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German Pages 183 Year 1990
SUNG-SOO K I M
Rechtfertigung von Sonderabgaben
T ü b i n g e r Schriften z u m Staats- u n d Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit M a r t i n Heckel, Ferdinand Kirchhof Hans von Mangoldt, Thomas Oppermann Günter Püttner sämtlich in Tübingen
Band 6
Rechtfertigung von Sonderabgaben Ein Beitrag zum Sonderabgabenrecht nach deutschem und koreanischem Recht
Von Dr. Sung-Soo Kim
Duncker & Humblot - Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kim, Sung-Soo: Rechtfertigung von Sonderabgaben: ein Beitrag zum Sonbderabgabenrecht nach deutschem und koreanischem Recht / von Sung-Soo Kim. — Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht; Bd. 6) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06876-9 NE: GT
D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: TecDok Angelika März, Tübingen Fotoprint: Color-Druck Dorf! GmbH, Berlin 49 Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-06876-9
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 1989/90 von der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Wichtige Literatur und Rechtsprechung konnte bis November 1989 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank für die Anregung zu dieser Arbeit und ihre großzügige Betreuung gilt meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Opperniann. Sein Rat, sein Vertrauen und seine Förderung waren für mich stets wissenschaftlicher Ansporn und menschliche Ermutigung. Des weiteren sei Herrn Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof für die geduldige und konstruktive Kritik und die Mühe der Fertigung des Zweitgutachtens bestens gedankt. Zu danken habe ich ferner Herrn Prof. Dr. Wolfgang Graf Vitzthum für die Aufnahme der Arbeit in die „Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht" sowie Herrn Prof. Dr. Armin Dittmann für die nachhaltige Unterstützung. Herrn Rechtsreferendar Hartmut Malinka bin ich für die sprachliche Ausformung sowie Frau Helga Reichert für die freundliche Hilfe dankbar. Für die materielle Unterstützung durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums danke ich gerne der Konrad-Adenauer-Stiftung. Zu Dank verpflichtet bin ich schließlich auch meinen Freunden SangHoon Yeo und Keuk-Jin Bai sowohl für die Bewältigung der technischen Probleme der Arbeit als auch vor allem für die alltägliche und menschliche Zusammenarbeit. Das Buch ist meinen Eltern und meiner Familie in Dankbarkeit gewidmet. Tübingen, im Januar 1990
Sung-Soo Kim
Inhalt
Einleitung
13
Erster T e i l Begriff der Sonderabgabe und ihre Abgrenzung gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben A. Steuer I. Vorbemerkung II. Geldleistung
15 15 15 16
III. Auferlegt von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen
17
IV. Der Zweck der Erzielung von Einkünften
22
1. Die ursprüngliche Funktion vom Merkmal des Einnahmeerzielungszwecks
22
2. Finanzzweck der Steuer
24
3. Außerfiskalische Zwecke der Steuer
25
V. Keine Gegenleistung für eine besondere Leistung
28
B. Vorzugslast
29
I. Gebühr
30
1. Verfassungsrechtlicher Gebührenbegriff?
30
2. Arten von Gebühren
32
a) Benutzungs- und Verwaltungsgebühr
32
b) Verleihungsgebühr
33
II. Beitrag
35
1. Verbandslast
36
2. Finanzbeitrag
37
Inhalt
8 3. Beitragsähnliche Abgabe
41
a) Der Begriff beitragsähnliche Abgabe
41
b) Mangel an staatlicher Leistung und individueller Zurechenbarkeit
42
C. Sozialversicherungsbeitrag
46
D. Sonderabgabe
48
I. Sonderabgaben als Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
48
1. Begriffswirrwarr bei Sonderabgaben
48
2. Mehrphasige Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben
49
a) Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu Zwangsanleihen und wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben
49
b) Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsausbildungsabgabe vom 10.12.1980
54
c) Rechtsprechungsentwicklung zu Sonderabgaben im Rahmen des Schwerbehindertenabgabe- und des Investitionshilfeabgabeurteils des Bundesverfassungsgerichts
57
aa) Das Urteil zur Schwerbehindertenabgabe vom 26.05.1981 . .
57
bb) Das Urteil zur Investitionshilfeabgabe vom 06.11.1984 d) Der Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben im Blick auf seine Entscheidungen zur Künstlersozial- und Fehlbelegungsabgabe
61
64
aa) Das Urteil zur Künstlersozialabgabe vom 08.04.1987
64
bb) Das Urteil zur Fehlbelegungsabgabe vom 08.06.1988
67
3. Zwischenergebnis II. Verantwortung als Begriffsmerkmal von Sonderabgaben
69 71
1. Verantwortung als Gegenleistung?
71
2. Der Inhalt sonderabgabenrechtlicher Verantwortung
73
3. Finanzzweck von Sonderabgaben
77
4. Besondere Finanzverantwortung statt besonderer Aufgabe des Staates
80
III. Einteilung von Sonderabgaben 1. Systematisierungsversuche im Schrifttum
82 82
Inhalt 2. Eigene Auffassung
87
a) Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung
87
b) Abgaben mit sozialer Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern
89
c) Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung
91
d) Abgaben mit vorteilsbezogener Abschöpfungsverantwortung . . . .
92
Zweiter Teil Gesetzgebungskompetenz und Umverteilungsproblematik von Sonderabgaben
94
A. Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben
94
B. Sonderabgaben und Umverteilung
96
I. Rechtfertigung fremdnütziger Sonderabgaben 1. Bedeutung der Gruppenhomogenität und Gruppennützigkeit für Sonderabgaben a) Gruppenhomogenität
96 96 96
b) Gruppennützigkeit
101
II. Anforderungen an fremdnützige Sonderabgaben III. Unzulässigkeit der Umverteilung durch Sonderabgaben
104 107
1. Begriff der Umverteilung
107
2. Umverteilung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge
109
3. Ausgleichsprinzip und Umverteilung
112
Dritter
Teil
Sonderabgaben als Instrument der Wirtschaftslenkung
116
A. Zur Zulässigkeit von Lenkungssonderabgaben
116
B. Verfassungsrechtliche Grenzen der lenkenden Sonderabgaben
118
I. Lenkende Sonderabgaben und die Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes
118
10
Inhalt
II. Lenkende Sonderabgaben und Grundrechte
120
1. Die Schutzwürdigkeit der Grundrechte gegenüber mittelbaren Einwirkungen
120
2. Lastengleichheit und lenkende Sonderabgaben
122
3. Eigentumsgarantie und lenkende Sonderabgaben
126
a) Problemstellung
126
b) Eigentumsgarantie als Schranke lenkender Sonderabgaben
131
4. Berufsfreiheit und lenkende Sonderabgaben III. Lenkende Sonderabgaben und das Rechtsstaatsprinzip
133 135
1. Abgabenlenkung unter dem Blickwinkel des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots
135
2. Formenvertauschung bzw. Formenmißbrauch der Lenkungssonderabgaben?
138
Vierter
Teil
Sonderabgaben in der Republik Korea A. Grundsätze des Finanzwesens in der koreanischen Verfassung I. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung
140 140 142
1. Zielsetzung des Grundsatzes
142
2. Inhalt und Ausnahme des Grundsatzes
143
II. Steuerpflicht
144
III. Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung
145
IV. Staatliche Intervention auf den Bereich der Wirtschaft nach Art. 119 Abs. 2 KV
146
B. Überblick über das System öffentlich-rechtlicher Abgaben in der Republik Korea
147
I. Der Begriff öffentlich-rechtliche Abgabe
147
II. Abgabenarten
149
1. Steuern
149
Inhalt 2. Vorzugslasten
151
a) Gebühren
151
b) Beitrage
152
3. Sozialversicherungsbeiträge
155
C. Sog. Quasi-Steuern
156
I. Begriff und Legitimation von Quasi-Steuern in der Republik Korea . . II. Abgaben mit Zwangscharakter (Quasi-Steuern im engeren Sinne) . . . .
156 158
III. Freiwillige Abgaben (Quasi-Steuern im weiteren Sinne)
159
IV. Qualifikation von Quasi-Steuern
160
V. Zulässige Sonderabgaben in der Republik Korea
161
1. Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung
161
2. Abgaben mit sozialer Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern
164
3. Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung
165
Zusammenfassung
167
Literatur
172
Abkürzungen AbwAG
Gesetz über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz)
AFWoG
Gesetz zum Abbau der Fehlsubventionierung und der Mietverzerrung im Wohnungswesen
AO
Abgabenordnung
APIFG
Gesetz zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen in der Berufsbildung (Ausbildungsplatzförderungsgesetz)
BBauG
Bundesbaugesetz
EStDV
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
EStG
Einkommensteuergesetz
Ges.-Nr.
Gesetz-Nummer
HebG
Hebammengesetz
IHG
Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft
KStDV
Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung
KStG
Körperschaftsteuergesetz
KSVG
Künstlersozialversicherungsgesetz
KV
Koreanische Verfassung
RAO
Reichsabgabenordnung
SchwbG
Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz)
Verord.-Nr.
Verordnung-Nummer
WHG
Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG)
WWiG
Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Weinwirtschaft (Weinwirtschaftsgesetz)
Im übrigen wird auf Hildebert Kirchner /Fritz Kastner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Auflage Berlin/New York 1983 verwiesen.
Einleitung Immer wenn neue öffentlich-rechtliche Abgaben (z.B. Wasserpfennig des Landes Baden-Württemberg, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, Naturschutzabgabe des Bundes u.s.w.) als Gegenstand der öffentlichen Diskussion oder gar der Rechtsprechung auftritt, beschränkt sich die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit solcher Abgaben nicht nur darauf, ob sie mit Blick auf die klassische Abgabentrias entweder als Steuer, Gebühr oder als Beitrag qualifiziert werden. Eine verfassungsrechtliche Prüfung dieser Art findet längst auch im Rahmen dessen statt, was heutzutage trotz erheblicher terminologischer Unterschiede im allgemeinen als Sonderabgabe bezeichnet wird. Der skizzierte Ansatz deutet bereits darauf hin, daß Sonderabgaben in den letzten Jahren allmählich als eigener Typ in das System öffentlich-rechtlicher Abgaben eingegliedert worden sind. Hiermit bildet die Abgrenzung der Sonderabgaben von anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben - und vor allem von den Steuern - den eigentlichen Kernpunkt der Problematik. Ihre Anerkennung und Systematisierung verdankt die Sonderabgabe in erster Linie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das durch seine Urteile zu einer Reihe von nichtsteuerlichen Abgaben den Weg zu einem dogmatisch gefestigten Recht der Sonderabgaben zu ebnen versuchte. In seinem epochemachenden Urteil zur Berufsausbildungsabgabe hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die bislang in einzelnen Entscheidungen verstreuten Erkenntnisse zur Sonderabgabe zusammengefaßt und ihre verfassungsrechtlichen Zulässigkeitskriterien ausgeführt. Selbst wenn die Kernthese dieser Rechtsprechung im Bereich des Sonderabgabenrechts eine weitgehende Resonanz erfahren hat, blieb unklar, ob die vom Gericht aufgestellten Kriterien, nämlich Gruppenhomogenität, Sachnähe, Gruppenverantwortung und Gruppennützigkeit, lediglich die verfassungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen oder zugleich die allgemeinen Begriffsmerkmale von Sonderabgaben darstellen. Damit stellt sich die Frage, ob diese Kriterien für jede Sonderabgabe uneingeschränkt gelten oder je nach der Funktion einer Abgabe ihre Geltung nicht in vollem Umfang in Anspruch nehmen sollen.
14
Einleitung
Angesichts dieser Unsicherheit wurden unterdessen Versuche unternommen, die Begriffsmerkmale von Sonderabgaben teils aus der von ihnen wahrzunehmenden Funktion, teils aus ihrem angeblichen Gegenleistungscharakter abzuleiten. Diese Bemühungen schlagen jedoch fehl, denn es geht bei der Charakterisierung einer Abgabe nicht um irgendeine Funktion, sondern um ihre verfassungsrechtliche Legitimierung. Das Erkenntnisziel der vorliegenden Arbeit liegt nun in der Rechtfertigungsproblematik von Sonderabgaben, und zwar im Herausfinden der sonderabgabenspezifischen belastungslegitimierenden causa. Als der die Erhebung von Sonderabgaben legitimierende Belastungsgrund wird in der vorliegenden Arbeit die aus der Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck resultierende besondere Verantwortung angesehen, die die Sonderabgaben als Sonderlast im Gegensatz zur steuerlichen Gemeinlast legitimiert und zugleich das Begriffsmerkmal von Sonderabgaben ist. Dagegen ist dem Kriterium der Gruppenhomogenität und Gruppennützigkeit, dessen allgemeine Gültigkeit sich im gesamten Sonderabgabenrecht als unwirksam erweist, nicht den Wesenselementen von Sonderabgaben zuzurechnen. Die Grundaussage der vorliegenden Arbeit, daß Sonderabgaben aufgrund einer sonderabgabenspezifischen Verantwortung der Abgabepflichtigen erhoben werden, gilt weiterhin sowohl für den Bereich der Umverteilung als auch der Abgabenlenkung, so daß weder eine fremdnützige noch eine lenkende Sonderabgabe ohne entsprechende Verantwortungsgrundlage als zulässig angesehen werden kann. Der politischen und finanzwissenschaftlichen Diskussion über die neuen öffentlich-rechtlichen Abgaben haben in jüngster Zeit sicherlich nicht nur die deutsche, sondern auch die fernöstliche Öffentlichkeit zumal in der Republik Korea - große Aufmerksamkeit geschenkt; dort werden die Abgaben solcher Art üblicherweise als „Quasi-Steuern" bezeichnet. Dennoch ist bislang in der Republik Korea eine grundlegende verfassungs- und abgabenrechtliche Beschäftigung mit Quasi-Steuern aus rechtswissenschaftlicher Sicht unterblieben. Die vorliegende Arbeit unternimmt aus diesem Anlaß den Versuch, den Standort von QuasiSteuern im Rahmen des gesamten koreanischen Abgabenrechts festzustellen und will damit zugleich einen rechtsvergleichenden Beitrag zum Sonderabgabenrecht allgemein liefern.
Erster T e i l
Begriff der Sonderabgabe und ihre Abgrenzung gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben A. Steuer I. Vorbemerkung In der Einleitung wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Abgrenzung der Sonderabgaben von anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben und zwar vor allem von den Steuern - der Mittelpunkt ist, von dem alle verfassungsrechtlichen Diskussionen über Sonderabgaben ausgehen. Die Begriffsmerkmale der Sonderabgabe können zunächst durch den Vergleich mit denen der Steuer in negativer Weise definiert werden1. Der Vorteil einer solchen Ermittlungsweise liegt in erster Linie darin, daß im Gegensatz zu Sonderabgaben über den Begriff der Steuer eine weitgehende Übereinstimmung besteht, obwohl das Grundgesetz selber über den Begriff der Steuer schweigt2. Die Auffassung, daß das Grundgesetz die Steuerdefinition des Art. 1 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (RAO) als die seit Jahrzehnten eingebürgerte Begriffsbestimmung des gemeindeutschen Steuerrechts 1
Vgl. Hemeler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, S. 15 ff., 27 ff.; Richter, Zur Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, S. 17 ff. 2 Trotzdem kommt der Ermittlung des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs insofern eine entscheidende Bedeutung zu, als nur Steuern verfassungsrechtlich geregelt worden sind, also die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeit von Steuern und der Finanzausgleich dazu bestimmt sind, die bundesstaatliche Struktur der Bundesrepublik Deutschland und die ihr entsprechende Finanzordnung so zu gewährleisten, daß sie den Aufgaben des Bundes und der Länder gerecht werden können, vgl. BVerfGE 32, 333 (338). Aus diesem Grund ergibt sich die Notwendigkeit, Steuern und nichtfiskalische Abgaben begrifflich voneinander abzugrenzen. Andernfalls könnte der Gesetzgeber unter Berufung auf seine Sachkompetenz nach Art. 70 ff. GG Abgaben einführen, die in Wahrheit Steuercharakter tragen, um damit die besonderen Gesetzgebungs-, Ertragsund Verwaltungskompetenzregelungen von Steuern zu umgehen, vgl. BVerfGE 55, 274 (304).
16
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
inhaltlich übernommen hat, wurde sowohl von der Rechtsprechung3 als auch zum überwiegenden Teil vom Schrifttum 4 vertreten. Danach sind unter dem Begriff der Steuer einmalige oder laufende Geldleistungen zu verstehen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Zölle fallen darunter; nicht darunter fallen Gebühren für besondere Inanspruchnahme der Verwaltung und Beiträge (Vorzugslasten)5. Prinzipiell scheiden die Abgaben demnach aus dem Begriff der Steuer aus, die weder von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften auferlegt werden noch eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen.
II. Geldleistung Da es sich bei Steuern um eine Geldleistung handelt, scheiden für die Auferlegung von Sach- oder Dienstleistungen die Steuern von vornherein aus6. Im übrigen läßt sich aus den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen nach Art. 105 ff. GG, die den Ein- und Zufluß des Geldmittels voraussetzen, bereits ablesen, daß hiermit Geldleistungen gemeint sind7.
3
Das ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 3, 407 (435); 7, 244 (251); 16, 306 (307); 29, 402 (408); 36, 66 (70); 38, 61 (79); 49, 343 (353); 55, 274 (299). 4 Knies (Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 42) spricht in diesem Zusammenhang von der Identitätsthese. S.a. Frìauf , Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 14 m.w.N.; Mattern, BB 1970, S. 1405 ff. (1406); Hübschmann /Hepp /Spitaler, AO, § 3, Rdnr. 14. Hingegen kritisch Leisner, Von der Verfassungsmäßigkeit ders Gesetze zur Gesetzmäßigkeit der Verfassung, S. 35. 5
Angesichts der Kritik an dem Steuerbegriffsmerkmal „Erzielung von Einkünften" hat die RAO in der neuen Abgabenordnung 1977 (AO) einige redaktionelle Änderungen erfahren. Danach kann die Erzielung von Einnahmen Nebenzweck der Steuer sein. 6
Daß auch hier Steuerzeichen oder Steuerstempel verwendet werden können, ändert an dem Charakter der Geldleistungspflicht von Steuern nichts, Tipke/ Kruse, AO § 3, Rdnr. 6. 7 Richter, Sonderabgaben, S. 20.
Α. Steuer
17
III. Auferlegt von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen Die Geldleistungen, die dem Rechtsgrund der Zahlungspflicht nach einseitig und ohne Rücksicht auf den Willen der Abgabepflichtigen durch einen hoheitlichen Akt bestimmt werden8, sind nur dann als Steuern anzusehen, wenn es sich um eine von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen auferlegte Geldleistung handelt. Umstritten ist jedoch in diesem Zusammenhang, ob diesem Begriffsmerkmal ein engerer oder ein weiterer Inhalt zugrundezulegen ist. Nach der Ansicht des engeren Steuerbegriffs 9 liegt eine Steuer nur dann vor, wenn ihr Aufkommen einer in den Art. 105 ff. GG genannten Gebietskörperschaften zufließt, da nach dem Grundgesetz nur Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, nicht aber alle Körperschaften und Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts als Gebietskörperschaften anerkannt sind. Demzufolge kann es keine Steuer geben, deren Ertrag nicht einem der als ertragsberechtigt ausdrücklich genannten öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufließt. Die Auffassung des engeren Steuerbegriffs wurde von Mußgnug wesentlich damit begründet, daß die pauschale Erwähnung des Gemeinwesens nach Art. 1 Abs. 1 RAO schwerlich bedeuten könne, alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts dürften mit dem Recht der Steuererhebung ausgestattet werden10. Seiner Ansicht nach behalte Art. 106 GG die Besteuerungshoheit dem Bund, den Ländern und den Gemeinden vor. Nach dieser Auslegung hätte Art. 106 GG mit dem den Religionsgemeinschaften vom Staat verliehenen Besteuerungsrecht in Art. 140 GG, 137 Abs. 6 WeimRV 11 eine abschließende Regelung getroffen, die keinerlei Erweiterung dulde. Andernfalls könnten der Bund wie auch die Länder das sorgfältig ausgewogene System des vertikalen Finanzausgleichs durch eine beliebige Vermehrung des Kreises der Steuerträger unterlaufen. Aus diesem Grund würden die Abgaben,
8
Patzig, DÖV 1981, S. 729 ff. (733). Dazu statt aller Vogel /Walter, Bonner Kommentar, Art. 105, Rdnr. 38 ff.; Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 308 ff.; Lerche, Fernsehabgabe und Bundeskompetenz, S. 25 ff. 10 Mußgnug, Festschrift für Forsthoff, S. 259 ff. (273). 9
11
Art. 137 Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung: „Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben."
18
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
die von selbständigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erhoben würden, prima vista aus dem Kreis der Steuern ausscheiden12. Die gegenteilige Auffassung vom weiteren Steuerbegriff, die beispielsweise von Selmer 13, Isensee 14 und Maunz 15 vertreten wird, geht vor allem von einer Warnung vor der Aushöhlung der Finanzverfassung des Grundgesetzes aus. Mit dem engeren Steuerbegriff würden Bund und Länder in die Lage versetzt, den Steuerbegriff selbst und damit auch die besonderen Verteilungsanordnungen der Art. 105 ff. GG schon allein dadurch auszuweiten, daß sie die Erhebung von ihnen als Steuern kompetenzrechtlich entzogenen Abgaben im Rahmen ihrer allgemeinen Sachkompetenz nach Art. 70 ff. GG gesetzlich auf rechtlich selbständige Organe der mittelbaren Staatsverwaltung übertragen, wie etwa Sonderfonds, Stiftungen, Anstalten und dgl., um so die finanzverfassungsrechtlich für Steuern geltenden Vorschriften des Grundgesetzes zu umgehen. Da es nach allgemeiner Meinung keinen numerus clausus des Abgabeerfindungsrechts 16 gibt, stünde der Gesetzgeber demzufolge ständig unter der Verlockung, durch bloße Manipulation der Etikettierung die nach ihren materiellen Kriterien unter Art. 106 GG fallenden Abgaben einfach durch Zuführung ihrer Erträge in einen Sonderfonds als Sonderabgaben zu charakterisieren und auf diesem Weg den kompetenzregelnden Ertragsverteilungsvorschriften des Art. 106 GG zu entziehen. Weiterhin wurde an dem engeren Steuerbegriff von Anhängern der weiteren Auffassung scharfe Kritik geübt dergestalt, daß die Vertreter des engeren Steuerbegriffs den Steuerbegriff selbst mit der Besteuerungshoheit verwechseln17. In diesem Zusammenhang hat Isensee zutreffend darauf hingewiesen: „wer die Form der Steuer und die Besteuerungskompetenz nicht auseinanderhält, verbaut sich die Möglichkeit, die Usurpation von Steuerzuständigkeit durch parafiskalische Hoheits-
12
Mußgnug, Festschrift für Forsthoff, S. 273. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 192. 14 Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S. 38; ders. y in: Staatsfinanzierung im Wandel (Hrsg. Hansmeyer), S. 435 ff. (438 ff.). 15 Maunz, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 105, Rdnr. 4. 16 Zum sog. Steuererfindungsrecht des Gesetzgebers statt aller Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, S. 154 ff.; dagegen Brodersen, Festschrift für Wacke, S. 103 ff. (114). 17 Selmer, GewArch 1981, S. 42. 13
Α. Steuer
19
träger dogmatisch zu bewältigen, weil er die kompetenzwidrig auferlegte Steuer voreilig zu einer Unmöglichkeit erklärt." 18 Spricht man von einer Steuer im Sinne des Art. 1 Abs. 1 RAO, die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen erhoben wird, handelt es sich hiermit nicht nur um den Begriff der Steuer schlechthin, sondern zugleich ist von einer zulässig erhobenen Steuer die Rede19. Eine Steuer, die zwar nach ihren materiellen Kriterien alle Begriffsmerkmale von Steuern erfüllt, aber nicht von einer der Gebietskörperschaften erhoben wird, ist deshalb als bloß kompetenzwidrige Steuer zu erklären. An der Tatsache, daß sie trotzdem abgabenvechüich den Charakter einer Steuer nicht verliert, ändert sich nichts. Der Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts scheint in diesem Zusammenhang unklar, ja sogar widersprüchlich zu sein. In seiner relativ frühen Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Sonderumlage nach § 2 des badischen Landesgesetzes zur Förderung des Wiederaufbaus in Gebäudebrandschadensfällen 20 hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, daß zunächst einmal unter den Steuern im Sinne der Finanzverfassung des Grundgesetzes nur solche den Steuerbegriff erfüllenden Abgaben zu verstehen seien, die vom Bund, von den Ländern oder von Gebietskörperschaften erhoben würden. Darum wurde der Sonderumlage der Steuercharakter abgesprochen, weil es sich hierbei um eine Abgabe besonderen Charakters handele, die von einer öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalt erhoben werde, die in einem unlösbaren Zusammenhang mit der speziellen Aufgabe dieser Anstalt stehe21. Diese Auffassung des Gerichts, die dem engeren Begriff der Steuer zuzuneigen scheint, wurde in seiner späteren Rechtsprechung fortge-
18
Isensee, Umverteilung, S. 39. Erhebt z.B. eine Stiftung des öffentlichen Rechts von ihren Mitgliedern Geldbeträge, auf die alle Merkmale des Steuerbegriffs zutreffen, so handelt es sich um eine Steuer. Ob die Stiftung diese Steuer erheben darf, ist dann eine Frage des Verfassungsrechts und des Kommunalabgabenrechts, die danach zu beantworten ist, ob der Stiftung die Steuerhoheit zusteht, vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 3, Rdnr. 8; ähnlich Stähler, Beitrag zur Abgrenzung des Steuerbegriffs, S. 71; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 192 ff. 19
20
GVB1. 1949, S. 495. BVerfGE 10, 141 (176), wobei das Gericht schließlich die Sonderumlage nach diesem Gesetz als einen zulässigerweise erhobenen Beitrag qualifizierte, durch dessen Erhebung die Bundeskompetenz zur Steuergesetzgebung und zur Steuererhebung nach Art. 105, 106 GG nicht berührt sein können. 21
20
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
setzt, und zwar beispielsweise in seinen Urteilen zur Berufsausbildungsabgabe22 und zur Schwerbehindertenabgabe23. In beiden Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht den beiden Abgaben deswegen den Charakter der Steuer abgesprochen, weil sie getrennt von öffentlichrechtlichen Haushalten entweder als zweckgebundene Vermögensmasse des Bundes oder von Landes- und Bundesbehörden verwaltet und verausgabt werden, ihr Aufkommen mithin nicht einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufließt 24. Ferner dürfte die weitere Feststellung des Gerichts, Steuern und außerfiskalische Abgaben seien eindeutig voneinander abzugrenzen - die damit begründet worden ist, es lasse sich anderenfalls schlechterdings nicht vermeiden, daß der Gesetzgeber unter Inanspruchnahme seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 ff. GG auch Abgaben einführe, die in Wahrheit Steuercharakter hätten und für die deshalb nach dem Willen des Grundgesetzes die andersartigen Regelungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeiten der Finanzverfassung zu gelten hätten25 - , nicht dahingehend verstanden werden, daß das Gericht den von ihm bislang beschrittenen Weg widerlegen wollte. Denn, worauf Henseler mit Recht hingewiesen hat26, die Notwendigkeit, zum Schutz der Finanzverfassung eine legislative Manipulation des Steuercharakters einer Abgabe zu verhindern, bedeutet nicht zwangsläufig, daß die nicht einer Gebietskörperschaft zufallende Abgabe jedenfalls als Steuer zu qualifizieren ist. Allem Anschein nach scheint der Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts der Auffassung den Vorzug zu geben, daß der Ertragsberechtigte den Steuercharakter einer Abgabe entscheidet27. Auf der anderen Seite mißt das Bundesverfassungsgericht im Anschluß an den Reichsfinanzhof der Auffassung keinerlei Bedeutung bei, nach der die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe durch den Gesetzgeber die konstitutive Rolle für ihre verfassungsrechtliche 22
BVerfGE 55, 274. BVerfGE 57, 139. 24 Ausdrücklich BVerfGE 55, 274 (310); BVerfGE 57, 139 (166). 25 BVerfGE 55, 274 (304). 26 Henseler, Sonderabgaben, S. 31. Dagegen hat Patzig die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dahingehend verstanden, daß es den weiteren Steuerbegriff übernommen hat, DÖV 1981, S. 734; im Ergebnis ebenso Osterloh JuS 1982, S. 421 (424 f.). 23
27
Insofern entnimmt man der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß es grundsätzlich davon ausgeht, nur solche Abgaben als Steuern anzusehen, als deren Gläubiger der Bund, ein Land oder eine Gemeinde in Erscheinung treten, vgl. Henseler, a.a.O., S. 28.
Α. Steuer
21
Qualifizierung als Sonderabgabe oder Steuer spiele28. Auch wenn das Gericht den genauen Inhalt der konkreten haushaltsmäßigen Behandlung einer Abgabe nicht präzisiert hat, ist nicht nur festzuhalten, daß das Aufkommen von Steuern ebenso wie das von Sonderabgaben zweckgebunden verwendet werden kann29, sondern daß der Steuercharakter einer Abgabe dort nicht zu verneinen ist, wo sie sich außerhalb der staatlichen Haushalte, beispielsweise in einem Sonderfonds oder sonst in den juristischen Personen des öffentlichen Rechts befindet. Dies läßt sich aus seinen weiteren Ausführungen ablesen, daß andernfalls der einfache Gesetzgeber im einzelnen Fall den Begriffsinhalt der Abgabe auf dem Wege „über die haushaltsmäßige Behandlung" ihres Aufkommens beeinflussen und dadurch seine Kompetenz, auf die er sich zum Erlaß einer Abgaberegelung zu stützen gehalten sei, in verfassungswidriger Weise - etwa zu Lasten der Zustimmungskompetenz des Bundesrates - erweitern könne30. Mit Blick auf die berechtigte Warnung vor der Aushöhlungsgefahr der Finanzverfassung, die sich aus dem eng gefaßten Begriff der Steuer ergeben könnte, ist der Auffassung der Vertreter des weiteren Steuerbegriffs der Vorzug zu geben, weil die Qualifikation einer Abgabe letzten Endes nicht nach haushaltsrechtlichen Kriterien oder nach dem Verwendungszweck bestimmt wird, sondern weil es dabei ausschließlich um materielle Merkmale einer Abgabe geht31. Insofern ist die Überlegung, die dem rein formellen Merkmal „auferlegt von einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen" eine Schlüsselbedeutung zur Lösung der abgabenrechtlichen Qualifikationsprobleme beimißt, verfehlt 32.
28
BVerfGE 55, 274 (305). Zur allgemeinen Zulässigkeit der Zwecksteuer vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 193, 196 m.w.N.; BVerfGE 7, 244 (254); 9, 291 (300); 36, 66 (70); 49, 343 (353). 29
30 BVerfGE 55, 274 (305). Zur haushaltsrechtlichen Problematik von Sonderabgaben vgl. Schemmel, Quasi-Steuern, S. 27 ff.; Tomuschat, Der Staat 19 (1980), S. 1 (8 ff.). 31 Die Abgrenzung der Abgaben voneinander nach materiellen Kriterien führt zu dem Verbot des Wahlrechts des Gesetzgebers bei Einführung einer Abgabe, worüber eine weitgehende Einigkeit besteht, vgl. BVerfGE 55, 274 (300 ff.). 32 Henseler, Sonderabgaben, S. 29.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
IV. Der Zweck der Erzielung von Einkünften I. Die ursprüngliche Funktion vom Merkmal des Einnahmeerzielungszwecks
Ein weiteres Merkmal des Steuerbegriffs nach RAO ist die Absicht, Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates zu erzielen. Geht man zwar im Grunde genommen von der sogenannten Identitätsthese aus33, daß das Grundgesetz die Steuerdefinition des Art. 1 Abs. 1 RAO inhaltlich übernommen hat, war dennoch das Merkmal der Erzielung von Einkünften von Beginn an einer Vielzahl von Auseinandersetzungen ausgesetzt34. Der Verfasser der Reichsabgabenordnung Enno Becker hat zu dem von ihm konzipierten Steuerbegriff ausdrücklich erklärt, daß er dabei das Ergebnis der bisherigen Rechtsentwicklung im Hinblick auf die Rechtsprechung der obersten Gerichte von Preußen und vor allem das von Otto Mayer 35 entstammende Gedankengut über Steuern zusammengefaßt hat36. Sein Rechtsgedanke ist aber sowohl auf steuerwissenschaftliche als auch finanzwissenschaftliche Kritik gestoßen37, weil er - so meinten die Kritiker - verkannte, daß die abschließende Erwähnung des Merkmals der Erzielung von Einkünften von vornherein alle Abgaben aus Steuern ausschließt, bei denen es sich um mehr außerfiskalische Zwecke, beispielsweise wirtschaftspolitische oder sozialpolitische Zielsetzungen als Einnahmeerzielungszweck handele. Immerhin wurde diese Begriffsbestimmung von Becker entwickelt, um eine juristische Abgrenzung des Begriffs der Steuer von anderen Abga-
33
Dazu die Nachweise oben Fn. 4. Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 111 ff. m.w.N.; Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 57 ff. 35 In dem Lob für die Steuerdefinition der Reichsabgabenordnung hat Otto Mayer (Deutsches Verwaltungsrecht, 1924, S. 316 Fn. 2) den Steuerbegriff wie folgt zusammengefaßt; Steuern sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen (also Ausschluß von Gebühren und Beiträgen) und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften (also Ausschluß von Geldstrafe und Kostenersatz und überhaupt von allen besonderen Zweckzusammenhängen) allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrìfft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (also nach einem allgemeinen Maßstab auferlegt). 34
36
Enno Becker, Die Reichsabgabenordnung (1930), § 1 AO, Anm. 1. Statt aller Fritz Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts (1928), § 27, Ziff I. 1; Pistorius, Allgemeines Steuerrecht (1928), S. 99. 37
Α. Steuer
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ben (Gebühren, Beiträgen, Geldstrafen, Ersatzgeldern, Zwangsgeldern usw.) zu ermöglichen38. Mehrmals hat Becker selbst betont, daß sich unter Zuhilfenahme des Merkmals der Erzielung von Einkünften lediglich Steuern von anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben abgrenzen lassen, daß dieses Merkmal also allein der ihm zugedachten Abgrenzungsfunktion gerecht wird 39. Wie bereits dargestellt, hat sich Becker mit seiner Formulierung weitgehend an Otto Mayer angeschlossen, wobei er eine strikte Trennungslinie zwischen Steuern und anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben zu finden versuchte. Danach werden alle anderen außerfiskalischen öffentlichen Geldzahlungspflichten (Geldstrafe, Kostenersatz, Gebühr und Beitrag) dadurch gekennzeichnet, daß sie an einen besonderen Zweck bzw. Zusammenhang anknüpfen 40; d.h. sie werden dafür erhoben, daß sie auf bestimmte Zusammenhänge abstellen, sei es die obrigkeitliche Zufügung eines Übels wegen mißbilligenden Verhaltens (Geldstrafe), sei es die Deckung der dem Staat erwachsenen Auslagen durch den, der sie veranlaßt hat (Kostenersatz), sei es ein Entgelt dafür, daß der einzelne an dem Bestände des öffentlichen Unternehmens besonders beteiligt erscheint (Beitrag). Demgegenüber können die Steuern dadurch charakterisiert werden, daß sie losgelöst von irgendwelchen Zusammenhängen schlechthin zur Vermehrung der Staatseinkünfte erhoben werden41, also dem Untertanen rein und voraussetzungslos entgegentreten. Damit wurde das Ziel der Abgrenzung nicht nur von Steuern und Vorzugslasten, sondern auch von Steuern einerseits und allen nichtsteuerlichen Zahlungspflichten andererseits erreicht. Die Möglichkeit des Einsetzens von Steuern als Mittel der außerfiskalischen Zwecke hat zwar Becker nicht völlig ausgeschlossen. Diese Figur war ihm aber eine wenig bedeutsame Randfrage geblieben42.
38
Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 61. Becker, Reichsabgabenordnung, § 1 AO, Anm. 4; Hensel, Steuerrecht (1924), S. 2. 40 Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 315. 41 In diesem Zusammenhang hält Selmer (Steuerinterventionismus, S. 105) es jedoch für eine falsche Vermutung, wenn man aus der Formulierung „schlechthin zur Vermehrung der Staatseinkünfte" den Schluß zieht, daß Otto Mayer die subjektiven Motivationen des Steuergesetzgebers verbindlich auf die Verfolgung bloß oder überwiegend fiskalischer Interessen festlegen wollte. 42 Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 68. 39
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe 2. Finanzzweck der Steuern
Daß zu dem Begriff der Steuer notwendigerweise die fiskalische Orientierung am öffentlichen Finanzbedarf und die Tendenz zu seiner Befriedigung gehören müssen, ist nach wie vor als selbstverständlicher und begriffsnotwendiger Steuerzweck vorausgesetzt43. Bei allen außerfiskalischen Lenkungszwecken liegt die Grundvoraussetzung der Steuer nur dann vor, wenn sie zumindest nebenzwecklich44 der Erzielung von Einnahmen dient. Erst dann kann der Gesetzgeber bei näherer Ausgestaltung der die Abgabepflicht begründenden Tatbestände auch wirtschafts- und sozialpolitischen Motivationen Rechnung tragen. Dennoch kann der Zweck der Erzielung von Einnahmen keine Eigenart von Steuern sein, den andere öffentlich-rechtliche Abgaben nicht verfolgen dürfen. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Abgaben aus verschiedenen Anlässen darauf ausgerichtet sind, eine bestimmte Geldmenge in Griff zu nehmen. Was aber der Steuer eigenartig sein könnte, wie es gelegentlich behauptet wird, ist der Einnahmeerzielungszweck, der an die Finanzierung der allgemeinen staatlichen Aufgaben anknüpft 45. Selbst wenn es hierbei umstritten sein mag, was unter dem Begriff der allgemeinen Staatsaufgabe zu verstehen ist46, kommt der Steuer ein Funktionsmonopol in dem Sinne zu, daß sie das finanzielle Hauptdeckungsmittel des Staates darstellt. Gelegentlich trat daher im Schrifttum die Auffassung auf, wonach Steuern als Geldleistungen definiert werden, die von einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zur Erfüllung seiner Aufgaben erhoben werden47. Trotzdem scheint die Anknüpfung des Einnahmeerzielungszwecks an das weitere Merkmal der Aufgaben des Staates im Ergebnis überflüssig zu sein, weil der Staat heutzutage Steuern nicht erhebt, um da-
43 Vgl. Fnauf, BB 1967, S. 1345 ff. (1346); Isensee, Festschrift für Ipsen, S. 409 ff. (417); Spanner, StuW 1970, Sp. 377 ff. (378); Birk, Jura 1985, S. 143 ff. (144); BVerfGE 18, 315 (328); 29, 327 (331); 29, 402 (408); 31, 8 (23); 32, 78 (85); 38, 61 (80 ff.); 49, 343 (353). 44 Vgl. BVerfGE 30, 250 (264); so auch § 3 AO 1977. Dazu kritisch statt aller Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 211 ff. 45 Vgl. BVerfGE 23, 12 (23); 55, 274 (299). 46 Zu der Unterscheidung allgemeiner und besonderer Staatsaufgaben kritisch Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 23. 47 Becker jRiewald /Koch, Reichsabgabenordnung, § 1 AO, Anm. 3 d (2).
Α. Steuer
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mit als Selbstzweck Gelder zu erhalten, sondern vielmehr um seine vielfältigen Aufgaben zu finanzieren 48. Mit dem Merkmal des Einnahmeerzielungszwecks hat das Bundesverfassungsgericht versucht, vorzugsweise Sonderabgaben aus dem Begriff der Steuer auszuklammern49. Hiernach seien Sonderabgaben deswegen keine Steuer, weil sie nicht dazu bestimmt seien, die allgemeine Aufgabe des Staates zu finanzieren, und deren Aufkommen nicht in den allgemeinen Haushalt des Staates fließe. Auf der anderen Seite räumt das Bundesverfassungsgericht auch die Finanzierungsfunktionen von Sonderabgaben ein, und zwar nur die Finanzierung „besonderer Aufgaben"50, damit es mit dem Begriffsmerkmal der Einnahmeerzielung die Trennungslinie zwischen Steuer und Sonderabgabe beibehalten kann, ohne auf die Frage einzugehen, mit welchem Kriterium sich die besondere Aufgabe von der allgemeinen Aufgabe des Staates unterscheidet. Der somit verstandene Begriff des Einnahmeerzielungszwecks stellt nun insofern zwar ein Charakteristikum der Steuer im Sinne der Steuerstaatlichkeit 51 dar, als die Steuer als das Hauptdeckungsinstrument des staatlichen Finanzbedarfs auftritt. Die Funktion der Einnahmeerzielung verfolgen jedoch immerhin nicht nur die Steuer, sondern alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die dazu geeignet sind. Die Bedeutung des Qualifizierungsmerkmals des Einnahmeerzielungszwecks ist demzufolge heute - in Abweichung von der grundlegenden Zielsetzung von Becker - heruntergestuft; ja sogar ihre Gültigkeit überhaupt wird mittlerweile bezweifelt.
3. Außerfiskalische Zwecke der Steuer
Wie bereits ausgeführt, hat sich seit Entstehung der Reichsabgabenordnung an dem Merkmal der Erzielung von Einnahmen vielfältige Kritik entzündet, weil Becker alle außerfiskalischen Motivationen, Erwägungen und Absichten beim Erlaß von Steuerregelungen begrifflich aus
48
Richter, Sonderabgaben, S. 34; Starck, (205); Tipke/Kmse, AO, § 1, Anm. 7. 49
Festschrift für Wacke, S. 193 ff.
Vgl. BVerfGE 13, 167 (172); 18, 315 (328); 29, 402 (409); 55, 274 (305, 310); 57, 139 (166). 50 BVerfGE 55, 274 (298). 51 Zum Begriff der Steuerstaatlichkeit Isensee, Steuerstaat als Staatsform, Festschrift für Ipsen, S. 409 ff.; P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 3 ff.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
der Steuer ausschließen zu wollen schien52. Diese Kritik richtet sich besonders darauf, daß Becker bei der Konzipierung der RAO die bislang von Finanzwissenschaft entwickelte Doktrin des sozialpolitischen Steuerbegriffs nicht hinreichend berücksichtigt hätte53. Beispielhaft hat Fritz Fleiner an seiner vor der Entstehung der RAO vertretenen Auffassung festgehalten, daß das finanzpolitische Motiv für den Steuerbegriff unerheblich sei. Dafür mache es juristisch keinen Unterschied, ob das Gesetz die Abgabe eingeführt habe lediglich zur Deckung des Finanzbedarfs, oder ob es damit noch andere sozialpolitische oder polizeiliche Zwecke habe verbinden wollen54. Angesichts der Tatsache, daß die Zulässigkeit steuerlicher Nebenzwecke nahezu Gemeingut geworden ist, haben Kritik im Schrifttum und ständige Rechtspraxis den Gesetzgeber veranlaßt, die RAO in die heutige Form (AO 1977) zu ändern. Umstritten ist jetzt in Schrifttum 55 und Rechtsprechung56 nicht mehr, daß es dem Begriff der Steuer nicht widerspricht, wenn neben dem Zweck der Einnahmeerzielung auch außerfiskalische Zwecke verfolgt werden. Beispielhaft hat dies das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil zur Sonderbesteuerung des Werkfernverkehrs festgestellt: „Gesetzliche Eingriffe in das Spiel der wirtschaftlichen Kräfte sind auch in der Form von Steuergesetzen nicht unzulässig. Steuern, die dem Pflichtigen ein
52
Selmer, Steuerinterventionismus, S. 112. Wie man aus der Formulierung von Adolph Wagner ablesen kann, der sozialpolitische Zweck allein könne eine Abgabe als Steuer begrifflich konstituieren und sachlich legitimieren, war bereits vor der Entstehung der Reichsabgabenordnung die Zulässigkeit außerfiskalischer Zwecke in den Finanzwissenschaften nahezu Gemeingut gewesen, Nachweise bei Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 50 ff. 54 Fritz Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, § 27, Ziff. I, 1. 55 Vgl. Scheuner, VVDStRL 11, S. 1 ff. (41); Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 10 ff.; Stähler, Beitrag zur Abgrenzung des Steuerbegriffs, S. 98; Bopp, Ist die Baden-Württembergische Feuerwehrabgabe eine Steuer im Sinne des Grundgesetzes? S. 126; Mattem, BB 1970, S. 1411; Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 80 ff.; Starck, Festschrift für Wacke, S. 204; Brodersen, Festschrift für Wacke, S. 103 ff. (112); Paulik, Festschrift für Neumark, S. 216 ff.; von Arnim, W D S t R L 30, S. 286 ff. (324 ff.); P. Kirchhof\ Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 5 ff.; ders., StuW 1984, S. 297 ff. 56 Das ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 3, 407 (436); 6, 55 (81); 13, 331 (345 ff.); 16, 147 (161); 19, 101 (114); 19, 119 (125); 21, 54 (63); 29, 327 (331); 30, 250 (264); 31, 8 (23); 35, 66 (70), 38, 61 (79 ff.). 53
Α. Steuer
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bestimmtes wirtschaftliches Verhalten nahelegen sollen, ohne ihn dazu rechtlich zu zwingen, hat es seit je gegeben. Daß ein steuerrechtlicher Eingriff vorwiegend einen wirtschaftspolitischen Zweck verfolgt, führt also nicht schon zu der Folgerung, es liege ein verfassungswidriger Formmißbrauch vor. Von einem solchen Mißbrauch wäre allenfalls zu sprechen, wenn das Steuergesetz dem ihm begrifflich zukommenden Zwecke, Steuereinnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderhandelte, indem es ersichtlich darauf ausginge, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, also in diesem Sinne eine erdrosselnde Wirkung auszuüben."57 Dem Grundgesetz lassen sich heute sogar einige positive Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß mit Steuergesetzen eine Vielzahl von wirtschafts- und sozialpolitischen Aufgaben verbunden werden können. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Sozialstaatsklausel nach Art. 20, 28 GG, deren Rechtscharakter immer noch umstritten sein mag, und die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen der Haushaltswirtschaft des Bundes und der Länder nach Art. 109 ff. GG, wonach der Steuergesetzgeber durch Steuerung der Einnahmen und Ausgaben den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen hat 58 . Geht man von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Verfolgung außerfiskalischer Zwecke durch Steuergesetze aus, scheint es immerhin notwendig zu sein, solchen Lenkungssteuern verfassungsrechtliche Schranken zu setzen, damit sowohl der Schutz des Individuums als auch der der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes gewährleistet werden kann 59 . Den einzelnen rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Grenzen der Lenkungsabgaben im allgemeinen wird im dritten Teil dieser Arbeit nachgegangen60.
57 Vgl. BVerfGE 8, 222 (228); 16, 147 (161); 29, 327 (331); 30, 250 (272); 31, 8 (23); 38, 61 (81). Im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - E 38, 61 (81) - sprach Selmer (Steuerinterventionismus, S. 122) vom Verbotscharakter einer Erdrosselungssteuer, wobei die Finanzfunktion der Abgabeerhebung in eine reine Verwaltungsfunktion umschlägt; in dieser Richtung auch Frìauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 17: „Die Grenze des verfassungsmäßigen Steuerbegriffs ist aber jedenfalls dann überschritten, wenn der finanzielle Zweck von dem wirtschaftlichen oder sozialpolitischen vollständig überlagert wird und sich bei objektiver Betrachtung als reine Scheinmotivation erweist". Vgl. auch Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 29; Spanner, StuW 1970, S. 377 ff. (393). 58 Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 115 ff. (117). 59 Vgl. Frìauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 19 ff.; Meßerschmidt, Umweltabgaben als Rechtsproblem, S. 126; P. Kirchhof, Jura 1983, S. 505 ff. (517). 60 Siehe dazu insb. S. 120 ff.
28
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
V. Keine Gegenleistung für eine besondere Leistung Nach Art. 1 Abs. 1 RAO sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung sind. Dadurch werden Steuern von Gebühren und Beiträgen unterschieden, die jeweils ein Entgelt für eine besondere tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung 61 bzw. ein Entgelt für die dem einzelnen gewährte Möglichkeit, aus konkreten Aufwendungen der Verwaltung einen individuellen Nutzen zu ziehen62, darstellen. Steuern grenzen sich also begrifflich gegenüber Vorzugslasten in erster Linie über ihre Unentgeltlichkeit ab. Der Unentgeltlichkeitscharakter der Steuer hängt gewissermaßen mit geschichtlich entwickelten Steuerrechtfertigungslehren zusammen, die bereits auf die frühe Aufklärungsphilosophie zurückgehen63. In der Zeit der Aufklärung herrschte die Auffassung, daß der Staatsgewalt primär und zunächst einzig die Aufgabe zukommen soll, die Sicherheit und den Frieden zu gewährleisten. Dazu brauchte sie Finanzmittel, die die Bürger schon kraft des zugrundeliegenden Herrschaftsvertrages aufbringen mußten64. Danach wurde die Steuer als die Gegenleistung für die erkaufte Sicherheit verstanden, wobei die steuerlichen Leistungen des einzelnen den vom Staat dem Bürger gewährten Vorteilen entsprechen sollen65. Diese sog. Äquivalenztheorie war bereits in der Aufklärungszeit durch ein anderes Verteilungsprinzip, nämlich durch die Opfertheorie, allmählich überholt worden, wonach jeder Bürger entsprechend seiner Leistungsfähigkeit zur Finanzierung der Staatsaufgaben beitragen müsse, ohne daß dem einzelnen ein gleich großer durch den Staat geleisteter Vorteil gegenüberstehen müßte — der im übrigen kaum meßbar wäre 66. Die Opfertheorie entwickelte sich zu dem heutigen Besteuerungsmaßstab nach dem individuellen Leistungsfähigkeitsprinzip, dessen Rechtfertigung allein darin liegt, daß der einzelne Bürger auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer Gebietskörperschaft entsprechend der
61 62 63 64 65 66
Vgl. BVerfGE, 20, 257 (269); 50, 217 (227 ff.). Vgl. Patzig, DÖV 1981, S. 735; BVerfGE 42, 223 (227). Nachweise bei Richter, Sonderabgaben, S. 38. Birk, Steuerrecht I, S. 11. Birk, a.a.O., S. 12; Richter, Sonderabgaben, S. 39 m.w.N. Richter, a.a.O., S. 39.
Β. Vorzugslast
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verschiedenen Einkommens- und Vermögenslage des einzelnen in die staatlichen Leistungen einbezogen wird, um die Finanzmittel zur Finanzierung der öffentlichen Aufgabe des Staates bereitzustellen67. Daß Steuern im Gegensatz zu Vorzugsiasten nicht in einem Zusammenhang mit einer konkreten Gegenleistung an den Abgabepflichtigen stehen, hat auch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung festgestellt 68, indem es Steuern genauso wie Sonderabgaben als die dem Betroffenen voraussetzungslos, d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand auferlegte Geldleistung bezeichnete69. Somit nimmt das Begriffsmerkmal der Gegenleistungslosigkeit der Steuer, anders als übrige Merkmale wie „auferlegt von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen" und der Einnahmeerzielungszweck, die als Begriffselemente der Steuer erheblichen Zweifeln ausgesetzt sind, Verfassungsrang ein. Dem so verstandenen Merkmal der Gegenleistungslosigkeit kommt nicht bloß die Bedeutung zu, die dem Gedanken der Gegenleistung zugrundegelegten Abgaben - also Vorzugsiasten von der Steuer abzugrenzen, sondern es ist auch dazu geeignet und bestimmt, alle zurechnungsabhängigen Abgaben, einschließlich der Sonderabgaben, aus dem Steuerbegriff ausscheiden zu lassen.
B. Vorzugslast Im allgemeinen werden die Vorzugsiasten dadurch gekennzeichnet, daß sie als Gegenleistung für die dem einzelnen zurechenbar gewährten staatlichen Leistungen zum Zwecke des Vorteilsausgleichs erhoben werden. Zu den Vorzugsiasten zählen zunächst einmal Gebühren und
67
Der Besteuerungsmaßstab nach individueller Leistungsfähigkeit liegt weitgehend dem Gedanken der sozialen Umverteilung zugrunde, bei der die Besteuerung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Güterverteilung Rechnung tragen muß, indem sie zum einen entsprechend der verschiedenen Einkommens- und Vermögenslage des einzelnen differenziert, zum anderen auch die ungerechten Verteilungsverhältnisse in gewissem Umfang korrigiert. Zu diesem auf Adolf Wagner zurückgehenden Gedanken Birk, Steuerrecht I, S. 14. 68
BVerfGE 20, 257 (269); 37, 1 (16); 55, 274 (298). Allerdings ist dieser Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, daß Sonderabgaben genauso wie Steuern ohne besondere Belastungsgrundlage voraussetzungslos erhoben werden, deswegen nicht beizupflichten, weil Sonderabgaben für ihre Rechtfertigung eine besondere Verantwortung des Abgabepflichtigen zum Finanzierungszweck voraussetzen, siehe dazu S. 68 f. 69
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
30
Beiträge; zwei Kategorien, die sich wiederum in eine Mehrzahl von Unterarten aufgliedern lassen.
I. Gebühr 1. Verfassungsrechtlicher GebührenbegrifT?
Das Grundgesetz erwähnt die Gebühren zwar in Art. 74 Nr. 22 (die Erhebung und Verteilung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen) und Art. 80 Abs. 2 (Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen der Bundeseisenbahnen und des Post- und Fernmeldewesens). Aus diesen punktuellen Erwähnungen lassen sich jedoch keine allgemeinen Folgerungen auf ein verfassungsrechtlich ausgeformtes Rechtsinstitut der Gebühr ableiten1. Weder aus bundesnoch landesrechtlichen Gebührenbestimmungen ergibt sich die einheitliche Definition der Gebühr, die für alle Arten von Gebühren gelten soll. Ein Minimalkonsens läßt sich nur aus Rechtsprechung und Schrifttum ablesen: Danach ist die Gebühr eine öffentlich-rechtliche Geldleistung, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistung dem Gebührenschuldner öffentlich-rechtlich, also hoheitlich auferlegt wird und dazu bestimmt ist, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken2. Die öffentliche Leistung, die in Durchführung eines vom öffentlichen Interesse bestimmten Sachziels erstellt wird und nicht zwangsläufig begünstigend sein muß3, ist
1
Vgl. Kloepfer, AöR 97, S. 239; die beiden verfassungsrechtlichen Regelungen hielt auch F. Kirchhof (Die Höhe der Gebühr, S. 14; ders., Gebührenflexibilität der Deutschen Bundespost, S. 27) für eine bloße Erklärung zweier Arten von Gebührenerhebung, woraus sich keine Schlußfolgerung auf die materiellen Merkmale dieses Instituts ergibt; s.a. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 25 ff.; Wilke, Gebührenrecht, S. 139 ff. 2 Wilke, Gcbührcnrccht, S. 16; so auch das Bundesverfassungsgericht: „Gebühren gehören zu den öffentlichen Abgaben. Sie sind gesetzlich - oder aufgrund eines Gesetzes - festgelegte Entgelte für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung. Dadurch unterscheiden sie sich von Steuern und Sonderabgaben, die in erster Linie dem Finanzbedarf des Staates (oder der Gemeinden) dienen und die nicht in einem Zusammenhang mit einer konkreten Gegenleistung an dem Abgabeschuldner stehen." Vgl. BVerfGE 20, 257 (269); 50, 217 (226); so auch BVerwGE 5, 136 (141). 3 Z.B. oktroyierte Baugenehmigung oder Strafprozeßgebühren. In diesem Zusammenhang hat Wilke (a.a.O., S. 82) zu Recht die potentiellen gebührenpflichtigen Leistungen so zusammengefaßt: „Teils sind sie vorteilhaft, teils nachteilig, viele werden von den Gebührenschuldnern provoziert, andere diesen ok-
Β. Vorzugslast
31
mit der Pflicht zur Gegenleistung entweder durch einen Rechtsanspruch auf Vollzug der Verwaltungshandlung oder einer anders gearteten Abhängigkeit der Geldleistungspflicht von der Verwirklichung der öffentlichen Aufgabe verbunden 4 . Dem Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit der Staatsleistung, welches die Gebühr wie auch den Beitrag von der diesbezüglich gegenleistungslosen Steuer unterscheidet, soll insofern Verfassungsrang zukommen 5 , ebenso wie das Merkmal der Losgelöstheit der Steuer eigenartig ist. Im übrigen hat das Grundgesetz verfassungsrechtlich dem Gebührengesetzgeber keine bestimmten Schranken gesetzt. Dadurch wird es ermöglicht, daß über den Zweck des Vorteilsausgleichs hinaus mehr oder weniger andere Zwecke, beispielsweise Wirtschaftslenkungs- oder Sozialgestaltungszwccke, verfolgt werden können 6 . Demgegenüber versuchen die Vertreter des klassischen Gebührenbegriffs, besonders mit dem materiellen Verständnis der Gegenleistung und den sog. Gebührenprinzipien, die Erhebung von Gebühren so zu gestalten, daß hier zwischen Leistung und Gegenleistung möglichst ein echtes Gleichgewicht entstehen soll 7 .
troyiert; häufig knüpfen sie an leistungsbezogene Handlungen an, aber auch leistungsneutralcs und passives Verhalten können Leistungen auslösen; die einen werden auf Antrag gewährt, die anderen von Amts wegen erbracht; manche liegen ausschließlich im öffentlichen Interesse, die meisten dienen jedoch auch privaten Interessen der Leistungsempfänger." Nach Wilke wird dem Gebührengesetzgeber innerhalb dieses weitreichenden gcbührenrechtlichen Leistungsumfangs das Recht eingeräumt, diejenigen öffentlichen Leistungen auszuwählen, die er als zur Begründung von Gebührcnpflichten geeignet ansieht. 4
Vgl. Vogel ! Walter, Bonner Kommentar zum GG, Art. 105, Rdnr. 44. F. Kirchhof\ Die Höhe der Gebühr, S. 23, 41. 6 Zur Zulässigkeit lenkender Gebühren statt aller Kloepfer, AöR 97, S. 232 ff.; Brodersen, Festschrift für Wacke, S. 103 ff. (115); Friauf, W D S t R L 27, S. 1 ff. (17); Feigenbutz, Die Bindungen des Post- und Fernmeldewesens an und durch das Rechtsinstitut der Gebühr, S. 167; Clausen, Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip, S. 202 ff.; P. Kirchhof, Jura 1983, S. 505 ff. (513); F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 131 ff.; Lerche / Pestalozza, Die bergrechtliche Fördcrabgabc im System des horizontalen Ausgleichs und der Bundesergänzungszuweisungen nach Art. 107 Abs. 2 GG, S. 88 ff.; Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabc nach dem Bundesberggesetz unter besonderer Berücksichtigung der Förderung von Erdöl und Erdgas, S. 54 ff.; Sendler, DÖV 1974, S. 217 ff. (224); Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 65 ff. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht Iiansmeyer /Fürst, Die Gebühren. Zur Theorie eines Instrumentariums der Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen. 5
7
Insbesondere geht Leisner davon aus, daß die Berücksichtigung sozialer, wirtschaftslenkcnder Gesichtspunkte mit dem materiellen Verständnis der Ge-
32
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe 2. Arten von Gebühren a) llenutziings- und Verwaltungsgebühr
Nach allgemeiner Gewohnheit in Gebühren-, Verwaltungskostenund Kommunalabgabengesetzen werden Gebühren nach Art der öffentlichen Leistung in die Benutzungs- und die Verwaltungsgebühr unterteilt 8 . Auch wenn diese Einteilung von Gebühren nicht verfassungsrechtlich geboten ist, sondern nur für zweckmäßig und sachgerecht gehalten wird 9, ordnen die Bestimmungen vieler Gebührengesetze abweichende Rechtsfolgen für die beiden Gebührenarten an10. Zunächst wird die Verwaltungsgebühr als Gegenleistung für eine individuell gewidmete Amtshandlung, beispielsweise für Tätigkeit in Ausübung hoheitlicher Gewalt oder eine Amtshandlung bei einer gesetzlich angeordneten, besonderen Überwachung oder Beaufsichtigung charakterisiert, die im Interesse oder auf Veranlassung einzelner vorgenommen wird 11. Demgegenüber wird die Benutzungsgebühr allgemein als Gegenleistung für die Benutzung oder Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung, Anlage oder Anstalt definiert. Als typische Einrichtungen dieser Art sind menschlich geschaffene Organisationseinheiten wie Schwimmbad, Museen und alles anzusehen, was sächlich zur natürlichen Umwelt hin abgegrenzt werden kann12. Im Verhältnis zu Verwaltungsgebühr ist die Benutzungsgebühr wertmäßig relativ einfacher zu fassen, was die Substituicrung durch ein privatrechtliches Entgelt erleichtert. Sieht man von den typischen Fällen ab, in denen entweder eine Verwaltungsgebühr oder eine Benutzungsgebühr ohne weiteres festgestellt werden kann, so besteht eine Grauzone, bei der ein juristisch intuitiv richtiges Urteil schwer zu treffen ist. Die Frage beispielsweise, ob bei der Inanspruchnahme der Post eine Benutzungsgebühr - da hier es sich um eine öffentlich-rechtliche Einrichtung handelt - oder
bühr nicht vereinbar sei, Gedächtnisschrift für H. Peters, S. 730 ff. (732); Stephan, Jur. Analysen 1970, S. 867 ff. (870); Lange, NJW 1979, S. 129 ff. (134); Rupp, NJW 1968, S. 569 ff. (571); Isensee, Umverteilung, S. 34. 8 Vgl. Wolff /Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 309; Wilke, in: Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis (Hrsg. Püttner), Bd. VI, S. 247. 9
F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 24. Wilke, Gcbührcnrccht, S. 112. 11 F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 24 m.w.N. 12 Pietzcker, DVB1. 1987, S. 774 ff. (775). 10
Β. Vorzugslast
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eine Verwaltungsgebühr - wegen ihrer Amtshandlung - verlangt wird, scheint in aller Hinsicht schwer zu beantworten zu sein. Deshalb wurde im Schrifttum oft versucht, eine hilfreiche Faustregel zu finden. Wilke hat z.B. das Abgrenzungsmerkmal des ursprünglichen und des vom Staat erzwungenen Bedarfs vorgeschlagen, wobei die benutzungsgebührenpflichtigen Leistungen dadurch gekennzeichnet werden, daß sie einen individuellen oder ursprünglichen Bedarf decken, während es den verwaltungsgebührenpflichtigen Leistungen eigentümlich ist, daß der durch sie befriedigte Bedarf erst vom Staat geschaffen wird 13. Dieser Versuch gerät aber schon oft in Schwierigkeiten, weil das Motiv der Leistungsannahme individuell verschieden sein kann und die Unterscheidung zwischen dem ursprünglichen und dem vom Staat erzwungenen Bedarf in manchen Fällen nicht unzweideutig ist. Von vornherein bestehen keine handfesten Kriterien 14, die der Zweiteilung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühr zugrundegelegt werden können; vielmehr wird dem Gebührengesetzgeber gewissermaßen der Beurteilungsspielraum eingeräumt, damit er erklären kann, um welchen Typ der beiden Gebühren im konkreten Fall es sich handelt15.
b) Verleihungsgebiihr
Im Schrifttum wird seit langem die Auffassung vertreten, daß neben der Verwaltungs- und Benutzungsgebühr die sog. Verleihungsgebühr als dritter Gebührentyp zu benennen ist16. Üblicherweise wird sie für die 13
Wilke, Gebührenrccht, S. 112; er räumt jedoch ein, daß dieses Unterscheidungskriterium keine Faustregel sei. 14 Ferner hat F. Kirchhof (Die Höhe der Gebühr, S. 27 ff.) weitere Kriterien genannt: die Verwaltungsgebühren sollen für den Bereich der „Behördlichkeit", die Benutzungsgebühr für das Feld der „Einrichtungsinanspruchnahme" gelten; oder es kann von einer Benutzungsgebühr gesprochen werden, wenn der Abgabenschuldner einen Anspruch auf die mit der Gebühr abgegoltene Staatsleistung hat, während Verwaltungsgebühren für die Inanspruchnahme von typischen Staatsmonopolen erhoben werden, so daß die Mitwirkung des Staates am marktwirtschaftlichen Produktionsprozeß der Benutzungsgebühr verbleibt. 15
Vgl. Wilke, Gebührenrecht, S. 124. Vgl. Vogel! Walter, Bonner Kommentar zum GG, Art. 105, Rdnr. 40; F. Kirchhof; Die Höhe der Gebühr, S. 29 ff.; Salzwedel, Rechtliche Aspekte der Erhebung einer Gewässerbenutzungsabgabe, Manuskript, S. 52 ff.; Mußgnug, Das Recht des Landes Baden-Württemberg zur Erhebung eines Wasserpfennigs für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser, Manuskript, S. 20 ff., 31; Hansmeyer/Ewringmann, Der Wasserpfennig. Finanzwissenschaftliche Anmerkungen zum baden-württembergischen Regierungsentwurf, S. 22 ff. 16
34
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Einräumung eines subjektiven öffentlichen Rechts erhoben, das einen wirtschaftlichen Vorteil begründet, und schöpft diesen Vorteil ganz oder teilweise ab17. Entscheidend dabei ist die Schaffung eines subjektiven Rechts; auf die tatsächliche Ausnutzung des verliehenen Rechts kommt es nicht mehr an18. Als Beispiele der Verleihungsgebühr können die straßenrechtliche Sondernutzungsgebühr, die bergrechtliche Förderabgabe, die Spielbankabgabe, die Schankerlaubnissteuer und die sonstigen Konzessionsabgaben genannt werden. Die Erfassung der Förderabgabe bei der Bewilligung zur Förderung von Bodenschätzen nach dem Bundesberggesetz19 als zulässige Verleihungsgebühr begründet F. Kirchhof wie folgt: „Sie kann nicht als Verwaltungsgebühr erfaßt werden, denn sie soll nicht den einmaligen staatlichen Entscheidungsprozeß über die Verleihung des Bergrechts oder die Fertigung der Urkunde abgelten, sondern wird laufend nach dem Förderungsumfang erhoben. Sie ist keine Benutzungsgebühr, weil das Ausbeuten des Bodens keine Nutzung eines staatlichen Produktionsapparats, sondern der Umwelt darstellt. Man könnte allenfalls von einer Benutzung des verliehenen Rechts sprechen, erweitert dann aber den herkömmlichen Begriff der Benutzungsgebühr auf andere Arten staatlicher Leistungen ... Verschafft der Staat Privaten ein Recht, so kann das Entgelt einer solchen besonderen Leistung systematisch einwandfrei als Verlcihungsgebühr erfaßt werden. Sie stellt zutreffend darauf ab, daß Inhalt der staatlichen Leistung die Rechtsübertragung, nicht etwa die private Rechtsnutzung ist." 20
Trotz aller Versuche im Schrifttum, die Verleihungsgebühr als eigenen Gebührentyp zu klassifizieren, stößt dieses Unterfangen in vieler Hinsicht auf erhebliche Bedenken. Zunächst einmal ist die Verleihungsgebühr dem Vorwurf ausgesetzt, daß durch die entgeltabhängige Vergabe von Berechtigungen eine Errungenschaft des Staatsrechts einer Kommerzialisierung der öffentlichen Verwaltung preisgegeben wird, die staatliches Vcrwaltungsrecht und unentgeltliche Deckung des gemeinen staatlichen Finanzbedarfs durch Steuern grundsätzlich strikt voneinander sondert und damit die Unbefangenheit des Verwaltungsentscheids gegen fiskalische Ertragsanliegen abschirmt21. Ferner ergibt sich aus der 17
Pietzcker, DVB1. 1987, S. 777. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 30. 19 Bundesberggesetz vom 13.08.1980, BGBl. I, S. 1310. 20 F. Kirchhof, DVB1. 1987, S. 554 ff. (555). 21 P. Kirchhof, Jura 1983, S. 512. Damit bestreitet er generell die Rechtfertigung, Rechtspositioncn nach Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit zu vergeben: „Die staatliche Verwaltung verlöre ihre Unbefangenheit und gefährdete den Maßstab ,sachgerechter Gleichheit, wenn sie die Einräumung von Rechten grundsatzlich von Entgeltzahlungen abhängig machte"; ebenso ders., Verfassungs18
Β. Vorzugslast
35
Rechtsverleihung, die die Belegung eines bestimmten Verhaltens mit allgemeinen Verboten voraussetzt und die anschließende Erteilung von Dispensen abhängig macht, der mögliche Konflikt mit den betroffenen Grundrechten 22, die einen Anspruch auf die Rechtseinräumung gewähren. Ein genereller Staatsvorbehalt, dessen Dispens mit der Erhebung einer Verleihungsgebühr belegt werden kann, läßt sich nur dann rechtfertigen, wenn ein mit dem allgemeinen Verbot verfolgtes öffentliches Interesse klar vorliegt 23. Die weitere Kritik an der Verleihungsgebühr zielt darauf ab, daß die Hauptschwierigkeit, der Verleihungsgebühr den echten Gebührencharakter zu geben, darin liegt, daß die Leistung des Staates bei ihr lediglich in der Rechtseinräumung, also nicht etwa in der tatsächlichen Inanspruchnahme der Verwaltung bzw. der öffentlichen Einrichtung gesehen wird 24. Steht der Gegenleistungsbegriff bei der Verleihungsgebühr auf einem so schwachen Boden, daß die Verleihungsgebühr nach materiellen Kriterien von Steuern schwer abzugrenzen ist, könnte dies bereit gegen den Bestand der Verleihungsgebühr als eigener Gebührentyp sprechen. Mit anderen Worten könnte dadurch die Kompetenz der Steuerverfassung des Grundgesetzes unterlaufen werden, wenn der Gesetzgeber anhand nur formeller Kriterien der Gegenleistung die mit Erlaubnisvorbehalt eingerichtete „verkappte Steuer" einzuführen versucht. Bevor er daher mit Einführung der Verleihungsgebühr abgabenrechtlich Neugclände betritt, hat er zu überlegen, ob die bestehenden abgabenrechtlichen Mittel (Steuer, Verwaltungsgebühr, Benutzungsgebühr) anstatt der Verleihungsgebühr ausgeschöpft werden können.
I L Beitrag
Im allgemeinen werden Beiträge als öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstanden, die für die Finanzierung öffentlicher Einrichtungen* oder Anlagen von den Pflichtigen erhoben werden, um den ihnen ge-
fragen der Gewässerbenützungsgebühr und der Freistellung von wasserrechtlichen Ausgleichsverpflichtungen, Manuskript, S. 31. 22 Pietzcker, DVB1. 1987, S. 778. 23 F. Kirchhof (DVB1. 1987, S. 557 ff.) sieht das öffentliche Interesse, das mit der Belegung einer Verleihungsgebühr verfolgt wird, beispielsweise im Umweltschutz. Bloße fiskalische Gründe reichten nicht aus. 24 Pietzcker, DVB1. 1987, S. 777.
36
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
währten besonderen wirtschaftlichen Vorteil abzugleichen25. Unerheblich ist es jedoch bei Beiträgen, ob der Abgabepflichtige die angebotenen Vorteile tatsächlich in Anspruch genommen hat oder nicht. Vielmehr rechtfertigt schon die Möglichkeit des Vorteils die Erhebung der Beiträge26. Zu den Beiträgen im weiteren Sinne gehören die sog. Verbandslasten, die die Abgabepflicht an die Mitgliedschaft in öffentlichrechtlichen Verbänden anknüpfen, beispielsweise Beiträge zu Industrieund Handelskammern, Handwerkskammern und Ärzten- oder Rechtsanwaltskammern (korporative Beiträge). Umstritten ist die Qualifizierung der Sozialversicherungsbeiträge als Beitrag, da sie sich zwar grundsätzlich an individueller Äquivalenz ausrichten, aber sich doch von dem echten Beitrag insofern unterscheiden, als sie neben der versicherungsrechtlichen Äquivalenz den solidarischen Ausgleich bezwecken27.
1. Verbandslast
Bestimmte Körperschaften des öffentlichen Rechts decken ihren Finanzbedarf üblicherweise über die auf der Zwangsmitgliedschaft beruhenden Beiträge. Zwar scheint es zum Teil richtig zu sein, daß der Mitgliedsbeitrag den Vorteil ausgleicht, den die Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft aus der Tätigkeit dieser Körperschaft haben. In der Tat werden die Verbandslasten aber losgelöst von dem individuell zurechenbaren Vorteil erhoben28, was logischerweise dazu führt, daß für die speziellen Verbandsleistungen der Kammer zusätzliche Gebühren entrichtet werden können29. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Verbandslasten ergibt sich also unmittelbar daraus,
25
Vgl. BVerfGE 7, 244 (255); 9, 291 (297); 11, 105 (117); BVerwGE 39, 5 (6); Patzig, DÖV 1981, S. 735; Puwalla, Qualifikation von Abgaben, S. 50; Eyben, Die Abgabe form des Beitrags und ihre praktischen Schwerpunkte, S. 57 ff.; Strauß, Die Abgaben der Ausgleichseinrichtungen im System des allgemeinen Abgabenrcchts, S. 169. 26 Vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 43; P. Kirchhof, Jura 1983, S. 513. 27 Statt aller Isensee, Umverteilung, S. 13 ff.; ders ., in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 454. 28 Vgl. BVerwGE 42, 210 (216); P. Kirchhof, Jura 1983, S. 514; Wilke, Gebührenrccht, S. 119; Selmer, Stcuerintervcntionismus, S. 207; dagegen hat Puwalla (Qualifikation, S. 92) die Verbandslastcn auch als Abgaben angesehen, die dem Vorteilsprinzip zugrundeliegen und zwar insofern, als deren Gegenleistung beispielsweise in der Vertretung der allgemeinen Berufs- oder Verbandsinteressen der Mitglieder besteht. 29 Vgl. P. Kirchhof, a.a.O., S. 514; Wilke, a.a.O., S. 120.
Β. Vorzugslast
37
daß die Abgabepflichtigen durch eine mitgliedschaftliche Organisation einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zugehören und damit in die Finanzierung der verbandseigenen Aufgabe durch entsprechende Beiträge einbezogen werden30. Die aus dem Organisationszwang folgende Pflichtmitgliedschaft läßt sich wiederum aus den spezifischen öffentlichen Aufgaben rechtfertigen, die diese Körperschaft wahrnimmt 31.
2. Finanzbeitrag
Das Recht des Beitrags ist dem Gebührenrecht eng verwandt, weswegen in den Grundaussagen im wesentlichen auf dieses verwiesen werden kann32. So gibt es keinen verfassungsrechtlich vorgezeichneten Beitragsbegriff, sondern einfache Regeln gestalten das Beitragsrecht aus. Gegenüber den Verbandslasten, welche dem Nachweis eines individuell zurechenbaren Vorteils nicht zugrundeliegen, werden die echten Finanzbeiträge durch Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils, auch wenn es um einen abstrakt-potentiellen Vorteil geht, geprägt33. Danach werden sie als öffentlich-rechtliche Geldleistungen bezeichnet, die - als einziger faktischer Unterschied zur Gebühr - nicht den Empfang, sondern das bevorzugende Angebot einer Leistung der öffentlichen Hand entgelten, also nicht notwendig die tatsächliche Inanspruchnahme durch den Abgabepflichtigen voraussetzen, sondern sich mit dessen Möglichkeit der Wahrnehmung begnügen34. Die ursprüngliche juristische Begriffsbestimmung des Beitrags ist § 9 des Preußischen Kommunalabgabengesetzes zu entnehmen35, an das sich die Kommunalabgabengesetze der Länder trotz einzelner Unterschiede anschließen36. Danach können die Gemeinden behufs der Deckung der Kosten für die Herstellung und Unterhaltung von Veranstaltungen, welche durch das öffentliche Interesse erfordert werden, von denjenigen
30 31 32
Richter, Sonderabgaben, S. 47. Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 448. Wilke, Gebührenrecht, S. 117 ff.
33
Deshalb ist von „echten Beiträgen", Beiträgen im abgabenrechtlichen Sinne bzw. Finanzbeiträgen die Rede, damit sie sich begrifflich streng von Verbandslasten und Sozialversicherungsbeiträgen unterscheiden, vgl. BVerfGE 9, 291 (297); 14, 312 (317); 38, 281 (311); 42, 223 (228). 34
Vgl. Wilke, Gebührenrecht, S. 128 ff.; P. Kirchhof,
35
Vom 14.7.1893, GS S. 152. Z.B. zur Fremdenverkehrsabgabe der einzelnen Bundesländer siehe S. 39 f.
36
Jura 1983, S. 514.
38
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Grundeigentümern und Gewerbetreibenden, denen hierdurch besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, Beiträge zu den Kosten der Veranstaltungen erheben. Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen. Schon daraus läßt sich ablesen, daß beim Beitrag im Verhältnis zur Gebühr die staatliche Leistung für den Abgabepflichtigen vorteilhaft sein soll, obwohl zwischen Erhebungsanlaß und Vorteil nur ein mittelbarer Interessenzusammenhang bestehen mag. Infolgedessen wurde oft behauptet, daß es sich bei Beitrag um einen konkreten, einzeln greifbaren wirtschaftlichen Vorteil handeln muß, damit er sich hinreichend deutlich von Steuern unterscheiden läßt37. An diesem Vorteilsverständnis des Beitrags hat die Rechtsprechung längst festgehalten 38. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Kriterium des wirtschaftlichen Vorteils versucht, zunächst den Beitrag von Steuern abzugrenzen. Der Kreis der Abgabepflichtigen ist bei den Zwecksteuern nicht auf solche Personen beschränkt, die einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem öffentlichen Vorhaben ziehen. Hingegen ist gerade der besondere wirtschaftliche Vorteil, den bestimmte Personenkreise von einem öffentlichen Unternehmen haben, die Voraussetzung dafür, daß sie zu einem Betrag zu den Kosten dieses Unternehmens herangezogen werden39. Im Gegensatz zur Steuer, bei der die Zweckbindung des Abgabcaufkommens lediglich eine haushaltsrechtliche Relevanz entfaltet, wird die Vorteilsbezogenheit des Beitrags im Hinblick auf die Verwendung des Abgabenaufkommens besonders geprägt, so daß eine zweckwidrige Verwendung des Abgabeaufkommens die Abgabepflicht rückwirkend zum Erlöschen bringen muß40. Als ein typisches Beispiel des durch den Vor teilsbegriff geprägten Beitrags kann der Erschließungsbeitrag nach dem Bundesbaugesetz genannt werden, das die im Reichs-, Landes- und Gemeinderecht verstreuten Normierungen zusammengefaßt hat. Nach Art. 127 ff. BBauG (jetzt: BauGB) werden die Erschließungsbeiträge erhoben, um den mit der Herstellung der Erschließungsanlagen für den Anlieger verbundenen wirtschaftlichen Vorteil abzugleichen41.
37
Richter, Sonderabgaben, S. 43. Vgl. BVerfGE 7, 244 (255) 9, 291 (297); 11, 105 (117); 49, 343 (352 ff.). 39 BVerfGE 7, 244 (255). 40 Richter, Sonderabgaben, S. 40. 41 Erschließungsanlagen im Sinne des BBauG (BauGB) sind die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze, die Sammelstraßen und Kinderspielplätze innerhalb der Baugebiete sowie die zu diesen Verkehrsanlagen gehörenden Parkflächen und Grünanlagen (§ 127 Abs. 2 BBauG/BauGB). Der 38
Β. Vorzugslast
39
Zwar zielen die Erschließungsbeiträge schlechthin darauf ab, den unverdienten wirtschaftlichen Vorteil zu beseitigen, sie sind aber wie die Gebühren Entgelte für staatliche Leistungen und dienen dazu, die Kosten (Erschliessungskosten bzw. Folgekosten) zu decken42. Insofern unterscheiden sie sich andererseits vom am reinen Ausgleichszweck orientierten Sonderabgaben, bei denen das Problem der Kostendeckung nicht auftaucht 43. Als ein weiteres Beispiel des echten Finanzbeitrags sind die Fremdenverkehrsabgaben zu bezeichnen44, die zur Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung der zu Heil- und Kurzwecken in einem anerkannten Gebiet bereitgestellten Einrichtungen und Anlagen und für Veranstaltungen erhoben werden45. Der Zweck der Fremdenverkehrsabgaben richtet sich danach, daß der Abgabepflichtige mittelbaren oder unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil aus dem Kurbetrieb oder dem Fremdenverkehr in der Gemeinde erlangt hat. Von entscheidender Bedeutung ist dabei wie bei Erschließungsbeiträgen also der Begriff des besonderen wirtschaftlichen Vorteils. Besondere wirtschaftliche Vorteile, die aus dem Fremdenverkehr erwachsen, sind z.B. erhöhte Gewinnund Verdienstmöglichkeiten. Für nicht ausreichend gehalten wird dagegen, daß der Fremdenverkehr generell geeignet ist, die Wirtschaftskraft einer Gemeinde zu erhöhen, die Zahl ihrer Einwohner steigen zu lassen und auf diese Weise die allgemeinen Verdienstmöglichkeiten zu verbessern. Hierbei handelt es sich um bloß abstrakte Vorteile des
Erschließungsaufwand für die gesamten Erschließungsanlagen im Rahmen des BBauG umfaßt lediglich die Kosten für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen, ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung sowie die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen (§ 128 Abs. 1 BBauG/BauGB). 42
Vgl. Puwalla, Qualifikation, S. 50; Wilke, Gebührenrecht, S. 118. Dies kann ohne weiteres auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß bei Sonderabgaben im Gegensatz zu Vorzugsiasten keine staatlichen Leistungen vorhanden sind, die mit der Abgabeerhebung abgeschöpft werden sollen. 44 Üblicherweise sind die fremdenverkehrsabgabenrechtlichen Regelungen in den Kommunalabgabengesetzen der einzelnen Bundesländer'enthalten; z.B. § 10 Abs. 1 Zff. 2 s.-h. KAG; § 9 Abs. 1, 2 n.-w. KAG; § 6 bay. KAG; § 9 Abs. 1 r.-p. KAG, § 11 Abs. 1, 2 saarl. KAG. Im Gegensatz zu den übrigen Bundesländern liegt in Baden-Württemberg die rechtliche Grundlage nicht im Kommunalabgabengesetz, sondern in einem besonders verabschiedeten Gesetz, und zwar im Gesetz über eine Abgabe zur Förderung des Fremdenverkehrs vom 27.10.1953, i.d.F. v. 18.02.1964 (GBl. S. 71). 45 Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 128. 43
40
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Fremdenverkehrs, die mehr oder weniger allen Einwohnern der Gemeinde zugute kommen. Im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in der es die Fremdenverkehrsabgabe als einen Geldbetrag zur Verringerung oder Deckung der Kosten einer öffentlichen Einrichtung bezeichnete46, hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26.05.197647 über die Verfassungsmäßigkeit der badenwürttembergischen Fremdenverkehrsabgabe ausgeführt, daß ihr legitimierender Grund der Ausgleich von Vorteilen und Lasten sei. Wesentlich für diesen Begriff sei der Gesichtspunkt der Gegenleistung. Derjenige, der aus einer öffentlichen Einrichtung besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehe, solle auch zu deren Kosten beitragen. An dem am wirtschaftlichen Vorteil orientierten eng gefaßten Beitragsbegriff wurde z.T. vom Schrifttum Kritik geübt, daß der Wildwuchs verschiedener Sonderabgaben in erster Linie dem engen Entgeltbegriff zu verdanken sei48. In Anlehnung an die Auffassung der Finanzwissenschaft, daß die Höhe der verursachten Kosten oder des empfangenen Nutzens sowohl für den Gebühren- als auch für den Beitragsbegriff keine Rolle mehr spielt, sondern daß die Höhe und Struktur der Abgaben stattdessen durch politische Entscheidungen festgelegt werden, die auf Verhaltens- oder Nachfragelenkung, aber auch auf Verteilungsgesichtspunktcn beruhen können49, hat Puwalla die weitgehende Befreiung des Beitrags von dem eng bezogenen Vorteilsbegriff befürwortet, um den neuen Weg zum Einsatz des Beitrags als Instrument staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu erschließen50. Zwar trifft es teilweise zu, daß unter dem erweiterten Beitragsbegriff einige Sonderabgaben bzw. zum großen Teil auch die sog. beitragsähnlichen Sonderabgaben subsumiert werden könnten. Der erweiterte Beitragsbegriff, der nicht mehr von dem besonderen wirtschaftlichen Vorteil abhängt, sondern nunmehr der vielfältigen politischen Überlegung des Gesetzgebers Rechnung trägt, erschwert aber die Abgrenzung des Beitrags gegenüber der Steuer. Denn es ist vorstellbar, daß die soweit aufgelockerte Staatslcistung beim Beitrag durch Verbindung mit ver-
46 47 48 49
BVerwGE 39, 5 (6). BVerfGE 42, 223 (228). Puwalla, Qualifikation, S. 57. Bohley, Gebühren und Beiträge, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, S.
922. 50
Puwalla, Qualifikation, S. 57.
Β. Vorzugslast
41
schiedenen politischen Zielsetzungen zu keiner Gegenleistung stiftenden Staatsleistung wird.
3. Beitragsähnliche Abgabe a) Der BegrifT beitragsähnliche Abgabe
Im Laufe der Entwicklung des Sonderabgabenrechts wurden Abgaben festgestellt, deren Zuordnung zu Sonderabgaben fragwürdig erscheint, weil sie wegen der hochspezifizierten individuellen Begünstigung eher den Vorzugsiasten ähneln. Solche Abgaben sind schon frühzeitig vom Bundesverfassungsgericht als „beitragsähnlich" bezeichnet worden, da sie nicht den Zweck hätten, die Aufwendungen der öffentlichen Einrichtungen zu decken, sondern dazu bestimmt seien, den Vorteil des Abgabepflichtigen auszugleichen. Wenn deswegen diese Abgaben dem Beitragsbegriff vielleicht nicht in vollem Umfang entsprächen, so seien sie doch zumindest beitragsähnlich51. Der Feststellung der Existenz beitragsähnlicher Abgaben hat sich auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. In seinem Urteil zur Erhebung der Filmabgabe nach dem Filmgesetz52 hat das Gericht die Filmabgabe für eine Ausgleichsabgabe gehalten, die in erster Linie dem Ausgleich wirtschaftlicher Verzerrungen dienen solle und darüber hinaus insofern teilweise beitragsähnlichen Charakter habe, als die Förderung der Filmwirtschaft mehr oder weniger dem gesamten Interesse der Abgabepflichtigen, Filmproduzenten, -Verleiher und -theaterbesitzer zugute komme53. Die Anerkennung beitragsähnlicher Abgaben durch die Rechtsprechung hat auch im Schrifttum Resonanz gefunden 54. Dort wird das Charakteristikum beitragsähnlicher Abgaben vor allem darin gesehen, daß sie im
51 BVerfGE 18, 274. Hierbei handelte es sich um die Mehrwertabgabe des Landes Nordrhein-Westfalen, welche den durch die Zuteilung eines neuen Grundstücks im Umlegungsverfahren erworbenen Mehrwert des Grundstücks gegenüber dem alten abschöpfen will. Angesichts der Tatsache, daß die Mehrwertabgabe nicht den einzigen Zweck hat, die Aufwendungen der Gemeinde für die Umlegung zu decken, hat das Bundesverfassungsgericht sie als beitragsähnliche Zahlungspflicht qualifiziert, a.a.O., S. 287. 52
I.d.F. v. 25.06.1979, BGBl. I, S. 803. BVerwGE 45, 1 (7 ff.). 54 Statt aller Hemeler, Sonderabgaben, S. 80 ff. (82 ff.); Puwalla, Qualifikation, S. 52 ff.; Frìauf \ Festschrift für Haubrichs, S. 103 ff. (116); Selmer, Steuerinterventionismus, S. 200; Strauß, Die Abgaben der Ausgleichseinrichtungen im System des allgemeinen Abgabenrechts, S. 295 Fn. 3. 53
42
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Grunde genommen zwar keine Vorzugslasten darstellen, weil weder die Abgabepflichtigen zur Finanzierung der verursachten Kosten der staatlichen Einrichtungen noch zur Deckung der Kosten einer konkreten Staatsleistung herangezogen werden. Ihre Erhebung rechtfertigt sich dem Abgabepflichtigen gegenüber aber zumindest auch aus dem Gedanken, der Gebühren und Beiträge legitimiert, also dem Gedanken der Begünstigung durch eine individualnützige Staatsaktion55. Möglicherweise ist an die Entstehung beitragsähnlicher Abgaben in zweierlei Richtung zu denken. Zum einen hat der eng gefaßte Beitragsbegriff den Raum geschaffen, innerhalb dessen solche Abgaben entstehen können, die zwar aufgrund der engen Beziehung des Abgabepflichtigen zu den Vorteilen als Vorzugslasten angesehen werden könnten, aber doch wegen des mangelnden Gegenleistungsbegriffs im Sinne des Art. 1 RAO einem reinen Beitrag schwer zuzuordnen sind56. Zum anderen ergeben sich beitragsähnliche Abgaben aus dem gezielten Versuch, die Sonderabgaben in bezug auf ihre verfassungsrechtliche Anomalität im gesamten Abgabenrecht möglichst für eine Ausnahme zu halten. Danach will man einige Sonderabgaben, bei denen der Abgabepflichtige aufgrund der dem einzelnen begünstigenden staatlichen Aktionen in der Lage ist, persönlich von der öffentlichen Veranstaltung Vorteile zu ziehen, als Beiträge bzw. zumindest beitragsähnliche Abgaben qualifizieren. Dennoch bleibt die Frage offen, wodurch sich diese Abgaben, deren äußerliche Ähnlichkeit mit den Beiträgen unumstritten ist, von den echten Beiträgen unterscheiden, damit sie noch als beitragsähnlich angesehen werden können57. Zugleich hat man der Frage nachzugehen, ob die Existenz und die Anerkennung beitragsähnlicher Abgaben weniger zur Vereinfachung bzw. Systematisierung als vielmehr zur Komplizierung des Abgabensystems führen kann.
h) Mangel an staatlicher Leistung und individueller Zurechenbarkeit
Als beitragsähnliche Abgabe könnte z.B. die Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz58 angesehen werden, die innerhalb der in die Marktordnung einbezogenen und durch sie auf besondere Weise
55 56 57 58
Henseler, a.a.O., S. 81. Puwalla, Qualifikation, S. 54. Andeutungsweise Puwalla, a.a.O., S. 54; Henseler, Sonderabgaben, S. 81. Vom 10.12.1952, BGBl. I, S. 811.
Β. Vorzugslast
43
wirtschaftlich verbundenen Betriebe einen annäherungsweisen Ausgleich der Erträge herbeiführt. Dabei bringen bestimmte ordnungsbegünstigte Milcherzeuger und Milchverwerter zugunsten benachteiligter Berufskollegen entsprechende finanzielle Opfer in Form einer Ausgleichsabgabe auf 59. Im großen und ganzen sieht man die Legitimationsgrundlage dieser Ausgleichsabgabe - im Vergleich mit Beiträgen - auch darin, daß ein bestimmter Personenkreis in der durch eine staatliche Aktion etablierten Marktordnung einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil erzielt 60. Das gleiche gilt auch für die Weinabgabe nach dem Weinwirtschaftsgesetz 61. Die Abgabe, deren Funktion sich daran orientiert, die aus der Freistellung von einer im übrigen begründeten öffentlich-rechtlichen Verhaltenspflicht entstandenen tatsächlichen Ungleichheiten auszugleichen, läge auch dem Gedanken beitragsähnlicher Abgaben zugrunde. Zu nennen ist in dieser Hinsicht die Feuerwehrabgabe des Landes Baden-Württemberg, wonach der Gesetzgeber gerade von dem Bestreben geleitet worden ist, die Feuerwehrdienstpflichtigen gleichmäßig zu belasten, indem er denen, die zur Dienstleistung nicht herangezogen werden, die Zahlung einer Ausgleichsabgabe auferlegt 62. In der Parallele zur Feuerwehrabgabe zielt auch die Fehlbelegungsabgabe nach dem Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen63 auf den Ausgleich des unverdienten Vorteils ab. Hiernach handelt es sich um die Ausgleichszahlung im öffentlich geförderten Wohnungsbau, die die Inhaber von öffentlich geförderten Wohnungen zu leisten haben, falls ihr Aufkommen die zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigenden Einkommensgrenzen übersteigt64. Damit wollte das Gesetz die Fehlsubventionierung im Bereich der Förderung von Sozialwohnungen beseitigen. Bei der Fehlbelegungsabgabe könnte der wirtschaftliche Vorteil des Abgabepflichtigen darin gesehen werden, daß die gutverdienenden Nutzer die Preisgünstigkeit der mit öffentlichen Mitteln errichteten verbilligten Sozialwohnungen in Anspruch nehmen65.
59
BVerfGE 18, 315 (328). Sehner, Steuerinterventionismus,S. 200. 61 I.d.F. v. 09.05.1968, BGBl. I, S. 471. 62 BVerfGE 13, 167 (171). 63 Vom 12.22.1981, BGBl. I, 1523. 64 Das Einkommen und die Einkommensgrenze bestimmen sich nach § 25 Abs. 1 und 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Alle Personen, die die Wohnung nicht nur vorübergehend benutzen, sind zu berücksichtigen, soweit sich nicht aus § 1 Abs. 2 etwas anderes ergibt. (§ 3 Abs. 1 AFWoG). 65 BVerfGE 78, 249 (268). 60
44
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Geht man aber noch näher auf die Funktion und die Legitimationsgrundlage der beitragsähnlichen Abgaben ein, stellt sich heraus, daß entweder der wirtschaftliche Vorteil nicht auf der beitragsbegriffsimmanenten Staatsleistung beruht oder eine solche Staatsleistung nicht dem einzelnen unmittelbar zugute kommt, wobei es sich bei Beiträgen auch immer um die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung handelt. Geht man zwar davon aus, daß die Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz äußerliche Ähnlichkeit mit einem Beitrag aufweist, läßt sich daraus nicht entnehmen, daß die von staatlicher Aktion hergestellte Milchmarktordnung als staatliche Leistung im Sinne des Beitragsrechts zu verstehen ist, die dem Abgabepflichtigen einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil vermittelt. Die Konkretisierung des wirtschaftlichen Vorteils hängt vielmehr von der ganz zufälligen Tatsache ab, daß der Abgabepflichtige einmal in die Rolle des Empfängers von Ausgleichszahlungen schlüpfen wird 66. Soweit er durch Zufall der Ausgleichspflichtige innerhalb der Marktordnung bleibt, erhält er somit keine Gelegenheit, die beitragsspezifische Möglichkeit der Inanspruchnahme der staatlichen Einrichtung in seinen individuellen Vorteil umzusetzen. Der beschriebene Umstand beitragsähnlicher Abgaben entspricht nicht dem Wesen des Beitrags, bei dem das Verhältnis der staatlichen Leistung und des wirtschaftlichen Vorteils in einer ständigen synallagmatischen Wechselbeziehung stehen muß, obwohl für die Annahme der individuell begünstigenden Wirkung der staatlichen Leistung es nicht darauf ankommt, auf wessen Initiative, auf welche Weise und in welcher Absicht der persönliche Vorteil erbracht wird 67. Ebensowenig wie die Staatsleistung ist bei der Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz die individuelle Zurechenbarkeit solcher Leistungen unzweideutig festzustellen. Die bloße gruppennützige Verwendung des Abgabeaufkommens, die bei den eigenverantwortungsbezogenen Sonderabgaben68 üblich ist, besagt nicht, daß das Abgabeaufkommen unmittelbar dem einzelnen Abgabepflichtigen zugute kommt. Deshalb dürfte die beitragsspezifische Staatsleistung, die beim Zeit-
66 Dagegen ließ Henseler (Sonderabgaben, S. 84) in diesem Zusammenhang erkennen, daß nicht die Gewähr eines potentiellen Anspruchs auf Ausgleichsleistungen die finanzielle Inanspruchnahme des einzelnen Schuldners legitimiert, sondern der Nachweis, daß er durch die Existenz der staatlich etablierten Milchmarktordnung höhere Gewinne erzielt, als er ohne sie erzielen würde. 67 Wilke, Gebührenrecht, S. 67. 68 Dazu näheres S. 87 ff.
Β. Vorzugslast
45
punkt ihrer Inanspruchnahme in die individuell zurechenbare Leistung umgewandelt wird 69 , nicht mit dem Begriff der sonderabgabenrechtlichen Gruppennützigkeit verwechselt werden, wonach es ausreicht, wenn das Abgabeaufkommen lediglich überwiegend im Interesse der abgabepflichtigen Gruppe verwendet wird 70. Im Hinblick auf die mangelhafte Staatsleistung und die daraus folgende fehlende individuelle Zurechenbarkeit unterscheidet sich die Feuerwehrabgabe des Landes Baden-Württemberg nicht wesentlich von der Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz. Hierbei besteht sogar kaum eine ordnungsschaffende staatliche Aktion, die sich daran ausrichtet, irgendeine Ordnung zu schaffen, innerhalb deren der Abgabepflichtige zumindest potentiell einen wirtschaftlichen Vorteil für sich ziehen kann. Die einzige denkbare Staatsaktion erfolgt durch Entscheidung der Gemeinde als Träger der Feuerwehr, ob der einzelne Abgabepflichtige durch tatsächliche Dienstleistung zur Feuerwehr herangezogen oder durch deren Freistellung in die Zahlung einer Ausgleichsabgabe einbezogen wird 71. Somit liegt die Rechtfertigungsgrundlage der Feuerwehrabgabe nicht in dem Ausgleich des Vorteils, der sich aus der Inanspruchnahme der Staatsleistung ergibt, sondern darin, den aus der Befreiung vom Feuerwehrdienst entstandenen unverdienten Vorteil abzuschöpfen. Die bereits ausgeführte Feststellung gilt auch für die Fehlbelegungsabgabe. Wäre der Abgabetatbestand der Fehlbelegungsabgabe die Inanspruchnahme der öffentlichen Veranstaltung des sozialen Wohnungsbaus, dann könnte sie als ein Beitrag oder eine Gebühr angesehen werden. In der Tat werden aber die meisten Nutzer der Sozialwohnungen von der Abgabepflicht befreit und nur die Mehrverdienenden werden in die Zahlungspflicht der Fehlbelegungsabgabe einbezogen72, d.h. der wirtschaftliche Vorteil besteht nicht in der Inanspruchnahme der 69
Denkbar wäre die Rundfunkgebühr, Vgl. F. Kirchhof, Die Höhe der Gebühr, S. 36. 70 BVerfGE 55, 274 (308). 71 BVerfGE 13, 167 (170). 72 Insofern ist bei der Fehlbelegungsabgabe ebensowenig wie bei der Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz sowie auch bei der baden-württembergischen Feuerwehrabgabe keine individuell zurechenbare Staatsleistung festzustellen, die deren Auferlegung als Beitrag legitimieren kann. Vielmehr rechtfertigt sich die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe aus der Tatsache, daß die Abgabepflichtigen durch die Fehlsubventionierung im sozialen Wohnungsbau für neue soziale Unzuträglichkeiten verantwortlich sind, und daß solche soziale Mißstände durch entsprechende Ausgleichszahlungen beseitigt werden müssen.
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staatlichen Veranstaltung der Sozialwohnung73, sondern darin, daß die eine bestimmte Einkommensgrenze überschreitenden Verdiener aufgrund der staatlichen Subventionierung verbilligte Mieten zahlen und durch den Unterschied zwischen „Soll-Miete" und verbilligter Miete einen unverdienten Vorteil erzielen74. Wenn die beitragsähnlichen Abgaben durch mangelnde Staatsleistung und individuelle Zurechenbarkeit geprägt werden, sind sie bereits keine Beiträge mehr, und deshalb kann von dem Stichwort „beitragsähnlich" keine Rede sein. Der Begriff der Beitragsähnlichkeit hat — entgegen der Erwartung des Schrifttums und der Rechtsprechung - die Abgrenzung der Abgaben voneinander erschwert, indem sie sich ohne materielle abgabenrechtliche Auseinandersetzung damit begnügen, einige Abgaben voreilig als beitragsähnlich zu erklären, die in Wirklichkeit eher entweder als Steuer oder als Sonderabgabe zu qualifizieren sind.
C. Sozialversicherungsbeitrag Soweit der Sozialversicherungsbeitrag dem Gedanken der individuellen Äquivalenz zugrundeliegt, weist er eine Ähnlichkeit mit Vorzugslasten auf 1. Er unterscheidet sich jedoch von Beiträgen im engeren Sinne dadurch, daß er von dem Grundsatz des solidarischen Ausgleichs ausgeht2, welcher die sozialversicherungsrechtliche unterstaatliche Umverteilung zwischen den Versicherten ermöglicht3. Auch wenn die Sozial-
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Mit Blick auf die abgabenrechtliche Gestaltung, daß der Abgabetatbestand nicht auf die Inanspruchnahme der Sozialwohnung abstellt, scheidet auch die gebührenrechtliche Lösung aus. Dagegen hat Puwalla (Qualifikation, S. 147) die Fehlbelegungsabgabe als eine Sondernutzungsgebühr angesehen, und zwar deshalb, weil sie dazu bestimmt ist, Vorteile und Kosten auszugleichen, die durch die illegitime Nutzung eines ansonsten gewährten öffentlichen Gutes entstanden sind. 74 BVerfGE 78, 249 (269), wobei das Gericht die Fehlbelegungsabgabe als eine Abschöpfungsabgabe bezeichnete. 1 Isensee, Umverteilung, S. 33; ders. y Die Rolle des Beitrags bei der rechtlichen Einordnung und Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: Die Rolle des Beitrags in der sozialen Sicherung (Hrsg. Zacher), S. 465 ff. 2
Kloepfer/Malorny, JA 1976, S. 41 ff. (43); Isensee, Umverteilung, S. 13 ff. Isensee (a.a.O. S. 41) unterscheidet die Sondergesetzlichkeit des Solidarausgleichs grundlegend von der steuerlichen Umverteilung wie folgt: „Der Bestimmungsgrund der sozialversichungsrechtlichen Retribution ist der Vorteil einer homogenen Bevölkerungsgruppe, nicht der Nutzen der staatlichen Allgemeinheit, dem die Sozialgestaltung durch Steuern folgt. Im Solidarausgleich weicht das 3
C. Sozialversicherungsbeitrag
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versicherungsträger durch Gesetz als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert werden, ist der Sozialversicherungsbeitrag abgabenrechtlich nicht als Verbandslast anzusehen, weil die normalerweise nach der Leistungsfähigkeit konzipierte Verbandslast nicht auf die individuelle Äquivalenz angewiesen ist. Wie bereits dargestellt, beruht der korporative Beitrag auf der Mitgliedschaft als solcher, um den Finanzbedarf dieser Organisation zu decken, nicht auf dem individuell zurechenbaren Vorteil, der dem einzelnen Mitglied aus der Mitgliedschaft erwächst. Insofern hat der Sozialversicherungsbeitrag abgabenrechtlich eine Sonderstellung errungen 4, dessen verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 74 Nr. 12 GG bemerkbar ist. Im allgemeinen besteht der Sozialversicherungsbeitrag aus zwei Komponenten, nämlich dem Beitragsanteil der versicherten Arbeitnehmer auf der einen und der finanziellen Beteiligung der Arbeitgeber auf der anderen Seite. Während sich der Beitragsanteil der versicherten Arbeitnehmer unter Zugrundelegung der Homogenität der Arbeitnehmerschaft aus der Verzahnung der versicherungsrechtlichen individuellen Äquivalenz mit dem Solidarausgleich rechtfertigt, bedarf die Beteiligung der Arbeitgeber an der teilweisen Finanzierung der Sozialversicherungssysteme einer besonderen Rechtfertigung. Seit längerem hat das Bundesverfassungsgericht die Abgabepflicht der Arbeitgeber an die sog. arbeitsrcchtliche Fürsorgepflicht angeknüpft, die die Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern tragen5. Obwohl es zugleich den finanziellen Anteil der Arbeitgeber auch als Sozialversicherungsbeitrag im Sinne des Art. 74 Nr. 12 GG qualifiziert hat, handelt es sich hier in Wirklichkeit um eine echte Fremdlast, die den Arbeitgebern keinerlei Äquivalenz vermittelt 6. Insoweit kann abgabenrechtlich von einer fremdnützigen Finanzierungsabgabe gesprochen werden, für deren Erhebung üblicherweise ein triftiger Belastungsgrund erforderlich ist7.
Eigeninteresse des beitragspflichtigen Individuums dem Eigeninteresse des ganzen Staatsverbandes. Solange sich der Ausgleich im Rahmen einer fundierten Solidargemcinschaft hält, bleibt ein Minimum an Vorteilsbezug zum einzelnen Ausgleichsbetciligten gewahrt." 4 Isensee, Umverteilung, S. 42; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 186; Eyben, Die Abgabe form des Beitrags und seine praktischen Schwerpunkte, S. 173. 5
Vgl. BVerfGE 11, 105 (113, 116); 14, 312 (317). Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 419. 7 Vgl. Frìauf, \ Festschrift für Haubrichs, S. 118; Mußgnug, Festschrift für Forsthoff, S. 290 ff.; BVerfGE, 55, 274 (307). 6
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
D. Sonderabgabe I. Sonderabgaben als Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 1. Begriffswirrwarr bei Sonderabgaben
Wie in der Einleitung angedeutet, hat die Öffentlichkeit schon längst einer Gruppe von Abgaben große Aufmerksamkeit geschenkt, die die herkömmlichen Abgabenkategorien im Sinne des klassischen Finanzrechts sprengen1. Üblicherweise sind sie unter dem Sammelbegriff „Sonderabgaben" zusammengefaßt, wobei allerdings die Terminologie nicht ganz einheitlich ist2. Vielmehr sind diese Geldleistungspflichten ihren Beweggründen und Ausgestaltungen nach so verschieden, daß es bislang weder der Gesetzessprache noch der Rechtsprechung noch dem Schrifttum gelungen ist, eine allgemeine, allseits anerkannte Terminologie herauszubilden3. Dieser Umstand führt schließlich dazu, daß die Sonderabgaben nach wie vor nur negativ von Steuern, Gebühren und Beiträgen abgegrenzt werden, d.h. die Besonderheit der Sonderabgaben, die allen Anwendungsfällen gemein ist, besteht im wesentlichen darin, daß es sich dabei weder um Steuern noch um Vorzugslasten handelt4. Der Ausdruck der Sonderabgaben entstand bereits 1943 in einem Aufsatz von Werner Weber\ indem er sich mit Geldleistungspflichten befaßt hat, „in denen im Gegensatz zu Steuern primär wirtschaftspolitische und nicht finanzwirtschaftliche Zielsetzungen wirksam sind." Gelegentlich werden sie zum Teil als außersteuerliche bzw. nichtsteuerliche Abgaben6, zum Teil als parafiskalische Abgaben7 bezeichnet, weil sie im 1
Friauf, JA 1981, S. 261 ff. (261). Vgl. Puwalla, Qualifikation, S. 57 ff.; Caesar, FinArch N.F. 38, S. 385 ff. (385). 2
3
Patzig, DÖV 1981, S. 730. Friauf, JA 1981, S. 261. 5 W Weber, Die Dienst- und Leistungspflichten der Deutschen, S. 82, 88. 6 Brodersen, Festschrift für Wacke, S. 103 ff. 7 Selmer, Die parafiskalischen Abgaben im Spannungsfeld von nationalem Recht und europäischem Gemeinschaftsrecht, DStZ 2 (A) 1975, S. 396 ff.; Richter, Sonderabgaben, S. 139. Außerdem „Abgaben eigener Art": BVerfGE 13, 167 (170); BVerwGE 44, 202 (205); „Ausgleichsabgaben": Götz, AöR 85, S. 200 ff.; „Pfennigabgaben": Caesar, FinArch N.F. 38, S. 385 ff.; „Quasi-Steuern": Schemmel, Quasi-Steuern; „Solidarabgaben": Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung - Umverteilung unter Umgehung der Verfassung?, S. 359. 4
D. Sonderabgabe
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Hinblick auf das Steuermerkmal der Erzielung von Einkünften nicht dazu bestimmt sind, den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu dekken und ihr Aufkommen nicht den allgemeinen Haushalten des Bundes oder der Länder zufließt, sondern von einem Sonderfonds oder Sondervermögen vereinnahmt oder verausgabt wird. Angesichts des oben ausgeführten Begriffswirrwarrs und der vielfältigen Erscheinungsformen von Sonderabgaben ist darauf hinzuweisen, daß es längst im Schrifttum Bemühungen gegeben hat, die Begriffsbestimmungen von Sonderabgaben herauszufinden und sie je nach ihrer Funktion systematisch einzuteilen8, wobei die befriedigende Lösung noch unterblieb. Denkt man an dieser Stelle an den umfangreichen Problemkomplex von Sonderabgaben, die konsequenterweise mit dem ordnungsmäßigen Funktionieren der gesamten Finanzverfassung des Grundgesetzes in Konflikt geraten könnten9, dürfen die Bemühungen um die Systematisierungsversuche im Schrifttum nicht bloß für ein wissenschaftliches Interesse gehalten werden. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die entscheidende Rolle der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dessen Einsatz zur Sonderabgabendiskussion für die weitere Entwicklung des Sonderabgabenrechts einen wesentlichen Beitrag geleistet hat.
2. Mehrphasige Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben a) Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu Zwangsanleihen und wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben
Schon vor der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsausbildungsabgabe vom 10.12.198010 hat sich das Gericht mehrfach mit einer Reihe von Sonderabgaben befaßt, wobei es den Schwerpunkt darauf gelegt hat, die Sonderabgaben von Steuern abzugrenzen. Bedauerlicherweise begnügte es sich jedoch seinerzeit damit, so daß nur einzelne Aspekte des umfassenden Problemkreises der Sonderabgabe herausgestellt worden sind. In diesem Zeitabschnitt läßt sich der Gegenstand seiner Rechtsprechung zu Sonderabgaben in zwei Un-
8
Statt aller Richter, a.a.O., S. 55 ff. BVerfGE 55, 274 (304). 10 BVerfGE 55, 274.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
tergruppen zusammenfassen, und zwar die sog. Zwangsanleihen einerseits und die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben andererseits. Was zunächst die Zwangsanleihen11 angeht, wurde die Verfassungsmäßigkeit der Investitionshilfeabgabe zuerst der Prüfung des Gerichts unterzogen. Nach dem Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft 12 hatte die gewerbliche Wirtschaft zur Deckung des vordringlichen Investitionsbedarfs des Kohlebergbaus, der eisenschaffenden Industrie und der Energiewirtschaft einen einmaligen Betrag in Höhe von 1 Milliarde DM aufzubringen. Der Anlaß für Einführung der Investitionshilfeabgabe wurde damit begründet, daß wegen der unterschiedlichen Auswirkung des wirtschaftlichen Aufschwungs auf verschiedene Branchen dem Kohlebergbau und der Stahlindustrie, die beiden noch an Höchstpreise gebunden waren, die notwendigen Investitionsmittel fehlten, während Teile der gewerblichen Wirtschaft mit Hilfe steuerlicher Vergünstigungen oder durch Freigabe der Preise im erheblichen Umfang Investitionen vornehmen konnten13. Um dieses Mittel aufzubringen, wurde der gewerblichen Wirtschaft eine Abgabe auferlegt, deren Aufkommen einem mit einer Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Sondervermögen zufloß, welches aus den einkommenden Mitteln Darlehen an die Unternehmen der Engpaßindustrien vergab. Als Gegenleistung mußten die begünstigenden Betriebe dem Sondervermögen Aktien oder Schuldverschreibungen anbieten, das diese an die Aufbringungsschuldner weiterleitete. Trotz einiger verwandtschaftlicher Züge der Investitionshilfeabgabe mit einer Steuer hat das Bundesverfassungsgericht den Steuercharakter der Investitionshilfeabgabe verneint 14, weil zum einen die Aufbringungsbeiträge nur als durchlaufende Mittel in das Sondervermögen Investitionshilfe gelangten, das nicht staatliche Einkünfte verwalte, sondern der staatlichen Kreditlenkung diene, indem es die Herstellung der Rechtsbeziehungen zwischen den Aufbringungsschuldnern und den begünstigenden Unternehmen vermittele, zum anderen weil die Leistungen der
11
Grundsätzlich zur Struktur und Qualifikation der Zwangsanleihen Rüth, Die Zwangsanleihe als finanzpolitisches Instrument; Birk, Zur Verfassungsmäßigkeit der sogenannten Zwangsanleihe, BB 1982, S. 2121 ff. 12 IHG vom 07.01.1952, BGBl. I, S. 7, abgeändert durch Gesetz vom 22.08. 1952, BGBl. I, S. 585 und Gesetz vom 30.03.1953, BGBl. I, S. 107. 13 14
Vgl. Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 47. BVerfGE 4, 7 (13).
D. Sonderabgabe
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Aufbringungsschuldner und die Gegenleistung der begünstigten Unternehmen einander gegenüberstünden15. Zweiter Entscheidungsgegenstand des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Zwangsanleihen war der Konjunkturzuschlag von 1970. Nach dem Gesetz über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommen- und Körperschaftsteuer vom 23.07.197016 wurde zum ersten Mal ein unverzinslicher Zwangskredit dafür eingesetzt, um den durch eine ungezügelte Nachfrageentwicklung verursachten Preisauftrieb unter Kontrolle zu bringen 17. Hierbei war das Gericht auch davon ausgegangen, daß der Konjunkturzuschlag keine Steuer im Sinne des § 1 RAO darstelle, da das Abgabeaufkommen nicht in den Haushalt eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens fließe, sondern an die Bank abgeführt und bis zu seiner Rückerstattung an die Zahlungspflichtigen dort stillgelegt werde. Deshalb fehle es an dem Steuermerkmal der Erzielung von Einnahmen. Demgegenüber liegen der Auffassung des Gerichts zufolge die Voraussetzungen für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Nr. 11 GG vor. Zu dem Recht der Wirtschaft gehörten nicht nur die Regelungen, die sich nur an einzelne am wirtschaftlichen Leben unmittelbar beteiligte Gruppen wendeten, sondern vielmehr auch die gesetzgeberischen Maßnahmen, die zur Lenkung der Konjunktur den privaten Verbrauch drosseln sollten18. Schließlich hat das Gericht in diesem Zusammenhang auf seine bisherige Rechtsprechung hingewiesen, daß der Bund nach Art. 74 Nr. 11 GG auch Gesetze erlassen könne, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen würden, und daß er in diesem Zusammenhang auch Geldleistungen auferlegen könne19.
15
BVerfGE 4, 7 (14). BGBl. I, S. 1125. 17 Um der Zielsetzung des Gesetzes gerecht zu werden, in einer Periode fortgeschrittener Konjunkturüberhitzung stabilisierend zu wirken, insbesondere die preissteigernde Übernachfrage zu dämpfen, schließt es das KonjZG aus, daß der Steuerpflichtige den Anspruch auf Rückzahlung anstelle der durch den Konjunkturzuschlag entzogenen Liquidität wirtschaftlich einsetzt: der Anspruch auf Rückzahlung ist vor der Freigabe nicht übertragbar (§ 1 Abs. 6 KonjZG). Der Konjunkturzuschlag ist bei den Veranlagungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie im Lohnsteuerjahresausgleich nicht zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 4 KonjZG). 18 BVerfGE 29, 402 (409). 19 Vgl. BVerfGE 4, 7 (13); 8, 274 (317); 18, 315 (329). 16
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Unabhängig davon, daß das Bundesverfassungsgericht sowohl bei der Investitionshilfeabgabe als auch beim Konjunkturzuschlag den Steuercharakter beider Abgaben lediglich durch haushaltsmäßige Veranschlagung des Abgabeaufkommens abgelehnt hat, scheint die Qualifikation beider Abgaben als „nichtsteuerlich" 20 aus heutiger Sicht nicht unumstritten zu sein21. Neben Zwangsanleihen hat sich das Bundesverfassungsgericht unterdessen mit der Verfassungsmäßigkeit von sog. wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben befaßt, die einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen direkten Wettbewerbern herbeiführen sollen. In dem Urteil zur Ausgleichsabgabe nach § 12 Abs. 3 des Milchund Fettgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß die Ausgleichsabgabe nicht der Gewinnung von Mitteln für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates diene. Vielmehr solle sie innerhalb der in die Marktordnung einbezogenen und durch sie auf besondere Weise wirtschaftlich verbundenen Betriebe einen annäherungsweisen Ausgleich der Erträge herbeiführen; es handele sich im gewissen Sinne um eine erzwungene Selbsthilfe der Wirtschaft 22. In diesem Fall hat das Gericht auch darauf abgestellt, daß die haushaltsmäßige Behandlung der Ausgleichsabgabe gegen ihren Steuercharakter spricht; sie fließe nicht in die Staatskasse und werde nicht von den Finanzbehörden verwaltet, sondern sie werde in besonderen Fonds in den Händen des Bundesernährungsministers und der obersten Landesbehörden für Ernährung und Landwirtschaft angesammelt. Der Staat erhebe die Abgabe also nicht für sich, er stelle sie deshalb auch nicht als Einnahmen in seinen Haushalt ein; er trete nur als Vermittler der innerhalb dieses geschlossenen Wirtschaftskreises erfolgenden Zahlungen auf 23.
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Vgl. Kirchhof/Walter, NJW 1970, S. 1575 ff. (1580), die den Konjunkturzuschlag als ein Rechtsinstitut eigener Art, also eine staatsrechtliche Zwangstreuhand im gesamtwirtschaftlichen Interesse ohne verfassungsrechtlich abgesicherte Obhutspflichten bezeichneten. Dagegen hat Hall (NJW 1970, S. 2189 ff. [2192]) den Konjunkturzuschlag unter seinem eigenartigen Steuerbegriff als eine verfassungsmäßige Steuer angesehen. Nach seiner Definition sind Steuern „einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften und/oder aus gesamtwirtschaftlichen Stabilisierungserfordernissen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft." 21 22 23
Vgl. Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 56 ff. BVerfGE 18, 315 (328). BVerfGE 18, 315 (328).
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Ein kleiner Fortschritt zum Sonderabgabenrecht erfolgte in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Abgabe nach § 16 des Weinwirtschaftsgesetzes, und zwar insofern, als die Kriterien der Gruppenhomogenität und Gruppennützigkeit in dieser Entscheidung zum ersten Mal andeutungsweise zum Ausdruck gekommen sind, indem es ausführte, die Zugehörigkeit der sämtlichen Abgabepflichtigen zur Weinwirtschaft rechtfertige es, ihnen und nicht der Allgemeinheit die Finanzierung der der Weinwirtschaft dienenden Tätigkeit des Stabilisierungsfonds aufzuerlegen 24. Davon abgesehen wurde der grundlegende Standpunkt des Gerichts auch in diesem Fall fortgesetzt, daß die Abgabe deswegen keine Steuer darstelle, weil sie nicht der Gewinnung von Mitteln für den allgemeinen Finanzbedarf, sondern ausschließlich der Finanzierung des Stabilisierungsfonds und der dem Fonds im Rahmen der Weinmarktordnung übertragenen Funktionen diene25. Die Orientierung des Gerichts an dem Tatbestandsmerkmal des Einnahmeerzielungszwecks wurde wiederum in seinen folgenden beiden Entscheidungen zur Feuerwehrabgabe nach § 38 Abs. 2 S. 1 des Feuerwehrgesetzes für Baden-Württemberg 26 und zum Troncaufkommen der Spielbanken hervorgehoben, so daß das Gericht diese Abgaben jeweils als eine Ausgleichsabgabe eigener Art 2 7 und als Abgabe besonderer Art bezeichnet hat28. Insgesamt gesehen hat das Bundesverfassungsgericht zwar zum Teil aufgrund des Merkmals der Einnahmeerzielung bzw. des erweiterten Gegenleistungsbegriffs oder zum Teil im Blick auf die haushaltsmäßige Behandlung den oben genannten Abgaben den Steuercharakter abgesprochen. Unterblieben war jedoch die gründliche Auseinandersetzung mit der Frage danach, unter welchen positiven verfassungsrechtlichen Kriterien solche Abgaben erhoben werden können. Bis dahin mußte
24 25 26 27
BVerfGE 37, 1 (16). BVerfGE 37, 1 (16). I.d.F. v. 09.02.1960, GBl. S. 12. BVerfGE 13, 167 (170).
28 Nach Auffassung des Gerichts (E 28, 119 [150]) liege der Schwerpunkt des Troncaufkommens nicht in dem Zweck der Einnahmeerzielung, sondern im Vordergrund stehe, das Glücksspielwesen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung staatlicher Kontrolle zu unterwerfen. Dieser Zweck gebiete es, die Konzessionierung des Betriebes einer Spielbank mit allen Bedingungen und Auflagen als Einheit zu verstehen, zu der auch die Inanspruchnahme des Troncaufkommens gehöre, die im untrennbaren Zusammenhang mit der Konzessionierung der Spielbank stehe.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
man noch auf das Grundsatzurteil des Gerichts zur Berufsausbildungsabgabe warten.
b) Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsausbildungsabgabe vom 10.12.1980
Verglichen mit den früheren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben, die sich nur mit einzelnen Aspekten der gesamten Sonderabgabenproblematik befaßten, markierte das Urteil des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsausbildungsabgabe nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 07.09.197629 einen epochemachenden Meilenstein auf dem Weg zur weiteren Entwicklung des Sonderabgabenrechts. Sein grundlegender Beitrag zur Entwicklung des Sonderabgabenrechts kann vor allem darin gesehen werden, daß die bislang in den einzelnen Entscheidungen verstreuten Erkenntnisse in die generalisierenden Grundaussagen zusammengefaßt worden sind, und daß damit es dem Gericht gelungen war, mit den an den Einsatz und die Ausgestaltung zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben diese als abgabenrechtlich eigenen Typ zu dogmatisieren30. Insofern verdient dieses Urteil zur Berufsausbildungsabgabe als eine der wichtigsten finanzverfassungsrechtlichen Stellungnahmen des Gerichts aus jüngster Zeit besondere Beachtung31. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz sieht vor, daß zur Sicherung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen finanzielle Hilfen gewährt werden können (§ 1 AP1FG), und zwar in Form von Zuschüssen vor allem an ausbildende Arbeitgeber sowie an Träger überbetrieblicher Ausbildungsstätten, um damit die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und eine qualifizierte berufliche Bildung der Jugendlichen zu gewährleisten. Zur Finanzierung sollte von den Arbeitgebern eine durch Rechtsverordnung der Bundesregierung der Höhe nach festzusetzende Berufsausbildungsabgabe erhoben werden (§ 3). Die Durchführung der Berufsausbildungsfinanzierung oblag grundsätzlich dem Bundesinstitut für Berufsbildung, von dem die Berufsausbildungsabgabe als zweckgebungene Vermögensmasse zu verwalten war (§ 4).
29 30 31
BGBl. I, S. 2658. Henseler, Sonderabgaben, S. 19. Osterloh, JuS 1982, S. 421 ff. (422).
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Zunächst hat das Gericht in diesem Urteil festgestellt, daß Steuer und Sonderabgabe insofern Ähnlichkeit aufwiesen, als sie beide den Betroffenen eine Geldleistungspflicht voraussetzungslos - d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand - auferlegten 32. Dennoch gehört zu den Kernthesen dieses Urteils die Feststellung, daß Steuer und Sonderabgaben sich Idee und Funktion nach grundlegend unterscheiden33. Angesichts der individualgrundrechtssichernden Funktion der Finanzverfassung hat das Gericht es für notwendig gehalten, daß die Sonderabgabe als zusätzliche Belastung einzelner nur erhoben werde, wenn sie sich auf einen besonderen Zurechnungsgrund stützen lasse, der vor den Grundsätzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung und vor dem Gebot der Gleichheit aller Bürger vor den öffentlichen Lasten Bestand habe. Auf der anderen Seite fordere die objektive Ordnungs- und Ausgleichsfunktion die eindeutige Abgrenzung zwischen Steuern und Sonderabgaben. Daraus ergebe sich, daß Sonderabgaben nicht zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens erhoben werden dürften und ihr Aufkommen nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden dürfe. In diesem Zusammenhang spiele die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe dafür keine wesentliche Rolle, ob sie verfassungsrechtlich als Sonderabgabe oder Steuer zu qualifizieren sei. Darüber hinaus sah das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Sonderabgaben unter nur folgenden Voraussetzungen34, die zudem kumulativ vorliegen müssen, als zulässig an:
32 BVerfGE 55, 274 (298). Nach dieser Formel differenziert Selmer (Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 67 ff.; ders., in: Umweltschutz im Recht [Hrsg. Thieme], S. 41 ff.) die parafiskalische, voraussetzungslose Sonderabgabe einerseits und die reaktive, voraussetzungsgebundene Sonderabgabe andererseits. Danach sind die voraussetungslosen Sonderabgaben angesichts des Spannungsverhältnisses mit Steuern nur in engen Grenzen zulässig, während bei voraussetzungsgebundenen Sonderabgaben wegen des reaktiven spezifischen Verpflichtungsgrundes die Gefahr der Störung der Finanzverfassung ausgeschlossen ist. 33 BVerfGE 55, 274 (298 ff.), auch zum folgenden. 34 Allerdings sind die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Kriterien von Sonderabgaben, nämlich Gruppenhomogenität, Gruppennützigkeit, Sachnähe und Gruppenverantwortung schon zuvor in einer Reihe von Aufsätzen von Friauf in Erscheinung getreten, Vgl. Friauf Öffentliche Sonderlasten und Gleichheit der Staatsbürger, Festschrift für Jahrreis, S. 45 ff.; ders., Zur Zulässigkeit von außersteuerlichen Sonderabgaben, Festschrift für Haubrichs, S. 103 ff.; ders. y Verfassungsrechtliche Probleme einer Reform des Systems zur Finanzierung der beruflichen Bildung, S. 37 ff.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
a) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt35. b) Die Erhebung einer Sonderabgabe setzt eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Abgabeerhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere gesellschaftliche Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen36. c) Die außersteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe setzt voraus, daß zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, die die Sonderabgabe bewirkt, eine sachgerechte Verknüpfung besteht. Das ist der Fall, wenn das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also gruppennützig verwendet wird 37. Merkwürdigerweise versuchte das Gericht in diesem Urteil sich nicht mehr hauptsächlich daran zu orientieren, daß der Charakter einer Abgabe nach haushaltsmäßigen Behandlungen zu entscheiden sei. Die Tatsache, daß das Abgabeaufkommen in den allgemeinen Haushalt des Staates oder in einen besonderen Fonds fließt, oder daß es zweckgebunden oder zweckfrei verwendet wird, soll also auf die abgabenrechtliche Qualifikation als Steuer oder Sonderabgabe nicht einwirken. Auf der anderen Seite hat das Gericht an seinem bisherigen Kriterium des Einnahmeerzielungszwecks festgehalten, indem es feststellte, die nichtsteuerliche Abgabe diene nicht der Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf des Staates, weil das Abgabeaufkommen nicht einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen endgültig zufalle, sondern kraft Gesetzes getrennt vom staatlichen Haushalt als zweckgebundene Vermögensmasse zu verwenden sei38. Aber die weitere Feststellung des Gerichts, daß es sich ausnahmslos dann um die Erzielung von Einnahmen und damit um eine Steuer handele, wenn das Abgabeauf-
35 36 37 38
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
55, 55, 55, 55,
274 274 274 274
(306). (306). (307). (310).
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D. Sonderabgabe
kommen einem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen endgültig zufalle und von diesem mindestens in den Grenzen, die für Zwecksteuern gälten, frei verwendet werden könne39, scheint unzweideutig der von ihm befürworteten These zu widersprechen, daß die haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe für ihren abgabenrechtlichen Charakter als Steuer oder Sonderabgabe keine entscheidende Rolle spielen dürfe, weil der Gesetzgeber anderenfalls seine Gesetzgebungskompetenz beliebig erweitern könne. Insgesamt gesehen, ist dieser Widerspruch in dieser Entscheidung unaufgelöst geblieben40. Zu würdigen ist dennoch in diesem Urteil vor allem die Ausführung der positiven verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung von Sonderabgaben, nämlich Gruppenhomogenität, Sachnähe, Gruppenverantwortung und Gruppennützigkeit. Sieht man von den Kriterien der Gruppenhomogenität und der Gruppennützigkeit ab, deren Geltung im Sonderabgabenrecht sowohl in der späteren Rechtsprechung41 als auch im Schrifttum 42 gewissermaßen relativiert worden sind, hat das Bundesverfassungsgericht zum ersten Mal den Rechtfertigungsgrund von Sonderabgaben in der besonderen Verantwortung gesehen, die sich aus der Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der betroffenen Aufgabe ergibt. Aus der sonderabgabenspezifischen Verantwortung resultiert unmittelbar die entsprechende Finanzverantwortung der Abgabepflichtigen, wodurch sich die Sonderabgaben von zurechnungslosen Steuern und gegenleistungsabhängigen Vorzugslasten unterscheiden.
c) Rechtsprechungsentwicklung zu Sonderabgaben im Rahmen des Schwerbehindertenabgabe- und des Investitionshilfeabgabeurteils des Bundesverfassungsgerichts
aa) Das Urteil zur Schwerbehindertenabgabe
vom 26.05.1981
Nach dem Urteil der Berufsausbildungsabgabe hat die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu Sonderabgaben in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehinder-
39 40 41
BVerfGE 55, 274 (305). Henseler, Sonderabgaben, S. 23.
BVerfGE 57, 139 (167 ff.). Vgl. Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 175, der besonders die Geltung des Kriteriums der Gruppennützigkeit bezweifelt hat; Selmer, in: Umweltschutz im Recht, S. 40. 42
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
tengesetz43 eine neue Dimension erreicht 44. Nach dem Schwerbehindertengesetz vom 29.04.1974 haben private Arbeitgeber und Arbeitgeber der öffentlichen Hand, die über mindestens 16 Arbeitsplätze verfügen, auf wenigstens 6 vom Hundert der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen (§ 4 Abs. 1 SchwbG). Solange die Arbeitgeber die gesetzlich vorgesehene Zahl der Schwerbehinderten nicht beschäftigen, haben sie für jeden unbesetzten Pflichtplatz monatlich eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung Schwerbehinderter nicht auf (§ 8 Abs. 1). Bei der Schwerbehindertenabgabe handelt es sich - anders als bei den an der Finanzierungsfunktion orientierten Sonderabgaben - um eine Abgabe mit sog. Antriebs- und Ausgleichsfunktion 45, die dadurch gekennzeichnet werden kann, daß die Beeinflussung des gesellschaftlich wünschenswerten Verhaltens über einen negativen finanziellen Anreiz im Mittelpunkt steht, während die Finanzierungsfunktion im Verhältnis dazu zurücktreten soll46. In diesem vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts gefällten Urteil wurde somit eingeräumt, daß die dort vorgesehene Ausgleichsabgabe nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen entspreche, die in der Entscheidung zum Arbeitsplatzförderungsgesetz im Hinblick auf die Einführung von Sonderabgaben aufgestellt worden seien47. Dennoch hat das Gericht daraus nicht ihre Unzulässigkeit gefolgert oder sie als Steuer qualifiziert, sondern weitgehend die Voraussetzungen modifiziert, indem es die Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Abgabezweck und die Gruppennützigkeit der Verwendung des Abgabeaufkommens nur für solche Abgaben fordert, bei denen das Aufkommen zumindest primär zur Finanzierung der vom Gesetz bestimmten Zwecke diene. Dort, wo nicht die Finanzierung einer besonderen Aufgabe Anlaß für die Einführung der Abgabe gewesen sei, sollten derart weitgehende Einschränkungen nicht bestehen. Um eine solche Abgabe
43
I.d.F. v. 29.04.1974, BGBl. I, S. 1005. In dem Sinne, daß vor allem neuartige Sonderabgaben mit Verhaltenslenkung vom Gericht anerkannt worden sind, bei denen nicht die Erzielung von Einnahmen, sondern die Beeinflussung der gesellschaftlich wünschenswerten Verhaltens über einen negativen finanziellen Anreiz im Mittelpunkt steht, vgl. Brandt, NJW 1981, S. 2103 ff. (2104). 44
45
Vgl. Jung! Cramer y Kommentar zum Schwerbehindertengesetz, § 8 Rdnr. 3;
Wilrodt ! Neumann, Schwerbehindertengesetz, § 8 Rdnr. 8. 46 47
Henseler, Sonderabgaben, S. 62; Puwalla, Qualifikation, S. 68. BVerfGE 57, 139 (167, 169).
D. Sonderabgabe
59
handele es sich bei der Schwerbehindertenabgabe 48. Als Folge der Ausrichtung an den zugrundeliegenden Funktionen und deren Verhältnis zueinander bleibt die Erzielung des Abgabeaufkommens außer Betracht, und zwar selbst dann, wenn dadurch tatsächlich eine beträchtliche Summe des Abgabeaufkommens erzielt wird. Im Gegenteil wäre das Ziel der Abgaberegelung optimal erreicht, wenn das Abgabeaufkommen durch ein entsprechendes Verhalten möglichst gering bliebe49. Auch wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schwerbehindertenabgabe bisweilen im Schrifttum als neuer Ansatz zu dem Problem des Sonderabgabenrechts gewürdigt wurde 50, erscheint ihre Berechtigung in mehrerer Hinsicht zweifelhaft. Zunächst einmal hat das Gericht der von seinem Zweiten Senat befürworteten These, daß die haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe für ihre abgabenrechtliche Qualifizierung nicht entscheidend sei, widersprochen, indem es ausführte, daß die Schwerbehindertenabgabe keine Steuer sei, weil ihr Aufkommen zweckgebunden verwaltet werde und keinem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zufalle 51. Hierbei stellte das Gericht wiederum auf das nur formelle Kriterium der verwaltungs- und haushaltsrechtlichen Behandlung der Abgabe ab52. Dadurch eröffnete das Gericht dem Gesetzgeber indirekt den Weg, nach seinem Belieben eine Abgabe als Steuer oder Sonderabgabe einzuführen 53. Überdies hat das Gericht die Geltung der verfassungsrechtlichen Kriterien von Sonderabgaben
48
BVerfGE 57, 139 (167). Vgl. P. Kirchhof, Jura 1983, S. 517; Berendes/Winters, Das neue Abwasserabgabengesetz, S. 20; Schröder, DÖV 1983, S. 667 ff. (670); Körte, Die Erhebung einer Abgabe auf die Luftverunreinigung durch Kraftfahrzeuge, S. 123; 49
Fischer-Menshausen, Rdnr. 7.
in: Kommentar zum GG (Hrsg. von Münch), Art. 105,
50
Vgl. Brandt, NJW 1981, S. 2104.
51
BVerfGE 57, 139 (166).
52
Vgl. Hemeler, Sonderabgaben, S. 22; Puwalla, Qualifikation, S. 68.
53
In der Tat billigt Osterloh (JuS 1982, S. 425 f.; ähnlich Hemeler, a.a.O., S. 109) insofern das Qualifikationswahlrecht des einfachen Gesetzgebers, als eine Abgabe, die bei entsprechender gesetzlicher Ausgestaltung als Sonderabgabe nach Maßgabe der Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zulässig wäre, zugleich auch als Steuer unter Beachtung insbesondere der finanzverfassungsrechtlichen Ertragszuweisungsnormen und der daran anknüpfenden haushaltsrechtlichen Bindungen sachgerecht ausgestaltet werden könnte, weil die mögliche Gefährdung der grundgesetzlichen Finanzverfassung sich aus der Flucht des Gesetzgebers aus der Bindung der Finanzverfassung ergibt, nicht dagegen aus der Möglichkeit, trotz einer Befugnis zur Erhebung einer Abgabe als Sonderabgabe diese innerhalb der finanzverfassungsrechtlichen Bindungen als Steuer zu erheben.
60
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
unnötigerweise dadurch relativiert, daß es die aus der Sachnähe resultierende Gruppenverantwortung und die Gruppennützigkeit für die sog. Lenkungsabgaben nicht für erforderlich hielt 54 . Daß das Abgabeaufkommen aus der Schwerbehindertenabgabe nicht unmittelbar den abgabepflichtigen Arbeitgebern zugute kommt, also nicht gruppennützig verwendet wird, liegt auf der Hand und es wird auch in diesem Sinne verständlich, daß das Kriterium der Gruppennützigkeit zusammen mit dem der Gruppenhomogenität im Rahmen des gesamten Sonderabgabenrechts kein wesentliches Element darstellt 55. Demgegenüber stößt die Feststellung des Gerichts, daß eine besondere Sachnähe der Abgabepflichtigen zu der finanzierungsbedürftigen Aufgabe und eine daraus resultierende Gruppenverantwortung für die Rechtfertigung dieser Abgabe entbehrlich sei, auf verfassungsrechtliches Bedenken, denn das Begriffsmerkmal der besonderen Gruppenverantwortung ist das wesentliche Begriffsmerkmal und zugleich Rechtfertigungselement von Sonderabgaben, auf die man auf keinen Fall verzichten darf 56. Handelt es sich bei der Schwerbehindertenabgabe um eine Abgabe, bei der man davon ausgehen muß, daß die Arbeitgeber in Wirklichkeit der Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in das Berufsleben nicht näherstehen als die Allgemeinheit und daraus für die berufliche Förderung dieses Personenkreises keinerlei besondere Verantwortung tragen, ist dies schon ein Zeichen dafür, daß die Schwerbehindertenabgabe nicht als zulässige Sonderabgabe qualifiziert werden kann. Fehlt es bei der Sonderabgabe, welche Funktion sie auch immer verfolgt, an der ihre Erhebung rechtfertigenden Zurechnungsgrundlage, wird der Begriff der Sonderabgabe ausgeschlossen. Insofern ist - trotz der Bemühung des Gerichts um die angemessene Erfassung neuartiger Sonderabgaben mit Antriebs- und Ausgleichsfunktion - anzunehmen, daß es in diesem Urteil den Kernpunkt des Sonderabgabenrechts verkannt hat. Unverständlicherweise hat sich das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang nicht damit auseinandergesetzt, daß die Schwerbe-
54
Die Nicht-Geltung des Kriteriums der Gruppenverantwortung hat das Bundesverfassungsgericht nicht aus rechtsdogmatischen, sondern vielmehr aus rechtspolitischen Gesichtspunkten gefolgert; s. BVerfGE 57, 139 (169). 55 Siehe dazu S. 96 ff. 56 Dieser Ansatz taucht auch bei Selmer (Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 66; ders., in: Umweltschutz im Recht [Hrsg. Thieme], S. 41) auf, der die belastungslegitimeirende causa, also spezifischer Verpflichtungsgrund von Sonderabgaben als ihr Wesensmerkmal angesehen hat.
D. Sonderabgabe
61
hindertenabgabe als Steuer erhoben werden könnte57 — eine Möglichkeit, die eigentlich hätte ausdiskutiert werden müssen, weil es bei jeder Sonderabgabe in erster Linie um die Abgrenzung gegenüber Steuern geht. Das Gericht hat sich lediglich damit begnügt, daß die Schwerbehindertenabgabe deshalb keine Steuer sei, weil sie keinem öffentlichrechtlichen Gemeinwesen zufalle 58.
bb) Das Urteil zur Investitionshilfeabgabe
vom 06.1 L198459
In der Entscheidung zur Investitionshilfeabgabe nach dem Investitionshilfegesetz 60 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der kompetenzrechtlichen Problematik befaßt und festgestellt, daß sie weder auf die Kompetenz des Bundes zur Steuergesetzgebung (Art. 105 Abs. 2 GG) noch auf die Befugnis des Bundes zur Regelung des Rechts der Wirtschaft und des Wohnungswesens gestützt werden könne (Art. 74 Nr. 11, 18 GG) 61 . Den Charakter einer Steuer der Investitionshilfeabgabe hat das Gericht deswegen abgelehnt, weil deren Aufkommen nicht endgültig einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufalle 62. Ebensowenig ergebe sich die Erhebung der Invesitionshilfeabgabe aus dem Gesetzgebungsbereich „Recht der Wirtschaft" oder dem Gesetzgebungsbereich „Wohnungswesen", denn das Gesetz enthalte keine Regelung zur Beeinflussung der Wirtschaft bzw. der Förderung des Wohnungsbaus, sondern erschöpfe sich darin, die Abgabe zu gestalten, ohne die
57
Puwalla, Qualifikation, S. 68. BVerfGE 57, 139 (166). 59 BVerfGE 67, 256. 60 Investitionshilfegesetz, Artikel 10 des Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) vom 20.12.1982, BGBl. I, S. 1857, geändert durch Artikel 36 des Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) vom 22.12.1983, BGBl. I, S. 1532. Der Anlaß für die Einführung der Investitionshilfeabgabe war die Förderung des Wohnungsbaus, wofür die Besserverdienenden mit einer unverzinslichen, rückzahlbaren Abgabe zu belasten waren. Die Pflicht zur Entrichtung der Investitionshilfeabgabe knüpfte an die Einkommenssteuer- und Körperschaftsteuerpflicht an; sie bemaß sich nach der für die Jahre 1983, 1984 und 1985 jeweils festzusetzenden Einkommens- oder Körperschaftssteuer (§ 2 und § 3 Abs. 1 InvHG). 58
61 62
BVerfGE 67, 256 (279). BVerfGE 67, 256 (283).
62
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
beabsichtigte Investitionshilfe in irgendeiner Weise zu regeln; ihr komme also keine unmittelbare wirtschaftliche Auswirkung zu63. Was die inhaltliche Ausgestaltung der Investitionshilfeabgabe als mögliche Sonderabgabe angeht, hat das Gericht die von ihm bei der Berufsausbildungsabgabe aufgestellten verfassungsrechtlichen Zulässigkeitskriterien von Sonderabgaben grundsätzlich bestätigt, indem es diese Kriterien für alle Sonderabgaben für geltend hielt, die der Erledigung besonderer Sachaufgaben dienten64. Der Ansicht des Gerichts nach bestehen solche Abgaben aus zwei Gruppen. Zu der ersten Gruppe zählten die sog. Ausgleichs-Finanzierungsabgaben, bei denen die durch die Abgabe einkommenden Mittel - ungeachtet der differenzierten Abgabengestaltung im einzelnen - Belastungen oder Vorteile innerhalb eines bestimmten Erwerbs- oder Wirtschaftszweiges ausgleichen sollten. Als Beispiele dazu nannte das Gericht die Preisausgleichsabgabe, die Hebammenabgabe, die Mehrwertabgabe und die Milchausgleichsabgabe. Bei solchen Abgaben, die einen Finanzierungszweck verfolgten - sei es als Haupt- oder als Nebenzweck —, gälten die verfassungsrechtlichen Kriterien von Sonderabgaben in vollem Umfang. Hinzutretende Lenkungszwecke, seien sie dominant oder nur beiläufig, änderten daran nichts65. Denn bei jeder Sonderabgabe mit Finanzierungszweck erlangten die Sicherung der bundesstaatlichen Finanzverfassung und die Abgrenzung gegenüber Gemeinlasten, die über das Aufkommen aus Steuern und nach Maßgabe der steuerlichen Ertragsverteilung zu finanzieren seien, entscheidende Bedeutung. Dem Grundgesetz sei demzufolge eine atypische Sonderabgabe in Form einer Gemeinlast fremd. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben als Finanzierungsabgaben entwickelten Kriterien dienten seinerzeit nicht dazu, Zulässigkeitsmerkmale nur einer bestimmten Art von Sonderabgaben mit Finanzierungszweck - etwa der gruppenbezogenen bzw. gruppennützigen - herauszustellen, neben denen andere Arten solcher Abgaben möglich blieben. Sie bezeichneten vielmehr allgemein die Voraussetzungen, unter denen solche Abgaben überhaupt, in der Abgrenzung zu Steuern, verfassungsrechtlich zulässig seien. Nur so könne die bundesstaatliche Finanzverfassung vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben geschützt und den Erfordernissen des Individual-
63 64 65
BVerfGE 67, 256 (279). BVerfGE 67, 256 (277). BVerfGE 67, 256 (278).
D. Sonderabgabe
sehutzes der Abgabepflichtigen, Rechnung getragen werden66.
insbesondere der
63
Lastengleichheit,
In bezug auf die Funktion der Investitionshilfeabgabe, die sich nicht an der Auswirkung auf den Bereich der Wirtschaft selber, sondern nur an der vorübergehenden Gewinnung von zweckgebundenen Mitteln für den Finanzbedarf des Staates ausrichte67, solle ihre Verfassungsmäßigkeit - so meinte das Gericht - in vollem Umfang der Prüfung nach Kriterien der Sonderabgaben mit Finanzzweck unterzogen werden. Was zunächst die Gruppenhomogenität der Abgabepflichtigen und die Gruppennützigkeit der Verwendung des Abgabeaufkommens anbelangten, bildeten die einkommensteuerpflichtigen Personen und die körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen keine durch Rechtsordnung und Lebenswirklichkeit geprägte homogene Gruppe und die Förderung des Wohnungsbaus habe mit dem unmittelbaren Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen gar nichts zu tun. Darüber hinaus bestehe auch keine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus. Sie stünden diesem Zweck nicht näher als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler 68. Neben den Sonderabgaben mit Finanzierungszweck, meinte das Gericht, seien noch andere Gruppen von Ausgleichsabgaben eigener Art vorhanden, die eigentlich keinen Finanzierungszweck verfolgten. Dazu gehörten die Feuerwehrabgabe, die Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengcsetz sowie der 1970 erhobene Konjunkturzuschlag, der nicht der Erzielung von Einnahmen für öffentliche Haushalte, sondern aus seinem Regelungsgehalt heraus unmittelbar der Drosselung des
66
BVerfGE 67, 256 (278). In diesem Zusammenhang kommt die Investitionshilfeabgabe nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts als eine Zwangsanleihe nach Art. 115 GG nicht in Betracht, weil Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG Zwangsanleihen nicht erfasse, sondern die Wortfassung „Aufnahme von Krediten" eher auf die Kreditbeschaffung am Markt auf vertraglich-freiwilligem Weg bedeute. Übrigens begründe Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG keine Kompetenzen des Bundes im Verhältnis zu den Ländern oder besondere Befugnisse des Staates im Verhältnis zum einzelnen. Er betreffe von vornherein nur das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative. Angesichts dieser Ausrichtung entfalte Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG seine Wirkung gerade und nur im Inter-Organ-Verhältnis zwischen Parlament und Regierung, er regele also die Kreditaufnahme allein unter dem Aspekt der Sicherung der Gewaltengliederung; BVerfGE 67, 256 (281). 8 BVerfGE 7, (8). 67
64
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
privaten Verbrauchs diene69. Anhand dieser Beispiele der mehr an der Lenkungsfunktion orientierten Abgaben hat das Gericht die vom Ersten Senat zur Schwerbehindertenabgabe aufgestellte These bestätigt, daß bei Abgaben solcher Art die dargelegten Maßstäbe nicht uneingeschränkt gälten70. Dennoch hat das Gericht in diesem Zusammenhang völlig offengelassen, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an solche Abgaben zu stellen sind71.
d) Der Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben im Blick auf seine Entscheidungen zur Künstlersozial- und Fehlbelegungsabgabe
aa) Das Urteil zur Künstlersozialabgabe
vom 08.04.1987 72
In seinem Urteil zur Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz73 hat das Bundesverfassungsgericht dem Versuch, die Begriffsmerkmale und die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben festzulegen und sie in das System des gesamten Abgabenrechts zu integrieeren, neue Impulse gegeben. Die Künstlersozialabgabe hat das Gericht aber nicht als eine Sonderabgabe im Sinne seiner bisherigen Rechtsprechung angesehen74. Vielmehr handele es sich bei ihr so das Gericht - um einen Sozialversicherungsbeitrag nach Art. 74 Nr. 12 GG. Während bei Sonderabgaben, die nicht aus eigener Abgabekompetenz, sondern unter Inanspruchnahme von Kompetenzen zur Regelung bestimmter Sachmaterien erhoben würden, eine materielle Begrenzung aus solchen kompetenzrechtlichen Gründen geboten sei,
69
BVerfGE 29, 402 (409). BVerfGE 67, 256 (278). 71 Vgl. BVerfGE 67, 256 (278); Puwalla, Qualifikation, S. 70. 72 BVerfGE 75, 108. 73 Das Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz) vom 27.07.1981, BGBl. I, S. 705. Nach diesem Gesetz zahlen die versicherten selbständigen Künstler und Publizisten wie Arbeitnehmer den halben Beitrag für ihre Renten- bzw. Krankenversicherung an die Künstlersozialkasse, die durch das Gesetz errichtet worden ist. Die Künstlersozialkasse finanziert die von ihr zu leistenden Beitragshälfte zu einem Drittel aus dem Bundeszuschuß, zu zwei Drittel aus der Künstlersozialabgabe. Diese Abgabe wird im .Wege der Umlage von professionellen Vermarktern von Kunst und Publizistik erhoben (§ 10, 25, 26 KSVG). BVerfGE 7 , ( ) . 70
D. Sonderabgabe
65
um die detaillierten Regelungen des Grundgesetzes zur Besteuerungskompetenz und der bundesstaatlichen Finanzverfassung vor einer Aushöhlung zu bewahren, seien die Sozialversicherungsbeiträge im Grundgesetz kompetenzrechtlich so gesichert, daß sie nicht in Konkurrenz zu Steuern stünden und es damit zu einem drohenden Konflikt mit den Regelungen der Finanzverfassung käme75. Die Sozialversicherungsbeiträge dienten von vornherein nicht der allgemeinen Mittelbeschaffung des Staates, sondern fänden ihren Grund und ihre Grenze in der Finanzierung der Sozialversicherungssysteme. Der Gesetzgeber könne sich seiner Regelungskompetenz für die Sozialversicherung nicht bedienen, um dadurch Mittel für die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben aufzubringen. Die Finanzmasse der Sozialversicherung sei tatsächlich und rechtlich von den allgemeinen Staatsfinanzen getrennt. Deshalb sei ein Einsatz der Sozialversicherungsbeiträge zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates ausgeschlossen76. Die Feststellung des Gerichts, daß Sonderabgaben und Sozialversicherungsbeiträge strikt voneinander getrennt sind und es von vornherein notwendig ausschließen, die letzten als die ersten einzuordnen, scheint den Eindruck zu erwecken, daß die begriffliche Reichweite der Sonderabgaben unberechtigt eingeengt worden ist77. Das Gericht hat sich lediglich damit begnügt, auf seine bisherige Auffassung hinzuweisen, daß mit der Sonderabgabe nur eine homogene Gruppe belegt werden dürfe, die in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der Abgabeerhebung verfolgten Zweck stehe und deren Aufkommen gruppennützig verwendet werden müsse78. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Sozialversicherungsbeiträge aus zwei Elementen bestehen, nämlich der Beitrag der versicherten Arbeitnehmer auf der einen und der Beitrags-
75
BVerfGE 75, 108 (148). BVerfGE 75, 108 (148). 77 Hemeler, NJW 1987, S. 3104. Besonders angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Grundrechts- und Kompetenznormen des Grundgesetzes betont Hemeler (ebd., S. 3107): „Daß reine Sonderlasten wie die Sozialversicherungsabgaben das Kompetenzgefüge der Finanzverfassung nicht gefährden, liefert keinen einsichtigen Grund, sie von solchen allgemeinen Legitimationskriterien freizustellen, die ihre Basis in den Grundrechten finden und den Bürger vor ungerechtfertigten Eingriffen des Staats schützen sollen, insofern also gerade nicht mit Blick auf den Schutz der Finanzverfassung formuliert worden sind. Umgekehrt: Da Sozialversicherungsabgaben Sonderlasten sind, gelten für sie auch die Kriterien, die für die Legitimation von Sonderlasten im allgemeinen gelten." 76
78
BVerfGE 75, 108 (147, 148).
66
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
anteil der Arbeitgeber auf der anderen Seite79. Soweit die Gruppenhomogenität der Versicherten und die versicherungsrechtliche Äquivalenz beibehalten werden, ermöglicht die Sozialversicherung ohne weiteres die aus gruppeninterner Solidarität folgende Umverteilung (sog. unterstaatliche Umverteilung) 80. Zweifellos beruhen die Sozialversicherungsbeiträge der versicherten Arbeitnehmer (in diesem Fall die selbständigen Künstler und Publizisten) auf Art. 74 Nr. 12 GG, die gesondert von der Steuerkompetenz nach Art. 105 GG kompetenziell verfassungsrechtlich gewährleistet wird. Demgegenüber bedürfen die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber als Sonderlasten (in diesem Fall die Künstlersozialabgabe der sog. abgabepflichtigen Kunstvermarkter zugunsten der selbständigen Künstler und Publizisten) einer besonderen Rechtfertigung 81. Daß sie kompetenzrechtlich auch als Sozialversicherungsbeiträge im Sinne des Art. 74 Nr. 12 GG angesehen werden, verhindert es nicht, daß sie den allgemeinen Legitimationskriterien von Sonderlasten unterzogen werden. Abgabenrechtlich gesehen werden sie - trotz der kompetenzrechtlichen Verankerung als Sozialversicherungsbeitrag - als reine Finanzierungssonderabgaben qualifiziert, und zwar alsfremdnützige Finanzierungssonderabgabe. Das Gericht hat im Fall der Künstlersozialabgabe durchgängig versucht, einen einleuchtenden sachlichen Grund dafür zu finden, daß ein Privater im Unterschied zu anderen Privaten über seine Steuerpflicht hinaus als Beteiligter im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu der Zahlung einer Abgabe herangezogen wird, die weder ihm noch seiner Gruppe zugute kommt, ihm vielmehr als fremdnützige Abgabe auferlegt wird, die sozialen Ausgleich und Umverteilung zum Ziel hat und herstellt 82. Dies ist dahingehend zu verstehen, daß die Künstlersozialabgabe als eine fremdnützige Finanzierungsabgabe für ihre Rechtfertigung den vom Gericht für notwendig gehaltenen triftigen Grund benötigt83. Dennoch hat das Gericht in diesem Urteil die Besonderheit des Beitragsanteils der Kunstvermarkter damit vom Tisch gewischt, daß die
79
Siehe S. 46 f. Isensee, Umverteilung, S. 18. 81 Demzufolge betrifft der Kern der Diskussion über die Künstlersozialabgabe die Frage, ob das geschäftliche Verhältnis zwischen selbständigen Künstlern, Publizisten und Kunstvermarktern dem der Arbeitgeber und Arbeitnehmer entspricht, das zur arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern führt, vgl. S. 106 f. 80
82 83
BVerfGE 75, 108 (157); Kloepfer, Vgl. BVerfGE 55, 274 (307).
VSSR 1974, S. 156 ff.
D. Sonderabgabe
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Künstlersozialabgabe der Kunstvermarkter ein Sozialversicherungsbeitrag im Sinne des Art. 74 Nr. 12 GG sei84, ohne sich mit ihrem abgaberechtlichen Charakter näher auseinandergesetzt zu haben85.
bb) Das Urteil zur Fehlbelegungsabgabe vom 08.06.1988 Nach dem Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen86 haben Inhaber öffentlich-geförderter Mietwohnungen (Sozialwohnungen) grundsätzlich eine Fehlbelegungsabgabe zu zahlen, wenn ihr Einkommen die Einkommensgrenze für die Wohnberechtigung im sozialen Wohnungsbau im gewissen Umfang übersteigt (§ 1 AFWoG). Die Fehlbelegungsabgabe verfolgt damit den Zweck, den Ausgleich für den Schaden zu erzielen, der der öffentlichen Hand durch die bestimmungswidrige Benutzung einer Sozialwohnung dadurch entsteht, daß die für den Bau oder die Modernisierung von Sozialwohnungen staatlicherseits gewährten Subventionen nachträglich ihren Zweck verfehlen 87. Das Aufkommen aus der Fehlbelegungsabgabe ist laufend zur Förderung des Baus von Sozialwohnungen in Gemeinden mit erhöhtem Wohnungsbedarf bzw. für kinderreiche Familien, junge Ehepaare, alleinstehende Eiternteile mit Kindern, ältere Menschen und Schwerbehinderte zu verwenden (§ 10 AFWOG). Der Rechtsprechung anderer Gerichte und dem Schrifttum zuwider hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil festgestellt, daß die Fehlbelegungsabgabe keine Sonderabgabe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei, weil sie lediglich dazu bestimmt sei, der Rückabwicklung staatlich gewährter Subventionsvorteile in Form einer Abschöpfungsabgabe zu dienen88. Die Charakterisierung der Fehl-
84
BVerfGE 75, 108 (146). BVerfGE 78, 249. 86 Vom 22.12.1981, BGBl. I, S. 1523. 87 Vgl. Puwalla, Qualifikation, S. 30; Hemeler, Sonderabgaben, S. 63 88 BVerfGE 78, 249 (266, 267). - Das OVG Nordrhein-Westfalen hat die Fehlbelegungsabgabe deswegen als eine Sonderabgabe angesehen, weil es dem Gesetzgeber hierbei nicht in erster Linie um die Erzielung von Einnahmen gegangen sei. Vielmehr sei kennzeichnend dafür die - die Eigenschaft der Ausgleichszahlungen als Sonderabgabe bestätigende - Beschränkung der Zahlungspflicht auf einen eng begrenzten Personenkreis. Der Gesetzgeber sei darauf abgestellt, das sozialpolitische Ärgernis zu beseitigen, das durch Fehlsubventionierung der Sozialwohnungen entstehe, Beschluß vom 06.10.1983 - 14 Β 1255/83, DVB1. 1984, S. 356; Beschluß vom 13.12.1983 - 14 Β 993/83, DÖV 1984, S. 85
68
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
belegungsabgabe als eine Abschöpfungsabgabe durch das Gericht wurde auf ihre Funktion zurückgeführt, den aus der öffentlichen Wohnungsbauförderung für den Abgabepflichtigen erwachsenen wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen. Demzufolge werde die Fehlbelegungsabgabe nicht nach den von der öffentlichen Hand im Einzelfall aufgewendeten Mittel bemessen, sondern nach dem Verhältnis zwischen Kostenmiete und marktüblicher Miete und damit nach dem Vorteil, der den Inhabern öffentlich geförderter Wohnungen zugute komme89. Dagegen seien die Sonderabgaben - so das Gericht - dadurch gekennzeichnet, daß sie dem Betroffenen eine Geldleistungspflicht voraussetzungslos - d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand - auferlegten. Man hat zwar einzuräumen, daß Sonderabgaben anders als Vorzugslasten ohne besondere öffentliche Leistung erhoben werden. Das Gericht hat jedoch hierbei wiederum verkannt, daß die Sonderabgaben nicht ohne besondere Rechtfertigungsgrundlage erhoben werden dürfen. Zur Erhebung der Sonderabgaben jeglicher Art bedarf es in jedem Fall einer aus der besonderen Verantwortung der Abgabepflichtigen folgenden Zurechnungsgrundlage; hierdurch unterscheiden sich die Sonderabgaben von Steuern. Im Falle der Fehlbelegungsabgabe kann der unverdiente wirtschaftliche Vorteil der Abgabepflichtigen als ein Grund dafür angenommen werden, daß die Vorteilsgenießer zu dem Zweck der Korrektur von Fehlsubventionierung näherstehen als die Allgemeinheit bzw. andere gesellschaftliche Gruppen und damit für die Beseitigung der Fehlsubventionierung besonders verantwortlich sind. Insofern
391; ähnlich VG Gelsenkirchen, NJW 1985, S. 79, 81; VG Düsseldorf, Beschluß vom 11.06.1985 - 14 Κ 1084/85, S. 19. Dagegen hat das VG Berlin (Beschluß vom 15.07.1983 - 16 A 351/83, NVwZ 1984, S. 59) versucht, die abgabenrechtliche Ähnlichkeit der Fehlbelegungsabgabe mit Vorzugsiasten nachzuweisen, wobei es die Frage offengelassen hat, ob sie als eine beitragsähnliche Zahlungspflicht oder im Hinblick auf die gesetzliche Verknüpfung der Leistungspflicht mit der tatsächlichen Inhaberschaft der Wohnung als eine der Benutzungsgebühr ähnliche Geldleistung anzusehen sei. - Aus dem Schrifttum statt vieler Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 75, der die Fehlbelegungsabgabe als eine Sonderabgabe, und zwar als eine Ausgleichsabgabe angesehen hat; in Richtung einer beitragsähnlichen Abgabe Kohlenbach, in: Schade-Schubart, Soziales Miet- und Wohnungsrecht, Anh. D, Anm. 4 zu § 1 AFWoG; Dyong, in: Fischer-Dieskau /Pergande /Schwender, Wohnungsbaurecht, Bd. 3.2, § 1 AFWoG, Anm. 6. Demgegenüber qualifizierte Klein (DStR 1981, S. 275 ff. [281]) die Fehlbelegungsabgabe als eine Steuer sui generis, für die der Bund keine Gesetzgebungszuständigkeit besitzt. 89
BVerfGE 78, 249 (269).
D. Sonderabgabe
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handelt es sich hiermit um eine Ausgleichsabgabe im engeren Sinne90 wie die Feuerwehrabgabe des Landes Baden-Württemberg. Ob hier die Abgabepflichtigen gesellschaftlich eine homogene Gruppe bilden oder das Abgabeaufkommen gruppennützig verwendet wird, spielt für die abgabenrechtliche Qualifikation keine Rolle. Das Bundesverfassungsgericht hat dagegen, wie bereits dargestellt, die Fehlbelegungsabgabe nicht als eine Sonderabgabe, sondern als eine Abschöpfungsabgabe qualifiziert, weil sie als Instrument der Vorteilsabschöpfung den von der öffentlichen Hand gewährten Subventionsvorteilen korrespondiere 91. Damit stellt sich aber selbstverständlich die Frage danach, was eigentlich eine Abschöpfungsabgabe ist. Ist sie eine Steuer oder eine Vorzugslast, wenn sie keine Sonderabgabe wäre? Verfolgt die Fehlbelegungsabgabe nur den Zweck, den aus dem Unterschied zwischen verbilligter Miete und marktüblicher Miete resultierenden wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen, könnte sie als ein Beitrag bzw. eine beitragsähnliche Abgabe angesehen werden92. Daß der wirtschaftliche Vorteil jedoch nicht aus der beitragsspezifischen Staatsleistung, etwa der Benutzung der Sozialwohnungen entsteht, sondern von der zufälligen Tatsache abhängt, daß das Einkommen der Abgabepflichtigen eine bestimmte Grenze überschreitet und sie deshalb nicht als ein Beitrag bzw. eine beitragsähnliche Abgabe charakterisiert wird, wurde bereits deutlich ausgeführt 93. Im übrigen hat das Gericht in diesem Urteil keine Beispiele genannt, die vom abgabenrechtlichen Charakter her mit der Fehlbelegungsabgabe zu vergleichen sind, was zumindest deshalb hätte erfolgen müssen, damit der Begriff der Abschöpfungsabgabe klargestellt werden kann.
3. Zwischenergebnis
Trotz der Bemühungen des Bundesverfassungsgerichts, die teilweise der Entwicklung des Sonderabgabenrechts neue Denkanstöße gegeben 90 Im Allgemeinen erschöpft sich die Funktion der Ausgleichsabgaben im engeren Sinne darin, die tatsächlich bestehenden Ungleichheiten bzw. unverdienten Vorteile der Abgabepflichtigen zu beseitigen; vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 64 ff., der hier von Ausgleichsabgaben ohne Antriebsfunktion spricht. 91 BVerfGE 78, 249 (268). 92
Auch die Bundesregierung hat die Fehlbelegungsabgabe in den Verhandlungen des Wohnungsbauausschusses als eine beitragsähnliche Abgabe bezeichnet, zit. nach Klein, DStR 1981, S. 280. 93 Siehe S. 45.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
haben, ist es ihm bis heute nicht allzu befriedigend gelungen, die Begriffsmerkmale von Sonderabgaben herauszuarbeiten und sie in das System des Abgabenrechts zu integrieren. Bedauerlicherweise hat sich das Bundesverfassungsgericht in seinen jüngsten Entscheidungen zu Künstlersozial- und Fehlbelegungsabgabe damit begnügt, darauf hinzuweisen, die beiden Abgaben seien besonders im Blick auf ihre verfassungsrechtlichen Kompetenzen94 keine Sonderabgaben im Sinne seiner Rechtsprechung zur Berufsausbildungsabgabe, ohne sich mit den materiellen Inhalten dieser Abgaben grundlegend auseinandergesetzt zu haben. Vielleicht kann dieses Manko schon auf das Grundsatzurteil des Gerichts zur Berufsausbildungsabgabe zurückgeführt werden, wo es nicht klargestellt hat, ob die von ihm aufgestellten verfassungsrechtlichen Kriterien Begriffsmerkmale oder bloße Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben darstellen95. Aller Wahrscheinlichkeit nach stellte das Gericht der Steuer nicht die Sonderabgabe, sondern sein Bild der zulässigen Sonderabgabe gegenüber. Eine solche Auffassung verschließt von vornherein die Möglichkeit, ob die als unzulässig erklärte Sonderabgabe als zulässige Steuer erhoben werden kann96. Eine Abgabe, die dazu bestimmt ist, nicht den allgemeinen Finanzbedarf des Staates zu decken und deren Aufkommen an allgemeinen staatlichen Haushalten vorbei einem Sonderfonds zufließt und zugleich als zweckgebundene Vermögensmasse verwaltet wird, kann von einer Gruppe von Abgabepflichtigen erhoben werden, die durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der Lebenswirklichkeit vorgegebene Interessenlage nicht homogen geprägt und für die aus dem Abgabeaufkommen zu finanzierende Aufgabe nicht spezifisch verantwortlich sind. Folgt man in diesem Fall der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu seinem Berufsausbildungsabgabeurteil, muß es sich um eine Sonderabgabe handeln, und zwar um eine unzulässige Sonderabgabe97.
94 Vgl. BVerfGE 75, 108 (146); BVerfGE 78, 249 (266), wo die Gesetzgebungszuständigkeit der Fehlbelegungsabgabe aus Art. 74 Nr. 18 GG (u.a. Wohnungswesen) in Verbindung mit Art. 72 I I Nr. 3 GG hergeleitet wurde. 95 Puwalla, Qualifikation, S. 66; Osterloh, JuS 1982, S. 424; zur Identität von Begriffs- und Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben Friauf, Festschrift für Haubrichs, S. 116; ders., Die Finanzverfassung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. II, S. 300 ff. (309); Seltner, GewArch 1981, S. 44. 96 Puwalla, Qualifikation, S. 69. 97 Henseler, Sonderabgaben, S. 25, der in diesem Zusammenhang die Bemü-
D. Sonderabgabe
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Um dieses unerträgliche Ergebnis zu vermeiden, müssen die Begriffsmerkmale von Sonderabgaben und die nachträgliche Kontrolle ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit strikt auseinandergehalten werden. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ihrerseits aber nicht zugleich als Begriffsmerkmale geeignet, mit deren Hilfe Sonderabgaben eindeutig aus dem verfassungsrechtlichen Tatbestand der Steuer ausgegliedert werden können98. Soweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgeht, daß die Charakteristika der zulässigen Sonderabgabe zugleich typenidentifizierende Begriffsmerkmale und typenlegitimierende Zulässigkeitskriterien sind und diese je nach der Art von Sonderabgaben mehr oder weniger flexibel gelten - was sich in der Judikatur zur Schwerbehinderten- und auch zur Investitionshilfeabgabe 99 wiederholte - verkennt das Gericht das wesentliche Begriffsmerkmal von Sonderabgaben: die aus der Sachnähe resultierende Gruppenverantwortung. Die differenzierte Betrachtungsweise des Bundesverfassungsgerichts, daß die Sonderabgaben je nach ihrem Zwecke mit Finanzierungs- und Lenkungsabgaben unterschieden werden und deren Zulässigkeitsanforderungen dementsprechend variabel sind, ist deshalb kategorisch abzulehnen100.
IL Verantwortung als BegrifTsmerkmal von Sonderabgaben 1. Verantwortung als Gegenleistung?
Gegenüber der in vorliegender Arbeit mehrfach kritisierten Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, eines der wesentlichen Elemente von Sonderabgaben liege darin, daß sie den Betroffenen voraussetzungslos - d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenlei-
hungen der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Sonderabgaben von Steuern und Vorzugsiasten durch eine positive Umschreibung ihrer Begriffsmerkmale abzugrenzen, zwar gewürdigt, aber doch insoweit kritisiert hat, als es durch Verquickung von Sonderabgabenbegriff und ihrer materiellen Zulässigkeit den Überblick über Sonderabgaben erschwert hat. 98
Ausdrücklich Osterloh, JuS 1981, S. 424; im Ergebnis auch so Kloepfer, 1983, S. 742 ff. (746); Lerche, Fernsehabgabe und Bundeskompetenz, S. 27. 99
JZ
BVerfGE 57, 139 (167); 67, 256 (278). Vgl. Hemeler, Sonderabgaben, S. 59; Seltner, Straßenbenutzungsabgaben für den Schwerverkehr, S. 65; ders., Umweltschutz im Recht (Hrsg. Thieme), S. 39. 100
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
stung der öffentlichen Hand - auferlegt würden 101, ist oft im Schrifttum die Tendenz spürbar, daß auch Sonderabgaben den Gegenleistungsaspekt enthalten und als gegenleistungsabhängige Abgabe angesehen werden. Damit unterscheiden sie sich nicht wesentlich von Gebühren und Beiträgen. Eine solche Meinung wurde insbesondere von Puwalla vertreten, der die Sonderabgaben wie die Vorzugslasten für die inhaltlich zurechenbare staatliche Leistung ausgleichende Abgaben gehalten hat: „Daß ein materieller Unterschied zu den Entgeltabgaben nicht besteht, deutet bereits die Tatsache an, daß die Abgaben von den verschiedenen Gesetzen teils als Abgaben, zum anderen Teil aber auch als Beiträge oder Umlagen bezeichnet werden. Die Sonderabgaben weisen aber eine Gemeinsamkeit auf, die die meisten Gebühren- und Beitragstatbestände nicht enthalten, und zwar in der Erstellung des öffentlichen Gutes, dem die Abgabe gegenübersteht. Viele, aber beileibe nicht alle Gebühren- und Beitragstatbestände beziehen sich auf Güter, die in Eigenregie der Verwaltung erstellt und betrieben werden (Verwaltungsbehörden, öffentliche Anstalten, Ver- und Entsorgungsanlagen, Schwimmbad, Theater, etc.). Demgegenüber werden Güter, deren finanziellen Ausgleich Sonderabgaben dienen, durch bloße Auferlegung öffentlich-rechtlicher Bindungen geschaffen und unterhalten, wobei die hierfür notwendigen Aufwendungen in der Gewährung von Subventionen oder der Zahlung von Entschädigungen liegen."102
Weiterhin setzte sich Puwalla für den im Zivilrecht entwickelten Begriff der Zurechenbarkeit bzw. Zuordnung ein, um den Bezug des Bürgers zur sonderabgabenspezifischen öffentlichen Leistung hervorzuheben. Nach einer umfangreichen Untersuchung des Gegenleistungsbegriffs stellte er fest, daß das vom Bundesverfassungsgericht zur Zulässigkeit von Sonderabgaben geforderte Kriterium der Sachnähe oder besonderen Verantwortung für die Erfüllung der mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgabe synonym für die zurechenbare öffentliche Leistung des Gebühren- und Beitragsrechts sei103. Es gibt aber nicht nur - darauf hat Henseler, der die Rechtfertigungsgrundlage von Sonderabgaben ebenfalls z.T. in der Gegenleistungsabhängigkeit finden wollte, aufmerksam gemacht - Sonderabgaben, die vorzugslastenähnlich sind, sondern auch Abgaben, die keine Ähnlichkeit mit Vorzugslasten aufweisen 104. Beispiele hierfür sind etwa der Beitragsanteil der Arbeitgeber zur Sozialversicherung, die Schwer-
101
(267).
BVerfGE 55, 274 (298); BVerfGE 67, 256 (275); BVerfGE, 78, 249
102
Puwalla, Qualifikation, S. 122.
103
Puwalla, a.a.O., S. 128. Henseler, Sonderabgaben, S. 26.
104
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behinderten- sowie die Abwasserabgabe, die auch im weiteren Sinne nicht als Gegenleistung für eine staatliche Leistung zu verstehen sind. Daraus erhellt, daß der Gegenleistungsbegriff nicht ein Wesensmerkmal sein darf, das für alle Sonderabgaben ohne weiteres gilt. Auch wenn die sonderabgabenspezifische Verantwortung im Hinblick auf die formelle Kausalität mit dem Begriff der Zurechenbarkeit schematisch gleichgesetzt werden kann, bedeutet dies allerdings nicht, daß sie inhaltlich übereinstimmen. Während die Zurechenbarkeit der Vorzugsiasten die entsprechenden staatlichen Leistungen voraussetzt, sind bei Sonderabgaben solche individuell zurechenbaren Leistungen der öffentlichen Hand nicht vorhanden. Der Begriff der sonderabgabenrechtlichen Verantwortung ist vielmehr ein eigenartiges Begriffsmerkmal von Sonderabgaben, das unabhängig von jeglicher Art von staatlichen Leistungen existiert.
2. Der Inhalt sonderabgabenrechtlicher Verantwortung
Angesichts der Tatsache, daß dem Begriff der Verantwortung ethische und philosophische Elemente anhaften 105, so daß seine Verwendung für den konkreten juristischen Umgang nicht ganz unproblematisch erscheint 106, hat es mittlerweile im Schrifttum Bemühungen gegeben, die rechtlichen Inhalte des Begriffs der Verantwortung näher zu ermitteln. Beispielhaft hat sich Saladin in seinem Buch über die Verantwortung als Staatsprinzip mit diesem Begriff befaßt, der seiner Auffassung nach die Schlüsselkategorie des modernen westlichen Rechtsstaates darstellt 107. Er hielt die „Sache Verantwortung" für die Substanz des rechtlichen Status, der über die die konkreten Einzelpflichten bestimmenden Rechtspositionen hinausgeht. Ein solcher rechtliche Status sei überall zu beobachten, wo es um den Status aller Rechtsgenossen geht, z.B. im Beamten- und Soldatenstatus ebenso wie in der Rechtsstellung der Eltern oder dem Arbeitgeberstatus, dem des Bürgers eben-
105
Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 19 ff. Deshalb hat Ossenbilhl (AöR 99 [1974], S. 369 [407]; ders., Zustimmung und Verantwortung des Bundesrates beim Erlaß von Bundesgesetzen, in: Festschrift für Jahrreiß, S. 161 ff. [174]; ähnlich Wilke, DÖV 1975, S. 509 ff. m.w.N.) den Rechtscharakter des Begriffs der Verantwortung bezweifelt, weil „ethisch und moralisch aufgeladene Begriffe wie der der Verantwortung 4 den Blick auf das Gefüge des grundgesetzlichen Funktionensystems vernebeln". 107 Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 40 ff. 106
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
so wie dem des Organs108. Zwar konzentrierte sich die Diskussion über die Verantwortung in der Vergangenheit meistens auf die staatliche Seite109, jedoch gehören zur öffentlichen Verantwortung nicht nur die staatliche Verantwortung, sondern auch die Verantwortung des Individuums bzw. der Gruppe bestimmter Personen110. Beim Individuum stellt die Verantwortung einen Gegenzug zur individuellen Freiheit dar, dessen Harmonisierung die Verfassungsentwicklung seit dem 18. Jahrhundert geprägt hatte111. Zum einen ist das freiheitliche Gemeinwesen darauf angewiesen, daß seine Bürger von ihrer grundrechtlichen Freiheit einen sinnvollen Gebrauch machen. Ohne Ausübung der Freiheitschance des Individuums besteht keine Demokratie, deren Erfolg auf dem vollen politischen Engagement der Bürger beruht. Solche Freiheit der Bürger bedeutet allerdings kein rechtlich eingefaßtes Normvakuum, sondern setzt sie die sittliche Autonomie und Selbstverantwortung im sozialen Handeln voraus 112. Von Seiten der Bürger findet der Gedanke der gesellschaftlichen Verantwortung nirgends einen prägnanteren Ausdruck als in der Kategorie der verfassungsrechtlichen Grundpflichten 113, die einmal der Beratungsgegenstand der Staatsrechtslehrertagung 1982 waren 114. In einem Aufsatz zur Geschichte der Grundpflichten, die sich auf verfassungsrechtlicher Ebene befinden, wies Badura darauf hin, daß Grundpflichten in der Verfassung ausgesprochene Pflichten oder Bindungen des einzelnen sind, die in der Vergemeinschaftung oder in den wesentlichen Staatsaufgaben ihre Rechtfertigung finden und die die Entscheidungen oder die Handlungsfreiheit des Einzelnen aufgrund
108
Saladin, a.a.O., S. 30. Statt vieler Kröger, Die Ministerverantwortlichkeit in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Beispielsweise bekennt sich auch das Grundgesetz in Art. 65 zu der Verantwortung des Bundeskanzlers und der einzelnen Bundesminister, damit die politische Führung der Exekutive der Kontrolle des Parlaments unterliegt, ihm verantwortlich ist und seines Vertrauens bedarf: Staatsverantwortung im Sinne der Verwirklichung der Staatsaufgaben bzw. Staatspflichten. Vgl. Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz; Steinacher, Staatspflichten und Grundgesetz. 109
110
Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 212 ff. Saladin, a.a.O., S. 67 ff. 112 Isensee, DÖV 1982, S. 609 ff. (615). 113 Ausdrücklich Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 74, 212. 114 Dazu Götz ! Hoffmann, Grundpflichten als verfassungsrechtliche Dimension, W D S t R L 41 (1983), S. 7 ff. 111
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Gesetzes oder unmittelbar kraft Verfassungsnorm einschränken. Grundpflichten beruhen auf dem Gedanken der wechselbezüglichen Verbundenheit von Rechten und Pflichten, der Gemeinschaftsgebundenheit der individuellen Freiheit, der pflichtgebundenen Mitbestimmung im Staat115. Die Gemeinschaftsgebundenheit des Individuums entspricht auch dem Menschenbild des Grundgesetzes, das die individuelle Freiheit mit und durch Gemeinschaft verwirklichen will. Die somit verstandene individuelle Freiheit begleitet notwendigerweise die verpflichtende Verantwortung, die die jedem Grundrecht immanente Grundpflicht ist 116 . Zu den Grundpflichten des Bürgers, für deren Verständnis die verfassungsgeschichtliche Betrachtung notwendig ist 117 , zählen auch Geldleistungspflichten. Däß die Steuer in diesem Zusammenhang als hauptsächliche Geldzahlungspflicht zu nennen ist 118 , bedarf keiner weiteren Erklärung. Im Gegensatz zu Weimarer Reichsverfassung, bei der die nach dem Grundsatz der Lastengleichheit und -gerechtigkeit bemessene Steuerpflicht geregelt worden war, läßt sich eine Grundpflicht zur Steuerzahlung dem Grundgesetz nicht ohne weiteres entnehmen. Angesichts des verfassungsrechtlichen Schweigens zur Steuerpflicht hat P. Kirchhof versucht, aus Art. 14 Abs. 2 GG in Verbindung mit finanzverfassungsrechtlicher Steuerkompetenz des Staates die Grundpflicht zur Steuer-
115
Badura, DVBI. 1982, S. 861 ff. (868); Klein, Der Staat 14 (1975), S. 153
ff. 116
Gusy y JZ 1982, S. 657 ff. (661). Die Grundpflichten der Weimarer Reichsverfassung waren als Kompromiß zwischen liberaler Grundrechtskonzeption und der Erfordernis der Integration des Individuums in die staatliche Ganzheit verstanden worden. Obwohl die Grundpflichten schon damals kein echtes symmetrisches Äquivalent zu den Grundrechten darstellten, enthielt der zweite Hauptteil der Weimarer Reichsverfassung den Katalog folgender Grundpflichten: die sittliche Pflicht jedes Deutsche, unbeschadet seiner persönlichen Freiheit seine geistigen und körperlichen Kräfte so zu betätigen, wie es das Wohl der Gesamtheit erfordert (Art. 163 Abs. 1), die Pflicht der Eltern zur Erziehung des Nachwuchses (Art. 129), die Pflichten zur Übernahme von ehrenamtlichen Tätigkeiten (Art. 132), die Pflicht zur Leistung persönlicher Dienste für Staat und Gemeinde (Art. 133, Abs. 1), die Pflicht zum Tragen der öffentlichen Lasten (Art. 134), die Wehrpflicht (Art. 133 Abs. 3), die Schulpflicht (Art. 145), die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 153 Abs. 3) und die Pflicht des Grundbesitzers zur Bearbeitung und Ausnutzung des Bodens (Art. 155 Abs. 3). Solche Grundpflichten des Bürgers wurden zwar nach dem zweiten Weltkrieg in einige Länderverfassungen aufgenommen, vom Grundgesetz aber nicht rezipiert. Siehe dazu Götz, W D S t R L 41 (1983), S. 7 ff. (9 ff.); Isensee, DÖV 1982, S. 610; Badura, DVBI. 1982, S. 864 ff. m.w.N. 117
118
Isensee, a.a.O., S. 617; Götz, a.a.O., S. 33.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Zahlung abzuleiten. Danach bildetenfinanzverfassungsrechtliche Steuergewalt, Eigentumsgarantie und Sozialbindung des Eigentums ein steuerstaatliches Dreieck: die Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG legitimiere die Steuergewalt; Art. 14 GG stelle dieser Gewalt den Schutz des besteuerbaren Privatvermögens gegenüber; Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleiste die im Vermögen vermittelte Handlungsfreiheit und schütze den Steuerpflichtigen grundsätzlich gegen die Wegnahme von Privatvermögen. Dennoch konstituiere die Sozialbindung des Eigentumsgebrauchs nach Art. 14 Abs. 2 GG die finanzstaatliche Grundpflicht zur Steuerzahlung119. Diese Grundpflicht des Bürgers zur Steuerzahlung liegt zugleich dem Grundgedanken zugrunde, daß sich jeder Bürger nach seiner Leistungsfähigkeit an der Erfüllung allgemeiner staatlicher Aufgaben beteiligen soll 120 . Die Steuerpflicht ist in diesem Sinne nicht anders als der Ausdruck der allgemeinen Finanzverantwortung des Bürgers gegenüber dem Staat: die Steuer ist also eine Gemeinlast121. Sind aber im staatlichen Gemeinwesen andersartige finanzielle Verantwortungen vorhanden, die von ihrem Charakter her über die allgemeine Steuerpflicht hinausgehen, wäre es nicht gerecht, ihre Verfolgung der Allgemeinheit der Steuerzahler zuzurechnen. Wenn z.B. eine Gruppe von Unternehmen durch eine nicht umweltfreundliche Herstellungstechnik außergewöhnliche Umweltbelastungen verursacht hat, hat sie um der Gerechtigkeit willen die für die Wiederherstellung der Umwelt erforderlichen Kosten ganz oder teilweise zu übernehmen, obwohl der Staat grundsätzlich für den Umweltschutz zuerst die Verantwortung trägt 122. Weiterhin verlangt eine demokratisch engagierte Gesellschaft vor allem, daß jeder Bürger über die bloß Duldungs- und Unterhaltungspflicht hinaus zur konstruktiven Verwirklichung der gemeinsamen Auf119
P. Kirchhof JZ 1982, S. 305 ff. (307 ff.). Grundlegend zum Prinzip der steuerrechtlichen Leistungsfähigkeit Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer. 121 Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 441; ders., DÖV 1982, S. 617. 120
122 Die staatliche Verantwortung für den Umweltschutz beruht auf dem sog. Gemeinlastprinzip, wonach Umweltschutzbedingungen von der öffentlichen Hand vorgenommen und/oder über die öffentlichen Haushalte finanziert werden; s. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 88; zur Alleinverantwortung des Staates als Alternative zum Verursacherprinzip Rehbinder, Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, S. 85 ff.
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gäbe herangezogen wird. Das ist besonders der Fall, wenn eine grundsätzliche Pflicht aller privaten Mächte der Gesellschaft, nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Kräfte für die Erledigung wesentlicher Aufgaben des Gemeinwesens eine besondere Verantwortung zu tragen, verankert wird; also eine Dienstpflicht von Habenden, Könnenden und Wissenden, eine soziale Verantwortung mächtiger Unternehmen, wichtiger Verbände und vieler anderer Mächtigen sowie Arbeitgeber 123. Überdies zu beachten ist in einer höchst arbeitsteiligen Gesellschaft die gruppenbezogene Eigenverantwortung, deren Verfolgung die Betreffenden grundsätzlich näherstehen als die Allgemeinheit oder andere gesellschaftliche Gruppen. Daß die Angehörigen einer gesellschaftlich homogen organisierten Gruppe wie z.B. die Berufstätigen in derselben Wirtschaftsbranche an dem wirtschaftlichen Erfolg dieses Wirtschaftszweiges mehr interessiert sind als die Allgemeinheit oder andere gesellschaftliche Gruppen, führt dazu, daß die Gruppenangehörigen nicht nur für die Verbesserung der betreffenden Wirtschaftszweige, sondern auch für die aus Wechselfällen des Berufslebens folgenden Risiken nicht zuletzt verantwortlich sind. Die vom Bundesverfassungsgericht ausgeführte Formulierung der „erzwungenen Selbsthilfe der Wirtschaft" 124 entspricht geradezu der gruppenbezogenen Eigenverantwortung. Die besondere Verantwortung bzw. die daraus resultierende besondere Finanzverantwortung kann hier nicht abschliessend erläutert werden, denn es liegt nahe, daß im Lauf des gesellschaftlichen Wandels neuartige Verantwortungen entstehen können, die bisher die Allgemeinheit der Steuerzahler übernommen hat. Allerdings hat man dabei zu überlegen, ob die neue Abgrenzung des Kreises der Träger der besonderen Verantwortung im Hinblick auf die Rechtsordnung und Lebenswirklichkeit der Gesellschaft vertretbar und willkürfrei ist 125 .
3. Finanzzweck von Sonderabgaben
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheiden sich Sonderabgaben von Steuern vornehmlich durch das Merkmal der Erzielung von Einnahmen. Demzufolge seien Sonderabgaben deswegen keine Steuern, weil sie nicht der Erzielung von Einnahmen dien-
123 124 125
Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 216. BVerfGE 18, 315 (328). Vgl. BVerfGE 55, 274 (307).
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ten, da ihr Aufkommen nicht einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zufalle. Vielmehr trete bei Sonderabgaben der Staat als finanziell desinteressierter Vermittler und Verwalter innerhalb einer gesellschaftlichen Gruppe auf 126. Abgaben, deren Aufkommen außerhalb des staatlichen Haushalts in einem staatsexternen Finanzierungskreislauf verbleibt, verstärken nicht die finanzielle Verfügungsgewalt einer Gebietskörperschaft und tragen nicht dazu bei, ihren politischen Aktionsraum zu vergrößern 127. So gesehen, weist die Auffassung des Gerichts gewisse Parallelität zur Theorie der sog. durchlaufenden Posten auf, nach der das einem Sonderfonds zufließende Abgabeaufkommen deswegen als kein allgemeines Finanzmittel des Staates angesehen wird, weil es nicht endgültig den staatlichen Haushalte zufällt, sondern von Anfang an dazu bestimmt ist, wieder an Begünstigte ausgekehrt zu werden 128. An der Theorie der durchlaufenden Posten wurde schon lange Kritik geübt, da der Vermittler eines geschlossenen Kreislaufs zunächst die Einkünfte erzielen muß, um im betroffenen Bereich überhaupt tätig werden zu können129. Dabei ist es von keinerlei Bedeutung, ob die Ausgaben im Haushaltsgesetz und Haushaltsplan isoliert ausgewiesen werden oder ob die Verwendung des Abgabeaufkommens bereits im Abgabengesetz selbst geregelt ist 130 . Daß das Abgabeaufkommen wieder für die Interessen der Abgabepflichtigen verwendet wird, ist schon ein Zeichen dafür, daß mit den aufgebrachten Finanzmitteln gewisse öffentliche Aufgaben
126
BVerfGE 55, 274 (310). Nach Henseler (Sonderabgaben S. 47) hängt die Frage, ob das Aufkommen einer Abgabe den Aktionsradius einer Gebietskörperschaft tatsächlich vergrößert, davon ab, ob die über die Abgabeverwendung entscheidende juristische Person lediglich einer staatlichen Kontrolle oder dem dominanten Einfluß einer Gebietskörperschaft unterliegt, die den organisationsrechtlich verselbständigten Verwaltungsträger als Instrument zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter ihrer Leitung versteht, also ob die abgabeverwendende juristische Person als Verwaltungstrabant des Bundes oder eines Landes tätig wird oder nicht. 128 Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. II, S. 260. 129 Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 56; Götz, AöR 85, S. 200 ff. (212, 213), der auch davon ausgeht, daß jede staatliche oder mit Hoheitsaufgaben betraute nichtstaatliche Stelle Zuwendungen an die Privatwirtschaft erst dann zu leisten vermag, wenn sie vorher durch Erhebung von Abgaben entsprechende Einkünfte erzielt hat; auch in dieser Richtung Beckmann, Verfassungsfragen im Grenzbereich zwischen Steuern und besonderen Abgaben, S. 58; Patzig,, DÖV 1981, S. 743: „Die Argumentation der durchlaufenden Posten ist wenig überzeugend und fragwürdig." 130 Puwalla, Qualifikation, S. 81. 127
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erfüllt werden. In diesem Sinne sollten Sonderabgaben insgesamt dem Finanzrecht unterstellt werden 131. Im übrigen kann von einem geschlossenen Finanzkreislauf dann nicht mehr die Rede sein, wenn das Aufkommen aus Sonderabgaben nicht nur den Abgabepflichtigen, sondern darüber hinaus den gruppenexternen Subventionsempfängern zugute kommt 132 . Insofern tritt der Staat nicht mehr als finanziell desinterssierter Vermittler bzw. Verwalter auf; er nimmt seine Sachaufgabe wahr, ohne auf seine regulären Einnahmen aus Steuern zurückgreifen zu müssen. Gelegentlich wurde auch die sog. Nebenzwecktheorie133 vertreten, um die am Lenkungszweck orientierten Abgaben einerseits und die hauptsächlich fiskalischen Zwecken verfolgenden Abgaben andererseits voneinander abzugrenzen. Nach der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schwerbehindertenabgabe aktualisierten Vorstellung bestehen zwei Gruppen von Sonderabgaben, die dem Finanzierungszweck dienen, und solchen, die keinen Finanzierungszweck verfolgen 134. Die Unterscheidung zwischen dem fiskalischen und nichtfiskalischen Zweck der Steuer (sog. Zweckdichotomie) wurde besonders von Bodenheim scharf kritisiert. Gegenüber der juristischen Möglichkeit und Notwendigkeit einer analytischen Trennung beider Zwecke - so Bodenheim - fehlten in der Tat verbindliche Indikatoren, mit deren Hilfe entscheidbar gewesen wäre, ob ein mit dem jeweiligen Dispositionsprädikat versehener Steuerzweck vorliege oder nicht. Vielmehr verhalte sich die Sicherheit der Verwendung der Begriffe fiskalische vs. nichtfiskalische Steuerzwekke geradezu umgekehrt proportional zu dem evidenten Mangel an Kriterien, mit denen man diese Zwecke individualisieren zu können glaube und ihren qualitativen Unterschied behaupte bzw. implizit unterstelle 135.
131
Richter, Sonderabgaben, S. 69; Götz, AöR 85, S. 213. Vgl. Bleckmann, Subventionsrecht, S. 15; Hemeler, Sonderabgaben, S. 57. 133 Dazu grundlegend Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 22 ff., 86 ff.; Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 211 ff. 134 Vgl. BVerfGE 57, 139 (167). Eigentlich hat das Bundesverfassungsgericht zuvor die Geltung der Nebenzwecktheorie abgelehnt, weil ein Abstellen des Steuerbegriffs auf den überwiegenden Zweck einer Begriffsabgrenzung jeden festen Boden entziehen würde, s. BVerfGE 3, 407 (436). Es handelt sich allerdings in diesem Fall nicht um Differenzierung innerhalb der Sonderabgaben, sondern nur um Abgrenzung der Steuern von nichtsteuerlichen Abgaben. 132
135
Vgl. Bodenheim, Der Zweck der Steuer, S. 211; ähnlich Starck, Festschrift für Wacke, S. 193 ff. (205); Dißmann, Die durch Art. 14 GG gebotene Grenzen der Erhebung öffentlicher Abgaben, S. 11 ff.
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Die Übertragung der Nebenzwecktheorie des Bundesverfassungsgerichts auf das Sonderabgabenrecht führt schließlich, wie bereits dargestellt, zu dem unannehmbaren Ergebnis, daß je nach den fiskalischen und nichtfiskalischen Funktionen von Sonderabgaben ihre verfassungsrechtlichen Anforderungen im vollen oder nur im begrenzten Umfang Anwendung finden 136. Mit Sicherheit liegt die Untauglichkeit der Nebenzwecktheorie darin, daß Sonderabgaben auch als öffentlich-rechtliche Abgaben finanzielle Belastung entfalten. Eine solche Belastungswirkung zeigt sich in den finanziellen Opfern des Bürgers, die dieser zugunsten des Abgabeempfängers aufbringen soll. Betrachtet man diese finanzielle Belastungswirkung von Seiten des Staates, so bedeutet sie nicht anderes als die Erzielung von Einnahmen, die dem Staat als Finanzmittel zufließen 137. Auch wenn bei manchen Sonderabgaben die Lenkungswirkung im Vordergrund steht, darf die aus der finanziellen Belastung folgende Einnahmeerzielung nicht völlig aus dem Blickfeld geraten. Daß die sog. an der Lenkungsfunktion orientierten Sonderabgaben in der Tat erhebliche Erträge abwerfen, kann erfahrungsgemäß nachgewiesen werden 138.
4. Besondere Finanzverantwortung statt besonderer Aufgabe des Staates
Obwohl das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich den Zweck der Einnahmeerzielung für die Sonderabgaben ablehnte, hat es jedoch widersprüchlicherweise die Existenz der sog. Finanzierungssonderabgaben anerkannt, und zwar in der Weise, daß sie nicht der Finanzierung der allgemeinen, sondern der besonderen Aufgaben des Staates dienen139. Hinter der anscheinend unzweideutigen Auffassung des Gerichts stekken aber erhebliche Unklarheiten, was eigentlich besondere Staatsaufgaben sind und nach welchen Kriterien diese von den allgemeinen Staatsaufgaben abgegrenzt werden können. Angesichts der offensichtlichen Unmöglichkeit, den Umfang der Staatsaufgaben unter dem Grundgesetz auch nur halbwegs präzise zu bestimmen und im Blick auf
136
Henseler, Sonderabgaben, S. 59.
137
Vgl. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 68 ff.; ders., Steuerrecht I, S.
8, 9; Puwalla, Qualifikation, S. 86. 138 Beispielsweise wurde das Aufkommen aus der Abwasserabgabe vom Gesetzgeber tatsächlich innerhalb des Zeitraums von 1981 bis 1986 zwischen 600 und 800 Millionen DM geschätzt, vgl. BT-Drucks. 7/5183, S. 5. 139 Vgl. BVerfGE 18, 315 (328); 55, 274 (298); 67, 256 (275).
D. Sonderabgabe
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die Tatsache, daß als tauglichste Definition die eher resignative Bestimmung: Staatsaufgabe ist, was der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung dafür hält, in Betracht kommt, verbietet es sich, in diesem Nebel von Unklarheiten auch noch zwischen allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben unterscheiden zu wollen140. Ob es sich beispielsweise bei dem Schutz der Umwelt um eine allgemeine oder eine besondere Staatsaufgabe handelt, ist nicht nur eine belanglose, sondern mangels hinreichender Bestimmtheit auch eine unbeantwortbare Frage. Das Dilemma liegt vor allem darin, daß sich die Auslegung des Merkmals der Erzielung von Einnahmen vom Bundesverfassungsgericht ausschließlich nach dem Gesichtspunkt des die Abgaben in Empfang nehmenden Staates und seiner Finanzbedarfssituation richtet. Der Grund, der die Belastung des Abgabepflichtigen rechtfertigt, ist für sein Verständnis relativ bedeutungslos geworden141. Mit anderen Worten: die Legitimation des Finanzzweckes von Sonderabgaben findet sich nicht nur etwa im Aufgabenkreis des Staates, sondern sie muß am Abgabepflichtigen ausgerichtet werden. Die belastungslegitimierende causa von Sonderabgaben, deren Wirkung andererseits zur Erzielung von Einnahmen führt, soll unmittelbar mit einer spezifischen Verantwortung des Abgabepflichtigen in Einklang stehen. Damit ist z.B. anzunehmen, daß die Verursacher von Umweltbelastungen für die Wiederherstellung der geschädigten Natur bzw. die aus nicht unvermeidbaren Eingriffen folgenden Ersatzmaßnahmen ganz oder teilweise die Verantwortung tragen sollten, ohne danach zu fragen, ob solche Maßnahmen zu den allgemein oder besonderen Aufgaben des Staates gehören.
140 Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 23; Patzig, DÖV 1981, S. 745; Stettner, DVBI. 1981, S. 375 ff. (377). Dagegen hat Meßerschmidt (Umweltabgaben, S. 216) die Unterscheidung zwischen allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben wie folgt verstanden: „Das Bundesverfassungsgericht wäre aber mißverstanden, wenn man in dieser Gegenüberstellung mehr sehen wollte als eine Chiffre für den komplexen Sonderabgabenbegriff. Seine Argumentation setzt die Unterscheidung zwischen allgemeinen und besonderen Staatsaufgaben nicht etwa voraus, sondern gebraucht den Begriff der besonderen Aufgabe lediglich als Nominaldefinition für solche Aufgaben, die nach anderen vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien über Sonderabgaben finanziert werden dürfen. Auch äußerlich steht die Unterscheidung als Ergebnis am Ende und nicht als Prämisse am Anfang der Argumentation. Der Sonderabgabenbegriff des Bundesverfassungsgerichts ist daher entgegen dem flüchtigen ersten Eindruck nicht durch eine fragwürdige Unterscheidung der Staatsaufgaben in allgemeine und besondere belastet." 141
Henseler, Sonderabgaben, S. 58; dagegen Seimer, GewArch 1981, S. 43.
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III. Einteilung von Sonderabgaben 1. Systematisierungsversuche im Schrifttum
Angesichts des Begriffswirrwarrs bei Sonderabgaben142 hat es seit Mitte der 70er Jahre in der rechtswissenschaftlichen Literatur Bemühungen gegeben, die bereits bestehenden Sonderabgaben je nach ihren Funktionen zu differenzieren und in verschiedene Untergruppen einzuteilen. Zuerst war Richter auf die Frage nach außerfiskalischen Zwecken von Sonderabgaben systematisch eingegangen, indem er die Sonderabgaben in vier Grundtypen einteilte, nämlich Lenkungsabgaben, Ausgleichsabgaben, Förderungsabgaben und Verursacherabgaben 143. Lenkungsabgaben sind - so meinte Richter - dadurch gekennzeichnet, daß sie darauf gerichtet sind, gewisse Verhaltensweisen nicht gänzlich auszuschalten, sondern nur in einem bestimmten engeren Rahmen zu halten144. Als ein typisches Beispiel von Lenkungsabgaben kann die Abwasserabgabe145 genannt werden, wobei es allerdings problemtisch erscheint, ob sie neben dem Lenkungszweck auch den Einnahmeerzielungszweck verfolgt 146. Zu den Ausgleichsabgaben zählen die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben, dazu die Abgaben mit Ersatzgeldcharakter wie die baden-württembergische Feuerwehrabgabe, die Schwerbehindertenabgabe und die Benzinbleiabgabe147. Als Förderungsabgabe, deren Aufkommen der Förderung oder Unterstützung eines bestimmten Wirtschaftszweiges dient, sah er die Abgabe nach dem Milch- und Fettgesetz, wiederum die Abwasserabgabe, außerdem die Weinabgabe, die Filmabgabe, die Abgaben nach dem Fisch-148 und dem Absatzfondsge-
142
Siehe S. 48 ff. Richter, Sonderabgaben, S. 55 ff. 144 Richter, a.a.O., S. 55. 145 Vom 13.09.1976, BGBl. I, S. 2721. 146 Richter, Sonderabgaben, S. 56. 147 Vom 05.08.1971, BGBl. I, S. 1234, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.1976, BGBl. I, S. 3341. Die Benzinbleiabgabe wurde nur zwischen 01.01. 1976 und 31.12.1977 erhoben. 148 Gesetz über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren vom 31.08.1955, BGBl. I, S. 567. 143
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setz149 und den Kohlepfennig nach dem Verstromungsgessetz 150 an. Als Verursacherabgabe bezeichnete er die schleswig-holsteinische Infrastrukturabgabe 151, die Ausgleichsabgabe nach dem Altölgesetz152 und die
149 Gesetz über die Einrichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft vom 26.06.1969, BGBl. I, S. 635, i.d.F. v. 08.11.1976, BGBl. I, S. 3109. 150 Das Gesetz über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) vom 13.12.1974, BGBl. I, S. 3473, i.d.F. v. 29.03.1976, BGBl. I, S. 749. Nach § 2 dieses Gesetzes wird ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes mit dem Namen „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" gebildet, das vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verwaltet wird. Das Bundesamt gewährt aus Mitteln des Sondervermögens verschiedene, in § 2 Abs. 2 genannte Leistungen, z.B. einen Ausgleich der Mehrkosten, die durch den Einsatz von Gemeinschaftskohle bei der Erzeugung von Elektrizität und Fernwärme gegenüber dem Einsatz von schwerem Heizöl entstehen. Die Mittel dieses Sondervermögens werden durch eine Abgabe aufgebracht, deren Schuldner die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind. Die Belastung wird an die Endverbraucher weitergegeben und in der Stromrechnung gesondert ausgewiesen (§ 4 Abs. 2). Diese Abgabe, welche in der Begründung der Bundesregierung als eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Ausgleichsabgabe genannt worden ist, deren Regelungsbefugnis für den Bund sich aus Art. 74 Nr. 11 GG ergibt, soll dazu dienen, einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den Unternehmen, die überwiegend kostengünstige Einsatzenergien zur Verfügung haben und denjenigen, die die kostenungünstigere Steinkohle zur Elektrizitätserzeugung verwenden, herbeizuführen, BT.-Drucks. 7/ 1991, S. 12. Trotz dieser Ausgleichsfunktion des Kohlepfennigs ist seine abgabenrechtliche Qualifikation umstritten. Schemmel hat im Kohlepfennig eine „getarnte Steuer" gesehen, und zwar eine verfassungswidrige Verkehrsteuer. Nach Schemmel (Quasi-Steuern, S. 69 ff. [71]) sei der Kohlepfennig trotz seiner Ähnlichkeit mit einer Verbrauchsteuer (insb. wegen der Abwälzbarkeit auf den Endverbraucher) als eine Verkehrsteuer anzusehen, weil er an einen Akt des Wirtschaftsund Rechtsverkehrs, den Stromverkauf an Endverbraucher, anknüpfe. Als Verbrauchsteuer müsse der Kohlepfennig hingegen bei Verlassen des Produktionsbetriebes - ohne bezug auf das zugrundeliegende Rechtsgeschäft - erhoben werden. Dagegen Kohlepfennig als Verbrauchsteuer: Hansmeyer, Steuern auf spezielle Güter, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Aufl., S. 709 ff. (841); Dickermann /Voss, Wirtschaftsdienst 1979, S. 41 ff. (46). Die Charakterisierung des Kohlepfennigs als eine Sonderabgabe scheint auch höchst bedenklich zu sein, weil weder die Elektrizitätsversorgungsunternehmen noch die Energieverbraucher für die Sicherstellung der Energieversorgung bzw. für die Sicherung der Arbeitsplätze im Steinkohlebergbau eine besondere Verantwortung tragen, Schemmel, a.a.O., S. 69; im Ergebnis ebenso Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 25, Fn. 23. S.a. Selmer, Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Eingriffe zur Sicherung der Energieversorgung, in: Die Sicherheit der Energieversorgung, S. 5 ff. (22 f.). 151 Dagegen ihre Qualifizierung als eine Steuer: BVerfGE 49, 343 (352 ff.). 152 Vom 22.12.1968, BGBl. I, S. 1419.
84
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Abwasserabgabe. Danach gelangte er schließlich zu dem Begriff von Sonderabgaben, der wie folgt definiert wird: „Die Sonderabgabe ist eine von einer steuererhebungsberechtigten Körperschaft auferlegte Abgabe, die sich von den Vorzugslasten durch die fehlende, individuell zurechenbare Gegenleistung der öffentlichen Verwaltung und von dem Sozialversicherungsbeitrag durch das Fehlen eines speziellen sozialversicherungsrechtlichen Bezugs unterscheidet. Von der Steuer läßt sie sich sondern, wenn das Aufkommen der Abgabe keiner Gebietskörperschaft zufließt, wenn die Abgabe zu keinem effektiven Einnahmezufluß bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts führt, oder wenn sie erdrosselnd wirkt. Die Sonderabgabe verfolgt zudem in jedem Fall zumindest auch einen außerfiskalischen Zweck. Ist die Rechtsqualität einer Abgabe dennoch nicht bestimmbar, ergibt sie sich aus der gesetzgeberischen Einordnung. Unerheblich ist, ob die Sonderabgabe auch zur Finanzierung von Einnahmen oder zur Deckung des Finanzbedarfes erhoben wird. Die Erträge von Sonderabgaben können sowohl Gebietskörperschaften als auch sonstigen juristischen Personen zufließen. Das Abgabeaufkommen kann einer gesetzlichen Zweckbindung unterliegen. Entspricht die spätere Verwendung der Mittel nicht der gesetzlichen Bestimmung, entfällt die Abgabepflicht und löst einen Erstattungsanspruch aus."153
Diese Einteilung von Richter hat im Schrifttum weitgehende Resonanz gefunden 154. Neuerdings wurde die Notwendigkeit, die Vielfalt von Sonderabgaben zu ordnen und zu systematisieren, um auf diese Weise Übersicht und Klarheit bei den Sonderabgaben zu gewinnen, von Arndt hervorgehoben. Im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterteilte er Sonderabgaben in gruppennützige und fremdnützige Sonderabgaben einerseits, Lenkungs- und Ausgleichsabgaben andererseits155. Während es sich bei Finanzierungssonderabgaben um eine gruppennützige und fremdnützige Verwendung des Abgabeaufkommens handelt, sind die Ausgleichsabgaben dazu bestimmt, einen Ausgleich von Vor- und Nachteilen zu erzielen. Zu solchen Ausgleichsabgaben können die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben, die baden-württembergische Feuerwehrabgabe sowie die viel diskutierte Abgabe für Wehrpflichtige, die nicht in der Bundeswehr gedient haben, gerechnet werden. Daneben bestehen noch Ausgleichsabgaben im weiteren Sinne. Dazu zählen diejenigen Abgaben, die volkswirtschaftliche Kosten denjenigen anlasten, die sie verursacht haben (sog. Verursacher-
153
Richter, Sonderabgaben, S. 73. Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 105, Rdnr. 16 ff.; Patzig, DÖV 1981, S. 738 ff.; Caesar, FinArch. N.F. 38, S. 387 ff. 155 Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 38. 154
D. Sonderabgabe
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abgaben)156. Nach Arndt liegt die Zielsetzung der oben unternommenen Unterteilung von Sonderabgaben in erster Linie darin, daß für Ausgleichsabgaben von ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit her ein noch strengerer Maßstab gilt, als ihn das Bundesverfassungsgericht für gruppennützige Sonderabgaben vorsieht. Der Nutzen der Abgabepflichtigen ist nämlich bei gruppennützigen Sonderabgaben am größten, bei fremdnützigen am geringsten. Die Ausgleichsabgabe befindet sich im mittleren Feld dieser imaginären Nutzenskala157. Völlig zu Recht hat Arndt die bereits in Wirklichkeit bestehenden Abgaben mit Mischcharakter nicht aus den Augen gelassen, deren Funktion entweder nicht auf reine Lenkung oder Ausgleich zurückgeführt werden kann. Beispielsweise hat die Schwerbehindertenabgabe Lenkungsfunktion - die Arbeitgeber sollen dazu angehalten werden, Schwerbehinderte einzustellen - und Ausgleichsfunktion - die Belastungen zwischen Arbeitgebern, die der Verpflichtungen genügen und solchen, die sie nicht erfüllen, sollen ausgeglichen werden Zu nennen sind weiterhin die Förderungsabgabe nach dem Absatzfondsgesetz, die neben dem Charakter gruppennütziger Sonderabgabe den Zweck hat, den Ausgleich zwischen wirtschaftlich schwächeren und leistungsfähigeren Mitgliedern dieser Gruppe zu besorgen, die Abwasserabgabe sowie die Investitionshilfeabgabe, bei der es sich sogar - nach Ansicht der Bundesregierung - um einen vierfachen Mischcharakter handelt158. Die Kompetenzproblematik von Abgaben mit Mischcharakter ist noch nicht geklärt, obwohl solche Abgaben seit langem bestanden haben159. In jüngster Zeit hat sich Henseler intensiv mit der Systematisierung von Sonderabgaben beschäftigt 160. Er unterteilte die Sonderabgaben im großen und ganzen in die zwei Kategorien: die Abgaben mit rechtspflichtbezogener Antriebs- oder Ausgleichsfunktion auf der einen und die vorzugslastenähnliche Abgaben auf der anderen Seite. Die Abgaben mit rechtspflichtbezogener Antriebs- oder Ausgleichsfunktion unterteilen sich wiederum in drei Gruppen, nämlich Abgaben mit Ausgleichsund Antriebsfunktion, Ausgleichsabgaben ohne Antriebsfunktion und Antriebsabgaben ohne pflichtbezogene Ausgleichsfunktion. Zu den Abgaben mit Ausgleichs- und Antriebsfunktion rechnete Henseler die
156 157 158 159 160
Arndt, a.a.O., S. 39. Arndt, a.a.O., S. 40. Arndt, a.a.O., S. 42. Arndt, a.a.O., S. 43. Henseler, Sonderabgaben, S. 60 ff.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Schwerbehindertenabgabe und die Abgabe nach dem Wohnungsbindungsgesetz161. Als Ausgleichsabgabe ohne Antriebsfunktion sah er die Abgabe nach dem rheinland-pfälzischen Landschaftspflegegesetz an 162 , die für unvermeidbare und nicht ausgleichsfähige Eingriffe in Natur und Landschaft anstelle von Ersatzmaßnahmen erhoben wird und wiederum die baden-württembergische Feuerwehrabgabe. Als Prototyp der Antriebsabgaben ohne pflichtbezogene Ausgleichsfunktion bezeichnete er die Abwasserabgabe163. Unter dem Begriff vorzugslastenähnlicher Abgaben verstand er die Abgaben, deren alleinige Legitimationsbasis in der staatlich verursachten Sonderbegünstigung des Schuldners liegt. Dazu gehören der vielfach diskutierte sog. Planungswertausgleich164 ebenso wie die Fehlbelegungsabgabe, Konzessionsabgaben, die bergrechtliche Förderabgabe 165, die Beiträge nach dem Altölgesetz und schließlich die Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz. Man hat zwar einzuräumen, daß die im Schrifttum unternommenen Differenzierungsversuche von Sonderabgaben zu deren Systematisierung in gewissem Maße beigetragen haben. Es ist jedoch als Ergebnis festzustellen, daß alle diese Versuche nicht allzu viel Klarheit geschaffen haben166. Zum Teil kann der Grund dafür auf die Tatsache zurückge-
161 Gesetz zur Sicherung der Zweckbindung von Sozialwohnungen, i.d.F. v. 22.07.1982, BGBl. I, S. 973. 162 Landesgesetz über Naturschutz und Landschaftspflege vom 05.02.1979, GVB1. S. 36. 163 Henseler, a.a.O., S. 69. 164 OVG Lüneburg, Beschluß vom 28.07.1983 - 1 Β 34/83, DVBI. 1983, S. 948 ff.: „Ausgleichsbeträge nach § 41 Abs. 4 StBauFG stellen nach ihrem Wesen Beiträge bzw. beitragsähnliche Geldleistungen dar." S.a. bereits BVerfGE 18, 274 (287): sog. Umlegungswertausgleich als beitragsähnliche Zahlungspflicht. 165 Die Bundesregierung hat in ihrer Begründung zum Entwurf des Bundesberggesetzes die bergrechtlichen Abgaben nach § 30, 31 als Verleihungsgebühr, nicht als Steuer oder Sonderabgabe qualifiziert, BT-Drucks. 8/1315, S. 95; auch F. Kirchhof\ Die Höhe der Gebühr, S. 29 ff.; ders., DVBI. 1987, S. 455; Ipsen, DVBI. 1976 S. 653 ff. (654, 656 ff.); Nicolaysen, Bewilligung und Förderabgabe nach dem Bundesberggesetz, S. 34 ff.; dagegen für den Steuercharakter der Förderabgabe statt aller P. Kirchhof\ Der Verfassungsauftrag zum Länderfinanzausgleich als Ergänzung fehlender und als Garant vorhandener Finanzautonomie, S. 83 ff.; Schulte, NJW 1981, S. 88 ff. (91); Eine Zwischenposition bei Kisker (Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 7, 28), der zwar hier von einer „Gebührensteuer" spricht, aber im Ergebnis dazu tendiert, den Steuercharakter der Förderabgabe abzulehnen. 166
Puwalla, Qualifikation, S. 79.
D. Sonderabgabe
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führt werden, daß es in der Tat so verschiedene Arten von Sonderabgaben gibt, daß die unzweideutige Einordnung in ein oder andere Kategorie praktisch kaum möglich erscheint. Ein anderer Grund liegt zum Teil darin, daß die meisten Systematisierungsversuche im Schrifttum ebenso wie das Bundesverfassungsgericht - auf die von Sonderabgaben wahrzunehmenden Funktionen bzw. ihre kompetenzrechtliche Grundlage, nicht auf ihr positives Begriffsmerkmal abgestellt haben.
2. Eigene Auffassung
Die bisherigen Einteilungsversuche konzentrierten sich meistens auf die Funktionen der Sonderabgaben. Es ging vor allem darum, welche Funktionen eine Sonderabgabe wahrnimmt, beispielsweise eine Finanzierungs- oder Lenkungsfunktion. Im Hinblick darauf, daß die sog. Nebenzwecktheorie bzw. Zweckdichotomie sich nicht mehr als haltbar erwiesen hat, und daß jeder Sonderabgabe der Lenkungs- und Finanzierungsaspekt wie die zwei Seiten einer Münze immanent ist, versprechen solche Versuche nur einen Teilerfolg. In diesem Zusammenhang kann die auf dem Begriffsmerkmal der besonderen Verantwortung von Sonderabgaben beruhende Einteilung als tauglich in Betracht kommen. Mit anderen Worten ist die Einteilung von Sonderabgaben nach den jeweiligen Arten der Verantwortungsgrundlage auch möglich und im gewissen Sinne notwendig.
a) Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung
Unter dem Begriff der Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung versteht man solche Sonderabgaben, für deren Einführung das gemeinsame Intersse der Abgabepflichten zur Unterstützung und Förderung des sie betreffenden Wirtschaftszweiges die entscheidende Rolle gespielt hat. Aus der Tatsache, daß die Angehörigen derselben Berufsund Wirtschaftsbranche für die Verbesserung der Gewinnaussichten und Stabilisierung des Marktes das Eigeninteresse haben, ergibt sich die besondere Verantwortung der Abgabepflichtigen für die Finanzierung der gruppeneigenen Aufgaben, deren Erledigung sie ohne Zweifel näherstehen als die Allgemeinheit der Steuerzahler. An dieser Stelle kann die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, daß es hier um eine wirtschaftlich erzwungene Selbsthilfe handele167, mit der Selbstver167
BVerfGE 18, 315 (328); eine solche Formulierung läßt sich auch der
88
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
antwortung der Gruppenmitglieder in Bezug gesetzt werden. Obwohl sich die Verantwortung des sozialen und wirtschaftslenkenden Staates auf den volkswirtschaftlich wichtigen Wirtschaftsbereich erweitern soll, erschöpft sich solche staatliche Verantwortung im durch Selbstverantwortung der Abgabepflichtigen geprägten Bereich darin, eine organisationsrechtliche Rahmenbedingung zu schaffen 168. Die Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung liegen dem sog. Ausgleichsprinzip in der Weise zugrunde, daß innerhalb der Gruppe der Abgabepflichtigen Ungleichheiten zu Lasten eines jeweils marktbegünstigten und zugunsten eines jeweils marktbenachteiligten Mitglieds ausgeglichen werden. Ein solcher Ausgleichsmechanismus setzt deshalb sowohl die Homogenität der Gruppenangehörigen als auch die gruppeninterne zweckgebundene Verwendung des Abgabeaufkommens voraus, so daß hier von gruppennützigen Finanzierungsabgaben gesprochen werden kann. Ein typisches Beispiel dafür ist die Abgabe nach dem Milch- und Fettgesetz, die der Förderung und Erhaltung der Güte von Milch, der Werbung für Milch und Milchprodukte, der Verbesserung der Hygiene im milchwirtschaftlichen Bereich, der Durchführung von Milchleistungsprüfungen, der Beratung der Betriebe in milchwirtschaftlichen Fragen sowie der Fortbildung des Berufsnachwuchses zu dienen bestimmt ist 169 . Zu den weiteren Beispielen der Abgaben mit gruppenbezogener Verantwortung können die meisten wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben sowie die Abgabe nach dem Weinwirtschaftsgesetz gerechnet werden.
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, BVerwGE 6, 134 (139), 6, 282 (288). 168 Damit gewährleistet der Staat vor allem die Autonomie dieser Organisationen. Beispielsweise ist der Verwaltungsrat des Stabilisierungsfonds für Wein ausschließlich mit Vertretern der Weinwirtschaft besetzt, der sich nur um die Erfüllung von besonderen weinwirtschaftlichen Aufgaben kümmert. Die ministerielle Aufsicht beschränkt sich somit darauf, die wichtigsten generellen Regelungen des Verwaltungsrates zu genehmigen und Maßnahmen des Fonds aufheben zu können, die rechtswidrig sind oder dem Gemeinwohl widersprechen. Der zuständige Minister hat aber keine Befugnisse, die Tätigkeit des Stabilisierungsfonds an spezifischen Interessen des Bundes auszurichten, vgl. Hemeler, Sonderabgaben, S. 48. 169
40 ff.
Vgl. Götz, AöR 85, S. 201; Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S.
D. Sonderabgabe
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b) Abgaben mit sozialer Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern
Anders als die Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung, bei der die Abgabepflichtigen für die Finanzierung der betreffenden Aufgabe die Selbstverantwortung tragen, sind die Abgaben mit sozialer Verantwortung dadurch gekennzeichnet, daß eine Gruppe (Arbeitgeber) anhand einer besonderen gesellschaftlichen Beziehung zur anderen Gruppe (Arbeitnehmer) zur Finanzierung fremdnütziger Sachaufgaben herangezogen wird. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die die fremdnützigen Sonderabgaben grundsätzlich für unzulässig gehalten hat 170 , muß die Beurteilung der Frage, ob eine Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe eine besondere soziale Verantwortung tragen soll, nach einem sachgerechten Kriterium erfolgen. In diesem Zusammenhang ist der Beitragsanteil der Arbeitgeber für die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme der Arbeitnehmer als einzige Ausnahme längst anerkannt worden, dessen Rechtfertigungsgrundlage in der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht der Arbeitgeber gefunden wird 171 . Mittlerweile zeigt sich die Tendenz, diese soziale Verantwortung der Arbeitgeber über die Arbeitgebernehmerbeziehung hinaus auf die gesamte Gesellschaft zu erweitern. Dazu kommen beispielsweise die Berufsausbildungsabgabe, die Schwerbehindertenabgabe und die Künstlersozialabgabe in Betracht 172. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Berufsausbildungsabgabe als eine gruppennützige zulässige Sonderabgabe angesehen hat, und zwar insofern, als das Gesamtinteresse der Arbeitgeber letzten Endes darin besteht, für die Zukunft ein ausreichendes Angebot an den in der Regel von allen Arbeitgebern benötigten qualifizierten, berufsbezogenen ausgebildeten Arbeitskräften zur Verfügung zu haben173, dient die Verwendung des Abgabeaufkommens - wie es in der abweichenden Meinung der Richter Rinck, Steinberger und Träger ausdrücklich formuliert wurde - ausschließlich dazu, ausbil170
BVerfGE 55, 274 (307).
171
Siehe S. 47.
172 Übrigens gehört auch zu dieser Abgabenkategorie die viel diskutierte Arbeitsmarktabgabe der Beamten, bei der - so wird behauptet - es das Gebot der Gerechtigkeit ist, mit den Kosten der im gesamtgesellschaftlichen Interesse wahrgenommenen Arbeitsmarktaufgaben über die Arbeitslosenversicherten und deren Arbeitgeber hinaus alle Erwerbstätigen, insbesondere also auch die Beamten und Selbständigen, zu belasten. 173 BVerfGE 55, 274 (317).
90
Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
dungswilligen Jugendlichen ein möglichst ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu gewährleisten; also das Ziel der Berufsausbildungsabgabe liegt vor allem im Dienste des Ausbildungswilligen selbst, sich als Person auch beruflich frei entfalten zu können, im Interesse der Erziehungsberechtigten und im allgemeinen Kultur- und sozialpolitischen Interesse am Bildungsstand der Jugend, an der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und ihren weitreichenden abträglichen Auswirkungen174. Damit handelt es sich hier um eine fremdnützige Finanzierungsabgabe. Wäre die Berufsausbildungsabgabe eine verfassungsmäßige fremdnützige Sonderabgabe, müßte eine besondere soziale Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den ausbildungswilligen Jugendlichen vorhanden sein. Die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, daß nur die Arbeitgeber über die Möglichkeit verfügen, die praxisbezogenen Ausbildungsplätze zu schaffen und anzubieten und daraus die besondere Verantwortung für das Berufsausbildungswesen folgt, beruht auf einer so schwachen Begründung, daß von einer aus in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlich vorgegebenen Sachnähe der Abgabepflichtigen zu dem Abgabezweck resultierenden Verantwortung der Arbeitgeber keine Rede sein kann175. Vielmehr betrifft die Berufsausbildungsabgabe das Interesse der Allgemeinheit und die Verantwortung des Staates, so daß die finanziellen Mittel für die allgemeine Berufsausbildung nach der festgelegten bundesstaatlichen Finanzverfassung und nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit aller vor den öffentlichen Lasten über Steuern aufzubringen sind176. Entsprechendes gilt für die Schwerbehindertenabgabe und die Künstlersozialabgabe. Der Versuch, entweder die soziale Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber der Allgemeinheit zu erweitern oder die Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beziehung auf die ähnlichen Verhältnisse zu übertragen, scheitert schließlich an einer mangelhaften Grundlage für die fremdnützige Belastung. Insofern führt diese Feststellung im Ergebnis dazu, daß Sonderabgaben von ihrem abgabenrechtlichen Charakter her 174
BVerfGE 55, 274 (330). Selmer, GewArch 1982, S. 45. 176 BVerfGE 55, 274 (330); im Hinblick auf die abgabenrechtliche Ausgestaltung der Berufsausbildungsabgabe, insbesondere die Abschöpfung der objektiven Leistungsfähigkeit der erfaßten Betriebe, hat Selmer (a.a.O., S. 45) den steuerlichen Charakter der Berufsausbildungsabgabe attestiert und zwar als eine der Gewerbelohnsummensteuer gleichartige Steuer. 175
D. Sonderabgabe
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nicht dazu geeignet sind, durch allgemeine fremdnützige Belastung eine weitgehende soziale Umverteilung herbeizuführen 177.
c) Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung
Auch wenn Unklarheiten über Status, Inhalt und Tragweite des Verursacherprinzips 178 tatsächlich bestehen, können die meisten Umweltabgaben darauf zurückgeführt werden 179. Bei Sonderabgaben wird das Verursacherprinzip, wenn man es nicht rein ökonomisch-funktional, sondern rechtlich-normativ versteht 180, als Gebot der Lastengerechtigkeit begriffen. Es bildet also eine sonderabgabenrechtliche Verantwortungsgrundlage der Abgabepflichtigen anstelle der Allgemeinheit der Steuerzahler. Damit stehen die Verursacher den umweltschonenden Maßnahmen im materiellen Sinne näher als andere gesellschaftliche Gruppen oder die Gemeinschaft der Steuerzahler. Zu den dem Verursacherprinzip zugrundegelegten Sonderabgaben gehört z.B. die Abwasserabgabe, wobei an einer solchen Qualifikation das Vorhandensein der Lenkungsfunktion nichts ändert. Sie wird dem Abgabepflichtigen weder abverlangt, weil er eine ihm obliegende Rechtspflicht nicht erfüllt, noch wird sie als Ausgleich für eine zugelassene Gewässerverschmutzung erhoben. Vielmehr stellt die Abwasserabgabe lediglich auf die Tatsache ab, daß das Abwasser in die Gewässer eingeleitet worden ist 181 . Pflichtenadäquates Verhalten des Abgabe-
177
Ausführlich S. 114 f. Dazu allgemein Rehbinder, Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips; Bullinger, Rechtsfragen des Verursacherprinzips beim Umweltschutz, in: Bullinger / Rine ke / Oberhauser I Schmidt, S. 69 ff.; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 86 ff.; Poppe, Verursachungsprinzip und Umweltschutz; Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 94 ff.; Schräder, Altlastensanierung nach dem Verursacherprinzip?, S. 75 ff.; Sendler, JuS 1983, S. 255 ff.; Oppermann, in: Götz /Rauschning/Zieger (Hrsg.), Umweltschutz und internationale Wirtschaft, S. 5 ff. (18). Das Verursacherprinzip aus ökonomischer Sicht Hansmeyer, Die Abwasserabgabe als Versuch einer Anwendung des Verursacherprinzips, in: Ökonomische Probleme der Umweltschutzpolitik, (Hrsg. Issig), S. 65 ff.; Minsch, Ursache und Verursacherprinzip im Umweltbereich. 178
179
Statt vieler Kloepfer, DÖV 1975, S. 593 ff.; Breuer, Umweltschutzrecht, in: Besonderes Verwaltungsrecht, S. 544 ff.; Benkert /Zimmermann, NuR 1979, S. 96 ff.; Schröder, DÖV 1983, S. 667 ff.; Berendes/Winters, Das neue Abwasserabgabengesetz, S. 4 ff. 180 181
Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 90 m.w.N. § 2 Abs. 2 AbwAG.
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Erster Teil: Begriff und Abgrenzung der Sonderabgabe
Pflichtigen senkt zwar die Abgabenhöhe, berührt aber die grundsätzliche private Verantwortlichkeit für die Einleitungsfolgen nicht 182 . Als Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung können ferner solche Abgaben angesehen werden, die nach Maßgabe der Landschafts- und Landschaftspflegegesetze der Länder als Ausgleich für die Nichterfüllung persönlicher Naturalleistungspflichten bzw. für unvermeidbare und nicht ausgleichsfähige Eingriffe in Natur und Landschaft erhoben werden 183. Das auf das Schutzobjekt Natur und Landschaft ausgerichtete Gesetz legt Wert darauf, daß die Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt und deren Kosten vom Verursacher des zu kompensierenden Schadens getragen werden. Wer die Maßnahmen tatsächlich durchführt, ist dem Gesetzgeber hingegen ebenso gleichgültig wie die Form, in der der Verursacher seiner Verantwortung gerecht wird 184 .
d) Abgaben mit vorteilsbezogener Abschöpfungsverantwortung
Bei sog. Abschöpfungsabgaben bilden die unverdienten Vorteile die sonderabgabenspezifische Verantwortungsbasis, welche die Wiederherstellung eines der Gerechtigkeit entsprechenden Zustandes versucht 185. Dazu gehören zunächst einmal die Fehlbelegungsabgabe, die der Rückabwicklung staatlich gewährten Subventionsvorteile vom Nutznießer einer mietzinsverbilligten Wohnung in Form einer Abschöpfungsabgabe dient, wiederum die baden-württembergische Feuerwehrabgabe sowie die viel diskutierte Wehrabgabe. Das Ziel solcher Abschöpfungsabgaben
182
§ 9 Abs. 5 AbwAG. Vgl. § 11 Abs. 3 S. 4, 5 und 6, 25 Abs. 5 Nr. 2, 50, Abs. 3 Nr. 4 des baden-württembergischen Gesetzes zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft (Naturschutzgesetz - NatSchG) vom 27.10.1975 (GBl. S. 654, zuletzt geändert durch Anp-VO vom 13.02.1989, GBl. S. 101); weitere Nachweise der Naturschutzgesetze der einzelnen Bundesländer bei Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 15, der hier (ebd., S. 38) von naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgaben spricht. 183
184
Da die naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgaben dem Abgabepflichtigen keinen spezifizierbaren staatlichen Finanzaufwand zur Deckung zuweisen, sondern dazu bestimmt sind, Finanzmittel bereitzustellen, die zur Finanzierung vielfältiger Landschaftsschutzmaßnahmen notwendig sind, ähneln sie eher einem Ersatzgeld als dem Kostenersatz, vgl. Soell, Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz, in: Grundzüge des Umweltrechts (Hrsg. Salzwedel), S. 481 ff.; (531); Breuer, NuR 1980, S. 89 ff. (97 ff.); Hemeler, Sonderabgaben, S. 64 ff. (68); Meßerschmidt, a.a.O., S. 25. 185 Andeutungsweise Puwalla, Qualifikation, S. 124
D. Sonderabgabe
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beschränkt sich darauf, die faktisch bestehenden Ungleichheiten zwischen den Mitgliedern eines Gemeinwesens auszugleichen, die dadurch entstehen, daß die Abgabepflichtigen durch Steigerung des Einkommens oder Befreiung vom Feuerwehr- bzw. Wehrdienst einen unverdienten Vorteil für sich ziehen. Damit verfolgen sie praktisch keinen Lenkungszweck (Ausgleichsabgaben im engeren Sinne)186.
186
Hemeler, Sonderabgaben, S. 67 f.
Zweiter Teil
Gesetzgebungskompetenz und Umverteilungsproblematik von Sonderabgaben A. Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben Die bereits bekannte Tatsache, daß die Erhebung von Sonderabgaben zwangsläufig in Konkurrenz zur Steuer treten kann1, führt dazu, daß die Gesetzgebungszuständigkeit für Sonderabgaben im Zusammenhang mit der für Steuern geklärt werden muß. Zwar hat das Grundgesetz in Art. 105 ff. die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz von Steuern geregelt, doch läßt sich die ausdrückliche Kompetenz zum Erlaß von sonstigen Abgaben weder den Regelungen nach 105 ff. GG noch den allgemeinen Sachregelungsnormen in Art. 70 ff. GG entnehmen2. Mit dieser Frage hat sich das Bundesverfassungsgericht inzwischen mehrfach befaßt, indem es feststellte, daß der Bundesgesetzgeber grundsätzlich in Ausübung seiner Kompetenz aus Art. 74 Nr. 11 GG durch die Auferlegung von Abgaben die in Art. 74 Nr. 11 GG einzeln ausgeführten Wirtschaftszweige eingreifen könne3. In seiner Entscheidung zur Berufsausbildungsabgabe hat das Gericht seine Auffassung wiederholt, daß die Kompetenz zum Recht der Wirtschaft so weitreichend ausgelegt werden könne, daß sie nicht nur die Vorschriften umfasse, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs bezögen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen einschließt4. Dieser ständigen Rechtspre-
1
Vgl. BVerfGE 55, 274 (298). Richter, Sonderabgaben, S. 76. 3 BVerfGE 4, 7 (13); seitdem ist diese Auffassung die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Vgl. BVerfGE 8,· 274 (317); 18, 315 (328 ff.); 29, 402 (409); 67, 256 (274). 2
4
BVerfGE 55, 274 (308). Übrigens hat das Bundesverfassungsgericht anhand dieses Falles auch klargestellt, daß zum Recht der Wirtschaft auch der gesamte Fragenkreis der praktischen beruflichen Ausbildung gehöre, die traditionell und
Α. Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben
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chung des Bundesverfassungsgerichts ist insofern beizupflichten, als man die sog. Doppelzuständigkeit 5 von Lenkungsabgaben verneint, wonach sich Lenkungsabgaben, wie sie in Form von Lenkungssteuern am häufigsten auftreten, einerseits aufgrund ihres Sachzweckes auf die allgemeinen Sachregelungskompetenzen, andererseits im Finanzverfassungsrecht wegen ihrer Fiskalfunktion auf die steuerverfassungsrechtlichen Regelungen stützen müßten. Durch kompetenzrechtliche Abgrenzung der Sonderabgaben gegenüber den Lenkungssteuern wollte das Bundesverfassungsgericht wohl doch die begriffliche Unterscheidung beider Abgaben beibehalten, damit die Auffassung der Doppelkompetenz nicht mehr vertreten werden kann6. Die Abgrenzung des Kompetenzbereichs setzt danach voraus, daß die Qualifizierung einer Abgabe als Steuer oder Sonderabgabe nach dem materiellen Kriterium zu entscheiden ist7. An die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hat sich das Schrifttum angeschlossen und entnimmt die jeweilige Gesetzgebungszuständigkeit für z.B. Ausgleichssonderabgaben unmittelbar den Bestimmungen nach Art. 70 ff. GG 8 . Dennoch bedeutet die Gesetzgebungszuständigkeit von Sonderabgaben nach Art. 70 ff. GG nicht, daß der Gesetzgeber mit Zuhilfenahme des legitimen Lenkungszwecks von Sonderabgaben ohne weiteres ordnend und gestaltend in das Wirtschaftsleben eingreifen darf. Im Blick auf die sonderabgabenspezifische Legitimationsgrundlage ist die Gesetzgebungskompetenz von Sonderabgaben nach Art. 70 ff. GG nur dann herzuleiten, wenn die Sachnähe und die daraus folgende besondere Verantwortung die Auferlegung von Sonderabgaben verfassungsrechtlich rechtfertigen 9.
strukturell von den in der Wirtschaft tätigen Arbeitgebern wahrzunehmen sei; a.a.O., S. 309. 5 Vgl. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 19 ff.; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 161 ff.; Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 139 ff. 6 Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 134. 7 8 9
BVerfGE 55, 274 (304). Vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 84. Vgl. Arndt, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 30.
96
Zweiter Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung
B. Sonderabgaben und Umverteilung I. Rechtfertigung fremdnütziger Sonderabgaben 1. Bedeutung der Gruppenhomogenität und Gruppennützigkeit für Sonderabgaben a) Gruppenhomogenität
Trotz des Zweifels, ob die Kriterien der Gruppenhomogenität und Gruppennützigkeit neben der Gruppenverantwortung zu den Begriffsmerkmalen von Sonderabgaben gehören, wurden sie vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtliche „Zulässigkeitskriterien" von Sonderabgaben gehalten. Dies rechtfertigt es zumindest, ihre Bedeutung zu ermitteln, um den Standort beider Kriterien im gesamten Sonderabgabenrecht klarzustellen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts liegt die sonderabgabenspezifische Gruppenhomogenität erst dann vor, wenn eine gesellschaftliche Gruppe durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist1. Da aber das Gericht über den weiteren detaillierten Inhalt der Gruppenhomogenität nichts aussagte2, ist es umstritten, was man darunter konkret zu verstehen hat. In der Sozialversicherung versteht man üblicherweise die Gruppenhomogenität als eine Voraussetzung für die sozialversicherungsrechtliche gruppeninterne Umverteilung, also jeweils als Arbeitnehmer, Landwirte, Handwerker, Selbständige usw., innerhalb deren ein im wesentlichen gleichgelagertes Bedürfnis nach sozialer Sicherstellung im Versicherungsfall angenommen werden darf 3. Die aus dem Sozialversicherungsrecht entwickelte Gruppenhomogenität4 hängt schließlich 1
BVerfGE 55, 274 (305, 306). Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Urteil zur Berufsausbildungsabgabe mit dem Verweis begnügt, daß die Arbeitgeber sich dadurch selbst als homogene Gruppe sähen, daß sie sich zur Darstellung, Bewahrung und Durchsetzung ihrer gemeinsamen Interessen zu sozialpolitischen Organisationen zusammengeschlossen hätten, die unter dem Namen „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände" eine Arbeitsgemeinschaft bildeten, deren Ziel es sei, die „gemeinschaftlichen sozialpolitischen Belange" aller Arbeitgeber zu bewahren; BVerfGE 55, 274 (311). 2
3 Vgl. BVerfGE, 11, 105 (112 ff.); 18, 257 (270); 29, 221 (235 ff.); Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, S. 24 ff. 4 Dazu Bogs, Grundfragen des Rechts der sozialen Sicherheit und seiner
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am engsten mit dem Begriff der Gruppensolidarität zusammen, bei der wirtschaftlich leistungsstarke Gruppenmitglieder die an wirtschaftlich schwache Gruppenmitglieder erbrachten Leistungen mitfinanzieren 5. Wenn die durch die Rechts- und Gesellschaftsordnung vorgegebene Gruppenhomogenität ein eigenes Profil gewinnen will, muß es Maßstäbe geben - beispielsweise gleiche Interessen, Lebensbedingungen oder gruppenspezifische berufliche Erfahrungen - , anhand derer eine gesellschaftliche Gruppe von der Allgemeinheit bzw. von anderen Gruppen abgegrenzt werden kann. Dazu kommen üblicherweise die Zugehörigkeit zur derselben Wirtschaftsbranche oder die Tätigkeit in demselben Berufsbereich in Betracht6. Daß die Gemeinsamkeit einer Gruppe aus den gleichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erwächst, ermöglicht eine sachbezogene Interessengemeinschaft, in der eine besondere unterstaatliche Umverteilung stattfindet 7. Obwohl der Begriff der Gruppenhomogenität ursprünglich aus der sozialversicherungsrechtlichen Gruppensolidarität entwickelt worden ist, setzt die sonderabgabenspezifische Gruppenhomogenität nicht unbedingt eine Solidargemeinschaft voraus, innerhalb derer sich eine unterstaatliche Umverteilung vollzieht, denn es geht bei Sonderabgaben nicht um eine Umverteilung, sondern um die aus der gruppenspezifischen Verantwortung folgende Finanzverantwortung. Beispielsweise ist die Ertragsnivellierung in der Milchmarktordnung, für die eine Ausgleichsabgabe erhoben wird, nicht als sozialversicherungsrechtliche Umverteilungsgemeinschaft anzusehen8. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Einebnung der Nach- und Vorteile, die sich aus der Festlegung der Einzugs- und Absatzgebiete gemäß § 1 und 2 MFG ergeben9. Zwar bilden die Abgabepflichtigen, seien es Milcherzeuger oder Milchverwerter, eine homogene Gruppe, betrachtet man sie als die miteinander in der gleichen Wirtschaftsbranche, und zwar in der Milchmarktordnung, beschäftigenden Gruppen. Der Ausgleichseffekt liegt aber nicht in deip
Reform, S. 27; Leisner, Sozialversicherung und Privatversicherung, S. 88 ff.; Isensee, Umverteilung, S. 17 ff. m.w.N. 5 Vgl. Degenhart, BayVBl. 1984, S. 65 ff. (67, 68); Krause, VSSR 1980, S. 115 ff. (135). 6 Vgl. Isensee, Umverteilung S. 18; Hölzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 262; Böckenförde, W D S t R L 30 (1970), S. 162 ff. (164); Leisner, Sozialversicherung und Privatversicherung, S. 91. 7 8 9
Isensee, a.a.O., S. 18; Holzer, a.a.O., S. 258 ff. Vgl. Hemeler, Sonderabgaben, S. 130. Dagegen Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 43.
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Solidarausgleich, wobei die leistungsstarken Mitglieder zugunsten der Leistungsschwachen mehr finanzielle Opfer bringen sollen10, sondern darin, daß durch die Ertragsnivellierung die Entstehung einer möglicherweise völlig unrentablen Ertragslage einzelner Wettbewerber bei extrem ungünstigen Standorten vermieden werden soll11. Der Umstand, daß alle Berufsgruppen und Betriebe der Milchmarktordnung zur Darstellung, Bewahrung und Durchsetzung ihrer gemeinsamen Interessen zu sozialpolitischen Organisationen zusammengeschlossen worden sind, rechtfertigt nicht die voreilige Schlußfolgerung, daß es sich hier um eine Solidargemeinschaft im Sinne des Sozialversicherungsrechts handelt12. Entsprechendes gilt auch für die meisten Sonderabgaben, die auf der Eigenverantwortung der Abgabepflichtigen beruhen. Als ein weiteres Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Hebammenabgabe zu bezeichnen. Auch wenn die Abführungspflicht nach § 14 Abs. 4 des Hebammengesetzes13 dadurch als eine sozialversicherungsbeitragsähnliche Abgabe erscheint, daß die im Jahr vergleichsweise mit anderen Berufskollegen hohe Einkommen erzielenden Hebammen einen durch Verordnung zu bestimmenden Teil ihres beruflichen Einkommens abführen, während den leistungsschwachen Hebammen Zuschüsse gewährt werden, die hinter dem gesetzlich gewährleisteten jährlichen Mindesteinkommen zurückbleiben14, ist die Hebammenabgabe insoweit als eine zulässige Sonderabgabe zu qualifizieren, als sie aufgrund der gruppenbezogenen Mitverantwortung der Selbstzwangshilfe erhoben wird. Von dem sozialversicherungsrechtlichen Beitrag unterscheidet sie sich dadurch, daß den hinter den Mindesteinkommen bleibenden Hebammen die Zuschüsse unabhängig davon gewährt werden, ob ihnen die Abgabe mindest einmal entrichtet worden ist15. Insofern entspricht dies nicht dem sozialversicherungsrechtlichen Grundsatz der individuellen Äquivalenz, bei dem die individuelle Äquivalenz in einem synallagmati-
10
Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 133. Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 44. 12 Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 132. 13 Vom 21.12.1938, RGBl. I, S. 1893. 14 § 14 Abs. 1, 2 HebG. 15 Ausdrücklich Henseler, Sonderabgaben, S. 86, der die Hebammenabgabe als eine vorzugslastenähnliche Abgabe angesehen hat, deren Rechtfertigung sich aus der staatlichen Gegenleistung - nämlich ein kollektives Sicherungssystem zwischen leistungsschwachen und leistungsstarken Hebammen zu schaffen - ergibt. 11
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sehen Zusammenhang mit der Abgabepflicht stehen muß16. Aus diesem Grund ist die Auffassung, daß die Gruppenhomogenität bei Sonderabgaben zwingend den Solidarausgleich im Sinne des Sozialversicherungsrechts voraussetze, abzulehnen. Zu dem weiteren Problemkreis, der mit dem Begriffsmerkmal der Homogenität zusammenhängt, zählt, wie bereits dargestellt, die vertretbare und vorurteilsfreie Abgrenzung der Abgabepflichtigen, die von der Manipulation des Gesetzgebers befreit wird 17. Zwar hat man z.B. einzuräumen, daß sich die Einleiter der Abwasser in die Gewässer als Abgabepflichtige durch eine besondere Tätigkeit von den übrigen Bevölkerungsgruppen bzw. von anderen umweltbelastenden Gruppen unterscheiden. Die Annahme, daß diese Einleiter aufgrund der vorgegebenen Struktur der Lebenswirklichkeit zur Bewahrung, Darstellung und Durchsetzung gemeinsamer Interessen als homogene Gruppe in die Abgabepflicht hineinbezogen sind18, hat aber keinen Bestand. Auch wenn die klare Abgrenzung der Abwassereinleiter bereits im Wasserhaushaltsgesetz verlangt 19 und nicht erst aus Anlaß der Erhebung der Abwasserabgabe zum Gegenstand rechtlicher Regelung gemacht wird, kommen als abgabepflichtige Einleiter nicht nur Direkteinleiter 20, sondern auch die von den Ländern zu bestimmenden Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Betreiber der Flußkläranlage in Betracht, wenn das Wasser in einer Flußkläranlage gereinigt wird 21. Aus der Heranziehung verschiedener Gruppen zur Abgabepflicht ergibt sich, daß es sich bei der Abwasserabgabe um keine homogene Gruppe im Sinne des Sonderabgabenrechts handelt. Weder befinden sich die Einleiter in derselben Berufssparte oder Wirtschaftsbranche noch bilden
16 Vgl. Isensee, in: Die Rolle des Beitrags in der sozialen Sicherung, (Hrsg. Zacher), S. 447 ff.; ders., in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 453. 17 Vgl. Isensee, Umverteilung, S. 18 ff.; Leisner, Sozialversicherung und Privatversicherung, S. 91 ff.; Friauf, Festschrift für Jahrreiß, S. 55; Hölzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 259 m.w.N. 18 Vgl. P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 32; Hemeler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 175; Schröder, DÖV 1983, S. 671, der aufgrund des umweltrechtlichen Verursacherprinzips die Direkteinleiter von Abwässern als eine hinreichend von der Allgemeinheit der Steuerzahler abgrenzbare homogene Gruppe angesehen hat; so auch Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 239; Selmer, in: Umweltschutz im Recht, S. 45. 19
Vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4, 4a und 5 WHG.
20
§ 9 Abs. 1 AbwAG. § 9 Abs. 2, 3 AbwAG.
21
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sie eine Gruppe, in der sie sich persönlich miteinander verbunden fühlen und sich dieses Bewußtsein als soziologische Einheit in einer organisierten öffentlichen Selbstdarstellung manifestiert 22. Keineswegs bedeutet der Begriff der Gruppenhomogenität eine bloße Abgrenzbarkeit einer Gruppe von anderen Bevölkerungsgruppen. Andernfalls wäre es auch möglich, alle Arbeitslosen aufgrund ihrer Abgrenzbarkeit gegenüber den Beschäftigten als homogene Gruppe anzusehen. Daß eine Gruppe durch bloße empirische Realität anhand gleicher Interessen, paralleler Verhaltensweisen oder sonstiger Kongruenzen willkürfrei von der Allgemeinheit bzw. anderen Gruppen abgegrenzt werden kann, reicht jedoch nicht aus, sie für eine homogene Gruppe zu halten23. Ein weiteres Beispiel kann man in dieser Hinsicht in der Filmabgabe24 finden. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht die Filmabgabe deswegen als eine zulässige Ausgleichsabgabe qualifiziert hat, weil sie dem Ausgleich wirtschaftlicher Verzerrungen dienen soll25, bestehen Zweifel daran, ob die hier als Abgabepflichtigen vorgesehenen Filmproduzenten, -Verleiher und -theaterbesitzer aufgrund des gemeinsamen Interesses eine homogene Gruppe bilden26. Die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, daß ein großer Teil der Filmtheaterbesitzer bei einem wirtschaftlichen Ruin der deutschen Filmproduktion damit rechnen müsse, daß sie mit der Vorführung ausländischer Filme ihre Existenz nicht erhalten könne und daraus der deutsche Filmtheaterbesitzer an dem wirtschaftlichen Gedeihen des deutschen Films mitinteressiert sei27, ist so schwach begründet, daß die Einbeziehung des Filmtheaterbesitzers in die Abgabepflicht zur Verletzung der Gruppenhomogenität der Abgabepflichtigen führen kann. Es geht hierbei vielmehr um einen Zusammenschluß von Personen, der nicht durch ein gemeinschaftbildendes Interesse oder eine auf das Lebensverhältnis als Vorgegebenheit der Realität aufgebaute Sachgerechtigkeit, sondern durch eine bloße 22 Dagegen Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 240.: „Ein komplexer, etwa soziologischer Gruppenbegriff oder gar eine sozialpsychologische Interpretation der Gruppe als solidarische Gemeinschaft, die sich durch ein ,Wir-Geführ auszeichnet, würde die Einordnung der Abwasserabgabe bereits auf dieser Stufe scheitern lassen. Unter Zugrundelegung eines solchen komplexen Gruppenbegriffs wäre das Kriterium der Gruppenhomogenität in Anwendung auf das Abwasserabgabengesetz in der Tat uneinsehbar." 23 Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 131. 24 Vom 25.06.1979, BGBl. I, 803. 25 BVerwGE 45, 1 (2). 26 Vgl. Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 64. 27 BVerwGE 45, 1 (7).
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empirische Realität, d.h. die Vorführung der deutschen Filme an Filmtheatern, zustande kam. Daß die vielfältigen Gruppen von Personen lediglich in einer gleichen Wirtschaftsbranche tätig sind, auch wenn dies ein Indiz für die Homogenität dieser Personen sein mag, reicht jedoch nicht aus, alle dort beschäftigten Personen aufgrund der nicht feststellbaren Gruppenhomogenität zur Abgabepflicht heranzuziehen. Der so verstandene Begriff der sonderabgabenrechtlichen Gruppenhomogenität ist eigentlich vom Bundesverfassungsgericht dazu bestimmt, den Kreis der Sonderabgabepflichten gegenüber Steuerpflichtigen im allgemeinen abzugrenzen. Trotz dieser Bemühungen des Gerichts gilt das Kriterium der Gruppenhomogenität nur im begrenzten Umfang, und zwar für diejenigen Sonderabgaben, die erhoben werden, um die gruppenbezogene Eigenverantwortung zu verfolgen. Die Tatsache, daß die Abgabepflichtigen geradezu wegen der Finanzierung der ihnen eigenen Aufgaben in die Gruppe zusammengeschlossen werden, setzt logischerweise voraus, daß sie rechtlich und gesellschaftlich homogen sein müssen. Soweit die Abgabepflichtigen aber bei anderen Sonderabgaben nicht zwingend homogen sein müssen28, stellt die Gruppenhomogenität zwar die Zulässigkeitsvoraussetzung für Sonderabgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung dar, sie ist aber kein allgemeines Begriffsmerkmal aller Sonderabgaben.
b) Gruppennützigkeit
Neben den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben, nämlich Gruppenhomogenität und sachnahbezogene Gruppenverantwortung, verlangte das Gericht als zusätzliches Kriterium die gruppennützige Verwendung des Abgabeaufkommens. Danach setze die außersteuerliche Belastung von Angehörigen einer Gruppe voraus, daß zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, die die Sonderabgabe bewirkten, eine sachgerechte Verknüpfung bestehe. Diese sachgerechte Verknüpfung liege darin, daß das Abgabeaufkommen im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also gruppennützig verwendet werde29.
28
Deshalb würde es sich z.B. bei Abwasserabgabe nur um eine Fiktion handeln, behauptet man, daß die Abgabepflichtigen der Abwasserabgabe homogen sind. 29 BVerfGE 55, 274 (307).
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Das Kriterium der Gruppennützigkeit kann aus der Tatsache abgeleitet werden, daß der mit der Abgabeerhebung verfolgte Zweck nicht eine allgemeine Angelegenheit des Gemeinwesens ist, sondern der mit der Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe in spezifischer Weise gegenüber der Gesamtheit der Steuerzahler — nähersteht, und daß seine Erfüllung in die Sachverantwortung der betreffenden Gruppe, nicht in die staatliche Gesamtverantwortung, fällt 30. Andernfalls wäre die Erfüllung des mit der Abgabe verfolgten Zwecks eine echte, die Allgemeinheit betreffende staatliche Aufgabe, die nur mit allgemeinen Finanzmitteln des Staates, nämlich mit Steuern, zu erledigen ist. Bei Sonderabgaben tritt somit an die Stelle der die Steuern charakterisierenden Gemeinnützigkeit die mit einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe eng verbundene Gruppennützigkeit. Von daher läßt das Gruppennützigkeitskriterium grundsätzlich die sog. fremdnützigen Sonderabgaben nicht zu, es sei denn, daß die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstigter aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt 32. Soweit das Kriterium der Gruppennützigkeit eine Voraussetzungsgrundlage von Sonderabgaben bildet, wird die Einbeziehung Fremder verboten, denen die Verwendung des Abgabeaufkommens ganz oder teilweise zugute kommt. Mit anderen Worten stellt das Kriterium der Gruppennützigkeit die Sondernützigkeit der zu finanzierenden Maßnahmen in bezug auf die Gruppe der potentiellen Abgabepflichtigen dar. Aus diesem Grund setzt das Gruppennützigkeitskriterium zwangsweise in bezug auf den jeweiligen Regelungsgegenstand die Homogenität der zur Abgabepflicht in Anspruch genommenen Gruppe voraus33. Grundsätzlich gilt das Kriterium der Gruppennützigkeit wie das der Gruppenhomogenität im vollen Umfang für die Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung 34. Beispielsweise wird die Abgabe des
30
BVerfGE 55, 274 (306). Vgl. Friauf Festschrift für Jahrreiß, S. 53; ders., Festschrift für Haubrichs, S. 118; Mußgnug, Festschrift für Forsthoff, S. 288. 31
32
Vgl. Friauf Festschrift für Haubrichs, S. 118; Mußgnug, Festschrift für Forsthoff, S. 290 ff.; BVerfGE 55, 274 (307). 33 Durch Einbeziehung fremder Subventionsempfänger wird sowohl die Gruppennützigkeit als auch die Gruppenhomogenität gleichzeitig durchbrochen, Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 56; Friauf Festschrift für Haubrichs, S. 119. 34 Vgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 248, wobei er als weitere Beispiele neben wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben die Beiträge der Arbeitgeber zu den Familienausgleichskassen, die Abführungspflicht der Hebam-
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Stabilisierungsfonds für Wein dafür erhoben, um die dem gesamten Interesse der Weinwirtschaft zugute kommenden Aufgaben zu finanzieren (Förderung der Qualität des Weins, Absatzwerbung und Förderung der Lagerhaltung durch Kreditverbilligung sowie Lagerung, Übernahme und Verwertung von Wein)35. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Weinabgabe nicht ausdrücklich von der gruppennützigen Verwendung des Stabilisierungsfonds gesprochen hat36, kommen die mit der Weinabgabe verfolgten Ziele, namentlich die Qualitätsförderung, die Förderung der Absatzwerbung und der Lagerhaltung nicht hur einzelnen Bereichen der Weinwirtschaft, sondern sämtlichen Gruppen, insbesondere Weinerzeugern und Weinhändlern, zugute37. Dennoch scheint die Anwendung des Gruppennützigkeitskriteriums auf andere Arten von Sonderabgaben zweifelhaft zu sein. Die Bedenken liegt in erster Linie darin, daß das Aufkommen aus Sonderabgaben üblicherweise nicht immer ausschließlich zugunsten der Gruppe der Abgabepflichtigen, sondern auch zur Finanzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabe verwendet wird, deren Erfüllung ganz oder teilweise mit dem Interesse der betreffenden Gruppe kaum zu tun hat. Es ist zwar z.B. einzuräumen, daß die Verwendung des Aufkommens aus der Abwasserabgabe in mehrfacher Hinsicht den Abgabepflichtigen unmittelbar oder mittelbar zugute kommt, indem die finanzielle Belastung der Einleiter zur Gewässerschutzinvestition durch Zuschüsse und Darlehen vermindert werden kann38 und durch die Verbesserung der Gewässerqualität die dafür zuständige Behörde ein weiteres Tolerieren des Einleitens mittels Erlaubnisbescheid gestatten kann39. Insgesamt gesehen, gewährleistet die Zweckbindung der Aufkommensverwendung aber keine Beschränkung der Mittelvergabe auf solche Maßnahmen, die in vielfältiger Weise auf die Verbesserung der Interessenlage der abgabepflichtigen Abwassereinleiter abstellen40, da die Erhaltung und Ver-
men, die Ausgleichsabgabe nach dem Milch- und Fettgesetz und den Stabilisierungsfonds für Wein genannt hat. 35
Vgl. § 9 WWiG. Nur andeutungsweise BVerfGE 37, 1 (16). 37 Vgl. BVerfGE 37, 1 (19 ff.). 38 Vgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 250; P. Kirchhof\ Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 37. 39 Vgl. P. Kirchhof, a.a.O., S. 37; Meßerschmidt, a.a.O., S. 251. 40 Vgl. Schröder, DÖV 1983, S. 670; Hemeler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 176, 177. 36
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besserung der Gewässerqualität nicht ausschließlich zur Obliegenheit der Einleiter, sondern zu den allgemeinen staatlichen Anliegenheiten zählt41. Hierbei fehlt es an dem gruppennützigkeitsspezifischen Sinnkonnex zwischen den Belastungen und den Begünstigungen, der die Erhebung von Sonderabgaben bewirkt. Mit dem Kriterium der Gruppennützigkeit wollte das Bundesverfassungsgericht eigentlich die Erhebung fremdnütziger Sonderabgaben verhindern, die im Rahmen des Sonderabgabenrechtes die Ausnahme von der Ausnahme darstellen. Die allgemeine Anwendung dieses Kriteriums auf das weite Spektrum von Sonderabgaben ist jedoch fraglich, weil sich seine Geltung praktisch auf die Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung beschränkt. Diese Konsequenz ergibt sich indes daraus, daß die für die Finanzierung der der relativ homogenen Gruppe eigenen Aufgabe erhobene Abgabe auch bei der Verwendung weitgehend dem gesamten Interesse dieser Gruppe dienen soll. Insofern ist anzunehmen, daß das Kriterium der Gruppennützigkeit ebensowenig wie das der Gruppenhomogenität das allgemeine Begriffsmerkmal von Sonderabgaben ist.
II. Anforderungen an fremdnützige Sonderabgaben Im vorausgegangenen Abschnitt wurde dargelegt, daß die Aufkommen aus Sonderabgaben, wenn auch je nach ihren Arten nicht im vollen Umfang, im Interesse der durch die Abgabe in Anspruch genommenen Gruppe, also gruppennützig, verwendet werden. Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise die Erhebung der sog. fremdnützigen Sonderabgaben anerkannt, und zwar insofern, als die Belastung einer Gruppe durch fremdnützige Sonderabgabe nur dann zulässig ist, wenn die Natur der Sache eine finanzielle Inanspruchnahme der Abgabepflichtigen zugunsten fremder Begünstiger aus triftigen Gründen eindeutig rechtfertigt 42. Im Schrifttum besteht auch weitgehende Übereinstimmung darüber, daß fremdnützige Sonderabgaben als die Ausnahme von der Ausnahme anzusehen und damit an ihre Rechtfertigung besonders hohe Anforderungen zu stellen sind43. Dies hängt un-
41
Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 249. BVerfGE 55, 274 (307). 43 Vgl. Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 69; Rack , Die Verfassung als Maßstab, S. 24; Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 458; Henseler, Sonderabgaben, S. 122. 42
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mittelbar damit zusammen, daß sich fremdnützige Sonderabgaben der finanziellen Hilfe zugunsten anderer Gruppen bedienen, ohne der Gruppe der Abgabepflichtigen irgendwelche Vorteile zu vermitteln. Da die fremdnützigen Sonderabgaben darauf abzielen, den aus der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreis überwiegend zu begünstigen, scheiden damit begrifflich aus fremdnützigen Sonderabgaben solche Abgaben aus, deren Verwendung nur der Allgemeinheit zugute kommt44. Beispielsweise kann die Abwasserabgabe durch den Umstand, daß sie überwiegend zum Zwecke des als allgemeine staatliche Angelegenheit anerkannten Gewässerschutzes verwendet wird, nicht als eine fremdnützige Sonderabgabe angesehen werden. Um als eine fremdnützige Sonderabgabe qualifiziert werden zu können, soll sie nicht bloß der Allgemeinheit, sondern auch in besonderer Weise einem Personenkreis dienen, der sich aus der Allgemeinheit ausgrenzen läßt und dem der Abgabepflichtige nicht angehört45. Von der gewissermaßen abstrakten Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, daß man zur finanziellen Belastung einer Gruppe zugunsten anderer Gruppen eindeutige, triftige Gründe zu finden hat, haben sich bislang die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber zur teilweisen Finanzierung der Sozialversicherung der Arbeitnehmer als einzige verfassungsrechtlich zulässige fremdnützige Sonderabgabe erwiesen. Hierbei rechtfertigt die Fürsorgepflicht, die die Arbeitgeber auf Grund des bestehenden Arbeitsverhältnisses dem einzelnen Arbeitnehmer schulden, die fremdnützige finanzielle Belastung der Arbeitgeber 46. Da es sich beim Beitragsanteil der Arbeitgeber verfassungsrechtlich um eine echte Ausnahme handelt, sind die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber im Grunde genommen analogieunfähig 47. Dennoch hat es in den letzten Jahren ständig rechtspolitische Überlegungen gegeben, welche in vielfältiger Weise eine gesellschaftliche Gruppe durch eine öffentlich-rechtliche Abgabe in Anspruch nehmen wollten, mit deren Aufkommen jedoch ein anderer Personenkreis begünstigt werden sollte, für den die Abgabepflichtigen keinerlei besonde-
44
Dagegen hat Henseler diejenigen Abgaben auch für fremdnützig gehalten, die für Zwecke verausgabt werden, deren Erledigung alleine der Allgemeinheit zugute kommt, a.a.O., S. 123; ebenso Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 249. 45
Im Ergebnis auch Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 64 ff.; Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 457 ff. 46 Vgl. BVerfGE 11, 105 (113, 116); 14, 312 (317). 47 Ausdrücklich Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 459.
1 0 6 Z w e i t e r Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung
re soziale Verantwortung getragen hätten. Wann immer etwa von dem Defizit der Bundesanstalt für Arbeit oder der priviligierten Versorgung der Beamten die Rede war, dachte der Gesetzgeber an die Erhebung einer sog. Arbeitsmarktabgabe der Beamten48, deren Aufkommen direkt der Bundesanstalt für Arbeit zufließen sollte, um die verschlechterte Finanzsituation dieser Anstalt zu verbessern. Sie muß insofern als eine fremdnützige Sonderabgabe angesehen werden, als die Beamten die finanziellen Opfer aufbringen sollen, damit ausschließlich neben der Arbeitslosenversicherung im weiten Umfang rein fremdnützige Aufgaben finanziert werden49. Hier begegnet man der schwierigen Rechtfertigungsproblematik, welcher triftigen Grund eigentlich eine fremdnützige Geldleistung der Beamten zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit bzw. der Arbeitslosen oder Umschulenden legitimieren kann, da die Beamten der Natur der Sache nach rechtlich keine gruppenspezifische Verantwortlichkeit für die Arbeitslosen tragen50. Das gleiche gilt für die Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz vom 27.07.198151. Anders als die durch Fürsorgepflicht geprägten Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber besteht zwischen Kunstvermarktern, die Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch nehmen und wirtschaftlich verwerten, und freiberuflich tätigen Künstlern (Musiker, Kunsterzieher und Artisten) kein durch die Sozialwirklichkeit vorgegebenes, durch eine gemeinsame Interessenlage gekennzeichnetes Lebensverhältnis, das für den versicherungsrechtlichen Schutz der Künstler die fremdnützige Inpflichtnahme der Kunstvermarkter rechtfertigt 52. 48
Dazu näheres Berg/Tettmann, ZBR 1983, S. 217 ff. Z.B. Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Förderung der beruflichen Bildung, Rehabilitation, Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, Vgl. Klein, DStR 1981, S. 275 ff. (277). 50 Auch skeptisch Klein, a.a.O., S. 279. 51 BGBl. I, S. 705. 52 Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Künstlersozialabgabe (BVerfGE 75, 108 [159]) das Rechtsverhältnis zwischen selbständigen Künstlern, Publizisten und Kunstvermarktern wie folgt zusammengefaßt: „Die Belastung der Vermarkter mit der Künstlersozialabgabe zur Finanzierung eines Teils der Kosten der Sozialversicherung selbständiger Künstler und Publizisten findet ihre Rechtfertigung in dem besonderen kulturgeschichtlich gewachsenen Verhältnis zwischen selbständigen Künstlern und Publizisten auf der einen sowie den Vermarktern auf der anderen Seite. Dieses Verhältnis hat einen spezifischen Charakter, der über ein bloßes wechselseitiges Aufeinanderangewiesensein, wie es etwa zwischen Produzenten und Handel oder Erzeugern und Verbrauchern besteht, hinausgeht. Künstler 49
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Unter dem Blickwinkel der hohen Anforderungen an die Zulässigkeit fremdnütziger Sonderabgaben sind auch solche Sonderabgaben einer erneuten Prüfung zu unterziehen, deren Verfassungsmäßigkeit trotz aller Bedenklichkeit bereits von Gerichten anerkannt worden ist. Neben der Berufsausbildungs- und Schwerbehindertenabgabe, auf deren verfassungsrechtliche Bedenken als zulässige Sonderabgabe in vorliegender Arbeit schon eingegangen wurde 53, ist weiterhin als Beispiel die Filmabgabe zu nennen; hierbei kann man einen triftigen Grund, warum die Filmtheaterbesitzer zugunsten der Filmproduzenten - die durch die Filmabgabe überwiegend begünstigt werden - die finanzielle Inpflichtnahme hinnehmen müssen, kaum finden 54.
III. Unzulässigkeit der Umverteilung durch Sonderabgaben 1. Begriff der Umverteilung
Die fremdnützigen Sonderabgaben (sozialversicherungsrechtliche Sonderabgaben) sind, wie bereits dargestellt, dazu bestimmt, einen sozialen Ausgleich zwischen Arbeitgebern bzw. arbeitgeberähnlichen Abgabepflichtigen und Arbeitnehmern bzw. arbeitnehmerähnlichen Begünstigten herbeizuführen. Indes zeichnet sich zunehmend die Tendenz ab, daß man durch Erhebung weiterer Sonderabgaben die verteilungs- bzw. sozialpolitische Sachaufgabe bewältigen will. Daraus stellt sich zwingend die Frage, ob die Sonderabgaben im allgemeinen wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge als Instrument der sozialen Umverteilung eingesetzt werden können. Dazu wurde im Schrifttum schon die Auffassung vertreten, daß Sonderabgaben die
und Publizisten erbringen unvertretbare d.h. höchstpersönliche Leistungen, die in besonderer Weise der Vermarktung bedürfen, um ihr Publikum und also ihre Abnehmer zu finden. Dieses Verhältnis hat gewisse symbiotische Züge." - In diesem Zusammenhang befürchtet Isensee (in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 461), daß der Gesetzgeber die Sozialversicherung über Sonderabgaben alimentiert: „Die Vermarkter-Abgabe ist ein Beispiel der Staatssubvention aus privater Tasche. Der Sozialstaat flüchtet aus dem rechtlich beengten, politisch schwierigen Feld der Steuer, das ihm von der Finanzverfassung zugewiesen ist, auf sozialversicherungsrechtlichen Schleichpfaden in den scheinbaren Freiraum der nichtsteuerlichen Abgaben." 53 54
Dazu S. 89 ff. Vgl. Arndt, Steuern, Sonderabgaben und Zwangsanleihen, S. 64 ff.
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Zweiter Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung
Hauptinstrumente der sog. unterstaatlichen Umverteilung darstellen, obwohl jede einzelne Sonderabgabe keineswegs notwendigerweise Umverteilungscharakter besitzt55. Bevor auf diese Problematik näher eingegangen wird, scheint es zunächst notwendig zu sein, als Vorfrage den Begriff der sozialen Umverteilung zu definieren. Üblicherweise versteht man darunter einen Vorgang, durch welchen der Staat den verfügbaren Anteil des einzelnen (Einzelperson, privater Haushalt, Unternehmer) am Sozialprodukt dadurch bestimmt, daß er einerseits bei bestimmten einzelnen einen Teil ihres marktmäßig erworbenen Einkommens durch die Auferlegung von Geld- oder Sachleistungspflichten abschöpft und andererseits aus dem Wert des Abgeschöpften bestimmten einzelnen, ohne daß diese eine entsprechende Gegenleistung erbringen müssen, Geld oder Geldwerte, Gegenstände, Nutzungen oder sonstige Vorteile gewährt56. Besonders Zacher hat aus dem juristischen Blickwinkel versucht, den Begriff der sozialen Umverteilung zu definieren. Danach liege eine Umverteilung dann vor, wenn ein Verteilungsprozeß aus der Technik, vor allem aus der Polarität von Nehmen und Geben und aus der Leistungs- und Speicherfunktion öffentlicher Haushalte folge 57. Während die bloße Verteilung als komplizierter Prozeß der Lohn-, Zins- und Güterpreisbildung in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft zu verstehen sei, sei die Umverteilung anhand sozialer Entscheidung ein Instrument gewillkürter Zumessung von Einkommen und Vermögen58. Daß die Umverteilung im Verhältnis zur Verteilung mit positiver Anordnung, Gewährleistung und Organisation geprägt sei, sei nicht nur rechtstechnisch, sondern auch für die Verantwortung des Staates und die Lage des einzelnen und der Gesellschaft von grundsätzlicher Natur, auch 55
Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 31 ff. Holzer, a.a.O., S. 19, 27. 57 Zacher, DÖV 1970, S. 3 ff. (4); zum Verständnis der Umverteilung als staatliche Korrektur der marktwirtschaftlichen oder gesellschaftlich bedingten Verteilung von Gütern vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 86. 58 Zacher, a.a.O., S. 4, der zugleich die Übergänge zwischen Verteilung und Umverteilung einräumte. Ähnlich hat Heinze (Autonome und heteronome Verteilung, S. 14 ff.) den Begriff der Verteilung definiert, die die Zuteilung der Güter nach Art und Menge an die Verbraucher bedeutet und im Sinne der Umverteilung die Wegnahme einschließt, soweit diese Voraussetzung staatlicher Verteilung ist. Sein Ausgangspunkt liegt in der Unterscheidung zwischen der autonomen (dem liberalistischen Staat) eigenen und der heteronomen (staatlich gelenkten) Produktions- und Verteilungsordnung, wobei die erstere für die Bewältigung der Problematik des die Produktion und Verteilung lenkenden Staates nicht adäquat ist. 56
Β. Sonderabgaben und Umverteilung
109
wenn der Staat auf der Ebene des Verteilungsprozesses bereits durch die Setzung wirtschaftlicher Daten mittelbar, also als eine Korrektur, beispielsweise durch die Festsetzung von Preisen und Löhnen auf deren Ergebnis Einfluß nehme. Da es sich aber bei der Umverteilung um eine zweiseitige Aktion des Staates, nämlich Geben und Nehmen von Einkommen und Vermögen handelt, scheidet die einseitige Abschöpfung oder die Gewährung von Geld oder geldwerten Leistungen ohne Abschöpfung aus dem Begriff der sozialen Umverteilung aus59. Als Ergebnis ist festzustellen, daß die soziale Umverteilung als gezielte und beabsichtigte Maßnahme des Staates darauf abstellt, im Bereich der Sozial- und Wirtschaftsordnung über die Erreichung der erwünschten oder die Korrigierung der unerwünschten Ergebnisse hinaus letzten Endes die menschenwürdige Existenz zu sichern und Wohlfahrtsdifferenzen sowie ökonomisch bedingte Abhängigkeit zu mildern und abzubauen60.
2. Umverteilung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge
Zwar ist es denkbar, daß die soziale Umverteilung durch Sachleistungspflichten und die Gewährung der geldwerten Güter, Nutzungen oder sonstige Vorteile stattfindet 61. Es besteht aber daran kein ernsthafter Zweifel, daß in einem demokratischen Rechtsstaat die Umverteilung vom Staat herkömmlicherweise grundsätzlich durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten, und zwar mittels der Erhebung von Steuern und Zöllen erfolgt 62. Diese Art und Weise der sozialen Umverteilung entspricht zugleich der Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes, wobei die Steuer als Hauptmittel der staatlichen Ein- und Ausgaben angesehen wird. Damit stellt die soziale Umverteilung ursprünglich eine staatliche Aufgabe dar, bei der der Staat sich im Rahmen der gesamtstaatlichen Solidargemeinschaft um einen sozialen Ausgleich zwischen leistungsschwachen und leistungsstarken Mitgliedern bemüht.
59
Vgl. Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 20; dagegen Zacher, a.a.O., S. 6, der sowohl die einseitigen Gebenssysteme als auch die einseitigen Nehmensysteme als Systeme der Umverteilung ansieht. 60 Zacher, a.a.O., S. 5. 61 Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 19, 27. 62 Holzer, a.a.O., S. 21.
110
Zweiter Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung
Die verfassungsrechtliche Grundlage staatlicher Umverteilung beruht auf der Sozialstaatsklausel nach Art. 20, 28 GG 63 . Auch wenn der rechtliche Inhalt des Sozialstaatsprinzips im einzelnen nach wie vor umstritten ist 64 , ermöglicht es im Bereich der sozialen Umverteilung die materielle Gleichheit der Lebensbedingungen und den Ausgleich der tatsächlichen wirtschaftlichen Unterschiede65. Tipke hat zutreffend darauf hingewiesen hat, daß der progressive Tarif, der als Schlüsselfigur der sozialen Umverteilung die ursprüngliche Einkommensverteilung korrigieren und die Startchance der Benachteiligten verbessern will, nicht Ausfluß des Leistungsfähigkeitsprinzips, sondern gerade des Sozialstaatsprinzips ist. Außer der Tatsache, daß das Leistungsfähigkeitsprinzip verlangt, daß der Leistungsfähigere proportional mehr als der Leistungsschwächere zahlt, gebietet dieses nicht, daß er progressiv zahlen müßte66: es konzentriert sich ausschließlich auf die Nehmensseite der gerechten Besteuerung, während das Sozialstaatsprinzip darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der Gebensseite nivellierend die Umverteilung möglich macht. Haushaltsrechtlich fließen die gesamten Steueraufkommen in die Haushalte des Bundes und der Länder 67, wobei die konkrete Entscheidung, inwieweit leistungsstärkere Steuerpflichtige für die Umverteilung finanzielle Opfer bringen sollen und in welchem Maße im einzelnen das Steueraufkommen für umverteilungswirksame Ausgaben in Anspruch genommen wird, letztlich vom zur Feststellung des Haushaltsplans berufenen, aus einer Wahl der politischen Priorität hervorgegangenen parlamentarischen Gesetzgeber abhängt68.
63 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 49 ff.; Isensee, Festschrift für Ipsen, S. 132, „Der Steuerstaat entzieht den einzelnen nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit Kaufkraft, während der Sozialstaat diese nach Maßgabe ihrer Bedürftigkeit zurückgibt." 64 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 886 ff.; Zacher y Das soziale Staatsziel, in: Handbuch des Staatsrechts, (Hrsg. Isensee ! Kirchhof), Bd. I, S. 1045 ff. (1059 ff.). 65
Tipke /Lang, Steuerrecht, S. 49. Tipke /Lang, a.a.O., S. 49. 67 Vgl. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG: Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haushaltsplan einzustellen. 68 Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 22. Mit dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans und der daraus folgenden privilegierten Rolle des Haushaltsgesetzgebers bei der Umverteilung versuchte das Bundesverfassungsgericht nachzuweisen, daß dadurch der fundamentale Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten und zugleich eine wesentliche Ausprägung rechtsstaatlicher Demokratie aktualisiert wird, vgl. BVerfGE 55, 274 (303); dazu kritisch Henseler y Sonderabgaben, S. 35 ff. 66
Β. Sonderabgaben und Umverteilung
111
Neben der staatlichen Umverteilung durch Steuern ist in neuerer Zeit der sog. unterstaatlichen Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen. Zwar beteiligt sich der Staat an diesem Umverteilungsvorgang dadurch, daß er bei der Einrichtung der intermediären Umverteilungssysteme organisatorische und technische Hilfe zur Bewerkstelligung innerhalb unterstaatlicher Einheiten leistet69. Die unterstaatliche Umverteilung vollzieht sich jedoch unter Umgehung der staatlichen Haushalte und damit unter Ausschluß der parlamentarischen Kontrolle in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherungsgemeinschaften. Auch wenn üblicherweise dem Gesetzgeber bei der Gründung solcher unterstaaatlicher Solidargemeinschaften weitgehendes Ermessen darüber zukommen wird, welche gesellschaftliche Gruppe nach dem Kriterium der Schutzbedürftigkeit in das Sozialversicherungssystem einzubeziehen ist 70 , bedeutet dieses Ermessen allerdings nicht, daß er willkürlich intermediäre Lastenverbände gründen oder sich über die Eigengesetzlichkeit des partikularen Umverteilungssystems hinwegsetzen und Aufgaben sowie Mitgliederkreis nach Belieben umdefinieren kann71. Andernfalls könnte das gewillkürte Ermessen des Gesetzgebers die gerechte Funktion und die Eigenständigkeit der unterstaatlichen Umverteilungssysteme dadurch aushöhlen, daß der Gesetzgeber mit der Einführung einer Volksversicherung das Spannungsverhältnis zwischen der staatlichen und der unterstaatlichen Umverteilung aufheben würde 72. Um diese Verwicklung von staatlicher und unterstaatlicher Umverteilung vermeiden zu können, muß für die Bildung der unterstaatlichen Solidargemeinschaften die Gruppenhomogenität der gesamten Versicherten gefordert werden, die erst damit dann den unterstaatlichen Solidarausgleich ermöglichen kann. Ohne solche fundierte Solidarität der Gruppenmitglieder verlöre ein Solidarausgleich jeden Bezug zum Prinzip der versicherungsmäßigen Selbsthilfe. Er wandelte sich zur Fremdversorgung — einer Versorgung allerdings, die nicht, wie es dem folgerichtigen System der sozialen Sicherung entspricht, vom Staat, sondern von unterstaatlichen Partikularverbänden erbracht wird 73 .
69
Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 184, 186; Holzer, Die unterstaatli-
che Umverteilung, S. 23. 70 Vgl. BVerfGE 53, 313 (327). 71 72 73
Isensee, Umverteilung, S. 75. Isensee, a.a.O., S. 76. Isensee, a.a.O., S. 21.
112
Zweiter Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung 3. Ausgleichsprinzip und Umverteilung
Die Befürworter der These, daß Sonderabgaben Hauptinstrumente der unterstaatlichen Umverteilung seien, gehen davon aus, daß zwischen der zunehmenden Zahl von Sonderabgaben und den gerade in neuerer Zeit in steigendem Maße unter Umgehung der staatlichen Haushalte der Gebietskörperschaften stattfindenden unterstaatlichen Umverteilungen eine augenscheinliche Parallelität besteht74. Gleichzeitig wurde in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, daß die unterstaatliche Umverteilung nicht nur durch Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch durch sog. Ausgleichsabgaben (insbesondere wirtschaftsverwaltungsrechtliche Ausgleichsabgaben) stattfindet 75. Da die meisten Sonderabgaben dem Ausgleichsprinzip zugrundeliegen76, bei dem Ungleichheiten unter Wirtschaftssubjekten durch die Abgabepflicht einerseits und durch ein aus dem Abgabensystem gespeistes Zuschußsystem andererseits ausgeglichen werden, könnte die Identifizierung des Ausgleichsprinzips mit der Umverteilung 77 den Befürwortern der These, daß Sonderabgaben unabhängig von ihren Erscheinungsformen und Verantwortungsgrundlagen im allgemeinen das Instrument der Umverteilung darstellen, ein positives Signal geben. Üblicherweise werden die Ausgleichssonderabgaben entweder zum Ausgleich der durch staatliche Intervention verursachten Wettbewerbsverzerrungen oder zur Angleichung der aus tatsächlichen Gegebenheiten resultierenden unterschiedlichen Erfolgschancen von Wettbewerbern erhoben78. Was besonders die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben anbetrifft, sind sie diejenigen Geldleistungspflichten, die im Zuge staatlicher Marktordnungs- oder sonstiger Interventionsrege-
74
Hölzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 35. Holzer, a.a.O., S. 36 ff. 76 Götz (AöR 85, S. 211) hat das Wesenselement des Ausgleichsprinzips folgendermaßen zusammengefaßt: „Das Ausgleichsprinzip findet seinen Ausdruck in der untrennbaren Wechselbeziehung zwischen der Auferlegung von Belastungen und der Gewährung von Begünstigungen. Hiernach sind Pflicht zur Entrichtung von Ausgleichsabgaben und Anspruch auf Empfang von Ausgleichsvergütungen untrennbar miteinander verknüpft. Das Ausgleichsprinzip ist wesensgemäß von allen wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Ausgleichsabgaben zu verwirklichen; es ist zugleich maßgebendes Argument und Kriterium für ihre Selbständigkeit gegenüber dem Abgabenrecht der Steuern, Gebühren und Beiträge." 75
77
Vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 87. Vgl. P. Kirchhof, Jura 1983, S. 517; Holzer, Die unterstaatliche Umverteilung, S. 38 ff., 52 ff. 78
Β. Sonderabgaben und Umverteilung
113
lungen von den dadurch einseitig Begünstigten erhoben werden, um mit diesen zweckgebundenen Abgabeaufkommen den durch denselben Eingriff benachteiligten Mitwettbewerbern einen wirtschaftlichen Ausgleich zu schaffen 79. Nicht immer setzt das Ausgleichssystem die beiden Säulen, also die Abgabepflicht und den Zuschuß voraus; es zielt vielmehr darauf ab, entweder den unverdienten Vorteil abzuschöpfen oder die aus unvermeidbarem Eingriff folgenden Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Dies gilt für die Ausgleichsabgaben mit Ersatzgeld- bzw. Entschädigungscharakter, die dafür erhoben werden, als Ersatz oder Ausgleich die nach dem Gesetz zwar geforderten, aber nicht wahrgenommenen Verhaltenspflichten durchzuführen. Neuerdings sind solche Ausgleichsabgaben mit Ersatzgeldcharakter im Bereich des Natur- und Umweltschutzes auffällig, die nach Maßgabe der Landschafts- und Landschaftspflegegesetze der Länder als Ausgleich für die Nichterfüllung der Naturalleistungspflichten, beispielsweise vermeidbare Landschaftseingriffe zu unterlassen oder den Schaden unvermeidbarer Eingriffe durch landschaftsfördernde Oberflächenveränderungen an anderer Stelle zu kompensieren, erhoben werden80. Diese Ausgleichsabgaben lassen sich dadurch charakterisieren, daß sie nicht als Alternative der gesetzlich bestimmten Ordnungspflicht, sondern ausschließlich für die Entschädigung der objektiv nicht durchgeführten landschaftsnützigen Ersatzmaßnahmen erhoben werden81. Soweit die Erhebung von Ausgleichsabgaben mit Ersatzgeldcharakter die tatsächliche Nicht-Erfüllung der Dienstleistungspflicht bzw. die Unfähigkeit der Durchführung der Ersatzmaßnahmen voraussetzt, handelt es sich um einen reinen Ausgleich fast ohne irgendeinen Lenkungszweck, da davon auszugehen ist, der Gesetzgeber werde dem Gleichheitssatz und dem aus ihm folgenden Prinzip der möglichst gleichmäßigen Verteilung öffentlicher Lasten auf alle Beteiligten durch die Auferlegung einer Ausgleichsabgabe besser gerecht, als wenn er sich mit der Dienstleistung eines Teils der Dienstpflichtigen begnügt und die übrigen von jeder Belastung freigelassen oder mit der notwendigen unterschiedlichen Behandlung zwischen Naturschützenden und Naturschädigenden keinem einleuchtenden Gedanken Rechnung getragen hätte82.
79
Götz, AöR 85, S. 203.
80
Dazu näheres S. 87 ff.
81
Vgl. Henseler, Sonderabgaben, S. 64 ff. BVerfGE 13, 167 (171).
82
114
Zweiter Teil: Gesetzgebungskompetenz und Umverteilung
Von den am reinen Ausgleich ausgerichteten Abgaben unterscheiden sich die Ausgleichsabgaben mit rechtspflichtbezogener Antriebsfunktion durch die auf Aktionswahlmöglichkeit beruhende Lenkungsfunktion, den Abgabepflichtigen durch Androhung einer finanziellen Last unter Druck zu setzen, um ein normativ gefordertes persönliches Verhalten zu erfüllen 83. Auch wenn bei solchen Ausgleichsabgaben der Zweck der Verhaltenslenkung der Abgabepflichtigen im Vordergrund steht, ist ihnen auch die Ausgleichsfunktion insofern eigen, als sie denjenigen, die die vom Staat verlangte Rechtspflicht tatsächlich nicht erfüllen, eine finanzielle Ersatzlast auferlegen. Damit wollen sie den Verstoß gegen die ordnungsrechtliche Verhaltenspflicht kompensieren und das Entstehen eines Belastungsgefälles zwischen Rechtstreuen und Rechtsuntreuen vermeiden84. Trotz aller unterschiedlichen Funktionen, die die Ausgleichsabgaben wahrnehmen, dienen sie alle (wirtschaftsverwaltungsrechtliche Ausgleichsabgaben, reine Ausgleichsabgaben, Ausgleichs-Antriebsabgaben) letzten Endes der Korrektur der Wettbewerbsverzerrungen, die ohne ihre Ausgleichung zur Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG hätte führen können. Von daher ist das Mittel des Ausgleichs im Rahmen des Sonderabgabenrechts zumindest als ein Instrumentarium zu verstehen, mit dem das Ziel verbunden wird, daß die tatsächlich bestehenden manchmal unverdienten Wettbewerbsvorund nachteile nicht geduldet werden dürfen und deshalb beseitigt werden müssen. Der Ausgleichszweck von Sonderabgaben endet danach dort, wo ein statisches Gleichgewicht zwischen Wettbewerbern besteht. Die Frage, ob darüber hinaus der Zustand des Gleichgewichts innerhalb eines Wettbewerbssystems insgesamt dem Gedanken der gerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen entspricht, betrifft den Problemkreis von Sonderabgaben eigentlich nicht. Demgegenüber setzt das Umverteilungssystem durch Steuern (bzw. das unterstaatliche Umverteilungssystem durch Sozialversicherungsbeiträge) die Unvollständigkeit des primären Verteilungssystems voraus, indem das Umverteilungssystem sich um einen dynamischen Prozeß, also ein System gewillkürter Zumessung von Einkommen und Vermögen, bemüht85. Aus der Feststellung, daß das Umverteilungssystem sich nicht lediglich mit dem Ausgleich der Wettbewerbsvor- und -nachteile begnügt,
83 84 85
P. Kirchhof, Jura 1983, S. 517. Hemeler, Sonderabgaben, S. 62. Siehe S. 107 f.
Β. Sonderabgaben und Umverteilung
115
sondern weit darüber hinaus die ursprüngliche Wohlstandsverteilung zu korrigieren versucht, ergibt sich, daß der Zweck des sonderabgabenrechtlichen Ausgleichs mit dem der sozialen Umverteilung nicht gleichgesetzt werden kann. Im Grunde genommen werden die Sonderabgaben deswegen erhoben, weil die Abgabepflichtigen für die Finanzierung bestimmter Aufgaben (bzw. für den Ausgleichszweck) besondere Verantwortung tragen, nicht weil sie gegenüber der Allgemeinheit der Steuerzahler im großen und ganzen leistungsfähiger sind und dementsprechend im Rahmen der sozialen Umverteilung mehr finanzielle Opfer aufbringen sollen. Sieht man in diesem Zusammenhang von den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitgeber ab, ist der Auffassung, daß Sonderabgaben die Hauptinstrumente der (unterstaatlichen) Umverteilung darstellen, nicht beizupflichten 86.
86
Vgl. Isensee, in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 460 ff.
Dritter Teil
Sonderabgaben als Instrument der Wirtschaftslenkung A. Z u r Zulässigkeit von Lenkungssonderabgaben Im Rahmen der staatlichen Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung, bei der eine Reihe von staatlichen Maßnahmen (z.B. Gesetze, Rechtsverordnungen, Verwaltungsakte, Rechtsgeschäfte) unmittelbar oder mittelbar in den Wirtschaftsprozeß eingreifen, können und sollen auch die öffentlich-rechtlichen Abgaben wirtschaftslenkend wirken 1. In erster Linie gilt dies für Steuern. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Steuerbegriff besteht heutzutage sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung weitgehende Übereinstimmung darüber, daß die Verfolgung außerfiskalischer Lenkungszwecke dem Begriff der Steuer nicht entgegensteht2. In diesem Zusammenhang stellt, wie bereits dargestellt, § 3 Abs. 1 AO 1977 klar, daß die Erzielung von Einnahmen Nebenzweck der Steuererhebung sein kann. Auch die Vorzugslasten, insbesondere die Gebühren, werden mittlerweile in der durch die von der Durchsetzung der wirtschafts-, sozial-, Verkehrs-, gesundheits- und kulturpolitischen Zwecke motivierten Verwaltungspraxis oft eingesetzt3.
1
Vgl. Scheuner, Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, S. 77 ff.; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 193 ff.; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 240 ff. 2 Siehe dazu S. 25 ff. 3 Kloepfer, AöR 97, S. 260. - Obwohl der Frage nach den Lenkungsbeiträgen im Verhältnis zu Lenkungsgebühren in der Rechtswissenschaft geringere Bedeutung zukam, hat man im Hinblick auf die abgabenrechtliche Verwandtschaft von Gebühren und Beiträgen von der grundsätzlichen Zulässigkeit lenkender Beiträge auszugehen, vgl. Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 193; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 119. Im übrigen hat der baden-württembergische VGH (Beschluß vom 27.01.1984 - 14 S 2429/83, DVB1. 1984, S. 345 ff. [346]) festgestellt, daß der Beitrag (insb. der Erschließungsbeitrag) ebenso wie die Steuer und die Gebühr nicht nur der Finanzierung der von der Gemeinde betriebenen Erschließung dient, sondern auch ein Instrument der Bau- oder Bodenpolitik darstellt, indem er der Hortung von baureifen Grundstücken entgegenwirkt.
Α. Zur Zulässigkeit von Lenkungssonderabgaben
117
Im Anschluß an die Auffassung der Finanzwissenschaft, bei der der Umfang der Leistungserstellung dem Marktprozeß entrückt und in mehr oder weniger starkem Maße der politischen Entscheidung vorbehalten ist4, haben einige Autoren in der Rechtswissenschaft unter Überwindung der sog. Gebührenprinzipien die Sachregelungseffekte der Gebühr betont5. Neben Steuern und Vorzugsiasten erfüllen Sonderabgaben häufig ihren Zweck nicht nur in der klassischen Funktion einer Abgabe - der Belastung des Abgabepflichtigen und der daraus folgenden Erzielung von Einnahmen des Staates - , sondern auch in der Lenkungsfunktion. Seit W Weber die Sonderabgaben im Gegensatz zu den Steuern als die primär wirtschaftspolitische und nicht finanzwirtschaftliche Zielsetzungen verfolgenden Abgaben angesehen hat6, entwickelten sich die Sonderabgaben weitgehend zum Instrument der verschiedenen außerfiskalischen Zwecke des Staates7. Die Lenkungssonderabgaben überbringen dem Abgabepflichtigen einen indirekten Verhaltensbefehl, indem sie ein bestimmtes Verhalten zwar nicht verbieten, dieses Verhalten aber durch eine Abgabe derart belasten, daß der Tatbestandsadressat unter ökonomischer Bewertung der ihm offengelassenen Alternativen den Abgabetatbestand vermeiden kann8. Trotzdem sind die Lenkungsfunktionen, wie gesagt, keine Eigenheit von Sonderabgaben9, sondern alle öffentlichrechtlichen Abgaben verfolgen mehr oder weniger außerfiskalische Lenkungszwecke. Von entscheidender Bedeutung ist bei Lenkungssonderabgaben trotz aller Gemeinsamkeit mit anderen Abgaben nach wie vor ihre Rechtfertigung. Auch wenn die Lenkungsfunktion eine Besonderheit von Sonderabgaben wäre, würde diese Lenkungsfunktion allein nicht ausreichen, ihre Erhebung zu rechtfertigen, sondern es bedarf einer zusätzlichen Rechtfertigung als Sonderlast.
4 Statt aller Hansmeyer ! Fürst, Die Gebühren. Zur Theorie eines Instrumentariums der Nachfragelenkung bei öffentlichen Leistungen, 1968, S. 34. Danach ist die Gebühr eine Abgabe, die für individuell zurechenbare öffentliche Leistung zu entrichten ist und deren Höhe sich nach politischen Zielen unter Berücksichtigung der Nachfragestruktur richtet. 5 6 7 8 9
Siehe näheres S. 31 Fn. 6. W. Weber, Die Dienst- und Leistungspflicht der Deutschen, S. 82, 88. Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 241. Vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 55; Patzig, DÖV 1981, S. 739. Vgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 122.
118
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
Aus dem mit anderen Lenkungsabgaben gemeinsamen Lenkungscharakter der Sonderabgaben ergibt sich andererseits der mit der Abgabenlenkung zusammenhängende Problemkomplex, nämlich der Doppelcharakter der Lenkungsabgaben als Lenkungsinstrument und als Abgabenbelastung. Dies verlangt - wie im Schrifttum weitgehend gebilligt worden ist 10 - eine Rechtfertigung sowohl des Lenkungszwecks als auch der finanziellen Inanspruchnahme. Im übrigen bedeutet diese grundsätzliche Zulässigkeit der Lenkungssonderabgaben kein willkürliches Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, nach seinem Belieben die Lenkungsabgaben frei auszugestalten und zu verwenden. Vielmehr findet er seine Grenze sowohl in rechtsstaatlichen als auch in grundrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes11.
B. Verfassungsrechtliche Grenzen der lenkenden Sonderabgaben I. Lenkende Sonderabgaben und die Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes Ginge das Grundgesetz von einer bestimmten wirtschaftlichen Ordnung aus, die besonders mit den weitreichenden Wirtschaftslenkungsmaßnahmen des Staates nicht vereinbar erschien, wäre staatliche Tätigkeit an das lenkungsfeindliche Wirtschaftssystem gebunden, dem gegenüber alle Wirtschaftslenkungsmaßnahmen für verfassungswidrig erklärt werden müßten. In der Tat schweigt aber das Grundgesetz hierüber. Ihm ist keine Wirtschaftsverfassung im Sinne eines Ordnungsmodells zu entnehmen, also weder die soziale Marktwirtschaft 1 noch ein lenkungs-
10
Beispielhaft hat Birk in diesem Zusammenhang von „Zweigleisigkeit" der verfassungsrechtlichen Überprüfung gesprochen, wonach im Blick auf die doppelte Wirkung jeder Steuernorm der verfassungsrechtliche Maßstab für die steuerliche Belastung, also die lastenausteilenden Verfassungsnormen sich im Leistungsfähigkeitsprinzip ausdrücken ließen, während die der steuerlichen Gestaltung gesetzten verfassungsrechtlichen Grenzen, die gestaltungsbegrenzenden Verfassungsnormen, sich hauptsächlich in den Freiheitsrechten fänden. Vgl. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 232; im Ergebnis ebenso P. Kirchhof, Verfassungsrechtliche Beurteilung der Abwasserabgabe des Bundes, S. 31 ff.; ders., in: Staatsfinanzierung im Wandel, S. 33 ff. (50); Vogel, StuW 1977, S. 97 ff. (117); Pestalozza, Der Staat, 11 (1972), S. 161 ff. (185); Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483 ff. (494). 11 1
Richtungsweisend Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 32 ff. So aber - für erstere - Nipperdey, Die soziale Marktwirtschaft in der
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
119
feindliches Wirtschaftssystem. Zu derselben Frage, ob eine bestimmte Wirtschaftsordnung im Grundgesetz festgeschrieben ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Investitionshilfe-Urteil unzweideutig Stellung genommen dahingehend, daß das Grundgesetz weder die wirtschaftspolitische Neutralität noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde soziale Marktwirtschaft garantiere. Zwar sei die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung eine mit dem Grundgesetz vereinbare Ordnung, sie hänge aber von dem jeweiligen Willen des die wirtschafts- und sozialpolitischen Zwecke verfolgenden Gesetzgebers ab, wobei allerdings diese Ordnung durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden könne2. Die konkrete Gestaltung einer Wirtschaftsordnung ist demzufolge dem jeweiligen Gesetzgeber aufgetragen, damit er sich unter Umständen anhand der Formel der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes um die Herstellung angemessener Lebensverhältnisse im Bereich der Wirtschaft kümmern kann. Ferner spricht Art. 109 Abs. 2 GG davon, daß Bund und Länder bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben. Dies hat zur Folge, daß der Staat mit der Sozialstaatsklausel positiv den Verfassungsauftrag zur Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung verwirklichen kann3. Die weitreichende Befugnis des Staates zur Wirtschaftsintervention schließt es auch ein, daß sie in Form von öffentlich-rechtlichen Abgaben zustandekommt, zumal der eigentlich umstrittene Bereich speziell wirtschaftsbzw. sozialpolitisch motivierter Staaatsintervention aufgrund des ordnungsrechtlichen, in einem weiteren Sinne gefahrenabwehrenden Steuerungsziels der Lenkungssonderabgaben nicht oder nur am Rande berührt zu werden scheint. Wie andere öffentlichrechtliche Abgaben sind die Sonderabgaben auch wirtschaftspolitisch relevant, so daß sie in den meisten Fällen aufgrund der Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Nr. 11 erhoben werden4.
Verfassung der Bundesrepublik Deutschland; ders., Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz. Vgl. die umfangreichen Nachweise über den Streit um die Wirtschaftsverfassung bei Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 76 ff.; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 44 ff. 2
BVerfGE 4, 7 (17 ff.). Diese Grundposition des Bundesverfassungsgerichts ist auch in seinem Mitbestimmungsurteil (E 50, 290 [337]) bestätigt worden. 3 Vgl. Badura, DÖV 1968, S. 446 ff. (449); ebenso Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 111 ff. 4 Siehe dazu S. 94 f.
120
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
Die grundsätzliche Vereinbarkeit der lenkenden Sonderabgaben mit der Offenheit der Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes bedeutet allerdings nicht, daß sie unter Umgehung der allgemeinen verfassungsrechtlichen Schranken erhoben werdem können5. In erster Linie müssen die lenkenden Sonderabgaben die Grundrechte beachten, wobei ihre verfassungsrechtliche Vereinbarkeit u.a. mit dem allgemeinen Gleichheitssatz, der Berufsfreiheit sowie mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zu prüfen ist. Zugleich kommen die allgemeinen Prinzipien des Rechtsstaats (hier: das Übermaßverbot) als Schranken der lenkenden Sonderabgaben in Betracht6, damit beispielsweise gegenüber einer die Grundrechte verletzenden Lenkungssonderabgabe auch unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessene Konsequenzen gezogen werden können. Insofern versteht es sich unter diesne verfassungsrechtlichen Grenzen der Lenkungssonderabgaben von selbst, daß die Offenheit der Wirtschaftsverfassung nur im relativen Sinne verstanden werden sollte7.
IL Lenkende Sonderabgaben und Grundrechte 1. Die Schutzwürdigkeit der Grundrechte gegenüber mittelbaren Einwirkungen
Im allgemeinen zählen die Lenkungsabgaben nicht zu den traditionellen Handlungsformen des Gebots oder des Verbots, in denen sich der Staat durch unmittelbare Intervention hoheitlich verhält, um die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Vorgänge in Angriff zu nehmen, wobei dem Betroffenen vom Staat entweder geboten wird, was erreicht werden, oder untersagt wird, was nicht geschehen soll8. Vielmehr stellen Lenkungsabgaben die Instrumente der staatlichen Intervention dar, die darauf abstellen, daß die erwünschten Verhaltensweisen gefördert bzw. privilegiert werden, während die unerwünschten Handlungsweisen benachteiligt bzw. diskriminiert werden. Sie beeinflussen damit die für die Erreichung des Endzwecks der Veränderung der wirtschaftlichen oder sozialen Bedingungen notwendigen Verhaltensweisen der Betroffenen
5
Ausdrücklich Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 78; BVerfGE 50, 290 (337 ff.). 6 7
8
Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 32 ff. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 75.
Friauf ; DVB1. 1971, S. 674 ff. (679).
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
121
nicht mit rechtlichem, sondern mit psychologisch-ökonomischem Druck 9. Insofern bringen die lenkenden Abgaben die sog. mittelbare motivationsbestimmende Einwirkung zum Ausdruck 10. Die grundlegenden Schwierigkeiten, den Schutz der Grundrechte gegenüber den lenkenden Abgaben zur Geltung zu bringen, liegen vor allem, wie angedeutet, in der eigenartigen Wirkungsweise der interventionistischen Maßnahmen dieser Art. Wie aber die mittelbar lenkenden Abgaben der traditionellen Grundrechtsdogmatik als fremd erscheinen mögen, besteht heutzutage darüber weitgehende Übereinstimmung, daß prinzipiell jede Beeinträchtigung der Grundrechte, gleichgültig ob es sich um eine mittelbare oder unmittelbare Einwirkung handelt, eine entsprechende Schutzwirkung auslösen kann11. Da der Grundrechtsschutz im Sinne des Grundgesetzes in keiner Weise von einer bestimmten Handlungsform des Staates abhängig gemacht werden darf, bezieht sich seine Wirkung nicht lediglich auf die bestimmten rechtstechnischen Handlungsweisen, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf die materielle Sicherung der individuellen Freiheitssphäre 12. Durch lenkende Abgaben sind der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG sowie das Grundrecht des Eigentums nach Art. 14 GG besonders betroffen. Im übrigen beruht das Gedankengut der verstärkten Gewährleistung der Grundrechte bei lenkenden Abgaben in erster Linie auf dem Doppelcharakter der lenkenden Abgaben, die neben mittelbarer Lenkungswirkung auch die finanzielle Inanspruchnahme innehaben. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter von Sonderabgaben, die als zusätzliche finanzielle Sonderlast stets die Gefahr der übermäßigen Belastung des Bürgers mit sich bringen können, ist an dieser Stelle hervorzuheben,
9 Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 214; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 129. 10 Selmer, a.a.O., S. 215. 11 Vgl. Frìauf ; Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 41; ders., DVBI. 1971, S. 680, der sich in diesem Zusammenhang der Auffassung von Lerche (DÖV 1961, S. 486 ff. [490]) anschloß, daß das traditionelle Abstellen auf die Unmittelbarkeit des Eingriffs unter den heutigen Gegebenheiten überholungsbedürftig sei. Im Ergebnis ebenso Selmer, a.a.O., S. 216; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 131 m.w.N. 12 Vgl. Gallwas, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, S. 51 ff., 166 (These 8). Andernfalls wäre es dem Staat möglich, die Effektivität des Grundrechtsschutzes durch bloßen Wechsel seiner Handlungsformen beliebig zu unterlaufen.
122
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
daß ihnen noch strengere grundrechtsbezogene Schranken gezogen werden müssen.
2. Lastengleichheit und lenkende Sonderabgaben
Zwar ist der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bei einem positiven Handeln, beispielsweise bei einer das Gleichheitsgebot durchbrechenden gleichheitswidrigen Abgabelastung, zu beachten. Zum materiellen Gehalt des allgemeinen Gleichheitssatzes, besonders nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, gehört aber das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Daraus folgt, daß der Gleichheitssatz durch eine unterschiedliche Behandlung als verletzt betrachtet wird, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt und die Regelung somit als willkürlich bezeichnet werden muß13. Der als Willkürverbot verstandene Gleichheitssatz bedeutet im Hinblick auf lenkende Abgaben, daß die Lenkungsabgaben im Grunde genommen alle Adressaten betreffen sollen, die sich im Bereich der durch lenkende Abgaben verfolgten wirtschaftspolitischen Aufgaben befinden 14. Mit dieser undifferenzierten Lenkungsgleichheit hängt, worauf Selmer 15 aufmerksam gemacht hat, logischerweise das Spannungsverhältnis von lenkenden Abgaben und Gleichheitssatz in der Weise zusammen, daß die bewußte undifferenzierende Behandlung, die bei lenkungsorientierten Vorschriften üblich ist, den Grundsätzen einer gerechten und gleichmäßigen Lastenverteilung entgegenstehen kann. Unter dem Blick-
13 Vgl. BVerfGE 1, 14 (52); 3, 58 (135 ff.); 4, 219 (243 ff.); 9, 124 (130); 9, 137 (146); 9, 201 (206); 12, 341 (348); 17, 319 (330); 18, 38 (46); 18, 121 (124); 21, 12 (26); 23, 50 (60); 29, 327 (335); 38, 154 (166); 52, 264 (273); 53, 164 (179); 54, 11 (26); 65, 325 (354). - Zu beachten ist die sog. neue Formel des Bundesverfassungsgerichts zum allgemeinen Gleichheitssatz. Danach ist der Gleichheitssatz „vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten"; s. BVerfGE 55, 72 (88); 65, 104 (112); 66, 234 (242); 67, 231 (236); 68, 287 (301); 70, 230 (239 ff.); 71, 39 (59); 71, 146 (154); 72, 141 (150); 73, 301 (321); 74, 9 (24); 75, 78 (105); 75, 116 (179); 75, 246 (277); 75, 284, (300); 75, 348 (357); 75, 382 (393). 14 15
Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 130. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 356.
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
123
winkel des Finanzrechts - wobei allerdings die Besteuerung maßgeblich ist - stellt man auf das die finanzielle Kraft des Abgabepflichtigen präzisierende Leistungsfähigkeitsprinzip ab, während es bei Lenkungssteuern kaum berücksichtigt wird 16. Die mögliche Vernachlässigung der gerechten und gleichmäßigen Lastenverteilung bei lenkenden Steuern, die das auf dem materiellen Gleichheitsgrundsatz beruhende Leistungsfähigkeitsprinzip zurückdrängt, führt zu dem, was als Charakteristikum der lenkenden Steuern angesehen werden kann, nämlich zur sog. Unschärfe des Eingriffs, mit der sich Frìauf grundlegend beschäftigt hat17. Als ein bemerkenswertes Beispiel dafür hat Friauf die Sonderbesteuerung des Werkfernverkehrs genannt, wodurch nicht diejenigen Unternehmen betroffen sind, die aufgrund der örtlichen Lage ohne erhebliche Nachteile flexibel auf andere Verkehrsmittel ausweichen können, sondern nur diejenigen, die von der Rentabilität her nicht in der Lage sind, die erhöhte Beförderungssteuer selbst zu tragen und konsequenterweise ihren Betrieb einstellen müssen, da ihnen keine anderen angemessenen Beförderungsmittel zur Verfügung stehen18. Selbst wenn die gesamte Zielsetzung der Besteuerung des Werkfernverkehrs, also der Lenkungszweck des Gesetzes, grundsätzlich vor der Verfassung Bestand hat, ist es insofern durchaus nicht unproblematisch, daß einzelne Gruppen unverhältnismäßig stark betroffen werden, während andere Gruppen sich dem Lenkungszweck weitgehend entziehen können19. Denkt man jedoch an dieser Stelle an die herrschende Auffassung des Schrifttums, bei der zwar die Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit ein wesentliches Prinzip der Besteuerung darstellt, ihm aber kein Verfassungsrang zukommt20, müßte das Leistungsfähigkeitsprinzip
16
Beispielhaft hat P. Kirchhof (StuW 1984, S. 297 ff. [308]) die Relativierung des Leistungsfähigkeitsprinzips bei Lenkungssteuern formuliert: „Gegenüber den Finanzsteuern soll der Vergleichsmaßstab der Steuergleichheit bei Lenkungssteuern neben der Zahlungsfähigkeit auch die Befolgungsfähigkeit der Steuerpflichtigen sein. Wenn eine Steuer dazu bestimmt ist, weniger eine Einnahmeerzielung, sondern hauptsächlich einen wirtschafts- oder sozialpolitischen Lenkungszweck zu verfolgen, wird die Lenkungssteuer nicht nach dem Maßstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beurteilt, sondern allein danach bewertet, ob der Steuerbefehl den Steuerpflichtigen für legitime verfassungsrechtliche Verhaltensanweisungen zugänglich macht." 17 Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 33 ff. 18 Friauf a.a.O., S. 34. 19 Friauf a.a.O., S. 37. 20 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 27 ff.; ders., Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, S. 61 ff.; im Ergebnis ebenso Kruse, in: Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht (Hrsg.
124
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
bzw. das Bedenken der Unschärfe des Lenkungseingriffs bei Lenkungssteuern weitgehend zugunsten der jeweils legitimen Lenkungszwecke zurückgetreten und relativiert werden21, soweit der Gesetzgeber von dem zu regelnden Sachverhalt ausgeht und damit die gesetzgeberische Gleichbehandlung oder Differenzierung über das generelle Verbot der willkürlichen Behandlung hinaus eigenen verfassungsrechtlichen Bestand hat. Im Bereich der Wirtschaftslenkung durch Abgaben besitzt der Gesetzgeber in hohem Maße die Gestaltungsfreiheit, bei der er nicht strikt an die für die Finanzsteuern geltenden Kriterien gebunden ist, sondern mehr oder weniger davon befreit nach der Bedeutung der Lenkungszwecke auf das entsprechende Differenzierungsgebot verzichten darf. Innerhalb des Willkürverbots und des Gebots der Lenkungstauglichkeit wird dem Gesetzgeber ein Handlungsspielraum eingeräumt, sich um einen Mittelweg zwischen Lenkungszweck und materieller Lastengleichheit zu bemühen22. Das Spannungsverhältnis zwischen Lastengleichheit und Lenkungszweck von Steuern gilt ohne weiteres auch für die Lenkungssonderabgaben, bei denen die Kernfrage wie immer darin liegt, welche sachlichen Gründe ihre Erhebung rechtfertigen können. Sieht man den Gleichheitsgrundsatz als Willkürverbot an, bieten die die Erhebung der Sonderabgaben zulassenden sachlichen Gründe Anhaltspunkte dafür, daß unter bestimmten Voraussetzungen die Sonderabgaben trotz des Durchbrechens der Lastengleichheit verfassungsrechtlichen Bestand in Anspruch nehmen können23. Daraus erhellt, daß die Frage nach der Lastengleichheit bei Sonderabgaben wiederum auf ihre Rechtfertigung zurückgeführt wird 24. Es taucht somit zwangsläufig die Frage nach der
Tipke), S. 71 ff. (77 ff.); Weber-Fas, Grundzüge des allgemeinen Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 61; Arndt, Festschrift für Mühl, S. 17 ff. (21); Leisner, StuW 1983, S. 97 ff.; BVerfGE 66, 214 (233). 21 Vgl. Hartmann / Walter, Auslegung und Anwendung von Steuergesetzen, S. 95, 97; Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, S. 57. 22 Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 132. 23 Vgl. Richter, Sonderabgaben, S. 153, 156 ff. 24 Ausdrücklich Friauf, Festschrift für Jahrreiß, S. 50: „Zusätzliche Belastungen können ungeachtet der Anforderungen der Steuergleichheit ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn sie sich auf einen spezifischen Zurechnungsgrund stützen lassen, der vor dem fundamentalen Gebot der Gleichheit aller Bürger als Steuerzahler Bestand hat. ... Vielmehr kommt es, weil es sich um die Wahrung des grundlegenden Prinzips der staatsbürgerlichen Lastengleichheit handelt, darauf an, einen überzeugenden Bezugspunkt gerade dafür nachzuweisen, daß die in Betracht kommende Aufgabe keine Last der Allgemeinheit ist, sondern unter
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
125
allgemeinen Regel zur Rechtfertigung auf, anhand derer die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Sonderabgaben unter sorgfältiger Berücksichtigung der Lastengleichheit ermittelt werden kann. Trifft dies grundsätzlich zu, ist die Frage nach der Lastengleichheit bei Sonderabgaben anders als bei Steuern weniger problematisch, da die finanzielle Belastung bei Sonderabgaben (auch bei Lenkungssonderabgaben) nur diejenigen betrifft, die nach Maßgabe ihrer besonderen Verantwortung als abgabepflichtig angesehen werden. Bei der sonderabgabenspezifischen gruppenbezogenen Finanzverantwortung stellt sich die Frage nach der gerechten Lastenverteilung kaum. Allerdings könnte dasselbe Problem der Lenkungssteuern, wie es in dem bereits dargestellten Spannungsverhältnis zwischen Abgabenlenkung und Unschärfe des Abgabeneingriffs bzw. der sich daraus ergebenden Verteilungsungerechtigkeit zu beobachten ist, insofern auch schon bei Lenkungssonderabgaben in Betracht kommen, als durch deren Erhebung nur diejenigen zu einer bestimmten Haltung angehalten werden, die aufgrund ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit die durch das Gesetz für notwendig gehaltenen Verhaltensweisen verfolgen können, nicht hingegen diejenigen, die wegen der mangelnden Leistungsfähigkeit zwangsläufig zur Zahlung der ständigen Abgabe herangezogen werden müssen25. Da die Sonderabgaben aber kein Umverteilungsinstrumentarium zwischen Abgabepflichtigen sind, löst die Nicht-Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des einzelnen kein Durchbrechen der Lastengleichheit aus26. Dies beruht darauf, daß die Sonderabgaben ursprünglich nicht dafür erhoben werden, daß die Abgabepflichtigen zur Erledigung der allgemeinen Staatsaufgabe nach ihrer wirtschaftlichen Zahlungsfähigkeit entsprechende Finanzopfer aufbringen, sondern ihre Rechtfertigung darin finden, daß sie durch eine bestimmte Belastungscausa einer besonderen gesellschaftlichen Gruppe zugehören; dies hat mit der steuerlichen Leistungsfähigkeit nicht zu tun. Handelt es sich dennoch um einen extremen Fall, in dem der einzelne Abgabepflichtige oder ein bestimmter Wirtschaftsbereich durch Erhebung einer Lenkungssonderabgabe in solche finanzielle Bedrängnis gebracht wird, daß sie ihre Existenz zu
eine besondere Verantwortlichkeit des in Anspruch genommenen Bürgers bzw. der betreffenden Gruppe fällt." 25
Denkbar wäre dies z.B. bei der Abwasserabgabe, welche besonders die leistungsschwachen Einleiter betrifft; sie sind üblicherweise nicht in der Lage, sich durch die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik im Sinne von § 7a WHG eine Halbierung des Abgabensatzes für die auch dann nicht zu vermeidenden Schadstoffeinheiten zu „verdienen". 26 Ausdrücklich Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 133.
126
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
bedrohen scheint, schließt man es nicht aus, daß die Abgabepflichtigen ganz oder teilweise von der Abgabepflicht freigestellt werden können. Ein exemplarisches Beispiel ist die sog. Härteregelung in § 9 Abs. 6 AbwAG, wonach die Bundesregierung dazu ermächtigt ist, durch Rechtsverordnung besonders hart betroffene Abwassereinleiter, insbesondere regionale oder sektorale Gruppen für eine Übergangsfrist bis zum 31.12.1989 ganz oder teilweise von der Abgabepflicht freizustellen. Solche Regelung dürfte jedoch nicht als völlige Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit erfaßt werden, da die Rechtsverordnungen zwar dem Adressaten Rechtsbefugnisse einräumen, aber in der Regel keine entsprechende Rechtspflicht begründen, von dieser Befugnis tatsächlich Gebrauch zu machen27. Auf keinen Fall berührt der Nicht-Gebrauch der Rechtsverordnungsermächtigung die Lastengleichheit der Betroffenen, die eigentlich davon unabhängig als verantwortliche Einleiter in die Abgabepflicht einbezogen sind.
3. Eigentumsgarantie und lenkende Sonderabgaben a) Problemstellung
Die Frage, ob die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG der Erhebung öffentlich-rechtlicher Geldleistungen Schranken ziehen kann, ist nach wie vor als ein ungelöstes Problemfeld betrachtet worden 28. Zu dieser grundsätzlichen Fragestellung rechnet man zunächst das Problem des Spannungsverhältnisses zwischen staatlicher Besteuerungsgewalt und der Eigentumsgarantie als subjektivem Grundrecht der Steuerpflichtigen 29. Im Grunde genommen steht die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes im gewissen Sinne nicht notwendig zur staatlichen Besteuerungsgewalt im Widerspruch. Es ist darauf hinzuweisen, daß die Besteuerungsgewalt des Grundgesetzes eine die freiheitlich-privatwirtschaftliche Tätigkeit gewährleistende Wirtschaftsordnung voraussetzt und infolgedessen dar-
27 Vgl. Meßerschmidt, a.a.O., S. 257. Im übrigen entfaltet diese Härteregelung auch eine gewisse Sperrwirkung zu Lasten der Länder. Danach sind die Länder gehindert, von ihnen zu treffende Härteentscheidungen allein auf Gesichtspunkte zu stützen, die einer Härteregelung nach § 9 Abs. 6 AbwAG vorbehalten sind, a.a.O., S. 259; Sautter /Baumgärtner, Abwasserabgabe in Baden-Württemberg, § 9 Rdnr. 28. 28
Vgl. Friauf, DÖV 1980, S. 480 ff. (481). Dellmann, in: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Hrsg. Seifert /Hömig), Art. 14, Rdnr. 1. 29
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
127
auf abstellt, die wirtschaftlichen Ergebnisse der Steuerpflichtigen zu besteuern. In diesem Sinne geht das Grundgesetz von der Steuerstaatlichkeit aus, in der dieselben Staatsbürger, die der Steuerstaat als Abgabepflichtige in Anspruch nimmt, Subjekte der Grundrechte und der übrigen rechtsstaatlichen Gewährleistungen sowie der sozialstaatlichen Forderungen sind30. Die Bürger im Steuerstaat tragen zum allgemeinen Wohl des Staates nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei. Die grundsätzliche Steuerpflichtigkeit stellt damit eine zulässige Schranke der privatnützigen Eigentumsordnung dar 31. Die grundlegende Voraussetzung des Steuerstaates liegt deshalb darin, daß die Art und das Ausmaß des Steuereingriffs die Leistungsfähigkeit und Bereitschaft der Steuerpflichtigen, d.h. aber seine Existenzgrundlage, nicht zerstören dürfen 32. Jedoch kann man angesichts des allmählich wachsenden Finanzbedarfs des modernen Staates nicht ausschließen, daß das Spannungsverhältnis zwischen individualrechtlicher Freiheitsgarantie und ordnungspolitischen Komponenten, das gerade in Art. 14 GG mit seiner freiheitsverbürgenden Eigentumsgewährleistung einerseits und der Sozialbindung sowie der Enteignungsmöglichkeit andererseits zum Ausdruck kommt, besonders deutlich wird. Daraus folgt, daß die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, der Regelungsauftrag nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang stehen33. Gleichzeitig wird, insbesondere durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 14 Abs. 2 GG der dynamische Charakter des Eigentumsgrundrechts ersichtlich, der sich gegenüber den Entwicklungen des modernen Sozialstaates und den damit verbundenen zum Teil erheblichen Wandlungen der Funktion der Eigentumsgarantie als offen erweist34. Zu dieser grundlegenden Frage hat das Bundesverfassungsgericht bereits im sog. Investitionshilfeurteil von 1954 Stellung genommen dergestalt, daß trotz des Meinungsstreits in Schrittum und Rechtsprechung doch Einmütigkeit darüber bestehe, daß Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflich-
30 31
Friauf,; DÖV 1980, S. 480. Ρ. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 24 ff.
32
Vgl. Isensee, Festschrift für Ipsen, S. 418.
33
Vgl. BVerGE 50, 290 (340).
34
Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 172, Rdnr. 442.
128
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
ten schütze35. Diese klassische Formel des Bundesverfassungsgerichts, auf die es seitdem in späteren Entscheidungen36 immer wieder ohne Begründung zurückkam, scheint heutzutage kaum annehmbar. Obwohl erhebliche Unterschiede in der Begründung der Einschlägigkeit der Eigentumsgarantie für die Besteuerung bestehen37, hat sich besonders im Schrifttum die Auffassung in den letzten Jahren als herrschende Meinung durchgesetzt, daß jede Abgabeerhebung entgegen der ursprünglichen Konzeption des Bundesverfassungsgerichts die Schutzfunktion der Eigentumsgarantie auslöse und infolgedessen im Rahmen der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu halten sei38. Hierbei braucht zwar die ausführliche Darstellung der vielfältigen Meinungsäußerungen in der Literatur, die sich darum bemüht haben, sich mit den dogmatischen Grundfragen der Betroffenheit der Eigentumsgarantie durch die Abgabeerhebung auseinanderzusetzen, nur richtungsweisend eingegangen zu werden39. Es steht
35
BVerfGE 4, 7 (17). BVerfGE 6, 290 (298); 8, 274 (330); 10, 89 (116), 10, 141 (177); 10, 354 (371); 11, 105 (126); 14, 221 (241); 18, 315 (339), 18, 441 (452); 19, 119 (128 ff.); 19, 253 (267 ff.); 21, 209 (219); 23, 12 (30); 23, 288 (314 ff.), 26, 327 (338); 27, 111 (131); 27, 326 (343); 28, 119 (142); 29, 402 (413); 30, 250 (271); 31, 8 (32); 36, 66 (72); 36, 383 (400); 37, 1 (38); 37, 38 (57); 37, 121 (131); 38, 61 (102). 36
37
Umfangreiche Nachweise bei Droschka, Steuergesetzgebende Gewalt und Grundrechtsschutz des Eigentums, S. 87 ff. 38 Vgl. P. Kirchhof, W D S t R L 39, S. 213 ff. (281 ff.); ders., Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 12, 20 ff.; von Arnim, W D S t R L 39, S. 287 (299 ff.); Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, S. 77 ff.; ders., Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, S. 115 ff.; Kimminich, JuS 1978, S. 217 ff. (217); Papier, Der Staat 11 (1972), S. 482 ff. (485, 513 ff.); ders. ! Olschewski, DVB1. 1976, S. 475 ff. (478 ff.); ders., DVB1. 1980, S. 787 ff. (789 ff.); Meesen, DÖV 1973, S. 812 ff. (814 ff.); Salmen, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung, S. 58 ff.; Weber-Fas, NJW 1975, S. 1945 ff. (1948); Rüfner, DVB1. 1970, S. 881 ff. (887); ders., Festschrift für Broermann, S. 349 ff. (350 ff.); Tipke /Lang, Steuerrecht, S. 52 ff.; Friauf, Steuerberater-Jahrbuch 1971/1972, S. 425 ff. (432 ff.); ders., DÖV 1980, S. 487 ff.; Benda, DStZ, 1973, S. 49 ff. (56 ff.); Schenke, Festschrift für Armbruster, S. 177 ff. (183 ff.); Wendt, NJW 1980, S. 2111 ff. (2112 ff.); SchmidtBleibtreu / Schäfer, DÖV 1980, S. 489 ff. (489, 491); Picot, Gewinnumverteilung und Verfassungsrecht, S. 104 ff.; Ramsauer, Die faktischen Beeinträchtigungen des Eigentums, S. 133 ff.; Bodenheim, Der Zweck der .Steuer, S. 284 ff.; Knies, Steuerzweck und Steuerbegriff, S. 106 ff.; Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, S. 36 ff.; ders./Walter, Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 105, Rdnr. 139-144; Sendler, DÖV 1971, S. 16 ff. (22). 39
Zum Teil wird allein darauf abgehoben, daß Gesetzgebung, vollziehende
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
129
aber ohne Zweifel fest, daß - worauf Friauf aufmerksam gemacht hat - ein schrankenfreier steuerstaatlicher Absolutismus die durch die Eigentumsgarantie gewährleistete persönliche Entfaltungsfreiheit im wirtschaftlichen Bereich gefährdet und schließlich die rechtsstaatliche Freiheit im ganzen bedroht, wenn der Abgabeerhebungsgewalt des Staates aus der Eigentumsgarantie nach Art. 14 G G keine Schranken gezogen werden 40 . Im Verhältnis zu den sog. Finanzsteuern 41 , bei denen der Zweck der Einnahmeerzielung im Vordergrund steht und die damit, wie ausgeführt, an der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zu messen sind, ist oft beim Thema der Lenkungssteuern die Auffassung vertreten worden, daß die Eigentumsgarantie nicht relevant sei, da die Lenkungssteuern nicht dazu bestimmt seien, allgemeine Einnahmen des Staates zu erzielen, sondern darauf abzielten, das Verhalten der Abgabepflichtigen zu lenken und schließlich nicht etwa die Übertragung von Vermögenswerten auf die öffentliche Hand forderten 42 . Dem ist aber insofern nicht zuzustimmen, als die Eigentumsgarantie des Art. 14 G G nicht nur
Gewalt und Rechtsprechung durch Art. 1 Abs. 3 GG an die Beachtung der Grundrechte gebunden sind (vgl. Kruse, Steuerrecht, S. 48 ff.). Abgabengesetze sind daher stets im Lichte aller Grundrechte - auch des Art. 14 GG - zu betrachten. Eine andere Ansicht hält die Qualifizierung einer Abgabe als Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG für möglich, was eventuell einen Entschädigungsanspruch des Abgabepflichtigen zur Folge hat. Abgaben sind daher stets an Art. 14 GG zu messen (vgl. Leisner, Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, S. 120 ff., 123). Die herrschende Auffassung innerhalb des Schrifttums bejaht den Schutz des Vermögens als solchen durch Art. 14 GG mit der Begründung, daß durch die steuerliche Belastung grundrechtlich geschützter Vermögensrechtskomplexe zu Gunsten des Wohls der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 2 GG) in eigentumsbeschränkender Weise mittelbar Einfluß auf den Gebrauch, die Benutzung und die Ausnutzbarkeit dieser subjektiven Rechtspositionen genommen wird (vgl. Schenke, Festschrift für Armbruster, S. 183, 190, 192). Anderenfalls könnte durch mittelbare Eingriffe in durch Art. 14 GG geschützte subjektive Vermögenswerte das Eigentumsgrundrecht über die „offene Flanke" der Abgabeerhebung ausgehöhlt werden. In diesem Zusammenhang betonen Friauf Schmidt-Bleibtreu und Schäfer, daß angesichts der Fungibilität der meisten Güter sich in der heutigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage die „Vermögenswertgarantie" als für die Grundrechtsträger essentiell erweist. Vgl. Friauf DÖV 1980, S. 488, 493 ff.; im Ergebnis ebenso P. Kirchhof W D S t R L 39, S. 236. 40
Friauf a.a.O., S. 481. Zu der Unterscheidung zwischen Ordnungs- und Finanzsteuern P. Kirchhof Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, S. 40 ff.; Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 43 ff.; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 306 ff., 326 ff. 41
42
P. Kirchhof
a.a.O., S. 62.
130
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
gegen den unmittelbaren Steuereingriff in Form von Eigentumsübertragung, sondern auch gegen den verhaltenslenkenden mittelbaren Eingriff schützen will. Als mittelbare Lenkung, die mit den Mitteln einer Privilegierung der erwünschten oder einer Diskriminierung der unerwünschten Handlungsweisen das Endziel der Veränderung des für die wirtschaftliche oder soziale Umwelt notwendigen Verhaltens des Betroffenen zu erreichen versucht, bezwecken die Lenkungssteuern in der Regel eine gezielte Einwirkung auf die Eigentumsnutzung. Die auf bestimmte Objekte innerhalb des Gesamtvermögens gezielte Einwirkung - so meint Friauf 3 - die zum Teil als Beeinflussung der Verwendung des Eigentums oder zum Teil als seine Veräußerung zustande kommen, löst genauso wie die Finanzsteuer die Schutzfunktion des Eigentums aus. Erinnert man sich an den endgültigen Funktionssinn der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie, daß, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich formuliert hat, „ihr im Gefüge der Grundrechte die Aufgabe zukommt, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen" 44, müßten die Lenkungssteuern dahingehend für die Eigentumsfreiheit tangierende Eingriffe gehalten werden, daß sie durch die ständige gezielte Einwirkung auf das Nutzungsrecht eine den Freiheitsraum des Betroffenen im Sinne der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts beschränkende Intervention darstellen45. Daraus folgt die Feststellung, daß die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG bei Lenkungsabgaben immer dann als Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der gezielten Einwirkung herangezogen wird, wenn diese Lenkungsabgaben über die Übertragung der Vermögenswerte hinaus auf bestimmte Gegenstände bzw. Rechtspositionen des Abgabepflichtigen wirtschaftlichen Druck ausüben. Entscheidend erscheint in diesem Zusammenhang die Prüfung, ob sich die jeweiligen Lenkungszwecke als zulässige Inhalte und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG erweisen46.
43
Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 45; Schmidt-Bleibtreu /Schäfer, DÖV 1980, S. 493. 44
Vgl. BVerfGE 24, 367 (389). Zur Betonung der freiheitssichernden Funktion des grundrechtlichen Eigentums im Schrifttum s. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, S. 240; Denninger, AG 1978, S. 70 ff. (73). 45 Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 336; Kloepfer, AöR 97, S. 270 ff.; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 138; ders., NJW 1980, S. 2114. 46 Vgl. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 46.
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
131
b) Eigentumsgarantie als Schranke lenkender Sonderabgaben
Während sich die Auffassung, daß die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG dem Steuergesetzgeber Schranken zieht, im Laufe der Zeit allmählich durchgesetzt hat und sie heutzutage, wie bereits dargestellt, die herrschende Meinung bildet, wurden bei Sonderabgaben relativ wenige Wege der Prüfung beschritten, ob die Eigentumsgarantie wiederum durch Erhebung von außerfiskalischen Sonderabgaben tangiert oder sogar verletzt werden kann. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht gelegentlich dazu Stellung genommen, es hat sich aber lediglich damit begnügt, seine bisherigen Entscheidungen zu bestätigen47. Beispielsweise hat das Gericht in der Entscheidung zum Konjunkturzuschlag seine klassische These wiederholt, daß „der Art. 14 GG grundsätzlich das Vermögen gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht schützt. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden." 48 Es mag sein, daß das Schweigen über die Problematik der eigentumsrechtlichen Einschlägigkeit der Sonderabgaben darauf zurückgeführt werden kann, daß die Sonderabgaben - zumindest bei diesem Thema - nicht als ein besonderer Typ der öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern wie Steuern als eine Unterart der gesamten öffentlichen Geldleistungspflichten anzusehen sind. Dies deutet bereits darauf hin, daß man bei der Einschlägigkeit des Eigentumsgrundrechts keinen wesentlichen Unterschied zwischen Steuern und Sonderabgaben findet. Mit der Formulierung im Urteil zur Berufsausbildungsabgabe, daß die Sonderabgaben im Gegensatz zu Steuern die seltene Ausnahme darstellten und deshalb der Gesetzgeber von Verfassungswegen dazu verpflichtet sei, unter dem Gesichtspunkt des Ausnahmecharakters der Sonderabgaben stets zu prüfen, ob die Entscheidung für den Einsafz
47
Vgl. BVerfGE 4, 7 (17); 18, 315 (339); 37, 1 (38). BVerfGE 29, 402 (413). Damals befand sich das Bundesverfassungsgericht zum Thema „Besteuerung und Eigentum" bereits in der zweiten Phase seiner Rechtsprechung. Seine klassische Formel, daß die Auferlegung von Geldleistungspflichten die Eigentumsgarantie nicht berührt, wurde in diesem Zeitabschnitt um den zitierten Zusatz ergänzt. Hierbei wurde diese Einschränkung bisweilen durch die Begriffe „Erdrosselungswirkung" und „Konfiskation" charakterisiert, vgl. BVerfGE 19, 119 (128 ff.); 19, 253 (267 ff.); 23, 288 (314 ff.); 26, 327 (338); 27, 111 (131); zur Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema Friauf, DÖV 1980, S. 484 ff. 48
132
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
des gesetzgeberischen Mittels „Sonderabgabe" aufrechtzuerhalten oder ob sie wegen veränderter Umstände (beispielsweise Wegfall des Finanzierungszwecks oder Zielerreichung) zu ändern oder aufzuheben sei49, wollte das Bundesverfassungsgericht in erster Linie die Bewahrung der Grundsätze der bundesstaatlichen Finanzverfassung und das Gebot der Abgabengleichheit aller Abgabepflichtigen gewährleisten. Denkt man jedoch an dieser Stelle an die endgültige Funktion der Finanzordnung des Grundgesetzes, nämlich den Zweck der Gewährleistung der individuellen Freiheit durch Bindung des Gesetzgebers an die bundesstaatliche Finanzverfassung 50, kommt man ohne weiteres zu dem Ergebnis, daß bei jeder Erhebung von Sonderabgaben besonders im Hinblick auf ihre Finanzierungsfunktion die eigentumsrechtlich relevanten Schranken gezogen werden müssen. Die eigentumsrechtlich gezogenen Schranken gelten ferner für lenkende Sonderabgaben, die genauso wie die Lenkungssteuern im Regelfall zwar mittelbar, aber nachhaltig eine gezielte Einwirkung auf die Eigentumsposition des Abgabepflichtigen bewirken. Durch ständige finanzielle Drohung, eine bestimmte Verhaltensweise mit dem Auferlegen einer Geldzahlungspflicht zu unterbinden, wird die subjektive Vermögensposition des Abgabepflichtigen entsprechend beschränkt. Soweit Sonderabgaben sich grundsätzlich mit der aus besonderer Verantwortung der Abgabepflichtigen resultierenden Abgabepflicht befassen und hierbei auf die Eigentumsposition der Verantwortlichen durchgreifen, befinden sie sich in der Regel in einem Bereich, wo deren Erhebung im Rahmen der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG stattfindet. Solange aber der Wesensgehalt der Eigentumsgarantie durch derartige pauschalierte Rechtfertigung der Lenkungssonderabgaben nicht leerläuft, dürfen die die jeweiligen Lenkungszwecke rechtfertigenden Gründe der lenkenden Sonderabgaben unter dem Blickwinkel der Inhalts- und Schrankenbestimmungen bzw. der Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Einzelfall unterschiedlich beurteilt werden. Wie bei anderen Schrankensetzungen der Eigentumsgarantie auch kommt es in diesem Fall darauf an, ob jede einzelne Lenkungssonderabgabe stets verhältnismäßig ist, wobei allerdings die Prüfung der Verhältnismäßigkeit sich nach einzelnen Regelungen richtet
49
BVerfGE 55, 274 (308). Dies kann ausdrücklich seiner weiteren Formulierung entnommen werden, daß die Beachtung des Grundrechts-Kompetenz-Zusammenhangs gleichfalls deutlich mache, der Befugnis des Gesetzgebers zur Auferlegung von Sonderabgaben seien enge Grenzen gezogen. Vgl. BVerfGE 55, 274 (302). 50
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
133
und nicht für die Gesamtheit der Lenkungssonderabgaben schlechthin vorgenommen werden kann51.
4. Berufsfreiheit und lenkende Sonderabgaben
Bei der Berührung der Berufsfreiheit durch Lenkungsabgaben ist es im allgemeinen nicht zwingend notwendig, daß die Abgaben so gestaltet sind, daß deren Erhebung die wirtschaftliche Grundlage zur Ausübung eines Berufs zerstört oder die Grundrechtsausübung wirtschaftlich-tatsächlich unmöglich macht52. Vielmehr reicht es in den meisten Fällen aus, wenn die Lenkungstendenz der Lenkungsabgaben darauf abstellt, daß sie sich auf die Verhaltenslenkung bestimmter wirtschaftlicher Vorgänge bezieht, soweit sie damit nur Teilaspekte der Wirtschaftstätigkeit unterdrücken will 53 . Insofern handelt es sich hierbei um sog. prohibitive Abgaben, die lediglich die Berufsausübung des Betroffenen erschweren, ohne sie zu verhindern. Folgt man der vom Bundesverfassungsgericht befürworteten These der Dreistufentheorie 54, stellen die Lenkungsabgaben je nach ihren Wirkungen im Regelfall Ausübungsregelungen dar 55, wenn sie lediglich die Frage betreffen, wie und in welcher Weise eine berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann, ohne auf die Freiheit der Berufswahl zurückzuwirken. Danach bedürfen die jeweiligen Zwecke der die Berufsfreiheit beschränkenden Lenkungsab-
51 52 53
Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 138. Kloepfer, AöR 97, S. 273. Vgl. BVerfGE 16, 147 (164).
54
Die These der Dreistufentheorie verdankt dem Bundesverfassungsgericht ihre Entstehung. Sie ist ursprünglich in seinem sog. Apothekenurteil (BVerfGE 7, 377) entwickelt worden, wobei das Bundesverfassungsgericht drei unterschiedlich wirkende Stufen unterschied, auf denen der Gesetzgeber in das Recht der Berufsfreiheit eingreifen kann. 1. Stufe: Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen (Regelungen zur Berufsausübung). 2. Stufe: Die Freiheit der Berufswahl darf durch subjektive Zulassungsregelungen nur beschränkt werden, soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert (Regelungen zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen der Berufswahl). 3. Stufe: Die Freiheit der Berufswahl darf durch objektive Zulassungsvoraussetzungen nur beschränkt werden, soweit der Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren dies rechtfertigt (objektive Regelungen der Berufswahl). 55 Vgl. BVerfGE 13, 181 (186); 16, 147 (162); 26, 1 (12), 29, 327 (333); 38, 61 (79).
134
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
gaben entsprechender Rechtfertigung. Soll die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden, reicht die Rechtfertigung durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls aus56. Unter dem Gesichtspunkt der im Rahmen vom Bundesverfassungsgericht vorzunehmenden verfassungsrechtlichen Erfordernisse dürften die meisten Lenkungssonderabgaben kaum bedenklich sein, soweit sie grundsätzlich aufgrund des dem Abgabepflichtigen zurechenbaren besonderen Grundes erhoben werden, wenn und soweit dieser Grund die Erhebung der Lenkungssonderabgaben zweckmäßig erscheinen läßt. Mit anderen Worten: die die Lenkungssonderabgaben rechtfertigenden Gründe können dahin verstanden werden, daß sie sachliche Gründen der vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls im Sinne der Berufsausübungsregelung darstellen. Da in Wirklichkeit nicht alle Einschränkungen der Berufsfreiheit sich eindeutig in die schematischen Kategorien „Berufswahl" oder „Berufsausübung" einordnen lassen57, kann durch Erhebung von Lenkungssonderabgaben auch die Berufswahl berührt werden, für deren Einschränkung überragend wichtige Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich sind58. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn für neue Berufsbewerber bei der Berufswahlentscheidung Aufnahme, Umfang und Beibehaltung der betroffenen beruflichen Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Lenkungsintention so hoch angesetzt werden, daß es für die Bewerber fraglich wird, ob die Wahl des Berufs überhaupt sinnvoll ist. Die Abgabeerhebung bezweckt in diesem Fall bereits über die bloße Berufsausübungsbeschränkung der in diesem Berufsbereich Beschäftigenden hinaus die Motivationslenkung der potentiellen Berufsbewerber. Allerdings ist bei einem zur Erreichung des Lenkungszwecks geeigneten sonderabgabenrechtlichen Lenkungseingriff auf die Berufsfreiheit
56
Vgl. BVerfGE 47, 109 (116). Die Anwendung der Stufentheorie im Abgabenrecht wurde im Schrifttum weitgehend kritisiert. Abgabenormen, die nach Gestaltung und Tendenz auf die allgemeine Eindämmung einer beruflichen Tätigkeit abzielen, beziehen sich immer zugleich auf die Freiheit der Berufswahl. Denn sie beeinflussen nicht nur die schon im Beruf Stehenden, sondern darüber hinaus auch die potentiellen Berufsbewerber. So hat die einer Abgabe zugrundeliegende Zwecksetzung, eine bestimmte berufliche Tätigkeit zu hemmen oder zurückdrängen, immer auch einen berufsbezogenen Aspekt. Ausnahmen bei der Überschneidung betreffen nur den Fall, daß sich eine lenkende Abgabe nicht auf einen einzelnen Beruf, sondern nur auf einen begrenzten Teil der eigentlichen Berufsfreiheit beschränkt; vgl. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 218; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 257 ff.; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 145 ff. 57
58
Vgl. BVerfGE 13, 97 (107); 17, 371 (379 ff.).
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
135
der Grundsatz der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu beachten, wonach Regelungen stets auf der Stufe vorzunehmen sind, die den geringsten Eingriff in das Grundrecht mit sich bringt 59; die nächste Stufe darf erst betreten werden, wenn die Lenkungszwecke mit Mitteln der vorausgehenden Stufe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wirksam erreicht werden60. III. Lenkende Sonderabgaben und das Rechtsstaatsprinzip 1. Abgabenlenkung unter dem Blickwinkel des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots
Wie die anderen abgabenrechtlichen Lenkungsmaßnahmen begegnen die lenkenden Sonderabgaben - allerdings nicht im gleichen Maße rechtsstaatlichen Bedenken. Diese sich vor allem daraus, daß die materiellen Wirkungen, die bei der Verfolgung eines bestimmten Lenkungszwecks auf dem wirtschafts- und sozialpolitischen Bereich eintreten, sich häufig weitgehend der parlamentarischen Kontrolle entziehen werden, weil diese Wirkungen von zahlreichen Umständen abhängen, die der Gesetzgeber im einzelnen weder vorherzusehen noch zu regulieren vermag61. Angesichts der Tatsache, daß das Rechtsstaatsprinzip als ein generelles Argument gegen die abgabenrechtliche Lenkung eingeführt wurde, ohne daß die damit zusammenhängenden einzelnen Probleme klargestellt werden - ob und welche besonderen rechtsstaatlichen Schranken der abgabenrechtlichen Lenkung gezogen werden können und welche der verschiedenen Seiten des rechtsstaatlichen Unterprinzips zur derartigen Begrenzung herangezogen werden sollten62 - hat Friauf beispielhaft versucht, das Charakteristikum des interventionistischen Steuergesetzes folgendermaßen zu kennzeichnen: „Der Gesetzgeber strebt, wenn er sich des interventionistischen Steuergesetzes bedient, nur einen globalen Gesamterfolg an und verzichtet bewußt auf eine eigene Entscheidung darüber, in welchen Fällen und in welcher Weise die Intervention konkret wirksam werden soll. Aus diesem Grund überläßt er den sozia-
59
Vgl. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 146 ff.; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 262 ff. 60 Vgl. BVerfGE 40, 371 (383). 61 Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 33; ders., W D S t R L 27, S. 1 ff. (9). 62 Selmer, Steuerinterventionismus, S. 209.
136
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung
len und wirtschaftlichen Kräften, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten anzupassen. Das hat zur Folge, daß die rechtsstaatlich gebotene Meßbarkeit und Berechenbarkeit des Eingriffs auf der sekundären Stufe der Intervention nicht gegeben ist, wenn sie auch auf der primären Stufe des eigentlichen Steuertatbestandes vorhanden sein mag."63
Unter Zugrundelegung dieser strukturbedingten Unschärfe des Lenkungsinterventionismus, die aus der Vielzahl der potentiellen Lenkungswirkung folgen, ist der Gesetzgeber nicht in der Lage, eigene Entscheidungen sowohl darüber zu treffen, welche Gesamteinwirkung die in dem Gesetz angelegte Intervention haben wird, als auch darüber, in welcher Weise die Intervention konkret wirksam wird, schließlich insbesondere, ob und inwieweit der abgabentatbestandlich gleichmäßigen Belastung eine entsprechend gleichmäßige Steuerung der Wirkungsund Eindämmungseffekte gegenübersteht64. Obwohl kein ernsthafter Zweifel daran besteht, daß im Gegensatz zu dem unmittelbaren Lenkungsgesetz bei der mittelbaren Lenkung durch Abgaben keine Gewähr dafür gegeben ist, daß gegenüber dem einzelnen Betroffenen die sich aus dem Bestimmtheitsgebot ergebende Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel durchgehalten wird 65 , steht das Gebot der Meßbarkeit und Berechenbarkeit der Lenkung jedoch insofern nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen, als den Betroffenen die genaue Verhaltensalternative - das bezweckte Lenkungsverhalten und die Abgabepflicht - ohne weiteres bekannt ist66. Ein bekanntes Beispiel ist die Abwasserabgabe, wobei von Seiten der Adressaten zwei klar abgrenzbare Belastungsalternativen zur Wahl stehen: die Abgabe veranlaßt den Einleiter des Abwassers dazu, entweder bei Abwassereinleitung die Abwasserabgabe zu entrichten oder durch die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik die Abgabepflicht teilweise zu vermeiden67. In diesem Fall ergibt sich die Vorhersehbarkeit des Lenkungszwecks von Seiten der Betroffenen daraus, daß sie aufgrund der präzis formulierten Abgrenzung der Abga-
63
Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 35. Seimer, Steuerinterventionismus, S. 212 m.w.N. 65 Vgl. Friauf Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 36; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 81. 66 In diesem Zusammenhang hat Selmer (Steuerinterventionismus, S. 213) daran festgehalten, daß im allgemeinen der Bestimmtheit des Eingriffs auf der primären Stufe des Steuertatbestandes die Bestimmbarkeit des Eingriffs auf der sekundären Stufe der Intervention entspricht; im Ergebnis ebenso Meßerschmidt, a.a.O., S. 80. 67 Vgl. § 9 Abs. 5 AbwAG. 64
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender Sonderabgaben
137
bepflicht schon in die Lage versetzt werden, die neue Abgabe oder den erhöhten Abgabensatz als zusätzliches Entscheidungselement in ihre Überlegungen einzubeziehen und unter Berücksichtigung aller Umstände ihr Verhalten danach zu bestimmen68. Das rechtsstaatliche Gebot der Meßbarkeit und Vorhersehbarkeit bezieht sich also nur auf die Stellung der einzelnen Normadressaten gegenüber dem sie verpflichtenden gesetzlichen Eingriff, nicht darüber hinaus auch auf die allgemeinen Auswirkungen der gesetzlichen Regelung69. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Verfassungsmäßigkeit der Sonderbesteuerung des Straßengüterverkehrs das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot dahingehend ausgelegt, daß der Gesetzgeber wegen der Gefahr der Unverhältnismäßigkeit im einzelnen Fall rechtsstaatlich zwar dazu verpflichtet sei, seine Maßnahmen tatbestandlich so klar und unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, daß die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach bestimmen können. Dies bedeutet jedoch nur die Verantwortung des Gesetzgebers, daß er bei der Verwendung der abgabenrechtlichen Lenkung Vorsicht nehmen solle70. Daraus folgt, daß bei abgabenrechtlicher Lenkung von einem Bruch des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots keine Rede sein kann, soweit der Gesetzgeber auf der Ebene der primären Stufe des Abgabetatbestandes die notwendige Vorsicht beachtet hat. Was die Unschärfe des Eingriffs bezüglich der Realisierung des Interventionserfolgs im einzelnen angeht, so besteht eine solche Unschärfe nur aus der Sicht des Gesetzgebers, nicht aber aus der - für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen - Sicht des potentiell durch lenkende Abgaben Betroffenen 71.
68 Selmer, Steuerinterventionismus, S. 213; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 86. 69 Vgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 80; Selmer, a.a.O., S. 213, Wendt, a.a.O., S. 86, 87. 70 BVerfGE 38, 61 (82). Friauf (in: Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. II, S. 300 ff. [307]) hat diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts damit kritisiert, daß es sich einer rechtsstaatlichen Würdigung des unverhältnismäßigen Eingriffs mit der bloßen Bemerkung entzieht, dies möge den Gesetzgeber zur Vorsicht bei der Verwendung des Steuerrechts zur Wirtschaftslenkung mahnen, bedeute aber nicht von vornherein einen rechtsstaatlichen Mangel jeder Lenkungssteuer. Aber hier fehlt es immer noch an einem konkreten Anhaltspunkt dafür, womit das Gebot der rechtsstaatlichen Bestimmtheit gegenüber den einzelnen Lenkungsadressaten gewährleistet werden kann. 71 Ausdrücklich Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, S. 87.
138
Dritter Teil: Sonderabgaben und Wirtschaftslenkung 2. Formenvertauschung bzw. Formenmißbrauch der Lenkungssonderabgaben?
Im allgemeinen besagt die Formenvertauschung bzw. der Formenmißbrauch den Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, d.h. von Recht schlechthin, also den Rechtsmißbrauch, in dem die äußere Erscheinung des Rechts in einer Weise verwandt wird, die mit seinem Gehalt nicht in Einklang steht72. Nach herkömmlicher Auffassung kann von einem Formenmißbrauch immer dann gesprochen werden, wenn an sich legale Zwecke mit Hilfe eines für die Durchsetzung dieser Zwecke nicht vorgesehenen materiell-rechtlichen, kompetenzrechtlichen oder justiziellen Instrumentariums verfolgt werden73. Bereits im Bereich des Abgabenrechts wurden Lenkungsabgaben bisweilen als eine evident ungerechte und damit rechtsstaatswidrige Intervention angesehen, soweit man an dem rein oder doch vorwiegend fiskalischen Verständnis von Abgaben festhält 74. Wie dargestellt, verstößt aber der Einsatz der Abgaben als Mittel der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung weder gegen verfassungsrechtliche Begriffe der jeweiligen Abgaben noch gegen die rechtsstaatliche Ordnung 75, soweit die jeweiligen Abgaben ihre begrifflichen Grundelemente beibehalten. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht eine in das Gewand eines Steuergesetzes gekleidete wirtschaftliche Lenkungsmaßnahme nicht für einen verfassungswidrigen Formenmißbrauch gehalten, es sei denn, daß das Steuergesetz dem ihm begrifflich zukommenden Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderhandelte, indem es ersichtlich darauf ausginge, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, also in diesem Sinne eine erdrosselnde Wirkung auszuübte76. Sieht man von diesen sog. Erdrosselungsabgaben ab, verfolgen die Lenkungsabgaben
72
Pestalozza, Formenmißbrauch des Staates, S. 1. Rupp, NJW 1968, S. 569 ff. (569). Als Beispiele des den rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechenden Formenmißbrauchs nannte er die Preisbindung, die mit den Mitteln und Kompetenzen des Kartellrechts verfolgt wird und die lenkenden Gebühren, vgl. ders., Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 539 ff. (545). 73
74
Vgl. Selmer, Steuerinterventionismus, S. 209; Friauf, Grenzen, S. 33. 75
Verfassungsrechtliche
Selmer, a.a.O., S. 210. BVerfGE 16, 147 (161). Indes hat Pestalozza (Formenmißbrauch des Staates, S. 39 ff. [41]) darauf hingewiesen, daß diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Tat mit einem wirklichen Formenmißbrauch kaum zu tun hat, sondern daß es den Begriff des Formenmißbrauchs in diesem Fall im Sinne der Überschreitung der Steuerkompetenz verwendet hat. 76
Β. Verfassungsrechtliche Grenzen lenkender S o n d e r a b g a b e n 1 3 9
nicht das Ziel, ein bestimmtes Verhalten imperativ zu verbieten, sondern sie wollen ständig den Abgabepflichtigen nahelegen, durch entsprechende Normbefolgung die Abgabepflicht zu vermeiden. Dadurch unterscheiden sie sich auch funktionell von den unmittelbaren Lenkungsmaßnahmen, die ein bestimmtes Verhalten gebieten oder verbieten. Insofern handelt es sich hierbei nicht nur um die Form, sondern um die sachliche Wirkungsweise der Lenkungsabgaben77, wobei dem Normadressat im Gegensatz zu unmittelbaren Lenkungsmaßnahmen trotz influenzierender Wirkung die endgültige Entscheidung überlassen wird, ob die Normbefolgung seinem Eigeninteresse entspricht oder nicht, so daß von einem Mißbrauch oder einer Vertauschung der Form nicht die Rede sein.
77
Nachdrücklich Meßerschmidt,
Umweltabgaben, S. 78.
Vierter Teil
Sonderabgaben in der Republik Korea A. Grundsätze des Finanzwesens in der koreanischen Verfassung 1 Im Verhältnis zum Finanzwesen des Bonner Grundgesetzes, wo eine Reihe ausführlicher Steuer- und haushaltsverfassungsrechtlicher Regelungen, besonders im Zusammenhang mit der Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeit von Steuern zwischen Bund und Ländern getroffen worden ist, sieht die koreanische Verfassung keinen vergleichbaren Regelungskomplex vor. Der Grund liegt in erster Linie darin, daß die Republik Korea anders als die Bundesrepublik Deutschland ein Einheitsstaat ist2. Finânzrechtlich bringt der einheitsstaatliche Charakter der Republik Korea - neben seiner Relevanz in der staatlichen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Justizorganisation3 — weitgehende Konsequenzen mit sich, beispielsweise bei der Aufteilung der Steueraufkommen, der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung sowie beim Finanzausgleich4. Infolgedes-
1
Zur allgemeinen Darstellung der koreanischen Verfassung in deutscher Sprache Yun, Kun-Shik, Die Verfassungsentwicklung der Republik Korea seit 1948, JÖR 1963, S. 461 ff.; Park, Soo-Hyuck, Verfassungssysteme im zweigeteilten Korea und die Grundzüge einer einheitlichen Verfassung im Falle der Wiedervereinigung, Diss., Würzburg 1984 (mit einer Übersetzung der Verfassung der Republik Korea vom 27.10.1980 ins Deutsche). 2 Zum Begriff des Einheitsstaats Maunz /Zippelius, Deutsches Staatsrecht, S. 100; Badura, Staatsrecht, S. 222; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 653 m.w.N. 3 Nach der koreanischen Verfassung vom 29.10.1987 kommen die vollziehende und rechtsprechende Gewalt jeweils der Exekutive (Art. 66 Abs. 4) und den Gerichten (Art. 101 Abs. 1) zu, auch wenn den örtlichen Gebietskörperschaften ein Selbstverwaltungsrecht eingeräumt ist, innerhalb der Schranken der Gesetze und der Rechtsverordnungen ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und zu verwalten (Art. 117 Abs. 1). 4
Aus der Einheitsstaatlichkeit Koreas ergibt sich logischerweise kein horizontaler Finanzausgleich zwischen den gleichrangigen Gebietskörperschaften. Vielmehr findet der Finanzausgleich in Form von Ergänzungszuweisungen statt, wobei die Zentralregierung finanziell schwachen Gebietskörperschaften Finanz-
Α. Grundsätze der koreanischen Finanzverfassung
141
sen hat sich die koreanische Verfassung lediglich damit begnügt, einige grundsätzliche Regelungen des Finanzwesens zu treffen, und überläßt dem einfachen Gesetzgeber die Konkretisierung. Eine der wichtigsten Regelungen des Finanzwesens in der koreanischen Verfassung ist der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung nach Art. 59 KV, derfinanzverfassungsrechtlich den Primat des Parlaments widerspiegelt. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, zusammen mit der allgemeinen Gesetzgebungskompetenz des Parlaments (Art. 40 KV), führt schließlich zur All-Kompetenz des Gesetzgebers, womit er außer Steuern andere Geldleistungspflichten gesetzlich regeln kann. Mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung eng verbunden ist die Steuerpflicht des Bürgers nach Art. 38 KV, die neben Wehrpflicht (Art. 39 KV), Bildungspflicht (Art. 31 Abs. 2 KV) und Arbeitspflicht (Art. 32 Abs. 2 KV) die allgemeine Pflicht des Bürgers darstellt5. Als weitere finanzverfassungsrechtliche Regelungen können die haushaltsrechtlichen Bestimmungen genannt werden6, die das Verhältnis von Parlament und Regierung sowohl bei der Budgetinitiative als auch beim parlamentarischen Haushaltsbewilligungsrecht zum Gegenstand haben. Noch zu erwähnen sind die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Wirtschaftsordnung der Republik Korea7, die die verschiedenen Kontrollmöglichkeiten der staatlichen Wirtschaft vorsehen. Zwar stehen solche Regelungen der Wirtschaftsverfassung von Korea nicht in einem unmittelbaren Bezug zum Finanzwesen, aber sind doch insofern finanzrechtlich von Bedeutung, als der Staat auch durch Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben regulierend und kontrollierend auf den Bereich der Wirtschaft einwirken kann, um bestimmte wirtschafts- und verteilungspolitische Zwecke zu erfüllen 8.
mittel gewährt, vgl. § 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Finanzausgleich der Gebietskörperschaften, i.d.F. v. 06.04.1988, Ges.-Nr. 4008. 5 Vgl. Kim, Chol-Su, Einführung in das Verfassungsrecht (in koreanischer Sprache), S. 557 ff.; Kwon, Young-Sung, Grundzüge des Verfassungsrechts (in koreanischer Sprache), S. 572 ff.; Ku, Byong-Sak, Verfassungslehre I (in koreanischer Sprache), S. 901 ff. 6
Vgl. Art. 54-58 KV. Kapitel IX. Die Wirtschaft, Art. 119-127 KV. 8 Abgabenrechtlich besonders relevant sind Art. 120 Abs. 1, 123 Abs. 4, 125 KV. Art. 120 Abs. 1: Konzessionen für die Förderung, Erschließung oder Nutzung von wichtigen Bodenschätzen, Ressourcen des Meeres und der Gewässer, der Wasserkraft und wirtschaftlich nutzbaren Naturkräfte können nach Maßgabe 7
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Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
I. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung 1. Zielsetzung des Grundsatzes
Nach Art. 59 KV sind die Arten und die Sätze der Steuern durch Gesetze zu bestimmen. Damit erklärt er den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung9. Rechtsgeschichtlich entwickelte sich der Grundsatz aus dem anglo-amerikanischen Rechtsprinzip „no taxation without representation", dessen unmittelbare Zielsetzung darin liegt, die Besteuerung von dem Willen des vom Volk gewählten Parlaments abhängig zu machen10. Wie der Gesetzvorbehalt für Eingriffe in Freiheit und Eigentum im allgemeinen gilt, so hat der steuerrechtliche Gesetzvorbehalt im besonderen zwei prinzipielle Komponenten, nämlich die Rechtssicherheit bzw. Vorhersehbarkeit der Besteuerung auf der einen und den demokratischen Aspekt auf der anderen Seite. Das Volk soll also, repräsentiert durch die Volksvertretung, selbst bestimmen, mit welchen Steuern es sich belasten will. Demzufolge sollen sich Verwaltung und Rechtsprechung auf den Gesetzesvollzug bzw. die Rechtskontrolle beschränken11. Mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung werden schließlich das Eigentum des Steuerpflichtigen und die gleichmäßige Besteuerung gewährleistet12.
der Gesetze für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Art. 123 Abs. 4: Der Staat bemüht sich um den Ausgleich zwischen Nachfrage und Angebot sowie die Verbesserung der Verteilungsstruktur der Agrarprodukte, damit durch Preisstabilität das Interesse der Bauern und Fischer geschützt werden kann. Art. 125: Der Staat fördert den Außenhandel und kann ihn kontrollieren und koordinieren. 9
Vgl. Art. 110 belgische Verfassung; § 43 dänische Verfassung; § 61 finnische Verfassung; § 77 isländische Verfassung; Art. 23 italienische Verfassung; Art. 84 japanische Verfassung; Art. 99 I luxemburgische Verfassung; Art. 188 niederländisches Grundgesetz; Art. 57 Verfassung von Paraguay; Art. 9 spanische Verfassung; Art. 8 Nr. 16, Art. 2 § 1 portugiesische Verfassung. 10 Kim, Chol- Su, Verfassungsrecht, S. 730; Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 730. 11
Tipke /Lang, Steuerrecht, S. 35. Ausdrücklich Kim, Chol-Su, Verfassungsrecht, S. 730; Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 730. 12
Α. Grundsätze der koreanischen Finanzverfassung
143
2. Inhalt und Ausnahme des Grundsatzes
Im allgemeinen besagt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, daß nicht nur die Steuerarten und Steuersätze, sondern darüber hinaus Steuerobjekte, Steuersubjekte, Bemessungsgrundlage und Besteuerungsverfahren durch das Gesetz geregelt werden müssen13. Steuern sind in diesem Sinne die Geldleistungspflichten, die zur Erzielung von Einkünften entweder vom Staat oder von einer der örtlichen Gebietskörperschaften ohne entsprechende Gegenleistung erhoben werden14. Die in § 3 Haushalts- und Rechnungsgesetz15 genannten Finanzmonopole und die durch Rechtsverordnung zu regelnden öffentlichrechtlichen Geldleistungen werden wie Steuern behandelt16, obwohl sie eigentlich keine Steuern sind. Verfahrensrechtlich kommt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung als Legalitätsprinzip zum Ausdruck 17. Nach dem Legalitätsprinzip sind die Steuerbehörden nicht nur berechtigt, sondern auch dazu verpflichtet, die gesetzlich geschuldeten Steuern zu erheben. Das Steuergesetz ist insofern nicht nur Schranke, sondern auch Grundlage des Verwaltungshandelns. Demzufolge dürfen die Steuerbehörden nach ihrem Ermessen oder irgendeiner Vereinbarung auf die Erhebung von Steuern nicht verzichten18, soweit der Verzicht gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Die strikte Anwendung des Legalitätsprinzips führt ferner zum Verbot des Gewohnheitsrechts im Steuerrecht 19. Als Ausnahme vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung kann § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die örtlichen Steuern20 angesehen werden, wonach die örtlichen Gebietskörperschaften bei der Erhebung von Steuern (z.B. Steuerarten, Steuersubjekt, Bemessungsgrundlage und 13
Kim, Chol- Su, a.a.O., S. 730; Kwon, Young-Sung, a.a.O., S. 730. Vgl. Kim, Chol-Su, a.a.O., S. 731; Kwon, Young-Sung, a.a.O., S. 731; Kim, Tu-Chon, Steuerrecht (in koreanischer Sprache), S. 4 ff. 15 I.d.F. v. 31.12.1975, Ges.-Nr. 2826. 14
16
Z.B. Verleihungsgebühr, Eisenbahngebühr.
17
Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 39. Es besteht sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung ein allgemeiner Konsens jedenfalls insoweit, daß direkte Vereinbarungen über die Entstehung oder die Höhe von Abgabenansprüchen der öffentlichen Hand im geltenden Recht nicht zulässig sind; vgl. Tipke/Lang, a.a.O., S. 38. 18
19 20
Kim, Tu-Chon, Steuerrecht, S. 95. I.d.F. v. 26.12.1988, Ges.-Nr. 4028.
144
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
sonstige Erhebungsverfahren) die notwendigen Einzelheiten nach der Satzung bestimmen21. Hinsichtlich der Tatsache, daß die gesetzliche Erhebungsgrundlage von den örtlichen Steuern bereits durch Gesetze22 geregelt worden ist, führt § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die örtlichen Steuern nicht zur Verfassungswidrigkeit, weil zum einen die örtlichen Steuern nach den jeweiligen örtlichen Gebietskörperschaften verschieden sein können23, zum anderen es dem Grundgedanken der örtlichen Selbstverwaltung entspricht, daß den örtlichen Gebietskörperschaften innerhalb der Gesetze das Recht zur ausführlichen Bestimmungen der örtlichen Steuern eingeräumt wird 24 . Als weitere Ausnahme des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung sind die finanziellen und wirtschaftlichen Notmaßnahmen und Notverordnungen des Staatspräsidenten nach Art. 76 Abs. 1 KV zu nennen25, die sich von ihrer Wirkungsweise her als Gesetz erweisen, soweit die Nationalversammlung ihnen nachträglich zustimmt (Art. 76 Abs. 3, 4 KV).
II. Steuerpflicht Der Art. 38 KV lautet: „Jeder Bürger hat nach Maßgabe der Gesetze die Pflicht, die Steuern zu zahlen." Neben der Wehrpflicht ist die Steuerpflicht als die klassische Pflicht des Bürgers anzusehen, deren ursprünglicher Sinn darin liegt, durch das parlamentarische Steuerbewilligungsrecht das Eigentumsrecht des Bürgers gegen den Mißbrauch der Steuererhebungsrechte durch den Monarchen zu schützen. Der klassische und mehr negative Aspekt der Steuerpflicht fordert die aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip folgende gleichmäßige Besteuerung einerseits und wiederum den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Be-
21 Vgl. Art. 117 Abs. 1 KV: Die örtlichen Gebietskörperschaften erledigen die Angelegenheiten der Wohlfahrt der Einwohner, verwalten die Vermögen und können innerhalb der Gesetze und der Rechtsverordnungen Satzungen erlassen, die sich auf die Selbstverwaltung beziehen. 22 Vgl. § 126 des Gesetzes über die örtliche Selbstverwaltung, i.d.F. v. 06.04. 1988, Ges.-Nr. 4004; § 2 des Gesetzes über die örtlichen Steuern. 23 Vgl. §§ 5, 5-2, 6, 6-2 des Gesetzes über die örtlichen Steuern. 24 Kim, Chol- Su, Verfassungsrecht, S. 733; Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 732. 25 Kim, Chol- Su, a.a.O., S. 734; Kwon, Young-Sung, a.a.O., S. 733.
Α. Grundsätze der koreanischen Finanzverfassung
145
Steuerung andererseits 26. Heutzutage hat die Steuerpflicht jedoch zum Teil einen positiven Charakter, und zwar insofern, als der Staatsbürger nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit an der Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben mitwirkt.
III. Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung Wie erwähnt, hat die Koreanische Nationalversammlung neben der Steuergesetzgebungszuständigkeit auch die weitgehende allgemeine Gesetzgebungskompetenz (Art. 40 KV) 27 . Wegen der Einheitsstaatlichkeit der Republik Korea bestehen keine anderen Gesetzgebungsorgane neben der Koreanischen Nationalversammlung28; d.h. die allgemeine Gesetzgebungskompetenz kommt ausschließlich ihr zu, wobei allerdings die Grundrechte des Staatsbürgers und die Rechtsstaatlichkeit der koreanischen Verfassung ihr Schranken setzen29. Zu der allgemeinen Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung gehört selbstverständlich auch die Finanzgesetzgebungskompetenz, auf die sich die Erhebung sowohl von Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge) als auch von übrigen Abgaben stützen läßt. Insofern unterscheidet sich die Gesetzgebungskompetenz der übrigen öffentlich-rechtlichen Abgaben von der Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 59 KV 30 .
26 27
Kim, Chol-Su, a.a.O., S. 558; Kwon, Young-Sung, a.a.O., S. 572, 573. Art. 40 KV: Die gesetzgebende Gewalt kommt der Nationalversammlung
zu. 28
Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die örtliche Selbstverwaltung können die örtlichen Gebietskörperschaften Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, Beiträge und örtliche Steuern erheben. Damit ist ihnen aber nicht eine eigene Finanzgesetzgebungszuständigkeit verliehen, sondern diese Regelung kann (wie § 3 Abs. 1 nach dem Gesetz über die örtlichen Steuern) so verstanden werden, daß die örtlichen Gebietskörperschaften die für die Erhebung derartiger Abgaben notwendigen ausführlichen Bestimmungen treffen. 29
Kim, Chol-Su, Verfassungsrecht, S. 700; Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 654. 30 Dagegen Kim, Chol-Su, a.a.O., S. 731 ff., der die Gesetzgebungskompetenz der übrigen Abgaben auch aus der Steuergesetzgebungskompetenz ableitet.
146
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
IV. Staatliche Intervention auf den Bereich der Wirtschaft nach Art. 119 Abs· 2 KV Auch wenn die Wirtschaftsordnung der Republik Korea 31 auf dem Grundsatz der Achtung der wirtschaftlichen Freiheit und schöpferischen Kraft des Individuums und des Unternehmens beruht (Art. 119 Abs. 1 KV), sieht die koreanische Verfassung dennoch ausdrücklich in Art. 119 Abs. 2 ff. die staatliche Regulierung und Kontrolle der Wirtschaft vor, damit ausgewogenes Wachstum sowie Stabilität der Volkswirtschaft und angemessene Verteilung des Einkommens erzielt werden und durch Vorbeugung gegen marktbeherrschende Stellung sowie den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht die am Ausgleich zwischen den Wirtschaftssubjekten ausgerichtete wirtschaftliche Demokratie verwirklicht wird. Nach dem Wortlaut der Verfassung scheinen solche Bestimmungen über die Wirtschaft - prima facie - nur die direkten Lenkungsmittel für Wirtschaftsüberwachung oder Wirtschaftsaufsicht im wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Sinne zu bedeuten, da hier lediglich von Regulierung und Kontrolle der Wirtschaft gesprochen worden ist. Staatliche Intervention auf den Bereich der Wirtschaft beschränkt sich jedoch nicht nur darauf, auf schädliche und unerwünschte Einflüsse aus dem Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu reagieren, sondern erstreckt sich auch darauf, mittelbar oder unmittelbar in den Wirtschaftsablauf lenkend einzugreifen oder eine volkswirtschaftlich bedeutsame Branche zu fördern 32. Unter den verschiedenen Einsatzmitteln der Wirtschaftslenkung und -förderung kommen in diesem Zusammenhang auch Lenkungsabgaben in Betracht. In der Tat sind die Lenkungssteuern in Korea längst kein Fremdkörper mehr 33. Darüber hinaus
31 Trotz des Schweigens der Verfassung über eine bestimmte Wirtschaftsordnung besteht in Korea eine weitgehende Einstimmigkeit darüber, daß aus der Eigentumsgarantie nach Art. 23 Abs. 1, der Berufsfreiheit nach Art. 15 sowie aus dem Bekenntnis zu der wirtschaftlichen Freiheit des einzelnen und der Unternehmen einerseits, aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 23 Abs. 2, der Kontrolle und Koordinierung der Wirtschaft nach Art. 119 Abs. 2 ff. andererseits die soziale Marktwirtschaft abzuleiten ist. Vgl. Kim, Chol-Su, a.a.O., S. 192 ff.; Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 158 ff. Dennoch ist es fraglich, ob die ohne dogmatische und sozialgeschichtliche Darlegung erfolgte Argumentation der sozialen Marktwirtschaft in der koreanischen Verfassung inhaltlich mit dem Begriff der „sozialen Marktwirtschaft" der Bundesrepublik Deutschland übereinstimmt. 32
Vgl. Scheuner, in: Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, S. 71 ff. Für bestimmte Veräußerungsgewinne bei Grundstücken, die insbesondere innerhalb zweier Jahre erzielt werden, gelten die hohen progressiven Steuertarife, 33
Β. Überblick über das koreanische Abgabensystem
147
kann man auch davon ausgehen, daß der Gesetzgeber aufgrund seiner weitgehenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 40 KV die Lenkungsgebühren erhebt, um die von den für den Bereich der Wirtschaft zuständigen Behörden verwalteten Sachgebiete zu fördern und zu regeln. Erinnert man sich hiermit an die mehrfach erwähnte Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts, die Kompetenz staatlicher Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung umfasse die Befugnis, Abgaben zu erheben34, kann sich aus verfassungsrechtlichen Regelungen der Wirtschaft in Verbindung mit mit der allgemeinen Gesetzgebungskompetenz des Parlaments auch die Befugnis ergeben, außerfiskalische Sonderabgaben zu erheben.
B. Überblick über das System öffentlich-rechtlicher Abgaben in der Republik Korea I. Der Begriff öffentlich-rechtliche Abgabe
Die öffentlich-rechtlichen Abgaben gehören wie die Naturalleistungen zur Gruppe der öffentlichen Lasten1; das sind diejenigen Leistungen, die dem einzelnen durch das öffentliche Recht auferlegt werden und deren Empfänger der Staat oder ein anderer Träger hoheitlicher Gewalt ist. Im Gegensatz zu den Naturalleistungen2 werden als öffentlich-rechtliche Abgaben die von einem Hoheitsträger auferlegten Geldleistungspflichten bezeichnet. Hervorzuheben ist dennoch, daß nicht alle
um damit die Spekulationsgeschäfte mit Grundstücken zu drosseln, vgl. § 70 Abs. 3 des koreanischen Einkommensteuergesetzes. Da solche Lenkungsmaßnahmen sich in den letzten Jahren zur Vermeidung der Spekulation der höchst knapp gewordenen Güter „Grundstücke" nicht als wirksam erwiesen hatten, ging der Gesetzgeber mittlerweile zusätzlich von der tiefgreifenden Besteuerung des Grundeigentums aus, das über die vom Gesetz geregelten Nutzungsflächen hinausgeht; vgl. § 6 - 2 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die örtlichen Steuern. 34
Vgl. BVerfGE 12, 205 (110 ff.); 18, 315 (328 ff.); 37, 1 (16 ff.). Hübschmann, in: Hübschmann /Hepp /Spitaler, Kommentar zur AO und zur FGO, § 3 AO, Anm. 12; Wolff /Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 304. 1
2
Die Naturalleistungen umfassen alle nichtgeldlichen Verpflichtungen wie Wehr- und Zivildienstpflicht oder die Verpflichtung, als Schöffe oder Volkszähler tätig zu werden; s. Wolff /Bachof, a.a.O., S. 306. Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Ablieferung von Belegexemplaren an staatliche Bibliotheken - insoweit unsystematisch - als eine Naturalleistungspflicht in Form einer Abgabe bezeichnet; BVerfGE 58, 137 (144).
148
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
den öffentlichen Haushalten zufließenden Geldleistungen öffentlichrechtliche Abgaben sind. Auszuscheiden sind jene Geldleistungen, die auf der Grundlage des privaten Rechts von der öffentlichen Hand, z.B. durch erwerbswirtschaftliche Betätigung, eingenommen werden. Auch freiwillige Zahlungen und solche aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gehören mangels einseitig festgesetzter Leistungsverpflichtungen durch die öffentliche Hand nicht zu den öffentlich-rechtlichen Abgaben3. Schließlich sind die öffentlich-rechtlichen Abgaben von solchen öffentlichen Lasten abzugrenzen, die nicht die Einnahmeerzielung zum Gegenstand haben. Geldstrafen, Bußgelder, Zwangsgelder sowie öffentlich-rechtliche Schadensersatz- und Erstattungsansprüche gehören in diese Gruppe von Leistungspflichten, die neben den öffentlich-rechtlichen Abgaben eine besondere Ausprägung der Geldleistungslasten darstellen4. Obwohl damit der Umfang der öffentlich-rechtlichen Abgaben abgegrenzt wird, lassen sich der koreanischen Verfassung - sieht man davon ab, daß der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung verfassungsrechtlichen Niederschlag gefunden hat - keinerlei Hinweise darauf entnehmen, welche Arten von öffentlich-rechtlichen Abgaben bestehen bzw. was die Begriffsmerkmale der jeweiligen Abgaben sind. Stattdessen überläßt die koreanische Verfassung, wie bereits dargelegt, im Hinblick auf die Steuer- und allgemeine Gesetzgebungskompetenz des Parlaments es dem einfachen Gesetzgeber, neben Steuern andere öffentlich-rechtliche Abgaben einzuführen und auszugestalten. Im übrigen hat dasfinanzwissenschaftliche und juristische Schrifttum in Korea bislang dazu tendiert, die öffentlich-rechtlichen Abgaben nicht im Rahmen des eigenen systematischen Abgabenrechts, sondern im Rahmen der staatlichen Einnahmen aufzufassen 5. Aus diesen Gründen unterbleibt in Korea immer noch der grundlegende Versuch, die öffentlichrechtlichen Abgaben nach ihren jeweiligen Begriffsmerkmalen zu einem
3
P. Kirchhof Jura 1983, S. 506. Wilke, Gebührenrecht, S. 8 ff.; P. Kirchhof a.a.O., S. 506. 5 Vgl. O, Yon-Chon, Koreanische kommunale Finanzlehre (in koreanischer Sprache), S. 65 ff.; ders., Praxis und Entwicklung der außersteuerlichen Einnahmen der Kommunen, in: Staatlicher Haushalt und politische Zielsetzung (Hrsg. Lee, Koe-SikIKwak, Tae-Won, in koreanischer Sprache), S. 239 ff.; Kim, JungUng, Außersteuerliche Einnahmen, staatliche und öffentliche Anleihen, in: Staatlicher Haushalt und politische Zielsetzung (Hrsg. Park, Chong-Ki/ Lee, Kyu-Ok, in koreanischer Sprache), S. 270 ff.; Lee, Sang-Hui, Kommunale Finanzlehre (in koreanischer Sprache), S. 132 ff.; Kim, To-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht I I (in koreanischer Sprache), S. 131 ff. 4
Β. Überblick über das koreanische Abgabensystem
149
eigenen System herauszuarbeiten. Die Problematik des Abgabenrechts in Korea beginnt immer damit, daß die Abgabengesetze lediglich die Erhebungsgrundlage von Abgaben bilden, ohne daß zugleich danach gefragt wird, um welche Abgabe es sich hierbei handelt. Dessen ungeachtet bestehen in Korea mittlerweile nach praxisbezogener Betrachtungsweise grundsätzlich folgende öffentlich-rechtliche Abgaben: Steuern, Vorzugslasten (Gebühren und Beiträge), Sozialversicherungsbeiträge und die umstrittenen Quasi-Steuern (Sonderabgaben). Während Steuern nach dem Grundgesetz über die staatlichen Steuern6 und dem Gesetz über die örtlichen Steuern systematisch geregelt wurden, sind die anderen Abgaben in einzelnen Gesetzen verstreut geregelt worden.
II. Abgabenarten 1. Steuern
Unumstritten stellen Steuern die Haupteinnahmequelle der Republik Korea dar7. Wie angedeutet, ist aber der verfassungsrechtliche Steuerbegriff weder der koreanischen Verfassung selbst noch den einzelnen Steuergesetzen zu entnehmen. Teils leitet man den Steuerbegriff erfahrungsgemäß sowohl aus ihren Erhebungsberechtigten (hoheitliche Erhebung von Staat und örtlichen Gebietskörperschaften) als auch aus ihrem gegenleistungsunabhängigen Charakter 8, zum Teil aus dem deutschen Steuerbegriff nach § 1 Abs. 1 RAO ab9, ohne sich auf irgendeine rechtliche Grundlage nach koreanischem Recht zu berufen. Da der Steuerbegriff des koreanischen Rechts grundsätzlich dem des deutschen
6
I.d.F. v. 15.12.1984, Ges.-Nr. 3755. Der koreanische Gesetzgeber hat dieses Gesetz am 21.12.1974 verabschiedet, um durch Regelung der grundsätzlichen und gemeinsamen Sachverhalte der Staatssteuern und des Widerspruchsverfahrens für die rechtswidrige und ungerechte Besteuerung das Steuerrechtsverhältnis klarzumachen, die gerechte Besteuerung zu gewährleisten und schließlich die Erfüllung der Steuerpflicht des Bürgers zu erleichtern, Vgl. Kim, Tu-Chon, Steuerrecht, S. 24 ff. 7 Im Haushaltsjahr 1989 beträgt die Quote der Steuereinnahmen etwa 95,7 % aller Einnahmen des Staates, Vgl. Grundzüge des Haushalts (Hrsg. Economic Planning Board/ Republic of Korea, in koreanischer Sprache), S. 242. 8 Vgl. Kim, To-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht II, S. 482. 9 Vgl. Kim, Tu-Chon, Steuerrecht, S. 4 ff.
150
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
Rechts entspricht 10, ist hier nicht erneut auf den in dieser Arbeit mehrfach diskutierten Steuerbegriff einzugehen. In Korea gliedern sich Steuern nach den Ertragsberechtigten in zwei Kategorien, nämlich Staatssteuern und Steuern von örtlichen Gebietskörperschaften ll. Zu den Staatssteuern gehören Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, Steuer auf ungerechtfertigte Bereicherung, Vermögensneubewertungssteuer, Umsatzsteuer, Sonderverbrauchssteuer, Alkoholsteuer, Telefonsteuer, Stempelsteuer, Aktienverkehrssteuer, Verteidigungssteuer, Bildungssteuer sowie Zölle. Zu den örtlichen Steuern zählen Erwerbssteuer, Eintragungssteuer, Verleihungssteuer, Einwohnersteuer, Vermögenssteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Ackerlandsteuer, Schlachtsteuer, Totalisatorsteuer, Zigarettensteuer, Städteplanungssteuer, Gemeineinrichtungssteuer und Geschäftsstellensteuer. Was die Finanzverwaltung der Republik Korea anbelangt, ist sie genauso wie die allgemeine Staatsverwaltung (Art. 66 Abs. 4 KV) durch die Einheitsstaatlichkeit gekennzeichnet. Danach wird die staatliche Steuerpolitik der generellen Kompetenz des Finanzministers unterstellt, während für die allgemeine Finanzverwaltung die dem Finanzminister untergeordnete Nationalsteuerbehörde verantwortlich ist12. Da die koreanische Verfassung keine besondere Finanzgerichtsbarkeit vorsieht, entscheiden die mit der Finanzgerichtsbarkeit aufgerüsteten allgemeinen Gerichte die Rechtsstreitigkeiten über Steuersachen13.
10 Obwohl Steuern grundsätzlich Geldleistung sind, läßt § 29 des koreanischen Erbschaftsteuergesetzes (i.d.F. v. 26.12.1988, Ges.-Nr. 4046) ausnahmsweise Naturalleistung zu. 11
Steuern können weiterhin nach der Abwälzungsmöglichkeit in die direkte und indirekte Steuer, nach dem Steuerobjekt in die Steuer auf das Einkommen, Steuer auf die Einkommensverwendung, die Vermögensteuer und die Verkehrsteuer, nach der Zweckgebundenheit in die allgemeine und Zwecksteuer unterteilt werden, vgl. Kwon, Young-Sung, Verfassungsrecht, S. 731, Fn. 1. 12 Vgl. Korean Taxation (Hrsg. Ministry of Finance , in englischer Sprache), S. 35. Eigenartig erscheint im Zusammenhang mit der Finanzverwaltung Koreas die Gründung der „Fachhochschule für Steuern" am 17.06.1980, die sich als externe Organisation des Finanzministers um den Nachwuchs der Finanzverwaltung sorgt. 13 Kim, To-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht II, S. 502 ff.
Β. Überblick über das koreanische Abgabensystem
151
2. Vorzugslasten a) Gebühren
Ebensowenig wie die Steuer ist der verfassungsrechtliche Begriff der Gebühr der koreanischen Verfassung zu entnehmen. Man findet aber in §§ 127, 128 des Gesetzes über die örtliche Selbstverwaltung die einheitlichen Regelungen von Gebühren. Nach § 127 dieses Gesetzes können die örtlichen Gebietskörperschaften für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen oder Vermögen Benutzungsgebühren erheben. Daran anschließend bestimmt § 128 Abs. 1 desselben Gesetzes, daß die örtlichen Gebietskörperschaften für die dem einzelnen zurechenbare Inanspruchnahme der öffentlichen Hand Verwaltungsgebühren erheben können14. Unabhängig davon, ob diese einfachgesetzlichen Bestimmungen von Gebühren geradezu den verfassungsrechtlichen Begriff der Gebühr darstellen, läßt sich diesen gesetzlichen Bestimmungen bereits entnehmen, daß die Gebühr in Korea abgabenrechtlich als eine dem einzelnen zurechenbare Gegenleistung für die Leistung der öffentlichen Hand konzipiert worden ist15. Neben der Benutzungs- und Verwaltungsgebühr kennt das koreanische Gebührenrecht auch die Verleihungsgebühr, und zwar wird sie als ein Entgelt für die Einräumung eines subjektiven Rechts zugunsten eines bestimmten Konzessionsunternehmens erhoben16. Als ein Beispiel dafür kann das Entgelt nach § 27 des Gesetzes über den Multizweckdamm genannt werden17, wobei es von demjenigen entrichtet wird, dem nach Art. 27 dieses Gesetzes vom Bauminister das Dammbenutzungsrecht eingeräumt wird. Was die konkrete Bemessung von Gebühren betrifft, sollte die Gebühr nach dem Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip so bemessen werden, daß zwischen der gesamten Summe des Gebührenaufkommens und den Kosten der öffentlichen Verwaltung ein angemessenes Verhältnis besteht18. Insofern stimmt der Gebührenbegriff des koreanischen
14
Wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Benutzungs- und Verwaltungsgebühr wird die Benutzungsgebühr in Korea meistens im weiteren Sinne als Verwaltungsgebühr erfaßt; vgl. Lee, Sang-Hui, Kommunale Finanzlehre, S. 230. 15 Lee, Sang-Hui, a.a.O., S. 231 ff., der hier als Gebührenprinzipien das Zurechenbarkeitsprinzip, das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip genannt hat. 16 Kim, Ίο-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht, II, S. 298. 17 18
I.d.F. v. 31.03.1981, Ges.-Nr. 3407. Kim, To-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht II, S. 287.
152
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
Rechts weitgehend mit dem des deutschen Rechts überein, wonach die Gebühr eine öffentlich-rechtliche Abgabe ist, die aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm auferlegt wird und dazu bestimmt ist, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken19.
b) Beiträge
Die Bestimmung des Beitrags ist wie die Gebühr in § 129 des Gesetzes über die örtliche Selbstverwaltung einheitlich geregelt. Danach können die örtlichen Gebietskörperschaften einem bestimmten Kreis der Einwohner innerhalb des Vorteils, der sich aus der Errichtung des Staatsvermögens oder öffentlicher Einrichtungen ergibt, einen Beitrag auferlegen. Begrifflich unterscheidet sich der Beitrag einerseits von der Steuer dadurch, daß er nur von einem bestimmten Kreis der Bürger erhoben wird, dem durch öffentliche Veranstaltungen besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, von der Gebühr andererseits durch die Tatsache, daß er nicht für die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung, sondern für ihre Möglichkeit erhoben wird 20 . Merkwürdigerweise hat sich das Beitragsrecht in Korea im Verhältnis zu den anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben relativ systematisch entwickelt. Im allgemeinen unterteilen sich die Beiträge nach den jeweiligen Beweggründen in die folgenden Typen. Am wichtigsten sind die Nutznießerbeiträge, welche von denjenigen entrichtet werden, die durch Erschließung öffentlicher Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile erzielen. Da der Zweck der Nutznießerbeiträge nicht von dem vollständigen Ausgleich der Vorteile ausgeht, sondern vielmehr auf die teilweise Zuteilung der Erschließungskosten abstellt, darf die Höhe der Nutznießerbeiträge nicht die Vorteile der Begünstigten überschreiten 21. Die Nutznießerbeiträge finden ihren gesetzlichen Niederschlag beispielsweise in § 66 des Straßengesetzes22, § 28 des Gewässergesetzes23, § 65
19
Dazu siehe S. 30 f. Lee, Sang-Hui, Kommunale Finanzlehre, S. 244. 21 Lee, Sang-Hui, a.a.O., S. 245; Kim, To-Chang, Allgemeines Verwaltungsrecht II, S. 433. 20
22 23
I.d.F. v. 31.12.1976, Ges.-Nr. 2989. I.d.F. v. 31.12.1984, Ges.-Nr. 3782.
Β. Überblick über das koreanische Abgabensystem
153
des Städteplanungsgesetzes24, §§ 40 und 100 des Landkreismodernisierungsgesetzes25, § 32 des Naturparkgesetzes 26 u.s.w. Als weitere Kategorie des Beitrags können die Veranlasser- bzw. Verursacherbeiträge angesehen werden, deren Erhebung von denjenigen erfolgt, die zum Neu- oder Ausbau öffentlicher Einrichtungen Veranlassung gegeben haben. Wenn z.B. jemand über eine im Gesetz tolerierte Grenze hinaus das Abwasser ins Gewässer einleitet und dadurch es notwendig macht, die zusätzliche öffentliche Entwässerungsanlage neu- oder auszubauen, ist er zur Finanzierung der dafür erforderlichen Kosten teilweise heranzuziehen (§ 32 Abs. 1, 2 des Entwässerungsanlagengesetzes)27. Zu den Veranlasserbeiträgen gehören weiterhin die Beiträge nach § 64 des Straßengesetzes, § 56 des Gewässergesetzes, § 31 des Naturparkgesetzes und § 16 des Städteparkgesetzes28. Überdies zu nennen sind die Verletzerbeilrägt, die zwar im weiteren Sinne als Veranlasserbeiträge angesehen werden können, aber insofern sich davon unterscheiden, als sie sich auf die aus vorsätzlichen bzw. vernachlässigten Aktionen des Abgabepflichtigen folgenden rechtswidrigen Verletzungen öffentlicher Einrichtungen beziehen, während Veranlasserbeiträge dazu bestimmt sind, die aus rechtmäßigen Aktionen folgenden zusätzlichen Baubelastungen öffentlicher Hand abzugleichen29. Als Beispiele für die Verletzerbeiträge sind die Beiträge nach § 67 des Straßengesetzes, § 32 Abs. 3 des Entwässerungsanlagengesetzes zu nennen. Auch wenn die Beitragsgesetze theoretisch zwischen Veranlasserund Verletzerbeiträgen differenzieren, bedeutet dies nicht, daß sich die beiden Beiträge in der Tat unzweideutig voneinander unterscheiden. Wer die öffentlichen Einrichtungen verletzt hat, steht letzten Endes demjenigen gleich, der zu ihrem Neu- oder Ausbau Veranlassung gegeben hat, soweit die beiden in die Finanzierung der dafür erforderlichen Maßnahmen einbezogen werden. Demzufolge ist anzunehmen, daß die Unterscheidung zwischen Veranlasserbeiträgen und Verletzerbeiträgen nicht wesentlich ist, sondern lediglich an den rechtstechnischen Gesichtspunkt anknüpft 30.
24 25 26 27 28 29 30
I.d.F. v. 15.12.1984, Ges.-Nr. 3755. I.d.F. v. 31.12.1977, Ges.-Nr. 3062. I.d.F. v. 31.12.1986, Ges.-Nr. 3900. I.d.F. v. 31.12.1982, Ges.-Nr. 3647. I.d.F. v. 04.01.1980, Ges.-Nr. 3256. Lee, Sang-Hui, Kommunale Finanzlehre, S. 247. Lee, Sang-Hui, a.a.O., S. 248.
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Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
In jüngster Zeit hat das koreanische Beitragsrecht besonders im Bereich des Umweltschutzes die sog. Verschmutzerbeiträge entwickelt, bei denen die Verschmutzer der Umwelt in die Finanzierung der für die Errichtung und Unterhaltung der Umweltschutzeinrichtungen, für die Wiederherstellung der beschädigten Umwelt sowie für die Entschädigung der persönlichen und sachlichen Schäden erforderlichen Kosten einbezogen werden31. Nach § 43 Abs. 1 des Umweltschutzgesetzes32 können der Staat, die örtlichen Gebietskörperschaften und die von diesem Gesetz eingerichteten Umweltschutzorganisationen Umweltschutzmaßnahmen vornehmen, wenn die Umweltschädigung so fortgeschritten ist, daß entweder die Forderung der Umweltschutzrichtlinie nicht mehr eingehalten wird oder staatliche Maßnahmen für den Umweltschutz aus sonstigen Gründen erforderlich sind. In diesem Fall haben die unmittelbaren Umweltverschmutzer die für solche Maßnahmen erforderlichen Finanzmittel ganz oder teilweise aufzubringen 33. Eigenartig erscheinen im koreanischen Beitragsrecht die Beiträge der örtlichen Gebeitskörperschaften, deren Zweck darin liegt, daß die hochrangigen örtlichen Gebietskörperschaften die aus ihrer Bauarbeit öffentlicher Einrichtungen resultierenden Mehrkosten auf andere niederrangige Gebietskörperschaften teilweise überwälzen können, wenn die letzteren dadurch wirtschaftliche Vorteile ziehen (§ 24 des Gesetzes über die örtlichen Finanzen)34. Die Erhebung der Beiträge dieser Art beruht im Grunde genommen auf dem Gedanken des Nutznießerbeitrags: die sich aus Vermögen und öffentlichen Einrichtungen ergebenden wirtschaftlichen Vorteile sollen durch Erhebung des Beitrags abgeschöpft werden35. Ähnliche Regelungen wie § 24 des Gesetzes über die örtlichen Finanzen sind beispielsweise in § 61 des Straßengesetzes, § 52 des Gewässergesetzes, § 63 des Städteplanungsgesetzes sowie § 36 des Entwässerungsanlagengesetzes zu finden. Dennoch sind solche Beiträge im abgabenrechtlichen Sinne insoweit nicht als echte Beiträge anzusehen, als sie nicht dazu bestimmt sind, die individuell-zurechenbaren wirtschaftlichen Vorteile des Abgabe-
31
Lee, Sang-Hui, a.a.O., S. 248. I.d.F. v. 31.12.1986, Ges.-Nr. 3903. 33 Soweit aber der Umweltverschmutzer begrifflich vollkommen mit dem Verursacher der Umweltbelastung identisch ist, ist die Unterscheidung des Verschmutzerbeitrags als eigener Beitragstyp vom Verursacher- bzw. Veranlasserbeitrag praktisch kaum von Bedeutung. 32
34 35
I.d.F. v. 31.12.1975, Ges.-Nr. 2804. Lee, Sang-Hui, Kommunale Finanzlehre, S. 249.
Β. Überblick über das koreanische Abgabensystem
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Pflichtigen abzugleichen, sondern ausschließlich darauf abzielen, die aus Neu- und Ausbau öffentlicher Einrichtungen folgenden finanziellen Mehrbelastungen zwischen verschiedenen Gebietskörperschaften gerecht zu verteilen.
3. Sozialversicherungsbeiträge
. Sozialversicherungsbeiträge werden in Korea wie in der Bundesrepublik Deutschland erhoben, um die Sozialversicherungssysteme ganz oder teilweise zu finanzieren. Daß trotzdem die Sozialversicherungsbeiträge im koreanischen Abgabenrecht bislang nicht als eine eigene Art von öffentlich-rechtlichen Abgaben angesehen worden sind, kann, wie dargestellt, darauf zurückgeführt werden, daß die Aufkommen aus den Sozialversicherungsbeiträgen nicht dem allgemeinen Haushalt des Staates zufließen und damit keine selbständige Einnahmequelle des Staates darstellen. Vielmehr sind die Sozialversicherungsträger getrennt von den allgemeinen Staatsorganisationen als selbständige juristische Person des öffentlichen Rechts36 organisiert, die mit eigenen Finanzmitteln unabhängig vom Staat ihre Aufgabe erledigen. Bei der Kranken- und Rentenversicherung werden die Beiträge von Arbeitnehmern und von Arbeitgebern bzw. vom Staat je zur Hälfte oder nach gesetzlich geregelten Sätzen aufgebracht 37, während bei der Unfallversicherung die Beiträge allein vom Staat oder von den Arbeitgebern zu erbringen sind38.
36
Vgl. § 15 des Krankenversicherungsgesetzes, i.d.F. v. 04.12.1987, Ges.-Nr. 3986; § 5 des Beamtenrentenversicherungsgesetzes, i.d.F. v. 28.11.1987, Ges.-Nr. 3964; § 5 des Privatschulbeschäftigtenrentenversicherungsesetzes i.d.F. v. 28.11. 1987, Ges.-Nr. 3954. 37
Vgl. § 51 Abs. 1 des Krankenversicherungsgesetzes; § 59 der Beamtenrentenversicherungsgesetzes-Durchführungsverordnung des Staatspräsidenten, i.d.F. v. 27.06.1987, Verord.-Nr. 12188; § 44 Abs. 4, 46 Abs. 1, 47 Abs. 2 des Privatschulbeschäftigtenrentenversicherungsgesetzes. 38
Vgl. §§ 2-2, 19, 20, 21, 22 des Industrieunfallentschädigungsversicherungsgesetzes, i.d.F. v. 09.05.1986, Ges.-Nr. 3818.
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Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
C. Sog. Quasi-Steuern I. Begriff und Legitimation von Quasi-Steuern in der Republik Korea In jüngster Zeit ist in Korea eine Reihe öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten neu in Erscheinung getreten, die normalerweise weder den Steuern noch den Vorzugslasten oder den Sozialversicherungsbeiträgen zuzuordnen sind. Sie werden unter dem Sammelbegriff „Quasi-Steuern" zusammengefaßt und - neben den Steuern - den Unternehmen oder einzelnen entweder teilweise hoheitlich auferlegt oder zum Teil als freiwillige Zahlung abverlangt1. Solche Geldleistungspflichten sind zwar in den letzten Jahren besonders der Gegenstand betriebswirtschaftlicher bzw. finanzwissenschaftlicher Untersuchungen gewesen2, es fehlt aber bisher an einer grundlegenden Auseinandersetzung mit der Problematik von Quasi-Steuern aus rechtswissenschaftlicher Sicht. Den oben genannten Untersuchungen zufolge bestehen mittlerweile in Korea über 30 Arten von Quasi-Steuern3, wobei allerdings deren Zahl je nach Zu- oder Abnahme der sog. freiwilligen Geldleistungen variieren kann. Im großen und ganzen werden die Quasi-Steuern in zwei Gruppen unterteilt: die Abgaben mit Zwangscharakter (Quasi-Steuern im engeren Sinne) auf der einen und die freiwilligen Abgaben mit dem Charakter der Gemeinnützigkeit (Quasi-Steuern im weiteren Sinne) auf der anderen Seite4. Üblicherweise findet man in Korea die Legitimation der Quasi-Steuern darin, daß die Unternehmen in der modernen Industriegesellschaft durch die Erreichung einer eigenartigen Position als Wirtschaftssubjekt eine entsprechende Verantwortung gegenüber der Gesellschaft tragen
1 O, Yon-Chon, in: Zur Konsolidierung der kommunalen Finanzen, (hrsg. Chamber of Commerce, in koreanischer Sprache), S. 88. 2 Choi, Myong-Kun /Lim, Yang-Taek, Theorie und Praxis über die quasisteuerliche Belastung der koreanischen Unternehmen (in koreanischer Sprache, 1983); Choi, Tong-Kyu, Positive Untersuchung über die quasi-steuerliche Belastung der Unternehmen (in koreanischer Sprache, 1986). Im folgenden werden die beiden Untersuchungen einfach als „Untersuchungen" bezeichnet. 3
Vgl. Choi, Myong-Kun ! Lim, Yang-Taek, a.a.O., S. 20 ff. 4
a.a.O., S. 20 ff.; Choi, Tong-Kyu,
Choi, Myong-Kun /Lim, Yang-Taek, a.a.O., S. 22; Choi, Tong-Kyu, a.a.O., S. 21; O, Yon-Chon, in: Zur Konsolidierung der Kommunalen Finanzen, S. 90 f., der neben zwei Grundformen der Quasi-Steuern als dritte Art beitragsähnliche Quasi-Steuern anerkannt hat.
C. Sog. Quasi-Steuern
157
sollen5, und daß solche Verantwortung der Unternehmen gegebenenfalls in Form von Abgaben verfolgt werden kann. In der Anfangsphase des Industrialismus herrschte der ökonomische Liberalismus, in dem das Leitprinzip der unternehmerischen Aktivitäten sich an dem Versuch der Gewinnmaximierung orientierte. Im Laufe der Entwicklung der Industrialisierung, die konsequenterweise zum Auftreten großer Unternehmen und deren Konzentration im Markt geführt hatte, ist man allmählich auf den Gedanken gekommen, daß der durch freien Wettbewerb geprägte ökonomische Liberalismus der sozialen Verantwortung der Unternehmen Rechnung tragen soll. In der Zeit der Hochindustrialisierung werden den Unternehmen also neben dem Gewinnverfolgungsprinzip noch zusätzliche soziale Verantwortungen abverlangt. Heutzutage geht man in dieser Hinsicht davon aus, daß die Unternehmen eine dreifache Verantwortung tragen, nämlich in erster Linie ihre Grundverantwortung, wonach die Unternehmen mit der Gewinnverfolgung das Ziel des volkswirtschaftlich wünschenswerten Produktions- und Beschäftigungsstands und des wirtschaftlichen Wachstums erreichen sollen. Darüber hinaus müssen sie den sich immer verändernden Wertvorstellungen der Gesellschaft aktiv entgegenkommen, beispielsweise durch verantwortungsbewußtes Verhalten im Umgang mit Arbeitnehmern, Aktionären, Verbrauchern usw. Die dritte und letzte Stufe der unternehmerischen Verantwortung vollzieht sich im Bereich des Umweltschutzes und der Armutsbekämpfung, wo zudem ein aktives Engagement der Unternehmen in der Gesellschaft gefordert wird 6. Auch wenn solche verschiedenen Ebenen der unternehmerischen Verantwortung als Rechtfertigungsgrundlage der Quasi-Steuern in Betracht kommen, bedeutet dies nicht, daß alle Quasi-Steuern in Korea tatsächlich auf einer solchen Verantwortung beruhen. In der Tat haben sich die aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit Quasi-Steuern in Korea in den letzten Jahren darauf konzentriert, welchen Ausweg man finden muß, um den weitreichenden Wildwuchs der Quasi-Steuern wirksam unter Kontrolle zu bringen7. Damit stellt sich als notwendig
5
Choi, Myong-Kun / Lim, Yang-Taek, 5, 16. 6
a.a.O., S. 14; Choi, Tong-Kyu,
a.a.O., S.
Choi, Tong-Kyu, a.a.O., S. 17. Mittlerweile beträgt das gesamte Aufkommen der Quasi-Steuern in Korea etwa 5 % des Jahresumsatzes der gesamten Unternehmen. Dies entspricht der Ausgabensumme der Unternehmen für R & D (Research und Development = Forschung und Entwicklung - FuE), was schließlich dazu führt, daß die QuasiSteuern ein großes Hindernis für die künftige Investition zur technischen Innova7
158
Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
heraus, den konkreten Inhalt der unternehmerischen Verantwortung zu präzisieren und damit dem Wesen der Quasi-Steuern im Hinblick auf ihre Legitimation Klarheit zu schaffen. Aus diesem Gesichtspunkt ist schließlich eine Vielfalt von jetzt bestehenden Quasi-Steuern danach zu prüfen, ob sie sich in diesem Rahmen noch als zulässig erweisen können.
IL Abgaben mit Zwangscharakter (Quasi-Steuern im engeren Sinne) Der Begriff „Abgaben mit Zwangscharakter" liegt den Untersuchungen über Quasi-Steuern in Korea zugrunde, worauf bereits hingewiesen wurde. Danach umfassen Abgaben mit Zwangscharakter einen weitreichenden Abgabenkatalog, wobei sie wiederum in drei Unter-Kategorien geteilt werden können8. Zur ersten Untergruppe zählen vorzugslastenähnliche Abgaben, beispielsweise Müllabführgebühr, Beiträge für Straßenneu- und ausbau, Rechnungsprüfungsgebühren sowie mit der Steuersachaufklärung zusammenhängende Gebühren einschließlich der Druckkosten und korporative Beiträge. Als zweite Untergruppe von Abgaben mit Zwangscharakter können solche Abgaben angesehen werden, die sich echten Steuern nähern, beispielsweise die Verbrechensvorbeugungsabgabe, der Beitrag für das Koreanische Rote Kreuz und die Straßenverkehrssicherheitsabgabe nach § 92 des Straßenverkehrsgeseto
zes. Als letzte und wichtigste Gruppe der Abgaben mit Zwangscharakter ist eine Reihe von Abgaben zu nennen, die meistens in § 25 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung 10 und § 100 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung des Staatspräsidenten11 zusammengefaßt worden sind. Sie werden erhoben, entweder um die Exportförderungsvorhaben für den Außenhandel zu finanzieren oder um die Produktionsaktivitäten im Agrarbereich zu fördern oder um Umweltschutzmaßnahmen zu finanzieren.
tion der Unternehmen sein können. Vgl. Choi, Myong-Kun ! Lim, Yang-Taek, Untersuchung, S 12; Choi, Tong-Kyu, a.a.O., S. 14. 8 Choi, Myong-Kun /Lim, Yang-Taek, a.a.O., S. 23 ff.; Choi, Tong-Kyu, a.a.O., S. 23 ff. 9
I.d.F. v. 31.12.1986, Ges.-Nr. 3912. I.d.F. v. 31.12.1988, Verord.-Nr. 12565. 11 I.d.F. v. 31.12.1988, Verord.-Nr. 12564.
10
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Zur dritten Gruppe der Abgaben mit Zwangscharakter kommen noch die Sozialversicherungsbeiträge und der Anteil des Berufsausbildungsbeitrags der Arbeitgeber 12 hinzu. Abgabepflichtig sind in diesen Fällen die Unternehmen, die den mit den Abgaben zu finanzierenden Aufgaben unmittelbar näherstehen als andere Unternehmen oder als die Allgemeinheit. Trotz erheblicher Zweifel an der Möglichkeit der Zuordnung einiger Abgaben mit Zwangscharakter zu den Quasi-Steuern gingen die Untersuchungen davon aus, daß die Nutznießerbeiträge wie Strassenneu- und -ausbaubeiträge, Rechnungsprüfungs- und Steuersachaufklärungsgebühren sowie Druckkosten deswegen als Quasi-Steuern anzusehen seien, weil die meisten von ihnen im Blick auf die Durchführung der Besteuerung von Seiten der Unternehmen keine notwendigen Kosten, sondern Mitwirkungskosten für die staatliche Steuerverwaltung seien und damit aus dem ökonomischen Blickwinkel keine reinen Produktions- oder Verwaltungsaufwand des Unternehmens darstellten 13. Allerdings dürfte diese ökonomische bzw. betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise zu Quasi-Steuern nicht ohne weiteres auf juristische Überlegungen zu übertragen sein, da es bei der juristischen Beschäftigung mit der Problematik von Quasi-Steuern nicht etwa um die Kostenbelastung des Unternehmens, sondern zunächst um ihren abgabenrechtlichen Charakter angeht.
III· Freiwillige Abgaben (Quasi-Steuern im weiteren Sinne) Die im weiteren Sinne zu den Quasi-Steuern zählenden freiwilligen Abgaben sind diejenigen Geldleistungen, die zur Förderung mildtätiger, kultureller, religiöser, jugendschützender und als besonders förderungswürdig anerkannter gemeinnütziger Aufgaben ausgegeben werden. Augenscheinlich scheint der Begriff der Freiwilligkeit mit dem Charakter der öffentlich-rechtlichen Abgaben im Widerspruch zu stehen, denn die Abgaben werden eigentlich vom Erhebungsberechtigten nach öffentlichrechtlichen Normen hoheitlich auferlegt. Daß sie dennoch als Abgaben angesehen werden können, ergibt sich daraus, daß sie in den meisten
12
§ 28 Abs. 1 des Berufsausbildungsgrundgesetzes, i.d.F. v. 09.05.1986, Ges.Nr. 3841. 13 Vgl. Choi, Myong-Kun!Lim, Yang-Taek, Untersuchung, S. 25; Choi, TongKyu, Untersuchung, S. 21.
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Vierter Teil: Sonderabgaben in der Republik Korea
Fällen mehr oder weniger zwangsweise verlangt werden14. Solche freiwilligen Abgaben sind in § 18 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 15, § 42 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung des Staatspräsidenten, § 17 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung des Finanzministers16, § 49 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes17, § 102 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung des Staatspräsidenten und § 53-2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung des Finanzministers18 geregelt worden, wobei die Steuerpflichtigen genauso wie beim Spendenabzugsrecht des deutschen Steuerrechts nach § 10b I EStG und § 9 Nr. 3 KStG diese Ausgaben vom Einkommen ganz oder in begrenztem Umfang abziehen dürfen.
IV. Qualifikation von Quasi-Steuern Der Begriff der Quasi-Steuern in Korea, welcher weitgehend nach dem wirtschaftlichen Aspekt im Sinne der Kostenbelastung der Unternehmen konzipiert worden ist, dient als Sammelbecken dazu, fast alle Geldleistungen der Unternehmen zusammenzufassen, die weder zu den echten Steuerbelastungen noch zu sonstigen Herstellungskosten gehören. Zu dem großen Teil von Quasi-Steuern stellt sich demnach die Frage, ob einige zu den Quasi-Steuern gerechneten Abgaben nach ihren materiellen Kriterien entweder echten Steuern oder Vorzugslasten zuzuordnen sind. Angesichts der bereits erörterten Feststellung, daß die Erhebung von Quasi-Steuern in Korea auf der besonderen Verantwortung der Unternehmen beruht, scheint eine solche Fragestellung um so mehr berechtigt zu sein, als einige Quasi-Steuern in Wirklichkeit ohne unmittelbaren Bezug zu einer derartigen Verantwortung auferlegt werden. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang zunächst der abgabenrechtliche Charakter der zweiten Untergruppe von Abgaben mit Zwangscharakter. Ohne Zweifel müssen die Verbrechensbekämpfung und die Bewahrung der Straßenverkehrssicherheit 19 als typische polizeiliche Auf-
14
Siehe S. 156. I.d.F. v. 26.12.1988, Ges.-Nr. 4020. 16 I.d.F. v. 31.12.1987, Verord.-Nr. 1736. 17 I.d.F. v. 26.12.1988, Ges.-Nr. 4019. 18 I.d.F. v. 25.08.1988, Verord.-Nr. 1760. 19 Ausdrücklich Salzwedel, Wege- und Verkehrssrecht, in: Besonderes Verwaltungsrecht (Hrsg. von Münch), S. 695 ff. (703). 15
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gäbe des Staates angesehen werden, zumal man sich kaum vorstellen kann, daß dem Aufgabenkreis des Roten Kreuzes die betreffenden Unternehmen näherstehen als die Allgemeinheit der Steuerzahler. Dies hat schließlich zur Folge, daß alle drei Abgaben nicht als Quasi-Steuern, sondern als echte Steuern zu qualifizieren sind. Ebenso fraglich erscheinen die vorzugslastenähnlichen Abgaben, von denen die Müllabfuhrgebühr und der Strassenneu- und -ausbaubeitrag jeweils als echte Verwaltungsgebühr und als Erschließungsbeiträge anzusehen sind. Was die Rechnungsprüfungsgebühr und die mit der Steueraufklärung verbundenen Gebühren einschließlich der Druckkosten angeht, kann von öffentlich-rechtlichen Abgaben keine Rede sein, da sie lediglich ein privat-rechtliches Entgelt darstellen. Letztlich ergibt sich die Legitimationsgrundlage von korporativen Beiträgen unmittelbar daraus, daß die Mitglieder der mitgliedschaftlich organisierten Verbände zur Finanzierung der verbandseigenen Aufgaben einen finanziellen Beitrag zu leisten haben. Daß sie sich insofern von Steuern unterscheiden und dadurch abgabenrechtlich eine eigenartige Position errungen haben, wurde bereits dargestellt20. Ebenfalls scheiden die sog. freiwilligen Abgaben aus dem Begriff der Quasi-Steuer aus, weil sie - zumindest begrifflich - keine hoheitlich auferlegten öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern lediglich stcucrrechtlich abziehbare Spenden sind, auch wenn man in Korea den Zwangscharakter freiwilliger Abgaben nicht völlig ausschließen kann. Übrig bleibt als zulässige Quasi-Steuer, die ihrem materiellen Charakter nach mit den Sonderabgaben des deutschen Rechts verglichen werden kann, die letzte Gruppe von Abgaben mit Zwangscharakter, die an die vielfältigen besonderen Verantwortungen der Abgabepflichtigen anknüpfen.
V. Zulässige Sonderabgaben in der Republik Korea 1. Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung
Die in § 25 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung und in § 100 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung des Staatspräsidenten vorgesehenen Abgaben sind dadurch gekennzeichnet, daß sie zumeist dafür erhoben werden, die gruppenbezogene Selbstver-
20
Siehe S. 37 f.
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antwortung im Bereich der Exportförderung 21, des Agrarmarktes 22, der Energieversorgung 23 und des Kreditwesens24 zu verwirklichen. Ähnlich deutschen Sonderabgaben, die ebenfalls weitgehend auf der gruppenbezogenen Selbstverantwortung beruhen, sind die Abgabepflichtigen in derselben Wirtschaftsbranche oder demselben Berufsbereich tätig und bilden damit eine homogene Gruppe. Die Bedeutung der Abgaben solcher Art ist in Korea zuerst im Bereich des Außenhandels hervorzuheben, und zwar im Zusammenhang mit vielfältigen Exportförderungsmaßnahmen des Staates. Angesichts der Bedeutsamkeit des Außenhandels für die Beschäftigung und das wirtschaftliche Wachstum in Korea 25 hat sich die koreanische Regierung in den letzten Jahren darum bemüht, eine Reihe von Exportförderungsfonds zu errichten, deren Aufgabe darin liegt, die verschiedenen Exportförderungsmaßnahmen zu finanzieren. Zwar kann sich der Staat finanziell teilweise daran beteiligen, aber die dafür erforderlichen Finanzmittel sind grundsätzlich von den Betroffenen selber aufzubringen. Zu den Abgaben für Exportförderung zählen die Abgaben nach § 19 des Gesetzes zur Exportförderung der Agrar- und Fischereiprodukte 26, die Abgabe nach § 19 des Gesetzes zur überseeischen Bauexportförderung 27 sowie die Abgabe nach §§ 28, 29 des Außenhandelsgesetzes28. Abgabepflichtig sind dabei diejenigen, die solche Produkte exportieren oder am überseeischen Baugeschäft beteiligt sind, wobei die Abgabeaufkommen jeweils zur Förderung der oben genannten Exportbranche zweckgebunden verwendet werden. Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung spielen auch im Agrarmarkt eine wichtige Rolle, und zwar insofern, als sie entweder dazu dienen sollen, den Preis der Agrarprodukte zu stabilisieren oder einzelne Agrarzweige zu fördern. Nach § 13-2 des Gesetzes über die
21
Vgl. § 25 KstDV Nr. 4, 4-3, 5, 19; § 100 Abs. 1 EstDV Nr. 4, 5. Vgl. § 25 KstDV Nr. 4-2, 10, 11, 12; § 100 Abs. 1 EstDV Nr. 6, 8, 9. 23 Vgl. § 25 KstDV Nr. 13, 14, 21, 27; § 100 Abs. 1 EstDV Nr. 11, 12. 24 Vgl. § 25 KstDV Nr. 6, 7, 8, 24. 25 Im Jahre 1988 betrug die Summe des koreanischen Außenhandels etwa 98,6 Mrd. Dollar (Export: 55,5 Mrd. Dollar, Import: 43,1 Mrd. Dollar). Dies ist etwa über 60 % der gesamten Sozialprodukte, in: Monthly Statistics of Korea (Hrsg. National Bureau of Statistics Economic Planning Board Republic of Korea , in koreanischer und englischer Sprache), S. 170. 26 I.d.F. v. 19.01.1971, Ges.-Nr. 2289. 27 I.d.F. v. 31.12.1980, Ges.-Nr. 3316. 28 I.d.F. v. 31.12.1986, Ges.-Nr. 3895. 22
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Kontrolle der Getreide 29 wurde ein Stabilisierungsfonds eingerichtet, bei dem die Verkäufer und Bearbeiter der importierten Getreide für die Stabilisierung des Getreidepreises die dazu erforderlichen Finanzmittel aufbringen. Als Förderungsabgaben für einzelne Agrarprodukte sind die Abgabe nach §§ 42, 44 des Viehzuchtgesetzes30 und die Abgabe nach §§ Art. 18, 20 des Seidenzuchtgesetzes31 zu nennen. Neben Exportförderung und Stabilisierung des Agrarmarktes sind Sonderfonds solcher Art auch im Bereich der Energieversorgung vorhanden, z.B. der Mineralölstabilisierungs- und der Kohlestabilisierungsfonds. Nach §§ 17-2, 17-3 des Mineralölgesetzes32 werden die Mineralölimporteure und -raffinierien durch Abgaben zur Finanzierung solcher Aufgaben herangezogen, beispielsweise zur Lagerung des importierten Mineralöls, zur Neuerschließung der Ölquellen im Ausland sowie zur Qualitätsförderung der Petro-Waren 33. Parallel zum Mienralölstabilisierungsfonds ist der Gesetzgeber auch bei der Förderung der Kohle vorgegangen, indem er in § 29 des Kohlegesetzes34 den Kohlestabilisierungsfonds errichtete. Hiernach sind diejenigen als Abgabepflichtige vorgesehen, die die Steinkohle unternehmerisch abbauen oder das Brikett herstellen, zumal die Verwendung des Abgabeaufkommens dazu bestimmt ist, außer der Förderung der Sicherheit und der technischen Entwicklung in der Kohleindustrie auch der Wohlstandsverbesserung der Bergarbeiter und ihrer Familienangehörigen Rechnung zu tragen35. Eigenartig erscheinen im koreanischen Sonderabgabenrecht solche Abgaben, die von den Kreditinstituten entrichtet werden, um bei der Bankgeschäftsführung ihre (Auszahlungs)zuverlässigkeit gegenseitig zu gewährleisten. Der in § 5 des Kurzkreditgesellschaftsgesetzes 36 vorgesehene Sonderfonds ist für die kurzfristigen Kreditinstitute gedacht; sein Aufgabenbereich wird darin gesehen, im Falle der Auszahlungsunfähigkeit der Kreditinstitute an deren Stelle das Auszahlungsgeschäft zu übernehmen und damit schließlich die Kunden zu schützen37. Ein Son-
29 30 31 32 33 34
I.d.F. v. 31.12.1980, Ges.-Nr. 3321. I.d.F. v. 04.12.1987, Ges.-Nr. 3995. I.d.F. v. 13.04.1981, Ges.-Nr. 3441. I.d.F. v. 12.05.1986, Ges.-Nr. 3839. Vgl. § 17-4 des Mineralölgesetzes. I.d.F. v. 08.01.1986, Ges.-Nr. 3807.
35
§ 29 Abs. 3 des Kohlegesetzes.
36
I.d.F. v. 31.12.1982, Ges.-Nr. 3633. Vgl. § 1 des Kurzkreditgesellschaftsgesetzes.
37
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derfonds mit ähnlicher Funktion ist nach § 29 des Sparkassengesetzes38 eingerichtet, der mehr daran orientiert ist, die Geschäftszuverlässigkeit der relativ kleineren Kreditinstitute sicherzustellen. Die Feststellung, daß die bereits erörterten Abgaben ausnahmslos den besonderen Fonds des öffentlichen Rechts zufließen und deren Aufkommen weitgehend im Interesse der Abgabepflichtigen verwendet werden, kann als ein Zeichen dafür angenommen werden, daß für die mit solchen Abgaben zu finanzierenden Aufgaben primär die Abgabepflichtigen Verantwortung tragen und nicht die Allgemeinheit, obwohl der Staat teilweise an der Finanzierung der Aufgaben der Sonderfonds beteiligt ist.
2. Abgaben mit sozialer Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern
Auch wenn weder das juristische Schrifttum noch die Rechtsprechung in Korea bislang sich grundlegend mit der Frage beschäftigt hat, wieso die Arbeitgeber für die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme der Arbeitnehmer den bestimmten Beitragsanteil aufbringen müssen, läßt sich ohne weiteres feststellen, daß die fremdnützige Finanzbelastung der Arbeitgeber sich aus der auf dem engen Arbeitsverhältnis zwischen beiden beruhenden sozialen Verantwortung der Arbeitgeber ergibt 39. Demnach bringen die Arbeitgeber bei der Kranken- und Rentenversicherung die Hälfte oder die vom Gesetz bestimmte Quote des Beitrags, bei der Unfallversicherung den gesamten Beitrag auf 10. Außer dem Anteil für die Sozialversicherung der Arbeitnehmer haben die Arbeitgeber nach § 28 des Berufsausbildungsgrundgesetzes dem Arbeitsminister den Berufsausbildungsbeitrag abzuführen, soweit ihre geplanten Ausgaben für Berufsausbildung unter dem gesetzlich festgesetzten Mindestbetrag bleibt. Eigentlich haben die Arbeitgeber in Höhe von 0,2% des Arbeitsentgelts den Berufsausbildungsbeitrag aufzubringen, dessen konkrete Höhe vom Arbeitsminister festgelegt wird 41 . Hier taucht wiederum die umstrittene Frage auf, ob die Arbeitgeber der Berufsausbildung der Arbeitnehmer näherstehen als die Allgemeinheit
38
I.d.F. v. 25.07.1975, Ges.-Nr. 2779. Vgl. Choi, Myong-Kun ! Litri, Yang-Taek, Kyu, Untersuchung, S. 18. 39
40 41
Untersuchung, S. 15; Choi-Tong-
Siehe S. 155. Vgl. § 25 Abs. 1 des Berufsausbildungsgrundgesetzes.
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und dadurch die entsprechende Finanzverantwortung übernehmen sollen. Im Gegensatz zu der Berufsausbildungsabgabe nach deutschem Recht42 beschränkt sich der Zweck des Berufsausbildungsbeitrags nach dem koreanischen Recht auf die innerbetriebliche Berufsausbildung, erweitert sich nicht etwa auf die allgemeine Berufsausbildung der arbeitslosen Jugendlichen oder der Umschulenden. Daß die Arbeitgeber in ihrem eigenen Betrieb die für die arbeitsbezogene Ausbildung notwendigen Kosten im vollen Umfang übernehmen, gehört zu einer Selbstverständlichkeit und bedarf keiner weiteren Erläuterung. In der Tat wird das Aufkommen aus dem Berufsausbildungsbeitrag nicht in einen gesamten Topf gesammelt, etwa in Form eines Sonderfonds, sondern es wird vom Arbeitsminister verwaltet und verausgabt. Das Rechtsverhältnis beim Ausbildungsbeitrag bezieht sich auf die bilaterale Beziehung zwischen einem bestimmten Arbeitgeber und dem Arbeitsminister 43.
3. Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung
Nach § 29 des Altplastikbeseitigungsgesetzes44 werden Hersteller, Bearbeiter, Importeure und Verkäufer von Kunststoffen in die Finanzierung für die Sammlungs- und Beseitigungskosten für Altplastik einbezogen. Dieser Personenkreis ist im Gesetz als „Verursacher" 45 bezeichnet; seine Finanzverantwortung resultiert aus der mit dem unmittelbaren beruflichen Umgang mit Kunststoff bzw. Kunststoffwaren im Zusammenhang stehenden Sachnähe. Nach dem koreanischen Abgabenrecht könnte zwar die Altplastikbeseitigungsabgabe als sog. Verschmutzer- oder Verursacherbeitrag qualifiziert werden46, weil das Gesetz vor allem auf die angemessene Verteilung der für die umweltverträgliche Beseitigung des Altplastik erforderlichen Kosten abzielt. Gemessen an dem klassischen Beitragsbegriff fehlt es jedoch beim Verschmutzerbeitrag am Vorhandensein der traditionellen beitragsbegriffsimmanenten individuell zurechenbaren Staatsleistung, aus der der Abgabepflichtige
42 Gesetz zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen in der Berufsausbildung (Ausbildungsplatzförderungsgesetz) vom 07.09.1976, BGBl. I, S. 2658. 43 44 45 46
Vgl. §§ 28 ff. des Berufsausbildungsgrundgesetzes. I.d.F. v. 28.12.1979, Ges.-Nr. 3182. § 2 Abs. 2 des Altplastikbeseitigungsgesetzes. Siehe dazu S. 204 ff.
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einen wirtschaftlichen Vorteil für sich zieht oder zumindest doch die Möglichkeit erhält, ihn in Anspruch zu nehmen. Abgabenrechtlich ist deshalb die Abgabe nach dem Altplastikbeseitigungsgesetz insoweit als eine zulässige Umweltsonderabgabe anzusehen, als sie aufgrund einer verursacherbezogenen Umweltverantwortung erhoben wird. Auch wenn der Begriff der Umweltabgaben in Korea bislang ein Fremdkörper ist, hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 des Umweltschutzgesetzes eine Grundsatzregelung getroffen, wonach der Verursacher der Umweltbelastungen unter Berücksichtigung sowohl der Art und des Ausmaßes der Umweltschädigung als auch der eingeleiteten Schadstoffe durch Abgaben zur Finanzierung der Umweltschutzmaßnahmen herangezogen wird.
Zusammenfassung
1. Zunächst ist festzustellen, daß die Abgrenzung von Sonderabgaben von anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben, und zwar vor allem von Steuern, der Mittelpunkt ist, von dem alle verfassungsrechtlichen Diskussionen über Sonderabgaben ausgehen. 2. Steuern sind diejenigen Geldleistungen, die keine Gegenleistung für eine besondere Leistung des Staates darstellen. Steuern grenzen sich also begrifflich gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Abgaben in erster Linie über ihre Gegenleistungslosigkeit ab. Der Charakter der Steuer als eine gegenleistungsunabhängige Abgabe führt demnach dazu, alle zurechnungsabhängigen Abgaben einschließlich der Sonderabgaben aus dem Steuerbegriff ausscheiden zu lassen. Alle übrigen Merkmale wie „auferlegt von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen" oder die „Erzielung von Einkünften" spielen bei der Qualifizierung einer Abgabe als Steuer keine Rolle. 3. Im allgemeinen werden die Vorzugslasten dadurch gekennzeichnet, daß sie als Gegenleistung für die dem einzelnen zurechenbar gewährten staatlichen Leistungen zum Zwecke des Vorteilsausgleichs erhoben werden. Zu den Vorzugslasten zählen zunächst einmal Gebühren und Beiträge, die jeweils ein Entgelt für die dem einzelnen gewährte Möglichkeit darstellen, aus konkreten Aufwendungen der Verwaltung einen individuellen Nutzen zu ziehen. 4. Die Verbandslasten (korporative Beiträge) werden losgelöst von dem individuell zurechenbaren Vorteil erhoben. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Verbandslasten ergibt sich vielmehr unmittelbar daraus, daß die Abgabepflichtigen durch eine mitgliedschaftliche Organisation zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft gehören und damit in die Finanzierung der verbandseigenen Aufgabe durch entsprechende Beiträge einbezogen werden. 5. Die sog. beitragsähnlichen Abgaben, die durch mangelnde Staatsleistung und individuelle Zurechenbarkeit geprägt werden, sind keine Beiträge; deshalb kann von „beitragsähnlich" keine Rede sein. Der Begriff der Beitragsähnlichkeit erschwert die Abgrenzung der Abgaben voneinander und wirkt deshalb eher störend.
168
Zusammenfassung
6. Obwohl die Sozialversicherungsbeiträge prinzipiell dem Gedanken der individuellen Adäquanz zugrundeliegen, unterscheiden sie sich von Beiträgen im engeren Sinn dadurch, daß sie vom Grundsatz des solidarischen Ausgleichs ausgehen, welcher die sozialversicherungsrechtliche Umverteilung zwischen den Versicherten ermöglicht. 7. Ihre Anerkennung und Systematisierung verdanken die Sonderabgaben in erster Linie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das durch seine Urteile zu einer Reihe von nichtsteuerlichen Abgaben den Weg zu einem dogmatisch gefestigten Recht der Sonderabgaben zu finden versuchte. In seinem epochemachenden Urteil zur Berufsbildungsabgabe hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die bisher in seinen einzelnen Entscheidungen verstreuten Erkenntnisse zur Sonderabgabe zusammengefaßt und ihre verfassungsrechtlichen Zulässigkeitskriterien aufgestellt, nämlich Gruppenhomogenität, Sachnähe, Gruppenverantwortung und Gruppennützigkeit. 8. Dennoch ist es dem Bundesverfassungsgericht bis heute nicht allzu befriedigend gelungen, die Begriffsmerkmale von Sonderabgaben herauszuarbeiten. Vielleicht kann dieses Manko schon auf das Grundsatzurteil des Gerichts zur Berufsbildungsabgabe zurückgeführt werden, wo es nicht klargestellt hat, ob die von ihm aufgestellten Kriterien Begriffsmerkmale oder bloße Zulässigkeitsvoraussetzungen von Sonderabgaben darstellen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind ihrerseits aber zugleich als Begriffsmerkmale nicht geeignet, Sonderabgaben eindeutig aus dem verfassungsrechtlichen Tatbestand der Steüer auszuglieder. Soweit man davon ausgeht, die Charakteristika der zulässigen Sonderabgabe seien zugleich typenidentifizierende Begriffsmerkmale und typenlegitimierende Zulässigkeitskriterien und sie gälten je nach der Art von Sonderabgaben mehr oder weniger flexibel - was die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Schwerbehinderten- und auch Investitionsabgabe wiederholte - , verkennt man das wesentliche Begriffsmerkmal von Sonderabgaben, nämlich die aus der Sachnähe resultierende besondere Verantwortung der Abgabepflichtigen zum Abgabenzweck. 9. Auch wenn die sonderabgabenspezifische Verantwortung im Hinblick auf die formelle Kausalität mit dem Begriff der Zurechenbarkeit bei Vorzugsiasten schematisch gleichgesetzt werden kann, bedeutet dies nicht, daß sie inhaltlich übereinstimmen. Während die Zurechenbarkeit der Vorzugsiasten die entsprechenden staatlichen Leistungen voraussetzt, sind bei Sonderabgaben solche individuell zurechenbaren Leistungen der öffentlichen Hand nicht vorhanden. Der Begriff der sonderabgabenrechtlichen Verantwortung ist vielmehr ein eigenartiges Begriffs-
Zusammenfassung
merkmal von Sonderabgaben, das unabhängig von jeglicher Art von staatlichen Leistungen existiert. 10. Zwar konzentrierte sich die Diskussion über die öffentliche Verantwortung in der Vergangenheit meistens auf die staatliche Seite; jedoch gehört zur öffentlichen Verantwortung nicht nur die staatliche Verantwortung, sondern auch die Verantwortung des Individuums bzw. einer Gruppe bestimmter Personen. Von Seiten des Bürgers findet der Gedanke des gesellschaftlichen Verantwortung nirgends einen prägnanteren Ausdruck als in der Kategorie der verfassungsrechtlichen Grundpflichten, zu denen auch die Geldleistungspflichten zählen. 11. Die Grundpflicht des Bürgers zur Steuerzahlung basiert auf dem Grundgedanken, daß sich jeder Bürger nach seiner Leistungsfähigkeit an der Erfüllung allgemeiner staatlicher Aufgaben beteiligen soll. Die Steuerpflicht ist in diesem Sinne nichts anderes als der Ausdruck der allgemeinen Finanzverantwortung des Bürgers gegenüber dem Staat: die Steuer ist also eine Gemeinlast. Aber im staatlichen Gemeinwesen sind auch andersartige finanzielle Verantwortlichkeiten vorhanden, die von ihrem Charakter her über die allgemeine Steuerpflicht hinausreicheny und ihre Verfolgung sollte deshalb nicht der Allgemeinheit der Steuerzahler, sondern dem bestimmten Personenkreis durch Sonderabgaben zugerechnet werden. 12. Nach der jeweiligen Verantwortungsgrundlage werden die Sonderabgaben in die Abgaben mit gruppenbezogener Eigenverantwortung, die Abgaben mit sozialer Verantwortung der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern, die Abgaben mit verursacherbezogener Umweltverantwortung und die Abgaben mit vorteilsbezogener
Abschöpfungsverantwor-
tung usw. eingeteilt. 13. Die Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben ergibt sich im Verhältnis zur Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 ff. GG aus Art. 70 ff. GG. Dennoch bedeutet die Gesetzgebungszuständigkeit für Sonderabgaben nach Art. 70 ff. GG nicht, daß der Gesetzgeber unter Zuhilfenahme des legitimen Lenkungszwecks von Sonderabgaben ohne weiteres ordnend und gestaltend in das Wirtschaftsleben eingreifen kann. Mit Blick auf die sonderabgabenspezifische Legitimationsgrundlage ist die Gesetzgebungskompetenz für Sonderabgaben aus Art. 70 ff. GG nur dann herzuleiten, wenn die Sachnähe und die daraus folgende besondere Verantwortung die Auferlegung von Sonderabgaben rechtfertigen. 14. Die sog. Ausgleichsabgaben sind im Rahmen des Sonderabgabenrechts als ein Instrumentarium zu verstehen, mit dem das Ziel verbun-
170
Zusammenfassung
den wird, daß die tatsächlich bestehenden unverdienten Wettbewerbsvorteile und -nachteile nicht geduldet werden dürfen und deshalb beseitigt werden müssen. Der Ausgleichszweck von Sonderabgaben endet demnach dort, wo ein statisches Gleichgewicht von Wettbewerbern besteht. Die Frage, ob darüber hinaus der Zustand des Gleichgewichts innerhalb eines Wettbewerbssystems insgesamt dem Gedanken der gerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen entspricht, betrifft den Problemkreis von Sonderabgaben eigentlich nicht. Im Grunde genommen werden die Sonderabgaben deswegen erhoben, weil die Abgabepflichtigen für die Finanzierung bestimmter Sachaufgaben eine besondere Verantwortung tragen, nicht weil sie im großen und ganzen leistungsfähiger als die Allgemeinheit der Steuerzahler sind und dementsprechend im Rahmen der sozialen Umverteilung mehr finanzielle Opfer erbringen sollen. 15. Seit W Weber die Sonderabgabe im Gegensatz zu den Steuern als die primär wirtschaftspolitische und nicht finanzwirtschaftliche Zielsetzungen verfolgenden Abgaben angesehen hat, entwickelten sich die Sonderabgaben weitgehend zum Instrument der verschiedenen außerfiskalischen Zwecke des Staates. Die grundlegende Vereinbarkeit der lenkenden Sonderabgaben mit dem Grundgesetz bedeutet allerdings nicht, daß sie unter Umgehung der allgemeinen verfassungsrechtlichen Schranken erhoben werden können. In erster Linie müssen die lenkenden Sonderabgaben die Grundrechte beachten. Zugleich sollen die allgemeinen Prinzipien des Rechtsstaates als Schranken der lenkenden Sonderabgaben in Betracht kommen. 16. Das eigentliche Grundrechtsproblem bei Abgaben liegt im Grundsatz der Belastungsgleichheit, der die Variation steuerlicher Belastung und die Auferlegung von Sonderlasten mit systemprägender Kraft steuert. Sieht man den Gleichheitssatz als Will/cürverbot an, bieten die die Erhebung von Sonderabgaben zulassenden sachlichen Gründe Anhaltspunkte dafür, daß die Sonderabgaben unter bestimmten Voraussetzungen trotz des Durchbrechens der Lastengleichheit verfassungsrechtlichen Bestand in Anspruch nehmen können. Daraus erhellt, daß die Frage nach der Lastengleichheit bei Sonderabgaben wiederum auf ihre Rechtfertigung zurückgeführt wird. 17. Im Verhältnis zum Finanzwesen des Bonner Grundgesetzes, in dem eine Reihe von ausführlichen Steuer- und haushaltsverfassungsrechtlichen Regelungen, besonders im Zusammenhang mit der Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungszuständigkeit von Steuern zwischen Bund und Ländern getroffen worden ist, ist die koreanische Finanzverfassung durch die Einheitsstaatlichkeit charakteri-
Zusammenfassung
siert. Finanzrechtlich bringt der einheitsstaatliche Charakter der Republik Korea (neben seiner Relevanz in der staatlichen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Justizorganisation) weitgehende Konsequenzen mit sich, beispielsweise bei der Aufteilung der Steueraufkommen, der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung sowie beim Finanzausgleich. Infolgedessen hat sich die koreanische Verfassung lediglich damit begnügt, einige grundsätzliche Regelungen des Finanzwesens zu treffen, und sie überläßt dem einfachen Gesetzgeber deren Konkretisierung. 18. Das finanzwissenschaftliche und juristische Schrifttum in Korea hat bislang dazu tendiert, die öffentlich-rechtlichen Abgaben nicht im Rahmen des eigenen systematischen Abgabenrechts, sondern im Rahmen der staatlichen Einnahmen aufzufassen. Aus diesem Grund unterbleibt in Korea immer noch der grundlegende Versuch, die öffentlichrechtlichen Abgaben nach ihren jeweiligen Begriffsmerkmalen zu einem eigenen System herauszuarbeiten. Die Problematik des Abgabenrechts in Korea beginnt immer damit, daß die Abgabengesetze lediglich die Erhebungsgrundlage von Abgaben bilden, ohne daß zugleich danach gefragt wird, um welche Abgabe es sich hierbei handelt. Dessenungeachtet bestehen in Korea mittlerweile nach praxisbezogener Betrachtungsweise folgende öffentlich-rechtliche Abgaben: Steuern, Vorzugslasten, Sozialversicherungsbeiträge und umstrittene Quasi-Steuern. 19. In jüngster Zeit ist in Korea eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten neu in Erscheinung getreten, die normalerweise weder den Steuern noch den Vorzugslasten oder den Sozialversicherungsbeiträgen zuzuordnen sind. Sie werden mit dem Sammelbegriff „Quasi-Steuern" benannt und zeichnen sich dadurch aus, daß sie neben den Steuern den Unternehmen ode einzelnen Bürgern entweder teilweise hoheitlich auferlegt oder zum Teil als freiwillige Zahlung abverlangt werden. Üblicherweise sieht man in Korea die Legitimationsgrundlage der Quasi-Steuern darin, daß die Unternehmen in der modernen Industriegesellschaft durch die Erreichung einer eigengearteten Position als Wirtschaftssubjekt eine entsprechende Verantwortung gegenüber der Gesellschaft tragen sollen, und daß eine solche Verantwortung der Unternehmen gegebenenfalls in Form von Abgaben verfolgt werden kann. Auch wenn die verschiedenen Ebenen der unternehmerischen Verantwortung als Rechtfertigungsgrundlage der Quasi-Steuern in Betracht kommen, bedeutet dies allerdings nicht, daß alle QuasiSteuern in Korea tatsächlich immer auf einer solche Verantwortung beruhen und sich als zulässig erweisen.
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