planfeststellungstatbestände, wobei das Maß rechtlicher Ausdifferenzierung auf der Voraussetzungsseite der Genehmigungstatbestände (etc.) im Bereich technischen Umweltrechts zwar auffällig zunimmt, der Gesetzgeber sich jedoch einer Vielzahl variantenreicher Generalklauseln bedient4 . Vgl. Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 667 ff. Hierzu unten, § 4, bei Fn. 57 . 4 Zu den sich hieraus ableitenden rechtlichen Unsicherheiten aus kernenergierechtlichem Blickwinkel Degenhart, Kernenergierecht, S . 107 ff.; allgemein hierzu, die Schwierigkeiten rechtlicher Erfassung aufzeigend, Erichsen, DVBl. 1978, 569, 2
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise 1.2 Überschneidungen im Umweltrecht
Schwierigkeiten der rechtlichen Erfassung folgen des weiteren aus dem Umstand, daß sich die Regelungskreise des Umweltrechts teils aufgrund ihrer normativen Ausgestaltung, teils aus der Natur der normierten Sachgebiete heraus nicht trennscharf voneinander sondern lassen. Rechtliche Konsequenzen dieser Gegebenheit sind Unsicherheiten bei der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Normen5. Angelegt ist dies etwa in den angesprochenen gesetzlichen Zielpluralismen, die sich inhaltlich wechselseitig überlagern. Ähnliches kann auch im Vollzug der Gesetze eintreten. So beschäftigt sich das Bundes-Immissionsschutzgesetz zwar primär mit dem Zustand der Luft und Lärmeinwirkungen. Immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigungen und sonstige Schutzvorkehrungen haben jedoch zwangsläufig gleichermaßen Auswirkungen auf den Zustand des Bodens und die Wasserqualität Die aktuelle Diskussion um den sauren Regen und seine Hauptursachenquelle S02 belegen dies auf das Deutlichste. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen wirken ihrerseits auf die Bodenqualität ein, die nicht nur vom Oberflächen-, sondern auch vom Grundwasser abhängig ist. Überschneidungen ergeben sich des weiteren im Verhältnis des Naturschutzes und der Landschaftspflege zum Bau(planungs-)recht6, insbesondere aber zu forstlichen Maßnahmen. Denn der Natur und Landschaft gehören eben auch und gerade Wälder und Forsten an. Ein weiteres Beispiel bilden atomrechtliche Vorgänge. Kernkraftwerke setzen schon im Normalbetrieb ein gewisses Maß an ionisierenden Strahlen frei, die primär die Luft-, überdies aber auch die Wasser- und Bodenqualität beeinflussen. Damit kommt es zu Einwirkungen auf Bereiche, die den Regelungsgegenstand anderer Umweltnormen bilden, insbesondere das Immissionsschutz-, Wasser- sowie Naturschutz- und Landschaftspflegerecht. Von besonderer Qualität sind Überschneidungen, die sich im Verhältnis der Planungen mit Umweltschutz als Hauptziel zu jenen ergeben, bei denen Umweltschutz ein Ziel unter weiteren7 ist, vornehmlich also zur Raumordnung und Bauleitplanung: Da letztere als Querschnittsplanungen prinzipiell 576; umfassend zu unbestimmten Rechtsbegriffen als Steuerungs- und Kontrollmaßgaben im staatlichen Bereich ders., DVBl. 1985, 22, 23ff. 5 Die Rechtsprechung behilft sich vielfach mit bundesstaatlich-kompetentiellen Abgrenzungsmaßstäben, etwa BVerwG, Urteil v. 18. 3. 1983 - 4 C 17.81 -, NVwZ 1984, 303 zum Verhältnis der§§ 29ff. BBauG als abschließende Regelung des Bodenrechts und landesrechtliehen Raumordnungszielen; zu ähnlichen Fragen anhand des Entwurfs zum LEP III NW Bork, StGR 1984, 103; Richter, StGR 1984, 97; Becker, StGR 1984 91 ; i.ü. Kloepfer, VerwArch 74 (1983), 201. 6 BVerwG, Urteil v. 12. 6. 1970- IV C 77.68-, BVerwGE 35, 256 betr. § 34 BBauG; hierzu Heigl, Fragen des Umweltschutzes, S. 261, 271. 7 Zur Begrifflichkeit Hoppe, Rechtsgrundlagen, S. 5, 10.
§ 1 Problemlage des Umweltrechts
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sämtliche räumliche Umweltplanungen zu gewichten und in ein Gesamtkonzept zu bringen haben, erscheinen hier Überlappungen am naheliegendsten8. Folgeerscheinungen dieser mangelnden Abgrenzbarkeit der Aufgabenbereiche ist zum einen das vielfach unklare Verhältnis der jeweiligen Pläne zueinander, etwa der Landschaftspläne im Verhältnis zu den forstlichen Plänen sowie dieser Planungen zu den Gesamtplanungen der Raumordnung und Bauleitplanung. Fraglich ist insbesondere, welche Festsetzungen in die einen Pläne gehören und welche den jeweils anderen zuzuordnen sind, sowie in welchem Umfang eine wechselseitige - oder einseitige - Beachtens- oder Berücksichtigungspflicht besteht. Zum anderen sind Überschneidungen auch auf der Ebene der Genehmigungserteilung sowie der Planfeststellungstatbestände nicht ausgeschlossen. Vorhaben bedürfen zu ihrer Durchführung vielfach verschiedener Erlaubnisse, Bewilligungen u.a.m. Soweit zum Prüfungsauftrag der jeweiligen Zulassungstatbestände auch fachgesetzübergreifende Gesichtspunkte oder Gemeinwohltatbestände zählen9, sind ParalieHtäten bzw. Doppelprüfungen angelegt. Letztlich schaffen Überlappungserscheinungen auch Unsicherheiten im Verhältnis von Planungen und Genehmigungen (o. ä .)1°. So wird zunehmend diskutiert, ob bzw. in welchem Umfang Immissions- bzw. Emissionswerte Eingang in die Bauleitplanung zu finden vermögen oder ob dies alleiniges Reservat der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist. 1.3 Fehlende Verbindungen im Umweltrecht
Nicht nur Überschneidungen kennzeichnen das Bild des Umweltrechts, sondern auch Segmentierungserscheinungen im Sinne einer fehlenden Verbindung seiner Regelungen. Bekanntes Beispiel ist die Luftreinhalteplanung. Im Hinblick auf ihre Wirkungsweise kann als gesicherte Erkenntnis allein gelten, daß sie im eigenen Behördenzug die nachgeordneten Stellen, also vornehmlich die Gewerbeaufsicht bindet. Das "Außen"-Verhältnis der Luftreinhaltepläne ist vom immissionsschutzrechtlichen Gesetzgeber im Dunkeln gelassen worden. Auch landesgesetzliche Ausführungsvorschriften bringen keine Klärung11 . s Zu den damit zusammenhängenden Fragen einer Fortentwicklung die Beiträge von Hoppe, Uppenbrink und Wahl, in: Beiträge ARL, Bd. 73, S. 5ff., 21ff., 43ff.; bereits umfassend Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 211, 236ff. 9 Vgl. hier nur die (landes-)gesetzlichen Tatbestände der Baugenehmigung, denen zufolge auch die Einhaltung sonstiger öffentlicher Vorschriften zu überprüfen ist, etwa§ 70 BauO NW, GV NW v. 26. 6. 1984, S. 419. to Instruktiv Wahl, DVBl. 1982, 51.
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
So ist unsicher, wie sich die Luftreinhalteplanung zu den übrigen Plänen des Umweltrechts verhält, etwa zu den Landschaftsplänen, den forstlichen oder den wasserwirtschaftliehen Plänen. In der Praxis besteht Unklarheit, ob Luftreinhaltepläne bei letzteren Planungen verbindliche Vorgaben bilden, zu beachten, zumindest aber zu berücksichtigen sind, oder ob umgekehrt die Luftreinhalteplanung anderweitigen planerischen Vorgaben inhaltlich verpflichtet ist. Auch fehlen Anhaltspunkte für ihre Bedeutung im raumordnerischen und baurechtliehen Planungsprozeß wie umgekehrt die Wirkung von Festsetzungen der Gesamtplanungen auf die Luftreinhalteplanung gesetzlich nicht erfaßt ist, allenfalls im Wege der Interpretation umrißhaft bestimmt werden kann. Auf der Ebene gesetzlicher Zulassungstatbestände stehen parallel einzuholende Erlaubnisse, Genehmigungen etc. grundsätzlich unverbunden nebeneinander. Wo es einer Planfeststellung bedarf, wirkt deren Konzentrationswirkung zwar nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht zusammenführend. Spezialvorschriften des Umweltrechts modifizieren diesen Effekt jedoch vielfachl2. Geht es um Genehmigungen, Erlaubnisse o. ä., gilt noch nicht einmal ein allgemeiner Konzentrationsgrundsatz des Verwaltungsverfahrensrechts. Hier ist der Gesetzgeber in den Spezialbereichen aufgerufen, einzelne Zulassungen mit Ersetzungswirkung auszustatten, was nur ansatzweise geschehen istl3. 1.4 Über- und Unterregelungen im Umweltrecht
Ganz einhellig wird des weiteren über Unter- und Übernormierungen im Umweltrecht geklagt14. Gemeint ist einerseits eine deutliche Kopflastigkeit vieler Umweltgesetze aufgrund weitgefächerter Ziel- und Schutzregelungen eingangs der Normwerke. Zu denken ist etwa an die Grundsatzbestimmungen in§§ 1, 2 BNatSchG, §§ 1, 2 Abs.1 ROG, § 1 Abs. 6 BBauG, deren Heterogenität vielfach als Hemmnis beim Gesetzesvollzug angesehen wird15. Erbguth I Püchel, NVwZ 1982, 649, 650 m. w.N. Vgl. etwa § 9 b Abs. 5 Atomgesetz. 13 Vgl. etwa§ 8 Abs. 2 Atomgesetz; § 13 BlmSchG; zu hieraus rührenden Fragen im Verhältnis Atomrecht - BergrechtHoppe I Bunse, DVBl. 1984, 1033 m. w . N . 14 Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 211, 243 m. w. N.; allgemein zur Gesetzes- und Verordnungsflut auch Dodenhoff, VerwArch 75 (1984), 1, 10. 15 Im Naturschutzrecht zumindest in Verbindung mit der allgemein gehaltenen Fassung der Grundsätze, vgl. Soell, Naturschutz, S. 481, 499ff.; differenzierend Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 458, der einige der Grundsätze des § 2 BNatSchG für hinreichend konkret abgefaßt hält; vgl. auch Kolodziejcok I Rekken, Erl. zu §§ 1, 2 BNatSchG; allgemein W. Schmidt, Einführung, Rdn. 117: Vollzugsdefizit aus Regelungsüberlastung; auch Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 156. 11
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§ 1 Problemlage des Umweltrechts
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Andererseits- und dies gilt insbesondere im technischen Umweltrechtfinden sich neben unausgefüllten Rechtssetzungsaufträgenls Untemormierungen in Form ungenauer Schutzziel- bzw. Schutzgutbestimmungen17, im übrigen insofem, als die eigentlich brisante und für die mit der Umsetzung der Vorschriften betraute Praxis höchst bedeutsame Festlegung von Grenzoder Schwellenwerten als Risikobewertung nicht vorgenommen wirdls. Entsprechendes gilt mit Blick auf weithin fehlende Abwägungsdirektiven, insbesondere hinsichtlich Verhältnismäßigkeitsprüfungen im Rahmen der Konkretisierung technischer Standards oder umweltvorsorgerischer Entscheidungen19. 2. Allgemeine Rechtsfragen
Darüber hinaus bestimmen allgemeine, das Rechtsgebiet insgesamt prägende Problemlagen2o die umweltrechtliche Diskussion. So geht es um grundsätzliche Fragen der Aufgabenverteilung im Verhältnis der drei Gewalten zueinander. Im Spannungsfeld Legislative - Exekutive ist etwa umstritten, ob technisch-naturwissenschaftliche Regelwerke, die nicht nur für das technische Umweltrecht2I von Bedeutung sind22, einer stärkeren Verrechtlichung bedürfen. Im Verhältnis Judikative - Exekutive ist weithin ungeklärt, ob unbestimmte Rechtsbegriffe des Umweltrechts einer unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen oder insoweit administrative Beurteilungsspielräume, Einschätzungsprärogativen oder gar Ermessensfreiräume eröffnet sind23. 16 Etwa §§ 41, 42 Abs.1, 2 BlmSchG; hierzu Engelhardt, NuR 1984, 87, 92; zum Atomrecht Lukes, NJW 1983, 1753, 1756. 17 Bloße Formelkompromisse, vgl. Rittstieg, Technische Standards, S. 154f. 1a Siehe oben, Einleitung, bei Fn. 4. 19 Rittstieg, Technische Standards, S . 156m. w.N.; darüber hinaus zur mangelnden Direktivfunktion des Bundesrechts gegenüber der Gesetzgebungstätigkeit der Länder am Beispiel des Bundesnaturschutzgesetzes Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 458: "Leider hat das BNatSchG darauf verzichtet, wichtige Regelungen überhaupt zu treffen; so enthält es keine Vorschriften überWander-und Radfahrwege, über den freien Zugang zu Gewässern, über die Freihaltung von Ufern, Küsten, Bergkuppen, Steilhängen vor Bebauung und über Durchgänge für die Allgemeinheit. Unvollkommen geregelt ist auch der Artenschutz, da er den Biotopschutz nicht ausreichend umfaßt, der eine notwendige Voraussetzung für den Artenschutz ist"; vgl. des weiteren den Hinweis auf eine fehlende Regelung der verbindlichen Verknüpfung von Landschaftsplanung und Bauleitplanung in § 6 BNatSchG, a .a .O., s. 456. 2o Hierzu bereits oben, Einleitung, bei Fn. 8ff. 21 Etwa TA Luft, TA Lärm, DIN-Normen, VDI-Richtlinien. 22 Vgl. etwa zur Diskussion über eine TA Boden, Arbeitsgruppe Bodenschutz im BBU, Gesetzentwurf des BBU, 1984, § 4 Abs. 3 (maschinenschriftlich). 23 Hierzu Wahl, VVDStRL 41 (1983), S . 151, 170; Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245, 253ff. ; BVerwG, Urteil v. 17. 2. 1978- I C 102.76-, BVerwGE 55, 250, 256ff.; Breuer, DVBl. 1978, 28, 34ff.; Hofmann, UPR 1984, 73, 78; Rittstieg, Technische Standards, S. 162ff.
3 Erbguth
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
D~mit sind zugleich Fragen des Rechtsschutzes angesprochen, die sich ähnlich auch in anderen Rechtsgebieten stellen, denen im Umweltrecht indes besonderes Gewicht zukommt24 . Im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Verfahren beispielsweise sieht sich die Rechtsprechung zur Bestimmung der Klagebefugnis Drittbetroffener ebenso zunehmenden Angriffen ausgesetzt wie die scheinbar schon konsolidierte Abwägungsfehlerlehre.
Vornehmlich ausgelöst durch jüngere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts25 gewinnt daneben das Verwaltungsverfahren unter Rechtsschutzaspekten an Interesse. Die Auseinandersetzung richtet sich vornehmlich auf die Frage, ob die Beteiligung privater Dritter im Verwaltungsverfahren als vorverlagerter-gerichtlicher- Rechtsschutz anzusehen ist26 und welche Konsequenzen ggf. hieraus zu ziehen sind27 . Weitere Komplizierung erfährt die Problematik dadurch, daß es in den praktisch bedeutsamen Fällen, wie etwa denjenigen des Immissionsschutzoder Atomrechts, nicht nur um Grundrechtspositionen der vom geplanten Vorhaben betroffenen privaten Dritten geht, daß diesen nicht nur die zuständigen Verwaltungsträger gegenüberstehen, sondern auch Rechte des Anlagenbetreibers. Zumindest betonter als im Rahmen traditioneller Verwaltungsrechtsverhältnisse tritt damit die Janusköpfigkeit bzw. die Mehrpoligkeit der Verwaltungsverfahren hervor2s. Schließlich findet sich aufgrundinformaler Handlungsstrategien im Vorfeld der eigentlichen Entscheidung29 die Frage aufgeworfen, ob insoweit eine Verrechtlichung durch Anwendung verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen geboten istao.
§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise 1. Weiterentwicklung des Umweltrechts als Ziel der Untersuchung
Die so beschriebenen Fragenkreise des Umweltrechts verdeutlichen trotz einer gewissen Vergröberung, die aus der exemplarischen Betrachtung herrührt, einen nicht unerheblichen Weiterentwicklungsbedarf im Umwelt24 Vgl. hierzu am Beispiel des Rechtsschutzes gegen Handlungsformen der Raumplanung Schmidt-Aßmann, Umweltschutz, S. 117, 164ff. 25 BVerfG, Beschluß v. 20. 12. 1979 - 1 BvR 385177 -, BVerfGE 53, 30 (MülheimKärlich); BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978-2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89 (Kalkar). 26 Hierzu jüngst Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35. 27 Auch unter Gesichtspunkten der Effizienz, vgl. Wahl, VVDStRL 41 (1983), s. 151, 163f. Fn. 31f. 2s Vgl. BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980 - 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297, 307; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 23ff.; hierzu auch Steinberg, NJW 1984,457,458. 29 Siehe oben, Einleitung, bei Fn. 13f. 30 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 105ff.
§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
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recht. Es geht um zwei Hauptproblemfelder, die voneinander zu sondern sind. Zum einen sind dies die im letzten Kapitel angesprochenen allgemeinen Fragen, also etwa diejenigen des Rechtsschutzes. Sie stellen sich im Grundsätzlichen bei sämtlichen Normwerken des Umweltrechts gleichermaßen und können daher als das Rechtsgebiet umgreifende, allgemeine Probleme bezeichnet werden. Zum anderen geht es um ein Kaleidoskop von Einzelfragen - zuvor als rechtliche Divergenzen bezeichnet! - , die sich an bestimmten Punkten und Schnittstellen innerhalb des Rechtsgebiets ergeben, und zwar regelmäßig aus einem rechtsgebietinternen Vergleich bestimmter Normgehalte bzw. Handlungsmittel im System des Umweltrechts2. Es sind daher systematische Problemstellungen rechtsgebietinterner Art. Mit diesen beiden Fragenkreisen beschäftigen sich die Überlegungen zur Weiterentwicklung des Umweltrechts. Die unterschiedliche Ausrichtung der Problemfelder zieht allerdings eine entsprechend differenzierende Behandlung nach sich: Bei den rechtsgebietumgreifenden Fragen geht es um eine Auseinandersetzung mit grundsätzlichen und allgemeinen Rechtsproblemen3, beispielsweise denjenigen des gerichtlichen und verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes. Zur Weiterentwicklung des Umweltrechts bedarf es diesbezüglicher Problemlösungen; auch ist aufzuzeigen, welche Konsequenzen sich daraus für das Rechtsgebiet ergeben. Der rechtsgebietinterne Fragenbereich erfordert hingegen eine vornehmlich rechtssystematische Betrachtung. Ihre Aufgabe ist es, anband und im Vergleich der vorgefundenen Umweltrechtsnormen rechtliche Grundlinien herauszuarbeiten, an denen Abweichungen bzw. Lücken u .a.m. in Teilbereichen des Rechtsgebiets gemessen werden können. Die Zweispurigkeit bei der Beurteilung des Weiterentwicklungsbedarfs im Umweltrecht wirkt sich zwangsläufig auf das methodische Vorgehen der Untersuchung aus; damit ist freilich nicht ausgeschlossen, daß die Bearbeitung beider Problemfelder vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Rahmens erfolgt. 2. Zum Vorgehen
Diesen Rahmen für die Behandlung sowohl der rechtsgebietumgreifenden als auch der rechtsgebietinternen-systematischen- Fragenkreise bildet die begriffliche Ordnung des Umweltrechts. Denn umweltrechtliche Weiterent1 2
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Siehe oben, § 1, bei Fn. lff. Siehe oben, ebd. Vgl. bereits oben,§ 1, bei Fn. 20ff.
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
wicklungen in beiderlei Hinsicht setzen gleichermaßen voraus, daß zunächst das Rechtsgebiet als Grundlage hierauf gerichteter Überlegungen bestimmt wird. Dabei geht es zum einen um seine Abgrenzung nach außen, d. h. gegenüber sonstigen Bereichen des Rechts; zum anderen ist den Umweltgesetzen selbst eine Ordnung zu geben, das Umweltrecht also in sich zu gliedern. Es handelt sich um eine begriffliche und damit formale Abgrenzung bzw. Gliederung des Rechtsgebiets. Sie vollzieht sich im Wege der Bildung gegensätzlicher Begriffspaare, um die Rechtsmassen 4 ordnend zu erfassen. So wird zu erörtern sein, ob sich das Umweltrecht von anderen Rechtsgebieten dadurch sondern läßt, daß nur solche Normwerke als ihm zugehörig angesehen werden, deren gesetzliche Zielsetzung auf Umweltschutz ausgerichtet ist, Rechtssätze, die durch diesen Zweck nicht bestimmt werden, folglich dem Umweltrecht nicht unterfallen. Im Rahmen der inneren Gliederung des Rechtsgebiets ist von einem entsprechenden Ansatz auszugehen. Unter anderem könnte danach unterschieden werden, ob die Umweltgesetze Umweltschutz zum alleinigen Ziel haben oder ob er nur eines von mehreren gesetzlichen Zielen darstellt. Die Bildung gegensätzlicher Begriffspaare läßt sich sodann zur weiteren Untergliederung des Umweltrechts nutzen, indem die- zuvor beispielhaft angeführten - Oberbegriffe wiederum jeweils mit gegensätzlichen Attributen versehen werden. Beispielsweise könnten bei Umweltgesetzen mit alleinigem Umweltschutzziel solche, die nur auf einen bestimmten Umweltbereich (etwa: Wasser) ausgerichtet sind, von jenen zu trennen sein, die den Schutz mehrerer Umweltmedien (wie Boden, Wasser, Luft) bezwecken. Auf diese Weise ergibt sich ein pyramidenartiges System des Umweltrechts, innerhalb dessen die auf höherem Abstraktionsniveau stehenden Begriffe5 eine jeweils größere Zahl von Umweltgesetzen erfassen, während den auf niedrigerer Abstraktionshöhe befindlichen Begriffens wenige(r) umweltrechtliche Rechtssätze unterfallen. Damit geht zugleich einher, daß die zuletzt genannten Begriffe die konkretesten, demnach die inhaltsreichsten, die ihnen vorgeordneten hingegen allgemeiner, mithin - je nach Abstraktionsebene-inhaltlich leerer sind. Aus rechtssystematischer Sicht findet ein solches abstrakt-begriffliches Vorgehen seinen Wert und seine Berechtigung in der Ordnungsfunktion7 , es eröffnet die Möglichkeit, mit der Vielzahl rechtlicher Vorschriften umzugehen, dient der Übersichtlichkeit und stellt ein wichtiges Orientierungsmittel 4
Vgl. zum Begriff Kloepfer, Systematisierung, S. 12.
> Oberbegriffe, vgl. vorstehend.
Unterbegriffe, zu ihrer Bestimmung vorstehend. Vgl. hierzu entsprechende Überlegungen aus der juristischen Begriffs- und Systembildungslehre, nachfolgend im 3. Abschnitt. 6
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§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
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dar. Das gilt um so mehr, wenn es nicht- nur- um die Beschäftigung mit einzelnen Gesetzen, sondern um die Befassung mit einem ganzen Rechtsgebiet geht- wie hier mit dem Umweltrecht. In dieser rahmenbildenden und die weitere Gedankenführung äußerlich ordnenden und gliedemden Kraft erschöpft sich freilich die Funktion des begrifflichen Systems. Die Behandlung der rechtsgebietumgreifenden Probleme hat sich vielmehr in die angesprochene Auseinandersetzung materiell-rechtlicher Art zu begeben, für die der abstrakt-begrifflichen Ordnung des Rechtsgebiets aufgrund ihres formalen Charakters keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind. Was die rechtsgebietinternen, systematischen Fragen anbelangt, so vermag das begriffliche System des Umweltrechts lediglich zu ihrer ordnenden Erfassung, nicht aber zu ihrer Beantwortung beizutragen. In diesem Rahmen geht es um das Herausarbeiten von Grundlinien und Grundstrukturen des Umweltrechts, um typische Normgehalte und Handlungsaufträge der Umweltgesetzes. Solches erschließt sich nicht im Wege formaler Kategorisierung, sondern nur unter Berücksichtigung der sachlichen Regelungsgehalte und der rechtlichen Aufgabenzuweisung(en), die den jeweiligen Vorschriften zugrunde liegen. Systeminterne Probleme des Umweltrechts können folglich nur aufgedeckt und analysiert werden, wenn die Vielfalt umweltrechtlicher Bestimmungen in diesem Sinne nach ihren Funktionen9 gegliedert durchmustert wird: "Um Vereinheitlichung, um die Durchzeichnung größerer Entwicklungslinien, um die Aufklärung von Widersprüchlichkeiten und Bruchstellen muß es gehenlo." Der sich aus jener rechtsgebietinternen funktionalen Analyse ergebende Befund an Abweichungen von Grundlinien und Strukturmerkmalen der Umweltgesetze- oder an Modifikationen derselben (u. a. m.)- ist als solcher allerdings nicht ohne weiteres geeignet, diesbezüglich Allgleichungen zu fordern bzw. zu rechtfertigen. Denn Divergenzen dieser Art können auf Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes beruhen, die eine entsprechend speziell zugeschnittene rechtliche Erfassung erfordern, können mithin durch Sachgesetzlichkeiten geboten sein. Es bedarf daher der zusätzlichen Überprüfung, ob die festgestellten Abweichungen (o.ä.) sachlich geboten sind. Nur anband dieser Beurteilung können rechtssystematische Fehlentwicklungen wirklich erkannt, gewichtet und Vorschläge einer Allgleichung bzw. Vereinheitlichung im Rechtsgebiet unterbreitet werden.
s Hierzu bereits im vorstehenden 1. Abschnitt. 9 D.h. nach ihrem aufgabenorientierten Ziel- und Zweckgehalt, vgl. allg. Held, Grundrechtsbezug, S . 29. 10 Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 6 (zum Verwaltungsverfahren) unter Hinweis auf dens., Ordnungsidee, S. Bff., 66f.
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
Die Bewertung der funktionalen Analyse aus rechtsgebietinterner, systematischer Sicht ist damit Grundlage des methodisch letzten Schritts der Untersuchung, in dem der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht abschließend bestimmt wird. Soweit die vorangegangenen Erörterungen hierzu Anlaß bieten, sollen neben rechtssystematisch gebotenen Weiterentwicklungen unter rechtspolitischen Gesichtspunkten zudem Harmonisierungsmöglichkeiten des Umweltrechts untersucht werden, die einer besseren Überschaubarkeit und Vollzugsfreundlichkeit, mithin der Effizienz des Rechtsgebiets dienlich sindll. Insofern geht es daher um Systematisierung und Harmonisierung im Umweltrecht. Die Weiterentwicklungsüberlegungen haben sich aber auch dem zweiten umweltrechtlichen Problemfeld, den allgemeinen, rechtsgebietumgreifenden Fragestellungen 12 zuzuwenden, den diesbezüglichen Meinungs- und Diskussionsstand darzulegen und hierzu Stellung zu nehmen. Die dabei erarbeiteten Vorschläge liefern als Problemlösungen ebenfalls einen Beitrag zur weiteren Entwicklung des Rechtsgebiets. Bei alledem geht es zwar um eine interne Weiterentwicklung des Umweltrechts. Gleichwohl bedarf seine Einbettung in das allgemeine Rechtssystem im Hinblick auf vielfältige Wechselbeziehungen der Berücksichtigung.
3. Ergänzende Anmerkungen zum Vorgehen bei der Systematisierung des Umweltrechts In Anbetracht der auf ein "Durchmustern" des geltenden Umweltrechts ausgerichteten Zielsetzung der Untersuchungl3 verbietet sich eine in das Einzelne und Grundsätzliche gehende Auseinandersetzung mit Fragen rechtswissenschaftlicher Methodik. Infolgedessen bleibt lediglich - abrißhaft-darauf hinzuweisen, daß die vorstehend entwickelte Vorgehensweise hinsichtlich der rechtsgebietinternen, systematischen Probleme, also zur Systematisierung des Umweltrechts, weitgehend den Grundzügen einer verbreiteten juristischen Begriffs- und Systembildungslehre14 entspricht. Diese ist zwar vornehmlich am Zivilrecht entwickelt worden, läßt sich aber dem Grunde nach auf den hier fraglichen Bereich des öffentlichen Rechts übertragen: Eine erste begriffliche Ordnung erfährt das Recht danach durch das "äußere System" (des Rechts). Dieses wird anhand abstrakt-begrifflicher Vgl. hierzu Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 163. Hierzu im vorstehenden 1. Abschnitt. 13 Hierzu oben, Einleitung, bei Fn. 20, § 2, bei Fn. 10. 14 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 57ff. ; Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 310 m. w . N.; zu Grundfragen juristischer Methodik im übrigen etwa Dreier I Schwegmann, Verfassungsinterpretation, insbes. S. 7- 47; Krawietz, Juristische Methodik, S. 12 ff. 11
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§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
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Merkmale bestimmt. Aus dem Regelungsgehalt der Rechtsnormen werden verallgemeinerungsfähige Elemente entnommen; hieraus lassen sich wiederum Gattungsbegriffe bilden und ordnen, indem einzelne artbestimmende Merkmale hinzugefügt bzw. weggelassen werden. Das Ergebnis sind Begriffe verschiedener Abstraktionshöhe, die je nach Abstraktionsniveau einen größeren oder kleineren Anteil der Regelungen erfassen 15 . Das "äußere System" meint demnach nichts anderes als die zuvor beschriebene begriffliche Ordnung des (Umwelt-)Rechts. Denn auch hier erfolgt die Bestimmung und Gliederung der Rechtsmaterien im Wege einer gedanklichen Unterscheidung anhand gegensätzlicher Begriffspaare. Gattungsbegriffe ihrerseits sind nur eine andere Umschreibung für Oberbegriffe, wie "artbestimmende Merkmale" ebenfalls in der Sache nicht von dem abweichen, was vorstehend als zusätzliche begriffliche Attribute - zu den Oberbegriffen- bezeichnet worden ist. Gleichermaßen ist man sich in der hier zugrunde gelegten Begriffs- und Systembildunglehre darüber einig, daß das "äußere System" des Rechts lediglich einen Ordnungsrahmen darstellt, der notwendig der Ergänzung durch ein materielles, "inneres" System bedarf16. Die zusätzlich gebotene materielle Systematisierung richtet sich auf eine Überprüfung der inneren Übereinstimmung, des Zusammenhangs der Vorschriften etc. in ihrem spezifisch rechtlichen Gehalt. Geringere Bedeutung wird insoweit einem typologischen Vorgehen17 , d .h. der Bildung rechtlicher 15 Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 311, 327: Im Wege der Subsumtion der auf niedriger(er) Abstraktionsebene befindlichen Begriffe unter die auf jeweils höherem Niveau stehenden ist die Vielfalt der Regelungswerke letztlich auf wenige Begriffe der höchsten Abstraktionsstufe zurückführbar; letztere zeichnen sich dadurch aus, daß sie- jeweils- nur zwei abgeleitete Begriffe zulassen, die zueinander im Verhältnis eines kontradiktorischen Gegensatzes stehen. 16 Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 313 unter Hinweis darauf, das begrifflich-formale System sei allein nicht geeignet, das Gefüge der Rechtsnormen und Rechtsinstitute hinreichend zu erfassen und zu beschreiben. Es trage tendenziell die Gefahr der Sinnentleerung in sich. Denn der auf höchster Abstraktionsstufe stehende Begriff habe zwar den größten Umfang, weil sämtliche nachgeordneten Begriffe hierunter subsumierbar seien; er stelle aber den inhaltlich ärmsten dar, während der- inhaltsreichste- unterste Begriff den geringsten Umfang habe; vgl. dens., a .a.O., S . 329: Die abstrahierende und trennende Konstruktion vermöge zudem Zwischenformen des Rechts, überhaupt das Ineinandergreifen und Zusammenspiel rechtsnormativer Vorgaben allenfalls unvollständig zu berücksichtigen. Überdies sei das System der abstrakten Begriffe und der kontradiktorischen Gegensätze keineswegs lückenlos bzw. frei von Durchbrechungen; insoweit zum öffentlichen Recht H . J. Wolf!, Studium generale, Bd. 5, S . 195; auch Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht. 17 Hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 443ff., 451ff.: Das typologische System bildet Typenreihen rechtsstruktureller Art, um Übergänge und Mischformen im Verhältnis der rechtlichen Strukturtypen mitzuerfassen und -bewerten zu können. Wie die abstrakten Begriffe beziehen sich diese Typen auf- rechtliche- Einzelerscheinungen; im Gegensatz zu jenen ist der Typus allerdings in dem Sinne offen, daß Abweichungen vom Normaltypus für die systematische Zuordnung so lange irrelevant sind, als sie das typisierende Gesamtbild nicht berühren.
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
Strukturtypenls, beigemessen19; allein maßgeblich soll auch nicht ein Abstellen auf allgemeine Prinzipien des Rechts2o sein21 . Vielmehr wird die Brücke zum weiterhin als unentbehrlich angesehenen äußeren System durch funktionsbestimmte Rechtsbegriffe geschlagen, die hinter den abstrakten rechtstechnischen Begriffen stehen: Begriffe sind funktionsbestimmt, wenn in ihnen die einer Regelung zugrunde liegende (Sinn-)Beziehung auf ein rechtliches Prinzip zum Ausdruck kommt22 . Prinzipien dieser Art werden als leitende Gedanken des Rechts verstanden23. Maßgeblich für ihre Bestimmung ist nicht die Aufstellung allgemeiner Regeln und deren Aufgliederung in Unterprinzipien. Vielmehr bedürfen Rechtsprinzipien als leitende Gedanken der einfachgesetzlichen Konkretisierung, finden hierin ihren Ausdruck und werden damit durch das geltende Recht bestimmt24. Umgekehrt lassen sich die gesetzlichen Regelungen aus ihrer sinnhaften Verbindung in den Prinzipien verdeutlichen (sog. Prozeß der .,wechselseitigen Erhellung" bzw. .,hermeneutischen Grundstruktur" )25. Wenn funktionsbestimmte Rechtsbegriffe (verkürzter) Ausdruck dieser leitenden Gedanken sind, erschließen sie sich daher - wie jene - aus bestimmten, charakteristischen Regelungsgehalten und -kategorien, die, weil sie in gleicher oder ähnlicher Weise die Normzwecke durchziehen, das Recht prägen und ihm sein inhaltliches Gefüge geben 26 • An Beispielen für funktionsbestimmte Rechtsbegriffe werden in diesem Sinne aus dem Bürgerlichen Recht die Begriffe der Fahrlässigkeit bzw. des .,guten" oder .,bösen" Glaubens genannt27. Im öffentlichen Rechtskreis ist 18 Der rechtliche Strukturtypus soll sich nicht normativ erschließen, sondern aus Regelungen, also Norminhalten. Gesetzliche Vorschriften werden folglich auf das in ihrer sinnvollen Verbindung sichtbar werdende Leitbild des Typus hin analysiert, von dem aus die einzelnen Normen wieder ausgelegt werden müssen (hermeneutischer Zirkel), Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S . 341. 19 Das Verfahren der Typenbildung weist keine Verbindung zum äußeren System auf, obgleich es dessen formale Ordnungsfunktion materiell ergänzen soll; vgl. auch Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 346ff.: Zwar beziehen sich rechtliche Strukturtypen auf Teilregelungen des Rechts und sind insofern dem Konkreten verhaftet; eine Verbindung zu den abstrakten Begriffen des äußeren Systems wird damit jedoch nicht hergestellt. 2o Hierzu nachfolgend. 21 Auch ihnen fehlt - ohne die nachfolgend näher zu beschreibenden funktionsbestimmten Begriffe- die für notwendig erachtete Verbindung zum äußeren System. 22 Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 353. 23 Ebd., S. 347. 24 Ebd., S. 347. 25 Ebd., S. 347; Achterberg, DVBl. 1984, 1093, 1096; Engisch, Logische Studien, S. 14f.; zur Grenze zwischen rechtsnormativ niedergelegten und .,offenen" Prinzipien Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 351. 26 In diesem Sinne auch Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 353ff. 27 Rein normative Begriffe, vgl. Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 354.
§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
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etwa an Vorschriften über die Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns2s, im Umweltrecht beispielsweise an typische Handlungsformen der Verhaltenssteuerung zu denken, insbesondere an diejenigen der Planung als Ausdruck vorsorgenden Umweltschutzes. Richtschnur einer inneren Systematisierung des Umweltrechts ist folglich die Herausbildung funktionsbestimmter Rechtsbegriffe aus den (nach dem sog. "äußeren" oder begrifflichen System) zum Rechtsgebiet zählenden Umweltrechtssätzen und- sodann- die entsprechende Zuordnung umweltrechtlicher Normen zu solchen Rechtsbegriffen. Dieses Vorgehen deckt sich nun aber sachlich mit der vorab beschriebenen Analyse der umweltrechtlichen Regelungen nach ihren Funktionen29. Sie entspricht der "inneren" Systematisierung in der Diktion der juristischen Begriffsbildungslehre. Denn damit wird das funktionale System des Umweltrechts in Ergänzung seiner begrifflichen Systematisierung erschlossen. Freilich ergeben sich Besonderheiten aus der rechtsgebietumgreifenden Ordnung des Umweltrechts. Die abstrakt-begriffliche Systematisierung des Rechtsgebiets führt zur Außenabgrenzung gegenüber anderen Normkreisen und zur Bestimmung und Zuordnung der Gesetze des Umweltrechts. Die funktionale Betrachtung hat hingegen einen innergesetzlichen Ansatz, geht von Regelungen bzw. Regelungsbereichen aus, die bestimmte Funktionen des Umweltrechts verkörpern. Angesichts dessen sind die Begriffe des sog. "äußeren" Systems einerseits und die funktionsbestimmten Rechtsbegriffe andererseits zwar nicht auf einen abweichenden, aber auch nicht auf einen identischen Gegenstand gerichtet. Erstere erfassen das Rechtsgebiet und das Verhältnis der Umweltgesetze innerhalb des Umweltrechts zueinander, letztere dasjenige ihrer funktional bestimmten Regelungen. Das "äußere", begriffliche System bildet also als- erstes- Ordnungsmittel den Rahmen für die Systematisierung der Vorschriften nach ihren Funktionen. Es ist gleichsam das formelle Raster, innerhalb dessen das Gefüge der Rechtsnormen und Rechtsinstitute funktional ermittelt wird. Dieses Gefüge verschafft seinerseits dem begrifflichen System den inneren rechtlichen Gehalt, indem es den rechtssystematisch-funktionalen Zusammenhang der umweltrechtlichen Normen aufzeigt, so daß es, wenn auch gewissermaßen erst im Ergebnis, hinter den abstrakten Begriffen steht. Im übrigen gilt hier wie bei jeglicher Systematisierung des Rechts, daß das innere System nicht nur offenen Charakter trägt, also Änderungen in der Zahl und Reichweite der Prinzipien, ihres Zusammenspiels und ihrer wech2s Lerche, Übermaß und Verfassungsr echt, S. 19. 29 Siehe oben, § 2, bei Fn. 9.
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Erster Teil: Problemlage, Ziel der Untersuchung, Vorgehensweise
selseitigen Beschränkung möglich sind, sondern auch fragmentarisch ist und bleiben muß: Ihm entziehen sich zufällige, systemfremde, vor allem aber rechtstechnische Normen3o. Die sich der funktionalen Analyse anschließende Auswertung folgt, indem sie festgestellte Abweichungen aufsachgesetzliche Gründe hin analysiert31, den überwiegend anerkannten Maßstäben der System- oder (besser) Funktionsgerechtigkeit32. Hiernach darf der Gesetzgeber von einfachgesetzlich konstituierten Leitlinien und - rechtlichen - Konzeptionen des Regelungsbereichs grundsätzlich nur dann abweichen, wenn die Abweichungen ihrerseits auf sachgerechten Erwägungen beruhen33. Systembrüche (u. ä .)34 sind demzufolge jeweils mit dem gesetzgeberischenAnliegen bzw. den Besonderheiten des Regelungsgegenstandes in Abwägung zu bringen35 . Diese Anforderungen an die Sachgerechtigkeit von Abweichungen werden auch und gerade im Bereich sozialstaatlich geprägter Gesetzgebung - wie hier des Umweltrechts36- gestellt, weil die Grundsätzlichkeit des Sozialstaatsprinzips eine größere Verfassungsnähe der einfachgesetzlichen Normen bedinge37. Bleibe insoweit eine Einzelregelung ohne Notwendigkeit hinter der einfachgesetzlich konstituierenden Konzeption zurück, so liege darin ein Moment materieller Willkür, d.h. es "ergibt sich für die gesetzgeberische Grundkonzeption eine erhöhte Beachtlichkeit aufgrund ihres erhöhten sozialstaatliehen Gehalts "38. Der Streit, ob es sich bei der System- bzw. Funktionsgerechtigkeit um einen im Schutzbereich des allgemeinen Gleichheitsrechts bzw. des Willkürverbots angesiedelten Grundsatz des Verfassungsrechts handelt39 oder um einen solchen einfachgesetzlicher Herkunft4o, verdient schon mangels
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3 Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 67; näher hierzu Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 359f. 31 Siehe oben, § 2, nach Fn. 10. 32 Larenz, Methodenlehre (Studienausgabe), S. 354; auch Henseler, AöR 108 (1983), 489,490. 33 BVerfG, Beschluß v. 27. 11. 1978- 2 BvR 1965175 -, DÖV 1979, 135f.; Beschluß v. 5. 3. 1974-1 BvL 17/72-, BVerfGE 36, 383, 394; Beschluß v. 14. 3. 1963-1 BvL 281 62 -, BVerfGE 15, 313, 318; Canaris, Systemdenken und Systembegriff; Hoppe, Festgabe BVerfG I, S . 663; Degenhart, Systemgerechtigkeit; Leibholz I Rinck, GG, Art. 3 Anm. ll; Lange, Die Verwaltung 4 (1971), 259 jeweils m. w. N.; vgl. insbes. auch Schmitt Glaeser, Festschrift BayVGH, S. 291. 34 Bzw. Kontinuitätswidrigkeiten, Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 89. 35 Ebd., S. 89. 36 Siehe oben, Einleitung, Fn. 7. 37 Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 87. 38 Ebd., S. 87; entsprechendes gilt für das dem rechtsstaatliehen Prinzip der Rechtsklarheit zugeordnete Verbot der Systemlosigkeit, Degenhart, Systemgerechtigkeit, S . 112f. 39 So Leibholz I Rinck, GG, Art. 3 Anm. 11. 40 So Schmitt Glaeser, Festschrift BayVGH, S. 291, 295, 305; vermittelnd Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 87ff.
§ 2 Ziel der Untersuchung und Vorgehensweise
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einer strikten Gegensätzlichkeit der Standpunkte geringes Interesse. Auch die letztere Ansicht betont nämlich, daß sich das Gebot der Systemgerechtigkeit am Verfassungsrecht messen lassen müsse41 . Jedenfalls handelt es sich um eine Auseinandersetzung, die sich auf den materiell-rechtlichen Prüfungsrahmen nicht auswirkt und deshalb eine Stellungnahme entbehrlich macht. 4. Zum Ablauf der Untersuchung Vor diesem Hintergrund sind zunächst Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung zu umreißen und - damit - nicht erörterungsrelevante Fragenkreise auszugrenzen. Insbesondere gilt es, das Umweltrecht, und hier das raumbedeutsame öffentliche Umweltrecht, näher zu bestimmen und ihm als Grundlage der auf eine Weiterentwicklung des Rechts zielenden Überlegungen eine begriffliche Ordnung zu geben, die das Rechtsgebiet nach außen abgrenzt und intern gliedert (hierzu der zweite Teil der Untersuchung). Daranschließt sich eine Analyse der umweltrechtlichen Vorschriften nach ihren Funktionen an. Die Bewertung der Analyse richtet sich auf das Aufdecken rechtsgebietinterner, systemwidriger Abweichungen und sonstiger rechtsstruktureller Brüche (hierzu der dritte Teil der Untersuchung). Deren näheren Behandlung im Sinne der beschriebenen Systematisierung, Harmonisierung, aber auch sonstigen Problemlösungen dienen die nachfolgenden Erörterungen (hierzu der vierte Teil der Untersuchung). Soweit das geltende Recht sich als ungeeignet erweist, notwendigen Weiterentwicklungen Rechnung zu tragen, werden rechtliche Fortschreibungsmöglichkeiten zu erarbeiten sein. Sodann werden die Einzelergebnisse der Untersuchung thesenartig zusammengefaßt und einer Gesamtbetrachtung unterzogen (hierzu der fünfte Teil der Untersuchung).
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S chmitt Glaeser, Festschrift BayVGH, S. 291 , 291.
Zweiter Teil
Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung Zunächst sind der Gegenstand der Untersuchung, nämlich das Umweltrecht am Beispiel des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts, und seine (rechtlichen) Grundlagen zu bestimmen. Das erfordert, - den dem Umweltrecht zugrunde liegenden Begriff der Umwelt zu klären (hierzu§ 3 der Untersuchung), sodann das Umweltrecht als Rechtsgebiet zu bestimmen, also den Fragen nachzugehen, ob es sich um ein eigenständiges Rechtsgebiet handelt, wie es sich von anderen Rechtsgebieten abgrenzt und nach welchen Maßstäben es rechtsgebietintern gegliedert werden kann (hierzu § 4 der Untersuchung), - das öffentliche Umweltrecht vom privatrechtliehen Umweltrecht abzugrenzen und zur Bedeutung des Umweltstrafrechts für die weiteren Überlegungen Stellung zu nehmen (hierzu § 5 der Untersuchung), - alsdann den Begriff des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts zu verdeutlichen (hierzu § 6 der Untersuchung), um vor diesem Hintergrund - das begriffliche System des Umweltrechts am Beispiel des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts darzustellen, d. h. anband begrifflicher Kriterien dem raumbedeutsamen Umweltrecht seine (Einzel-)Normwerke zuzuordnen (hierzu § 7 der Untersuchung) und - letztlich auf die Bedeutung außergesetzlicher Vorgaben für das raumbedeutsame öffentliche Umweltrecht und seine Weiterentwicklung einzugehen (hierzu § 8 der Untersuchung).
§ 3 Der Begriff der Umwelt Der dem Umweltrecht zugrunde liegende Begriff der Umwelt wird keineswegs übereinstimmend interpretiert.
§ 3 Der Begriff der Umwelt
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1. Meinungsstand
So ist neben die zunächst überwiegend vertretene Auffassung vom anthropozentrischen Interessenschutz eine ressourcenökonomische Sichtweise getreten r. Anthropozentrisch orientierter Umweltschutz zielt in erster Linie auf das Wohlbefinden des Menschen; der Schutz sonstiger Naturgüter- wie etwa der Tier- und Pflanzenwelt - ist kein Selbstzweck, sondern erfolgt aus Gründen der Gewährleistung menschlicher Gesundheit wie menschlichen Lebens allgemein. Dementsprechend wird zur Umwelt nicht nur die natürliche, sondern auch die vom Menschen gemachte Umwelt gezählt2, "Produkte der menschlichen Existenz, nämlich vom Menschen geschaffene Konstrukte, aus der natürlichen Umwelt entnommen, zu künstlichen Werken transformiert und - regelmäßig - in Form von Abfallstoffen wieder in der natürlichen Umwelt abgelagert"3. Des weiteren geht es um den Schutz wirtschaftlicher Interessen gegen Beeinträchtigung durch Umweltbelastungen4 • Ressourcenökonomisch verstanden bedeutet Umwelt hingegen lediglich die natürliche Umwelt (Biosphäre) als ökologischer Kreislauf, in dem menschliches Leben nur ein Bestandteil bzw. ein Baustein unter vielen ist. Nicht der Mensch steht im Zentrum umweltschützenden Bemühens, sondern die Natur in ihren vielfältig verflochtenen ökologischen Wirkungszusammenhängen5. Im internationalen Vergleich schließlich fällt auf, daß dem amerikanischen Rechtsdenken ein weit umfassenderer Begriff der Umwelt geläufig ist6 . Neben der natürlichen Umwelt wird hierzu auch das sozio-ökonomische Umfeld des Menschen, mithin die gesamte menschliche Um-Welt gerechnet7. Umweltschutz ist also nicht nur Sorgewaltung für die natürlichen Lebensbedingungen, sondern auch Schutz vor ökonomischen und sozialen Beeinträchtigungen.
I Vgl. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), 363, 369ff.; ihm folgend Breuer, Umweltschutzrecht, S . 633, 646f.; demgegenüber Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 6f.; i.ü. Leidig, Umweltschutz, S. 25f.; zu ersterem anhand des Naturschutzes und der Landschaftspflege Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 149f.; umfangr. Nachw. bei Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S . 211, 215f., 238f.; Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 933. 2 Steiger, Geltungsebenen, S . 1, 6f. 3 Leidig, Umweltschutz, S. 25 m. w. N. 4 Vgl. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), 363, 369. s Ebd., 363, 369ff.; ders., Allgemeines Umweltrecht, S . 81, 83; Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 646f. 6 Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen, S. 3; auch S choeneberg, S.4ff. 7 Gesamtheit der existenzbestimmenden Faktoren, Leidig, Umweltschutz, S. 22 .
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
2. Beurteilung
Eine Übernahme des extrem weiten amerikanischen Umweltbegriffs für den mitteleuropäischen und damit bundesdeutschen Rechtskreis wird überwiegend nicht diskutiert, zuweilen ohne nähere Begründung abgelehnt 8 . Für die ablehnende Einschätzung spricht, daß die deutsche Rechtsordnung strukturell durch die Zuweisung von Einzelaufgaben an bestimmte Aufgabenträger gekennzeichnet ist9. Dies verdeutlicht bereits die in Art. 20 Abs.l und Art. 30 GG statuierte bundesstaatliche Aufgabenverteilung, i. ü. die Zuständigkeitszuweisung an die jeweiligen Organe im Bereich des Bundes bzw. der Länder- etwa- durch Art. 70ff. und Art. 83ff. GG, aber auch die Aufgabenabgrenzung innerhalb der Organe selbst, wie insbesondere die grundgesetzliche Ausprägung des Ressortprinzips nach Art. 65 GG 10 zeigt. Querschnittsorientierte Koordinierungszuständigkeiten haben gegenüber dieser fachlichen Orientiertheit Ausnahmecharakter11 . Ein- im amerikanischen Sinne- globales Verständnis der Umwelt hätte einen entsprechend umfassenden Schutzauftrag zur Konsequenz. Das würde nicht nur die beschriebene, fachspezifisch differenzierte Aufgabenverteilung des Grundgesetzes aufheben, indem einem Bereich eine umfassende, sozio-ökonomische wie ökologische Kompetenz zugestanden würde. Es wäre auch der Zuständigkeitskreis der - verfassungsrechtlich nur begrenzt vorgesehenen (s.o.)- Querschnittsaufgaben durch die mit einemnoch- weiterreichenden Abstimmungsauftrag ausgestattete Umweltkompetenz wenn nicht beseitigt, so doch in Frage gestellt. Eine Übernahme des amerikanischen Umweltbegriffs zöge zudem rechtspolitische Bedenken nach sich. Wenn nach verbreiteter Auffassung die aktuelle Umweltproblematik in der unzureichenden, folglich zu verbessernden bzw. zu verstärkenden Berücksichtigung umweltschützender Erfordernisse in staatlichen Entscheidungsprozessen liegt12, so steht damit die Sorge um die natürlichen Lebensbedingungen für Menschen, Tiere und Pflanzen im Vordergrund. Dem ist kaum gedient, wenn dieser Schutzbereich unter der Bezeichnung Umwelt mit der weiten Palette sozio-ökonomischer Belange vermengt wirdl3; ökologische Anforderungen erfahren auf diesem s Steinberg, NuR 1983, 169, 177; Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen, S. 36. 9 Brohm, JuS 1977, 500 unter Hinweis auf das Bürokratiemodell rationaler Herrschaft Max Webers. 1o Hierzu umfassend Schöler. 11 Vgl. im Rahmen der Gesetzgebungskompetenzen Art. 75 Nr. 4 GG: Raumordnung; des weiteren, aber abgeschwächt, Art. 74 Nr.18 GG: Bodenrecht. 12 Vgl. hierzu Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 92f. 13 So aber offensichtlich Hübler, ISP 1983, 1, 6.
§ 3 Der Begriff der Umwelt
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Wege keine Betonung. Sie werden vielmehr in die Kette der vielfältigen sonstigen Interessen eingereiht und damit nivelliert1 4 • Infolgedessen spricht überwiegendes dafür, den weiteren Überlegungen einen engeren Umweltbegriff zugrunde zu legen, entweder im anthropozentrischen oder ressourcenökonomischen Sinne. Der begrifflichen Abgrenzung, anthropozentrischer und ressourcenökonomischer Umweltschutz unterschieden sich im Zeithorizont, letzterem gehe es um die - langfristige - Sicherung des Überlebens der Menschheit insgesamtl 5 , kann insoweit nicht gefolgt werden. Zum einen ist nicht ersichtlich, warum ein primär dem menschlichen Wohlbefinden verpflichteter Interessenschutz aus Gründen effektiver Sorgewaltung und in dem Wissen um die Bedeutung natürlicher Gegebenheiten für die (Über-)Lebensfähigkeit des Menschen nicht gleichfalls aus langfristiger Sicht und damit ressourcenbewirtschaftend agieren kann bzw. wird. Zum anderen erscheint der Schluß von der ökologischen Ressourcenbewirtschaftung auf die Sicherung des Überlebens der gesamten Menschheit zu undifferenziert. Eine zukunftsorientierte Bewirtschaftung in diesem Sinne erhält vielmehr das natürliche Wirkungsgefüge als solches, wodurch auch, aber eben nur unter anderem, die Überlebensfähigkeit des Menschen auf Dauer sichergestellt werden kann. Der Unterschied zwischen anthropozentrischem und ressourcenökonomischem Interessenschutz kann folglich nur in der - bereits angedeuteten ethischen Bewertung liegen: Anthropozentrischer Umweltschutz stellt den Menschen in das Zentrum seiner Aufgaben, wird bei deren Erledigung die natürlichen Lebensbedingungen auch langfristig bewirtschaften, weil nur so das menschliche Wohlergehen, zumindest aber das Überleben des Menschen gewährleistet werden kann. Einzelne Umweltbedingungen können jedoch außer Betracht gelassen werden, sofern aufgrund ihrer Vernachlässigung keine Beeinträchtigung 14 Vgl. darüber hinaus aus ökonomisc):ler Sicht B . Fri~~ch, Wachstumsbegrenzung, S. 80: "Eigentlich dürfte es zwisch~n Okonomie und Okologi,e keinen materiellen Gegensatz geben. Wenn er im Laufe der Entwicklung, die die Ökonomie als Wissenschaft nahm, dennoch entstand, dann deshalb, weil sich die Ökonomie auf die Analyse eines Subsystems spezialisiert hat, dessen Regelmechanismen auf das Zusammenwirken von speziellen (konvexen) Produktions- und Nutzungsfunktionen unter der Annahme der Existenz freier Güter beschränkt sind. Von dieser relativ schmalen Basis aus hat die ökonomische Theorie mit viel intellektuellem Aufwand eine in sich geschlossene und konsistente Welt geschaffen. Sie hat vor allem in der Wachstumstheorie Ergebnisse erarbeitet, die manchmal auch Mathematiker zu begeistern vermögen. Leider sind diese Ergebnisse von nur rein intellektuellem Interesse und für die Lösung der wirklichen Wachstumsprobleme, denen wir uns heute global gegenübergestellt sehen, völlig irrelevant." Es handelt sich dabei vornehmlich um die Konsequenz betriebswirtschaftlicher Sichtweisen, während der Volkswirtschaft bereits früh eine globale Betrachtungsweise vertraut war, vgl. etwa Stützel, FAZ v. 7. 8. 1982, s. 11. 15 So Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), 363, 370.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
menschlichen Lebens zu befürchten steht. Die ressourcenökonomische Betrachtungsweise umfaßt hingegen die naturgegebenen Wirkungszusammenhänge als solche, um ihrer selbstwillenund ohne Prioritäten einzelner Glieder des (gesamt-)ökologischen Gefüges. Dem Menschen als Bestandteil des natürlichen Lebenskreislaufs kommt folglich nicht die Rolle eines Maßstabs für umweltgerechtes Tun zu, wie seine Bedürfnisse auch nicht geeignet sind, einzelne Umweltfaktoren als irrelevant aus dem Interessenschutz auszunehmen. Anthropozentrischer und ressourcenökonomischer Umweltschutz lassen sich demnach nicht anhand des zugrunde gelegten Zeithorizontes abgrenzen, sondern allein nach dem Handlungsmaßstab. Für ersteren ist er der Mensch, für letzteren das natürliche Wirkungsgefüge als solches. Im Ergebnis dürfte diese Unterscheidung indes kaum eine Rolle spielen. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse belegen die zentrale Bedeutung des Naturkreislaufs in seinen vielfältig verflochtenen Wirkungszusammenhängen als Grundvoraussetzung für die Funktion der Umweltl6. Deshalb ist auch im anthropozentrischen Sinne kein Umweltfaktor ersichtlich, der mangels jeglicher Relevanz für das Wohlbefinden der Menschen dem Interessenschutzentzogen werden könnte. In Anbetracht dessen stehen sich die Sichtweisen letztlich nicht kontradiktorisch gegenüber. Der ressourcenökonomische Ansatz verdeutlicht lediglich treffender die Einsicht in das Wirkungsgefüge der Umweltl 7 • Abzulehnen ist der anthropozentrische Umweltbegriff allerdings insofern, als er auch die "gemachte" Umwelt erfassen soll - wie eingangs beschrieben bis hin zum Schutz wirtschaftlicher Belangels. Dem stehen ähnliche Bedenken wie der amerikanischen Begrifflichkeit aus Gründen der Geschlossenheit und des systematisierenden Gehalts des Begriffs Umwelt entgegen 19 . Nur ein auf die natürliche Umwelt beschränktes Verständnis verhindert, daß die Grenzen zu anderen Interessenbereichen fließend geraten2o.
§ 4 Das Rechtsgebiet Umweltrecht Diese Einschätzung ist der Behandlung des sich anschließenden Fragenkreises zugrunde zu legen, ob von einem in sich geschlossenen Rechtsgebiet "Umweltrecht" auszugehen ist. Bejahendenfalls bleibt klärungsbedürftig, 16 Etwa Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 467 (zum Naturschutz). 17 Zu weitgehend daher die Kritik bei Soell, Naturschutz, S. 481, 494, an der anthropozentrischen Ausrichtung des Naturschutzrechts. 1s Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 7. 19 Vgl. oben, bei Fn. 12ff. 2o Ähnlich Soell, Naturschutz, S. 481, 494f.
§ 4 Das Rechtsgebiet Umweltrecht
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welche Normkreise ihm im einzelnen zuzuordnen sind. Es geht also um die "äußere" Systematisierung des Umweltrechts 1 . Zunehmend wird das Umweltrecht als eigenständige, zusammenhängende Materie begriffen2 . Die gegenteilige Auffassung, derzufolge umweltbezogene Vorschriften keine bestimmte, klar abgrenzbare Fläche menschlicher Betätigungen erfassen, die Rechtsordnung lediglich rasterartig überlagern und nur punktuell rechtserheblich sein sollen3 , dürfte durch zwischenzeitliehe Entwicklungsschübe in der Gesetzgebung, aber auch aufgrund rechtswissenschaftlicher Systematisierungsbemühungen überholt sein. Freilich bedeutet dies nicht, daß sich das Umweltrecht als Rechtsgebiet trennscharf von anderen Normbereichen absondern ließe4 • Solche- von der (Rechts-)Sache vorgegebenen- Überlappungserscheinungen gewinnen konkretere Konturen, wenn Umweltrecht nicht als bloßes Instrument zum Schutz der Umwelt vor Beeinträchtigungen verstanden wird (Umweltschutzrecht), sondern darüber hinaus als solches der Umweltpflege bzw. -sorge, der Entwicklung, Wiederherstellung und Gestaltung der Umwelt mit dem Ziel, sie auf Dauer funktionsfähig und nutzbar zu erhalten5 • Diese sich durchsetzende Sichtweise eröffnet den Blick für die Komplexität der Regelungsaufgaben des Umweltrechts, so daß es sich im Hinblick auf seine vielfältigen, andere Rechtskreise erfassenden Bezüge zutreffend als "hochdifferenziertes" und "kompliziertes" Querschnittsrecht bezeichnet findet 6 • Die hiermit einhergehenden Verflechtungserscheinungen stellen indes den inneren Zusammenhang der umweltrechtlichen Materie nicht in Frage. Sie produzieren lediglich das Bedürfnis nach einer differenzierenden und stufenden Ein- und Zuordnung der Einzelnormierungen innerhalb des (Gesamt-)Rechtsgebiets7. Auch die unterschiedlich starke ökologische Ausrichtung der hier interessierenden Rechtsvorschriften8 stellt ihre umweltrechtliche Qualität, ihre Einbettung in den übergreifenden Zusammenhang des Umweltrechts nicht in Frage, setzt sie vielmehr gerade voraus. Daß alle Komplexität und Interdependenz der Eigenständigkeit des Umweltrechts nicht entgegenstehen, belegt im übrigen ein Vergleich mit 1 Hierzu oben,§ 2, bei Fn. 7, 15; vgl. auch Ossenbühl, VR 1983, 301, 303. z Hierzu Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 929. 3 Kimminich, Umweltschutz, S. 12ff., 24. 4 Sendler, JuS 1983, 255, 255: "Umwelt ist schließlich überall." 5 Steiger, Geltungsebenen, S . 1, 7. s Sendler, JuS 1983, 255, 255. 7 Ohnehin ist eine Mehrfachqualifikation von Rechtskreisen im Bereich rechtswissenschaftlicher Systematisierung keineswegs unbekannt; näher Kloepfer, Systematisierung, S. 69; auch Zuleeg, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 292, 298f., zu Überschneidungen im Verhältnis Wirtschaftsverwaltungsrecht- Umweltschutzrecht a Storm, Umweltrecht, S. 20f.
4 Erbguth
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anderen Rechtsgebieten, insbesondere mit dem Wirtschaftsverwaltungsrecht: Dessen Qualität als selbständige Rechtsmaterie ist seit längerem allgemein anerkannt, obwohl- auch dort- immer noch umstritten ist, welche Teilbereiche ihm im einzelnen zuzurechnen sind9 • Rechtlichen Problemstoff birgt mithin die nähere Bestimmung, welche Normen dem Rechtsgebiet Umweltrecht zuzurechnen sind, nicht aber dieohnehin eher begrifflich/theoretische10 - Diskussion um die Selbständigkeit der Gesamtmaterie. 1. Meinungsstand zur näheren Bestimmung des Rechtsgebiets
Zu ersterem finden sich im wesentlichen folgende Einschätzungen:
Sendler 11 differenziert nach dem Maß der "ökologischen Tönung" der jeweiligen Normkreise. Er zählt zum Umweltrecht zunächst dessen Kernbestand, nämlich die klassischen Materien umweltsorgenden Charakters, insbesondere den Naturschutz, den Immissions- und Strahlenschutz, die Abfallbeseitigung und den Gewässerschutz wie auch den Schutz vor gefährlichen Stoffen (z.B. Chemikalien). Daneben findet sich seiner Ansicht nach Umweltrecht auch in solchen Vorschriften oder Normkomplexen, die spezifisch umweltsorgend wirken, allerdings im Rahmen von Gesetzen, die grundsätzlich andere Ziele verfolgen, etwa Umweltstraftaten nach§§ 324ff. StGB, § 117 OWiG, des weiteren privatrechtliche Möglichkeiten der Immissionsabwehr nach§§ 906f. BGB. Als dritten Teilbereich des Umweltrechts kennzeichnet Sendler Gesetze, denen mehrere, sich durchaus auch widersprechende Zwecksetzungen zugrunde liegen, Umweltpflege also nur ein Ziel unter anderen, im Verhältnis zueinander gleichberechtigten darstellt (Raumordnungsrecht, Bauleitplanungsrecht). Zur Randzone des Umweltrechts werden schließlich Rechtsnormen gezählt, die auf Umweltverbrauch ausgerichtet sind und umweltsorgerische Gesichtspunkte lediglich mitberücksichtigen (Fachplanungsrecht, z. B. Bundesfernstraßengesetz), sowie solche, deren Umweltrelevanz erst bei näherer Betrachtungsweise erkennbar wird (einzelne Grundrechte wie Art. 2 Abs. 2, 14 GG; Polizei-, Steuer- und sonstiges Abgabenrecht)l 2 • Ähnlich verfährt Steigerl 3 • Allgemein rechnet er zum Umweltrecht diejenigen Rechtsnormen, die umweltbezogenes abwehrendes, bewirtschaftenSendler, JuS 1983, 255, 255 Fn. 9; Storm, Umweltrecht, S. 20f. Kloepfer, Systematisierung, S. 68; auch Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), 363, 366. Sendler, JuS 1983, 255, 255. 12 Ebd., 255, 255. 13 Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 10ff. 9
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des, wiederherstellendes und gestaltendes Handeln rechtlich erfassen, um die natürlichen- und gemachten14 - Elemente der gegenständlichen Umwelt in ihrer gegenseitigen Verbindung so auszugleichen und nachhaltig zu erhalten, daß sie sowohl für sich selbst als auch für die individuelle wie für die allgemeine menschliche Umwelt funktionsfähig bleiben 15 . Es seien dies neben spezifischen Umweltgesetzen, wie das Immissionsschutz-, Wasserhaushalts-, Abfallbeseitigungsgesetz, Naturschutzrecht und das Umweltstatistikengesetz, das Gesetz über das Umweltbundesamt u. a. m., spezielle Umwelteinzelnormen bzw. -normabschnitte in Gesamtkodifikationen (etwa § 906 BGB, Abschnitt 28 StGB), des weiteren auch Gesetze mit pluri- oder multifinaler Zwecksetzung (insbesondere jene der Raumplanung) 16 ; letztlich könnten auch Vorschriften nicht umweltspezifischer Art umweltrechtliche Bedeutung erlangen ("umweltrelevante Normen"), wie etwa Art.l Abs.l, 2 Abs. 2 GG, das Sozialstaatsprinzip, Bestimmungen des allgemeinen Polizeirechts, § 223 StGB, §§ 823, 1004 BGB oder Normen des Gewerbesteuerrechtsl7. Kloepfer verwirft in der bislang wohl umfassendsten Monographie zum System des Umweltrechts 18 zunächst Abgrenzungsmodelle anhand von Gesetzgebungskompetenzen 19 , wie auch solche nach Vollzugszuständigkeiten20. Erstere seien ungeeignet, weil die Art. 70ff. GG neben umweltspezifischen Kompetenzen eine Vielzahl umweltrelevanter Legislativzuständigkeiten enthielten, deren umweltspezifische Ausfüllung möglich, aber eben nicht zwingend sei, so daß eine hinreichend klare Abgrenzbarkeit des Rechtsgebiets nach Regelungszuständigkeiten ausscheide. Ähnliches gelte für ein Abstellen auf Vollzugskompetenzen: Es scheitere an weithin fehlenden Sonderbehörden- vornehmlich des Bundes- im Umweltbereich21 . Angesichts dessen wendet sich Kloepfer konkreten Abgrenzungskriterien des Umweltschutzrechts zu. Er spricht sich gegen eine Abgrenzung nach finalen Gesichtspunkten, nämlich nach Zwecken und Zielen der jeweiligen Gesetze aus, weil damit die historische Auslegung zu Lasten der ausschlaggebenden teleologischen Interpretation betont werde22. Vielmehr sei anhand des umweltschutzbezogenen Regelungsbereichs von Normen vorzugehen. Kloepfer plädiert für eine Angrenzung nach Umweltschutzaktivitäten Zu letzterem vgl. oben, § 3, bei Fn. 3. Steiger, Geltungsebenen, S . 1, 10. ts Ebd., S . 1, 10. 17 Ebd., S. 1, 11. 1s Kloepfer, Systematisierung. 19 Ebd., S. 71f. 2o Ebd., S . 72f. 21 Ebd., S . 72 f . 22 Ebd., S . 74f.
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(Raumordnung, Erholungssicherung, Naturschutz und Landschaftspflege, Strahlenschutz, Überwachung und Ordnung von Umweltchemikalien). Dieses Modell sei zwar das komplizierteste, aber zugleich das argumentativ reichste. Es ermögliche nicht nur eine weitere Untergliederung nach Umweltschäden bzw. -gefahren und Umweltgütern, sondern auch ein Erfassen von Veränderungen bei der Ausgestaltung staatlicher Umweltschutzmaßnahmen23. Dabei versteht Kloepfer Umweltrecht als umweltspezifisches Recht, folglich als Sonderrecht in Abgrenzung zum allgemeinen Recht, das auf umweltschutzrelevante Tatbestände, aber auch auf andere, umweltschutzirrelevante Tatbestände anwendbar sei (z.B. §§ 823, 1004 BGB, 223 StGB, 40 VwG0) 24 . Im einzelnen zählt er zum Umwelt-Sonderrecht25 - "Gesetz etc. mit ausschließlich umweltspezifischen Normen - Gesetz etc. mit vorwiegend umweltspezifischen Normen, das sekundär umweltunspezifische Normen enthält", nicht hingegen - "Gesetz etc. mit vorwiegend nicht umweltspezifischen Normen, das primär umweltunspezifische Normen umfaßt, Gesetz etc. ohne umweltspezifische Normen, aber mit Relevanz auch für den Umweltschutz, Gesetz etc. ohne Relevanz für den Umweltschutz." Zusammenfassend werden "hier als Umweltschutzrecht diejenigen Gesetze etc. bezeichnet, die ausschließlich oder vorwiegend spezifische Regelungen für Umweltschutzaktivitäten enthalten". Dazu zählen nach dem weiteren Ablauf der Untersuchung beispielsweise das Raumordnungs-, Bundesbau-, Bundesnaturschutz-, Bundeswald- und das Flurbereinigungsgesetz wie auch das DDT-Gesetz, das Abfallbeseitigungs-, Altöl-, Abwasserabgaben-, Wasserhaushalts-, Bundes-Immissionsschutz- und Benzinbleigesetz.
Rehbinder äußert sich aus international-rechtsvergleichender Sicht zum Umweltrecht und geht dabei- wie angesprochen2s- auf den Umweltbegriff als Zielvorgabe des Umweltrechts ein; eine nähere Beschreibung dessen, was nach seinem Verständnis dem Rechtskreis unterfällt, welche Teilgebiete ihm zuzurechnen sind und welche nicht, fehlt weitgehend; es finden sich lediglich allgemein gehaltene Aussagen27. Ebd., S . 74f. Ebd., S . 75f. ; dort auch zur Schwierigkeit der Einordnung sog. multifunktionaler Aktivitäten, wie etwa derjenigen der Energieeinsparung. 25 Ebd., S. 76. 26 Siehe oben, § 3, bei Fn. 4. 23 24
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Danach dient das Umweltrecht dem Schutz, der Sicherung und der Gestaltung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Zum Kernbereich des Umweltrechts zählt Rehbinder als bereits etablierte Rechtsgebiete das Recht der Luft- und Wasserreinhaltung, des Lärmschutzes, der Abfallbeseitigung, der Kontrolle von Umweltchemikalien, des Schutzes gegen Radioaktivität, des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Randzonen bilden jene Normen, "die es mit komplexen Lebensbereichen zu tun haben und Ziele des Umweltschutzes nur neben anderen Zielen der Gesellschaft und oft genug in Konkurrenz zu ihnen verfolgen" 28 . Gemeint sind damit vornehmlich das Recht der räumlichen Planung und jenes der Ressourcenökonomie29, allerdings nur deren umweltrelevante Aspekte30 . Im übrigen lasse sich das Umweltrecht wegen seiner problemorientierten Ausrichtung nicht im Sinne herkömmlicher Systematisierung durchgängig auf klar abgegrenzte Lebensbereiche, bestimmte Rechtsfolgen oder einen bestimmten Adressatenkreis zurückführen31.
Breuer32 hebt zur Systematisierung auf allgemeine Bestimmungen der Organisation33 und der Umweltstatistik34, vornehmlich aber auf die besonderen Regelungen medialen, kausalen, vitalen und integrierten Umweltschutzes ab35. Hiernach erfaßt das mediale Umweltrecht die klassischen Umweltmedien Boden, Wasser und Luft (etwa: Bundesnaturschutzgesetz, Wasserhaushaltsgesetz sowie das jeweilige Länderrecht; Bundes-Immissionsschutz-, Fluglärm-, Benzinbleigesetz). Kausaler Umweltschutz setze bei bestimmten gefährlichen Stoffen an (beispielsweise: Atom- und Strahlenschutzrecht, Chemikalien-, Lebensmittel- und Arzneimittelrecht). Vitaler Umweltschutz sei hingegen unmittelbar auf den Schutz von Tieren oder Pflanzen als Elemente der menschlichen Umwelt gerichtet (Beispiele: Naturschutz-, Pflanzenschutz- und Tierschutzrecht, Jagd- und Fischereirecht). Während der mediale und der vitale Umweltschutz durch umweltspezifische Schutzzwecke geprägt seien, finde sich der integrierte Umweltschutz in eine übergreifende Aufgabenstellung eingebunden36 . Sein besonderes MerkRehbinder, RabelsZ 40 (1976), 363, 365f. Ebd., 363, 366. 29 Ebd., 363, 365f. 3o Ebd., 363, 366. 31 Ebd., 363, 366. 32 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 667ff.; ihm folgend Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 283. 33 Breuer, Umweltschutzrecht, S . 633, 667. 34 Ebd., S. 633, 667. 35 Ebd., S. 633, 667. 36 Ebd., S. 633, 667. 27
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malliege in der Verzahnung des Umweltrechts mit benachbarten Aufgabengebieten37. Zu unterscheiden seien insoweit der konkurrierend integrierte und der konvergierend integrierte Umweltschutz. Des ersteren Hauptaufgabenfeld stelle das Recht der Raumplanung, also die Bauleitplanung, Raumordnung und Landesplanung sowie die Fachplanung(en) dar. Der Umweltschutz bilde hier ein Planungsziel oder einen gewichtigen abwägungserheblichen Belang neben konkurrierenden anderen. Demgegenüber sei die Einbindung des konvergierend integrierten Umweltschutzes in eine übergreifende Aufgabenstellung dadurch geprägt, daß deren Ziele und diejenigen des Umweltschutzes im Verhältnis gleichgerichteter Ergänzung, also nicht im Konkurrenzverhältnis zueinander stünden. Dies sei etwa im Gesundheitsrecht oder im Recht der technischen Sicherheit und des Arbeitsschutzes (z. B. Gerätesicherheitsgesetz) der Fall. Storm läßt sich in seiner Darstellung des Umweltrechts von zwei Ansätzen leiten, die miteinander in Beziehung gesetzt werden. Zunächst zieht erwie Sendler38 - "diejenigen Normwerke, deren ökologische Tönung besonders hervortritt", als Leitgesetze heran39, nämlich
-
Allgemeine Umweltpflege Naturschutz- und Landschaftspflege Gewässerschutz Abfallbeseitigung Immissionsschutz (i. S. v. Luftreinhaltung, Lärmbekämpfung) Kernenergie und Strahlenschutz Energieeinsparung Schutz vor gefährlichen Stoffen.
Parallel hierzu ordnet er die Normkreise nach Maßgabe allgemeiner Kategorien der Rechtsordnung; hiernach ergeben sich vornehmlich folgende Teilbereiche des Rechtsgebietes4o: -
Umweltverfassungsrecht Umweltverwaltungsrecht Umweltabgabenrecht Umweltstrafrecht Umweltprivatrecht Umweltprozeßrecht Internationales Umweltrecht und Umweltvölkerrecht Europäisches Gemeinschaftsrecht. 37 3B
39 40
Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 673f. und nachfolgend. Sendler, JuS 1983, 255, 255. Storm, Umweltrecht, S. 24.
Ebd., S . 24f.
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In einer Verbindung beider Ansätze, zugleich in Eingrenzung der Rechtskreise im Hinblick auf den einführenden Charakter seiner Darstellung, gelangt Storm zur nachstehenden Systematisierung41 • - Umweltverfassungsrecht - Allgemeines Umweltrecht - Besonderes Umweltrecht, mit • Naturschutz und Landschaftspflege • Gewässerschutz • Abfallbeseitigung • Immissionsschutz • Schutz vor gefährlichen Stoffen. 2. Beurteilung
Die Gegenüberstellung verdeutlicht eine Vielfalt gedanklicher Ansätze zur Bestimmung des Umweltrechts. Soweit das Rechtsgebiet durch Nennung der einzelnen Umweltgesetze aufgefüllt wird4 2, kann von einer induktiven Betrachtungsweise gesprochen werden, die vom Besonderen zum Allgemeinen gelangt43. Demgegenüber gehen diejenigen, die das Umweltrecht als solches zunächst durch umweltspezifische Zwecke oder Aktivitäten kennzeichnen, um ihm anband dessen die einzelnen Normwerke zuzuordnen44, von einem eher deduktiven Ansatz aus45 • Beide Sichtweisen lassen sich freilich nicht streng voneinander sondern, wie etwa der Maßstab der "ökologischen Tönung" zeigt, der auf ein deduktives Erfassen des Umweltrechts hindeutet, wobei dann gleichwohl das induktive Aneinanderreihen der Umweltgesetze in den Vordergrund rückt46. Aufgrund dieser mangelnden Trennschärfe der Ansatzpunkte erscheint das sie verbindende Moment um so bedeutsamer. Einigkeit besteht nämlich dahingehend, daß bei der Bestimmung des Rechtsgebiets ein begriffliches Vorgehen vonnöten ist, weil es - lediglich - um die formale Ordnung des Umweltrechts geht. Wie erinnerlich bedarf es eines solchen Ordnungsrahmens, um mit der Vielzahl umweltrechtlicher Vorschriften umzugehen; er dient der Übersichtlichkeit und als Orientierungsmittel•7 • Ebd., S. 25. So Sendler, Storm und- im weiteren Sinne- auch Rehbinder, vgl. vorstehend. 43 Zur Induktion in der juristischen Methodik Larenz, Methodenlehre, S . 258f. 44 So Kloepfer, Breuer, in gewissem Umfang auch Rehbinder, vgl. vorstehend. 45 Zur Deduktion als Ableitung des Konkreten von einem allgemeinen Obersatz Larenz, Methodenlehre, S. 42ff. m.w.N. 46 Hierzu die dargestellte Sichtweise bei Sendler und Storm; ähnlich im Ergebnis auch Rehbinder; zu alledem vorstehend. 47 Hierzu näher oben unter § 2 der Untersuchung. 41 42
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Bei dieser begrifflichen Ordnung verhalten sich die wiedergegebenen Stellungnahmen allerdings vornehmlich über die Abgrenzung des Umweltrechts nach außen. Nur teilweise wird der weiteren Frage, wie das Rechtsgebiet intern zu gliedern ist48, nachgegangen. 2.1 Außenabgrenzung des Umweltrechts
Nicht weiter diskussionsbedürftig ist nach dem Vorstehenden die Zuordnung des ökologischen Kernbestandes an Rechtsnormen zum Umweltrecht, also der von Sendler, Steiger und Storm aufgezählten Gesetze49. Das Rechtsgebiet (nach außen) hierauf zu beschränken, erscheint freilich kaum überzeugend, die Eingrenzung Storms mithin zu eng: Umweltrecht ist mehr als Umweltschutzrecht5o. Gerade Normkreise, die nicht nur umweltschützende Agenden aufweisen, sind von erheblicher Relevanz für die natürlichen Gegebenheiten. Hingewiesen sei beispielsweise auf das Bergrecht und das Landesplanungsrecht. Die diesbezüglichen Rechtsvorschriften aus dem umweltrechtlichen Betrachtungsfeld auszunehmen, hieße nicht nur, die Bandbreite der Rechtsprobleme unzulässig zu verkürzen. Unberücksichtigt blieben auch die vielfältigen rechtlichen Verflechtungen der Instrumente des umweltrechtlichen Kernbereichs mit denjenigen verwandter Rechtssätze51, beispielsweise die bundesrechtlich gebotene Einbindung der Landschaftsplanung in die Landesplanung5 2 • Zum Umweltrecht sind folglich auch die "Randzonen" zu zählen, und zwar in einem weiteren Sinne als der von Rehbinder vorgenommenen Einschränkung auf das Recht der Raumplanung in seinen umweltschutzbezogenen Aspekten. Anderenfalls bestünde die Gafahr einer unzureichenden, nämlich nur segmentartigen Erfassung der angesprochenen wechselseitigen Verflechtungen. Folglich liegt es näher, der Auffassung Sendlers zu folgen, und die von ihm genannten, über den Kernbereich des Umweltrechts hinausgreifenden Regelungswerke mit in die Betrachtung einzubeziehen. Das Differenzierungs- und Abgrenzungskriterium der- jeweiligen- "ökologischen Tönung" erscheint allerdings zu konturenlos; die damit eröffnete Interpretationsbreite schließt eine klare Zuordnung in Grenzbereichen aus. Konkreter erweist sich die von Kloepfer hervorgehobene - deduktive Maßgabe, wonach Umweltrecht jene Gesetze bezeichnet, die ausschließlich oder vorwiegend spezifische Regelungen für Umweltschutzaktivitäten enthalten. Zu bemängeln ist jedoch seine Ablehnung der Heranziehung finaler 48 49
5o 51 52
Vgl. die vorstehende Fn. Siehe oben, bei Fn. 11 f., 13 ff., 38ff. Siehe oben, bei Fn. 5. Zu Recht Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 11. Vgl. § 5 Abs. 2 BNatSchG.
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Gesichtspunkte bei der Zuordnung der Normen. Dem Argument, der historische Wille des Gesetzgebers würde damit unzulässig in den Vordergrund gerückt, kann schon aus methodischen Gründen nicht gefolgt werden: Zur Bestimmung der Finalität von Rechtssätzen ist- und zwar hervorgehobenihrem (ver-)objektivierten Gehalt Rechnung zu tragens3, mithin teleologisch nach Sinne und Zweck der jeweiligen Rechtsnorm(en) zu fragen. Daß Kloepfer selbst an Gesichtspunkten der Finalität nicht vorbeikommt, zeigt im übrigen seine allgemeine Definition des Umweltrechts, die auf Umwelt"schutz"aktivitäten abstellt54, ein deutlich final bestimmtes Kriterium. Infolgedessen ist der Rechtskreis nach Kriterien der Finalität aufzufüllen, aufgrunddes Vorstehenden freilich nicht beschränkt auf die Fragestellung rein umweltschützender Zielsetzungen von Gesetzen. Vielmehr sind zum Umweltrecht auch solche Rechtsnormen zu zählen, deren Zweck nicht nur umweltschützender Art ist, die aber auch auf die - natürliche - Umwelt55 ausgerichtet sind. Letzteres bedarf indes der einschränkenden Konkretisierung, weil ansonsten weiteste Normbereiche dem Umweltrecht zuzurechnen wären und damit die Grenzen zu den sonstigen Rechtskreisen insgesamt fließend würden. Eine Beschränkung auf "vorwiegend" umweltspezifische Regelungens6 geht in diese Richtung, ist aber angesichts der angesprochenen Umweltrelevanz hinter dieser Voraussetzung zurückbleibender Vorschriften zu eng. Um jene Normen mitzuerfassen, ist daher unter Umweltrecht die Summe all derjenigen Rechtssätze zu verstehen, die von ihrer Zielsetzung her Umweltschutz zumindest mitberücksichtigen. 2.2 Rechtsgebietinterne Gliederung des Umweltrechts
Hiervon geht offensichtlich auch Breuer57 aus, wenn er das Umweltrecht in die Gebiete des medialen, kausalen, vitalen und integrierten Umweltschutzes einteilt. Das zielt allerdings nicht mehr in erster Linie auf die Außenabgrenzung des Rechtsgebiets, sondern auf die nachfolgende Frage der Systematisierung des umweltrechtlichen Binnenbereichs. Insoweit fällt auf, daß die von Breuer vorgeschlagene Abgrenzung keineswegs durchgehend zu trennscharfen Unterscheidungen führt, vermutlich schon deshalb, weil der Gesetzgeber dieser Grundlinie nicht folgtss. So läßt sich etwa das wichtige Feld des Naturschutzes (und der Landschaftspflege) 53
54 55 56 57 58
Larenz, Methodenlehre, S. 299 ff. Kloepfer, Systematisierung, S. 75f. Siehe oben, bei Fn. llff. So Kloepfer, Systematisierung, S. 76. Siehe oben, bei Fn. 32 ff. Zuleeg, Umweltschutz, S . 281, 283.
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gleichzeitig mehreren der genannten Kategorien zuordnen. Der primäre Bodenbezug weist ihn als medialen Umweltschutz aus, seine Sorgewaltung um naturräumliche Gegebenheiten, um die Pflanzen- und Tierwelt macht ihn zugleich zum vitalen Umweltschutz, und seine auch andere Medien miterfassende Qualität, insbesondere die bundesrechtlich vorgeschriebene Einbindung des landschaftsplanerischen Instrumentariums in die Landesplanung, rückt ihn in die Nähe des integrierten Umweltschutzes. Des weiteren will die Einordnung des Immissionsschutzrechts in den Bereich- des auf ein Umweltgut bezogenen- (ein-)medialen Umweltrechts (Luft)59 nicht überzeugen; zum einen finden sich zu Recht mehr-mediale Elemente des Immissionsrechts betont, weil auch Boden und Wasser vor Luftverunreinigungen geschützt werden60 • Zum anderen hebt bereits die gesetzliche Zweckbestimmung des § 1 BimSchG vitale Aspekte dahingehend hervor, Menschen wie Tiere, Pflanzen und andere Sachen vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugensl. Daß die von Breuer genannten Kriterien keine durchgängig klaren Abgrenzungen gewährleisten, folglich ihre systematisierende Leistungskraft fraglich ist62 , mag zunächst an den zu ordnenden Rechtsmaterien selbst liegen. Die Normkreise des Umweltrechts sind eben vielfach nicht im Sinne Breuers monofinal ausgerichtet, verbinden vielmehr, wie die genannten Beispiele zeigen, zumindest einige der von ihm vorgeschlagenen Maßstäbe in ihren gesetzlichen Ziel- bzw. Zweckbestimmungen. Der eigentliche Grund für die mangelnde Abgrenzungsleistung wird indes bei den Kriterien selbst zu suchen sein. Differenzierungsmerkmale vermögen ihre Aufgabe nur zu erfüllen, wenn sie antithetisch auf ein gemeinsames Merkmal zurückführbar sind. Gesetzliche Definitionen bzw. solche, die im Wege der Auslegung gewonnen werden müssen, leiten sich gedanklich aus der Hinzufügung eines Artunterschiedes zu einem allgemeinen Gattungsmerkmal absa. Die hier fraglichen Systematisierungskriterien Breuers sind hingegen nicht auf ein generelles Merkmal zurückführbar. Der umweltspezifische Umweltschutzzweck64 scheidet schon deshalb aus, weil Umweltrecht und Umweltschutzrecht nicht deckungsgleich sindss.
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Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 668, 669. Storm, Umweltrecht, S. 92. Hierzu auch Storm, Umweltrecht, S. 91. Hierzu allgemein oben,§ 2, bei Fn. 4ff. Larenz, Methodenlehre, S. 413ff.; näher hierzu oben, § 2, bei Fn. 4, 15. Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 667. Siehe oben, Fn. 5 ff.
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Aber auch im engeren Bereich des Umweltschutzrechts wird auf höchst heterogene, sich zudem vielfach überlappende Maßstäbe abgehoben; so bezieht sich der mediale Umweltschutz auf zentrale Schutzgüter, während der kausale Umweltschutz bei Stoffen ansetzt, die dem Menschen, der Fauna und Flora gefährlich werden (können). Gleichwohl befaßt sich auch der mediale Bereich mit gefährlichen Stoffen, wenn auch stärker abstrahiert, etwa in Form der Begriffsbestimmungen des§ 3 BlmSchG. Der vitale Umweltschutz betrifft die menschliche Umwelt; dem ist aber auch der mediale Umweltschutz gewidmet, allerdings in allgemeinerer Form, wie -um im Immissionsschutzrecht zu bleiben- die bereits genannte Zweckbestimmung des § 1 BlmSchG zeigt. Während die Unterteilung in medialen, kausalen und vitalen Umweltschutz - immerhin - aus umweltspezifischen Gesichtspunkten hergeleitet wird, nämlich solchen der Sorgewaltung um die Umweltgüter im Hinblick auf Gefährdungen bzw. Beeinträchtigungen, findet sich der integrierte Umweltschutz hiervon unter einem ganz anderen Aspekt unterschieden, der nicht auf ein gemeinsames Merkmal zurückführbar ist, nämlich demjenigen der Stellung des Umweltschutzes in übergreifenden staatlichen Aufgabenstellungen. Zum Abgrenzungskriterium des - jeweiligen - umweltspezifischen Schutzzwecks gesellt sich damit ein gattungsfremdes, indem auf die Einbindung von Umweltgesichtspunkten in die hoheitliche Koordinierung verschiedenster, gleichgerichteter oder konfligierender Interessen abgestellt wird. Die Unstimmigkeiten beruhen damit letztlich auf der Diskrepanz zwischen dem über das engere Umweltschutzrecht hinausgehenden Rechtskreis des Umweltrechts und dem von Breuer betonten Merkmal des (spezifischen) normativen Umweltschutzzwecks. Um auch das in seiner Diktion "nicht spezifische" Umweltschutzrecht systematisch zu erfassen, bedarf es mithin der Heranziehung andersartiger Maßstäbe. Zum einen ist daran zu denken, den Rechtskreis des Umweltrechts intern nach Regelungsgegenständen zu systematisieren. Die (Auf-)Gliederung erfolgte dann anhand der Haupt- und Nebengesetze des Umweltrechtsss. Andererseits wird die Notwendigkeit einer Unterteilung des Umweltrechts nach funktionalen Maßstäben betont, etwa anknüpfend an die Handlungsdimensionen der Abwehr, Bewirtschaftung, Wiederherstellung und Gestaltungs7. 66 So der Sammelband Salzwedel, (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts; Storm, Umweltrecht. 67 Steiger, Geltungsebenen, S . 1, 11.
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Jeweils für sich betrachtet, führen beide Vorgehensweisen zur Vernachlässigung wichtiger Aspekte des Umweltrechts: Die Orientierung an Regelungsgegenständenwirkt formal, kaum aber inhaltlich systematisierend; sie stellt eher eine ordnende Stoffsammlung dar; von ihrem Ansatz her ist sie auch allenfalls bedingt geeignet, die die Regelungsgegenstände übergreifenden Zusammenhänge adäquat zu berücksichtigen68 . Diesen rechtlichen Interdependenzen trägt das funktionale Systematisierungsmodell zwar Rechnung. Es löst jedoch die Eigenständigkeit der jeweiligen Normkreise auf und verdeckt damit potentiell den Blick auf besondere Sachgesetzlichkeiten und das spezifische Normgefüge der einzelnen Umweltgesetze. Schon dieser Befund spricht gegen eine alternative Beurteilung; vielmehr liegt eine Verbindung beider Konstruktionen nahe, um ihre jeweiligen Nachteile auszugleichen und ihre Vorteile zu nutzen. Eine Rückbesinnung auf die methodischen Grundlagen der Systematisierung69 läßt dies um so gebotener erscheinen; hiernach stehen beide Vorgehensweisen nicht in einem Verhältnis der Widersprüchlichkeit, sondern der wechselseitigen Ergänzung: Die Systematisierung anhand umweltrechtlicher Regelungsgegenstände, also abstrakter Begriffe, entspricht dem begrifflichen "äußeren System" 70 als - erstem - Ordnungsmittel, das der Übersichtlichkeit dient und die Möglichkeit eröffnet, mit der Normenvielfalt umzugehenn. Die funktionale Betrachtung bezieht sich auf das "innere System" im Sprachgebrauch der hier zugrunde gelegten juristischen Begriffs- und Systembildungslehre72 • Wie beschrieben, vergleicht sie die Vorschriften der Umweltgesetze nach ihren Funktionen, um rechtssystematische Grundlinien aufzudecken und diesbezügliche Abweichungen im Recht festzustellen73. Dieses Vorgehen setzt aber eine- vorangegangene- begriffliche Gliederung der Umweltgesetze im Umweltrecht voraus, weil sie den Ordnungsrahmen für die an Funktionen orientierte "innere" Systematisierung bildet. Infolgedessen ist das Umweltrecht zunächst als Grundlage jener Überlegungen begrifflich nach Regelungsgegenständen zu ordnen, und zwar methodisch gesehen im Wege der Bildung von Gattungsmerkmalen und des Hinzufügens von Artunterschieden74. 68 69 70
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Ebd., S. 1, 11. Hierzu oben, § 2, bei Fn. 13 ff. Siehe oben,§ 2, bei Fn. 15. Siehe oben,§ 2, bei Fn. 7, nach Fn. 15. Siehe oben,§ 2, bei Fn. 16ff. Siehe oben, § 2, bei Fn. 9, 21 ff. Bzw. von Ober- und Unterbegriffen, näher hierzu oben,§ 2, bei Fn. 4.
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Insoweit können bereits erarbeitete Ansätze weiterentwickelt werden 75 . Hiernach ist bei der Binnensystematisierung des Umweltrechts auf Regelungsgegenstände in einem weit verstandenen Sinne abzuheben, der auch Ein- bzw. Auswirkungen, auf die die Gesetze gerichtet sind, miterfaßt. Dergestalt kann das raumbedeutsame vom nicht raumrelevanten Umweltrecht unterschieden werden. Beide Normenkreise sind wiederum danach zu untergliedern, ob Umweltschutz das alleinige Ziel der Gesetze ist oder nur ein Ziel neben anderen. Innerhalb der Vorschriftenkreise mit alleinigem Umweltschutzziel sind einmediale, d.h. nur auf eine Umweltressource ausgerichtete Normwerke, von solchen mehrmedialer Art zu sondern, um sodann Gesetze mit umweltbeanspruchender Wirkung von jenen zu unterscheiden, die nicht auf Umweltbeanspruchungen ausgerichtet sind76 . Im Bereich der Rechtssätze, deren Ziel nicht allein Umweltschutz ist, sind diejenigen mit Umweltschutz als Primärziel von solchen zu trennen, bei denen Umweltschutz im Verhältnis zu anderen ein gleichgeordnetes Ziel ist. Sodann kann bei beiden Kategorien weiter anhand der Begriffspaare "einmedial-mehrmedial" und (danach) "umweltbeanspruchend- nicht umweltbeanspruchend" differenziert werden. Somit kann festgehalten werden: In Außenabgrenzung sind zum Umweltrechtall diejenigen Rechtssätze zu zählen, die von ihrer Zielsetzung Umweltschutz zumindest mitberücksichtigen. Die Finalität ergibt sich in erster Linie aus dem verobjektivierten Gesetzesinhalt. Die Binnensystematisierung differenziert in der vorstehend beschriebenen Art nach den Regelungsgegenständen der umweltrechtlichen Normwerke. Eine entsprechende Benennung und Zuordnung der einzelnen Umweltgesetze ist dem Untersuchungsgegenstand nach am Beispiel des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts vorzunehmen77. Das aber bedingt zuvor eine Abgrenzung des öffentlichen vorn privatrechtliehen Umweltrecht sowie eine Ausgrenzung des Umweltstrafrechts (hierzu § 5 der Untersuchung) sowie eine nähere Bestimmung dessen, was unter raumbedeutsamem Umweltrecht zu verstehen ist (hierzu § 6 der Untersuchung).
75 76 77
Schlarmann I Erbguth, S. 67 ff. Ansätze hierzu bei Schlarmann I Erbguth, S. 67 ff. Hierzu unten, § 7.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
§ 5 Öffentliches Umweltrecht Gegenstand der Erörterungen ist das öffentliche Umweltrecht. Nicht näher behandelt werden das private Umweltrecht und auch nicht das Umweltstrafrecht trotz seines öffentlich-rechtlichen Charakters. Deren Anwendungsfelder sind lediglich in Abgrenzung von dem zu behandelnden Rechtskreis zu skizzieren. 1. Abgrenzung zum privatrechtliehen Umweltrecht
Das private Umweltrecht basiert auf Grundsätzen nachbarlicher Konfliktlösung und findet seine Grundlagen vornehmlich in §§ 906ff., 1004 BGB und den Nachbarrechtsgesetzen der Länder1• Daneben kommt das private Deliktsrecht der§§ 823ff. BGB zur Anwendung2 • Die Bedeutung des Umweltprivatrechts ist gering. Einer zivilrechtliehen Selbstregulierung im Umweltbereich sind aufgrund der faktischen Unterlegenheit der Betroffenen gegenüber Kräften der Wirtschaft enge Grenzen gesetzt3. Zudem bestehen die typisch zivilprozessualen Durchsetzungsschwierigkeiten, insbesondere Probleme bei der Beweisführung aufgrund der das zivilgerichtliche Verfahren prägenden Parteimaxime4 . Ausschlaggebend ist schließlich, daß das Umweltprivatrecht vom öffentlichen Nachbarrecht, das ebenfalls den Interessenausgleich der beteiligten Privaten regelt, ergänzt und vielfach überlagert wird5 : Zwar sind öffentliche Nachbarschutznormen immer zugleich Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGBS; auch ist die Einschätzung zutreffend, bei 1 Bre~~r, Umweltschutzrecht, S. 633, 696ff.; Offterdinger, Thesen, S. 86, 86; auch Breuer, Offentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 242. 2 Trotz einer rechtsprechungsbedingten Beweislastumkehr (bzw. prima-fadeBeweis) zugunsten des Geschädigten erweisen sich die Deliktstatbestände des BGB kaum geeignet, den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalitätangesichts der Summe vielfältiger Umwelteinwirkung, insbesondere mit Blick auf die Verantwortlichkeit von Personen in Industriebetrieben und das Verschulden bei technisch und ökologisch hochkomplexen Vorgängen in gleicher Weise sicherzustellen wie im Anwendungsbereich öffentlich-rechtlicher Tatbestände der Gefährdungshaftung, etwa derjenigen der§§ 22 WHG, 25ff. AtG; zu alledem näher Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 699ff. 3 Breuer, Umweltschutzrecht, S . 633, 695; in diesem Sinne zu den negativen externen Effekten der Produktion, vornehmlich aber des Konsums öffentlicher Güter (wie Wasser und Luft) in ihrer Folgewirkung als "soziale Kosten" Offterdinger, Thesen, s. 86, 88. 4 Offterdinger, Thesen, S. 86, 89. 5 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 695; unter dem Gesichtspunkt des Nachbarrechts auch Konrad, BayVBl. 1984, 33, 35. 6 Konrad, BayVBl. 1984, 70, 71ff.
§ 5 Öffentliches Umweltrecht
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gleicher Zielsetzung sei der Anspruch auf nachbarschützende Verwaltungsgewährung gegenüber der zivilgerichtliehen Justizgewährung subsidiär7 • Anders sieht es jedoch in den praktisch bedeutsamen Fällen aus, in denen nicht nachbarliche Leistungsansprüche, sondern Abwehrrechte gegen drittbegünstigende Verwaltungsakte geltend gemacht werden. Das gilt bereits im Hinblick auf Genehmigungen (o.ä.), die unbeschadet privater Rechte Dritter ergehen8 • Privatrechtliche Abwehransprüche können erst dann geltend gemacht und ggf. durchgesetzt werden, wenn zuvor die Genehmigung im Verwaltungsverfahren oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben worden ist. Besonders deutlich wird dies bei öffentlich-rechtlichen Zulassungsakten, die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung private Ansprüche von Drittbetroffenen ausschließen9 • Eine derartige Wirkung haben etwa wasserrechtliche Bewilligungen und Planfeststellungen für umweltrelevante Großvorhabenlo. Immissionsschutzrechtliche und atomrechtliche Anlagengenehmigungen absorbieren private Ansprüche der hiervon Betroffenen nicht völlig, weil nachträgliche Vorkehrungen durchaus begehrt werden können. Ausgeschlossen ist jedoch ein Anspruch auf Einstellung des Betriebs einer Anlage, deren Genehmigung unanfechtbar ist11 . Vor diesem Hintergrund verbleiben nur wenige Bereiche einer strikten Trennung zwischen Ansprüchen des privaten Umweltnachbarrechts und der öffentlichen Kontrolle, beispielsweise im Anwendungsbereich der Erlaubnis nach § 7 WHG12 . Sie verleiht nach Bundesrecht ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Befugnis zur Gewässerbenutzung und läßt die - privaten Rechte der Betroffenen unberührt. Die in Ausführung des Rahmenrechts erlassenen Landeswassergesetze haben jedoch die Wirkungen der Erlaubnis weitgehend derjenigen wasserrechtlicher Bewilligungen angeglichenl3, so daß nach gegenwärtiger Rechtslage auch hier das bürgerliche Recht zugunsten der öffentlich-rechtlichen Ausgleichsinstrumente zurücktritt. Damit ergibt sich, daß der Einsatz privaten Umweltrechts zum einen an typischen Restriktionen des Zivil- und Zivilprozeßrechts krankt; zum anderen verdrängen öffentliche Erlaubnistatbestände (o.ä.) Rechtspositionen des Ebd., 70, 72, 74; hierzu auch Schmidt-Aßmann, DVBL 1984, 582, 588. Etwa baurechtliche Genehmigungen, Gaststättenerlaubnisse, Genehmigungen nach dem BimSchG im vereinfachten Verfahren, vgl. näher Konrad, BayVBl. 1984, 70, 73; zu Besonderheiten der baurechtliehen Nachbarverpflichtungsklage SchmidtAßmann, DVBL 1984, 582, 587f. 9 Konrad, BayVBL 1984, 70. 10 Beispielsweise nach dem Luftverkehrsgesetz, § 6 LuftVG, oder Fernstraßengesetz, § 18b Abs.l FStrG. u Vgl. § 14 BimSchG, § 7 Abs. 6 AtG. 12 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 696. 13 Hierzu näher Erbguth I Becker, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 45ff. 7
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
bürgerlichen Rechts zwar nicht vollends; sie überlagern jene indes weitgehend. Insgesamt gesehen steht das private Umwelt(nachbar)recht mithin unter einem Primat des öffentlichen Rechtsl4. 2. Ausgrenzung des Umweltstrafrechts Das 18. Strafrechtsänderungsgesetz15 hat die spezialgesetzliche Verankerung der Umweltdelikte beseitigt und das Umweltstrafrecht unter gleichzeitiger Harmonisierung in§§ 324ff. StGB zusammengefaßtl6 . Wie das Umweltprivatrecht hat das Umweltstrafrecht nur geringe praktische Bedeutung, wenn auch die statistischen Zahlen der bekannt gewordenen und erfaßten Umweltdelikte eine erhebliche Steigerung aufweisenl 7 • Verurteilungen sind indes aufgrund erheblicher Beweisschwierigkeiten äußerst selten. So wurden beispielsweise in Nordrhein-Westfalen 1982 nur zwei Personen wegen Verstoßes gegen§ 325 StGB abgeurteilt, im gesamten Bundesgebiet kaum mehr als zwanzig. Beim Straftatbestand des§ 327 StGB liegt die Verurteilungsquote nur geringfügig höher1s. Daß Strafverfahren verglichen mit Verwaltungsentscheidungen zur Durchsetzung von Umweltbelangen eine untergeordnete Rolle spielen, liegt im übrigen darin begründet, daß die Vorschriften der §§ 324ff. StGB ganz überwiegend verwaltungsakzessorisch ausgebildet sind. In diesem Sinne setzt § 325 StGB voraus, daß Luftverunreinigungen oder die Erzeugung von Lärm unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Vorschriften erfolgen. Eine solche Pflichtverletzung liegt vor, wenn grob pflichtwidrig gegen eine vollziehbare Anordnung oder Auflage verstoßen wird, die dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dient, oder wenn eine Anlage ohne die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen erforderliche Genehmigung bzw. entgegen einer zu diesem Zweck erlassenen vollziehbaren Untersagung betrieben wird19 . Ähnliches gilt für§ 326 StGB (umweltgefährdende Abfallbeseitigung)2o. Nach § 327 Abs. 2 StGB wird des weiteren bestraft, wer eine genehmigungsbedürftige Anlage i.S.d. §§ 4ff. BimSchG oder eine Abfallbeseitigungsanlage ohne die erforderliche Genehmigung oder Planfeststellung 14 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 695ff. m.w. N.; unter dem Aspekt privaten und öffentlichen Nachbarrechts Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 41ff. 15 V. 28. 3. 1980, BGBL I, S. 373, in Kraft getreten am 1. 7. 1980. 16 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 701ff.; das Ordnungswidrigkeitenrecht ist von dieser Neuordnung allerdings unberührt geblieben, vgl. § 30 BNatSchG, § 41 WHG, § 15 AbwAG, § 62 BimSchG, § 10 AltölG. 17 Nachweise bei Hansmann, Thesen, S. 70, 70. 1s Ebd., S. 70, 70f. 19 Legaldefinition des § 325 Abs. 4 StGB. 2o Vgl. Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 703.
§ 6 Raumbedeutsames (öffentliches) Umweltrecht
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bzw. entgegen einer vollziehbaren Untersagung betreibt. Auch hinsichtlich des unerlaubten Umgangs mit Kernbrennstoffen knüpft § 318 StGB an einschlägige Genehmigungspflichten des Atom- und Strahlenschutzrechts an. Besonders deutlich wird die Verwaltungsakzessorietät des § 329 StGB (Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete), der auf Schutzgebietsfestlegungen nach dem Bundes-Immissonsschutzgesetz, Wasserhaushaltsgesetz und Bundesnaturschutzgesetz i. V. m. dem Länderrecht abhebt. Demgegenüber ist der Tatbestand des§ 324 StGB (Verunreinigung eines Gewässers) von wasserwirtschaftliehen Benutzungsordnungen abgekoppelt, weil er auch Verunreinigungen oder sonstige nachteilige Eigenschaftsveränderungen von Gewässern erfaßt, die keinen erlaubnis- oder bewilligungspflichtigen Tatbestand nach § 3 WHG auf unbefugte Weise erfüllen2 1• Die Rechtmäßigkeit des Handeins jedoch ist wiederum verwaltungsakzessorisch ausgestaltet; befugt - d. h. nicht rechtswidrig - ist es nämlich, wenn von einer Erlaubnis oder Bewilligung oder einem sonstigen verwaltungsrechtlichen Zulassungsakt Gebrauch gemacht wird22. Lediglich § 330 StGB (schwere Umweltgefährdung)- soweit er keine bloße Qualifizierung enthält - und § 330 a StGB (schwere Gefährdung durch Freisetzung von Giften) stellen neue selbständige Grunddelikte des Umweltstrafrechts dar23 . Das Umweltstrafrecht steht folglich in starker Abhängigkeit zum verwaltungsrechtlich-öffentlichen Umweltrecht, so daß auch hier vom Primat des Umweltverwaltungsrechts24 gesprochen werden kann25.
§ 6 Raumbedeutsames (öffentliches) Umweltrecht Die Untersuchung beschäftigt sich nicht mit dem gesamten öffentlichen Umweltrecht, sondern mit seinen raumbedeutsamen Ausprägungen. Raumrelevantes Handeln stellt das wichtigste Feld der Umweltsorge dar1 , weil es das zentrale, materiell-inhaltliche Leitbild der Umweltpflegepolitik- wie einleitend herausgestellt - am stärksten verkörpert. Eine entsprechende Schwerpunktbildung rechtfertigt sich auch angesichts dessen, daß sich im raumbedeutsamen Umweltrecht die Probleme der Systematisierung und Weiterentwicklung besonders dringlich stellen, zumal die am raumrelevanten Handeln orientierten Normwerke einen jungen, ebenfalls noch nicht vollentwickelten Rechtskreis bilden. Schließlich erscheint die hier vorgeCzychowski, Thesen, S. 64, 65 ; Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 702. Czychowski, ZfW 1980, 207ff. 23 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 704. 24 Bzw. von einer Verwaltungsakzessorietät des Umweltrechts, vgl. eingehend Winkelbauer, Verwaltungsakzessorietät. 2s Czychowski, Thesen, S. 64, 66; Hansmann, Thesen, S. 70, 77. 1 Vgl. nur Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 4ff. 21
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
nommene Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes wegen der ansonsten kaum zu bewältigenden Vielfalt der Norm- und Problemkreise geboten. Damit wird eine begriffliche Klärung der Raumbedeutsamkeit erforderlich, um den Kreis der zu behandelnden Rechtssätze bestimmen und abgrenzen zu können. 1. Zum Begriff der Raumbedeutsamkeit
Was den Wortbestandteil "Raum" anbelangt, bereitet die Definition keine Schwierigkeiten: Gemeint ist allgemein die Erd(ober)fläche, hier das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland2. "Raum" in dem insoweit maßgeblichen Bezug ist dreidimensional und Träger einer Vielzahl von Funktionen des Lebens3 sowohl des Menschen, der menschlichen Gesellschaft als auch ihrer natürlichen Umwelt. Zur Bestimmung dessen, was unter raum"bedeutsam" zu verstehen ist, kann auf die Legaldefinition in § 3 Abs.l ROG zurückgegriffen werden. Danach ist raumbedeutsam sowohl das raumbeanspruchende wie das raumbeeinflussende Handeln•. Das Merkmal der Raumbeanspruchung folgt der über lange Zeit vertretenen Bodennutzungstheorie. Als raumbedeutsam in diesem Sinne werden nur besonders flächenintensive Maßnahmen wie etwa Straßenplanungen, Leitungstrassen und Flußregulierungen angesehens. § 3 Abs.l ROG erstreckt in Anknüpfung an das sog. SARO-Gutachten6 die Raumbedeutsamkeit von Maßnahmen weitergehend auf solche raumbeeinflussender Art, zu denen auch räumliche Aspekte des Steuersystems, von Subventionen, öffentlicher Aufträge sowie des Finanzausgleichs gezählt werden7 • Unterschieden wird unmittelbar und mittelbar raumbeeinflussendes Handeln8 , wobei sich Abgrenzungsschwierigkeiten bei der letzteren Kategorie ergeben, weil eine Vielzahl von Maßnahmen - letztlich - Raumwirkung entfalten9 • Gleichwohl besteht Einigkeit dahingehend, den Begriff der mittelbaren Raumbeeinflussung im Zweifel weit zu verstehenlo. Enger Ernst, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 7: "Das vom Menschen besiedelte Gebiet." Ebd., Rdn. 7. 4 Einzelheiten bei Zoubek, S . 41ff.; Bielenberg I Erbguth I Söfker, K § 3 ROG Rdn. 7ff.; Timmer, Räumliche Wirkungen öffentlicher Finanzen, S. 6ff. 5 Timmer, Räumliche Wirkungen öffentlicher Finanzen, S. 6. 6 Sachverständigenausschuß für Raumordnung, Raumordnung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 27 ff. 7 Ebd., S. 27ff. 8 Zoubek, S . 45; Bielenberg I Erbguth I Söfker, K § 3 ROG Rdn. 8. 9 Bielenberg I Erbguth I Söfker, K § 3 ROG Rdn. 8; Zoubek, S. 45. 10 Zoubek, S . 45; Bielenberg I Erbguth I Söfker, K § 3 ROG Rdn. 8. 2
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§ 6 Raumbedeutsames (öffentliches) Umweltrecht
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Eine Einschränkung wird z. T. aus Gründen der "Raumorientiertheit" vorgenommen. Planungen und Maßnahmen, die in ihrer Ausgestaltung sowie ihren Zielen und Zwecken nach bislang nicht raumorientiert, aber einer Raumorientiertheit grundsätzlich zugängig sind, sollen erst nach den erforderlichen raumpolitischen Entscheidungen als raumbedeutsam qualifiziert werden könnenll. 2. Beurteilung
Dem steht dagegen, daß nach Wortlaut und Entstehung12 des § 3 Abs.l ROG für das Merkmal der Raumbeeinflussung allein die Auswirkungen des jeweiligen Handeins nach Art und Umfang bestimmend sind13. Es kommt also auf die faktische Raumbeeinflussung an, nicht aber auf eine vom Handlungsträger wie auch immer intendierte Raumorientiertheit der Maßnahme(n)14. Dieses weite Verständnis der Raumbedeutsamkeit beansprucht in besonderem Maße auf dem Gebiet des Umweltrechts Geltung. Wenn es hier schwergewichtig darum geht, räumliche Wirkungszusammenhänge frühzeitig und übergreifend zu erfassen, dürfen mittelbare und faktisch raumbeeinflussende Handlungsformen nicht außer Betracht bleiben.
Zwischenergebnis Der Rechtskreis des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts kann wie folgt umrissen werden: - Sein Regelungsgegenstand ist die natürliche Umwelt, wobei es im Ergebnis unerheblich ist, ob man sie aus anthropozentrischer oder ressourcenökonomischer Sicht definiert. Dem Umweltbegriff unterfällt nicht die vom Menschen "gemachte" Umwelt. - Das raumbedeutsame öffentliche Umweltrecht gehört dem eigenständigen Rechtsgebiet Umweltrecht an. Letzteres umfaßt alle Rechtssätze, die von ihrer Zielsetzung Umweltschutz zumindest mitberücksichtigen, und grenzt sich damit von anderen Bereichen des Rechts ab. Die formale rechtsgebietinterne Gliederung des Umweltrechts erfolgt begrifflich anhand der gesetzlichen Regelungsgegenstände in einem weitverstandeHierzu Timmer, Räumliche Wirkungen öffentlicher Finanzen, S. 8 ff. Ebd., S. 7. 13 Zoubek, S. 50; näher differenzierend zu den Wirkungen ders., S. 46f.: Bodennutzungs-, Einkommens-, Bevölkerungs-, Versorgungs- und Anreizeffekte, wobei Niveau- und Schutzaspekte, teilweise auch Intensitätsaspekte (beim Bodennutzungseffekt), unterschieden werden können. 14 So zutreffend Timmer, Räumliche Wirkungen öffentlicher Finanzen, S. 9 f. 11
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
nen Sinne, dem auch die gegenständliche Wirkung der Umweltgesetze unterfällt. Als nicht dem (raumbedeutsamen) öffentlichen Umweltrecht zugehörig scheidet das privatrechtliche Umweltrecht als Gegenstand der Untersuchung aus. Ebenso wenig wird das Umweltstrafrecht behandelt, weil es unter einem Primat des öffentlichen Umweltrechts steht.
§ 7 Das begriffliche System des (raumbedeutsamen öffentlichen) Umweltrechts Als Grundlage der weiteren Untersuchung können nunmehr die dem Umweltrecht zugehörigen Gesetze benannt und einander zugeordnet werden. Es geht um die begriffliche Gliederung des Rechtsgebiets 1 am Beispiel des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts 2 • Zugrunde zu legen sind die an früherer Stelle benannten Kriterien zur rechtsgebietinternen Ordnung des Umweltrechts3 . Danach grenzt sich das hier interessierende umweltrechtliche Teilgebiet vom übrigen - öffentlichen4- Umweltrecht durch seine Raumbedeutsamkeit5 ab. Innerhalb des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts sind Materien mit unmittelbarer Raumbedeutsamkeit von jenen nur mittelbar raumbedeutsamer Art zu sonderns. Zu unterscheiden ist des weiteren zwischen solchen, bei denen Umweltschutz alleiniges Ziel ist, und jenen, deren Umweltschutzziel neben sonstigen Zweckrichtungen steht?. Alsdann ist jeweils zwischen einmedialer und mehrmedialer Bezugnahme und dort wiederum nach umweltbeanspruchenden und nicht umweltbeanspruchenden gesetzlichen Zielsetzungen zu differenzierens. Maßgeblich ist insoweit die allgemeine und grundsätzliche Ausrichtung der Gesetze, nicht aber, ob es aufgrund einzelner Vorschriften oder im gesetzlichen Vollzug zu (Neben-)Folgen etwa im Sinne von Umweltbeanspruchungen oder aber zum Schutze weiterer Umweltmedien kommt. So J Zur begrifflichen Ordnung bzw. zum "äußeren System" des Rechts(-gebiets) näher oben,§ 2, bei Fn. 4ff., 16. 2 Siehe oben, § 6. 3 Siehe oben,§ 4, bei Fn. 75ff. 4 Hierzu näher im vorangegangenen § 5 der Untersuchung. 5 Siehe oben,§ 4, bei Fn. 75, § 5. 6 Hierzu näher im vorstehenden § 6 der Untersuchung. 7 Hierzu oben, § 4, bei Fn. 55, 76. B Siehe oben, § 4, bei Fn. 76.
§ 7 Das begriffliche System des Umweltrechts
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zielt beispielsweise das Abfallbeseitigungsgesetz als solches auf umweltbeanspruchende Maßnahmen. Die Errichtung von Abfallbeseitigungsanlagen soll gerade eine ordnungsgemäße Behandlung, Lagerung und Ablagerung von Abfällen gewährleisten. Demgegenüber ergeben sich unter Geltung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes aufgrund der §§ 4 ff., 22 ff. BimSchG zwar ebenfalls Inanspruchnahmen von Umweltgütern; anders als im Abfallrecht fördert das Gesetz indes nicht den Bau der von den Vorschriften erfaßten Anlagen, sondern will vor deren Umwelteinwirkungen schützen. Das Immissionsschutzrecht ist daher nicht umweltbeanspruchend ausgerichtet. Gegenstand der Betrachtung sind - zunächst - Gesetze, und zwar solche des Bundes. Damit soll nicht verkannt werden, daß untergesetzliches Recht wie Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften gerade im technischen Umweltrecht aufgrund ihrer flexiblen Handhabbarkeit von zentraler Bedeutung sind. Es handelt sich jedoch immer um abgeleitete Normsetzungen, die den umweltschützenden Finalitätsgrad der gesetzlichen Vorgabe zwangsläufig teilen. Ein gesondertes Eingehen auf untergesetzliche Vorschriften in dem hier interessierenden Zusammenhang ist daher entbehrlich. Entsprechendes gilt für das Landesrecht. Nicht zuletzt aufgrund von Kompetenzerweiterungen zugunsten des Bundes auf dem Gebiet des Umweltrechts und der Wahrnehmung dieser gesamtstaatlichen Gesetzgebungszuständigkeiten dominiert Bundesrecht deutlich gegenüber dem Recht der Länder9. Etwaigen länderrechtlichen Spezifika ist daher im späteren Zusammenhang der problemorientierten Sichtung des Rechtsstoffes- soweit geboten- nachzugehen1o. 1. Umweltrecht mit unmittelbarer Raumbedeutsamkeit
Umweltschützende Zielsetzungen in dem beschriebenen Sinne und zugleich unmittelbare Raumbedeutsamkeit weisen auf: Das Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG) 11 Das Atomgesetz (AtG)12 Das Bundesberggesetz (BBergG)13
9 Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 282; Storm, Umweltrecht, S. 26; hierzu auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 90. 1o Siehe unten, § 10, bei Fn. lff.; zur Bedeutung der Vollzugskompetenz der Länder Zuleeg, Umweltschutzrecht, S . 281, 282. 11
§ 2 AbfG.
12 Schutzzweck nach§ 1 AtG; hierzu BVerwG, Urteil v. 16. 3. 1972 - I C 49.70 -,
DÖV 1972, 757, 758; H. Wagner, ZRP 1979, 54, 57. 13 Vgl. § 1 Nr. 3 BBergG.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
DasBundesbau-und Städtebauförderungsgesetz (BBauG, StBauFG)14 Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG)15 Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)1 6 Das Bundeswaldgesetz (BWaldG)l7 Das Fluglärmgesetz (FluglärmG)lB Das Flurbereinigungsgesetz (FlurberG)1 9 Das Raumordnungsgesetz (ROG)20 Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)21. 1.1 Unmittelbar raumbedeutsames Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel
Aufgrund ihrer genannten gesetzlichen Zwecksetzungen haben von diesen Umweltschutz zum alleinigen Ziel: Das Abfallbeseitigungs-, das BundesImmissionsschutz-, das Bundesnaturschutz-, das Fluglärm- und das Wasserhaushaltsgesetz.
- Einmedial I nicht umweltbeanspruchend Auf den Schutz nur eines Umweltmediums zielt das Wasserhaushaltsgesetz22 (Schutzgut: Wasser). Seine Vorschriften sind im übrigen nicht darauf ausgerichtet, Umweltbeanspruchungen auszulösen.
- Mehrmedial Mehrere Umweltmedien schützend wirken: Das Bundesnaturschutzgesetz (vornehmlich Boden, darüber hinaus Wasser, Luft, Naturhaushalt)23,
14 Vgl. § 1 Abs. 6 BBauG, § 1 StBauFG; das Bundesbaugesetz stand im Zeitpunkt des Abschlusses der Untersuchung vor einer umfassenden Novellierung, hierzu nur Zoubek, DVBl. 1984, 596; Materialien zum Baugesetzbuch; Sendler, UPR 1984, 317; Scharmer I Wollmann I Argast, StädteT 1984, 646; Cholewa, Städte- und Gemeindebund 1984, 54; Schneider, Bulletil_l Nr. 5511984, S . 495; zur jüngeren Entwicklung des Bundesbaurechts Weyreuther, DOV 1983, 575; zum nunmehr erlassenen Baugesetzbuch in der Vorbemerkung. 15 Vgl. § 1 BlmSchG. 1s Vgl. §§ 1, 2 BNatSchG. 17 § 1 Nr. 1 BWaldG. 1a Vgl. § 1 FluglärmG. 19 § 8 FlurberG. 2o §§ 1, 2 ROG. 21 § 1 WHG. 22 Deutlich in diesem Sinne Zuleeg, Umweltschutzrecht, S . 281, 286: Das Landesrecht faßt teilweise wasserwirtschaftliche und wasserwegerechtliche Bestimmungen zusammen.
§ 7 Das begriffliche System des Umweltrechts
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Das Bundes-Immissionsschutzgesetz und das Fluglärmgesetz (Luft, daneben Boden und Wasser)24 und - Das Abfallbeseitigungsgesetz (Boden, Wasser)25. Nicht auf die Inanspruchnahme von Umweltgütern zielen dabei das Bundesnaturschutzgesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz26 und das Fluglärmgesetz. Anders sieht es hingegen aufgrund des Abfallbeseitigungsgesetzes aus: Die vorgeschriebene Planung und Errichtung von Abfallbeseitigungsanlagen nimmt Grund und Boden in Anspruch27. 1.2 Unmittelbar raumbedeutsames Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel
Umweltschutz nicht allein, sondern neben anderen gesetzlichen Zielsetzungen verfolgen die nachstehenden Gesetze: Das Raumordnungsgesetz28 Das Bundesbaugesetz29 und Städtebauförderungsgesetz3o Das Atomgesetz (Förderungszweck neben Schutzzweck)31 Das Bundesberggesetz32 Das Bundeswaldgesetzaa - Das Flurbereinigungsgesetz34. Der Klarstellung halber sei angemerkt, daß hierzu nicht die herkömmlichen Fachgesetze, etwa das Verkehrswegerecht, zählen. Umweltschutz gehört nicht zu ihren Zielen, sondern ist lediglich im Rahmen der Abwägung mit anderen Belangen bei der Vorbereitung und Durchführung fachlicher Maßnahmen beachtlich35. 23 Näher Storm, Umweltrecht, S. 62; Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 147; Bedenken am Umweltschutzziel bestehen im Hinblick auf die Landwirtschaftsklauseln, §§ 1 Abs. 3, 8 Abs. 7, 15 Abs. 2, 22 Abs. 3 BNatSchG, letztlich nicht; immerhin hat die Landwirtschaft in der Vergangenheit zwar nicht naturschützend, wohl aber landschaftspflegend gewirkt, Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 459f. 24 Storm, Umweltrecht S. 92. 25 Ebd., S. 83. 26 Siehe oben, nach Fn. 8. 27 Vgl. §§ 7ff. AbfG; siehe oben, nach Fn. 8, und bereits Schlarmann I Erbguth, S. 143ff.; dies dürfte durch das neue Abfallrecht lediglich abgemildert worden sein, oben, Vorbemerkung, bei Fn. l. 2s §§ 1, 2 Abs. 1 ROG. 29 § 1 Abs. 6 BBauG. 3o § 1 StBauFG. 31 § 1 AtG. 32 § 1 Nr. 1, 2 BBergG. 33 § 1 Nr. 2, 3 BWaldG. 34 § 1 FlurberG; näher Lillotte, in: Ernst I Hoppe,,Rdn. 596ff.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
- Mit Umweltschutz als Primärziel Überwiegend steht der Umweltschutz nach den Zwecksetzungen der genannten Gesetze gleichgeordnet neben anderen Zielen. Lediglich für das Atomgesetz wird nach allerdings nicht unbestrittener gerichtlicher Auffassung eine Vorrangigkeit des Schutzzwecks gegenüber dem Förderungsziel angenommen36. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich im Wald- und Forstrecht ab, wenn betont wird, die wirtschaftliche Funktion des Waldes trete hinter seiner Bedeutung als Umweltgut für die Allgemeinheit zurück37. Einmedial ausgerichtet ist das Atomgesetz, soweit es um den bezeichneten Schutzzweck geht (Abgabe von ionisierenden Strahlen in die Luft). Aufgrund des Förderungsziels38 richtet sich das Gesetz auf umweltbeanspruchende Folgen, weil Kernenergieanlagen Grund und Boden in Anspruch nehmen. Mehrmedial wirkt hingegen das Bundeswaldgesetz (Boden, Wasser, Naturhaushalt) 39 . Umweltbeanspruchungen werden durch seine rechtliche Ausrichtung nicht impliziert4o. - Mit Umweltschutz als gleichgeordnetem Ziel Gleichen Rang mit anderen gesetzlichen Zielbestimmungen genießt der Umweltschutz im Raumordnungsgesetz41, im Bundesbaugesetz (und Städtebauförderungsgesetz)42, im Bundesberggesetz43 und im Flurbereinigungsgesetz44. Einmedial wirkt das Flurbereinigungsgesetz, weil es die Nutzung des Bodens regelt. Aus der Neugestaltung durch Flurbereinigung ergeben sich umweltbeanspruchende Konsequenzen45. 35 BVerwG, Urteil v. 5. 7. 1974- VI C 50.72-, BVerwGE 45, 309; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 93; Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 288; für den Fernstraßenbau jetzt modifiziert durch Gesetz v. 19. 12. 1986, BGBl. I, S. 2269. 36 Zuletzt BVerwG, Urteil v. 19. 12. 1985 - VII C 65.82 -, DVBl. 1986, 190, 198; bereits BVerwG, Urteil v. 16. 3. 1972- I C 49.70 -, DVBl. 1972, 678, 680 ; Hartkopf, Zur Sicherheit der Kernkraftwerke, Bulletin Nr.122/9, 1174; allg. ders., Perspektive des Atomrechts, 27; Degenhart, Kernenergierecht, S. 33 m.w.N.; Heigl, Fragen des Umweltschutzes, S. 261, 275; Lukes, NJW 1983, 1753, 1754, 1756; kritisch Hofmann, BayVBl. 1983, 33, 36 m. w. N. 37 der Iandkreis 1983, 156 (o. V.) 38 Siehe oben, Fn. 36. 39 Storm, Umweltrecht, S. 68. 40 Vgl. insbes. §§ 1 Nr. 1, 6 Abs. 3 BWaldG. 41 § 2 ROG, dort vor allem§ 2 Abs. 1 Nr. 7 ROG. 42 § 1 Abs. 6 BBauG. 43 Vgl. § 1 BBergG. 44 Vgl. § 1 FlurberG; Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 596, 599.
§ 7 Das begriffliche System des Umweltrechts
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Mehrmedial im weitesten Sinne wirken die Querschnittsaufgaben nach dem Raumordnungsgesetz46 und nach dem Bundesbaugesetz (mit Städtebauförderungsgesetz)47, des weiteren ist auch das Bundesberggesetz mehrmedial ausgerichtet; es befaßt sich nicht nur mit dem Boden, sondern auch mit dem Wasser4a. Da das Raumordnungsrecht über kein eigenes Vollzugsinstrumentarium verfügt4 9, istes-selbst-nicht auf Umweltinanspruchnahmen gerichtet. Das Bundesbaugesetz (mit Städtebauförderungsgesetz) und das Bundesberggesetz bewirken demgegenüber Umweltnutzungen, nämlich bergrechtlieh über die Zulassung von Abbaubetrieben (u. a.m.), baurechtlich über den Vollzug der Bauleitpläne bzw. der Planersatzvorschriften der §§ 34, 35 BBauG, ferner im Wege der Umlegung, Grenzregelung, Erschließung etc. 2. Umweltrecht mit mittelbarer Raumbedeutsamkeit
Umweltrecht, dessen Relevanz lediglich eine mittelbare in dem oben beschriebenen Sinne50 ist, läßt sich nur schwer ausmachen. Zwar sind räumliche Auswirkungen der Steuer- und Abgabenerhebung bekannt; fraglich ist jedoch, ob dabei Umweltschutzziele - zumindest - (mit)verfolgt werden. Jedenfalls fehlt es insoweit an einer klaren gesetzlichen Vorprogrammierung, um die es hier geht. Mittelbarer Raumbezug ist angesichts dessen allenfalls solchen Organisations- und Verfahrensregelungen beizumessen, die erkennbar aus Gründen des Umweltschutzes erlassen worden sind und den Vollzug der unmittelbar raumbedeutsamen Umweltgesetze durch statistische Erhebungen und ähnliche Vorgaben faktisch beeinflussen; hierzu zählen: - das Umweltbundesamtsgesetz (UBAG) 51 - und das Umweltstatistikengesetz (UStatG)52. Ihr alleiniges gesetzliches Ziel ist der Umweltschutz; sie sind zugleich mehrdimensional ausgerichtet und wirken nicht umweltbeanspruchend, sieht man als Marginalie von der Bestimmung der Behördenstandorte ab. Vgl. § 37 FlurberG; umfassend Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 615. § 1 ROG. 47 § 1 BBauG. 48 § 55 BBergG. 49 Vgl. Bielenberg I Erbguth I Söfker, K § 5 ROG Rdn. 71. so Siehe oben, § 6, bei Fn. Sff. 51 Vgl. nur§ 2 UBAG. 52 Hierzu auch Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 10; des weiteren die Grundsätze über die Umweltverträglichkeitsprüfung, sofern sie Gesetzeskraft erlangt hätten, hierzu unten, § 17, Fn. 6. 45
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
3. Abgrenzung zum Umweltrecht ohne Raumbedeutsamkeit An Materien des Umweltrechts ohne Raumbezug, die aus der weiteren Erörterung ausscheiden, verbleiben
Gesetze des stoffbezogenen Umweltschutzes53 wie etwa • Chemikaliengesetz • Arzneimittelrecht • Waschmittelgesetz • Pflanzenschutzgesetz • Lebensmittelrecht - sowie die Gebiete des Umweltabgabenrechts, etwa das Abwasserabgabengesetz54. Den Gesetzen kann mangels einer regionalisierenden Wirkung auch eine nur faktische Raumbedeutsamkeit55 nicht entnommen werden56.
§ 8 Die Bedeutung außergesetzlicher Vorgaben
für das (raumbedeutsame öffentliche) Umweltrecht Die Beeinflussung des (raumbedeutsamen öffentlichen) Umweltrechts durch Gegebenheiten des außergesetzlichen Bereichs1 verdient nicht nur Beachtung aus dem Blickwinkel der Rechtstatsachenforschung2 ; ihre Bedeutung auch für die- hier anstehende- rechtsdogmatische Beurteilung und Fortentwicklung des Rechts wird zunehmend betont3 • Zu diesen Vorgaben zählen insbesondere außergesetzliche Regelwerke und - Strategien informalen Verwaltungshandelns.
Hierzu Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 669ff., 671f. Hierzu Storm, Umweltrecht, S. 77, 78f.; allgemeinM. Schröder, DÖV 1983, 667; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 108: Mittel indirekter Verhaltenssteuerung; zur Abwasserabgabe als - verfassungsrechtlich zulässiger - Lenkungsabgabe, BVerfG, Urteil v. 26. 5. 1981- 1 BvL 56, 57, 58178 -, NJW 1981, 2107 ; Brandt, UPR 1984, 10f. m. w.N. in Fn.10; M. Schröder, DÖV 1983, 667, 670; auch HessVGH, Beschluß v. 28. 6. 1983 - 5 TH 20/83 - , UPR 1984, 30; Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 170ff. 55 Hierzu oben, § 6, bei Fn. 14. 56 Zur Abwasserabgabe insoweit Ernst I Kuhl, IzR 1976, 383. 1 Vgl. hierzu bereits oben,§ 1, bei Fn. 21f. 2 Hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 432 ff. 3 Vgl. bereits Brohm, JuS 1977, 500; Breuer, NJW 1978, 1558. 53
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§ 8 Die Bedeutung außergesetzlicher Vorgaben
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1. Komplementärfunktion außergesetzlicher Regelwerke
Die überblicksartige Zuordnung der Rechtsnormen wäre unvollständig ohne ein Eingehen auf die Vielfalt technischer Standards. Von besonderer Bedeutung sind sie im technischen Umweltrecht, dessen Regelungsgegenstand solche technischen Verfahren und Einrichtungen sind, die einer Abwehr der durch die Technik hervorgerufenen Gefahren dienen4. Ihre besondere Bedeutung, aber auch Schwierigkeiten der rechtlichen Erfassung, leiten sich einerseits aus der staatlichen Pflicht her, die Bürger vor weitreichendem Gefährdungspotential, das gerade von großtechnischen Anlagen immissionsschutzrechtlicher und atomrechtlicher Art ausgeht, zu schützen; andererseits gilt es, dem raschen Wandel und Fortschritt technischer Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr Rechnung zu tragen. Während das Gewicht der Risikovorsorge für eine gesetzliche Festschreibung technischer Standards, Schwellenwerte etc. streitet, widerspricht das Gebot möglichster Flexibilität im Interesse des Schutzes der Menschen einer legislativen Zementierung bestimmter Sicherheitsanforderungen. 1.1 Generalklauseln des Umweltrechts
Angesichts dieser Diametrie behilft sich der Gesetzgeber weitgehend mit generalklauselartigen Bezugnahmen, um die Gesetze zu entlasten, die Gesetzesanwendung flexibel zu gestalten und außerrechtliche Bereiche in den staatlichen Umweltschutz einzubeziehen5 . Verwiesen wird auf Anschauungen und Verhaltensweisen im außerpositiven Bereich von Wissenschaft und Technik6, nämlich auf die "anerkannten Regeln der Technik"7, auf den "Stand der Technik" 8 , den jeweils "gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse" sowie auf vielfältige sonstige technische Standards9 • Beispielsweise darf nach§ 7 AtG ein Kernkraftwerk nur genehmigt werden, wenn "die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden" durch die Anlage getroffen ist1°. 4 Marburger, Regeln der Technik, S. 51; Rittstieg, Technische Standards; hierzu auch Nicklisch, NJW 1983, 841; Lerche, Kernkraft, S. 15ff.; Breuer, NJW 1979, 1862, 1867f.; Ossenbühl, DÖV 1982, 833, 839; Martens, DVBl. 1981, 597, 602; für das Atomrecht Degenhart, Kernenergierecht, S. 118ff., 136ff.; vgl. auch die aktuelle Diskussion um eine TA Boden, Arbeitsgruppe Bodenschutz im BBU, Gesetzentwurf, 1984, § 4 Abs. 3 (maschinenschriftlich) und Bachmann I Hübler, Bodenschutz, S . 46; umfassend Plischka, Sicherheitsrecht. 5 Rittstieg, Technische Standards, S. 137. s Ebd., S. 13. 7 Nachweise auf einschlägige Vorschriften bei Rittstieg, Technische Standards, s. 15 Fn. 22- 25. a § 5 Nr. 2 BimSchG. 9 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 715ff., 732ff. ; Nicklisch, NJW 1983, 841 , 843; Ossenbühl, DÖV 1982, 833, 834ff. 10 Einzelheiten bei Rittstieg, Technische Standards, S. 14ff.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
Die Offenheit der Begriffe ist aus Gründen rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen nicht a priori bedenklich; das- notwendige- Maß an Regelungsdichte ist vielmehr abhängig von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes: Geringere Anforderungen sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen oder wenn -wie in dem hier interessierenden Zusammenhang- zu erwarten ist, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse rasch ändern werden11 . Darüber hinaus gilt es, die unterschiedliche Abfassung der Standards (s.o.) zu berücksichtigen. Überwiegend werden die Begriffe im Sinne einer Dreistufenthese voneinander unterschiedenl2. Danach soll durch die "allgemein anerkannten Regeln der Technik" ein mittleres Sicherheitsniveau vorgeschrieben sein13. Nach überwiegender Meinung beschränkt sich die Ermittlung auf die vorherrschende Auffassung unter den technischen Praktikern (subjektive Theorie), so daß diese Lösung stets hinter der weiterstrebenden technischen Entwicklung herhinkt14 • Richtigerweise ist daher auf die objektive Eignung zur Gefahrenabwehr abzustellen (objektive Theorie)l5. Ein höheres Maß an Sicherheitsanforderungen soll aufgrunddes "Standes der Technik" zu verlangen sein, der den Maßstab an die Front der technischen Entwicklung vorverlagerels. Die Bezugnahme auf den "Stand von Wissenschaft und Technik" hebe weitergehend auf den wissenschaftlichen Fortschritt ab und fordere- unabhängig von dem technisch gegenwärtig Machbaren - das höchste Sicherheitsniveau. Im Gegensatz zum "Stand der Technik" reiche hier die - bloße - Erforschung von Lösungen für bestimmte technische Verfahren in der Wissenschaft ausl7.
u BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978 - 2 BvL 8/77 - , BVerfGE 49, 133; BayVGH, Urteil v. 7. 7. 1983- Nr. 22 N 82 A 772 -, DVBl. 1983, 1157, 1160; hierzu auch Brohm, NJW 1984, 8, 10f.; näher unten, § 15, bei Fn. 25. 12 Breuer, AöR 101 (1976), 46, 67f.; Marburger, Regeln der Technik, S. 162ff. 1a Vgl. Nicklisch, NJW 1983, 841, 844 m. w.N. und zum nachfolgenden; zum Begriff im Wasserrecht Breuer, Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz, Rdn. 13; Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 86 f., zu § 7 a WHG: Akzeptanz durch die überwiegende Zahl der sachverständigen Praktiker. 14 BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89, 135; Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 103. 15 Hierzu Rittstieg, Technische Standards, S. 22 ff., 29; auch Breuer, Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz, Rdn. 13. 16 BVerfG, a.a.O., 135 unter Hinweis auf § 5 Nr. 2 BlmSchG; Breuer, Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz, Rdn. 14; Rittstieg, Technische Standards, S. 25; anders wohl Sander, DVBl. 1985, 269, 273f. 17 Rittstieg, Technische Standards, S. 25 Fn. 58; BVerfG, a.a.O., 136 unter Hinweis auf § 7 Abs. 2 Nr . 3 AtG; hierzu auch VG Schleswig, Urteil v. 17. 3. 1980-10 A 512/76-, NJW 1980, 1296, 1297; zu Einzelfragen umfassend Rittstieg, Technische Standards, S. 25ff., 31ff.
§ 8 Die Bedeutung außergesetzlicher Vorgaben
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Die Dreistufenlehre berücksichtigt indes unzureichend, daß die Begriffe der Schutzpflicht des Staates im Hinblick auf gefährdete (Grund-)Rechtspositionen Rechnung tragen sollen. Ein bestmöglicher Rechtsgüterschutz in diesem Sinne muß daher am Gefährdungspotential des betreffenden technischen Systems ansetzenls. Anders gewendet: Im Rahmen der Bewältigung des Anlagenrisikos kann es nicht angehen, die Sicherheitsanforderungen beispielsweise bei einem Gartenhaus ebenso hoch anzusetzen wie bei einer Straßenbrücke oder einem Hochhaus mit 40 Geschossen, nur weil für die Errichtung von Baulichkeiten generell der Maßstab der "anerkannten Regeln der Baukunst" giltls. Nicht ausschlaggebend können folglich diejeweils differierenden - Formulierungen der Gesetze sein; so ist etwa zwischen den Anforderungen des § 7 a WHG und denjenigen der §§ 5 Nr. 2, 3 Abs. 6 BimSchG praktisch kein Unterschied auszumachen2o. Vielmehr sind sie sämtlichst als Ausdruck des Gebots bestmöglicher Risikovorsorge zu verstehen21 , wobei allerdings das Maß des Erforderlichen nach dem Umfang des Gefährdungspotentials des jeweiligen Anlagetypus variiert. Für dessen Beurteilung muß die Mehrheitsauffassung i. S. d . Konsenses unter den führenden Wissenschaftlern und Technikern ausschlaggebend sein, eine Sichtweise, von der die Praxis im übrigen ganz einhellig ausgeht22. 1.2 Technische Regelwerke
Nur in diesem Verständnis läßt sich zudem die Brücke zwischen jenen Gesetzesvorgaben und den technischen Regelwerken schlagen. Demgegenüber kann die Dreistufenthese in ihrer Anknüpfung an die unterschiedlichen Formulierungen der Rechtsnormen auf technische Regelwerke zur Ausfüllung der gesetzlichen Generalklauseln nicht zurückgreifen; denn letztere orientieren sich- ohne Rücksicht auf den Wortlaut der Gesetzejeweils am Gefährdungspotential des behandelten Systems23. Technische Regelwerke sind VDI-Richtlinien und DIN-Normen Vielfältigster Art24 ; überwiegend werden auch die Vorschriften der TA Luft und TA Lärm hinzugerechnet25. u Nicklisch, NJW 1983, 841, 844f. Zu diesem Beispiel Nicklisch, NJW 1983, 841, 844. 20 Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 104f. 21 Ähnliches gilt für die variantenreichen Begriffs(fort)bildungen bei der rechtlichen Abschätzung von Risiken; vgl. Breuer, DVBL 1978, 829; Bender, NJW 1979, 1425, 1428; insoweit zu Recht kritisch H. Wagner, NJW 1980, 665, 668f., d essen eigene Vorschläge indes zu vage und zu weit gefaßt sind, um handhabbar zu sein, a.a.O., 670ff. 22 Nicklisch, NJW 1983, 841, 844, 846. 23 Ebd., 841 , 845; Rittstieg, Technische Standards, S . 157, dort auch zur notwendigen Systematisierung d er technischen Standards und Disziplinierung der Gesetzessprache. 24 Rittstieg, Technische Standards, S . 45ff. 19
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
In der Praxis des Gesetzesvollzugs werden sie zur Ermittlung dessen, was "Stand der Technik" etc. ist, regelmäßig herangezogen. Nicht abschließend geklärt ist hingegen die Frage, welche Bedeutung technischen Regelwerken in verwaltungsverfahrensrechtlicher, insbesondere in verwaltungsgerichtlicher Hinsicht beizumessen ist26.
Dabei können vier Lösungswege unterschieden werden27 : - Bei sog. starren Verweisungen der Rechtsnorm auf ganz bestimmte technische Regeln kommt es praktisch zu einer Inkorporation in den Rechtssatz. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht, weil aufgrund der "starren" Verweisung der Gesetzgeber nicht in unzulässiger Weise auf seine Rechtssetzungsbefugnisse verzichtet2a. Der Nachteil dieses Ansatzes liegt allerdings in seiner mangelnden Flexibilität; Änderungen des technischen Regelwerks kann nicht dynamisch gefolgt werden. - Dem technischen Fortschritt wird hingegen Rechnung getragen, wenn die Rechtsnorm auf - außerrechtliche - technische Regeln in ihrer jeweils gültigen Fassung verweist. Der Weg ist allerdings rechtlich nicht unbedenklich29. Der Gesetzgeber darf seine Normsetzungsbefugnis nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen30 , soweit jene dem Bürger gegenüber weder staatlich-demokratisch noch mitgliedschaftlich legitimiert sind3 1 . Denn das Rechtsstaatsprinzip ermöglicht Beschränkungen bürgerlicher Freiheiten allenfalls durch oder aufgrund eines Gesetzes32, nach dem Demokratieprinzip muß das objektive Recht im übrigen auf eine Willensentscheidung der vom Volke bestellten Gesetzgebungsorgane zurückführbar sein33. - De lege ferenda wird daher vorgeschlagen, die Verbindung zum jeweils geltenden Regelwerk lediglich über eine Vermutungsklausel herzustellen. - Einen ähnlichen Weg beschreitet die sog. normkonkretisierende Verweisung. Als "allgemein anerkannte Regeln der Technik" gelten hiernach 25 Hierzu Sendler, UPR 1981, 1, 13, 14; Nicklisch, NJW 1983, 841, 842; Elsner, NuR 1983, 223; zur TA Luft 1983 Feldhaus I Ludwig, DVBl. 1983, 565. 26 Hierzu Breuer, AöR 101 (1976), 46ff.; Schäfer, Das Recht der Regeln der Technik, mit umfangr. Nachw. 27 Rittstieg, Technische Standards, S. 239ff.; Nicklisch, NJW 1983, 841 , 843 ; für das Atomrecht Degenhart, Kernenergierecht, S. 138ff. 28 BVerfG, Beschluß v. 15. 7. 1969-2 BvF 1/64-, BVerfGE 26, 338, 366f.; BVerfG, Beschluß v. 14. 6. 1983-2 BvR 488/80 -, DÖV 1984, 111, 111. 29 Murswiek, Staatliche Verantwortung, S. 185m. w.N. 30 BVerfG, Urteil v. 24. 5. 1977 - 2 BvL 11174 -, BVerfGE 44, 322, 348; Bedenken auch bei Bender, NJW 1978, 1945, 1951. 31 BVerfG, a.a.O., 348. 32 BVerfG, Beschluß v. 14. 6. 1983-2 BvR 488/80 -, DÖV 1984, 111 betr. dynamische Verweisungen auf Tarifverträge. 33 BVerfG, Beschluß v. 9. 5. 1972 - 1 BvR 518/62 und 308/64 -, BVerfGE 33, 125, 158.
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technische Regeln, die der zuständige Minister oder eine sonst zuständige Behörde in ihrem Amtsblatt veröffentlicht. In Anbetracht dessen, daß die beiden letztgenannten Modalitäten weder in der Gesetzgebung noch in der Praxis - nennenswerten - Niederschlag gefunden haben, verfährt die -wohl noch- überwiegende Auffassung nach den Maßstäben des Voerde-Urteils des Bundesverwaltungsgerichts34. Hiernach sind nicht nur DIN-Normen, VDI-Richtlinien sowie die vom kerntechnischen Ausschuß erstellten kerntechnischen Regeln35, sondern auch Verwaltungsvorschriften nach § 48 BlmSchG (u.a.m.) - der rechtlichen Einordnung nach norminterpretierende Verwaltungsvorschriften3sals sog. "antizipierte Sachverständigengutachten" anzusehen, d.h. sie finden als solche Eingang in das Verwaltungsverfahren und Berücksichtigung im Verwaltungsprozeß, wenn gesichert erscheint, daß sie zuverlässig und nicht überholt sind und daß im Entscheidungsfall kein atypischer Sachverhalt vorliegt3 7 • Eine normative Bindungswirkung soll von ihnen nicht ausgehen38. 2. Umweltrecht und informales staatliches Handeln
Eine rechtliche Betrachtung, die ausschließlich auf den positiv-rechtlichen Regelungsbefund abhebt, wird gerade im Umweltbereich zunehmend als zu eng angesehen39. Empirische Untersuchungen, auf die hier nur verwiesen werden kann40 , haben die Aufmerksamkeit für sog. informelles bzw. informales Verwaltungshandeln geweckt, das in der Praxis offensichtlich vielfach an die Stelle der rechtssatzförmig vorgesehenen Maßnahmen (o.ä.) tritt41. Als informal werden alle rechtlich nicht geregelten Tathandlungen 34 BVerwG, Urteil v. 17. 2. 1978-1 C 102.76-, BVerwGE 55, 250, 256; im Anschluß an Breuer, DVBl. 1978, 28, 34ff. 35 Hierzu näher Rittstieg, Technische Standards, S. 87ff. 36 Kutscheidt, NVwZ 1983, 581, 583; dort auch zum Gehalt der Änderung der TALuft vom 23. 2. 1983, GMBl. S. 94, a.a.O., 581ff. 37 Breuer, AöR 101 (1976), 46, 82f.; ders., NJW 1979, 1862, 1867; der Begriff findet sich bereits bei Schäfer, Das Recht der Regeln der Technik, S. 121 und Trabandt, FAZ v. 12. 2. 1960, S. 6; hierzu Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 89 ff.; zur VDI-Richtlinie 2058 i. V.m ..§ 5 Nr.1 BlmSchG in diesem Sinne OVG NW, Urteil v. 13. 9. 1983 -7 A 999181 -, DOV 1984, 473, 473 ; Degenhart, Kernenergierecht, S. 140; eingehend Rittstieg, Technische Standards, S. 108ff. 38 BVerwG, Urteil v. 17. 2. 1978-1 C 102.76-, BVerwGE 55, 251, 256 unter Berufung auf Breuer, a.a.O.; a.A. Krebs, VerwArch 70 (1979), 259, 263ff.; auch VG Schleswig, Urteil v. 17. 3. 1980-10 A 512176-, NJW 1980, 1296, 1298. 39 Grundlegend Bohne, Der informale Rechtsstaat; Mayntz I Bohne I Derlien I Hesse I Hucke I Müller, Vollzugsprobleme; Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97; Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187; bereits Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245; ders., JuS 1977, 550 ; auch Breuer, NJW 1978, 1558. 40 Mayntz u . a., Vollzugsprobleme; Bohne, Der informale Rechtsstaat. 41 Und sich auch in förmlichen Verfahren fortpflanzt: "Der Erörterungstermin, in dem die Setreiber meist schweigen und die Behörde das Projekt verteidigt, gleicht
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bezeichnet, "die der Staat anstelle von rechtlich geregelten Verfahrenshandlungen oder Rechtsfolgeentscheidungen wählt, die jedoch zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolges auch in den von der Rechtsordnung bereitgestellten öffentlich rechtlichen . . . Handlungsformen hätten erfolgen können" 42 . Regelmäßig spielt sich das informale Vorgehenaufgrund von Tauschbeziehungen zwischen den Beteiligten ab43 , wobei unter Tausch(gegenstand) alle von den Handlungspartnern wechselseitig angestrebten Verhaltensweisen verstanden werden; auf staatlicher Seite ist Tauschobjekt regelmäßig der Verzicht auf rechtliche Handlungsformen44. 2.1 Zu den Einschätzungen
Die diesbezügliche juristische Diskussion bewegt sich noch im Stadium erster Annäherung an die Problematik. Eine rechtswissenschaftliche Systematisierung oder auch nur begriffliche Ordnung informaler Regierungsund Verwaltungspraktiken ist lediglich in Ansätzen gelungen45 , vieles bleibt ungeklärt. So besteht bereits in der begrifflich-rechtlichen Zuordnung Dissens. Teilweise wird das informale Verwaltungshandeln herkömmlichen Kategorien schlichter Hoheitsverwaltung oder- noch allgemeiner- materieller Regierungstätigkeit zugewiesen46 , aus anderer Sicht stellt sich die Problematik als neuartiges (rechtliches) Phänomen dar 47 . In einer jüngeren, am Rechtstatsächlichen orientierten und insoweit hier lediglich abrißhaft darzustellenden Untersuchung geht Bohne 48 von der zunächst außerrechtlichen Bedeutung dieser Form staatlichen Tätigwerden aus. Es vollziehe sich insbesondere im Anwendungsbereich des Immissionsschutz-, Wasserhaushalts-, Abfallbeseitigungs- und Atomgesetzes. Unterschieden finden sich - normvollziehende Verfahrenshandlungen und Absprachen, eher der Gewährung rechtlichen Gehörs durch die Behörde als einem kontradiktorischem Verhandeln vor der Behörde", Winter, NJW 1979, 393, 399; vgl. auch Schmidt, Einführung, Rdn. 352 sowie Rdn.134. 42 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 100; auch Hofmann, BayVBl. 1983, 33, 33; Schoeneberg, S. 66ff. ; Jarass, DVBl. 1985, 193, 194, 197f. 43 Winter, NJW 1979, 393, 399. 44 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 100; zum Gleichlauf der Interessen derBetreiberund des Staates vgl. Degenhart, Kemenergierecht, S. 107ff. 45 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 102; ders., Informales Verwaltungshandeln, S. 20; Schoeneberg, S. 64ff. mit umfangr. Nachw. 46 Kritisch hierzu Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 102. 47 Hoffmann-Riehm, VVDStRL 40 (1982), S. 187: "Selbstbindungen der Verwaltung"; in Auseinandersetzung hiermit Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 105. 48 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 105.
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normvertretene Absprachen und - Absprachen mit normvollziehenden und normvertretenden Elementen49. Zur ersteren Kategorie werden Verhandlungen zwischen der bzw. den zuständigen Behörden und dem Vorhabensträger im Vorfeld von Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Zuleitung eines unterschriftsreifen Entwurfs der Entscheidung bzw. einer Liste mit den ausformulierten Nebenbestimmungen des Bescheids an den Antragsteller o. ä. gezähUSO. Nach Bohne stellen Vorverhandlungen keine Beratung im Sinne der§§ 25 VwVfG, 2 Abs. 2 9. BlmSchV51 und Vorabzuleitungen von Bescheidsentwürfen keine Anhörung gemäß § 28 Abs.1 VwVfG bzw. den einschlägigen Spezialregelungen des Umweltrechts dar52 . Es handele sich um einen "ExtraService" staatlicher Stellen, der in deren Ermessen stehe. Angesichts dessen seien normvollziehende Verfahrenshandlungen dieser Art an §§ 10, 40 VwVfG zu messen. Die Rechtmäßigkeit von Vorverhandlungen wird folglich danach beurteilt, ob die allgemeinen gesetzlichen Zwecke von Genehmigungen und Planfeststellungen eingehalten werden53• Zugunsten drittbetroffener Bürger sei keine schematische Vorverlagerung sämtlicher Beteiligungs- und Anhörungsrechte geboten54; wohl aber müßten den Beteiligten nach § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dieselben Verfahrensrechte eingeräumt werden wie dem Antragsteller; die Hinzuziehung von Betroffenen im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 VwVfG stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dem Kreis der Einwendungsbefugten schließlich sei während der Vorverhandlungen in geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, betroffene Belange und mögliche Einwendungen der Behörde zur Kenntnis zu bringen55. Für die Vorabzuleitung von Bescheidsentwürfen wird ähnliches gefordert; soweit es Beteiligte nach § 13 VwVfG gebe, sei diesen ebenfalls der Ebd., S. 97, 105ff. Ebd., S . 97, 106. 51 Weil sie sich vor Verfahrensbeginn vollziehen, Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 106; abweichend für das Immissionsschutzrecht Feldhaus, BimSchG, § 10 BlmSchG Anm. 4, § 2 9. BlmSchV Anm. 8; auch VV NW zum Genehmigungsverfahren nach BlmSchG v. 21. 11. 1975, MBL NW S. 2216, Nr. I 1. 52 Diese bezieht sich lediglich auf entscheidungserhebliche Tatsachen bzw. auch auf Rechtsfragen, nicht aber auf die Abfassung von Bescheidsregelungen, Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 109. 53 Ebd., S . 97, 110f. 54 Weitergehend Hoftmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187, 224. 55 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 113; zu materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen des Verbots von Koalitionsbildungen zwischen Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsbehörde und Anlagenbetreiber zulasten behördlicher Vertreter anderer öffentlicher Belange sowie zur Unparteilichkeit der Verhandlungsführung ders., a.a.O., S. 111, 114. 49
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Verfügungsentwurf, zumindest aber ein Entwurf der jeweils individuell erheblichen Nebenbestimmungen zuzuleitens6. Zu den normvollziehenden Verfahrenshandlungen und Absprachen rechnet Bohne des weiteren Sanierungsabsprachen, unter denen rechtlich unverbindliche Übereinkommen zwischen Umweltschutzbehörden und Verursachernvon Umweltbelastungen verstanden werden, die auf eine Verbesserung des bestehenden Umweltzustandes oder die Vermeidung weiterer Umweltverschlechterungen abzielen57 . Als faktische Alternativstrategien gegenüber Ordnungsverfügungen in Form nachträglicher Anordnungen, Auflagen und Bedingungen sei auch deren Rechtmäßigkeit an § 40 VwVfG i. V.m. Spezialvorschriften zu messen. Eine generelle Zulässigkeit folge nicht aus der Rechtsfigur einer sog. "aktiven Duldung" 58 , vielmehr hänge die Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung von der Lage des Einzelfalls ab; generell gelte freilich, daß verfahrensmäßige Erleichterungen nicht auf Kosten inhaltlicher Anforderungen des Rechts gewährt werden dürfen. Infolgedessen seien bereits "einfache" Absprachen dieser Art problematisch, weil sie regelmäßig die gesetzlichen Ziele der Gefahrenabwehr und Vorsorge nicht in dem Umfang verwirklichten, der ordnungsbehördlich erzwingbar- gewesen- wäres9. Die zweite Kategorie informaler staatlicher Tätigkeit, nämlich normvertretende Absprachen, korrunt- bislang -lediglich im Produktbereich vor60 , also im Anwendungsfeld des hier nicht näher erörterten stoffbezogenen Umweltrechts61. Absprachen mit normvollziehenden und normvertretenden Elementen als dritter Typ informalen Verwaltungshandeins sind vornehmlich im Rahmen irrunissionsschutzrechtlicher Luftreinhalteplanung anzutreffen. Als unverbindliche "Belastungsgebietsabsprachen" dienen sie der Vermeidung einer Belastungsgebietsfestsetzung durch Rechtsverordnung nach § 44 Abs. 2 Satz 2 BimSchG62 • Die jeweilige Absprache enthält nach Bohne normative 56 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 115; dies gelte auch gegenüber Einwendungsberechtigten vor dem Hintergrund allgemeiner Grundsätze des rechtlichen Gehörs, des Rechtsschutzes sowie der Klarheit und Kontrollierbarkeit der Entscheidungsfindung, Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 155ff.; zu der Beweislage in Fällen rechtswidriger, informaler Verfahrenshandlungen Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 116f. 57 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 117. 58 Hierzu unten, bei Fn. 89f. 59 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 121f.; vgl. auch a.a.O., S. 122ff., zu den Formen der "Austauschabsprachen" und der "Vergleichsabsprachen" sowie a.a.O., S. 125f., zu den Rechtsfolgen rechtmäßiger fehlgeschlagener Absprachen (lediglich bereicherungsrechtliche Ansprüche nach § 812 Abs.l Satz 2 2. Alt. BGB) und rechtswidriger Absprachen (Schadensersatz-, Entschädigungs- und Erstattungsansprüche). 60 Hierzu näher Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 126ff. s1 Vgl. oben,§ 7, bei Fn. 53.
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Elemente insoweit, als sie den Erlaß einer Belastungsgebietsverordnung ersetzt. Daneben komme ihr normvollziehender Gehalt zu; einmal, weil ihr Vollzug durch Einzelverträge (zwischen der Behörde und der Betreiberseite) an die Stelle von Ordnungsverfügungen nach§§ 17, 27 BlmSchG trete. Zum anderen wirke sich die Absprache auf die Genehmigungserteilung, nachträgliche Anordnungen und auf sonstige Ordnungsverfügungen aus, indem sie eine Änderung der Rechtslage vermeide, die im Falle der Belastungsgebietsfestsetzung einträte63. Vor dem Hintergrund der§§ 54 Satz 1 VwVfG, 44 Abs. 2 Satz 2 BlmSchG seien Belastungsgebietsabsprachen unzulässig, insbesondere weil sie eine Verwirklichung der gebietsbezogenen Luftreinhaltung nicht gewährleisteten, eine lückenhafte Luftgüteüberwachung und Luftreinhalteplanung bedingten und gegen Art. 3 Abs.1 GG verstießen 64 . Insgesamt gesehen wird der Versuch, informales Verwaltungshandeln zu verbieten, weder als aussichtsreich noch als wünschenswert angesehen. Vielmehr müsse es vornehmlich darum gehen, diejenigen Akteure zu stärken, die mangels hinreichenden Tauschpotentials zu rechtswidrigen informalen Praktiken neigten, um ihre Interessen wahrnehmen zu können65 • Dazu bedürfe es neben einer Bestandsaufnahme informaler Handlungsstrukturen, ihrer Ursachen und deren rechtlicher Bewertung auf der einen Seite einer Verbesserung des Durchsetzungsvermögens privater, von behördlichen Leistungen und Verhaltensweisen abhängiger Akteure durch organisatorische, finanzielle oder rechtliche Maßnahmens6. Auf der anderen Seite sei zugunsten schwacher behördlicher Positionen zu überlegen, potentielle Verbündete im Prozeß der Entscheidung verstärkt wirksam werden zu lassen67 . Schließlich könne die Legalisierung bestimmter Koppelungsgeschäfte deren Transparenz und Kontrollzugänglichkeit erhöhenss. Weitergehend- zugleich für normvollziehendes wie entscheidungsersetzendes informales Verwaltungshandeln-sind nach Hoffmann-Riem prinzipiell sämtliche materiell- und formellrechtliche Maßgaben auf eine Vorabsprache zu erstrecken, "wenn diese die Folgeentscheidung in ihrem Regelungs- und Programmierungsgehalt ganz oder teilweise vorwegnimmt"69. Im 62 Bohne, "Informales Staatshandeln, S. 97, 139f. mit Darstellung eines beispielhaften Sachverhalts. 63 Ebd., S . 141. 64 I. e. ebd., S. 143ff.; Hartkopf I Bohne, Umweltpolitik 1, S. 235f. 65 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 149. 66 Etwa Einrichtung von Beratungsdiensten, ebd., S . 150. 67 Etwa durch Erweiterung von Widerspruchs- und/oder Klagebefugnissen, ebd., s. 150. 68 Ebd., S. 97, 151.
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Falle der Präklusion von Einwendungen 70 solcher Personen, die lediglich in - nicht subjektiv-rechtlichen - sonstigen Interessen betroffen sind, sollen geringere Anforderungen an die Beteiligungsmöglichkeiten zu stellen sein7I. Ansonsten sei eine volle Verfahrensbeteiligung geboten(§§ 28, 38 Abs.l , 73, 29, 13 Abs. 2 VwVfG)12. Auch müsse Rechtsschutz gewährt werden; so sei die formale Entscheidung im Hinblick auf die faktische (Vorab-)Bindung angreifbar; darüber hinaus soll ein gerichtliches Vorgehen gegen faktische Programmierungen in informalen Vorabentscheidungen auf dem Wege der vorbeugenden Unterlassungs- oder Feststellungsklage eröffnet sein73. Im übrigen müsse im Verfahren der Folgeentscheidung ein umfassendes Rechts- und Interessengehör gewährt werden und seien gesteigerte Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Abwägungsvorgangs zu stellen74. 2.2 Beurteilung
Die - hier nur skizzierten - Ausführungen machen deutlich, welches Gewicht Vorverhandlungen und -absprachen u.a.m. in der Verwaltungspraxis des Umweltrechts zukommt. Ähnliches ist bereits früher in Rechtsprechung und Literatur bemerkt worden75 . Da es in diesem Teil der Untersuchung um die Bestimmung ihrer Grundlagen und um die Ausgrenzung rechtlich nicht erörterungsbedürftiger Fragen geht, bedarf der Meinungsstand freilich einer Stellungnahme dahingehend, ob bzw. unter welchen rechtlichen Aspekten informales Handeln von Bedeutung ist. Auf nähere Einzelheiten ist dann - soweit geboten - in dem dergestalt umrissenen, nachfolgenden Zusammenhang der Überprüfung des Umweltrechts einzugehen. Der naheliegenden rechtlichen Reaktion auf den geschilderten Befund, nämlich einem Verbot der sich in Informalität abspielenden staatlichen Tätigkeit, dürften unzureichend sichergestellte Durchsetzungsmöglichkeiten entgegenstehen. Solche Vorgänge können zwar verboten, aufgrundihres außerrechtlichen Charakters aber nicht durch Mittel des Rechts, jedenfalls nicht durch solche des hier behandelten raumbedeutsamen öffentlichen 69 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S . 187,220 unter Hinweis auf§ 38 VwVfG, § 10 Abs. 10 BlmSchG. 70 Hierzu näher unten, § 16, bei Fn. 125 ff. 71 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187, 221. 72 Ebd., S . 187, 221 und 224. n Ebd., S . 187, 224f.; auch Klage gegen Ablehnung einer Verfahrensbeteiligung. 74 Ebd., S . 187, 230. 75 BVerwG, Urteil v. 5. 7. 1974- IV C 50.72 - , BVerwGE 45, 309 (Flachglas) zum Bauplanungsrecht; hierzu Ritter, NVwZ 1984, 609, 615f.; bereits Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245, 281ff.; auch Degenhart, BayVBl. 1979, 289.
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Umweltrechts, wirksam unterbunden bzw. sanktioniert werden76 . Vorzugswürdig erscheint es daher, den Ursachen jener Tauschpraktiken unter Berücksichtigung der rechtspolitischen Vorschläge Bohnes zu begegnen77. Die terminologische Unterscheidung zwischen "normvertretenden" und "normvollziehenden" Absprachen erscheint allerdings wenig geglückt. Denn die zur letzteren Kategorie gerechneten Vorverhandlungen und die Vorabzuleitung von Bescheidsentwürfen vollziehen keine (Rechts-)Normen, sondern bereiten deren formellen Vollzug vor. Auch bei Sanierungsabsprachen etc. kann von einer normvollziehenden Wirkung nicht gesprochen werden, weil sie die rechtlich vorgesehenen Maßnahmen durch informale Übereinkommen vollends ersetzen. Entsprechendes gilt für die Annahme normvollziehender Elemente im Rahmen von Belastungsgebietsabsprachen7B. Das eigentliche Kriterium zur Unterscheidung der Ausprägungen informalen Staatshandeins ist vielmehr darin zu sehen, daß sie z. T. staatliche Entscheidungen - seien es Verfügungen oder Rechtssetzungsakte vorbereiten, so die genannten Beispiele der Vorabsprachen und der Zuleitung unterschriftsreifer Entscheidungsentwürfe, oder diese ersetzen, wie Sanierungsabsprachen und Belastungsgebietsabsprachen. Zum letzten Typ gehören auch die normvertretenden Absprachen in der von Bohne verwandten Begrifflichkeit79; da sie lediglich im Produktbereich Einsatz finden, mithin nicht raumbedeutsam in dem hier zugrunde gelegten Sinne sindso, scheiden sie jedoch aus der weiteren Betrachtung ausBl. Im übrigen ist zutreffend, daß faktische (Selbst-)Bindungen aufgrund informalen Handeins die Frage nach sich ziehen, ob rechtliche Maßgaben, die für die nachfolgende, formale Maßnahme gelten, in ihrer Anwendung vorzulagern sind. Bedenken bestehen gegen ein schematisches Anlegen rechtlicher Kontrollmaßstäbe auf die sich in Informalität abspielenden Vorklärungen. Immerhin bewirken diese faktische, nicht aber rechtliche Bindungen. Dabei wird im übrigen das Maß der jeweils eingegangenen Verpflichtung nicht immer identisch sein. Von daher erscheint die Forderung naheliegend, aufgrundvon Ergebnissen der Rechtstatsachenforschung typische Fallgruppen bestimmter informaler Verhaltensmuster herauszuarbeiten. Nur so ist der unterschiedliche Umfang der eintretenden faktischen Wirkung von Vorverhandlungen, Vorabsprachen etc. erfaßbar; und nur aus dieser anhand 76 Zur mangelnden praktischen Bedeutung des Umweltstrafrechts oben, § 5, bei Fn. 24f. 77 Siehe oben, bei Fn. 65ff.; zu erweiterten, d.h. vorgezogenen Widerspruchs- bzw. Klagebefugnissen vgl. die nachstehend aufgeführten Bedenken. 78 Siehe oben, bei Fn. 64. 79 Siehe oben, bei Fn. 49. 80 Siehe hierzu oben,§ 6, bei Fn. 12ff. BI Siehe bereits oben, § 7, bei Fn. 53.
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Zweiter Teil: Gegenstand und Grundlagen der Untersuchung
bestimmter Konstellationen differenzierenden Betrachtungsweise kann der zentralen Frage nachgegangen werden, inwiefern die tatsächliche Bindung einer rechtlichen gleichzusetzen ist, welche Verfahrensregelungen und materiellen Anforderungen mithin -je nach Fallgruppe- für das informale Verwaltungshandeln Geltung beanspruchensz. Eine Verrechtlichung von Vorabsprachen, mag man sie auch im letzteren Sinne behutsam unter Berücksichtigung der jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten vornehmen, gerät freilich in ein rechtspolitisches Dilemma. Die Beteiligten, d. h. die zuständigen staatlichen Stellen und der oder die Vorhabensträger greifen ersichtlich deshalb zu Mitteln der Informalität, weil sich ihnen außerhalb rechtlicher Vorgaben- insbesondere des Verwaltungsverfahrensrechts-ein weites Feld an Flexibilität zur Planung und Gestaltung des Vorhabens eröffnet und die fehlende Öffentlichkeit, gerade im Hinblick auf die ansonsten gebotene Beteiligung Drittbetroffener, den zu bewältigenden Konfliktstoff vermindert. Selbst wenn man einer generellen Verrechtlichung des informalen Verwaltungshandeins nicht das Wort redet, sondern dem dargestellten differenzierenden Vorgehen folgt, steht mithin zu befürchten, daß die Beteiligten entweder Vorabsprachen ganz unterlassen oder auf neue informale Handlungsstrategien ausweichen, um der- wenn auch nur ansatzweisen- Verrechtlichung zu entgehensa. Tritt ersteres ein, also das künftige Unterbleiben vorheriger Abmachungen- was allerdings weniger wahrscheinlich ist-, so dürfte dies rechtspolitisch kaum begrüßt werden; denn ein gewisses Maß an informalem Verwaltungshandeln ist in einem sozialstaatliehen Gemeinwesen der Daseinsvorsorge unerläßlich, um die Umsetzung der Rechtsordnung in die Verwaltungswirklichkeit zu gewährleisten84 . Näher liegt ein- unerwünschtes- Ausweichen auf neue Handlungsstrategien. Denn die geforderte Beteiligung von Drittbetroffenen und die öffentliche Bekanntgabe des Vorhabens bzw. der Planungsziele, auch wenn dies nur unter teilweiser und modifizierender Vorverlagerung der Anwendung von Verwaltungsverfahrensvorschriften vorgeschlagen wird, widersprechen den geschilderten Gründen des Eintritts in Vorverhandlungen: Die im Wege der Publikation eintretende Transparenz engt die Flexibilität des Aushandeins ein, die Drittbeteiligung erhöht den Konfliktstoff85. In diesem Sinne Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 110, der aber letztdoch zu einer weitgehenden Verrechtlichung kommt, siehe oben, bei Fn. 51ff.; Uberlegungen in dieser Richtung auch bei Schoeneberg, S. 164 m. w. N. 83 Hierzu, allerdings weniger skeptisch, auch Ritter, NVwZ 1984, 609, 616. 84 Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 110, 147f.; weit. Nachw. bei Schoeneberg, S . 66 ff. 85 Entsprechendes gilt für die beschriebenen Überlegungen zu einer Vorverlagerung von Klagebefugnissen u.ä., siehe oben, bei Fn. 68ff., 73f. 82
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Vor diesem Hintergrund erscheint selbst eine nur teilweise Verrechtlichung des entscheidungsvorbereitenden informalen Verwaltungshandeins im Ergebnis wenig erfolgversprechend. Was den Bereich entscheidungsersetzenden informalen Verwaltungshandeins anbelangt- Sanierungsabsprachen, einfache Absprachen, Austauschabsprachen, sowie Belastungsgebietsabsprachen86 -, so wird unter dem Gesichtspunkt der vorverlagerten Anwendung rechtlicher Maßstäbe ähnliches gefordert, wie hinsichtlich des soeben behandelten Typs von Vorabsprachen, nämlich eine partielle und zugleich nach der Eigenart des jeweiligen Handeins differenzierende Heranziehung verfahrensrechtlicher wie materiell-rechtlicher VorschriftenB7 • Eine in diesem Sinne ansatzweise Verrechtlichung informaler Absprachen dürfte hier allerdings nicht zu den zuvor beschriebenen rechtspolitisch relevanten Folgen führen oder deutlicher: zu gar keinen. Gegenüber Vorabsprachen, die rechtlich vorgesehene Entscheidungen- auch solche rechtssatzförmiger Art- ersetzen, besteht mangels eines nach außen tretenden Rechtsakts keine Möglichkeit verfahrensrechtlicher oder gerichtlicher Angreifbarkeit. Erörterungen über Rechtmäßigkeitsanforderungen an entscheidungsersetzendes informales Verwaltungshandeln fehlt folglich die praktische Relevanz, weil etwaige Rechtswidrigkeiten nicht sanktionsgefährdet sind. Auch vorbeugende Unterlassungs- oder Feststellungsklagenss scheiden aus; die Rechtsmittel gewähren lediglich frühzeitigen Rechtsschutz gegen künftiges außengerichtetes Verwaltungshandeln. Solches steht in dem vorliegend interessierenden Zusammenhang aber nicht zu erwarten, weil es gerade infolge informeller Absprachen ersetzt wird. Wenn damit eine Verrechtlichung des informalen Verwaltungshandeins in dem dargelegten Sinne Bedenken aus rechtspolitischen und praktischen Erwägungen aufwirft, so ist hieraus gleichwohl nicht der Schluß zu ziehen, Vorabsprachen u. a. seien rechtlich uninteressant oder gar verfassungsrechtlich im Sinne einer "aktiven Duldung" geboten, wie teilweise vertreten wird89 • 86 Siehe oben, bei Fn. 60ff.; i.e. Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 117ff., 126ff. 87 Hierzu oben, bei Fn. 53 ff. 88 Hierzu Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187, 224. 89 Die Handlungsform der aktiven Duldung soll drei Elemente aufweisen, nämlich - der Antrag auf nachträgliche Erlaubnis (o.ä.) einer illegalen Umweltnutzung wird nicht beschieden, um eine Ablehnung zu vermeiden und die Sach- und Rechtslage im Schwebezustand zu halten, - es erfolgt auch keine Untersagungs- bzw. Beseitigungsverfügung gegenüber der formell und materiell rechtswidrigen Umweltinanspruchnahme, - aufgrundvon Vorverhandlungen erklärt sich der Verursacher zur Vomahme technisch möglicher und wirtschaftlich zurnutbarer Umweltschutzmaßnahmen bereit; vgl. Randelzhofer/Wilke, Duldung, S. SOff., 105, 108.
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Die Nichtbescheidung eines entscheidungsreifen Antrags beispielsweise verstößt gegen §§ 9, 22 Satz 2 Nr.l, § 69 Abs.l, 3 VwVfG i. V.m. entsprechenden Spezialnormen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann allenfalls die Aussetzung des Erlasses oder der Vollstreckung von Untersagungs- und Beseitigungsverfügungen gebieten, etwa wenn es anderenfalls im Einzelfall zu unzumutbar schweren Nachteilen für den Privaten oder die Allgemeinheit käme (z.B. Verlust zahlreicher Arbeitsplätze). Nicht aber legitimiert dies zur Nichtbescheidung des Antrags. Ebenso wenig folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip eine Rechtspflicht zum Abschluß unverbindlicher Abmachungen. Die Wahl der Handlungsform liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen staatlichen Stelle(n)90 . Empfiehlt sich nach alledem weder eine Verrechtlichung informellen Verwaltungshandeins noch umgekehrt eine Quasi-Entrechtlichung über die Handlungsform der aktiven Duldung, verbleibt das verwaltungsverfahrensrechtliche Instrumentarium als Gegengewicht zu vorgelagerten Absprachen und deren faktischer Bindungswirkung: Im Bereich des Normvollzugs, also dort, wo Abmachungen die Erlaubniserteilung vorbereiten, muß es darum gehen, für Transparenz und frühzeitige Beteiligung von Drittbetroffenen im formalen Verfahren Sorge zu tragen, um einer weiteren Verfestigung der über Vorabsprachen eingetretenen faktischen Bindung im Genehmigungsverfahren entgegenzuwirken91. In diese Richtung tendiert die Rechtsprechung, wenn sie bereits Rechtsschutz gegen die luftverkehrsrechtliche Genehmigungserteilung eröffnet und nicht erst gegen die nachfolgende Planfeststellung92 . Im Rahmen atomrechtlicher Genehmigungsentscheidungen ergibt sich ähnliches im Wege der Aufgliederung der Gesamterlaubnis in eine Vielzahl aufeinanderfolgender Teil(errichtungs)genehmigungen bzw. Vorbescheide. Entsprechendes gilt bei anderen umweltrechtlichen Genehmigungstatbeständen93. Jenseits solcher spezialgesetzlicher Regelungen ist generell zu überprüfen, ob und in welchem Umfang das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht auf vorgelagerte Ebenen gestufter Entscheidungsfindung anwendbar ist. Das gilt auch im Hinblick auf behördeninterne Mitwirkungsakte im Sinne einer Verrechtlichung des administrativen Innenbereichs94. Dem ist im einzelnen bei der Erörterung der jeweiligen umweltrechtlichen Rechts- und Problemkreise, insbesondere aber im Zusammenhang mit der Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 119. So offensichtlich auch W. Schmidt, Einführung, Rdn. 134, S. 87. 92 BVerwG, Urteil v. 7. 7. 1978-4 C 79.76 u . a. -, DVBl. 1978, 845, 845, 852f., allerdings nur zugunsten der Gemeinden. 93 Hierzu unten,§ 10, bei Fn. 192ff., § 14, bei Fn. 390ff. 94 Vgl. Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S . 1. 90
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Behandlung (verwaltungs-)verfahrensrechtlichen Rechtsschutzes nachzugehen95. Hinsichtlich des norm- bzw. entscheidungsersetzenden informalen Verwaltungshandeins ist ein solcher Weg nicht gangbar, weil die Ausführung des gesetzlichen Auftrags gerade unterbleibt. Da die Ersetzung formalen Verwaltungshandeins durch informale Abmachungen nicht aufgabenadäquat ist96 , muß es darum gehen, die Exekutive zur Umsetzung des legislativen Willens zu veranlassen. Eine hierfür notwendige, aber allein nicht hinreichende Bedingung ist es, den gesetzlichen Auftrag der Verwaltung- etwa zum Erlaß von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften- nicht in die freie exekutivische Ermessensentschließung zu überantworten, sondern als zwingende Verpflichtung zu formulieren. Hinzutreten muß eine zeitliche Fristsetzung, innerhalb derer das formale Verwaltungshandeln vorzunehmen ist97. Nur so ist sichergestellt, daß das Tätigwerden der Verwaltung nicht bzw. nicht auf lange Zeit unterbleibt.
Zwischenergebnis Die begriffliche Systematisierung des (raumbedeutsamen öffentlichen) Umweltrechts ergibt, daß ihm das Atom-, Abfall-, Berg-, Bau-, Städtebauförderungs-, Immissionsschutz-, Naturschutz- und Landschaftspflege-, Wald- und Forst-, Fluglärm-, Flurbereinigungs-, Raumordnungs- und Wasserhaushaltsrecht als Umweltrecht mit unmittelbarem Raumbezug zugehört. Mittelbaren Raumbezug äußern demgegenüber die umweltrechtlichen Normen des Umweltbundesamts- und des Umweltstatistikengesetzes. Von den unmittelbar raumbedeutsamen Umweltgesetzen haben das Abfallbeseitigungs-, das Bundes-lmissionsschutz-, das Bundesnaturschutz-, das Fluglärm- und das Wasserhaushaltsgesetz Umweltschutz zum alleinigen Ziel. Einmedial und nicht umweltbeanspruchend ist insoweit das Wasserhaushaltsgesetz ausgerichtet; mehrmedial/nicht umweltbeanspruchend wirken das Bundesnaturschutz-, das Bundes-Immissionsschutz- und das Fluglärmgesetz, während das mehrmediale Abfallbeseitigungsgesetz auf Umweltbeanspruchungen zielt. Unmittelbar raumbedeutsames Umweltrecht mit Umweltschutz neben anderen Zielen stellen das Raumordnungs-, Bundesbau-, Städtebauförderungs-, Atom-, Bundesberg-, Bundeswald- und das Flurbereinigungsgesetz Vgl. unten, § 16, bei Fn. 998ff. Bohne, "Informales" Staatshandeln, S. 97, 129. 97 Zu diesem Gedanken aus planungsrechtlicher Sicht Schlarmann I Erbguth, s. 306f. 95
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dar. Dabei haben das einmedial/umweltbeanspruchende Atomrecht und das mehrmedial/nicht umweltbeanspruchende Forst- und Waldrecht Umweltschutz zum PrimärzieL Für das Raumordnungs-, Bundesbau-98 , Bundesberg- und Flurbereinigungsgesetz ist Umweltschutz ein gleichgeordnetes Ziel. Einmedial und umweltbeanspruchend ist das Flurbereinigungsrecht ausgerichtet, während das Raumordnungs-, Bundesbau-99 und das Bundesberggesetz mehrmedial strukturiert sind. Mit Ausnahme des Raumordungsrechts zielen diese Gesetze auf Beanspruchungen der Umwelt. Mittelbar raumbedeutsames Umweltrecht hat Umweltschutz zum alleinigen Ziel, ist mehrmedial und nicht umweltbeanspruchend ausgerichtet. Der so bestimmte Rechtskreis wird in beachtlichem Umfang von Umständen beeinflußt, die ihren Ursprung zwar im außerrechtlichen Bereich haben, wegen ihres starken Einflusses auf die Anwendung bzw. Nichtanwendung umweltrechtlicher Normen bei der rechtlichen Untersuchung jedoch nicht ausgespart bleiben dürfen. Zum einen spielen technische Regelwerke aufgrund von Generalklauseln des Umweltrechts eine maßgebliche Rolle für das Verwaltungshandeln und dessen gerichtliche Überprüfung. Trotz unterschiedlicher Abfassung der gesetzlichen Verweisungen auf den Stand der Technik etc. sind sie sämtlichst als Ausdruck des Gebots bestmöglicher Risikovorsorge zu verstehen. Das Maß des Erforderlichen ist abhängig vom Gefährdungspotential des jeweiligen Anlagetyps. Hieran orientieren sich auch die zur Ausfüllung der Generalklauseln herangezogenen technischen Regelwerke (DIN-Normen, VDI-Richtlinien etc. sowie TA Luft und TA Lärm). Ihre Rechtsqualität ist nicht abschließend geklärt. Überwiegend werden sie als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen, denen zwar keine normative, wohl aber eine beweisschaffende Wirkung zukommt. Es ist dies zum anderen das sog. informale Verwaltungshandeln, das sich im Wege von Vorverhandlungen und Vorabsprachen außerhalb des rechtlichen Regelungsbereichs vollzieht. Eine wie auch immer geartete Verrechtlichung informaler staatlicher Tätigkeitsformen scheidet aus; vielmehr ist ihnen mit einem möglichst frühzeitigen Einsatz des Verwaltungsverfahrensrechts zu begegnen. Absprachen mit normersetzender Wirkung sollte durch zeitlich befristete Aufträge zum Normerlaß entgegengesteuert werden.
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Mit Städtebauförderungsgesetz. Mit Städtebauförderungsgesetz.
Dritter Teil
Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts Vor dem Hintergrund des so bestimmten Untersuchungsgegenstandes und seiner Grundlagen kann auf die Hauptproblemfelder des Rechtsgebiets am Beispiel des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts näher eingegangen werden, nämlich auf - dasjenige rechtsgebietinterner Art und - jenes allgemeiner rechtsgebietumfassender Fragestellungen•. Dieser Teil der Untersuchung widmet sich den rechtsgebietinternen Problemen. Ihre Erörterung gebietet ein systematisches Erfassen des Umweltrechts, und zwar im Wege einer vergleichenden Betrachtung der umweltrechtlichen Vorschriften nach ihren Funktionen2 • Das begriffliche System der Umweltgesetze3 bildet dabei lediglich den formalen Rahmen4, innerhalb dessen sich die dergestalt funktional angelegte, rechtssystematische Überprüfung des Umweltrechts vollzieht. Diese analysiert zunächst die umweltrechtlichen Bestimmungen (rechtsvergleichend) anhand typischer Funktionen, die in den Vorschriften zum Ausdruck kommen, und arbeitet damit gemeinsame Grundlinien, aber insoweit auch Abweichungen bzw. Modifizierungen heraus (hierzu§ 10, 1. Abschnitt der Untersuchung). Ob die festgestellten Disharmonien zugleich rechtliche Systemwidrigkeiten darstellen, beurteilt sich am Maßstab der Systemgerechtigkeit5, die danach fragt, ob Abweichungen (o.ä.) aus Sachgesetzlichkeiten der jeweiligen Regelungsbereiche geboten sind oder nicht (hierzu § 10, 2. Abschnitt der Untersuchung). Zuvor ist jedoch auf die allgemeinen Prinzipien des Umweltrechts einzugehen, weil sie weitgehend die materiellen Grundlagen der näher zu analysierenden und zu bewertenden funktionsbestimmten Einzelausprägungen des Umweltrechts bilden (hierzu§ 9 der Untersuchung).
Hierzu oben, § 2, bei Fn. 1 ff. Siehe oben, § 2, bei Fn. 9. 3 Vgl. oben,§ 7, bei Fn. lff. 4 Dazu oben,§ 2, bei Fn. 7, § 4, bei Fn. 68. s Näher oben, § 2, bei Fn. 32 ff. 1
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
§ 9 Allgemeine Prinzipien als Grundlagen des Umweltrechts Überwiegend werden als Grundprinzipien des Umweltrechts das Vorsorgeprinzip - das Verursacherprinzip und - das Kooperationsprinzip genannt. Hinzugerechnet finden sich teilweise das Gemeinlastprinzip und das Bestandsschutzprinzip. 1. Das Vorsorgeprinzip
Das Vorsorgeprinzip 1 wird als das zentrale materiell-inhaltliche Leitbild einer Umweltpflegepolitik angesehen2 . Dem Entstehen möglicher Umweltbelastungen soll vorgebeugt und eine schonende und nachhaltige3 Ressourcennutzung erreicht werden. Der Einsatz vorsorgender Mittel zielt folglich darauf, daß Schäden oder Gefährdungssituationen gar nicht erst entstehen4 . Als politische Maxime bedarf das Vorsorgeprinzip rechtlicher Ausgestal~ tung. Es ist etwa gesetzlich festgeschrieben in § 5 Nr. 2 BimSchG, demzufolge bei genehmigungsbedürftigen Anlagen Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen zu treffen ist, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Es werden also keine konkreten, sondern nur abstrakt oder hypothetisch schädliche Umwelteinwirkungen vorausgesetzt, so daß sich die immissonsrechtliche Prüfung auf die Emissionsseite verlagert 5 • Ein weiteres gesetzliches Beispiel bildet § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Hiernach wird die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage verlangt, und zwar u . a. im Hinblick auf Synergismen, d. h. Wirkungszusammenhänge chemischer und radioaktiver Schadstoffe6 . Auch§ 7 a WHG legt in Ausprägung des Vorsorgeprinzips Ein1 V. Lersner, der landkreis 1984, 63, 64; Storm, Umweltrecht, S. 17; auch Soell, ZRP 1980, 105, 106; insoweit beispielsweise zu § 5 Nr. 2 BimSchG (kontrovers): Ossenbühl, DÖV 1982, 833, 839; Rengeling, Vorsorge, S. 47f. 2 Hierzu im Bereich des Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzes Ossenbühl, NVwZ 1986, 161, insbes. 163f. 3 Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 89; zum sogenannten Verschlechterungsverbot, ders., a.a.O., S. 91. 4 Sendler, JuS 1983, 255, 256; anschaulich zum Wasserrecht Ruchay, StGR 1983, 363, 363; Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 9. 1. 1984, BT-Drucks. 10/870, S. 3; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 87. 5 Feldhaus I Schmitt, WiVerw 1984, 1, 22 unter Hinweis auf Jarass, BimSchG, § 3 Rdn.ll; ders., DVBL 1983, 725, 726, 729, 731f.; hierzu auch Henseler, Abwassserbeseitigung, S. 53ff.; Hinweise auf weitere rechtliche Ausgestaltungen bei Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 87.
§ 9 Allgemeine Prinzipien als Grundlagen des Umweltrechts
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leitungsstandards fest, denen ohne Rücksicht auf den Zustand der aufnehmenden Gewässer entsprochen werden muß 7• Die Ausprägungen des Vorsorgeprinzips sind im übrigen unterschiedlich8 . So zählt hierzu etwa das Anwendungsgebot optimaler Technologien ohne Rücksicht auf den Zustand des jeweilig zu schützenden Umweltmediums, des weiteren das Verbot der Verschlechterung der vorhandenen Umweltqualität ("status quo"-Schutz, vgl. etwa § 8 BNatSchG)9 und das sog. Vorsichtsprinzipto, das auch dann zu behördlichen Maßnahmen ermächtigt, wenn die Schädlichkeit eines Stoffes oder seiner Konzentration noch nicht nachgewiesen werden kann, aber- wenigstens -nicht unwahrscheinlich ist11 . Vorsorge heißt schließlich, neue technische Verfahren zu entwickeln und mit ihrer Einführung in der Wirtschaft dazu beizutragen, heute noch übliche, insbesondere durch Schadstoffeintrag in Wasser, Luft, Boden verursachte Umweltbelastungen deutlich zu verringem1 2. Die Anwendung des Grundsatzes unterliegt allerdings Anforderungen des Grundrechtsschutzesta und des Verhältnismäßigkeitsprinzips14, die ein zurückhaltendes behördliches Vorgehen gebieten oder es im Einzelfall volls OVG Lüneburg, Urteil v. 22. 12. 1978- VII A 61174-, DVBl. 1979, 686, 689f.; bei den Werten der Strahlenschutzverordnung handelt es sich demgemäß um Grenzwerte, die weder Betreiber noch Genehmigungsbehörden von der Pflicht entbinden, soweit wie möglich unter diesen Werten zu bleiben, VG Schleswig, Urteil v. 17. 3. 1980- 10 A 512176 -, NJW 1980, 1296, 1299; zur- strittigen- Frage, ob die Beher rschung des Risikos i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG zwingende Voraussetzung für die Genehmigung eines Kernkraftwerkes ist, vgl. Breuer, Endlagerung, S. 10ff. mit umfangr. Nachw. und Trennung zwischen dem "anlagenimmanenten" Risiko (als Genehmigungsvoraussetzung) und dem sog. anlagentranszendenten Risikopotential (als Gegenstand der Entsorgungspflichten nach§ 9a AtG), a.a.O., S. 11. 7 Vgl. näher Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S . 101, 102ff.; auch §§ 1a, 18b WHG; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 88. a Sendler, JuS 1983, 255, 256; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S . 81 , 88. 9 Zur Frage des "Ausgleichs" im Sinne dieser Vorschrift i. V.m. dem Landesrecht OVG Berlin, Urteil v. 22. 4. 1983 - OVG 2 A 6.81 -, NuR 1983, 280, 282: " ... es geht vielmehr um jede irgendwie geartete Heilung des konkreten ökologischen oder landschaftlichen Schadens"; demgegenüber die schärferen Anforderungen des VGH Bad.Württ., Urteil v. 20. 10. 1982-5 S 1531/81 -,NuR 1983, 278, 280 zum entsprechenden waldrechtlichen Gebot des Ausgleichs nach§ 9 Abs. 3 Nr.1 bad.-württ. WaldG. 1o Vgl. v. Lersner, der landkreis 1984, 63, 64. 11 Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 87, 91 ; Sendler, JuS 1983, 255, 256; allgemein hierzu Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 10/870, S. 3; auch VGH Bad.-Württ. , Urteil v. 9. 8. 1984-5 S 1251/83 -,NuR 1985, 23, 23. 12 Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 10/870, S. 3. 13 Art. 12, 14 GG; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 87. 14 Das allerdings nicht mit spezialgesetzlichen Vorschriften identisch ist, VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. 11. 1981- 10 S 944/80 -, VBlBW 1982, 176 zu§ 17 Abs. 2 Nr. 1 BimSchG; hierzu auch Engelhardt, NuR 1984, 87, 90; Rittstieg, Technische Standards, S. 29f.; Lukes, NJW 1983, 1753, 1755.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
endsausschließen können, allerdings nach Maßgabe nicht nur der jeweiligen Fallgestaltung, sondern auch des einschlägigen Rechtsbereichs; so wird im Wasserrecht15 der Einwand der Unverhältnismäßigkeit nur dann als relevant angesehen, wenn der volkswirtschaftliche Aufwand zur Reduzierung der Schadstoffbelastung schlechterdings unvernünftig erscheint, "weil sich daraus für das öffentliche Wohl keinerlei Nutzen herleiten läßt" 16. Der Streit um die Umweltplanerische Qualität des Vorsorgeprinzips 17 kann insoweit als ausgestanden gelten, als die eigentliche Umweltplanungetwa in (Teil-)Ausprägung der immissionsschutzrechtlichen Luftreinbalteplanung- ohne Zweifel ein wesentliches Element umweltrechtlicher Vorsorge ist. Eine andere Frage ist es, ob die im Zusammenhang mit dem Genehmigungstatbestand in§ 5 Nr. 2 BimSchG betonten Vorsorgemaßnahmen planerisch-gestaltende Elemente in das Erlaubnisverfahren einbringen bzw. ob in Anknüpfung an die wasserwirtschaftliche Rechtslage den für Immissionsschutz zuständigen Stellen nach §§ 4ff., 5 Nr. 2 BimSchG ein Bewirtschaftungsermessen zusteht. Dem wird an späterer Stelle nachzugehen sein18 • 2. Das Verursacherprinzip
Beim Verursacherprinzip gehtes-anders als beim Vorsorgegrundsatz 19 nicht unmittelbar um umweltbezogene Ziele, sondern um die Verteilung der finanziellen Lasten und um die Auswahl von Instrumenten des Umweltrechts2o. Das Verursacherprinzip ist damit vornehmlich als Grundsatz der Kostenzurechnung zu verstehen, allerdings nicht deckungsgleich mit dem Grundsatz ordnungsrechtlicher, strafrechtlicher oder zivilrechtlicher Haftung21. Kosten zur Vermeidung, zur Beseitigung und zum Ausgleich von Umweltbelastungen treffen folglich den, der sie verursacht hat22 . Hiermit sollen zum einen Wettbewerbsverzerrungen beseitigt werden 23 . Das Prinzip trägt des weiteren auch der Erfahrung Rechnung, daß ökonomi§ 7a WHG. Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 105. 17 Hierzu Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 649 m. w. N. und unten, § 14, bei Fn.480ff. 1a Vgl. unten,§ 14, bei Fn. 474ff. 19 Und dem nachfolgend zu behandelnden Kooperationsprinzip, vgl. unten, Fn. 32ff. 20 Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 95. 21 Storm, Umweltrecht, S. 17; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 10/870, S. 4. 22 Modellcharakter hat insoweit§ 8 Abs. 2 BNatSchG, vgl. näher Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 459f. 23 Storm, Umweltrecht, S. 17. 15
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§ 9 Allgemeine Prinzipien als Grundlagen des Umweltrechts
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sehe Anreize negativer oder positiver Art oft mehr bewirken können als Geoder Verbote24 • Damit unterfallen auch Verschmutzungsabgaben, wie z.B. die Abwasserabgabe, dem Instrumentarium des Verursacherprinzips 25 . Im Hinblick auf den Umfang der Kostentragungslast werden teilweise drei Systemvarianten unterschieden26 • Nach der ersten hat der Verursacher jedenfalls die sog. "Ist-Kosten" zu tragen, also die effektiv aufgewandten Vermeidungs-, Verminderungs- und Beseitigungskosten. Daneben sollen ihm auch die Sollkosten auferlegt werden, jene nämlich, die der Verursacher zur pflichtgemäßen Vermeidung, Verminderung und Beseitigung der Umweltbelastungen hätte aufwenden müssen. Die zweite Systemvariante fordert weitergehend, daß der Verursacher zusätzlich alle verbleibenden, von der verwaltungsrechtlichen Regelung der Verhaltenspflichten akzeptierten Umweltbelastungen auszugleichen hat. Der letzten Variante zufolge hat der Verursacher über die genannten Kosten hinaus für die verbleibenden (von der verwaltungsrechtlichen Regelung der Verhaltenspflichten akzeptierten) Umweltbelastungen ein Entgelt zu entrichten, das der Knappheit des in Anspruch genommenen Umweltguts entspricht und so bemessen sein soll, daß für den Verursacher ein hinreichender wirtschaftlicher Anreiz besteht, die Umweltbelastungen auf ein politisch erwünschtes Ausmaß zu beschränken27. Neben dieser primären Ausprägung des Verursacherprinzips als Kastenzurechnungsgrundsatz finden sich freilich auch Elemente direkter Verhaltenssteuerung. Bekanntes Beispiel ist § 8 BNatSchG mit seinen gestuften Pflichten der Vermeidung, Verminderung und Beseitigung28 . Der Grundsatz erfährt mannigfaltige Durchbrechungen, vornehmlich im Sinne des Gemeinlastprinzips: Vielfach lassen sich bestimmte schädliche Umweltfolgen nur schwer oder gar nicht bestimmten Verursachern zurechnen; überdies können Überlegungen sozialstaatlicher Wirtschafts- und Umweltpolitik es angelegen erscheinen lassen, solche "sozialen Kosten" der Allgemeinheit aufzubürden29. Sendler, JuS 1983, 255, 257. Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 96. 26 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 652f.; auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 95ff. 21 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 652f. 2s Gassner, NuR 1984, 81, 81 ; strittig ist, ob sich das immissionsschutzrechtliche Verursacherprinzip, nach dem der Emittent stets für die Folgen der Immissionen einzustehen hat, systematisch auf das Planungsrecht übertragen läßt, bejahend von Holleben, DVBl. 1981, 903, 906; Ritter, NVwZ 1984, 609, 614; verneinend BayVGH, Urteil v. 11. 2. 1980- Nr. 81 XIV 78 -, BauR 1981, 172, 175. 29 Sendler, JuS 1983, 255, 257; kritisch gegenüber der Praxis, die eher geeignet ist, das Regel-Ausnahmeverhältnis zwischenVerursacher-und Gemeinlastprinzip umzukehren Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 97. 24 25
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Des weiteren ergeben sich Schwierigkeiten der Umsetzung des Prinzips angesichts des im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich verbreiteten Denkmodells, demzufolge alle zu erfassenden Gegenstände einer monetären Bewertung zugänglich zu machen sind3o. Scheidet das aus, so bleiben sie prinzipiell unberücksichtigt. Daraus folgt, daß die sog. "freien" Güter- wie saubere Luft oder die Schönheit einer Landschaft - im Rahmen dieses Rechenmodells nur dann miterfaßt werden, wenn insoweit Aufwendungen (etwa zur Luftreinhaltung) notwendig werden oder ein monetär meßbarer Nutzen entsteht wie beispielsweise Erträge aus dem Fremdenverkehr31 . 3. Das Kooperationsprinzip
Die Einsicht, daß Umweltrecht nicht einseitig staatlicherseits durchsetzbar ist, vielmehr des Zusammenwirkens mit gesellschaftlichen Kräften bedarf, ist Grundlage des Kooperationsprinzips. Ausprägungen dieses Grundsatzes sind allgemein Mitwirkungsrechte von Betroffenen, ein möglichst großer Spielraum für umweltschutzfördernde Unternehmensentscheidungen32, vor allem aber die Abstimmung mit sachverständigen Kreisen im technischen Umweltrecht, etwa i. S. d. §§ 48, 51 BlmSchG und durch die Bezugnahme auf technische Regelwerke33. Auf diesem Wege soll nicht nur die Entscheidungsqualität verbessert, sondern auch ihre Akzeptanz positiv beeinflußt werden. Im übrigen wirkt das Prinzip im Verhältnis Bund-Länder/Gemeinden sowie in der Staatengemeinschaft34. 4. Sonstige Prinzipien
Neben der geschilderten Prinzipientrias bedarf es keiner gesonderten Kategorie, etwa im Sinne des Gemeinlastprinzips oder des Bestandsschutzes. Die Darstellung zeigt, daß der letztere Grundsatz Bestandteil des Vorsorgeprinzips ist, während das Gemeinlastprinzip die Grenzen des Verursachergrundsatzes markiert. 5. Beurteilung
Während das Vorsorgeprinzip aufgrundseiner beschriebenen gesetzlichen Ausprägungen bereits teilweise einfach-rechtlichen Charakter trägt, hanHübler, ISP 1983, 1, 3. Ebd., S. 1, 3 mit kritischen Hinweisen. 32 Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 10/870, S. 4. 33 Hierzu oben,§ 8, bei Fn. 4ff., und Rittstieg, Technische Standards, S. 137. 34 Storm, Umweltrecht, S. 18. 3o
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§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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delt es sich bei demVerursacher-und Kooperationsgrundsatz noch weitestgehend um "offene" Prinzipien35 . Das legt Überlegungen zu einer weitergehenden einfachgesetzlichen Konkretisierung der Prinzipien des Umweltrechts nahe3s.
§ 10 Beurteilung der Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen Die Überprüfung der umweltrechtlichen Vorschriften anhand ihrer Funktionen bewegt sich zwar im (Ordnungs-)Rahmen der formalen Gliederung des Rechtsgebiets 1 . Anders als jene abstrakt-begriffliche Unterscheidung fragt sie hingegen nach rechtlichen Grundlinien und Regelungsstrukturen, die das Umweltrecht gesetzesübergreifend durchziehen. Anhand dieser "funktionsbestimmten" Rechts- bzw. Regelungsbegriffe2 sind die jeweiligen Bestimmungen der Gesetze zunächst vergleichend darzustellen (hierzu unter 1.). Alsdann kann der rechtliche Befund im Hinblick auf Konvergenzen und Divergenzen ausgewertet werden (hierzu unter 2.). Dabei ist zu überprüfen, ob Abweichungen im Verhältnis der Regelungen zueinander sachlich gerechtfertigt, insbesondere aus Gründen der Sachgesetzlichkeit geboten sind3. Ist dies nicht der Fall, so wird hierauf unter dem Gesichtspunkt einer Weiterentwicklung des Umweltrechts zurückzukommen sein (hierzu im vierten Teil der Untersuchung). Die grundlegende Ausrichtung und damit die allgemeine Funktion umweltrechtlicher Normen wird zunächst durch die Ziel- und Zweckbestimmungen der jeweiligen Gesetze festgelegt. Hierin liegt daher ein erster funktionaler Anknüpfungspunkt. Ein weiterer Maßstab dieser Art wird zu Recht in den sehenen Handlungsdimensionen gesehen4 •
ge~etzlich
vorge-
Zu unterscheiden sein könnten solche der Abwehr, Bewirtschaftung, Wiederherstellung und Gestaltung5. Die Kategorien sind indes zu allgemein und 35 Hierzu oben, § 2, bei Fn. 20ff.; dort auch zu den fließenden Grenzen zwischen rechtsnormativen und offenen (Rechts-)Prinzipien. 36 Hierzu unten,§ 12. 1 Siehe oben,§ 2, bei Fn. 7, § 4, bei Fn. 74ff. 2 Siehe hierzu oben, § 2, bei Fn. 22 ff. 3 Vgl. zu diesem Vorgehen nach Maßstäben der System- bzw. Funktionsgerechtigkeit oben, § 2, bei Fn. 32 ff. 4 Steiger, Geltungsebenen, S. 1, 11; bereits oben,§ 2, bei Fn. lOff., 26ff., 28. 5 Ebd., S. 1, 11; hierzu bereits oben,§ 4, bei Fn. 13ff.
7 Erbguth
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
zu vage gefaßt, als daß ihre gesetzliche Entsprechung sicher festgestellt werden könnte: Die Normen des Umweltrechts verwenden die Begriffe nicht, jedenfalls nicht durchgehend6 • Dem entspricht es, daß die rechtssatzförmigen Handlungsmittel den Kategorien nicht trennscharf zugeordnet werden können. Beispielsweise enthalten Planungsvorschriften sowohl Elemente der Gestaltung wie der Bewirtschaftung7 , aber auch solche der Wiederherstellung und Abwehrs. In Anbetracht dessen und unter Rückbesinnnung auf den- hermeneutischen- Prozeß der "wechselseitigen Erhellung", d.h. der Anknüpfung an einfachgesetzliche Ausprägungen 9, ist der funktionale Maßstab vielmehr anhand typischer - raumbedeutsamer - Handlungsformen des geltenden Umweltrechts zu bestimmen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Instrumente planerischer Gestaltunglo und der direkten Verhaltenssteuerung11 . Zu letzteren zählen Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Planfeststellungen u. a. m.l2. Da sie teilweise Vollzugsinstrumente der Planung darstellen, z. T. keine Planbindung aufweisen, können insoweit verhaltenssteuernde Mittel mit Planbindung und solche ohne Planbindung unterschieden werden. Das Umweltrecht prägen darüber hinaus zum einen solche Vorschriften, die das Instrumentarium des Umweltrechts vervollständigen, wie etwa Bestimmungen über Kostentragungspflichten oder Ordnungswidrigkeiten. Zum anderen sind in den Vergleich Regelungen einzubeziehen, deren Funktion darin besteht, der Konkretisierung gesetzlicher Vorgaben zu dienen, indem zum Erlaß von Rechtsverordnungen bzw. Verwaltungsvorschriften ermächtigt wird. Weitere funktional bestimmte Gesetzesinhalte sind demnach Vorschriften mit Komplementärfunktion und Vorschriften mit Konkretisierungsfunktion.
Zur wasserrechtlichen Bewirtschaftung unten,§ 14, bei Fn. 475ff. Hierzu unten,§ 14, bei Fn. 494ff. 8 Vgl. nur den Wortlaut des § 5 Abs. 1 BNatSchG. 9 Siehe oben, § 2, bei Fn. 25. 1o Vgl. hierzu bereits oben, Einleitung, bei Fn. ·a. 11 Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 106; die übrigen von ihm bezeichneten Handlungsdimensionen beziehen sich überwiegend nicht auf den Rechtskreis des raumbedeutsamen öffentlichen Umweltrechts. 12 Zur Einordnung der Planfeststellungstatbestände näher unten, bei Fn. 56f. 6
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§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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1. Analyse der Vorschriften nach Funktionen
Anhand der so bestimmten funktionalen Kategorien sind die Vorschriften des Umweltrechts zu durchmustern. Die rechtsvergleichende Zuordnung der Einzelnormen ist erforderlich, um Übereinstimmungen und Abweichungen in der rechtsnormativen Ausdifferenzierung des Umweltrechts aufdekken und diesen Befund - im nachfolgenden Kapitell 3 - einer Bewertung zuführen zu können. Die formale Gliederung des Vorschriftenvergleichs ist durch die begriffliche Ordnung der Umweltgesetze vorgegeben 14 und folgt deren Differenzierung15. Dies wird nachfolgend durch Verweise auf den vorangegangenen Teil der Untersuchung klargestellt. 1.1 Analyse des Umweltrechts nach Maßgabe der gesetzlichen Zielbestimmungen
Die gesetzlichen Ausprägungen der umweltrechtlichen Ziel- bzw. Zweckbestimmungen ergeben folgendes Bild:
1.1.1 Alleinige Umweltschutzzielbestimmungen im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrechtl6 Soweit die Gesetze allein auf Umweltschutz ausgerichtet sind, erfassen ihre Zielbestimmungen meist über die jeweilige ein- bzw. mehrmediale (Umwelt-)Bezugnahme hinaus weitere, gesetzlich zu verfolgende Zwecke. Nach§ 1 a WHG 17 sind Gewässer so zu bewirtschaften, daß sie dem Wohl der Allgemeinheit, im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und daß jede vermeidbare Beeinträchtigung unterbleibt18. Die in § 1 BNatSchG19 beschriebenen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind der Schutz, die Pflege und die Entwicklung von Natur und Landschaft im besiedelten und unbesiedelten Bereich, um die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, die Pflanzen- und Tierwelt, die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft nachhaltig zu sichern (Abs. l). Die Anforderungen sind untereinander und gegen die 13 Siehe unten, b ei Fn. 128ff. 14 Siehe oben, § 7. 15 Siehe oben,§ 4, bei Fn. 74ff. 16 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Fluglärmgesetz; Wasserhaushaltsgesetz. 17 Einmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 18 Eingehend zu der Vorschrift Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, s. 74ff. 19 Mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 7'
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen (Abs. 2). Die Grundsätze des § 2 WHG konkretisieren sodann die Ziele; § 1 Abs. 3 WHG betont die Bedeutung der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft und daß sie in der Regel den Zielen des Gesetzes diene. § 1 BimSchG zufolge bezweckt das Gesetz2° den Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen und anderen Sachen vor schädlichen Umwelteinwirkungen und im Hinblick auf genehmigungsbedürftige Anlagen auch vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden. Des weiteren soll dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorgebeugt werden.
Das Fluglärmgesetz21 dient dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm in der Umgebung von näher im Gesetz beschriebenen Flughäfen(§ 1 Satz 1 FluglärmG). Der Zweck des Abfallbeseitigungsgesetzes 22 ist seinem § 2 zu entnehmen. Danach sind Abfälle so zu beseitigen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Ausgeschlossen werden sollen insbesondere Gefährdungen der Gesundheit der Menschen, Beeinträchtigungen seines Wohlbefindens, Gefährdungen von Nutztieren, Vögeln, Wild und Fischen, schädliche Beeinflussungen von Gewässern, Boden und Nutzpflanzen, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm, eine Außerachtlassung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie Gefährdungen oder Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Des weiteren sind die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung zu beachten.
1.1.2 Nebengeordnete Umweltschutzzielbestimmungen im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht 23 Die Zielaussagen derjenigen Gesetze des Umweltrechts, die auf Umweltschutz neben anderen Zwecksetzungen ausgerichtet sind, erweisen sich als besonders weitgefächert. Das Atomgesetz 24 dient seinem § 1 zufolge vier Zwecken, die dem Wortlaut nach gleichgeordnet nebeneinander stehen. Nach Nr.l soll es die Erforschung, Entwicklung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken fördern. Des weiteren zielt es auf den Schutz des Lebens, der Gesundheit und von Sachgütern vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen sowie auf den Ausgleich durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen verursachter Schäden (Nr. 2). Sodann soll verhindert werden, daß durch Anwendung oder Freiwerden der Kernenergie die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland 20 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24; die nach Abschluß der Untersuchung eingetretenen Änderungen des BlmSchG und seiner Durchführungsverordnungen sowie der TA Luft betreffen nicht die hier und nachfolgend heranzuziehenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften, vgl. zu den jüngsten Änderungen Jarass, NVwZ 1986, 607; Feldhaus, UPR 1985, 385. 2 1 Mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24. 22 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 27. 23 Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz. 24 Als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit Umweltschutz als Primärziel, vgl. § 7, bei Fn. 36.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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gefährdet wird (Nr. 3). Letztlich ist die Erfüllung internationaler Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie und des Strahlenschutzes zu gewährleisten (Nr. 4). Nach § 1 BWaldG zielt das Gesetz2S auf dreierlei: Zunächst auf die Erhaltung, erforderlichenfalls Mehrung und nachhaltige Sicherung der Bewirtschaftung des Waldes wegen seiner Nutzfunktion (wirtschaftlicher Nutzen) und seiner Schutz- und Erholungsfunktion (Bedeutung für die Umwelt, vornehmlich für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, des Klimas, für den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung), Nr.l. Zudem ist die Forstwirtschaft zu fördern (Nr. 2) und ein Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen (Nr. 3). Aufgabe der Flurbereinigung 26 ist die Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landesentwicklung, § 1 FlurberG. Die Raumordnung hat nach § 1 ROG2 7 vier Zielsetzungen: - Die allgemeine räumliche Struktur des Bundesgebiets soll einer Entwicklung zugeführt werden, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient, und zwar unter Beachtung der natürlichen Gegebenheiten sowie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse. - Berücksichtigung des Ziels der Wiedervereinigung des gesamten Deutschlands und Förderung seiner Verwirklichung sowie Beachtung und Verbesserung des räumlichen Zusammenhangs der Gebiete. - Schaffung und Förderung der räumlichen Zusammenarbeit im europäischen Raum. - Einfügung der Ordnung der Einzelräume in die Ordnung des Gesamtraums unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Gegebenheiten und der Erfordernisse der Einzelräume bei der Ordnung des Gesamtraums. Das Bundesbaugesetz 28 kennt keine ausdrückliche gesetzliche Zielbestimmung. § 1 Abs.1 BBauG verweist vielmehr auf den weiteren Gesetzesinhalt, indem als Aufgabe der Bauleitplanung, die den Hauptregelungsgegenstand des Gesetzes bildet, die Vorbereitung und Leitung der baulichen und sonstigen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde "nach Maßgabe dieses Gesetzes" bestimmt wird. Nähere Anhaltspunkte lassen sich aus § 1 Abs. 6 BBauG herleiten. Hiernach sollen die Bauleitpläne eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung bewirken sowie zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt beitragen. Der Zweck des Städtebauförderungsgesetzes 29 läßt sich ebenfalls nur mittelbar aus seiner Eingangsvorschrift, nämlich aus der Definition der Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen entnehmen. Nach§ 1 Abs. 2 StBauFG richten sich Maßnahmen der 25 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit Umweltschutz als Primärziel, vgl. § 7, bei Fn. 37, 39. 26 Als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit Umweltschutz als neben- und gleichgeordnetem Ziel, vgl. § 7, bei Fn. 44f. 27 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit neben- und gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 41, 46, 49. 28 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit neben- und gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 42, 47. 29 VgL die vorstehende Fn.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Sanierung auf die Behebung städtebaulicher Mißstände, insbesondere durch Beseitigung baulicher Anlagen und Neubebauung oder durch Modernisierung von Gebäuden, aufgrundderer ein Gebiet wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Entwicklungsmaßnahmen, durch die entsprechend den Zielen der Raumordnung und Landesplanung neue Orte geschaffen oder vorhandene Orte zu neuen Siedlungseinheiten entwickelt oder vorhandene Orte um neue Ortsteile erweitert werden, haben sich auf die Strukturverbesserung in den Verdichtungsräumen, die Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten im Zuge von Entwicklungsachsen oder den Ausbau von Entwicklungsschwerpunkten außerhalb der Verdichtungsräume, insbesondere in den hinter der allgemeinen Entwicklung zurückgebliebenen Gebieten zu richten(§ 1 Abs. 3 StBauFG). Seinen gesetzlichen Zielsetzungen nach soll das Bundesberggesetzao das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen unter Berücksichtigung ihrer Starrdortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes ordnen und fördern, um die Rohstoffversorgung zu sichern (§ 1 BBergG). Des weiteren ist die Sicherheit der Betriebe und der Beschäftigten des Bergbaus zu gewährleisten(§ 1 Nr. 2 BBergG). Dritter Zweck ist die Vorsorge gegen Gefahren, die sich aus bergbaulicher Tätigkeit für Leben, Gesundheit und Sachgüter Dritter ergeben, und der Ausgleich unvermeidbarer Schäden (§ 1 Nr. 3 BBergG).
1.1.3 Keine materiellen gesetzlichen Zielbestimmungen im mittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht Die Rechtsquellen des lediglich mittelbar raumbedeutsamen Umweltrechts enthalten keine materiellen gesetzlichen Zielbestimmungen, weil es sich überwiegend um organisatorische Regelungen handelt. Ihre allgemeine Ausrichtung kann jedoch sonstigen Gesetzesinhalten entnommen werden. So ist das Umweltbundesamt aufgrund § 2 UBAG nach Maßgabe dieses Gesetzes und sonstiger Bundesgesetze für Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Umwelt zuständig, insbesondere im Hinblick auf Immissionsschutz, Abfallwirtschaft, Aufbau und Führung des lnfonnationsssystems zur Umweltplanung sowie einer zentralen Umweltdokumentation und für die Unterstützung bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit von Maßnahmen des Bundes. Nach§ 1 des Gesetzes über Umweltstatistiken sind für Zwecke der Umweltplanung Umweltstatistiken durchzuführen, die sich auf Daten für Umweltbelastungen und Umweltschutzmaßnahmen erstrecken. 1.2 Analyse des Umweltrechts nach Maßgabe des Instrumentariums
An Instrumenten der Umweltgesetze lassen sich Mittel der Planung und solche der direkten Verhaltenssteuerung unterscheiden31.
30 Als mehrmedial/umweltbea nspruchendes Umweltrecht mit neben- und gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 43, 48. 31 Siehe oben, Fn. 10f.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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1.2.1 Das planende Instrumentarium im Umweltrecht 1.2.1.1 Planungsinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel32
Planerische Instrumente des unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrechts mit alleinigem Umweltschutzziel sind im Wasserhaushaltsgesetz, im Bundesnaturschutzgesetz, im Bundes-Immissionsschutzgesetz und im Abiallbeseitigungsgesetz vorgesehen. An planerischen Mitteln sollen im WasserhaushaltsrechtJ3 nach§ 36 WHG34 wasserwirtschaftliche Rahmenpläne für Flußgebiete oder Wirtschaftsräume oder für Teile von solchen durch die Länder aufgestellt werden, um die für die Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse notwendigen wasserwirtschaftliehen Voraussetzungen zu sichern (Abs. 1, 3). Dabei sind der nutzbare Wasserschatz, die Erfordernisse des Hochwasserschutzes und die Reinhaltung der Gewässer zu berücksichtigen; die wasserwirtschaftliche Rahmenplanung und Erfordernisse der Raumordnung sind miteinander in Einklang zu bringen (Abs. 2). Des weiteren stellen die Länder Bewirtschaftungspläne für oberirdische Gewässer oder Gewässerteile35 auf, soweit die Ordnung des Wasserhaushalts dies erfordert (i. e. § 36b WHG). Die Pläne müssen den Nutzungserfordernissen Rechnung tragen und die Ziele der Raumordnung und Landesplanung beachten(§ 36b Abs. 1 WHG). Ihre Feststellungen erfassen die bestimmungsgemäße Nutzung und die Merkmale, die das Gewässer in seinem Verlauf aufweisen soll, Maßnahmen zur Erreichung dieser Merkmale und sonstige wasserwirtschaftliche Maßnahmen (Abs. 3). Aufgrund § 18a Abs. 3 WHG erstellen die Länder nach überörtlichen Gesichtspunkten Abwasserbeseitigungspläne, in denen insbesondere die Standorte für bedeutsame Anlagen zur Beseitigung von Abwasser, Grundzüge für die Abwasserbehandlung sowie die Träger der Maßnahmen festzulegen sind. Daneben zählen zu den Plänen des Wasserrechts sachlich beschränkte wasserwirtschaftliche Sonderpläne, beispielsweise Generalpläne für die Wasserversorgung eines Wirtschaftsraums oder Wärmelastpläne für bestimmte Flußgebiete, nicht aber Reinhalteverordnungen nach § 27 WHG, weil es sich um Vollzugsmittel der Bewirtschaftungspläne handelt(§ 36b Abs. 5 WHG)36.
Schutzgebietsausweisungen, hier etwa die Ausweisung von Wasserschutzgebieten (u. a .) gemäß §§ 19, 32 WHG haben nach Auffassung der Rechtsprechung keine planetisehe Funktion, soweit sie statischen, nicht zukunftsgerichteten Charakter tragen37 . 32 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Fluglärmgesetz; Wasserhaushaltsgesetz. 33 Eingehend zum wasserwirtschaftliehen Planungsinstrumentarium Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 101 ff. 34 Als einmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 3s Näher beschrieben in § 36 Abs. 2 WHG. 36 Hierzu umfassend Henseler, Abwasserbeseitigung; Breuer, Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz, Rdn. 54. 37 Lediglich Ermessen im Hinblick auf die Frage, ob der an sich gebotene Schutz die Festsetzung gerade eines Wasserschutzgebietes erfordert, BVerwG, Beschluß v.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Die Landschaftsplanung nach §§ 5 ff. BNatSchG38 unterfällt in die Aufstellung von - Landschaftsprogrammen - Landschaftsrahmenplänen und - Landschaftsplänen. Für das gesamte Landesgebiet stellen die Länder Landschaftsprogramme auf, die die überörtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege unter Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung einschließlich Artenschutzprogramme zum Inhalt haben. Für Teile des Landes ergehen entsprechende Landschaftsrahmenpläne (§ 5 Abs. 1 BNatSchG). Die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen dieser Planungen sollen nach Maßgabe landesplanerischer Abwägung in Programme und Pläne i. S. d. § 5 Abs.1 Satz 1 und 2 und Abs. 3 ROG aufgenommen werden(§ 5 Abs. 2 BNatSchG).
Landschaftspläne werden von den durch die Länder bestimmten Behörden und öffentlichen Stellen aufgestellt (§ 6 Abs.1, 4 BNatSchG). Die Pläne enthalten die örtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Text, Karte und mit zusätzlicher Begründung, soweit dies aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist(§ 6 Abs. l, 2 BNatSchG). Die Länder regeln des weiteren das Verfahren und die Verbindlichkeit der Landschaftspläne, gerade auch im Hinblick auf die Bauleitplanung; eine Aufnahme von Darstellungen des Landschaftsplanes als Darstellungen oder Festsetzungen in die Bauleitpläne kann vorgesehen werden(§ 6 Abs. 4 BNatSchG)39. Darüber hinaus kann der landschaftspflegerische BegZeitplan als Vorgang materieller Landschaftsplanung angesehen werden, weil er nach seiner Zielsetzung unvermeidbare Eingriffe durch - planerische- Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ausgleichen soll4o. Die Vorschriften des Fünften Teils BimSchG 41 betreffend die "Überwachung der Luftverunreinigung im Bundesgebiet und Luftreinhaltepläne" erfassen Gebiete, die nicht unerhebliche Luftverunreinigungen aufweisen. Nach§ 44 werden Belastungsgebiete durch Rechtsverordnung der Landesregierungen festgesetzt. Es handelt sich um Räume, in denen bereits aufgetretene bzw. zu erwartende Luftverunreinigungen wegen ihrer Häufigkeit, Dauer, Konzentration oder ihres synergistischen Zusammenwirkens in besonderem Maße schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können (§ 44 Abs. 2 BlmSchG). Die diesbezüglichen Feststellungen erfolgen im Wege von 23. 1. 1984 - 4 B 157 und 158.83 -, DÖV 1984, 466, 467; weiter differenzierend zu dieser Frage Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 32ff. m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur. Ja Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 23 . 39 l.e. Mrass, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 5ff.; dort auch zu vielfältigen Verbindungen zwischen Landschaftsplanung und landschaftspflegerischer Begleitplanung, a.a .O., S. 7f. Vgl. auch § 7 BNatSchG zur ländergrenzenüberschreitenden Zusammenarbeit; die bezeichneten Programme und Pläne der Landschaftsplanung dienen der Befriedigung des Naturschutzbedürfnisses, das weit über den Nutzungsanspruch Erholung hinausgeht, vgl. Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 459 f. 40 § 8 Abs. 2, 4 BNatSchG; vgl. Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 459 f.; dort auch der weitere Hinweis auf die nach Länderrecht vielfach vorgesehenen Grünordnungspläne; Mrass, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 7 f. 41 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26.
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Messungen, deren näheres Procedere der Bundesminister des lnnern mit Zustimmung des Bundesrats durch Verwaltungsvorschriften regelt (§ 45 BlmSchG). Für Belastungsgebiete sind Immissionskataster nach Maßgabe des § 46 BlmSchG aufzustellen. Ergeben die Auswertungen der Immissionsdaten, daß im gesamten Belastungsgebiet oder in Teilen desselben schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen auftreten oder zu erwarten sind, sollen die nach Landesrecht zuständigen Behörden für das Gebiet einen Luftreinhalteplan aufstellen(§ 47 Satz 2 BlmSchG). Er enthält neben der Beschreibung der Luftverunreinigungen und der schädlichen Umwelteinwirkungen Feststellungen über die Ursachen der Luftverunreinigungen und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung wie zur Vorsorge. Die nach §§ 1 ff. FluglärmG42 festzusetzenden Lärmschutzbereiche stellen aus den genannten Gründen ebensowenig planerische Akte dar wie die wasserwirtschaftliche Ausweisung von Wasserschutzgebieten43. § 6 AbfGH sieht vor, daß die Länder überörtliche Pläne zur Abfallbeseitigung aufstellen, in denen geeignete Standorte für Abfallbeseitigungsanlagen ausgewiesen werden(§ 6 Abs.1 Satz 1, 2 AbfG)45. Im Vorfeld der Abfallbeseitigungsplanung sind bestehende und im Sinne des § 2 Abs. 2 AbfG geeignete Anlagen in einen vorläufigen Plan aufzunehmen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AbfG).
1.2.1.2 Planungsinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel46 Im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel enthalten das Bundeswaldgesetz, das Raumordnungsgesetz und das Bundesbaugesetz Vorschriften über planerisches Handeln. Das Atomgesetz47 sieht keine räumliche Planung für Kernenergieanlagen vor. §§6ft. BWaldG4B regeln die forstliche Rahmenplanung. Nach § 7 stellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden entsprechende Pläne für einzelne Waldgebiete oder das Landesgebiet oder für Teile desselben auf, um die für die Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse notwendigen forstlichen Voraussetzungen zu sichern. Dabei sind in § 6 Abs.l und 3 BWaldG niedergelegte Aufgaben und Grundsätze zu berücksichtigen und die Ziele der Raumordnung und Landesplanung zu beachten(§ 6 Abs. 2 BWaldG). Die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen der Rahmenpläne werden nach Maßgabe landesplanerischer Abwägung in Pro42 26. 43 44 45
Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24,
Siehe oben, bei Fn. 37. Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27. Vgl. Satz 3 zur ländergrenzenüberschreitenden Abstimmung. 46 Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz. 47 Als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 36, 38. 48 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 37, 39.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
gramme und Pläne gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 und Abs. 3 ROG aufgenommen (§ 7 Abs. 3 BWaldG). Die Ergebnisse des Flurbereinigungsverfahrens49 werden von der Flurbereinigungsbehörde im Flurbereinigungsplan zusammengefaßt, in den der Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan aufzunehmen ist50 . Das Raumordnungsgesetz 51 sieht vor, daß die Länder für das Landesgebiet übergeordnete Programme und Pläne aufstellen, die zumindest diejenigen Ziele enthalten müssen, die räumlich und sachlich zur Verwirklichung der Grundsätze des§ 2 ROG erforderlich sind(§ 5 Abs.1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 ROG); zu letzteren zählt auch der auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ausgerichtete§ 2 Abs.1 Nr. 7 ROG. Die Aufstellung räumlicher und sachlicher Teilprogramme und -pläne ist zugelassen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 ROG). Für Teilräume des Landes werden Regionalpläne aufgestellt, sofem dies geboten ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ROG). Sie konkretisieren die großräumigen Zielvorgaben unter Berücksichtigung kleinräumiger Gegebenheiten. Die zielförmigen Inhalte der Raumordnungspläne binden sämtliche raumbedeutsam handelnden öffentlichen Stellen, §§ 5 Abs. 4 i. V. m. 4 Abs. 5 ROG. Das Bundesbaugesetz 52 regelt die Bauleitplanung in Form des - vorbereitenden Flächennutzungsplans und des- verbindlichen- Bebauungsplans (§ 1 Abs. 2 BBauG). Pläne dieser Art sind aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist(§ 1 Abs. 3 BBauG), und den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BBauG). Umweltschützende Vorgaben für die Inhalte der Bauleitpläne leiten sich aus§§ 5, 9 und§ 1 Abs. 6 BBauG her; so können nach § 9 Abs.1 Nr. 24 Vorkehrungen aus Gründen des Immissionsschutzes Aufnahme in die Planung finden. Fakultativ ist neben diesen Plänen eine städtebauliche Entwicklungsplanung vorgesehen, § 1 Abs. 5 BBauG. Das Städtebauförderungsgesetz verweist in § 10 auf die Bebauungsplanung nach dem BBauGsa. Eine eigenständige Planung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Die Festlegung von Sanierungsgebieten und die Erklärung zum städtebaulichen Entwicklungsbereich stellen keine gestalterischen Maßnahmen dar, sondem umgrenzen lediglich den Raum für künftig zu treffende Einzelmaßnahmen. Das Bundesberggesetz 54 kennt keine Planung öffentlich-rechtlicher Art. Bei der Betriebsplanung nach§§ 50ff. BBergG handelt es sich lediglich um die private Vorbereitung bergbaulicher Tätigkeiten, die der behördlichen Zulassung nach § 55 BBergG bedarf55.
49 Nach dem Flurbereinigungsgesetz als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 44. 50 § 58 Abs. 1 FlurberG; näheres bei Lillotte, in: Emst I Hoppe, Rdn. 614ff. 51 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 41, 46. 52 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 42, 47. 53 Zu diesbzgl. Änderungen des Rechts Schneider, der landkreis 1985, 9, 11. 54 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 43, 48. 55 Näheres hierzu Hoppe, UPR 1983, 105, 106ff.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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1.2.1.3 Keine Planungsinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug Als Organisations- und Verfahrensregelungen enthalten weder das Umweltbundesamtsgesetz noch das Umweltstatistikengesetz planerische Instrumente.
1.2.2 Die vorhabenbezogenen Mittel direkter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht (Einzelinstrumente bzw. -entscheidungen) Als Mittel direkter Verhaltenssteuerung werden solche gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen begriffen, die anders als das planerische Instrumentarium darauf ausgerichtet sind, der umweltschützenden Intention der Gesetze vorhaben- bzw. fallbezogen zur Verwirklichung zu verhelfen. Aus Gründen sprachlicher Vereinfachung werden sie nachfolgend als Einzelinstrumente (bzw. Einzelentscheidungen) bezeichnet. Dem sind auch Planfeststellungstatbestände zuzurechnen, obwohl den hierfür zuständigen Stellen nach ganz überwiegender Auffasssungss bei ihrer Entscheidungsfindung ein planerischer Gestaltungsspielraum zusteht. Der Unterschied zur Planung im eigentlichen Sinne liegt darin, daß der Planfeststellungsbeschluß über die Durchführung des Vorhabens entscheidet, was ansonsten der - gesonderten - Ebene des Planvollzugs vorbehalten ist, m .a. W.: Die "Feinsteuerung" des Vorhabens erfolgt unmittelbar durch die Planfeststellung selbst57. 1.2.2.1 Einzelinstrumente mit Planbindung An Einzelinstrumenten des Umweltrechts sind solche mit und ohne Planbindung zu unterscheidenss.
a) Plangebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 59 Einzelinstrumente, die plangebunden sind, ergeben sich im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel aus dem Siehe oben, Fn. 12, und unten, § l4, bei Fn. 131. Gierke, DVBl. 1984, 149, 153; anders im Ergebnis die h.M., vgl. die Nachweise bei Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 36 Fn. 4. 58 Siehe oben, nach Fn. 10. 59 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Wasserhaushaltsgesetz, Fluglärmgesetz. 56
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Wasserhaushaltsgesetz, dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Abfallbeseitigungsgesetz. Die wasserrechtlichen Bewirtschaftungspläne sind nach § 36 b Abs. 5 WHG60 vor allem durch -
zusätzliche Anforderungen, § 5 WHG Widerruf von Erlaubnissen, § 7 Abs. 1 WHG Beschränkung oder Rücknahme von Bewilligungen, § 12 WHG Beschränkung oder Aufhebung von alten Rechten und alten Befugnissen, § 15 WHG - Ausgleichsverfahren,§ 18 WHG - Erlaß von Reinhalteordnungen, § 27 WHG - oder sonstige im Bewirtschaftungsplan festgelegte Maßnahmen durchzusetzen. Das Bundesnaturschutzgesetz61 kennt keine speziellen Mittel der Durch- bzw. Umsetzung von Inhalten der Landschaftsplanung, u. a . wegen ihrer Einbindung in die Programme bzw. Pläne der örtlichen und überörtlichen Gesamtplanung. Im Immissionsschutzrecht6 2 hat der Maßnahmenteil der Luftreinhaltepläne vollzugsinstrumentellen Charakter. Des weiteren zählen zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die einer Genehmigungserteilung nach § 6 Nr. 2 BimSchG nicht entgegenstehen dürfen, auch die feststellenden Inhalte von Luftreinhalteplänen. Das Fluglärmgesetz 63 verfügt mangels einer Planungsebene über keine planakzessorischen Instrumente. Dem Zusammenhang zwischen § 6 AbfG 64, der die Pläne zur Ausweisung von Standorten für Abfallbeseitigungsanlagen (Abfallbeseitigungspläne) regelt, und § 7 AbfG, der die Zulassung von Abfallbeseitigungsanlagen betrifft, ist zu entnehmen, daß die nach letzterer Vorschrift erforderliche Planfeststellung (Abs.1) oder Genehmigung (Abs. 2) zu versagen ist, wenn die Anlage einem Abfallbeseitigungsplan widerspricht.
b) Plangebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziezss Planakzessorische Einzelinstrumente des unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrechts mit nebengeordnetem Umweltschutzziel finden sich im Flurbereinigungsgesetz, im Raumordnungsgesetz und im Bundesbaugesetz.
6o Als einmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 61 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 23, 26. 62 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 63 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 64 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27. 65 Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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Das Atomgesetz66 enthält mangels einer eigenen Planungsebene keine plangebundenen Einzelinstrumentarien. Die forstliche Rahmenplanung nach§§ 6f. BWaldG 67 wird nicht durch gesonderte Mittel der Umsetzung komplettiert. Im Hinblick auf die Einbindung in die Raumordnung/Landesplanung gilt entsprechendes wie zur - überörtlichen - Landschaftsplanung68. So wirken forstliche Pläne lediglich über das raumordnerische Instrumentarium - und auch nur teilweise - auf forstliche Erlaubnistatbestände ein: Aufgrund § 10 Abs.1 BWaldG darf die Genehmigung zur Erstaufforstung von Flächen nur versagt werden, wenn Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung der Aufforstung entgegenstehen und ihnen nicht durch Auflagen entsprochen werden kann. In Bindung an den Flurbereinigungsplan69 ergehen Ausführungsanordnungen, Überleitungsbestimmungen und - vorläufige- Besitzeinweisungen, §§ 62ff. FlurberG. Nach§ 7 ROG 70 können beabsichtigte Planungen und Maßnahmen solcher Stellen, die der Zielbindung nach §§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 5 ROG unterliegen, für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren untersagt werden, sofern zu befürchten ist, daß andernfalls die Durchführung der in der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung befindlichen Ziele der Raumordnung und Landesplanung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Das Untersagungsverfahren knüpft damit nicht an bereits verbindlich aufgestellte Raumordnungspläne an, wohl aber an eine bereits eingeleitete Zielformulierung, und dient der Verhinderung zwischenzeitlicher, gegenläufiger räumlicher Entwicklungen. Es kann daher dem plangebundenen Einzelinstrumentarium im weiteren Sinne zugeordnet werden. Das Bundesbaugesetz 71 verfügt über eine Vielzahl planakzessorischer Mittel zur Sicherung und Durchsetzung der Bauleitplanung. So sieht das Gesetz die Teilungsgenehmigung nach § 19 Abs.1 Nr.l BBauG, Vorkaufsrechte nach §§ 24 Abs. l Nr.l, 25, 27 BBauG, das Bau- und Pflanzgebot des§ 39b BBauG, das Nutzungsgebot des§ 39c BBauG, das Abbruchgebot des § 39d BBauG72 - jeweils nach Maßgabe des § 39i BBauG -,im Rahmen der Bodenordnung die Umlegung, §§ 45ff. BBauG, die Grenzregelung, §§SOff. BBauG sowie die Enteignung nach§§ 85 Abs.1 Nr.l , 86ff. BBauG vor. Einzelinstrumente im weiteren Sinnen sind die Sicherungsmittel der Veränderungssperre und der Zurückstellung von Baugesuchen (§§ 14ff. BauG). Das baurechtlich bedeutsame planvollziehende Instrumentarium, nämlich die Baugenehmigung, folgt aus§§ 30ff. BBauG (Bebauungsplan bzw. gesetzliche Planersatz66 Als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 31, 36. 67 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 33, 39. 6B Siehe oben, nach Fn. 38. 69 In Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 44f. 70 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 41, 49. 71 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 42, 47. 72 Erhaltungsgebote nach § 39 h BBauG werden durch Bebauungsplan oder besondere Satzung festgesetzt. 73 Siehe vorstehend zum ROG.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
vorschriftender §§ 34 und 35 BBauG) in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der Länder, etwa 70 BauO NW, die darüber hinaus Teilgenehmigungsformen (o. ä.) vorsehen74. Die besonderen bodenrechtliehen Vorschriften im Dritten Abschnitt des Städtebauförderungsgesetzes (Genehmigungspflicht von Vorhaben und Rechtsvorgängen, Bodenordnung, § 16, Vorkaufsrecht, § 17, gemeindliches Grunderwerbsrecht, § 18, Enteignung, § 22) setzen ein förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet i. S. d. §§ 3 - 7 StBauFG voraus. Hierzu zählt nicht die Aufstellung von Bebauungsplänen nach§ 10 StBauFG75. Die genannten bodenrechtliehen Vorschriften stellen damit kein plangebundenes Einzelinstrumentarium dar. Entsprechendes gilt für ihre Anwendung in städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach § 57 Abs.l Nr. 3, 4 und 5 StBauFG. Das Bundesberggesetz76 verfügt mangels einer gesetzlich geregelten Planungsebene über keine plangebundenen Mittel zur Steuerung des bergbauliehen Geschehens.
c) Keine plangebundenen Einzelinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug Das Umweltrecht mittelbar raumbedeutsamer Art enthält keine Vorüber planakzessorische Einzelinstrumente.
schrift~m
1.2.2.2 Einzelinstrumente ohne Planbindung
a) Planungebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel7 7 Sämtliche unmittelbar raumbedeutsamen Umweltgesetze mit alleinigem Umweltschutzziel enthalten Bestimmungen über Einzelinstrumente ohne Planbindung. Rechtlich nicht plangebundene Kontrollmittel des Wasserhaushaltsgesetzes78 sind Erlaubnisse (§ 7 WHG) und Bewilligungen (§ 8 WHG)79, obgleich in der Praxis der zentrale Versagungsgrund, nämlich die zu erwartende Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit (§ 6 Abs.1 WHG), vielfach nur anband einschlägiger wasserrechtlicher Planungen beurteilbar sein dürfte; des weiteren zählt hierzu neben nachträglichen Entscheidungen(§ 10 WHG) und Beschränkungen bzw. Rücknahmemöglichkeiten der Bewilligung (§ 12 WHG) die Festsetzung von Wasserschutzgebieten nach 74 "Hierzu näher unten, bei Fn. 192ff., § 15, bei Fn. 408ff.; zur Weiterentwicklung des Baugenehmigungsrechts Stich, DVBL 1984, 905. 75 Zu diesbzgl. Änderungen des Rechts Schneider, der landkreis, 1985, 9, 11. 76 Als mehrmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 42, 47. 77 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Wasserhaushaltsgesetz; Fluglärmgesetz. 78 Als einmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 79 Die rechtlichen Unterschiede sind durch die Ausführungsregelungen der Länder weitgehend verwischt, siehe oben, § 5, bei Fn. 13; zur hessischen Rechtslage Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 287.
§ 10
Umweltno~en
unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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§ 19 WHG, in denen bestimmte Handlungen verboten oder nur für beschränkt zulässig erklärt werden und Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken zur Duldung von Maßnahmen verpflichtet werden können(§ 19 Abs. 2 WHG). Entsprechendes gilt für die Planfeststellung nach§ 31 WHG, die Genehmigung von Rohrleitungsanlagen zum Befördern wassergefährdender Stoffe(§§ 19a ff. WHG), Eignungsfeststellungen von Fachbetrieben (§ 191 WHG), Überwachungsmaßnahmen (§ 21 WHG) sowie besondere Pflichten zur Unterhaltung von Gewässern gemäߧ 30 WHG. Im Naturschutz- und Landschaftspflegerecht80 ist eine nicht vermeidbare oder nicht im erforderlichen Maße ausgleichbare Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die jeweils zuständige Fachbehörde zu untersagen, sofern die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft vorgehen,§ 8 Abs. 3 BNatSchG. Des weiteren können die Länder bestimmen, daß Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundflächen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflegeaufgrund oder im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes zu dulden haben, soweit dadurch die Nutzung der Grundfläche nicht unzumutbar beeinträchtigt wird(§ 10 BNatSchG)8I. Im übrigen dürften auch hier Schutzgebietsausweisungen (u. ä.) -zumindest nochden Einzelinstrumenten zuzurechnen sein, also diejenigen der §§ 12- 18 BNatSchG (Naturschutzgebiet, Nationalpark, Landschaftsschutzgebiet, Naturpark, Naturdenkmal, geschützter Landschaftsbestandteil). Gegenteiliges - nämlich eine Qualifizierung als planerische(s) Mittel- wird jedoch für den Fall Geltung beanspruchen, wenn der Forderung Rechnung getragen wird, in Schutzgebieten nicht nur die Erholung zu sichern, sonderen "planmäßig die naturschutz- und ökologischen Ausgleichsfunktionen besser als bisher durch Flächenschutz zu ermöglichen und durch landschaftspflegerische Maßnahmen weiter zu entwickeln"82. Nach § 24 BNatSchG bedarf die Errichtung, Erweiterung und der Betrieb von Tiergehegen der Genehmigung. Immissionsschutzrechtlich83 planungebunden sind die Genehmigungen nach § 6 Nr. 2 BlmSchG sowie Teilgenehmigungen (§ 8 BlmSchG) und Vorbescheide (§ 9 BlmSchG)84, sofern Luftreinhaltepläne nicht bestehen bzw. das Vorhaben nicht in einem Belastungsgebiet angesiedelt werden soll. Weitere Kontrollmittel sind nachträgliche Anordnungen nach § 17 BlmSchG, Untersagungs-, Stillegungs- und Beseitigungsverfügungen (§ 20 BlmSchG), der Widerruf von Genehmigungen, § 21 BlmSchG, bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen Anordnungen im Einzelfall nach§ 24 BlmSchG, Untersagungen (§ 25 BlmSchG), des weiteren allgemein Messungen i.S.d. § 26 BlmSchG (vgl. auch §§ 28,29 BlmSchG) und Auskunftsbegehr en gegenüber Anlagenbetreibern hinsichtlich ermittelter Emissionen und Immissionen, § 31 BlmSchG. Kontrollbefugnisse instrumenteller Art finden sich im Fluglärmgesetz85 lediglich als (Bau-)Verbote und sonstige Beschränkungen(§§ 5ff. FluglärmG). 80 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 23, 26. 81 Zur diesbzgl. Rechtslage in Hessen Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 283 f.; auch besteht unter bestimmten Umständen die Möglichkeit der Auferlegung einer Pflegepflicht für Eigentümer und Nutzungsberechtigte im besiedelten Bereich, § 11 BNatSchG. 82 Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 461. 83 Mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 84 Zur Präklusionswirkung insoweit§ 11 BlmSchG und unten,§ 14, bei Fn. 466ff. 85 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Nicht planakzessorische Einzelinstrumente der Kontrolle ergeben sich im Abfallbeseitigungsrecht86 im Zusammenhang mit der Beseitigungspflicht - als Zustimmungserfordernis der Behörden zum Ausschluß von Abfällen von der Beseitigung, § 3 Abs. 3 AbfG. - im Wege der Übertragung der Abfallbeseitigung auf andere als die nach§ 3 Abs. 3 AbfG genannten Beseitigungspflichtigen, § 3 Abs. 6 AbfG. - bei der behördlichen Bestimmung der besonderen Pflichtigkeiten von Verfügungsberechtigten eines zur Mineralgewinnung genutzten Grundstücks, § 3 Abs. 7 AbfG. Weitere Mittel sind die Anordnung von Befristungen, Bedingungen und Auflagen sowie Betriebsuntersagungen bei bestehenden Abfallbeseitigungsanlagen nach Maßgabe des § 9 AbfG, Überwachungsmaßnahmen nach § 11 (auch i. V.m. § 15) AbfG, Genehmigungsvorbehalte für das Einsammeln und Befördern von Abfällen gewerbsmäßiger Art oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen (§ 12 AbfG) und für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Abfällen.
b) Planungebundene Einzelinstrumente im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel 5 7 Die Gesetze des unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrechts mit nebengeordnetem Umweltschutzziel enthalten Vorschriften über planungebundene Einzelinstrumente. Eine Ausnahme bildet insofern lediglich das Raumordnungsgesetz. Das Atomgesetz88 kennt folgende Einzelinstrumente: - den zentralen Genehmigungstatbestand des § 7 AtG betreffend die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung oder wesentliche Änderung einer ortsfesten Anlage zur Erzeugung, Be- bzw. Verarbeitung oder Spaltung von Kernbrennstoffen sowie diesbzgl. Teilgenehmigungen und Vorbescheide89, - die Genehmigung für entsprechende Tätigkeiten außerhalb von Anlagen im Sinne des § 7 AtG (§ 9 AtG), - das Planfeststellungsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb oder bei wesentlichen Änderungen von Landessammelstellen für die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen durch die Länder und für deren Endlagerung durch den Bund, § 9b, 9a Abs. 3 AtG jeweils i.V.m. § 17 AtG, der Möglichkeiten inhaltlicher Beschränkungen, des Auflagenerlasses, des Widerrufs etc. vorsieht, - schließlich die umfassende staatliche Aufsicht nach§ 19 AtG. Nach§ 9 BWaldG 90 bedarf die Rodung und Änderung der Nutzungsart des Waldes der Genehmigung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde. Entsprechendes gilt für die Erstaufforstung von Flächen(§ 10 BWaldG). Des weiteren sieht das Gesetz Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27. Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz. 88 Als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 36, 38. 89 Vgl. § 7 Abs. 4 i. V. m . § 8 BimSchG, § 7 a AtG; zur Präklusion des § 7 b AtG näher unten,§ 14, bei Fn. 466f., 396. 90 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 33, 37. 86 87
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Schutzgebietsausweisungen vor, und zwar als Schutzwald (§ 12 BWaldG) und als Erholungswald (§ 13 BWaldG). Letztlich kann die zuständige Behörde die zur Durchführung iihres gesetzlichen Auftrags erforderlichen Auskünfte von natürlichen und juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Vereinigungen verlangen, § 42 BWaldG. Einzelbefugnisse der Flurbereinigungsbehörde 91 im Sinne der hier fraglichen Mittel sind etwa die Anordnung der Flurbereinigung, § 4 FlurberG, und die nachfolgende Bestimmung des Flurbereinigungsgebietes, insbesondere aber die Planfeststellung nach§ 41 FlurberG: Der Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen (Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan) stellt die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf sämtliche von ihm berührte öffentliche Belange fest. Sonstige behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen sind nicht erforderlich. Vielmehr werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt(§ 41 Abs. 5 Satz 1, 2 FlurberG). Eines zusätzlichen- plangebundenen- Einzelinstrumentariums bedarf es folglich nicht92 . Planungebundene Kontrollbefugnisse (o.ä .) sind im Raumordnungsgesetz93 schon wegen der fehlenden Vollzugsfunktion des Gesetzes nicht vorgesehen. Planungebundene Instrumente des Bundesbaugesetzes 94 sind etwa § 24 Abs.1 Nr. 3 (Vorkaufsrecht bei Grundstücken, die in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen sind), § 85 Abs.1 Nr. 3 ff. (Enteignung zur Ersatzlandbeschaffung, zur Ersetzung entzogener Rechte durch neue und zur Gebäudeerhaltung), § 125 Abs. 2 (Erschließung mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde) und § 39e BBauG (Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote). Die bodenrechtliehen Bestimmungen der§§ 15ff. StBauFG sind nicht plangebunden95. Entsprechendes gilt für das Bundesberggesetz96 , so insbesondere für die Vorschriften der§§ 7 (Erlaubnis), 8 (Bewilligung), 9 (Bergwerkseigentum), 55 (Zulassung), 69f. (allgemeine Aufsicht), 71 (allgemeine Anordnungsbefugnis), 72ff. (Verhinderung unerlaubter Tätigkeit, Sicherstellung u.a.m.) BBergG.
c) Keine planungebundenen Einzelinstrumente im Umweltrecht mit mittelbarem Raumbezug
Dem Umweltbundesamt werden durch das Errichtungsgesetz keine Mittel der Verhaltenssteuerung, sondern Forschungs-, Vorbereitungs- und Bera91 Nach dem Flurbereinigungsgesetz als einmedial/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 44. 92 Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 609f. 93 Als mehrmedial/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 46, 49. 94 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 42, 47. 95 Siehe oben, bei Fn. 75. 96 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 43, 48. 8 Erbguth
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tungsfunktionen, vornehmlich zugunsten des Bundesministers des Innern, zugewiesen. Aus dem Gesetz über Umweltstatistiken ergeben sich ebenfalls keine umweltschützenden Kontrollbefugnisse; die vorgeschriebenen Erhebungen dienen der Entscheidungsvorbereitung zu Zwecken der nach anderweitigen rechtlichen Bestimmungen durchzuführenden Umweltplanungen.
1.2.3 Vorschriften mit Komplementär- und Konkretisierungsfunktion Neben den auf die Planung und das Einzelinstrumentarium bezogenen Regelungen des Umweltrechts sind an weiteren gesetzlichen Vorgaben Vorschriften - mit Komplementärfunktion und solche - mit rechtsnormativer Konkretisierungsfunktion zu unterscheiden97. 1.2.3.1 Vorschriften mit Komplementärfunktion
a) Komplementärvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 98 Mit Ausnahme des Fluglärmrechts kennen sämtliche Gesetze des unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrechts mit alleinigem Umweltschutzziel komplettierende Vorschriften. Deren Art und Inhalt ist variantenreich ausgeformt; erfaßt werden u. a. Duldungsvorschriften, Kostentragungslasten, die Bestellung von Betriebsbeauftragten etc. Das Wasserhaushaltsgesetz99 sieht die Bestellung von Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz, §§ 21aff. WHG, Vorschriften über die Unterhaltung und die Unterhaltungslast für Gewässer(§§ 28ff. WHG) sowie Bestimmungen über Ordnungswidrigkeiten,§ 41WHG, vor. Das Bundesnaturschutzgesetz 100 regelt in§ 7 zunächst das Zusammenwirken der Länder im Rahmen der Landschaftsplanung, um die Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege i.S.d. §§ lf. BNatSchG in benachbarten Bundesländern und im Bundesgebiet in seiner Gesamtheit nicht zu erschweren. Zum Instrumentarium mit Komplementärfunktion können des weiteren die Vorschriften des Sechsten Abschnitts betreffend das Betreten der Flur,§ 27 BNatSchG, und die Bereitstellung von Grundstücken, die im Eigentum oder Besitz staatlicher, kommunaler und sonstiger Gebietskörperschaften stehen, § 28 BNatSchG, Siehe oben, nach Fn. 12. Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Fluglärmgesetz; Wasserhaushaltsgesetz. 99 Als einmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. 100 Als einmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 97
98
23, 26.
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gezählt werden, im übrigen auch § 29 BNatSchG, der die Mitwirkung anerkannter Verbände im Verwaltungsverfahren betrifft. Letztlich enthält das Bundesnaturschutzgesetz ebenfalls Bestimmungen über Ordnungswidrigkeiten, § 3 i. V. m. § 23 Abs.1, 3 Satz 4 BNatSchG. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz 101 bestimmt in§ 30 die Kostentragungspflicht der Anlagenbetreiber für die Ermittlung der Emissionen und Immissionen. Das Gesetz sieht zudem vor, daß ein jeweils ausgewählter Kreis von Vertretern der Wissenschaft, der Betroffenen, der beteiligten Wirtschaft, des beteiligten Verkehrswesens und der für Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden zu hören ist, sofern Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften die Anhörung der beteiligten Kreise vorschreiben(§ 51 BimSchG). Weiter kennt auch das Immissionsschutzrecht die Bestellung von Betriebsbeauftragten, §§ 53ff. BimSchG. Nach§ 61 BimSchG erstattet die Bundesregierung dem Bundestag jeweils ein Jahr nach dem ersten Zusammentritt einen Immissionsschutzbericht. Detaillierte Regelungen über Ordnungswidrigkeiten finden sich in § 62 BimSchG102. Das Fluglärmgesetz1oa hält keine entsprechenden Bestimmungen vor. §§ 11 a ff. AbfG104 regeln die Bestellung eines Betriebsbeauftragten für Abfall; Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten finden sich in§ 18 AbfG.
b) Komplementärvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel1° 5 Im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel enthalten sämtliche Gesetze Komplementärvorschriften der hier fraglichen Art- wenn auch unterschiedlicher Quantität und differierenden Gehalts. Das Atomgesetzlos schreibt in§ 13 vor, daß die Verwaltungsbehörde im Genehmigungsverfahren Art, Umfang und Höhe der Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzpflichten festsetzt (Deckungsvorsorge), die der Antragsteller zu treffen hat. Des weiteren werden Kosten für Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Atomgesetz erhoben,§ 21 AtG, und können Sachverständige im Genelunigungs- und Aufsichtsverfahren hinzugezogen werden, § 20 AtG. Ordnungswidrigkeiten finden ihre Regelung in § 46 AtG. Nach § 11 BWaldQ107 soll der Wald im Ralunen seiner Zweckbindung ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden, wobei nähere Einzelheiten durch die 101 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 102 Zu darüber hinausgehenden marktwirtschaftliehen Lenkungsmöglichkeiten der Luftreinhaltung Feldhaus, DVBl. 1984, 552. 1oa Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 104 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27. 1os Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz. 1os Als einmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 38. 107 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 39f. 6'
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Gesetze der Länder festgelegt werden. § 14 BWaldG gestattet das Betreten des Waldes, Radfahren sowie das Fahren mit Krankenfahrstühlen. Das Reiten im Wald ist nur auf Straßen und Wegen gestattet; die Benutzung geschieht auf eigene Gefahr, § 14 BWaldG1oa. Das Dritte Kapitel befaßt sich detailliert mit forstwirtschaftliehen Zusammenschlüssen, nämlich Forstbetriebsgemeinschaften, §§ 16ff. BWaldG, Forstbetriebsverbänden, §§ 21ff. BWaldG, forstwirtschaftliehen Vereinigungen, §§ 37ff. BWaldG, und sonstigen Zusammenschlüssen,§§ 39f. BWaldG. § 41 BWaldG betont die Förderung der Forstwirtschaft wegen der Nutz-, Schutzund Erholungsfunktion des Waldes (Abs.1; Einzelheiten in Abs. 2). Die Bundesregierung wird verpflichtet, im Landwirtschaftsbericht nach § 4 Landwirtschaftsgesetz über die Lage und Entwicklung der Forstwirtschaft und der Struktur der Holzwirtschaft des Bundesgebietes sowie über die zur Förderung der Forstwirtschaft erforderlichen Maßnahmen unter Einschluß der Belastung von Schutz- und Erholungsfunktionen zu berichten (Abs. 3). Abs. 4 der Vorschrift betrifft die finanzielle Beteiligung an der Förderung der Forstwirtschaft durch den Bund im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" . Das Flurbereinigungsgesetz109 enthält Kostenregelungen in §§ 104ff. und Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten in§ 154. Das Raumordnungsgesetz 110 sieht an Mitteln mit Komplementärfunktion die gemeinsame Beratung nach § 8, die Bildung des Beirats für Raumordnung, § 9, sowie den in Abständen von vier Jahren zu erstattenden Raumordnungsbericht, § 11, vor. Von nicht unerheblicher Bedeutung in der Praxis ist darüber hinaus die auf § 4 Abs. 5 ROG beruhende, landesgesetzlich näher geregelte Abstimmung raumbezogener Ansprüche bzw. Inanspruchnahmen im Wege von Raumordnungsverfahrenll1. Das Bundesbaugesetz112 beschränkt sich im wesentlichen auf folgende Vorschriften: § 13a, Grundsätze für soziale Maßnahmen, Sozialplan; § 4, Planungsverbände; Teil Vlla, §§ 144a ff., städtebauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur. Nach dem Städtebauförderungsrecht ergeben sich an Mitteln: Die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes, §§ 3 ff. StBauFG, die Feststellung des Sozialplans, § 8 StBauFG, Vorschriften über die Finanzierung der Sanierung, § 38 StBauFG, die Erklärung zum städtebaulichen Entwicklungsbereich, §53 StBauFG, Sozialplan, § 57 Abs.l Nr. l i. V. m. § 8 Abs. 2 StBauFG, die Finanzierung städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen, § 58 StBauFG, Finanzhilfen des Bundes, § 7 d StBauFG i. V.m. Art. l04a GG, sowie die Bildung eines deutschen Rates für Stadtentwicklung, § 87 StBauFG.
1oa Näheres regelt das Recht der Länder,§ 14 Abs. 2 BWaldG. 109 Als einmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 110 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 46, 49. m Nur das Landesplanungsgesetz NW hält dieses Mittel projektbezogener gesamträumlicher Koordination nicht vor; zu Einzelheiten Zoubek; Schoeneberg, S. 126ff.; Bielenberg I Erbguth I Söfker, K 445, 450. 112 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 47.
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Im Bergrecht 113 werden die Vorschriften über die Betriebsplanpflicht der Bergbautreibenden zu dem hier interessierenden Instrumentarium zu zählen sein (§§ 51ff. BBergG), des weiteren das (dritte) Kapitel über die verantwortlichen Personen (§§ 58ff. BBergG), die Vorschriften über das Bergrechtsamtsbuch und die Bergrechtsamtskarte (VI. Teil, §§ 57f. BBergG) sowie der X. Teil betreffend die Bundesprüfanstaltfür den Bergbau,§§ 138ff. BBergG.
c) Keine Komplementärvorschriften im mittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht Das Umweltbundesamtsgesetz und das Umweltstatistikengesetz enthalten insoweit keine besonderen Vorschriften. Aufgrund der Hilfsfunktion ihrer Regelungsgegenstände im Hinblick auf andere staatliche Aufgabenbereiche kann allenfalls den Gesetzen als solchen Komplementärfunktion zuerkannt werden. 1.2.3.2 Vorschriften mit Konkretisierungsfunktion Neben den Vorschriften mit Komplementärfunktion finden sich solche mit Konkretisierungsauftrag. Hierzu zählen im wesentlichen Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften11 4 .
a) Konkretisierungsvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel 115 Vorschriften solcher oder ähnlicher Art finden sich in allen unmittelbar raumbedeutsamen Umweltgesetzen mit alleinigem UmweltschutzzieL Nach § 19d WHG11 6 wird die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrats zum Schutz der Gewässer für die nach§ 19a WHG genehmigungsbedürftigen Rohrleitungsanlagen Rechtsverordnungen mit näher bestimmten Inhalten zu erlassen. Für Überschwemmungsgebiete sollen Vorschriften, die den schadlosen Abfluß des Hochwassers sichern, ergehen,§ 32 WHG. Im Naturschutz- und Landschaftspflegerecht 111 kann der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats unter besonderen Schutz gestellte Pflanzen- und Tierarten und die diesbezüglichen Ausnahmen bestimmen, § 22 Abs. 4 BNatSchG. Weitere Verord113 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 48. 114 Vgl. oben, nach Fn. 12. 115 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Fluglärmgesetz; Wasserhaushaltsgesetz. 11s Als einmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 22. m Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 23, 26.
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nungsermächtigungen folgen aus§ 23 BNatSchG. Im übrigen regeln das Nähere die Länder, vgl. etwa§§ 24 Abs. 4, 26 Abs. 3 BNatSchG. § 7 BlmSchG 118 zufolge kann die Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise,§ 51 BimSchG, und Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnungen Anforderungen an die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb genehmigungsbedürftiger Anlagen vorschreiben. Ebenfalls der Zustimmung des Bundesrats bedarf der Verordnungserlaß über die Grundsätze des Genehmigungsverfahrens (auch vereinfachtes Verfahren,§ 19, Erteilung eines Vorbescheids,§ 9, und einer Teilgenehmigung, § 8), § 10 Abs.lO BimSchG. Durch Rechtsverordnung nach § 4 Abs.l Satz 3 BlmSchG kann des weiteren vorgeschrieben werden, daß die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird. Des weiteren ist die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise und Zustimmung des Bundesrats Anforderungen an die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen durch Rechtsverordnung festzuschreiben. Eine Verordnungsermächtigung - wiederum unter Zustimmung des Bundesrats- besteht auch im Hinblick auf Einzelheiten der Immissionserklärung nach § 27 BimSchG, vgl. Abs. 4 der Vorschrift. Entsprechendes, allerdings unter zusätzlicher Anhörung der beteiligten Kreise, gilt aufgrund § 32 BimSchG im Hinblick auf die Beschaffenheit von serienmäßig hergestellten Teilen der Betriebsstätten und sonstiger Anlagen, gemäß § 33 BimSchG bezüglich der Bauartzulassung, nach § 34 BimSchG hinsichtlich der Beschaffenheit von Brenn- und Treibstoffen und aufgrund § 35 BimSchG über die Beschaffenheit von Stoffen und Erzeugnissen, die geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen und Luftverunreinigungen hervorzurufen. § 40 BimSchG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung Gebiete festzulegen, in denen während austauscharmer Wetterlagen der Kfz.-Verkehr beschränkt oder verboten werden muß, um schädliche Umwelteinwirkungen im vorgenannten Sinne zu vermeiden oder zu vermindern. Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung unter Anhörung der beteiligten Kreise und nach Zustimmung des Bundesrats Verordnungen über den Schallschutz an Straßenund Schienenwegen erlassen, § 43 BimSchG, des weiteren Verwaltungsvorschriften über Immissions- und Emissionswerte und das Verfahren zu ihrer Ermittlung, § 48 BlmSchG. Die Landesregierungen sind ermächtigt, durch Rechtsverordnung besondere Vorkehrungen für den Schutz von Gebieten vor Luftverunreinigung vorzuschreiben, § 49 BimSchG. § 7 FluglärmG119 ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Schallschutzanforderungen unter Beachtung des Standes der Schallschutztechnik im Hochbau festzusetzen, denen die baulichen Anlagen zum Schutz ihrer Bewohner vor Fluglärm in der Schallzone 2 (vgl. § 6 FluglärmG) genügen müssen. Abfälle i.S. v. § 2 Abs. l AbfG 120 werden von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats bestimmt, § 2 Abs. 2 AbfG. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung unter gewissen Bedingungen Ausnahmen von der Beseitigung in Abfallbeseitigungsanlagen zulassen, § 4 Abs. 4 AbfG. Nach § 14 AbfG wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit
118 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 119 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 24, 26. 120 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27.
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Zustimmung des Bundesrats Anforderungen an Verpackungen und Behältnisse vorzuschreiben. Der Bundesminister des Innern kann im Einvernehmen mit den Bundesministern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Jugend, Familie und Gesundheit durch Rechtsverordnung nach näherer Maßgabe des § 15 Abs. 2 AbfG Vorschriften über das Aufbringen von Abwasser, Klärschlamm, Fäkalien o.ä. erlassen. Letztlich können dem Bundesminister für Verteidigung aus zwingenden Gründen der Verteidigung und zur Erfüllung zwischenstaatlicher Verpflichtungen für die Beseitigung von Abfällen aus dem Bereich der Bundeswehr Ausnahmen von dem Abfallbeseitigungsgesetz und den auf das Gesetz gestützten Rechtsverordnungen zugestanden werden,§ 29a Abs. 2 AbfG.
b) Konkretisierungsvorschriften im unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziell21 Entsprechendes - wie zum unmittelbar raumbedeutsamen Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel dargestellt- gilt für die Vorschriften der unmittelbar raumbedeutsamen Umweltgesetze mit nebengeordnetem Umweltschutzziel. § 7 Abs. 4 Satz 3 AtG122 sieht vor, daß das atomrechtliche Genehmigungsverfahren durch Rechtsverordnung anhand der Grundsätze der§§ 8, 10 Abs.1 - 4, 6 - 8 und§ 18 BlmSchG geregelt wird. Des weiteren können durch Rechtsverordnungen Ausnahmen von der Genehmigungspflicht für die Ein- und Ausfuhr von Kernbrennstoffen (§ 3), von der staatlichen Verwahrung und Ablieferungspflicht des § 7 AtG und der Genehmigungsbedürftigkeit der Bearbeitung, Verarbeitung und sonstigen Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen i. S. d. § 7 AtG zugelassen werden, § 10 AtG. Darüber hinausgehende Ermächtigungen zum Verordnungserlaß enthalten§§ 11, 12 umd 12a AtG. Einzelheiten der Kostenerhebung werden ebenfalls durch Rechtsverordnungen nach den Grundsätzen des Verwaltungskostengesetzes geregelt, § 21 Abs. 3 AtG. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kosten oder Entgelte für die Benutzung von Bundes- bzw. Landessammelstellen nach§ 9 a Abs. 3 AtG, § 21 a Abs. 2 AtG, für Beiträge i. S. d. § 21 b AtG, vgl. § 21 b Abs. 3 AtG, und bei der Verteilung gesetzlicher Schadensersatzpflichten, § 35 Abs. 2 AtG. Die Zuständigkeit zum Erlaß der Rechtsverordnungen regelt§ 54 AtG. §§ 12 Abs. 4, 13 Abs. 2, 14 Abs.1 BWaldG123 zufolge regeln die Länder die Einzelheiten der Erklärung des Waldes zum Schutz- bzw. Erholungswald sowie des Rechts zum Betreten des Waldes. § 23 Abs. 4 BWaldG ermächtigt die Landesregierungen, Näheres bezüglich des Gründungsverfahrens, der Genehmigung und der Bekanntmachung der Satzung von Forstbetriebsverbänden durch Rechtsverordnung zu regeln. § 44 enthält eine allgemeine Ermächtigung an den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, mit Zustimmung des Bundesrats die zur Durchführung der §§ 15 bis 40 BWaldG erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. 121 Raumordnungsgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Atomgesetz; Bundesberggesetz; Bundeswaldgesetz; Flurbereinigungsgesetz. 122 Als einmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 38. 123 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 39f.
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§ 2 Abs. 3 und 4 FlurberG 124 enthält Änderungsbefugnisse der Länder hinsichtlich der nach dem Gesetz zuständigen Behörden. Nach§ 33 FlurberG können die Länder die Vornahme der Wertermittlung sowie die Bekanntgabe und Feststellung des Wertermittlungsergebnisses abweichend von den voranstehenden Vorschriften regeln. Ähnliche Befugnisse der Länder bestehen im Hinblick auf die Widerspruchseinlegung gegen die Bekanntmachung des Flurbereinigungsplans, §59 Abs. 5 FlurberG. Gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FlurberG können mehrere Länder durch Staatsvertrag ein gemeinschaftliches Flurbereinigungsgericht einrichten; in Harnburg und Bremen sind diese Aufgaben auf ein anderes Gericht übertragbar, § 138 Abs. 2 Satz 2 FlurberG. Weitere Modifizierungsbefugnisse der Länder bezüglich des Rechtsbehelfsverfahrens bestehen nach§ 141 Abs. 2 Satz 1 FlurberG. § 2 Abs. 3 ROG 12 5 ermöglicht den Ländern, über § 2 Abs. 1 ROG hinaus weitere Grundsätze aufzustellen, soweit sie jenen und § 1 ROG nicht widersprechen. § 3 Abs. 2 Satz 4 ROG läßt weitergehende landesrechtliche Vorschriften über die Geltung der Grundsätze im Landesbereich, die Aufgaben und Zuständigkeiten der Landesplanung unberührt. Ausdrückliche landesgesetzliche Ausführungsaufgaben ergeben sich des weiteren aus § 5 Abs.1 Satz 3, 4 und§ 5 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 3 Satz 2 letzter Hs., § 7 Abs. 3, § 8, § 9 sowie§ 10 Abs. 3 ROG. Die zentrale Ausführungsermächtigung im Bundesbaugesetz126 zum Erlaß einer Rechtsverordnung ist diejenige nach § 2 Abs. 8 BBauG (BauNVO). Aufgrund § 14 Abs. 2 StBauFG wird das Nähere der Sanierungsgemeinschaften nach Abs.1 durch Gesetz geregelt. Entsprechendes gilt für die Entwicklungsgemeinschaft, § 60 Abs. 2 i. V.m. Abs.1 StBauFG. Weitere Ermächtigungen (an den Bund) und Sonderregelungen (für einzelne Länder) finden sich in §§ 91f. StBauG. § 122 Abs.1 BBergG 127 ermächtigt den Bundesminister für Wirtschaft, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats unter gewissen Voraussetzungen in seinem Geschäftsbereich eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts als Ausfallkasse zur Sicherung von Bergschadensansprüchen (Bergschadensausfallkasse) zu errichten. Durchführungsverordnungen hinsichtlich des Beitrags obliegen ebenfalls dem Bundesminister für Wirtschaft, § 123 BBergG, wie auch bezüglich der Beobachtung der Oberfläche, § 125 Abs. 4 BBergG, bergbaulicher Versuchsanstalten, § 129 Abs. 2 BBergG, bergbaulicher Hauptstellen für das Grubenrettungswesen, § 131 Abs. 2 BBergG, und der Errichtung der Bundesprüfanstalt für den Bergbau, §§ 138, 140 BBergG, des weiteren hinsichtlich der Errichtung des Sachverständigenausschusses für den Bergbau,§ 141 BBergG. Die Landesregierungen oder die von ihnen benannten Stellen bestimmen die neben den Bundesbehörden für die Ausführung des Gesetzes zuständigen Behörden, § 142 Abs.1 BBergG. Allgemeine Verwaltungsvorschriften werden vom Bundesminister für Wirtschaft erlassen,§ 143 Abs.1 BBergG, die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, soweit sie an Bundesbehörden gerichtet sind.
124 Als einmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 45. 125 Als mehrmediales/nicht umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 46, 49. 126 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 47. 127 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 48.
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2. Bewertung der Analyse des Umweltrechts
Der Vergleich hinterläßt zunächst trotz aller Gliederungsbemühungen anhand der funktionalen Ausdifferenzierung und der rechtsgebietinternen Systematisierung einen diffusen Eindruck, der mit Begriffen wie Vielgestaltigkeit oder Variantenreichtum kaum mehr umschreibbar ist. Gleichwohl wäre es voreilig, hieraus allein Systemwidrigkeiten des Umweltrechts zu folgernm. Vieles an rechtlicher Uneinheitlichkeit leitet sich aus sachimmanenten Gründen her. Die instrumentelle Regelungsdichte wird beispielsweise bei Rahmenkodifikationen - wie dem Wasserhaushalts-, Bundesnaturschutzund Raumordnungsgesetz- regelmäßig geringer sein als bei Gesetzgebungsakten auf dem Gebiet der ausschließlichen oder konkurrierenden Bundeskompetenz. Im übrigen ist aus der vergleichenden Darstellung ablesbar, daß der rechtliche Facettenreichtum oftmals auf sachlichen Spezifika der jeweiligen gesetzlichen Regelungsgegenstände beruht, die ohnehin den Vergleich schwierig und ggf. angreifbar haben geraten lassen. Dem ist zum einen dadurch Rechnung zu tragen, daß spezialgesetzliche Einzelheiten nur am Rande Gegenstand der weiteren Untersuchung sind, der Bewertung also primär die zentralen Aussagen der Umweltgesetze unterzogen werden. Zum anderen ist auch insoweit Zurückhaltung zu üben, weil nach dem Vorstehenden Abweichungen im Verhältnis der Vorschriften zueinander aus sachgesetzlichen Gründen rühren können, die divergierende Regelungen gerade gebieten. Es kann daher nachfolgend nur um einen - ersten - bewertenden Problemaufriß gehen. Die abschließende Beurteilung muß den späteren Weiterentwicklungsüberlegungen vorbehalten bleiben129 • In jenem Zusammenhang sind zudem Vorgaben des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Verfassungsrechts heranzuziehen, um durch das- spezielle- Umweltrecht aufgeworfene, gleichwohl spezialgesetzlich nicht (auf-)lösbare Problemlagen einer Klärung zuzuführeniao.
12s Bereits oben, § 2, nach Fn. 10, und allgemein Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 88, der zur "behutsamen Abwägung" und "vorsichtigen Eingrenzung" gesetzgeberischen Ermessens rät. 129 Siehe unten,§§ 13f. 13o Zu dieser Vorgehensweise und allgemeinen Anlage der Untersuchung bereits oben, Einleitung, nach Fn. 21.
122
Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts 2.1 Bewertung der Ziel- und Zweckbestimmungen der Gesetze
Der Überblick über die gesetzlichen Ziel- und Zweckbestimmungen zeigt, daß nur wenige Rechtsnormen eine präzise und fachspezifische Ausrichtung erfahren haben. Es sind dies das Fluglärmgesetz, das Bundesberggesetz und - sofern man die Begriffsdefinitionen des § 3 BlmSchG hinzunimmt - das Bundes-Immissionsschutzgesetzl31. Die Mehrzahl der Gesetzeszielbestimmungen ist nicht nur vage gehaltenl32, es finden sich auch umfangreiche Ziel- bzw. Grundsatzkataloge ohne Prioritätensetzung; einige Rechtssätze verweisen gar pauschal auf das Gemeinwohl: Überaus allgemein und von einer kaum abgrenzbaren Interpretationsbreite sind die Zielbestimmungen des Flurbereinigungsgesetzes (allgemeine Landeskultur und Landesentwicklung) und des Bundeswaldgesetzes, wie insbesondere die Umschreibung der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes in § 1 Nr.1 BWaldG zeigtl33. Zielpluralismen ergeben sich demnach im Atomgesetz, Bundeswaldgesetz sowie im Flurbereinigungsgesetz, besonders deutlich im Bundesnaturschutzgesetzl34. Eine Folge sind Zielüberlappungen135. So erfassen die Grundsätze des§ 2 BNatSchG unter anderem auch wasserwirtschaftliche Bereiche und solche des Immissionsschutzes (§ 2 Nr. 6 und 7 BNatSchG); ähnliches gilt für § 1 Nr. 1 BWaldG, der zudem die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, also das Schutzgut des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts, mitbetont. Die Flurbereinigung schließlich soll umfassend die Landeskultur und Landesentwicklung fördern (s.o.). Eine Zielvielfalt ohne Prioritätensetzung impliziert überdies Zielkonflikte, die eine Direktivfunktion der Vorschriften in Frage stellt. Im Bundesnaturschutzgesetz ist solches nicht nur durch die Anordnung einer Abwägung der Zielsetzungen mit "sonstigen" Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft136 angelegt. Divergenzen sind auch aus den Grundsätzen des § 2 BNatSchG ablesbar, etwa im Verhältnis von § 2 Nr. 4 zu Nr. 5 oder Nr. 9 zu Nr.ll, 12 BNatSchG. Deutlich konfligierende Zielsetzungen ergeben sich im übrigen im Atomgesetz (Schutzpflicht versus FördeSiehe oben, bei Fn. 19ff. Zur mangelnden Regelungsdichte des Umweltrechts allgemein Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 85. 133 Siehe oben, bei Fn. 25. 134 Siehe oben, bei Fn. 24ff. 135 Vgl. auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81 , 84. 136 § 1 Abs. 2 BNatSchG, ergänzt zudem für die Grundsätze nach§ 2 Abs.1 Satz 1 BNatSchG; siehe oben, Fn.19ff. 131
132
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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rungsziel), Bundeswaldgesetz (Nutzfunktion versus Schutzfunktion) sowie im Flurbereinigungsgesetz (Förderung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft einerseits, Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landesentwicklung andererseits). Unzureichende inhaltliche Präzision, Zielvielfalt und Zielkonflikte kumulieren, wenn zum (Haupt-)Ziel der Gesetze das Wohl der Allgemeinheit (o. ä.) erklärt wird, wie dies im Wasserhaushalts- und Abfallbeseitigungsgesetz der Fall ist137. Aus einer Gesamtsicht der Ziel- und Grundsatzbestimmungen gilt ähnliches für das Recht der Raumordnung/Landesplanung und das Bauplanungsrecht. Während die übrigen Umweltgesetze trotz verschiedentlich mehrmedialer Ausrichtung138 dem Schutz bestimmter Umweltgüter verpflichtet und damit fachlich geprägt sind, kommt diesen Aufgabenbereichen jedoch ein weitgefächerter, auf querschnittsorientierte Abstimmung ausgerichteter Auftrag zu; das bedingt zugleich ein entsprechend höheres Maß an Zielkomplexität Damit ergibt sich, daß die gesetzliche Ausrichtung der Umweltnormen ganz überwiegend durch Zielpluralismen, -überlappungen und -konflikte gekennzeichnet ist. Aufgabenspezifische Besonderheiten rechtfertigen lediglich für das Raumordnungs- und Bau(planungs)recht komplexe Zielbestimmungen. 2.2 Bewertung der Instrumente der Planung und Einzelentscheidung
Bei der Beurteilung der instrumentellen Ausstattung des Umweltrechts mit Mitteln der Planung und Einzelentscheidung(en)139 richtet sich das Interesse zum einen auf den nebeneinander, nämlich auf gleicher Ebene angesiedelten Einsatz dieser staatlichen Agenden. Es geht also um die Bewertung der Handlungsformen unter dem Gesichtspunkt ihrer horizontalen Wirkungsweise, verkürzt ausgedrückt um ihre Beurteilung in horizontaler Sicht. Zum anderen gilt es zu überprüfen, ob die Instrumente dem Range nach bzw. zeitlich in einem Ableitungsverhältnis oder in einem solchen inhaltlich geteilter, stufenspezifischer Aufgliederung des Entscheidungsprozesses zueinander stehen. Die Bewertung erfolgt daher unter dem Gesichtspunkt der vertikalen Wirkungsweise des Instrumentariums, m. a. W. in vertikaler Sicht 140 • 137
301.
Siehe oben, bei Fn. 17 f., 22; vgl. zur grundsätzlichen Frage Ossenbühl, VR 1983,
Siehe oben, § 7, nach Fn. 21. Zum Begriff oben, bei Fn. 10ff. 140 Vgl. hierzu bereits oben, bei Fn. 32 ff.; allgemein auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 113. 138 139
124
Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
2.2.1 Bewertung der Instrumente in horizontaler Sicht 2.2.1.1 Bewertung der Planungsinstrumente in horizontaler Sicht
Auffällig ist, daß dem Gebot frühzeitiger und vorsorgender Behandlung von Umwelttatbeständen zunehmend durch Einführung von Planungsmitteln Rechnung getragen wirdl4I. Gesetzlich vorgeschriebene Instrumente der Planung finden sich vor allem auf den Gebieten des Umweltrechts mit Umweltschutz als alleinigem Ziel und mit Umweltschutz als gleichgeordnetem Ziel. Die Gesetze berücksichtigen damit die Zielsetzung des Vorsorgeprinzips, Umweltgüter möglichst weitreichend planerisch zu erfasseni42. Im raumbedeutsamen Umweltrecht gebietet dies zumindest eine teilflächendeckende Planung, sofern nicht Besonderheiten der Regelungsmaterie(n) Abweichendes verlangen. Mehrmediale und flächendeckende Planungsinstrumente sehen im Umweltrecht mit Umweltschutz als alleinigem Ziel das Bundesnaturschutzgesetz und das Bundeswaldgesetz vor. Wenn abweichend hiervon das Abiallbeseitigungsgesetz eine Standortplanung und das Wasserhaushaltsgesetz eine auf Gewässer bezogene, damit einmediale und nicht flächendeckende (allenfalls "gewässer"-flächendeckende) Planung vorsehen, so folgt dies aus den Spezifika des Regelungsgegenstandes: Abfallbeseitigungsanlagen äußern aus horizontaler Sicht nur punktuellen Raumbedarf; für Gewässer gilt ähnlichesl43. Von ihrer Natur her typischerweise flächendeckend agieren hingegen die Planungen der Raumordnung/Landesplanung und des Bauplanungsrechts144. Geichwohl ist die Vielzahl umweltrechtlicher Planungen allein kein Zeichen von Stärke145. Dies um so weniger, als rechtsgebietumgreifende planverknüpfende Vorschriften im Umweltrecht fehlen. Auch die Bandbreite der Gesetzeszielbestimmungen146 ist allenfalls geeignet, sich überlappende Planaussagen und damit nachträgliche Abstimmungsschwierigkeiten zu produzieren. Eine frühzeitige wechselseitige Berücksichtigung und Koordinierung der Umweltplanungen wird hierdurch nicht erreicht.
141
Hierzu eingehend am Beispiel des Bodenschutzes Book, Bodenschutz, S. 24ff.
142 Siehe oben, § 9, bei Fn. 17. 143 144
145 146
Aus vertikaler Sicht hingegen unten, bei Fn. 166ff. Vgl. nur§ 5 Abs. 1, 2 und 3 ROG, §§ 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, 9 BBauG. Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 680. Siehe oben, bei Fn. 17 ff.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
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a) Die Unterscheidung von Fachplanungen und Gesamtplanungen des Umweltrechts Für die diesbezügliche weitere Betrachtung ist zunächst von Bedeutung, daß der voranstehenden Analyse eine funktionale Zweiteilung der Planungsinstrumente entnommen werden kann; von den jeweils auf ihren fachgesetzlichen Auftrag bezogenen Planungsformen unterscheiden sich die Programme und Pläne der Raumordnung/Landesplanung und Bauleitplanung durch einen fachübergreifenden planerischen Koordinierungsauftrag. Die für das Verhältnis dieser Gesamtplanungen zu den herkömmlichen Fachplanungen, wie denjenigen des Verkehrs etc., typische und anerkannte Abgrenzung147 gilt daher auch im Umweltrecht. Es können folglich umweltrechtliche Gesamtplanungen • örtlicher Art (Bauleitplanung) • überörtlicher Art (Raumordnung/Landesplanung) und - Fachplanungen (wasserrechtliche, immissionsschutzrechtliche Pläne u.a.m.)l48 unterschieden werden.
b) Fehlende Vernetzungen im Umweltrecht Vor diesem Hintergrund sind gewisse Ansätze, Zersplitterungserscheinungen und damit der Atomisierung der Planungsformen149 entgegenzuwirken, jenen Vorschriften zu entnehmen, die eine Verbindung fachlicher Umweltpläne zu den Programmen und Plänen der Raumordnung und Landesplanung herstellen, teilweise sogar eine Einbindung von Planungsinhalten in das raumordnerische Instrumentarium vorsehen. Verbindungen im ersteren Sinne werden über die Raumordnungsklauseln des Flurbereinigungs- und Wasserrechts - hier hinsichtlich der wasserwirtschaftliehen Rahmenpläne und der Bewirtschaftsplänel5o - erreicht. In den übrigen Gesetzen fehlen entsprechende Vorschriften. Soweit deren planerisches Instrumentarium raumbedeutsame Festsetzungen trifft, gilt die ansonsten subsidiäre Grundregel der§§ 5 Abs. 4 i. V.m. 4 Abs. 5 ROG151.
147 Vgl. nur Ernst, in: Ernst I Hoppe, Rdn.1, 2, 11; Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung, S. 36ff. 148 Siehe oben, bei Fn. 32 ff. 149 Hierzu Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 680. 150 Siehe oben, bei Fn. 33 ff. 151 Schmidt-Aßmann, Raumordnungsklauseln, S. 27, 34.
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Eine weitergehende Koordination erfolgt im Wege der Einbindung, wie es allerdings nur für die raumbedeutsamen Inhalte der überörtlichen Landschaftsplanung und forstlichen Rahmenplanung vorgesehen istl 52 . Dieses Eingehen in die Programme und Pläne der überörtlichen Gesamtplanung reduziert die Aufsplitterung der umweltrechtlichen Planungslandschaft, ohne den eingebundenen Plänen ihre Spezifika zu nehmenis3. Auf örtlicher Ebene ist ähnliches im Verhältnis zur Bauleitplanung nur für die Landschaftsplanung unterster Stufe, zudem äußerst zurückhaltend geregeltl 54 • c) Fehlende Vernetzungen mit dem übrigen Planungssystem Ist damit die Verknüpfung der Umweltplanungen untereinander allenfalls rudimentär gesetzlich erfaßt, so fehlen Vorschriften über das Verhältnis zu außerumweltrechtlichen Planungen mit Ausnahme des auf Naturschutzund Landschaftspflege beschränkten landschaftspflegerischen Begleitplans nach§ 8 Abs. 4 BNatSchG vollends 155. Verbindungen werden hier lediglich über die Raumordnungs- und Bauleitplanung hergestellt; deren gesamtplanerische Aufgabenstruktur156 zieht zwingend die Berücksichtigung auch herkömmlicher Fachplanungen (Straßenbau, Verteidigung u .a .m .) nach sich. Eine horizontale Vernetzung der Umweltplanungen untereinander und mit sonstigen Fachplanungen ist folglich gesetzlich weithin nicht erfolgt: Nur über die Gesamtplanungen überörtlicher und örtlicher Art ergeben sich Ansätze der Koordination, und zwar im umweltrechtlichen Binnenbereich wie im Verhältnis zu sonstigen Rechtskreisen. 2.2.1.2 Die Bewertung der Einzelentscheidungen in horizontaler Sicht Die Übersicht macht gleichermaßen die Fülle verschiedenster Genehmigungs-, Erlaubnis-, Bewilligungs- und Planfeststellungstatbestände des Umweltrechts deutlich. 152 Siehe oben, bei Fn. 38ff., 48 ; ähnliches gilt allerdings aufgrundinterner Anordnung für die wasserwirtschaftliche Planung, vgl. Bundesminister des Innern, Allgemeine Verwaltungsvorschrift, Richtlinien für die Aufstellung von wasserwirtschaftliehen Rahmenplänen vom 30. 5. 1984, GMBl. S. 239 unter I. 1., VI. 153 Wahl, Integration, S. 43, 47 ff. 154 Siehe oben, bei Fn. 39. 15 5 Zu begrenzten Einsatzmöglichkeiten der §§ 8 Abs. 2 BNatSchG, 50 BlmSchG Erbguth I Püchel, NuR 1984, 209, 212ff. 156 Siehe oben, bei Fn. 14 7.
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a) Die störende Parallelität von Verfahren Indem raumrelevante Vorgänge, insbesondere die Anlage technischer Großvorhaben, sich regelmäßig auf unterschiedliche Umweltbereiche auswirken, werden mehrere Verfahren der Genehmigung bzw. der Planfeststellung, etwa nach dem Forstrecht, dem Wasserwirtschaftsrecht, dem Immissionsschutzrecht u. a. m., ausgelöst. Produziert wird damit prinzipiell eine kaum noch überschaubare Vielzahl von Verfahren, was nicht nur unter Gesichtspunkten rechtsstaatlicher Transparenz, sondern auch des Investitionsrisikos der Vorhabensträger nicht unbedenklich erscheintl57.
b) Die defizitären Konzentrationsregelungen Der Gesetzgeber begegnet dem mit dem Mittel der Ersetzungswirkung einzelner Verfahren, die als Leitverfahren sonstige Zulassungstatbestände nach anderen Gesetzen einschließen. Die Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern haben diese Konzentrationsmaxime für Planfeststellungen generell festgeschriebenl5B. Gleichwohl sind Unsicherheiten nicht vollends beseitigt. So herrscht über die Wirkung der Konzentration im einzelnen noch erhebliche Unklarheit159. Auch tritt das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht hinter Spezialregelungen zurück, deren Variantenreichtumi6o weitere rechtliche Unsicherheiten nach sich zieht. Schwerer wiegt, daß sich die Konzentrationsmaxime des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts nicht- auch nicht entsprechend- auf Erlaubnisund Genehmigungstatbestände übertragen läßt. Hier bleibt es der jeweiligen (Sonder-)Regelung überlassen, einer diffusen Parallelität von Zulassungsverfahren entgegenzuwirken, eine Aufgabe, der sich der Gesetzgeber in recht unterschiedlicher Weise angenommen hatl 61 • Auch im Verhältnis der Einzelinstrumente zeigt sich mithin ein durch wenig Klarheit und Systematik geprägtes Bild.
2.2.2 Bewertung der Instrumente in vertikaler Sicht Neben der horizontal orientierten Bewertung sind die Instrumente des Umweltrechts auch in vertikaler Sicht zu beurteilen, und zwar die Mittel der Planung und das Einzelinstrumentarium. Hierzu Jarass, Genehmigungen, S. 17 ff., 19 ff. Vgl. §§ 73ff. VwVfG. 159 Einzelheiten bei Schlarmann, Privilegierte Fachplanungen, S . 53 ff. und unten, § 14, nach Fn. 121. 160 Siehe unten,§ 14, bei Fn. 146ff. 161 Siehe unten,§ 14, bei Fn. 151 ff. 157
158
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
2.2.2.1 Bewertung der Planungsinstrumente in vertikaler Sicht
a) Unterschiedliche Konkretisierungsstufen der Planung Auffallend ist, daß die planerischenMittel des Umweltrechts unterschiedliche Konkretisierungsebenen aufweisen, nämlich bis zu drei Stufen162. aa) Dreistufige Planungsebenen Eine Stufentrias sehen das Recht der Landschaftsplanung und- potentiell -der forstlichen Rahmenplanung vor. Wenn§ 5 Abs.l BNatSchG von Landschaftsprogrammen für den Bereich eines Landes "oder" von Landschaftsrahmenplänen für Teile eines Landes spricht, so werden damit nur scheinbar alternative Handlungsformen seitens des Gesetzgebers vorgegeben; § 5 Abs. 2 BNatSchG, der das Verhältnis der überörtlichen Landschaftsplanung zur Raumordnung/Landesplanung regelt, spricht nämlich von raumbedeutsamen Erfordernissen und Maßnahmen der Landschaftsprogramme "und" der Landschaftsrahmenpläne. Die örtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind sodann auf dritter Ebene in Landschaftsplänen nach Maßgabe des § 6 BNatSchG darzustellen163. Nach § 7 BWaldG werden forstliche Rahmenpläne für das Landesgebiet, Teile desselben bzw. für einzelne Waldgebiete aufgestellt. Dem Gesetz liegt demnach eine ähnliche Stufung wie dem Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege zugrunde. Daß § 7 Abs.l BWaldG die verschiedenen Arten forstlicher Rahmenplanung durch ein "oder" miteinander verbindet, ist ebensowenig wie bei § 5 Abs.l BNatSchG im Sinne einer Alternativität der Planungsformen zu verstehen. Dies belegt auch hier das Gebot der Einbindung der forstlichen Rahmenpläne in die Raumordnungspläne nach § 5 Abs.l und 3 ROG. bb) Zweistufige Planungsebenen Auf zwei Ebenen vollzieht sich die Planung nach dem Raumordnungsund dem Bundesbaugesetz164. Das Raumordnungsgesetz schreibt in § 5 lii2 Die Begriffe "Stufe" und "Ebene" werden synonym gebraucht. Dies führt entgegen Krieger, NuR 1983, 257, 257, im vorliegenden Zusammenhang nicht zu Mißverständnissen, weil es hier um planerische Ableitungsvorgänge geht, die der Konkretisierung der Planinhalte dienen. 163 Hierzu oben, bei Fn. 39; zum Gebot flächendeckender Landschaftsplanung Mrass, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 9.
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Abs.l und 2 die Aufstellung landesweiter Raumordnungspläne vor und regelt in § 5 Abs. 3 die Regionalplanung. Im Baurecht unterfällt die Bauleitplanung in die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Bebauungsplänel65. cc) Einstufige Planungsebenen Einstufig verläuft die Planung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz aufgrund der für Belastungsgebiete aufzustellenden Luftreinhaltepläne, § 47 BimSchG, im Recht der Abfallbeseitigung in Form der Abfallbeseitigungspläne gemäß § 6 AbfG und im Rahmen der Flurbereinigung durch die Flurbereinigungspläneiss. Das Wasserhaushaltsgesetz kennt zwar neben den wasserwirtschaftliehen Rahmenplänen (§ 36 WHG) die in§ 36b geregelten Bewirtschaftungspläne. Beide Planarten stellen indes keine Konkretisierungsstufung im vorgenannten Sinne dar, etwa dergestalt, daß die Bewirtschaftungspläne die Festsetzungen der wasserwirtschaftliehen Rahmenpläne näher detaillierten. Vielmehr stehen beide Plantypen selbständignebeneinanderi67. Die Rahmenplanung dient der Sicherung der notwendigen wasserwirtschaftliehen Voraussetzungen für die Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse, während die Pläne nach§ 36b WHG zur Bewirtschaftung der Gewässer aufgestellt werden, soweit die Ordnung des Wasserhaushaltes dies erfordert (§ 36b Abs.l WHG)Iss. Entsprechendes gilt im Verhältnis zu den Abwasserbeseitigungsplänen und sonstigen Plänen des Wasserrechts169. Nicht ohne weiteres ist ersichtlich, ob und inwieweit Sachgesetzlichkeiten der jeweiligen Aufgabenbereiche diese Unterschiede in der Stufung der Planung gebieten. Beispielsweise will auf den ersten Blick nicht einleuchten, warumangesichtsder weiträumigen Verteilung von Luftschadstoffen weder eine landesweite noch eine regional-flächendeckende Luftreinhalteplanung vorgesehen ist. Hierauf wird folglich an späterer Stelle zurückzukommen sein17o. 164 Entsprechendes gilt für das StBauFG, soweit die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich ist, vgl. oben, bei Fn. 53. 165 Eine städtebauliche Entwicklungsplanung ist lediglich fakultativ vorgesehen, § 1 Abs. 5 BBauG, siehe oben, bei Fn. 52. 166 Siehe oben, bei Fn. 41, 44f., 49f. 167 Anders - allerdings aus eher verwaltungspraktischer Sicht - wohl Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 320. 168 Siehe oben, bei Fn. 32 ff., und Bundesminister des Innern, Technische Anleitung zur wasserwirtschaftliehen Rahmenplanung vom 30. 5. 1984, GMBL S . 242, Einführung, 2. Abs.; Schoeneberg, S. 50. 169 Vgl. oben, nach Fn. 35. 110 Siehe unteri, § 14, bei Fn. 274ff.
9 Erbguth
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
b) Fehlendes Planungsinstrumentarium Dem Voranstehenden kann zugleich entnommen werden, welche Gesetze des Umweltrechts über keinerlei Planungsebene verfügen: Das Atom- und das Bundesberggesetzl71. Der Befund trägt keine sachliche Rechtfertigung in sich. Die weitreichenden räumlichen Folgewirkungen atomrechtlicher Anlagen wie berghaulieher Tätigkeiten begründen vielmehr das Erfordernis ihrer planerischen Er- und Befassungm.
c) Die Bewertung des Verhältnisses von Planungen zu Einzelentscheidungen aa) Die Bewertung von plangebundenen Einzelentscheidungen Hinsichtlich der Zulassung von Vorhaben gehen die Gesetze teilweise von einer Planbindung aus; der Ebene planerischer Festsetzungen folgt die diesen verpflichtete Stufe der Genehmigungserteilung nach. Die Bindung gesetzlich vorgesehener Einzelmaßnahmen an Planungsvorgaben verhindert einerseits, daß sich projektbezogenes staatliches Handeln punktuell, ohne eine räumliche und zugleich zukunftsgerichtete Gesamtsicht vollzieht und damit für den Umweltschutz bedeutsame, auch großflächige Zusammenhänge außer Betracht bleiben. So hat die sog. "HoheSchornstein-Politik" im Wege der Erteilung immissionsschutzrechtlicher Einzelgenehmigungen Umweltprobleme im Wortsinne lediglich verlagert, nicht aber entschärft. Andererseits läßt die Planakzessorietät des Durchführungsinstrumentariums der Planung das ihr adäquate Gewicht zukommen. Die Pläne verbleiben nicht im Stadium bloßer Absichts- oder Wunschvorstellungen, sondern zeitigen aufgrund ihrer Umsetzungsorientiertheit unmittelbare Wirkung für die Vollzugsebene. In idealtypischer Weise findet sich dies im Baurecht verwirklicht, und zwar in Form der Bauleitplanung173 und der in Abhängigkeit von deren Festsetzungen stehenden Entscheidung über die Erteilung von Baugenehmigungen. Ähnliches gilt für andere Kontrollbefugnisse des Bundesbaugesetzes174. 171 Schutzgebietsausweisungen aufgrunddes Fluglärmgesetzes stellen zwar Vorgaben für Bauverbote etc. dar, sind aber ihrerseits kein Akt planerischer Gestaltung, siehe oben, bei Fn. 37. 172 Zum Atomrecht Wahl, DVBL 1982, 51, 60f.; zum Bergrecht Hoppe, UPR 1983, 105, 114; hierzu unten,§ 14, bei Fn. 2ff. 173 Bzw. der gesetzlichen Planersatzvorschriften, siehe oben, bei Fn. 74; zum Planmäßigkeitsprinzip des Baurechts Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 284, 344, 346, 363, 365, 369. 174 Siehe oben, bei Fn. 71f.
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In gleicher Weise ist im Umweltrecht mit alleinigem Umweltschutzziel die Zulassung von Abfallbeseitigungsanlagen durch Planfeststellung oder Genehmigung in Anknüpfung an die Inhalte der Abfallbeseitigungspläne ausgestaltetl75. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz folgt nur eingeschränkt diesem Modell. Die Luftreinhalteplanung bezieht sich lediglich auf Belastungsgebiete176. Bestehen Luftreinhaltepläne, so wirken ihre Festsetzungen folglich nur auf die Genehmigungsentscheidung bei solchen Anlagen ein, die in jenen Gebieten errichtet werden sollenl77 • Im Wasserrecht erfolgt lediglich die Durchsetzung von Bewirtschaftungsplänen im Wege des Einsatzes bestimmter wasserwirtschaftlicher Einzelinstrumentarien, § 36b Abs. 5 WHG178. Die Zulassungstatbestände der §§ 7f. WHG stehen hingegen nicht unter Planbindung. Hinsichtlich des Raumordnungsgesetzes, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Bundeswaldgesetzes gelten Besonderheiten. Da das Raumordnungsrecht als Querschnittsaufgabe über keine eigenen Vollzugskompetenzen, sondern nur über Sicherungsinstrumente verfügt, fehlt hier die Durchführungsebene. Die Umsetzung der zielförmigen Inhalte von Landesentwicklungsprogrammen, -plänen und Regionalplänen erfolgt durch fachliche Instrumente und durch die Mittel der Bauleitplanung. Die Zweistufigkeit von Planung und Vollzug ist demnach keine binnengesetzliche, sondern eine gesetzesübergreifende, die allerdings in Bindung an die Raumordnungsziele (§§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 5 ROG), nicht also frei abläuft. Entsprechendes gilt für die Landschaftsplanung und die forstliche Planung, soweit sie in die Landesplanung eingebunden sind, nämlich hinsichtlich ihrer überörtlichen raumbedeutsamen Inhaltel79. bb) Die Bewertung von planungebundenen Einzelentscheidungen Damit lassen sich zugleich die Maßnahmen bestimmen, die nach den Gesetzen planungebunden getroffen werden könnenlso. Im Rechtskreis des Umweltrechts mit alleinigem Umweltschutzziel sind dies Bewilligungen und Erlaubnisse nach §§ 7 f. WHG, die Festsetzung von Wasserschutzgebieten, § 19 WHG, entsprechende Schutzgebietsausweisun175 Siehe oben, bei Fn. 64. 176 Siehe oben, bei Fn. 41. 177 § 6 Abs. 2 i. V.m. § 47 BlmSchG; siehe oben, bei Fn. 41, 62. 178
Siehe oben, bei Fn. 60; ähnliches gilt aufgrundder §§ 62ff. FlurberG.
179 Siehe oben, bei Fn. 38f., 48; zu sonstigen Inhalten Wahl, Integration, S. 43, 59f.;
zum Atom- und Bergrecht siehe oben, bei Fn. 171f., und näher unten, § 14, bei Fn. 2ff. 180 Siehe auch oben, bei Fn. 77 ff. 9'
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
gen aufgrund §§ 12ff. BNatSchG und die Genehmigung zur Errichtung, Erweiterung und zum Betrieb von Tiergehegen, § 24 BNatSchG; im Immissionsschutzrecht der Genehmigungstatbestand (§§ 4ff. BimSchG) und nachträgliche Anordnungen (o. ä.), sofern Luftreinhaltepläne für das betreffende Gebiet nicht bestehen, sowie Verfügungen gegenüber nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen. Im Abfallbeseitigungsrecht gilt entsprechendes im Zusammenhang mit der Beseitigungspflicht, hinsichtlich Nebenbestimmungen und Betriebsuntersagungen bei bestehenden Abfallbeseitigungsanlagen, Überwachungsmaßnahmen(§ 11 AbfG) und weiteren Genehmigungsvorbehalten aufgrund § 12 AbfG. Innerhalb des Umweltrechts mit Umweltschutz als Primärziel (neben anderen Zielen) zählen hierzu die atomrechtliche Anlagengenehmigung, § 7 AtG, und Planfeststellungsverfahren zur Errichtung von Sammelstellen für radioaktiven Abfall. Das Bundeswaldgesetz hält insoweit die Rodungsgenehmigung vor, § 9 BWaldG, sowie die Aufforstung von Flächen und Schutzgebietsausweisungen, §§ 12f. BWaldG. Was das Umweltrecht mit Umweltschutzziel als gleichgeordnetem Ziel anbelangt, gehören dem die Einzelanordnungen im Flurbereinigungsverfahren und der Wege- und Gewässerplan181 sowie bestimmte Einzelinstrumente des Bundesbaugesetzes, etwa§ 85 Abs. l Nr. 3ff., aber auch§ 24 Abs.l Nr. 3 BBauG182, an. Entsprechendes gilt im Bundesberggesetz mit Blick auf das Zulassungsverfahren (§§ 55ff. BBergG), allgemeine Anordnungsbefugnisse nach § 71 BBergG und Vorschriften zur Verhinderung unerlaubter Tätigkeiten gemäß §§ 72ff. BBergG1B3. Das Fehlen planerischer Instrumente184 und die sonstige Vielzahl planungebundener Einzelmaßnahmen werfen die Frage auf, ob der Befund aus regelungsimmanenten und damit sachlichen Gründen herrührt. Zum Teil läßt sich dies bejahen. So besteht hinsichtlich des flurbereinigungsrechtlichen Wege- und Gewässerplans die Besonderheit, daß er seinerseits Vorgabe für den Flurbereinigungsplan istlas. Schutzgebietsausweisungenlas entziehen sich aufgrundihrer Kleinräumigkeit und ihres von der aktuellen Situation der jeweils zu schützenden natürlichen Lebens-
181
1s2 183 184 185 186
Näher oben, bei Fn. 91. Zu Einzelheiten oben, bei Fn. 94. Zu weiteren Vorschriften vgl. oben, bei Fn. 96. Siehe oben, bei Fn. 166ff. Lilotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 607. Siehe oben, bei Fn. 37.
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grundlagen abhängigen Einsatzes einer längerfristigen planerischen Vorprogrammierung. Entsprechendes gilt in noch deutlicherem Maße für die übrigen Einzelmaßnahmen, sofern sie nicht die Zulassung großräumig raumbedeutsamer Vorhaben betreffen: Ihre zeitlich-punktuelle, von nicht voraussehbaren Umständen abhängige Anwendung macht sie planerisch nicht erfaßbar1B7. Damit bleibt untersuchungsbedürftig, ob es der Einführung einer Planbindung für die mit weitreichender Raumrelevanz verbundenen Zulassungstatbestände im Atom- und Bergrecht bzw. einer entsprechenden Ausweitung des Planungsinstrumentariums im Immissionsschutzrechvss bedarf1B9. cc) Überschneidungen zwischen Planung und Einzelentscheidung Werfen einerseits fehlende planerische Vorabentscheidungen Fragen auf, so sind andererseits Überschneidungen zwischen Planung und Einzelentscheidungen dort angelegt, wo die Nahtstelle zwischen beiden Instrumenten verläuft, nämlich auf örtlicher Planungsebene. Von besonderer Bedeutung ist dies im Verhältnis der Bauleitplanung zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in Anbetracht dessen, daß der Bebauungsplan Festsetzungen zum Zwecke des Immissionsschutzes treffen kann190. Indem hierdurch die Unterscheidung bzw. Abgrenzung zwischen Planung und Einzelinstrumentarium berührt wird, stellen sich Probleme rechtssystematischer Art191. 2.2.2.2 Die Bewertung von Einzelentscheidungen in vertikaler Sicht
Der Rechtsvergleich zeigt, daß die Zulassung von Vorhaben regelmäßig uno actu erfolgt. Zumindest bei Anlagen, die ein größeres Maß an zu bewältigender räumlich/technischer Komplexität mit sich bringen, kann das Bedürfnis entstehen, die Gesamtprüfung vertikal zu gliedern und dementsprechend Teilentscheidungen zu erlassenl92.
187 So besonders deutlich bei Instrumenten nachträglicher Anordnung, siehe etwa oben, bei Fn. 84 188 Siehe oben, bei Fn·. 170. 189 Hierzu unten,§ 14, bei Fn. 2ff., 275 190 Vgl. § 9 Abs. 1 Nr 24 BBauG und oben, bei Fn. 52. 191 Hierzu unten,§ 14, bei Fn. 469ff 192 Hierzu bereits grundsätzlich oben, bei Fn. 93
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Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
Das Umweltrecht trägt dem nur in Teilbereichen ausdrücklich Rechnung193. Im übrigen könnte daher ein gesetzgeberisches Defizit zu konstatieren sein. Das gilt auch im Hinblick auf Planfeststellungstatbestände, die nach positivem Recht grundsätzlich nicht (auf-)teilbar sind194. 2.3 Die Bewertung von Komplementär- und Konkretisierungsvorschriften
Die sonstigen rechtlichen Vorgaben werfen schon deshalb weniger Problemstoff auf, weil sie das eigentliche Instrumentarium des Umweltrechts lediglich ergänzen bzw. unterstützen- so die Vorschriften mit Komplementärfunktion195- oder durch Verfeinerung der gesetzlichen Inhalte der allgemeinen Optimierung des Gesetzesvollzugs dienen - so die Bestimmungen mit Konkretisierungsfunktion 196. Im übrigen lassen sich bei aller Heterogenität des Vorschriftenkanons gewisse Strukturelemente ausmachen. Das gilt hinsichtlich der Komplementärregelungen mit Blick auf die Bestellung von Betriebsbeauftragten, die Regelung von Kostentragungspflichten und Ordnungswidrigkeiten 197 • Wo solche Bestimmungen fehlen, liegen Sachgesetzlichkeiten der jeweiligen Rechtsmaterie zugrunde: Daß beispielsweise im Bundesnaturschutzgesetz ein Betriebsbeauftragter nicht vorgesehen ist, folgt aus dem nicht anlagenbezogenen Regelungsgegenstand des Gesetzes. Entsprechendes gilt für sonstige, zusätzliche Bestimmungen19B. Die Vorschriften mit Konkretisierungsfunktion machen deutlich, wie sehr gerade das Umweltrecht auf weitere Ausformung untergesetzlicher Art angewiesen ist. Hierin kommt nicht nur zum Ausdruck, daß sich das gesetzliche Abstraktionsniveau einer Aufnahme von Details, insbesondere spezifisch naturwissenschaftlicher oder technischer Einzelheiten, entzieht. Dervorgeschriebene - Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften steht auch für die Erkenntnis, daß der Dynamik wissenschaftlicher und technischer Entwicklungen nur durch flexible staatliche Handlungsformen entsprochen werden kann. Folgerichtig ist es daher, wenn - wie der Vergleich zeigt- die Zahl der Ermächtigungen zum Erlaß untergesetzlicher Vorschriften in den Bereichen auffällig zunimmt, wo es um die Zulassung Siehe oben, bei Fn. 83, 89, und näher unten, § 15, Fn. 390ff. Hierzu unten,§ 15, bei Fn. 408ff. 195 Mittel indirekter Verhaltenssteuerung, Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 108; siehe oben, nach Fn. 12. 196 Es dürfte sich um sog. rechtstechnische Vorschriften handeln, die einer Systematisierung ohnehin nur bedingt zugänglich sind, hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 360; siehe oben,§ 2, bei Fn. 30. 197 Siehe oben, bei Fn. 99 ff. 198 Vgl. etwa den sechsten Abschnitt des Bundesnaturschutzgesetzes, hierzu oben, bei Fn. 100. 193
194
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
135
technischer (Groß-)Anlagen geht, nämlich im Immissionsschutz- und Atomrecht199. Der Befund als solcher gibt damit keinen Anlaß zu weitergehenden Überlegungen. Fraglich kann allenfalls werden, wie die Heranziehung technischer Regelwerke des außergesetzlichen Bereichs als behördliche Entscheidungsgrundlage zu beurteilen ist200 , insbesondere ob insoweit eine Verrechtlichung geboten erscheint201 . Auch wird auf das Raumordnungsverfahren wegen seiner Ansiedlung zwischen Planung und Einzelinstrumentarien202, des weiteren aufgrund seiner diskutierten Indienstnahme als Umweltverträglichkeitsprüfung zurückzukommen sein2o3. Im übrigen scheiden die "weiteren" gesetzlichen Vorgaben als Gegenstand der Überlegungen zur Weiterentwicklung des Umweltrechts ebenso aus wie das unproblematische Umweltrecht mit lediglich mittelbarem Raumbezug. Der Klarstellung halber bleibt anzufügen, daß neben diesen sich aus der rechtsvergleichenden Analyse ergebenden Disharmonien, Divergenzen und Problemlagen rechtsgebietumgreifende Fragestellungen204 bestehen, die im nachfolgenden Teil der Untersuchung ebenfalls einer näheren Erörterung bedürfen: Wie angesprochen205 ist zu diskutieren, ob technische Regelwerke als antizipierte Sachverständigengutachten verstanden werden können, darüber hinaus, ob sie in Rechtssatzform zu erlassen sind2os. Daneben kommt Problemen des Rechtsschutzes im Umweltrecht bekanntlich besondere Brisanz zu2o7. Sie stellen sich u. a. im Hinblick auf die Eröffnung des Rechtsweges zu den (Verwaltungs-)Gerichten den Umfang der Klage- bzw. Antragsbefugnis und die gerichtliche Kontrolldichte2oa. In den Vordergrund tritt zunehmend der Rechtsschutz durch und im Verwaltungsverfahren209. Wenig geklärt ist nicht nur seine rechtliche Einord199 2oo 2o1 202 2o3 204 2o5 206 207
699.
2os 2o9
Siehe oben, bei Fn. 118, 122. Siehe hierzu oben, § 8, bei Fn. 4 ff. Hierzu sogleich und unten,§ 15. Hierzu unten,§ 16, bei Fn. 391. Vgl. unten, § 17, bei Fn. 30 ff. Siehe oben,§ 1, bei Fn. 20ff., § 2, nach Fn. 7, bei Fn. 12. Vgl. vorstehend und oben,§ 8, bei Fn. 4ff. Hierzu unten, § 15, bei Fn. 22ff. Vgl. nur Schmitt Glaeser, Der Landkreis 1976, 442; Blümel, DVBL 1975, 695, Hierzu unten,§ 16. Hierzu oben, Einleitung, bei Fn. 10, § 1, bei Fn. 25f.
136
Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
nung und damit sein Verhältnis zum Gerichtsverfahren21o. Erörterungsbedürftig wird auch, inwiefern Beteiligungsrechte Drittbetroffener im administrativen Verfahren vorzeitigen Verfestigungen der Entscheidungsbildung211 entgegenwirken können212.
Zwischenergebnis und weitere Vorgehensweise Zu den Ergebnissen der Auswertung Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen ist der Befund der vorangegangenen Auswertung. Dieser hat zum einen Abweichungen und Lücken erwiesen, die aus Gründen der Sachgesetzlichkeit nicht ohne weiteres zu rechtfertigen waren213 . Insoweit wird es um Fragen einer systematisierenden Angleichung und Lükkenfüllung anband der Kategorien des funktionalen Vergleichs gehen 214 . . Zum anderen hat der Befund Divergenzen grundsätzlicher Art ergeben. Hierzu zählen zunächst Abgrenzungsungewißheiten, etwa in Form sich überlappender gesetzlicher Zielvorgaben215 , unterschiedlichster Handlungstatbestände auf der Ebene der Einzelentscheidungen, deren rechtssystematisches Verhältnis klärungsbedürftig istm, sowie Überschneidungstendenzen im Verhältnis planerischer Mittel und des Einzelinstrumentariums zueinander217. Weiterhin hat sich herausgestellt, daß es aus horizontaler Sicht nicht nur im Bereich der Umweltplanungen, sondern auch in demjenigen der Einzelentscheidungen weitgehend an Verbindungen der Instrumente untereinander fehlt2 1s. Schließlich weist der Befund in vertikaler Hinsicht Unterschiede in der Art der Entscheidungsstufung auf, wiederum sowohl im Rahmen planerischer Mittel als auch bei umweltrechtlichen Einzelentscheidungen219.
Hierzu unten, § 16, bei Fn. 31ff. Vgl. oben,§ 8, bei Fn. 83ff. 212 Vgl. unten,§ 16, bei Fn. 998ff. 213 Siehe i.e. oben, bei Fn. 128ff. 214 Siehe oben, bei Fn. 131ff.; zum diesbzgl. methodischen Hintergrund oben,§ 2, bei Fn. 1 7 ff. 21s Siehe oben, bei Fn. 132ff. 21s Siehe oben , bei Fn. 157ff. 217 Siehe oben, bei Fn. 190. 21a Siehe oben, bei Fn. 149ff. 219 Siehe oben, bei Fn. 162 ff. 210
211
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
137
Zur Kompatibilität der Auswertungsergebnisse und allgemeiner Problemlagen des Umweltbereichs Diesen gesetzlichen Divergenzen entsprechen typische Problemlagen des Umweltbereichs: So stehen die Abgrenzungsungewißheiten für Vielfalt und Unübersichtlichkeit, mithin für die Heterogenität der Umweltagenden, die einer systematisierenden und harmonisierenden Einpassung bedürfen22o. Fehlende horizontale Verbindungen umweltrechtlicher Instrumente sind Ausdruck einer unzureichenden Berücksichtigung der Wirkungszusammenhänge im Naturkreislauf221 . Eine solchen Synergismen Rechnung tragende Sicht richtet sich folglich auf eine horizontale Konzentration der Handlungsmittel des Umweltrechts222. Unterschiedliche bzw. fehlende vertikale Stufungen der Entscheidungsprozesse sind nicht unproblematisch angesichts einer regelmäßig hohen Komplexität der Entscheidungssachverhalte und -gegenstände im Umweltbereich223. Solche Gegebenheiten ziehen tendenziell die Forderung nach einer vertikalen Dekonzentration des umweltrechtlichen Instrumentariums nach sich224 .
- Zur Effizienz als Kriterium für Weiterentwicklungen des Umweltrechts Angesichts dessen zielen Erörterungen- in diesem Rahmen- auf eine Verbesserung der Effizienz im Umweltrecht. Der Grundsatz der Effizienz stellt keinen außerrechtlichen Maßstab dar225, sondern ist als eines der Güter und Ziele der Rechtsordnung zu begreifen226, mithin als Rechtsprinzip; daß es sich nicht um eine Handhabe zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit administrativer Tätigkeit handelt227 , also kein typisches Verfassungsrechtsprinzip Hierzu allgemein oben, § 2; Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 929. Hierzu oben, Einleitung, bei Fn. 19ff. 222 Vgl. Breuer, NJW 1978, 1558, 1565; auch Jarass, DÖV 1978, 21; Scheuing, VVDStRL 40 (1982), S. 153, 179; auch Feldhaus, UPR 1983, 356; v . Lersner, der landkreis 1984, 63; Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 934: medienübergreifende Ausgestaltung. 22a Hierzu unten,§ 14, bei Fn. 402ff., § 16, bei Fn. 947; vgl.- unter dem Gesichtspunkt "negativer Koordinierung" - insoweit auch Scharpf, Komplexität, S. 85ff.; Mayntz, Öffentliche Verwaltung, S . 102ff.; Schmidt, VVDStRL 33 (1975), S. 183, 202f.; Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 931; Ossenbühl, Gutachten, S. B 40. 224 Breuer, NJW 1978, 1558, 1565; Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S . 193, 200 Fn. 17. 225 So aber wohl H. Krüger, Festschrift H. P. Ipsen, S . 79, 88, 91, 94. 22s Wahl, VVDStRL (1983), S . 151, 163 Fn. 32. 227 Greifeld, Rechnungshof, S. 31ff.; Wahl, VVDStRL 41 (1983), S . 151 , 163 Fn. 32; zur Effizienz allgemein Leisner, Effizienz, insbes. S. 45ff.; Held, Grundrechtsbezug, 22o 221
138
Dritter Teil: Rechtssystematische Analyse des Umweltrechts
ist, spielt im Hinblick auf die hier allein anstehende Beurteilung der rechtssatzförmigen Vorgaben für die administrative Tätigkeit keine Rolle. Effizienz ist - wie angemerkt - lediglich ein Rechtsprinzip unter mehreren. Diesbezügliche Erörterungen werden daher die Anforderungen anderer rechtlicher Grundsätze, wie etwa des Rechtsstaatsprinzips, der Kompetenzverteilung etc., zu berücksichtigen haben, die nicht nur Zusätzliches, sondern auch Widerläufiges in die Überlegungen einbringen können22B.
- Zum weiteren Vorgehen Ausgangspunkt der Erörterungen ist die einfach-gesetzliche Rechtslage. Neben der Berücksichtigung von Verbindungen des Umweltrechts zu anderen Regelungsbereichen wird das (Umwelt-)Recht der Länder insoweit mit in die Betrachtung einzubeziehen sein, als- etwa bei Rahmenregelungen des Bundesrechts-erst die Kombination von bundesrechtlicher Grundsatzregelung und landesrechtlicher Spezifizierung die zu ordnende Materie vollziehbar macht229. Sofern - gebotene - Weiterentwicklungen den Rahmen der geltenden Rechtslage sprengen, ist auf rechtlicheAusgestaltungende lege ferenda einzugehen. Das gilt auch für Fragen der Harmonisierung des Umweltrechts23o. Indem die Abhandlung auf die Ergebnisse der Auswertung des funktionalen Vergleichs abhebt, ist auch im weiteren deren Gliederungssystem zugrunde zu legen. Damit ergibt sich folgender Prüfungsablauf: Vorab ist zu fragen, ob eine Konkretisierung umweltrechtlicher Grundprinzipien der Harmonisierung des Rechtsgebiets dienlich ist. • Des weiteren wird erörterungsbedürftig, ob bzw. auf welchem Wege ein Abbau der Regelungsvielfalt gesetzlicher Ziel- und Zweckbestimmungen möglich ist. • Hinsichtlich des Instrumentariums der Umweltgesetze ist aus horizontaler Sicht zum einen nach Möglichkeiten einer engeren Vernetzung der Planungsformen zu suchen, nämlich der Umweltfachplanungen und der Gesamtplanungen des Umweltrechts untereinander und mit außerumS. 56ff.; Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 200ff.; Schmidt-Aßmann, JURA 1979, 505, 508f.; Schwarze, DOV 1980, 58lff.; weit. Nachw. bei Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 163; zur Zielvielfalt der Verwaltungseffizienz Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S. 193, 199f. 22s In diesem Sinne für die Frage der verwaltungsverfahrensrechtlichen Effizienz Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 157f. 229 Hierzu Leibholz I Rinck, GG, Art. 75 Rdn. 1 mit umfangr. Nachw. 230 Hierzu oben,§ 2, bei Fn. 11.
§ 10 Umweltnormen unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktionen
139
weltrechtlichen Planungen; zum anderen gilt es, der Parallelität von Einzelinstrumenten, insbesondere paralleler Zulassungsverfahren, entgegenzuwirken. • In vertikaler Hinsicht wird instrumentell zu überprüfen sein, wie die unterschiedlichen Konkretisierungsstufen der Planung und wie Überschneidungen zwischen planerischen Mitteln und denjenigen der Einzelentscheidung zu beurteilen sind. Im Rahmen der Einzelentscheidungen ist zum einen zu untersuchen, ob bzw. in welchem Umfang sie einer stufenden Aufgliederung zugänglich sind; zum anderen gilt es zu überlegen, welche Konsequenzen in jenen Bereichen zu ziehen sind, in denen eine Planungsebene als Vorgabe für die Einzelentscheidung(en)- gesetzlichnicht vorgesehen ist. Den zweiten (Haupt-)Fragenkreis innerhalb der Weiterentwicklung des Umweltrechts bilden die bezeichneten rechtsgebietumgreifenden Problemstellungen231, nämlich die Verrechtlichung technischer Regelwerke und Rechtsschutzfragen gerichtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Art.
231
Vgl. oben, bei Fn. 204ff., und grundlegend§ 1, bei Fn. 20ff., § 2, bei Fn. 12.
Vierter Teil
Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht: Systematisierung, Harmonisierung, Problemlösungen Vor diesem Hintergrund wenden sich die Überlegungen zum Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht - zunächst der Systematisierung und Harmonisierung im Bereich des rechtsgebietinternen Problemfeldes (hierzu§ 12, § 13 und§ 14 der Untersuchung) und - sodann Problemlösungen innerhalb der rechtsgebietumgreifenden Fragestellungen (hierzu§ 15 und§ 16 der Untersuchung) zu. Dem folgt ein Exkurs zur rechtlichen Einordnung der Umweltverträglichkeitsprüfung als neuartigem Instrument des Umweltrechts nach (hierzu§ 17 der Untersuchung).
Vorab gilt es freilich darauf hinzuweisen, daß Weiterentwicklungen des Umweltrechts nicht losgelöst vom außer-umweltrechtlichen Gefüge des Rechts erfolgen können (hierzu§ 11 der Untersuchung).
§ 11 Vorbemerkung: Zur Bedeutung außer-umweltrechtlichen Rechts für die weitere Untersuchung Erörterungen einer Systematisierung, Harmonisierung und sonstigen Weiterentwicklung des Umweltrechts sind kaum geeignet, abgesicherte und praktikable Ergebnisse zu Tage zu fördern, bliebe das außer-umweltrechtliche Normgefüge außer Betracht. Zum einen gilt es, rechtssystematische Grundmuster jener Rechtskreise mit heranzuziehen, um Weiterentwicklungen des Umweltrechts nicht in die rechtliche Isolation zu treiben. Zum anderen drängt sich die Berücksichtigung des übrigen Rechts wegen vielfältiger Verflechtungserscheinungen zwischen diesem und dem Umweltrecht auf. Hingewiesen sei nur auf die Wechselbeziehung zwischen luftverkehrsrechtlichen Anlagen und Umweltbereichen wie Natur, Landschaft, Luft, Boden und Wasserl.
§ 11 Zur Bedeutung außer-umweltrechtlichen Rechts
141
Gesetzliche Typisierungen und Klassifizierungen verstehen sich herkömmlicherweise vor dem Hintergrund rechtsstaatlicher Anforderungen der Verfassung, verkörpern gleichsam deren einfachgesetzliche Konkretisierung. Sowohl die Verwaltungsgerichtsordnung als auch die- jüngeren- Verwaltungsverfahrensgesetze sind weitgehend Verkörperungen dieser rechtsstaatlichen Deduktionsmodi; das zeigt etwa der Topos des Betroffenseins, dessen Ausprägungen sich durch die genannten Gesetze ziehen, beispielsweise in§ 13 VwVfG, § 42 Abs. 2 VwGO, § 113 Abs.l, 4 VwGO ihren Niederschlag gefunden haben. Zwar haben tatsächliche und rechtliche Entwicklungen die zentrale Bedeutung der Rechtsfigur des- eingreifenden- Verwaltungsakts minimiert, schlicht-hoheitliches Handeln bestimmt inzwischen weite Aktionsfelder der Verwaltung. Gleichwohl orientieren sich die Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze und der Verwaltungsgerichtsordnung noch weitgehend an punktuellen Einzelentscheidungen und deren Vollzugswirkung. Wie einleitend angesprochen, stellt das Umweltrecht hingegen ein Hauptaktionsfeld modernen Verwaltungshandeins dar, dem es weniger um Eingriff und Verbot geht, das vielmehr leitend, lenkend und verteilend auf die Lebensverhältnisse Einfluß nimmt2 • Es versteht sich als Daseinsvorsorge, ist damit Ausdruck vornehmlich des Sozialstaatsprinzipsa. Zwar wurzelt das Umweltrecht historisch gesehen in herkömmlichen Handlungsprinzipien, nämlich denjenigen des Polizei- und Gewerberechts. Nicht zuletzt die Einsicht in die Beschränktheit natürlicher Ressourcen hat hingegen den Vorsorgegedanken zwischenzeitlich in den Vordergrund treten lassen und damit das Gebot einer langfristigen, umfassenden, verschiedenste Wirkungszusammenhänge berücksichtigenden Sicht bei der Bewältigung der anstehenden Sachfragen und Probleme. Punktuelle und repressive Einzelmaßnahmen können im umweltrechtlichen Arsenal allenfalls flankierende oder komplettierende Funktionen übernehmen. Die zentralen Aufgaben sind entwicklungsbetont und setzen überdies von ihrer Natur fach- und ressortübergreifendes Handeln voraus. Hieraus die Schlußfolgerung zu ziehen, im Verwaltungsrecht vollziehe sich eine dualistische Konzeption, herkömmliches Handeln und moderne Verwaltungstätigkeit erfolgten in streng voneinander geschiedenen Bahnen, wäre indes verfehlt. Zwar gibt es weiterhin Bereiche des öffentlichen Rechts, die sich sozialstaatliehen Sichtweisen nicht oder allenfalls marginal erschließen; zu denken ist etwa an das öffentliche Dienst- und Beamten1 2
3
Zum Verhältnis des Energierechts zum Umweltschutz Oligmüller, ZRP 1983, 69. Vgl. hierzu oben, Einleitung, bei Fn. 7f. Vgl. hierzu oben, ebd.
142
Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
recht. In anderen, bislang rein rechtsstaatlich programmierten Aufgabenfeldern ist jedoch ein zunehmender Trend zu verzeichnen, aktiv initiierend und damit entwicklungsbetont auf das gesellschaftliche Geschehen Einfluß zu nehmen. Prägnanten Ausdruck findet dieser Vorgang in der Vielzahl zukunftsgerichteter Planungen etwa des Schul- oder Krankenhaus(bedarfs)rechts. Auch im Polizei- und Ordnungsrecht wird vielfach vom Mittel der Eingriffsverfügung zugunsten vertraglicher Vereinbarung abgegangen. Am deutlichsten zeigt sich diese Entwicklung im Wirtschaftsverwaltungsrecht, das unter den hier interessierenden Kategorien zu Recht mit dem Umweltrecht verglichen wird4. Nur konsequent ist daher das Bemühen des Gesetzgebers, dem strukturellen Annäherungsprozeß rechtsstaatlich und sozialstaatlich geprägter Handlungstypens durch Vorschriften der Verknüpfung zwischen Umweltrecht und sonstigen Rechtskreisen Rechnung zu tragen. Beispiele- vornehmlichim planerischen Bereich sind Raumordnungsklauseln in Fachgesetzens, in gleichem Sinne Umweltschutzklauseln, aber auch das durch die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege eingeführte Instrument des landespflegerischen Begleitplans bei umweltrelevanten Maßnahmen anderer Ressorts 7 • Vervollständigt werden diese materiellen Maßgaben durch Beteiligungsvorschriften zugunsten der für Umweltschutz zuständigen Stellen in herkömmlichen fachlichen Verfahrens. Ähnliches gilt für die Ebene der Einzelentscheidungen, nämlich der Genehmigungen, Erlaubnisse, Planfeststellungen etc. Materiell erfolgt die Verknüpfung vielfach durch Gemeinwohlklauseln9, durch Berücksichtigungsgebote zugunsten öffentlicher Interessen, teilweise aber auch in Form konkreter Umweltschutzkautelen wie derjenigen möglichster Trennung unverträglicher Nutzungen nach § 50 BimSchG oder derjenigen des § 8 Abs. 2 BNatSchG 10• Auch hier bestehen oftmals verfahrensrechtliche Mitwirkungsbefugnisseder für Umweltschutz zuständigen Stellen, lückenfüllend wirkt im übrigen§ 3 Abs. 2 BNatSchG. Der Abriß zeigt, daß das Umweltrecht und sonstige Rechtskreise keineswegs unverbunden im Rechtssystem stehen. Die nachfolgenden Überlegungen, eben diejenigen zur Weiterentwicklung des Umweltrechts, werden diesen Befund im Auge zu behalten haben, weil Sendler, JuS 1983, 255, 255. Hierzu bereits oben, Einleitung, bei Fn. 7f. 6 Umfassend Forsthoff I Blümel, Fachplanungen; Schmidt-Aßmann, Raumordnungsklauseln, S. 27. 7 Siehe oben, § 10, bei Fn. 40. B Vgl. insbes. § 3 Abs. 2 BNatSchG. 9 Ossenbühl, VR 1983, 301, 304ff. IO Zu letzterer Vorschrift, die den Naturschutz zu einer echten Querschnittsaufgabe mache, Gassner, NuR 1984, 81, 81, dort auch zur Erweiterung ihres Anwendungsbereichs durch das Recht der Länder, a. a. 0 ., 83. 4
5
§ 12 Weiterentwicklung der Prinzipien des Umweltrechts
143
(solche) Verflechtungen in Teilbereichen Vorbildcharakter für Weiterentwicklungen in anderen Aufgabenfeldern des Umweltrechts haben können, es Auswirkungen nicht umweltrechtlicher Gesetze bzw. Rechtsgebiete auf das Umweltrecht zu berücksichtigen gilt und eine isolierte Betrachtungsweise des Umweltrechts aufgrund des beschriebenen Wirkungsgefüges zwischen Umweltbedingungen und sonstigen Faktoren - nicht zuletzt auch finanzieller Art - zu sachinadäquaten, verkürzten Beurteilungen führen muß. § 12 Weiterentwicklung der Prinzipien des Umweltrechts Eine Fortentwicklung umweltrechtlicher Grundprinzipien 1 im Sinne ihrer Konkretisierung wird - sofern sie überhaupt Gegenstand der Diskussion ist - von der Sache her als nicht möglich, im übrigen als ungeeignetes Mittel zur Harmonisierung des Umweltrechts2 angesehen: Es handele sich um Grundsätze politischen Ursprungs, die über keine allgemeine gesetzliche Verankerung verfügten, sondern recht unterschiedliche spezialgesetzliche Ausformungen aufwiesen. Ihr hohes Abstraktionsniveau minimiere die Eignung zur Probleinlösung. Ohnehin sei die Rechtslandschaft des Umweltrechts zu heterogen, als daß eine detaillierende Aufgliederung der Prinzipien gleichermaßen Aussagekraft für sämtliche Umweltgesetze äußern könnte. Angesichts dessen lieferten sie zwar einen Beitrag zur Beantwortung umweltrechtlicher Fragen, nicht aber handele es sich um die zentralen Mittel zu deren Bewältigung3. Zutreffend ist, daß die Lösung umweltrechtlicher Problemlagen in erster Linie auf der Ebene des jeweiligen gesetzlichen Regelungsbereichs ansteht. Auch zeigen z.B. die einfachgesetzlichen Ausformungendes Vorsorgeprinzips4, daß hiermit keine Konkretisierung des Grundsatzes einhergeht: Eingeführt wird lediglich der Vorsorgebegriff als solcher. Die eigentlichen Fragen der Geltungskraft und des Geltungsumfangs umweltrechtlicher Vorsorge sind damit nicht- spezialiter- entschiedens.
Hierzu oben, § 9. Zum Begriff oben, § 2, bei Fn. 11. 3 Sendler, JuS 1983, 255, 257; vgl. beispielsweise die am Vorsorgeprinzip orientierte atomrechtliche Diskussion über die nähere Abgrenzung zwischen Gefahrenabwehr, Risikovorsorge und Restrisiko (etwa Bender, NJW 1979, 1425, 1426; Breuer, DVBl. 1978, 829, 835; zuletzt Ronellenfitsch, Genehmigung, § 6 IV 3 c)); bereits die Abgrenzung als solche ist in der Praxis nicht umsetzbar, Rittstieg, Technische Standards, S . 37ff. 4 Siehe oben, § 9, bei Fn. 5 ff. 5 Vgl. zur Kontroverse um§ 5 Nr. 2 BlmSchG ansatzweise oben,§ 9, bei Fn. 17, und im einzelnen unten,§ 14, bei Fn. 480ff. I
2
144
Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
Gleichwohl kommt den umweltrechtlichen Grundprinzipien, insbesondere dem Vorsorgegrundsatz, gerade aus rechtssystematischen Gründen mehr an Bedeutung als eine bloße Komplementärfunktion zu. Zum einen steht der politische Ursprung nicht ihrer Qualität als Rechtsprinzipien entgegen. Zum anderen gewährleisten sie als Interpretationshintergrund6 , daß Rechtsfragen des einfachen Rechts nicht isoliert beantwortet werden, sondern aufgrund des rechtsgebietübergreifenden Gehalts der Grundsätze unter Berücksichtigung der rechtssystematischen Einbindung der jeweiligen Regelungen in das Umweltrecht. Folglich verbietet der Abstraktionsgrad der Grundprinzipien zwar die Erwartung, daß ihnen unmittelbar Problemlösungen entnommen werden können. Wohl aber kommt ihnen ein erheblicher Stellenwert im Rahmen der rechtssystematischen Auslegung und Einordnung umweltrechtlicher Normen zu 7•
§ 13 Weiterentwicklung der Zweck- und
Zielbestimmungen der Umweltgesetze
Die vergleichende Beurteilung gesetzlicher Zielbestimmungen des Umweltrechts 1 hat verdeutlicht, daß ein Abbau der vorhandenen Multifinalität erforderlich ist. Neben dem Verzicht auf die- ohnehin nicht qualifizierbare2- GemeinwohlklauseP sind die Gesetzesziele auf die jeweiligen (umwelt-)fachlichen Aufträge zu beschränken und damit zu präzisieren4 • Dabei kann der Hinweis auf die Abwägung mit sonstigen Belangen, wie sie etwa das Naturschutzrecht vorsieht5 , entfallen. Die Lösung raumrelevanter Zielkonflikte ist auf dem Abstraktionsniveau gesetzlicher Zweckbestimmungen ohnehin nicht erreichbars, sondern allenfalls im Rahmen der Planung7 .
s Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 86. 7 Zum Vorsorgeprinzip insoweit unten,§ 14, bei Fn. 480ff. I Siehe oben,§ 10, bei Fn. 131 ff. 2 Ossenbühl, VR 1983, 301, 302. 3 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 132. 4 Abweichendes gilt dann, wenn die nachfolgenden Erörterungen einen Ausbau des Aufgabenfeldes bestimmter Umweltgesetze nahelegen sollten, hierzu unten, § 14, bei Fn. 7ff. 5 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 136. 6 Ossenbühl, VR 1983, 301, 305. 7 Schoeneberg, S. 105ff.
§ 14 Weiterentwicklung des Instrumentariums
145
Im übrigen ist die Koordination widerläufiger Interessen räumlicher Art wesensmäßig nicht Aufgabe einzelner Fachgesetze, sondern die der querschnittsorientierten Gesamtplanungens. Soweit die Gesetze mehrere Umweltmedien schützen9, ist das primäre Schutzgut in den gesetzlichen Zielbestimmungen als solches festzuschreiben und klarzustellen, daß weitere Medien -lediglich- in zweiter Linie miterfaßt werden. Sind mehrere Medien gleichrangig Schutzobjektlo, so bedarf es ebenfalls einer entsprechenden ausdrücklichen rechtlichen Verdeutlichung. Darüber hinaus sollten aus Gründen der Harmonisierung die binnengesetzlichen Zielkonflikte des Atom-, Bundeswald- und Flurbereinigungsgesetzes bereinigt werden, und zwar zugunsten des umweltschutzbezogenen Schutzzwecks11 . Solches folgt für das Atomrecht bereits aus der Interpretation des§ 1 Nr.l und 2 AtG12 , für das Wald- und Forstrecht aus dem gewandelten Aufgabenverständnis, das den wirtschaftlichen Nutzungszweck zurücktreten läßt13; entsprechendes gilt für den Bereich der Flurbereinigung, deren - zumindest - künftiger Auftrag sich auf den Schutz der natürlichen Umwelt richtet14. Nur im Recht der Raumordnung/Landesplanung und im Bau(planungs)recht ist die Zielkomplexität des geltenden Rechts beizubehalten, und zwar aufgrund der querschnittsartigen Abstimmungsaufgabe dieser Bereiche staatlichen Handelns 15 • Damit werden weder fachgesetzliche Aufgabenfelder beschnitten noch kommt es zu einer Doppelspurigkeit bei der Erledigung gesetzlicher Aufträge: Lediglich die Koordination fachlichen Handeins ist Gegenstand der raumordnerischen und bauplanerischen Tätigkeit, nicht aber das Handeln selbstls.
§ 14 Weiterentwicklung des Instrumentariums Instrumentelle Weiterentwicklungen betreffen die Mittel der Planung und der Einzelentscheidung(en) in Form der Zulassungsverfahren. Ihnen ist wiederum!- in horizontaler und vertikaler Sicht nachzugehen. a Ernst, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 1. 9 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 134. 10 Siehe oben, § 10, bei Fn. 135.
Grundsätzlich hierzu Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 84. Siehe oben, § 7, bei Fn. 36. 1a Siehe oben,§ 7, bei Fn. 37. 14 Erbguth, Weiterentwicklung, S. 36 m. w . N. 1s Näher Book, Bodenschutz, S. 31ff. 16 Vgl. nur Ernst, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 58. 1 Hierzu oben,§ 10, bei Fn. 139f. 11
12
10 Erbguth
146
Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
1. Weiterentwicklung des Planungsinstrumentariums in horizontaler Sicht Weiterentwicklungsüberlegungen, die dem Planungsinstrumentarium in horizontaler Sicht, d. h. auf gleicher Ebene staatlicher Tätigkeit, gelten, richten sich zum einen auf die überörtlichen Mittel der Planung und zum anderen auf jene örtlicher Art, nämlich solche, die innerhalb gemeindlicher Gebietsgrenzen Einsatz finden. Bevor hierauf näher einzugehen ist, bleibt festzuhalten, daß die Analyse des Umweltrechts das Fehlen jeglicher Planungsformen berg- und atomrechtlicher Art zeigt2. Daß Fragen großräumiger Standortfindung und -verteilung in diesen Rechtskreisen planerische Vorgaben sachlich gebieten, macht der Einsatz raumordnerischer Instrumentarien in Form von Standortsicherungsplänen und Braunkohlenplänen in der Praxis deutlich3. Den gesamtplanerischen Mitteln kommt jedoch nur eine bedingt lückenfüllende Wirkung zu: Aufgrund ihres überfachlichen Gehalts4 vermögen sie Flächen freizuhalten, nicht hingegen eine umfassende atom-und bergrechtliehe Bedarfs- und Standortplanung zu ersetzen5 • Vonnöten ist daher die Aufnahme von Vorschriften über eine landesweite Fachplanung in diese Gesetzes. 1.1 Weiterentwicklung der überörtlichen Umweltplanung
Die unzureichende Verbindung von Umweltplanungen gleicher staatlicher Handlungsebene untereinander und im Verhältnis zu herkömmlichen Fachplanungen7 gibt Anlaß, Möglichkeiten einer- engeren- Vernetzung im Sinne horizontaler Konzentrations zu untersuchen, hier zunächst auf überörtlicher Ebene. In horizontal-überörtlicher Hinsicht kann auf anderweitige Vorschläge zurückgegriffen werden9; zu überprüfen bleibt, ob ihnen rechtliche Bedenken entgegenstehen, im übrigen, ob sie zu sachgerechten Lösungen führen. z Siehe oben, § 10, bei Fn. 171. Hierzu Wahl, DÖV 1981, 597, 599ff., sowie§§ 24ff. LPlG NW. 4 Hierzu näher,§ 10, bei Fn. 147. 5 Wahl, Bürgerbeteiligung, S. 113, 124ff.; Schmidt-Aßmann, Umweltschutz, S. 117, I 177ff. 6 Zum Bergrecht vgl. Hoppe, UPR 1983, 105, 114; zum Atomrecht näher unten, § 14, bei Fn. 515f. 7 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 155f. s Hierzu oben,§ 10, bei Fn. 218. 9 Vgl. Boese I Eckstein I Schier, Integrierte Umweltschutzpläne, S. 26; Erbguth, Weiterentwicklung, S. 30ff.; hierzu auch Breuer, Umweltschutzrecht, S . 633, 666, 3
§ 14 Weiterentwicklung des Instrumentariums
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1.1.1 Vernetzung der Umweltfachplanungen Vorschläge einer engeren Verbindung der Umweltfachplanungen Ia untereinander richten sich - auf die Ausgestaltung der überörtlichen Landschaftsplanung zur Leitplanung des Umweltrechts sowie - auf die Einführung einer integrierten Umweltplanung. 1.1.1.1 Ausgestaltung der überörtlichen Landschaftsplanung zur umweltrechtlichen Leitplanung Eine dergestalt erweiterte Landschaftsplanung hätte die überörtlichen, vollzugsbedürftigen (Fach-)Planungsformen des raumbezogenen Umweltrechts in sich aufzunehmen, also die wasserwirtschaftliche und forstliche Rahmenplanung, die Luftreinhalteplanung u .a .m .u, nicht aber die Raumordnung/Landesplanung als Gesamtplanungiz. Verfassungsrechtliche, insbesondere kompetenzrechtliche Bedenken bestehen gegenüber dem Modell nicht13 . Die Einschmelzung führt freilich zu Forderungen an den Gesetzgeber. Die bestehenden Vorschriften sind auf eine sektorale Erledigung des Gestaltungsauftrags umweltrechtlicher Planungen zugeschnitten. Folglich zöge eine Erweiterung der landschaftspflegerischen Planungsaufgabe Konsequenzen legislativer Art nach sich. In materieller Hinsicht müßten die Ziele und Grundsätze der§§ 1, 2 BNatSchG (sowie entsprechender Ländervorschriften), vor allem aber die Regelung des § 5 BNatSchG auf den umfassenderen Gehalt der Landschaftsplanung zugeschnitten werden. Aufzunehmen wären also Inhaltsbeschreibungen, die klarstellten, daß die Planung als umweltschützende Leitplanung auch forstliche, wasserwirtschaftliche Ausweisungen etc. vorzunehmen hätte. Dementsprechend wären die Gesetze des Bundes und der Länder, deren Planungsinstrumentarien in der Landschaftsplanung aufgehen würden, dahingehend zu modifizieren, daß anstelle der bislang vorgesehenen (Einzel-) Pläne auf die Planungsmittel der Landschaftspflege und des Naturschutzes verwiesen würde. In verfahrensrechtlicher Hinsicht könnten einzelgesetzliche Bestimmungen zur Trägerschaft und zum Planungsverfahren zugunsten der entspresowie Hoppe, Rechtsgrundlagen, S. 5; Uppenbrink, Integrierter Umweltplan, S. 21; Wahl, Integration, S. 43; bereits Ernst I Hoppe I Erbguth I Schlarmann, S . 64. 10 Zum Begriff oben,§ 10, bei Fn. 148, und Püchel, DVBl. 1983, 740. u Siehe oben, § 10, bei Fn. 32 ff. 12 Ein ähnlicher Gedanke findet sich bei Book, Bodenschutz, S. 168ff.: Landschaftsplanung als Leitplanung des Bodenschutzes. 13 Erbguth, Weiterentwicklung, S. 30ff., 44ff. 10'
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
ehenden Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes- und der ausfüllenden Landesregelungen- entfallen. Andererseits genügen (dann) die das Aufstellungsverfahren der Landschaftsplanung betreffenden Regelungen deren weitergesteckten Inhalten und Aufgaben nicht mehr. Insbesondere sind Beteiligungsmodi zugunsten der - gleichsam ersetzten - Planungsträger in den forst- und wasserwirtschaftliehen Bereichen zu schaffen, und zwar rechtstechnisch im Sinne von Einvernehmensvorbehalten14 . Die Zusammenführung wichtiger Agenden des Umweltschutzes in der Landschaftsplanung hat den Vorteil, daß die umweltschützenden Erfordernisse gebündelt und in sich, also intern abgestimmt werden. Solcherart geht der Belang Umwelt in zusammengefaßter, nicht- wie bisher- segmentierter Form in den koordinierenden Prozeß der überörtlichen Gesamtplanung Raumordnung und Landesplanung ein. Dem Belang Umweltschutz käme aufgrund der damit erreichten Aggregiertheit ein deutlich gesteigertes Gewicht im landesplanerischen Abwägungsvorgang und eine verbesserte Durchsetzungsfähigkeit gegenüber herkömmlichen Fachplanungen zu. Gleichwohl sind unter Effizienzgesichtspunkten Zweifel an dieser These geäußert worden15 • Sie leiten sich zum einen aus dem Umstand her, daß das Einschmelzen der Umweltplanungen in die Landschaftsplanung ihren internen Abgleich untereinander bedingt. Das aber bedeute ein potentielles Hintansetzen einzelner Umweltbereiche zugunsten anderer im Falle sich überlappender räumlicher Inanspruchnahmen. Hieraus folge, daß in den gesamtplanerischen Abwägungsvorgang der Raumordnung und Landesplanung zwar ein gebündelter Umweltbelang eingehe; dieser sei jedoch in seinen Einzelausprägungen aufgrund der vorangegangenen Koordination bereits verkürzt, gleichsam zusammengeschnitten. Demgegenüber habe sich die Raumordnung nach gegenwärtigem Rechtszustand mit einer Vielfalt planerisch erfaßter Umwelterfordernisse zu beschäftigen, die jeweiligen Einzelbelange des Umweltschutzes - seien es solche wasserwirtschaftlicher Art oder solche der Abfallbeseitigung u.a.m. -gingen unverkürzt in den Koordinierungsvorgang der überörtlichen Gesamtplanung ein; letztere habe jede dieser Einzelausprägungen nach Maßgabe des rechtsstaatliehen Abwägungsgebots angemessen zu berücksichtigen. Eine solche Betrachtung berücksichtigt indes nicht hinreichend, daß die Umweltplanungen bzw. -belange im gesamtplanerischen Abwägungsprozeß auf Raumansprüche der herkömmlichen Fachplanungen - etwa des Straßenrechts- treffen. Sind die Umweltpläne im Verhältnis zueinander nicht 14 Hoppe, Rechtsgrundlagen, S . 5, 10; hierzu näher im Zusammenhang mit der Behandlung der Konzentrationswirkung, unten bei Fn. 134ff. 15 Vgl. hierzu Erbguth, Weiterentwicklung, S. 46ff.
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abgestimmt, konfligieren sie gar, so ist ihre Durchsetzungkraft gegenüber jenen Fachplanungen von vornherein reduziert; dies um so mehr, als die außer-umweltrechtlichen Fachplanungen regelmäßig intern harmonisiert sind 16. Damit tritt aber eine stärkere "Reduzierung" umweltplanerischer Belange ein als im Wege des umweltinternen Abgleichs. Der letzte Weg erscheint auch deshalb vorzugswürdig und aufgabenadäquat, weil hier die zuständigen Umweltbehörden selbst über Konflikte zwischen Umweltbelangen entscheiden, der umweltinterne Abgleich mithin nicht unter gleichzeitiger Auseinandersetzung mit sonstigen Fachplanungen und deren Trägern erfolgt. Die angeführten Bedenken vermögen folglich das Modell der umweltrechtlichen Leitplanung als solches nicht in Frage zu stellen. Sie geben lediglich Anlaß, das durch die erweiterte Landschaftsplanung zu bewältigende Konfliktpotential möglichst gering zu halten. Dem wird entsprochen, wenn typischerweise besonders konfliktträchtige Planungen des Umweltrechts, eben jene mit umweltbeanspruchender Wirkung17 , nicht in die Leitplanung eingebunden werden, also insbesondere nicht die Abfallbeseitigungsplanung18. Eine solcherart erweiterte Landschaftsplanung ist aus zwei weiteren Gründen zu favorisieren. Die überörtliche Landschaftsplanung vollzieht sich wie die Raumordnung und Landesplanung auf hochstufiger (Landschaftsprogramm) und mittlerer Ebene (Landschaftsrahmenpläne)l9. Als Leitplanung des Umweltschutzes vermag sie damit sowohllandesweit als auch regional in das gesamtplanerische Instrumentarium einzugehen: Erreicht wird eine ebenenspezifische instrumentelle Konkordanz. Des weiteren spricht für die Erweiterung der Landschaftsplanung, daß ihr ohnehin bedeutsame Aufgaben zuwachsen werden, nämlich im Rahmen des Bodenschutzes2o. Bei der Bewältigung dieser Problematik kommt ihr insofern eine zentrale Stellung zu, als landschaftsplanerische Ausweisungen dem- rapide zunehmenden- Bodenverbrauch entgegenzuwirken haben21 .
Vgl. hierzu m. w . N. Erbguth, BayVBl. 1981, 577, 583. Vgl. oben,§ 7, bei Fn. 22ff., § 10, bei Fn. 32ff. 1a I.d.S. Uppenbrink, Integrierter Umweltplan, S. 21, 32. 19 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 38. 2o Vgl. Bodenschutzkonzept des Bundesministers des Innern, Entwurf; Storm, Agrarrecht 1983, 233; v. Lersner, NuR 1982, 201ff.; Bachmann I Hübler, Bodenschutz, S . 2f. 21 Während der Schutz vor Schadstoffeintrag primär eine Aufgabe des stoffbezogenen Umweltrechts ist, Erbguth, UPR 1984, 241, 248. 16 17
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht 1.1.1.2 Einführung einer integrierten Umweltplanung
Darüber hinausgehend wird die Einführung einer integrierten Umweltplanung diskutiert, also einer Zusammenfassung sämtlicher Umweltpläne in einem holistischen Gesamtplan22. Gegenüber der Rechtsfigur als solcher bestehen verfassungsrechtliche Bedenken23. Dem Bund kommt keine umfassende Gesetzgebungskompetenz im Umweltbereich zu. Auchkraft Sachzusammenhangs, aus der Natur der Sache oder aus Gründen der Kompetenzkombination läßt sich nichts Weitergehendes herleiten24 • Der damit bestehende- (bundes-)kompetentielleFreiraum unterfällt nach Art. 70 GG dem Landesgesetzgeber, dies freilich auch rechtlich - nur bedingt; denn eine landesgesetzlich geregelte integrierte Umweltplanung müßte sich einpassen in das bereits vorhandene System bundesgesetzliehen Umweltschutzes, soll es nicht zu einem Verstoß gegen Art. 31 GG kommen. Auch hier gilt daher, was im Zusammenhang mit dem Problem der Einführung einer Stadtentwicklungsplanung herausgestellt worden ist25: Vonnöten wäre ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesgesetzgeber(n), um eine systemgerechte Einbindung des neuen Planungstyps zu erreichen. Dieser Befund könnte aus der Sicht des Bundes die Forderung nach einer Erweiterung des grundgesetzliehen Kompetenzkatalogs nahelegen, nämlich im Sinne der Einführung einer Bundeszuständigkeit zur Regelung der integrierten Umweltplanung. Dem widerstreitet jedoch, daß unter Geltung des Grundgesetzes bereits verschiedentlich durch Aufnahme weiterer Bundeskompetenzen in die Art. 70 ff. GG Gewichtsverschiebungen auf Kosten der Länder herbeigeführt worden sind. Ein neuerlicher Vorgang dieser Art, zudem im Hinblick auf einen besonders gewichtigen Aufgabenbereich, würde solche Zentralisierungstendenzen verstärken und damit die bundesstaatliche Ordnung des Staatswesens in Frage stellen. Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß das Instrument "integrierter Umweltplan" über allgemeine Beschreibungen hinaus bislang praktisch keine Konturen hat. Es fehlt an abgesicherten Konkretisierungen des Planungstyps im Hinblick auf Verfahren, Inhalt und Wirkungsweise. Dieses Stadium des Erkenntnisstandes steht jedenfalls einer "voreiligen Fixierung und Zementierung" entgegen26. 22 Hierzu Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 677f. m. w.N.; Uppenbrink, Integrierter Umweltplan, S. 21. 23 Darüber hinausgehende, verwaltungs- und planungspraktische Bedenken bei Book, Bodenschutz, S. 170f. (am Beispiel des Bodenschutzes). 24 Einzelheiten bei Erbguth, DÖV 1984, 699, 701 ff. ; ähnliche Erwägungen unter dem Gesichtspunkt einer eigenständigen Bodenschutzplanung bei Ebersbach, Landverbrauch, S. 38ff. 25 Schmidt-Aßmann, Stadtentwicklungsplanung, S . 101, 137.
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1.1 .2 Umweltplanungen und herkömmliche Fachplanungen
Was das Verhältnis der Umweltplanungen zu außer-umweltrechtlichen Planungsformen anbelangt, richten sich die Vorschläge - zum einen auf eine Verstärkung der Stellung des Umweltschutzes in herkömmlichen Fachplanungen, zum anderen auf eine Einbindung der Umweltplanungen in das gesamtplanerische Instrumentarium der Raumordnung und Landesplanung27. 1.1.2.1 Verstärkung des Umweltschutzes in herkömmlichen Fachplanungen
Dem Modell einer Verstärkung des Umweltschutzes im Gefüge herkömmlicher staatlicher Fachplanungen geht es zunächst um eine Verbesserung der verfahrensrechtlichen Stellung des Umweltschutzes im fachplanerischen Planungsvorgang2s, vornehmlich aber um das materielle Gewicht des Umweltbelangs für die fachplanerische Abwägung29. Insoweit werden Rechtsfiguren des sog. absoluten und relativen Vorrangs des Umweltschutzes diskutiertJo. Nach allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlicher Abwägung wächst die Bedeutung des Belangs Umweltschutz für den Abwägungsvorgang und sein Ergebnis in dem Umfang, in dem die Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie von Natur und Landschaft zunimmt31. Das Maß der 2s So Schmidt-Aßmann, Stadtentwicklungsplanung, S. 101, 137, zu ähnlichen Fragen im Zusammenhang mit der Einführung einer Stadtentwicklungsplanung; Ansätze einer inhaltlichen Beschreibung liefert Uppenbrink, Integrierter Umweltplan, S. 21, 32. 27 Zum Begriff oben,§ 10, bei Fn. 147. 2s Erbguth, Weiterentwicklung, S. 49ff. 2e Nicht aber um die Beachtlichkeit externer Planungsleitziele des Umweltrechts oder die Einführung eines entsprechenden internen Planungsleitsatzes, vgl. Erbguth I Püchel, NuR 1984, 209, 212ff.; zum Bodenschutz bei Fachplanungen für umweltbeanspruchende Vorhaben Book, Bodenschutz, S. 160ff.; zu § 8 Abs. 2 BNatSchG insoweit, der aber nicht die Planungsebene erlaßt, dies., S. 175, unter dem Blickwinkel etwaigen Novellierungsbedarfs; Bückmann I Cebulla I Patzak I Voegele, UPR 1986, 89. 30 Erbguth I Püchel, NuR 1984, 209, 216; instruktiv zum Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung mit einer Vielzahl von Daten und Fakten Brunk, Städt eT 1983, 686, 688 ; ein ähnlicher- nicht auf den Umweltschutz beschränkter- Gedanke findet sich inzwischen auch in der Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil v. 22. 3. 1985- 4 C 73.82 -, NuR 1985, 320, 321; zum Gedanken der relativen Priorität kritisch, wenn auch ohne abweichende Ergebnisse, Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 51ff. 31 Hierzu m. w.N. auf Rechtsprechung und Literatur Erbguth I Püchel, NVwZ 1984, 209, 216 ; vgl. auch BayVGH, Urteil v. 7. 7. 1983 - Nr. 22 N 82 A 772 -, DVBL 1983, 1157, 1161, wonach die Intensität der Begründungspflicht nach dem Grad der Betroffenheit zunimmt; Erbguth, Immissionsschutz, S. 77; eingehend auch Book, Bodenschutz, S. 47ff.
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Bedrohung ergibt sich aus den Informationen, die die zielgesteuerte Sammlung des Abwägungsmaterials ergeben hat. Wenn diese ökologischen Kataster eine verläßliche Aussage dazu machen können, welche konkrete Belastung durch das geplante Fachvorhaben zu welchen Folgen (schädliche Umwelteinflüsse) führt, und ist nach einer solchen Aussage eine Erreichung der Gefahrengrenze abzusehen, sind etwa funktionsgefährdende Dauerschäden des Naturhaushalts zu erwarten, so wird die sich aus dem Zusammenspiel der normativen Vorgaben und der konkreten Informationen ergebende Vorrangigkeit des Umweltschutzes gegenüber anderen Belangen ersichtlich32. Kein anderer Belang kann nach der Wertigkeit der infrage stehenden Rechtsgüteraa von solch objektiver Gewichtigkeit sein, daß er eine evtl. Verstärkung schädlicher Umwelteinwirkungen bis zur Gefahrengrenze hin rechtfertigen könnte. Eine Planung, die dieser besonderen Gewichtigkeit des Umweltschutzbelangs nicht bzw. nicht hinreichend Rechnung trägt, wäre demnach rechtsfehlerhaft34. Stellt die Schwelle der Gesundheitsgefährdung insoweit eine absolute Planungsschwelle auf, so ist unterhalb dieser Schwelle von einem relativen Vorrang zu sprechen. Relativ heißt der Vorrang deshalb, weil eine Abwägung in der konkreten Planungssituation auch zur Bevorzugung eines anderen Belangs zu führen vermag. Allerdings kann die konkret festgestellte Vorrangigkeit des Umweltschutzes nur dann zugunsten eines anderen Belangs überwunden werden, wenn angehbare und beweisbare Gründe zugunsten des anderen, jeweils konkurrierenden Belangs die Wertigkeit des Umweltschutzbelangs erreichen35. 1.1.2.2 Einbindung von Umweltplanungen in die Raumordnung und Landesplanung
Wie angesprochen36, stellt die Raumordnung und Landesplanung schon von ihrer Aufgabenstruktur ein Bindeglied zwischen Umweltplanungen und herkömmlichen Fachplanungen dar, weil Gegenstand ihrer Koordinierung sämtliche raumrelevanten Pläne und sonstigen Maßnahmen sind37. Eine weitergehende Konsolidierung des Umweltschutzes gegenüber herkömmlichen Fachinteressen wird im Wege der Einbindung umweltrechtlicher Planungsformen in die gesamtplanerischen Instrumente erreicht. Ansätze dieser Art im geltenden Recht3 8 sind daher fortzuentwickeln. Inso32 33
34 35 36 37 38
Vgl. Erbguth I Püchel, NuR 1984, 209, 216. Dazu Schlichter, NuR 1982, 121, 123. So zu Recht Kuhl, S. 74; Muthesius, StädteT 1977, 684, 688. Näher Erbguth I Püchel, NuR 1984, 209, 216m. w .N. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 138. Zu Bundeskompetenzen insoweit Ernst, DISP 1984, S. 5. Siehe oben, § 10, bei Fn. 152 f.
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weit kann auf vorliegende Untersuchungen verwiesen werden39. Deren Ergebnisse4o, die auf einer Auswertung und Beurteilung des einschlägigen Bundes- und Länderrechts beruhen, lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Eine unmittelbare Vollintegration von Umweltfachplanungen in das raumordnerische Instrumentarium ist nicht zu befürworten; auch nicht in den Bereichen, in denen wegen stark ausgeprägter übermedialer Bezüge der Planungen des Umweltschutzes - beispielsweise der Landschaftsplanung - die Sachnähe zur Raumordnung besonders groß ist und das Landesrecht eine solche Integrationsform ermöglicht. Umfassende Einbindungen dieser Art verkürzen in unzulässiger Weise die ökologische Ausrichtung der Umweltschutzplanungen zugunsten raumstruktureller Festlegungen. Zu favorisieren ist daher das Modell der mittelbaren Teilintegration41. Vorzugswürdig erscheint im übrigen die allgemeine Einführung eines Fachbeitrags des jeweiligen planerischen Umweltbereichs zum Planungsprozeß der Raumordnung/Landesplanung. Insoweit kann auf Vorbilder aus der forstlichen Planung zurückgegriffen werden.
1.1.3 Kombination der Modelle Mit Ausnahme der "integrierten Umweltplanung", die an verfassungsrechtlichen Gründen scheitert42 , sind die geschilderten Modelle miteinander kombinierbar bzw. können kumulativ eingesetzt werden: - So flankiert eine bessere Durchsetzung planerischer Umweltbelange im außer-umweltrechtlichen Bereich die Vernetzung der fachlichen Planungsformen des Umweltrechts untereinander. Letztere vollzieht sich zunächst im Wege der Ausgestaltung der Landschaftsplanung zur umweltrechtlichen Leitplanung, die allerdings Umweltplanungen mit umweltbeanspruchenden Wirkungen nicht erfaßt. Die erweiterte Landschaftsplanung geht in ihren raumrelevanten Aussagen in die Programme und Pläne der Gesamtplanung Raumordnung/ Landesplanung ein. Umweltbeanspruchende Planungen des Umweltrechts sind gesondert in der Gesamtplanung zu berücksichtigen. Umweltrechtliche Fachbeiträge zum Planungsvorgang der Raumordnung und Landesplanung sind vonnöten, wenn Umweltplanungen noch nicht Vgl. Erbguth, Weiterentwicklung, S. 82ff. m.w.N. Dazu auch Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 301, insbes. 360ff. 41 Insoweit zur wasserwirtschaftliehen Planung Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 364ff. 42 Siehe oben, bei Fn. 23 ff. 39
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abgeschlossen sind oder der Anpassung an eine veränderte Umweltsituation bedürfen. In verfahrensmäßiger Hinsicht bietet sich an, daß die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Beiträge der einzelnen Umweltstellen zusammenfassen und an die Raumordnungsbehörde weitergeben. 1.2 Weiterentwicklung der örtlichen Umweltplanung
Entsprechendes könnte auf der unteren Planungsebene zu befürworten sein, nämlich hinsichtlich der Landschaftsplanung nach § 6 BNatSchG, der forstlichen Planung und der Bauleitplanung. Da die Bauleitplanung das örtliche Pendant der überörtlichen Gesamtplanung Raumordnung und Landesplanung ist, liegt es nahe, das Modell der Einbindung von Umwelt(fach)planungen für die gemeindliche Planungsebene nutzbar zu machen. In diese Richtung geht offensichtlich die gesetzgeberische Tendenz im Bundesnaturschutzgesetz4 3. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG ist auf die "Verwertbarkeit" des Landschaftsplans für die Bauleitplanung Rücksicht zu nehmen. Nach Abs. 4 der Vorschrift bestimmen die Länder die für die Aufstellung der Landschaftspläne zuständigen Behörden und Stellen. Sie regeln des weiteren das Verfahren und die Verbindlichkeit der Landschaftspläne, "insbesondere für die Bauleitplanung". Von besonderer Bedeutung ist, daß die Darstellungen des Landschaftsplans als Darstellungen oder Festsetzungen in die Bauleitpläne übernommen werden können44 . Einer näheren diesbezüglichen Regelung enthält sich das Gesetz allerdings45 • Weniger deutlich stellt das Bundeswaldgesetz die Verbindung zur Bauleitplanung heraus. Es regelt vornehmlich die Einfügung der forstlichen Rahmenpläne in das Instrumentarium der Raumordnung und Landesplanung. In der gesetzgeberischen Begründung zur forstlichen Rahmenplanung heißt es allerdings weitergehend46 : "Der forstliche Rahmenplan ist kein technischer Entwurf, der die Ausführung forstlicher Maßnahmen zu bestimmten Zwecken vorsieht; er soll vielmehr eine Grundlage für eine großräumige, funktionsgerechte Bewirtschaftung des Waldes und mit seinem landespflegerischen Inhalt ein Fachbeitrag insbesondere zur Landschaftsplanung sein. Mittelbar wird der forstliche Rahmenplan seinen Nie-
Hierzu bereits oben,§ 10, bei Fn. 38. Vgl. hierzu Stich, UPR 1983, 177, 178; zu fachlichen Anforderungen an die Landschaftsplanung Mrass, Natur und Landschaft 1984, 55. 45 Kritisch daher Deutscher Ratfür Landespflege, Stellungnahme, S. 455, 458f. ; zu Divergenzen des Länderrechts, ders., a.a.O., S. 458f. 46 BT-Drucks. 7/889, S. 26. 43
44
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derschlag z. T. auch in den Bauleitplänen ... finden." In der Praxis der Gesetzesausfüllung und des Gesetzesvollzugs durch die Länder hat sich ganz überwiegend ein dreistufiges, wiederum der Regelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz entsprechendes Planungssystem entwickelt: Landeswaldprogramm, forstliche Rahmenpläne und Waldfunktionspläne für einzelne Waldgebiete47 . Letztere Planungen bilden mithin das örtliche Äquivalent zur Landschaftsplanung im Sinne des§ 6 BNatSchG. Dies könnte für eine der überörtlichen Ebene entsprechende Lösung streiten, nämlich für eine Einbindung der örtlichen Landschafts- und Forstplanung in die Bauleitplanung- und (de lege ferenda) sonstiger Umweltplanungen4s. Dem stehen indes Besonderheiten der kommunalen Planung auf örtlicher Ebene entgegen. Weniger schwer mag insofern die- zutreffendeFeststellung wiegen, daß das Verhältnis von Landschaftsplanung und forstlicher Planung auf unterster Stufe vom Gesetzgeber ungeregelt geblieben ist und so eher ein Konkurrenzverhältnis angelegt ist als eine sinnvolle wechselseitige Ergänzung49 • Denn der offengelassene "Abgleich" der beiden Planungsarten könnte im Wege der Ausgestaltung der Landschaftsplanung zur örtlichen Leitplanung des Umweltrechts5o, zumindest aber durch Einbindung in die Bauleitplanung bewältigt werden. Bedeutsamer erscheint, daß in das Recht der Bauleitplanung seit der Bundesbaugesetznovelle des Jahres 1976 ein deutlich gesteigertes Maß an umweltschutzorientierten Inhalten Aufnahme gefunden hat. Das gilt für die Leitziele der Planung in § 1 Abs. 6 BBauG, nämlich § 1 Abs. 6 Satz 2 (Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt) 51 und die nachfolgenden Spezifizierungen, wie - allgemeine Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Bevölkerung, - die natürlichen Gegebenheiten sowie die Landschaft als Erholungsraum, die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, die Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere des Bodens einschließlich mineralischer Rohstoffvorkommen, des Wassers, des Klimas und der Luft, - die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, - die Belange der Land- und Forstwirtschaft. Diesem weitgefächerten Umweltschutzbezug entsprechen die Inhaltsbeschreibungen der Bauleitpläne nach dem Bundesbaugesetz52 • Darüber hin-
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Stich, UPR 1983, 177, 180 und oben,§ 10, bei Fn. 48. Zu entsprechenden Fragen auf überörtlicher Ebene oben, bei Fn. 36ff. Stich, UPR 1983, 177, 180. Wie auf überörtlicher Ebene, siehe oben, bei Fn. 11 ff. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 28. Vgl. Stich, UPR 1983, 177, 182.
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ausgehend eröffnen§§ 5 Abs. 2 und 9 Abs. 4 BBauG in umfassender Weise die Möglichkeit, zusätzliche Festsetzungenaufgrund landesrechtlicher Vorschriften in die Bauleitpläne aufzunehmen. Angesichts dessen fragt sich, was örtliche Landschaftspläne bzw. solche forstlicher Art über die betont umweltschutzorientierten Flächennutzungsund Bebauungspläne hinaus zu leisten vermögen. Daß dies zugleich ein Problem der Praxis ist, zeigen unterschiedliche landesrechtliche Verknüpfungsformen von Landschafts- und Bauleitplanung, die nur unter starker Vergröberung und Außerachtlassung des Variantenreichtums in Einzelfällen drei Modellen zugeordnet werden können53: Einen eigenständigen Landschaftsplan sehen die Länder Berlin, Bremen, Harnburg und Nordrhein-Westfalen vor. Hier kommt dem Landschaftsplan eigene Rechtsverbindlichkeit zu, er wird als Rechtsverordnung oder Satzung erlassen; so ergehen etwa die Landschaftspläne in Nordrhein-Westfalen als Satzungen der kreisfreien Städte und Landkreise mit Genehmigung der höheren Landschaftsbehörde; sie können den gesamten Außenbereich und im Geltungsbereich von Bebauungsplänen die Flächen erfassen, die für die Land- und Forstwirtschaft festgesetzt sind. In Fällen mittelbar teilintegrierter Landschaftsplanung erfolgt die Aufstellung von Landschaftsplänen durch die Gemeinden bzw. sonstigen Träger der Bauleitplanung als Verwaltungsprogramme, die mit ihren raumrelevanten Inhalten in die Bauleitpläne übernommen werden (müssen) 54 . Bayern und Rheinland-Pfalz haben sich für eine vollintegrierte Landschaftsplanung entschieden: Mit der Bauleitplanung entsteht zugleich ein Stück Landschaftsplanung5s. Die sich hierin widerspiegelnden Unsicherheiten erweisen, daß fachwissenschaftlich und planungspraktisch keine Einigkeit darüber erzielbar ist, worin die besonderen Inhalte der Landschaftsplanung gegenüber denjenigen der Bauleitplanung bestehen. Entsprechendes gilt im Beziehungsfeld der forstlichen Planung zur Bauleitplanung.
53 Näher Stich, UPR 1983, 177, 185, mit allerdings abweichenden Begriffsbildungen: vorlaufende, mitlaufende und integrierte Landschaftsplanung. 54 Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein; zum Modellcharakter des § 4 Abs. 2, 3 hessNatSchG Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S . 455, 459; kritisch gegenüber der Kommunalisierung der Landschaftsplanung (aus Gründen mangelnder Neutralität) und für eine Aufgabenzuweisung an die unteren staatlichen Verwaltungsbehörden ders., a. a. 0. S. 465 f. 55 Die Integration ist kritisch zu betrachten, und zwar aus den zur überörtlichen Planungsebene genannten Gründen, siehe oben, bei Fn. 39, und ZIR-Arbeitspapier 2/84, S . 27 ; in diesem Sinne auch Deutscher Rat für Landespflege, Stellungnahme, S . 455, 459, unter Hinweis auf die fehlende Möglichkeit der Aufnahme des Artenschutzes in die Bauleitplanung.
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Angesichts der geschilderten umweltschützenden Ausrichtung des Bundesbaugesetzes und seiner instrumentellen Ausdifferenzierung scheidet daher eine Aufgabenabgrenzung der Landschaftsplanung und forstlichen Planung zur Bauleitplanung aus. Gleichwohl gilt es, die Planungsmittel der Landschafts- und forstlichen Planung zu nutzen. Zwar sind die bauleitplanerischen Festsetzungsmöglichkeiten hinreichend weit gefächert, um jenen Erfordernissen Rechnung tragen zu können und ihnen zur Umsetzung zu verhelfen. Nicht aber kann von den für die Planung nach dem Bundesbaugesetz zuständigen Stellen ein Fachwissen im Sinne von ökologischen Detailkenntnissen erwartet werden. Diese Lücke ist verfahrensrechtlich durch Heranziehung der für Naturschutz und forstliche Angelegenheiten zuständigen Stellen zu schließen, instrumentell durch Einsatz der Landschaftspläne bzw. forstlichen Pläne als Fachbeiträge zur Bauleitplanung56 . Dem entspricht es, wenn die bereits zitierte Begründung zum Bundeswaldgesetz ausführt, daß die forstliche Planung z. T. "mittelbar" in den Bauleitplänen ihren Niederschlag finden wird57. Noch deutlicher in diesem Sinne ist§ 18a rh-pfLFoG5B: "Die oberen Forstbehörden fassen in Waldfunktionsplänen die festgelegten Funktionen des Waldes zusammen, um den Trägern der Bauleitplanung deren Berücksichtigung im Sinne des § 1 Abs. 6 des BBauG bei Planung, Maßnahmen und sonstigen Vorhaben, die in ihren Auswirkungen Waldflächen betreffen können, zu ermöglichen." Die Qualifizierung als Fachbeiträge ist hinsichtlich der Landschaftspläne gleichfalls über § 6 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BNatSchG ermöglicht. Landschaftspläne und forstliche Pläne sind damit als Fachbeiträge zur Planung nach dem Bundesbaugesetz anzusehen59 . Wie auf überörtlicher EbeneGo sollte auch hier die Landschaftsplanung mit Leitfunktion ausgestattet werden, so daß sie als einheitlicher Fachbeitrag landschaftspflegerische und forstliche Belange etc. in die Bauleitplanung einbringt. Im Verhältnis zu anderen Planungen bleibt die - erweiterte - Landschaftsplanung hingegen ein eigenständiges Planungsprodukt, so insbesondere gegenüber außer-umweltrechtlichen Fachplanungen im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 BNatSchGGl. I.d. S. auch Stich, ZffiR 1986, 111, 112. BT-Drucks. 7/889, S. 26. 58 I.d. F . vom 23. 12. 1976, GVBL S. 311. 59 Das Verhältnis der Flurbereinigung zur Bauleitplanung ist spezialiter in§ 114c BBauG geregelt und bleibt daher insoweit außer Betracht. so Siehe oben, bei Fn. 11 ff. 61 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 80; hierzu näher Stich, UPR 1983, 177, 179f.; fehl geht daher das OVG Berlin (Urteil v . 22. 4. 1983 - OVG 2 A 6.81 -, NuR 1983, 280, 281), wenn es meint, eines landespflegerischen Begleitplanes bedürfe es nicht, wenn den mit Bauvorhaben verbundenen Eingriffen in Natur und Landschaft durch ausgleichende Festsetzungen des Bebauungsplans Rechnung getragen werde. 56
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2. Weiterentwicklung der Einzelentscheidungsregelungen in horizontaler Sicht Nicht nur im Bereich der Planung, sondern auch im Rahmen umweltrechtlicher Einzelinstrumente ergibt sich ein Nebeneinander staatlicher Handlungsmittel in horizontaler Sicht, nämlich auf der vorhabenbezogenen Zulassungsebene: Schon der kursorische Überblick über Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren62 weist auf einen erheblichen gesetzlichen Formenreichtum hin. Auch finden sich Tatbestände nicht nur in verschiedensten Gesetzen des Bundes, sondern auch denjenigen der Länder63; die Verfahren werden zudem scheinbar willkürlich unterschiedlich bezeichnet - mal erfolgt die Zulassung im Wege der Genehmigung, dann wieder durch Erlaubnis oder Bewilligung, vielfach bedarf es der Planfeststellung64 • Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf einen erst in jüngerer Zeit erkannten Fragenkomplex, nämlich das rechtssystematische Verhältnis von Genehmigungs- und Planfeststellungstatbeständenss. So erscheint nicht ohne weiteres ersichtlich, warum die Anlage einer Wasserstraße aufgrund Planfeststellung erfolgt, während der Bau eines Kernkraftwerks der Genehmigung bedarf. Der Farbenreichtum der Palette wird zudem dadurch angereichert, daß in einigen Fällen die Zulassung zwingend zu erfolgen hat, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, also eine gebundene Entscheidung normiert ist, in anderen wiederum (Versagungs-)Ermessen eingeräumt ist, die Genehmigung oder der Planfeststellungsbeschluß also auch dann verweigert werden kann, wenn den Voraussetzungen der Gefahrenabwehr etc. Rechnung getragen ist. Eine nähere Betrachtung erhellt allerdings rechtliche Grundstrukturen, die systematisierend wirken 6 6. Gleichwohl verbleiben Abgrenzungsproblemes7. 2.1 Rechtsdogmatische Unterschiede zwischen Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissen
Zunächst ist die Planfeststellung vom Typus der Kontrollerlaubnis - im Sinne der Unternehmergenehmigung- zu unterscheidenss. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 56. Hierzu Jarass, Genehmigungen, S. 26ff. 64 Auch Jarass, DÖV 1978, 21f. 65 Zu weiteren Fragen unten, bei Fn. 111 ff. 66 Grundlegend Wahl, DVBl. 1982,51 m.w.N. 67 Hierzu unten, bei Fn. 74ff. 68 Hierzu bereits ansatzweise oben,§ 10, bei Fn. 56; Wahl, DVBl. 1982, 51; Badura, BayVBl. 1976, 515. 62
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2.1.1 Planfeststellungen Das Planfeststellungsverfahren dient der Bewältigung und Entscheidung eines Vorhabens, das- regelmäßig- in administrativer Regie entstanden ist. Es geht um die Abwägung von Belangen und Interessen unterhalb der Gefahrenschwelle. Aus diesem Grund können bestimmte Belange im planerischen Abwägungsprozeß hintangestellt werden, wenn vorrangige andere Interessen das gebieten; deshalb stellt der Planfeststellungsbeschluß auch keine gebundene Entscheidung dar, mag man den administrativen Freiraum nun Verwaltungsermessen oder planerischen Gestaltungsspielraum nennen69. Beispiele im Umweltrecht sind die Planfeststellungsverfahren des Wasser-, Abfallbeseitigungs- und Atomrechts 70 .
2.1.2 Kontrollerlaubnisse Anders ist die Kontrollerlaubnis strukturiert, unabhängig davon, ob sie als Genehmigung, Erlaubnis oder Bewilligung bezeichnet wird. Hier geht es um die Zulassung des Vorhabens eines privaten Unternehmers, Grundrechtspositionen spielen daher eine Rolle71 • Die Prüfung erfolgt vor diesem Hintergrund nur im Hinblick auf Gefahren, die von dem Vorhaben ausgehen können, vollzieht sich mithin oberhalb der Gefahrenschwelle. Daraus wird gefolgert, daß die Kontrollerlaubnis als Unternehmergenehmigung eine gebundene Entscheidung sein muß 72. Gehen Gefahren für die Allgemeinheit oder einzelne Bürger von der Anlage aus, darf sie nicht zugelassen werden. Ist dies nicht der Fall, so muß die Genehmigung wegen der Grundrechtsposition des Antragstellers erteilt werden. Kontrollerlaubnisse umweltrechtlicher Art sind beispielsweise die Rodungs- und die Baugenehmigung. Hinzugerechnet wird nach überwiegender Auffassung auch die immissionsschutzrechtliche und atomrechtliche Genehmigung73 .
2.1.3 Mischformen Es gibt aber auch Mischformen zwischen Kontrollerlaubnis und Planfeststellung. Vgl. näher unten,§ 16, bei Fn. 839ff. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 79, 64, 88. 71 Hierzu BVerwG, Urteil v. 7. 7. 1978-4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 135. 72 Eingehend hierzu Wahl, DVBl. 1982, 51. 73 Hierzu näher unten, bei Fn. 474ff.; zu Angleichungstendenzen der beiden letztgenannten Kontrollerlaubnisse unter dem Aspekt der Entsorgungsfrage, § 5 Nr. 3 BlmSchG, §§ 1 Nr. 2- 4, 9 a Abs. 1 AtG Breuer., Endlagerung, S. 9f.; zur Genehmigung nach dem Luftverkehrsgesetz Bäumler, DOV 1981, 43. 69 70
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Ein bekanntes und praxisrelevantes Beispiel stellt die mit der Erstellung eines Baggersees verbundene Naßauskiesung dar74. Da das Verfahren im Interesse eines privaten Unternehmers erfolgt, also privatnützig ist, können - anders als im Normalfall der im öffentlichen Interesse stehenden Planfeststellung - widerstreitende Rechte Dritter die Zulassung des Vorhabens von vornherein hindern. Im übrigen handelt es sich um keine gebundene Entscheidung. Zum einen verfügt die Verwaltung über Versagungsermessen (etwa aus Gründen des Grundwasserschutzes), zum anderen besteht der Planfeststellungstatbestände kennzeichnende Abwägungsspielraum 75. Teilweise wird zu diesen Mischformen auch die Baugenehmigung gezählt, weil sie von einer vorgängigen planerischen Entscheidung, nämlich dem Bebauungsplan, abhängig gemacht sei7 6• Hierin kommt indes lediglich zum Ausdruck, daß bodennutzungsorientierte Einzelentscheidungen Planungsvorgaben zu beachten haben. Gleiches ist aus anderen Normbereichen bekannt; zu denken ist etwa an die Genehmigung einer Abfallbeseitigungsanlage und deren Bindung an die Ausweisungen des Abfallbeseitigungsplans77. Zudem wird übersehen, daß die Bauerlaubnis im nichtbeplanten Innen- wie Außenbereich ohne planerische Vorentscheidung der Gemeinde bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu erteilen ist7a.
2.1.4 Beurteilung der Trennung von Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissen Daß die Trennschärfe zwischen Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissenkraft sondergesetzlicher Anordnungen des Umweltrechts abgenommen hat, stellt die rechtliche Unterscheidung als solche nicht in Frage und spielt in anderem Zusammenhang eine Rolle 79. Fraglich ist allerdings, ob das die Grundlage der Abgrenzung von Kontrollerlaubnissen gegenüber Tatbeständen der Planfeststellung bildende Kriterium durchgängig tragfähig ist, nämlich daß sich der Antragsteller als privater Vorhabensträger auf Grundrechtspositionen berufen kannso. 74 Und auch die privatnützige Anlage eines Flughafens. Zu ersterem vgl. BVerwG, Urteil v. 10. 2. 1978 - 4 C 25.75 -, BVerwGE 55, 220, zu letzterem BVerwG, Urteil v. 7. 7. 1978-4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 119; auch Urteil v. 13. 4. 1984-4 C 69.80 -, BayVBl. 1984, 695, 696. 75 Hierzu näher unten, bei Fn. 474ff. 76 Vgl. Wahl, DVBL 1982, 51, 56f. 77 Hierzu oben,§ 10, bei Fn. 64. 78 Vgl. nur BVerwG, Urteil v. 6. 6. 1975- IV C 15.73 -, BVerwGE 48, 271. 79 Siehe unten, bei Fn. 428. 80 Siehe oben, bei Fn. 71 ; neuerdings zur juristischen Systematik für Grundrechte H enke, DÖV 1984, 1, der eine Parallele zum Zivilrecht zieht, absolute (Grund-)Rechte und relative (Grund-)Rechte - letztere im Sinne von Ansprüchen - unterscheidet
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Unberücksichtigt bleibt, daß die ganz überwiegende Zahl gerade politisch brisanter Großvorhaben, deren Zulassung begehrt wird, in privatrechtlich organisierter Trägerschaft mit staatlicher Anteilseignerschaft steht. Die Organisation als juristische Personen des Privatrechts (Aktiengesellschaft, GmbH etc.) allein stellt zwar die Geltung von Grundrechten bzw. eine grundrechtliche Absicherung nicht in Frage. Art.19 Abs. 3 GG gewährt Grundrechtsschutz auch inländischen juristischen Personen, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind. Die Kautele bezieht sich primär auf das Wesen der Grundrechte, nicht auf dasjenige der juristischen Person(en). Gleichwohl führt die Prüfung letztlich zu einer Wesensbetrachtung beider in eine Relation zu bringenden ElementeBl. Knüpft man an die äußere Organisationsform an, so sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich, die einschlägigen Grundrechte der Art.12, 14 GG "ihrem Wesen nach" auf die Anlagenbetreiber Anwendung finden zu lassen: Im Hinblick auf den Schutz der freien Berufsbetätigung, aber auch des Eigentums wohnt den Art. 12 und 14 GG zweifelsohne keine nur individuelle, sondern auch eine korporative Betätigung(sfähigkeit) prinzipiell inneB2 • Gleichwohl ist die Grundrechtsfähigkeit der Anlagenbetreiber problematisch, nämlich aufgrundder für das technische Umweltrecht83 charakteristischen Verflechtung von Staat und Betreiber84, insbesondere einer weitgehenden staatlichen bzw. kommunalen Anteilseignerschaft in den Unternehmen. So befand sich nach Erhebungen der Monopolkommission im Jahre 1974 unter den fünfzig größten Elektrizitätsunternehmen lediglich ein rein privater Träger85 • Maß und Verteilung des öffentlichen Anteilsbesitzes waren unterschiedlich. Überwiegend wurden die Kapitalanteile von Städten, Kreisen, Landschaftsverbänden und kommunalen Zweckverbänden gehaltenB6. (a. a. 0., 2) und die Schrankenlehre der herkömmlichen Grundrechtsdogmatik zugunsten privater Duldungspflichten in Anlehnung an§ 1004 Abs. 2 BGB verwirft (a.a. O., 4), letztlich dann doch zu keinen von der überwiegenden Auffassung sich wesentlich unterscheidenden Ergebnissen gelangt (a.a.O., 8ff.), so daß hier vornehmlich eine begriffliche Auseinandersetzung geführt wird. Bl Maunz, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 19 Abs. 3, Rdn. 3; ähnlich, wenn auch allgemeiner v. Mangoldt I Klein, GG, J, Art. 19 IV 3, S. 567. 82 Zu dieser "Testfrage" Maunz, in : Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 19 Abs. 3, Rdn. 32; dort auchzu-hier nicht interessierenden- Zweifelsfragen. 83 Zum Begriff oben, § 8, bei Fn. 4. 84 Näher Winter, NJW 1979, 393, 399; Einzelheiten bei Papier, Staatliche Einwirkungen, S. 530ff. ss Hauptgutachten 1973175, S. 397ff.; zur "heillosen Verwirrung" im Bereich privatrechtsförmlich wahrgenommener staatlicher Aufgaben H. P. Ipsen, Stadtstaaten, S . 268 m. w. N. ss Papier, Leitungstrassen, S. 7, unter Hinweis auf die Monopolkommission, S. 399; Jarass, Der Staat 17 (1978), 507, 520; weitere Einzelheiten bei Winter, NJW 1979, 393, 399f.; ähnliches, allerdings teilweise unter stärkerer Beteiligung des jeweiligen Lan11 Erbguth
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Jüngere Untersuchungen im Energiebereich bestätigen diesen Befund. Danach erfolgt ca. 97% der Stromabgabe durch sog. öffentliche Untemehmen87. Hierbei handelt es sich um juristische Personen des Privatrechts, deren Anteile zu über 95% in staatlicher Hand liegen (Unternehmen in öffentlicher Hand) oder bei denen die öffentliche Anteilseignerschaft weniger als 95% und die der Privaten weniger als 75% beträgt (gemischt-wirtschaftliche Untemehmen)BB. Selbst bei Überwiegen privater Eigner in Verbundunternehmen besteht regelmäßig eine Stimmenmehrheit der öffentlichen Hand aufgrund von Mehrstimmrechtsaktien59. Im Bereich der Gasversorgung befinden sich die örtlichen Unternehmenwie die lokalen EVU - im Eigentum der jeweiligen Gemeinde; Organisationsformen sind neben Eigenbetrieben vornehmlich Eigengesellschaften. Bei den im Rahmen des Gasaufkommens tätigen Trägem handelt es sich um öffentliche Unternehmen im obigen Sinne9o. Schließlich wird die Fernwärmeversorgung ganz überwiegend von privatrechtlich organisierten Querverbundunternehmen betrieben, die der kommunalen Hand gehören91. Solche Formen staatlicher Ingerenz könnten den Vorhabensträgem die Grundrechtsfähigkeit nehmen: Der Staat kann sich prinzipiell nicht auf Grundrechte berufen, weil im Verhältnis staatlicher Stellen kein der Beziehung Staat- Bürger vergleichbarer Gefährdungstatbestand gegeben ist, der Ursprung und Voraussetzung grundrechtliehen Schutzes ist. Ausnahmen bestehen nur dort, wo Verwaltungseinheiten eigenverantwortlich zu erledigende Aufgabenbereiche zugewiesen sind, also ein zumindest partielles - Außenrechtsverhältnis begründet ist, wie es für das Verhältnis Staat- Bürger kennzeichnend ist92. des bzw. des Bundes gilt für privatrechtliche Träger des Flughafenbaus, des weiteren für Betriebe der Mineralgewinnung wie auch in weiten Bereichen für sonstige Setreiber immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen, Papier, a. a. 0., S. 7; i. ü. Recker, der Iandkreis 1984, 154. 87 Vgl. Art. 2 der EG-Richtlinie 8017231EWG, Richtlinie der Kommission vom 25. 6. 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen; zur Aufgabenstellung öffentlicher Unternehmen Winkelmann, der landkreis 1984, 36. 88 Vgl. Büdenbender, Energierecht, S. 15; näher Wesener, Energieversorgung, S. 68. 89 Wesener, Energieversorgung, S. 68. 90 Je zur Hälfte Unternehmen in öffentlicher Hand und privatwirtschaftliche Unternehmen, hierzu oben und näher Wesener, Energieversorgung, unter C II 4. 91 Wesener, Energieversorgung, C 111 1: Der kommunale Einfluß, vor allem auf Produktionsebene, ist heute in der Fernwärmewirtschaft erheblich stärker als in der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft. 92 Vgl. zu Einzelheiten und zum Meinungsstreit Maunz, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 19 Abs. 3, Rdn. 33ff.; bekannte Beispiele sind hierfür die kommunale, funktionale und universitäre Selbstverwaltung, des weiteren auch die Kir-
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Nicht aber kann eine Grundrechtsfähigkeit allein dadurch hergestellt werden, daß sich der Staat privatrechtlicher Organisations- bzw. Handlungsformen93 bedient. Diesbezüglich hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom
7. 6. 197794 zu der von den Stadtwerken Hameln AG wegen vermeintlicher
Grundrechtsverletzung erhobenen Verfassungsbeschwerde ausgeführt, die Beschwerdeführerio könne "als juristische Person des Privatrechts, deren alleiniger Aktionär eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, sich ebensowenig wie diese auf Individualgrundrechte berufen". Anderenfalls wäre die Frage der Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand in nicht geringem Umfang abhängig von den jeweiligen Organisationsformen; es käme darauf an, ob eine Aufgabe der Daseinsvorsorge von ihrem Träger selbst oder von einer diesem gegenüber rechtlich verselbständigten, privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheit erfüllt werde. Ein Betrieb, der ganz der öffentlichen Aufgabe Daseinsvorsorge gewidmet sei und der sich in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung befinde, stelle daher nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt werde; er sei in der Frage der Grundrechtssubjektivität in dem hier gegebenen Zusammenhang nicht anders zu behandeln als der Verwaltungsträger selbst95 • Ausschlaggebend ist demnach die Funktion als Verwaltungshandeln, nicht aber die äußere Form, in die es gekleidet ist96 . Ob allerdings die Funktion "Daseinsvorsorge" ohne weiteres öffentliche Aufgabenwahrnehmung allgemein und damit auch für die Betreiberseite in dem hier interessierenden Energiesektor impliziert, ist fraglich und höchst umstritten97. Vieles spricht für die von Erichsen 98 näher dargelegte Auffaschen; zu weiteren Ausnahmefällen, in denen juristischen Personen des öffentlichen Rechts Grundrechtsfähigkeit zuzuerkennen ist, BVerfG, Beschluß v. 2. 5. 1967 -1 BvR 578/63-, BVerfGE 21, 362; Urteil v. 27. 7. 1971-2 BvF 1/68-, BVerfGE 31 , 314, 322. 93 Hierzu allgemein Ehlers, DVBl. 1983, 422 mit umfangr. Nachw.; Schuppert, Erfüllung öffentlicher Aufgaben; Püttner, JA 1980, 128. 94 -2 BvF 1/68 u.a. -, BVerfGE 45, 63, 79f.; hierzu Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S . 84 m.w.N. 95 BVerfG, a.a.O., ebd.; zustimmend Bethge, AöR 104 (1979), 265, 272; weit. Nachw. auf positive und kritische Stimmen in der Literatur bei Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 84 Fn. 50; die Frage ist offengelassen worden vom BayVGH, Urteil v. 4. 4. 1979- Nr. 167 VI 77-, DVBL 1979, 673, 685; zu Art. 14 GG auch d eutlich die Sasbach-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Urteil v. 8. 7. 1982- 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 105: Das Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern da~. Eigentum Privater; dem folgend BVerwG, Urteil v. 27.1. 1984 - 8 C 128.81 -, DOV 1984, 548, 550; anders für die bayerische Verfassungsrechtslage BayVerfGH, Beschluß v. 13. 7. 1984- Vf. 29- VI- 82 -, BayVBl. 1984, 655, 656 ff. 96 So zu Recht H. P. Ipsen, Stadtstaaten, S . 265, 279; deutlich in diesem Sinne auch Burmeister, Kommunale Wirtschaftsbetätigung, S. 623, 630, 641, jeweils m . w . N. 97 Bejahend BGH, Urteil v. 23. 9. 1969- VI ZR 19/68-, BGHZ 52, 325, 327f.; BGH, Urteil v. 4.12. 1980- VII ZR 217/80 -, BGHZ 79, 111, 115; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 378; Ossenbühl, DVBl. 1974, 541, 543; zur Energieversorgung
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sung, daß Aufgaben der Daseinsvorsorge sämtlichst auch von Privaten zudem erwerbswirtschaftlich ausgerichtet - erfüllt werden können und erfüllt werden; danach gibt es in diesem Bereich nicht-obrigkeitlicher staatlicher Tätigkeit keine a priori öffentlichen Aufgaben oder Verwaltungszwecke99, die eine Grundrechtsfähigkeit auszuschließen vermögen. Gleichwohl kann der Streit hier auf sich beruhen. Denn die letztgenannte Meinung gelangt im Ergebnis zu einer Grundrechtsbindung des in privatrechtliche Organisationsformen gekleideten Verwaltungshandelns, indem es als Ausübung vollziehender Gewalt i. S. d. Art. 1 Abs. 3 GG verstanden wird: Wenn die Vorschrift der umfassenden Disziplinierung staatlicher Tätigkeit diene und der Staatsgewalt sämtliche öffentlichen Zuständigkeiten und Befugnisse unterfielen, müsse auch das privatrechtlich organisierte staatliche Handeln der durch Art.l Abs. 3 GG angeordneten Grundrechtsbindung unterliegenloo. Besteht aber eine Bindung an Grundrechte in diesem Bereich, so schließt das einen grundrechtliehen Schutz der in staatlicher Trägerschaft stehenden juristischen Personen des Privatrechts aus; denn- negatives - Spiegelbild einer Grundrechtsbindung des Staates ist seine Grundrechtsunfähigkeitl01. Bedenken gegen die Ablehnung einer Grundrechtsfähigkeit der Anlagenbetreiber im Energiebereich könnten sich indes daraus herleiten, daß sich diese regelmäßig nicht in alleiniger staatlicher (Aktionärs-)Hand befindenlo2. Zumindest könnte daher eine öffentliche Mehrheitsbeteiligung zu fordem sein, um Untemehmen die Grundrechtsfähigkeit abzuerkennen. Ob eine solche Differenzierung geboten ist, erscheint jedoch problematisch, weil spiegelbildlich103 -eine Grundrechtsbindung des Staats bei solchen OrgaH. P. Ipsen, Stadtstaaten, S. 265, 269; Burmeister, Kommunale Wir tschaftsbetätigung, S . 623, 646; kritisch Erichsen, Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit I, S. 107ff., 112 ff.; Pestalozza, Formenmißbrauch, S. 169ff.; zur Diskussion im übrigen Wolf! I Bachof, Verwaltungsrecht I, § 23 II b; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 25f.; Gromoll, Rechtliche Grenzen, S. 151ff.; Vitzthum, AöR 104 (1979), 580ff.; Ehlers, DVBl. 1983, 422, 425; Püttner, Öffentliche Unternehmen, S . 133f.; Däubler, Privatisierung, S. 49 ff.; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 33 ff. 98 Staatsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit I, S. 107 ff. 99 Erichsen I Martens, in: dies., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 129, 310; so auch Däubler, Privatisierung, S. 63ff.; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 133ff. 100 Erichsen I Martens, in: dies., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 129, 311, unter Bezugnahme auf Haenel, Staatsrecht I, S. 161 : "Es ist eine durchaus unrichtige Vorstellung, als ob der Staat in seinen fiskalischen Rechtsverhältnissen nicht als Staat, sondern als Privater stände"; umfangr. Nachw. auf- überwiegend zustimmendeLiteratur und Rechtsprechung bei Erichsen I Martens, a .a . O., S . 311, Fn. 17. 1o1 I. d. S. BGH, Urteil v. 5. 4. 1984- III ZR 12183 -, DVBL 1984, 1118, 1119. 102 Siehe oben, nach Fn. 80. 1oa Hierzu vorstehend.
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nisationsformen nicht angezweifelt wird, und zwar unabhängig von den anteilsbezogenen Mehrheitsverhältnissen104 • Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß Grundrechte - und damit Grundrechtsschutz- nicht nur durch Tätigkeitsbereiche, etwa erwerbswirtschaftlicher Art, allein definiert werden; hinzutreten muß die Zuweisung dieser Bereiche an Individuen bzw.- aufgrund Art. 19 Abs. 3 GG- an deren Vereinigungen1os. Ob diese Voraussetzung in den hier interessierenden Rechtskreisen der "pflegenden, fördernden und schützenden Verwaltung"l06, eben der Daseinsvorsorge, ohne weiteres als erfüllt angesehen werden kann, ist aber ebenso fraglich wie umgekehrt die Ineinssetzung der Daseinsvorsorge mit öffentlichen Verwaltungszwecken1o7. Letztlich bedürfen die Problemkreise im vorliegenden Zusammenhang keiner vertieften Auseinandersetzung; die Darstellung des staatlichen Beteiligungsumfangs im Energiesektor zeigt108, daß die Unternehmen ganz überwiegend unter öffentlicher Mehrheitsbeteiligung stehen. Jedenfalls bei öffentlichen bzw. öffentlich beherrschten Unternehmen scheidet daher eine Grundrechtsfähigkeit aus: Die Grundrechte sind ihrem Wesen nach nicht auf sie anwendbar1o9. Damit entfällt- zumindest- insoweit die verfassungsrechtliche Grundlage für eine Gebundenheit der Entscheidung bei Genehmigungen und anderen Kontrollerlaubnissen. Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Tatbeständen der Planfeststellung und solchen der Kontrollerlaubnis ist folglich nicht frei von Durchbrechungen. Da letztere in den obigen Fallkonstellationen b ehördliche Ermessensbetätigungen nicht grundrechtsbedingt ausschließen, ist auch in dieser Hinsicht eine- materiell-rechtliche- Annäherung zwischen beiden 104 Maunz, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 19 Abs. 3, Rdn. 45; Dürig, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 487f. ; auch BVerwG, Urteil v. 7. 7. 1978 - 4 C 79.76 - , BVerwGE 56, 110, 119; näher H. P. Ipsen, Stadtstaaten, S. 265, 270, 278. 105 Dürig, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 19 Rdn. 45. 106 Siebert, Privatrecht im Bereich öffentlicher Verwaltung, S. 222, zit. nach Dürig, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 3 Rdn. 486. I07 Siehe oben, bei Fn. 97f.; Bedenken auch bei Hofmann, UPR 1984, 73, 76; ders., BayVBl. 1983, 33, 33: "öffentlicher Status" der Kraftwerksbetreiber (nach energiewirtschaftlicher Aufgabenstellung und vermögensrechtlicher Zuordnung) ; zur Energieversorgung in diesem Sinne Degenhart, Kernenergierecht, S. 172ff.; ob Abweichendes durch das Energiewirtschaftsrecht statuiert wird, dürfte angesichts der staatlichen Beeinflussung der Aufgabenwahrnehmung im Wege der geschilderten Beteiligungsformen unerheblich sein. 1os Siehe oben, bei Fn. 83 ff. 109 Ähnlich für die Betreiberseite im Atomrecht Degenhart, Kernenergierecht, S. 184ff. m.w .N.; sowie Hofmann, BayVBl. 1983, 33, 35: fehlende "grundrechtstypische Interessenpolarität"; i. d. S. allgemein BGH, Urteil v. 5. 4. 1984- III ZR 12/83 -, DVBL 1984, 1118, 1119 m.w.N.; auch Held, Grundrechtsbezug, S . 119f.; anders Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 85, dort in Fn. 52 weit. Nachw. auf Meinungsäußerungen in dem hier vertretenen Sinne.
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Formen staatlicher Zulassungsentscheidungen festzustellen, auf die an späterer Stelle zurückzukommen sein wirdllo. 2.2 Parallele Zulassungsverfahren
Die Vielfalt der gesetzlichen Bestimmungen über Genehmigungs-, Bewilligungserfordernisse oder Planfeststellungen u. a. m. begründet im übrigen rechtssystematische Unsicherheiten bei der Beurteilung, welche Zulassungstatbestände im Einzelfall durchlaufen werden müssenl1 1. Gerade bei größeren Vorhaben, die Auswirkungen auf verschiedene Umweltmedien haben, werden in der Regel mehrere, oft eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften aus unterschiedlichen Gesetzen prüfungsrelevant112 • Damit fragt sich, ob der Vorhabensträger sämtliche Genehmigungen etc. gesondert, also parallel einzuholen hat, oder ob über das Vorhaben in einem -zentralen- Verfahren gleichsam konzentriert entschieden wird. Bei der Beurteilung der Rechtslage ist zu unterscheiden zwischen Tatbeständen der Planfeststellung und denjenigen der Kontrollerlaubnisse113 • Im ersteren Fall tritt die angesprochene Konzentrationswirkung ein 114 • Bei Genehmigungen ist das grundsätzlich nicht der Fall; allerdings finden sich Ausnahmen von dieser Regel. Den hieran anknüpfenden Problemstellungen ist unter dem Blickwinkel der Weiterentwicklung im Umweltrecht näher nachzugehen.
2.2.1 Konzentrationswirkung von Planfeststellungen Die planfeststellungsbedingte Konzentrationswirkung findet ihre Grundlage im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, sofern dessen Geltung nicht durch spezielle gesetzliche Regelungen des Umweltrechts verdrängt wird115 . 2.2.1.1 Allgemeine Regelungen der Konzentrationswirkung Nach § 75 Abs.1 und Abs. 2 Satz 1 VwVfG besteht die Wirkung der Planfeststellung116 Hierzu unten, bei Fn. 428ff. Siehe oben,§ 1, bei Fn. 9. 112 Hierzu aus baurechtlicher Sicht Jarass, Genehmigungen. 113 Hierzu oben, bei Fn. 68ff.; anders Jarass, Genehmigungen, S 29f. 114 Siehe oben, § 10, bei Fn 158; zu "dominanten" und "rezessiven" Konzentrationswirkungen allgemein Jarass, Genehmigungen, S. 50 ff. 115 Eingehend hierzu am Beispiel der straßenrechtlichen Planfeststellung Zech, Straßenbau, S. 156ff. 116 Vgl. Kopp, VwVfG, § 75 Rdn. 3. 11o
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in der Feststellung der Zulässigkeit aller erfaßten Vorhaben und Maßnahmen im Hinblick auf die davon berührten öffentlichen Belange, in der Ersetzung grundsätzlich aller nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen, Erlaubnisse sowie Planfeststellungen 117 , in der Gestaltung aller betroffenen öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Trägern des Vorhabens und den in ihren Rechten betroffenen Drittenus - sowie im Ausschluß von bürgerlich-rechtlichen Unterlassungs-, Änderungs- und Beseitigungsansprüchenu9. Wie die Ersetzungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses im einzelnen zu begreifen ist12o, wird unterschiedlich beurteiltl21. Die Theorie der sog. "formellen Konzentration"l22 begreift die Planfeststellung lediglich verfahrensrechtlich: Die Zuständigkeit nach anderen Gesetzen werde auf die Feststellungsbehörde übertragen, so daß die Planfeststellung als Maßnahme der sonst zuständigen Behörde erscheine123. Nach der Auffassung von der "materiellen Konzentrationswirkung" 124 zieht die Feststellungsbehörde die Entscheidungsbefugnis der anderen Behörden an sich und prüft an deren Stelle die spezialgesetzlichen materiellen Gesichtspunkte. An die Förmlichkeiten der jeweiligen Genehmigungsverfahren ist die Planfeststellungsbehörde hiernach nicht gebunden. Die Theorie der "Substitutionswirkung"l25 geht von der Vorstellung aus, die Planfeststellung befreie von Genehmigungsvorbehalten, erteile also nicht - zugleich - die ansonsten erforderlichen Genehmigungen, sondern mache sie überflüssig. Die Rechtsprechung126 vertritt überwiegend den Standpunkt, die Planfeststellung regele einheitlich und umfassend alle öffentlich-rechtlichen Insoweit gilt allerdings ergänzend§ 78 VwVfG; vgl. nachfolgend, bei Fn. 145. Hierzu auch Breuer, Endlagerung, S. 47; W. Schmidt, Einführung, Rdn. 137. 119 Vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 5; Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 385ff.; hierzu und zum nachfolgenden auch Jarass, Genehmigungen, S. 54 ff. 12o Vgl. Hiddemann, Planfeststellung, S. 55ff.; Hoppe I Schlarmann, Rdn. 30ff.; auch Fickert, DVBL 1984, 207; im Verhältnis zu§ 14 WHG Bender, NVwZ 1984, 9, 10; Breuer, Endlagerung, S. 46ff., jeweils m.w.N. 121 Zuletzt eingehend Laubinger, VerwArch. 77 (1986), 77. 122 Nachweise bei Hiddemann, Planfeststellung, S . 55ff.; zu den teilweise widersprüchlichen Bezeichnungen der Theorien Schlarmann, Privilegierte Fachplanungen, S. 53ff.; zum nachfolgenden eingehend Zech, Straßenbau, S. 159ff. 123 Vgl. dazu Hoppe I Schlarmann, Rdn. 30. 124 Nachweise bei Kopp, VwVfG, § 75 Rdn. 3; Breuer, Endlagerung, S. 46 f. m. w.N. in Fn. 47. 12s Hiddemann, Planfeststellung, S. 60ff. 12s BVerwG, Urteil v. 9. 7. 1976- VII A 1176 -, NJW 1977, 66, 68 ; OVG Lüneburg, Beschluß v. 3. 6. 1971 - II OVG B 32 -, DVBL 1973, 505. 117
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Beziehungen. Rechtspositionen des einzelnen oder von Kommunen (nach Maßgabe des Art. 28 Abs. 2 GG) aufgrundder "ersetzten" Verfahren blieben gewahrt 127. Gleichfalls seien die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen der ersetzten Vorschriften von der Planfeststellungsbehörde zu überprüfen, und zwar bei Planfeststellungen des Bundes auch solche landesgesetzlicher Art. Ein Kompetenzverstoß trete im letzteren Fall nicht ein, weil die Bundesstelle nicht Landesrecht vollziehe, sondern Bundesrecht unter Beachtung von Landesrechtl 28. Allerdings seien die in den Regelungsbereich fachgesetzlicher Vorschriften fallenden privaten und öffentlichen Belange losgelöst von dem ggf. zwingenden Charakter jener Regelungen lediglich im Rahmen des Abwägungsgebotes beachtlicht29. Darüber hinaus ist gefordert worden, die Planfeststellungsbehörde habe neben den materiellen Inhalten der ersetzten Bestimmungen auch die diesbezüglichen Verfahrensregelungen zu beachtent3o. Die Grundlinie der Rechtsprechung steht im Einklang mit der Funktion der Konzentration, bedarf allerdings unter verfahrensrechtlichen Aspekten der Differenzierung. Die Konzentrationswirkung dient der adäquaten Bewältigung komplexen Problemstoffs, der sich bei- räumlich bzw. technisch- umfangreichen Vorhaben in einer Vielzahl gesondert einzuholender Genehmigungen (o. ä.) mitteilt. Vermieden werden nicht nur parallele Genehmigungsverfahren, sondern auch Segmentierungserscheinungen, die im Widerspruch stünden zu den aus der Anlagenorientiertheit folgenden Interdependenzen der verschiedenen Prüfungsgegenstände. Die Planfeststellungsbehörde hat demnach sämtliche materiellen Inhalte der ersetzenden Vorschriften zu prüfen. Sofern letztere gebundene Entscheidungen beeinhalten, entfällt diese Bindung freilich in der Planfeststellung: Das rechtsnormativ statuierte Planungsermessenl3 1 ist die Konsequenz des zu bewältigenden Gesamtvorgangs, der einen Ausgleich widerBVerwG, Urteil v. 14. 2. 1969- IV C 215.65 -, BVerwGE 31, 263, 267f. BVerwG, Urteil v. 14. 2. 1969, ebd. 129 Eingeschränkte materielle Planfeststellungstheorie, vgl. BVerwG, Urteil v. 14. 2. 1969- IV C 215.65 -, BVerwGE 31, 263, 267f.; BVerwG, Urteil, v. 28. 6. 1968IV C 11.65 -, DÖV 1969, 206; weit. Nachw. bei Bender, NVwZ 1984, 9, 9 Fn. 8; anders bei privatnützigen Planfeststellungen, ebd., 9, und oben, bei Fn. 74ff.; zur abfallrechtlichen Planfeststellung im Verhältnis zum Bauplanungsrecht BVerwG, Urteil v. 9. 11. 1984-7 C 15.83-, UPR 1985, 64, 64 f. 130 BVerwG, Urteil v. 29. 6. 1967- IV C 36.66-, BVerwGE 27, 253 zu§ 7 TWG. 131 Zum Begriff siehe unten,§ 16, bei Fn. 839ff. 127
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streitender öffentlicher und privater Interessen mit dem Ziel optimaler Konkordanz fordert132. Ebensowenig kann die Planfeststellungsbehörde an das Verfahrensrecht der ersetzten Genehmigungen (u.a.m.) gebunden sein. Anderenfalls würde der vereinheitlichende Effekt der Zulassung eines Vorhabens durch ein Verfahren ausgehöhlt. Ohnehin fehlt es insoweit an einem sachlichen Bedürfnis, weil das Verfahren der Planfeststellung aufwendiger ist als dasjenige der entfallenden Zulassungsaktet33. Hinsichtlich der Beteiligung der ihrer Entscheidungszuständigkeit aufgrundder Konzentration enthobenen Stellen im Planfeststellungsverfahren wird zu Recht gefordert, daß in der Regel ihr Einvernehmen bzw. ihre Zustimmung (bei ranghöheren Behörden) einzuholen ist134, wenn auch der bloße Hinweis auf kompetentielle Gründe 135 zu vage erscheint. Nähere Folgerungen sind dem grundgesetzlich136 wie landesverfassungsrechtlich137 verankerten Ressortprinzip zu entnehmen, das nicht nur im Verhältnis der Minister zueinander und zu den Organen Regierungschef - Kabinett die Ressorteigenverantwortlichkeit sichert138, sondern auch die fachliche Aufgabengliederung und -abgrenzung in vertikaler Hinsicht gebietet139. In letzterem Sinne ist das Ressortprinzip daher als umfassende Sachentscheidungszuständigkeit in allen dem Ressort zugehörigen Verwaltungsangelegenheiten zu begreifen, die sich auf den gesamten exekutiven Bereich in seiner Untergliederung erstreckt140 . Angesichts dessen kann der konzentrationsbedingte völlige Verlust an fachlicher bzw. fachbehördlicher Entscheidungskompetenz nur durch die bezeichneten Einvernehmens- und Zustimmungsrechte der durch die Planfeststellung ersetzten Stellen kompensiert 13 2 Jarass, Genehmigungen, S. 55f.; ähnlich Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 20 ; anders Hiddemann, Planfeststellung, S. 59f.; Manner, Planfeststellungsverfahren, S. 48; i.d.S. auch Zech, Straßenbau, S . 162 ff. 133 So auch Jarass, Genehmigungen, S. 57; zur Geltung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts im Sinne der Beteiligung Drittbetroffener aber unten, § 16, bei Fn. 999ff. 134 Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 12m. w.N. auf den Meinungsstand; Jarass, Genehmigungen, S. 57; zu den Begriffen Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 33lff. 135 Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 12. 136 Eingehend zu Art. 65 GG Schöler, S. 49 ff.; auch Hoppe I Erbguth, DVBL 1983, 1213, 1221. 137 Vgl. etwa Art. 55 Abs. 2 LVerf NW. 138 Schöler, S. 49ff. m. w.N.; Wahl, Rechtsfragen Il, S . 153. 139 Wahl, Rechtsfragen II, S. 153ff., mit Hinweis darauf, daß dieser Sinn der Ressortselbständigkeit in der Diskussion auffällig zurücktrete, a. a. 0., S. 153; ansatzweise auch Herzog, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 65 Rdn. 59; v. Mangoldt I Klein, GG, Art. 65 Anm. IV 2 b. Ho Stern II, S. 308f. m. w.N.; Wahl, Rechtsfragen II, S. 153ff.; im Ansatz BVerwG, Beschluß v. 22. 11. 1979-4 B 162.79 -, DÖV 1980, 179; Knöpfte, BayVBl. 1982, 228 ; allgemein i.d.S. auch Hoppe, Rechtsgrundlagen, S. 5, 10; so für§ 13 BimSchG Jarass, BimSchG, § 13 Rdn. 9; Trennungsgedanke, Wahl, Rechtsfragen I, S. 114f.
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werden, nicht aber durch schwächere Mitwirkungsformen, wie diejenigen des Benehmens oder der bloßen Anhörung 141 . Dies gilt ggf. vorbehaltlich modifizierender (spezial-)gesetzlicher Anordnung142 • Entsprechende Konsequenzen ergeben sich für (dritt-)behördliche Einvernehmens- bzw. Zustimmungspositionen in den ersetzten Zulassungstatbeständen. Auch hier gebietet- entgegen verfahrensökonomisch ausgerichteten Stellungnahmen143 - die erwähnte fachkompetentielle Aufgabenwahrung grundsätzlich ihre verfahrensrechtliche Fortgeltung in der Planfeststellung144. Im Falle mehrerer selbständiger Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, und die derart zusammentreffen, daß für die Vorhaben oder Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, findet nach§ 78 Abs.l VwVfG lediglich ein Planfeststellungsverfahren statt, sofern mindestens eines der ansonsten notwendigen Verfahren bundesrechtlich geregelt ist. Näheres ergibt sich aus § 78 Abs. 2 VwVfG; in der Regel richten sich Zuständigkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlichrechtlicher Beziehungen berührt145. 2.2.1.2 Spezialgesetzliche Regelungen der Konzentrationswirkung Gegenüber diesen Grundregeln des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts halten die Normen des Umweltrechts teilweise gesonderte Vorschriften über den Konzentrationseffekt der jeweiligen Planfeststellungen vor. Überwiegend beziehen sie sich auf die materiellen Wirkungen der Ersetzung; verfahrensrechtliche Bestimmungen finden sich nur vereinzelt. 141 Kopp, BayVBl. 1973, 85, 88f.; Jarass, DÖV 1978, 21, 25 ; ders., Genehmigungen, S. 64; zum Begriff des Benehmens Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 332; rein verwaltungsökonomische Zweckmäßigkeitserwägungen legitimieren keine Abweichungen von diesen Grundsätzen, so aber Jarass, Genehmigungen, S . 64f.; Schultz, Zuständigkeiten, S. 319f.; vgl. auch Schoeneberg, S. 92 Fn. l. 142 Wahl, Rechtsfragen li, S. 154f. 143 Bonk, in: Stelkens I Bonk I Leonhardt, VwVfG, § 74 Rdn. 8 m. w.N.; Fromm, DVBL 1969, 670. 144 Jarass, BlmSchG, § 13 Rdn. 9; nach der gegenteiligen Entscheidung des BVerwG, Urteil v. 11. 2. 1977- IV C 9.75 -, DVBL 1977, 770, etwa gesetzgeberisch klargestellt für die Gemeinden in § 36 Abs. 1 Satz 2 BBauG; vgl. auch§ 13 BlmSchG, der Zustimmungen von der konzentrationsähnlichen Wirkung der Entscheidung nach §§ 4ff. BlmSchG ausdrücklich ausnimmt; Jarass, Genehmigungen, S . 57 ; Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 12; BVerfG, Beschluß v. 15. 7. 1969 - 2 BvF 1164-, BVerfGE 26, 374; Beschluß v. 3. 12. 1969-1 BvR 624156-, BVerfGE 27, 256. 145 Zur Beurteilung der planfeststellungsbedingten Konzentrationswirkung im Umweltrecht unten, bei Fn. 167ff.
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a) Materiell-rechtliche Regelungen Das Abfallbeseitigungsgesetz enthält in § 26 eine mit § 75 VwVfG wortgleiche Regelung; § 29 AbfG entspricht inhaltlich den Grundsätzen des§ 78 VwVfG146. § 9b AtG, dessen Abs. 1, 3 für Bundesanlagen zur Sicherung und Endlagerung radioaktiver Abfälle ein Planfeststellungsverfahren vorschreibt, verweist - aus Gründen der Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsordnungl47 - in Abs. 5 auf die §§ 21- 29 AbfG, so daß die vorab genannten§§ 26, 29 AbfG im Atomrecht entsprechende Wirkung entfalten; allerdings folgt aus § 9 b Abs. 5 Nr. 3 AtG eine bedeutsame Modifizierung des Konzentrationsprinzips: Die Planfeststellung gilt nicht für die Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Berg- und Tiefspeicherrecht; insoweit tritt die Ersetzungswirkung mithin nicht ein148 • Die Vorschriften über die Planfeststellung des Wege- und Gewässerplans nach § 41 FlurberG decken sich im wesentlichen mit denjenigen der§§ 75 ff. VwVfG1 49.
b) Verfahrensrechtliche Regelungen § 7 Abs. 3 AbfG schreibt vor, daß Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zuständige Stelle ist, sofern die Abfallbeseitigungsanlage ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben i. S. d . § 4 BimSchG ist. Ein umweltrechtliches Planfeststellungsverfahren sieht i.ü. § 31 WHG vor. Mangels spezialgesetzlicher Regelung der Konzentrationswirkung gelten hier allerdings die §§ 75, 78 VwVfG direktl 50 .
2.2.2 Parallele Kontrollerlaubnisse Weitaus differenzierter und damit kompliziert stellt sich die Rechtslage bei umweltrechtlichen Kontrollerlaubnissen dar151. Mangels einer den §§ 75, 78 VwVfG vergleichbaren Grundregel sind die jeweils erforderlichen Erlaubnisse gesondert, d. h. parallel einzuholen. 146 Die Vorschrift soll § 14 WHG vorgehen, also eine umfassende Ersetzungswirkung äußern: lex-posterior-Grundsatz, Fickert, DVBl. 1984, 207, 210; hierzu unten. 147 Breuer, Endlagerung, S. 45. 14B Hierzu auch Breuer, Endlagerung, S. 37. 149 Zur Besonderheit des§ 41 Abs. 5 FlurberG Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 610; Einzelheiten bei Blümel I Ronellenfitsch, Flurbereinigung. 1so § 72 Abs. 1 VwVfG, vgl. W. Schmidt, Einführung Rdn. 136; i.d.S. zum luftverkehr srechtlichen Planfeststellungsverfahren BVerwG, Urteil v. 27. 5. 1983 - 4 C 40.44 und 45.81-, BVerwGE 67, 206, 208. 1s1 Zum Begriff oben, bei Fn. 114ff.
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Damit sind Überlappungen der Prüfvorgänge angelegt, weil neben Vorschriften, nach denen lediglich die jeweils fachspezifischen Gesichtspunkte bei der Entscheidung zu überprüfen sind, in nicht unerheblichem Umfang solche vorzufinden sind, die zur Beachtung auch außergesetzlicher Interessen, Belange (etc.) verpflichtenlo2. Freilich äußern einzelne Erlaubnistatbestände kraft sondergesetzlicher Anordnung Konzentrationswirkungio3. 2.2.2.1 Erlaubnisse mit fachgesetzlichem Prüfungsauftrag Vorschriften, nach denen im Erlaubnisverfahren die jeweiligen fachgesetzlichen Maßstäbe den Umfang der Prüfung bestimmen, sind § 9 BWaldG (Rodungsgenehmigung) und § 10 BWaldG (Erstaufforstung), des weiteren § 15 StBauFG (genehmigungspflichtige Vorhaben und Rechtsvorgänge in Sanierungsgebieten) und §57 Abs.1 Nr. 3 i. V.m. § 15 StBauFG (entsprechende Vorhaben in Entwicklungsbereichen). Für das Bundesberggesetz gilt entsprechendes lediglich auf den ersten Blick. Zwar bleiben bei der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Mineralienlo4 sonstige Vorschriften und Belange nach § 48 BBergG unberührt. Gleichwohl findet sich in dem die Zulassung von Betriebsplänen betreffenden § 55 BBergG eine generalklauselartige Ausweitung der Überprüfung auf "gemeinschädliche Auswirkungen" der Aufsuchung oder Gewinnung155 . Das Bundesberggesetz verpflichtet mithin auch zur Prüfung nicht spezifisch bergrechtlicher Belange. 2.2.2.2 Erlaubnisse mit fachübergreifendem gesetzlichem Prüfungsauftrag
Diesem Bereich unterfällt zunächst die durch § 7 Abs. 2 AbfG ermöglichte Zulassung von Abfallbeseitigungsanlagen durch Genehmigung; nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 AbfG ist die Genehmigung zu versagen, wenn sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen156. Entsprechendes gilt aufgrund § 41 Abs. 4 FlurberG hinsichtlich des Wege- und Gewässerplansi57. 152
Hierzu nachfolgend.
153 Hierzu unten, bei Fn. 161ff.; nähere Einzelheiten und Beispiele bei Jarass,
Genehmigungen, S . 33ff. 154 BBergG, Dritter Teil, §§ 39ff. 155 § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG; ähnliches gilt für die Versagungsgründe hinsichtlich der Erlaubnis und Bewilligung zur Aufnahme bergbaulicher Tätigkeit,§§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Nr. 10 BBergG: "überwiegende öffentliche Interessen"; anders § 13 BBergG betreffend die Versagung der Verleihung von Bergwerkseigentum. 156 Zum vereinfachten Verfahren beim Ausbau von Gewässern Jarass, Genehmigungen, S. 41.
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§ 9 AtG zufolge- betreffend die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb genehmigungspflichtiger Anlagen oder bei Abweichungen von den in der Genehmigungsurkunde festgelegten Verfahren - darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn u. a. überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der Luft und des Bodens und die Wahl des Ortes der Verwendung von Kernbrennstoffen nicht entgegenstehen (Abs. 2 Nr. 6 der Vorschrift). Ähnliches gilt im Bundesberggesetz hinsichtlich der bereits geschilderten Vorschrift des§ 55 Abs.1 Nr. 9 BBergG15S. Im Baurecht unterfallen Gründe des Gemeinwohls dem Prüfungsrahmen der Entscheidung über die Erteilung eines Dispenses, § 31 Abs. 2 BBauG; im nicht beplanten Innenbereich verweist § 34 Abs. 1 BBauG ausdrücklich auf "sonstige öffentliche Belange"; eine weitgefächerte, nicht abschließende Auflistung öffentlicher Belange findet sich für Außenbereichsvorhaben in § 35 Abs. 3 BBauG159. Über den Genehmigungstatbestand der Landesbauordnungen (z.B. § 70 BauO NW) sind die Bauaufsichtsbehörden gehalten, die beantragten Vorhaben auf ihre Übereinstimmung mit "öffentlichrechtlichen" Vorschriften, also auch solchen nicht-baurechtlicher Art, zu überprüfen160 . 2.2.2.3 Erlaubnisse mit Konzentrationswirkung Nach§ 8 Abs. 2 AtG umfaßt die atomrechtliche Genehmigung diejenigen des Immissionsschutzrechts. Des weiteren kann im atomrechtlichen Verfahren von Vorschriften abgewichen werden, die aufgrund § 24 GewO erlassen worden sind (§ 8 Abs. 3 AtG). Die verfahrensrechtliche Konsequenz der Ersetzungswirkung (§ 8 Abs. 2 AtG) besteht darin, daß die Atombehörde ihre Entscheidung im Einvernehmen mit der für Immissionsschutz zuständigen Stelle zu treffen hatlsl. 157 Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 618; BayVGH, Urteil v. 5. 2. 1979- Nr. 175 XIII 78 -, AgrarR 1979, 202. 158 Auchaufgrund von §§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 Satz 1 i. V.m. § 11 Nr. 10 BBergG, siehe oben; verfahrensrechtlich ist insoweit den zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen i. d. S. befugten Behörden ein - antragsbedingtes - Recht auf Stellungnahme eingeräumt,§ 15 BBergG. 159 Es handelt sich allerdings um bodenrechtliche Belange, siehe § 29 Satz 3 BBauG, der einschränkende oder die Zulässigkeit ausschließende landesrechtliche Regelungen nicht-bodenrechtlicher Art zuläßt, so vornehmlich im Bereich des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts. Beispielsweise ist eine im Außenbereich aufgrund § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegierte Abgrabung, die nach dem Landschaftsschutzrecht unzulässig ist, auch bebauungsrechtlich nicht genehmigungsfähig, vgl. BVerwG, Urteil v. 13. 4. 1983- 4 C 21.79 -, NuR 1983, 247; auch BVerwG, Urteil v. 24. 2. 1978 - 4 C 12.76 - , BVerwGE 55, 272, 277ff. 160 Hierzu etwa Ortloff, NVwZ 1984, 279, 283.
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- Die Genehmigung im immissionsschutzrechtlichen Verfahren, in dem die Vereinbarkeit des Vorhabens - auch - mit "anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften" geprüft wird(§ 6 Nr. 2 BimSchG}, schließt nach§ 13 BimSchG andere, die Anlage betreffende Entscheidungen ein, vor allem öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen. Von der Ersetzungswirkung ausgenommen sind Planfeststellungen, die Zulassung bergrechtlicher Betriebspläne, Zustimmungen, behördliche Entscheidungen aufgrund wasserrechtlicher und atomrechtlicher Vorschriften; § 4 EnWG bleibt ebenfalls unberührt. § 13 gilt auch für Änderungsgenehmigungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BimSchG 162 • Eine- etwa dem Atomrecht vergleichbare- Verfahrensregelung fehltl63. 2.2.2.4 Erlaubnisse mit Zuständigkeitskonzentration Im Wasserrecht findet sich keine materiell-konzentrationsähnliche Regelung im vorstehenden Sinne; typischerweise zusammentreffenden Genehmigungserfordernissen wird vielmehr im Wege der Bestimmung der- dannallein entscheidungsbefugten Stelle begegnetl64. Nach § 14 Abs.1 WHG entscheidet die Planfeststellungsbehörde über wasserrechtliche Erlaubnisse bzw. Bewilligungen, wenn eine Planfeststellung für ein Vorhaben vorgeschrieben ist, das mit der Benutzung von Gewässern verbunden istl6 5• Die Planfeststellungsbehörde befindet auf Antrag der für das Wasser zuständigen Stellen auch über die Beschränkung und Rücknahme der nach Abs.1 erteilten Erlaubnis bzw. Bewilligung und trifft des weiteren nachträgliche Entscheidungen(§ 14 Abs. 4 WHG). Nach Abs. 2 der Vorschrift entscheidet die Bergbehörde über die Erteilung der Erlaubnis, sofern ein bergrechtlicher Betriebsplan die Benutzung von Gewässern vorsieht. Für die Beschränkung oder Rücknahme der Erlaubnis gilt das in Abs. 4 Geregelte sinngemäß (§ 14 Abs. 5 WHG). Der Übergang der Trägerschaft zieht allerdings die verfahrensrechtliche Konsequenz nach sich, daß Maßnahmen nach§ 14 Abs.1, 4 und 5 WHG des Einvernehmens der Wasserbehörde bedürfen; im Falle der Planfeststellung durch Bundesbehörden ist die für Gewässer zuständige Behörde anzuhören. 161 Allgemein hierzu oben, bei Fn. 134ff.; umfassend Lukes I Vollmer I Mahlmann, Genehmigungsverfahren, S. 24ff.; Schmitt Glaeser, der Iandkreis 1976, 442, 443f.; Breuer, NJW 1977, 1121, 1124f. 162 BayVGH, Beschluß v. 3. 2. 1975- 105 VI 74 -, GewArch 1975, 140 Ls. 2; Horn, UPR 1984, 85, 86. 163 Zur Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung näher Offermann-Clas, Luftreinhaltung, S. 94ff. 164 Hierzu Bender, NVwZ 1984, 9; eingehend Zech, Straßenbau, S. 149ff. 165 "Unechte" bzw. "formelle" Konzentration, hierzu nachfolgend.
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Vergleichbares gilt im Zusammenhang mit der Genehmigung von Rohrleitungsanlagen zur Beförderung wassergefährdender Stoffe,§§ 19a, b WHG: Bedarf es der Erlaubnisaufgrund von Vorschriften, die nach§ 24 GewO erlassen worden sind, so entscheidet die gemäß § 24 GewO zuständige Behörde über die Erlaubnis(§ 19 WHG). Sieht ein bergrechtlicher Betriebsplan die Errichtung oder den Betrieb einer Rohrleitungsanlage vor, liegt die Entscheidung über die Genehmigung nach § 19a, b WHG bei der Bergbehörde. Auch hier ist die Erteilung der Genehmigung jeweils an das Einvernehmen der zuständigen Wasserbehörde gebundenl66.
2.2.3 Beurteilung der Parallelität von Zulassungsverfahren* Für Planfeststellungen des Umweltrechts ergibt sich ein insgesamt homogenes, dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht weitgehend entsprechendes Bild. Zwar sind kraft Spezialregelung näher bestimmte Zulassungsakte von der Konzentrationswirkung ausgenommen167. Dadurch kommt es jedoch lediglich zu einer beschränkten, inhaltlich sich prinzipiell nicht überlappenden Verfahrensparallelität168 , die überdies aus sachlichen Gründen der Spezialbereiche geboten istl69. § 14 WHG durchbricht die- materielle- Konzentrationswirkung sämtlicher Planfeststellungenl7o, mildert die Wirkung indes durch den geschilderten Zuständigkeitstransfer auf die Planfeststellungsbehörde171 . Die Auseinandersetzung um diesen Anwendungsfalllediglich "formeller" Konzentrationl72 beschränkt sich bei näherer Betrachtung auf die Frage, ob die wasserrechtlichen Zulassungen gesondert mit dem bzw. im Planfeststellungsbeschluß zu erteilen sindl73. 166 Ähnliches gilt teilweise im Naturschutz- und Abfallbeseitigungsrecht der Länder, vgl. Zuleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 284, bzgl. § 6 Abs. 7 hessNatSchG (v. 19. 9. 1980, GVBl. I, 309) und§ 17 hambAbfG (i.d.F . v. 16. 6. 1978, GVBl. I, 397, bereinigt, 500). * Eine die Weiterentwicklung des Meinungsstandes nach Abschluß dieser Bearbeitung berücksichtigende Behandlung des Fragenkreises findet sich bei Erbguth, in: Umwelt- und Technikrecht, Jahresband 1987. 167 Siehe oben, bei Fn. 148. 168 Lediglich Auslegungsfragen können im Einzelfall aufgeworfen sein, etwa im Verhältnis von § 9 b Abs. 5 Nr. 3 AtG und § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BBergG; hierzu Breuer, Endlagerung, S. 39. 169 Jarass, Genehmigungen, S . 60; auch Schultz, Zuständigkeiten, S. 44. no Vgl. Bender, NVwZ 1984, 9 m. w.N.; abweichend für die straßenrechtliche Planfeststellung Fickert, ZfW 1984, 193ff.; hiergegen zu Recht Zech, Straßenbau, S. 190f. 171 Siehe vorstehend. 172 Siehe oben; Breuer, Endlagerung, S. 47. 173 Bender, NVwZ 1984, 9.
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Sie ist dahingehend zu beantworten, daß Bewilligungen bzw. Erlaubnisse nach§§ 2, 7, Bf. WHG neben der Planfeststellung-wenn auchggf. in derselben Urkunde - auszusprechen sind. Dies folgt aus der auf eine Zuständigkeitsübertragungstrikt beschränkten Abfassung des§ 14 WHG. Damit tritt eine Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration bei der planfeststellenden Behörde einl74, aber eben keine materielle Konzentrationl75. Angesichts dessen bedarf es der gesonderten Entscheidung über die wasserrechtlichen Zulassungen. Ob deren Ergebnis separat oder gemeinsam mit dem Planfeststellungsbeschluß verlautbart wird, ist als bloße Formalie rechtlich irrelevantl76. Planfeststellungen stellen sich unter dem Blickwinkel etwaiger Verfahrensparallelitäten letztlich auch deshalb als relativ unproblematisch dar, weil ihr Gegenstand meist öffentlich verantwortete Vorhaben sindl 77 , bei denen sonstige Zulassungsakte, etwa Baugenehmigungen, vielfach entfallenl78. Anders sieht es hingegen bei den oben angesprochenen Kontrollerlaubnissen aus. Neben zum Teil schwierigen, im Wege der Gesetzesinterpretation aber zu bewältigenden Abgrenzungsfragen hinsichtlich ihres Anwendungsbereichsl79 kommt es vielfach zu parallelen Zulassungsverfahren, weil jedes größere Vorhaben regelmäßig verschiedener fachgesetzlicher Genehmigungen etc. bedarf180. Soweit einzelne Erlaubnisse mit Konzentrationswirkung ausgestattet sind181 , reduziert dies die Verfahrensparallelitäten nur graduell. So bedürfen lediglich die vom Immissionsschutzrechterfaßten Teile eines Kernkraftwerks allein der atomrechtlichen Genehmigung; andere Anlagenteile benötigen hingegen eine Vielzahl sonstiger Erlaubnisse1B2 • § 13 BlmSchG seinerseits sieht Ausnahmen von der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorl83. 174 Hierüber ist man sich trotz aller unterschiedlicher Ansätze im Ergebnis einig, vgl. Bender, NVwZ 1984, 9, 1lf. 175 Zutreffend Zech, Straßenbau, S. 186ff. m. w.N. 176 So im Ergebnis Bender, NVwZ 1984, 9, lOf., dessen auslegungsmethodische Bedenken vor diesem Hintergrund allerdings unnötig sind und deshalb auch keinen Anlaß zu "pragmatischen" Begründungen geben, a.a.O., 11. 177 Siehe oben, bei Fn. 69. 178 Jarass, Genehmigungen, S. 80. 17 9 Zur Abgrenzung etwa der wasserrechtlichen von der abfallrechtlichen Kontrolle bei flüssigen Abfällen vgl. Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 114ff., auch 125; Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 9ff.; zu ähnlichen Fragen im Verhältnis Bergrecht- Atomrecht Hoppe I Bunse, DVBL 1984, 1033, 1037ff. m. w.N. IBO Hierzu bereits oben, bei Fn. 112; Einzelheiten bei Jarass, Genehmigungen, S. 19ff., auch S. 96: Hierbei handele es sich um eine Querschnittsfrage des Rechts. 1s1 Siehe oben, bei Fn. 161ff. 182 Henseler, DVBL 1982, 390, 394; Jarass, Genehmigungen, S. 62.
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Bisweilen anzutreffende Zuständigkeitskonzentrationenl84 bewirken ohnehin keine materielle Ersetzungswirkung; im übrigen beziehen sie sich jeweils nur auf ein anderes Verfahren las. Die damit angelegte Verfahrensparallelität mag wenig befriedigend sein186 und aus Gründen der Verfahrensharmonisierung rechtliche Fortentwicklungsmöglichkeiten übedegenswert erscheinen lassenls7. Problematisch wird die gegenwärtige Rechtslage aus rechtssystematischer Sicht gleichwohl nur dann, wenn mit der Parallelität eine Genehmigungskonkurrenz einhergeht. Ein solches Konkurrenzverhältnis scheidet von vornherein zwischen anlagenbezogenen und personalbezogenen Erlaubnistatbeständen auslas. Unter den beschriebenen Zulassungsverfahren des Umweltrechts finden sich indes keine reinen Personalgenehmigungen, sondern lediglich solche gemischter Art (vgl. § 7 AtG, §§ 7ff. BBergG). Nur hinsichtlich der personenbezogenen Bestandteile dieser Prüfungsgegenstände entfällt folglich eine Konkurrenz zu den übrigen, anlagenbezogenen Erlaubnissen. Des weiteren konkurrieren solche Genehmigungen nicht miteinander, deren Genehmigungsmaßstab unterschiedlich ist, also jene mit fachlich begrenztem Prüfungsauftrag189. Zu einer Konkurrenz kommt es jedoch im Verhältnis dieser Tatbestände zu jenen mit einer fachübergreifenden gesetzlichen Prüfungspflicht (Teilidentität des Genehmigungsmaßstabs) sowie im Verhältnis letzterer zueinander (Vollidentität des Genehmigungsmaßstabs)l90: Indem den Behörden bei ihrer Entscheidung nicht nur eine die binnengesetzlichen Gesichtspunkte erfassende Beachtenspflicht auferlegt wird, sondern sie darüber hinaus angehalten werden, auch Belange, die in anderen Rechtsnormen oder- gleichsam übergesetzlich-in der Ausprägung des "Gemeinwohls" ihren Niederschlag gefunden haben, zu überprüfen, sind in alldenjenigen Fällen, in denen ein Vorhaben mehrerer Erlaubnisse dieser Art zu seiner Durchführung bedarf, Doppelprüfungen angelegt; dergestalt nämlich, daß in dem jeweiligen fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren die "sonstigen öffentlichen Vorschriften" zum Gegenstand der Entscheidungsfindung werden, die zugleich gesondert von einer anderen Stelle, Siehe oben, bei Fn. 162. Siehe oben, bei Fn. 164ff. 185 Es gilt entsprechendes wie bei der begrenzten Problemlösungskapazität der Einzelkonzentration, Jarass, Genehmigungen, S . 60 f. 18 6 Hierzu bereits oben,§ 1, bei Fn. 9; vgl. Jarass, Genehmigungen, S. 19ff. 187 Siehe unten, bei Fn. 250ff. 188 Jarass, Genehmigungen, S. 26 ff., 31; zur näheren Unterscheidung zwischen Personalgenehmigung und gemischter Genehmigung Badura, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S . 273, 356; auch Wolf! I Bachof, Verwaltungsrecht III. § 135 IV c. 189 Siehe oben, bei Fn. 154f. 190 Allg. i.d.S. Jarass, Genehmigungen, S. 32; Henseler, Abwasserbeseitigung, S.72ff., 139ff. 183 184
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deren Erlaubnis ebenfalls einzuholen ist, geprüft werden- und umgekehrt. Das gilt auch im Verhältnis zu Erlaubnisverfahren mit Konzentrationswirkung, soweit die Ersetzungswirkung sachlich-gegenständlich beschränkt istl91. Diesem - schon verwaltungsökonomisch -nicht tragbarem Befund, der in nicht unerheblichem Maße auf mangelndes Problembewußtsein bei der Einführung und Abfassung der Bestimmungen zurückführbar sein dürfte192, versuchen Rechtsprechung und Literatur auf unterschiedliche Weise entgegenzuwirken 193 . Im Verhältnis Baugenehmigung - Gaststättengenehmigung gehen die Gerichte teilweise von einer vollen Bindungswirkung der Baugenehmigung für die Zulassung nach dem Gaststättenrecht aus194. Im Bereich atomrechtlicher, bau- und wasserrechtlicher Genehmigungen wird demgegenüber eine bloße Fachbindung dergestalt angenommen, daß die atomrechtliche Genehmigung zwar auch aufgrund wasser- und baurechtlicher Überprüfung ergehe, indes nur in ihrem atomrechtlichen Gehalt Bindungswirkung entfaltel95. Wasser- und baurechtliche Zulassungen werden hiervon folglich nicht berührtl96. Den vorgenannten Auffassungen widerstreitet nicht nur, daß sie sich auf keine klare und gesicherte rechtliche Grundlage berufen können197; ihnen steht auch die fachlich gegliederte Zuständigkeits- und Kompetenzverteilung des administrativen Bereichs entgegenl98. Bei Annahme einer vollständigen Bindung wird dies besonders deutlich. Die Erteilung der nachfolgenden Genehmigung in ihren anlagenbezogenen Bestandteilen gerät zur reinen Formsache, weil im vorangegangenen Ver19 1 Siehe oben, bei Fn. 162; oder wenn- landesrechtliche- Konzentrationsvorschriften aufeinandertreffen, vgl. Jarass, Genehmigungen, S. 61, 74ff.; zum atomrechtlichen Genehmigungsverfahren Henseler, DVBl. 1982, 390. 192 Jarass, Genehmigungen, S. 66 f.; anders sieht es im- vollzugsnäheren- Länderrecht aus, Jarass, a . a. 0., S. 33 f., dessen Variantenreichtum allerdings gleichwohl eine bundesrechtliche Lösung der Problematik erfordert. Zu unterschiedlichen Zuständigkeiten im Behördenbereich insoweit Jarass, a. a. 0., S. 35 ff. 193 Vgl. näher Jarass, Genehmigungen, S. 68ff. m .w.N.; zu Einzelheiten ders., WiVerw 1984, 169. 194 OVG NW, Urteil v. 9. 12. 1980- XIV A 286178-, GewArch 1981, 123, 123f.; OVG Rheinl.-Pf., Urteil v. 19. 8. 1981-2 A 82.80 -, GewArch 1981, 382, 383. 195 Trennung zwischen Prüfungs- und Entscheidungskompetenz; BayVGH, Beschluß v. 22. 11. 1974 - 136 VI 74 -, DVBl. 1975, 199, 204; VGH Bad.-Württ., Beschluß v. 8. 10 1975- X 351175 - , DVBl. 1976, 538, 545; Rengeling, JZ 1977, 542, 543; Krause, GewArch 1980, 41, 45; auch Rüdenbender I Mutschler, Teilentscheidungen, Rdn. 234; Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 72ff. 196 Hierzu Jarass, Genehmigungen, S. 75f. 197 So zu Recht Jarass, Genehmigungen, S. 69ff., 79f., 85; zu den hiermit verbundenen allgemeinen Fragen Erichsen I Knoke, NVwZ 1983, 185, 190. 198 Siehe oben, bei Fn. 136ff., und BVerwG, Beschluß v. 22. 11. 1979-4 B 162.79-, DÖV 1980, 178 (zu§ 6 WHG, § 7 AtG).
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fahren bereits über die Einhaltung sämtlicher öffentlich-rechtlicher Vorschriften befunden worden ist. Der Aufgabenbereich der zweitentscheidenden Stelle wird also insoweit absorbiert. Ähnliches gilt bei näherer Betrachtung gegenüber dem Modell der Fachbindung, weil es mit einer umfassenden Prüfungskompetenz kombiniert ist. Wird beispielsweise eine Baugenehmigung aus wasserrechtlichen Gründen versagt, so kann zwar noch eine positive Entscheidung nach dem Wasserrecht ergehen. Gleichwohl ist das Vorhaben undurchführbar, weil die Baugenehmigung fehltl99. Im Ergebnis und in der Sache entscheidet mithin die Baugenehmigungsbehörde über die Zulassung der Anlage, und zwar anhand von Gesichtspunkten, die genuin nicht ihrer Zuständigkeit, sondern derjenigen der Wasserbehörde unterfallen. In Anbetracht dessen bleibt als allein gangbarer Weg zum Abbau paralleler Prüfvorgänge, unter Berücksichtigung der Grundsätze behördlicher Kompetenzverteilung von einer Fachbindung im engeren Sinne, also einer reinen Fachprüfung ohne fachübergreifende Untersuchungszuständigkeit auszugehen200 . So hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10. 2. 1978201 zum Wasserrecht herausgestellt, daß durch Normstrukturen der hier fraglichen Art die fachlich gegliederte Verfassungs- und Verwaltungsrechtsordnung gestört wird2°2. Infolgedessen finde die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, "im Wasserhaushaltsgesetz eine Antwort ausschließlich nach dem Maßstab seiner eigenen Regelungen, d. h. in einem allein wasserwirtschaftliehen Zusammenhang und über diesen hinaus nur, soweit das Wasserhaushaltsgesetz andere öffentliche Belange ausdrücklich in seine Tatbestände einbezieht"203. Andere als wasserwirtschaftliche Gemeinwohlbelange seien demzufolge regelmäßig nach den für diese anderen Gesichtspunkte jeweils maßgeblichen sachlich-rechtlichen Vorschriften zu beurteilen2o4. Die vom Bundesverfassungsgericht bestätigte205 und in der Literatur weitgehend übernommene206 verwaltungsgerichtliche Auffassung beanVgl. Jarass, Genehmigungen, S. 81. Von Jarass, Genehmigungen, S. 81ff., "Separation" genannt. 201 - 4 C 25.75 -, BVerwGE 55, 220; weitergehend noch BVerwG, Urteil v. 29. 1. 1965- IV C 61.64-, ZfW 1965, 98; Gieseke I Wiedemann I Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 23; weit. Nachw. bei Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl. S. 65, 74. 2o2 Hierzu und zum nachfolgenden eingehend Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 78ff. 203 BVerwG, v. 10. 2. 1978, a. a. 0 ., 220; zu letzterem etwa § 31 Abs. 1 a WHG. 204 BVerwG, Urteil v. 10. 2. 1978- 4 C 25.75 - , BVerwGE 55, 220, 229. 2o5 Beschluß v. 15. 7. 1981 - 1 BvL 77178-, BVerfGE 58, 300, 348. 199
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sprucht Geltung für all diejenigen Zulassungstatbestände des Umweltrechts, bei denen "Gründe des Gemeinwohls" o.ä. zu den Prüfungsvoraussetzungen zählen207 • So ist auch für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren mit seiner teilweisen Ersetzungswirkung betont worden, der Prüfungsauftrag erfasse unter dem Gesichtspunkt des Allgemeinwohls (§ 7 Abs. 2 Nr. 6 AtG) lediglich nuklearspezifische Gesichtspunkte208 . Entsprechendes wird für das in der ersten Teilerrichtungsgenehmigung enthaltene vorläufige positive Gesamturteil angenommen2o9. Damit ergibt sich allgemein, daß die Prüfungskompetenz nach den einschlägigen Vorschriften sich grundsätzlich nicht auf ressortfremde öffentliche Belange erstreckt21o, weil es ansonsten zu einem Kompetenzverstoß kommt211 • Dies gilt beispielsweise im Verhältnis der Baugenehmigung zur Waldumwandlungs- 212 bzw. Rodungsgenehmigung, zur atomrechtlichen Genehmigung213 wie auch zu wasserrechtlichen Bewilligungen und Erlaubnissen und umgekehrt; des weiteren im Verhältnis der atom-oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu den vorgenannten, sofern die Konzentrationswirkung nicht eintritt, sei es kraft ausdrücklicher Anordnung, 2os Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 74ff.; Salzwedel, Wasserrecht, S. 569, 580; weit. Nachw. bei Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 82f. 207 So zur Baugenehmigung Ortloff, NVwZ 1984, 279, 282; Kutscheidt, NVwZ 1983, 65. 2oa Ausführlich Henseler, DVBl. 1982, 390, 391; vgl. auch BayVGH, Urteil v. 9. 4. 1979- Nr. 167 VI 77 - , DVBl. 1979, 673 Ls. 2: "Der Dritte ist klagebefugt in Bezug auf alle nuklear-spezifischen Auswirkungen sowie auf diejenigen nicht nuklear-spezifischen Auswirkungen, die von den Kühltürmen ausgehen. AllP übrigen Auswirkungen können nur im Sonderverfahren, etwa in dem Wasser- und Baurecht, angegriffen werden". Die Ausnahme betreffend Kühltürme erklärt sich aus der diesbzgl. Konzentrationswirkung des atomrechtlichen Verfahrens für das lmmissionsschutzrecht, vgl. oben; anders OVG Lüneburg, Beschluß v. 18. 7. 1980 -7 OVG B 86177 -, DVBl. 1980, 1012f.; hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil v. 10. 4. 1984- 3 K 3201175 -, UPR 1985, 71, 72 (Ls. 20). 209 Vgl. hierzu m. w.N. Henseler, DVBl. 1982, 390, 390. 210 Ebd., 390, 392; zu der dem zugrunde liegenden allgemeinen Frage der Funktion bzw. Funktionalität Krawietz, Recht, S. 39. 211 OVG Lüneburg, Urteil v. 15. 2. 1979- VII OVG A 113/77 -, ZfW 1980, 303, 305 f.; auch BVerwG, Beschluß v. 22. 11. 1979-4 B 162.79-, ZfW 1980, 308, 308f.; i.d.S., wenn auch zurückhaltender, Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 85. 212 Die Bindungswirkung einer Teilungsgenehmigung nach§ 21 Abs. 1 BBauG tritt nicht gegenüber der Forstbehörde ein; sie kann allenfalls gegenüber der Baugenehmigungsbehörde geltend gemacht werden, vgl. OVG NW, Urteil v. 27. 9. 1982- 20 A 1137/81 -,NuR 1983, 324 (Ls.); ebenso auch OVG NW, Urteil v. 29. 9. 1982-20 A 1144/81 - ,NuR 1983, 325. 21 3 Im baurechtliehen Verfahren ist die Rechtmäßigkeit der atomrechtlichen Genehmigung nicht eigens nachzuprüfen, BayVGH, Beschluß v. 12. 7. 1983-2 AS 83 A. 881 -, DÖV 1983, 893, 894; vgl. des weiteren BVerwG, Urteil v. 13. 4. 1983- 4 C 21.79 -, UPR 1983, 335, 335f. zum Verhältnis von § 35 Abs. 1 BBauG und Schutzgebietsfestsetzungen nach dem Naturschutz- und Landschaftspflegerecht: Ein am Landschaftsschutzrecht scheiterndes Abgrabungsvorhaben ist in bebauungsrechtlicher Hinsicht nicht- mehr- zu prüfen; anders, wenn ebenfalls bodenrechtliche Vorschriften wie das Abgrabungsrecht entgegenstehen, BVerwG, Urteil v. 18. 3. 1983-4 C 17.81-, DVBl. 1983, 893.
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sei es, weil Teile eines atomrechtlichen Vorhabens die Voraussetzungen des § 4 BimSchG nicht erfüllen und damit eine zusätzliche Baugenehmigung erforderlich wird214. Die Auffassung vom fachgesetzlich bestimmten und begrenzten Prüfungsauftrag ist nicht ohne Kritik geblieben. Ihr wird entgegengehalten, sie müsse sich über den Gesetzeswortlaut hinwegsetzen, wo ein Prüfungsmaßstab angeordnet sei, der sich- zumindest- teilweise mit demjenigen nachfolgender Genehmigungen decke215. Demgegenüber ist daran zu erinnern, daß die Annahme einer reinen Fachprüfung auf die fachliche Gliederung der Verwaltungsrechtsordnung gegründet ist, die ihrerseits Ausdruck verfassungsrechtlicher Vorgaben, nämlich des Ressortprinzips ist216. Die Reduktion des nach den jeweils einschlägigen Vorschriften scheinbar weitgefaßten Untersuchungsstoffs folgt damit den Grundsätzen verfassungskonformer Auslegung217 . Einer ansonsten übedegenswerten teleologischen Reduktion der Bestimmungen218 bedarf es mithin nicht, um einen Widerspruch zum höherrangigen Recht auszuräumen. Darüber hinaus wird vorgebracht, die reine Fachprüfung führe zu einer unangebrachten Diversifizierung der Verfahren; dem einheitlichen Sachverhalt entspräche eher eine einheitliche Rechtmäßigkeitsprüfung. Eine Koordination der staatlichen Zwecke sei angebracht, insbesondere bei Genehmigungen, die eine raumbedeutsame planerische Beurteilung enthielten219. Der Problematik planerischer Elemente in Kontrollerlaubnissen ist indes auf andere Weise zu begegnen, nämlich im Wege der Befreiung der Zulassungstatbestände von diesen, ihrem Wesen nicht entsprechenden Bestandteilen220 . Im übrigen kann dem- tatsächlich bestehenden- Bedürfnis nach einer Koordination der staatlichen Zwecke de lege lata221 durch Verknüpfung der reinen Fachprüfung mit einem vorläufigen Rahmenurteil hinsichtlich der sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts Rechnung getragen werden222. Das vorläufige Rahmenurteil unterscheidet sich vom vorläufigen Gesamturteil des Teilgenehmigungs- und Vorbescheidsrechts 223 , weil es sich Einzelheiten bei Henseler, DVBI. 1982, 390, 394 ff. Jarass, Genehmigungen, S. 83. 21s Siehe oben, bei Fn. 136ff. 217 Hierzu Larenz, Methodenlehre, S. 319m. w . N.; Hesse, Grundzüge, S. 29ff. 21s So eventualiter Jarass, Genehmigungen, S. 83. 219 Ebd., S. 83. 220 Hierzu unten, bei Fn. 494ff. 221 Zur diesbzgl. Weiterentwicklung des Rechts de lege ferenda nachfolgend, bei Fn. 245ff. 222 Vgl. OVG Lüneburg, Beschluß v. 9. 11. 1982- 1 OVG B 59/82-, DVBI. 1983, 184, 185f. 223 Vgl. hierzu unten,§ 16, bei Fn. 379ff. 214 215
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anders als jenes- nicht auf Prüfgegenstände desselben behördlichen Verfahrens, sondern auf solche anderer, nämlich sonderbehördlicher Zulassungsakte bezieht224. Schwierigkeiten, die die verfahrensinterne Bindungswirkung des vorläufigen Gesamturteils bereiten mag, ergeben sich entgegen Jarass225 beim vorläufigen Rahmenurteil daher nicht22s. Wenn letztlich gegenüber der reinen Fachprüfung geltend gemacht wird, sie führe zu unsicheren Abgrenzungen in Teilbereichen227 , so ist dieser Einwand zwar nicht unberechtigt, wie nachfolgend zu zeigen sein wird. Die Unsicherheiten ergeben sich jedoch aus der Abfassung des geltenden Rechts und teilen sich damit auch dem Modell der Fachbindung bei vollem Prüfungsauftrag mit228. Der Befund gibt mithin ggf. Anlaß zu Überlegungende lege ferenda, um die teilweise bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten bzw. Überschneidungserscheinungen abzubauen229. Nicht aber ist deshalb von dem Gedanken der reinen Fachprüfung als solchem abzugehen. Das Prinzip unterliegt lediglich gewissen Differenzierungen. So leitet sich eine Einschränkung seiner Geltungskraft aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht her23o. Ist in einem fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren evident, daß eine nach anderen Vorschriften einzuholende Zulassung nicht erteilt werden darf, kann die Genehmigung aus diesen ressortfremden Gesichtspunkten verweigert werden. In solchen Fällen fehlt das Sachbescheidungsinteresse23l. Eine weitere Ausnahme von dem Prinzip des fachgesetzlich bestimmten und begrenzten Prüfungsauftrags wird teilweise angenommen, soweit fremde Belange nicht im Rahmen eines förmlichen Verfahrens von einer insofern kompetenteren Fachbehörde einer speziellen Prüfung unterzogen werden232. In diesen Fällen beruhe "die Legitimation der Befrachtung von Genehmigungsvoraussetzungen mit ressortfremden öffentlichen Belangen auf der Erwägung, daß diese wegen ihrer sonstigen Schutzlosigkeit einer behördlichen Kontrolle drohender Gefahren bedürfen" 233 . Von Relevanz sei So auch in anderem Zusammenhang Jarass, Genehmigungen, S. 88. Genehmigungen, S. 84 f. 22s Zur Unzulässigkeit drittbehördlicher Bindungen allgemein oben, bei Fn. 131 f. 227 Jarass, Genehmigungen, S. 83 f. 22s Ebd., S. 80f. 229 Hierzu unten, bei Fn. 245 ff. 230 Henseler, DVBl. 1982, 390, 396. 231 Vgl. HessVGH, Beschluß v. 30. 3. 1983 - 2 TG 26/83 -, NJW 1983, 2280, 2280f.; hierzu allgemein Kopp, VwVfG, § 22 Rdn. 31. 232 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 77; anders BVerwG, Urteil v. 10. 2. 1978- 4 C 25.75 -, BVerwGE 55, 220, 229; wie Breuer OVG Berlin, Urteil v. 22. 4. 1983 - OVG 2 A 6.81 -, NuR 1983, 280, 282 unter Berufung auf Breuer, NuR 1980, 89, 92; zur Prüfung von allgemeinen wirtschaftlichen Fragen im wasserwirtschaftliehen Zulassungsverfahren Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 80. 233 Henseler, DVBl. 1982, 390, 392. 224 22s
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dies für das Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege, weil ihm ein eigenes Vollzugs- bzw. Zulassungsinstrument fehle 234. Insoweit habe etwa die Wasserbehörde im Bewilligungsverfahren landespflegerische Maßgaben unter dem Gesichtspunkt des Allgemeinwohls (mit) zu prüfen235. Eine nähere Betrachtung erhellt indes, daß die Sichtweise zu undifferenziert ist. Soll etwa eine Anlage außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile in einem Natur- bzw. Landschaftsschutzgebiet errichtet werden, in dem nach Maßgabe der Schutzverordnung bauliche Vorhaben untersagt sind, so hält das Naturschutz- und Landschaftspflegerecht in § 31 BNatSchG selbständige Entscheidungsbefugnisse der für Landespflege zuständigen Behörden vor236. Die Frage verengt sich demgemäß auf§ 8 Abs. 2, 3 BNatSchG237 , der mangels eines eigenen Vollzugsinstrumentariums als zwingende Genehmigungsvoraussetzung im Rahmen anderer fachlicher Zulassungstatbestände wirkt, nämlich in - deklaratorischer- Ausfüllung des Gemeinwohlbegriffs oder ergänzend-, sofern in jenen auf die Beachtung sonstiger öffentlicher Vorschriften verwiesen wird23s. Nach Henseler führt auch dies nicht zwingend zu einer durchgängigen Parallelität der Prüfung von landschaftspflegerischen Belangen in den verschiedenen Erlaubnisverfahren. So soll beispielsweise die Errichtung und der Betrieb einer Atomanlage nicht einen, sondern mehrere Eingriffe unterschiedlicher Intensität und Art i. S. d. § 8 Abs.l BNatSchG darstellen. Die Rodung eines Waldstückes für den späteren Bau des Kernkraftwerkes etwa bedeute aus landespflegerischer Sicht etwas anderes als die spätere Errichtung der Anlage239 . Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien folglich zwar mehrfach zu prüfen, aber mit unterschiedlichem Gehalt und aus differierenden Gesichtspunkten. Nur dort, wo für denselben Vorgang mehrere Genehmigungen einzuholen seien - etwa in der geschilderten Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 77f. A. A. Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 86f., der dies nur im Rahmen wasserrechtlicher Planfeststellungsverfahren, i. ü. nur im Falle ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung annimmt. 23 6 Henseler, DVBl. 1982, 390, 393; befindet sich der Standort innerhalb eines im Zusammenhang bebauten, gleichfalls unter Landschaftsschutz gestellten Ortsteils, so wird der Landschaftsschutz teilweise als öffentlicher Belang i. S. d. § 34 Abs. 1 BBauG angesehen (OVG NW, Urteil v. 25. 4. 1977- X A 2093/75 -, RdL 1979, 203, 204), zum Teil die Anwendbarkeit baurechtlicher Vorschriften abgelehnt (BVerwG, Urteil v. 12. 6. 1970- IV C 77.68 -, BVerwGE 35, 256, 262; Urteil v. 24. 2. 1978-4 C 12.76 -, BVerwGE 55, 272; a.A. Steinberg, NJW 1981, 550, 554; Dolde, NJW 1979, 895), was allerdings zur Folge hat, daß eine etwaig erforderliche atomrechtliche Genehmigung ebenfalls nicht aus Gründen des Landschaftsschutzes verweigert werden darf (Henseler, DVBl. 1982, 390, 393). 237 Hierzu Henseler, DVBL 1982, 390, 393f. 238 Ebd., 390, 393f. 239 Ebd., 390, 394. 234 235
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Konstellation des Nebeneinanders von Atom- und Baurecht24 0 - , trete eine Duplizität des landschaftsschutzbezogenen Prüfungsgehaltes ein. Hier erscheine es sachgerecht, die alleinige Entscheidungsbefugnis über Maßnahmen nach§ 8 Abs. 2, 3 BNatSchG der Behörde zuzuordnen, "mit deren Genehmigung die größte Bedrohung des Naturhaushalts einhergeht"241, in dem genannten Beispiel den für das Atomrecht zuständigen Stellen. Gegen letzteres läßt sich einwenden, daß das Kriterium des -schwersten - Gefährdungspotentials im Lichte des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts gerade, zumindest aber eher, gegen eine alleinige Prüfungskompetenz der insoweit zuständigen Behörde spricht. I. ü. stehen sachliche Gründe, insbesondere der spezifische Auftrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege, einer Aufteilung des Gesamteingriffs in einzelne Eingriffe nach Maßgabe des § 8 Abs. 2, 3 BNatSchG entgegen. In dem geschilderten Beispiel erfolgt die Rodung des Waldes nicht isoliert, sondern auf ein bestimmtes Ziel hin, nämlich die Errichtung des Kernkraftwerkes. Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme des Oberflächen- und Grundwassers242 . Diese Zusammenhänge stehen einer auf Teileingriffe beschränkten Betrachtungsweise entgegen und fordern eine Prüfung landespflegerischer Belange anband des Gesamtvorgangs, also der Errichtung und des Betriebs der Anlage als Gesamteingriff; auch hier gilt, daß Anlagen nur errichtet werden, um betrieben zu werden243 .
Nur so kann des weiteren dem weitreichenden und mehrmedial ausgerichteten Auftrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege Rechnung getragen werden244; er steht einer segmentierenden, sachliche Zusammenhänge auflösenden Überprüfung naturräumlich bedeutsamer Vorgänge entgegen. Folglich scheidet eine auf den jeweiligen Genehmigungstatbestand spezifisch zugeschnittene und begrenzte Prüfung des § 8 Abs. 2, 3 BNatSchG aus; parallele, sich inhaltlich potentiell überlappende Prüfungsvorgänge sind die Konsequenz. Dem könnte de lege ferenda durch Einführung eines gesonderten naturschutzrechtlichen Zulassungsverfahrens zu begegnen sein. Damit wäre die bislang fehlende spezialgesetzliche Absicherung der Berücksichtigung von Belangen der Landespflege und zugleich eine durchgängige Geltung des Prinzips der Fachprüfung erreicht. Gleichwohl erweist sich der Weg als nicht gangbar, weil ein naturschutzrechtlicher Genehmigungsvorbehalt für 240 Siehe oben, bei Fn. 213.
Henseler, DVBl. 1982, 390, 394. Für eine gesamtheitliehe Betrachtungsweise bei entsprechenden Fallkonstellationen des Immissionsschutzrechts auch Jarass, BlmSchG, § 13 Rdn. 4. 243 BVerwG, Urteil v. 16. 3. 1972- I C 49.70-, ET 1972, 315; Degenhart, Kernenergierecht, S. 67 m. w. N. in Fn. 35. 244 Hierzu oben, § 7, bei Fn. 23. 2n 24 2
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Eingriffe in Natur und Landschaft bei sämtlichen fachlich-raumbezogenen Erlaubnisverfahren Platz griffe. Eine solche (Mit-)Entscheidungsbefugnis der Naturschutzbehörde in fachlichen Zulassungsverfahren geriete folglich in Konflikt mit den geschilderten Anforderungen fachlich gegliederter Verwaltungsorganisationund -zuständigkeit245. Überfachliche Ausrichtung weist solcherartkraftbesonderer Kompetenzzuweisung auf dieser Ebene staatlicher Aufgabenwahrnehmung lediglich das Bau(planungs)recht auf246, das zudem durch eine betont umwelt-und naturschutzorientierte Prägung gekennzeichnet ist247. Es liegt daher nahe, das Baugenehmigungsverfahren als zentrales Umsetzungsinstrumentarium jener Interessen und damit zum Abbau der verbleibenden Mehrfachprüfungen Einsatz finden zu lassen. Hierfür spricht des weiteren, daß es in der Mehrzahl aller prekären Zulassungsfälle durchzuführen ist248 . Zwar ist zu beachten, daß auch die Bauerlaubnis grundsätzlich dem Gebot der Fachprüfung unterfällt, also in sondergesetzlich geregelten Verfahren zu entscheidende Gesichtspunkte nicht Gegenstand der baurechtlichen Prüfung sind249. Diese Sperrwirkung entfällt jedoch in der hier fraglichen Fallgestaltung, weil § 8 BNatSchG gerade keine spezialgesetzliche Zulassung vorsieht. Insofern setzt sich die das Baurecht charakterisierende Querschnittsorientiertheit durch, die den übrigen Fachgenehmigungen- etwa des Wasser- oder Atomrechts-fremd ist. Demnach ergibt sich, daß bei aufeinandertreffenden Zulassungsakten die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege i.S.d. § 8 BNatSchG allein Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind. Mehrfachprüfungen entfallen folglich. Dieses Ergebnis leitet sich aus der allgemeinen Funktion der Baugenehmigung her; es entspricht mithin der geltenden Rechtslage und impliziert keine Forderung de lege ferenda. Die Diversifizierung der Zulassungstatbestände250 und die Schwierigkeiten bei der Bestimmung und wechselseitigen Abgrenzung ihrer Anwendungsbereiche, was wiederum Rechtsunsicherheiten zu Lasten des Vorhabensträgers, aber auch- unter dem Aspekt des Rechtsschutzes- zuungunsten Drittbetroffener begründet25I, legen allerdings aus rechtspolitischen Gründen, nämlich zum Zwecke der Harmonisierung252, den Vorschlag der 245 246 247 248 249 25o 251 252
Siehe oben, bei Fn. 136ff., 198. Vgl. Schlarmann, Privilegierte Fachplanungen, S. 5ff. Siehe oben, bei Fn. 50ff. Jarass, Genehmigungen, S. 87. Siehe oben, bei Fn. 210f. Jarass, Genehmigungen, S. 83; vgl. oben, bei Fn. 180ff. Näher Jarass, Genehmigungen, S. 48 f., 59. Hierzu oben, § 2, bei Fn. 11.
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Einführung einer generellen Konzentration in das anlagenbezogene Genehmigungsrecht nahe253. Damit würde zugleich dem effizienzbedingten Anliegen einer instrumentellen Zusammenführung in horizontaler Hinsicht Rechnung getragen 254 . Solches läßt sich freilich nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung bewerkstelligen255, weil es an der Voraussetzung einer gesetzgeberisch nicht gewollten Lücke im Recht fehlt 256 : Wegen der ausdrücklichen Verankerung einer Konzentrationswirkung für Planfeststellungen im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht kann nicht davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe sie bei der Abfassung der Genehmigungstatbestände schlichtweg übersehen. Die Ausstattung eines Genehmigungsverfahrens mit Konzentrationswirkung obliegt folglich dem Gesetzgeber. Der hierauf gerichtete Vorschlag stellt sich als Forderung de lege ferenda dar. Als Verfahren, das vor diesem Hintergrund gesetzlich mit Konzentrationswirkung zu versehen wäre, kommt nur ein solches in Betracht, das in der überwiegenden Zahl der (Vorhabens-)Fälle durchgeführt werden muß. Nur dann kann die Ersetzungswirkung effektiv greifen. Des weiteren sollte es sich um einen Genehmigungstatbestand handeln, dem ohnehin ein umfassender Prüfungsauftrag zukommt. Durchmustert man anhand dieser Vorgaben das Arsenal umweltrechtlicher Gestattungsformen, so werden beide Voraussetzungen- wiederumvon der Baugenehmigung erfüllt257. Dem Verfahren sollte folglich in Anlehnung an§ 75 VwVfG Konzentrationswirkung zugewiesen werden258, freilich unter Ausschluß der Konzentrationswirkung von Planfeststellungen und Genehmigungsvorschriften mit Konzentrationswirkung, soweit deren Ersetzungsfunktion reicht25 9. Es handelt sich damit um eine sog. dominante und generelle Konzentration, die indes hinsichtlich der zuletzt genannten Ausnahmen rezessive Elemente aufweist260 . Jarass, Genehmigungen, S. 86ff. Zur horizontalen Konzentration oben,§ 10, bei Fn. 222. 255 So aber Jarass, Genehmigungen, S. 96ff. 256 Hierzu Jarass, Genehmigungen, S. 97. 257 Siehe oben, bei Fn. 160; Jarass, Genehmigungen, S. 87 ; zur Neufassung der Musterbauordnung und jener des -nw- Landesrechts, die allerdings in der Sache an der Baugenehmigung nichts ändern, Bork, StGR 1984, 219. 258 Damit würde zugleich der allgemeinen Forderung nach einer Festigung der zentralen Stellung des Bau(planungs)rechts, wie sie im Zusammenhang mit den Arbeiten am neuen Städtebaurecht erhoben worden ist, entsprochen; hierzu Schmidt-Aßmann, DVBl. 1984, 582, 584. 259 Siehe oben, bei Fn. 122 ff. 260 Anders Jarass, Genehmigungen, S. 87, der Modelle einer dominanten strikt von solchen rezessiver Art trennt. 253 254
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Einer etwaigen Überlastung des Baugenehmigungsverfahrens kann im Wege der Verfahrensstufung durch Teilentscheidungen -auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung261 - entgegengewirkt werden. Besonderer Modifizierungen des Konzentrationsumfangs durch Gesetz oder in der Genehmigung dahingehend, daß einzelne Zulassungen gesondert zu erteilen sind, bedarf es infolgedessen nicht262. In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung zur Konsequenz, daß die Baugenehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung an das Einvernehmen der "ersetzten" Behörden gesetzlich zu binden ist263. Des weiteren ist dem konzentrationsbedingten Komplexitätszuwachs des Baugenehmigungsverfahrens264 durch verfahrensrechtliche Beteiligungsvorschriften zugunsten Dritter Rechnung zu tragen. Zwar bedarf es keiner den § 4ff. BimSchG entsprechenden Regelung, weil, wie § 13 BimSchG zeigt, das immissionsschutzrechtliche Verfahren umfassender angelegt ist; Anwendung finden müssen jedoch die Vorschriften über förmliche Verfahren nach§§ 63ff. VwVfG265. Daß die Konzentrationswirkung der Baugenehmigung nur für anlagenbezogene Zulassungen wirkt, Personalgenehmigungen und die diesbezüglichen Elemente gemischter Genehmigungen mithin nicht erfaßt, ist aufgrund der Wesensverschiedenheiten der Prüfungsgegenstände sachgerecht266. Soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, verbleibt es bei einer potentiellen Verfahrensparallelität. Die geringe Häufigkeit und Bedeutung solcher Fallkonstellationen läßt dies hinnehmbar erscheinen. Zusammengeiaßt ergeben die Überlegungen: Bedarf das Vorhaben eines Planfeststellungsverfahrens, so tritt die Konzentrationswirkung des § 75 VwVfG, modifiziert durch umweltrechtliche Spezialvorschriften, ein. Bedarf das Vorhaben keiner Planfeststellung, sondern behördlicher Erlaubnisse bzw. Genehmigungen, so ist zu unterscheiden: Hierzu unten, nach Fn. 407. Sachliche Überforderungen scheiden aus, weil die komplexen Zulassungsverfahren des Atom- und Immissionsschutzrechts ihrerseits konzentrationsähnlich wirken, siehe oben , bei Fn 161ff.; a .A. Jarass, Genehmigungen, S. 87ff. 263 Siehe oben, bei Fn. 134ff.; im Ergebnis zum Immissionsschutzrecht auch Jarass, BlmSchG, § 13 Rdn. 9; allgemein Hoppe, Rechtsgrundlagen, S . 5, 10; auch Battis, DVBL 1978, 577, 538f.; unzutreffend Fickert, ZfW 1984, 193, 207f., der für den entsprechenden, aber ausdrücklich geregelten Fall des § 14 Abs. 3 WHG von einem "unechten" Einvernehmen ausgeht, das lediglich die Mitwirkung, nicht aber die Zustimmung der- wasserrechtlichen- Fachbehörde fordere. 264 Zu Fragen der Komplexität unten,§ 16, bei Fn. 947. 265 Zum Geltungsbereich der Vorschriften allgemein Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 330f. 266 Siehe oben, bei Fn. 188. 261 262
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• Handelt es sich um eine atomrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage, so gilt die Konzentrationsregel des § 8 Abs. 2 AtG. • Handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich, nicht aber atomrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage, so tritt die Konzentrationswirkung nach § 13 BimSchG ein. • Handelt es sich um eine weder atomrechtlich noch immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage, oder geht es um Zulassungstatbestände, die von der immissionsschutz- bzw. atomrechtlichen Konzentration nicht erfaßt werden, so sind de lege lata die Erlaubnisse gesondert zu erteilen bzw. einzuholen; der Prüfungsumfang beschränkt sich auf die jeweiligen gesetzesund fachspezifischen Gesichtspunkte. Soweit im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2, 3 BNatSchG Mehrfachprüfungen angelegt sind, tritt die alleinige Prüfungskompetenz des Baugenehmigungsverfahrens ein. Ist- ausnahmsweise- eine Baugenehmigung nicht erforderlich, verbleibt insoweit ein Rest an Mehrfachprüfungen. De lege ferenda ist für diese Fallgestaltungen die Ausstattung des Baugenehmigungsverfahrens mit Konzentrationswirkung zu empfehlen. Zwischenergebnis
Die bisherige Erörterung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten im Umweltrecht führt zu folgenden Ergebnissen: - Die allgemeinen umweltrechtlichen Grundprinzipien entziehen sich aufgrund der Abstraktionshöhe ihrer Postulate einer konkretisierenden Fortentwicklung. Die Gesetzeszielbestimmungen der Umweltgesetze sind auf die jeweilige fachgesetzliche Aufgabenstruktur zu beschränken und damit Zielpluralismen und Zielkonflikte abzubauen. Lediglich der umfassende Koordinierungsauftrag der Raumordnung/Landesplanung und des Bauplanungsrechts rechtfertigt einen entsprechend weit gefächerten Zielkatalog2s7. Die überörtlichen Instrumente der Planung sind horizontal in atom- wie bergrechtlicher Hinsicht zu ergänzen, vor allem aber- aus Gründen horizontaler Konzentration- enger zu vernetzen. Anzustreben ist eine Ausgestaltung der großräumigen Landschaftsplanung zur Leitplanung des 267 Entsprechendes gilt im Falle der Erweiterung der Landschaftsplanung zur Leitplanung des Umweltrechts, vgl. nachfolgend.
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Umweltrechts, die allerdings raumbeanspruchende Umweltplanungen nicht einbezieht. Sie sollte in ihren raumbedeutsamen Inhalten in die Programme und Pläne der Raumordnung und Landesplanung auf Landeswie Regionalebene mittelbar eingebunden werden. Über die Raumordnung und Landesplanung wird zugleich die Verbindung mit herkömmlichen Fachplanungen erreicht. - Auf örtlicher Ebene sollten die Umweltplanungen als Fachbeiträge in die Bauleitplanung eingehen. Insoweit kommt der- örtlichen- Landschaftsplanung wiederum Leitfunktion zu. - Hinsichtlich der Einzelinstrumentarien sind horizontal Zulassungstatbestände der Planfeststellung von solchen der Kontrollerlaubnisse zu sondern. Daneben gibt es Mischformen. Ein maßgebliches Kriterium der Unterscheidung ist, daß Planfeststellungen regelmäßig staatlich betriebene Vorhaben betreffen, während Kontrollerlaubnisse gegenüber privaten Antragstellern ergehen, die sich auf Grundrechtspositionen berufen können. Letzteres wird fraglich, wenn Vorhabensträger juristische Personen des Privatrechts sind, die von öffentlichen Anteilseignern beherrscht werden. In diesen Fällen löst die mangelnde Grundrechtsfähigkeit der Antragsteller die Gebundenheit der Entscheidung auf und führt damit zu einer Annäherung der Kontrollerlaubnis an die Planfeststellungstatbestände. - Des weiteren sind vielfach Parallelverfahren bei der Zulassung von größeren Vorhaben angelegt. Soweit es um Planfeststellungen geht, wirkt deren Konzentrationseffekt zusammenführend und vereinheitlichend. Im Anwendungsbereich von Kontrollerlaubnissen fehlt solches weitgehend. Sich überlappende Prüfvorgaben ziehen zudem Prüfungskonkurrenzen nach sich. Aufgrund der verfassungs- und verwaltungsrechtlich geordneten Aufgabenverteilung ist die Anwendung der fraglichen Vorschriftende lege lata- auf eine reine Fachprüfung, ggf. verbunden mit einem vorläufigen Rahmenurteil hinsichtlich sonstiger rechtlicher Anforderungen, zu beschränken. Soweit Umweltgesetze über kein gesondertes Vollzugsinstrumentarium verfügen, erfolgt die Berücksichtigung der von ihnen vertretenen Interessen- ausschließlich- im Baugenehmigungsverfahren. Zum Abbau der Parallelität von Kontrollerlaubnissen empfiehlt sich aus Gründen horizontaler Konzentration de lege ferenda die Ausstattung der Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung, die allerdings im Falle des Aufeinandertreffens mit bestehenden Konzentrationsregelungen zurückzutreten hat.
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3. Weiterentwicklung der Planungsinstrumente in vertikaler Sicht In vertikaler Hinsicht sind gleichfalls Maßnahmen der Planung und Einzelentscheidungen zu unterscheiden. Dabei wird wie in dem vorangegangenen Kapitel unter Planung nur solches vorausschauendes planendes staatliches Handeln verstanden, das des Vollzugs durch einzelfallbezogene Maßnahmen bedarf, also das Verständnis zugrunde gelegt, wie es etwa in§ 36b Abs. 1 und 5 WHG zum Ausdruck kommt. Planfeststellungstatbestände sind infolgedessen dem Instrumentarium der Einzelentscheidungen zuzuordnen2sa.
Eine horizontale Vernetzung der Umweltplanungen269 hätte zugleich Konsequenzen in vertikaler Hinsicht. Gerade die Ausgestaltung der Landschaftsplanung zur Leitplanung des Umweltrechts ließe weitgehend die Eigenständigkeit sonstiger Umwelt(fach)planungen entfallen270. Das setzt jedoch Fortschreibungen des Rechts voraus. Die nachfolgenden Überlegungen gehen von der geltenden Rechtslage aus. 3.1 Konkretisierungsstufen der Planung
Die unterschiedliche, bis zu dreiehige Aufgliederung umweltrechtlicher Planungen271 beruht allenfalls zum Teil auf Sachgesetzlichkeiten der Regelungsbereiche272. Was die einstufigen Planungsarten anbelangt, so erscheint die Beschränkung sachgerecht im Hinblick auf die Flurbereinigungsplanung wegen ihres dem Bebauungsplan vergleichbaren räumlichen Zuschnittes 273 , aber auch hinsichtlich der Abfallbeseitigungsplanung: Es handelt sich um eine Standortplanung, die von ihrer Natur her keiner weiteren, kleinräumigen Konkretisierung bedarf. Anders verhält es sich hingegen bei der immissionsschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Planung. Wie bereits in anderem Zusammenhang angesprochen274, beschränkt sich die Ausbreitung von Luftverunreinigungen nicht auf den Zuschnitt von Belastungsgebieten. Will die Luftreinhalteplanung ihrer umweltschützend vorsorgenden Aufgabenstellung gerecht werden, so hat sie auch nicht oder weniger belastete Gebiete in die Betrachtung einzubeziehen, insbesondere aber die großräumigen Wirkungszusammenhänge emittierter Stoffe planerisch zu erfassen. Geboten ist daher Siehe oben,§ 10, bei Fn. 56f. Siehe oben, bei Fn. 10ff. 210 Siehe oben, bei Fn. 11 ff. 271 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 162ff. 272 Hierzu oben,§ 10, nach Fn. 169. 273 Vgl. Lillotte, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 604f. 274 Vgl. oben, § 10, bei Fn. 170, und Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 934.
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zumindest eine zusätzliche landesweite Aufstellung von Luftreinhalteplänen, die gleichsam flächendeckend Festsetzungen vorsorgender Luftreinhaltepolitik treffen275. Ähnliches gilt für die wasserrechtliche Rahmenplanung. Die zu berücksichtigenden Erfordernisse des nutzbaren Wasserschatzes, des Hochwasserschutzes und der Reinhaltung der Gewässer276 sind in ihren Wirkungen nicht auf Flußgebiete, Wirtschaftsräume oder Teile von solchen277 beschränkt. Auch hier bedürfen großräumige Wirkungszusammenhänge der planerischen Erfassung im Sinne einer Aufstellung von landesweiten wasserwirtschaftliehen Plänen. Die dargestellten zwei- und dreistufigen Konkretisierungsformen des Umweltplanungsrechts geben keinen Anlaß zu Überlegungen der Fortentwicklung. Die Zweistufigkeit der Bauleitplanung erklärt sich aus ihrer rein örtlichen Gestaltungsfunktion, die der Raumordnung aus ihrer lediglich überörtlichen Koordinierungsaufgabe. Landschaftsplanung und forstliche Rahmenplanung sind hingegen nicht Begrenzungen dieser Art unterworfen. Daher erscheint die Dreistufigkeit des planerischen Konkretisierungsvorgangs sachgerecht. 3.2 Das Verhältnis der Planungen zueinander
Soweit sich die Planungen des Umweltrechts auf zwei oder drei Konkretisierungsstufen in dem vorstehend geschilderten Sinne vollziehen, stehen sie in einem innergesetzlichen Ableitungsverhältnis. Indem die zweite bzw. dritte Planungsebene die inhaltlichen Vorgaben der- jeweils- groBräumigeren Planung zu beachten hat, werden insoweit hierarchische Beziehungen begründet. Aus dem Blickwinkel der Harmonisierung278 stellt sich darüber hinaus die Frage, ob ähnliches im (Außen-)Verhältnis der Umweltplanungen zueinander gilt bzw., ob solches de lege ferenda eingeführt werden sollte. Verbindlichkeitsregelungen jener Art finden sich vereinzelt. Bundesrechtlich folgt dies aus dem Satzungscharakter von Bebauungsplänen, § 10 BBauG279. I. ü. sieht das Recht der Länder teilweise vor, daß Umweltplanungen Verbindlichkeit erlangen können, so etwa nach§ 56 Abs. 2 Satz 2 LWG NW Abwasserbeseitigungspläne; des weiteren kann nach § 8 Abs. l 275 276 277 278 279
Bereits Hoppe, Rechtsgrundlagen, S. 5, 19. § 36 Abs. 2 WHG. § 36 Abs. 1 WHG. Zu diesem Kriterium oben, § 2, bei Fn. 11. Vgl. allerdings die einschränkenden Maßgaben der§§ 37, 38 BBauG.
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LimSchG NW die Landesregierung den Maßnahmenteil von Luftreinbalteplänen durch Rechtsverordnung für verbindlich erklären. § 7 Abs. 5 LAbfG NW zufolge sind Abfallbeseitigungspläne Richtlinien für alle behördlichen Entscheidungen, Maßnahmen und Planungen, die für die Abfallbeseitigung Bedeutung haben. Soweit die Festlegungen des Abfallbeseitigungsplans für die Beseitigungspflichtigen für verbindlich erklärt worden sind2Bo, hat der Abfallbeseitigungsplan Rechtsnormcharakter2Bl. Vor diesem Hintergrund erscheint überlegenswert, Umweltplanungen sämtlichst mit Verbindlichkeit auszustatten, entweder dergestalt, daß siewie im Bauplanungsrecht - in Rechtssatzform aufgestellt werden, oder indem die jeweiligen umweltrechtlichen Vorschriften die - allgemeine Beachtungspflicht ausdrücklich anordnen. Erreicht wäre damit eine vertikale Bindungswirkung aufgestellter Pläne nicht nur gegenüber Planungen anderer Stellen auf gleicher oder niedrigerer Handlungsebene, sondern auch gegenüber höherstufigen Drittplanungen. Anlaß zu Bedenken gegenüber einer solchen Fortentwicklung des Rechts gibt schon der Umstand, daß sie zeitlich bedingte und damit rein zufällige Vorrangigkeiten im Verhältnis der Planungsarten nach sich zieht. Je nachdem, wie schnell der jeweilige Plan aufgestellt wird, entfaltet er Bindungswirkung gegenüber allen übrigen, noch in der Entstehung befindlichen Plänen oder ist als noch nicht fertiggestellte Planung der Verbindlichkeit anderer, bereits aufgestellter Pläne verpflichtet. Aus rechtlicher Sicht ist zudem fraglich, ob bzw. in welchem Umfang die Bindung anderer Träger öffentlicher Gewalt mit allgemeinen Grundsätzen der Verteilung von Verwaltungskompetenzen vereinbar ist. Sofern Stellen des Bundes an Umweltpläne der Landesverwaltung gebunden werden, erscheint dies aus Gründen der Bundesstaatlichkeit nicht unproblematisch282. Vor allem aber ist zu bedenken, daß eine generelle Behördenverbindlichkeit der Pläne des Umweltrechts in Kollision geraten kann mit den landes-und bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Prinzipien der Ressorteigenständigkeit und der kabinettsinternen Geschäftsverteilung283. Ob der Gesetzgeber hierin- trotz ggf. bestehender Modifizierungsbefugnisse284- in solch umfassender Weise durch Erlaß sämtliche Ressorts mit ihren Untergliederungen verpflichtender Bindungsvorschriften für Umweltpläne eingreifen darf, erscheint nicht zweifelsfrei. § 8 Abs. 1 LAbfG NW i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 6 AbfG. In allen übrigen Fällen sind die Pläne Richtlinien mit rein behördeninterner Bindungswirkung. 282 Vgl. hierzu die entsprechende Diskussion beim Erlaß des Raumordnungsgesetzes, Zinkahn I Bielenberg, § 3 ROG Rdn. 9. 283 Hierzu allgemein v. Mangoldt I Klein, GG, S. 1262; Hesse, Grundzüge, S. 255, 257ff. ; oben, bei Fn. 136ff., 198. 284 Hierzu oben, bei Fn. 142. 28o 281
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Zwar gibt es Beispiele für Pläne in Gesetzesform im außer-umweltrechtlichen Bereich, etwa die landes-und bundesweite Verkehrswegeplanung2B5. Gleichwohl bleibt beachtlich, daß bei Planfeststellungen die Ersetzungswirkung der Konzentrationswirkung aus Gründen fachlicher Aufgabengliederung zu kompensieren ist durch Mitwirkungsrechte der ansonsten handlungsbefugten Stellen, und zwar im Sinne von Einvernehmensvorbehalten2B6. Im Falle der Bindung an Planungsakte anderer Behörden tritt eine ähnliche Konstellation ein, so daß auch hier zumindest zu fordern sein könnte, daß die Pläne nur im Einvernehmen mit den deren Verbindlichkeit verpflichteten Trägern öffentlicher Gewalt aufgestellt werden dürfen. Ob damit allerdings Einengungen des planerischen Gestaltungsraums hinreichend ausgeglichen werden, bleibt fraglich. Ungeachtet dessen ist eine allgemeine Bindungswirkung von Umweltplänen schon deshalb nicht ohne weiteres zulässig, weil hiervon auch die Raumordnung und Landesplanung erfaßt würde. Aufgrund des gesamtplanerischen Gestaltungsauftrags kommt ihren Programmen und Plänen allein eine umfassende, nicht nur horizontal, sondern auch vertikal ausgerichtete Verbindlichkeit zu2B7. Dem widerspricht es, wenn die Raumordnung planerischen Vorgaben einzelner Bereiche des Umweltrechts verpflichtet wird; das Verhältnis zwischen fachlicher Planung und überfachlicher Koordinierung würde verkehrt. Eine Verbindlichkeit der Umweltpläne kann daher nur dann gesetzlich angeordnet werden, wenn die Planungen ihrerseits raumordnerische Festsetzungen zu beachten haben. Lediglich das Bauplanungsrecht berücksichtigt dies aufgrund der Anpassungsklausel des§ 1 Abs. 4 BBauG; die übrigen Vorschriften, denen zufolge Umweltpläne für verbindlich erklärt werden können2sa, greifen mithin unzulässig in den Aufgabenbereich der Raumordnung und Landesplanung ein. Infolgedessen dürfen auch sonstige Pläne des Umweltrechts nur dann mit Bindungswirkung ausgestattet werden, wenn die jeweiligen Vorschriften eine Raumordnungsklausel enthalten2B9 bzw. eine solche eingeführt wird. Diese Maßgabe läßt zugleich die aus Gründen der Ressorteigenverantwortlichkeit geäußerten Bedenken entfallen: Da die Festsetzungen der Umweltpläne aufgrundvon Raumordnungsklauseln dem raumordnerischen Gesamtkonzept Rechnung tragen, das sämtliche Planungen und sonstige Vgl. Schlarmann I Erbguth, S. 74ff. Siehe oben, bei Fn. 134ff. 287 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 51,§ 13, bei Fn. 15. 288 Siehe oben, bei Fn. 279ff. 289 Siehe oben; im Landesrecht etwa § 16 Abs. 2 LG NW hinsichtlich der Aufstellung von Landschaftsplänen der örtlichen Stufe. 285 286
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(überörtliche) Belange des Umweltrechts abstimmend erfaßt, führt ihre Bindungswirkung zu keinen Einschränkungen- drittbehördlicher- planerischer Gestaltungsfreiräume, die über das hinausgingen, was aufgrund der gesamtplanerischen Koordinierung ohnehin vorgegeben ist. Eine generelle Bindungswirkung von Umweltplänen ist daher nur dann zulässig, wenn ihre Inhalte aufgrundgesetzlicher Raumordnungsklauseln in Abhängigkeit von Vorgaben der Raumordnung und Landesplanung stehen. Nicht ausgeräumt sind damit freilich die eingangs geäußerten rechtspolitischen Bedenken rein zeitlicher und damit zufälliger Vorrangigkeiten. In Anbetracht dessen erscheint es empfehlenswerter, wechselseitige Beachtensklauseln in die Planungsvorschriften der Umweltgesetze einzuführen, die nicht an die Verbindlichkeit von Planinhalten anknüpfen, sondern lediglich zu deren Berücksichtigung anhalten. Entsprechendes bietet sich bei den herkömmlichen Fachplanungen im Wege der Einführung von Umweltschutzklauseln in die einschlägigen Vorschriften an29o. Des weiteren liegt auch hier die Ausgestaltung der Landschaftsplanung zur Leitplanung des Umweltrechts nahe. Neben der horizontal zusammenführenden Wirkung291 bewirkt die überörtliche Landschaftsplanung aufgrund ihrer Zweistufigkeit auch eine vertikale Bündelung. Umweltbeanspruchende Planungen des Umweltrechts, herkömmliche Fachplanungen und die unteren Planungsebenen werden im übrigen von der vertikalen Bindungswirkungder Raumordnung und Landesplanung erlaßt. Spezialgesetzliche Verbindlichkeitsregelungen erübrigen sich dann. 3.3 Das Verhältnis der Planungsinstrumente zu Einzelentscheidungen
Das Verhältnis der Planungsmittel zur Ebene der Einzelmaßnahmen scheint auf den ersten Blick unproblematisch zu sein: Letztere Mittel dienen, soweit sie plangebunden sind292, dem Vollzug bzw. der Umsetzung der nicht einzelfallbezogenen, entwicklungsbetonten und damit zukunftsgerichteten planerischen (Vor-)Entscheidung293 . Gleichwohl ergeben sich zunehmend Abgrenzungsfragen, die in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen bereits angelegt sind294. Die Diskussion spitzt sich an der Nahtstelle zwischen Planung und Einzelvollzug zu, nämlich im Verhältnis von bodennutzungsorientierten Plänen und Einzelmaßnahmen. Deutlich wird dies im Spannungsfeld der Bauleit290 Zur Verbindung von Raumordnungs- und Umweltschutzklauseln Hoppe I Erbguth, DVBl. 1983, 1213, 1222. 291 Siehe oben, bei Fn. 9ff. 292 Siehe oben, § 1 0, bei Fn. 17 3 ff. 293 Siehe oben, ebd., und Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 106ff. 294 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 190!.
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planung und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Fraglich ist nämlich, ob bzw. in welchem Umfang und mit welchem Aussagegehalt in Bebauungsplänen Emissions- und Immissionsgrenzwerte festgesetzt werden dürfen oder müssen. Besondere Brisanz erfährt die Problematik hier deshalb, weil die Bauleitplanung, nicht nur getragen durch praktische Bedürfnisse, sondern auch begünstigt durch jüngere Novellierungen, zunehmend anlagenbezogen ausgerichtet ist. Darin werden tendenzielle Annäherungen an den Regelungsgegenstand der - immissionsrechtlichen - Genehmigung gesehen295 . 3.3.1 Meinungsstand
Die Rechtsprechung hat hierzu in recht unterschiedlicher Weise Stellung bezogen. Eine vereinheitlichende Wirkung der revisionsgerichtlichen Spruchpraxis steht kaum zu erwarten, weil die Entscheidungen im Normenkontrollverfahren nach§ 47 VwGO ergangen sind und das Bundesverwaltungsgericht auf eine Vorlage seitens der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe angewiesen ist, die wenig vorlagebereit sind296. Der BayVGH hält etwa die Festsetzung eines Planungsrichtpegels nach DIN 18 005 als Immissionswert im Bebauungsplan nicht für hinreichend bestimmt, weil er als Summenpegel das Maß des Zulässigen davon abhängig mache, was andere Grundstückseigentümer noch übrig ließen297. Der VGH Bad.-Württ. versteht unter "Vorkehrungen" i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG alle Maßnahmen, die geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren298. Hierzu werden neben baulichen Maßnahmen auch Nutzungsbeschränkungen für emittierende Anlagen gezählt, etwa i. S. d. Festlegung von Grenzwerten für Erschütterungen und die Messung von Erschütterungen. Allerdings dürfe die Gemeinde kein eigenes Umweltschutzrecht schaffen. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG299 erlaube keine Vorkehrungen, die über das hinausgingen, was zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen erforderlich sei. Auch das OVG Bremen geht davon aus, der Bebauungsplan könne (Lärm-)Immissionsgrenzwerte festlegen, um zu erreichen, daß bei der Genehmigung Dolde, DVBl. 1983, 732, 734. Zu diesem Mißstand allgemein Stich, DVBL 1982, 173; auch BVerwG, Beschluß v. 14. 2. 1983- 4 B 191.83 -, BayVBl. 1983, 342, das die Nichtvorlage durch das OVG Berlin zwar in der Sache rügt, sich indes zu keiner sachlichen Entscheidung in der Lage sieht, weil hierin weder ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4, 103 GG noch gegen das Rechtsstaatsprinzip liege. 297 BayVGH, Urteil v. 9. 11. 1981 - Nr. 22 B 80 A 889 - , NJW 1983, 409; vgl. auch von Holleben, UPR 1983, 76; Fickert I Fieseler, § 1 Rdn. 95 m. w. N.; Hill, ZfBR 1980, 223, 227. 298 Urteil v. 20. 6. 1980- VIII 1854179-, EPlaR I 2 b VGH Baden-Württemberg 6.80. 299 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 52, 190. 295
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einzelner Vorhaben durch das Bauordnungsamt die verwendeten Materialien, die Bauweise der Werkhallen etc. daraufhin überprüft würden, ob die beabsichtigte Nutzung sich innerhalb der im Plan festgesetzten Beurteilungspegel halte3oo. Ähnlicher Ansicht ist das OVG Berlin; hiernach gebietet eine sachgerechte Abwägung unter Berücksichtigung des Gebots der Konfliktbewältigung die Festsetzung von Immissionsgrenzwerten nach§ 9 Abs. 1 Nr. 24 (3. Alt.) BBauG301 . Detailregelungen (z. B. Rauchgasentschwefelungsanlagen, Elektrofilter, spezielle Brenner- und Feuerungsausstattungen) seien hingegen nicht Aufgabe der Planung, blieben vielmehr dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten3o2. Im Schrifttum haben sich vor allem Dolde303, von Holleben30 4 und Schmidt-AßmannJos zur Frage des Verhältnisses von Bauleitplanung und immissionsschutzrechtlicher Genehmigung geäußert3os. Nach Dolde kommt dem- in § 50 BimSchG betonten- Trennungsgrundsatz307 aufgrund gegenläufiger, planerisch-umweltschützend ebenfalls zu berücksichtigender Belange kein Vorrang im Vorgang der Bauleitplanung zu; die räumliche Trennung sei nur ein Mittel des übergeordneten Gebots der Konfliktbewältigung durch PlanungJoa. So erlaube§ 1 Abs. 4 BauNVO neben der Festlegung der Standorte von Wohnen und Gewerbe in einem als "Pufferzone" ausgewiesenen Mischgebiet die immissionsschutzrechtliche Gliederung von Gewerbe- und Industriegebieten. Hierzu gehöre auch die Gliederung nach dem Emissionsverhalten, so daß z.B. ein flächenbezogener Emissionsgrenzwert festgelegt werden könne, des weiteren anlagenbezogene Immissionswerte, bei denen Fremdgeräusche außer Betracht blieben309 . Ein wichtiges, stärker zu nutzendes Instrument der Konfliktbewältigung sei es des weiteren, Vorkehrungen zum Schutz, zur Vermeidung oder Minderung von schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. Bundes-Immissions300 Urteil v. 22. 12. 1981 - OVG 1 BA 13181 -, DVBl. 1982, 964 mit ablehnender Anmerkung von Schmaltz; hiergegen Dolde, DVBl. 1983, 732, 735; ders., NJW 1982, 1785, 1790. 30I Urteil v. 29. 8. 1983- OVG 2 A 3.81 -, DVBl. 1984, 147, 148 mit ablehnender Anmerkung von Gierke, DVBl. 1984, 149, hierzu unten; ähnlich bereits OVG Berlin, Urteil v. 27. 11. 1981-2 A 1.80 -, BRS 38 Nr. 7 und- 2 A 10.81-, BRS 39 Nr. 19. 302 Ebd., 149. 303 DVBl. 1983, 732. 304 UPR 1983, 76. 305 Abwägungselemente, S. 119ff. 3os Siehe auch Gierke, DVBl. 1984, 149. 307 Hierzu Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, insbes. S. 52ff.; auch Heigl, Fragen des Umweltschutzes, S. 261 , 268. 3oa Dolde, DVBl. 1983, 732, 733. 309 Ebd., 732, 733, z. T. unter Berufung auf Fickert I Fieseler, § 1 Rdn. 96; von Holleben, UPR 1983, 76, 79; Stich I Porger I Steinebach, S. 85.
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Schutzgesetzes im Bauleitplan aufgrund § 9 Abs.1 Nr. 24 BBauG zu treffen31o. Aufgrund ihrer sachlichen Ähnlichkeit mit den Schutzauflagen des Planfeststellungsrechts, ihres Anlagenbezugs und- gegenüber normativen Regelungen- höheren Konkretheitsgrades bewegten sich die Vorkehrungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG auf der Trennlinie zwischen Planung und Einzelgenehmigung. Sie ermöglichten auch die bauleitplanerische Festsetzung von Emissions- bzw. Immissionswerten311. Im Rahmen des § 9 Abs.1 Nr. 24 BBauG sei die Obergrenze von Emissions- und Immissionswerten unter Beachtung des Rücksichtnahmegebots zu ermitteln: "Im Rahmen der Rechtsprechung zur Mittelwertbildung können sie deshalb über den Richtwerten der Regelwerte liegen312." Brauchbare Immissionsprognosen könnten allerdings nur in Fällen anlagenbezogener Bauleitplanung erstellt werden, nicht aber bei bloßen Gebietsfestsetzungen i. S. d. Baunutzungsverordnung (z. B. uneingeschränktes Industriegebiet) wegen der Bandbreite zulässiger Nutzungen313. I. ü . sei eine Vereinheitlichung der Regelwerke vonnöten, weil die unterschiedliche Bedeutung der DIN 18 005, der TA Lärm und der VDI-Richtlinie 2058 zu vermeidbaren Anwendungsproblemen führe 314 .
Von Holleben 315 hält die Vollziehbarkeit von Bebauungsplänen mit Emissions- und Immissionswerten nur dann für gewährleistet, wenn das Beurteilungsverfahren (Ort und Zeit der Messungen, Auswertung der Meßergebnisse etc.) bauplanungsrechtlich mitgeregelt werde316. a1o Dolde, DVBL 1983, 732, 733; also "bereits im Plan Nutzungsbeschränkungen und Bindungen festzusetzen, um von vornherein Schäden zu vermeiden, statt sie nachträglich beheben zu müssen" , vgl. Amtl. Begründung zu§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG, BT-Drucks. 7/2496, S. 40. 311 Zur Frage, ob der Bebauungsplan Werte festlegen darf, die über den immissionsschutzrechtlich maßgeblichen liegen, ebd., 736, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. 12. 1975- IV C 71.73 -, BVerwGE 50, 49, 54f.; Sendler, WiVerw 1977, 94, 108f.; Hoppe, Festschrift Ernst, S. 215, 224ff.; kritisch Kutscheidt, DÖV 1976, 663, 667. 312 Dolde, DVBL 1983, 732, 736: Die Obergrenze muß bauplanungsrechtlich und immissionsschutzrechtlich identisch sein. 313 Letztere ermöglichten eine Lösung des noch nicht näher umrissenen Konflikts lediglich durch die Festsetzung von Entfernungen zu störungsanfälligen Nutzungen. Die anlagenbezogene Planung eröffne hingegen die detaillierte Beschreibung und Lösung des Konflikts durch planerische Festsetzungen, aufgrund derer der ansonsten erforderliche Abstand unterschritten werden könne, Dolde, DVBl. 1983, 732, 736. 314 Ebd., 732, 737. 315 UPR 1983, 76. 316 In Betracht zu ziehen sei etwa das Beurteilungsverfahren nach der TA Lärm, nicht aber die- in der Praxis verbreitete- Festsetzung eines Planungsrichtpegels von dB(A) nach DIN 18005, weil solche Planungsrichtpegel als Umweltstandards für immissionsschutzrechtliche oder baurechtliche Genehmigungsverfahren ungeeignet seien; sie dienten der angemessenen Berücksichtigung des Schallschutzes in der Bauleitplanung auf der Grundlage des Abwägungsgebots, von Holleben, UPR 1983, 76,
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
Im übrigen beurteile sich die durch § 9 Abs. 1 BBauG gebotene Erforderlichkeit immissionsspezifischer Festsetzungen nach Maßgabe des Einzelfalls. In Konflikt-, insbesondere Gemengelagen führe das aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleitete Gebot planerischer Differenzierung von einer gebietstypischen zu einer stärker anlagenbezogenen Betrachtungsweise. In diesen Fällen könne der Grundsatz der Konfliktbewältigung die Festsetzung von Immissions- bzw. Emissionswerten im Bebauungsplan gebieten, so daß diese "erforderlich" i. S. d. § 9 Abs. 1 BBauG seien. Zu weit gehe es freilich, mit dem OVG Berlin317 Festsetzungen über die Zulässigkeit bestimmter, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtiger Anlagen zu fordern31a. Die bauplanungsrechtliche Festsetzung von Immissionswerten für Luftschadstoffe beurteilt von Holleben skeptisch319. Insgesamt gesehen stelle die Festsetzung solcher Immissionswerte "den geradezu klassischen Fall einer unzulässigen Vermischung von Immissionsschutzrecht und Baurecht" dar; es fehle zudem an der Erforderlichkeit nach§ 9 Abs.1 BBauG32o. Eine Festsetzung von Emissionshöchstwerten für bestimmte Luftschadstoffe im Bebauungsplan, die regelmäßig auf § 1 Abs. 4 BauNVO gegründet werde, sei nur in Ausnahmefällen bauplanungsrechtlich erforderlich und städtebaulich begründbar. Würden nämlich niedrigere Emissionsgrenzwerte im Bebauungsplan festgelegt als nach TA Luft, so würde gleichsam der von der TA Luft bestimmte Stand der Technik festgeschrieben, was einer besonderen städtebaulichen Begründung und Rechtfertigung bedürfe. Luftreinhalteprobleme, die letztlich aufgrund der Quellhöhe ganze Regio79; die Festsetzung von Summenwerten sei nur dann unproblematisch, wenn sich das Plangebiet in der Hand lediglich eines Unternehmens befinde, weil dieses seine lärmintensive Nutzung entsprechend verteilen könne. Von außen wirkende Fremdgeräusche dürften dabei nicht berücksichtigt werden. Handele es sich um mehrere selbständige Betreiber in einem Industrie- oder Gewerbegebiet, so komme lediglich die Festsetzung eines auf einzelne Anlagen bezogenen Immissionswertes entsprechend TA Lärm in Betracht, den der jeweilige Anlagenbetreiber ausschöpfen könne. Da zur Bestimmung des Immissionswertes aus der zulässigen Schallimmission am Immissionsort (etwa Wohngebiet) auf den von der Einzelanlage einzuhaltenden Emissionswert zurückgerechnet werden müsse, stelle sich allerdings die Frage, ob die Festsetzung zur Bewältigung der durch den Bebauungsplan aufgeworfenen Konflikte geeignet sei, ebd., 76, 79f. 317 Urteil v. 27. 11. 1981-2 A 1.80 - , UPR 1982, 127. 318 Von Holleben, UPR 1983, 76, 80. 319 UPR 1983, 76, 82: Die Ausweisung schwächerer Immissionswerte als nach TA Luft sei sinnlos; denn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde könne nur unter den Voraussetzungen der Sanierungs- und Luftreinhalteklausel von der TA Luft abweichen. Die Festlegung niedrigerer Imissionswerte, als sie die TA Luft vorsehe, verstoße zwar nicht gegen das Immissionsschutzrecht, weil sie am BBauG gemessen würden. Zu berücksichtigen sei jedoch, daß die Immissionswerte der TA Luft die menschliche Gesundheit ausreichend schützten, und zwar auch bei Risikogruppen. Überdies ließen sich Immissionen nicht von den Emissionsquellen eines bestimmten Plangebietes her definieren. 320 Von Holleben, UPR 1983, 76, 82.
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nen oder ein ganzes Land beträfen, seien i. ü. durch die Bauleitplanung nicht zu lösen321. Schmidt-Aßmann betont zunächst, daß begrifflich zwischen Immissionsrichtwerten, Immissionsgrenzwerten und Planungsrichtwerten oder -pegeln scharf unterschieden werden müsse322.
Immissionsrichtwerte fänden sich in der TA Lärm, die die Genehmigung einzelner Anlagen, nicht aber Planungsvorgänge beträfe. Sie seien allenfalls mittelbar für die Gemeinde von Relevanz, weil sie die Realisierungschancen ihrer Pläne zu beachten habe und daher keine planerische Gebietsausweisung treffen dürfe, die nicht verwirklicht werden könne, weil jede dort anzusiedelnde Anlage nach § 4 BimSchG i. V.m. der TA Lärm genehmigungsunfähig seiaza. Immissionsgrenzwerte seien als Größen zu verstehen, die zwecks Vermeidung bestimmter oder allgemeiner nachteiliger Wirkungen nicht überschritten werden dürften324, so etwa bestimmte Werte der TA Luft. Für sie gelte entsprechendes wie hinsichtlich der Immissionsrichtwerte325 • Nach Schmidt-Aßmann bieten neben den Sanierungsklauseln der TA Luft (a.F.) die Nr. 23 und 24 des§ 9 Abs.l BBauG "wohl" die Möglichkeit, über die Anforderungen der TA Luft hinauszugehen und diesbezüglich auch Verbindliches für das Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorzuschreiben. Allerdings seien die genannten Bestimmungen nicht geeignet, bauleitplanerisch hinter den Vorschriften der TA Luft zurückzubleiben und diese im Einzelgenehmigungsverfahren326 zu verdrängen. Insofern könnten folglich geplante Anlagen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren scheitem327. Ebd., 76, 83. "Gebot funktionsgerechter Anwendung", Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 119; Planungsrichtwerte oder-pegelergäben sich aus der DIN-Norm 18005 und stellten ein Hilfsmittel der Planung dar. In ihrem Gebiets- und Schallschutzbezug seien sie ein wichtiger Planungsgrundsatz, aber eben nur einer neben anderen. Die Vorschriften des- repressiven- Immissionsschutzes blieben hiervon unberührt, a.a.O., S. 120f. 323 Zusätzlich verweist Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 101, in diesem Zusammenhang auf die Mittelwertrechtsprechung des BVerwG, Urteil v. 12. 12. 1975 -IV C 71.73-, BVerwGE 50, 49, 54, derzufolge standardisierte Belastungswerte in den tatsächlichen Verhältnissen gewisse Schranken ihrer schematischen Beachtlichkeit finden; hierzu nachstehend. 324 Unter Hinweis auf das Umweltgutachten 1983, Tz. 739; Bielenberg, in: Ernst I Zinkahn I Bielenberg, Anhang zu§ 2 BauNVO, Rdn. 92; ebd., S. 122. 325 Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 122; Werte mit Doppelfunktionen i.S.d. Planungs- und Abstandserlasses Nordrhein-Westfalen hätten die Funktion eines Richtpegels und führten nicht zur einseitigen Bindung des kommunalen Planungsermessens, ebd., S. 123f. 326 Nach§§ 4ff. BimSchG. 327 Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S . 135f. 32 1 322
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Zweifel äußert Schmidt-Aßmann an einer Gesetzesänderung des Inhalts, daß im Bebauungsplan Immissionsgrenzwerte festgelegt werden dürfen, die über denen der TA Luft oder TA Lärm liegen: Zum einen müsse das Einzelgenehmigungsverfahren vor einer Aushöhlung durch den Bebauungsplan bewahrt werden. Zum anderen brächten entsprechende Festsetzungsmöglichkeiten erhebliche Wertungsprobleme für die Gemeinden mit sich, u. a. deshalb, weil die Werte keinesfalls die Gefahrengrenze und damit den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 GG überschreiten dürften328 .
3.3.2 Beurteilung Zutreffend ist die Unterscheidung zwischen Werten nach DIN 18 005 und solchen der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften. Erstere sind keine Umweltstandards, sie dienen vielmehr der angemessenen Berücksichtigung des Schallschutzes in der Bauleitplanung auf der Grundlage des Abwägungsgebots329. Die Forderung Doldes33o nach prinzipieller Harmonisierung der DINWerte und derjenigen des Immissionsschutzrechts steht daher mit deren unterschiedlichem Einsatzbereich nicht in Einklang. Des weiteren ist zwar der Differenzierung nach TA Luft und TA Lärm hinsichtlich Emissions- bzw. Immissionsrichtwerten und diesbezüglichen Grenzwerten auch im vorliegenden Zusammenhang Rechnung zu tragen331. Überzeugend erscheint jedoch die Auffassung von Hollebens, daß sich Immissionswerte nach TA Luft von vornherein einer bauleitplanerischen Erfassung entziehen: Immissionen lassen sich nicht von den Emissionsquellen eines bestimmten Plangebiets her definieren, schon deshalb nicht, weil weit vom Immissionsort liegende Quellen auf diesen einwirken und zur Vorbelastung beitragen332. Damit bleibt die Frage zu beantworten, ob Emissions- bzw. Immissions(grenz)werte nach TA Lärm über § 1 Abs. 4, 5, 9 BauNVO bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG Eingang in die Bebauungsplanung zu finden vermögen. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 (3. Alt.) BBauG können im Bebauungsplan "Vorkehrungen" zum Schutz vor oder zur Vermeidung bzw. Minderung von schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzt werden. Über die Ausdeutung des Begriffs Vorkehrungen besteht Ebd., S. 137. So zutreffend auch von Holleben, UPR 1983, 76, 79 ; Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 120f.; dies gilt auch im Hinblick auf Planungs- und Abstandserlasse, Schmidt-Aßmann, a.a.O., S. 122ff. 33o DVBl. 1983, 732, 737. 331 So Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 119ff. 332 Von Holleben, UPR 1983, 76, 82. 32 B
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Streit333. Teilweise werden ihm nur Einrichtungen zugerechnet, die an einer baulichen oder sonstigen Anlage angebracht werden334. Nach anderer Auffassung gehören hierzu neben konkreten baulichen Einrichtungen wie Schalldämpfer, Grundrißanforderungen etc. auch sonstige Maßnahmen, etwa bestimmte Produktionsweisen335. Die Instanzgerichte gehen - wie dargestellt336 - überwiegend von einem weiten Anwendungsbereich der "Vorkehrungen" aus: Hiernach sind Festsetzungen von Emissions- und Immissionswerten als Schutzvorkehrungen i.S.d. § 9 Abs.1 Nr. 24 BBauG anzusehen337. Letzterem kann bereits aus begrifflichen Gründen nicht zugestimmt werden338: "Vorkehrungen" i.S.d. § 9 Abs.1 Nr. 24 BBauGmeintAbwehr- bzw. Schutzmaßnahmen. Emissions- bzw. Immissionswerte wehren hingegen selbst keine schädlichen Umwelteinwirkungen ab, sie legen lediglich das angestrebte immissionsschutzrechtliche Ziel fest, ohne die Maßnahmen der Zielerreichung bzw. -erfüllung zu bestimmen (etwa: Bepflanzungen, Doppelfenster u . a. m.). Damit stellen nicht die Wertfestlegungen, sondern erst die hieran anknüpfenden Maßnahmen Vorkehrungen in dem von§ 9 Abs.1 Nr. 24 BBauG geforderten Sinne dar339. Die Festsetzung von Emissions- und Immissionswerten kann auch nicht als Konkretisierungsmaßstab für deren Ausführung verstanden werden34o. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG fordert explizit Schutzvorkehrungen, also Planausweisungen, nicht bloße Vorgaben im Sinne von Konkretisierungsmaßstäben. Sofern die Festsetzung konkreter Schutzvorkehrungen in Fällen komplexer technischer Großanlagen oder in Gemengelagen Schwierigkeiten bereitet, die aus der Natur der Sache(n) rühren, kann dem nicht durch eine dem Gehalt des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG widersprechende Ausweitung seines Anwendungsbereichs Rechnung getragen werden. In Betracht kommt allen333 Zum nachfolgenden Gierke, Anmerkung zu OVG Berlin, Urteil v. 29. 8. 1983 OVG 2 A 3.81 - , DVBL 1984, 147, DVBL 1984, 149, 150f . 334 Bielenberg, in: Ernst I Zinkahn I Bielenberg, § 9 Rdn. 82. 335 Schmaltz, Anmerkung zu OVG Bremen, Urteil v. 22. 12. 1981 - 1 BA 13181 -, DVBl. 1982, 964; Grauvogel, in: Brügelmann I Grauvogel, BBauG, § 1 Anm. VIII 3 b
(8).
Siehe oben, bei Fn. 296ff. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 20. 6. 1980 - VIII 1854179 - , EPlaR I 2 b VGH BadenWürttemberg 6.80; OVG Bremen, Urteil v. 22. 12. 1981 - OVG 1 BA 13181 - , DVBL 1982, 964 (dort allerdings unter zusätzlicher Bezugnahme auf § 1 Abs. 4 BauNVO) ; OVG Berlin, Urteil v. 29. 8. 1983- OVG 2 A 3.81-, DVBl. 1984, 147, 148. 338 Zu Recht Menke, Gemengelagen, S. 180ff. 339 Schmaltz, DVBl. 1982, 964, 965. 34 0 So aber Dolde, DVBL 1983, 732, 735, der betont, nur eine solche planerische Festsetzung entspreche einer sachgerechten Aufgabenverteilung zwischen Bauleitplanung und Baugenehmigungsverfahren; vgl. auch OVG Bremen, Urteil v. 22. 12. 1981- OVG 1 BA 13181 -, DVBL 1982, 964; Vogel, BauR 1983, 330, 335; OVG Berlin, Urteil v. 29. 8. 1983, a.a. O., 148. 336 337
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falls ein Rückgriff auf die Gliederungsmöglichkeiten nach der Baunutzungsverordnung341. Zunächst ist an Emissions- und Immissionswertfestsetzungen aufgrund § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO zu denken342. Hiernach kann die im Bebauungsplan nach Maßgabe der Baugebietskategorien der BauNVO festzusetzende Art der baulichen Nutzung modifiziert werden, aber eben nur die Art: Demgegenüber handelt es sich bei der durch Emissions- und Immissionswerte zu begrenzenden Störintensität um eine Eigenschaft, nicht um die Art der Anlage. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO vermögen folglich keine Rechtsgrundlage für entsprechende Festlegungen zu liefern343. Überwiegend wird daher § 1 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO als Handhabe für eine Gliederung anhand von Emissions- und Immissionswerten im Bebauungsplan angesehen344; der Vorschrift zufolge können bestimmte Baugebiete345 nach den besonderen "Eigenschaften" der Betriebe und Anlagen gegliedert werden. Hierzu soll neben der Emissionsart auch der Grad bestimmter Emissionen zählen346. Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO ist allerdings begrenzt. So gelten die Festsetzungsmöglichkeiten im wesentlichen nur für Gewerbe- und Industriegebiete347 . Zudem ist prinzipielllediglich eine "Insich"-Gliederung bestimmter Baugebiete dergestalt eröffnet, Betriebe und Anlagen mit bestimmten gemeinsamen Eigenschaften in einem Gebiet räumlich zu verteilen oder zusammenzufassen. Demzufolge können Emissions- und Immissionswerte im Bebauungsplan grundsätzlich nur festgesetzt werden, um vom Kern eines Baugebiets zu seinen Rändern hin die Betriebe und Anlagen nach ihrer Emissions- und Störintensität abzugrenzen. Abweichendes ist ausnahmsweise aufgrund § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO zulässig, wonach Gewerbe- und Industriegebiete auch im Verhältnis zueinander gegliedert werden dürfen. Im Wege einer solchen gebietsübergreifenden Gliederung können Betriebe und Anlagen mit bestimmten Eigenschaften aus einem Teil der Gewerbe- und Industriegebiete ausgeschlossen und in andere derartige Baugebiete der Gemeinde verwiesen werden.
Menke, Gemengelagen, S . 184ff. So Hill, ZffiR 1980, 223, 227. 343 Bielenberg, in: Ernst I Zinkahn I Bielenberg, § 8 BauNVO Rdn. 36; Fickert I Fieseler, § 1 Rdn. 93 ; Menke, Gemengelagen, S. 184f. 344 Fickert I Fieseler, § 1 Rdn. 94f.; Hill, ZffiR 1980, 223, 227; von Holleben, UPR 1983, 76, 81, 82f.; Dolde, DVBl. 1993, 732, 733; Schlichter, NuR 1982, 121, 126; Vogel, BauR 1983, 330, 333f.; auch BayVGH, Urteil v. 22. 3. 1982-25 XIV/78 - , NJW 1983, 297, 301; Menke, Gemengelagen, S. 185ff. m.w.N. 345 §§ 4 - 9, 11 BauNVO. 346 Fickert I Fieseler, § 1 Rdn. 94. 347 Menke, Gemengelagen, S. 187f. 341 342
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Auch in diesen (Ausnahme-)Fällen sind jedenfalls der Realisierbarkeit der Gliederung Grenzen gesetzt. Zum einen wird eine immissionsschutzrechtliche Bewertung im Rahmen der Bauleitplanung- auch in Fällen anlagenbezogener Planung348 - faktisch kaum durchführbar sein, weil die konkrete bautechnische Ausgestaltung des oder der Vorhaben im Planungsstadium noch nicht feststeht3 49 . Zum anderen können bauleitplanerische Festsetzungen der hier fraglichen Art nicht unabhängig von den Emissions- und Immissionswerten der TA Lärm getroffen werden: Das Immissionsschutzrecht beschränkt planerische Ausweisungen insofern, als es deren Vollziehbarkeit in Frage stellen kann. Nicht vollziehbare Pläne sind nichtig, weil sie ein unzumutbares, dauerndes Bauverbot zur Folge haben3so. Angesichts dessen zeigt der Begriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" nach § 3 Abs. 1 BimSchG die obere Grenze auf, bis zu der Immissionsschutzbelange im Rahmen (bau-)planerischer Abwägung zurückgestellt werden können, soll nicht die Nichtigkeit der Festsetzung(en) eintreten35t. Zwar eröffnet die Mittelwert-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts352 nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots353 insoweit Modifizierungen. Deren Grenzen sind aber eng gesteckt, weil nicht über einen Immissionswert hinausgegangen werden darf, der im Rahmen der TA Lärm einer höheren - d. h. regelmäßig weniger schutzwürdigen - Gebietskategorie zugeordnet ist354. Die bauleitplanerische Ausweisung von Immissions- und Emissionswerten unterliegt folglich erheblichen faktischen wie rechtlichen Einschränkungen, selbst wenn man ihre Zulässigkeit als solche unterstellt. Eben letzterer Annahme stehen aber Bedenken entgegen, die sich aus der allgemeinen Aufgabenstellung der Bauleitplanung im Verhältnis zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren herleiten. Aufgrund ihres gesetzlichen, letztlich verfassungsrechtlich bestimmten Auftrags regelt die städtebauliche Planung die rechtliche Qualität des Bodens3ss. Daraus folgt, daß den Bebauungsplänen nach Maßgabe des Bauplanungsrechts ein weitreichender städtebaulicher Ordnungsauftrag zuKritisch hierzu Gierke, DVBl. 1984, 149, 151. So zu Recht Gierke, DVBl. 1984, 149, 151. 350 BVerwG, Urteil v. 29. 9. 1978- 4 C 30.76 -, ZffiR 1978, 84, 86; Urteil v. 14. 7. 1972-4 C 8.70 -, BVerwGE 40, 258, 262f. 351 Menke, Gemengelagen, S. 190. a52 Hierzu ebd., S. 192, 93f., 97f. mit umfangr. Nachw.; Ritter, NVwZ 1984, 609, 613; auch Heigl, Fragen des Umweltschutzes, S. 261, 264; Engelhardt, NuR 1984, 87, 90; OVG NW, Urteil v. 13. 9. 1983 -7 A 999/81 -, DÖV 1984, 473, 474. 353 Vgl. unten, § 16, bei Fn. 471, 630ff. 354 Menke, Gemengelagen, S. 192; Dolde, DVBl. 1983, 732, 736; Hill, ZffiR 1980, 223, 226f. 355 Art. 74 Nr. 18 GG; grundsätzlich Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 112ff. 348 349
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kommt. Die Planung hat zudem-aufgrundder letzten Novellierungen im Bauplanungsrecht verstärkt- Belange des Umweltschutzes im allgemeinen und des Immissionsschutzes im besonderen zu berücksichtigen und diesbezügliche Ausweisungen zu treffen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf Weiterentwicklungen anlagenbezogener und entwicklungsplanerischer Art3ss. Die städtebauliche Planung ist in Anbetracht dessen zwar bodennutzungsorientierte Gesamtplanung, nicht aber stellt sie eine Totalplanung dar3 57 . "Typus und Kompetenz sind vom Gesetzgeber bewußt begrenzt konzipiert und in dieser Begrenztheit sind die Bauleitpläne in das Rechtssystem allgemein und in das Rechtsschutzsystem und die Verwaltungsorganisation eingeordnetJ58." Dies ist Ausdruck ihrer Einbindung in die gestuften Prozesse staatlicher Entscheidungsfindung. Sie erfolgt auf hintereinander geschalteten Ebenen, deren verbindendes - aber auch abgrenzendes - Element die von Stufe zu Stufe steigende räumliche und anlagenbezogene Konkretheit der zu beurteilenden rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten bildet. Die Stufenfolge vollzieht sich von der großräumigen Gesamt- und Fachplanung zur kleinräumigen, örtlichen Planungsebene, um sodann in projektbezogene Zulassungsverfahren zu münden. Die Mehrstufigkeit der Entscheidungsfindung setzt voraus, daß bestimmte Fragen nur auf der für sie (sach-)adäquaten Stufe beurteilt und abschließend entschieden werden, also weder Elemente einer vorgelagerten Entscheidungsebene - erneut - geprüft werden, noch Prüfgegenstände nachfolgender Verfahren "hochgezont" werden3s9. Für die Bauleitplanung folgt hieraus, daß sie zwar kleinräumige Planungsstufe auf unterster Ebene mit einem entsprechend detaillierten Festsetzungskatalog ist; nicht aber hat sie sich mit Regelungsgegenständen der Genehmigungsverfahren zu beschäftigen. Als Planungsstufe ist sie vielmehr dem Gebot typisierender Betrachtungsweise verpflichtet; Einzelheiten der späteren Verwirklichungsfälle entziehen sich ihrem Aufgabenbereich. Deshalb besteht auch zu der Forderung, die Kommune müsse konkretindividuell planen3so, - entgegen anders lautenden Äußerungen361 - kein Widerspruch: Je handgreiflicher, je konturierter sich städtebauliche Problemlagen darstellen, um so konkreter hat sich die Planung hiermit zu beschäftigen und entsprechend akzentuierte Ausweisungen zur - möglich356 357 358
s. 42.
Eingehend Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 176 ff. Vgl. VG Köln, Urteil v. 5. 8. 1980-2 K 5052/79-, GewArch 1981, 100, 100f. Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 126; ders., Planungserfordernis,
Vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S . 130. BVerwG, Urteil v. 30. 1.1976-IV C 26.74-, BRS 30 Nr. 17; hierzu Dolde, DVBL 1983, 732, 736. 361 Dolde, DVBL 1983, 732, 736. 359 360
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sten- Problembereinigung zu treffen, allerdings in dem von§§ 5, 9 BBauG vorgezeichneten Rahmen. Da die Baunutzungsverordnung diesen näher ausgestaltet, sind ihre Vorschriften ebenfalls planerisch orientiert und folgen damit dem Prinzip der Typisierung362. Angesichts dessen stehen die konkretere Ausweisungen ermöglichenden Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG, 1 Abs. 4, 5, 9 BauNVO nicht für eine geringe(re) Trennschärfe zwischen Planung und Genehmigungsebene363. Ihnen ist lediglich eine Verstärkung des auch vor Einführung der Vorschriften bereits durch § 1 Abs. 6 BBauG vorgezeichneten Gebots der Berücksichtigung immissionsschutzrechtlicher Belange in der Bauleitplanung zu entnehmen; der Bebauungsplan hat gerade in Gemengelagen oder ähnlichen Problemgebieten Ausweisungen aus Gründen des Immissionsschutzes zu treffen. Diese müssen allerdings typisierend-bodenordnender Art sein364, etwa im Wege der Festlegung von Abstandsflächen, der Anordnung und Abschirmung von Verkehrsanlagen oder emittierender Untemehmen365. Nicht hingegen dürfen Festsetzungen getroffen werden, die einem anderen Kompetenzbereich366 und einer anderen Verfahrensstufe unterfallen. Die Festlegung von Emissions- bzw. Immissionswerten ist dem Bebauungsplan mithin verwehrt, weil dies ein immissionsschutzrechtlicher, nicht aber ein baurechtlicher Vorgang ist, der seine anlagenbezogene Umsetzung in dem dafür gesetzgeberisch eigens vorgesehenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren findet3 67 . 362 Siehe oben; Gierke, DVBI. 1984, 149, 155, mit dem zutreffenden Hinweis darauf, daß das Maß der "Konkretheit" von (bau-)planerischen Ausweisungen in diesem Sinne letztlich nichts anderes darstelle als die sachgerechte Anwendung rechtsstaatlieh gebotener Abwägung auf die Lage des Einzelfalls. 363 Siehe oben, bei Fn. 292 ff. 364 Das gilt auch für die gesetzlichen Planersatzvorschriften der §§ 34, 35 BBauG; vgl. zur diesbzgl. Auseinandersetzung um ein (bebauungsrechtliches) Planungserfordernis BVerwG, Beschluß v. 27. 6. 1983-4 B 206.82-, NuR 1984, 101, 101 (ablehnend bzgl. § 35 Abs. 1 BBauG); Schmidt-Aßmann, Planungserfordernis; Hoppe, NJW 1978, 1229; ders., VVDStRL 38 (1980), S. 211, 298. 365 Deutlich und illustrativ in diesem Sinne OVG Berlin, Urteil v. 22. 4. 1983- OVG 2 A 6.81-, NuR 1983, 280, 282f. mit weiteren Festsetzungsbeispielen. 366 So auch Gierke, DVBI. 1984, 149, 151. 367 Hierzu neigt offensichtlich auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 17. 2. 1984-4 B 191.83-, BayVBl. 1984,342 (zu OVG Berlin, a.a.O.): "Es spricht einiges dafür, daß es nicht Aufgabe der Bauleitplanung ist, Entscheidungen zu treffen, die nach den Bestimmungen des BlmSchG (oder Atomgesetz) dem jeweiligen Genehmigungs-, Vorbescheids- oder Anordnungsverfahren vorbehalten sind ... , daß eine zu starke Verfeinerung der planerischenAussagen das Planungsverfahren übermäßig- ggf. bis zur Grenze, an der die Aufstellung eines Bebauungsplanes schei~~rn muß- belastet ... ; insbesondere kann es nicht Aufg~be der Bauleitplanung sein, Anderungen des Standes der Technik fortlaufend durch Anderungen des Bebauungsplans Rechnung zu tragen." (a.a.O., 343); daß in diesem Verfahrenaufgrund § 6 Nr. 2 BimSchG an sonstigen öffentlichen Vorschriften auch jene bauleitplanerischer Art zu prüfen sind, ist lediglich Ausdruck der konzentrationsähnlichen Wirkung der
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Überdies findet sich zu Recht betont, daß die immissionsschutzrechtlichen-wie auch die atomrechtlichen-Zulassungsverfahren durch jüngere Legislativakte gegenüber dem früheren Rechtszustand verfeinert worden sind368. Das widerstreitet ebenso einer (Grenz-)Wertfestlegung im Wege der Bauleitplanung wie- ohnehin- der Charakter der TA Lärm als Verwaltungsvorschrift für Einzelvorhaben, mithin ihr nicht planungsadäquater ZuschnittJ69. Dem kann schließlich nicht entgegengehalten werden, im Rahmen örtlicher Fachplanungen werde ansonsten die erforderliche "Feinsteuerung" mitübernommen, etwa nach §§ 8ff. LuftVG, § 17 FStrG; also müsse dies auch im Wege der örtlichen Gesamtplanung möglich sein. Im Gegensatz zu den genannten Fachplanungen stellt das Bebauungsplanverfahren keine Entscheidung über die Durchführung der Vorhaben selbst dar, wie das Baugenehmigungsverfahren und § 15 Abs.1 Satz 2 BauNVO dokumentieren. Fachliche Planfeststellungen und Gesamtplanungen vollziehen sich demnach nicht auf derselben Ebene der gestuften Entscheidungsfindung370, so daß mangels rechtssystematischer Vergleichbarkeit der geschilderte Rückschluß ohne Überzeugungskraft ist371. In diesem Sinne betont auch das Bundesverwaltungsgericht372 , die städtebauliche Planung habe einen Rahmen zu setzen, der Gestaltungsmöglichkeiten für die Planbetroffenen und Flexibilität für die Anpassung an künftige Entwicklungen zulasse. Die insofern auftretenden Konflikte könnten im (Fach-)Genehmigungsverfahren gelöst werden: Es sei nicht Aufgabe der rechtssatzmäßigen, auf Dauer angelegten Planung, alle möglichen Konflikte bis ins Detail zu erfassen und dadurch das (Fach-)Genehmigungsverfahren zu entwerten.
Zulassung nach dem BlmSchG. Hieraus kann gerade nicht die Möglichkeit und Zulässigkeit der Festsetzung von Immissionswerten im Bebauungsplan gefolgert werden; anders zur Planersatzvorschrift des§ 34 BBauG offensichtlich Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 80. 368 OVG Lüneburg, Urteil v. 12. 3. 1980- 6 OVG C 12178 -, DVBL 1980, 982; OVG NW, Urteil v. 10. 11. 1980-11 a NE 45/78-, NJW 1981, 409; Schmidt-Aßmann, DVBL 1984, 582, 584; Gierke, DVBL 1984, 149, 154; allerdings nicht über das Vorsorgeprinzip, wie Gierke, a.a.O., 154, meint, weil dies nach eigenständiger Planung verlangt, vgl. unten, bei Fn. 474ff. 369 Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 121f.; zur Geltung der TA Lärm auch für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Engelhardt, NuR 1984, 87, 89. 370 Hierzu bereits oben,§ 10, bei Fn. 56ff. 371 Gierke, DVBL 1984, 149, 153f.; zur Annäherung zwischen Tatbeständen der Planfeststellung und der Kontrollerlaubnis oben, bei Fn. 74ff. und unten, bei Fn. 413ff. 372 BVerwG, Urteil v. 18. 2. 1983 - 4 C 19.81 - , NJW 1983, 2716, 2717 ; ebenfalls zurückhaltend i.d.S. OVG Lüneburg, Beschluß v. 9. 11. 1982-1 B 59/82-, ZfBR 1983, 37 (Zwischenlager Gorleben); auch Dolde, NVwZ 1984, 158,159.
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Aus den vorstehenden Gründen sind die hier fraglichen Ausweisungen auch nicht "erforderlich" i. S. d. § 9 Abs. 1 BBauG; sie finden vielmehr in dem hierauf ausgerichteten immissionsrechtlichen Verfahren Berücksichtigung. Erforderliche Planungsinhalte sind allein städtebauliche Maßnahmen zur Immissionsbegrenzung. Infolgedessen ist ein näheres Eingehen auf die Diskussion, ob bauplanungsrechtlich strengere Werte als nach TA Lärm und/oder weniger scharfe Werte festlegbar sind373, entbehrlich. Angemerkt sei lediglich, daß hinter den TA Lärm-Werten zurückbleibende Planausweisungen ohnehin wenig sinnvoll erscheinen, weil sie keine (Bindungs-)Wirkung für die am Maßstab der höheren Anforderungen nach TA Lärm durchzuführende immissionsschutzrechtliche Prüfung zu zeitigen vermögen3 74 • Sollte in solchen Fällen ein Vorhaben bereits städtebaulich genehmigungsunfähig sein, weil es die "schwächeren" Immissionswerte des Bebauungsplans nicht einhält, so wird i. ü. die Absorbierung des Immissionsschutzrechts, der unzulässige Transfer seiner Aufgaben in das Bauplanungsrecht besonders deutlich. Entsprechendes gilt für die Festlegung von gegenüber TA Lärm schärferen Werten, weil bei deren Nichteinhaltung in die eigentlich hierfür vorgesehene immissionsschutzrechtliche Prüfung nicht mehr eingetreten wird375. Einer Trennung zwischen städtebaulicher Planung und Immissionsschutzrecht in dem hier vertretenen Sinne stehen schließlich nicht die in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Grundsätze entgegen, denen zufolge ein Bebauungsplan nur dann rechtens ist, wenn er realisierbar ist und dem Gebot der Konfliktbewältigung entspricht376. Was die Realisierbarkeit anbelangt, so ist zwar eine gründliche Bestandsaufnahme, eine Klärung der Grundlagen der Immissionsverhältnisse und ggf. eine- anlagenbezogene- Immissionsprognose zu fordem3 77 • Dabei wird aber den Schwierigkeiten der Bestandsaufnahme dadurch Rechnung getragen, daß vom Umfang her nur die "nach Lage der Dinge" abwägungsrelevanten Belange aufzunehmen sind378. Auch können sich Prognosen nachträglich als unrichtig erweisen, ohne regelmäßig die Rechtmäßigkeit des Plans zu beeinflussen; vielmehr ist nach der Rechtsprechung allein entschei-
373 Hierzu Dolde, DVBl. 1983, 732, 736; Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 135ff.; Gierke, DVBl. 1984, 149, 152. 374 Vgl. Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 136; von Holleben, UPR 1983, 76, 80f.: allenfalls mittelbar als städtebauliche Dokumentation des Rechtsbegriffs "schädliche Umwelteinwirkungen" i.S.d. § 3 Abs. 1 BimSchG. 375 Von Holleben, UPR 1983, 76, 77. 376 Vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 132, 136. 377 Vgl. näher Schmidt-Aßmann, in: Ernst I Zinkahn I Bielenberg, § 1 Rdn. 186ff.; ders., Abwägungselemente, S. 131f. 378 BVerwG, Urteil v. 14. 2. 1975- IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 63 (std. Rspr.); kritisch Hoppe, DVBl. 1977, 136; ders., in: Ernst I Hoppe, Rdn. 285.
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dend, "ob die Prognose mit den seinerzeit zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln unter Berücksichtigung aller für sie erheblichen Umstände einwandfrei erstellt worden ist" 37 9. Der Grundsatz der Realisierbarkeit des Bebauungsplans ist folglich nicht gleichzustellen mit einer generellen Realisierungsgarantie des Vorhabens in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren. Damit verlangt das Gebot lediglich, daß die grundsätzliche immissionsschutzrechtliche Zulassungsfähigkeit von Vorhaben im Bebauungsplanverfahren zu berücksichtigen istaso, nicht aber die- regelmäßig auch bei anlagenbezogener Planung- ohnehin nicht vorhersehbaren spezifischen Einzelfragen der Genehmigung nach dem Immissionsschutzrecht. Ähnliches gilt mit Blick auf das vielfach zugunsten der bauleitplanerischen Festsetzung von Immissionswerten bemühte Prinzip planerischer Konfliktbewältigungasl. Es richtet sich nur auf die Bewältigung der Planung zurechenbarer Konflikte3B 2 • Zurechenbar ist der Bauleitplanung die gesamtplanerische Bewältigung von Konflikten, die- etwa- aus dem Nebeneinander unverträglicher Nutzungen (beispielsweise Gemengelagen) herrühren, und zwar mit den beschriebenen städtebaulichen Mitteln. Insoweit mag der Grundsatz planerischer Zurückhaltungas3 weitgehend zurücktreten, nicht aber zugunsten eines generellen bauleitplanerischen Verbesserungsgebots. § 29 Satz 5 BBauG und § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO betonen gerade als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes die Geltung außerplanungsrechtlicher (Genehmigungs-)Vorschriften384. Die Festsetzung von Immissions- bzw. Emissionswerten stellt demnach keine dem Bauplanungsrecht zurechenbare Aufgabe der Konfliktbereinigung dar; solches ist vielmehr dem Immissionsschutz und seinem rechtlichen Instrumentarium zugeordnet3B5. Daß der Bebauungsplan unter Zugrundelegung der DIN-Norm 18 005 schallschützende Belange zwar berücksichtigt, nicht aber selbst Immissionswerte nach TA Lärm festsetzt, 37 9 BVerwG, Urteil v. 7. 7. 1978- 4 C 79.76 u.a. -, NJW 1979, 64, 66; SchmidtAßmann, Abwägungselemente, S. 127. 380 In diesem Sinne Schmidt-Aßmann, Abwägungselemente, S. 131. 381 Hierzu eingehend Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 302 ff.; entgegen Gierke, DVBL 1984, 149, 153 gebietet Art. 28 Abs. 2 GG nicht seine gesetzliche Verankerung, weil das Gebot Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips ist. 382 Weyreuther, BauR 1975, 1, 5f.; Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 303 ; Ritter, NVwZ 1984, 609, 611; gegen überhöhte Anforderungen an die Maxime bauleitplanerischer Konfliktbewältigung auch Schmidt-Aßmann, DVBl. 1984, 582, 584. 383 Zu diesem "Leitsatz" der Planung und seinem Konkurrenzverhältnis zum Gebot der Konfliktbewältigung Gierke, DVBl. 1984, 149, 153, unter Berufung auf Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 309. 384 Vgl. Gierke, DVBl. 1984, 149, 153f. 385 Auch Ritter, NVwZ 1984, 609, 612, spricht vorsichtig davon, TA Lärm und TA Luft könnten nur Anhaltspunkte für die Planungsentscheidung abgeben.
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bewirkt daher auch keinen unzulässigen Konflikttransfer386 in das immissionsschutzrechtliche Verfahren387. Mithin scheidet eine Festlegung von immissionsschutzrechtlichen Riebtoder Grenzwerten in der Bauleitplanung aus, weil dies nicht Gegenstand und Aufgabe städtebaulicher Planung ist. Daß Gegenteiliges teilweise vehement gefordert und auch praktiziert wird, dürfte seine wesentliche Ursache in der bereits behandelten Begrenztheit immissionsschutzrechtlicher Planungsmöglichkeiten haben: Da eine flächendeckende Luftreinhalte- und Lärmplanung fehlt, die die notwendigen fachlich-planerischen Vorgaben für das Genehmigungsverfahren liefern könnte, liegt der Versuch nahe, die für solche Zwecke nicht vorgesehenen und damit auch nicht einsetzbaren Mittel der städtebaulichen Planung immissionsschutzrechtlich zu nutzen. Kompetenzüberschreitungen sind die Konsequenz. Systemgerecht und zugleich im Einklang mit vorangehenden Untersuchungsergebnissen stehendaaa ist demgegenüber die Erweiterung der immissionsschutzrechtlichen Planung und ihre Einbindung in das Instrumentarium der Raumordnung und Landesplanung389 mit der Folge, daß die Bauleitplanung über§ 1 Abs. 4 BBauG- auch- an die aus überörtlicher Sicht bestimmten räumlichen Vorgaben immissionsschutzplanerischer Herkunft gebunden ist.
4. Weiterentwicklung der Einzelentscheidungen in vertikaler Sicht Wie bereits angesprochen39o, sind in vertikaler Sicht nicht nur bei den zuvor behandelten Planungen, sondern auch im Rahmen umweltrechtlicher Einzelentscheidungen gestufte Entscheidungsvorgänge vorgesehen, dies freilich positiv-rechtlich lediglich für Kontrollerlaubnisse und auch hier keineswegs durchgängig391. 4.1 Weiterentwicklung der Kontrollerlaubnisse
4.1.1 Zu den rechtlichen Grundlagen Verfolgt man die entsprechenden Hinweise der Analyse des Umweltrechts392 weiter, so ergibt sich im Umweltrecht mit alleinigem UmweltschutzzieJ393 folgendes Bild der Rechtslage: 386 387 388 389 390 391 392
Hierzu Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 304. I.d.S. auch Schmidt-Aßmann, DVBL 1984, 582, 585. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 153ff. Siehe oben, bei Fn. 36ff. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 193. Hierzu grundlegend Schmidt-Aßmann, Festgabe BVerwG, S. 569. Siehe oben,§ 10, bei Fn. 193, mit Rückverweisen.
14 Erbguth
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Im Bereich des mehrmedialen/nicht umweltbeanspruchenden Umweltrechts sieht § 12 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG vor, daß die Länder Vorschriften über die einstweilige Sicherstellung der zu schützenden Teile von Natur und Landschaft erlassen. Hierbei handelt es sich indes lediglich um eine vorläufige Maßnahme, nicht um eine Teil-Entscheidung der eigentlichen Sicherstellung, mithin um keinen Anwendungsfall gestufter Verfahrenregelung. Nach§ 9 Abs.1 BlmSchG kann durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Zwei Jahre nach Eintritt seiner Unanfechtbarkeit wird der Vorbescheid unwirksam, wenn der Antragsteller nicht binnen dieser Frist die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag um bis zu zwei Jahre verlängert werden(§ 9 Abs. 2 BimSchG). Für die Erteilung des Vorbescheids gelten die§§ 6 bis 21 BimSchG sinngemäß. § 8 BimSchG zufolge kann auf Antrag eine Genehmigung für die Errichtung einer Anlage, eines Teils einer Anlage oder die Errichtung und den Betrieb eines Teils einer Anlage erteilt werden. Voraussetzung ist, daß aufgrundeiner vorläufigen Prüfung die Voraussetzungen des § 6 BimSchG im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen werden und ein berechtigtes Interesse an derErteilungeiner Teilgenehmigung besteht. Verfahrensgrundsätzeüber den Erlaß von Vorbescheid und Teilgenehmigung finden sich aufgrundder Ermächtigung des § 10 Abs.10 BimSchG in der 9. BimSchV. § 11 BimSchG bestimmt, daß nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Erteilung einer Teilgenehmigung oder eines Vorbescheids in einem weiteren Verfahren zur Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der Anlage Einwendungen nicht mehr aufgrundvon Tatsachen erhoben werden dürfen, die in vorhergehenden Verfahren fristgerecht vorgebracht worden sind oder nach den ausgelegten Unterlagen hätten vorgebracht werden können. Als übermediales Umweltgesetz mit umweltbeanspruchenden Konsequenzen sieht das Abfallbeseitigungsgesetz in§ 7 a die Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung und des Betriebs einer Abfallbeseitigungsanlage vor394. Hierbei handelt es sich ebensowenig wie im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG um einen Fall der Verfahrensstufung. 393 Abfallbeseitigungsgesetz; Bundes-Immissionsschutzgesetz; Bundesnaturschutzgesetz; Fluglärmgesetz; Wasserhaushaltsgesetz. 394 Nicht aber des Betriebs selbst, also lediglich Zulassung erster Errichtungsmaßnahmen, vgl. OVG Lüneburg, Beschluß v. 30. 8. 1983- 9 OVG B 100/83 -, DÖV 1983, 903, 904 mit überzeugendem Hinweis auf die ansonsten zu befürchtende Aushöhlung und Sinnentleerung des in erster Linie vorgeschriebenen Planfeststellungsverfahrens und der damit eintretenden Gefahr des Ausschlusses von Mitwirkungs- und Einflußmöglichkeiten privater und öffentlicher Stellen im Verfahren.
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Im Umweltrecht mit nebengeordnetem Umweltschutzziel395 eröffnet das einmediale/umweltbeanspruchende Atomgesetz396 in § 7 a auf Antrag die Erteilung eines Vorbescheids zu einzelnen Fragen, von denen die Erteilung der Genehmigung einer Anlage nach § 7 AtG abhängt, insbesondere zur Wahl des Standorts (Satz 1). Wie im Immissionsschutzrecht397 gilt auch hier eine Zweijahresfrist -mit Verlängerungsmöglichkeit um bis zu zwei Jahren-, innerhalb derer die Genehmigung beantragt sein muß; ansonsten wird der Vorbescheid unwirksam (Satz 2). Die die Genehmigung nach § 7 AtG betreffenden Vorschriften über die Beteiligung und Verfahrensgestaltung (§ 7 Abs. 4 AtG), inhaltliche Beschränkungen, Auflagen, Widerruf(§ 17 AtG) sowie die Entschädigung gelten entsprechend(§ 7 a Abs. 2 AtG). Aufgrund der Verweisung des§ 7 Abs. 4 auf§ 8 BlmSchG wird des weiteren die Erteilung einer Teilgenehmigung ermöglicht.§ 7b AtG bestimmt in Anlehnung an§ 11 BimSchG, daß, soweit in einer Teilgenehmigung oder in einem Vorbescheid über einen Antrag nach § 7 oder § 7 a AtG entschieden und diese Entscheidung unanfechtbar geworden ist, in einem weiteren Verfahren zur Genehmigung der Anlage Einwendungen Dritter nicht mehr aufgrund von Tatsachen erhoben werden können, die schon vorgebracht waren oder von dem Dritten nach den ausgelegten Unterlagen oder dem ausgelegten Bescheid hätten vorgebracht werden können39B. Die einmedial/umweltbeanspruchend ausgerichteten Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes399 enthalten keine Regelungen gestufter Verfahrensgestaltung, sondern lediglich die Möglichkeit, vorläufige Anordnungen nach § 36 FlurbG zu treffen, sowie die vorläufige Besitzeinweisung, § 65 FlurbG. Anders verhält es sich hingegen im mehrmedialen/umweltbeanspruchenden Baurecht400 . Da die baurechtliehen Genehmigungsvorschriften im Bauordnungsrecht der Länder verankert sind, finden sich hier gestufte Entscheidungsformen. So kann der Bauherr nach den Bestimmungen der Landesbauordnungen vor Einreichung des Bauantrages zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens einen schriftlichen Vorbescheid einholen (etwa § 66 BauO NW). Seine Geltungsdauer beträgt zwei Jahre, § 66 Abs. 1 BauO NW. Die wesentlichen Bestimmungen des bauaufsichtliehen Verfahrens gelten entsprechend (Abs. 2). § 71 BauO NW ermöglicht die Erteilung einer Teil395 Atomgesetz; Bundesbaugesetz mit Städtebauförderungsgesetz; Bundeswaldgesetz; Bundesberggesetz; Flurbereinigungsgesetz; Raumordnungsgesetz. 396 Mit primärem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 36. 397 Siehe oben, nach Fn. 393. 398 Näher hierzu Degenhart, Kernenergierecht, S. 63ff., und unten, bei Fn. 466f. 399 Mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, § 7, bei Fn. 44. 400 Mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, § 7, bei Fn. 42.
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baugenehmigung auf schriftlichen Antrag, sofern ein Bauantrag eingereicht ist. Die Teilgenehmigung gestattet den Beginn der Bauarbeiten für die Baugrube und für einzelne Bauteile oder Bauabschnitte, allerdings nur im Hinblick auf die Ausführung des genehmigten Teils des Bauvorhabens (§ 71 Abs. 1 BauO NW). Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung können für die bereits begonnenen Teile des Bauvorhabens zusätzliche Anforderungen gestellt werden (§ 71 Abs. 2 BauO NW). Das Bundesberggesetz40l enthält demgegenüber keine Vorschriften über Teilzulassungen o. ä., sondern lediglich die Möglichkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung aufgrunddes 4. Abschnitts,§§ 97ff. BBergG. 4.1.2 Beurteilung der Stufung von Kontrollerlaubnissen in vertikaler Sicht
Die nur im Bau-, Immissionsschutz- und Atomrecht ausdrücklich eröffnete Möglichkeit einer stufenden Verfahrensgliederung legt aus Gründen vertikaler Dekonzentration402 die Überlegung nahe, entsprechende Vorschriften in die übrigen Erlaubnistatbestände des Umweltrechts einzuführen4o3. Allerdings könnte ein differenziertes Vorgehen angebracht sein: Indem Teilgenehmigungen etc. der Abschichtung komplexen Problemstoffs dienen404, spricht vieles dafür, "einfache" Genehmigungen von einer solchen vertikalen Dekonzentration auszunehmen. Dann ist allerdings zu klären, welches einfach gelagerte Zulassungstatbestände sind und welche den komplexen oder gar "hochkomplexen" zugehören4os. Die Frage wird ohne gesetzgeberische Wertung, wie sie etwa im Immissionsschutz- und Atomrecht zum Ausdruck kommt4os, kaum sicher zu beantworten sein. Selbst dort, wo die Zuordnung klar auf der Hand zu liegen scheint, ist diese Eindeutigkeit trügerisch. So bietet sich an, bergrechtliehe Zulassungen den komplexen, Rodungsgenehmigungen hingegen den "einfachen" Erlaubnissen zuzurechnen. Eine solche typisierende Betrachtungsweise läßt indes unberücksichtigt, daß die Komplexität der Zulassungstatbestände nicht allein am gesetzlichen Regelungsgegenstand ablesbar ist, sondern in starker Abhängigkeit von der Dimension des jeweils konkret erlaubnisbedürftigen Vorhabens steht; beispielsweise gibt es im Bergrecht- auch- "einfache" Betriebspläne, wie anders die Rodung großer 401 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit gleichgeordnetem Umweltschutzziel, vgl. § 7, bei Fn. 43. 402 Hierzu oben, § 10, bei Fn. 224. 403 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 193 f. 404 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 192ff. 405 Vgl. hierzu noch unten, bei Fn. 428ff., § 16, bei Fn. 947ff. 4os Vgl. unten, bei Fn. 443ff.
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Waldflächen-etwa zwecks Einrichtung einer Kernenergieanlage- die Entscheidungsfindung komplex geraten lassen kann. Gegen die beschriebene Differenzierung spricht letztlich ein Blick auf das baurechtliche Genehmigungsverfahren. Die Mehrzahl der ihm unterfallenden Anlagen wird nach Art und Größe eher einfacher Natur sein. Gleichwohl sieht das Baurecht die dargestellten Teilregelungsmöglichkeiten vor. Vor diesem Hintergrund verbiete sich eine typisierende Einführung von Teilentscheidungsvorschriften in die hier fraglichen Gesetze des Umweltrechts. Zu fordern ist lediglich, daß die zuständigen Stellen in Fällen komplizierter Sach- und Rechtslage über die Befugnis verfügen, die normalhin einheitliche Entscheidung in mehrere Teilregelungen stufend zu gliedern. Dazu bedarf es freilich keiner spezialgesetzlichen Regelung. Vielmehr folgt schon aus allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht, daß eine Behörde jederzeit über abtrennbare Teile einer Sache gesondert zu entscheiden vermag4o7. Folglich zieht der rechtliche Befund keine Forderungen de lege ferenda nach sich. Dem Bedürfnis, bei sachlich, örtlich oder sonst umfangreicheren Vorhaben den Problemstoff durch Erlaß von Teilregelungen abzuschichten, kann ohne eine entsprechende ausdrückliche Regelung entsprochen werden. 4.2 Weiterentwicklung gestufter Planfeststellungen
Vorschriften über stufende Teilregelungsbefugnisse fehlen im Recht der Planfeststellung(en) des Umweltrechts. Für das Atomgesetz4oa wie für das Abfallbeseitigungsgesetz409 ist lediglich vorgesehen, daß im Planfeststellungsbeschluß die abschließende Entscheidung vorbehalten bleiben kann, wenn sie- etwa aufgrund fehlender Unterlagen- noch nicht abschließend getroffen werden kann4to. Entsprechendes gilt aufgrund § 74 Abs. 3 VwVfG für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren (§ 31 WHG) als Instrument einmedialen/nicht umweltbeanspruchenden Umweltrechts mit alleinigem Umweltschutzziel411 .
40 7 Kopp, VwVfG, § 9 Rdn. 37f., § 74 Rdn. 54; Meyer, in: Meyer I Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 74 Rdn. 37; weit. Nachw. bei Breuer, Endlagerung, S. 90 Fn. 212. 408 Als einmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit Umweltschutz als Primärziel neben anderen Zielen, vgl. oben, § 7, bei Fn. 36. 40 9 Als mehrmediales/umweltbeanspruchendes Umweltrecht mit Umweltschutz als alleinigem Ziel, vgl. § 7, bei Fn. 25, 27. 4to §§ 9 b Abs. 5 AtG, § 25 Abs. 6 AbfG. 411 Siehe oben, § 7, bei Fn. 22.
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Angesichts dessen wird die Zulässigkeit "geteilter Planfeststellung"412 sofern sie überhaupt Eingang in die Diskussion findet -recht unterschiedlich beurteilt.
4.2.1 Meinungsstand Die eine Teilbarkeit der Planfeststellung favorisierenden Einschätzungen können sich auf den allgemeinen Grundsatz der Trennbarkeit von Sachentscheidungen berufen. So gesehen erscheinen §§ 74 Abs. 3 VwVfG, § 9b Abs. 5 AtG, § 25 Abs. 6 AbfG als dessen spezielle Wiedergabe41 3. Darüber hinaus ist im Straßenrecht die prinzipielle Zulässigkeit abschnittsweiser Planfeststellung aufgrund § lBa Abs. 3 FStrG allgemein anerkannt4 14; da die Vorschrift allenfalls präziser, nicht aber inhaltlich abweichend von den hier interessierenden Bestimmungengefaßt ist415 , legt auch dies die Teilbarkeit der Planfeststellungen des Umweltrechts nahe. So findet sich die Ansicht, zulässig seien nicht nur Teilentscheidungen über einzelneSachfragen nach Art eines Vorbescheids 416 , sondern auch solche über einzelne Anlagenteile im Sinn der zuvor geschilderten Teilgenehmigung417. Restriktiver, nämlich unter besonderer Betonung der auf die Einheit der Entscheidung gerichteten Konzentrationsmaxime, wird von anderen lediglich die Abspaltbarkeit der Standort- und Konzeptfrage von der Planfeststellung befürwortet oder ein Entscheidungsvorbehalt nur in jenen Fällen für zulässig erachtet, in denen die fehlenden und nachzureichenden Unterlagen (u.a.m.) nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung sind41s. Trotz dieser Differenzierung ist bei einer Gesamtschau der Auffassungen nicht zu verkennen, daß sie weitgehend dem für Kontrollerlaubnisse typischen, gestuften System verhaftet sind419. 412 Begrifflichkeit bei Breuer, Endlagerung, S . 76; die Frage ist aktuell geworden im Zusammenhang mit Standorterkundungsmaßnahmen bzgl. des geplanten Endlagerbergwerks Gorleben, hierzu Hoppe I Bunse, DVBl. 1984, 1033 m . w.N.; auch Blümel, Teilbarkeit, S. I, II, Fn. 4. 413 Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 54; Meyer, in: Meyer I Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 74 Rdn. 37; weit. Nachw. bei Breuer, Endlagerung, S. 90 Fn. 212; zu §§ 16ff. GewO BVerwG, Urteil v. 29. 3. 1966- I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 ; bereits oben. 414 Zur anfänglichen Kritik, Diskussion und kompromißhaften Einigung im Hinblick auf besondere materiel!-e und verfahrensrechtliche Anforderungen Breuer, Endlagerung, S. 83ff. m. w.N.; h1erzu noch nachstehend. 415 So zur Recht Breuer, Endlagerung, S. 86. 416 Hierzu oben, nach Fn. 393, und näher unten, § 16, bei Fn. 335 ff. 417 Siehe oben, bei Fn. 393ff., und näher unten,§ 16, bei Fn. 335ff.; Fickert, Planfeststellung, S . 369f.; Bonk, in: Stelkens I Bonk I Leonhardt, VwVfG, § 74 Rdn. 38; Schroeter, in: Marschall I Schroeter I Kastner, FStrG, § 18 Rdn. 5. 418 Hierzu m. w.N. Breuer, Endlagerung, S. 87, insbes. Fn. 197, 199. 419 Siehe oben, nach Fn. 393; Breuer, Endlagerung, S . 88, der allerdings auf Ten-
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Dem werden Bedenken aufgrund der für Planfeststellungen typischen Gesamtentscheidung, in die das Konzentrationsprinzip eingebettet sei, entgegengehalten: Die gesamtheitliehe Entscheidungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses finde sich durch Abschichtungsvorgänge der genannten Art gefährdet420. Vor diesem Hintergrund werden die Entscheidungsvorbehalte des Planfeststellungsrechts421 als Totalvorbehalte der End- bzw. Gesamtentscheidung verstanden; die vorzubehaltende abschließende Entscheidung sei keine Rest- bzw. Teilentscheidung, sondern die endgültige Entscheidung über das gesamte Vorhaben422. An zulässigen Varianten einer solchen "unechten" Stufung ergeben sich dann der vorläufige Planfeststellungs-Vorbereitungsbescheid und die vorläufige Teil-Vorplanfeststellung, beide unter dem Totalvorbehalt der Gesamtentscheidung. Ersterer erfaßt rechtlich-ideelle Sachfragen (etwa betreffend den Standort oder das Konzept eines atomrechtlichen Endlagers), letztere dient der faktisch-realen Abschichtung im Hinblick auf bestimmte Anlagenteile. Wegen ihrer Vorläufigkeit fehlt beiden Alternativen eine Genehmigungswirkungm. Darüber hinaus hält Breuer424 auch vorbescheids- bzw. teilgenehmigungsähnliche Formen der Stufung nicht a priori für unzulässig; er unterwirft sie jedoch wegen des aus seiner Sicht maßgeblichen Beurteilungskriteriums der Gesamtentscheidung einer besonderen Bedürfnisprüfung425 • Dies soll zunächst für den "Planfeststellungs-Vorbescheid unter dem Teilvorbehalt der Restentscheidung" gelten. Als Instrument rechtlich-ideeller Abschichtung fehle ihm anders als der endgültigen "Teil-Planfeststellung unter dem Teilvorbehalt der Restentscheidung" die Genehmigungswirkung. Letztere durchbreche aufgrundihrer faktisch-realen, endgültigen und vorgreifliehen Regelung das Konzentrations- und Gesamtentscheidungsprinzip und unterliege den relativ strengsten Zulässigkeitsanforderungen. Insbesondere müsse ein konkretes Bedürfnis für eine Zulassung der (Teil-)Planausführung im Vorfeld der abschließenden Nachtragsplanfeststellung bestehen426 . Beide Formen "echter" Stufung seien zudem an ein vorläufiges positives Urteil über das Gesamtvorhaben gebunden427. denzen zur Einschränkung der Teilbarkeit hinweist, die er aus dem Konzentrationsund Gesamtentscheidungsprinzip herleitet, hierzu nachfolgend. 420 Hierzu Breuer, Endlagerung, S. 77, 88f. 421 Vgl. oben. 422 Hierzu Breuer, Endlagerung, S . 88, unter Hinweis auf Meyer, in: Meyer I BorgsMaciejewski, VwVfG, § 74 Rdn. 37; Hösel I v. Lersner, AbfG, Kz. 1350, § 25 AbfG Rdn. 27f. 423 Breuer, Endlagerung, S. 91 f. 424 Endlagerung, S. 93 ff. 425 Ebd., S. 93 ff. 426 I. e. Breuer, Endlagerung, S . 95f.; anders Rengeling, Endlagerung, S . 64ff., 79, 123 ff.; zu diesen und weiteren Einschätzungen eingehend Hoppe I Bunse, DVBL 1984, 1033, 1035ff. 427 Breuer, Endlagerung, S. 94, 96.
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4.2.2 Beurteilung der Stufung von Planfeststellungen in vertikaler Sicht Der in den Vordergrund gerückte Gesamtentscheidungsgehalt der Planfeststellung vermag in dieser Allgemeinheit die hieraus abgeleiteten Schlußfolgerungen für eine Teilbarkeit von Planfeststellungen nicht zu tragen. So ist bereits vom Begrifflichen nicht erkennbar, inwiefern das Konzentrationsprinzip hierin "eingebettet" sein soll. Wenn zutreffenderweise an Funktionen der Planfeststellung die Genehmigungswirkung, die Konzentrationswirkung (im engeren, technischen Sinne), die öffentliche Gestattungswirkung und letztlich die privatrechtsgestaltende Ausschluß- und Duldungswirkung genannt werden428 , so ist damit das beschrieben, was allgemein unter planfeststellungsbedingter Konzentrationswirkung verstanden wird429. Ein überschießender Bedeutungsgehalt des Gesamtentscheidungsprinzips, der für eine diesbezügliche "Einbettung" des Konzentrationsprinzips spräche, ergibt sich hieraus nicht. Vielmehr meint Gesamtentscheidung -richtig verstanden- den allgemeinen Zweck der mit Verwaltungskonzentration ausgestatteten Planfeststellung, nämlich durch eine Behörde, in einem Verfahren eine umfassende Sachentscheidung zu treffen43o. Ein den Konzentrationsgrundsatz übergreifendes Prinzip stellt das Gebot der Entscheidungseinheit folglich nicht dar. Nicht unbedenklich ist des weiteren die Heranziehung des Gesamtentscheidungsprinzips als striktes Abgrenzungsmuster zu den Genehmigungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Atomgesetzes431 . Nach der gesetzgeberischen Wertung, die allgemeinen Abgrenzungsschwierigkeiten enthebt432 , handelt es sich entgegen Breuer4 33 bei den§§ 4ff. BimSchG, § 7 AtG um keine- gegenüber der Planfeststellung- "einfachen" Verfahren434. Neben materiell-rechtlichen Annäherungen435 findet das seinen rechtsnormativen Niederschlag in einer weitgehenden Angleichung der Verfahrenskautelen an diejenigen der Planfeststellungen436. Von besonderem AussageSiehe oben, bei Fn. 116ff.; Breuer, Endlagerung, S. 77f. Verwaltungskonzentration als Ausgleichsmittel divergierender und komplexer Fachressortinteressen, vgl. oben, nach Fn. 116ff.; Breuer, Planung, S. 63; SchmidtAßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 223; ders., DÖV 1974, 541, 544; Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 384ff.; Giemulla I Lau I Barton, LuftVG, § 8 Rdn. 8; zu den gebrauchten Begriffen näher Zech, Straßenbau, S. 157 m.w.N. 430 Vgl. Begründung zum EVwVfG v. 18. 7. 1973, BT-Drucks. 71910, S. 89 zu§ 71; in diesem Sinne Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 8. 431 Breuer, Endlagerung, S. 80. 432 Siehe oben, bei Fn. 6. 433 Endlagerung, S. 80. 434 Die zudem regelmäßig die Baugenehmigung ersetzen, siehe oben, bei Fn. 161 f. 435 Hierzu näher oben, bei Fn. 74ff. 428
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wert für die Annäherung dieser Genehmigungen an Planfeststellungen ist zudem ihre Ausstattung mit Konzentrationswirkung437. Darüber hinaus ist die Unterscheidung zwischen Planfeststellungen und Kontrollerlaubnissen (der hier interessierenden Art) aus dem Blickwinkel der "Gesamtentscheidung" auch deshalb wenig trennscharf, weil- umgekehrt- Ausnahmen von der umfassenden Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses zugelassen sind, und zwar schon nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht43B. Zudem betont das als Beleg für eine strikte Geltung des Gesamtentscheidungsprinzips herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. 3. 1979439 lediglich, das Gebot einer einheitlichen Entscheidung durchstraßenrechtlichen - Planfeststellungsbeschluß sei (auch) die Konsequenz des Grundsatzes der Problembewältigung44 0; dieser wiederum stelle ein ausnahmefähiges Prinzip dar. Ähnlich wie bei einer abschnittsweisen Planfeststellung könne unter bestimmten Umständen für Folgemaßnahmen eine ergänzende Planfeststellung (ausdrücklich) vorbehalten bleiben441. Angesichts dessen kann unter Rückgriff auf die Rechtsprechung allenfalls von einem ausnahmefähigen Grundsatz der Problembewältigung, nicht aber von einem generellen Gesamtentscheidungsprinzip der Planfeststellung gesprochen werden. Die Spezialregelungen des Umweltrechts sind dem gefolgt. Bekanntes Beispiel ist die generelle Exemtion durch § 14 WHG44 2. Symptomatischer stellt sich die Ausnahme des bergrechtliehen Zulassungsverfahrens von der Konzentrationswirkung der atomrechtlichen Planfeststellung nach § 9 b Abs. 5 Nr. 3 AtG dar: Sie findet ihr Korrelat im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, nämlich in§ 13 BlmSchG443 . Mithin ist eine strikte Abgrenzung anhand des Merkmals des Gesamtentscheidungsprinzips zwischen Planfeststellungen und "einfachen" Genehmigungen nicht durchführbar. Jedenfalls bei den vorliegend behandelten Zulassungstatbeständen sind - unter diesem Gesichtspunkt - wechselseitige Annäherungstendenzen unverkennbar444. 43 6 Deutlich i. d. S. Schmidt-Aßmann, Planungserfordernis, S. 62; auch Schoeneberg, S. 45 (für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung). 437 Siehe oben, bei Fn. 161f.; Jarass, BlmSchG, § 13 Rdn. 1. 438 Vgl. nur Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 8; zu weiteren Gründen für die Abnahme an Trennschärfe oben, bei Fn. 74ff. 439 -4 C 41.75-, BVerwGE 57, 297, 301f.; Breuer, Endlagerung, S. 77 Fn. 49. 440 A. a. O., 300f.; hierzu auch Paetow, Teilbarkeit, S . 1, 1. 441 A. a. 0., 301. 442 Siehe oben, bei Fn. 170 ff. 443 Hierzu bereits oben, bei Fn. 162. 444 Schmidt-Aßmann, Planungserfordernis, S . 62 ; entsprechendes gilt gegenüber der generellen Annahme der "Vorherigkeit" und eines "Regelungsmehrwerts" von Planfeststellungen gegenüber Erlaubnistatbeständen; anders Breuer, Endlagerung, S. 50 ff., 41ff.
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Hieraus eine völlige Gleichbehandlung hinsichtlich der Stufung bzw. Teilbarkeit der Entscheidungsprozesse im Planfeststellungsverfahren mit denen der genannten Kontrollerlaubnisse folgern zu wollen, wäre gleichwohl verfrüht. Dem steht bei allem Verlust an Trennschärfe in der dogmatischen Beurteilung beider Arten von Zulassungsverfahren entgegen, daß nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und-aufgrundder Verweisung in § 8 Abs. 2 AtG - auch nach dem Atomgesetz Planfeststellungen von der Konzentrationswirkung der Genehmigungen ausdrücklich ausgenommen sind. Trotz Annäherung bleibt mithin ein zumindest gradueller Unterschied: Die Konzentrationswirkung ist aufgrundder gesetzlichen Lage bei Planfeststellungen betonter bzw. ausgeprägter als bei komplexen Kontrollerlaubnissen445; m. a. W.: im Konkurrenzfalle geht die Ersetzungswirkung von Planfeststellungen jener von Kontrollerlaubnissen vor446 . Dem Kriterium der planfeststellungsbedingten Gesamtentscheidung kommt folglich keine grundsätzlich-generelle Unterscheidungsfunktion gegenüber immissionsschutzrechtlichen und atomrechtlichen Genehmigungen zu, wohl aber eine- gleichsam- relative44 7 . Aus dem in diesem Sinne stärker ausgeprägten Gesamtentscheidungsprinzip ergibt sich die Forderung nach einem besonderen sachlichen Bedürfnis für eine stufende Aufgliederung bei Planfeststellungen. Insoweit kann auf rechtliche Vorgaben für abschnittsweise Straßenplanungen zurückgegriffen werden. Das Argument, atomare Endlagerbergwerke wie auch Abfallbeseitigungsanlagen seien als "geschlossene Zentralvorhaben" weniger teilungsfreundlich als "offene Linienvorhaben" des Straßenbaus448 , erscheint allzu formal in Anbetracht dessen, daß es bei Straßenplanungen lediglich um extern sichtbare und visuell unmittelbarerfaßbare Abschnittsbildungen geht, bei geschlossenen Zentralvorhaben um interne Gliederungen des Entscheidungsvorgangs; das Maß der "gegenständlichen Dichte" bzw. der "funktionalen Verschränkung" 449 hingegen ist kein Spezifikum örtlich begrenzter Großvorhaben; es gilt materiell in gleicher Weise für die Interdependenzen des flächendeckenden Netzes von Linienvorhaben450 . So findet sich der Gedanke einer reduzierten Teilbarkeit von Planfeststellungen nach dem Atom- bzw. Abfallbeseitigungsgesetz (und Wasserhaushalts445 Das schlägt sich etwa in Vorschriften nieder, die in einfach gelagerten Fällen eine Entscheidung im Genehmigungsverfahren anstelle eines Planfeststellungsverfahrens ermöglichen, beispielsweise§ 7 Abs. 2 AbfG; näher oben, bei Fn. 156. 446 Verfahrensrechtlich wird allerdings auch dies teilweise modifiziert, vgl. § 7 Abs. 3 AbfG; hierzu oben, nach Fn. 149. 447 Allgemein zum Konzentrationsprinzip als Ausdruck ganzheitlicher Strategien des Umweltrechts Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 100. HB Breuer, Endlagerung, S. 84. 449 Ebd., S. 84. 450 Das stellt Breuer selbst heraus, Endlagerung, S. 84.
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gesetz) bei Breuer selbst dadurch relativiert, daß er an anderer Stelle auf deren Affinität zu den Anlagegenehmigungsverfahren nach dem BundesImmissionsschutz- und Atomgesetz verweist, deren Teilungsfreundlichkeit kraft ausdrücklicher Regelung451 außer Zweifel steht. Letztlich muß Breuer trotz seines gegenteiligen Ausgangspunktes ohnehin hinsichtlich der Anforderungen an geteilte Planfeststellungen in der Sache auf jene der . abschnittsweisen (Straßen-)Planfeststellung zurückgreifen, nämlich auf begrenzte faktische Kapazitäten zur (Gesamt-)Planfeststellung452, auf ein faktisch-sachliches Bedürfnis4s3, wie auch auf die verfahrensrechtlichen Komponenten der Publizität und Öffentlichkeitsbeteiligung4s4. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden: - Einer Aufteilung der - hier interessierenden - Planfeststellungen steht deren "Gesamtentscheidungsgehalt" nicht von vornherein entgegen. - Aus diesem - differenziert zu beurteilenden - Merkmal folgen lediglich verfahrensrechtliche wie materiell-rechtliche Anforderungen an eine Verfahrensstufung in Abweichung vom Normalfall der einheitlichen Entscheidung. Die Anforderungen entsprechen denjenigen abschnittsweiser Straßenplanung. Überprüfungsbedürftig bleibt freilich, ob vor diesem Hintergrund sowohl Teilungsformen vorbescheidsähnlicher als auch teilplanfeststellender Art dem Grunde nach möglich sind. Sollte die Frage zu bejahen sein4ss, wären Teil-Planfeststellungenwegen ihrer Genehmigungswirkung den schärfsten Zulässigkeitskriterien zu unterwerfen456. Schwierigkeiten bereitet dabei die inhaltliche Abgrenzung dieser strengeren Maßgaben gegenüber jenen, die an den Planfeststellungsvorbescheid zu stellen sind; das zeigen deutlich die Ausführungen Breuers, die einen Unterschied der- jeweiligen- Maßstäbe nicht erkennen lassen45 7 • Auch deshalb stellt sich die grundsätzliche Frage, ob neben dem Planfeststellungs-Vorbescheid eine Teil-Planfeststellungüberhaupt mit dem ChaSiehe oben, nach Fn. 393, bei Fn. 396f. Breuer, Endlagerung, S. 81 einerseits und S. 94, 96 andererseits: "Problemverarbeitungskapazität" . 453 Ebd., S . 83 einerseits und S. 94, 96 andererseits. 454 Ebd., S. 83f. einerseits und S. 95f. andererseits. 455 So Breuer, Endlagerung, S. 93 ff.. 456 Ebd., S. 95f. 45 7 Ebd., S . 94 "Größe und Komplexität des Vorhabens" einerseits und S . 96 "Größe, Komplexität und Schwierigkeit des Vorhabens" andererseits; Entscheidungslücken als Kriterium in beiden Fällen, vgl. S. 94 einerseits, S. 96 andererseits; sowie besonderes "Bedürfnis" S . 94 einerseits, S . 96 andererseits. 451
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rakter bzw. den Merkmalen der Planfeststellung vereinbar ist. Von geringerer Bedeutung ist insoweit das - wie gezeigt - ohnehin nur differenziert zu verstehende Gesamtentscheidungsprinzip458. Wesentlicher erscheint, daß die Genehmigungswirkung der Teil-Planfeststellung in Widerspruch zu dem die Planfeststellung kennzeichnenden Gestaltungsspielraum gerät, der trotz - einer etwaigen- Gebundenheit der ersetzten Entscheidungen besteht459. Eine Stufung des Verfahrens im Wege von Teil-Planfeststellungen unter bloßem Teilvorbehalt der Restentscheidung präjudiziert die Entscheidung, reduziert nämlich schrittweise den Entscheidungsfreiraum und absorbiert ihn auf der letzten (Teil-Planfeststellungs-)Stufe völlig4so. Diese Unvereinbarkeit mit dem planfeststellungsspezifischen Gestaltungsspielraum tritt demgegenüber im Falle des Planfeststellungs-Vorbescheids nicht ein; letzterem kommt nicht jene Form der Genehmigungswirkung zu, so daß der Entscheidungsspielraum hierdurch nicht gleichermaßen eingeschränkt werden kann. Daraus folgt, daß eine geteilte Planfeststellung im Atom-, Abfallbeseitigungs- und Wasserrecht zulässig ist, allerdings nur in Form des Planfeststellungs-Vorbescheids. Als Gegenstand des Vorbescheids kommt regelmäßig die Standort- und Konzeptfrage in Betracht. Zudem muß ein vorläufiges positives Gesamturteil über das gesamte Vorhaben gerechtfertigt sein461. Von besonderer Bedeutung ist, daß diese "vorherige" Planung- entsprechend den Grundsätzen über die abschnittsweise Straßenplanung - den rechtlichen Anforderungen der Publizität, Popular- und Interessentenbeteiligung, wie sie für die Planfeststellung als solche gelten, unterfällt462. Im Wege geteilter Planfeststellung durch Planfeststellungs-Vorbescheid wird solcherart nicht nur dem Gebot vertikaler Dekonzentration463, sondern auch dem entsprochen, was an früherer Stelle464 als -rechtliche- Reaktion auf das Phänomen des informalen Verwaltungshandeins herausgestellt worden ist: Der frühzeitige Einsatz des Verwaltungsverfahrensrechts als Mittel der Gegensteuerung gegenüber einer Verfestigung außerrechtlich getroffener Absprachen (etc.). Diese Form der Verfahrensstufung stellt folglich einen Beitrag zur adäquaten Erfassung informaler Verhaltensmodi dar465. Siehe oben, bei Fn. 443 ff. Hierzu näher oben, bei Fn. 131f.; i. ü . nur Fickert, ZfW 1984, 193, 202, 206. 460 Im Ergebnis ähnlich Manner, Planfeststellungsverfahren, S. 69, 73 ; vgl. auch Paetow, Teilbarkeit, S. 1, 10. 46 1 Breuer, Endlagerung, S. 94; Manner, Planfeststellungsverfahren, S . 69, 73. 46 2 Vgl. Breuer, Endlagerung, S. 85 ; auch Broß, Teilbarkeit, S. 19; zu Fragen des vorläufigen Rechtsschutzes insoweit Ronellenfitsch, Teilbarkeit, S. 37. 463 Hierzu oben,§ 10, bei Fn. 224. 464 Siehe oben, § 8, nach Fn. 81ff. 458 459
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4.3 Präklusion bei gestuften Entscheidungsprozessen
Der Abschichtungsprozeß gestufter Entscheidungsvorgänge hat zur Konsequenz, daß Antragsteller wie Drittbetroffene sich in den nachfolgenden Teilverfahren nicht mehr auf Vorbringen stützen können, das sie in dem oder den vorangegangenen Verfahrensschritten hätten einbringen können. Es tritt insoweit eine aus der Sache sich ergebende Präklusionswirkung ein; die diesbezüglichen Vorschriften des Immissionsschutz- und Atomrechts 466 haben lediglich deklaratorische Wirkung467. Die Präklusion beansprucht Geltung auch für das gerichtliche Verfahren; denn Streitgegenstand ist die jeweils angegriffene Teilgenehmigung (o. ä.), nicht aber sind es vorangegangene Teilabschlüsse des (Gesamt-)Verfahrens468. 5. Verhältnis von Einzelentscheidungen zur Planung
Annäherungstendenzen zwischen Planung und Einzelentscheidung(en), die vor dem Hintergrund des Gebots vertikaler Dekonzentration469 und aus rechtssystematischen Gründen nicht unbedenklich sind470 , beruhen nicht nur auf zunehmend detaillierten Planinhalten471 , sondern folgen umgekehrt auch aus gewissen planerischen Elementen der Zulassungsverfahren. Während die Ausstattung der planfeststellungsrechtlichen Entscheidungen mit Planungsermessen besonderen Sachgesetzlichkeiten der Verfahren entspringt472, werden ähnliche Erweiterungen zunehmend für die Rechtsfigur der Kontrollerlaubnis unter den Stichworten der Erweiterung, Dynamisierung und Verschärfung diskutiert473 • 5.1 Entwicklungslinien und Meinungsstand
Ansätze in dieser Richtung ergeben sich z. T. aus dem geltenden Recht. So zeigt das Immissionsschutzrecht, wo über den traditionellen Schutzgrund465 Näher oben, ebd.; kritisch demgegenüber Hoppe I Bunse, DVBl. 1984, 1033, 1043f., die eine Bürgerbeteiligung für verfrüht halten. 466 Siehe oben, nach Fn. 393ff. 467 Selmer I Schulze-Osterloh, JuS 1981, 393, 401f. ; i. e. Büdenbender I Mutschler, Teilentscheidungen, Rdn. lllff., 295ff. 468 Zu Einzelheiten im Immissionsschutz- und Atomrecht Büdenbender I Mutschler, Teilentscheidungen, Rdn. 115ff. 469 Vgl. oben,§ 10, bei Fn. 224. 470 Hierzu oben,§ 10, bei Fn. 190f. m Hierzu oben, bei Fn. 295. 472 Siehe oben, bei Fn. 131f.; zu innerbehördlichen Vorabfestlegungen SchmidtAßmann, VVDStRL 34 (1976), S . 221, 258f. 473 Hofmann, UPR 1984, 73, 74; Rittstieg, Technische Standards, S. 162, jeweils m.w.N.
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satz der Gefahrenabwehr (§ 6 Nr. 1, 5 Nr. 1 BlmSchG) hinaus das Vorsorgeprinzip(§ 5 Nr. 2 BlmSchG) und die Entsorgungspflicht (§ 6 Nr. 1, § 5 Nr. 2, 3 BlmSchG), des weiteren auch die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen(§ 17 BlmSchG), von Beseitigungsverfügungen u. ä. (§ 20 BimSchG) und des Widerrufs von Anlagengenehmigungen Aufnahme gefunden haben, daß der punktuelle und statische Charakter des Zulassungsakts Modifizierungen erfahren hat474. Wasserrechtliche Bewilligungen und Erlaubnisse sind per se keine Formen strikter Entscheidungsbindung; vielmehr besteht hier kraft Gesetzes ein behördliches Bewirtschaftungsermessen475 ; die atomrechtliche Genehmigung ist zwar grundsätzlich eine gebundene Entscheidung, den zuständigen Stellen steht aber Versagungsermessen zu47s. Darüber hinaus wird die administrative Bindung bei der Entscheidung über umweltrechtliche Kontrollerlaubnisse als solche angezweifelt477 . Neben§ 7 AtG ist zentraler Ansatzpunkt der hierauf gerichteten Diskussion die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach §§ 4ff. BlmSchG. Als Nachfolgevorschrift früherer gewerberechtlicher Regelungen478 war ihre Einordnung als gebundene Entscheidung zunächst unbestritten. Hieran hat sich zwischenzeitlich einiges geändert. Zwei gegenteilige argumentative Ansätze in der Literatur können unterschieden werden479 . Der eine resultiert aus der keineswegs bereinigten Kontroverse über Gehalt und Wirkungsweise des immissionsschutzrechtlichen Vorsorgeprinzips4so, "einer Kategorie, die im modernen Umweltschutzrecht eine quantitative Steuerung zur zukunftsorientierten Begrenzung und Reduzierung der Gesamtemission ermöglichen soll ... " 481 . Aus seiner Verankerung in§ 5 Nr. 2 Hofmann, UPR 1984, 73, 74. Zu Vorsorge- und Bewirtschaftungserwägungen als Gegenstand der Ermessensbetätigung nach§ 6 WHG, nicht aber im Rahmen von§ 7 a WHG Henseler, Abwasserbeseitigung, S . 54; allgemein zu planersetzenden Bewirtschaftungszielen Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 107. 47 6 Zur Zulässigkeit aufgrund der besonderen Risiken und Gefahren der Kernenergienutzung BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978-2 BvL 8/77-, BVerfGE, 49, 89, 145ff.; auch Hofmann, UPR 1984, 73, 74; Breuer, Der Staat 20 (1981), 393, 406ff. ; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 107; nicht recht klar Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 164; zu Einzelfragen der gegenständlichen Erstreckung Degenhart, Kernenergierecht, S. 36f., 39. 477 Hierzu unter anderen Aspekten oben, bei Fn. 80 ff. 47 8 Begründung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drucks. 7/ 179, S . 30; Ossenbühl, VR 1983, 301, 305; Breuer, Umweltschutzrecht, S . 633, 717; Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 67 m. w.N. 479 Hierzu auch Offermann-Clas, Luftreinhaltung, S. 53 ff. 480 Vgl. hierzu instruktiv die Dokumentation zur 5. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V., Berlin 1982, S. 33ff., 73ff., 90ff.; Rengeling, Vorsorge, S . 22 m. w. N. 48 1 OVG Lüneburg, Urteil v. 24. 11. 1982- 7 OVG A 257/80 - , DÖV 1984, 34, 39; auch Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 53ff.; Schoeneberg, S . 56ff. 474 47 5
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BimSchG wird z. T. geschlossen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung diene der vorsorgenden Freiraumsicherung, -erhaltung und -Wiedergewinnung; sie habe damit einen starken planerischen Einschlag482 und impliziere Gestaltungsfreiräume. Der zweite Ansatz stellt die Vergleichbarkeit der Regelungsmaterien Wasserrecht-Immissionsschutzrecht heraus4B3; wenn es in beiden Fällen um die Bewirtschaftung begrenzt vorhandener Ressourcen gehe (Wasser/Luft), dann sei wenig einleuchtend, daß im Wasserrecht den zuständigen Stellen Bewirtschaftungsermessen eingeräumt werde, die nach dem Immissionsschutzrecht zuständigen Stellen in ihrer Entscheidungsfindung hingegen strikt gebunden sein sollen4B4. In eine ähnliche Richtung tendiert Salzwedel4 B5, freilich nicht aufgrund einer rechtsvergleichenden Sichtweise; im Wege der näheren Analyse des Verhältnisses der immissionsrechtlichen Genehmigungsvorschriften zu dem technischen Regelwerk der TA Luft (a.F.) gelangt er zu einem "unechten" Bewirtschaftungsermessen: "Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzung kann die TA Luft also keine strikt norminterpretierende, sondern nur eine Beurteilungsspielraum ausfüllende Verwaltungsvorschrift sein, die unter mehreren potentiell gesetzeskonformen Lösungen auf eine bestimmte verweist. Macht die Behörde von ihrem ,unechten' Bewirtschaftungsermessen Gebrauch, indem sie auf die Ziele und Maßnahmen eines Luftreinhalteplans 482 Feldhaus, DVBL ·1980, 133; ihm folgend VGH Bad.-Württ., Urteil v. 10. 11. 1981 - 10 S 944180 -, VBIBW 1982, 176, 177; Sellner, NJW 1980, 1257; Kutscheidt, in: Landmann I Rohmer I Kutscheidt, BimSchG, § 1 Rdn. 7; Soell, ZRP 1980, 105; Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 73f.; Martens, DVBL 1981, 602f. ; dagegen grundsätzlich Henseler, DVBL 1982, 390, 397; zum Fragenkreis auch Engelhardt, NuR 1984, 87, 90; in ähnlicher Weise wird teilweise herausgestellt, das Prinzip diene nicht nur der Verbesserung der Lebensqualität bzw. der Vermeidung von künftigen Umweltschäden (OVG Berlin, Urteil v. 17. 7. 1978- OVG I B 157.25 -, DVBL 1979, 159, 160; Kutscheidt, in Landmann I Rohmer I Kutscheidt, BimSchG, § 1 Rdn. 7; Schmölling I Mäder, GewArch 1979, 47, 48; einen bloß vorbeugenden Charakter stellt Hansmann, in: Boisseree I Oels I Hansmann I Schmitt, BimSchG, § 1, Erläuterungen zu 2, heraus; nicht ganz klar Stich I Porger, BimSchG, § 1 Rdn. 8; vgl. auch Rehbinder, BB 1976, 1, 4), es wolle vielmehr den Bestand und die Entwicklung der Industrie sichern, indem - insbesondere in Belastungsgebieten - eine volle Ausnutzung der Immissionswerte verhindert werde (Schmölling I Mäder, a. a.O, 47, 49). Anderenfalls käme es zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der ansässigen Betreiber, weil neue Anlagen genehmigungsunfähig würden (Papier, DVBL 1979, 162; vgl. auch die Amtliche Begründung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, BT-Drucks. 71179, S. 32 zu§ 6). Daneben wird auf verbesserte Eingriffsmöglichkeiten im Hinblick auf die oft schwierige Nachweisbarkeit schädlicher Umwelteinwirkungen hingewiesen (Schmölling I Mäder, GewArch 1979, 47, 48); vgl. auch Lukes, Gefahrenbeurteilung, S. 34. 483 Sendler, UPR 1983, 33, 38ff.; skeptisch gegenüber einer solchen Übertragbarkeit (auch etwa auf den Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege) wegen wasserrechtlicher Besonderheiten Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 108 m.w. N. in Fn. 311. 484 Ein Luftbewirtschaftsermessen im Rahmen des § 5 BimSchG favorisiert auch Murswiek, Staatliche Verantwortung, S . 343ff. 48s RdWWi 15 (1967), 35, 36ff., 52f.
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oder auf andere Veranlassungen zur ,besonderen Vorsorge' Bezug nimmt, verweist die TA Luft sie allerdings nicht auf einen Punkt, sondern auf eine Schiene, die bis zum Maximalstand der Technik nach § 3 Abs. 6 BimSchG reichen kann4B6." Und weiter: "Trotz der überkommenen strikten Gesetzesbindung setzt sich das nunmehr erheblich angereicherte ,unechte' Bewirtschaftungsermessen für das Medium Luft auch im Einzelfall weithin durch487 ." Sowohl die aus dem Vorsorgeprinzip hergeleitete Argumentation als auch die Auffassung vom - echten oder unechten - Bewirtschaftungsermessen sind nicht ohne Kritik geblieben. Insbesondere von Breuer488 wird der Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2 BimSchG als Gebot einer gefahrenunabhängigen Risikovorsorge im Sinne eines verschärften sicherheitstechnischen Postulats begriffen. Es richte sich wie im Atomrecht auf zweierlei, nämlich auf Risiken "unterhalb der Schädlichkeitsschwelle" und "unterhalb der Schwelle praktischer Vorsteilbarkeit eines theoretisch möglichen Schadeneintritts"489. Die Risikovorsorge der ersteren Art diene primär dem Ziel schonender Ressourcenökonomie und komme auch in Betracht, wenn eine bestimmte Immission und Emission nach Auswertung aller naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse als unschädlich angesehen werden müsse, jedoch mit Rücksicht auf eine naturwissenschaftlich-technische Mindermeinung mit einer "Restunsicherheit" behaftet bleibe. Vorsorge der zweiten Art beziehe sich auf Immissionen infolge von Störfällen, deren Eintrittswahrscheinlichkeitnach den Anforderungen des Schutzgrundsatzes in § 5 Nr. 1 BimSchG vernachlässigbar gering sei. Insgesamt stünden die Anforderungen des Vorsorgeprinzips unter dem Vorbehalt rechtsstaatlicher Verhältnismäßigkeit49o. 5.2 Beurteilung des Verhältnisses von Einzelentscheidungen zur Planung
Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des Immissionsschutz- und Atomrechts stellt eindeutig auf das herkömmliche Verständnis als gebundene Entscheidungen ab49 1 und widerstreitet damit den anhand des Vorsorgegrundsatzes und des -echten wie unechten- Bewirtschaftungsermessens begründeten Auffassungen 4 92 . Ihnen steht ohnehin das grundsätzliche Salzwedel, Probleme einer inneren Harmonisierung, S. 33, 48. Ebd., S. 49. 488 Umweltschutzrecht, S. 633, 721. 489 Näher Breuer, DVBL 1978, 829, 836f.; zum Atomrecht i.d.S. Lukes, NJW 1983, 1753, 1756f. 490 Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 721. 491 Ebd., S . 633, 721 ; im Ergebnis auch Rittstieg, Technische Standards, S. 216: lediglich "kontrollierte Rezeption" als Aufgabe der Exekutive bei der Konkretisierung gesetzlicher Genehmigungstatbestände. 486
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Bedenken entgegen, daß Planung nicht im Rahmen von Genehmigungstatbeständen erfolgen kann493: Planende, verteilende und lenkende Maßnahmen bedürfen denknotwendig einer übergreifenden, räumlich umfassenden Sicht. Gerade im Immissionsschutzrecht geht es um großflächige Ausbreitungen von Luftverunreinigungen, um Wirkungszusammenhänge verschiedenster Emissionen nicht nur mit Blick auf Ballungsgebiete und deren hohen Belastungserscheinungen, sondern auch auf noch unbelastete Gebiete, die durch weiträumige Schadstoffverteilungen tangibel sind494. Die in diesem Sinne vorsorgend-planerische Aufgabe kann nicht im Rahmen immissionsrechtlicher Genehmigungstatbestände bewältigt werden. Ihnen fehlen die vorgenannten, qualifizierenden Merkmale planenden Handelns, weil die Zulassung projektbezogen und damit punktuell orientiert, folglich einer großräumigen Betrachtung und Prüfung nicht zugänglich ist49s, vor allem aber, weil ein bestimmtes Vorhaben Gegenstand der Ent492 Skeptisch gegenüber der Annahme einer strikten Gegensätzlichkeit der Meinungen Sendler, UPR 1983, 33, 43 ; dem ist insoweit zuzustimmen, als eine vorsorgende Reduzierung von Emissionen in dem von Breuer befürworteten Sinne natürlich zumindest mittelbar auch einer gerechten "Verteilung des vorhandenen Potentials an zulässiger Umweltbelastung" zugute kommt. Gleichwohl dürfte hiermit die Problematik nur scheinbar minimiert sein, wie nachfolgend zu belegen ist. Kaum überzeugend ist jedenfalls der weitere Hinweis SendZers (a.a. O.), im Streit werde dem Umstand, daß § 6 BimSchG einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung einräume, planecisehe Elemente im Vorsorgegrundsatz aber einen Gestaltungsspielraum voraussetzten, zu großes Gewicht eingeräumt. Fraglich ist bereits, ob Rechts- oder Verwaltungsvorschritten den Vorsorgebegriff überhaupt konkretisieren könnten - wie es Sendler offensichtlich vorschwebt-, jedenfalls dann, wenn man ihn als gefahrenunabhängige Risikovorsorge begreift (Sendler, a.a.O.). Selbst wenn dies möglich sein sollte und man dem Vorschriftengeber dabei "wohl auch politische und damit gleichsam planungsinfizierte Beurteilungsspielräume" nicht abspricht, entbehrt es einer näheren Begründung dafür, daß er letztere "möglicherweise sogar in gewissem Umfang" an die vollziehende Verwaltung weitergeben können soll. Dadurch würden nicht nur Grundsätze der Normhierarchie verkehrt, indem der untergesetzlichen exekutivischen Normsetzung eine Abänderungsbefugnis hinsichtlich gesetzlicher Vorgaben eingeräumt würde; es fänden sich auch politische Entscheidungen unzulässigerweise in die Kompetenz von Vollzugsorganen transferiert. Angesichts dessen gehen Sendlers Hinweise auf Auslegungsmöglichkeiten und auf die These Salzwedels vom "Bewirtschaftungsermessen" fehl, a. a. 0., 43; Besonderheiten ergeben sich lediglich aus prozessualer Sicht, vgl. hierzu unten,§ 16, nach Fn. 928. 493 Grundlegend hierzu Ossenbühl, DVBL 1978, 1, 7ff. ; das übersieht Rittstieg, Technische Standards, S . 216; vgl. auch Schoeneberg, DVBL 1984, 929, 934. 494 Daß dies so ist, zeigt mit Deutlichkeit das Absterben ganzer Waldbereiche nicht nur in der Nähe emittierender Anlagen, sondern - eben - auch weit von diesen entfernt. 495 Das übergeht BVerwG, Urteil v. 17. 2. 1984- 7 C 8.82 -, DVBl. 1984, 4 76, 4 77 f., wenn dort gefordert wird, im Rahmen des § 5 Nr. 2 BimSchG sei auch gegen die mit dem Ferntransport von Luftschadstoffen verbundenen Immissionen Vorsorge zu treffen; so auch Feldhaus, DVBl. 1980, 133, 133, 138; anders Rengeling, DVBl. 1982, 622, 625; Sellner, NJW 1980, 1255, 1257; vgl. auch OVG Berlin, Urteil v. 17. 7. 1978- OVG I B 157.25 -, DVBl. 1979, 159, 160; im Ansatz wie hier Sander, DVBl. 1985, 269, 273, der dann allerdings Vorsorgestrategien immissionsschutzrechtlich in den Regelwerken der- anlagenbezogenen- TA Luft etc. verwirklicht sieht.
15 Erbguth
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
scheidung ist, die entweder positiv oder negativ für den Antragsteller ausgeht, ihr mithin Alternativüberlegungen bzw. räumliche Verteilungsstrategien im Hinblick auf verschiedene Anlagen oder Emittentengruppen entzogen sind496. Folglich beinhaltet das Vorsorgeprinzip, auch und gerade in seiner immissionsschutzrechtlichen Ausprägung, bedeutsame Elemente der Planung und Verteilung zum Schutze des Umweltgutes Luft. Sie vermögen indes keine Wirkung für das Genehmigungsverfahren zu zeitigen, artikulieren sich vielmehr im hierfür vorgesehenen, aufgabenadäquaten Instrumentarium der Luftreinhaltepläne nach§§ 44ff. BlmSchG, das allerdings zu einer flächendeckenden Planung weiterzuentwickeln istm. Dem stehen- entgegen Feldhaus 498 - die Gesetzesmaterialien nicht entgegen. Ihre nähere Betrachtung hinterläßt vielmehr einen ambivalenten, mithin interpretationsoffenen Eindruck. Hiernach ist das Postulat ausreichender Vorsorge "angesichts der zunehmenden Verdichtung unserer Lebensverhältnisse unabdingbar", und auch "im Interesse der Industrie selbst notwendig, um rechtzeitig zu verhindern, daß später die Errichtung neuer Industrieunternehmen wegen vorhandener bedenklicher Immissionsbelastungen untersagt werden muß" 499 • Die Äußerungen können einerseits dahingehend verstanden werden, daß gerade in verdichteten, belasteten Räumen dem Vorsorgegedanken besonderes Gewicht beizumessen ist, so daß das Prinzip "selektive und differenzierende"500 Wirkungen zeitigt, ihm folglich planerische Funktion zukommt. Andererseits kann die Formulierung "um rechtzeitig zu verhindern" als nähere Ausprägung des Vorsorgegedankens aber auch in dem- von Breuer vertretenen- Sinne einer so frühzeitig wie eben möglichen, damit generellen und gleichmäßigen Risikovorsorge mit dem Ziel einer allgemeinen Erhaltung von Reserven und Freiräumen gedeutet werden501 • Infolgedessen kann aus§ 5 Nr. 2 BlmSchG für§§ 4ff. BlmSchG lediglich das Gebot gefahrenunabhängiger Risikovorsorge im Bereich von Emissionenso2 entnommen werden, so daß die Genehmigung nicht "planulistisch "503, sondern als Rechtsfigur der Kontrollerlaubnis zu begreifen ist. 496 Allgemein in diesem Sinne Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 147; auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 102. 497 Siehe oben, bei Fn. 275. 498 Feldhaus, DVBL 1980, 133, 138. 499 BT-Drucks. 7/179, S. 32; Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 722; weiteres bei Sellner, NJW 1980, 1256; Feldhaus, DVBL 1980, 133, 138. 50o Begrifflichkeit von Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 722. 5o1 Ebd., S. 633, 722. 502 Siehe oben, bei Fn. 488 ff. soa Breuer, Umweltschutzrecht, S. 633, 722.
§ 14 Weiterentwicklung des Instrumentariums
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Ähnliches gilt mit Blick auf die erwogene Übertragung des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren5o4. Bereits von anderer Seite ist Behutsamkeit bei der Übertragung des wasserrechtlichen Systems auf andere Gebiete des Umweltrechts angeraten worden, sonst sei "die Konsequenz einer kopernikanischen Wende der grundrechtliehen Ordnung nicht mehr auszuschließen"sos. Allerdings wird anerkannt, daß Entwicklungen im Wasserrecht keine Spezifika dieses Normbereichs sind. Das Umweltrecht sei in der Tat der Sache nach Bewirtschaftungsrechtsos. Gleichwohl ist der von SendZer gewiesene Weg einer Übertragung wasserrechtlicher Bewirtschaftungstatbestände auf das immissionsrechtliche Genehmigungsverfahren nicht die zwingende Konsequenz der aufgedeckten rechtstatsächlichen und -systematischen Parallelitäten. Denn das die Grundlage der Argumentation bildende Moment der Ressourcenbewirtschaftung verlangt nach Maßnahmen der vorausschauenden Gestaltung und Verteilung. Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen bedeutet mithin Planung der Nutzung von Umweltgütern. Das zum Vorsorgeprinzip des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Gesagte gilt auch hier: Nicht vorhabenbezogene Einzelentscheidungen vermögen diese Aufgabe zu erfüllen, sondern planerische Instrumente. Die Planung ihrerseits muß Vorgabe für Genehmigungs- und ähnliche Entscheidungen sein. Hat das Bewirtschaftungserfordernis in Plänen seinen Niederschlag gefunden, ist die Einzelentscheidung an die Planinhalte gebunden, so bedarf es keiner- ohnehin sachinadäquaten- nochmaligen Bewirtschaftung: Die zutreffende Form der Entscheidung ist diejenige der (plan-)gebundenen Kontrollerlaubnis. SendZer selbst weist auf das seines Erachtens beste Beispiel im Recht der Umweltbewirtschaftung hin, nämlich auf die Lage im Bauplanungsrecht, und gerät damit in Widerspruch zu seinem gedanklichen Ansatz: Denn hier ist die Trennung zwischen bewirtschaftender - Planung durch Aufstellung des Bebauungsplans und der diesen Festsetzungen verpflichteten Entscheidung über den Bauantrag gerade in dem Sinne vorgenommen, daß ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung bauplanungsrechtlich besteht, wenn das Vorhaben den Planinhalten entspricht.
504 Sendler, UPR 1983, 73; zur wasserwirtschaftliehen Bewirtschaftung eingehend Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 147ff.; referierend Rengeling, DVBL 1984, 977, 979. 505 Ossenbühl, VR 1983, 301, 306. 5os Ebd., 301, 306, unter Berufung auf Kloepfer, Zum Grundrecht auf Umweltschutz, S. 15.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
Demnach zwingen Übereinstimmungen zwischen Wasser- und Immissionsschutzrecht nicht zu einer Neubestimmung der Genehmigung nach §§ 4ff. BimSchG. Notwendige ressourcenbezogene Bewirtschaftungsmaßnahmen haben sich auf planerischer Ebene zu vollziehen50 7, die Vorgaben für Einzelerlaubnisse liefert. Eben dieser Gedanke bildet auch den Hintergrund der Ausführungen Salzwedels zu Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung5os: "Solange z.B. kein Bewirtschaftungsplan für eine bestimmte Gewässerstrecke aufgestellt ist, mag man noch soviel kostspielige Untersuchungen darüber anstellen, wie sich eine weitere Belastung auf die Beschaffenheit des Wassers, die Sedimente, das pflanzliche und fischliehe Leben auswirken werden- den Maßstab für die Bewertung der Verträglichkeit bekommt man erst, wenn die in Aussicht genommenen Hauptnutzungsarten festgelegt sind und damit die Belastbarkeitskriterien, die nicht überschritten werden dürfen5o9." Ressourcenbewirtschaftung kann folglich nicht punktuell erfolgen, sie bedarf einer groBräumigeren Gesamtschau der Gegebenheiten und Daten, mithin der Planung, die wiederum Vorgaben für die nachfolgende Genehmigungsentscheidung liefert510. Daraus leitet sich zugleich Skepsis gegenüber dem den Behörden in wasserrechtlichen Zulassungsverfahren gesetzlich zugebilligten Bewirtschaftsermessen her. Das gilt auch dann, wenn man den wasserrechtlichen Allgemeinwohlbegriff sowohl als Rechts- als auch als Ermessensbegriff versteht511 oder die wasserrechtlichen Handlungsformen als auf einer generalisierenden, mittleren Linie zwischen dem schlichten rechtsbegrifflichen Minimaltatbestand (§ 6 WHG) und "der einzelfallbezogenen, im Wege des Bewirtschaftungsermessens konzipierbaren Optimierung des Gewässerschutzes" befindlich ansieht512. Auch hier bedingt Bewirtschaftung Planung513 . Der sachgerechtere Weg wäre mithin die Beibehaltung der Rechtsfigur der Kontrollerlaubnis, allerdings materiell angebunden an die Inhalte der wasserwirtschaftliehen Rahmenplanung, die jedoch flächendeckend auszugestalten wäre514 . 507 Allgemein in diesem Sinne vor dem Hintergrund des Vorsorgeprinzips auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S . 81, 87. 5os Probleme einer inneren Harmonisierung, S. 33, 66. 509 In diesem Sinne Schoeneberg, S. 106; ähnliche Überlegungen zu forstrechtlichen Maßnahmen finden sich bei Weyreuther, Situationsgebundenheit, S. 139. 510 Ansätze i.d.S. bei Hofmann, UPR 1984, 73, 74, dort auch zurunklaren Verknüpfung zwischen atomrechtlicher Genehmigung und der Ortsplanung; hierzu auch Schoeneberg, S. 49 m. w. N. m Salzwedel, RdWWi 15, 35, 49ff., 52f. 512 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 82, 84. 513 Siehe oben, bei Fn. 493 ff. 514 Hierzu oben,§ 10, nach Fn. 139; auch Schoeneberg, DVBl. 1984, 929, 934.
§ 15 Verrechtlichung technischer Regelwerke
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Entsprechendes beansprucht für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren Berücksichtigung515 . In diesem Bereich bedarf es gleichfalls planerischer Vorabentscheidungen für die nachfolgende vorhabenbezogene Kontrollstufe516. Gegenstand des Versagungsermessens wären dann nur besondere technische Risiken der Einzelanlage, nicht aber Gefahren der Kernenergienutzung als solche517. Insgesamt gesehen sind daher sowohl die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als auch jene des Atomrechts als - gebundene - Kontrollerlaubnisse anzusehen. Vorsorgegeboten ist planerisch Rechnung zu tragen. Das verlangt de lege ferenda nach einem Ausbau der Luftreinhalteplanungsls, atomrechtlich nach Einführung einer kernenergierechtlichen Bedarfs- und Standortplanung519. Ebensowenig kann sich Ressourcenbewirtschaftung im Umweltrecht punktuell in einzelfallbezogenen Zulassungsverfahren vollziehen. Dementsprechend sollte die Rechtsfigur des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens bei Erlaubnissen und Bewilligungen zugunsten einer Plangebundenheit der Einzelentscheidungen aufgegeben werden.
§ 15 Weiterentwicklung durch Verrechtlichung
technischer Regelwerke
Die Überlegungen zur Weiterentwicklung des Umweltrechts beschränken sich nicht auf die vorangegangene Behandlung systematischer, rechtsgebietinterner Fragestellungen1 . Erörterungsbedürftig sind darüber hinaus allgeVgl. nur Wahl, DVBl. 1982, 51, 60. Tendenzen in dieser Richtung finden sich in d~_r Rechtsprechung, vgl. OVG Lüneburg, Urteil v. 24. 11. 1982- 7 OVG A 257/80 - , DOV 1984, 34, 34, zur Fr age flächendeckenden Strahlenschutzes. 5P So aber bislang die überwiegende Auffassung BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978 2 BvL 8/77-, BVerfGE 49, 89, 145ff.; Breuer, Der Staat 20 (1981), 393, 406ff. m.w.N. 518 Siehe oben, bei Fn. 275. 519 Verbunden mit der - bereits weitgehend vorhandenen - Standortsicherung durch die Raumordnung und Landesplanung, Degenhart, Kernenergierecht, S. 201, 247; vgl. auch Friauf, Kernkraftwerke, S. 63, 69ff., gegen Blümel, 3. Dt. Atomrechtssymposium, S. 33, 38ff. ; auch Rittstieg, Technische Standards, S . 167 ff., sowie- tend enziell- OVG Lüneburg v. 24. 11. 1982, a .a.O., 36; ob es - darüber hinaus - der Einführung einer fachgesetzlichen Planfeststellung bedarf (so Friauf, a. a . 0 ., S. 73 ff.; Degenhart, Kernenergierecht, S. 247; hierzu auch Holzhauser, Standortvorsorge, S. 176ff.), spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, weil ein solches Instrument projekt- und durchführungsbezogen, nicht aber großräumig ausgerichtet ist; hierzu bereits oben, § 10, bei Fn. 171f.; vgl. i. ü. Dienes, Recht der Elektrizitätswirtschaft 1981, 42 ; Dolde, NJW 1983, 792 ; zur allgemeinen Problematik aus haurechtlicher Sicht Hoppe, DVBl. 1982, 913; Kröncke, UPR 1982, 10; gegen letzteren MeyerWöbse, UPR 1982, 112. I Vgl. oben,§ 2, bei Fn. 2. 515 516
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
meine, rechtsgebietumgreifende Problemlagen im Umweltrecht2 • Insofern wird zunächst der Frage einer - stärkeren - Verrechtlichung technischer Regelwerke nachgegangen, während sich die anschließenden Erörterungen mit Problemen des Rechtsschutzes im Umweltrecht befassen (hierzu § 16 der Untersuchung). Die rechtliche Einordnung technischer Regelwerke als "antizipierte Sachverständigengutachten"3 findet sich zunehmend in Frage gestellt. Tatsächlich scheitert eine Qualifizierung der TA Luft und der TA Lärm als Sachverständigengutachten daran, daß für ihre Abfassung neben technischem Sachverstand, der u.a. durch Verweise in den Technischen Anleitungen auf VDI-Richtlinien eingebracht wird4, vor allem politische, volitive Einschätzungen ausschlaggebend sind5. DIN-Normen und VDI-Richtlinien (u.ä.m.) sind zwar technische Regeln im eigentlichen Sinne6 • Gleichwohl wird auch bei diesen die Rechtsfigur des antizipierten Sachverständigengutachtens verworfen, weil eine sachverständige Äußerung, die nicht aufgrund einer entsprechenden Bestellung zum Sachverständigen durch das Gericht erfolge, in keinem Fall einen Sachverständigenbeweis i. S. d. Prozeßrechts darstellen könne. Der Rückgriff auf allgemein zugängliche technische Regelwerke sei vielmehr als Handhabung des prozeßrechtlichen Instruments des Urkundsbeweises zu verstehen7. Der Hinweis auf das Fehlen einer ausdrücklichen prozessualen Bestellung ist freilich allein kaum ausreichend, die These vom antizipierten Sachverständigengutachten in Frage zu stellen; denn ihr geht es gerade um keine unmittelbare Heranziehung der prozessualen Vorschriften über Sachverständiges. Ausschlaggebend ist daher, ob die technischen Regelwerke die
Auch dazu oben, § 2, bei Fn. 3. Hierzu oben,§ 8, bei Fn. 37. 4 Einzelheiten bei Rittstieg, Technische Standards, S. 66ff., 75. 5 Eingehend Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 90ff.; Nicklisch, NJW 1983, 841, 842; dies gilt insbesondere für die Neufassung der TA Luft, gerade auch im Hinblick auf die Sanierungsklauseln (Nr. 2.2.1.1 b und 2.2.1.2 b), Kutscheidt, NVwZ 1983, 581, 582, 584; wohl auch Henseler, a.a.O., S. 9lf.; aber auch im Wasserrecht, Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 108f.; Henseler, a.a.O., S. 92f.; allgemein Hofmann, UPR 1984, 73, 78; vgl. i.ü. Brohm, NJW 1984, 8, 10f.; "In anderen Fällen verdecken offene Formeln die mangelnde Einigung der maßgeblichen parlamentarischen Gruppen oder das Bestreben des Gesetzgebers, die Entscheidung bis zu einer besseren Prahlernerkennung hinauszuschieben. In der Zwischenzeit ist es dann Sache der Verwaltung und der Gerichte, diese Formeln im Wege der Auslegung bzw. der Gesetzesergänzung oder auch der Lückenfüllung mit einem konkreten Inhalt zu versehen", Brohm, a .a.O., 11. s .Zweifelnd Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 90 f. 7 Nicklisch, NJW 1983, 841, 849; abweichend VG Schleswig, Urteil v. 17. 3. 198010 A 512/76 -, NJW 1980, 1296, 1298. s Vgl. Breuer, NJW 1979, 1862, 1867. 2
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§ 15 Verrechtlichung technischer Regelwerke
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materiell-rechtlichen Anforderungen eines Sachverständigengutachtens erfüllen. Hinsichtlich der Sachkunde ist dies allgemein anerkannt9 . Teilweise werden auch die weiteren Maßgaben der Objektivität und Unparteilichkeit bejaht. Etwaigen Bedenken aufgrund der Mitwirkung von Vertretern aus dem Wirtschaftsbereich10 bei der Abfassung der Regeln könne dadurch Rechnung getragen werden, daß sie hinsichtlich ihrer Tätigkeit in den Gremien persönlich unabhängig gestellt würden, des weiteren durch Befangenheitsvorschriften, eine ausgewogene Zusammensetzung des Expertengremiums, die Einräumung von Einwendungsbefugnissen potentiell betroffener Dritter und durch die Pflicht zur Begründung und Dokumentation des Regelwerksll. Demgegenüber sind Zweifel angebracht. Nicht ersichtlich ist, wie die Position der persönlichen Unabhängigkeit- zumindest faktisch- sichergestellt werden kann. Überdies steht kaum zu erwarten, daß die persönlich unabhängige Stellung der Vertreter interessierter Wirtschaftsunternehmen in den Gremien ein Denken pro domo ausschließt. Einwendungsbefugnisse Dritter sowie Begründungs- und Dokumentationspflichten sind i. ü. keine Instrumente der Verhinderung einseitiger Interessenvertretung. Sie dienen ganz anderen rechtlichen Postulaten, nämlich der rechtsstaatliehen Transparenz des Verfahrensablaufs und seines Ergebnisses, mithin der Überprüfbarkeit der Regeln. Eine pluralistische Zusammensetzung der jeweiligen Gremien vermag zwar eine gewisse Unparteilichkeit - oder besser: Überparteilichkeit sicherzustellen. Interessenpluralismen implizieren jedoch zugleich die Notwendigkeit von Kompromissen 12. Gefragt wird, was technisch möglich und ökonomisch sinnvoll ist; es werden also eher finanzierbare Lösungen technischer Problemstellungen gesucht, nicht aber steht die Realisierung normativer Schutzzwecke im Vordergrund13. An der unzureichenden Objektivität und Unparteilichkeit scheitert folglich die Annahme eines - antizipierten- Sachverständigengutachtens. Technische Regelwerke können daher verwaltungsverfahrensrechtlich wie verwaltungsgerichtlich lediglich als Erfahrenssatz dergestalt berücksichtigt werden, daß die in den abstrakten Festlegungen " . .. postulierten technischen Anforderungen den durch sie konkretisierten technischen StanVgl. Nicklisch, NJW 1983, 841, 848; Rittstieg, NJW 1983, 1098, 1099. Hierzu Bender, NJW 1978, 1945, 1951; eingehende Analyse bei Rittstieg, Technische Standards, S. 82ff., 119ff. u Nicklisch, NJW 1983, 841, 847 f. 12 Rittstieg, NJW 1983, 1098, 1099; ders., Technische Standards, S. 206ff. 13 Rittstieg, NJW 1983, 1098, 1099. 9
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
dard zutreffend wiedergeben"l4. Sofern sie auf gesetzeskonforme Konkretisierung ausgelegt sind, eine vollständige Verarbeitung des wissenschaftlichtechnischen Erfahrungsmaterials erfolgt ist, institutionelle Garantien für eine problemadäquate Zusammensetzung und Verfahrensweise bei der Festlegung der technischen Regeln oder Grenzwerte gegeben sind, letztere eindeutig und aktuell sind und staatliche Stellen mitgewirkt sowie das Verfahren kontrolliert haben, kommt den Regeln die Bedeutung eines Anscheinsbeweises zul5. In diesem Sinne wird auch die Beachtlichkeit der- neugefaßten- TA Luft für die Gerichte aus der Tatsache abgeleitet, daß sie aufgrund naturwissenschaftlich-fachlich gewonnener Erkenntnisse in einem gesetzlich vorgesehenen Verfahren unter Mitwirkung der hierzu berufenen obersten Stellen der Exekutive erlassen worden istl 6 .
Die Qualifizierung als Anscheinsbeweis bedeutet, daß die richterliche Sachaufklärungspflicht grundsätzlich keine eigenständige Überprüfung der technischen Festlegungen auf Verdacht erfordert und daß im Falle des nonliquet die abstrakten technischen Regeln dem Individualgutachten vorgehen. Allerdings hat der Anscheinsbeweis-anders als das Sachverständigengutachten- keine beweisschaffende Wirkungl7. Gleichwohl ergeben sich im Ergebnis gegenüber der Auffassung vom "antizipierten" Sachverständigengutachten keine wesentlichen Unterschiede18: So sind nach beiden Sichtweisen beispielsweise die Werte der TA Luft gerichtlicherseits nicht beachtlich, wenn sich aufgrund neuerer Erkenntnisse ergibt, daß die ihnen zugrundeliegenden naturwissenschaftlichen Annahmen überholt sind, oder wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das Meßverfahren zur Ermittlung der nach TA Luft maßgeblichen Werte: "Und daraus ergibt sich, daß dieses Verfahren als Teil der notwendigen Sachverhaltsermittlung dem Richter weder gleichgültig sein kann, noches-bei aller Respektierung der insoweit der Verwaltung zukommenden Ermessensspielräume-für ihn tabu ist; er kann dieses Verfahren nur dann seiner Entscheidung zugrunde legen, wenn es auch im entscheidenden Einzelfall eine zureichende Tatbestandsfeststellung erlaubtl9."
Ebd., 1098, 1100. Ebd., 1098, 1100; hierzu und zum nachfolgenden die eingehende Auseinandersetzung bei Heinrich, Beweislastnorm. 16 Kutscheidt, NVwZ 1983, 581, 584. 17 Rittstieg, NJW 1983, 1098, 1100. 1a Rittstieg, Technische Standards, S. 212ff., 215, selbst. 19 Kutscheidt, NVwZ 1983, 581, 584. 14 15
§ 15 Verrechtlichung technischer Regelwerke
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Nicht nur deshalb bedarf die Diskussion- und auch eineneuere Tendenz, Regelwerken eine normkonkretisierende Funktion mit freilich unklarer Bindungswirkung zuzuschreiben20 - keines vertieften Eingehens. Es handelt sich ohnehin um rechtliche Status quo-Beurteilungen, die auf Dauer kaum haltbar sein werden21. Der Vorbehalt des Gesetzes gebietet, daß der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst trifft22 . Das bedeutet zum einen, daß die Schutzziele der Gesetze, Prioritäten in der Abwägung zwischen Ökonomie und Ökologie sowie das generelle Umreißen von Risiken und Sicherheitsstandards durch Gesetz bestimmt bzw. Gesetz werden müssen 23, mögen auch inhaltlich Vorarbeiten seitens der Naturwissenschaft sachlich geboten sein24 • Die Konkretisierung von Grenzwerten und technischen Regeln entzieht sich zwar aufgrund der ihnen eigenen Dynamik einer gesetzlichen Fixierung25, weil diese eine flexible und rasche Anpassung an technische Weiterentwicklungen ausschlösse; auch kann "die höchste Legitimation mit dem geringsten Sachverstand zu verbinden, ... nicht das rechtspolitische Nonplus-ultra sein" 26. Gleichwohl darf der Gesetzgeber diesen Vorgang wegen seiner Bedeutsamkeit nicht unter Umgehung der Rechtsverordnungsstufe an den Rechtsanwender weitergeben, selbst dann nicht, wenn zwar eine Verordnungsermächtigung besteht, aber hiervon kein Gebrauch gemacht worden ist27. Eine solche Sichtweise ist auch in der Rechtsprechung ange20 BVerwG, Urteil v. 19. 12. 1985- 7 C 65.82 -, DVBL 1986, 190, 196; dazu Rengeling, DVBL 1986, 265, 268. 21 Vgl. hierzu Henseler, AöR 108 (1983), 489, 493; deutlich Hofmann, UPR 1984, 73, 78, der den gegenwärtigen Zustand als rechtsstaatliches Skandalon bezeichnet; allgemein in diesem Sinne Bender, NJW 1978, 19451. 1948, 1950, 1952; kritisch auch W. Schmidt, Einführung, Rdn. 75; auch Eberle, DOV 1984, 485, 488, 492; Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 86. 22 BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978-2 BvL 8177 -, BVerfGE 49, 89, 126 f.; Beschluß v. 20. 10. 1981 - 1 BvR 640/80 - , BVerfGE 58, 257, 268; zum Atomrecht Hofmann, BayVBl. 1983, 33, 37 ; auch Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S . 71 ; Rittstieg, Technische Standards, S. 140ff.; zur Wesentlichkeitstheorie und ihren Auffächerongen Eberle, DÖV 1984, 485; Erichsen, DVBL 1985, 22, 26ff.; grundsätzlich Erichsen I Martens, in: dies., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 129, 196f.; auch J. Ipsen, DVBI. 1984, 1102, 1105. 23 Ossenbühl, DÖV 1982, 833, 839; vgl. Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 225, 232; auch Roßnagel, NVwZ 1984, 137, 141f. 24 Entscheidend ist der legislative Entscheidungsvorbehalt, überpointiert daher H. Wagner, NJW 1980, 665,667. 25 So bereits Breuer, Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz, Rdn. 49; auch Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 86 2s Salzwedel, Abwasserbeseitigung, S. 101, 108. 27 Ossenbühl, DÖV 1982, 833, 835; aus wirtschaftspolitischer Sicht deutlich in diesem Sinne auch Stütze!, FAZ v. 7. 8. 1982, S. 11 : "Es fehlt nicht an Bürgerbereitschaft, staatliche Umweltschutzauflagen zu aktzeptieren. Wohl aber fehlt es seit etlichen Jahren mehr und mehr an dem gebotenen Politiker-Mut, Umweltnormen hinreichend konkret und prozeßverläßlich zu definieren". Zur atomrechtlichen Strahlen-
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
legt. So hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahre 197828 unter Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht29 zur TA Luft 1964 ausgeführt, es seilediglich - "gegenwärtig" verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Genehmigungsvoraussetzungen seinerseits nur mit ausfüllungsbedürftigen Begriffen umschreibe und für den Erlaß ergänzender Verwaltungsvorschriften ein Verfahren vorsehe, das für die Ermittlung zurnutbarer Immissionsgrenzwerte die Berücksichtigung der wesentlichen Gesichtspunkte erwarten lasseJo. Infolgedessen bedarf es des Konkretisierungsaktes in Form der RechtsverordnungJl - bei Immissionswerten auch hinsichtlich des Meßverfahrens32 -, auf deren Inhalt der Gesetzgeber einmal durch die gesetzliche Ermächtigung Einfluß zu nehmen vermag, des weiteren aber auch im Wege der Ausgestaltung als ZustimmungsverordnungJJ. Indem bei deren Erlaß die Mitwirkung des Parlaments in Form schlichten Beschlusses erforderlich ist, wird zugleich der Forderung nach einer Verstärkung der parlamentarischen Vollzugskontrolle Rechnung getragen34. Rechtsverordnungen entsprechen prinzipiell den Flexibilitätsanforderungen des technischen Umweltrechts, ggf. ist an eine Begrenzung ihrer Geltungsdauer zu denken35. Lediglich die Festlegung sich besonders schnell ändemder Detailfragen technischer Art kann Verwaltungsvorschriften überlassen werden, so insbeSchutzverordnung insoweit BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978-2 BvL 8/77 - , NJW 1979, 359, 362; allgemein zum Problembereich Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 433ff.; anders Rittstieg, Technische Standards, S. 142, solange der Erkenntnisstand von Wissenschaft und Technik im Atom- und Immissionsschutzrecht nicht abgeschlossen sei. 28 BVerwG, Urteil v. 17. 2. 1978-1 C 102.76-, BVerwGE 55, 251, 255. 29 BVerfG, Beschluß v. 3. 2. 1975- BvR 454/74 -. 30 Hierzu deutlich auch Erichsen, DVBl. 1985, 22, 27. 3I So andeutungsweise auch BVerfG, Beschluß v. 8. 8. 1978 - 2 BvL 8/77 -, BVerfGE 49, 89, 137. 32 Rittstieg, Technische Standards, S. 211ff. m . w.N.; zutreffend Henseler, Abwasserbeseitigung, S. 93ff., gegen eine Auflösung der Unterscheidung zwischen- internen- Verwaltungsvorschriften und Regelungen des Außenrechts; zutreffend daher die Kritik an der Auffassung,§ 48 BlmSchG sei als Gewährleistung eines administrativen Beurteilungsspielraums anzusehen, a.a.O., S. 93ff., gegen Sendler, UPR 1981, 1, 13; Feldhaus, UPR 1982, 137, 146; Sellner, BauR 1980, 391, 404; Krebs, VerwArch 70 (1979), 259, 263, 271; vgl. demgegenüber zu Recht Erichsen, Festschrift H. J . Wolff, S . 219, 236ff.; zu möglichen Modifizierungen Henseler, a.a.O., S. 94ff. 33 BayVGH, Urteil v. 7. 7. 1983 - Nr. 22 N 82 A 772-, DVBl. 1983, 1157, 1159, zum bay. Landesentwicklungsprogramm; allgemein Ossenbühl, DÖV 1982, 841 ; entsprechendes gilt im Anwendungsbereich des Art. 28 Abs. 2 GG, vgl. BayVGH, a. a. 0., 1160; zum Erlaß einer Reaktorsicherheitsverordnung Rittstieg, Technische Standards,S. 226ff. 34 Rittstieg, Technische Standards, S . 158. 35 Hofmann, UPR 1984, 73, 83; insoweit- für das Atomrecht-auch Degenhart, Kernenergierecht, S. 211ff.; skeptisch lediglich Rehbinder, Allgemeines Umweltrecht, S. 81, 86, allerdings ohne Berücksichtigung der Zustimmungsverordnung.
§ 15 Verrechtlichung technischer Regelwerke
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sondere in Fällen besonderer "Dynamik" von Sicherheitsanforderungen (etwa im Kernenergierecht). Hinreichender Sachverstand sollte durch die Hinzuziehung beteiligter Kreise gewährleistet werden; §51 BlmSchG hat insoweit Vorbildcharakteras. Solcherart wäre sowohl rechtsstaatliehen Anforderungen der Gewaltenteilung als auch Geboten einer hinreichenden Flexibilität des technischen Umweltrechts durch Verordnungserlaß und flankierende Setzung innerbehördlichen Rechts Genüge getan37 . Insoweit erwächst absehbar eine Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers. Auch wenn man der einschränkenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt, das eine solche legislative Indiepflichtnahme nur in Evidenzfällen annimmt38, so nimmt diese Augenscheinlichkeit aufgrunddes anhaltenden Bedeutungszuwachses technischer bzw. naturwissenschaftlicher Vorgaben des Umweltrechtsag und des dargestellten Standes der Diskussion merklich zu4o.
Zwischenergebnis Aus vertikaler Sicht ergibt sich: - Das planende Instrumentarium weist Lücken der Konkretisierungsstufen im Immissionsschutz- und Wasserrecht auf. Diese sollten durch Einführung einer landesweiten Planungsstufe in die Gesetze geschlossen werden. - Einer allgemeinen Bindungswirkung von Umweltplänen stehen Bedenken vornehmlich deshalb entgegen, weil dadurch die querschnittsorientierte Abstimmungsaufgabe der Raumordnung und Landesplanung in Frage gestellt würde. Bedenklich ist auch das Übergreifen von Planungsmitteln auf die Ebene der Einzelentscheidungen. So verbietet sich im Ergebnis eine Festsetzung 36 Damit würde auch den Bedenken Salzwedels und Rittstiegs gegen eine rechtssatzförmige Festschreibung Rechnung getragen, vgl. Abwasserbeseitigung, S. 101, 107f. und Technische Standards, S. 90f.; weitergehende Vorschläge, etwa zur Errichtung von Expertengremien mit der Kompetenz zur Schaffung rechtsverbindlicher technischer Normen (etwa Lukes, NJW 1978, 241; ders., Vorsorge, S. 49, 70 ; ders., Regelung, S. 81, S5), werden als verfassungsrechtlich nicht unbedenklich angesehen, vgl. Rittstieg, Technische Standards, S. 230ff., dort auch zu weiteren Vorschlägen. 37 Ein er - zusätzlichen - Vermutungsregel (vgl. Rittstieg, Technische St andards, S. 241 ff.) b edarf es angesichts eingeschränkter gerichtlicher Kontrollmöglichkeiten nicht, hierzu unten,§ 16, nach Fn. 928. 38 Beschluß v. 10. 1. 1981- 1 BvR 612/72 -, BVerfGE 56, 54, 70ff., 80; Rittstieg, Technische Standards, S. 145; auch Steinberg, NJW 1984, 457, 460 ; J. lpsen, DVBl. 1984, 1102, 1105; Erichsen, DVBl. 1985, 22, 27. 39 Zur aktuellen D iskussion über eine TA Boden vgl. oben , § 8, in Fn. 4 . 40 Anders im Ergebnis Rittstieg, Technische Standards, S. 145, allerdings ohne n ähere Begründung.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
von Immissions- bzw. Emissionswerten in Bebauungsplänen. Anderenfalls kommt es nicht nur zu einem Verstoß gegen das Prinzip planerischer Typisierung, sondern auch zu einem unzulässigen Eingriff in den immissionsschutzrechtlichen Aufgabenbereich. Entsprechendes folgt aus allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlicher Planung. Vertikale Aufgliederungsmöglichkeiten von Einzelentscheidungen des Umweltrechts dienen einer stufenweisen Abschichtung und Abarbeitung vielfach komplexen Problemstoffs (vertikale Dekonzentration), darüber hinaus der Gegensteuerung von Verfestigungserscheinungen aufgrund informalen Verwaltungshandeins durch frühzeitigen Einsatz des Verwaltungsverfahrensrechts. Jenseits spezialgesetzlicher Regelungen sind Stufungen dieser Art kraft allgemeinen Verwaltungsrechts bei Kontrollerlaubnissen grundsätzlich ermöglicht. Im Hinblick auf Planfeststellungstatbestände steht der Gesamtentscheidungsgrundsatz - allerdings in einem differenzierenden Verständnis- einer Aufgliederung in Teil-Planfeststellungsbeschlüsse entgegen. Möglich ist jedoch der Erlaß von Planfeststellungsvorbescheiden, so daß auch insoweit eine verwaltungsverfahrensrechtliche Reaktion auf Vorverhandlungsstrategien eröffnet ist. - Ebenso wie Planungsmitteln ein Übergriff in den Aufgabenbereich von Einzelentscheidungen verwehrt ist (s.o.), sind letzteren Elemente der Planungsstufe fremd. Vorsorgestrategien des Umweltschutzes wie auch Ressourcenbewirtschaftungen können sich nicht punktuell im Rahmen von Kontrollerlaubnissen vollziehen, sondern sind auf der vor- und übergeordneten Planungsebene anzusiedeln. Daraus folgt zum einen, daß sowohl die immissionsschutzrechtliche als auch die atomrechtliche Genehmigung gebundene Entscheidungen sind; de lege ferenda gilt dies auch für wasserrechtliche Bewilligungen und Erlaubnisse. Zum anderen leitet sich hieraus die Forderung nach Einführung einer atomrechtlichen Bedarfsund Standortplanung und nach Erweiterung des immissionsschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Planungsinstrumentariums ab. Technische Standards sind rechtlich nicht als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, sondern haben die Qualität von Anscheinsbeweisen. Der Gesetzesvorbehalt gebietet freilich künftig ihren Erlaß als Zustimmungsverordnung. Lediglich Detailfragen können der Regelung durch Verwaltungsvorschriften vorbehalten bleiben.
§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen im Umweltrecht Rechtsschutzfragen stellen sich unterschiedlich ausgeprägt in allen Rechtsgebieten1 , sie sind freilich im Umweltrecht von besonderer- und vermutlich zunehmender- Brisanz. Das zeigt beispielsweise der Widerstand weiter Bevölkerungskreise gegen nahezu jedes neue Vorhaben, bei dessen Durchführung schädliche Umwelteinflüsse befürchtet werden, der sich in weitreichenden Auseinandersetzungen zwischen der Betreiberseite bzw. den zuständigen Verwaltungsstellen und den Bürgern innerhalb der anlagenbezogenen Zulassungsverfahren sowie in zahlreichen verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren dokumentiert2. Relevanz und Problemvielfalt umweltrechtlichen Rechtsschutzes verdeutlichen überdies umfängliche monographische Abhandlungen jener Fragen im rechtswissenschaftliehen Schrifttum3. Ungeklärte und umstrittene Problemlagen des Rechtsschutzes im Umweltrecht begründen daher ebenfalls die Notwendigkeit von Weiterentwicklungen des Rechtsgebiets - und zwar im Sinne eines Problemlösungsbedarfs4. Die nachfolgenden Überlegungen wenden sich den insoweit zentralen Fragestellungen zu. Nach einleitenden und den Rechtsstoff ordnenden Darlegungen stehen im Mittelpunkt der Erörterung das Problem der Klagebefugnis Drittbetroffener im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und der Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren. 1. Vorbemerkungen zum Rechtsschutz im Umweltrecht
Rechtsschutzfragen wurden und werden vielfach in der Beschränkung auf Eröffnung und Umfang gerichtlichen Rechtsschutzes diskutiert. Im Rahmen des Vorgehens gegen staatliches Handeln ist diese Betonung prozessualer Möglichkeiten erklärbar und verständlichangesichtsder grundgesetzliehen Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG und des inzwischen ausgebauten Systems verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes. Gleichwohl hat neben dem gerichtlichen Verfahren das Verwaltungsverfahren5 an Bedeutung gewonnen, verstanden als jede auf den Erlaß einer 1 Zur Straßenplanung etwa Hoppe I Schlarmann; zur kommunalen Gebietsreform Hoppe I Rengeling, Kommunale Gebietsreform. 2 Instruktiv Henle, BayVBl. 1981, 1. 3 Vgl. nur Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen; C. Weidemann, Rechtsschutz; jüngst umfassend Beckmann, Rechtsschutz. 4 Hierzu oben, § 2, bei Fn. 12. 5 In einem weiteren, nämlich über § 9 VwVfG hinausgehendem Sinne, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 2.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
Entscheidung, die Vornahme einer sonstigen Handlung oder den Abschluß eines Vertrages gerichtete Tätigkeit der Verwaltungsbehörden6. So gewinnen verwaltungsverfahrensrechtliche Teilhabeformen des einzelnen begünstigt durch die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts7 - unter rechtsschützenden Gesichtspunkten an Stellenwert8 • Der Verfahrensablauf bei der Anlage von Großvorhaben-etwa des Immissionsschutz-, Atom- oder Abfallbeseitigungsrechts - hat in Praxis, Rechtsprechung und Literatur die Einsicht in die Bedeutung bürgergerichteter Beteiligungsformen wachsen und ihre Einbindung in den Entscheidungsablauf als nicht nur zweckmäßig, sondern auch rechtlich geboten erscheinen lassen. Schwierigkeiten der näheren rechtlichen Erfassung ergeben sich insbesondere bei sog. hochkomplexen Verwaltungsvorgängen. Letztere sind gekennzeichnet durch technisch-naturwissenschaftliche Vorgaben, komplizierte technische Prognosen, insbesondere aber durch ein Geflecht von Vorentscheidungen und flankierenden Maßnahmen, das wechselseitige Rückkoppelungen bewirkt9. Dementsprechend ist nicht nur eine Vielzahl von Beteiligten betroffen; deren Belange sind auch nicht gleichgerichtet oder schlicht gegenläufig, sondern vielfältig verflochten: " ... und dieser Breitenwirkung korrespondiert auf Seiten der Verwaltung eine Tiefenwirkung, die hinter der letztentscheidenden Behörde andere Verwaltungsträger sichtbar macht und so Verwaltungsorganisation und Verwaltungsinnenbereich in den Blick rückt"lo. Obwohl in diesem Zusammenhang noch vieles im Fluß ist, zeigt doch ein Durchmustern der einschlägigen Stellungnahmen, daß sich zunehmend neben verwaltungsprozessualen Rechtsschutzmöglichkeiten solche verwaltungsverfahrensrechtlicher Art hervorgehoben finden. Die hiermit verbundenen grundsätzlichen Fragen sind zunächst zu behandeln, bevor auf dieser Grundlage näheren Einzelheiten und Problemen nachgegangen werden kann.
Gerichtlicher Rechtsschutz erschließt sich - neben verfassungsprozeßrechtlichen Möglichkeiten- über die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung mit ihrer weitgefächerten Palette an Klagemöglichkeiten und deren variierenden Zugangskautelenll. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 1. BVerfG, Beschluß v. 20. 12. 1979- 1 BvR 385177 -, BVerfGE 53, 30; hierzu näher unten, bei Fn. 752ff. 8 Grundrechtsverwirklichung durch Organisation und Verfahren, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 9; instruktiv Sondervotum, BVerfGE 53, 30, 69 ff., 72 f.; auch Degenhart, Kernenergierecht, S. 205 ff. 9 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 224; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 77, 86; eingehend Hoppe, Festgabe BVerwG, S. 295. 10 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 224; Weyreuther, Situationsgebundenheit, S . 19; Schoeneberg, S. 25ff. 6 7
§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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Zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung im letzteren Sinne ist die in Wellenbewegungen immer wieder problematisierte Klagebefugnis, vornehmlich in Fällen des Vorgehens sog. Drittbetroffener-auch und gerade- im Umweltrecht. Während die herkömmliche Auffassung der Schutznormtheorie verhaftet ist, die lediglich eine gewisse Auflockerung durch verfassungsrechtliche "Einbruchstellen" des Art.14 GG und durch das allgemeine Rücksichtnahmegebot erfährt, gehen jüngere Tendenzen in der Literatur, aber auch erste Ansätze in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts über die Grenzen der bisherigen, auf die Verhinderung von Popularklagen gegründete Ableitung subjektiv-öffentlicher Rechtspositionen im Rahmen des§ 42 Abs. 2 VwGO hinaus. Hierauf wird näher einzugehen seinl2. Zunehmend praktische Bedeutung gewinnt daneben - ebenfalls für den umweltrechtlichen Rechtsschutz -das Normenkontrollverfahren des § 47 VwGO. Gründe für diese Entwicklung liegen nicht nur darin, daß die Normenkontrollfreundlichkeit der Bundesländer gewachsen ist, die Ausführungsgesetze zur Verwaltungsgerichtsordnung ':'ielfach für das jeweilige Land die Prüfgegenstände des§ 47 Abs.l VwGO erweitert haben. Sie dürften auch in der nicht auf das Vorbringen einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte beschränkten Antragsbefugnis nach § 47 VwGO zu finden sein; denn nach der Rechtsprechung reicht insoweit der Vortrag einer bereits eingetretenen oder doch absehbaren Beeinträchtigung sonstiger Belange des Antragstellers ausl3. Umfangreichen Diskussionsstoff bietet im Rahmen der prozessualen Begründetheitsprüfung bei Klage- bzw. Normenkontrollverfahren Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolldichte14. Wie bereits angedeutetls, sind weite Felder der Verwaltungstätigkeit einer umfassenden verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Dies gilt insbesondere für Planungsmaßnahmen. Hier hat sich die für das Recht der Bauleitplanung entwickelte, inzwischen auf fachplanerische Aktionsfelder und in Ansätzen auf die Raumordnung und Landesplanung übertragene Abwägungsfehlerlehre in Rechtsprechung und Literatur durchgesetztJ6. Deren Anforderungen an die planerische Abwägung als Vorgang und Ergebnis wirken sich als Grenzen verwaltungsgerichtlicher Kontrollbefugnisse aus. Allerdings finden sich im jüngeren Schrifttum kritische Stimmen, die nicht nur die gesonderte Überprüfung des Abwägungsergebnisses anband der Maßstäbe der Abwägungs11
Kontrolleröffnung, Hoppe, Festgabe BVerwG, S . 295, 296.
12 Siehe unten, bei Fn. 450 ff. 13 Vgl. hierzu unten, bei Fn. 399ff.
Hoppe, Festgabe BVerwG, S. 295, 296. Vgl. oben,§ 1, bei Fn. 23; zu§ 1 Abs. 6 BBauG insoweit Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 285. 16 BVerwG, Urteil v. 30. 4. 1969- IV C 6.68 -, DVBl. 1969, 697; Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 290ff. 14
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
fehlerlehre für unzutreffend halten, sondern auch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen allgemeinem Verwaltungsermessen und planerischem Gestaltungsspielraum in Frage stellent7. Gerade im technischen Umweltrecht erfährt die gerichtliche Nachprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen jenseits aller Feinheiten rechtlicher Auseinandersetzung zudem Begrenzungen, die in der Natur der Sache selbst liegen. Technische Spezifika entziehen sich schon aus Gründen richterlicher Vorkenntnis und Ausbildung einer dezidierten judikativen Erfassung. Die Unsicherheiten bei der rechtlichen Einordnung technischer Regelwerke, die an anderer Stelle beschrieben worden sindta, werfen hierauf ein bezeichnendes Licht. Momente der Unsicherheit im Hinblick auf Inhalt und Umfang des richterlichen Kontrollauftrags ergeben sich i. ü. aus den legislativen Vorgaben selbst. Wiederum ist es in besonderem Maße das technische Umweltrecht, dessen Gesetze durch eine weitgehende Zurückhaltung des Gesetzgebers bei den zu regelnden Kardinalfragen gekennzeichnet sind, und wo auch der zur Konkretisierung aufgerufene Verordnungsgeber - wenn überhaupt- nur zögerlich ans Werk geht. Dies ist für das Immissionsschutzrecht andernorts eingehend beschrieben worden19 und hat in einer jüngeren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts prägnanten Ausdruck gefunden20 . Die angerufenen Gerichte sehen sich zwar regelmäßig mit weitgefächerten gesetzlichen Ziel-, Zweck- und Grundsatzregelungen konfrontiert; die für die gerichtliche - aber auch verwaltungsverfahrensmäßige - Entscheidung notwendigen, näheren gesetzlichen Vorgaben fehlen indes oder finden sich lediglich generalklauselartig umschrieben21. Hierzu ist an früherer Stelle bereits Stellung bezogen worden22 . Über die dort vorgeschlagenen rechtlichen Fortentwicklungsmöglichkeiten hinaus bleibt im vorliegenden Zusammenhang anzumerken, daß dieser Befund nicht nur Anlaß zur einseitigen Kritik am Gesetzgeber gibt; zu Recht wird vielmehr die Frage aufgeworfen, ob sich die "sogenannten Gesetzgebungsdefizite im sozialen Rechtsstaat der modernen Industriegesellschaft prinzipiell ausräumen lassen"23. Damit ist freilich tendenziell angelegt, daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit über ihre herkömmliche Rechtssicherungsfunktion hinaus mehr und mehr eine Rechtsentwicklungsaufgabe überVgl. Koch, DVBL 1983, 1125. Siehe oben, § 15. 19 Vgl. Ossenbühl, DVBl. 1978, 1. 20 BVerwG, Urteil v. 23. 1. 1981-4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295, 298. 21 Zur mangelnden Aufeinanderabgestimmtheit der Normkreise auch Brohm, NJW 1984, 8, 8, 10. 22 Siehe oben, § 13. 23 Brohm, NJW 1984, 8, 11 ; ähnlich J. Ipsen, DVBl. 1984, 1102, 1102; kritisch Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 234. 17
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§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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nimmt24, nämlich im Sinne einer harmonisierenden Interpretation der einzelnen Gesetze, ausgehend von der Prämisse einer sinnvollen einheitlichen Rechtsordnung2s. Neben prozessualen Abwehrpositionen werden zunehmend verwaltungsverfahrensrechtliche Mitwirkungsformen in die Rechtsschutzdiskussion eingebracht. Die Bedeutung der Beteiligung einzelner in den zur Entscheidung führenden Verfahren ist gerade in den sog. "mehrpoligen"26, zugleich hochkomplexen Verwaltungsverhältnissen des Atom- und Immissionsschutzrechts herausgestellt worden 27 . Die diesem Fragenkomplex verhaftete Diskussion wird sich künftig stärker in das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht verlagern, nachdem der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. 4.1984 zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts28 vorliegt. Hiernach soll ein "Teil des Sonderverwaltungsrechts aufgehoben oder dem allgemeinen Verfahrensrecht angepaßt werden, über dessen Entbehrlichkeit Einvernehmen zwischen den Bundesressorts besteht"29, nämlich u.a. im Wege der Modifizierung von§§ 3, 4, 7 a, 8, 9 und Aufhebung der§§ 20- 29 AbfG der Modifizierung von§§ 17, 19 und Aufhebung des§ 21 BimSchG der Modifizierung des§ 9b AtG (Verweisung auf§§ 72- 78 VwVfG) und - einer Modifizierung der §§ 108, 113, 150 BBauG3o. Vor dem so abgesteckten Hintergrund richtet sich die weitere Untersuchung zunächst auf die Einordnung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes im Verhältnis zum gerichtlichen Rechtsschutz (hierzu im 2. Abschnitt), befaßt sich alsdann mit Problemen des gerichtlichen Rechtsschutzes (hierzu im 3. Abschnitt), um schließlich Grundfragen des verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes zu behandeln (hierzu im 4. Abschnitt). 24 Gefahren der Verformung des Rechtsstaats zum Justizstaat sieht Ossenbühl, DVBL 1978, 1, 2. 25 Brohm, NJW 1984, 8, 10; vgl. auch Czermak, BayVBl. 1984, 223. 26 Vgl. bereits oben,§ 1, bei Fn. 28, auch oben, bei Fn. 9f. 27 Grundlegend Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 245ff.; auch BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980- 7 C 101.78-, BVerwGE 60, 297; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35; Goerlich, DÖV 1982, 631; ders., NJW 1981, 2616. 2a Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts, BT-Drucks. 10/1232; zum Stand der Diskussion Grupp, DVBL 1984, 510. 29 Ebd., S. 1. Jo Ebd., S. 11 ff., 15 f., 16, 67 f.; zur Gesetzes- und Verwaltungsvereinfachung in Nordrhein-Westfalen Ellwein, DVBL 1984, 255; zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung des Bundes Waffenschmidt, Eildienst LKT NW 1984, 129; hierzu und zu weiteren Änderungsbestrebungen auch Sander, DVBl. 1985, 269, 276.
16 Erbguth
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
2. Zur Einordnung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes im Umweltrecht
Daß der Mitwirkung des einzelnen in den behördlichen Verfahren zur umweltrechtlichen Zulassung von Anlagen bzw. Vorhaben 31 , insbesondere etwaig hiervon betroffener Bürger, eine rechtsschützende Funktion zukommt, ist über lange Zeit in Rechtsprechung und Literatur vemachlässigt worden. Die herkömmliche Auffassung sieht in der Beteiligung Drittbetroffener32 primär einen Akt der Informationsbeschaffung für die verfahrensleitende staatliche Stelle33 . Der Drittbeteiligung komme solcherart eine richtungsweisende Funktion zu34 , oder aus einer umfassenderen Sichtweise: "Anders kann die Komplexität des Umweltschutzes nicht bewältigt, die Schicksalhaftigkeit der einschlägigen Verwaltungsentscheidung nicht gewürdigt und die jenseits aller juristischen Kategorien gebotene gesellschaftliche Befriedigung im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie nicht erreicht werden35 ." 2.1 Drittbeteiligung als vorverlagerter Rechtsschutz
Nicht im Sinne einer Altemativinterpretation der Drittbeteiligung, sondem als kumulative Begründung bürgergerichteter Mitwirkungsrechte36 tritt zunehmend ihre Qualifizierung als Ausdruck vorverlagerten Rechtsschutzes in den Vordergrund37.
31 Gem~int ist das Verfahren der - erstmaligen - Entscheidung, nicht jenes der erneuten Uberprüfung durch die Verwaltung nach§§ 68ff. VwGO. 32 Hierzu allgemein oben, bei Fn. 9f.; auch BayVGH, Urteil v. 9. 4. 1979- Nr. 167 VI 77 -, DVBl. 1979, 673. 33 Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluß v. 9. 6. 1976-1 B 66/ 75-, GewArch 1977, 133, 135; BayVGH, Beschluß v. 22. 11. 1974 - 136 -VI 74 -, DVBl. 1975, 199, 202; BVerwG, Urteil v. 24. 10. 1967- I C 64.65 -, BVerwGE 28, 131, 132f.; zurückhaltend BVerwG, Urteil v. 20. 10. 1972- IV C 107.67 -, BVerwGE 41, 58, 63ff.; bereits Jarass, DVBl. 1976, 732, 738f., und Breuer, NJW 1978, 1558, 1564, jeweils m. w .N.; hierzu- kritisch - Redeker, Teilhaberechte, S. 511 , 519; auch W. Schmidt, Einführung, Rdn. 150. 34 BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980- 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297; hierzu näher unten, bei Fn. 148. 35 Breuer, NJW 1978, 1558, 1564; daß Verfahrensregeln "auch- unter Umständen in erster Linie oder gar ausschließlich-" objektiven Verwaltungszwecken dienen, stellt auch Ossenbühl, Grundrechtsschutz, S. 183, 193, heraus. 36 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 10. 37 Etwa Redeker, Teilhaberechte, S. 511, 520; 5. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 223, 237f.; Kimminich, 5. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 263, 266f.; auch Breuer, NJW 1978, 1558, 1564; Lerche, Atomwirtschaft 1982, 392; "vorgelagerter Grundrechtsschutz": Sondervotum, BVerfGE 53, 30, 69, 79; auch Rittstieg, Technische Standards, S. 216; Lukes NJW 1983, 1753, 1761.
§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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Während in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts zunächst Art.19 Abs. 4 GG verhaftet war und damit den gerichtlichen Rechtsschutz betonte, verfahrensrechtliche Elemente allenfalls über das verfassungsrechtliche Verfahrensrecht miterfaßte, Verbote einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtswegs 38 und der Schaffung vollendeter Tatsachen39 sowie das Recht auf ein faires Verfahren40 lediglich ansatzweise mitberücksichtigte, gehen inzwischen beide Senate von einem aus den materiellen Grundrechten abgeleiteten Schutz durch Verfahren aus41. So gebiete Art. 2 Abs. 2 GG eine Pflicht zur Verfahrensgestaltung, die eine Verletzung der durch das Grundrecht geschützten Rechtsgüter tunliehst ausschließe42. Den allgemeinen Hintergrund dieser Einschätzung bildet die Erkenntnis, daß der gerichtliche Rechtsschutz, auch jener vorläufiger Art nach§ 80 bzw. § 123 VwGO in Anbetracht bereits gesetzter Fakten zu spät kommt, zumindest aber kaum in der Lage ist, effektiven (Rechts-)Schutz zu gewährleisten43. (Frühzeitige) Beteiligung im Verfahren sei daher geboten, um die Unzulänglichkeiten prozessualen Vorgehens auszugleichen44.
38 BVerfG, Beschluß v. 29. 10. 1975 - 2 BvR 630/73 - , BVerfGE 40, 272, 274f.; Beschluß v. 16. 12. 1975-2 BvR 854175 -, BVerfGE 41, 23, 26. 39 BVerfG, Beschluß v. 24. 4. 1974- 2 BvR 236174 u.a. -, BVerfGE 37, 150, 153; Urteil v. 13. 4. 1978-2 BvF 1/77 u. a. -, BVerfGE 48, 130, 166. 40 BVerfG, Beschluß v. 8. 10. 1974-2 BvR 747/73 u.a. -, BVerfGE 38, 105, 111; Beschluß v. 8. 4. 1975-2 BvR 207/75 -, BVerfGE 39, 238, 243; Beschluß v. 10. 6. 1975 - 2 BvR 1074/74 -, BVerfGE 40, 95, 99; Beschluß v. 19. 10. 1977 - 2 BvR 462/ 77 -, BVerfGE 46, 202, 210. 41 Vgl. BVerfG, Urteil v. 18. 12. 1968-1 BvR 638/64 u.a. -, BVerfGE 24, 367, 401; Beschluß v. 3. 7. 1973-1 BvR 153/ 69-, BVerfGE 35, 348, 361; Beschluß v. 23. 4. 1974 - 1 BvR 6/74 u. a. -, BVerfGE 37, 132, 141, 148; Beschluß v. 10. 5. 1977- 1 BvR 514/68 u.a. -, BVerfGE 45,297, 322, 333; Beschluß v. 7. 12. 1977-1 BvR 734177-, BVerfGE 46, 325, 334; Beschluß v. 27. 9. 1978-1 BvR 361/78-, BVerfGE 49,220, 225; Beschluß v. 3. 4. 1979- 1 BvR 994/76-, BVerfGE 51, 97, 110 zu Art. 14 GG; BVerfG, Beschluß v. 9. 4. 1975- 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE 39, 276, 294; Beschluß v. 27. 1. 1976- 1 BvR 2325/73 - , BVerfGE 41, 251, 265; Beschluß v. 2. 3. 1977 - 1 BvR 124176 -, BVerfGE 44, 105, 119ff.; Beschluß v. 6. 7. 1977 - 1 BvR 3177 -, BVerfGE 45, 422, 430ff.; Beschluß v. 30. 5. 1978- 1 BvR 352/78-, BVerfGE 48, 292, 297f.; Beschluß v. 27. 11. 1978- 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 16, 30 zu Art. 12 GG; weit. Nachw. auf Rechtsprechung und Literatur bei Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 8; Held, Grundrechtsbezug, S. 64ff., 74ff. 42 BVerfG, Beschluß v. 19. 6. 1979-2 BvR 1060178-, BVerfGE 51, 324; Beschluß v. 20. 12. 1979- 1 BvR 385/77 -, BVerfG 53, 30, 67, 60; hierzu näher unten. 43 Dies gelte insbesondere dort, wo die Verwaltung im Feld schwacher gesetzlicher Programmierung operiere. Hier würden zudem im und durch das Verwaltungsverfahren Legitimationswirkungen erwartet, Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 158. 44 Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980-7 C 101.78-, BVerwGE 60, 297, sowie Breuer, NJW 1978, 1558, 1564 mit umfangr. Nachw. in Fn. 37; grundlegend Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 153ff.; Ossenbühl, NVwZ 1982, 465, 466; BVerwG, Urteil v. 18. 3. 1983-4 C 80.79-, BVerwGE 67, 74ff.; Urteil v. 17. 5. 1983-4 C 39.80 - , UPR 1983, 310; zur Problemlage umfassend Schwarze, Verwaltungsverfahrensrecht.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht 2.2 Beurteilung der Rechtsschutzkomponente in der Drittbeteiligung
Daß die Beteiligung Dritter der behördlichen Information dient, steht ebenso außer Zweifel wie der Umstand, daß dies nicht ihre alleinige Funktion ist. Daneben sind etwa zu nennen: Kooperation, Kommunikation, Integration; größere Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit des Entscheidungsprozesses, Erhöhung der Verfahrensökonomie; Konsensschaffung; Transparenz und Publizität; nicht zuletzt: verbesserte Durchsetzbarkeit der Entscheidung4s. Unter - umweltrechtlichen - Rechtsschutzgesichtspunkten stellt sich allein die Frage, ob zu dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Zweckkanon auch die Qualifizierung der Drittbeteiligung als Vorverlagerung gerichtlichen Rechtsschutzes tritt. Ihre Beantwortung hat bei den Aufgaben des Verwaltungsverfahrens anzusetzen, in das die bürgergerichteten Mitwirkungsformen eingebettet sind. Allgemein dienen Verwaltungsverfahren der Verwirklichung des Rechts. Sie vollziehen rechtliche Vorgaben im Wege konkretisierender Umsetzung; ihr Ziel ist es, die den rechtssatzförmigen Vorschriften Rechnung tragende, richtige Entscheidung zu finden. Verfahren stellen daher einen der Faktoren für die Richtigkeitsgewähr des Verwaltungshandeins dar46. Dieser Funktion des Verwaltungsverfahrens kommt im Umweltrecht gesteigerte Bedeutung zu47 . Das den Rechtskreis typisierende sozialgestaltende Handeln führt zu einem staatlichen Ausgreifen in- vormals - gesellschaftliche Bereiche4s. Anders als im Rahmen punktueller Eingriffsverwaltung wird der Staat verteilend tätig und übernimmt aufgrund der schwin45 Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 58; Ule I Laubinger, Gutachten, S. 80; W. Schmidt, VVDStRL 33 (1975), S. 208, 210f.; Böhret I Biedenkopf, Verwaltungspolitik, S. 33ff.; Dienel, Bürgerbeteiligung, S. 191, 196ff.; v. Mutius, Bürgerbeteiligung, S. 157, 163ff.; BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980-7 C 101.78-, BVerwGE 60, 297, 300, 304; BVerfG, Beschlußv. 8. 7. 1982-2 BvR 1187180-, NJW 1982,2173, 2176; weit. Nachw. bei Schmitt Glaeser, a. a. 0., Fn. 68; zu der Vielzahl von Anforderungen an das Verwaltungsverfahren als Optimierungsproblem eines Vierecks von Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Bürgernähe Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 157; angesichtsder sich deutlich überlappenden Funktionen erscheint fraglich, ob die Aufgaben des Verfahrens trennscharf nach Richtigkeitsgewähr, Rechtswahrung, Verwaltungseffizienz sowie Effizienz durch Beteiligung und Verfahrensklarkeit unterschieden werden können; so aber Schoeneberg, S. 39. 46 Vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rdn. 8; Ossenbühl, Grundrechtsschutz, S . l93; Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 6: Verfahren als Ordnungsidee; auch Ossenbühl, NVwZ 1982, 465; Schoeneberg, S. 31m. w.N. in Fn. 6; Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S . 193, 220. 47 Hierzu auch oben,§ 1, bei Fn. 25f.; oben, bei Fn. 5ff.; unten, bei Fn. 999. 48 Osmose von Staat und Gesellschaft, Zippelius, Legitimation, ARSP Beiheft Nr. 15 (1981), 84ff. ; ihm folgend Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 7f.; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 46 m.w. N.
§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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denden Distanz zwischen Staat und Gesellschaft49 Ausgleichsfunktionen im Überlagerungsbereich heterogener privater und öffentlicher Interessenso. Die- beschriebene51_ geringe Direktivfunktion gesetzlicher Vorgaben im Umweltrecht schärft zudem den Blick für die Lücke zwischen Gesetz und Entscheidung wie auch für reduzierte Gewißheiten im Hinblick auf grundrechtliche und sonstige Rechtspositionen einzelner52. Verwaltungsverfahren des Umweltrechts sind damit in hervorgehobener Weise aufgerufen, die Verbindung zwischen rechtssatzförmigen Globalvorstellungen und der konkreten Entscheidung herzustellen53. Angesichts geringer grundrechtlicher Bedeutungssicherheiten54 kommt ihnen dabei eine betont (grund-)rechtssichernde Funktion zu. Dem dienen die hier fraglichen bürgergerichteten Beteiligungsformen. Infolgedessen erfährt die Aufgabe der Rechtsverwirklichung durch Verwaltungsverfahren im Umweltrecht besondere Konturenschärfe, wenn sie als Auftrag zur Rechtswahrung begriffen wird. Fraglich erscheint indes die weitergehende Einschätzung, zumindest in hochkomplexen und planerischen (Massen-)Verfahren seien Drittbeteiligungen als kompensatorische Partizipationsformen zu verstehen55, nämlich als Kompensation für die reduzierte Distanz zwischen staatlichem und gesellschaftlichem Bereich und als Mitverantwortung der Partizipanten bei der Herbeiführung des Interessenausgleichs im Prozeß der Gemeinwohlfindungss. Dem Gedanken der Kompensation widerstreitet, daß sozialgestaltendes Verwaltungshandeln verfassungsrechtlich legitimiert ist, die "Nähe" des 49 Hierzu bereits oben, Einleitung, bei Fn. 8f.; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S . 35, 46; die sich auch im Abwanderungsprozeß von Verwaltungsstellen in den gesellschaftlichen Bereich und in Tendenzen einer inneradministrativen Gewaltenteilung zeigt, hierzu Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 22; Schoeneberg, S. 149ff.; Burmeister, Kommunale Wirtschaftsbetätigung, S. 623, 635 und 636: Verrechtlichung des staatlichen Innenbereichs; auch Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S. 193, 208; Jarass, DVBL 1985, 193, 197. 5o Hierzu auch unten, bei Fn. 450ff. 51 Siehe oben,§ 10, bei Fn. 132ff. 52 Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 11f. 53 Os~enbühl, NVwZ 1982, 465, 466; Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 158; Steinberg, DOV 1982, 619, 620. 54 Siehe oben; Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 11. 55 Die den verfahrensmäßigen Rechtsschutz überlagern, Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 45ff. 56 Ebd., S. 35, 61, 77f.; zur Wiederbelebung der Rechtsfigur des Verwaltungsrechtsverhältnisses ders., a. a. 0., S. 84, der allerdings nur heuristische Funktion zukommt, vgl. insoweit nur Erichsen I Martens, in: dies., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 129, 150ff.; Achterberg, Rechtsverhältnisordnung, S. 50ff.; ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 290ff. mit umfangr. Nachw.; auch Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 335f.; bereits Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193, 200ff.; Martens, JuS 1977, 664, 666ff.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
Staats Ausdruck und Konsequenz des Sozialstaatsprinzips ist. Damit fehlt es (verfassungsrechtlich) an einem Verlust privater Rechtspositionen als notwendige Voraussetzung für einen Ausgleich durch Partizipation. Richtig ist im übrigen zwar, daß im Umweltrecht vielfach private und öffentliche Interessen in enger Vemetzung zueinander stehen57 . Damit ist aber lediglich der Grund für die- ggf. gesteigerte58 - Rechtswahrung als Aufgabe des Verwaltungsverfahrens und dementsprechender Drittbeteiligung angesprochen. Kompensatorische Konsequenzen ergeben sich hieraus nicht59. Vorsicht erscheint im übrigen gegenüber einerundifferenzierten Einordnung umweltrechtlicher (Massen-)Verfahren als originäre Gemeinwohlfindungsprozesse6o angebracht. In welchem Umfang die eigentliche Bestimmung und Formulierung des öffentlichen Interesses im gesetzesvollziehenden Entscheidungsvorgang erfolgt, hängt nicht allein von gesetzlichen Vorentscheidungen und deren inhaltlicher Direktivkraft ab. Art und Umfang der Programmierung bestimmen sich auch anhand planerischer Vorgaben61; damit ergibt sich eine Bandbreite, die von geringer(er) über partielle bis hin zu einer weitgehenden Gemeinwohlfindung im Verwaltungsverfahren reicht 62 • Je nachdem stellen sich dem Rechtswahrungsauftrag folglich niedrigere oder höhere Anforderungens3. Umweltrechtliche Verwaltungsverfahren haben damit eine rechtswahrende Verwirklichungsfunktion. Sie bereiten zwar die Entscheidung vor und dienen deren Richtigkeit. Die Rechtswahrung sichert jedoch die Rechtsund Interessensphäre des einzelnen in den originären Prozessen der Verwirklichung des Verwaltungsrechts64, nicht aber gegenüber deren Ergebnis(sen). Angesichts dieses funktionalen Unterschiedes kann Ergebnisrichtigkeit nicht mit Verfahrensrichtigkeit gleichgestellt werdenss. Rechtsschutz gegen die Entscheidung und Rechtswahrung im Entscheidungsvorgang sind folglich nicht kompatibel. Das schließt es aus, dem Verwaltungsverfahren die Aufgabe vorverlagerten (gerichtlichen) Rechtsschutzes beizumessenes. Siehe unten, bei Fn. 538; Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 59. Siehe unten, bei Fn. 89. 59 Strikt gegen jegliche Partizipationserwägungen insoweit Ossenbühl, Grundrechtsschutz, S . 183, 197; Redeker, Teilhaberrechte, S. 511, 517 ; kritisch auch Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 334f., sowie Held, Grundrechtsbezug, S. 53. 60 Schmitt Glaeser, Entscheidungsverfahren, S. 35, 61 ; differenzierend Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S. 193, 208. 61 Hierzu oben,§ 14, bei Fn. 2ff. 62 Hierzu Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65, 82. 63 Näher unten; auch Schoeneberg, S. 35f.; zu weitgehend wohl die generelle Annahme, Behörden verträten per se das Gemeinwohl, Martens, Suspensiveffekt, S. 46. 64 Wahl, VVDStRL 41 (1983), S . 151, 160. 65 Schmidt-Aßmann, Verfahrensgedanke, S. 1, 14. 57
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§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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Dieser Einschätzung entsprechen spezifische Unterschiede richterlicher und administrativer Tätigkeit. Grundsätzliche Aufgabe der Gerichte ist die Rechtmäßigkeitskontrolle des Verwaltungshandelns; -nur- hierfür bringen Verwaltungsrichter die erforderlichen Voraussetzungen mit; in Fachfragen hingegen verfügen die Behörden in der Regel über größere Sachkenntnisse und Erfahrung67. M.a. W.: Während das Verwaltungsverfahren konstitutiver Teil des Verwirklichungsprozesses im Verwaltungsrecht ist68 , betrifft das verwaltungsgerichtliche Verfahren nur einen einzelnen, nämlich den streitbefangenen Ausschnitt der Rechtsverwirklichungsfälle69; die gerichtsspezifische Betrachtungsweise ist durch eine ex post-Sieht in Distanz zum Verwaltungsgeschehen7o -zudem unter Beachtung des Gewaltenteilungsprinzips gegenüber der Exekutive71 - gekennzeichnet, die des Verwaltungsverfahrens hingegen durch eine ex ante orientierte72 . Auch hieraus leitet sich folglich ab, daß das Verwaltungsverfahren ein vom Gerichtsschutz sich qualitativ unterscheidender Rechtswahrungsauftrag trifft: "Die Beurteilungs- und Entscheidungsbefugnisse der Verwaltung übertreffen den Kontrollauftrag der Gerichte u. a. im Hinblick auf den zu berücksichtigenden Personenkreis und auf die einzubeziehenden Interessen und Belange73 ." Eine Umdeutung der Verwaltungsjustiz in eine objektive verfahrensbegleitende (aktive) Kontrollinstanz ist hiermit nicht vereinbar74. In Anbetracht dessen sind Beteiligungsformen und -rechte im Verwaltungsverfahren nicht als rechtsschützend i. S. -wie auch immer- vorverlagerten (gerichtlichen) Rechtsschutzes zu verstehen und rechtssystematisch einzuordnen. Sie sind vielmehr Ausdruck des eigenständigen Rechtswahrungsauftrags des Verwaltungsverfahrens als Medium75 der Verwirklichung des Verwaltungsrechts.
66 So im Ergebnis Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 160f.; Steinberg, DÖV 1982, 620; nicht ganz klar Schoeneberg, S. 32 einerseits: Kompensation, S. 33 andererseits: nicht allein Komplementärfunktion. 67 Kopp, BayVBL 1983, 673, 676, unter Hinweis auf Werner, DVBL 1957, 226; Rupp, NJW 1969, 1277; Kissel, NJW 1982, 1782. 6B Siehe oben, bei Fn. 46; Wahl, VVDStRL 41 (1983), S . 151, 155, unter Hinweis auf Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43, SOff. 69 Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 154. 1o Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 236. n Kopp, BayVBL 1983, 673, 676. 72 Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 156. 73 Ebd., S . 151, 160; ähnlich Kopp, Festgabe BVerwG, S . 387, 391, und Degenhart, Kemenergierecht, S. 223 m. w. N. 74 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 236. 75 Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 154.
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht 2.3 Konsequenzen aus der Beurteilung der Drittbeteiligung
Hieraus folgt, daß weder dem Verwaltungsverfahren eine Kompensationswirkung für das gerichtliche Verfahren zukommt noch daß solches in umgekehrter Hinsicht gilt76. Das schließt allerdings sonstige Wechselwirkungen zwischen verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung und gerichtlichem Rechtsschutz nicht aus77.
2.3.1 Keine Kompensation des Verwaltungsverfahrens für das Gerichtsverfahren Die unterschiedlichen Charakteristika verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung und gerichtlichen Rechtsschutzes verbieten prinzipiell eine kompensatorische Wirkung von Beteiligungsformen im Entscheidungsverfahren für den Verwaltungsprozeß 78 . Erwägenswert sind allenfalls zwei Ausnahmen von dieser Regel. Zum einen wäre eine Kompensation durch Verfahrensteilhabe in Teilbereichen denkbar, in denen sich das Objekt der Rechtswahrung und das des gerichtlichen Rechtsschutzes decken; dort nämlich, wo es subjektiv-öffentliche Rechtspositionen - gerade auch solche grundrechtlicher Art - von (Dritt-)Betroffenen zu berücksichtigen gilt. Denn der Rechtswahrungsauftrag des Verwaltungsverfahrens erfaßt neben Belangen und Interessen natürlich auch subjektiv-öffentliche Rechtsstellungen i. S. d. §§ 42 Abs. 2, 113 Abs.l, 4 VwG0 79 . Entsprechendes gilt mit Blick auf die Antragsbefugnis nach§ 47 VwGO. In diesen Fällen könnten Einwendungsbefugnis und staatliche Erörterungs- wie Begründungspflicht im Verwaltungsverfahren kompensatorisch für den gerichtlichen Rechtsschutz wirken. Gleichwohl gebieten auch hier die qualitativen Unterschiede des Handeins der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit Gegenteiliges, sprechen mithin für die Einhaltung des Grundsatzes einer fehlenden Kompensationswirkung des Verwaltungsverfahrens für das Gerichtsverfahren. "Die Handlungsperspektive des Erstentscheiders ex ante stellt andere Anforderungen Hierzu unten. Hierzu bei Fn. 119ff. 78 Das übergeht Lerche, Wehrfähigkeit, S. 223, 227, bezüglich kommunaler Abwehrmöglichkeiten; aus Gründen mangelnder Durchsetzungskraft von Individualpositionen im Verwaltungsverfahren auch Rittstieg, Technische Standards, S. 192. 79 Eben hierumging es in der Entscheidung BVerfG, Beschluß v. 20. 12. 1979- 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30, 65ff. ; deutlich auch Sondervotum, BVerfGE 53, 69, 76f.; zur Entwicklung der Grundrechtsbewehrtheit von Verfahrensteilhabepositionen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Sondervotum, a. a. 0., 72 f.; i. ü. Kopp, Festgabe BVerwG, S. 387, 398. 76 77
§ 16 Weiterentwicklungsbedarf bei Rechtsschutzfragen
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als die Kontrollperspektive des Zweitinterpreten ex post" 80 , die Behandlung subjektiv-öffentlicher Rechte im Verwaltungsverfahren ist sachlich verschieden von derjenigen im Verwaltungsprozeß. In letzterem wird der Verfahrensabschluß auf eine hinreichende Berücksichtigung subjektiver Rechte des einzelnen überprüft. Die Verwaltungsentscheidung findet sich ggf. durch kassatorischen Richterspruch beseitigt. Das Verwaltungsverfahren hingegen ist ein Prozeß der Gestaltung. Rechtlich gesehen ist bei seinem Beginn die Lage noch offenBI. Es geht um Konkretisierung, Spezialisierung und Individualisierung eines zunächst in seinen Auswirkungen auf Rechte und Interessen noch konturenunscharfen Problemss2. Subjektive Rechtspositionen wirken folglich auf den Gestaltungsvorgang ein, liefern einen Beitrag zur Kanalisierung der Problemverarbeitung durch die Verwaltung. Diese (Mit-)Steuerungsfunktion unterscheidet ihren Stellenwert im Verwaltungsverfahren daher grundsätzlich und materiell von demjenigen in der gerichtlichen Kontrolle, wo subjektiv-öffentliche Berechtigungen einen quasi statischen Beurteilungsmaßstab für Bestand oder Nichtbestand der Verwaltungsentscheidung liefern83: "Kontrolle ist nicht wiederholender Nachvollzug einer früheren Entscheidung84 ", die Verwaltungsgerichtsbarkeit arbeitet vielmehr grundsätzlich reaktiv85 . Eine Kompensationswirkung der Verfahrensteilhabe im Sinne vorverlagerten Rechtsschutzes wird allerdings von Wahl- ausnahmsweise- in Fällen schwach strukturierender Gesetzesregelungen angenommen86 . Gemeint sind Verfahren, in denen der Exekutive Beurteilungs-, Planungs- und Abwägungsspielräume zustehenB 7 • Aufgrund der hieraus folgenden Defizite für die gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten erfülle das Verwaltungsverfahren "unersetzbare" Funktionen, kompensiere demnach die geringe prozessuale Kontrolldichtesa. Hieran ist ohne Zweifel überzeugend, daß in den angesprochenen Verfahren der Verwaltung ein besonders hoch zu veranschlagendes Maß an Rechtswahrung zugunsten Drittbetroffener abzuverlangen ist89 . Dennoch ist es wegen der beschriebenen qualitativen Diskrepanz zwischen Verwaltungsverfahren und Gerichtsschutz inkonsequent und mit Art.19 Abs. 4 GG nicht Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 160. Ebd., S. 151, 161; zu informellen Vorabbindungen allerdings schon oben, § 8, bei Fn. 39ff. 82 Ebd., S . 151, 161. 83 Krebs, DVBL 1984, 109, 113. 84 Schmidt-Aßmann, NVwZ 1983, 1, 5. 85 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 235, i.e. S. 237f. 86 Wahl, VVDStRL 41 (1983), S . 151, 161, 180; ähnlich Badura, in: Erichsen I Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 335. 87 Allerdings i.e. differenzierend Wahl, VVDStRL 41 (1983), S. 151, 170. 88 Ebd., S. 151, 170. 89 Siehe oben, bei Fn. 4 7 ff. 80
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Vierter Teil: Der Weiterentwicklungsbedarf im Umweltrecht
vereinbar9o, - selbst ausnahmsweise - die Rechtsfigur des vorverlagerten (gerichtlichen) Rechtsschutzes zu akzeptieren. Eine - auch nur - partielle "Ersetzung oder Ineinssetzung beider Verfahrenstypen ist unzulässig"91. Die prozessuale Kontrolle ex post läßt sich eben denklogisch nicht in den Gestaltungsvorgang der Verwaltung vorverlagern. Vielmehr leitet sich die besondere Bedeutung der Verfahrensteilhabe in den hier interessierenden Fällen aus den Spezifika der Entscheidungsprozesse selbst, gleichsam verfahrensgenuin her: Es handelt sich bei den von Wahl genannten Verwaltungsverfahren um jene hochkomplexer Art, begleitet räumlich wie zeitlich von weitreichender Umweltrelevanz92. Konsequenterweise steigen damit im besonderen Maße die Anforderungen an die Rechtswahrungspflicht der Verwaltung. Die "Unersetzbarkeit" der Verfahrensteilhabe ist Folge der Besonderheiten komplexer Verwaltungsprozesse, nicht aber Ausdruckvorverlagerten Rechtsschutzes93. Unzulänglichkeiten der verwaltungsprozessualen Kontrolldichte kann damit kompensatorisch nur durch eine verstärkte gerichtliche Überprüfung des Entscheidungsvorgangs begegnet werden94 . Nach alledem sind Rechtswahrung im Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz im (verwaltungs-)gerichtlichen Verfahren streng voneinander zu unterscheiden95. Ein Regel-Ausnahme-Prinzip läßt sich nicht begründen.
2.3.2 Keine Kompensation des Gerichtsverfahrens für das Verwaltungsverfahren Die funktionale Unterscheidung zwischen Gerichts- und Verwaltungsverfahren verbietet prinzipiell in gleicher Weise die Annahme einer Kompensation von Fehlern im Verwaltungsverfahren durch Richterspruch wie sie einer Ersetzung gerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten durch (verwaltungs-)verfahrensrechtliche Teilhabeformen entgegensteht96. Eine kompensatorische Wirkung des gerichtlichen Verfahrens könnte indes kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung § 46 VwVfG zu entnehSchmidt-Aßmann, NVwZ 1983, 1, 5. Ebd., 1, 5; vgl. grundlegend Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43, 86ff., 121ff.; auch Degenhart, Kernenergierecht, S. 236. 92 Vgl. BVerfG, Beschluß v. 20. 12. 1979 -1 BvR 385/ 77 - , BVerfGE 53, 30, 64; Sondervotum, BVerfGE 53, 69, 76. 93 Vgl. auch Schmidt-Aßmann, NVwZ 1983, 1, 5, mit dem zutreffenden Hinweis, daß Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozeß desto stärker auseinandertreten, je weniger exakt das Gesetz selbst seine Anwendbarkeit vorzeichnet. 94 Näher unten, bei Fn. 801ff. 95 So auch Scholz, VVDStRL 34 (1976), Leitsätze des Berichterstatters Nr. 25, S . 220: Keine kompensatorische Funktion verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzes: "Institute antizipatorischen Rechtsschutzes in der Verwaltung können nur supplementäre Funktionen im Vorfeld des gerichtlichen Verwaltungsrechtsschutzes übernehmen". 96 Siehe vorstehend; Kopp, Festgabe BVerwG, S. 387, 391 m. w. N. go
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men sein, demzufolge die Aufhebung von Verwaltungsakten nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil der Verwaltungsakt unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren (u.a.) zustande gekommen ist, "wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können". Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die Vorschrift in ihrem Anwendungsbereichtrotz Rechtswidrigkeit der Maßnahme und Rechtsverletzung beim Kläger eine gerichtliche Aufhebung ausschließt, oder ob sie einer Rechtswidrigkeit oder Rechtsverletzung entgegensteht und deshalb der Klage kein Erfolg beschieden ist97 • Erstere Interpretation scheidet aus, weil sie auf eine Änderung des § 113 Abs. 1 VwGO hinausliefe, der im Falle festgestellter Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung zur Aufhebung der angegriffenen Verfügung verpflichtet9B. Solches war beim Erlaß des § 46 VwVfG auch nicht intendiert99. Daß die Vorschrift eine Rechtswidrigkeit der Maßnahme absorbiert, kann angesichts der - gegenteiligen - Klarstellungen in§§ 59 Abs. 2, 44 Abs. 3, 44 a VwVfG nicht angenommen werden1oo. Hieraus folgt - wie von Krebs überzeugend herausgearbeitet worden istlOl -, daß bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 46 VwVfG keine Rechtsverletzung i.S.d. § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO eintritt und daran die Aufhebung der angefochtenen Maßnahme scheitert. Nicht folgerichtig ist freilich die Annahme, das verwaltungsgerichtliche Rechtsbehelfsverfahren "kompensiere" etwaige Verfahrensfehler des Verwaltungsverfahrens102: Denn nicht die Fehlerhaftigkeit der Maßnahme wird gerichtlich absorbiert, vielmehr führt sie aufgrunddes Vorstehenden nicht zur Rechtsverletzung i. S. d. § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO. Zutreffender sollte daher davon gesprochen werden, daß § 46 VwVfG den regelmäßig zwischen Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung bestehenden Zusammenhang auflöst, indem trotz Rechtsverstoßes eine Rechtsverletzung nicht eintritt. Im übrigen ist auch der Anwendungsbereich des § 46 VwVfG noch nicht abschließend geklärt. Der überwiegenden Auffassung zufolge tritt seine Rechtsfolge bei gebundenen bzw. bei total gebundenen Verwaltungsakten einlo3. Ermessensentscheidungen, solchen mit Beurteilungsspielraum (bei unbestimmten Rechtsbegriffen) oder Gestaltungsspielräumen (bei Planungen) 97 Krebs, DVBl. 1984, 109, 109f., unterscheidet dies begrifflich dahingehend, ob § 46 VwVfG sich auf die Tatbestandsvoraussetzungen oder die Rechtsfolge bezieht. 98 Ebd., 109, 110. 99 Regierungsbegründung, BT-Drucks. 7/910, S. 66; BT-Drucks. VI/1173. 1oo Krebs, DVBl. 1984, 109, 110f. 1o1 Ebd., 109, 111. 1o2 Ebd., 109, 113. 1o3 Vgl. Kopp, VwVfG, § 46 Rdn. 24f. m.w.N.
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fehle es hingegen an der von § 46 VwVfG vorausgesetzten Alternativlosigkeitl04, es sei denn, der Entscheidungsfreiraum reduziere sich in concreto gänzlich, was in Fällen der sogenannten Ermessensschrumpfung auf Null denkbar sei. Während hiernach das der Verwaltung gesetzgeberisch zugestandene Maß an Entscheidungsfreiraum die Anwendbarkeit des § 46 VwVfG bestimmt, betont Krebs, daß sich die Vorschrift nicht an die Verwaltung als "Erst-Entscheider" wende, sondern an das angerufene Gericht als "Zweit-Entscheider"l05. Im gerichtlichen Verfahren sei darüber zu befinden, ob eine "andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können". Folglich komme es nach § 46 VwVfG nicht auf das Maß der Rechtsgebundenheit bzw. -Ungebundenheit des Erstentscheiders an, "sondern auf das kompetentielle Verhältnis zwischen ihm und dem Zweitentscheider ... "los. Angesichts dessen sei die Bestimmung anwendbar, wenn dem Verwaltungsgericht im Verhältnis zur Verwaltungsbehörde die Befugnis zur letztverbindlichen Entscheidung zustehe; anderenfalls trete die Rechtsfolge des § 46 VwVfG nicht ein. Ob allein der Hinweis auf den bzw. die Regelungsadressaten des § 46 VwVfG die hieraus abgeleiteten rechtsdogmatischen Konsequenzen zu tragen vermag, erscheint zweifelhaft. Denn die Frage einer Gebundenheit von Verwaltungsentscheidungen oder der diesbezüglichen Zuweisung von Entscheidungsfreiheiten beantwortet sich anhand der rechtlichen Vorgaben, ggf. durch deren Auslegung. Die Einräumung von Freiräumen bzw. Beschränkungen für Verwaltungstätigkeiten sind damit durch den Gesetzgeber vorgegeben. Deshalb ist es unerheblich, ob im Anwendungsbereich des § 46 VwVfG auf das Maß der Entscheidungsfreiheit des exekutivischen "Erst-Entscheiders" oder auf die letztverbindliche Entscheidungskompetenz des Gerichts als "Zweit-Entscheider" abgehoben wird: Die Betrachtungsweisen verkörpern nichts Gegensätzliches, sondern stellen spiegelbildlich die Konsequenz der allein ausschlaggebenden rechtssatzförmigen Maßgaben dar. Daß Krebs hieran selbst nicht vorbei kommt, macht sein Rekurrieren auf "verwaltungsbehördliche" Ermessensentscheidungen und Konkretisierungen unbestimmter Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielräumen deutlichl0 7 • Der Ansatz, Ermessensreduzierungen auf Null bedingten eben-
104 Redeker, Teilhaberechte, S. 511, 521 m. w. N.; entsprechendes gilt im Falle der Ablehnung eines Antrages auf - wasserrechtliche - Planfeststellung ohne vorherige Einleitung und Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, HessVGH, Urteil v. 11. 4. 1983- VIII OE 215/79-, UPR 1984, 206f. 105 Krebs, DVBL 1984, 109, 112. 106 Ebd., 109, 112. 107 Ebd., 109, 112.
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falls Alternativlosigkeit im Sinne des § 46 VwVfG108 , hebt sich im übrigen von den Folgerungen der h.M. nicht ab109. Damit folgt, daß jedenfalls für das hier interessierende Umweltrecht eine "Kompensation" von (Verwaltungs-)Verfahrensfehlern durch das Gerichtsverfahren trotz § 46 VwVfG nicht eintritt. Die Vorschrift gilt ohnehin nur für Verwaltungsakte, beansprucht also grundsätzlich nur Geltung im Anwendungsbereich des umweltrechtlichen Einzelinstrumentariums110. In diesem Rahmen ist die Vorschrift indes wegen fehlender Alternativlosigkeit von vornherein bei Ermessensentscheidungen111 und im Hinblick auf unbestimmte Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum unanwendbar. Bei gebundenen Entscheidungen, nämlich Kontrollerlaubnissen112, sowie in - freilich kaum vorstellbaren - Fällen der Ermessensschrumpfung bei Planfeststellungenll3 beansprucht§ 46 VwVfG zwar Geltung, wirkt jedoch nicht kompensatorisch, sondern läßt lediglich die Rechtsverletzung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entfallenll4. Die Disfunktionalität von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hat folglich zur Konsequenz, daß aus Gründen einer angemessenen Verantwortungsaufteilung zwischen Justiz und Verwaltung115 - im übrigen aufgrund der Tatsache, daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit kein universales Rechtsschutzorgan istll6 - wechselseitige Kompensationsformen ausscheiden117 : Weder kommt dem Verwaltungsverfahren die Aufgabe vorverlagerten gerichtlichen Rechtsschutzes zu, noch ist- zumindest im Umweltrecht-das gerichtliche Verfahren darauf angelegt, Fehler im Verwaltungsverfahren zu kompensieren. Damit kann auch keine Kumulation beider Verfahrenstypen eintreten, schon gar nicht als Gebot des Art.19 Abs. 4 GG118 .
108 Ebd., 109, 113. 109 Hierzu vorstehend; a. A. nur Meyer, in: Meyer I Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 46
Rdn. 27; Eibert, Rechtswidrigkeit, S. 62. 110 Näher oben, § 10, bei Fn. 56ff.; im Ergebnis ebenso Degenhart, Kernenergierecht, S. 223. m Siehe oben,§ 14, bei Fn. 69f. m Siehe oben,§ 14, bei Fn. 72; zur diesbzgl. Kontrolldichte unten, bei Fn. 928ff. 113 Siehe oben,§ 14, bei Fn. 69f. 114 Siehe oben, bei Fn. 97 ff. 115 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S . 221, 223 : Verantwortung verstanden als Summe verschiedener Elemente, nämlich der Aufgabe, der Eigenständigkeit, der Einstandspflicht (im Sinne einer Kontroll- und Steuerungsabhängigkeit), i.e. Schmidt-Aßmann, a .a.O., S. 227ff. 11s Ebd., 221, 238. 117 Unklar insoweit Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 265 einerseits und S. 267 andererseits. 118 Zu Recht Schmidt-Aßmann, NVwZ 1983, 1, 5.
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2.3.3 Sonstige Wechselwirkungen zwischen verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung und gerichtlichem Rechtsschutz Wechselwirkungen sonstiger Art zwischen verwaltungsverfahrensrechtlichen Teilhabeformen und gerichtlichem Rechtsschutz sind allerdings nicht von vomherein ausgeschlossen. So ist eine Beteiligung im Verwaltungsprozeß ohne vorherige Beteiligung im Verwaltungsverfahren zwar vorstellbar, aber kaum sinnvoll: Die Belastung des Verwaltungsprozesses mit einem Konfliktstoff, der im Verwaltungsverfahren nicht vorgeklärt ist, würde dem- arbeitsteiligen- Verhältnis beider Verfahren widersprechenll9. Umgekehrt zieht eine Teilhabe im Verwaltungsverfahren nicht unbedingt eine Beteiligtenstellung vor Gericht nach sich, und zwar weder rechtlich noch aus Zweckmäßigkeitsgründen. Wie noch näher darzulegen sein wird12o, umfaßt die Einwendungsbefugnis im Entscheidungsprozeß der Verwaltung auch das Geltendmachen von Belangen und Interessen, die nicht die Qualität subjektiv-öffentlicher Rechtspositionen i.S.d. §§ 42 Abs. 2, 113 Abs.l, 4 VwGO haben121. Die siebähnliche Folge der letztgenannten Vorschriften erscheint auch nicht a priori sinnwidrig, weil nicht-subjektive Rechtspositionen im Verwaltungsverfahren nicht nur vorgebracht werden (können), sondern auch Gegenstand des Erörterungstermins sind, folglich eine- zumindest potentiell - entscheidungs(mit)influenzierende Wirkung zeitigen. Auf die hiermit eng verknüpften Fragen der Bestimmung des nachbarschützenden Charakters von Rechtsvorschriften und die darob neu entbrannte Auseinandersetzung in Rechtsprechung und Literatur wird bei der näheren Behandlung der Rechtsschutzmodalitäten einzugehen seinl22. 2.4 Folgerungen aus dem Verhältnis von gerichtlichem Rechtsschutz und verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung für die Präklusionswirkung im materiellen Sinn
Konsequenzen zeitigt die Abgrenzung zwischen gerichtlichem Rechtsschutz und verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung auch für die Problematik, welche Folgen das Versäumen von Einwendungsfristen im Verwaltungsverfahren nach sich zieht. 119 Breuer, NJW 1978, 1558, 1560, unter Bezugnahme auf Burmeister, Veröffentlichungen des Instituts für Energierecht an der Universität Köln, Heft 41142, 1978, s. 17ff. 12o Nachfolgend und unten, bei Fn. 1058ff. 121 l.e. unten, ebd.; vgl. auch Degenhart, Kernenergierecht, S. 224. 122 Siehe unten, bei Fn. 450 ff.
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Während die Präklusion im Rahmen von Teilentscheidungen wegen der Besonderheiten dieser Entscheidungsstufung unproblematisch ist123 , verbleibt die für das Umweltrecht besonders bedeutsame Frage, in welchem Umfang der Ablauf von verwaltungsverfahrensrechtlichen Einwendungsfristen ansonsten präklusivisch wirkt124. 2.4.1 Der Begriff der Präklusion
Nach einhelliger Auffassung sind Einwendungen im Sinne des Präklusionsbegriffs sachliches Gegenvorbringen im Verwaltungsverfahren; bei Drittbetroffenen muß es sich auf eine befürchtete Gefährdung von Rechtsgütern beziehenl25. Die verwaltungsverfahrensrechtliche Einwendungsbefugnis ist nicht identisch mit der prozeßrechtlichen Klagebefugnis 126 , geht vielmehr über jene hinaus. Ihr unterfallen nicht nur subjektive Abwehrrechte Dritter etwa privatrechtlicher Artl2 7 oder in Herleitung aus den Grundrechtenl2B -, ausreichend ist bereits ein Berührtsein in eigenen Belangen. Einwendungsberechtigt ist mithin jeder, dessen tatsächliche Verhältnisse durch die Maßnahme der Verwaltung nachteilig beeinflußt werden, "dem (schon) in tatsächlicher Hinsicht eine Beschwer oder ein Nachteil droht"l29. Hinsichtlich der Ausschlußwirkung gegenüber - verfristeten - Einwendungen werden Rechtsformen formeller und materieller Präklusion unterschieden: Begnügt sich das jeweilige Gesetz mit der bloßen Regelung von Einwendungsfristen, so wurde bislang überwiegend eine lediglich verfahrensrechtliche und damit formelle Ausschlußwirkung angenommen; bringt der Einwendungsberechtigte seine Einwendungen nicht rechtzeitig vor, verliert er den Anspruch darauf, daß sich die zuständige Behörde im Verwaltungsverfahren mit seinem Vorbringen befaßt130. Eine darüber hinausgehende (Ausschluß-)Wirkung für den Verwaltungsprozeß sollte hieraus nicht folgen 131 . Hierzu oben,§ 14, bei Fn. 466f. Hierzu Baumann, BayVBl. 1982, 257, 262; W. Schmidt, Einführung, Rdn. 141, 175; weit Nachw. nachfolgend. 125 BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980-7 C 101.78 - , BVerwGE 60, 297, 297 Ls. 2; eingehend Ronellenfitsch, VerwArch 74 (1983), 369, 369f.; Papier, NJW 1980, 313, 315. 126 § 42 Abs. 2 VwGO; entsprechendes gilt gegenüber der Rechtsverletzung i. S . d. § 113 Abs. 1 VwGO. 127 §§ 1004, 903, 907, 823 BGB; Papier, NJW 1980, 313, 315. 128 Etwa Art. 14 GG; daneben aber auch einfachgesetzlicher Art, etwa § 17 Abs. 4 FStrG. 129 Papier, NJW 1980, 313; auch Meyer, in: Meyer I Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 73 Rdn. 17; Bonk, in: Stelkens I Bonk I Leonhard, VwVfG, § 73 Rdn. 38; Kopp, VwVfG, § 73 Rdn. 23; Blümel, Festschrift W. Weber, S. 539, 558ff. m. w.N. 123 124
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Eine materielle Präklusion im letzteren Sinne, die auch die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Einwendung ausschließt, fand sich hingegen in den Fällen bejaht, in denen Gesetzesbestimmungen neben der Fristenregelung einen Ausschluß nicht fristgerecht vorgebrachter Einwendungen ausdrücklich vorschreiben132. Aufgrund jüngerer höchstgerichtlicher Entscheidungen ist die Frage nach Art und Umfang der Präklusion erneut in die Diskussion geraten. Hierauf wird näher einzugehen sein. Zunächst sind die einschlägigen Vorschriften jedoch zu bestimmen. 2.4.2 Regelung der Präklusion im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht
Nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht kann aufgrund § 73 Abs. 4 VwVfG im Planfeststellungsverfahren jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan erheben, und zwar schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde. § 73 Abs. 6 VwVfG zufolge hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen in einem Erörterungstermin mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zu erörtern. Die Anhörungsbehörde kann sich auch mit verspätet erhobenen Einwendungen befassenl33. Angesichts dieses Wortlauts werden die Bestimmungen als Ausdruck lediglich formeller Präklusion angesehen; sie gelten überall dort lückenfüllend, wo Spezialregelungen bei Planfeststellungen des besonderen Verwaltungsrechts, hier des Umweltrechts, fehlenl34. 2.4.3 Regelungen der Präklusion im Umweltrecht
Vorschriften der Präklusion finden sich im Abfallbeseitigungs-, Wasserhaushalts-, Atom-, Immissionsschutzrecht sowie- auf den ersten Blick- im Flurbereinigungsgesetz135. 130 Die Anhörungsbehörde kann allerdings von sich aus verspätet vorgebrachte Einwendungen im Erörterungstermin mitbehandeln, Papier, NJW 1980, 313, 314 und Fn. 15 unter Hinweis auf einschlägige Vorschriften. 131 BVerwG, Urteil v . 10. 4. 1968- IV C 227.65 -, BVerwGE 29, 282, 284; U rteil v . 14. 4. 1967 -IV C 42.65 -, BVerwGE 26, 302, 303; OVG Lüneburg, Urteil v. 19. 10. 1965 - II OVG A 13/65 -, DVBl. 1966, 411, 413; Blümel, BB 1963, 883; Papier, NJW 1980, 313, 314m. w.N. in Fn. 18, gegen HessVGH Urteil v. 17. 1. 1962-05 II 169.60-, DÖV 1962, 436f.; vgl. aber Ronellenfitsch, VerwArch 74 (1983), 369, 386f.; hierzu unten, bei Fn. 144ff. 132 Etwa§ 10 Abs. 3 BlmSchG, § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV; Papier, NJW 1980, 313, 314 mit umfangr. Nachw. auf Rechtsprechung und Literatur in Fn. 20. 133 Zu Zustellungsfragen in Massenverfahren Bambey, DVBl. 1984, 374. 134 Ronellenfitsch, VerwArch 74 (1983), 369, 374f.
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Für Planfeststellungen treffen die §§ 21 Abs. 4, 22 Abs.1 AbfG, § 9b Abs. 5 AtG (betr. die Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle) dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht entsprechende Vorkehrungen. So kann nach§ 21 Abs. 4 AbfG jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan erheben. Die Anhörungsbehörde ist befugt, auch verspätet erhobene Einwendungen zu erörtern,§ 22 Abs. 1 AbfG. Überwiegend wird diesen Vorschriften eine lediglich formelle Präklusionswirkung beigemessen136. Dasaufgrund § 31 Abs.1 Satz 1 WHG gebotene Planfeststellungsverfahren beim Ausbau eines Gewässers oder seiner Ufer war bislang durch eine materielle Präklusionswirkung gekennzeichnet, weil sich die Länder in Ausfüllung des Rahmenrechts durchweg am Bewilligungsverfahren orientierten137. Inzwischen lehnen sich die Landesvorschriften zunehmend an das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht an, so daß jedenfalls im Anwendungsbereich der Landeswassergesetze in Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, im Saarland und in Schleswig-Holstein von einem lediglich verfahrensrechtlichen Einwendungsausschluß auszugehen ist1 38 . Im Recht der Flurbereinigung scheint durch § 41 Abs. 2 FlurberG ein Akt materieller Präklusion bei der Feststellung des Wege- und Gewässerplans festgeschrieben zu sein 139. Dem steht indes entgegen, daß die eigentliche Betroffenenbeteiligung erst im Rahmen des Verfahrens zum Erlaß des Flurbereinigungsplans selbst erfolgti4o. Nach §59 Abs. 2 Satz 1 FlurberG müssen die Beteiligten Widersprüche gegen den bekanntgegebenen Flurbereinigungsplan zur Vermeidung des Ausschlusses in einem Anhörungstermin vorbringen. Diese Regelung- und nicht diejenige des§ 41 Abs. 2 FlurberGstellt daher eine Präklusionsvorschrift dar. Ihr wird z. T. eine materielle Ausschlußwirkung entnommen141. Präklusionswirkung zeitigen auch das immissionsschutzrechtliche und das atomrechtliche Erlaubnisverfahren. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BimSchG sind der Genehmigungsantrag und die nicht geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen nach der Bekanntmachung zwei Monate zur Einsicht auszu135 Keinen Fall der Präklusion stellt§ 155a BBauG dar; es geht hier um die Immunisierung eines fehlerhaften Staatsakts mit dem Mittel der Rügefrist, vgl. SchmidtAßmann, DVBl. 1984, 582, 587; zur- hier nicht vertiefungsbedürftigen-Kontroverse um die Vorschrift vgl. nur Hoppe, in: Ernst I Hoppe, Rdn. 331 dff. 136 Ronellenfitsch, VerwArch 74 {1983), 369, 374, unter Hinweis auf Hösel I v. Lersner, AbfG, Kz. 1310 Rdn. 35, Kz. 1320 Rdn. 5. 137 Gieseke I Wiedemann I Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 56. us Kritisch gegenüber dieser Entwicklung Ronellenfitsch, VerwArch 74 {1983), 369, 383f. 139 So Papier, NJW 1980, 313, 313. Ho Ronellenfitsch, VerwArch 74 {1983), 369, 377. 141 Ebd., 369, 377.
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Erbguth
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legen; innerhalb dieser Frist können Einwendungen gegen das Vorhaben schriftlich oder zur Niederschrift der Behörde erhoben werden. Nach Ablauf der Frist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtliehen Titeln beruhen. Entsprechendes gilt im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren aufgrund § 7 AtG und § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV142 • Ob hieraus eine formelle oder (auch) materielle Ausschlußwirkung folgt, ist nicht unstreitig. Auf § 73 Abs. 4, 6 VwVfG kann zur Beantwortung der Fragestellung nicht lückenfüllend zurückgegriffen werden, weil es sich nicht um Planfeststellungsakte, sondern um Genehmigungstatbestände handelt. Überwiegend findet sich - teilweise im Anschluß an die nachfolgend zu behandelnde Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts - eine materielle Präklusion im atom- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren befürwortet143 .
2.4.4 Meinungsstand zur materiellen Präklusion Das Bundesverwaltungsgericht144 und das Bundesverfassungsgericht145 haben sich in jüngeren Entscheidungen mit Fragen der materiellen Präklusion beschäftigt, und zwar vornehmlich anband des in § 3 Abs.l AtAnlV (a.F. = § 7 Abs.l Satz 2 AtVfV) geregelten Einwendungsausschlusses 146 . Beide Gerichte kommen zum Ergebnis, der Ausschluß verfristeter Einwendungen erstrecke sich hiernach - auch - auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren und führe zum Verlust der Möglichkeit, Genehmigungsabwehransprücheprozessual durchzusetzenl47. Zur Begründung verweist das Bundesverwaltungsgericht auf folgende Gesichtspunkte: Der Begriff des .,Vorbringens" in§ 2 Abs. 2 Nr. 2 AtAnlV bedeute schon dem Wortlaut nach mehr als eine bloße Mitteilung, setze vielmehr ein Mindestmaß an Konkretisierung voraus. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift diene das Vorbringen von Einwendungen der sachlichen Bewältigung des Vorhabens; es solle der Behörde .,gleichsam die Richtung für ihre Tätigkeit weisen" 148. Die Einwendungsberechtigung leite sich aus dem drittschützenden Charakter des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AtG her149, dem Vgl. ebd., 369, 377f. Ebd., 369, 378ff. mit umfangr. Nachw. in Fn. 68 und 73; abweichend Papier, NJW 1980, 313, 314ff., unter Hinweis auf gegenteilige Stellungnahmen in Fn. 21, a.a.O., 314. 144 BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980- 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297. 145 BVerfG, Beschluß v. 8. 7. 1982- 2 BvR 1187/80 -, BayVBL 1982, 621. 146 Zu § 17 Abs. 3, 4 WaStrG insoweit BVerwG, Urteil v. 6. 8. 1982 - 4 C 66.79 -, ZfW 1983, 33, und nachfolgend. 147 Des weiteren beseitige eine von der Genehmigungsbehörde zu Unrecht gewährte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht die materiell-rechtlichen Folgen des Einwendungsausschlusses, BVerwG v. 17. 7. 1980, a.a.O., 300. 148 I.d.S. auch BayVGH, Urteil v. 9. 4. 1979- Nr. 167 VI 77 -, DVBL 1979, 673, 68lff. 149 In der der Entscheidung zugrunde liegenden Fassung vom 23. 12. 1959, BGBL I, s. 814. 142 143
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wiederum die staatliche Schutzpflicht der Art. 2 Abs. 2, 14 GG zugrunde liege15o. Indem solcherart der Drittbetroffene mit seiner Einwendung einen Genehmigungsabwehranspruch zum Schutz einer grundrechtlich abgesicherten Rechtsstellung geltend mache, bedeute der Einwendungsausschluß aufgrund Verfristung den Verlust dieses Anspruchs151. Bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 AtAnlV spreche dafür, daß sich diese Präklusion nicht nur auf das Verwaltungsverfahren, sondern auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren erstrecke. Andernfalls hätte es nämlich der gesonderten Regelung des Einwendungsausschlusses nicht bedurft, weil sich die formelle Präklusion als selbstverständliche Konsequenz einer Fristenregelung ergebe152. Dem entspreche der systematische Zusammenhang, in dem die Vorschrift zur Ermächtigungsnorm des § 7 Abs. 3 AtG (a. F .) stehe: Hiernach habe der Verordnungsgeber das Genehmigungsverfahren "nach den Grundsätzen der§§ 17- 19 und 49 der Gewerbeordnung" zu regeln. § 3 Abs. 1 AtAnlV entspreche demnach§ 17 Abs. 2 GewO a. F., der seit jeher im Sinne endgültiger, materieller Präklusion interpretiert worden sei153, und zwar im Hinblick auf das zur Geltungszeit des § 17 Abs. 2 GewO eröffnete Rekursverfahren und, wo dies landesrechtlich vorgesehen gewesen sei, auch hinsichtlich der Berufung an einen Verwaltungsgerichtshof. Für einen auch verwaltungsgerichtlich zu beachtenden Rechtsverlust spreche schließlich Sinn und Zweck des§ 3 Abs. 1 AtAnlV154 . Der Vorschrift komme eine Ausgleichsfunktion im Rahmen des mehrpoligen Rechtsverhältnisses zwischen Hersteller/Betreiber - Behörde - Drittbetroffenen zu. Die Beschränkung des dem Dritten in § 7 Abs. 2 Nr. 2 AtG eingeräumten Abwehrrechts werde gerechtfertigt durch das Mehr an vorverlagertem Rechtsschutz aufgrundder Verfahrensbeteiligung und der damit eröffneten Einflußnahme auf den Inhalt der Genehmigung1 55. Indem§ 3 Abs.1 AtAnlV die Auswirkungen der drittschützenden Wirkung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AtG mildere und die Bestandskraft einer einmal erteilten Genehmigung stärke, mache die Vorschrift das Risiko überschaubarer, das der Hersteller/Betreiber eingehe, wenn er von der erteilten Genehmigung vor Unanfechtbarkeit Gebrauch mache. Des weiteren zwinge die materielle Präklusion potentiell Drittbetroffene frühzeitig dazu, sich klar zu werden, "ob und in bezugauf welche Rechtsposition sie sich gegen das Vorhaben zur Wehr setzen wollen", gebe damit der Genehmigungsbehörde den bestmöglichen Überblick über die zu berücksichtigenden Interessen und Belange, was eine größere Gewähr für die Richtigkeit der sodann getroffenen Entscheidung biete. Die Ausschlußwirkunghabe zugleich eine Filterfunktion gegenüber potentiellen Klagen, weil die Einwenderaufgrund ihrer Teilnahme am Erörterungstermin die Stichhaltigkeit ihres Vorbringens überprüfen und dergestalt die Rechtmäßigkeit der Genehmigungserteilung eher akzeptieren könnten15s. § 3 AtAnlV stünden in dieser Interpretation auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen157. Der aus Art. 2 Abs. 2 und Art.14 GG resultierenden Schutz15o BVerwG v. 17. 7. 1980, a. a. 0., 301. 151 Wobei die Frage, ob es sich um einen Fall der Anspruchsverwirkung oder Anspruchslähmung handele, wegen fehlender Relevanz für das praktische Ergebnis offenbleiben könne, BVerwG v. 17. 7. 1980, a. a. 0., 301. 152 Unter Hinweis auf (dem-)entsprechende Vorschriften (§ 10 Abs. 4, 5 LuftVG, § 18 Abs. 6 FStrG, § 22 Abs. 1 AbfG sowie § 73 Abs. 6 VwVfG); demgegenüber § 17 WaStrG, § 10 BimSchG; BVerwG v. 17. 7. 1980, a.a.O., 302. 153 BVerwGv.17. 7. 1980, a.a.O., 301 m.w.N. 154 BVerwG v. 17. 7. 1980, a. a. 0., 303. 155 BVerwGv.17. 7.1980, a.a.O., 304. 156 BVerwG v. 17. 7. 1980, a. a. 0., 304. 17'
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pflicht des Staates werde nicht nur durch die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen Rechnung getragen. Darüber hinaus bedürfe es - ähnlich wie bei staatlichen Eingriffsgesetzen - der Einräumung von Abwehrrechten zugunsten Drittbetroffener. Dieser Schutzpflicht habe der Gesetzgeber durch die Präklusionswirkung des § 3 Abs. 1 AtAnlV nicht zuwidergehandelt: Der Mitwirkungsbefugnis Dritter korreliere eine entsprechende Mitwirkungslast; die Beteiligung diene nicht nur dem Informationsbedürfnis der Verwaltung, sie wolle dem Dritten auch in einem möglichst frühzeitigen Stadium Einfluß auf die Entscheidung gewähren158. Im übrigen entspreche § 3 Abs. 1 AtAnlV dem Gedanken der Risikobegrenzung für den Antragsteller, nämlich als Ausgleich für die Dritten gewährte Einflußnahmemöglichkeit auf die behördliche Willensbildung; die Vorschrift balanciere "die auf ein mehrpoliges Rechtsverhältnis einwirkenden, jeweils auf materielle Grundrechtspositionen zurückzuführenden Interessen aus" und bringe sie in ein angemessenes Verhältnis zueinander159. Dies gelte- auch- hinsichtlich des Umfangs der Ausschlußwirkung1so. Zum einen werde im Falle der Änderung rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eine erneute Bekanntmachung des Vorhabens nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 AtAnlV, der ebenfalls drittschützenden Charakter habe, erforderlich. Zum anderen erfasse die Präklusion weder Ansprüche auf Widerruf bzw. Rücknahme einer Genehmigung oder auf Erlaß nachträglicher Anordnungen noch eine auf Feststellung der Nichtigkeit einer atomrechtlichen Genehmigung gerichtete K.lage1s1. Schließlich legt§ 3 Abs.1 AtAnlV den Drittbetroffenen nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine unangemessen hohen verfahrensrechtlichen Hindernisse in den Weg162. Die ausgelegten Unterlagen müßten nach§ 1 Abs. 2 AtAnlV so beschaffen sein, daß sie eine hinreichend genaue Informationsquelle für Dritte abgäben. Im übrigen seien Einwendungen bereits dann als substantiiert anzusehen, wenn das jeweilig als gefährdet angesehene Rechtsgut vom Einwender bezeichnet werde. Nicht erforderlich sei ein Vorbringen dahingehend, warum die Gefährdung befürchtet werde163. Wer allerdings ein Rechtsgut nur pauschal benenne, könne auch nur eine entsprechend allgemeine Prüfung im Genehmigungsverfahren erwarten. Auf besondere, vom üblichen 157 A.a.O., 305ff. 158 Die Präklusionswirkung sei vor diesem Hintergrund Ausdruck des Verwirkungsgedankens, indem ausgeschlossen werde, daß jemand ein Ergebnis, auf das er hätte Einfluß nehmen können, dieses aber nicht getan hat, nachträglich wieder in Frage stellen könne, BVerwGv. 17. 7. 1980, a.a.O., 306. 159 BVerwG v. 17. 7. 1980, a.a.O., 307. 1so A.a.O., 307ff. 161 BVerwG v. 17. 7. 1980, a.a.O., 308; ebensowenig erstrecke sie sich auf Tatsachen, die fristgerecht nicht vorgebracht werden konnten, weil sie erst später eingetreten seien. Im übrigen sei die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach§ 32 VwVfG eröffnet, a. a. 0., 309; sollte eine Wiedereinsetzung am Abschluß des Genehmigungsverfahrens und der Genehmigungserteilung scheitern, trete die Präklusion ebenfalls nicht ein; vielmehr könnten innerhalb einer rechtzeitig erhobenen Anfechtungsklage die bislang unverschuldet nicht erhobenen Einwendungen noch vorgebracht werden. Auch lasse die Ausschlußwirkung die Amtsermittlungspflicht unberührt, so daß präkludierte Einwendungen ebenfalls von der Behörde nach Maßgabe des§ 7 Abs. 2 Nr. 2 AtG (a. F.) zu berücksichtigen seien, a.a.O., 309. 162 BVerwGv.17. 7.1980, a.a.O., 310ff. 163 BVerwG v. 17. 7. 1980, a .a .O., 311 ; strengere Anforderungen stellt der BayVGH, Urteil v. 9. 4. 1979- Nr. 167 VI 77 -, DVBL 1979, 673, 683.
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abweichende Dispositionen müsse der Einwender eigens hinweisen, um eine diesbezügliche Berücksichtigung zu erreichen. Weiter hält das Gericht es für ausreichend, daß potentiell betroffene Dritte gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 AtAnlV in der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens auf die Rechtsfolge des § 3 Abs. 1 AtAnlV hingewiesen werden. Nicht erforderlich sei eine Belehrung dahingehend, welche Anforderungen an eine formgerechte Einwendung zu stellen seien, und daß die Präklusion auch für das gerichtliche Verfahren gelte164 . Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluß vom 8. 7.1982 165 die Einschätzungen des Bundesverwaltungsgerichts vor dem Hintergrund des Art.19 Abs. 4 GG bestätigt. Zwar könnten sich aus Art. 19 Abs. 4 GG Vorwirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens ergeben, dahingehend nämlich, daß letzteres nicht angelegt sein dürfe, den gerichtlichen Rechtsschutz zu vereiteln oder unzumutbar zu erschweren. Hieraus folgten jedoch in erster Linie Anforderungen an das Verhalten der Verwaltungsbehörden im Verfahren selbst. In bezug auf den Bürger dürften Ausschlußnormen zwar keine unzumutbaren Erschwerungen des Zugangs zu den Gerichten bewirken, wenn der einzelne festgestellt wissen wolle, daß seine Rechteaufgrund der Präklusionsregelung nicht eingeschränkt oder erloschen seien. Solches bewirke § 3 Abs. 1 AtAnlV indes nicht 166. Die Vorschrift verletze in der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht das aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Gebot wirkungsvollen Rechtsschutzes. Weder verwehre sie den Verwaltungsgerichten, umfassend tatsächlich und rechtlich ihre Anwendbarkeit im konkreten Fall nachzuprüfen, noch seien die Gerichte gehindert, einer insoweit festgestellten Rechtsverletzung Betroffener abzuhelfen1 67. § 3 Abs.1 AtAnlV überschreite nicht die gesetzliche Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 2 Satz 3 AtG, der nur zur Regelung des Verwaltungsverfahrens ermächtige. Konsequenzen der Ausschlußwirkung für das gerichtliche Verfahren, etwa im Hinblick auf die Klagebefugnis, seien nicht dem gerichtlichen Verfahrensrecht zuzuordnen, sondern ihrem Ursprung entsprechend der jeweiligen Sachmaterie. Im übrigen teilt das Gericht die rechtssystematischen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Bezugnahme der Verordnungsermächtigung auf die Gewerbeordnung und zur materiellen Ausschlußwirkung des früheren § 17 Abs. 2 GewO. § 3 Abs.1 AtAnlV verletze des weiteren nicht den Wesensgehalt von Grundrechten, etwa des Art. 2 Abs. 2, Art. 12, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, weil er Drittbetroffenen durch fristgemäßes Vorbringen von Einwendungen ermögliche, verfahrensrechtliche wie materiell-rechtliche Rechtsstellungen ungeschmälert zu wahren, ohne daß die diesbezüglichen Anforderungen unverhältnismäßig oder unzumutbar wären 168 .
164 BVerwG v. 17. 7. 1980, a.a. 0., 312; die Genehmigungsbehörde ihrerseits verfüge über keine rechtliche Möglichkeit, eine bereits eingetretene materielle Ausschlußwirkung nachträglich wieder zu beseitigen, wenn Wiedereinsetzungsgründe zugunsten des Einwendungsführers nicht vorlägen, a.a.O., 314; der Ausschlußwirkung unterliege schließlich auch Eigentum, das erst nach Ablauf der Frist des § 3 Abs. 1 AtAnlV erworben werde; Einwendungen seien rechtsgutbezogen, folglich müsse sich der Rechtsnachfolger die beim Rechtsvorgänger eingetretene Bestandskraft entgegenhalten lassen, a.a. O., 315. 165 A. a . 0 ., BayVBl. 1982, 621. 166 BVerfG v. 8. 7. 1982, a. a. 0., 624. 167 BVerfG v. 8. 7. 1982, a. a. 0., 624. 16B BVerfG v. 8. 7. 1982, a.a.O., 625.
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Die Präklusion entspreche einem triftigen öffentlichen Interesse an Rechts- und Verkehrssicherheit. Der Kreis der möglicherweise Einwendungsbefugten sei unüberschaubar, derjenige der potentiell in ihren Rechten Betroffenen regelmäßig nicht zu überblicken. Angesichts dessen müsse innerhalb einer angemessenen Frist Klarheit über den Bestand der Genehmigung herbeigeführt werden können. Das Bundesverfassungsgericht hebt hierfür v. a. drei Gründe hervor: Eine hinreichende Ermittlung und Würdigung der Sachverhalte im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren sei nur gewährleistet, wenn die - potentiell - Drittbetroffenen ihre Einwendungen bereits im Verwaltungsverfahren vorbringen müßten. Die Amtsermittlungspflicht allein gewährleiste dies in Massenverfahren nicht. Den Gerichten wiederum obliege lediglich die Rechtmäßigkeitskontrolle der getroffenen Entscheidung, nicht aber dürften sie ihre Bewertungen an die Stelle derjenigen der Verwaltung setzen169. Zum zweiten verstärke das Einwendungsverfahren die Wirksamkeit des Rechtsschutzes für die möglicherweise in ihren Rechten Betroffenen, indem frühzeitig ein Ausgleich der berührten Interessen erfolge: "Das Einwendungsverfahren ermöglicht es dabei, Rechtsschutz bereits in einem Zeitraum wirksam werden zu lassen, in dem vollendete Tatsachen auf den Entscheidungsprozeß noch nicht zu wirken vermögen170." Drittens wahre die Ausschlußregelung des § 3 Abs. 1 AtAnlV die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Gerichte, indem sie auf eine Konzentration und Zügigkeit des Prüfungsvorgangs hinwirke. Es stehe letztlich auch im Interesse des Herstellers/Betreibers und der Drittbetroffenen, innerhalb einer angemessenen Frist Klarheit über die Genehmigungserteilung und die Möglichkeit(en) diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu erhalten. Wie das Bundesverwaltungsgericht sieht auch das Bundesverfassungsgericht keine unzumutbaren Anforderungen der Atomanlagenverordnung an das form- und fristgerechte Vorbringen von Einwendungen. Nach seiner Auffassung reicht es für die Substantiierung der Einwendungen ebenfalls aus, wenn sie in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden171 • Mit Urteil vom 6. 8. 1982172 hat das Bundesverwaltungsgericht auch im wasser(straßen)rechtlichen Planfeststellungsverfahren einen Fall materieller Präklusion aufgrund § 17 Abs. 3, 4 WaStrG angenommen und zur Begründung auf die zuvor geschilderten Entscheidungen Bezug genommen. Der Wortlaut der Vorschrift sei zwar weniger eindeutig als derjenige des § 10 Abs. 3 Satz 3 BimSchG und des § 7 Abs. 1 Satz 2 AtAnlV. Sachlich gelte aber nichts Abweichendes: Indem § 17 Abs. 4 WaStrG vorschreibe, daß in der öffentlichen Bekanntmachung des Planvorhabens auf den Ausschluß verspäteter Einwendungen hinzuweisen sei, setze er den Ausschluß selbst voraus. Aus systematischen Gründen sei gesetzlich immer dann eine materielle Präklusion gewollt, wenn vom "Ausschluß" der Einwendungen die Rede sei173. Dem entspreche die Entstehung des Wasserstraßengesetzes, weil es an den Wassergesetzen der Länder orientiert gewesen sei, die nach einhelliger Meinung materielle Aus169 170 171 172 173
BVerfG v. 8. 7. 1982, a.a.O., 625. BVerfG v. 8. 7. 1982; a. a. 0., 625. BVerfGv. 8. 7. 1982, a.a.O., 625. A.a.O., ZfW 1983,33. BVerwG, Urteil v. 6. 8. 1982-4 C 66.79 -, ZfW 1984, 33, 35f.; hierzu Ronellenfitsch, VerwArch 74 (1983), 369, 385.
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Schlußvorschriften zum Inhalt gehabt hätten174. Schließlich lasse sich § 22 WaStrG die rechtsnormative Zielsetzung entnehmen, den festgestellten Plan umfassend gegen spätere Einwendungen zu schützen. Nur die Annahme einer materiellen Präklusion stehe im Einklang mit diesem Zweck1 75.
Die zeitlich nach den geschilderten Entscheidungen veröffentlichten Stellungnahmen der Literatur folgen prinzipiell der Rechtsprechung176 • Besonderer Beifall ist dem Bundesverfassungsgericht von Ronellenfitschl77 zuteil geworden. Über das Atom-, Immissionsschutz- und Wasserrecht hinaus seien sämtliche Regelungen, denen zufolge Behörden verspätet erhobene Einwendungen noch nachträglich berücksichtigen könnten, als exzeptionelle Ausdehnungen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu verstehen, die nichts daran änderten, daß der Einwender seine Rechtsposition verwirkt habe: "Der ,Einwender' ist dann nur noch Informant der Behörde176." Historisch gesehen seien alle Einwendungsfristen Ausschlußfristent79. So stehe etwa nichts entgegen, einen materiellen Einwendungsausschluß auch im luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren anzunehmen. Insgesamt sprächen verfassungsrechtliche Erwägungen eher für als gegen eine extensive Handhabung der Ausschlußfristen. Die eleganteste Lösung sei es, § 73 Abs. 6 VwVfG eindeutig im Sinne einer materiellen Präklusion neu zu fassentso. Ähnlich verhält sich Schenke, der die materielle Präklusion für prinzipielllegitim hält, wenn auf die Rechtsfolge des Unterlassens von Einwendungen hingewiesen worden sei1 61 . Im Einklang mit der Rechtsprechung und im Anschluß an Redeker182 erscheint es ihm im Interesse einer frühzeitigen optimalen Sicherung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeins vertretbar, die Mitwirkung der Betroffenen zugleich als Last auszugestalten. Anderenfalls drohe ein "hypertrophierender" Rechtsschutz, der sich nicht nur in Gegensatz zu den Anforderungen effektiven Verwaltungshandeins setze, sondern auch das "gesteigerte" Schutzinteresse des Anlagenbetreiberg verletze163 .
Demgegenüber waren vor den Entscheidungen des Bundesverwaltungsund des Bundesverfassungsgerichts im Schrifttum zunehmend verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Erstreckung der Präklusion auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren laut gewordenl84. Insbesondere wurde betont, Ausschlußfristen seien keine Sachurteilsvoraussetzungen wie Widerspruchs- oder Klagefristen; sie seien daher angesichts Art. 19 Abs. 4 GG 174 BVerwGv. 6. 8.1982, a.a.O., 36. 175 A.a.O., 37. 176 Vgl. allgemein Pietzcker, VVDStRL 41 (1983), S. 193, 205; Wolfrum, DÖV 1979, 497. 177 VerwArch 74 (1983), 369, 386; auch Redeker, NJW 1980, 1593, 1597f.; Breuer, Endlagerung, S. 49; Berger, Umweltrechtliche Nachbarklagen, S. 221ff. 178 A.a.O., 386. 179 A.a.O., 387. 180 Ronellenfitsch, VerwArch 74 (1983), 369, 387. 181 In: Bonner Kommentar, Art. 19 Abs. 4, Rdn. 436. 182 NJW 1980, 1593, 1597f. 163 Schenke, in: Bonner Kommentar, Art. 19 Abs. 4, Rdn. 436. 164 Wolfrum, DÖV 1979, 497; Hofmann, JA 1979, 553; Zuck, DVBL 1973, 646; ders., BB 1963, 671 ; vgl. die zusammenfassende Würdigung bei Papier, NJW 1980, 313, 314ff.
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nicht unproblematisch185. Der Verstoß gegen die grundgesetzliche Rechtsschutzsicherung folge des weiteren daraus, daß die Betroffenen auf die Folge der Verfristung nicht hingewiesen würden18s. Fristenregelungen des Verwaltungsverfahrens, die Einwendungen in diesem Sinne ausschlössen, seien zudem nicht vergleichbar mit jenen prozessualer Art. Im Gegensatz zu letzteren hindere die Präklusion nämlich die Entstehung subjektiver Abwehrrechte, sofern der Drittbetroffene seine Rechtsposition nicht präventiv, also bereits vor der Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt geltend mache187. Art.19 Abs. 4 GG gebiete demgegenüber, daß zugunsten des einzelnen prinzipiell die Möglichkeit bestehen müsse, gegen einen ergangenen Hoheitsakt der öffentlichen Gewalt repressiven Gerichtsschutz in Anspruch nehmen zu können 188. Zumindest sei eine solche Einschränkung prozessualer Abwehrrechte nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt! 59. Eine Konzentration und Beschleunigung der Verfahren werde durch die materielle Präklusion schon deshalb nicht erreicht, weil es lediglich der Geltendmachung des Abwehrrechts bedürfe, um den Eintritt des Einwendungsausschlusses zu verhindern, nicht aber der tatsächlichen Begründung. Auch wirke die Präklusion nicht gegenüber Dritten, die nach Fristablauf Abwehrrechte erlangt hätten19o. Die Bestandskraft der behördlichen Entscheidung werde auf diesem Wege ebensowenig sichergestellt: Die Ausschlußwirkung erfasse nach Fristablauf entstandene Abwehrrechte nicht; im übrigen bestünde die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei schuldloser Fristversäumung nach § 32 VwVfG191 .
2.4.5 Beurteilung der materiellen Präklusion Grundsätzliche Bedenken gegen die Annahme einer materiellen Präklusionswirkung des § 3 Abs. 1 AtAnlV leiten sich aus dem zum Verhältnis zwischen gerichtlichem Rechtsschutz und verwaltungsverfahrensrechtlicher Rechtswahrung Ausgeführten herl92. 185 Ule, BB 1979, 1009, 1012. 186 Ebd., 1009, 1012, unter Hinweis auf§ 10 Abs. 3, 4 Nr. 2 BimSchG, §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AtAnlV. 187 Papier, NJW 1980, 313, 318; insoweit zustimmend Redeker, NJW 1980, 1593, 1597. 188 Papier, NJW 1980, 313, 318. 189 Ebd., 313, 319. 190 Ebd., 313, 319; im übrigen habe der Gesetzgeber selbst den Einwendungsausschluß in vergleichbaren Verfahren, bei denen das Konzentrationsbedürfnis nicht geringer zu veranschlagen sei, -lediglich- auf das Verwaltungsverfahren bezogen; hierzu auch oben, bei Fn. 135 ff. 191 Ebd., 313, 320; allerdings seien auf der anderen Seite die begrenzten Möglichkeiten einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebührend zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung habe sie zum Inhalt, daß aufgrundeiner Entscheidung der Gerichte oder Behörden die Zulässigkeit einer verspätet vorgenommenen Verfahrenshandlung wiederhergestellt werde. Deshalb komme eine Wiedereinsetzung nur hinsichtlich verfahrensrechtlicher Präklusionsformen in Betracht. Sei bereits die behördliche Sachentscheidung betroffen, könne hingegen bei schuldloser Fristversäumung nicht mehr über § 32 VwVfG Abhilfe geschaffen werden, weil es aufgrund des Abschlusses des Verfahrens an der Nachholbarkeit der Verfahrenshandlung fehle, Papier, a.a.O., 313, 321; hierzu aber unten, bei Fn. 233. 192 Siehe oben, bei Fn. 31 ff.
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Die Rechtsverwirklichung im Verwaltungsverfahren stellt einen eigenständigen behördlichen Auftrag der Rechtswahrung dar, nicht aber kann sie als vorverlagerter Rechtsschutz verstanden werden, wie das Bundesverwaltungsgericht meint192a. Zwischen Verfahrensrichtigkeit und Entscheidungsrichtigkeit besteht weder eine Beziehung der Kompatibilität noch der wechselseitigen Kompensation 193. Daraus folgt allgemein, daß Fristversäumnisse im Stadium des Verwaltungsverfahrens nur für den weiteren Entscheidungsvorgang Folgewirkungen zeitigen können: Der nachfolgende gerichtliche Rechtsstreit bleibt hiervon unberührt. Es tritt lediglich eine formelle, mithin keine materielle Präklusion ein. Schon dies spricht dafür, nicht nur den früheren § 3 AtAnlV, sondern sämtliche genannten Vorschriften des Umweltrechts194 wie die allgemeine verfahrensrechtliche Grundregell 95 als Ausdruck einer rein verwaltungsverfahrensbezogenen Ausschlußwirkung zu verstehen196 . Davon abgesehen bleibt gegenüber der Gedankenführung des Gerichts anzumerken, daß sich einerseits die staatliche Schutzpflicht zugunsten der Bürger betont findet, andererseits die hieraus abgeleiteten (Abwehr-) Ansprüche die Pflichtenstellung des Staates und damit den Schutz des Bürgers weitgehend wieder entwerten: So wird die im Atomrecht bestehende Aufgabe des Staates, den einzelnen vor den Gefahren und Risiken der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu schützen, auf Art. 14, 2 Abs. 2 GG gestützt19 7 • Hieraus leitet das Gericht effektive Abwehrrechte zugunsten Drittbetroffener her, die in Anknüpfung an die Rechtsprechung zu Eingriffsgesetzen jedenfalls in Fällen der Grundrechtsgefährdung die Genehmigungserteilung zu Fall bringen müssen 198. Die Überzeugungskraft dieser Ableitung der Einwendungsbefugnis im atomrechtlichen Erlaubnisverfahren findet sich freilich sehr schnell relativiert, indem das Bundesverwaltungsgericht den diesbezüglichen Vorschriften einen zumindest als gleichrangig eingestuften objektiv-rechtlichen Gehalt beimißt, dahingehend nämlich, daß die Beteiligung Dritter der Behörde die Richtung weisen und eine bestmögliche Gewähr für die Richtigkeit der Entscheidung bieten solle199. Eine- noch- weitergehende Entwer192a Siehe oben, bei Fn. 155. 193 Siehe oben, bPi Fn. 78ff. 194 Siehe oben, bei Fn. 135ff. 195 Hierzu oben, bei Fn. 133ff. 196 Zum Atomrecht in diesem Sinne Degenhart, Kernenergierecht, S. 224; zur
Interpretation des Wortlauts des§ 3 AtAnlV unten, bei Fn. 211f. 197 Vgl. unten, bei Fn. 785ff.; in diesem Sinne für das luftverkehrsrechtliche Verfahren der Planfeststellung auch BVerwG, Urteil v. 27. 5. 1983 - 4 C 40.81 u. a. -, BVerwGE 67, 206, 209. 198 BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980-7 C 101.78-, BVerwGE 60, 297, 306. 199 BVerwG, Urteil v. 17. 7. 1980, a. a. 0., 306.
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tung der grundrechtlich geschützten Drittpositionen bedeutet es, wenn das Gericht als Grund für eine- seiner Ansicht nach notwendige- "Milderung" der drittschützenden Wirkung der Einwendungsvorschriften das den Drittbetroffenen gewährte "Mehr" an vorverlagertem Rechtsschutz ansieht. Damit setzt sich das Bundesverwaltungsgericht zugleich in Widerspruch zu seiner grundrechtsbezogenen Begründung der Effektivität von Abwehrrechten. Wenn Art.14 und 2 Abs. 2 GG die verfahrensrechtliche Einwendungsbefugnis gebieten, dann kann darin kein "Mehr" an vorgelagertem Rechtsschutz liegen, sondern eben nur das vom Grundgesetzgeber Verlangte2oo. Folglich läßt sich hierauf auch keine "Milderung" der drittschützenden Wirkung im Sinne einer auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren erfassenden Präklusion stützen. Ähnliches gilt gegenüber den damit verbundenen Hinweisen auf die Mehrpoligkeit des atomrechtlichen Verwaltungsrechtsverhältnisses und den notwendigen Schutz der Bestandskraft der Entscheidung, gerade aus Gründen der Risikobegrenzung zugunsten der Betreiber2ol. So fehlt es an einer näheren Begründung, weshalb und inwiefern Rechte des Antragstellers geeignet sind, die grundrechtlich gesicherten Abwehrrechte Dritter "zu mildern", d.h. zu schmälern. Denn ob auf Betreiberseite ebenfalls zu schützende Grundrechtspositionen bestehen, ist aus an anderer Stelle dargelegten Gründen im Bereich der Energiewirtschaft äußerst zweifelhaft202. Die Problematik wird vom Gericht ebensowenig angegangen, wie die sich bei Annahme einer fehlenden Grundrechtsfähigkeit anschließende Frage, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse eine Präklusion der Einwendungsbefugnis rechtfertigt. Des weiteren fehlt es an einer Stellungnahme, ob die fehlende Waffengleichheit im Verhältnis AntragsteUerDrittbetroffener einem auf den Gedanken der Risikobegrenzung gestützten materiellen Ausschluß verfristeter Einwendungen nicht entgegensteht dies, obwohl das Gericht in anderem Zusammenhang, nämlich bei Überlegungen zu einer Verschärfung der Substantiierungslast im Einwendungsverfahren von jenem ungleichen Kräfteverhältnis ausgeht2o3. Gleichfalls unerörtert bleibt, warum bei den vom Bundesverwaltungsgericht selbst als Anwendungsfälle rein verfahrensrechtlicher Präklusion Krebs, DVBL 1984, 109, 113. BVerwG, a.a.O., 297; hierzu auch Schmidt-Aßmann, NVwZ 1983, 1, 6, mit dem Hinweis, bei komplexen Verwaltungsvorgä~_gen sei -anders als in Fällen sonstigen Verwaltungshandeins - eine gerichtliche Uberfremdung der Exekutive aufgrund einer Vielzahl von Abwehrklagen eingetreten. Freilich vermag die Inanspruchnahme prozessual vorgesehener Rechtsschutzmöglichkeiten die Eigenständigkeit der Exekutive kaum zu gefährden. Zutreffend allerdings der Hinweis Schmidt-Aßmanns, a. a. 0., auf die Notwendigkeit eines stärkeren legislativen "Nachfassens" im technisrh