Zentrale Vermarktung von Sportübertragungsrechten: Kartellrechtliche Zulässigkeit nach deutschem und europäischem Recht mit vergleichenden Betrachtungen zum US-amerikanischen und englischen Recht [1 ed.] 9783428512485, 9783428112487

Antje Weihs befaßt sich mit den Problemen, welche die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten in kartellrech

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German Pages 405 [406] Year 2004

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Zentrale Vermarktung von Sportübertragungsrechten: Kartellrechtliche Zulässigkeit nach deutschem und europäischem Recht mit vergleichenden Betrachtungen zum US-amerikanischen und englischen Recht [1 ed.]
 9783428512485, 9783428112487

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ANTJE WEIHS

Zentrale Vermarktung von Sportübertragungsrechten

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Peter J. Tettinger und Klaus Vieweg

Band 15

Zentrale Vermarktung von Sportübertragungsrechten Kartellrechtliche Zulässigkeit nach deutschem und europäischem Recht mit vergleichenden Betrachtungen zum US-amerikanischen und englischen Recht

Von Antje Weihs

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 3-428-11248-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und Georg

Vorwort Vorab möchte ich allen herzlich danken, die einen Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit geleistet haben. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Wernhard Möschel, der mein Interesse für wettbewerbsrechtliche Fragestellungen gefördert, diese Arbeit angeregt sowie die Untersuchung in vielfältiger Weise bestens unterstützt und zügig bewertet hat. Besonders danke ich auch Herrn Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann für die ebenfalls zügige Erstellung des Zweitgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Klaus Vieweg und den Mitherausgebern Herrn Prof. Dr. Dr. Kristian Kühl und Herrn Prof. Dr. Peter J. Tettinger für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe „Beiträge zum Sportrecht". Mein herzlicher Dank gilt meinen Eltern und Georg, welche die Erstellung dieser Arbeit stets liebevoll unterstützten und mir beim Korrekturlesen halfen. Dank gebührt schließlich den Mitarbeitern des Lehrstuhls von Prof. Dr. Möschel, die mir tatkräftige Unterstützung bei der Materialrecherche zukommen ließen. Die Arbeit berücksichtigt Literatur und Rechtsprechung bis März 2003.

Antje Weihs

Inhaltsverzeichnis

Α. Einleitung I.

15

Entwicklung der Sportübertragung

15

II. Ziel dieser Arbeit

23

III. Die wichtigsten Wettbewerbe im Fußballsport

24

IV. Vergabe von Exklusivrechten

27

B. Sport als Gegenstand des Kartellrechts

29

I. Besonderheiten des sportlichen Wettbewerbs

30

II. Ziele des Kartellrechts

32

III. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Wirtschaftsbetätigungen im Bereich Sport

35

C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht I. § 1 GWB 1. Unternehmen und Unternehmensvereinigungen

38 38 38

a) Unternehmen

38

b) Unternehmensvereinigungen

43

2. Beschluß der Unternehmensvereinigung

46

3. Beteiligung von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen

53

4. Spürbare Beschränkung des Wettbewerbs als Zweck oder Wirkung des Beschlusses

57

a) Wettbewerbsbeschränkung

57

aa) Begriff der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit

57

bb) Veranstalter

60

(1) Rechtsnatur der Fernseh übertragungsrechte

62

(2) Inhaber der Fernsehübertragungsrechte

67

Inhaltsverzeichnis

10

(3) Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts

83

cc) Vorliegen eines Konzerns

90

dd) Syndikat mit Andienungspflicht

98

b) Erforderlichkeit der zentralen Vermarktung

103

aa) Möglichkeit der Vermarktung von Einzelbegegnungen

104

bb) Entwicklung des Profifußballs ohne Finanzausgleich (zugleich eine Auseinandersetzung mit der Immanenztheorie)

113

cc) Alternativen zur zentralen Vermarktung

131

(1) Fondslösung

132

(2) Ausgleich durch Zugang zum Spielermarkt

151

c) Bezwecken und Bewirken

156

d) Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung

158

aa) Sachlich relevanter Markt

159

bb) Räumlich relevanter Markt

167

cc) Zeitlich relevanter Markt

169

dd) Spürbarkeit der Beschränkung

169

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot 1. Rationalisierungskartell

173 174

a) Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge

175

b) Wesentliche Steigerung der Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit

177

c) Verbesserung der Bedarfsbefriedigung

181

d) Angemessenes Verhältnis zwischen Rationalisierungserfolg und Wettbewerbsbeschränkung

182

e) Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung

183

f) Höherstufiges Rationalisierungskartell

184

2. Mittelstandskartell

186

3. Freistellung nach § 7 GWB

187

4. Durchbrechungen des Kartell Verbots

189

III. §31 GWB 1. Gesetzgebungsgeschichte

193 194

Inhaltsverzeichnis 2. Der Ausnahmetatbestand des § 31 GWB

197

3. Kritik am Ausnahmetatbestand

201

a) Widerspruch mit den Zielen der sechsten GWB-Novelle

202

b) Schaffung eines Präzedenzfalls

205

c) Tendenz zur Verknappung und Verteuerung der Rechte

205

d) Auswirkungen auf die Wirtschaftswerbung

206

e) Auswirkungen auf die Zuschauer

207

f) Gegenläufige Interessen von Aktionären

208

g) Medienpolitsche Folgen

209

h) Schutz eines meritorischen Guts

217

i) Gewährleistung einer gleichmäßigen Fernsehpräsenz

218

4. Verfassungsrechtliche Einwände a) Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG

220 220

aa) Schutzbereich

220

bb) Einschränkung des Grundrechts

222

cc) Rechtfertigung der Einschränkung

226

b) Art. 12 Abs. 1 GG

233

aa) Schutzbereich

233

bb) Eingriff in den Schutzbereich

234

cc) Rechtfertigung des Eingriffs

238

IV. Rechtsfolgen

D. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach europäischem Recht I. Sport und europäisches Kartellrecht II. Art. 81 Abs. 1 EGV

243

245 245 248

1. Unternehmen und Unternehmensvereinigungen

249

2. Beschlußder Unternehmensvereinigung

252

3. Bezweckte oder bewirkte Wettbewerbsbeschränkung

253

a) Wettbewerbsbeschränkung

254

b) Vorliegen eines Konzerns

257

c) Vorliegen eines Regelbeispiels

260

Inhaltsverzeichnis

12

d) Erforderlichkeit der zentralen Vermarktung

262

e) Hoheitliche Genehmigung der Maßnahme

267

f) Bezwecken oder Bewirken

268

4. Relevanter Markt

269

a) Sachlich relevanter Markt

270

b) Räumlich relevanter Markt

278

5. Zwischenstaatlichkeit

280

6. Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung

286

III. Ausnahmen vom Kartellverbot - Art. 81 Abs. 3 EGV

292

1. Verbesserung der Warenerzeugung oder -Verteilung, Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts

294

2. Verbraucherbeteiligung

300

3. Unerläßlichkeit der Maßnahme

304

4. Keine Ausschaltung des Wettbewerbs

307

IV. Rechtsfolgen

310

V. Verhältnis zwischen EG-Recht und nationalem Recht

312

VI. Anwendung der europäischen Kartellregeln durch das Bundeskarteilamt....317

E. Erfahrungen im Ausland I. Erfahrungen in den USA 1. Das US-amerikanische Kartellrecht 2. Anwendung des Sec. 1 des Sherman Acts - Single-Entity-Theorie

320 322 323 326

3. Sports Broadcasting Act

328

a) Gründe für den Erlaß

329

b) Bedeutung des Begriffs „Sponsored Telecasting44 in Sec. 1 des Sports Broadcasting Acts

332

c) Individuelle Verträge über Fernsehrechte trotz zentralem Rechteverkauf durch die Liga

335

d) Bereiche weiter Auslegung des Sports Broadcasting Acts

338

e) Auswirkungen des Sports Broadcasting Acts

340

4. Vermarktung der Fernsehrechte im College-Sport

343

Inhaltsverzeichnis a) Entscheidung National Collegiate Athletic Association (NCAA) v. Board of Regents of the University of Oklahoma and Univer343 sity of Georgia Athletic Association b) Reaktionen der NCAA

345

c) Auswirkungen auf die Fernsehsender

345

d) Auswirkungen auf die Konsumenten

346

e) Auswirkungen auf die Colleges

347

f) Auswirkungen auf die Werbeindustrie

348

5. Fazit II. Erfahrungen in England 1. Allgemeine Rechtslage vor Inkrafttreten des Competition Acts 1998

348 349 349

a) Die Kartellgesetze

349

b) Tatbestand des Restrictive Trade Practices Acts 1976

350

2. Die englische Entscheidung

351

a) Sachverhalt

351

b) Rechtsanalyse

354

aa) Beschränkende Vereinbarungen mit Bezug auf Dienstleistungen ...354 bb) Verstoß gegen das öffentliche Interesse

356

cc) Fazit

362

3. Veränderungen seit Inkrafttreten des Competition Acts 1998

363

a) Jetzige Sachlage

363

b) Jetzige Rechtslage

364

c) Auswirkung der Veränderungen auf die Zulässigkeit der zentralen Vermarktung

365

F. Schluß

367

Literaturverzeichnis

372

IMaterialienverzeichnis

397

Sachverzeichnis

402

Α. Einleitung I. Entwicklung der Sportübertragung Die Einbindung des Sports1 in die Wirtschaft ist keine Erscheinung der Neuzeit. Schon in der Antike ist Sport eine enge Verbindung mit Kommerz eingegangen. So war nicht nur der Ruhm der Sieger bei den antiken Spielen immens. Mit dem sportlichen Erfolg ging erheblicher materieller Reichtum einher. Sportler erhielten Handgelder einer Stadt, damit sie sich bei Siegerehrungen als Bürger dieser Stadt darstellten, die auf diese Weise ihrem Volk eine Identifikationsfigur bieten wollte. 2 Diese seit Jahrtausenden bestehende Verbindung zwischen Sport und Wirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten eine neue Dimension erreicht. Die wirtschaftliche Bedeutung des Sports hat in den zurückliegenden Jahren stetig und überproportional zu anderen Branchen zugenommen.3 Dies ist auf den im Zuge des allgemeinen Wertewandels gestiegenen gesellschaftlichen Stellenwert von Sport zurückzuführen. 4 Auch die unterschiedlichen modernen Kommunikationssysteme unterstützen die Sportentwicklung nachhaltig.5 Sport hat mittlerweile einen Anteil von 3 % am Welthandel und ist ein Bereich mit sehr großem Beschäftigungspotential. 6

1

Eine Begriffsdefinition von Sport unternimmt Holzke, Der Begriff Sport, S. 81-158. P. Fischer, in: FS für Offerhaus, S. 597 m. w. N. 3 Vgl. Lehmann/Weigernd, Ifo 43 (3), 1997, 381; Schaub, Sports and Competition, S. 2. Eine Darstellung der wirtschaftlichen Bezüge des Sports bei Mailänder, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 6, 7 ff. 2

4

Vgl. Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 15; Dörr, Sport im Fernsehen, S. 40 f.; Kruse, Unentgeltliche Kurzberichterstattung, S. 16; Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 4. 5 EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 7; Osmann, SpuRt 1999, 228, 229; Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209; Mailänder, in: Württembergischer Fußballverband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 6, 25; Amsinck, Media Perspektiven 1997, 62, der drei Phasen seit dem Sendebeginn privater Rundfunkanstalten im Jahr 1984 unterscheidet. b Osmann, SpuRt 1999, 228; dies., SpuRt 2000, 58, 62; EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 1; EG-Kommission, Helsinki Bericht zum Sport, KOM (1999) 644, S. 4; Dörr, Sport im Fernsehen, S. 41 f.; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 104. 1998 wurden 1,4 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts durch den Sport erzielt. Das sind 53 Milliarden Mark. 2,4 % aller Beschäftigten sind in der Sportindustrie enga-

Α. Einleitung

16

T e i l der wirtschaftlichen Entwicklung ist der Markt für Fernsehübertragungsrechte an Sportveranstaltungen. Sport hat sich parallel z u m Fernsehen entfaltet. Inzwischen w i r d von „Fernsehsportarten" gesprochen. Darunter fallen Sportarten, die i n der Öffentlichkeit als besonders telegen oder massenattraktiv angesehen werden und für hohe Einschaltquoten sorgen. 7 Andererseits gibt es viele Sportarten, die an der Kommerzialisierung 8 des Sports nicht teilnehmen. 9 Der Umfang der Sportberichterstattung i m Fernsehen steigerte sich von 1.200 Stunden i m Jahr 1984, dem Jahr der Einführung des dualen Rundfunksystems, auf 17.293 Stunden i m Jahr 1997 und fast 20.000 ein Jahr später. 10 Jeder dritte Deutsche sah 1998 täglich Sport i m Fernsehen, während es 1994 „ n u r " jeder vierte w a r . 1 1 Hierbei dominiert eindeutig der Fußball. 1 2 V o n 1991 bis 1999 hat sich die Programmfläche für Fußball i m F r e e - T V 1 3 fast verdreifacht. 1 4 Der Vertrag über die Fernsehrechte der Bundesliga mit der Kirch-Gruppe aus dem Jahre 2000 führte zu einer noch beeindruckenderen Steigerung. Seit der Spielzeit 2000/01 werden erstmalig alle Erstbundesligaspiele live i m P a y - T V 1 5

giert, vgl. Horizont v. 24.2.2000, (8) 2000, S. 1; Mailänder, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 6, 11. 7 Diese sind wiederum Voraussetzung dafür, daß die Werbewirtschaft Werbespots bei den Sendern bucht, vgl. Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swmmerer, Phdb. Sportrecht, S. 278, Rdnr. 4; Tegelbeckers, in: Tegel beckers/M il les (Hrsg.), Quo vadis, Fußball?, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 222; S. 9, 13; Trosien/Preuß, Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 9. 8 Zum Begriff der Kommerzialisierung siehe Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 9, Fußn. 29; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 107. 9 Vgl. P. Fischer, in: FS für Offerhaus, S. 597, 603; Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 230, 234. So gewann die deutsche Herrenhockeymannschaft 2002 erstmals die Hockey-Weltmeisterschaft. Jedoch wurde selbst das Finale nicht live im Fernsehen übertragen, da es nicht ins Sendeschema der Fernsehanbieter paßte, siehe Leyenberg, FAZ v. 8.3.2002, Nr. 57, S. 38. 10 Michler, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 55, 58; Scheu, in: Tegelbeckers/M il les (Hrsg.), Quo vadis, Fußball?, S. 28. 11 Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 224. 12 Fußball lag 1997 mit 4.231 Stunden (1998: 5413 Stunden) weit vor dem Zweitplazierten Automobilsport mit 2.331 Stunden (1998: 2029 Stunden), Michler, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 55, 59; Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 221; ferner FAZ v. 4.3.2000, Nr. 54, S. 38; zu älteren Zahlen siehe Kruse, Unentgeltliche Kurzberichterstattung, S. 17, 105. 13

Zum Begriff „Free-TV" siehe Diesbach, Pay-TV oder Free-TV, S. 33 ff. Dornemann, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 249, 251. 14

15 Zum Begriff „Pay-TV" siehe Diesbach, Pay-TV oder Free-TV, S. 19 ff.; Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 16 f.: Diese werden im analogen Fernsehsender „Premiere" übertragen.

I. Entwicklung der Sportübertragung

17

oder Pay-Per-View 16 übertragen. 17 Ein Grund fur diese Dynamik ist die strategische Bedeutung von Sportübertragungsrechten. Mit der Ausstrahlung von Fußballspielen erreichen Sender beträchtliche Einschaltquoten. Dies prägt in hohem Maße ihr Standing und damit verbunden ihren Stellenwert beim Verkauf von Werbezeiten. Dieser Stellenwert von Sport spiegelt sich im Programmangebot der vier größten deutschen Sender, aber auch der Sport-Spartensender 18 und des Bezahlsenders Premiere 19 wider. 20 In den ersten Nachkriegsjahren waren Sportübertragungsrechte dagegen wirtschaftlich nicht relevant. Die erste Live-Fußballberichterstattung zwischen zwei Vereinen fand 1952 im Ersten Deutschen Fernsehen statt, die Partie FC St. Pauli gegen Hamborn 07. Dafür zahlte der Hamburger Fußballclub 30.000 D M an den Sender. 21 Im Laufe der Zeit erkannten die Vertragsparteien aber den Stellenwert von Fußballübertragungen bei den Fernsehzuschauern und damit für die Fernsehsender. Die ersten Bundesligaübertragungsrechte für die Saison 1966/67 kosteten infolgedessen bereits 650.000 DM. 2 2 Ihr Preis stieg in den folgenden zwanzig Jahren auf 18 Millionen D M an. In der Spielzeit 1988/89 konkurrierten erstmals private Fernsehsender mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten um die Übertragungsrechte. 23 Daraufhin stiegen die Rechtepreise um

16 Hierzu Diesbach, Pay-TV oder Free-TV, S. 21; Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 16 f.: Diese werden im digitalen Fernsehsender „Premiere World" ausgestrahlt. 17 DFB online, http://www.dfb.de/cgi/bin/getnews.pl?news=5, v. 29.4.2000; Franzke, FAZ v. 10.4.2000, Nr. 85, S. 43. Das gilt auch für den neuen Vertrag vom Juni 2002, DFB online, http://www.dfb.de/news/display.php?id=623&lang=D&anfrage=&kat= news, v. 28.6.2002; Ashelm, FAZ v. 29.6.2002, Nr. 148, S. 40. 18 Hierzu Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swmwerer, Phdb. Sportrecht, S. 279, Rdnr. 6-10. 19 Die Zukunft des hochdefizitären Bezahlsenders ist nach dem Erhalt der Bundesliga-Fernsehrechte im Juni 2002 vorerst gesichert, FAZ v. 1.7.2002, Nr. 149, S. 15. 20 Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swwwerer, Phdb. Sportrecht, S. 278, Rdnr. 4. 21 Hahn, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, S. 259, 261; Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 230, Fußn. 2; van Westerloo, Media Perspektiven 1996, 514. 22 Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 140 f f ; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 30 ff.; Schümer, FAZ v. 31.3.2001, Nr. 77, S. I, deren Zahlen geringfügig voneinander abweichen. Vgl. ferner Amsinck, Media Perspektiven 1997, 62, van Westerloo, Media Perspektiven 1996, 514, und Scheu, in: Tegelbeckers/Milles (Hrsg.), Quo vadis, Fußball?, S. 28, 30, die daraufhinweisen, daß die ersten Fernsehhonorare eher als Unterstützung der Sportverbände und Ausgleichszahlung ftir eine eventuelle Stadionabstinenz von bequemen Zuschauern denn als Gegenwert ftir die Fußballübertragung angesehen wurden. 23 Neben der Öffnung des Rundfunkmarktes ftir private Sender 1984 stieg die Zahl der Fernsehsender auch aufgrund des technischen Fortschritts im audiovisuellen Bereich (Übergang vom analogen zum digitalen Fernsehen) erheblich an, vgl. EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 13; Osmann, SpuRt 2000, 58, 59.

2 Weihs

18

Α. Einleitung

100 %: Sie kosteten 40 Millionen D M . 2 4 In den folgenden Jahren erhielt die Liga pro Saison 150 Millionen Mark vom Bezahlfernsehen und 180 Millionen Mark für die Free-TV-Rechte. 25 Nach dem im Jahre 2000 mit der Kirch-Gruppe für vier Jahre geschlossenen Vertrag sollte die Kirch-Gruppe ca. 750 Millionen Mark pro Jahr für die Übertragungsrechte zahlen, welche die Auslands- und Internetrechte mitumfaßten. 26 Nach dem neuen, zwischen der Deutschen Fußball Liga GmbH (DFL), die das operative Geschäft des Ligaverbands e. V . 2 7 führt, 28 und einer Auffanggesellschaft für die insolvente Kirch Media 29 ausgehandelten Vertrag bezahlt die Auffanggesellschaft für die Spielzeiten 2002/03 und 2003/04 nun 290 Millionen Euro pro Saison sowie einen einmaligen Zuschuß in Höhe von 50 Millionen Euro, der als Teilkompensation für noch offene Forderungen der Liga gegen Kirch gedacht sein dürfte. Die Auffanggesellschaft hat außerdem eine Option auf zwei weitere Spielzeiten, für die 295 bzw. 300 Millionen Euro gezahlt werden müßten. Ferner hat die Liga das Recht auf eine Beteiligung von 25,1 % an dem defizitären Kirch-Sportsender DSF. 30 Insgesamt erhält die Liga mit diesem Vertrag pro Spielzeit bedeutend weniger Geld als bisher. 31 Damit ist vorerst ein Ende des Höhenflugs der Preise für Fußballübertragungsrechte eingetreten. Im Hinblick auf die langfristige Entwicklung sind die Einnahmen der Clubs aus Fußballsenderechten seit 1988 sprunghaft angestiegen,32 auch wenn sie nun

Zur Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im dualen Rundfunksystem siehe Dörr, Sport im Fernsehen, S. 11 ff. 24 Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swmmerer, Phdb. Sportrecht, S. 300, Rdnr. 102; Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 143; Thies, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), ebd., S. 165, 166; Amsinck, Media Perspektiven 1997, 62, 64, 66, der die Preisexplosion auch mit der Einschaltung von Rechteagenturen begründet. 25 FAZ v. 24.11.1999, Nr. 274, S. 53. 26 DFB online, http://www.dfb.de/cgi/bin/getnews.pl?news=5, v. 29.4.2000; Horeni, FAZ v. 2.5.2000, Nr. 101, S. 43. 27 Siehe hierzu unten, A. III. 28 Siehe §§4 Abs. 2 und 19 der Satzung des Ligaverbands: Die DFL verhandelt abschließend über Verträge hinsichtlich der Rechtevergabe, der Ligaverband schließt den Vertrag ab. 29 FAZ v. 18.6.2002, Nr. 138, S. 16; siehe ferner FAZ v. 11.10.2002, Nr. 236, S. 32. 30 Mit dieser Beteiligung lassen sich mittelfristig die Pläne eines eigenen Bundesligakanals im Fernsehen verwirklichen, vgl. Ashelm, FAZ v. 27.6.2002, Nr. 146, S. 45. 31 DFB online, http://www.dfb.de/news/display.php?id=623&lang=D&anfrage=& kat=news, v. 28.6.2002; Ashelm, FAZ v. 29.6.2002, Nr. 148, S. 40, ferner S. 11. 32 Klodt, Die Weltwirtschaft 1998, 108, 110; Franck/ Müller, Zur Fern seh Vermarktung von Sportligen, S. 5. Allerdings werden die Kosten bis 1984 als zu gering angesehen, da die öffentlich-rechtlichen Sender hier ein Nachfragemonopol hatten, siehe Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 141; Thies, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), ebd., S. 165, 167 ff.

I. Entwicklung der Sportübertragung

19

erstmals sinken. Für die Vereine und Gesellschaften 33 ist die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte die Haupteinnahmequelle. 1998 erzielten sie damit 33,2 % des Umsatzes. 3 4 Diese Zahlen sind noch immer aktuell. 3 5 Darüber hinaus hat das Fernsehereignis zusätzliches Interesse am Stadionbesuch geweckt. 3 6 Die Zuschauerzahlen i n den Stadien sind seit 1990 insgesamt u m mehr als 50 % gestiegen. 37 A u c h das kommt der Finanzlage der Clubs zugute. 3 8 M i t der gestiegenen wirtschaftlichen Relevanz des Sports hat auch die rechtliche Einordnung der Tätigkeitsfelder von Sportorganisationen an praktischer Bedeutung gewonnen. Die Verrechtlichung des Sports ist notwendige Kehrseite 33 Einige Vereine haben ihre Lizenzligaabteilung bereits in Handelsgesellschaften umgewandelt: Borussia Dortmund hat am 17.4.2000 eine GmbH & Co. KG auf Aktien gegründet. Eintracht Frankfurt tritt seit dem 1.7.2000 als AG auf. Auf der Jahreshauptversammlung von Hertha BSC Berlin wurde im November 2000 beschlossen, im Frühjahr 2001 eine KGaA zu gründen (vgl. FAZ v. 27.11.2000, Nr. 276, S. 43). Auch der FC Bayern München hat nachgezogen. Am 7.5.2001 wurde die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft beschlossen. Dieser Beschluß wurde im Februar 2002 umgesetzt. Ein Gang an die Börse ist jedoch nicht geplant (vgl. FAZ v. 10.5.2001, Nr. 108, S. 48). Im August 2001 hat auch der 1. FC Köln die Ausgliederung einer GmbH & Co. KGaA angekündigt (FAZ v. 24.8.2001, Nr. 196, S. 38); das Gleiche plant der SV Werder Bremen (FAZ v. 9.10.2002, Nr. 234, S. 31). Allgemein hierzu Braun, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 221, 233 f.

Solche Umwandlungen sind nach der Satzung des DFB möglich, § 16c der DFBSatzung. 34 Focus Online.Finanzen, v. 18.08.1998. Bei finanzschwachen Teams, die über geringe andere Einkünfte verfugen, ist dieser Anteil noch höher, vgl. Trommer, Die Transferregelungen im Profisport, S. 216. Zum Vergleich: In den USA erzielte Football Ende der achtziger Jahre 60 % der Gesamteinnahmen durch Fernsehrechte, Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 123. 35 Vgl. Börsen-Zeitung v. 10.1.2002; Zorn, FAZ v. 6.4.2002, Nr. 80, S. 39, zum Anteil der Fernseheinnahmen an den Fußball-Vereinsetats der Erstligaclubs; Frcmck/Müller, Zur Fernsehvermarktung von Sportligen, S. 5 f.; Borrussia Dortmund, Zwischenbericht Juli - Dezember 2000, S. 7 f.; Capital Nr. 9 v. 19.4.2001, S. 46, 51 über die Zahlen von Schalke 04. FAZ v. 19.5.2001, Nr. 116, S. 18 spricht bei Schalke 04 dagegen sogar von 80 %. Ähnlich das Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 7, 14; Osmann, SpuRt 1999, 228, 231; dies., SpuRt 2000, 58, 59; Mailänder, in: FS für Geiß, S. 605, 607. Zur Sachlage nach der Kirch-Krise vgl. Horeni, FAZ v. 10.8.2002, Nr. 184, S. 1. 36 Siehe unten, C. I. 4. b) bb). 37 Dornemann, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 249, 251; Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 16, zu den Interdependenzen der vier verschiedenen Einkunftsarten (aus Eintrittskarten, Fern seh übertragungsrechten, Sponsoring und Merchandising). 38 Mayer-Vorfelder, Präsident des DFB, zu dieser Entwicklung: „Ich werde zwar nicht rot, wenn ich vom Verhältnis von Sport und Kommerz im Fußball rede, aber ich frage mich, ob der Fußball finanziell noch weiter auszureizen ist. Ich sehe Endlichkeiten in den finanziellen Ressourcen und eine steigende Abhängigkeit des Sports." (zitiert nach FAZ v. 22.3.2001, Nr. 69, S. 46). 2*

Α. Einleitung

20

seiner Kommerzialisierung. 39 In den vergangenen Jahren sind in Deutschland verschiedene Entscheidungen zu der Frage ergangen, ob die zentrale Vergabe von Fernsehübertragungsrechten durch den jeweiligen Dachverband mit dem deutschen Kartellrecht zu vereinbaren ist. Dabei kommt ein Verstoß gegen das Kartellrecht primär in Frage, wenn der Dachverband an Stelle der einzelnen Mitglieder, der Sportclubs, tätig wird. Anders kann die Situation bei einem Handeln des Verbands fur sich selbst sein, wie ζ. B. bei Länderspielen der Nationalmannschaft. Die Entscheidung des BGH über die kartellrechtliche Zulässigkeit der Zentralvermarktung von Europapokalheimspielen deutscher Fußballmannschaften fiel bekanntlich negativ aus.40 Das Bundeskartellamt führte zu dem seine Entscheidung bestätigenden BGH-Beschluß aus, Sportunternehmen wie Fußball-Bundesligaclubs, die ständig steigende Umsätze verzeichneten und zum Teil die Rechtsform von Kapitalgesellschaften hätten, dürften nicht grundsätzlich von der Einhaltung wesentlicher wirtschaftlicher Spielregeln entbunden werden. Für eine solche Bevorzugung gegenüber den Abnehmern der Fernsehrechte und auch gegenüber anderen Teilnehmern am Wirtschaftsleben mit vergleichbar hohen Umsätzen innerhalb und außerhalb der Unterhaltungsbranche gebe es keine Rechtfertigung. 41 Ähnliche Entscheidungen zur Vermarktung von Sportübertragungsrechten sind auch zu anderen Sportbereichen ergangen. Das LG Frankfurt und das OLG Frankfurt verhandelten einen Fall im Automobilsport. 42 Ferner hat das Schiedsgericht der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) die zentrale Vermarktung der Ligaspiele durch die DEL-GmbH als einen Kartellrechtsverstoß angesehen.43 Auch im Ausland war die zentrale Rechtevergabe Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. 1999 erließ der englische Restrictive Practices Court hierzu eine Entscheidung. Er billigte die zentrale Vermarktung der obersten englischen Fußballiga, der Premier League, für die sich sämtliche Clubs stark gemacht hatten.44 1992 beantragte die UEFA, der europäische Fußballverband,

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Streinz, in: Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 14, 68. BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17 „.Europapokalheimspiele "; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565 „FernsehübertragungsrechteBKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte I". 41 BKartA, Bundeskartellamt gegen Ausnahmebereich „Sport" im Kartellgesetz. 42 LG Frankfurt v. 4.6.1997, WRP 1997, 1 108 ff. (einstweilige Verfügung); ähnlich, aber letztlich offengelassen OLG Frankfurt v. 15.12.1998, SpuRt 1999, 200 ff.; anders dagegen LG Frankfurt v. 18.3.1998, SpuRt 1998, 195 ff. (Urteil in der Hauptsache, das sich jedoch - wie unten gezeigt werden wird - in nicht überzeugender Weise auf einen neuen, dem BGH-Beschluß v. 11.12.1997 entnommenen Veranstalterbegriff stützt). 43 DEL-Schiedsgericht v. 7.2.1997, SpuRt 1997, 165, 169. 44 Auch niederländische und dänische Gerichte haben sich mit der Frage nach der Zulässigkeit der zentralen Vermarktung befaßt (vgl. Springer, WRP 1998, 477 m. w. N.). Auf diese Verfahren wird nicht weiter eingegangen. 40

I. Entwicklung der Sportübertragung

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die Freistellung ihrer Regelung hinsichtlich der Rechtevergabe vom Kartellverbot bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Eine Entscheidung erging 2001. 45 Ein weiterer Freistellungsantrag der UEFA hinsichtlich der kommerziellen Rechte der Champions-League-Finalrunde wurde Anfang 1999 gestellt (Fernsehübertragungsrechte, Sponsoren- und Lieferantenrechte, Lizenzrechte und Rechte am geistigen Eigentum).46 Die zur Genehmigung angemeldete Regelung war von der EG-Kommission jedoch wegen des ihr zugrundeliegenden Prinzips der gemeinsamen Vermarktung als wettbewerbsbeschränkend beanstandet und als nicht freistellungsfähig bewertet worden. 47 Daraufhin hat die UEFA neue Regeln über die Vermarktung der Übertragungsrechte an der Champions League entworfen. Anstatt die Rechte wie bisher in einem Paket an eine Rundfunkanstalt je Land zu verkaufen, wird die UEFA sie in vierzehn kleinere Pakete aufteilen und die Verwertungsverträge über kürzere Laufzeiten als bisher (maximal drei statt vier Jahre) schließen. Auch einzelne Fußballclubs werden einen Teil der Rechte innerhalb ihrer Fangemeinde vermarkten können. 48 Die in gewissem Umfang beibehaltene Zentralvergabe ermöglicht der UEFA nach Ansicht des für die Wettbewerbspolitik zuständigen Kommissionsmitglieds Monti weiterhin die erfolgreiche Vermarktung der von ihr eingeführten Marke „Champions League" und bewahrt die Solidarität von finanzstarken und -schwachen Ländern und Clubs. Die EG-Kommission hat dementsprechend im Juni 2002 angekündigt, diese Regeln zu genehmigen. Vor einer endgültigen Genehmigung wird die Kommission den sonstigen Beteiligten jedoch Gelegenheit zur Äußerung geben. Außerdem beantragte der Deutsche

45 EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12 „UEFA-Übertragungsregelung". Hierbei ging es um Übertragungsregeln, nach denen die Mitgliedsverbände der UEFA einen eng begrenzten Zeitraum festlegen können, zu dem in ihrem Gebiet kein Fußball im Fernsehen ausgestrahlt werden darf. 46 EG-Kommission, ABl. 1999, C 99/23, Sache IV/37.398. 47 Siehe rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh , Aktenzeichen IP/01/1043 und IP/02/806; ebd., MEMO/Ol/271; EG-Kommission, ABl. 2002, C 196/3 (Gemeinsame Vermarktung der Medienrechte an der UEFA-Champions League auf Ausschließlichkeitsgrundlage); FAZ v. 21.7.2001, Nr. 167, S. 13, 38. 48 Die UEFA verkauft nach den neuen Regeln weiterhin die Rechte für die Liveübertragungen am Dienstag und am Mittwoch. Mit Beginn der Hauptrunde (siehe dazu unten, A. III.) verkauft sie das jeweilige Spitzenspiel an Rundfunkanstalten in den betroffenen Ländern (z. B. AS Rom gegen Real Madrid an je einen Anbieter in Italien und in Spanien). Sollte es der UEFA nicht gelingen, einige der anderen am gleichen Tag ausgetragenen Spiele an andere Rundfunkanbieter zu verkaufen, können die betreffenden Clubs ihr Spiel einzeln vermarkten. Der FC Bayern München könnte die Rechte dann selbst in Italien und Spanien verkaufen, sofern er am gleichen Tag spielt und die UEFA nicht in der Lage war, sie zu veräußern. Ab Donnerstag 24.00 Uhr können die Clubs die Rechte an Fernsehaufzeichnungen für ihre Fangemeinde nutzen, siehe EGKommission, ABl. 2002, C 196/3, 4; rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/ rapid/start/cgi/guesten. ksh, Aktenzeichen IP/02/806, S. 2 a. E. f.

Α. Einleitung

22

Fußball-Bund ( D F B ) 4 9 i m Jahr 1998 nach Einleitung eines Auskunftsverfahrens durch die EG-Kommission eine Freistellung bezüglich der Bundesligarechte bei der Europäischen K o m m i s s i o n . 5 0 Hierzu ist bislang keine Entscheidung ergangen. A u f die BGH-Entscheidung über die Europapokalrechte hin wurde unter heftiger Lobbyarbeit des D F B am Vorabend der Bundestagswahl 1998 m i t § 31 G W B ein Ausnahmetatbestand i n die sechste G W B - N o v e l l e aufgenommen, der i n bestimmten Fällen die zentrale Vergabe der Fernsehrechte erlaubt. 5 1 Damit wurde der Befürchtung Rechnung getragen, ohne regulierenden Staatseingriff könne es vor allem i m Profifußball zu monopolistischen Strukturen kommen. 5 2 Eine Ausnahme sei für den Erhalt eines wirtschaftlichen Gleichgewichts zwischen den gegeneinander antretenden Vereinen und Gesellschaften erforderlich, weil nur so eine Balance i n der Spielstärke verschiedener Clubs erreicht werden könne. 5 3 Für einen interessanten und v o m Ergebnis her offenen sportlichen Wettbewerb sei diese Ausgewogenheit unerläßlich (True Competition). Außerdem sichere die Umverteilung die Nachwuchsförderung und diene dem Breitensport.

49

Zur Organisation des DFB (ohne die Gründung des Ligaverbands) siehe Trommer, Die Transferregelungen im Profisport, S. 26 ff.; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 26 ff. 50

EG-Kommission, ABl. 1999, C 6/10, Sache IV/37.214. Die EG-Kommission hat bezüglich der Anmeldung einer Lizenzvereinbarung zwischen dem niederländischen Fußballverband K N V B und dem Sender Sport 7 zur Fernsehausstrahlung von Spielen der niederländischen Fußballigen zur Stellungnahme aufgefordert, vgl. EGKommission, ABl. 1996, C 228/4, Sache IV/36.033. 51 In der öffentlichen Anhörung zur sechsten GWB-Novelle verwies der DFB wiederholt darauf, daß die zentrale Vermarktung seit 1963, der Gründung der Bundesliga, praktiziert werde, so daß das jetzige Vorgehen der Kartellbehörden ftir ihn nicht verständlich sei (Ausschuß fur Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 96, 99; siehe hierzu ders., ebd. {Kruse), S. 103). Zwar wurden die Fußballrechte seit Beginn der Fußballbundesliga zentral vermarktet. Aber erst mit der dualen Rundfunkordnung und der Vielzahl von privaten Fernsehsendern entstand das Bedürfnis, die zentrale Vergabepraxis unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen. Denn bis 1984 standen dem DFB allein die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF als Nachfrager gegenüber. Sie verfugten über eine gegengewichtige Marktmacht zum DFB, vgl. Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 88. Die insbesondere in den letzten Jahren geänderten Bedingungen, die Gelder in Millionenhöhe bewegen, ignoriert der DFB bei diesem Einwand. 52

Vgl. Klodt, Die Weltwirtschaft 1998, 108. Zur aus vier kausalen Schritten bestehenden Argumentationskette, die dieser Ansicht zugrunde liegt, siehe Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11, 23 f. 53

II. Ziel dieser Arbeit

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II. Ziel dieser Arbeit Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den Problemen, welche die Vermarktung der Sportfernsehrechte in kartellrechtlicher Hinsicht aufwirft. Im folgenden wird die derzeitige Rechtslage auf deutscher und europäischer Ebene analysiert. Es wird zunächst ohne Berücksichtigung des § 31 GWB untersucht, ob die zentrale Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte dem Schutzgedanken des deutschen Kartellrechts zuwider läuft. Denn sollte die Zentralvermarktung nach geltendem Kartellrecht zulässig sein, käme es auf eine Erörertung des § 31 GWB nicht mehr an. Zwar spielen Wettbewerbsbeschränkungen im Sport nicht nur bei der Vergabe von Fernsehübertragungsrechten eine Rolle. Sportclubs werden in vielfältiger Hinsicht wirtschaftlich tätig (wie beim Merchandising 54 und bei Spielerverträgen). Auf allen Gebieten sind Verstöße gegen das Kartellrecht denkbar. Diese Arbeit wendet sich von den wirtschaftlichen Bereichen, in denen der Sport heutzutage tätig ist, allein der Veräußerung von Fernsehübertragungsrechten zu, bei der die größten Einnahmen erzielt werden. Denn die (karteil-) rechtlichen Probleme unterscheiden sich bei anderen Tätigkeiten von denen der zentralen Fernsehvermarktung (so bei Spielerverträgen u. a. im Hinblick auf die Freizügigkeit). Außerdem beschränkt sich die neue Ausnahmeregel des § 31 GWB auf Übertragungsrechte. Nach Feststellung eines Verstoßes gegen die deutsche Grundnorm des § 1 GWB, in deren Rahmen Lösungsalternativen zum Erhalt einer finanziell und spielerisch ausgeglichenen Liga dargestellt werden, wird die Ausnahmenorm des § 31 GWB - auch bezüglich ihrer Verfassungsmäßigkeit - untersucht und bewertet. Des weiteren wird die Rechtslage nach europäischem Kartellrecht erörtert. Schließlich werden rechtsvergleichend Erfahrungen aus den USA herangezogen, denn die Vereinigten Staaten von Amerika haben bereits im Jahre 1961 einen Ausnahmetatbestand für Sportübertragungsrechte geschaffen. Außerdem wird die bereits erwähnte Entscheidung des englischen Restrictive Trade Practices Courts untersucht. Die Arbeit beschränkt sich nicht auf die Rechtslage im Profifußball, sondern geht auch auf andere Mannschaftssportarten ein. Allerdings hat der Fußball Beispielfunktion. Er steht im Mittelpunkt der Diskussion. Fußball hatte an den Ausgaben der Fernsehanstalten fur Sportübertragungsrechte den größten Einzelanteil. Er betrug im europäischen Durchschnitt 44,6 %. 5 5 Die Lage in anderen Teamsportarten wird nur erörtert, wenn sie etwas Entscheidendes zur jewei54 Zu diesem Begriff siehe Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 147. 55 EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 20, Rdnr. 36 „UEFAUbertragungsregelung ".

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Α. Einleitung

ligen Diskussion beitragen kann. Demgegenüber wird die Rechtslage von Individualsportarten nicht behandelt.56 Inwieweit sich die rechtlichen Verhältnisse von denen der Mannschaftssportarten unterscheiden, bedarf einer weiteren Untersuchung. Auch nach Einführung der neuen Ausnahmenorm in das GWB ist die Fragestellung aktuell. Darauf weisen bereits die Verfahren vor der Europäischen Kommission hin. § 31 GWB nimmt die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte lediglich vom deutschen, nicht aber vom europäischen Kartellverbot aus. Die Aktualität dieser Thematik wird von der anhaltenden Diskussion unter den Fußballvereinen und -gesellschaften über die Art der Rechtevergabe unterstrichen. Im August 2001 forderte der Präsident des Fußballclubs Borussia Dortmund, Niebaum, im Zusammenhang mit den stark gesunkenen Einschaltquoten bei der Hauptfußballsendung „ran" des Senders SAT.l zu Beginn der Spielzeit 2001/02 57 künftig eine dezentrale Rechtevermarktung der Bundesliga. Dieser Vorschlag ist beim FC Bayern München auf Ablehnung gestoßen, obwohl ein derart vermögender Club in der Saison 2000/01 statt 40 Millionen Mark 100 Millionen Mark aus diesen Rechten hätte erlösen können. Der Club begründete seine Meinung mit der größeren Stabilität der Liga, die durch die zentrale Vermarktung erreicht werde. 58 Allerdings ist der Club nach heutigem Kenntnisstand für diesen finanziellen Ausfall durch Zahlungen der Kirch-Gruppe (teilweise) kompensiert worden. Seit der Kirch-Krise fordert außerdem die CDU eine Überprüfung von § 31 GWB, da es nur aufgrund der zentralen Vermarktung das Risiko gebe, daß alle Teams von einem insolventen Käufer abhingen.59

III. Die wichtigsten Wettbewerbe im Fußballsport Im Vereinsfußball gibt es verschiedene Wettbewerbe 60, die auf unterschiedliche Weise vermarktet werden. Der wichtigste Wettbewerb ist die deutsche Fuß-

56 Der Publikumserfolg und damit die Nachfrage der Rechteverwerter ist hier stark von einzelnen Persönlichkeiten abhängig. Außerdem finden meist keine zeitlich gestreckten Wettbewerbe statt, sondern die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf wenige Saisonhöhepunkte, vgl. Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 94. 57 Diese waren auf eine Verlegung der Sendung von 18.30 Uhr auf 20.15 Uhr zurückzufuhren, die vom Publikum nicht angenommen wurde. Durch die Verlegung sollte der Abonnementsverkauf des ebenfalls zur Kirch-Gruppe gehörenden Pay-TV-Senders Premiere angekurbelt werden, Franzke, FAZ v. 13.6. 2001, Nr. 135, S. 46; FAZ v. 23.7.2001, Nr. 168, S. 34; FAZ v. 25.7.2001, Nr. 170, S. 39. Siehe hierzu auch Heermann,, SpuRt 2001, 188 ff. 58 FAZ v. 10.8.2001, Nr. 181, S. 37; ferner FAZ v. 2.4.2002, Nr. 76, S. 40. 59 FAZ v. 6.4.2002, Nr. 80, S. 1. 60 Zur Produktion von Sportereignissen und unterschiedlichen Austragungsmodi von Wettkämpfen siehe Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 10 f f , 46.

III. Die wichtigsten Wettbewerbe im Fußballsport

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ballmeisterschaft der ersten Bundesliga. Bis Mitte 2001 regelte das Lizenzspielerstatut des DFB den bezahlten Fußballsport, zu dem neben der ersten Liga auch die zweite Bundesliga zählt. Zum 1.7.2001 wurde der Ligaverband als Zusammenschluß der lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der beiden Bundesligen aus dem DFB ausgegliedert. 61 Dieser Verband ist ordentliches Mitglied des DFB. 6 2 Seine wichtigste Aufgabe ist es, die ihm zur Nutzung vom DFB exklusiv überlassenen Vereinseinrichtungen der ersten und zweiten Bundesliga zu betreiben. 63 Der Profifußball ist jetzt im Ligastatut des Ligaverbands geregelt. 64 Das Ligastatut besteht aus der Lizenzierungsordnung (LO), der Lizenzordnung Spieler (LOS), der Spielordnung des Ligaverbands (SpOL) und der Ordnung fur die Verwertung kommerzieller Rechte (OVR). Die Vereine und Gesellschaften beider Ligen unterwerfen sich diesem Statut durch Lizenzverträge mit dem Ligaverband. 65 Diese Verträge werden jeweils für eine Spielzeit abgeschlossen.66 Bis zur Gründung des Ligaverbands besaß der DFB nach dem Lizenzspielerstatut (LSpSt) das Recht, über Fernsehübertragungen von Bundesligaspielen Verträge zu schließen.67 Dieses Recht besitzt nun der Ligaverband. 68 Sowohl der DFB als auch der Ligaverband haben von diesem Recht Gebrauch gemacht. Die aus diesen Verträgen erzielten Einnahmen werden an die Vereine und Gesellschaften der ersten und zweiten Liga verteilt. Gemäß einer Einigung vom November 1999 erhalten die Clubs der ersten Bundesliga 80 % dieser Einnahmen, die der zweiten Bundesliga 20 %. 6 9 Von den 80 % der ersten Liga wird eine Hälfte an alle Teams gleichmäßig verteilt, die andere Hälfte wird nach dem sportlichen Erfolg der Mannschaften vergeben. Dabei werden nach einem Punktesystem die vergangenen drei Spielzeiten sowie der aktuelle Tabellenstand pro Spieltag berücksichtigt. Einnahmen aus der Live61 Vgl. § 16 Abs. 1 der DFB-Satzung. Der Ligaverband ist am 18.12.2000 gegründet worden, hat seine Arbeit aber erst mit Beginn der Spielzeit 2001/02 aufgenommen, siehe http://www.dfb.de/cgi/bin/getnews.pl?archiv=51 , v. 18.12.2000. Die Gründung ist durch den DFB-Bundestag am 28.4.2001 bestätigt worden. 62 §§ 1 Abs. 1 und 7 Abs. 1 Nr. 2 b) der DFB Satzung. 63 Präambel der Satzung des Ligaverbands i. V. m. §§ 4 lit. g) und 16a Abs. 1 Nr. 1 der DFB-Satzung. 64 Siehe § 5 Abs. 1 lit. a) der Satzung des Ligaverbands. 65 § 16a Abs. 1 Nr. 3 der DFB-Satzung, §§ 4 Abs. 1 lit. c) und 8 Abs. 3 der Satzung des Ligaverbands, § 1 Abs. 1 der Lizenzierungsordnung. Die Aufgabe der Lizenzierung obliegt intern der DFL, vgl. § 19 Abs. 2, 1. Spiegelstrich der Satzung des Ligaverbands. 66 § 1 Abs. 3 LO i. V. m. § 4 Abs. 1 des Anhangs 1 zur LO (Lizenzvertrag), § 14 Abs.4 der Satzung des Ligaverbands. 67 § 3 Abs. 3 LSpSt a. F. 68 Siehe § 16a Abs. 1 Nr. 2 der DFB-Satzung, § 6 Abs. 2 lit. a), § 17 Abs. 2 lit. d), § 19 Abs. 2 a. E. der Satzung des Ligaverbands, § 1 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 2, §§ 9 f. OVR. 69 Bis zum 30.6.2004 sollte der Beschluß von 1999 auch für den Ligaverband die Grundlage der Mittel Verteilung bilden, § 17 a. E. OVR.

Α. Einleitung

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Übertragung im Pay-Per-View sind von diesem System ausgenommen. Sie werden zwischen den beiden teilnehmenden Mannschaften verteilt. 70 Ein weiterer wichtiger Wettbewerb ist der UEFA-Pokal. Bei diesem Wettbewerb des europäischen Fußballverbands, der UEFA, treten europäische Mannschaften, die sich über ihren hohen Tabellenplatz in der heimischen Liga oder über besondere Qualifikationsspiele (den UI-Cup) qualifiziert haben, gegeneinander an. 71 Die Heimspiele deutscher Bundesligisten gegen Mannschaften ausländischer Ligen werden seit der Spielzeit 1998/99 dezentral durch den jeweiligen Heimverein vermarktet. 72 Im Gegensatz zu früheren Regelungen werden die Einnahmen hieraus nicht mehr an die gesamte Liga verteilt. Die teilnehmenden Clubs zahlen jedoch einen Teil ihrer Einkünfte (30 %) in einen Pool, der an die Lizenzvereine und -gesellschaften verteilt wird. Ein dritter Wettbewerb von großer Bedeutung ist die Champions League, die ebenfalls von der UEFA veranstaltet wird. 73 Hier treffen die 32 besten Mannschaften der europäischen Ligen aufeinander. Der Austragungsmodus ist mehrfach geändert worden. Zur Zeit werden die Spiele in die sog. Vorrunde und Zwischenrunde, in denen Gruppen von mehreren Clubs gegeneinander antreten, und in die Hauptrunde, in der die besten Mannschaften aus der Zwischenrunde im K.-o.-System teilnehmen, aufgeteilt. 74 Ab der Saison 2003/04 wird die Zwischenrunde aus medizinischen und sportlichen Gründen, aber auch aus kommerziellen Gesichtspunkten gestrichen. 75 Die Fernsehrechte an den Spielen der Hauptrunde werden von der UEFA vermarktet. 76 Ab der Spielzeit 2003/04 tritt

70

DFB online, http://www.dfb.de/cgi/bin/getnews.pl?news=20, v. 11.11.1999. Damit wollte man den reichen Bundesligaclubs, welche die zentrale Vermarktung in Frage gestellt hatten, entgegenkommen, RZ-Online, http://rhein-zeitung.de/on/00/01/16/sport/ news/fbrechte.html?a, v. 17.1.2000. 71 Der UEFA-Cup und der Pokal der Pokalsieger als europäische Wettbewerbe wurden mit Beginn der Saison 1999/2000 zu einem einzigen Wettbewerb verschmolzen, vgl. Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 38. 72 Vgl. ζ. B. FAZ v. 20.5.1998, Nr. 116, S. 38; dies ist für alle internationalen Wettbewerbe im Ligastatut des Ligaverbands geregelt, vgl. § 9 Abs. 2 OVR. 73 Bestverdienender Club in diesem Wettbewerb war in der Saison 2000/01 der FC Bayern München mit 90,8 Millionen Mark, gefolgt von Lazio Rom mit „nur" 53,2 Millionen Mark, Spiegel online, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0, 1518,171000,00. htm, v. 4.12.2001. 74 Siehe Amsinck, Media Perspektiven 1997, 62, 68, und Hellenthal, Zulässigkeit einer supranationalen Fußball-Europaliga, S. 39 f f : Dieser Modus wurde aus fernsehtaktischen Gründen (Planungssicherheit fur den ausstrahlenden Sender und die Sponsoren) gewählt. 75 FAZ v. 12.7.2002, Nr. 159, S. 38. Die in der „G 14" zusammengeschlossenen Fußball-Spitzenclubs Europas haben diese Reform kritisiert, FAZ v. 13.7.2002, Nr. 160, S. 33. 76 Art. 20 des Reglements der UEFA Champions League; Fritzweiler/Pfister/SummerGT-Summerer, Phdb. Sportrecht, S. 291, Rdnr. 55; zur Verteilung der Einnahmen

IV. Vergabe von Exklusivrechten

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die neue Vermarktungsregel in Kraft, nach der die austragenden Clubs bestimmte Spiele, welche die UEFA nicht an Rundfunkanbieter veräußern konnte, einzeln vermarkten dürfen. 77

IV. Vergabe von Exklusivrechten Ein Bereich, der eng mit der zentralen Vermarktung von Sportübertragungsrechten verknüpft ist, betrifft den Erwerb von Exklusivrechten an sportlichen Ereignissen durch Fernsehanbieter. 78 Die Exklusiwergabe stellt die gängige Form der Rechte Verwertung einer Sportveranstaltung dar. 79 Problematisch können hierbei insbesondere eine unverhältnismäßige Vertragsdauer oder der Umfang der Exklusivität sein. 80 Die exklusive Rechtevergabe wird durch die zentrale Vermarktung erleichtert. Der Verband ist als Veräußerer aller Rechte in der Lage, für das gesamte Paket beispielsweise der Erstübertragungsrechte Exklusivität zuzusichern, während ein einzelner Club lediglich für seine Spiele den Ausschluß anderer Sender garantieren kann. Hierbei handelt es sich mithin um eine mit der Zentralvermarktung im Zusammenhang stehende Thematik. Allerdings leistet ihre Erörterung bei der Kartellrechtsproblematik der Zentralvermarktung keinen Beitrag, wenn auch die exklusive Rechtevergabe des gesamten Wettbewerbs maßgeblich für die derzeit hohen Rechtepreise ist. 81 Es handelt sich um zwei verschiedene Märkte mit unterschiedlicher Rechtsproblematik. 82 Der erste Markt ist der bereits angesprochene Markt, auf dem der Veranstalter der Spiele die Fernsehübertragungsrechte veräußert. Sofern ein Dachverband die Vermarktung vornimmt, könnte auf Anbieterseite ein MonoHannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 140; Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 129. Vgl. zu den jüngsten Verkaufsverhandlungen Spiegel Online, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518 , 171000,00.html, v. 4.12.2001. 77 Siehe oben, Α. I. 78 Zu den verschiedenen Ausgestaltungen von Exklusivvereinbarungen siehe Fritzweiler/Pfister/Summerer-Summerer, Phdb. Sportrecht, S. 286, Rdnr. 40 f.; Settel, WuW 1999, 694, 696 ff.; Temple Lang, Fordham Corporate Law Institute 1997, 377, 398, 410 f.; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 129 ff. 79 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 274. 80 Siehe Fritzweiler/Pfister/Summerer-5wwmerer, Phdb. Sportrecht, S. 286 f., Rdnr. 38-41; EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 16; Osmann, SpuRt 2000, 58, 60; Schaub, Sports and Competition, S. 6 ff. Dies berücksichtigt die neue Vermarktungsregel für Champions-League-Spiele, siehe rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh , Aktenzeichen IP/02/806. 81 Siehe Fritzweiler/Pfister/Summerer-SMmwerer, Phdb. Sportrecht, S. 286 f., Rdnr. 38-41. 82 So auch EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 17, Rdnr. 22 „ UEFA - Übertragungsregelung ".

28

Α. Einleitung

pol vorliegen, während auf Nachfragerseite, bei den Fernsehsendern, mehrere Interessenten vorhanden sind. Wenn ein Exklusivübertragungsrecht an einen Sender veräußert worden ist, hat dieser auf dem zweiten Markt für die TVÜbertragung ein Monopol, während auf der Marktgegenseite eine Vielzahl von Nachfragern ist. 83 Mit dem Fall des Monopols auf TV-Anbieterseite befaßt sich diese Arbeit nicht. 84 Denn dort liegt die sportliche Besonderheit des Wettbewerbs nicht mehr vor.

83 Die Tatsache, daß alle anderen Sender das Nachsehen haben, wird im Rahmen der Untersuchung der Zentral Vermarktung auf ihre Kartellrechtskonformität berücksichtigt. Die englische Entscheidung des Restrictive Trade Practices Court hat diese beiden Ebenen miteinander vermengt, siehe unten, Ε. II. 2. a). 84 Mit Exklusivverträgen beschäftigt sich Eckstein, Exclusivverträge und Pay-TV; ferner Seitel, WuW 1999, 694 ff.

Β. Sport als Gegenstand des Kartellrechts Ein Verstoß der zentralen Vermarktung von Sportübertragungsrechten gegen das Kartellverbot kommt nur in Betracht, wenn das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf diese Thematik anwendbar ist. Durch den Verkauf von Fernsehrechten für nationale und internationale Spiele, durch Merchandising, durch Werbeverträge usw. wird aus dem gesellschaftlichen Ereignis „Sport" eine wirtschaftliche Tätigkeit. Bei der Untersuchung sportlicher Regelungen sind mithin zwei Ebenen zu unterscheiden. Einerseits geht es um die sportliche Betätigung selbst, die eine gesellschaftliche, integrative und kulturelle Aufgabe erfüllt. Andererseits geht es um eine Reihe damit verbundener Wirtschaftsbetätigungen. Durch Wechselbeziehungen zwischen beiden Ebenen überlappen sie sich mitunter. 1 Daß es für einen sportlichen Wettkampf näherer Absprachen über den Austragungsmodus und das Regelwerk bedarf, ist offenkundig. 2 Diese Ansicht teilt die Europäische Kommission. In zwei Entscheidungen hat sie dargelegt, daß bei Regelungen rein sportlichen Charakters die Anwendung der EGKartellrechtsvorschriften ausscheidet.3 Hierin ist allerdings keine Aussage darüber enthalten, wo die Grenzen der rein sportlichen Regelungen liegen.4 Sportverbände gingen lange Zeit davon aus, der professionelle Sport bewege sich auch was seine Aktivitäten außerhalb des Sport-Typischen anbelange - in einem

1 EG-Kommission, rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/ guesten.ksh, Aktenzeichen IP/99/133, S. 2; Pfister, in: FS für Lorenz, S. 171, 177 ff.; nach Roberts, UCLA Law Review, Vol. 32 (1984/85), 219, 240, ist dieser Ansatz schizophren. 2 Siehe fur eine ökonomische Analyse Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 71 f f ; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 13, der dies anhand der Verringerung von Transaktionskosten begründet. Siehe ferner die Darstellung von Verhaltenskoordinationen auf sportlicher Ebene in unterschiedlichen Sportarten bei Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 251 ff. 3 Siehe rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh , Aktenzeichen IP/99/965 und IP/99/133; vgl. ferner Schaub, Sports and Competition, S. 3; Hellenthal, Zulässigkeit einer supranationalen Fußball-Europaliga, S. 35, Fußn. 56. 4 Nach den amerikanischen Verfechtern der Single-Entity-Theorie (hierzu unten, E. I. 2.) kann eine Liga nur existieren, wenn über alle relevanten Punkte, ob Spielregeln oder die Preise für Fernsehrechte eine Vereinbarung getroffen wurde, vgl. Roberts, UCLA Law Review, Vol. 32 (1984/85), 219, 228 ff. Daß dies zu weit geht, wird in dieser Arbeit gezeigt.

30

Β. Sport als Gegenstand des Kartellrechts

rechtsfreien Raum. 5 Zwar ist den Sportverbänden i n Deutschland und Europa mit der Verbandsautonomie die Befugnis zur Regelung der eigenen Angelegenheiten und zur Durchsetzung der getroffenen Regelungen verliehen. 6 Diese Befugnis steht aber unter dem Vorbehalt staatlicher Kontrolle. 7

I. Besonderheiten des sportlichen Wettbewerbs A u f einem herkömmlichen M a r k t herrscht typischerweise ein antagonistisch geprägter Verdrängungswettkampf zwischen den Marktteilnehmern, die ihre Situation zu Lasten der Mitbewerber verbessern wollen. Dieser Wettbewerb ist theoretisch auf die Eliminierung der Konkurrenten zur Erlangung einer gewinnmaximierenden Monopolstellung gerichtet. 8 Wirtschaftlicher Wettbewerb beinhaltet grundsätzlich die Möglichkeit, daß ein Unternehmen jedenfalls vorübergehend eine Vormachtstellung erlangt, 9 w e i l es ζ. B . besonders gut kalkuliert, die Reaktionen der Nachfrager zutreffender einschätzt oder einen Vorsprung in der Entwicklung neuer Produkte

erzielt. 1 0

Das ist Folge

der

5 So wohl noch immer Hellmann, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 95, 99. Vgl. ferner Fleischer, WuW 1996, 473; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 37. 6 Vgl. Pfister, in: FS für Lorenz, S. 171, 182, der daraufhinweist, daß die Autonomie am weitesten bei der Regelung und Durchsetzung gruppenspezifischer Zwecke, des Sport-Typischen geht, insbesondere wenn nur reine Binnenwirkungen und keine unmittelbaren Außenwirkungen erzielt werden. Völlig ungebunden sei der Sport allerdings auch im engen Bereich der sport-typischen Regeln nicht; der Staat lege die äußersten Grenzen fest. Zu den europäischen Grundlagen der Verbandsautonomie siehe Vieweg/ Röthel, ZHR 166 (2002), 6, 13 f., 33; Köthel ZEuP 2002, 58, 74 f.

Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 75 f. m. w. N., 81 ff.; Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 127, 165 ff.; H annamann/Vieweg, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 49, 54 m. w. N.; Fritzweiler, NJW 2000, 997; Tettinger, JZ 2000, 1069, 1070; ders., in: Tettinger (Hrsg.), Sport im Schnittfeld von europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 9, 12; Maier, Rechtsfragen der Organisation, S. 131 f f ; Röhricht, in: Röhricht (Hrsg.), Sportgerichtsbarkeit, S. 19, 22 f. 8 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 3, Rdnr. 69; I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 2; Springer, WRP 1998, 477, 479; Fleischer, WuW 1996, 473, 476; Scherer/Ross, Industrial Market Structure and Economic Performance, S. 15 ff.; Gellhorn/Kovacic, Antitrust Law and Economics, S. 48 ff.; Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 31. 9 Baumbach/Hefermehl, Allg. Einf., Rdnr. 18: Ein dauerhaftes Monopol kann grundsätzlich nicht bei Wettbewerb entstehen, da Wettbewerb beinhaltet, daß der Wettbewerber von seinen Konkurrenten eingeholt oder überholt wird, also ein dynamischer Prozeß besteht. 10 Willeke, Wettbewerbspolitik, S. 136.

I. Besonderheiten des sportlichen Wettbewerbs

31

Auslesefunktion des Wettbewerbs. 11 Danach können nur leistungsfähige Unternehmen auf dem Markt Bestand haben.12 Allerdings kann dieser Leistungswettbewerb bei funktionierendem Wettbewerb nicht zum dauerhaften Ausscheiden sämtlicher Mitbewerber fuhren. Auch wenn sich vorübergehend nur ein Unternehmen auf dem Markt behauptet, ist es einem potentiellen Wettbewerb ausgesetzt, sofern es nicht seine marktbeherrschende Stellung ausnützt.13 Es kann nur der einzelne verdrängt werden, nicht aber der Wettbewerb. Sportliche Wettbewerbe unterscheiden sich vom wirtschaftlichen Wettbewerb grundlegend. 14 Obwohl Clubs einer Liga selbständige Unternehmen sind, haben sie ein elementares Interesse an der Lebensfähigkeit ihrer Konkurrenten, da sich ohne eine hinreichend große Anzahl von Mannschaften mit vergleichbarer Spielstärke ein attraktiver Ligawettbewerb nicht durchführen läßt. 15 Der Markt für die Unterhaltungsleistungen professioneller Ligen im Mannschaftssport gehört zu den seltenen Ausnahmen, in denen ein assoziativer Wettbewerb vorherrscht, das heißt, zur Erstellung des zu vermarktenden Produkts ist eine gewisse Kooperation der Teilnehmer erforderlich. 16 Das antagonistische Verhalten wird durch eine synagonistische Strategie abgelöst. Sport erfordert einen Vergleich mit anderen. Bei Mannschaftssportarten wie Fußball oder Hockey ist dies im Spiel selbst angelegt. Zwar können einzelne Teams ohne weitere Folge für die Sportart an sich ausscheiden. Aber Sport ohne Konkurrenz ist bei vielen Sportarten nicht möglich und nimmt bei anderen den Reiz an der Aktivität. Sport ist seiner Natur nach also auf den Erhalt des abstrakten Gegners ausgerichtet. Der Unterschied zwischen Sport und typischem Marktgeschehen ist da-

11 Baumbach/Hefermehl, Allg. Einf., Rdnr. 22; Bechtold, GWB, Einf., Rdnr. 46 f f ; Burkhardt, KartR, Rdnr. 8. 12 Baumbach/Hefermehl, Allg. Einf., Rdnr. 22. 13 Vgl. Möschel, ORDO 32 (1981), 85, 99 f.; Immenga/Mestmäcker-Afeimädter, GWB, §31, Rdnr. 1. 14 Immenga/Mestmäcker-A/es//näc/;eA·, GWB, § 31, Rdnr. 5; Lehmann/Weigand, Ifo 43 (3), 1997, 381, 384. Diese besondere Situation wird auch von der EG-Kommission anerkannt, siehe 30. Bericht über die Wettbewerbspolitik 2000, S. 75, Rdnr. 227 f. 15 Springer, WRP 1998, 477, 479; Fleischer, WuW 1996, 473, 476; Pfister, SpuRt 2002, 45. Die Sportökonomie hat in jüngster Zeit versucht, diese Erkenntnisse theoretisch zu fundieren, vgl. Parlasca, Kartelle im Profisport; QuirkJFort, Pay Dirt: The Business of Professional Team Sports; Scully , The Market Structure of Sports; weitere Nachweise bei Fleischer , WuW 1996, 473, 476, Fußn. 29. 16 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 48 f.; Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 229 f.; Hannamann/ Vieweg, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 49, 60; Schaub, Sports and Competition, S. 2 f.; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 237; Pons, Sport et politique européenne de la concurrence, S. 3 f.; EGKommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 15; Osmann, SpuRt 2000, 58,59.

32

Β. Sport als Gegenstand des Kartellrechts

mit die grundsätzliche Abhängigkeit der Wettbewerber von der Existenz ihrer Konkurrenten. 1 7

II. Ziele des Kartellrechts W i e wirkt sich diese existentielle Abhängigkeit der Clubs untereinander auf die Anwendbarkeit des Kartellrechts aus? Das G W B ist auf Märkte zugeschnitten, bei denen zur Erstellung des Produkts keine Kooperation der Wettbewerber erforderlich ist. Da das Kartellrecht eine Alleinstellung als Folge v o n Wettbewerb erlaubt, legt dies die Überlegung nahe, das Kartellrecht werde den Besonderheiten des Sports nicht gerecht. Bereits eine zwischenzeitliche Alleinstellung macht sportlichen Wettkampf unmöglich. Daher ist zu untersuchen, ob die A n wendung des Kartellrechts i m Bereich Sport abzulehnen ist. 1 8 Auszugehen ist von den Rechtsgütern, die das G W B schützen w i l l . I n der Regierungsbegründung zum Erlaß des deutschen Kartellgesetzes heißt es, das G W B soll die Freiheit des Wettbewerbs sicherstellen und wirtschaftliche Macht da beseitigen, wo sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs und die i h m innewohnenden Tendenzen zur Leistungssteigerung beeinträchtigt und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher i n Frage stellt. 1 9 Dieses Verständnis w i r d auch von

17

Dies wurde bereits 1953 in einer US-amerikanischen Entscheidung zum Ausdruck gebracht [US v. National Football League, 116 F.Supp. 319, 323 (1953)]: Ein Unternehmen unternehme alle Anstrengungen, so viele Produkte wie möglich umzusetzen. Dadurch könnten andere Wettbewerber vom Markt verdrängt werden. In einer Liga dürften die Mannschaften dagegen nicht zu erfolgreich in ihrem wirtschaftlichen Wettbewerb untereinander sein. Auf dem Spielfeld müßten sie hart miteinander konkurrieren. Aber auf dem Markt sei eine solche Konkurrenz unzweckmäßig. Andernfalls würden die stärkeren Teams die schwächeren in den wirtschaftlichen Ruin treiben. Dann würden nicht nur die schwächeren Clubs ausscheiden, sondern schließlich die ganze Liga zerfallen. Siehe ferner Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses fur Wirtschaft, BT Drucks. 13/10633, S. 3; Bericht des Wirtschaftsausschusses, Begründung des Sportausschusses, ebd., S. 61; Immenga/Mestmäcker-A/es/mäc^er, GWB, § 31, Rdnr. 1, 5. 18 Springer, WRP 1998, 477, 479; Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 679 ff.; Brinckman/Vollebregt, ECLR 1998, 281. In der Literatur wird oftmals nicht sauber zwischen der Frage, ob das Kartellrecht anwendbar ist, und dem Vorliegen eines Ausnahmetatbestands unterschieden. Wenn die Anwendbarkeit überhaupt untersucht wird, wird sie meist mit dem Argument bejaht, daß fur den Sport eine Ausnahmeregelung oder eine Freistellung besteht. Zwar setzt dies die Anwendbarkeit voraus. Aber es beantwortet die aufgeworfene Frage nicht. Die europarechtliche Dimension wird an dieser Stelle außen vor gelassen, siehe dazu unten, D. 19 Begründung zum Entwurf des GWB, BT Drucks. 1/3462, S. 15. Siehe ferner Möschel, Das Wirtschaftsrecht der Banken, S. 346 ff.; ders., Der Oligopolmißbrauch, S. 9 ff.; ders., in: FS für Rittner, S. 405, 407 ff.

II. Ziele des Kartellrechts

33

der Rechtsprechung gestützt. Der BGH hat als entscheidende Zielrichtung des GWB den Schutz der Wettbewerbsfreiheit bezeichnet.20 Der Wettbewerb erfüllt also ordnungspolitisch eine Reihe wichtiger Funktionen. Da ist zunächst die allgemeine Steuerungseffizienz des Wettbewerbs. Obwohl die konkreten Marktergebnisse im vorhinein unbekannt sind, 21 werden bei Rivalität die vorteilhaften ökonomischen Wettbewerbsfunktionen in statischer und dynamischer Hinsicht tendenziell erfüllt. 22 Indem also die Anbieter miteinander um vorteilhafte Geschäftsabschlüsse rivalisieren, werden die Angebote an die Nachfragebedürfnisse angepaßt, die Produktionsfaktoren in die produktivste Verwendung gelenkt sowie eine marktleistungsgerechte Einkommensverteilung verwirklicht (statische Wettbewerbsfunktionen) und darüber hinaus Innovationen und Imitationen sowie eine hohe Anpassungsflexibilität der Anbieter bewirkt (dynamische Wettbewerbsfunktionen). 23 Wettbewerb lenkt mithin Angebot und Nachfrage bei der Bedarfsdeckung hinsichtlich Qualität, Menge und Preiswürdigkeit, veranlaßt Anbieter zu besonders wirtschaftlichem Verhalten bei Herstellung und Vertrieb und gibt Nachfragern die Möglichkeit der freien Auswahl. Er schützt auf diese Weise den Verbraucher vor Ausbeutung, zwingt ineffektive Unternehmen zum Ausscheiden aus dem Markt und sorgt für das freie Spiel der wirtschaftlichen Kräfte. Wettbewerb wirkt marktmachtneutralisierend und gewährleistet die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer. 24 Wettbewerb ist mithin ein geeignetes Mittel für die gesellschaftspolitischen Ziele der Kontrolle privater und der Begrenzung staatlicher Wirtschaftsmacht (klassisch-politische Wettbewerbsfunktionen). 25 Unter den Schutz der Wettbewerbsfreiheit können demnach unterschiedliche Aspekte gefaßt werden. In einzelnen Tatbeständen des GWB ist letztlich die wirtschaftliche Handlungsfreiheit von Marktteilnehmern, wenn auch in verschiedener Intensität, geschützt. Es geht um den Schutz der Teilnehmer auf der

20

Vgl. z. B. BGH v. 27.9.1962, BGHZ 38, 90, 101 f. von Hayek , in: Freiburger Studien, Gesammelte Aufsätze, S. 97 ff., 249 f f ; ders., Die Theorie komplexer Phänomene, S. 15 ff.; ders., ORDO 26 (1975), 12, 13 ff.; Möschel, in: FS für Rittner, S. 405, 420. 21

22

Settel, WuW 1999, 694, 695; Bartling, WuW 1993, 16, 18. Kantzenbach, Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, S. 16 f.; Seitel, WuW 1999, 694, 695; Fehl/Schreiter, ORDO 48 (1997), 219, 220 f.; Möschel, in: FS für Rittner, S. 405, 414; Bartling, WuW 1993, 16, 17 f.; Immenga, Politische Instrumentalisierung des Kartellrechts?, S. 8. 24 Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 83. 25 Seitel, WuW 1999, 694, 695; Möschel, in: FS für Rittner, S. 405, 416; ders., Das Wirtschaftsrecht der Banken, S. 346 f f ; Immenga, Politische Instrumentalisierung des Kartellrechts?, S. 9; Bartling, WuW 1993, 16, 17; Baur, ZHR 134 (1970), 97; BKartA, Überblick, S. 2; Immenga/Mestmäcker-A/es/wäcfer, GWB, Einl., Rdnr. 6; Fehl/Schreiter, ORDO 48 ( 1997), 219, 221 ff. 23

3 Weihs

34

Β. Sport als Gegenstand des Kartellrechts

Marktgegenseite. 26 Weiteres Schutzgut ist der Zugang zum Markt. Außerdem spielt der Gedanke der Chancengleichheit im GWB eine Rolle. 27 Die Frage, ob das GWB dem Individualschutz oder dem Institutionenschutz dienen will, stellt sich bei richtig verstandener Betrachtung nicht: Es geht um verschiedene Erscheinungsformen einer Intention. 28 Der vom Gesetz bezweckte Schutz des freien Wettbewerbs dient in aller Regel reflexartig zugleich dem Schutz des einzelnen Marktteilnehmers. 29 Die dargelegte Sicherung der wirtschaftlichen und damit auch der sozialen und politischen Freiheit ist folglich Primärzweck des GWB, wobei nach dem hier dargestellten Zugang kein Konflikt zwischen einem Freiheitsziel und einem Effizienzziel besteht.30 Aufgrund seiner Zielsetzung ist das deutsche Kartellrecht nicht auf die Gestaltung von Marktergebnissen und die direkte Erreichung gesamtwirtschaftlicher Ziele gerichtet, sondern auf die Abwehr von Beschränkungen.31 Die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaftsprozesse wird den beteiligten Unternehmen überlassen, die im Wettbewerb miteinander die besten ökonomischen Lösungen hervorbringen sollen. Geschützt werden soll also der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren unter Verzicht auf die Vorgabe spezieller Ziele des Handelns.32 Zur bestmöglichen Erreichung dieser Ziele ist der wettbewerbliche Ordnungsrahmen so auszugestalten, daß die Wettbewerbsanreize nicht durch Wettbewerbsbeschränkungen erdrückt werden. 33

26

Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 108 ff.; siehe auch Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 6. 27 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 108 ff. 28 Vgl. Mestmäcker, AcP 168 (1968), 235, 245; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. I I I ; Immenga/Mestmäcker-Z/zwAwer, GWB, § 1, Rdnr. 7 f.; Ulmer, WuW 1987, 701, 702. Siehe aber C. Chr. von Weizsäcker, WuW 1987, 706. 29 Gemeinschaftskommentar-//oo/z, Einl. zu § 1, Rdnr. 1 m. w. N.; BGH v. 25.2.1959, WuW/E BGH 288, 290 f. „Großhändlerverband II"; BGH v. 22.10.1973, WuW/E BGH 1299, 1300 „Strombezugspreis". Daraus folgt nicht zwangsläufig, daß eine Regelung auch unmittelbar den Schutz des Betroffenen bezweckt. Dies ergibt sich aus Inhalt sowie Sinn und Zweck der einzelnen Vorschrift, die dann gegebenenfalls auch unmittelbaren Individualschutz bewirkt. 30 Möschel, in: FS für Rittner, S. 405, 414; Immenga, Politische Instrumentalisierung des Kartellrechts?, S. 8 ff. 31 Möschel, in: FS für Rittner, S. 405, 410 ff., 421. 32 Hossenfelder/Müller/Parlasca, ZHR 160 (1996), 1, 3, die daraufhinweisen, daß nach Auffassung der EG-Kommission dagegen Wettbewerbspolitik als ein Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik anzusehen ist. 33 Seitel, WuW 1999, 694, 695.

III. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Wirtschaftsbetätigungen im Sport

35

III. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Wirtschaftsbetätigungen im Bereich Sport Was bedeuten diese Feststellungen fur den Sport als wirtschaftliche Aktivität? Das Kammergericht hat in seinem Beschluß vom 8.11.199534 festgestellt, das Interesse, die Liga komplett zu erhalten, zwinge bei den Europapokalspielen nicht zum Verzicht von wirtschaftlichem Wettbewerb, solange genügend Teams bereitstünden, um ausscheidende Clubs zu ersetzen. Bei den in der Entscheidung behandelten Europapokalheimspielen deutscher Bundesligavereine gehe es nicht um die Stabilität des Ligabetriebs. Europapokal und Bundesliga bildeten keine Einheit. Bei europäischen Pokalwettbewerben entbehre die These vom Fehlen wirtschaftlichen Wettbewerbs der Clubs untereinander daher jeglicher Überzeugungskraft. Was gilt für die Liga? Die oben dargelegten Besonderheiten für den Sport treffen hier zu. Die Schutzziele des Kartellrechts zeigen allerdings, daß nicht die Lebensfähigkeit der Marktteilnehmer zentrales Anliegen ist, sondern der Schutz des Wettbewerbs hinsichtlich der Marktgegenseite. Daß ein Zusammenwirken von Wettbewerbern für ein Auftreten auf dem Markt erforderlich ist, ist in anderen Wirtschaftsbereichen außerhalb des Sports ebenfalls möglich. Das ist aber eine Frage der Tatbestandsmäßigkeit. Es läßt nicht die Anwendbarkeit des Kartellgesetzes scheitern. 35 Ebenso wenig dürfen bei sportlichen und mit dem Sport verbundenen Aktivitäten die Ziele des GWB ignoriert werden. Ein derartiges Vorgehen kann auch nicht mit dem Hinweis gerechtfertigt werden, daß mit den auf diese Weise erzielten höheren Gewinnen sozial erwünschte Verhaltensweisen finanziert werden. Denn trotz der spezifischen Charakteristika des Sports handelt es sich hierbei nicht um eine Enklave ohne Kontakt zu anderen Wirtschaftssubjekten. Sport ist Teil der Wirtschaft. Der Wunsch, Sport wegen seiner positiven Funktionen zu fordern, kann daher nur innerhalb des Kartellrechts erfüllt werden. Das heißt, soweit die Parteien am Markt teilnehmen und gegen hohes Entgelt die Ausstrahlung ihrer Spiele gestatten, haben sie ungeachtet der damit verfolgten sportpolitischen und vom Kartellrecht an sich nicht berührten Zielsetzungen die vom GWB gezogenen Grenzen zu beachten. Andernfalls würde die Zielsetzung des Gesetzes verfehlt. Außerdem ist die große wirtschaftliche Macht mancher Clubs zu bedenken. Wenn das Kartellrecht auf diese und ihre gemeinsamen Organisationen wie den DFB oder den Ligaverband nicht anwendbar wäre, würden sie gegenüber allen anderen Teilnehmern

34

KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5572 „Fernsehübertragungsrechte". Im amerikanischen Recht geht die Single-Entity-Theorie (eine Mindermeinung) davon aus, daß innerhalb einer Liga Sec. 1 des Sherman Acts nicht anwendbar ist, da die Clubs zu einem Unternehmen gehören, Grauer, Michigan Law Review, Vol. 82 (1983), 1, 6. Siehe hierzu unten, E. I. 2. 35

3*

36

Β. Sport als Gegenstand des Kartellrechts

i m Wirtschaftsverkehr bevorzugt. 3 6 A u c h dies kann nicht mit der Besonderheit des sportlichen Vergleichs gerechtfertigt werden. 3 7 Daneben darf nicht übersehen werden, daß eine Profiliga wie i m Fußball ihren Sport heutzutage aus kommerziellen Gesichtspunkten betreibt. Hier steht die Zuschauergunst Vordergrund und nicht der Spaß der teilnehmenden Sportler.

im

Theoretisch

könnte ein Konzern als Ligaeigentümer mit den Mannschaften als Tochtergesellschaften auftreten. 38 Dies w i r d aber trotz ökonomischer Gründe, die für eine derartige Organisation sprechen, nicht angestrebt. Die derzeitige Unabhängigkeit der Teams ist aus Gründen sportlicher Integrität der Liga gewünscht. 3 9 Dann müssen sich die Vereine und Gesellschaften auch rechtlich entsprechend behandeln lassen. Die W a h l einer bestimmten Rechtsform beinhaltet immer sow o h l Vor- als auch Nachteile, die gegeneinander abzuwägen sind. 4 0 Die Rechtsordnung kann den Sport insbesondere i m Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen nicht als Freiraum ansehen. 41 Außerdem sind keine überzeugenden Gründe ersichtlich, Profisport per se v o m Recht auszunehmen. Das Kartellrecht bietet für die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Besonderheiten

36 Zahlen zur wirtschaftlichen Bedeutung des Sports (bis 1998) bei Thies, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 165 ff. Auch Pfister, in: FS für Lorenz (1991), 171, 177 ff., weist daraufhin, daß die allgemeinen staatlichen Regelungen um so mehr zu beachten seien, je mehr Vorschriften, die den Sport betreffen, in den außersportlichen, insbesondere den finanziellen Bereich eingriffen. 37 Der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission C. Chr. von Weizsäcker geht auf diese Besonderheit folglich gar nicht ein, sondern stellt im Rahmen der Diskussion um die Schaffung eines Ausnahmetatbestands im Gegenteil die rhetorische Frage, ob die vom sportlichen Wettbewerb lebende Aktivität vom Verbot der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen etwa befreit werden solle, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17. 38 Hierzu siehe unten, C. I. 4. a) cc). 39 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 33; Schellhaaß, in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 27, 32; ders., in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 44 f.; Enderle, Vermarktung von Fern seh übertragungsrechten, S. 10 f.; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 67; Franck , in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 11, 20. 40 Ähnlich Goldman, Tulane Law Review, Vol. 63 (1989), 751, 764 f. Daher überzeugt es nicht, wenn sich Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 40, erstaunt darüber zeigt, daß ein hypothetisches Ligaunternehmen zwar die Möglichkeit hat, mit wirtschaftlich unselbständigen Clubs einen sportlichen Wettbewerb zu initiieren, gleichzeitig aber zur Sicherung des Markterfolgs die juristische und wirtschaftliche Selbständigkeit der Teams empfohlen wird. 41 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 680; Pfister, in: FS für Lorenz, S. 171, 175 f.; Westermann, Die Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, S. 19 f.; Emmerich, in: Steiner (Hrsg.), Sport und Medien, S. 57, 63 f. Dementsprechend stellt die Europäische Kommission beispielsweise gar nicht die Frage nach der Anwendbarkeit des Kartellrechts, sondern geht wie selbstverständlich davon aus, EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 9; vgl. Osmann, SpuRt 2000, 58, 59 f.

III. Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Wirtschaftsbetätigungen im Sport

37

genügend Raum. 42 Sofern sich aus der Untersuchung ergibt, daß ohne die derzeit praktizierte Zusammenarbeit der Verbände und der Clubs kein Ligasport angeboten werden kann, wird dieses Verhalten auch nach dem geltenden Wettbewerbsrecht rechtmäßig sein. So könnte die Regelung über die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte den Tatbestand des Kartellverbots nicht erfüllen, weil die Wettbewerbsbeschränkung notwendig ist, oder aufgrund der Sachlage von den kartellrechtlichen Bestimmungen freigestellt werden. 43 Das ist eine Frage der Rechtsanwendung. Hierbei ist zwischen den Vorschriften, die den Sport unmittelbar betreffen und prägen, und den übrigen Regelungen, welche die Sportausübung nur mittelbar tangieren, zu unterscheiden. 44 Das Kartellrecht ist somit trotz der im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Betätigungen besonderen Situation im Sport anwendbar. Es ist daher zu untersuchen, ob die zentrale Vermarktung einen Kartellrechtsverstoß darstellt und wie bei positivem Ergebnis die Besonderheiten des Sports ohne Verletzung des Kartellrechts berücksichtigt werden können. Bei einem Vorschlag für den Sportrechtemarkt geht es um eine Rahmenregelung mit deutlich verbesserter Anreizwirkung für die wettbewerbliche Selbststeuerungseffizienz. 45

42

Berrisch, SpuRt 1997, 153, 158; Heß, in: Heß/Dressler, Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1, 27. 43 Brinckman/Vollebregt, ECLR 1998, 281, 282. Ebenso Niebaum, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 237, 244: „Kartellrecht ist Kartellrecht. Wir können dem Fußball, wenn er sich marktwirtschaftlich organisiert, keine Sonderbehandlung zugestehen." 44 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 680; Heß, in: Heß/Dressler, Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1, 27 f., mit dem Hinweis, daß auch echte Spielregeln einer kartellrechtlichen Abwägung nicht immer standhalten; Pfister, in: FS ftir Lorenz, S. 171, 177 ff.; zu den den Sport unmittelbar betreffenden Regeln BGH v. 28.11.1994, BGHZ 128, 93, 99. 45 Seitel, WuW 1999, 694, 695.

C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht I. § 1 GWB Das deutsche Kartellrecht regelt das Kartell verbot in § 1 GWB. Diese Norm wird vor dem Ausnahmetatbestand des § 31 GWB untersucht. Denn § 31 GWB ist nur dann von Bedeutung, wenn die zentrale Rechtevergabe die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 GWB erfüllt. Mit der Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen 1998 wurde der Wortlaut des § 1 GWB geändert. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale wurden umformuliert, um eine sprachliche Anpassung an Art. 81 Abs. 1 EGV zu erreichen. Eine sachliche Änderung war damit im wesentlichen nicht beabsichtigt.1 Der Wortlaut von § 1 GWB deckt sich nun weitgehend mit dem von Art. 81 EGV. Zwei wesentliche Unterscheidungen bestehen allerdings weiterhin: Unter Art. 81 EGV fallen nur Maßnahmen, die geeignet sind, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen. Das ist bei § 1 GWB als nationaler Norm kein Tatbestandsmerkmal. § 1 GWB verlangt dagegen anders als Art. 81 EGV ein Miteinander-im-Wettbewerb-Stehen der Normadressaten: Der Anwendungsbereich des § 1 GWB wird im Gegensatz zu Art. 81 EGV auf Horizontalvereinbarungen beschränkt.2 Mit dieser Anpassung ging die Beseitigung des für das deutsche Recht bislang bedeutsamen Tatbestandsmerkmals „gemeinsamer Zweck" einher. 3

1. Unternehmen und Unternehmensvereinigungen a) Unternehmen Normadressaten des § 1 GWB sind Unternehmen und Unternehmensvereinigungen. Eine Änderung des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs ist durch die Novelle nicht eingetreten; auf die bisherige Auslegung des Tatbestandsmerkmals kann mithin zurückgegriffen werden.

1 2 3

Immenga/Mestmäcker-Z/Vwmer, GWB, § 1, Rdnr. 3. Gemeinschaftskommentar-//oote, § 1, Rdnr. 8. Vgl. Baums, ZIP 1998, 233; K. Schmidt, AG 1998, 551 ff.

I. § 1 GWB

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Weder betriebswirtschaftliche Merkmale noch handelsrechtliche Anforderungen definieren die Unternehmenseigenschaft umfassend. 4 Die Begriffsbestimmung erfolgt unabhängig von anderen Gesetzen. Es handelt sich nicht um einen institutionellen, sondern um einen eigenständigen funktionalen, GWBspezifischen Unternehmensbegriff. 3 Die Rechtsprechung legt ihn sehr weit aus, um den Schutzzweck des Gesetzes so umfassend wie möglich zu verwirklichen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist allein die Tätigkeit, die Teilnahme am Marktgeschehen.6 Das Wesen eines Unternehmens wird nicht durch Aufstellen von Mindestanforderungen bestimmt. Das Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, soweit sie sich nicht auf die Deckung des privaten Verbrauchs beschränkt.7 Auf diese Weise wird vermieden, durch eine Vorwegdefinition über kartellrechtliche Fragen mitzuentscheiden.8 Die Definition des Unternehmensbegriffs spiegelt den Schutzzweck des GWB, der auf die wettbewerbliche Handlungsfreiheit gerichtet ist, wider. Angesichts des funktionell bestimmten Unternehmensbegriffs ist unerheblich, in welcher rechtlichen oder organisatorischen Form die Teilnahme am geschäftlichen Verkehr erfolgt. 9 Da der Unternehmensbegriff die unterschiedlichsten Formen von wirtschaftlichem Handeln umfassen soll, muß die Unternehmenseigenschaft bei dem Handelnden ferner nicht notwendigerweise generell bestehen. Unternehmen werden dementsprechend in zwei Gruppen klassifiziert: in absolute und relative Unternehmen. 10 Bei den absoluten gibt es keinen nicht unternehmerischen Tätigkeitsbereich. Relative Unternehmen weisen dagegen die Unternehmenseigenschaft nur in Einzelaspekten auf. Sie ist bei ihnen grundsätzlich auf den Bereich beschränkt, in dem eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr ausgeübt wird. So ist bei Vereinigungen des Privatrechts, 4

Steinbeck,, WuW 1996,91,95. Z. B. BGH v. 16.12.1976, WuW/E BGH 1474, 1477 „Architektenkammer"; BGH v. 11.4.1978, WuW/E BGH 1521 „ Gaststättenverpachtung"; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 100; Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 24; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 2; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 38 ff.; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 12. 6 BGH v. 6.11.1972, WuW/E BGH 1253, 1257 „Nahtverlegung"; vgl. auch Herrmann, WuW 1979, 149, 151. 7 BGH v. 6.11.1972, WuW/E BGH 1253, 1257 „Nahtverlegung"; BGH v. 5.5.1981, WuW/E BGH 1841, 1842 „Ganser-Dahlke"; OLG Hamburg v. 25.3.1982, WuW/E OLG 2775, 2776 „Hauptverbandför Traberzucht und -rennen"; Immenga/MestmäckerZimmer, GWB, § 1, Rdnr. 36; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 2. 8 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 24, 31 ; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 99 f. 9 Siehe Begründung zum Entwurf des GWB, BT Drucks. 2/1158, S. 31; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 3 f.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 100; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 49 m. w. N., Tz. 56 m. w. N.; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 14. 10 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 101 ff. 5

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die nicht primär unternehmerische Ziele verfolgen, im wesentlichen auf den Umfang und die wirtschaftliche Bedeutung des zu beurteilenden Verhaltens abzuheben. 1 1 Andere Aktivitäten, die mit dem geschäftlichen Bereich in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind nicht unternehmerisch. 12 Ferner kommt es nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an. 13 Das Gesetz bezweckt, Beschränkungen im geschäftlichen Verkehr zu unterbinden, und auch ohne Gewinnstreben ist eine Behinderung des Wettbewerbs durch kartellmäßige Bindung möglich. Gemeinnützige Unternehmen, 14 die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, und Idealvereine i. S. d. § 21 BGB, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, 15 können daher unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Einordnung Unternehmen nach § 1 GWB sein. Dabei ist ohne Bedeutung, ob auf diese Weise Mittel für die Erfüllung der satzungsmäßigen Aufgaben erzielt werden sollen, selbst wenn diese Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit sind. 16 Dies wurde für Fußballvereine in der InterMailand-Spiel-Entscheidung17 und für den DFB als Ausrüster der Nationalmannschaft 18 entschieden.19 In der DFB-Entscheidung wurde festgestellt, der Deutsche Fußball-Bund sei bei der Erfüllung des in dem Fall umstrittenen Ausstattungsvertrags selbst Unternehmen i. S. d. § 22 GWB a. F., „für [den] jede 11

BGH v. 29.10.1970, WuW/E BGH 1142 „ Volksbühne II"; BGH v. 13.11.1979, WuW/E BGH 1725, 1726 „Deutscher Landseer Club"; BGH v. 7.10.1980, WuW/E BGH 1740, 1741 „Rote Liste"; OLG Karlsruhe v. 27.2.1985, WuW/E OLG 3562 „Motoryachtverband"; OLG Frankfurt v. 27.11.1986, WuW/E OLG 3752, 3753 „Aikido-Bund II". 12 BGH v. 11.4.1978, WuW/E BGH 1521 „Gaststättenverpachtung"; Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 16. 13 Siehe z. B. Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 57 m. w. N.; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 14; BGH v. 13.11.1979, WuW/E BGH 1725, 1726 „Deutscher Landseer Club ". 14 Wobei es hier nur um eine steuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts geht, vgl. ζ. B. Raupach/Völker, JbFSt 1998/99, 421, 424 f. Der DFB ist beispielsweise nach § 5 der DFB-Satzung gemeinnützig. Siehe auch §§ 52 ff. AO. 15 Grundsätzlich können auch Idealvereine nach dem Nebenzweckprivileg wirtschaftlich tätig werden. Allerdings darf es sich nur um eine bloße Nebentätigkeit des Vereins handeln, vgl. Raupach/Völker, JbFSt 1998/99, 421, 424; Röthel, ZEuP 2002, 58, 69 m. w. N., zur Abgrenzung zwischen unschädlicher Nebentätigkeit und wirtschaftlichem Hauptzweck. 16 Vgl. z. B. BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 „Europapokalheimspiele" mit Anmerkung von Emmerich, JuS 1998, 461 f. 17 BGH v. 26.5.1987, WuW/E BGH 2406, 2408 „Inter Mailand-Spiel"; OLG Düsseldorf v. 22.1.1985, WuW/E OLG 3335, 3337 „Inter Mailand-Spiel". 18 K G v . 20.11.1973, WuW/E OLG 1429, 1431 „DFB". 19 Siehe auch Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 3; Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 60.

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nicht rein private, sich als außerhalb des Erwerbslebens abspielende Tätigkeit als unternehmerisch zu werten ist. Auch ein Idealverein, der zur Förderung der Entwicklung des Fußballsports gegründet ist, unterliegt dieser Beurteilung, wenn und soweit er am Wirtschaftsleben teilnimmt." Das OLG Frankfurt sah in seiner Motorradsport-Entscheidung von 1983 die Veranstaltung von Berufssportwettbewerben und die Vergabe von Lizenzen zu solchen Wettbewerben als - für die Unternehmenseigenschaft ausreichende - wirtschaftliche Teilnahme am geschäftlichen Verkehr an. 20 Eine weitere Entscheidung betraf den Deutschen Sportbund und die ihm angeschlossenen Spitzenverbände. Hier ging es um einen Vertrag über Bild- und Tonverwertung von Sportveranstaltungen durch das Fernsehen (sog. Globalvertrag). 21 Der Deutsche Sportbund (DSB) und ein großer Teil der ihm angeschlossenen Sportverbände 22 räumten in diesem Vertrag aus dem Jahre 1985 den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für eine Laufzeit von fünf Jahren das Recht zur ausschließlichen Verwertung der von dem Vertrag erfaßten Sportveranstaltungen ein. Dafür erhielten sie eine von Anfang an festgelegte Gesamtsumme. Spätestens fünf Tage vor dem Sportereignis mußten sich die Anstalten entscheiden, ob sie von ihrem Verwertungsrecht Gebrauch machen wollten. Sollte dies nicht der Fall sein, waren der DSB und die Verbände berechtigt, eine anderweitige Nutzung durch Dritte zuzulassen. Auch wenn diese Verbände „im Rahmen ihrer sonstigen Aktivitäten überwiegend keine kommerziellen Ziele verfolgen, werden [sie] wirtschaftlich, also unternehmerisch tätig, wenn sie Rundfunkanstalten gegen Geld das Recht einräumen, Sportveranstaltungen rundfunkmäßig zu verwerten." 23 Diese Bewertung der Unternehmenseigenschaft von Beteiligten an Sportveranstaltungen überzeugt. Dem GWB geht es um die Sicherung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Auf die handelnde Person kommt es dabei nicht an. Auch ein Verein, der keine wirtschaftlichen Interessen verfolgt, kann eine erhebliche Rolle in der Volkswirtschaft spielen.24 Man beachte nur, zu welch bedeutenden Wirtschaftssubjekten sich die Sportvereine, als Idealvereine gegrün-

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OLG Frankfurt v. 11.4.1983, OLG WuW/E 3015, 3016 „Motorradsport ". KG v. 8.7.1988, WuW/E OLG 4267 „Sportübertragungen "; BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627 „Sportübertragungen". 22 Der DFB, der Deutsche Eishockey-Bund u. a. haben sich dem Globalvertrag nicht angeschlossen. 23 KG v. 8.7.1988, WuW/E OLG 4267, 4269 „ Sportübertragungen "; zustimmend BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2632 „Sportübertragungen". 24 Vgl. bereits Heckelmann, AcP 179 (1979), 1 ff.; Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 60; Pichler, MMR 1998, 304, 309. Offen gelassen in BGH v. 14.11.1968, NJW 1969, 316, 317 f.; OLG München v. 9.7.1981, WuW/E OLG 2781 f. „Trabrennverein"; OLG Frankfurt v. 16.9.1982, WuW/E OLG 2784 „AikidoVerband". Daher spielt es hier keine Rolle, ob den Vereinen der Fußball-Bundesliga angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen die Rechtsfähigkeit als Idealverein entzogen werden könnte oder müßte, vgl. Heermann, WRP 2001, S. 1140 m. w. N. 21

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det, mitunter entwickelt haben. Dies gilt neben einer so populären Sportart wie Fußball ebenfalls für andere Sportarten. Auch diese vermarkten ihren Sport z. B. durch Eintrittsgelder oder die Veräußerung von Werbeflächen auf der Spielerkleidung. 25 Um hier das Wohl der Volkswirtschaft hinreichend zu berücksichtigen und eine optimale Ressourcenallokation sicherzustellen, ist es erforderlich, kartellrechtlich eingreifen zu können, wenn solche Vereine als Wirtschaftssubjekte auf dem Markt auftreten. Die einzelnen Fußballclubs der Bundesligen sind also Unternehmen, wenn sie ζ. B. durch den Vertrieb von Fanartikeln (Merchandising) 26 Waren anbieten oder durch den Verkauf von Eintrittskarten am Wirtschaftsleben teilnehmen. Sofern sie noch als eingetragene Vereine bestehen, handelt es sich bei ihnen um relative, nicht um absolute Unternehmen. Denn neben der Profi-Abteilung gibt es auch wesentliche Bereiche, in denen sie nicht wirtschaftlich handeln, ζ. B. im Amateurbereich. Ob und inwieweit die Sportvereine für Amateursportler eine wirtschaftliche Tätigkeit entfalten, kann hier aber außer Betracht bleiben, 27 da die Unternehmenseigenschaft bei relativen Unternehmen für einen begrenzten Bereich vorliegen kann und es hier nur um die Lizenzligavereine, also die Profiabteilung der Fußballclubs, geht. Allein dieser unternehmerisch tätige Bereich der Vereine ist an § 1 GWB zu messen.28 Sofern Vereine die Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft umwandeln, handelt es sich bei diesen Gesellschaften um absolute Unternehmen. 29 Der DFB, ein gemeinnütziger rechtsfähiger Verein, 30 ist kein absolutes Unternehmen. Er wird ζ. B. im Breitensport auf nichtwirtschaftlicher Ebene tätig. Der DFB ist aber ein relatives Unternehmen, denn viele seiner Aktivitäten, von denen nur die Vergabe von Fernsehrechten oder die Ausrüsterverträge für die deutsche Nationalmannschaft genannt seien, sind wirtschaftlich. Der Ligaverband, im Gegensatz zum DFB nicht gemeinnützig,31 der nun mit der Rechtevergabe für Fernsehübertragungen der Bundesligen betraut ist, tritt mit dieser Tätigkeit ebenfalls im Wirtschaftsverkehr auf. Allerdings sind nicht alle seine in der Satzung aufgezählten Aufgabenbereiche dem unternehmerischen Sektor zuzuordnen, so daß er ein relatives Unternehmen ist. 32 Die Liga GmbH (DFL), die

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Steinbeck, WuW 1996, 91, 96; Herrmann, WuW 1979, 149, 151 f. Vgl. KG v. 20.11.1973, WuW/E OLG 1429, 1431 „DFB". 27 Dies wurde im Verfahren vom DFB geltend gemacht, vgl. BGH v. 11.12.1997 WuW/E DE-R 17, 19 „Europapokalheimspiele". 28 So auch BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 19 „Europapokalheimspiele". 29 Vgl. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 101. 30 § 5 der DFB-Satzung. 31 Vgl. § 14 Abs. 1 lit. a) der DFB-Satzung. 32 Ζ. B. in der Nachwuchsförderung, § 6 Abs. 3 lit. a) der Satzung des Ligaverbands. 26

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das operative Geschäft des Ligaverbands ausführt, ist als Handelsgesellschaft ohne weiteres ein absolutes Unternehmen. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, daß sowohl die Fußballclubs der Bundesligen als auch der DFB, 3 3 der Ligaverband und die DFL Unternehmen im Sinne des Kartellgesetzes sind.

b) Unternehmensvereinigungen Bislang bezogen sich die Ausführungen auf die wirtschaftliche Verwertung der Fernsehrechte. Im folgenden ist die in den Statuten enthaltene Bestimmung, wer die Rechte vergeben darf, Prüfungspunkt. Denn es geht nicht um das aktive wirtschaftliche Handeln vormals des DFB, jetzt des Ligaverbands gegenüber anderen Unternehmen, sondern darum, ob die Regelungen in den Statuten ohne ein Auftreten im Wirtschaftsverkehr unter das Kartellverbot fallen, weil es sich um Beschlüsse i. S. d. § 1 GWB handelt. Das wäre zu bejahen, wenn sie von Unternehmensvereinigungen gefaßt wurden. Diese Unterscheidung erkennt Stopper, 34 der prüft, ob der DFB in seiner Eigenschaft als Unternehmensvereinigung unternehmerisch tätig geworden ist, nicht. Sofern der DFB wie beim Verkauf der Fernsehrechte selbst im Geschäftsverkehr auftritt, ist er Unternehmer. Auf das Tatbestandsmerkmal der Unternehmensvereinigung kommt es nicht mehr an. 35 Hier geht es jedoch gerade nicht um ein wirtschaftliches Handeln des DFB oder des Ligaverbands, sondern um einen Beschluß eines seiner Organe. Worauf sich der Beschluß inhaltlich bezieht, ist bei der Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Mitgliedern relevant. 36 Anstatt sich mit der konkreten Geschäftstätigkeit zu befassen, wird also untersucht, ob der Beschluß des DFB-Bundestags, durch den der die Fernsehrechte betreffende § 16a Abs. 1 Nr. 2 der DFB-Satzung i. V. m. § 6 Abs. 2 lit. a) der Satzung des Ligaverbands und § 1 Abs. 1 und 2 OVR geschaffen wurde, gegen das Kartellverbot verstößt. Vor der Gründung des Ligaverbands hatte der DFB-Beirat die vormals relevante Bestimmung, § 3 Abs. 3 Lizenzspielerstatut (LSpSt), beschlossen. Der Beirat war nach § 18 Nr. 1 b) der DFB-Satzung a. F. ein Organ des DFB, dessen Aufgaben - u. a. die Fassung und Änderung des 33

Siehe ζ. B. für die Vergabe von Reklamemöglichkeiten KG v. 20.11.1973, WuW/E OLG 1429, 1431 „DFB". 34 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 96 f f 35 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Z/wmer, GWB, § 1, Rdnr. 74. In Rdnr. 79 sieht Zimmer dennoch die Vermarktung der Fernsehrechte selbst durch den DFB als Tätigkeit einer Unternehmensvereinigung an und verweist auf die Europapokalentscheidungen; der BGH hat sich in seiner Entscheidung aber nicht auf die Vermarktungstätigkeit gestützt, sondern nur auf den Beschluß des Beirats. Siehe auch Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 32. 36 A. A. Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 32.

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LSpSt - in § 31 der Satzung aufgeführt waren. 37 § 3 LSpSt sah vor, daß der DFB die Fernsehrechte zentral vermarktet. Die in der Neufassung der DFBSatzung enthaltene Berechtigung des Ligaverbands, die Vermarktungsrechte exklusiv zu nutzen, wurde vom DFB-Bundestag beschlossen.38 Die Regelungen des Ligaverbands nehmen diesen Beschluß lediglich auf bzw. konkretisieren ihn. Weder der DFB-Beirat noch der DFB-Bundestag haben bei ihren Beschlußfassungen als Unternehmen gehandelt. Auch liegt keine Vereinbarung der einzelnen Bundesligaclubs vor. 39 Es kommt folglich darauf an, ob der DFB eine Unternehmensvereinigung i. S. d. § 1 GWB ist. Eine Unternehmensvereinigung liegt vor, wenn sich zwei oder mehrere Unternehmen zur Wahrnehmung übergeordneter gemeinsamer Interessen zusammenschließen.40 Maßgebend ist, ob es sich um eine Organisation handelt, die im Beschlußweg für die einzelnen Mitglieder Regelungen treffen kann. Dies kann in einer Satzung geregelt sein.41 Die in der Satzung vorgesehene Zwecksetzung der Vereinigung ist dabei ohne Bedeutung.42 Das folgt bereits aus den Ausführungen zum Unternehmensbegriff. Auch auf die Rechtsform der Vereinigung kommt es nicht an. Allerdings muß die Vereinigung ein gewisses Maß an gemeinschaftlicher Organisation haben. 43 Kriterium hierfür ist, ob sich aus der Organisationsform die Möglichkeit ergibt, auf die angeschlossenen Unternehmen Einfluß auszuüben.44 Der DFB ist gem. § 1 Abs. 3 a. F. und § 1 Abs. 2 n. F. der DFB-Satzung ein eingetragener Verein. Die zwei Lizenzligen sind Vereinseinrichtungen des DFB, 4 5 der die Nutzung und auch die Erteilung der Lizenzen auf den Ligaverband übertragen hat. 46 Verschiedene Organe konnten für die Lizenzligamannschaften, die bis zur 37

Vgl. auch § 31 der DFB-Satzung a. F , § 37 LSpSt. Vgl. §§ 23 Abs. 2 lit. f), 18 Abs. 1 lit. a) der DFB-Satzung a. F. 39 Anders Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 33, die den Vertrag prüfen, weil sich die Vereine in Einzelverträgen mit dem Verband der Satzung unterwerfen. Das setzt erst beim zweiten Glied an und nicht bei der eigentlichen Kartellrechts Widrigkeit. 40 Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 41. 41 Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 93. 42 Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 94. 43 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 78; GemeinschaftskommentarHootz, § 1, Rdnr. 41; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 91 ff. Bei zu starker Organisationsform, in der die Unternehmen ihre wirtschaftliche Selbständigkeit verlieren, liegt keine Unternehmensvereinigung mehr vor, sondern ein Konzern, Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 78. Siehe hierzu unten, C. I. 4. a) cc). 44 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 78. 45 § 4 lit. g) der DFB-Satzung. 46 § 16a Abs. 1 Nr. 3 der DFB-Satzung. Der DFB verpachtet die dem Ligaverband zur Nutzung überlassenen Rechte gem. § 6 Abs. 1 des Grundlagenvertrags zwischen DFB und Ligaverband. 38

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Gründung des Ligaverbands außerordentliche Mitglieder des DFB waren und nun durch den Ligaverband repräsentiert werden, erhebliche Änderungen durch Beschluß herbeiführen. Der Bundestag des DFB war und ist eines von mehreren Organen. 47 Mittel, um auf die einzelnen Clubs der Bundesligen einzuwirken, waren insbesondere für die Zeit vor der Gründung des Ligaverbands, in die auch der Beschluß über die zentrale Rechtevergabe fällt, gegeben. Der DFB weist ein hohes Maß an gemeinschaftlicher Organisation auf. 48 Auf die Einflußmöglichkeiten wird beim Tatbestandsmerkmal „Beschluß" genauer eingegangen. Wenngleich erforderlich ist, daß Mitglieder der Vereinigung selbst Unternehmen sind, müssen doch nicht notwendigerweise alle Mitglieder diese Voraussetzung erfüllen. Die zusätzliche Beteiligung von NichtUnternehmen an der Unternehmensvereinigung ist unschädlich, auch wenn die NichtUnternehmen eine überragende Stellung in der Vereinigung einnehmen.49 Andernfalls könnten Unternehmen das Kartellverbot umgehen, indem sie sich mit einer größeren Anzahl von nichtunternehmerischen Mitgliedern zusammenschließen. Außerdem ist der Zweck des GWB nur zu verwirklichen, wenn sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten erfaßt werden. Aus diesem Grund wurde die Alternative der Unternehmensvereinigung ins Gesetz aufgenommen. Sobald eine Unternehmensvereinigung durch ihre Beschlüsse auf die geschäftlichen Tätigkeiten ihrer unternehmerischen Mitglieder einwirken kann, muß sie ihre Beschlüsse an § 1 GWB prüfen lassen. Für das Tatbestandsmerkmal der Unternehmensvereinigung reicht es mithin aus, daß überhaupt zwei oder mehrere Mitglieder Unternehmen sind und diese von der Tätigkeit der Vereinigung in ihrer wirtschaftlichen Betätigung betroffen werden. 50 Da die Satzungsänderung des DFB beschlossen wurde, als die Lizenzmannschaften Mitglieder des DFB waren, ist diese Voraussetzung gegeben. Zwar nahmen die Lizenzligavereine, nach § 7 Abs. 3 der DFB-Satzung a. F. nur außerordentliche Mitglieder des DFB, mit einer nur geringen Stimmenzahl lediglich eine Minderheitsposition im DFB ein. 51 Inwieweit die Regional- und Landesverbände, die gem. § 7 Abs. 2 der DFBSatzung a. F. ordentliche Mitglieder des DFB waren und großes Gewicht inner47 §§ 18 ff. der DFB-Satzung a. F., §§ 19 ff. der DFB-Satzung n. F. Die Aufgaben des Beirats sind jetzt stark reduziert worden; er kann nur noch Entschließungsanträge stellen, § 58 Abs. 1 der DFB-Satzung n. F. 48 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, \9 „Europapokalheimspiele". 49 BGH v. 17.5.1973, WuW/E BGH 1313, 1315 „Stromversorgungsgenossenschaft"; Β Κ art A v. 20.2.1960, WuW/E BKartA 145, 148 „Doppelstecker". 50 Β echio Id, GWB, § 1, Rdnr. 6. 51 Sie waren nach § 20 Abs. 2 lit. d) der DFB-Satzung a. F. pro Club mit einer Stimme stimmberechtigt, also insgesamt mit 36 (von 170). Im Beirat des DFB war das Verhältnis der Stimmverteilung ähnlich, § 30 Abs. 1, 2 der Satzung. Siehe auch Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 25 f.; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 101.

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halb des DFB hatten,52 Unternehmen waren, muß aus diesem Grund aber nicht beantwortet werden. 53 Die Eigenschaft des DFB als Unternehmensvereinigung ist daher nach der alten Sachlage bis 2001 zu bejahen.54 Bis zur Satzungsänderung 2001 waren die Lizenzligavereine und -gesellschaften als unmittelbare Mitglieder des DFB an seine Beschlüsse gebunden. Daneben ist der DFB als Dachverband, in dem Unternehmen mittelbar durch ihre Mitgliedsverbände zusammengeschlossen sind, eine Unternehmensvereinigung i. S. d. § 1 GWB. 5 5 Denn dem DFB gehören selbst Unternehmensvereinigungen an, und seine Beschlüsse beanspruchen nach den Statuten der einzelnen Mitglieds verbände Geltung gegenüber den angeschlossenen Unternehmen. 56 Sollten die Regelungen, welche die Lizenzclubs betreffen, jetzt nochmals geändert werden, ist dieses Tatbestandsmerkmal somit weiterhin erfüllt.

2. Beschluß der Unternehmensvereinigung Die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Beschlusses können denen einer Vereinbarung zwischen den Unternehmen dieser Vereinigung entsprechen, denn die in den Gremien der Unternehmensvereinigung gefaßten Beschlüsse regeln oder beeinflussen das Verhalten von Unternehmen. Daher hat § 1 GWB den Beschluß einer Unternehmensvereinigung der Vereinbarung zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen gleichgestellt. Im folgenden ist zu untersuchen, ob es sich bei dem Vermarktungsbeschluß des DFB-Bundestags um einen Beschluß i. S. d. § 1 GWB handelt. Denn wie unter dem Tatbestandsmerkmal der Unternehmensvereinigung bereits verdeutlicht, geht es nicht um eine Vereinbarung zwischen den Clubs, ihre Rechte durch den Ligaverband ausüben zu lassen. Die Rechte werden durch § 16a Abs. 2 der DFB-Satzung,

52 Die Regional- und Landesverbände waren im DFB-Bundestag mit insgesamt 137 Stimmen stimmberechtigt, § 20 Abs. 2 der DFB-Satzung a. F. 53 Hinsichtlich der tatsächlichen Übertragung von Sportrechten ftir Bundesligaspiele ist diese Fragestellung irrelevant. Der Ligaverband als maßgebliche Organisation hat nur noch Unternehmen als Mitglieder. 54 So auch BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 18 „Europapokalheimspiele Immenga/Mestmäcker-Z/wwer, GWB, § 1, Rdnr. 79; Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 256. 55 So das BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2689 „FußballFernsehübertragungsrechte /"; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 97; Hausmann, BB 1994, 1089, 1092; Immenga/Mestmäcker-Z/wwer, GWB, § 1, Rdnr. 79. 56 Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 120.

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den der DFB-Bundestag in alter Besetzung beschlossen hat, dem Ligaverband zugerechnet. 57 E i n Beschluß ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft, das auf der Grundlage einer verbandsmäßigen Organisation basiert. 5 8 Er kommt durch Abgabe paralleler Willenserklärungen zustande. 59 Durch den Beschluß müssen die Mitglieder i n ihrer Eigenschaft als Unternehmen betroffen sein. Hier geht es gerade u m einen unternehmerischen Tätigkeitsbereich der Lizenzligavereine und -gesellschaften, nämlich die Rechtevermarktung. Allerdings änderte sich m i t der Satzungsänderung auch die rechtliche Stellung der Lizenzclubs i m D F B . Bis dahin waren sie außerordentliche Mitglieder. Seit 2001 sind sie lediglich mittelbar über den L i gaverband und die Regional- und Landesverbände an die Statuten des D F B gebunden. 6 0 Die Bindung der aktuellen Vereine und Gesellschaften der Bundesligen an die Regelungen der Satzung ist seit der Gründung des Ligaverbands als Ausfluß des durch die Regionalverbände und den Ligaverband vermittelten mitgliedschaftlichen Verhältnisses zu werten. 6 1 Die mit der (die DFB-Satzung umsetzenden) O V R inhaltsgleiche vertragliche Bindung durch den Lizenzver-

57 Der Einwand von Jänisch, GRUR 1998, 438, der Beschluß könnte lediglich der Meinungsbildung der Vereinigung dienen und hätte dann nicht die erforderliche Außenwirkung, überzeugt nicht. Es handelt sich nicht um eine verbandsinterne Entscheidung über die Wahrnehmung von Rechten aus einem Statut; vielmehr wurde die Norm über die Fernsehrechte und damit die aus ihr folgenden Rechte durch den Beschluß erst geschaffen. 58 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 126 f.; Hausmann, BB 1994, 1089, 1093. Der Begriff des Beschlusses in § 1 GWB ist weiter als der im bürgerlich-rechtlichen Sinne. Denn der Zweck des § 1 GWB kann nur erfüllt werden, wenn auch nicht rechtlich bindende Beschlüsse erfaßt werden. Andernfalls könnte das Kartellverbot durch einen vorsätzlichen Verstoß umgangen werden (vgl. Dethloff Der Kartell beschluß, S. 12 ff.; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 74; Frankfurter KommentarHuber/Baums, § 1 a. F., Tz. 123; so auch Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 127 ff). Im vorliegenden Fall deutet allerdings nichts auf einen unwirksamen Beschluß hin. Kritisch, Archner, Zentrale Vermarktung von Fern seh übertragungsrechten, S. 93. 59 Hierzu Hausmann, BB 1994, 1089, 1093. 60 Entsprechend weisen die Fußballvereine in ihrer Satzung die Statuten des DFB als für den Verein und seine Mitglieder verbindlich aus, vgl. auch Buchner, RdA 1982, 1, 2; Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swmmerer, Phdb. Sportrecht, S. 120, Rdnr. 106; ferner Heermann, NZG 1999, 325 ff. 61 § 11 Abs. 1 lit. a) der Satzung des Ligaverbands. Vgl. auch BGH v. 28.11.1994, BGHZ 128, 93, 99 f.; Siegfried, Die Fernsehberichterstattung von Sportveranstaltungen, S. 78; Hausmann, BB 1994, 1089, 1092. Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 336 ff. m. w. N., weist daraufhin, daß das „Ob" der Bindung mittelbarer Mitglieder an Verbandsnormen von den verschiedenen Ansichten bejaht wird; problematisch sei lediglich das „Wie" der Bindung.

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trag hat nur deklaratorische Bedeutung. 6 2 M i t dem Lizenzvertrag treten die Bundesligateams i n eine Mitgliedschaftsbeziehung zum Ligaverband. Ohne diese Vereinbarung i m Lizenzvertrag würde die O V R für die Lizenzligaclubs als Mitglieder des Ligaverbands gelten. 6 3 Der Beschluß w i r k t sich damit auf den unternehmerischen Tätigkeitsbereich der Clubs aus. Denn durch verschiedene Mechanismen ist sichergestellt, daß die Lizenzligaclubs die sie betreffenden Verbandsbeschlüsse einhalten und widrigenfalls mit Sanktionen bedacht werden. 6 4 I n dem nunmehr entfallenen § 1 Abs. 2 G W B war lediglich die Mitgliederversammlung einer juristischen Person als Organ, das einen Beschluß fassen konnte, explizit erwähnt. 6 5 Inzwischen ist die Anwendbarkeit von § 1 G W B auf Beschlüsse anderer Organe als der Mitgliederversammlung allgemein anerkannt, wenn ihnen eine entsprechende Kompetenz durch die Mitgliederversammlung oder die Satzung übertragen wurde. 6 6 Die jetzige Fassung des § 1

62 Vgl. § 2 Abs. 3 lit. a) und b) des Anhangs 1 zur LO (Lizenzvertrag). Hausmann, BB 1994, 1089, 1092; Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, S. 117; zur Zulässigkeit der rechtsgeschäftlichen Erstreckung der Vereinsgewalt auf Nichtmitglieder siehe Lukes , in: FS für Harry Westermann, S. 325 ff. 63 Die von Heermann, NZG 1999, 325, 327, dargestellte Konstellation, in der eine Bindung mittelbarer Mitglieder an Satzungen eines Spitzenverbands durch die Vergabe von Lizenzen erreicht werden kann, ist daher hinsichtlich des Beschlusses über die Rechtevergabe nicht erforderlich, in den Lizenzverträgen ist unabhängig davon eine Bindung an die Statuten des DFB enthalten [siehe § 2 des Anhangs 1 zur LO (Lizenzvertrag)]. 64

Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 304. Vgl. Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 47. § 1 Abs. 2 GWB bezweckte eine Klarstellung, daß auch Beschlüsse in der Mitgliederversammlung juristischer Personen, sofern sie nicht Organbeschlüsse sind, unter § 1 Abs. 1 GWB fallen konnten (Stellungnahme des Bundesrates, BT Drucks. 1/3462, S. 54; Stellungnahme des Bundesrates, BT Drucks. 2/1158, S. 60). Damit wiederholte Abs. 2 im Grunde nur, was sich schon aus Abs. 1 der bisherigen Vorschrift ergab. Der Hinweis auf die Organbeschlüsse erschien sogar irreführend und in sich widersprüchlich, da die Mitgliederversammlung ein Organ ist und daher Organbeschlüsse faßt. Der bisherige Abs. 2 war daher überflüssig, die Begründung unzutreffend. Er wurde mit Recht nicht mehr in die geltende Fassung aufgenommen (so z. B. Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 70; vgl. auch K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 181). 66 BGH v. 21.6.1971, WuW/E BGH 1205, 1210 „ Verbandszeitschrift"; Immenga/ Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 130; K. Schmidt, in: FS für Robert Fischer, S. 693, 697 ff.; ders., Kartell verbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 179; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 124; Heermann, WuB V A. § 1 GWB 1.98, S. 475, 476. Das Verbandsrecht entscheidet also über die Zurechnung einer Verhaltensabstimmung, an dem nicht alle Mitglieder direkt mitwirken konnten, wie z. B. einem Vorstandsbeschluß (K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 179). Andernfalls hätte es der Verband in der Hand, durch einfache Kompetenzverlagerung der Anwendung des § 1 GWB zu entgehen (Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 124). 65

I. § 1 GWB

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GWB enthält hierzu keine Regelung mehr. Damit war die Übertragung der Fernsehvermarktungsrechte auf den DFB durch den insoweit satzungskonformen Beschluß des DFB-Beirats gedeckt. Da nach neuer Lage die Mitgliederversammlung tätig geworden ist, sind die Rechte auch auf den Ligaverband insoweit wirksam übertragen worden. Wie bei der Frage nach der Unternehmensvereinigung ist auch in diesem Zusammenhang unerheblich, ob auch NichtUnternehmen an einigen Grundlagenbeschlüssen beteiligt waren. Die Problemlage ist vergleichbar. 67 War noch beim Beschluß des Beirats zu § 3 Abs. 3 LSpSt problematisch, daß bei der Beschlußfassung nicht alle Vereine der Lizenzligen, sondern nur Repräsentanten der Vereine beteiligt waren, 68 trifft dies bei der Satzungsänderung nicht mehr zu. Im DFB-Bundestag sind alle Lizenzmannschaften stimmberechtigt. 69 Allerdings hatten die Bundesligavereine im Verhältnis zu den sonstigen Mitgliedern eine deutlich geringere Stimmenanzahl.70 Anders als eine Vereinbarung setzt ein Beschluß im Sinne von § 1 GWB nicht die Willensübereinstimmung aller Beteiligten voraus. Vielmehr genügt für sein Zustandekommen die Zustimmung der nach der Satzung erforderlichen Mehrheit der Mitglieder. 71 Der Beschluß bindet insoweit auch die Mitglieder, die ihm nicht zugestimmt haben.72 Dieses Ergebnis wird auch dadurch gestützt, daß alle Organe Beschlüsse im Sinne des § 1 GWB fassen können.73 Dies ist nur möglich, wenn auch Mitglieder, die gegen den Beschluß sind, aber nicht direkt abstim-

67

Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 83; Ahrens./ Ja/lisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 33 f. 68 Zur Zusammensetzung des Beirats siehe § 30 Abs. 1 der DFB-Satzung a. F.: je zwei Vertreter der ersten und zweiten Bundesliga von insgesamt 64 stimmberechtigten Mitgliedern des Beirats (ohne Ehrenpräsidenten als Vorstandsmitglieder, die nach § 30 Abs. 1 a) der DFB-Satzung a. F. auch Mitglieder des Beirats waren). Allerdings rekrutierten sich andere Mitglieder des Beirats ebenfalls aus den zwei Bundesligen. Auch die Mitglieder des Liga-Ausschusses, ihrerseits Mitglieder des Beirats, wurden aus dem Kreis der Lizenzligavereine gewählt (§ 15 Abs. 1 a) und Abs. 2, 3 LSpSt). Ihre Aufgabe war es, die Interessen der Lizenzligen und der Lizenzspieler unter Berücksichtigung der Gesamtinteressen des DFB zu vertreten, § 47 der DFB-Satzung a. F. Das heißt, es handelte sich hierbei nicht um Vertreter von Vereinsinteressen. Anders Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 21; DFB online, http://www.dfb.de/ cgi/bin/getnews.pl?news=46, v. 26.9.2000. 69 Zur Zusammensetzung des Bundestags siehe § 20 der DFB-Satzung a. F. 70 36 zu 170 (ohne Ehrenpräsidenten im Vorstand), vgl. § 20 Abs. 2 der DFBSatzung a. F. 71 Immenga/Mestmäcker-Zwiwer, GWB, § 1, Rdnr. 127; Mehrheitsentscheidungen können lediglich dann nicht getroffen werden, wenn die Verbandsform oder die Satzung Einstimmigkeit verlangt. 72 BGH v. 12.12.1978, WuW/E BGH 1577, 1578 „Stromversorgungsgenossenschaff Gemeinschaftskommentar-//octfz, § 1, Rdnr. 69. 73 Vgl. BGH v. 21.6.1971, WuW/E BGH 1205, 1210 „ Verbandszeitschrift". 4 Weihs

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

men konnten, an den Beschluß gebunden sind. 74 Durch die gesonderte Erwähnung des Beschlusses in § 1 GWB können daher auch solche Unternehmen vom Kartellverbot erfaßt werden, die am Beschluß nicht mitgewirkt haben bzw. nicht mitwirken konnten oder gegen ihn stimmten, aber von ihm betroffen sind. 75 Damit ist grundsätzlich unerheblich, ob die Vereine nach den Regeln der DFBSatzung überstimmt wurden. 76 Bei der Stimmzusammensetzung in den maßgeblichen Gremien hatten die Lizenzligavereine jedoch keine Möglichkeit, Beschlußfassungen zu verhindern. Sie waren an Entscheidungen des Bundestags gebunden, auch wenn die Änderung ausschließlich für den bezahlten Fußball galt. Das bedeutet, die Mitgliedsverbände des DFB (die ordentlichen Mitglieder) konnten Beschlüsse fassen, die sie höchstens mittelbar betrafen, während sich die Lizenzligavereine (die außerordentlichen Mitglieder) Beschlüssen unterwerfen mußten, die sie nicht beeinflussen konnten. Es fragt sich, ob die mangelnde Einflußmöglichkeit zu einer anderen Einordnung über die Zurechnung der Satzungsänderung führt. 77 Das wäre zu bejahen, wenn das dargelegte Beschlußverfahren nicht mehr als Verhaltensweise gleichrangiger Partner mit horizontalem Charakter verstanden werden kann. Die Aufstellung von Beschlußgremien, die sich von der demokratischen Basis des Verbands entfernen, indem ihre Stimmverteilung nicht dem Verhältnis der Mitgliedergruppen entspricht, kann durch die verbandsorganisatorische Praxis gerechtfertigt sein. 78 Beim DFB bestanden zwischen den außerordentlichen und den ordentlichen Mitgliedern mitgliedschaftliche Verknüpfungen, da die Lizenzligaclubs auch Mitglieder der Landesverbände waren und weiterhin sind, 79 die den Teams die Mitgliedschaft zum DFB mittein. Mit ihrer Mitgliedschaft bei den Landesverbänden unterwarfen sie sich gleichzeitig den

74

Vgl. auch K. Schmidt, Kartell verbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen",

S. 179. 75 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 164; K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 179. 76 Bei Satzungsänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, § 25 Abs. 2 der DFB-Satzung a. F. 77 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 102, will dies für das Lizenzligastatut aus der erwähnten binären Struktur des DFB (die Regional- und Landesverbände als ordentliche Mitglieder, die Lizenzligavereine als außerordentliche Mitglieder) folgern können. Diese Struktur führte aber nicht zwangsläufig dazu, daß die ordentlichen Mitglieder über ein Statut abstimmten, das ausschließlich Bestimmungen für die außerordentlichen Mitglieder enthielt. Auch bei einem binären Modell könnte die Satzung vorsehen, daß die Mehrzahl der Stimmen von den außerordentlichen Mitglieder gehalten wird. Das heißt, fraglich war nicht, ob die binäre Struktur, sondern ob die Satzung, welche die Zusammensetzung des DFB-Beirats regelte, den Anforderungen einer Zurechnung kraft Verbandsrecht entsprach. 78 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 103. 79 Siehe § 2 Abs. 2 des Lizenzvertrags a. F. und n. F.

I. § 1 GWB

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Statuten des DFB, 8 0 so daß sie bei Beschlußfassungen des Bundestags auch mittelbar vertreten waren. Die Mitgliedsverbände müssen die Interessen aller ihrer Mitglieder bedenken, wenn sie in DFB-Organen handeln. Das bedeutet, sie berücksichtigen auch die Interessen der Lizenzmannschaften. Das Stimmenverhältnis führt daher zu keiner Änderung am horizontalen Charakter der Verhaltensweise. Zudem ist der Beschluß seinem Inhalt nach von den Zielen der Verbandsorganisation gedeckt.81 Selbst wenn hier Zweifel bleiben sollten (was nach der Tatsachenlage und den obigen Ausführungen als nicht angebracht erscheint), erkennen die Vereine und Gesellschaften die Satzung durch den Lizenzvertrag, der für jeweils ein Jahr geschlossen wird, als verbindlich an. 82 Jedenfalls durch diesen bindenden Rechtsakt der Clubs ist ihnen der Beschluß des Bundestags zuzurechnen, und es kann nicht erfolgreich darauf hingewiesen werden, daß sich die Lizenzspielerabteilung des DFB jedes Jahr wegen der Auf- und Abstiegsregelungen etwas anders zusammensetzt.83 Zwar unterscheiden sich die in dem Bundestag, der die Satzungsänderung beschlossen hat, vertretenen Mannschaften partiell von denen, die aktuell in den Bundesligen spielen. Aber schließlich folgt die Zurechnung des Beschlusses aus dem Erwerb der Mitgliedschaft im Ligaverband durch den Lizenzvertrag. 84 Daher ist keine andere Einordnung der Bundestagsentscheidung als die eines allen Lizenzligaclubs zuzurechnenden Beschlusses gerechtfertigt. Von verschiedenen Autoren ist im Hinblick auf die hier zu untersuchende Maßnahme ein Sternvertrag erörtert worden. Unter § 1 GWB a. F. war anerkannt, daß ein gemeinsamer Zweck statt mit horizontalem Vertrag auch durch eine Mehrzahl vertikaler Verträge verwirklicht werden kann, die unter Einschaltung eines für alle Beteiligten identischen Partners abgeschlossen werden. 85 Mit derartigen Sternverträgen auf vertikaler Ebene soll regelmäßig die 80

Vgl. §§ 6 Abs. 4 und 14 Abs. 1 lit. c) der DFB-Satzung a. F.; § 1 Abs. 5 LSpSt

a. F. 81

Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 50. § 4 Abs. 1 lit. b) der LO. Dies ist nach Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 33, als ein Vertrag im Sinne von § 1 GWB anzusehen. 83 Hausmann, BB 1994, 1089, 1093. Aus der 2. Bundesliga steigen vier Clubs ab, die im folgenden Jahr nicht Lizenzligaclubs sind, während vier andere Teams aufsteigen. 84 Durch diesen Vertrag erhält der Club die Erlaubnis, die Vereinseinrichtungen zu nutzen [siehe § 3 des Anhangs 1 zur LO (Lizenzvertrag)]. Außerdem erkennt der Club nochmals die Verbindlichkeit der Statuten des DFB und auch des Ligaverbands ausdrücklich an (siehe zur alten Rechtslage vor Gründung des Ligaverbands Buchner, RdA 1982, 1,2). 85 Häufig aber nicht notwendig handelt es sich um Torsosyndikate, das heißt um Syndikate ohne Andienungspflicht, K. Schmidt, Kartell verbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen 44, S. 134; Langen/Bunte-Z?«rtte, § 1, Rdnr. 47 ff. 82

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Regelung des Wettbewerbs der Beteiligten untereinander, also auf horizontaler Ebene, erreicht werden. 86 Statt des gemeinsamen Zwecks verlangt § 1 GWB n. F. nun, wie gesehen, daß die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen miteinander in Wettbewerb stehen und sich die Vereinbarung gerade auch auf das Wettbewerbsverhältnis bezieht. Bei Sternverträgen wird das lediglich für eine Koordinierung im Sinne einer Verhaltensabstimmung der beteiligten Wettbewerber in Bezug auf die Modalitäten der einzelnen Vertikalverträge zutreffen, nicht aber fur die Vertikalbindungen. 87 Erforderlich ist eine Gestaltung der Vertikalverträge, die das Nebeneinander der Unternehmen ausfuhrlich regelt, so daß das Vertikalverhältnis nicht eingegangen werden kann, ohne einer horizontal wirkenden Verabredung zuzustimmen.88 Fraglich ist, ob die Lizenzverträge hinsichtlich der Übertragungsrechte als Sternverträge der Clubs mit dem Verband anzusehen sind. 89 Die Regelung über die Rechte wurde vom DFB-Bundestag beschlossen. Wie oben dargelegt, ergibt sich die Bindung der Bundesligaclubs an den Beschluß aus der über die Landesund Regionalverbände vermittelten Mitgliedschaft im DFB. Der Lizenzvertrag macht die Bestimmungen der Satzung und der Ordnungen zum Inhalt der Vereinbarung. Die mögliche Wettbewerbsbeschränkung und die Koordination ist in der DFB-Satzung und der OVR des Ligaverbands enthalten. Die Lizenzverträge klären, wen die Regelung über die TV-Rechte im einzelnen trifft.

86 OLG Düsseldorf v. 12.6.1990, WuW/E OLG 4691 f.; vgl. auch BGH v. 19.6.1975, WuW/E BGH 1367, 1369 „Zementverkaufsstelle Niedersachsen"; OLG Stuttgart v. 20.2.1970, WuW/E OLG 1083, 1087 „ Fahr schulverkauf" ; BKartA, TB 1974, S. 57; Gemeinschaftskommentar-A/M//er-//e«/i^erg, 4. Aufl., § 1, Rdnr. 36; Immenga/Mestmäcker-Z/mwer, GWB, § 1, Rdnr. 186; Wiedemann-Stockmann, § 7, Rdnr. 54; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 540, 543 ff. m. w. N.; Helm, Das Kartellrecht in der Wirtschaftspraxis, Rdnr. 40; Steindorff BB 1979, 3. Beilage, 1, 6 f.; Emmerich, KartR, S. 29 f.; Schwintowski, WuW 1997, 769, 770; Peters, Ausschließlichkeitsbindungen und Kartell verbot, S. 13 f.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 8, Rdnr. 411, § 5, Rdnr. 220 ff.; K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 134 ff. m. w. N. 87 Immenga/Mestmäcker-Z/m/wer, GWB, § 1, Rdnr. 186; GemeinschaftskommentarHootz, § 1, Rdnr. 67. 88 OLG Düsseldorf v. 12.6.1990, WuW/E OLG 4691 f. 89 So Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 72, der dadurch zur Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses kommt; ebenso Jänisch, GRUR 1998, 438. Ferner Hausmann, BB 1994, 1089, 1093, Fußn. 54; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 39.; Springer, WRP 1998, 477, 482 m. w. N.: Bei Syndikaten werden „auch die eigentlich vertikalen sog. Sternverträge zwischen den Gesellschaftern und der Vermarktungsgesellschaft aufgrund ihrer Eignung zur Beschränkung des inter-brand Wettbewerbs als horizontale Vereinbarungen angesehen, die somit von § 1 GWB erfaßt werden." Für die DEL bejaht, DEL-Schiedsgericht v. 7.2.1997, SpuRt 1997, 165, 168. Daß die Rechteübertragung bereits in der Satzung des DEB vorgesehen war, bei dem die Clubs außerordentliche Mitglieder waren, wurde nicht erörtert.

I. § 1 GWB

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Es handelt sich um keine geplante Harmonisierung des Verhaltens, die neben die in der Satzung und in den Statuten bestehenden horizontalen Bindungen tritt. Durch sie wird die wettbewerbsbeschränkende Wirkung des Kartells nicht verstärkt, sondern nur umgesetzt.90 Der Abschluß der Lizenzverträge hat daher neben der Beschlußfassung fur die hier aufgeworfene Frage keine weitergehende Bedeutung. Denn mit dem den Beschluß treffenden Kartellverbot entfällt insoweit auch die Bindung durch den Lizenzvertrag an die Regelung über die Übertragungsrechte, von der die Parteien bislang ausgegangen sind. 91 Daher kommt es hier nicht darauf an, ob der Ligaverband in einem vertikalen Verhältnis im Sinne des GWB zu den Clubs steht und ob der Lizenzvertrag als Austauschvertrag gewertet werden kann. Die relevante Maßnahme ist nicht in eventuell gegebenen vertikalen Verträgen zu sehen, sondern im Beschluß über die TV-Übertragungsrechte. Die Beschlüsse des DFB-Beirats bzw. des -Bundestags über die Fernsehübertragungsrechte sind daher Beschlüsse i. S. d. § 1 GWB. 9 2

3. Beteiligung von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen Das Tatbestandsmerkmal der „miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen" ersetzt als „sprachlich treffendere Formulierung" das Tatbestandsmerkmal „zu einem gemeinsamen Zweck", ohne daß insoweit eine sachliche Änderung eintreten sollte. 93 Funktional verfolgt das neue Tatbestandsmerkmal die gleiche Aufgabe wie das alte: Kartell Vereinbarungen sollen von sonstigen

90

Siehe OLG Frankfurt v. 28.3.1968, WuW/E OLG 945, 948. Vgl. auch Waldhauser y Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 244, der den Sternvertrag nur in den Fällen anwendet, in denen mehrere Sportveranstalter dem Verband nicht aufgrund einer Satzungs- bzw. Nebenbestimmung, sondern rein vertraglich die Befugnis zur zentralen Vergabe erteilt; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 15. 91

Siehe zu den Rechtsfolgen unten, C. IV. Beschluß im Sinne des GWB sind dagegen nicht die parallel mit dem Ligaverband abgeschlossenen Lizenzverträge der einzelnen Lizenzmannschaften (insoweit unklar, Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 100 f.). Bezüglich dieser Verträge ist keine Majorisierung möglich: Ein Club, der den Vertrag nicht abschließen will, wird nicht durch den Vertragsschluß der anderen Clubs gebunden. Dies ist ein elementares Erfordernis eines Beschlusses (siehe ζ. B. Bohn, in: FS für Haff, S. 232, 236 ff.; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 124). Außerdem ist die Regelung über die Fernsehrechte nicht in den Lizenzverträgen enthalten. Durch diese Verträge unterwerfen sich die Clubs lediglich der Satzung und dem Ligastatut (vgl. § 4 Abs. 1 lit. b) der LO). 93 Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 31; vgl. z. B. Immenga/Mestmäcker-Z//;i/»e/-, GWB, § 1, Rdnr. 164; GemeinschaftskommentarHootz, § 1, Rdnr. 60. 92

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C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

Verträgen abgegrenzt werden. 94 Es bildet damit das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Horizontalvereinbarungen und den nicht von § 1 GWB erfaßten Vertikalvereinbarungen. 95 Zu erörtern ist, ob sich das Tatbestandsmerkmal der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen auch auf Beschlüsse bezieht. Nach einer Meinung 96 galt das einschränkende Tatbestandsmerkmal der alten Fassung „gemeinsamer Zweck" (als Verfolgung gleichgerichteter Interessen) nicht für Beschlüsse. Ansatzpunkt ist die jetzige Formulierung. Da jede Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB eine Verhaltensabstimmung mit einschließt, muß diese Begrenzungsfunktion des neuen Tatbestandsmerkmals auch für die in § 1 GWB n. F. an letzter Stelle der wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen genannten aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen gelten. Bei abgestimmten Verhaltensweisen fehlt im Vergleich zu Vereinbarungen lediglich die rechtliche Bindungswirkung. Da Abstimmung und Beschluß in § 1 GWB gleichberechtigt nebeneinander stehen, ist das Tatbestandsmerkmal der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen auch bei Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen zu prüfen. 97 Das folgt auch aus der horizontalen Beschränkung des § 1 GWB selbst.98 Die in der Vereinigung zusammengeschlossenen Unternehmen müssen also miteinander im Wettbewerb stehen. Auch wenn mit der Neufassung keine materiellen Veränderungen beabsichtigt waren, führt sie doch zu einigen Modifikationen. Denn die Gleichsetzung von Wettbewerbsbeschränkungen zu einem gemeinsamen Zweck und von horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen beruhte auf einer Vereinfachung. Nach h. M . 9 9 reichte beim alten Tatbestandsmerkmal die Beschränkung von Drittwettbewerb aus; es muß te kein zwischen den Parteien bestehender Wettbewerb

94 Frankfurter Kommentar-Huber, § 1 n. F., Tz. 13; Immenga/Mestmäcker-Z//wwer, GWB, § 1, Rdnr. 164; zum alten Recht vgl. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 169; Seifert, in: FS für Lieberknecht, S. 583, 584 ff. 95 Kritisch hierzu Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 164: Nach Ansicht Zimmers erweist sich das neue Tatbestandsmerkmal als ungeeignet zur Erfüllung dieser Abgrenzungsaufgabe. Dies begründet er mit der Problematik bei Austauschverträgen zwischen potentiellen Wettbewerbern. Dazu K. Schmidt, in: FS für Sandrock, S. 833, 844. 96 Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 125, 411; von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 24 f.; a. Α. Κ . Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 181 f. 97 Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 9, 19; Frankfurter Kommentar-//w£er, § 1 n. F., Tz. 52 f.; Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 59; Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 173. 98 Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 59. 99 So BGH v. 13.1.1998, WuW/E DE-R 115, 119 f. „Carpartner"; Frankfurter Kovcmenitt-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 455 ff. m. w. N.; a. A. Gemeinschaftskommentar-Hootz, § 1, Rdnr. 105.

I. § 1 GWB

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betroffen werden. 1 0 0 Das genügt wegen des eindeutigen Wortlauts nach h. M . 1 0 1 nicht mehr für die Verwirklichung des § 1 G W B . 1 0 2 Aus der Abgrenzungsfunktion des § 1 G W B ergibt sich ferner, daß das zwischen den Unternehmen bestehende Wettbewerbsverhältnis durch den Inhalt des Beschlusses berührt werden m u ß . 1 0 3 Das notwendige Abgrenzungskriterium w i r d i m Abschluß der Vereinbarung zwischen den Beteiligten i m H i n b l i c k auf das zwischen ihnen bestehende Wettbewerbsverhältnis und der Regelung dieses Verhältnisses gesehen. 1 0 4 Der Beschluß muß geeignet sein, den Wettbewerb, i n dem sich die Parteien gegenüberstehen, zu beeinflussen.

100

Siehe hierzu BGH v. 6.5.1997, WuW/E BGH 3137 „Sole". K. Schmidt, AG 1998, 551, 560; Baums, ZIP 1998, 233, 235; WellenhoferKlein, WuW 1999, 557, 563; Bahr, WuW 2000, 954, 957 f. 102 Statt dessen sollen diesbezüglich andere Normen des GWB maßgeblich sein, wie das Verbot des Mißbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, § 19 GWB n. F. (Immenga/Mestmäcker-Z/wwer, GWB, § 1, Rdnr. 180 f. m. w. N.; Frankfurter KommentarHuber, § 1 n. F., Tz. 50; siehe aber Emmerich, KartR, S. 39 f., 41; Rittner, Wettbewerbs· und Kartellrecht, § 7, Rdnr. 23 f.). In der Carpartner-Entscheidung hatte der BGH die Anwendung von § 1 GWB a. F. auf Drittwettbewerbsfälle beschränkt, bei denen die Auswirkungen auf den Drittmarkt nicht nur mittelbare Folge von Beschränkungen des Wettbewerbs auf einem (Erst-)Markt sind, auf dem die Beteiligten miteinander im Wettbewerb stehen, sondern die Vereinbarungen gerade dazu dienen, die Verhältnisse auf dem Drittmarkt unmittelbar zugunsten der Beteiligten zu beeinflussen (BGH v. 13.1.1998, WuW/E DE-R 115, 120 „Carpartner". Vgl. auch Kahlenberg, BB 1998, 1593, 1594; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 178: Die Konzertierung kann sich auf die Marktbedingungen auf Drittmärkten erstrecken, wodurch Außenstehenden der Marktzutritt erschwert wird). In der Sole-Entscheidung fielen Verträge zwischen Nichtwettbewerbern unter § 1 GWB a. F., sofern mittelbar das (horizontale) Wettbewerbsverhältnis einer der Parteien zu Dritten betroffen war (BGH v. 6.5.1997, WuW/E BGH 3137 „Sole"). Aus diesen Entscheidungen kann gefolgert werden, daß die vorliegende Beeinflussung des Medienmarktes unabhängig vom Wettbewerb zwischen den Clubs nicht unter die Beschränkung von Drittwettbewerb fällt. Der Beschluß greift nicht direkt in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Fernsehanstalten ein. Die Auswirkungen auf der Nachfragerseite sind eine Folge des erfolgreichen Kartells zwischen den untereinander konkurrierenden Fußballclubs: Die Auswahlmöglichkeiten werden beschränkt, statt vieler Anbieter ist nur einer vorhanden. Dabei verringern die Beteiligten aber keinen Wettbewerbsdruck zwischen sich und den Medienanstalten (Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 180 ff.). Auch sind diese Folgen nicht Ziel des Beschlusses. Sie sind lediglich Randprodukt der zwischen den Beteiligten beschränkten wettbewerblichen Handlungsfreiheit. 101

103

Immenga/Mestmäcker-Z/wmer, GWB, § 1, Rdnr. 175 f.; Frankfurter Kommentar-Huber, § 1 n. F., Tz. 15. 104 Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 64; Bahr, WuW 2000, 954, 957 f. Denn das Merkmal, daß sich die an der Vereinbarung Beteiligten auf derselben Wirtschaftsstufe gegenüberstehen, reicht allein für die Abgrenzung nicht aus, da Vertikalbeziehungen, die nicht unter § 1 GWB fallen, auch zwischen Wettbewerbern möglich sind, Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 24; Immenga/Mestmäcker-Z/mwer, GWB, § 1, Rdnr. 175; Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 64; Kahlenberg, BB 1998, 1593; Wellenhofer-Klein, WuW 1999, 557, 564.

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Der Begriff des Wettbewerbs ist also zu bestimmen. Eine gesetzliche Definition existiert nicht. Das Gesetz verwendet ihn als unbestimmten Rechtsbegriff. Sein Inhalt wird vorausgesetzt. Bislang herrscht über diesen Begriff kein Konsens.105 Versuche, den Begriff näher zu bestimmen, scheitern letztlich, da sich das Phänomen Wettbewerb angesichts seiner mannigfaltigen Erscheinungsformen kaum fixieren läßt. Als reales Phänomen entzieht er sich einer begrifflichen Festlegung und enthält kein normatives Element. Für die Rechtspraxis hat die Auseinandersetzung um den Wettbewerbsbegriff jedoch nur wenig Relevanz; sie hat mit der Anwendung des Begriffs keine Probleme. Denn sie knüpft an die Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit an, nicht an einen bestimmten Wettbewerbsbegriff. 106 Relevant ist für den Wettbewerb damit, daß Handlungsfreiheiten bestehen, die zu wirtschaftlichen Prozessen führen. 107 Die Rechtsprechung geht also ohne Zugrundelegung eines bestimmten Wettbewerbsbegriffs von den im konkreten Fall bestehenden tatsächlichen Verhältnissen auf dem Markt und der insoweit gegebenen wettbewerblichen Handlungsfreiheit als Gegenstand der Beschränkung aus. 108 Dabei ist sowohl der aktuelle als auch der potentielle Wettbewerb geschützt.109 Die Lizenzvereine und -gesellschaften als Unternehmen der Vereinigung DFB bzw. jetzt des Ligaverbands stehen miteinander auf vielfältige Weise im wirtschaftlichen Wettbewerb. Sie werben um dieselben Spieler, treten beim Merchandising als Konkurrenten auf und konkurrieren auch beim Ticketverkauf für die Spiele. 110 Selbst wenn sich die Clubs nicht gegenseitig eliminieren wollen, sind sie Konkurrenten. 111 Denn im Wettbewerb ist das Ziel nicht, den anderen zur Aufgabe zu zwingen, sondern besser dazustehen als der Konkurrent. Dieses Ziel haben auch die Teams. Dadurch können sie ihre finanziellen Mittel erhöhen. Ohne die zentralisierende Maßnahme wären sie auch in dem durch den 105

Immenga/Mestmäcker-Z/mwer, GWB, § 1, Rdnr. 134 f.; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 142; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Einl., Rdnr. 3 f.; Borchardt/Fikentscher, Wettbewerb, Wettbewerbsbeschränkung, Marktbeherrschung, S. 14 ff.; Fikentscher, WuW 1961, 788, 789 ff.; Knöpfle, Der Rechtsbegriff „Wettbewerb" und die Realität des Wirtschaftslebens, S. 144 f f , 222; Sandrock, Grundbegriffe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 102 ff., 123 ff.; Baur, ZHR 134(1970), 97 ff. 106 Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 138; Möschel, in: Gernhuber (Hrsg.), Tradition und Fortschritt im Recht, S. 333, 339, 347. 107 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 137 f. 108 Gemeinschaftskommentar-//ooiz, § 1, Rdnr. 82; BGH v. 29.1.1975, WuW/E BGH 1337, 1342 „Aluminium- H albzeug". 109 Siehe ζ. B. BGH v. 26.10.1959, WuW/E BGH 359, 361, 363 f. „Glasglühkörper "; BGH v. 27.1.1966, WuW/E BGH 726, 731 f. „Klinker"; Immenga/MestmäckerZimmer, GWB, § 1, Rdnr. 174; Wxefexmnn-Stockmann, § 7, Rdnr. 53, 58. 110 So auch KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5572 „Fernsehübertragungsr echte ". 111 A. A. Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 10.

I. § 1 GWB

57

Beschluß geregelten Verkauf von Fernsehübertragungsrechten Wettbewerber um Interessenten. Der Beschluß des DFB-Bundestags tangiert also das Wettbewerbsverhältnis, in dem sich die Vereine und Gesellschaften auf horizontaler Ebene gegenüberstehen.

4. Spürbare Beschränkung des Wettbewerbs als Zweck oder Wirkung des Beschlusses a) Wettbewerbsbeschränkung aa) Begriff der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit Das Verbot von Vereinbarungen, „die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken", ersetzt in der neuen Fassung des § 1 GWB das Merkmal der Beeinflussung der Marktverhältnisse „durch Beschränkung des Wettbewerbs". Die Begriffe der Verhinderung oder Einschränkung, die aus Art. 81 Abs. 1 EGV übernommen wurden, unterscheiden sich lediglich hinsichtlich ihrer Intensität. 112 Verhinderung ist neben dem Merkmal der Einschränkung wegen der übereinstimmenden Rechtsfolgen ohne wirkliche eigenständige Bedeutung, so daß auf eine Abgrenzung der Varianten verzichtet werden kann. 113 Das Merkmal der Verfälschung wurde wegen des Bestrebens, den neuen Wortlaut an Art. 81 Abs. 1 EGV anzupassen, in das Gesetz aufgenommen. 114 Die Begriffe gehen in dem bisher gebrauchten Begriff der Wettbewerbsbeschränkung auf. 115 Das läßt sich auch der EG-Rechtspraxis entnehmen. Die Neuformulierung bietet also keinen Grund, von der bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „durch Beschränkung des Wettbewerbs" abzuweichen.116 Wie bereits im Rahmen des Definitionsversuchs „Wettbewerb" angesprochen, bedeutet Wettbewerbsbeschränkung nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur die Beeinträchtigung der an sich bestehenden wettbewerblichen Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen; es geht um

1.2

Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 99. Frankfurter Kommentar-Huber, § 1 n. F., Tz. 55; Immenga/MestmäckerZimmer, GWB, § 1, Rdnr. 196. 114 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 197. Strittig ist, ob es einen eigenen Anwendungsbereich hat, vgl. Bahr, WuW 2000, 954, 955. 115 Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 31; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 99; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 30; offengelassen für die Verfälschung: Emmerich, KartR, S. 38. 1,6 Frankfurter Kommentar-//«6er, § 1 n. F., Tz. 7 f. 1.3

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Verhaltensbindung. 117 Das GWB schützt die wirtschaftlichen Handlungsfreiheiten zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs. 118 Ähnlich wie beim Begriff des Wettbewerbs scheitern auch die Versuche, die relevanten Faktoren einer Beschränkung des Wettbewerbs begrifflich zu erfassen. Die Gegenstände möglicher Beschränkung werden im Anschluß an die wirtschaftswissenschaftliche Terminologie als Aktionsparameter bezeichnet.119 Wettbewerbsbeschränkung ist damit die Beeinträchtigung von Mitgliedern einer beschlußfassenden Unternehmensvereinigung im Einsatz ihrer Aktionsparameter. Ausgeschlossen erscheint, den für die Anwendung des § 1 GWB relevanten Ausschnitt von Handlungsfreiheiten durch eine subsumtionsfähige Definition zu bestimmen. Es kann nicht bekannt sein, was sich die Marktteilnehmer alles einfallen lassen werden. 120 Die Unterscheidung nach Aktionsparametern kann nur als beschreibende Annäherung, nicht aber als begriffliche Erfassung der Abgrenzungsproblematik verstanden werden. Welche Faktoren das sind, ist von Fall zu Fall zu ermitteln. Die Relevanz des Handels ist jedesmal erneut zu beantworten. Es wird an die Marktbezogenheit angeknüpft. Die wettbewerbliche Handlungsfreiheit ist beschränkt, wenn Wettbewerber gehindert werden, auf die für den Ablauf des Marktgeschehens maßgebenden Faktoren nach eigenem Entschluß Einfluß zu nehmen,121 und das marktbezogene Verhalten der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung gleichgeschaltet wird. 1 2 2 Die Beschränkung kann in einer Verpflichtung, etwas zu unterlassen oder etwas vorzunehmen, bestehen.123 Die einverständliche Koordinierung von Wettbewerbsfaktoren zwischen tatsächlichen oder potentiellen Konkurrenten soll verhindert werden. 124 Beschlüsse führen jedenfalls dann zu einer Wettbewerbsbeschränkung, wenn sie den an der Unternehmensvereinigung beteiligten Unternehmen ein bestimmtes Verhalten vorschreiben. 125

117

Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 99; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 31 f.; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 39; Emmerich, KartR, S. 38 f.; vgl. auch BGH v. 14.1.1997, WuW/E BGH 3121, 3124 „BedsideTestkarten "; BGH v. 6.5.1997, WuW/E BGH 3137, 3138 f. „Sole". 1,8 Immenga/Mestmäcker-Z/m/wer, GWB, § 1, Rdnr. 199. 119 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 199. 120 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 200; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 86. 121 Gememschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 100; von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 42; BGH v. 29.1.1975, WuW/E BGH 1337, 1342 „Aluminium- H albzeug". 122 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 26. 123 Frankfurter Y.ommzntzx-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 145. 124 BGH v. 29.1.1975, WuW/E BGH 1337, 1342 „Aluminium-Halbzeug"; zum sog. Selbständigkeitspostulat Bahr, WuW 2000, 954, 956 f. 125 Frankfurter Kommentar-//wòer, § 1 η. F., Tz. 68.

I. § 1 GWB

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Wettbewerbsbeschränkend ist ein Verhalten, das die Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite verringert. 126 Allerdings ist die Beeinträchtigung der Alternativen der Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite, zu der die Bindung regelmäßig fuhrt, 127 nicht Voraussetzung. Die Beschränkung des Anbieterverhaltens reicht als Wettbewerbsbeschränkung aus. Der grundsätzliche Einwand, bereits nach den wirtschaftlichen Grundregeln könne bei dem hier behandelten Thema keine Wettbewerbsbeschränkung vorliegen, vermag nach den genannten Kriterien nicht zu überzeugen. 128 Begründet wird das Vorbringen mit dem klassischen Kartell, in dem die Kartellmitglieder höhere Preise als bei unbeschränktem Handel anstreben. Nach diesem Argument kommt die zentrale Vermarktung dem Verband und damit den Clubs gar nicht zugute, da durch sie keine höheren Gewinne erzielt werden könnten. 129 So wollten im Fußball manche großen und attraktiven Teams aus der Zentralvermarktung durch den Ligaverband ausbrechen, um höhere Preise für die Fernsehrechte an ihren Spielen zu erzielen. Bei individueller Vermarktung steigerten sich die Fernseheinnahmen erheblich. 130 Das hätten Erfahrungen in anderen Ländern gezeigt, in denen die Clubs bei eigener Rechtevergabe deutlich höhere Entgelte erhielten, und spreche gegen das Vorliegen eines Kartells. Es ist aber nicht zu erwarten, daß kleine Teams mehr Gegenleistung erhalten können als bei der jetzigen Vergabe. Bei vielen Clubs tritt also die Folge eines Preiskartells ein. Selbst wenn man von der Richtigkeit der These ausginge und einige Clubs in der Tat geringere Einkünfte durch die zentrale Vermarktung erzielen, scheitert daran § 1 GWB nicht. Denn der Einwand reduziert ein Kartell zu sehr auf ein Mittel, das allein auf eine Preiserhöhung abzielt. Auch in Kartellen typischer wirtschaftlicher Branchen ist nicht erforderlich, daß alle Mitglieder höhere Einnahmen erhalten. Die Mitglieder können sich auch aus anderen Gründen an der Vereinbarung beteiligen, ζ. B. um das Verhalten ihrer Kontrahenten besser voraussagen oder um die Produktionsmenge aller Mitglieder der Nachfrage anpassen zu können. Bei den Fernsehrechten kann das Gleichgewicht zwischen den Teams eine Rolle spielen. Auf die mit der Maßnahme verfolgte Intention kommt es im Rahmen der Wettbewerbsbeschränkung jedoch nicht an. Relevant

126

Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 143; BGH v. 6.3.1979, WuW/E BGH 1597, 1599 ff. „Erbauseinandersetzung". 127 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 4, Rdnr. 85. 128 Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 11; Schellhaaß, in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 27, 34 f. 129 Heermann, SpuRt 1999, 11,13; Springer, WRP 1998, 477, 479, Fußn. 28; Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9,11. Zur Frage, ob durch die zentrale Vermarktung die Rechtepreise erhöht werden, siehe unten, C. I. 4. a) dd). 130 Ebenso Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 26 f.; ders., in: Horst Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11,22.

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

ist allein die Auswirkung auf die Handlungsfreiheit der Beteiligten. § 1 GWB will die Marktkräfte entfesseln. 131 Im folgenden wird daher untersucht, ob der Beschluß über die zentrale Vergabe der Fernsehübertragungsrechte die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Vereine und Gesellschaften einschränkt.

bb) Veranstalter Der Beschluß über die zentrale Vermarktung könnte eine Wettbewerbsbeschränkung darstellen, wenn die einzelnen Clubs Inhaber der Fernsehrechte sind. In diesem Fall schalten die Mitglieder der Unternehmensvereinigung ihr marktbezogenes Verhalten gleich, indem sie die Ausübung ihrer Rechte auf den Ligaverband übertragen und die Rechte nicht individuell auf dem Markt anbieten. Anders könnte die Situation dagegen sein, wenn der Ligaverband oder der DFB die originäre Inhaberschaft an den Rechten hält. Dann würde die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Ligaverbands von Anfang an die Verwertungsmöglichkeit dieser Rechte umfassen und nicht erst nachträglich von mehreren Anbietern auf einen gebündelt werden. Der Verband könnte die Übertragungsrechte vergeben, ohne eine Kartellrechtsverletzung zu begehen.132 In der Rechtsprechung und Literatur wird diese Fragestellung mit dem Begriff des Veranstalters verbunden: Der Veranstalter der Spiele ist nach einhelliger Meinung Inhaber der Sportübertragungsrechte. Ihm steht die erschöpfende Auswertung der Veranstaltung zu. 1 3 3

131 Daher ist der Einwand von Schellhaaß, in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 27, 35, das Bundeskartellamt könne sich ein Eigentor geschossen haben, wenn statt der erhofften Verbilligung der Fernsehrechte diese bei der Einzelvermarktung noch teurer werden, nicht plausibel. Ziel des Wettbewerbsschutzes ist nicht die Durchsetzung niedrigerer Preise. 132 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 79; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 155; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 28; Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 61; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420; Deselaers, WuW 1998, 946, 951; Springer, WRP 1998, 477, 481; Mahler, SpuRt 2001, 8 ff.; ferner Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 691 f. 133 Vgl. BGH v. 29.4.1970, GRUR 1971, 46, 47 „Bubi Scholz"·, BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungen "; BGH v. 11.12.1997, BGH DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele"; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5573 „Fernsehübertragungsrechte"; BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 1682, 2690 „FußballFernsehübertragungsrechte /"; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 79 f f ; Ahrens/ Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 13; Hausmann, BB 1994, 1089, 1090 f.; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 265; Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 246; Waldhauser, Z U M 1998, 129, 131; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439; Springer, WRP 1998, 477, 481; Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182, 186; Fritzweiler/Pfister/Summerer-Summerer, Phdb. Sportrecht, S. 313,

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Es ist allerdings zweifelhaft, inwieweit die gebündelte Vergabe der Fernsehrechte mit dem Veranstalterbegriff verbunden werden sollte. 1 3 4 Denn derartige Begrifflichkeiten verdecken die eigentliche Problematik. 1 3 5 Entscheidend ist, inwieweit der Wettbewerb geschützt werden muß. Gerade i m Kartellrecht sind die verwendeten Bezeichnungen Hilfsmittel, u m das Ziel, den Schutz des Wettbewerbs, zu erreichen und nicht rein dogmatisch zu verstehen. Daß es nicht u m Termini geht, deren Inhalt von Beginn an weitgehend feststeht, zeigt die Entwicklung des früheren Tatbestandsmerkmals „gemeinsamer Zweck", das zunächst i m Sinne des § 705 B G B definiert wurde, sich Zusehens weiter von diesem Begriff entfernt hat und losgelöst v o m bürgerlichen Recht ausgelegt wurde, u m nun v ö l l i g ersetzt zu werden. Das gilt auch für die Wettbewerbsbeschränk u n g . 1 3 6 Insbesondere bei Kunstausdrücken wie dem Sportübertragungsrecht und dem Veranstalter, deren rechtliche Erfassung - wie unten gezeigt w i r d Schwierigkeiten bereitet, 1 3 7 darf die begriffliche Auslegung nicht den B l i c k auf

Rdnr. 139. Einzig Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64, stellt diese Folgerung in Frage. Er begründet dies mit seiner gesellschaftsrechtlichen Theorie der Entstehung der Fern seh rech te: Ein Teil des Veranstalterrechts könne danach in gesamthänderischer Bindung von Clubs und Verband entstehen, siehe dazu unten, C. I. 4. a) bb) (3). Den einzelnen Spielern wird kein Einfluß auf die Vergabe der Fernsehrechte zuerkannt, a. A. Dieckmann, UFITA 127 (1995), 35, 45 ff.; auch Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 164, 179 f f , Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 157 f f , Siegfried, Die Fernsehberichterstattung von Sportveranstaltungen, S. 21 ff., und Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 55 ff., erkennen gewisse, wenn auch unterschiedliche Abwehrrechte der einzelnen Sportler an, die neben den originären Rechten des Sportverantalters bestehen sollen. Siehe zur Notwendigkeit, daß die Spieler obligatorisch die Ausübung ihres Persönlichkeitsrechts gestatten, DEL-Schiedsgericht v. 7.2.1997, SpuRt 1997, 165, 169. 134 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 26. Auch nach Ansicht von Temple Lang, Fordham Corporate Law Institute 1997, 377, 409, hängt die Frage der Kartellrechtswidrigkeit nicht damit zusammen, ob die Rechte den Clubs gehören; im Ansatz ähnlich Schellhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 40. 135 So wird teilweise gefragt, ob es aus einer wettbewerbspolitischen Perspektive gerechtfertigt werden kann, daß die Körperschaft, die den Sport reguliert, gleichzeitig die Fernsehrechte für diese Sportart veräußert, Brinckman/Vollebregt, ECLR 1998, 281, 285. Denn hier kann es zwischen der Rolle als Regelsetzer und als wirtschaftlichem Unternehmen Konflikte geben. (Daß der Verband Inhaber der Rechte sein soll, wird dabei lediglich als ein Argument neben dem Hauptargument der Erforderlichkeit für diese Doppelstellung vorgebracht.) Dieses Problem ist auch in der Formel 1 aufgetreten und wurde als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung angesehen, FAZ v. 2.2.2000, Nr. 27, S. 48; FAZ v. 28.2.2001, Nr. 50, S. 47; FAZ v. 24.4.2001, Nr. 95, S. 47. 136 Siehe BGH v. 14.10.1976, BGHZ 68, 6, 10; Immenga/Mestmäcker-/mme«ga, GWB, Einl, Rdnr. 64. 137 Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 692 f.; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 66 f.; Dieckmann, UFITA 127 (1995), 35; Pichler, MMR 1998, 304, 311 f.; Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182 ff.

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

den Schutzzweck des Kartellgesetzes verstellen. Da Begriffen wie „Veranstalter" nicht per definitionem bestimmte Rechte zugewiesen sind, handelt es sich hier nicht um Rechtsbegriffe im eigentlichen Sinne. 138 Sie passen prima facie zufriedenstellend fur alle auftauchenden Probleme in keine Rechtskategorie. Die Auslegung des Veranstalterbegriffs kann daher zu Ergebnissen fuhren, die grundlegende Ziele des GWB schlichtweg außer acht lassen, ohne daß dies auch nur im Rahmen der Auslegung angedacht worden wäre. Damit wird kein für das Kartellrecht eigener Veranstalterbegriff geschaffen. 139 Vielmehr beziehen sich die Äußerungen auf die Wettbewerbsbeschränkung, die anhand der genannten Begriffe im vorliegenden Fall konkretisiert wird. Da im Rahmen der Kartellrechtsprüfung jedoch allgemein nach der Veranstaltereigenschaft gefragt wird und mithin diese Herangehensweise die übliche ist, 1 4 0 wird im folgenden die originäre Inhaberschaft der Fernsehrechte untersucht.

(1) Rechtsnatur der Fernsehübertragungsrechte Ausgangspunkt der Frage, wem die Übertragungsrechte ursprünglich zuwachsen, ist die Rechtsnatur der Fernsehrechte. Denn die Entstehung eines Rechts gibt Aufschluß über seine originäre Inhaberschaft. Sie ist mithin maßgeblich zur Bestimmung des Berechtigten. 141 Der BGH hat sich in seiner Europapokalheimspiele-Entscheidung mit der Frage nach der Rechtsnatur nicht näher auseinandergesetzt, sondern auf frühere Entscheidungen verwiesen. 142 Nach einhelliger Meinung von Rechtsprechung und Lehre handelt es sich bei den sog. Übertragungsrechten nicht um Rechte mit positivem Zuweisungsgehalt, urheberrechtlich geschützte Rechte oder eine

138

Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 66. Siehe hierzu unten, C. I. 4. a) bb) (2). 140 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 55; ders., in: FS Sandrock, 689, 691; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 308; Mahler, SpuRt 2001, 8, 9; Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 246; Waldhauser-, ZUM 1998, 129, 130 f.; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439; Hausmann, BB 1994, 1089; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 28; Trommer, Transferregelungen, S. 236; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 „Fernsehübertragungsrechte". 141 Vgl. Waldhauser, ZUM 1998, 129, 131; Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 14; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 75; Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 61 ff.; ders., in: FS fur Sandrock, S. 689 ff., der den Begriff des Veranstalterrechts sowohl für die Veranstaltereigenschaft als auch für die daraus folgenden Abwehrrechte verwendet. Siehe auch Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 246. 139

142

Vgl. BGH v. 11.12.1997, BGH DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele".

I. §

GWB

3

dingliche Position, 1 4 3 sondern u m den Verzicht, ein Recht geltend zu machen. 1 4 4 D e m Inhaber der Veranstalterrechte stehen z u m Schutz seiner Interessen j e nach Sachverhaltskonstellation verschiedene Abwehr- und Ausschließungsansprüche gegen eine unberechtigte Rundfunkaufzeichnung und -Übertragung seiner Veranstaltung zur Verfügung, die sich aus sachenrechtlichen Befugnissen am Veranstaltungsort, 1 4 5 wettbewerbsrechtlichen und deliktischen Ansprüchen zusammensetzen. I m einzelnen handelt es sich u m Ansprüche aus §§ 862, 859 B G B , §§ 903, 1004 B G B , § 1 U W G , § 823 Abs. 1 B G B (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) und § 826 B G B . 1 4 6 Das Urhebergesetz schützt die Fernsehübertragungsrechte einer Sportveranstaltung dagegen nicht. Neben dem Werkschutz gewährt das Urhebergesetz zwar für kulturvermittelnde Leistungen, die der Gesetzgeber eines besonderen, über § 1 U W G und § 823 B G B hinausgehenden Schutzes für würdig erachtet hat, auch verwandte Schutzrechte wie

143

Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 692 f.; Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 667, Fußn. 2; Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 246; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 78; Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 54; BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungen ". 144 Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689; ders., in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 63; Ahrens/Jänisch, ebd., S. 9, 13 f.; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 78; Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182; Pichler, M M R 1998, 304, 311 f.; Waldhauser, Z U M 1998, 129, 131 ; Hausmann, BB 1994, 1089, 1091; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 265; Hoeren, JR 1998, 332, 333 f.; Horn, Jura 1989, 17, 18. Zweifelnd Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 231; Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 10. 145 Siehe aber Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 81-84, 201 : Ein Verbreitungsverbot ungenehmigter Bildaufnahmen ist aufgrund des Hausrechts nicht möglich. Ebenso Kubier; Z U M 1989, 326, 328; Ladeur, GRUR 1989, 885, 886; a. A. Hoeren, JR 1998, 332 f. 146 Vgl. BGH v. 14.3.1990, BGH WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungsrechte"; LG Frankfurt v. 4.6.1997, WRP 1997, 1108, 1111; umfassend zur Rechtsnatur Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 66-200, 230; Siegfried, Die Fernsehberichterstattung von Sportveranstaltungen, S. 30 f f ; Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 692 f f ; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernseh übertragungsrechten, S. 32 ff.; Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 60 f f ; Lerche/Ulmer, Kurzberichterstattung im Fernsehen, S. 77 f f , 96 f.; Kübler, Massenmedien, S. 54 fί.; Jessen, Vermarktung von Sportereignissen, S. 140-149; Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 11 f.; Roth, AfP 1989, 515, 516 f f ; Hoeren, JR 1998, 332 ff. Zu den guten Sitten nach § 1 UWG: RG v. 29.4.1930, RGZ 128,330, 336. Nach Stopper, SpuRt 1999, 188, 190, ist das Hausrecht des Veranstalters in seiner Bedeutung zu relativieren, da es nicht den Wert der Veranstaltung ausdrückt. Seiner Meinung nach soll daher § 1 UWG, dessen Anwendungsbereich fur Veranstalterrechte er sehr weit auslegt, dominieren. Ebenso Mahler, SpuRt 2001, 8, 9, ohne Begründung; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 181 f.; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 201; vgl. auch BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele". Andere sehen dagegen im Hausrecht den wichtigsten Schutz des Veranstalters, vgl. Mestmäcker, in: FS fur Sandrock, S. 689, 694 f.; Hoeren, JR 1998, 332, 333; LG Frankfurt v. 4.6.1997, WRP 1997, 1108, 1111.

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

das Leistungsschutzrecht des Veranstalters (§ 81 UrhG). 147 Aber § 81 UrhG greift nur bei urheberrechtlich schutzfähigen Darbietungen ein. Das können Werke der Wissenschaft oder der Kunst im umfassenden Sinn sein (§ 1 UrhG), Werke, die auf einer intellektuellen Leistung basieren. Bei einem Fußballspiel fehlt es an einer intellektuellen Leistung bei der Gestaltung des Spiels und damit an einer persönlichen geistigen Schöpfung mit Formprägung (§ 2 Abs. 2 UrhG). Ein Fußballspiel ist kein Werk in diesem Sinne, 148 die Sonderregelung des § 81 UrhG greift bei den Fernsehrechten von Sportveranstaltungen nicht ein. Da es sich hierbei um keine ungewollte Lücke handelt, kann der Veranstalterbegriff nicht entsprechend § 81 UrhG definiert werden. Denn die Trennung zwischen den Leistungsschutzrechten des Urhebergesetzes und den Sportveranstalterrechten soll gewahrt bleiben. 149 Dahinstehen kann, ob der Schutz des Rechteinhabers über das Hausrecht und das Recht gegen unlauteren Wettbewerb hinaus angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Sportübertragungsrechte weiter gestärkt werden müßte. De lege lata ist keine andere Einordnung möglich. 150 Das sog. „ausschließliche Fernsehübertragungsrecht" wird danach aus zwei Elementen gebildet. 151 Der Veranstalter reguliert den Zugang zur Sportveran-

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Schach, Urheberrecht, Rdnr. 59, 582. BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungen "; OLG Frankfurt v. 15.12.1998, SpuRt 1999, 200, 201; AG Münster v. 12.11.1993, AfP 1994, 68; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 84 f f , 115 f f ; Siegfried, Die Fernsehberichterstattung von Sportveranstaltungen, S. 30 f., 13 f f ; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 75; Jessen, Vermarktung von Sportereignissen, S. 139; Fromm/Nordemann-//er/m, Urheberrecht, § 81, Rdnr. 3; Schach, Urheberrecht, Rdnr. 193, 620; Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182; Hoeren, JR 1998, 332; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 265; Dieckmann, UFITA 127 (1995), 35, 45 f.; Roth, AfP 1989, 515, 516; Fuhr, Z U M 1988, 327, 328 f.; Krone, AfP 1982, 196, 198. Zur Herleitung siehe Ahrens/ Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 15 f. 148

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Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 118 ff., 203; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 169 f.; Fromm/Nordemann-Hertin, Urheberrecht, vor § 70, Rdnr. 5, § 81, Rdnr. 11; Stettner, JZ 1993, 1125, 1130; Kübler, Massenmedien, S. 43 f. Offengelassen von Selmer, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 49, 52 f. Α. A. Mailänder, in: FS für Geiß, S. 605, 610, der dem ausübenden Sportler (gemäß den nach Mailänders Ansicht verfassungsrechtlichen Vorgaben) ein genuines immaterielles Schutzrecht, ein Recht an der Verwertung der Veranstaltung geben will. Über dieses könnten die Veranstalter verfügen und die Rechte kartellrechtlich unangreifbar Verwertungsgesellschaften zur Zweitverwertung überlassen werden. Letzteres wird von Mailänder nicht weiter begründet. Zum amerikanischen Recht siehe Lentze, SpuRt 1998, 11, 12 ff. 150 Pichler, MMR 1998, 304, 312; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 346 ff., unterbreitet Vorschläge de lege ferenda. 151 BGH v. 14.3.1990, BGH WuW/E BGH 2627, 2635 „Sportübertragungsrechte"; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 266; Jessen, Vermarktung von Sportereignissen, S. 102.

I. § 1 GWB staltung, 1 5 2 indem er einem Fernsehsender gestattet, die spielerische Begegnung zu übertragen, und diesem Sender gegenüber auf die Ausübung der i h m zustehenden Abwehr- und Ausschließungsrechte verzichtet. Gleichzeitig verpflichtet er sich schuldrechtlich, anderen Anstalten gegenüber die Abwehrrechte auszuüben. Die Erlaubnis des Veranstalters stellt mithin keine Übertragung von Rechten dar; es geht u m die Einwilligung in Eingriffe, die der Inhaber der Rechtsposition verbieten könnte. 1 5 3 Der Vertragspartner des Veranstalters, also hier der Fernsehsender, kann sich somit nicht auf absolute Schutzrechte berufen, sondern hat nur schuldrechtliche Verwertungsrechte. 1 5 4 Trotz dieses Ergebnisses werden die Begrifflichkeiten des Urheberrechts, zumindest des Leistungsschutzrechts, bei der Bezeichnung der Veranstalterrechte als Verwertungsrechte, Erteilung einer Lizenz usw. verwendet. 1 5 5 B e i den Rechten des Urhebergesetzes können Nutzungsrechte für Ausschnitte des Verwertungsrechts eingeräumt werden. 1 5 6 A u c h bei den Veranstalterrechten eines

152 Eine Ausnahme gilt fur die verfassungsgemäße Kurzberichterstattung, da das Grundrecht auf Informations- oder Rundfunkfreiheit eine Art Kontrahierungszwang schafft, BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228; siehe auch Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 292 f f ; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 33; von Westerholz ZIP 1996, 264, 266 f.; Kubier, Z U M 1989, 326, 329 f.; Ladeur, GRUR 1989, 885, 886 ff. 153

BGH v. 14.3.1990, BGH WuW/E 2627, 2634 „Sportübertragungsrechte"; Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 63; ders., in: FS für Sandrock, S. 689, 692 f.; Pichler, M M R 1998, 304, 311. Die von Langen/BunteBunte, § 31, Rdnr. 13, verwendeten Beispiele der Vermarktung (Verkauf oder Lizenzierung) werden dieser Rechtsnatur nicht gerecht, denn es geht nicht um die Einräumung von Nutzungsrechten im eigentlichen Sinn, vgl. Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 236 f.; Fritz we il er/P fister/Summerer-SM/wmerer, Phdb. Sportrecht, S. 313, Rdnr. 139; Hoeren, JR 1998, 332, 333; wie Langen/Bunte bezüglich des „Verkaufs" Rodewald, BB 1995, 2103, 2104. Der Begriff der Lizenz wird häufig bei Immaterialgüterrechten wie dem Urheberrecht verwendet; hierüber kann der Urheber nur durch die Einräumung von Nutzungsrechten (Lizenzen) verfugen, das Urheberrecht selbst ist un übertragbar, § 29 S. 2 UrhG (Schricker-Schricker, Urheberrecht, vor §§28 ff., Rdnr. 19 f f ; Schach, Urheberrecht, Rdnr. 33, 307 ff., 529). Kritisch daher zu dieser Bezeichnung Rodewald, BB 1995, 2103, 2104. Beispiele für Übertragungsverträge bei Partikel, Formularbuch für Sportverträge, S. 246 ff. 154 Kiibler, ZUM 1989, 326, 328: Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet. 155 Vgl. Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 78; Fritzweiler/Pfister/SummererSummerer, Phdb. Sportrecht, S. 287, Rdnr. 43, 313, Rdnr. 139; Urek, Grenzen der Zulässigkeit von Exklusivvereinbarungen über die Fernsehberichterstattung, S. 25 f.; Roth, AfP 1989, 515, 518; von Westerholt, ZIP 1996, 264; Hoeren, JR 1998, 332, 333. Auch Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 203, setzt sich mit den Leistungsschutzrechten auseinander. Allerdings macht er deutlich, daß daraus zu gewinnende Hilfestellungen nur hinsichtlich der Tatbestandsseite zu erwarten sind. 156 Schack, Urheberrecht, Rdnr. 530. Vgl. auch die Zweckübertragungslehre und § 31 Abs. 5 UrhG, der auch auf verwandte Schutzrechte anwendbar ist, Dieckmann, 5 Weihs

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Sportereignisses wird von einer „teilweisen Vergabe" der Verwertungsrechte gesprochen. 157 So sind die Vertragspartner bei Übertragungsrechten von Sportveranstaltungen ebenso wie im Falle urheberrechtlicher Nutzungsrechte berechtigt, die Verwertungsrechte in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden und dabei einzelne oder mehrere, ausschließliche ebenso wie einfache Rechte zu vergeben. Bei Sportveranstaltungen liegt es nahe, die Verwertungsrechte nach dem zeitlichen Abstand der Berichterstattung zur Veranstaltung (Live- bzw. zeitversetzte Erst-, Zweit-, Drittverwertung usw.) und der Länge der Berichterstattung zu unterscheiden. Für jedes Zeitsegment stellt sich dann zusätzlich die Frage, ob es sich insoweit um einfache oder ausschließliche Rechte handelt. 158 Bereits aus dieser Teilvergabe könnte eine urheberrechtliche Zuordnung der Fernsehrechte gefolgert werden. Dementsprechend wirft Mestmäcker 159 dem Bundeskartellamt vor, es berücksichtige diese Teilbar- und Übertragbarkeit des Verwertungsrechts nicht und gehe statt dessen von einem einheitlichen Veranstalterrecht an der Veranstaltung der einzelnen Spiele im Stadion aus. Mestmäcker fuhrt fort, bei den Fernsehrechten an Wettspielen der Ligen handele es sich um einen wie gegenständlich begrenzten Ausschnitt aus dem Veranstalterrecht. Allein die Teilbarkeit des Veranstalterrechts von Sportereignissen führt aber zu keiner Änderung der primären Zuordnung dieses Rechts. Denn sie trifft keine Aussage über die rechtliche Behandlung der Teilrechte. Zwar mag es von der tatsächlichen Seite her so erscheinen, als könnten wegen der unterschiedlichen Gewährung der Fernsehrechte auch an diesen Rechten besondere Nutzungsrechte vergeben werden. Diese rechtliche Einordnung, die eine Besonderheit

UFITA 127 (1995), 35, 41, mit Nachweisen auf die Rechtsprechung; SchrickerSchricker, Urheberrecht, § 31/32, Rdnr. 31 ff.; Schack, Urheberrecht, Rdnr. 547 ff. 157 Kulka, AfP 1989, 466, 478; Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 63, 69; a. A. Rodewald, BB 1995, 2103, 2104. Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 89, weist darauf hin, daß das Produkt der Fernsehrechte sehr inhomogen ist. 158 Hier ist zu beachten, daß die Terminologie von der des Urheberrechts differiert: Diese einfachen und ausschließlichen Rechte beziehen sich auf schuldrechtliche Vereinbarungen mit dem Vertragspartner (vgl. auch BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2635 „Sportübertragungen ") und sind nicht mit einfachen und ausschließlichen Nutzungsrechten nach §§31 ff. UrhG zu verwechseln (dazu Schack, Urheberrecht, Rdnr. 539). 159 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 63, 69. Im Rahmen seiner Stellungnahme ftir den DFB im Kammergerichtsverfahren erwähnt Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 69 f., die Teilbarkeit der Veranstalterrechte nicht mehr, sondern erörtert den originären Erwerb des einheitlichen Rechts durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

I. § 1 GWB

des Urheberrechts darstellt, 160 setzt jedoch bereits die Zuordnung der Fernsehrechte zu den Urheberrechten voraus. Die Zuordnung der TV-Rechte als Leistungsschutzrechte im Sinne des Urheberrechts wurde aber verneint. Wenn Teilausschnitte anderer Rechte vergeben werden, fuhrt dies nicht per se zu einer urheberrechtlichen Zuordnung dieser Rechte.

(2) Inhaber der Fernsehübertragungsrechte Nachdem die Rechtsnatur der Fernsehrechte deutlich wurde, ist zu fragen, wer Inhaber der Rechte, also Veranstalter der Sportereignisse ist. Der Veranstalterbegriff ist nicht positiv definiert und kann, wie gesehen, auch nicht aus § 81 UrhG hergeleitet werden. 161 Eine der Hauptauseinandersetzungen im Hinblick auf die kartellrechtliche Zulässigkeit der Zentralvermarktung betrifft diese Begriffsbestimmung, wobei bereits deutlich gemacht wurde, daß diese Fragestellung nicht überzeugt, da sie den Schutz des Wettbewerbs nicht hinreichend beachtet. Festzuhalten ist zunächst, daß die Veranstaltereigenschaft nicht durch Bestimmungen einer Satzung - etwa in den Statuten des DFB und seiner Untergliederungen - festgelegt werden kann. Einer solchen Disponibilität mit Zuordnungsfunktion steht die Rechtssicherheit entgegen.162 Die Eigenschaft ist vielmehr anhand allgemeingültiger Voraussetzungen festzustellen. Nur derjenige, der die Tatbestandsmerkmale der maßgeblichen Anspruchsgrundlagen erfüllt, hat geschützte Rechte. Nur er ist Veranstalter. Der Begriff des Veranstalters und damit auch des Inhabers der Rechte hängt also unmittelbar mit den ihn schützenden Anspruchsgrundlagen zusammen.163

160

Siehe oben Fußn. 153. Ein wesentlicher Streitpunkt beim Veranstalterrecht im Sport wird von Rechtsprechung und h. M. - wie gezeigt werden wird - ebenso wie bei § 81 UrhG bewertet. Denn da der Veranstalterschutz nach § 81 UrhG als ein seiner Rechtsnatur nach unternehmensbezogenes Leistungsschutzrecht zur Gruppe der verwandten Schutzrechte gehört, die im wesentlichen einen besonderen unternehmerischen Aufwand und ein mit ihm verbundenes Auswertungsrisiko auf kulturellem Gebiet rechtlich absichern, setzt diese Norm die Ungewißheit der Amortisation voraus. Eine Beteiligung am Gewinn und Verlust ist erforderlich, Schricker-Vogel, Urheberrecht, § 81, Rdnr. 7 m. w. N., 24, 26; a. A. zum Auswertungsrisiko Fromm/N ordemann-Z/er/z«, Urherberrecht, § 81, Rdnr. 6. 162 Ahr ens/ Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 16; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 155; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 226 f. Vgl. Fritzweiler/Pfister/SummererSummerer, Phdb. Sportrecht, S. 289, Fußn. 55. 163 Zwar erkennt dies auch Tumbrägel, Die Zentral Vermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 81. Dennoch will er die Veranstaltereigenschaft nicht anhand der Abwehrrechte, sondern nach Inhalt und Wertung des Wortes „Veranstalter" bestimmen. 161

5*

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Ein ausschließlich kartellrechtlicher Definitionsversuch fehlt. Das verwundert nicht, da der Terminus kein Tatbestandsmerkmal des § 1 GWB ist, sondern - wie bereits die Ausführungen zur Rechtsnatur zeigen - eine privatrechtliche Vorfrage dieser Norm betrifft. 164 Es kann daher kein „eigenständiger kartellrechtlicher Veranstalterbegriff' 165 eingeführt werden: Die Inhaberschaft an Rechten bzw. - genauer - die Zuordnung von Abwehrrechten kann nicht je nach untersuchtem Rechtsgebiet, in welchem sie letztlich relevant wird, unterschiedlich ausfallen. Anders als bei den Tatbestandsmerkmalen des Kartellverbots, die eigenständig ausgelegt werden, ordnet dieses Merkmal Rechte zu. Für die Definition des Veranstalters kann daher auch auf die Begriffsbestimmungen früherer Entscheidungen, die keine kartellrechtlichen Auseinandersetzungen betrafen, zurückgegriffen werden. 166 Die Rechtsprechung hat sich an verschiedenen Stellen über die Voraussetzungen geäußert, die für das Vorliegen der Veranstaltereigenschaft notwendig sind. Der BGH hat im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts 167 in zahlreichen Entscheidungen denjenigen als Veranstalter angesehen, der die Veranstaltung angeordnet oder durch seine Tätigkeit veranlaßt und sie ins Werk gesetzt hat. Von Bedeutung ist insbesondere, wer für sie in organisatorischer und finanzieller Hinsicht verantwortlich ist. 168 Damit ist Veranstalter und InhaDas Gesamtbild müsse darüber entscheiden, wer Veranstalter sei. Damit widerspricht Tumbrägel sich selbst, denn das Gesamtbild hängt nicht mit den Anspruchsgrundlagen zusammen. 164 Vgl. Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 69; ders., in: FS für Sandrock, S. 689, 696; Immenga/Mestmäcker-A/es/mäcfcer, GWB, § 31, Rdnr. 8. 165 So Springer, WRP 1998, 477, 481, der sich auf BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele" stützt. Mahler, SpuRt 2001, 8, 9, Fußn. 12, überlegt sogar, ob es je einen Veranstalterbegriff bei § 1 GWB und bei Art. 81 EGV gibt. Ähnlich Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 38; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 18. 166 Der BGH spricht in seiner Entscheidung BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele" allerdings von einer kartellrechtlichen Sicht der Inhaberschaft. Kartellrechtlich genügte die Feststellung der Inhaberschaft, (vgl. Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 697). Daraus kann nicht geschlossen werden, der BGH gehe von einem rein kartellrechtlichen Veranstalterbegriff aus. 167

RG v. 8.5 1908, RGSt 41, 287, 289; RG v. 9.12.1911, RGZ 78, 84, 86. BGH v. 19.6.1956, GRUR 1956, 515, 516 „Tanzkurse"; BGH v. 18.12.1959, GRUR 1960, 253, 255 „.Auto-Skooter"; BGH v. 18.3.1960, GRUR 1960, 606, 607 „Eisrevue / / " ; BGH v. 19.12.1961, GRUR 1962, 254, 255 „ Fußball-Programmheft BGH v. 24.5.1963, BGHZ 39, 352, 354, 355 f. „ Vortragsabend"; siehe auch BGH v. 22.4.1958, GRUR 1958, 549, 551 „Box-Programmheft "; mit einzelnen Beispielen BGH v. 29.4.1971, GRUR 1971, 46, 47 „Bubi Scholz". Ebenso im Verfahren über die Europapokalspiele das Kammergericht Berlin, KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5573 „Fernsehübertragungsrechte" und das Bundeskartellamt, BKartA v. 2.9.1994, WuW/E Β Kart A 2682, 2690 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / " ; OLG Frankfurt v. 15.12.1998, SpuRt 1999, 200 f. 168

I. § 1 GWB

ber der Fernsehrechte, wer neben der Vorbereitung und Durchführung das unternehmerische Risiko der Veranstaltung trägt. Dieses Risiko wird an der Finanzierung und der Zuweisung eines potentiellen Verlusts festgemacht. In keiner Entscheidung begnügte sich die Rechtsprechung mit organisatorischen Leistungen einer Partei. Dementsprechend hat das Bundeskartellamt die Übernahme wirtschaftlicher Risiken als unverzichtbares Wesenselement der Veranstaltereigenschaft angesehen.169 Ebenso hat das DEL-Schiedsgericht Anfang 1997 im Eishockey entschieden, die ursprünglichen Vermarktungsrechte lägen bei den Clubs, da diese wegen der finanziellen Risikotragung jeweils als Veranstalter anzusehen seien. 170 Diese Veranstalterdefinition stimmt sowohl mit dem Hausrecht als auch mit den Wertungen des UWG überein. Sie legt dem Veranstalterrecht mithin die Abwehrrechte zugrunde. 171 In der Europapokalentscheidung hat sich der BGH nicht auf eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Gerichtsurteilen eingelassen.172 Ohne die Voraussetzungen des Veranstalterbegriffs im einzelnen kritisch zu hinterfragen, folgert er aus der Beteiligung der Clubs an der Schaffung des Marktes für die Übertragung von Fußballfernsehrechten eine natürliche Marktteilnahme der jeweiligen Heimmannschaft. 173 Daher dürfe der Club die von ihm im Zusammenwirken mit dem anderen Club erarbeitete Leistung auf der Grundlage abgesprochener Gegenseitigkeit vermarkten. 174 Diese Berechtigung ergebe sich sowohl aus den wesentlichen wirtschaftlichen Leistungen wie der Beschäftigung der Spieler als auch aus der notwendigen organisatorischen Arbeit vor Ort. Diesen Leistungen entsprächen die wettbewerbsrechtlichen und deliktischen Abwehrrechte. Daher seien die Heimmannschaften zumindest originäre Mitinhaber der Vermarktungsrechte. Der BGH sieht den DFB dagegen bei Europapokalspielen nicht als Mitveranstalter der Spiele an. Denn seine Mitwirkung an dem Wettbewerb ermögliche nicht die Fernsehübertragung der Fußballspiele. Wie diese

169 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2692 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / " . Vgl. auch Stockmann, ZIP 1996, 411,414 f. 170 DEL-Schiedsgericht v. 7.2.1997, SpuRt 1997, 165, 168. 171 A. A. Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 172174, die - nicht überzeugend - zwei unterschiedliche Definitionsansätze erkennt, dies aber auf S. 182 wieder relativiert. 172 Der DFB leitete in dem Verfahren aus der Entscheidung des BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627 „Sportübertragungen" eine andere Begriffsbestimmung ab, vgl. Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 63. Darauf wird an späterer Stelle eingegangen. 173 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele". 174 Nach Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 220, wollte der BGH mit dem Verweis auf die Hin- und Rückspielregelung letztlich zum Ausdruck bringen, daß sich die Gastmannschaft deswegen bereit erkläre, an einer vom Heimverein organisierten Veranstaltung teilzunehmen, weil sie im Gegenzug ebenfalls die Möglichkeit zur Vermarktung eines Fußballspiels erhalte.

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C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht

Begründung zeigt, wendet der BGH die einzelnen Merkmale der Veranstalterdefinition schlicht an, ohne sich mit ihrer Richtigkeit auseinanderzusetzen.175 In der Literatur werden unterschiedliche Ansichten zum Veranstalterbegriff vertreten. Zum Teil folgen sie der Definition der bisherigen Rechtsprechung und verlangen kumulativ organisatorischen und wirtschaftlichen Einsatz. 176 Während es, wie Waldhauser 177 hervorhebt, für die sachenrechtlichen Befugnisse am Veranstaltungsort und somit die Inhaberschaft des Hausrechts auf die tatsächliche Sachherrschaft über diesen Ort ankomme, besitze das konstitutive Merkmal des finanziellen Risikos gerade für die am Unternehmensschutz orientierten wettbewerbsrechtlichen und deliktischen Ansprüche, die das Fernsehrecht schützten, seine Berechtigung. Denn speziell der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz werde in diesem Zusammenhang nicht unwesentlich vom Investitionsschutzgedanken getragen. De lege lata sei es andererseits nicht möglich, andere Voraussetzungen wie die Mitwirkung bei der Wertschöpfung in die Veranstalterdefinition aufzunehmen, denn die Begriffsbestimmung müsse sich an der Rechtsnatur des Veranstalterrechts orientieren. Auch Hausmann178 beruft sich auf § 1 UWG, der entscheidend voraussetze, daß nur der Träger des wirtschaftlichen Risikos im Wettbewerbsverhältnis zu den Fernsehanstalten stehe, da nur ihn ein unmittelbarer Verlust durch eine Übertragung treffe. 179 Haas/Reimann180 stellen darauf ab, daß § 1 UWG demjenigen einen Anspruch gibt, der in sittenwidriger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Die Arbeits- und Investitionsleistung für eine Sportveranstaltung unterliege damit nicht schlechthin einem wettbewerbsrechtlichen Schutz. Der organisatorische Beitrag des Verbands könne daher für sich genommen grundsätzlich nicht anspruchsbegründend wirken. Weitere besondere Umstände wie das unerlaubte Eindringen in einen fremden Machtbereich müßten hinzutreten, die aber nur ge175 So auch Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 220; ders., Z U M 1998, 129, 131. 176 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 27; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 3; Trommer, Transferregelungen, S. 236; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 85, 88; Waldhauser, Z U M 1998, 129, 131; Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182, 186 f.; Pichler, MMR 1998, 304, 310; Hoeren, JR 1998, 332 ff.; im Ergebnis auch Heermann, SpuRt 1999, 11, 12 ff.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 37 f f ; Jessen, Vermarktung von Sportereignissen, S. 9 f., 108. Vgl. auch Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 84 f f ; Schimke, Sportrecht, S. 173. 177 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 201 f f ; ders., Z U M 1998, 129, 131. 178 Hausmann, BB 1994, 1089, 1091. 179 Ähnlich Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 187 f.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 45 f. 1 8 0 Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182, 186 f.

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genüber den einzelnen Clubs, nicht aber gegenüber dem Verband vorliegen könnten. I n ähnlicher Weise hat auch das L G Frankfurt i n seiner einstweiligen Verfugung i m Motorsportfall entschieden. 1 8 1 Erst das unerlaubte Eindringen i n einen fremden Machtbereich führe zur Wettbewerbswidrigkeit. Die organisatorische Leistung des Verbands stelle nur eine vorgelagerte, wenn auch notwendige Hilfsleistung für die Durchführung einer WettkampfVeranstaltung dar. Die Befürworter der Rechtsprechung gehen also i m wesentlichen von den einzelnen Abwehrrechten aus, mit deren Hilfe das Fernsehrecht derzeit allein geschützt werden kann, u m zu einem Ergebnis hinsichtlich des Veranstalterbegriffs zu gelangen. E i n anderer T e i l der Literatur w i l l an der Veranstalterdefinition des B G H bei Sportveranstaltungen nicht festhalten. Diese Gegenansichten fordern die Berücksichtigung der organisatorischen Leistungen durch den Verband. Die rechtliche Subsumtion erscheint, sofern sie überhaupt stattfindet, vielfach als sehr oberflächlich. Zwar w i r d die rechtliche Ausgestaltung der Fernsehrechte erwähnt. Die weiteren Überlegungen werden meist aber nicht darauf gestützt. 1 8 2

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LG Frankfurt v. 4.6.1997, WRP 1997, 1108, 1111 f. Vgl. z. B. Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 246 f.; Mahler, SpuRt 2001, 8, 10 f.; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 14 ff.; Mestmäcker, ebd., S. 53, 64 f. Es ist außerdem auffällig, daß viele Verfechter eines neuen Veranstalterbegriffs ungenau, bisweilen sogar falsch zitieren: Stopper, SpuRt 1999, 188, schreibt im Hinblick auf die BGH-Entscheidung zu Europapokalheimspielen, die Vereine seien nicht per definitionem, sondern über das Ausschlußprinzip in die Rolle des Veranstalters gelangt. Das ist nicht korrekt. Bevor der BGH überhaupt die Veranstaltereigenschafi irgendeines anderen Mitwirkenden geprüft hat, hat er anhand konkreter Merkmale festgestellt, die Clubs seien natürliche Marktteilnehmer. Stopper fuhrt fort, der BGH urteilte, der DFB sei jedenfalls nicht alleiniger Veranstalter. Auch dies ist nicht richtig. Der BGH lehnte die (Mit-)Veranstaltereigenschaft des DFB bei Europapokalheimspielen ausdrücklich ab. Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 17 a. E., behaupten, die ersten zwei Instanzen hätten der organisatorischen Leistung des DFB keine Bedeutung beigemessen, sondern allein aufgrund des fehlenden Risikos die Mitveranstaltereigenschaft verneint. Damit hätten sie ein von BGH postuliertes Tatbestandsmerkmal ausgeblendet. Das entspricht jedoch auch der von ihnen zitierten Definition: Beide Merkmale müssen vorliegen; fehlt eines, braucht das andere nicht mehr geprüft zu werden. Da sie trotz ihrer Auffassung formal an der Definition der Rechtsprechung festhalten, ist ihr Zwischenergebnis diesbezüglich in sich widersprüchlich, siehe ebd., S. 21. Ferner Mahler, SpuRt 2001, 8, 9, nach dessen Ansicht der DFB neben der Organisation auch in finanzieller Hinsicht fur die Bundesliga verantwortlich ist. Weitere Erläuterungen fehlen. In diesen Zusammenhang fugt es sich ein, wenn reißerisch über die Opferrolle der zentralen Vermarktung durch die Kartellgesetze (Stopper, SpuRt 1999, 188) oder von 182

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Aus o. g. Erwägungen des BGH wird ζ. T. gefolgert, der BGH erkenne allein die Organisationsleistungen als ausreichende Leistung für die Erfüllung des Veranstalterbegriffs an oder lasse das Erbringen wesentlicher wirtschaftlicher Leistungen zur Schaffung des vermarktbaren Produkts genügen und verlange kein wirtschaftliches Risiko. 183 Jedoch ist unter Erbringung der „wesentlichen wirtschaftlichen Leistung" das finanzielle Risiko zu verstehen, das auch in den oben zitierten Entscheidungen mitunter als geschäftliches Risiko, finanzieller Einsatz 184 oder als finanzielle Verantwortlichkeit 185 bezeichnet wird. Dabei handelt es sich also um dasselbe Tatbestandsmerkmal. Auch die Schaffung des Marktes von Übertragungsrechten deutet lediglich auf die beiden bisher bereits verwendeten Voraussetzungen hin: Neben der wirtschaftlichen Leistung ist ein organisatorisches Engagement erforderlich. Von einem neuen Ansatz des BGH kann daher nicht gesprochen werden, zumal die Annahme einer solchen Modifikation seiner langjährigen Rechtsprechung in einem obiter dictum fernliegt. 186 Aus der Begründung des Gerichts lassen sich weder in die eine noch in die andere Richtung Rückschlüsse ziehen. Das Gericht hat sich eine Neuinterpretation des Veranstalterbegriffs ausdrücklich für zukünftige Entscheidungen offengehalten. Es wollte einem möglichen weiteren Verfahren zum Beispiel über die Fernsehrechte an Bundesligaspielen nicht vorgreifen. Daran ändert auch die potentielle Unterscheidung zwischen den früheren Urteilen und dem Europapokalheimspiel-Beschluß nichts, bei dem es erstmals nicht um Einzelveranstaltungen, sondern um Sportereignisse ging, die Teil einer Meisterschaft sind. 187

der lotterieartigen Gewährung von Vorteilen an die Vereine (Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 18) gesprochen wird. 183 So Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 697 f.; Immenga/MestmäckerMestmäcker, GWB, § 31, Rdnr. 9 f.; Fritzweiler, NJW 2000, 997, 998; Springer, WRP 1998, 477, 481 f.; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439; ähnlich Stopper, SpuRt 1999, 188, 189 f.; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 185, 188; ferner Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 81 f f ; Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 46, die daraus folgern, daß auf die Entstehung des wirtschaftlichen Wertes abzustellen sei; Bothor, SpuRt 1998, 196, 197, der ausfuhrt, die Entwicklung sei zu begrüßen, da den Verbänden dadurch die Chance eingeräumt werde, den personellen und materiellen Aufwand zu refinanzieren; dabei übersieht er, daß sich die Verbände auch bisher ihre Kosten und Ausgaben durch die Clubs und Mitwirkenden über Beiträge etc. ersetzen lassen; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439, und Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 248, tendieren ebenfalls in diese Richtung. Auch die Rechtsprechung ist ζ. T. dieser Ansicht, siehe LG Frankfurt v. 18.3.1998, SpuRt 1998, 195, 196; a. A. dagegen ausdrücklich OLG Frankfurt v. 15.12.1998, SpuRt 1999, 200, 201 ; Heermann, SpuRt 1999, 11,12; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 44. 184 BGH v. 24.5.1963, BGHZ 39, 352, 354 f. „ Vortragsabend". 185 BGH v. 19.6.1956, GRUR 1956, 515, 516 „Tanzkurse". 1 8 6 Heermann, SpuRt 1999, 11, 13 f.

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Auch wird das Augenmerk auf den Inhalt und die Wertung des Wortes „Veranstalter" gerichtet, um auf diese Weise Unterschiede in Wettbewerben von verschiedenen Sportarten wie ζ. B. Fußball und Motorsport beachten zu können. 188 Es müsse bei der Feststellung des Veranstalters auf ein Gesamtbild abgestellt werden. 189 Von besonderer Bedeutung sei, ob die Veranstaltung ohne die Rolle des Initiators nicht oder nur unter sehr viel schwierigeren Umständen stattfinden könne. 190 Die Organisatoren vor Ort, die ein finanzielles Risiko trügen, seien lediglich Subunternehmer. Diese Meinung argumentiert, ohne auf die rechtliche Ausgestaltung der Fernsehrechte zu achten. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist die Erfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale. Solange der Gesetzgeber keinen anderen Schutz der Übertragungsrechte gewährleistet, sind solche Überlegungen nicht weiterführend. Ein anderer Vorschlag 191 will den Weg zu einem neuen, speziell auf den professionellen Ligasport zugeschnittenen Veranstalterbegriff weisen, indem er auf die Entwicklung des Veranstalterbegriffs in der Rechtsprechung abstellt. Der Schwerpunkt der Veranstalterdefinition habe zunächst nicht auf der Risikoträgerschaft gelegen. Es sei um die Verantwortlichkeit des Veranstalters für Urheberrechtsverletzungen gegangen, für die es auf die Anordnung und Umsetzung der Veranstaltung angekommen sei. 192 In den folgenden Entscheidungen, die Wettbewerbsverstöße gegen Veranstalter beinhalteten, sei nicht streitig gewesen, wer Veranstalter war, sondern welche Rechte ihnen gegenüber Dritten zustanden. Das finanzielle Risiko sei maßgeblich dafür gewesen, um Dritte abzugrenzen, welche die Veranstaltung zur eigenen Gewinnerzielung ausnutzten. Bei dieser Argumentation wird übersehen, daß bereits in diesen frühen Definitionen das finanzielle Risiko explizit als eine Voraussetzung enthalten ist. Das deutet auf die bewußte Aufnahme dieses Kriteriums in die Definition hin und damit auf die Relevanz des Erfordernisses. Denn es ist davon auszugehen, daß die Rechtsprechung ein Merkmal in einem Fall, in dem es für die Entscheidung

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So Canenbley, Impact of competition law on sports-related disputes in arbitration, S. 6 f., der sich insbesondere auf das Gesamtwettbewerb-Argument bezieht, auf das unten näher eingegangen wird. 188 Liegl/Schmitz, WRP 1998, 244, 247. 189 So auch Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 65. 190 Ebenso Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 698; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 14 ff. Siehe aber Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 93: Es sei nicht zu verkennen, daß die Organisations- und Ordnungsaufgaben des DFB ausschließlich die Qualität der Veranstaltung beeinflussen, nicht aber ihre konkrete Durchführung. 191 Mahler, SpuRt 2001,8,9. 192 Darauf weist auch Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 693, hin.

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nicht auf diesen Punkt ankommt, lediglich dann fordert, wenn nur dadurch eine auch für andere Fälle gültige Definition geschaffen werden kann. Wenn außerdem mit dem Hinweis auf das wirtschaftliche Risiko schmarotzende Dritte identifiziert werden sollten, setzt das voraus, daß der Veranstalter selbst ein derartiges Risiko trägt. Andernfalls wäre dieses Abgrenzungskriterium absurd. Die geschichtliche Entwicklung deutet somit auf keine Möglichkeit hin, den Veranstalterbegriff im vorliegenden Sachverhalt anders zu definieren. In seinem Gutachten für den DFB im Rahmen des Verfahrens über die Europapokalheimspiele stimmt Mestmäcker zwar der Veranstalterdefinition der Rechtsprechung ausdrücklich zu. Allerdings reicht nach seiner Ansicht letztendlich bereits die organisatorische Arbeit des Verbands für den Erwerb der Fernsehrechte aus. 193 An anderer Stelle betont er, 1 9 4 im Rahmen des Veranstalterbegriffs seien viele Interessen zu berücksichtigen. Als Beispiele führt er die für die Durchführung von Sport legitimen Zwecke wie die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts zwischen den beteiligten Clubs an. 195 Mestmäcker verlangt in diesem Sinne, das Wettbewerbsrisiko des Organisators von Gesamtwettbewerben wie der Bundesliga beim Veranstalterbegriff zu berücksichtigen. Dieser Organisator, den Mestmäcker ebenfalls Veranstalter nennt, setze sich der Konkurrenz aus, wie die Vorschläge einer geschlossenen internationalen Liga im Fußball zeigten. Das Rivalitätsrisiko des Gesamtveranstalters müsse im Rahmen des Veranstalterrechts berücksichtigt werden. 196 Die Beachtung solcher Interessen ist jedoch nach geltendem Recht nicht möglich. Die verschiedenen Abwehrrechte beziehen derartige Erwägungen nicht in den Tatbestand ein. Diese Überlegungen könnte nur der Gesetzgeber bei Schaffung einer Veranstalterdefinition heranziehen. Wie Mestmäcker gehen Ahrens/Jänisch 197 im Rahmen eines Gutachtens für den Deutschen Basketballbund von der herkömmlichen Veranstalterdefinition aus. Jedoch zeigt sich in ihren weiteren Ausführungen, daß sie eine andere Begriffsbestimmung befürworten. Dies erreichen sie über die geänderte Definition eines einzelnen Merkmals: Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Risikos sei das

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Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64, 66 f. Die Zustimmung zur Definition der Rechtsprechung, nach der die Übernahme eines finanziellen Risikos erforderlich ist, wirkt daher wie ein Lippenbekenntnis. Mestmäcker trennt die Überlegungen zur Veranstaltereigenschaft von denen zur Inhaberschaft der Fernsehrechte, die als Gesellschafterbeiträge nicht dem Veranstalter zustehen soll. Soweit er in diesem Zusammenhang die organisatorische Leistung des Verbands als gesellschaftsrechtliche Leistung ansieht, wird darauf an späterer Stelle eingegangen. 194 Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689 ff. 195 Vgl. EuGH v. 15.12.1995, Slg. 1995,1-5040, 5071, Rdnr. 106 „Bosman ". 196 Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 695 f. 197 Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 14 ff.

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mittelbare finanzielle Risiko, nämlich die Organisationskosten, zu beachten. Unabhängig davon wollen sie die Leistung der Gegenmannschaft stärker berücksichtigen. Die Einräumung eines Alleinverwertungsrechts für die Heimmannschafit könne zu grob unbilligen Ergebnissen führen. 198 Richtig ist, daß im Mannschaftssport Wettkämpfe überhaupt nur durch Gegenseitigkeit möglich sind. Während die Arbeit des Verbands grundsätzlich nicht erforderlich ist, kann die Mitwirkung einer zweiten Mannschaft nicht ersetzt werden. Diese Teams einigen sich in der Regel darauf, daß jeweils der Gastgeber die wesentliche wirtschaftliche und organisatorische Leistung für das Spiel erbringen soll. Der Vorteil, den eine schwache Heimmannschaft erhält, wenn sie eine Spitzenmannschaft zu Gast hat, ist demnach nicht ungerechtfertigt. Denn auch in diesem Fall trägt allein der gastgebende Club sowohl das finanzielle Risiko als auch einen erheblichen Teil der erforderlichen Organisationsarbeit. Nur er erfüllt mithin die Tatbestandsmerkmale. 199 Für die Frage nach der Zulässigkeit der bisherigen Vermarktungspraxis durch den Ligaverband kommt es allerdings nicht darauf an, ob neben den Heimvereinen auch die Gastmannschaften an den TV-Rechten beteiligt sind. Es ist ferner nicht überzeugend, die Veranstaltereigenschaft von Sportverbänden auf die Entscheidungsbegründung des BGH zum Globalvertrag 200 zu stützen.201 In diesem Beschluß heißt es, hinsichtlich der betroffenen Sportveranstaltungen202 könnten die Spitzenverbände aufgrund des geschlossenen Vertrags keine Übertragungsrechte an private Fernsehsender ohne Mitwirkung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vergeben und hätten sich daher eine Beschränkung im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. auferlegt. Der BGH scheint also von einer prinzipiellen Befugnis der Verbände zur Vermarktung der Fernsehrechte ausgegangen zu sein. In manchen der von dem Beschluß tangierten Sportarten kann - ohne hier in Einzelheiten zu gehen - je nach Wettbewerb die Veranstaltereigenschaft den Verbänden zufallen. In der Entscheidung fand jedoch eine Pauschalierung bezüglich der Veranstalterrechte statt. Das war im Rahmen des Verfahrens möglich, da die Frage nach der Inhaberschaft der

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Ähnlich Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 10. Auch Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 698, stellt fest, daß aus der Gegenseitigkeit, die sich aus der Wettbewerbspaarung ergibt, nicht gefolgert werden kann, daß sie zu einer entsprechenden Mitberechtigung an den Fernsehübertragungsrechten führt. Anders aber in Immenga/Mestmäcker-A/es/mäcÄer, GWB, §31, Rdnr. 9, 11, wo er als Fazit zieht, daß die Veranstalterrechte jedenfalls auch dem Gastverein zustehen. Vgl. auch Paralsca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 88. 200 BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627 ff. „Sportübertragungen "; siehe oben, C. I. l.a). 201 So Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 35. 202 Fußball Veranstaltungen waren von dem Vertrag zum Beispiel nicht tangiert. 199

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Rechte nicht im Zentrum stand und daher nicht thematisiert wurde. 203 Ob und inwieweit die beteiligten Verbände über die Veranstalterrechte als originäre Inhaber verfügen konnten, brauchte nicht entschieden zu werden. Es genügte die derivative Inhaberschaft. 204 Außerdem wurden nach Ansicht des BGH die am Vertrag selbst nicht beteiligten Sportveranstalter von den Spitzenverbänden wirksam vertreten. 205 Schließlich hatten sich die Spitzenverbände gegenüber den Rundfunkanstalten verpflichtet, auf die ihnen angeschlossenen Vereine im Sinne der zu begründenden Erstverwertungsrechte einzuwirken. Auch dies reichte zur Feststellung einer Wettbewerbsbeschränkung zu Lasten privater Fernsehsender aus. 206 Nach einer weiteren Ansicht 207 ist das finanzielle Risiko für die Bestimmung der Veranstaltereigenschaft nicht erheblich, „wenn die organisatorischen Leistungen zur Durchführung des betreffenden Ereignisses vom Veranstalter ohne eine eigene Gewinnerzielungsabsicht erbracht werden", wobei Gewinnerzielungsabsicht mit Gemeinnützigkeit gleichgesetzt wird. 2 0 8 Nach dieser These hat also die Gemeinnützigkeit Auswirkungen auf das Vorliegen der Veranstaltereigenschaft. Die Ausführungen weisen mehrere Schwachstellen auf: Es fehlt eine Begründung, wieso die Veranstaltereigenschaft von einer Gewinnerzielungsabsicht abhängen soll. Außerdem wird der Terminus des Veranstalters, dessen Identität mit Hilfe der Begriffsbestimmung festgestellt werden soll, in der Definition selber als Merkmal verwendet. Es soll also ein Begriff durch sich selbst 203

Mit seinen Ausführungen zu den Abwehrrechten wollte der BGH (v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungen ") lediglich klarstellen, daß die Fernsehrechte keine dinglichen Verwertungsrechte sind. 204 Insofern ist nicht verständlich, wieso nach Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 132, Fußn. 337, die Clubs bei individueller Vermarktung eine Vermarktungsgesellschaft gründen könnten, welche die Rechte im Paket zentral vermarktet. Das entspräche der jetzigen Situation. 205 BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2634 „Sportübertragungen ". 206 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 203; Immenga/Mestmäcker-Mestmäcker, GWB, §31, Rdnr. 4. 207 Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 63 ff. 208 Im folgenden fuhrt Archner aus, die Rechtevergabe durch den DFB sei eine gemeinnützige Tätigkeit und folglich greife die Ausnahme ein, denn Gemeinnützigkeit und wettbewerbliches Handeln schlössen sich regelmäßig aus, es sei denn, die Tätigkeit eines gemeinnützigen Vereins geschehe in einem bestimmten Bereich mit Erwerbszweck, was hier nicht gegeben sei. Archner zitiert BGH v. 19.12.1961, GRUR 1962, 254, 255 „Fußball-Programmheft". In der zitierten Stelle der Entscheidungsbegründung wurde untersucht, ob das Anbieten eines Programmhefts ein zwangsläufiges Nebengeschäft bei einem Fußbailänderspiel ist. Falls Archner - was er nicht deutlich gemacht hat - seine These über die Veranstaltereigenschaft mit einem Hinweis auf diese BGH-Stelle begründen will, kann dies nicht gelingen. Denn in der BGH-Entscheidung ging es nicht um die Feststellung des Veranstalters von Fußballänderspielen. Er wurde vielmehr vorausgesetzt. Die Ausführungen des BGH sind für die Frage nach der Veranstaltereigenschaft daher ohne Bedeutung.

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erklärt werden. Zudem ist fraglich, ob ein Erwerbszweck nur bei eigenem, direktem wirtschaftlichen Interesse vorliegen kann. Der DFB wollte ζ. B. mit den Geldern aus der Fernsehübertragung den einzelnen Bundesligaclubs Einkünfte verschaffen. Es wäre wenigstens zu erörtern gewesen, ob der DFB dadurch nicht selbst an den Rechte Verträgen wirtschaftlich interessiert war. Dies liegt jedenfalls nahe. Bei dem jetzigen Verkaufsorgan, dem Ligaverband, handelt es sich zudem nicht um einen gemeinnützigen Verein. Ein Argument, das immer wieder vorgebracht wird und auch vom DFB bemüht wurde, ist die Würdigung der Bundesliga als Gesamtwettbewerb und als ein Produkt. 209 Die Leistung, über die mit den Fernsehrechten verfugt werde, sei nicht das einzelne Spiel, sondern das Spiel als unselbständiger Teil des jeweiligen Ligawettbewerbs. Den Clubs sei es auf sich gestellt nicht möglich, Spiele als Teil eines Ligawettbewerbs zu veranstalten. 210 Mit dieser Thematik habe sich die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Veranstalteridentiät bisher noch nicht befaßt. Es sei immer um Einzelveranstaltungen gegangen.211 Die bisherige Definition werde den im professionellen Ligasport herrschenden Besonderheiten nicht gerecht. Durch eine solche Verbindung von Gesamtwettbewerb und Veranstalterbegriff werden zwei Ebenen miteinander vermengt. Der Hinweis auf den Gesamtwettbewerb zeigt zu Recht die Notwendigkeit der Organisationsleistung des DFB fur den Ligawettbewerb. 212 Jedoch kann daraus nicht gefolgert werden, daß die Vermarktung selbst ebenfalls zentral erfolgen müsse. Sie liegt auf einer anderen Ebene. 213 Allerdings hängt diese Ebene nicht unmittelbar mit der Frage nach dem Veranstalterbegriff zusammen. Im Rahmen der Erforderlichkeit der zentralen Vermarktung wird hierauf ausführlich eingegangen. Bezüglich der Abwehrrechte, die dem Veranstalter den Schutz der Fernsehrechte ermöglichen, ist unabhängig von den dortigen Ausführungen hervorzuheben, daß diese Argumentation de lege lata nicht zulässig ist. Außerdem trifft sie auf die Veräuße-

209 Ζ. B. Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 80; Mahler, SpuRt 2001, 8, 10. Für den DFB: Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64, 75 f.; Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 10; Canenbley, Impact of competition law on sports-related disputes in arbitration, S. 6 ff. 210 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64. 2,1 Canenbley , Impact of competition law on sports-related disputes in arbitration, S. 6 ff. 212 So auch Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 65. 2,3 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 27. Dazu auch unten, C. I. 4. b).

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rung ins Ausland nicht zu. Für ausländische Zuschauer tritt die konkrete Tabellensituation und daher der Gesamtwettbewerb eher in den Hintergrund. 214 Ähnlich argumentieren Schellhaaß/Enderle. Nach ihrer Meinung ist beim Veranstalterbegriff nicht allein auf die finanziellen Risiken der spielaustragenden Mannschaften bei den einzelnen Spielen abzustellen, sondern auch die ökonomische Perspektive zu berücksichtigen. 215 Sie stellen in diesem Zusammenhang auf den Gesamtwettbewerb ab. Aus Sicht des Zuschauers ergebe sich der Unterhaltungswert aus der Summe aller Spiele einer Liga. 2 1 6 Erst durch die Einbettung in einen geographischen und temporalen Kontext aus Punkten, Kampf um die Meisterschaft und Auf- und Abstieg erhalte das einzelne Spiel einen Wert. Dies sei beim Veranstalterbegriff zu beachten. Auch aus ökonomischer Sicht sei das relevante Produkt einer Sportliga die Meisterschaft, der gesamte Ligawettbewerb, und nicht das einzelne Spiel zwischen zwei Teams. Der schwache Publikumszuspruch bei Freundschaftsspielen belege die Richtigkeit dieser Annahme. Selbst wenn zwei Spitzenteams in einem Freundschaftsspiel aufeinanderträfen, betrage die Zuschauerzahl im Stadion nur einen Bruchteil der bei einem Bundesligaspiel zwischen genau diesen Mannschaften üblichen Zahl. Aus dieser Begebenheit schließen Schellhaaß/Enderle, die Einbettung in einen Wettbewerb sorge für den Wert eines beliebigen Spiels. Bei großzügiger Betrachtung der juristischen Vorgaben wollen sie der Heimmannschaft eines Bundesligaspiels allenfalls den Betrag anrechnen, den die gleiche Begegnung als Freundschaftsspiel einspielen würde, denn dies sei das Äquivalent für die Leistung des gastgebenden Clubs bei der Produkterstellung (Stand-alone-Test von Faulhaber). Ferner zeige die Situation einer Mannschaft, die aus der ersten Bundesliga absteige und infolgedessen weniger Zuschauer als zuvor anziehe, daß der Kampf um die Meisterschaft und nicht die Reputation der Clubs maß-

2,4 Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 259. Unzutreffend daher Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 5, 40 f., die Debatte um die zentrale Vermarktung beruhe immer auf einer Produktdefinition, entweder sei das einzelne Spiel das Produkt oder der gesamte Wettbewerb. Richtigerweise sei die Liga die maßgebliche Wettbewerbsebene. Es kommt nach h. M. nicht auf diese Unterscheidung an. Es ist unerheblich, ob die Meisterschaft oder das einzelne Spiel das maßgebliche Produkt ist. Vielmehr wird die Veranstalterdefinition zugrunde gelegt. Danach fehlt in jedem Fall dem DFB die Übernahme wirtschaftlichen Risikos. Für die Frage der Vermarktungsrechte wirft Enderle mit dieser Argumentation außerdem die beiden Ebenen der Organisation und der Vermarktung zusammen, die aber getrennt zu betrachten sind. 215 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 46; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 8 f.; Schellhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 43 f. 2,6 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 28 f f ; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 9; ebenso Franck/ Müller, Zur Fernsehvermarktung von Sportligen, S. 9; Franck , in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 11, 17 f.

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geblich für den Wert des Spiels sei. 217 Dieser Wert, den ein Spiel durch die Einbettung in einen Liga- oder sonstigen Wettbewerb erhält, ist nach ihrer Ansicht entscheidend für die Feststellung, ob jemand Veranstalter ist oder nicht. 218 Auch nach Stopper 219 ist es Aufgabe der Veranstalterrechte, den Wert der Fernsehrechte widerzuspiegeln, da materielle Rechte vornehmlich durch ihren Wert ausgefüllt würden. Daher sei es recht und billig, das Recht denjenigen zuzugestehen, die diesen Wert erzeugten. 220 Stopper prüft im folgenden die Voraussetzungen von § 1 UWG. Eine unlautere Leistungsübernahme liege vor, wenn der Erbringer der Leistung durch die Übernahme von einem Dritten um die Früchte seiner Arbeit gebracht werde. Um herauszufinden, wer im wesentlichen seine Mühe und Kosten für ein Arbeitsergebnis eingebracht hat, will Stopper den betriebswirtschaftlichen Begriff der Wertschöpfung anwenden.221 Die Argumentation weist zwei Schwachstellen auf: Zum einen überzeugt die angeführte Berechnungsweise nicht. Sie kann ad absurdum geführt werden: Die Behauptung ist, der Wert eines Freundschaftsspiels, also der eines Spiels zweier gegeneinander antretenden Mannschaften ohne weitere Begleitumstände, entspreche dem Wert eines Bundesligaspiels ohne die Organisation, also ohne die Tätigkeit des Verbands. Danach ist Freundschaftsspiel = Bundesligaspiel - Organisation durch Verband. Dann gilt für den Wert der Organisation durch den Verband: Organisation durch Verband = Bundesligaspiel - Freundschaftsspiel. Denn die Addition des Wertes, den die Tätigkeit der Clubs schafft, und des Wertes, den die Tätigkeit des Verbands schafft, muß nach dieser Formel wieder den Wert eines Bundesligaspiels ergeben. Wenn man danach also von einem Bundesligaspiel die Tätigkeit bzw. den Wert der Clubs abzieht, erhält man den Wert der Organisation durch den Verband. Dieser Wert ist aber ohne den Leistungsbeitrag der Teams nicht existent und damit Null. Denn erst durch die Arbeit der Clubs erhält die Organisation überhaupt einen Sinn und einen Wert. Diese Überlegung zeigt, daß die Berech217

Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 29 f. Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 46 f. 2.9 Stopper, SpuRt 1999, 188, 190. 220 Ähnlich, aber ohne rechtliche Begründung Tumbrägel, Die Zentralvermarktung von Sportübertragungsrechten, S. 82: „ ... wer den Wert eines Produkts durch unersetzliche eigene Leistung erhöht, dem muß auch ein Recht an der Vermarktung des Produkts zustehen." 221 In der Praxis werde dabei ein Erfolgsbeteiligungssystem verwendet, das sich in der Regel durch die Aufteilung des Gewinns zwischen Arbeit und Kapital durch Bildung einer Verhältniszahl aus der Lohnsumme einerseits und dem Gesamtumsatz oder der Wertschöpfung andererseits ergebe. 2.8

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C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

nung des Wertes der sportorganisatorischen Tätigkeit eines Verbands mit Hilfe eines Freundschaftsspiels und vice versa nicht ermittelt werden kann. Selbst wenn man den Veranstalter anhand des Wertzuwachses bestimmen will, kann das nicht nach dieser Methode geschehen.222 Zum anderen ist unabhängig von der Berechnungsweise die Argumentation für die Einfuhrung einer ökonomischen Perspektive in den Veranstalterbegriff nicht plausibel. Vielmehr ist der Standpunkt der Rechtsprechung und der überwiegenden Lehre zutreffend: Das finanzielle Risiko und nicht der durch die Leistung geschaffene Wert muß für die Veranstaltereigenschaft maßgeblich sein. In unserer Austausch- und Dienstleistungsgesellschaft wird für Wertschöpfungen auf Leistungen Dritter zurückgegriffen, die dafür ein Entgelt erhalten. 223 Durchweg sind an einer Wertschöpfung eine Vielzahl von Personen beteiligt wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, Zulieferer, Subunternehmer. Auf dieser Zusammenarbeit beruht eine arbeitsteilige Gesellschaft. Mit der Durchführung dieses Leistungsaustauschs hat es sein Bewenden; der Dritte kann grundsätzlich nicht verlangen, an einer späteren Wertsteigerung beteiligt zu werden. Maßgeblich für eine selbständige Teilnahme am Wirtschaftsverkehr ist, ob jemand das wirtschaftliche Risiko mit den zugehörigen Chancen trägt. 224 Das gilt unabhängig davon, ob die Ligen Vereinseinrichtungen des DFB sind oder nicht. Das Risiko vollständig auf andere abzuwälzen, aber am Gewinn teilzuhaben, ist grundsätzlich nicht möglich. 225 Man könnte sich überlegen, ob der Gegenwert, den die eine Partei für ihre Leistung erhält, korrekt bemessen ist. 226 An der Re222

Das erkennt auch Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 87 f. Gegen die Anwendung des Stand-alone-Tests (allerdings in anderem Zusammenhang) auch Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 319 f. 223 Dies übersieht Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 188. Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 217 f., vergleicht die Situation des Verbands, der Initiator eines sportlichen Wettbewerbs ist, aber kein unternehmerisches Risiko bei der Durchführung trägt, mit der eines Franchisegebers: Der Club schaffe durch seinen Einsatz ein, wenngleich nicht vom Gesamtwettbewerb losgelöstes, so doch eigenständig vermarktbares Produkt. Einen anderen Gedanken bringt Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 19 f. Nach ihm ist der Veranstalterbegriff methodologisch am ehesten als Typusbegriff zu definieren. Die beiden Merkmale des organisatorischen Aufwands und der finanziellen Risikotragung seien kompensierbar: Ein beträchtlicher organisatorischer Aufwand könne ein gering ausgeprägtes unternehmerisches Risiko ausgleichen. Hinsichtlich der Veranstaltereigenschaft der Bundesligaclubs kommt er allerdings zum gleichen Ergebnis. 224 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 27. 225 So auch Heermann, SpuRt 1999, 11, 13: „Unternehmerische Erträge gehen zwangsläufig mit unternehmerischen Risiken einher". Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255,257. 226 Ähnliche Erwägungen stellen Haas/Reimann, SpuRt 1999, 182, 187, an: Nach ihnen kann der Umstand, daß sich der Verband seine organisatorischen Leistungen, die er gegenüber den Ausrichtern erbringt, nicht angemessen vergüten läßt, schwerlich den

I. § 1 GWB

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levanz des Risikos fur den Veranstalterbegriff ändert das jedoch nichts. Die Beteiligung an einer Wertschöpfung ist bei der Rechtezuordnung daher ohne Bedeutung. 2 2 7 Wenn diese Überlegungen hier zugrunde gelegt werden, ergibt sich folgendes: Die Verbände werden in den verschiedenen Mannschaftssportarten organisatorisch tätig, indem sie ζ. B. die Spielpläne erstellen, die Regeln interpretieren,

die

Schiedsrichter

stellen

usw.

Der

Ligaverband

nimmt

also

organisatorische Aufgaben wahr. Der Umfang der Tätigkeit unterscheidet sich j e nach Wettbewerb. Die M i t w i r k u n g des Verbands beschränkt sich bei Europapokalspielen auf eine reine Koordinierung, die der besseren Vermarktung dient, aber nicht die Spiele i m Rahmen dieses Wettbewerbs erst ermöglicht. 2 2 8 B e i Bundesligaspielen stellt der D F B dagegen die ersten zwei Ligen als Verbandseinrichtungen zur Verfugung. 2 2 9 Das Ausmaß an Organisation und auch an Kosten ist in diesem Fall also deutlich größer als bei Europapokalspielen. I n einem mehrstufigen Delegationsprozess haben die Clubs jedoch selbst die Verbände zu diesen organisatorischen Leistungen beauftragt. 2 3 0 Die Teams zahlen für die sportorganisatorischen Leistungen der Verbände Beiträge bzw. müssen für ihre Kosten aufkommen. 2 3 1 A u c h das Kammergericht hat i m Verfah-

Vorwurf begründen, daß er von den Fernsehanstalten um die Früchte seiner Arbeit nach § 1 UWG gebracht wird. Daß die Organisation eines sportlichen Wettkampfs nicht nur einen rein sportinternen, außerwirtschaftlichen Charakter hat, sondern es sich um eine gewerbliche Leistung handelt, arbeitet Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 238 f f , heraus. Der Fußball verband sei ein Dienstleistungsanbieter. 227 Die Verbandsstruktur, die zwischen dem DFB bzw. Ligaverband und seinen Mitgliedclubs besteht, fuhrt zu keiner anderen Bewertung. Denn hier geht es um die Frage, ob die Veranstaltereigenschaft ein finanzielles Risiko voraussetzt. Das hat mit der Verbandsstruktur nichts zu tun, sondern ist losgelöst vom Einzelfall abstrakt zu beurteilen. Außerdem gibt es verschiedene Organisationsformen (z. B. die oHG, AG oder den Verein), um als Verband am Wirtschaftsleben teilzunehmen (vgl. Kollhosser, in: The Institute of Comparative Law in Japan (Hrsg.), Toward Comparative Law in the 21 st Century, S. 99). Innerhalb dieser Struktur gelten die Grundsätze über die Arbeitsteilung ebenso. Denn die Verbandsmitglieder sind trotz ihrer Mitgliedschaft auch individuelle Rechtssubjekte und koordinieren über diese Organisationsform nur einen Teil ihrer Angelegenheiten. 228 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „Europapokalheimspiele"; Möschel/ Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 26. 229 Siehe zu weiteren Tätigkeiten auch Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 62. 230 Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 88; BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2692 „FußballFernsehübertragungsrechte I 231 § 14 Abs. 1 der Satzung des Ligaverbands. Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 26; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzel Vermarktung, S. 3; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 6 Weihs

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

ren zu den Europapokalheimspielen festgestellt, daß die Vereine i n diesem Fall der U E F A ein Entgelt für ihre Tätigkeit zahlen. 2 3 2 M i t h i n gehen die Verbände keine wirtschaftliche Gefahr bei der Austragung der Spiele ein. Die eigenen finanziellen Risiken der Clubs sind dagegen beträchtlich. Sie müssen einen umfangreichen Spielerkader finanzieren, zahlen die Stadionmiete, organisieren den Verkauf der Eintrittskarten u s f . 2 3 3 Sie tragen damit auch einen wesentlichen A n t e i l an der organisatorischen A r b e i t . 2 3 4 Wenn diese Aktivitäten zu einem Verlust führen, müssen die gastgebenden Clubs den Fehlbetrag begleichen. 2 3 5 I m anderen Fall steht ihnen der Residualgewinn z u . 2 3 6 Folglich sind die Heimmannschaften Veranstalter der Spiele. 2 3 7 Eine Mitveranstaltereigenschaft des D F B oder des Ligaverbands scheidet mangels Risikotragung aus. 2 3 8 I m Rahmen des Veranstalterbegriffs w i r d damit nicht allein der Kostenumfang auf beiden Seiten berücksichtigt; das fehlende wirtschaftliche Risiko des D F B respektive des Ligaverbands ist bei der Veranstaltung von Bundesligaspielen dafür ausschlaggebend, daß der Verband nicht unter die juristische Definition des Veran-

88. Dies war auch für die Entscheidung der niederländischen Kartell beh örde über die zentrale Vermarktung der Ligahöhepunkte von großer Bedeutung: Der Verband ließ die ECLR 1998, Clubs für die Organisationskosten aufkommen, vgl. Brinckman/Vollebregt, 281, 284, Fußn. 34. Diese Begründung wurde vom Gericht Rotterdam 1999 übernommen, vgl. van den Brink, ECLR 2000, 359, 360, Fußn. 11. 232 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5573 „Fernsehübertragungsrechte"; ebenso das BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2692 „FußballFernsehübertragungsrechte / " : Für die sportorganisatorischen Verbandsleistungen der UEFA entrichteten die am Europapokal teilnehmenden Teams über ihren Nationalverband Beiträge. Ebenso würden die sportorganisatorischen Leistungen des DFB aus Beiträgen der Mitglieder finanziert. 233 Vgl. Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 40 ff.; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 92. 234 Vgl. auch die Ausführungen des BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 20 „ Europapokalheimspiele "; ferner Springer, WRP 1998, 477, 481. 235 Bei den Europapokalheimspielen z. B. ergibt sich dies aus Art. 18 Abs. 1 der drei Europapokalreglements. 236 Vgl. zur Darlegung der h. M. Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 44. 237 Zur organisatorischen und finanziellen Verantwortung der Heimclubs, siehe Fritzweiler/Pfister/Summerer-Swmmerer, Phdb. Sportrecht, S. 289 f., Rdnr. 51: „Er ist Schuldner der Stadionmiete und der Gehälter der Spieler, Trainer, Betreuer und Manager. Er weist die Kameraplätze im Stadion zu. Er vermarktet seine Mannschaft und Banden gegenüber Sponsoren. Ihm verbleiben die Einnahmen aus den Spielen und aus den Sponsorenverträgen. Er muß eine Haftpflichtversicherung abschließen ..." 238 So auch z. T. mit genauerer Differenzierung zwischen den einzelnen Fußballwettbewerben Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 79 f f , bedenklich weit dagegen auf S. 57; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 40 f f ; Siegfried, Die Fernsehberichterstattung von Sportveranstaltungen, S. 30; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420 f.; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 265; Hausmann, BB 1994, 1089, 1091 ; A. Fikentscher, SpuRt 1995, 149, 150; Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 256 f.; Springer, WRP 1998, 477, 481 ; Heermann, SpuRt 1999, 11,14.

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stalters subsumiert werden kann. Eine Gleichsetzung „geringe Kosten = geringer Wert" erfolgt mithin nicht. Die Behauptung von Schellhaaß/Enderle, 239 die Leistung des Verbands werde von der herrschenden Rechtsansicht als zu vernachlässigende Größe betrachtet, weil die auf Verbandsseite anfallenden Kosten im Vergleich zu denen der Clubs um ein erhebliches geringer seien, und auch ihre Folgerung, deshalb sehe die h. M. die Clubs als Veranstalter an, ist daher nicht zutreffend. Im Ergebnis sind demnach weder der DFB als Inhaber der Lizenzligen noch der Ligaverband Veranstalter der einzelnen Spiele.

(3) Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Mestmäcker 240 hat eingewandt, eine zentrale Vermarktung verstoße nicht gegen Kartellrecht, da die Vereine eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zweck gegründet hätten, Ligasport zu veranstalten. 241 Veranstalter seien die Clubs in ihrer Gesamtheit, sei die Summe aller Mannschaften. Die Veranstalterrechte fielen daher in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Gesellschaft. 242 Der DFB sei Geschäftsführer der Gesellschaft. Folglich handele er lediglich für sie, wenn er als Veräußerer der Rechte auftrete. Der Organisation verschiedener unternehmerischer Tätigkeiten komme im Rahmen von Idealvereinen eine große rechtstatsächliche Bedeutung zu. Die Zugangsbedingungen zu Vereinseinrichtungen des DFB wie den Bundesligen bedürften daher einer vereinsrechtlichen Regelung. Daneben nehme der DFB - der inzwischen die Nutzung dieser Vereinseinrichtungen auf den Ligaverband übertragen hat - im Rahmen des Nebenzweckprivilegs zulässige unternehmerische Funktionen zugunsten der Lizenzmannschaften wahr. Daraus folge die Notwendigkeit, Vereinseinrichtungen wie die Bundesligen Vereins- und gesellschaftsrechtlich ge-

23Q

Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 44 ff. Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53 ff.; ders., in: FS für Sandrock, S. 689, 699 f. 241 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 58, 60, 64: „Der übergreifende gemeinsame Zweck besteht fur den DFB in der Organisation und für die Vereine in der Beteiligung am Liga-Fußball. Die Gemeinsamkeit des Zwecks und die Verpflichtungen, den gemeinsamen Zweck durch Leistung bestimmter Beiträge zu fordern, sprechen fur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i. S. v. § 705 BGB." Zur Gründung einer Vermarktungsgesellschaft siehe Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 48; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420 f.; Springer, WRP 1998, 477, 482 f. 2 4 2 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 70. 240

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C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht

sondert zu würdigen. 243 In der Entscheidung „Forum Steglitz" 244 habe der BGH die Verbindung solcher Regelungen anerkannt. 245 Entgegen der Ansicht Mestmäckers lassen KG und B G H 2 4 6 aber eine derartige Verbindung nur in besonderen Ausnahmefällen zu. So ging es in dem 1979 entschiedenen Sachverhalt um einen nichtrechtsfähigen Verein. Die in dem Fall relevante Frage des Nebeneinander gesellschaftsrechtlicher und vereinsrechtlicher Regelungen stellte sich vor dem Hintergrund der grundsätzlich als überholt angesehen Verweisung von § 54 BGB auf §§ 705 ff. BGB. § 54 BGB verweist nur fur den nichtrechtsfähigen Verein auf das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. 247 Das Gericht führte im „Forum Steglitz" aus, wenn auch die Verweisung des § 54 BGB auf das Gesellschaftsrecht veraltet sei, stehe im Bereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und des nichtrechtsfähigen Vereins noch immer ein beträchtlicher Freiraum zur beliebigen Gestaltung der Rechtsverhältnisse offen, so daß hier fließende Übergänge von mehr vereinsrechtlichen zu mehr gesellschaftsähnlichen Formen möglich seien. 248 Die Ausführungen des BGH betrafen eine solche spezifische und vereinigungsrelevante Gestaltungsmöglichkeit (hier: Austritt aus einem Verein). Diese fließenden Übergänge stellen einen wesentlichen Unterschied zum rechtsfähigen Verein dar. Daher sieht die Rechtsprechung einen ähnlich gelagerten Ausnahmefall im Verhältnis zwischen dem DFB bzw. Ligaverband und den Lizenzligaclubs zu Recht nicht und bewertet das Verhältnis ausschließlich vereinsrechtlich. Eine Parallele zum entschiedenen Fall läßt sich entgegen der Meinung Mestmäckers auch nicht durch die Weitung der Lizenzverträge als übereinstimmende, formularmäßige Zusatzvereinbarungen herstellen. 249 Denn im Forum-Steglitz-Fall enthielten die Zusatzvereinbarungen neue Rechte und Pflich-

243

Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 56 f. BGH v. 2.4.1979, NJW 1979, 2304, 2305 „Forum Steglitz". Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger vermietete gewerbliche Räume im Einkaufszentrum „Forum Steglitz". Zu den Mietvertägen gehörten bei allen Mietern formularmäßige Zusatzvereinbarungen, nach denen fur die Werbung eine Werbegemeinschaft gegründet wurde, bei welcher der Mieter Mitglied werden mußte. Die Satzung wurde in Einzelheiten mehrfach geändert. In der ersten Fassung wurde die Gemeinschaft als Verein bezeichnet, ohne daß eine Eintragung im Vereinsregister vorgesehen war. In den späteren Fassungen war dagegen von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Rede. Streitig waren die Voraussetzungen eines Austritts aus der Gemeinschaft, insbesondere ob § 39 BGB oder § 723 BGB anwendbar war. 244

245 246 247

Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 72 f. BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 „ Europapokalheimspiele ". Vgl. weiter Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten,

S. 19. 248 BGH v. 2.4.1979, NJW 1979, 2304, 2305 „Forum Steglitz"; ebenso Wertetibruch, Z\P 1996, 1417, 1420. 9 e s ä c , in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. , .

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ten zu den Haupt(miet)verträgen. Erst durch diese Zusatzvereinbarungen wurde die Vereinigung gegründet. Im vorliegenden Fall änderte dagegen der in Frage stehende Beschluß die Verbandsbestimmungen des DFB. Die Lizenzverträge stellen keine Zusatzvereinbarungen dar, welche die Pflicht der Bundesligavereine und -gesellschaften begründen, die Fernsehrechte vom Ligaverband ausüben zu lassen. Die Verträge selbst führen zur umfassenden Mitgliedschaft im Ligaverband mit allen Rechten und Pflichten. Es ist hiernach nicht zutreffend, das Verhältnis des DFB oder jetzt des Ligaverband zu den Lizenzclubs sowohl nach Vereinsrecht als auch nach Gesellschaftsrecht beurteilen zu können. Es gilt Vereinsrecht. Aus ähnlichen Gründen scheitert auch die weitere Begründung des Verbands. Der DFB sah den für eine Gesellschaftsgründung notwendigen Verpflichtungswillen in den für den Erwerb der außerordentlichen Mitgliedschaft erforderlichen Lizenzverträgen. Der BGH ist diesen Ausführungen nicht gefolgt. 250 Das Verhältnis der Parteien sei ausschließlich vereinsrechtlich geregelt. Zu keiner Änderung führt die Begründung, die Lizenzerteilung habe Vertragsform und eine Verbindung vereinsrechtlicher mit vertraglichen Regelungen sei erforderlich, um die Abstimmung kollektiver und individueller Pflichten und Rechte zu gewährleisten. 251 Im Lizenzvertrag ist aus Gründen der Klarstellung eine umfassende Unterwerfung unter das gesamte vereinsrechtliche Regelwerk aufgenommen, 252 das auch das gemeinsame Auftreten gegenüber Fernsehanstalten umfaßt. Daneben ist kein Raum für weitergehende Anordnungen gesellschaftsrechtlicher Art. Die Rechte und Pflichten der Beteiligten sind nicht im Lizenzvertrag, sondern im umfassenden Regelwerk des DFB und seit 2001 des Ligaverbands zusammengestellt, das die Durchsetzung der Vereinszwecke ermöglichen soll. Der Lizenzvertrag ist ein Mittel, um die Mitgliedschaft der Clubs im Ligaverband herzustellen. Um Mitglied eines Vereins zu werden, ist immer ein irgendwie gearteter Vertrag notwendig. 253 Dieser kann das Verhältnis zwischen Verein und Mitglied nicht in einen gesellschaftsrechtlichen Rang heben. Ab Lizenzerteilung kann die Rechtsbeziehung zwischen Verband und Lizenzligaclub vielmehr nur als vereinsrechtlich strukturiert angesehen werden. Denn die Durchführung der Bundesliga ist der satzungsmäßige Zweck des Ligaverbands. Das Recht zur Teilnahme am Bundesligawettbewerb ist wesentlicher Inhalt der Mitgliedschaftsrechtsstellung im Ligaverband und nicht außerhalb dieser durch besondere Vertragsvereinbarung begründet. Zwar kann ein 250

So auch das KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 „FernsehübertragungsrechteEbenso Stopper, SpuRt 1999, 188, 191. 251 So Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 58, 60 f. 252 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 21 „Europapokalheimspiele"; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 17 ff. 2 5 3 Creifelds, Rechtswörterbuch, Stichwort „Verein".

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Vereinsmitglied neben der Mitgliedschaftsrechtsstellung zu einem Verein noch in eine parallel dazu bestehende weitere Rechtsbeziehung treten. Im Falle der Teilnahmeberechtigung an der Bundesliga kommt jedoch eine außerhalb der Mitgliedschaftsstellung angesiedelte Berechtigung nicht in Betracht, da das Teilnahmerecht geradezu als das zentrale Mitgliedschaftsrecht der Bundesligateams anzusehen ist. Der Lizenzvertrag ist als Beitrittsvereinbarung zu sehen.254 Damit scheidet eine gesellschaftsrechtliche Beziehung aus. Nach Mestmäcker ist für die Clubs aber erkennbar, daß der Vertrag Verpflichtungen enthält, die nur im Zusammenhang mit übereinstimmenden Pflichten aller Ligamannschaften sinnvoll sind. Die horizontale vertragliche Bindung sei dasjenige Merkmal, das die gesellschaftsvertraglichen von nur vereinsrechtlichen Pflichten unterscheide. In derartigen Fällen sei ein Gesellschaftsvertrag ohne zusätzlichen formellen Vertragsschluß möglich. 255 Im Lizenzvertrag einen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungswillen anzunehmen überdehnt aber den Willen der Beteiligten. Auch eindeutig vereinsrechtliche Pflichten (ζ. B. hinsichtlich des Spielablaufs) verlangen ein Zusammenwirken aller Clubs. Darin kann folglich kein Wille, gesellschaftsrechtlich handeln zu wollen, gesehen werden. Andernfalls könnte in Sternverträgen 256 ein Gesellschaftsvertrag gesehen werden. 257 Das ist aber gerade nicht der Fall. Im übrigen scheint die rechtliche Einordnung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts an der Wirklichkeit vorbeizugehen, wenn man die Verhältnisse zwischen DFB oder jetzt Ligaverband und Vereinen betrachtet. 258 Auch Heermann stellt fest, diese Konstruktion werde von einem Hauch des Artifiziellen umweht. 259 Bereits die jährlich wechselnde Mitgliedschaft beim Ligaverband deutet eher auf einen Verein, der vom Wechsel seiner Mitglieder unabhängig ist, denn auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts hin. 2 6 0 Der Ligaverband, der nach der DFB-Satzung die Rechte aus den Bundesligen nutzen darf, tritt auch nicht als Vertreter der Teams auf. Er spielt eine gewichtige eigene Rolle. 261

254

Buchner, RdA 1982, 1, 2 f. Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 72; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 14 f. 256 Siehe oben, C. I. 2. 257 Diesen Einwand sieht auch Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 72. 258 Vgl. auch BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 „Europapokalheimspiele ". 259 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 673. 260 A. A. Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 72, der betont, es stünde zu jedem gegebenen Zeitpunkt fest, wer Gesellschafter ist. Eine solche Regelung stehe nicht im Gegensatz zum Charakter einer BGB-Gesellschaft. 261 Dies zeigt sich ζ. B. beim Gebaren der DFL im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren der Kirch Media GmbH, siehe FAZ v. 27.4.2002, Nr. 98, S. 11, 35, 48. 255

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Ein weiterer Punkt ist bei der Frage, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorliegt, zu bedenken. Bei Unternehmen, die sich zu einer Gesellschaft zusammenschließen, sind im Rahmen des § 1 GWB besondere Überlegungen zu beachten. Bei kartellrechtsneutralem Gesellschaftszweck fällt der Zusammenschluß selbst nicht unter § 1 GWB. 2 6 2 Begleitende Abreden, die zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führen, scheitern nicht am Kartellgesetz, soweit sie Bestand und Funktionsfähigkeit der Gesellschaft sichern. Derartige Vereinbarungen dürfen aber keine über das Ziel hinausgehende Regelung des Wettbewerbs enthalten.263 Es geht um die Durchsetzung des Wettbewerbsgebots gegenüber vertraglichen Vereinbarungen in Fällen, in denen Bestand und Wirksamkeit anderer von der Rechtsordnung anerkannter Rechtsinstitute gefährdet würden. 264 Im Rahmen der Immanenztheorie wird darauf näher eingegangen.265 Ungeachtet all dieser Einwände könnte man schließlich aufgrund Mestmäckers Argumentation zu dem Ergebnis gelangen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts habe die Fernsehrechte originär inne. 266 Ihre Übertragung durch die Regelungen in der DFB-Satzung auf den Ligaverband sei im Kern überflüssig und mithin kartellrechtsirrelevant. Zwar habe der DFB mehrfach von „treuhänderischer Verwaltung", „Verhandlungsrechten" usw. gesprochen, so auch in § 3 Abs. 2 LSpSt in der Fassung vom 5.5.1984. 267 Aus der Bezeichnung des DFB als Treuhänder sei jedoch nicht zu folgern, originärer Inhaber der Veranstalterrechte seien die einzelnen Clubs. Denn auch der geschäftsführende und vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele treuhänderisch für die Mitgesellschafter. 268 An dieser Stelle ist es erforderlich, sich auf die Ausführungen zum Veranstalterbegriff zurückzubesinnen. Um originäre Inhaberin der Rechte zu sein,

262

Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F, Tz. 585. Gemeinschaftskommentar-Hootz, § 1, Rdnr. 101, 132; Immenga/MestmäckerZimmer, GWB, § 1, Rdnr. 273 ff.; Frankfurter Kommentar-//w0er, § 1 η. F., Tz. 73; Frankfurter Kommentar- Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 285, 475 ff.; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 26, 39, 42; BGH v. 3.11.1981, WuW/E BGH 1898, 1899 „Holzpaneele"; BGH v. 3.5.1988, WuW/E BGH 2505, 2508 „neuform-Artikel"; BGH v. 13.11.1990, WuW/E BGH 2675, 2677 f. „Nassauische Landeszeitung"; BGH v. 12.5.1998, WuW/E DE-R 131, 133 - Einritt in Gebäudereinigungsvertrag. 264 Immenga/Mestmäcker-Zzmmer, GWB, § 1, Rdnr. 269. 265 Siehe unten, C. I. 4. b) bb). 266 Mestmäcker anläßlich eines Gesprächs im März 2000: „Es ist keine Übertragung auf irgendwen wie den DFB nötig, da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts originärer Veranstalter ist." 267 Vgl. die Ausführungen in KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 „Fernsehübertragungsrechte ". 2 6 8 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 68. 263

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C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

müßte die Gesellschaft selbst Veranstalterin sein. 269 Es ist folglich die oben herausgearbeitete Definition des Veranstalters anzuwenden. Danach wird ein finanzielles Risiko verlangt. Ein solches trägt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht. Wie bereits erörtert, treffen Gewinn und Verlust nur die einzelnen austragenden Clubs. Die Gesellschaft könnte die Rechte nur durch eine Vorausabtretung erhalten. Darauf weist auch das Kammergericht hin. Dann handelt es sich um einen derivativen Erwerb kraft Übertragung und nicht um einen originären Erwerb unabhängig davon, ob bei Abtretung Direkt- oder Durchgangserwerb angenommen wird. 2 7 0 Dagegen wird eingewandt, zu den gesellschaftsvertraglichen und mitgliedschaftsrechtlichen Beitragspflichten der Clubs gehöre die Mitwirkung an der Entstehung der Fernsehveranstalterrechte bei der Gesamthand.271 Rechtszuordnungen in Verbands- oder Gesellschaftsbestimmungen können aber keine kartellrechtliche Unbedenklichkeit herbeiführen. 272 Die rechtsbegriffliche Qualifikation als Veranstalter ist naturgemäß als solche nicht auf einen anderen übertragbar. Sie ist nur dadurch veränderbar, daß man ihre Tatbestandsmerkmale ändert, also hier das wirtschaftliche Risiko des Spielbetriebs auf die Gesellschaft überträgt. Andernfalls würde der Veranstalter bestimmen, wer als Veranstalter anzusehen ist. 273 Das wäre eine Erlaubnis, die Veranstaltereigenschaft per Rechtsgeschäft festzulegen. An den tatsächlichen Voraussetzungen, die maßgeblich sind, änderte sich indessen nichts. 274 Bezugsobjekt der kartellrechtlichen Prüfung bleibt derjenige, der als Inhaber der Rechtsstellung kraft eigener Machtvollkommenheit im Wettbewerb auftreten kann. 275 Insofern kann einem Instrument, in welchem sich gerade das kartell269

Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 48; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 245; ders., Z U M 1998, 129, 131; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1420, der auch auf die Kartellrechtswidrigkeit bei der Gründung einer Vermarktungsgesellschaft unter Übernahme eines unternehmerischen Risikos hinweist. Das übersieht Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64. 270 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 „Fernsehübertragungsrechte". Vgl. auch das Schiedsgericht der DEL v. 7.2.1997, SpuRt 1997, 165, 169; Springer, WRP 1998, 477, 482. 271 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 64. 272 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 „Fernsehübertragungsrechte". Dem zustimmend Springer, WRP 1998, 477, 482 f. Siehe auch oben, C. I. 4. a) bb) (2). 273 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5574 f. „Fernsehübertragungsrechte". 274 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 28. 275 Nach Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 70, können die Clubs nicht kraft eigener Machtvollkommenheit im Wettbewerb auftreten, sondern nur in Abhängigkeit von ihrer Qualifikation für den konkreten Fußballwettbewerb und in Abhängigkeit der jeweiligen Verbandsregeln. Damit bezieht er die Machtvollkommenheit jedoch auf einen anderen Punkt als das Kammergericht. Denn dort ging es um diejenige des Rechteinhabers, während Mestmäcker noch fragt, wer denn überhaupt Veranstalter ist. Unzutreffend Franck/ Müller, Zur Fernsehvermarktung von Sportligen, S. 2.

I. § 1 GWB

rechtswidrige Verhalten ausdrückt, keine rechtfertigende Wirkung zugesprochen werden. Andernfalls könnte das Kartellverbot durch entsprechende Regelungen leicht umgangen werden. 276 Daher berührt auch die Gründung des Ligaverbands die rechtliche Einordnung nicht. Denn unverändert sind es die Teams, welche die wirtschaftlichen Risiken tragen. 277 Von der Veranstaltereigenschaft zu unterscheiden sind die Veranstalterrechte, die Ausfluß jener Rechtsstellung sind und die übertragen werden können. Eine Gesellschaftsgründung ohne Änderung der tatsächlichen Voraussetzungen ist folglich für die ursprüngliche Rechteinhaberschaft und damit auch für die kartellrechtliche Beurteilung ohne Relevanz. 278 Der Ansicht, eine möglicherweise von den Clubs gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei Veranstalterin der Sportereignisse, kann mithin nicht gefolgt werden. Den Clubs steht das originäre Recht zu, die Fernsehrechte zu vermarkten. Das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung kann also nicht daran scheitern, daß der Verband Inhaber der Rechte ist. Nach diesem Ergebnis stellt sich die Frage, ob die oben postulierte Nichtberücksichtigung der Begrifflichkeiten als Eingriff in Art. 14 GG gewertet werden kann, nicht. Denn nur wenn der DFB oder der Ligaverband Inhaber der Fernsehrechte wäre, der zum Schutz des Wettbewerbs die Rechte nicht zentral vergeben dürfte, könnte ein Eingriff in die Rechtsposition des Verbands vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang offengelassen, ob die Möglichkeit, Fernsehrechte zu veräußern, überhaupt eine Eigentumsposition im Sinne des ΛΟΛ

Art. 14 GG ist. In der Literatur ist die Einordnung umstritten. Die ablehnende Haltung begründet ihre Ansicht primär mit der Rechtsnatur der Fernseh-

Unverständlich insoweit Mailänder, in: FS ftir Geiß, S. 605, 607 f., 610, der Sportrechte anscheinend nur dem Sportler originär zuschreibt, die heutzutage von den Verbänden und Clubs gehandelten Sportrechte dagegen ohne überzeugende Begründung als Sekundärrechte oder Sportrechtsderivate von den Verwertungsrechten der Sportler ansieht. Zwar ist ohne Sportler kein marktfähiges Produkt „Sport" möglich. Daraus kann jedoch nicht auf die rechtliche Zuweisung des Verwertungsrechts geschlossen werden. Sportler können eigene Rechte haben, auf die hier nicht eingegangen zu werden braucht. Der Veranstalter trägt jedoch ein organisatorisches und finanzielles Risiko, so daß er unmittelbar das Verwertungsrecht an der Veranstaltung erlangt. 276 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2693 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte /"; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 91. 277 So auch Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 28. 278 Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 47 f. 279 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 265; vgl. auch Holznagel, M M R 1998,

202,212.

280 Stettner, JZ 1993, 1125, 1130, 1133; Kubier, Z U M 1989, 326, 328 f.; Horn, Jura 1989, 17, 19; Müsse, Z U M 1991, 515, 522 f.; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 267; Selmer, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 49, 52 ff.

0

C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

rechte. 281 Sie meint, Art. 14 GG schütze nur einen konkret vorhandenen Bestand an Vermögenswerten Rechtspositionen, sichere dagegen keine Erwerbschancen oder Vermarktungsmöglichkeiten ab. Der Abschluß von obligatorischen Nutzungs- und Veräußerungsverträgen sei kein Ausfluß der Eigentumsfreiheit. Um solche Verträge handele es sich hier. 282 Dem Veranstalter werde ζ. B. bei einer Kurzberichterstattung keine unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff subsumierbare Berechtigung entzogen.283 Die Gegenmeinung sieht dagegen in der Vermögenswerten, dem Markt von Angebot und Nachfrage zugänglichen Leistung, deren wesentlicher wirtschaftlicher Zweck in der Erzielung von Einkünften besteht, eine für Art. 14 GG hinreichende Rechtsposition. Durch die organisatorische Vorbereitung habe sich die Veranstaltung zu einem eigentumsrechtlichen Substrat konkretisiert. 284 Wenn nach der Gegenmeinung der Verband als Rechteinhaber angesehen würde und zudem ein Eingriff in das Grundrecht bejaht würde, müßte aufgrund der weitreichenden Folgen der zentralen Rechtevermarktung 285 erörtert werden, wie weit die Sozialbindung des Eigentums, Art. 14 Abs. 2 GG, reicht. Da jedoch ein Eingriff in die Rechtsposition des Ligaverbands von vornherein ausscheidet, kommt es auf den Theorienstreit nicht an.

cc) Vorliegen eines Konzerns Heermann 286 hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein konzernrechtlicher Ansatz zu einer Freistellung der zentralen Rechtevermarktung vom Kar-

281

Kubier, Z U M 1989, 326, 328 f.; Stettner, JZ 1993, 1125, 1130, stellt insbesondere darauf ab, daß urheberrechtlicher Leistungsschutz abzulehnen sei. 282 Diese werden vielmehr durch andere Grundrechte geschützt, Stettner, JZ 1993, 1125, 1130; zur Abgrenzung von Art. 12 und Art. 14 GG siehe Tietje, JuS 1999, 644, 646 f. 283 Kubier, Z U M 1989, 326, 328 f. 284 Lerche/Ulmer, Kurzberichterstattung im Fernsehen, S. 28; Horn, Jura 1989, 17, 19; Papier, AfP 1989, 510, 512; von Westerholt, ZIP 1996, 264, 267; Müsse, Z U M 1991, 515, 523; Selmer, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 49, 52 ff.; Bundesregierung in BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 236. Diese Meinung stellt primär auf einen Schutz aus der Figur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ab, ausdrücklich ablehnend Stettner, JZ 1993, 1125, 1130, 1133; Kübler, Z U M 1989, 326, 328 f.; Tietje, JuS 1999, 644, 647; Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689, 694: „Keineswegs darf mit Hilfe des Rechts am eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb ein Schutz begründet werden, der einem dinglichen Verwertungsrecht gleichkommt." 285 Hierzu siehe unten, C. III. 3. 286 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 682 ff.; vorsichtiger ders., WRP 2001, 1140 1144. Aufgeworfen wurde diese Frage von Mummenhoff, Gründungssysteme und Rechtsfähigkeit, S. 185.

I. § 1 GWB

1

teilverbot des § 1 G W B führen kann, und die Frage bejaht. 2 8 7 W i e b e i m Veranstalterbegriff geht es auch hier darum, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt: Bestünde ohne die Konzertierung Wettbewerb, den die beteiligten Unternehmen durch konzerninterne Verträge beschränken? 2 8 8 Zwar besteht Einigkeit, daß gewisse Absprachen innerhalb eines Konzerns einer Privilegierung v o m Kartellverbot bedürfen. Die kartellrechtliche Behandlung von Vereinbarungen, die den konzerninternen Wettbewerb betreffen, ist aber nicht abschließend geklärt.289 E i n Konzern liegt vor, wenn mehrere rechtlich selbständige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt werden. 2 9 0 Das Aktiengesetz unterscheidet i n § 18 zwischen zwei Konzernformen, dem Unterordnungs- und dem Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 1 bzw. 2 A k t G ) . 2 9 1 Diese Normen beanspruchen rechtsformunabhängig G e l t u n g . 2 9 2

287

Diese Fragestellung wird oft mit der Single-Entity-Theorie des USamerikanischen Rechts verglichen, siehe Waldhauser, Z U M 1998, 129, 131. 288 Fleischer, AG 1997, 491, 494; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 191 f.; Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 695 f.; Heitzer, Konzerne im Art. Europäischen Wettbewerbsrecht, S. 69; Frankfurter Kommentar-Roth/Ackermann, 81 Abs. 1, Tz. 65 f., 210 f f ; Immenga/Mestmäcker-£mmenc/z, EG-WettbewerbsR, Bd. 1, Art. 85 Abs. 1, A Rdnr. 50 ff.; Gleiss/Hirsch, Art. 85, Rdnr. 190; Emmerich, KartR, S. 388. Siehe auch OLG Frankfurt v. 22.4.1985, WuW/E OLG 3600, 3601 „Guy Laroche". Nach a. A. ist die Problematik bereits beim Unternehmensbegriff zu erörtern (siehe ζ. B. Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 88 ff., 147 ff.), unter „Vereinbarung" (so Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 407 f.) oder unter „miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen" (siehe Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 40); im übrigen siehe die Zusammenstellung mit kritischer Würdigung bei Potrafke, Kartellrechtswidrigkeit konzerninterner Vereinbarungen, S. 104 ff., 113-174. 289 Vgl. die Darlegungen von Immenga/Mestmäcker-Zwimer, GWB, § 1, Rdnr. 147 ff.; Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 109 f.; Klippert, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Konzernen, S. 86 ff.; Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 40 ff.; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 251 ; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 474 f., jeweils m. w. N. 290

Kölner Kommenter-Koppensteiner, AktG, § 18, Rdnr. 2; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-Geß/er, AktG, § 18, Rdnr. 6; Hüffer, AktG, § 18, Rdnr. 2; Münchener Kommentar-Bayer, AktG, § 18, Rdnr. 1. Zur Abgrenzung eines Konzerns von einer Unternehmensvereinigung siehe Immenga/Mestmäcker-£mmenc/i, EG-WettbewerbsR, Bd. 1, Art. 85 Abs. 1, A Rdnr. 38; Gleiss/Hirsch, Art. 85 Abs. 1, Rdnr. 70. 291 Vgl. auch Potrafke, Karteilrechtswidrigkeit konzerninterner Vereinbarungen, S. 203 ff. 292 Vgl. Ehlke, DB 1986, 523, 524 m. w. N.; Scholz-Emmerich, GmbHG, Anh. Konzernrecht, Rdnr. 8, 30; Lutter/Hommelhoff GmbHG, Anh. § 13, Rdnr. 5; Rowedder/ Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, GmbHG, Anh. nach § 52, Rdnr. 3, 6.

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Der BGH hat eine Freistellung der zentralen Vermarktung von Fußballübertragungsrechten vom Kartellverbot aus konzernrechtlichen Gründen abgelehnt, ohne sich auf die im einzelnen streitigen Tatbestandsvoraussetzungen des Gleichordnungskonzerns einzulassen. Auch die Anwendbarkeit des Konzentrationsprivilegs, nach dem konzernintern getroffene wettbewerbsbeschränkende Absprachen vom Kartellverbot befreit sind 293 und das für den Unterordnungskonzern anerkannt ist, hat das Gericht nicht geprüft. 294 Im folgenden wird untersucht, ob der Ansicht des BGH zuzustimmen ist oder die Meinung Heermanns überzeugt. Heermann setzt bei den nach alter Sachverhaltslage bestehenden Verbindungselementen zwischen dem DFB und den Lizenzligamannschaften an, welche nicht allein die mit einer Vereinsmitgliedschaft verbundenen typischen Rechte und Pflichten umfaßten, sondern auch zu einer weitreichenden rechtlichen und tatsächlichen Verzahnung der Unternehmen führten. So hatten die Lizenzmannschaften die mittelbare Mitgliedschaft im DFB über ihre Regionalund Landesverbände. 295 Gleichzeitig erlangten die Clubs die Stellung außerordentlicher Mitglieder im DFB. 2 9 6 Der DFB bestimmte die Angebotsmenge, i. e. die Zahl der pro Saison auszutragenden Ligaspiele. Der Verband entschied über die Lizenzerteilung und -entziehung, die für die Teams von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist, und beauftragte im Rahmen des Lizenzerteilungsverfahrens Wirtschaftsprüfer, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mannschaften nachvollziehen zu können. Jetzt ist der Ligaverband in diese Aufgaben für den DFB eingetreten. Herauszuhebender Unterschied nach neuer Tatsachenlage ist der Wegfall der außerordentlichen Mitgliedschaft der Lizenzligavereine beim DFB. Die Bundesligaclubs könnten gemeinsam mit dem DFB oder dem Ligaverband einen Unterordnungskonzern nach § 18 Abs. 1 AktG geschaffen haben. Ein derartiger Konzern setzt die einheitliche Leitung von abhängigen Unternehmen durch ein herrschendes Unternehmen voraus. Das wäre gegeben, wenn der Verband herrschendes Unternehmen ist und so unmittelbar oder mittelbar seinen beherrschenden Einfluß auf die anderen Unternehmen ausüben kann (vgl. auch § 17 AktG). 2 9 7 Konzernrechtliche Abhängigkeit liegt vor, wenn die Konzernleitung auch ohne den Willen der Mitgliedsunternehmen ausgeübt wird.

293

Zum Konzentrationsprivileg siehe ζ. Β. K. Schmidt, in: FS für Rittner, S. 561 ff.; Klippert, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Konzernen, S. 59 f f , 137, 140 ff. 294 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 23 „ Europapokalheimspiele 295 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 682 ff. 296 § 7 Abs. 2 und 3 der DFB-Satzung a. F. 297 Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-Ge^/er, AktG, § 18, Rdnr. 54 f.; Hüffer, AktG, § 18, Rdnr. 6; Potraflce, Kartell rechtswidrigkeit konzerninterner Vereinbarungen, S. 206 f f ; Huber, ZHR 131 (1968), 193, 199 ff., 218 ff.

I. §

GWB

3

E i n solches Abhängigkeitsverhältnis besteht jedoch nicht zwischen Verband und Bundesligaclubs. Denn die Teams können sich jederzeit dem Einfluß des Ligaverbands und auch des D F B durch Austritt entziehen, selbst wenn dadurch Werte der Clubs zerstört werden. 2 9 8 Es fehlt mithin an einer Beständigkeit. Eine Ausübung der Konzernleitung ohne den W i l l e n der Vereine und Gesellschaften ist nicht m ö g l i c h . 2 9 9 E i n Unterordnungskonzern liegt mithin nicht v o r . 3 0 0 B e i einem Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 A k t G ) 3 0 1 stehen mehrere rechtlich selbständige Unternehmen ohne Beherrschung oder gegenseitige A b hängigkeit unter einheitlicher L e i t u n g . 3 0 2 Nach M i l d e , der sich u. a. auf den historischen Gesetzgeber bezieht, ist maßgebliches Kriterium für eine einheitliche Leitung die wirtschaftliche E i n h e i t . 3 0 3 Diese Leitung sieht er i n einer Geschäftsführungstätigkeit durch die Leitungseinheit. 3 0 4 Der erforderliche Umfang, der zentral für alle beteiligten Unternehmen erfüllt werden muß, richtet sich nach den Anforderungen, die an die Geschäftsführung eines selbständigen Unternehmens gestellt werden (originäre Führungsaufgaben). 305 Mindestens muß die Führungsaufgabe „Planung" i n einem der Entscheidungsbereiche von Unter298

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 b) und Nr. 2 der DFB-Satzung. Vgl. Harms, Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 192 f.: „Mag die wirtschaftliche Situation den Entschluß im einen oder im anderen Sinne noch so nahe legen, die Souveränität des einzelnen Mitglieds, nach eigenem Gutdünken von wirtschaftlich unvernünftigen Austrittsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, bleibt im Kartell unangetastet." Im übrigen nicht unvernünftig könnte ζ. B. ein Ausscheiden des FC Bayern München aus dem Ligaverband sein, um sich einer Europaliga losgelöst von der UEFA anzuschließen. 299 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 690; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 22 f.; vgl. auch Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 49. 300 Auch liegt kein Beherrschungsvertrag nach § 291 AktG oder eine Eingliederung nach § 315 AktG vor, so daß die Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 2 AktG nicht eingreift, vgl .Huber, ZHR 131 (1968), 193,201 ff. 301 Ausführlich zum Gleichordnungskonzern Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 9-132; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-G^/^, AktG, § 18, Rdnr. 67; Jacob, Die Behandlung von Gleichordnungskonzernen im Wettbewerbsrecht, S. 11 ff. Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 690 ff., bezeichnet ihn als Gleichordnungsvereinskonzern. 302 Weit überwiegende Meinung: Hüffer, AktG, § 18, Rdnr. 20; Münchener Kommentar-Bayer, AktG, § 18, Rdnr. 56 ff.; Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 687; a. Α. K. Schmidt, ZHR 155 (1991), 417, 423 ff. Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 690 f , sieht in der Satzung des DFB den Gleichordnungsvertrag; hiergegen Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 168 ff. 303 Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 77 f. 304 Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 84 f. 305 Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 85 f. Dieser Umfang ist allerdings umstritten, siehe Emmerich/Sonnenschein/Habersack, KonzernR, S. 69 f.; Kölner Kommentar-Koppensteiner, AktG, § 18, Rdnr. 19 f.; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-Gé^/er, § 18, Rdnr. 30 ff.

94

C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht

nehmen durch die einheitliche Leitung wahrgenommen werden. Nach Milde, der allerdings einen besonders engen Begriff der einheitlichen Leitung verwendet, scheidet ein Gleichordnungskonzern aus, wenn jedes Unternehmen völlig freiständig darüber entscheiden kann, wie es die ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, oder bei den Ansatz- und Bewertungswahlrechten im Rahmen der Bilanzierung völlig freie Hand hat, ohne sich über die Belange der übrigen an der Kooperation beteiligten Unternehmen Gedanken machen zu müssen, oder wenn es in der Auswahl der Führungskräfte nach eigenen Vorstellungen agiert. 306 Jedenfalls reicht es nicht aus, wenn sich die Koordinierung der Geschäftspolitik nur auf einzelne Aspekte der Unternehmenspolitik beschränkt. Sie muß vielmehr die beteiligten Unternehmen in ihrer Gesamtheit erfassen. 307 Heermann 308 will die einheitliche Leitung u. a. an der Organisation der Liga durch den DFB bzw. jetzt den Ligaverband festmachen. Dies kann aber nicht überzeugen, da die Bundesligen allein Einrichtungen des DFB sind. Der Hinweis auf die Leitungsbefugnisse des Ligaverbands (vorher des DFB) im Finanzbereich der Clubs hinsichtlich der Fernseheinnahmen und der Kontrollbefugnisse bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit deutet schon eher auf eine wenigstens in geringem Umfang gegebene einheitliche Leitung hin. Dennoch liegt kein Gleichordnungskonzern vor. Die Unternehmen eines Gleichordnungskonzerns unterstellen sich einer von ihnen gemeinsam gebildeten Leitung, deren Willen sie gemeinsam bilden. 309 Das bedeutet, auf der Leitungsebene treffen die gleichgeordneten Unternehmen die wesentlichen Entscheidungen zusammen,310 wenn auch ein separates Leitungsorgan bei Gleichordnungskonzernen eingerichtet werden kann. 311 An der fehlenden Selbstleitung durch die Clubs setzte die Argumentation des BGH an. 312 Diese sei für den Gleichordnungskonzern bestimmend. Die Entscheidungen lagen nach alter Sachlage bei den DFB-Organen, in denen die Ligavereine nur eine

306

Milde, Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 88. Emmerich/Sonnenschein/Habersack, KonzernR, S. 69. 308 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 693. 309 Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-G^/er, AktG, § 18, Rdnr. 68, 70, 75; Münchener Kommentar-itoye/', AktG, § 18, Rdnr. 52 f.; Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 3 ff.; Klippert, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Konzernen, S. 76 ff.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 23 f.; Huber, ZHR 131 (1968), 193, 242 ff. Α. Α. K. Schmidt, ZHR 155 (1991), S.417, 423 ff. 310 Vgl. auch Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 3 ff., 48 f f ; weitere Erfordernisse stellt er auf S. 97 ff. auf. 3,1 Vgl. Jänisch, GRUR 1998, 438, 440; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 252; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-Geßler, AktG, § 18, Rdnr. 70, 75; Emmerich/Sonnenschein/Habersack, KonzernR, S. 70. 312 Hiergegen Heermann, WuB V Α. § 1 GWB 1.98, 475, 478. 307

I. § 1 GWB Minderheitsposition einnahmen. 3 1 3 Jetzt werden die meisten Entscheidungen durch die Ligaverbandsorgane getroffen, i n denen nur Bundesligamitglieder vertreten

sind. Allerdings

müssen sie sich an die Vorgaben

der

DFB-

Regelungen halten. 3 1 4 Dennoch kann die Argumentation des B G H bei dieser Tatsachenlage nicht mehr durchgreifen. 3 1 5 Wegen der jetzt i m Ligaverband gegebenen ausschließlichen M i t w i r k u n g von Lizenzmannschaften w i r d man i n diesem Punkt zu einem anderen Ergebnis gelangen. 3 1 6 Gegen die Annahme eines Konzerns spricht aber die Autonomie, mit der die Lizenzclubs am M a r k t auftreten und insbesondere ihre Investitionsentscheidungen eigenständig und unabhängig voneinander treffen. 3 1 7 D i e Leitungsbefugnisse sind nicht stark genug, u m von einer Unternehmensvereinigung zu einem Konzern zu kommen. Insbesondere i n wirtschaftlichen Belangen haben die Vereine und Gesellschaften weitgehend freie H a n d . 3 1 8 Die Kontrollbefugnisse des Verbands sorgen lediglich dafür, daß der A b l a u f i n den Verbandseinrichtungen nicht gestört wird. E i n Konzentrationsprivileg kann aber nur Anwendung finden, wenn die jeweiligen Unternehmen ihr Marktverhalten nicht autonom be-

3,3

Siehe zur alten Sachlage auch Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 24 f f ; Archner, Zentrale Vermarktung von Fern seh übertragungsrechten, S. 166 f. A. A. Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 688 f., 692 f f , 699. Zur Zusammensetzung der Organe und der Stimmenverteilung siehe Fußn. 51 f., 566. 314 § 3 Abs. 2 der Satzung des Ligaverbands. 315 Zwar wird als Maßnahme der Beschluß des Bundestags untersucht, der noch nach alter Sachlage abgestimmt hat (also mit den Lizenzligateams als außerordentlichen Mitglieder). Wenn aber aufgrund der neuen Entwicklung ein Konzern angenommen werden sollte, der unter das Konzernprivileg fällt, ist es müßig, den Beschluß als kartellrechtswidrig zu behandeln. 316 Ebenso Heermann, WRP 2001, 1140, 1144; ders., RabelsZ 67 (2003), 106, 123 f. 317 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 252; ders., Z U M 1998, 129, 131; Streinz, in: Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 14, 56; ähnlich Fleischer, WuW 1996, 473, 477. Hinzu kommt, daß die Clubs in manchen Situationen versuchen, Entscheidungen des Verbands oder auch nur des Schiedsrichters zu Ungunsten anderer Clubs zu beeinflussen (ζ. B. Sperren nach und ohne rote Karten, Elfmeterentscheidungen, Lizenzverweigerungen, um selbst in einer Lizenzliga spielen zu können wie im Juli 2002 die Spielvereinigung Unterhaching gegenüber der Eintracht Frankfurt, vgl. ζ. B. Schlammerl, FAZ v. 9.7.2002, Nr. 156, S. 33; Becker, FAZ v. 10.7.2002, Nr. 157, S. 33; FAZ v. 19.7.2002, Nr. 165, S. 35). Derartiges, rein auf das jeweilige Unternehmen bezogenes Verhalten ist in einem Gleichordnungskonzern gerade nicht üblich, sondern weist auf ein zwischen den Clubs bestehendes Wettbewerbsverhältnis hin. 318 Ebenso Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 360, die untersucht, ob die Unterordnung unter die Verbandsgewalt ftir die Annahme eines Konzerns ausreicht, und dies verneint, da den Mitgliedern weitgehend ihre Autonomie belassen wird.

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht stimmen können; bloße wirtschaftliche A b h ä n g i g k e i t 3 1 9 reicht nicht aus. 3 2 0 U m eine solche handelt es sich aber i m vorliegenden Fall. Die Profiligen sind keine monolithischen Entscheidungseinheiten. Jeder einzelne Club trägt das Risiko seiner wirtschaftlichen Betätigung. Zwar arbeiten die Teams unter dem Dach der Liga i n Fragen der Organisation zusammen. Die wesentlichen kaufmännischen Entscheidungen liegen aber i n den Händen der Clubleitungen. 3 2 1 Die Geschäftspolitik der einzelnen Vereine und Kapitalgesellschaften sowie sonstige grundsätzliche Fragen ihrer Geschäftsführung werden nicht durch ein gemeinsames Leitungsorgan abgestimmt. 3 2 2 Hinsichtlich der Übertragungsrechte kann zwischen den Lizenzmannschaften Wettbewerb bestehen. Das einzelne Spiel behält trotz der Einbettung i n den Gesamtwettbewerb seine ökonomische Selbständigkeit. 3 2 3 Zwar ist den Clubs die Verfügung über die Angebotsmenge des Produkts als einem wichtigen Wettbewerbsparameter entzogen. Seine Vermarktung kann aber unabhängig hiervon selbständig erfolgen. Lediglich § 16a Abs. 1 Nr. 2 der DFB-Satzung verhindert die isolierte Rechte vergäbe. 3 2 4 Da die 319

Diese unterscheidet sich vom Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von § 17 AktG, vgl. auch Potrafke, Karteilrechtswidrigkeit konzerninterner Vereinbarungen, S. 143 f.; Huber, ZHR 131 (1968), 193, 220 ff., 248 ff.; ebenso Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 687 f. 320 Springer, WRP 1998, 477, 480; Jänisch, GRUR 1998, 438, 440; Fleischer, WuW 1996, 473, 477; ders., AG 1997, 491, 500; Potrafke, Kartellrechtswidrigkeit konzerninterner Vereinbarungen, S. 101 f f , 209 f f , 241 f f ; Klippert, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Konzernen, S. 129 f., 133 ff., 140 ff. (insb. 142-146); Gromann, Die Gleichordnungskonzerne im Konzern- und Wettbewerbsrecht, S. 105 f f , 109 f f ; Jacob, Die Behandlung von Gleichordnungskonzernen im Wettbewerbsrecht, S. 64 f., 111-113; Bälz, in: FS für Raiser, S. 287, 332 f.; Κ. Schmidt, in: FS für Rittner, S. 561, 572 f f , 577 f f , im Zusammenhang mit dems., ZHR 155 (1991), 417, 431; Huber, ZHR 131 (1968), 193, 245 f , 252 f.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 191 f.; Emmerich, KartR, S. 32 f.; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 7, Rdnr. 47; Immenga/Mestmäcker-Z/mwer, GWB, § 1, Rdnr. 20 f f , 147 f f , 155; OLG Düsseldorf v. 6.11.1981, WuW/E OLG 2631 „Heilwasser"; OLG Frankfurt v. 22.4.1985, WuW/E OLG 3600, 3601 „Guy Laroche". Ähnlich von Bar, BB 1980, 1185, 1191; Mestmäcker, AcP 168 (1968), 235, 258 ff. Α. A. Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 706 ff. (der darauf nicht eingeht, sondern nur die einheitliche Leitung durch den DFB prüft); Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 86, 241 f f , 248 (die in erster Linie prüfen, ob der den Gleichordnungskonzern begründende Vertrag unter § 1 GWB fällt; wenn dies nicht der Fall ist, sei eine Koordination des konzerninternen Wettbewerbsverhaltens nicht zu beanstanden). Zur Frage, wann eine solche Einheit vorliegt, Hüffer, AktG, § 18, Rdnr. 9 f.; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff-Geß/er, AktG, § 18, Rdnr. 7-11; Fleischer, AG 1997, 491, 498 ff.; BKartA, TB 1989/90, S. 31 (o. Begr.); OLG Stuttgart v. 27.6.1980, WuW/E OLG 2352, 2355 - Abhängigkeit eines Leitgroßhändlers. 321 322 323

Vgl. im einzelnen Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 684. Vgl. Junker, in: Manssen (Hrsg.), Rechtswissenschaft im Aufbruch, S. 169, 179. Siehe unten, C. I. 4. b) aa).

I. § 1 GWB

Teams als selbständige wirtschaftliche Einheiten anzusehen sind, liegt bei ligainternen Absprachen keine Vereinbarung innerhalb eines Konzerns vor. 3 2 5 Heermann stellt dagegen bei den Leitungsaufgaben auf die mögliche Verweigerung der Lizenz ab. Das überzeugt jedoch nicht, da gerade die Lizenzerteilung keine Leitungsfunktion innerhalb eines Konzerns darstellt, sondern die Zugehörigkeit zu der Vereinigung betrifft. Hierbei geht es also um eine vorgelagerte Frage. Außerdem sollen mit der Lizenzvergabe Mindestanforderungen durchgesetzt werden. Auch die Börse wird nicht als Konzerngesellschaft angesehen, nur weil sie Mindestanforderungen an die bei ihr gehandelten Unternehmen stellt. Unabhängig vom Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen eines Gleichordnungskonzerns kann Heermanns Ansatz aus einem anderen Grund nicht überzeugen. Selbst wenn man einen Gleichordnungskonzern bejahen wollte, ist die rechtliche Konsequenz nicht die Zulässigkeit einer zentralen Vermarktung. 326 Heermann begründet die Anwendbarkeit des Konzentrationsprivilegs mit einer „Haftung des Leitungsorgans für Schäden der beteiligten Unternehmen aus durchgeführten nachteiligen Weisungen." 327 Damit greift er das Argument der Gegenmeinung an, ein Konzentrationsprivileg gelte bei Gleichordnungskonzernen nicht, weil der Vorstand eines Unternehmens nach § 76 AktG weder die Leitung der Gesellschaft an Dritte delegieren noch sich an deren Mitwirkung binden dürfe. 328 Mit einer möglichen Schadenshaftung kann jedoch nicht die Zulässigkeit der schädigenden Handlung - hier über die Bejahung eines Konzentrationsprivilegs - erklärt werden. Denn erstens ist die Durchsetzung der Haftung in jedem Fall unsicher. Eventuell ist ein Gerichtsverfahren erforderlich, um den Anspruch überhaupt durchzusetzen, oder der Schuldner kann den Schaden mit seinen Mitteln nicht ausgleichen. Zweitens ist es nicht der Sinn eines Schadensersatzanspruchs, die Schädigung zu rechtfertigen. Vielmehr soll sie an sich gar nicht eintreten; wenn aber doch, gibt das Recht dem Gläubiger wenigstens einen Ersatzanspruch. 329 Entscheidender ist jedoch, daß diese Argumenta-

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Hierbei handelt es sich aber nicht um eine rechtlich verbindliche Weisung, vgl. OLG Frankfurt v. 22.4.1985, WuW/E OLG 3600 „Guy Laroche"; Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 148. 325 Zu diesem Ergebnis kommt auch Fleischer, AG 1997, 491, 500. 326 Der BGH läßt ausdrücklich offen, ob für einen Gleichordnungskonzern das Konzentrationsprivileg überhaupt einschlägig sein kann, BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 23 „Europapokalheimspiele". 327 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 705 (zur Haftung S. 699 ff.). 328 Zur Frage, inwieweit das Argument für andere Rechtsformen gilt, Ehlke, DB 1986, 523, 524 ff. 329 Verschiedentlich ist nicht von einer Schadenshaftung gesprochen worden, sondern von einem Verlustausgleich unter den gleichgeordneten Unternehmen entsprechend §§ 302 f. AktG (allerdings horizontal unter den gleichgeordneten Konzernen), 7 Weihs

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

tion die Innensicht der beteiligten Unternehmen betrifft, während das Kartellrecht, dessen Anwendung aufgrund des Privilegs ausgenommen werden soll, nicht die Verhältnisse zwischen den Mitgliedern einer Absprache im Auge hat, sondern auf den Wettbewerb selbst zielt. Die Argumentation zugunsten eines Konzentrationsprivilegs über eine potentielle Haftung ist daher nicht plausibel. Konzernrechtliche Überlegungen können daher nicht zu einer Freistellung vom Kartellverbot fuhren.

dd) Syndikat mit Andienungspflicht Nachdem festzustellen ist, daß bei einer zentralen Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung nicht von vornherein aufgrund des Veranstalterbegriffs oder wegen Bejahung eines Konzerns ausscheidet, kommt als Wettbewerbsbeschränkung eine Bündelung von Angeboten durch eine gemeinsame Verkaufsstelle in Betracht. Eine solche ist auch bei Dienstleistungen möglich. 330 In Kartellen, die einen hohen Grad an verfestigter Organisationsstruktur aufweisen, wird das Ziel der einheitlichen Preisgestaltung durch die Einschaltung einer selbständigen Verkaufsgemeinschaft von im übrigen selbständig bleibenden Unternehmen, eines Syndikats,331 verwirklicht. Dieses Kartellorgan wird meist als juristische Person ausgestattet, an der die Kartellmitglieder beteiligt sind und über die sie ihre Erzeugnisse absetzen.332 Der Kartellvertrag kann in der Satzung dieser juristischen Person enthalten sein. 333 Die Entscheidung über den Abschluß der einzelnen Verträge mit Dritten obliegt dem Syndikat. 334 Dieses legt die Abgabepreise fest. Bei einer solchen gemeinsamen Verkaufsstelle verpflichten sich die Kartellmitglieder, ihre Produktion ausschließlich über diese Organisation abzusetzen und einen eigenen Vertrieb zu unterlassen. Sie übernehmen eine Andienungspflicht gegenüber der Verkaufsgemeinschaft. 335 Vereinbarungen über einen gemeinsamen

Junker, in: Manssen (Hrsg.), Rechtswissenschaft im Aufbruch, S. 169, 183 f.; Drygala, Der Gläubigerschutz bei der typischen Betriebsaufspaltung, S. 116 ff. 330 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 230; Hausmann, BB 1994, 1089. 331 Frankfurter Kommentar -Bunte, § 5, Tz. 129 ff.; Frankfurter KommentarHuber/Baums, § 1 a. F., Tz. 517; Immenga/Mestmäcker-//w/nertga, GWB, § 5, Rdnr. 66; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 75. 332 Statt einer sonst bei auf Dauer zielenden Kartellen Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird die Rechtsform einer Doppelgesellschaft bevorzugt, vgl. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 180. 333 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 151, 180. 334 Frankfurter Kommentar-Äww/e, § 5, Tz. 130. 335 Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 295, 517; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 72. Die Andienungspflicht ist nicht Voraussetzung für eine gemeinsame Ver-

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Verkauf mit Andienungspflicht sind stets wettbewerbsbeschränkend. Ob die Vertriebsstelle dabei als Eigenhändler, d. h. im eigenen Namen und für eigene Rechnung, oder als Vermittler fungiert, spielt für die kartellrechtliche Beurteilung grundsätzlich keine Rolle. 336 Bei der zentralen Vermarktung von Übertragungsrechten liegt ein solches Syndikat mit Andienungspflicht der von § 1 Abs. 1 und 2, §§ 9 f. OVR erfaßten Clubs vor. 3 3 7 Denn den einzelnen Clubs bleibt keine Möglichkeit der individuellen Vermarktung. Obwohl sie originäre Inhaber der Rechte sind, handelt für den Ligaverband, dem die Ausübung der Rechte aller Vereine und Gesellschaften übertragen ist, die mit der Geschäftsführung betraute DFL-GmbH die Verträge über die Erlaubnis aus, die Spiele für das Fernsehen aufzunehmen und diese Aufnahmen auszustrahlen. 338 Der Ligaverband schließt daraufhin die Verträge ab. Für das Kartellorgan, den Ligaverband, wurde die Rechtsform der juristischen Person in Form des eingetragenen Vereins 339 gewählt. Im Gegensatz zu anderen Fällen der Verkaufsgemeinschaft erfolgt zwar keine Koordinierung der Preise, zu welchen die Vertriebsstelle beliefert wird und die auf ihre Verkaufspreise durchschlagen könnten, 340 da die Clubs keine direkte Vergütung für die Übertragung des Rechts, über Fernsehübertragungen Verträge zu schließen, erhalten. 341 Daraus folgt aber gleichzeitig, daß der Ligaverband keine Preise der Clubs beachten muß und daher frei bei der Preisge-

kaufsstelle („Torsosyndikat", vgl. Emmerich, KartR, S. 53). Auch ohne sie kann die Verkaufsgemeinschaft unter § 1 GWB fallen, vgl. BGH v. 19.6.1975, WuW/E BGH Niedersachsen"; Immenga/Mestmäcker-Zz'/wmer, 1367, 1371 „Zementverkaufsstelle GWB, § 1, Rdnr. 230. 336 Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 172; Frankfurter KommentarBunte, § 5, Tz. 130; Frankfurter Kommtniax-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 295 f.; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 72. Anders Immenga/Mestmäcker-Zzmmer, GWB, § 1, Rdnr. 362 f , wenn die Vertriebsstelle lediglich als Vertreter oder Kommissionär auftritt und nur die Preisvorstellungen des Herstellers weitergibt. Das ist aber hier nicht der Fall; der DFB handelt die Rechtepreise selbständig mit den Abnehmern aus. 337 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 25; Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 25 f f ; ders, in: Multimedia: Kommunikation ohne Grenzen - grenzenloser Wettbewerb, X X X I . FIW-Symposion, S. 19, 25; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf {Kruse), S. 253, der den Unterschied zwischen einem Kartell und einem Syndikat hervorhebt: Die dem Kartell innewohnende Instabilität und Organisationsprobleme können durch ein Syndikat umgangen werden; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 130 ff.; A. Fikentscher, SpuRt 1995, 149; Springer, WRP 1998, 477, 481; allgemein Brinckman/Vollebregt, ECLR 1998, 281, 285. 338 So auch BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 19 „Europapokalheimspiele". 339 § 1 Abs. 1 der Satzung des Ligaverbands. 340 Vgl. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 195. 341 Vielmehr werden die Einnahmen im nachhinein über den Pool wieder an die Clubs verteilt, § 17 OVR. 7*

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

staltung mit den Nachfragern ist. Somit ergibt sich eine Gleichpreisigkeit des Angebots. 342 Typisch fur Verkaufsstellen ist außerdem die Quotierung am Gesamtvolumen des gemeinsamen Vertriebs. 343 Zwar haben die Clubs und der Ligaverband bzw. sein Vorgänger in den Vertrags Verhandlungen, der DFB, keine ausdrücklichen Quoten festgelegt. Aber der Verband bzw. DFB achtet auf eine gleichmäßige Fernsehpräsenz aller Mannschaften insbesondere der ersten Bundesliga. Er konnte dies durchsetzen, weil er die Vermarktung sämtlicher Rechte ausübt. Der Prozentsatz der Übertragungen von einzelnen Spielen ist dadurch nicht wirklich verhandelbar. Inzwischen werden zwar alle Spiele eines Spieltags der Bundesliga live übertragen. Dennoch sorgt der Ligaverband weiterhin für eine gleichmäßige Präsenz der Clubs im Fernsehen. Denn es sind alle Spiele, nicht nur für das Publikum besonders attraktive, im T V zu verfolgen. Der Ligaverband verfährt nach dem Motto „Ganz oder gar nicht". Die Auswirkungen auf dem Markt der Fußballrechte entsprechen im Ergebnis einer Festlegung von Verkaufskapazitäten, denn jede Mannschaft ist mit der gleichen Quote im Fernsehen präsent. Weiteres Indiz für das Vorliegen eines Syndikats ist außerdem die Aufteilung von Gewinn und Verlust. 344 Eine solche Aufteilung wird durch den Schlüssel, nach dem die Vereine und Gesellschaften an den Einnahmen aus der Fernsehvermarktung beteiligt werden, vorgenommen. Nach anderer Ansicht 3 4 5 hätte eine nähere Untersuchung des BGH über die Abhängigkeit der Angebotsmenge von der Art der Vermarktung gezeigt, daß diese Vergabepraxis die Zahl der Übertragungen nicht einschränkt und mithin keine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Die Zahl der Fußballausstrahlungen sei von der Vergabepraxis unabhängig. Denn die Fernsehübertragung richte sich gerade an das bundesweite Publikum. Dann sei es bei gegebener Nachfragekurve auch nicht möglich, den Preis zu erhöhen. 346 Es lägen keine nachteiligen Marktwirkungen vor. Denn ohne Mengenbeschränkungen könnten auch keine Preiserhöhung gegenüber einer Einzelvermarktung erfolgen. Die Nachfrage würde sich dann auf weniger Spiele begrenzen. 347 Diese Argumentation übersieht jedoch zweierlei: Erstens werden sich bei individueller Vermarktung auch regionale Sender um die Übertragung von Spielen ihrer Heimatvereine bemühen, während andere Clubs, die bundesweit Anhänger haben, auf deutschlandweiten Sendern gezeigt werden. Von nur einem

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Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 25. Immenga/Mestmäcker-/ttimeA2ga, GWB, § 5, Rdnr. 67. 344 Immenga/Mestmäcker-/mmertga, GWB, § 5, Rdnr. 66. 345 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 44, 47. 346 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 47; Schellhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 42. 347 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sporti igen, S. 47; Schei lhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 42. 343

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bundesweiten Interesse kann daher keine Rede sein. Zweitens fuhrt eine Nachfrage nach weniger Spielen im vorliegenden Fall zu keinem Vertragsabschluß, da der Anbieter, der Verband, nur das Paket als ganzes veräußert. Durch die Bündelung der Rechte kann lediglich ein Nachfrager erfolgreich um die Rechte verhandeln. Außerdem wird bei dieser Argumentation ignoriert, daß die Sender bei dem Erwerb der Sportübertragungsrechte nicht allein deren qualitativen Wert ins Kalkül ziehen. Da die Programminhalte von erheblicher Bedeutung für den Erfolg der Sender sind, 348 werden die Anstalten bereit sein, hohe Summen in die Rechte zu investieren. Denn es handelt sich bei attraktiven Sportveranstaltungen als Input für Fernsehprogramme um positionale Güter. Das heißt, das Gut hat einen vorderen Rang in einer Qualitätsskala inne, da seine Rangeigenschaft (und nicht etwa die Qualität) besonders nachfragewirksam ist. Ein solches Gut kann nicht ohne weiteres durch ein anderes ersetzt werden. 349 Daher können die Sender selbst bei irrational hohen Rechtepreisen nicht einfach auf den Erwerb der Übertragungsrechte verzichten. Folglich können auch bei einer Veräußerung aller Rechte überhöhte Preise durch ein Verkaufssyndikat erzielt werden. Selbst wenn inzwischen alle Spiele eines Spieltags der Bundesliga live im Fernsehen übertragen werden, wird der Markt eingeschränkt. Denn eine Wettbewerbsbeschränkung ist nicht nur durch eine Reduzierung der Angebotsmenge möglich. Im Fußball werden die Spiele der ersten Bundesliga ausschließlich im Pay-TV und zudem nur bei einem Sender gezeigt. 350 Damit können gegenwärtig lediglich die derzeit 2,6 Millionen Abonnenten des Pay-TVSenders Premiere 351 die Spiele live verfolgen. Diese Darlegungen lassen im übrigen die gravierenden Folgen der Zentralvergabe auf dem Medienmarkt vollständig außer acht. 352 Bei der Paketvergabe von Übertragungsrechten handelt es sich daher um eine typische Marktmachtwirkung eines Kartells. Allerdings führte der DFB an, mit der zentralen Vermarktung auch die Marktgegenseite, die Medien, zufrieden zu stellen. 353 Bislang habe es keine Beschwerden der Sender oder Rechteverwerter über das praktizierte System gegeben. Diese scheinbare Zufriedenheit erklärt sich aus der Situation auf dem

348 Denn sie brauchen ein Zugpferd, um sich beim Publikum bekannt zu machen. Dazu unten, C. III. 3. g). 349 Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 16 f.; ders., in: Horst Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11, 12 f. 350 Entweder wird ein Spiel komplett übertragen, oder es erfolgt eine Darstellung aller Spiele in Ausschnitten. 351 FAZ v. 13.6.2001, Nr. 135, S. 46; FAZ v. 26.7.2002, Nr. 171, S. 14; FAZ v. 10.1.2003, Nr. 8, S. 18. 352 Hierzu unten, C. III. 3. g). 353 Vgl. Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 249.

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Sportrechtemarkt. Aufgrund der Konzentration im Bereich der Medien 354 ist die Zahl der Nachfrager stark begrenzt. Beschwerden konnte der DFB bis 2001 vermeiden, indem er die Übertragungsrechte für einzelne Wettbewerbe gleichmäßig auf die Sender der Kirch-, der Bertelsmanngruppe und der öffentlichrechtlichen Anstalten verteilte. Die berechtigte Vermutung, andernfalls von der Rechtevergabe ausgeschlossen zu werden, hielt die Sender davon ab, sich gegen die hohen Rechtepreise zur Wehr zu setzen oder den Anspruch auf Kurzberichterstattung geltend zu machen. 355 Die bislang durch Schweigen der TVSender zum Ausdruck gebrachte Zufriedenheit ist jedoch einer offen ausgesprochenen Unzufriedenheit über die Vermarktungssituation bei Fußballrechten gewichen. So gab es im Jahr 2000/01 einen Streit um die Rechte für die Fußballweltmeisterschaften 2002 und 2006 zwischen der Kirch-Gruppe und den öffentlich-rechtlichen Anstalten. 356 Hier ging es um die Kosten, die von den öffentlich-rechtlichen Anstalten aufgebracht werden mußten, um die Weltmeisterschaft, deren Fernsehrechte die Kirch-Gruppe vom Internationalen Fußballverband, der FIFA, erworben hatte, im öffentlich-rechtlichen Free-TV übertragen zu können. Auch hinsichtlich der Übertragung von nationalen Wettbewerben stieg die Konfliktbereitschaft der Sender. Der verfassungsgemäße Anspruch auf Kurzberichterstattung von Bundesligaspielen wurde erstmals zu Beginn der Spielzeit 2001/02 von der ARD geltend gemacht, als die Kirch-Gruppe die Hauptbundesligasendung „ran" (eine Gesamtdarstellung eines Spieltages in Ausschnitten) von 18.30 Uhr auf einen Sendeplatz um 20.15 Uhr verlegte und sich die Parteien nicht auf eine Ausstrahlung von Kurzberichten in der „tagesschau"-Sendung der ARD um 20.00 Uhr einigen konnten. Als Protest gegen das Vorgehen der ARD weigerten sich manche Clubs, Mitarbeiter des Senders in ihre Stadien zu lassen; andere wie der FC Bayern München lehnten es ab, Spieler im Anschluß eines Spiels zu Sportsendungen der öffentlich-rechtlichen Sendergruppe für Interviews zu entsenden.357 Die Zufriedenheit scheint somit nur bedingt auf der Marktgegenseite vorhanden zu sein. Außerdem würde eine andere Einschätzung nicht zu einer Vernei-

354

Siehe hierzu unten, C. III. 3. g). FAZ v. 20.7.2001, Nr. 166, S. 38; FAZ v. 21.7.2001, Nr. 167, S. 38; FAZ v. 29.8.2001, Nr. 200, S. 38; FAZ v. 30.8.2001, Nr. 201, S. 39; Heermann, SpuRt 2001, 188, 190. 356 FAZ v. 14.12.2000, Nr. 291, S. 46; Zorn, FAZ v. 22.2.2001, Nr. 45, S. 46. 357 FAZ v. 23.7.2001, Nr. 168, S. 34; FAZ v. 25.7.2001, Nr. 170, S. 39; Spiegel online, http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,l 518,148894,00.html, v. 7.8.2001. „Ran" wurde nach nur drei Spieltagen wegen stark sinkender Einschaltquoten auf einen wesentlich früheren Sendetermin verlegt. Der Streit hatte sich mithin erledigt, FAZ v. 4.8.2001, Nr. 179, S. 11; FAZ v. 6.8.2001, Nr. 180, S. 30; Zorn, FAZ v. 13.8.2001, Nr. 186, S. 40; ders, FAZ v. 22.8.2001, Nr. 194, S. 42; Heermann, SpuRt 2001, 188 ff. 355

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nung der Wettbewerbsbeschränkung fuhren. Ob eine solche vorliegt, kann nicht mit den Nachfragern ausgehandelt werden. Der Beschluß des DFB-Bundestags führt also zu einem Syndikat. 358 Es liegt eine Beschränkung der Handlungsfreiheit der Clubs im Wettbewerb vor.

b) Erforderlichkeit

der zentralen Vermarktung

Bei der Zulässigkeit einer zentralen Rechtevermarktung geht es letztendlich lediglich im Vorfeld um die bislang untersuchten Begrifflichkeiten. Für die Frage, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, ist vielmehr die Erforderlichkeit der zentralen Rechteübertragung ausschlaggebend. Wenn die Vereinbarung notwendig ist, damit das Produkt überhaupt auf dem Markt ist, kann sie nicht zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen. 359 Denn damit wird dem Markt ein Produkt hinzugefügt. Entscheidend ist also, welche Mittel erforderlich sind, um den Ligawettbewerb zu ermöglichen und die Fernsehübertragungsrechte anbieten zu können. Es ist zu untersuchen, ob der beschrittene Weg der zentralen Veräußerung verhältnismäßig ist. Die Erforderlichkeit der Vermarktungsform kann sich hier aus zwei verschiedenen Gesichtspunkten ergeben: Einerseits aus der praktischen Unmöglichkeit der Vermarktung von Einzelbegegnungen, andererseits aus der potentiellen Entwicklung des Sports ohne den auf den Einnahmen aus der Zentralvermarktung beruhenden Finanzausgleich zwischen den Clubs: Kann die individuelle Gestattung der Fernsehübertragung den Bestand der Liga gefährden? Bei diesen Überlegungen dürfen die Notwendigkeit der gemeinsamen Organisation der Liga und die Notwendigkeit der gemeinsamen Organisation des Rechteverkaufs nicht miteinander vermengt werden. Aus dem Erfordernis, die Liga gemeinschaftlich zu organisieren, 360 kann nicht auf die Notwendigkeit der zentralen Vermarktung geschlossen werden. 361 Dies hat auch das Bundeskartell-

358 Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11, 21, weist daraufhin, daß nicht nur ein Syndikat, sondern sogar ein Kollektivmonopol vorliegt, da alle Bundesligavereine erfaßt sind und somit kein Außenwettbewerb möglich ist. 359 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 28; im Ergebnis ähnlich Brinckman/Vollebregt, ECLR 1998, 281, 285. 360 Dieses Erfordernis ist unstreitig. Die umfangreichen Ausführungen zu der Notwendigkeit der gemeinsamen Organisation von Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 85 ff., addieren deshalb keine neuen Gesichtspunkte zum Streitstand. 361 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 28; Waldhauser, Z U M 1998, 129; Pichler, MMR 1998, 304, 310. Siehe zu den zwei unterschiedlichen Ebenen auch Monti , Competition and Sport - the rules of the game, S. 2; Weatherill ,

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C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

amt betont. Danach kann „aus der Zulässigkeit dieser [i. e. der organisatorischen] Zusammenarbeit bei der Veranstaltung von Europapokalwettbewerben [nicht] die Berechtigung zur zentralen Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte abgeleitet werden. Die einzelnen Beschränkungen betreffen jeweils selbständige Verhaltensparameter, die auch unabhängig voneinander am Maßstab der Erforderlichkeit zu messen sind." 362 Auch das Kammergericht trennt zwischen beiden Punkten: Im Rahmen seiner Ausführungen zur theoretischen Möglichkeit einer individuellen Vermarktung stellt es fest, zwar hätten die Vereine vor der Syndizierung nicht die Freiheiten eines typischen Verkaufssyndikats, da sie über Zahl, Ort und Zeit der Spielansetzung von Europapokalspielen nicht frei befinden könnten. Das sei aber in diesem Zusammenhang unerheblich, denn es betreffe lediglich die „Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Modalitäten des Spiels", also die Notwendigkeit der Organisation der Begegnungen insgesamt, nicht aber die davon „zu trennende Frage der Möglichkeit der Vermarktung als solcher". 363 Der DFB selbst ist dieser Trennung im Verfahren um die Europapokalheimspiele nicht gefolgt und argumentiert im Rahmen des Fernsehrechtebeschlusses, ohne die gemeinschaftliche Koordination und Kooperation durch den DFB könne das Produkt Ligaspiel nicht entstehen.364 Im folgenden geht es mithin nicht um die Frage nach der Erforderlichkeit der gemeinsamen Bundesligaorganisation. Das Augenmerk liegt auf der Frage, inwieweit die Zentralvergabe der TV-Übertragungsrechte notwendig ist.

aa) Möglichkeit der Vermarktung von Einzelbegegnungen Hier fragt es sich zunächst, ob ein Rechtsgedanke aus § 102 a GWB a. F , jetzt § 30 GWB, Anwendung findet. Danach ist die gemeinschaftliche Verwertung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften vom Kartellverbot des § 1 GWB freigestellt. Dies ist in der Erwägung begründet, daß der einzelne Urheber häufig nicht in der Lage ist, die sog. kleinen Rechte und Vervielfälti-

Fordham Corporate Law Institute 1999, S. 113 f f , 124; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 44 f. Während es in anderen Fällen schwierig sein mag, zwischen diesen beiden Ebenen zu trennen, ist der Unterschied hier deutlich. Dies übersieht Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 10 f. 362 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2694 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / " . Diese Unterscheidung trifft auch die EG-Kommission, siehe Monti , Competition and Sport - the rules of the game, S. 3. 363 Vgl. KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5576 „Fernsehübertragungsrechte". 364 Mestmäcker, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 53, 85 f f , 88, 90 f , nach dem der Befund, daß der DFB und die Ligen einen Wettbewerb ermöglichen, für sich allein genüge, um eine Wettbewerbsbeschränkung in der Vergabe der Fernsehübertragungsrechte auszuschließen.

I. § 1 GWB

105

gungsrechte im Wettbewerb selbst zu verwerten. 365 Eine Verwertungsgesellschaft ist gegeben, wenn ein Unternehmen nicht nur gelegentlich oder kurzfristig Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben, für Rechnung mehrerer Urheber oder Inhaber verwandter Schutzrechte zur gemeinsamen Ausübung wahrnimmt. 366 Für die Anwendbarkeit dieses Rechtsgedankens müßte die dezentrale Vermarktung der Übertragungsrechte ähnlich der individuellen Durchsetzung von bestimmten Urheberrechten nur mit größeren Effizienzverlusten möglich und die gebündelte Vermarktung deshalb erforderlich sein. 367 Mestmäcker trug im Verfahren über die Europapokalheimspiele für den DFB vor, der syndizierte Verkauf von Fernsehrechten sei ebenso zu behandeln wie die gebündelte Verwertung musikalischer Urheberrechte. 368 Das Zusammenwirken der Inhaber von Urheberrechten sei sachlich geboten, weil sie nur so ihre Rechte wirksam wahrnehmen könnten. Die Lizenzierung des Gesamtrepertoires sei mehr als die Summe einzelner Lizenzen. 369 Hier wie da werde durch das gemeinsame Vorgehen ein neues Produkt geschaffen. Ähnlich Ahrens/Jänisch: Im Basketball dürfte es vielen, insbesondere kleineren Vereinen nicht möglich sein, die Übertragungsrechte allein wahrzunehmen. Sie seien also auf eine Unterstützung des Verbands angewiesen. Eine Kartellrechtswidrigkeit könne nicht damit begründet werden, daß es einigen wenigen größeren Vereinen möglich sei, die Rechte selbst wahrzunehmen. § 30 GWB treffe eine generalisierende Regelung unabhängig von der im Ausnahmefall gegebenen Möglichkeit einer individuellen Wahrnehmung. 370 Sie sei auf die Frage der Erforderlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung zu übertragen. Die obersten US-Bundesrichter urteilten in der National-Collegiate-AthleticAssociation-Entscheidung aus dem Jahre 1984 zum College-Football, auf die an späterer Stelle ausführlich eingegangen wird, 3 7 1 die individuelle Vermarktung von Fernsehrechten sei anders als die individuelle Durchsetzung von Urheber-

365 Vgl. Langen/Bunte-./esteazte, § 1, Rdnr. 178. 705 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 186; Immenga/ Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 263; Emmerich, KartR, S. 43. Kritisch allerdings Langen/Bunte-2?wflte, § 1, Rdnr. 174. 706 Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 258; Langen/Bunte-tfwnte, § 1, Rdnr. 178; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 398. 707 Die absolute Größe der beteiligten Parteien ist dagegen bedeutungslos, Langen/ Bunte-Bunte, § 1, Rdnr. 182; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 398. 708 BGH v. 13.12.1983, WuW/E BGH 2049, 2050 „Holzschutzmittel"; OLG Düsseldorf v. 8.5.1990, WuW/E OLG 4599, 4600 „Abschlepp-Gemeinschaft"; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 398; Langen/Bunt e-Bunte, § 1, Rdnr. 184. Nach Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 245 f , kommt es primär auf die qualitative Abgrenzung und nur ergänzend auf quantitative Aspekte an. Die Spürbarkeit kann unabhängig von der Größe des Marktanteils wegen der qualitativen Bedeutung abzulehnen sein. Dies ist der Fall, wenn die Absprache einen Wettbewerbsparameter erfaßt, der für die Marktgegenseite nur wenig ins Gewicht fällt. Dies ist vor allem bei Gemeinschaftsunternehmen von Bedeutung, Frankfurter Kommentar-Huber/ Baums, § 1 a. F , Tz. 402.

I. § 1 GWB

171

flußt, die auf einem jungen, stark wachstumsorientierten Markt für die weitere Entwicklung der Absatzmöglichkeiten von großer Bedeutung sind. 709 Untersucht wird ferner die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung. 710 Fraglich ist, ab welcher Größenordnung die Spürbarkeit zu bejahen ist. Eine exakte Quantifizierung hat die Rechtsprechung nicht vorgenommen, die Frage wird nicht einheitlich beantwortet. Denn der maßgebliche Marktanteil ist je nach Art der Wettbewerbsbeschränkung unterschiedlich. 711 In manchen Fällen reichten 5 % des Marktvolumens noch nicht aus, in anderen genügte bereits ein geringerer Wert. 7 1 2 Ab einer Größe von ca. 20 % bedarf die Spürbarkeit der Beeinflussung keiner näheren Begründung mehr. 713 Die Bagatellbekanntmachung des Bundeskartellamt vom 8.7.1980 714 bezieht sich lediglich auf das Aufgreifermessen der Behörde. Allerdings zieht diese die Beurteilung der Spürbarkeit nur vor. Beide Punkte können nicht voneinander getrennt werden. Die Bagatellbekanntmachung gibt eine Bestätigung für die Annahme, daß die Spürbarkeit bei einem Marktanteil von unter 5 % im allgemeinen zu verneinen ist. 7 1 5 Für die Gerichte ist diese Bekanntmachung nicht verbindlich. 716 Das Bundeskartellamt hat sich im Verfahren um die Europapokalheimspiele bei der Spürbarkeit nicht mit den quantitativen Fakten auseinandergesetzt. Es stellte vielmehr fest, für die Rechteerwerber seien die zu erwartenden Werbeerlöse von entscheidender Bedeutung, die von der Attraktivität der Veran-

709

Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 260. Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 258; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 246; BGH v. 22.4.1980, WuW/E BGH 1709, 1710 „ Sortimentsabgrenzung ". 7.1 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 259; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 186. 7.2 BGH v. 14.1.1960, WuW/E BGH 369, 372 „Kohlenplatzhandel"; BGH v. 7.6.1962, WuW/E BGH 486, 491 „SPAR"; BGH v. 12.3.1991, WuW/E BGH 2697, 2704 „Golden Toast"; BGH v. 9.3.1999, WuW/E DE-R 289, 295 „Lottospielgemeinschaft"; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 399; Emmerich, KartR, S. 43; Langen/Bunte-£w/2te, § 1, Rdnr. 183. 7.3 KG v. 12.1.983, WuW/E OLG 3007, 3008 „Schleifscheiben und Schleifkörper"; OLG Karlsruhe v. 28.6.1995, WuW/E OLG 5478, 5484 „Bedside-Testkarten"; KG v. 29.5.1996, WuW/E OLG 5677 „CP-System"; Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F., Tz. 400; Langen/Bunte-5w«te, § 1, Rdnr. 177, 184. 714 BKartA, Bek. Nr. 57/80 - Nichtverfolgung von Kooperationsabreden mit geringer wettbewerbsbeschränkender Bedeutung (Bagatellbek.), in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 1. Die Begatellbekanntmachung befindet sich zur Zeit in Überarbeitung (vgl. Bek. des BKartA Nr. 110/98, v. 16.12.1998, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 3, A). 7.5 Vgl. von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 36; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 45; Langen/ Buntt-Bunte, § l,Rdnr. 185. 7.6 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 267; Langen/Bunte-Ztowte, § 1, Rdnr. 185. 710

172

C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

staltung für die Zuschauer abhingen. Dabei käme Fußballveranstaltungen eine herausragende Bedeutung zu, wie Zuschauerbefragungen und Einschaltquoten bestätigten. Folglich beeinflusse die zentrale Rechtevergabe die Wettbewerbsverhältnisse spürbar. 717 Auch das Kammergericht wies im Rahmen der Spürbarkeit lediglich auf die herausragende Stellung von Europapokalspielen unter den Sportveranstaltungen hin. 7 1 8 Dem BGH genügte ebenfalls ein Hinweis auf den Ausschluß der Vereine als Rechteanbieter, um die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung zu begründen. 719 Der Anteil auf dem oben dargestellten relevanten Markt beträgt unter 100 %. Denn bei internationalen Wettkämpfen gehört auch das Spiel einer deutschen Mannschaft mit ausländischem Gastgeber und damit anderem Rechteinhaber zum gleichen Markt, und die einzelnen Wettbewerbe wie der UEFA-Pokal bilden, wie gesehen, nicht jeweils einen Teilmarkt, sondern gehören gemeinsam mit anderen Wettbewerben dieser Sportart zu einem Markt, sofern es um deutsche Mannschaften der obersten Spielklasse geht. Anhand der Anzahl der vom DFB vermarkteten Spiele kommt Stopper vor Gründung des Ligaverbands 720 zu einem Marktanteil des Kartells auf dem sachlich relevanten Markt von 86 %. 7 2 1 Andere berechnen dagegen den Marktanteil allein anhand der Höhe der Verkaufseinnahmen. 722 Diese mögen zwar ein Indiz für den Marktanteil sein. Letztendlich geben jedoch nur die Zahlen über den Anteil der jeweiligen Rechte auf dem entsprechenden Markt zuverlässig Auskunft. Unabhängig von der konkreten Berechnungsweise liegt der Marktanteil von DFB und Ligaverband, die zusammen gesehen werden müssen, weit über den geforderten 20 %. Quantitativ folgt die Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung daher aus dem hohen Marktanteil des Kartells. Zudem werden die Auswahlalternativen durch die Maßnahme spürbar beschränkt, da statt einer Vielzahl von Anbietern, den einzelnen Clubs, nur noch einer den Nachfragern gegenübersteht. Dies verändert die Marktstruktur merklich. Durch die Bündelung der Rechte verringert sich die Angebotsmenge. Dem frei empfangbaren Fernsehen werden keine Livespiele angeboten. Die zentrale Vermarktung führt ferner zu einer Gleichpreisigkeit des Angebots und zu

717 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2682, 2696 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte /"; Stockmann, ZIP 1996, 411,418; Deselaers, WuW 1998, 946, 952. 718 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5578 „Fernsehübertragungsrechte ". 7,9 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 19 „Europapokalheimspiele". 720 Nach § 9 Abs. 2 der OVR nimmt der Ligaverband das Recht der Vermarktung bei internationalen Mannschaftsspielen nicht wahr. Ferner vermarkten die Clubs die Europapokalheimspiele inzwischen individuell. Die Spiele der Champions-LeagueHauptrunde werden dagegen von der UEFA vermarktet. 721 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 109 f. Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 2.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

173

marktschließenden Effekten auf den Fernsehmärkten zugunsten der großen und zu Lasten der kleinen Sender. 723 Bei einer großen Menge von Anbietern würde sich die Zahl der Abnehmer von Übertragungsrechten erhöhen. 724 Da die Zentralvermarktung einen Großteil der wichtigen Ereignisse einer Sportart und eines Marktes erfaßt, ist sie geeignet, die Verhältnisse auf dem Fernsehrechtemarkt spürbar zu beeinflussen. 725 Die Spürbarkeit ist folglich auch wegen Art der Kartellierung gegeben.726 In Randsportarten, die nur auf geringes Publikumsinteresse treffen, ist es dagegen je nach Umständen im Einzelfall möglich, daß der Marktanteil der Fernsehrechte so gering ist, daß ein Verkaufssyndikat keine spürbaren Auswirkungen nach sich zieht. Ausschließlich auf den Marktanteil abzustellen ist jedoch nicht angemessen. Hier hat jedenfalls zusätzlich eine Untersuchung der qualitativen Kriterien zu erfolgen. 727

I I . Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot Die Tatbestandsmerkmale des § 1 GWB sind bei der Zentralvermarktung mithin verwirklicht. Die Rechtsfolge eines Kartellverbots tritt dennoch nicht ein, wenn eine Ausnahmeregel eingreift. Das Kartellgesetz kennt sowohl generelle Ausnahmen vom Kartellverbotstatbestand in den §§ 2 bis 8 GWB als auch branchenspezifische Bereichsausnahmen wie den im vorliegenden Fall relevanten § 31 GWB. Im folgenden geht es zunächst um die generellen Ausnahmen. Von den in §§ 2 bis 8 GWB geregelten Ausnahmefällen kommt bei den Umständen des vorliegenden Falls primär ein Rationalisierungskartell nach § 5 GWB in Betracht. 728 § 5 Abs. 2 GWB a. F. ermöglichte es der Kartellbehörde, unter § 1 GWB fallende Maßnahmen als Rationalisierungsvereinbarungen zu 723 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 25; BKartA v. 2.9.1994, WuW/E, BKartA 2682, 2690 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / " ; siehe C. 1.4. a) dd), C. III. 3. g). 724 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 110. 725 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 248; ebenso Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 109 f.; Waldhauser, ZUM 1998, 129, 130 („eindeutig gegeben"); Springer, WRP 1998, 477, 484; Trommer, Die Transferregelungen im Profisport, S. 237; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 131 ff.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 72 f. 726 Springer, WRP 1998, 477, 484; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 132; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 334. 727 Dies übersehen Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 42. 728 Eine Prüfung weiterer als der hier untersuchten Freistellungen bei Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 493 ff.

174

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

erlauben. Auch für höherstufige Kartelle wie Verkaufssyndikate war dies unter strengen Voraussetzungen, die der besonderen Gefährlichkeit dieser Abreden Rechnung trugen, möglich, § 5 Abs. 3 GWB a. F. Die GWB-Novelle hat diese Vorschriften im wesentlichen aufrechterhalten, 729 allerdings einige Tatbestandsmerkmale geändert.

1. Rationalisierungskartell Der DFB beantragte 1994 beim Bundeskartellamt, die kartellrechtswidrigen Bestimmungen über die Vermarktungszuständigkeit des DFB hinsichtlich der Europapokalspiele als Rationalisierungskartell nach § 5 Abs. 2 und 3 GWB a. F. zu genehmigen. Die Kartellbehörde lehnte eine solche Erlaubnis für die im Verfahren nach § 1 GWB allein betroffenen Europapokalheimspiele ab. 730 Das Kammergericht und der BGH folgten dieser Einschätzung.731 Die Voraussetzungen des § 5 GWB seien nicht erfüllt. Eine Freistellung verlangte nach der alten Fassung des § 5 GWB neben einer Maßnahme, die der Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge diente, 732 ihre Eignung zur wesentlichen Hebung der Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit der Beteiligten in technischer, betriebswirtschaftlicher oder organisatorischer Hinsicht. Dadurch sollte die Befriedigung des Bedarfs verbessert werden. Der Rationalisierungserfolg mußte außerdem in einem angemessenen Verhältnis zur Wettbewerbsbeschränkung stehen. Die gleichen Voraussetzungen gelten auch nach der sechsten Kartellrechtsnovelle gem. § 5 Abs. 1 GWB. Ferner darf die Wettbewerbsbeschränkung nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung der beteiligten Unternehmen führen. Die unbestimmten Rechtsbegriffe sind mit Zurückhaltung auszulegen, da sie wandelbare betriebs- und volkswirtschaftliche Bezüge aufweisen. 733 Rationalisierungsvereinbarungen sind daher anhand der Umstände im Einzelfall in Abwägung mit den Wettbewerbsnachteilen und nicht an abstrakten Merkmalen zu messen.

729 Immenga/Mestmäcker-/wme«£tf, GWB, § 5, Rdnr. 2 f.; Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 1; Frankfurter Kommentar-ßw/ite, § 5, Tz. 1, 14 ff. 730 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696 „Fußbail-Fernsehübertragungsrechte II". 731 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5579 „Fernsehübertragungsrechte BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 24 „Europapokalheimspiele". 732 Vgl. hierzu Frankfurter Kommentar-ßwwte, § 5, Tz. 27. 733 Immenga/Mestmäcker-/w/we/2gfl, GWB, § 5, Rdnr. 15; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 262; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 113.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

a) Rationalisierung wirtschaftlicher

175

Vorgänge

Nach ständiger Praxis des Bundeskartellamts ist unter einer Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge die innerbetriebliche Verbesserung des Verhältnisses von Aufwand und Ertrag zu verstehen („ökonomisches Prinzip"). 734 Die Literatur teilt diesen Ansatz. 735 Es handelt sich mithin um einen betriebswirtschaftlichen, nicht um einen volkswirtschaftlichen Rationalisierungsbegriff. 736 Die innerbetriebliche Verbesserung kann durch Kosteneinsparungen im Verkauf erfolgen, sofern vom einzelnen Unternehmen beherrschte, innerbetriebliche Mittel eingesetzt werden und der Vertriebsablauf so rationeller gestaltet wird. 7 3 7 Es genügt mithin nicht eine schlichte Erlösverbesserung, welche die Einkommensverhältnisse nur zugunsten der Kartellmitglieder verschiebt. Derartige Einsparungen sind durch die zentrale Vermarktung theoretisch denkbar. 738 So entfällt für die einzelnen Clubs die Suche nach Vertragspartnern. Damit erübrigen sich Ausgaben für Eigenwerbung sowie Informationsbeschaffung, Verhandlungskosten, Kosten der Vertragserfüllung und -Überwachung einschließlich der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. 739 Ferner rentiert sich bei zentraler Vermarktung die Spezialisierung des beim Anbieter tätigen Personals. 740 Indem der Verkauf ausgegliedert wird, ist es den Clubs möglich, den Personalaufwand zu reduzieren. Die Mitarbeiter sind nicht mehr in die Veräußerung der Fernsehrechte einzubeziehen. Dadurch werden innerbetriebliche Mittel freigesetzt, die an anderer Stelle eingeplant werden können. Es handelt sich bei derartiger Kostenreduktion mithin nicht nur um eine finanzielle Verbes-

734 BKartA, Bek. Nr. 109/98, v. 16.12.1998 über die Verwaltungsgrundsätze des BKartA für die Beurteilung von Rationalisierungskartellen (§ 5 GWB), Strukturkrisenkartellen (§ 6 GWB) und sonstige Kartelle (§ 7 GWB), in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 2, B.I.2. 735 BKartA v. 21.3.1979, WuW/E BKartA 1794, 1795 „Bimsbausteine III"; Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 19 ff., 24; Langen/Buntt-Kiecker, § 5, Rdnr. 3 ff.; Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 3; Frankfurter Kommentar-flwwte, § 5, Tz. 31 ff.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 281. 736

Immenga/Mestmäcker-/mmetfgfl, GWB, § 5, Rdnr. 20 f.; Langen/Bunte-A7edter, § 5, Rdnr. 6; Frankfurter Kommentar-Z?wA2/e, § 5, Tz. 34, 45; Emmerich, KartR, S. 81. 737 Immenga/Mestmäcker-/mme«ga, GWB, § 5, Rdnr. 26; Langen/Bunte-AVecÄer, § 5, Rdnr. 5; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 35, 47; Emmerich, KartR, S. 81. BKartA v. 25.7.1968, WuW/E BKartA 1225, 1228 f. „KrawattenstoffSubmission"; BKartA v. 16.12.1975, WuW/E BKartA 1605, 1608 „Starkstromkabel"; BKartA v. 15.1.1976, WuW/E BKartA 1643 „Anhängevorrichtungen". 738 Α. A. Langen/Bunte-Kiecker, § 5, Rdnr. 5, der allerdings nicht zwischen der Rationalisierung selbst und der wesentlichen Steigerung der Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit trennt. 739 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2697 f. „Fußball-Fernsehübertragungsrechte II"; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 114. 7 4 0 Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 45.

176

C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

serung. Das innerbetriebliche Verhältnis von Aufwand und Ertrag wird verbessert. Nach anderer Ansicht stellen solche Kosteneinsparungen allein eine finanzielle Verbesserung, nämlich eine Verbesserung der Erlössituation, und somit einen kartellbedingten Vorteil dar. 741 Dies ist jedoch nicht plausibel. Die erforderlichen Aufwendungen für den Absatz werden durch eine gemeinsame Verkaufsstelle reduziert. Der Verkauf ist rationaler gestaltet. Die Rationalisierung beruht gerade nicht auf bloßem Wettbewerbsausschluß. 742 An dieser Stelle ist unerheblich, daß dies durch den Einsatz kartellrechtswidriger Mittel erreicht wird. Andernfalls könnte eine solche Maßnahme nie unter § 5 GWB fallen. Ein Rationalisierungserfolg ist mithin prinzipiell möglich. Ob ein solcher im Fußballgeschäft tatsächlich vorliegt, ist allerdings fraglich. Denn die Clubs sind auf vielen anderen Gebieten bereits wirtschaftlich aktiv und planen ζ. T. ehrgeizige sportfremde Geschäfte. Sie schließen Verträge mit neuen Spielern, betreuen das Merchandising und das Sponsoring usw. Der FC Schalke 04 beispielsweise soll nach dem Willen von Vorstand und Aufsichtsrat zu einem vielseitigen Wirtschaftsunternehmen weiterentwickelt werden. Über das sportliche Kerngeschäft hinaus will der Traditionsclub neue Geschäftsfelder außerhalb des Sports erschließen, um zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften, die in den Fußball investiert werden sollen. In der zu Beginn der Spielzeit 2001/02 eröffneten Arena sollen neben Fußballspielen auch Popkonzerte und andere Show-Veranstaltungen angeboten werden. 743 Der SV Werder Bremen gründete 1999 eine eigene Produktionsfirma (TeleWerder GmbH), die Regionalbeiträge für SAT. 1 produziert und zukünftig möglicherweise auch Spiele des Vereins übertragen wird. 7 4 4 Dementsprechend haben die Clubs Vertragsabteilungen. Ferner ist zu bedenken, daß sich bereits jetzt fast alle Clubs der ersten Bundesliga durch weitreichende Verträge an Rechtevermarkter gebunden und dafür teilweise sogar zum Vertragsabschluß als sog. Signing Fee Beträge in Millionenhöhe erhalten haben. Von diesen Rechtevermarktern profitieren die

741

Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 139. Dies fordert auch Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 507. 743 FAZ v. 4.4.2001, Nr. 80, S. 46; FAZ v. 19.5.2001, Nr. 116, S. 18. Der FC Schalke wird im Jahre 2002 außerdem eine Anleihe in Höhe von 85 Millionen Euro aufnehmen, die durch die Einnahmen aus dem Zuschaueraufkommen besichert wird, siehe Franzke, FAZ v. 19.10.2002, Nr. 243, S. 29. Bereits hierin zeigt sich die Vielfalt der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten, die den Clubs offenstehen und die Zweifel daran aufkommen lassen, ob die zentrale Vermarktung der TV-Rechte allein überhaupt zu einer ausgeglichenen Finanzstärke der Teams führen kann. Die gleiche Entwicklung ist ζ. B. auch bei den Clubs der englischen Premier League festzustellen, FAZ v. 2.7.2001, Nr. 150, S. 27. 744 Siehe Pleitgen, Der Sport im Fernsehen, S. 3 f. 742

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

177

Teams durch das eingebrachte Know-How. 745 Das spricht gegen eine innerbetriebliche Kostenreduktion. Keine Rationalisierung tritt jedenfalls bei den vermarktungsattraktiven Topteams ein. Denn diese können bei gegebenenfalls etwas höherem Vertragsaufwand wesentlich größere Einnahmen bei dezentraler Vermarktung erreichen. 746

b) Wesentliche Steigerung der Leistungsfähigkeit

oder Wirtschaftlichkeit

Eine Rationalisierung muß geeignet sein, die Leistungsfähigkeit oder die Wirtschaftlichkeit wesentlich zu steigern. Die Leistungsfähigkeit bezieht sich auf die Produktions- und Angebotsseite eines Unternehmens, während die Wirtschaftlichkeit die innerbetriebliche Kostenrechnung in der Relation von Aufwand und Ertrag betrifft. 747 Beide Tatbestandsmerkmale müssen nicht scharf gegeneinander abgegrenzt werden, da sie alternativ nebeneinander stehen.748 Eine Hebung der Leistungsfähigkeit liegt bei tatsächlichen Verbesserungen u. a. im Vertrieb vor. Es muß sich bei den Rationalisierungserfolgen um reale Vorteile handeln, die nicht auf Kosten anderer Unternehmen erzielt werden. 749 Verbesserungen, die auf dem Einsatz von Marktmacht beruhen, können nicht der Leistungsfähigkeit zugerechnet werden. 750 Die Wirtschaftlichkeit wird durch eine Verbesserung der innerbetrieblichen Kostenrechnung gesteigert. Rationalisierungsmaßnahmen, die zu Kostensenkungen fuhren sollen, werden meist durch eine Verminderung des Aufwands bewirkt. Nicht berücksichtigt werden darf hier wiederum eine Steigerung, die auf einer Verstärkung der Marktmacht gegenüber vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen beruht. 751

745 Kipker, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Mein: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. dieninteressen, S. 41, 42 f f ; Trosien/Preuß, Aufl., S. 209, 231. 746 Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 495, 497; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 120. 747 Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 36; Langen/Bunte-Kiecker, § 5, Rdnr. 14; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 52. Vgl. auch BGH 18.5.1982, WuW/E BGH 1929, 1931 „Basalt Union". 748 Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 36; Langen/Bunte-Àïec£er, § 5, Rdnr. 14; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 51. 749 Vgl. hierzu den Unterschied zwischen real economies und financial economies, Monopolkommission, III. Hauptgutachten, 1978/79, Tz. 739 („economies of scale"). 750 BKartA, Bek. Nr. 109/98, v. 16.12.1998 über die Verwaltungsgrundsätze des BKartA für die Beurteilung von Rationalisierungskartellen (§ 5 GWB), Strukturkrisenkartellen (§ 6 GWB) und sonstige Kartelle (§ 7 GWB), in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 2, B.I.2. 751 BKartA, Bek. Nr. 109/98, v. 16.12.1998 über die Verwaltungsgrundsätze des BKartA für die Beurteilung von Rationalisierungskartellen (§ 5 GWB), Strukturkrisen-

12 Weihs

178

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Die Hebung muß sich schließlich als wesentlich erweisen. Ob eine solche vorliegt, läßt sich nicht anhand allgemeiner quantitativer Maßstäbe bestimmen, sondern ist je nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu bewerten. 752 Europapokalspiele, um die es vor dem BGH ging, sind unabhängig von der Art der Rechtevergabe für das Publikum und folglich auch für die nachfragenden Sender außerordentlich attraktiv. Eine intensive Nachfrage wird nicht erst durch die zentrale Vermarktungspraxis erreicht, sondern ist auch bei individuellem Handeln der Clubs gesichert. Die Clubs haben keine Absatzschwierigkeiten, seit sie eigenständig auftreten müssen. Der Absatz der Rechte kann daher nicht durch die bisherige Vergabe durch den DFB verbessert werden. Eine tatsächliche Leistungssteigerung liegt nicht vor. Außerdem erlauben es die Kostensenkungen nicht, Mittel für die Verpflichtung von Spielern zu gewinnen, dadurch die Attraktivität der Spiele zu steigern und so mittelbar die Vermarktungschancen zu verbessern. Denn die Größenordnung der Aufwandsminderungen und Kosteneinsparungen ist zu gering. Die Nachfrager, also Fernsehsender und Rechteagenturen, sind den Anbietern bekannt, so daß Informationskosten kaum entstehen. Auch Eigenwerbung, um Nachfrager auf sich aufmerksam zu machen, ist nur in geringem Umfang erforderlich. Die Clubs, die auf diesem Markt tätig sind, werben insbesondere mit ihrer Leistung, die auf vielfältige Weise dem Publikum kenntlich gemacht wird, so - neben Fernsehausstrahlungen - durch Hörfunkübertragungen und Zeitungsanalysen. Im übrigen ist das Angebot an Rechten auf diesem Verkäufermarkt begrenzt, so daß die Nachfrager ohnehin auf die Anbieter aufmerksam sind. Die Kosten für die Rechtevermarktung sind daher aufgrund der hohen Markttransparenz und des begrenzten Angebots minimal. Ferner sind keine hohen Verhandlungskosten zu erkennen, da der Preis einer genau definierten und standardisierten Leistung ausgehandelt wird. Dabei dürfte es nicht um komplizierte Verhandlungen gehen. Dies wird durch die tatsächliche Praxis bestätigt, nach der über Sportrechte häufig telefonisch verhandelt und lediglich das Verhandlungsergebnis nachträglich schriftlich fixiert wird. Im übrigen kommt es nicht häufig zu Vertragsverhandlungen, da die Verträge langfristig, mindestens für eine Saison, laufen. Daran wird auch eine individuelle Vermarktung wenig ändern. Die Kosten des Zahlungsverkehrs werden schließlich durch Einschaltung eines Syndikats eher erhöht, weil das Geld über eine zusätzliche Stelle laufen muß. 753

kartell en (§ 6 GWB) und sonstige Kartelle (§ 7 GWB), in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 2, B.I.2. 752 Immenga/Mestmäcker-/mmertgtf, GWB, § 5, Rdnr. 40; Langen/Bunte-A7ec£er, § 5, Rdnr. 16; Frankfurter Kommentar-ßMAz/e, § 5, Tz. 72. 753 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2699 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte II".

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

179

Bei den derzeitigen Mehreinnahmen dagegen, die gerade durch das Verkaufssyndikat von den Nachfragern erzielt werden können, handelt es sich um keine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, sondern um einen klassischen kartellmachtbedingten Vorteil, der nicht in Betracht gezogen werden darf. 754 In den vom Bundeskartellamt initiierten Verfahren ging es nur um Europapokalheimspiele. Die gleichen Argumente können ebenfalls bei Spielen der Fußballbundesliga angeführt werden. 755 Entgegen einer Ansicht ist in diesem Rahmen nicht zu untersuchen, ob die zentrale Vermarktung erforderlich ist, um das Funktionieren der Liga zu gewährleisten. 756 Diese Frage wurde beim Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung erörtert. § 5 Abs. 1 GWB n. F. läßt nur konkrete Rationalisierungszwecke, mögliche Einsparungen, zu. Für die Berücksichtigung allenfalls mittelbarer sportökonomischer Effekte ist kein Raum. 757 Daher kann es hinsichtlich der Bundesligarechte nicht ausreichen, daß den Clubs ohne die gebündelte Rechtevergabe eine den bekannten Erträgen angenäherte Vermarktung nicht möglich ist. 758 Denn es handelt sich um charakteristische kartellbedingte Vorteile, wenn die Mittel, die ζ. B. schwache Teams bei individueller Vermarktung erhalten, geringer sind als bei Zentralvergabe. Die unterschiedliche Bewertung von Leistungen entsprechend ihrer Qualität ist ein Wesenszug der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs. Eine differierende Ertragsstruktur ist bei Wirtschaftsunternehmen die Normalsituation. Außerdem wird der Mittelausgleich nicht durch die zentrale Rechtevergabe selbst, sondern erst durch den Beschluß des Ligaverbands, die Gelder gleichmäßig zu verteilen, erzielt.

754 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2698 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / / " ; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5579 „FernsehübertragungsrechteSchmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 257, 258; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 143; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 140. 755 Ebenso Heermann, ZHR 161(1997), 665, 677; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 146. Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 263, Fußn. 109, läßt die Freistellung für Bundesligarechte dagegen erst an der Verbesserung der Bedarfsbefriedigung scheitern. Α. A. Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 113, da sich die Vermarktung der beiden Wettbewerbe auf jeweils unterschiedliche wirtschaftliche Vorgänge bezögen; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 28 f., da das Nachfrageinteresse an Bundesligaspielen erheblich geringer sei als an internationalen Begegnungen. Selbst wenn dies zuträfe, ist der Markt so klar begrenzt und übersichtlich, daß zur Vertragsanbahnung keine höheren Kosten bei Bundesligaspielen aufgewendet werden dürften. 75 6 Jänisch, GRUR 1998, 438, 441; Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 258, die hier auf die Möglichkeit eines Solidarfonds hinweisen. 75 7 Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 677. 758 So aber Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 258. Diese Überlegung überrascht insoweit, als die Autoren zuvor betont haben, kartellbedingte Vorteile reichten nicht für § 5 Abs. 1 GWB aus.

12*

180

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Durch die gebündelte Vermarktungspraxis wird ferner nicht die Qualität der Übertragungsrechte angehoben. Die derzeitige Vermarktung von Erst-, Zweitoder Drittverwertungsrechten kann auch durch die Clubs erreicht werden. 759 Die Koordination überschneidungsfreier Fernsehübertragungen von Europapokalspielen stellt ebenfalls keine Qualitätsverbesserung gegenüber einer Individualvermarktung dar. Denn derartige Koordinationsmaßnahmen sind den Clubs gleichfalls möglich. 760 Ein weiterer Aspekt ist hinsichtlich der Fußballbundesliga zu erörtern. Kann allein das vom Ligaverband angebotene Rechtepaket zu einer Gesamtdarstellung eines Bundesligaspieltags fuhren? 761 Es geht hierbei um eine Produktionssteigerung. Wie bereits im Rahmen der Erforderlichkeit erörtert, ist eine solche Darstellung grundsätzlich jedoch auch bei individueller Rechtevergabe möglich, wenn auch nicht immer mit den Rechten ftir alle Einzelspiele. Da aber bei einer Vermarktung durch die einzelnen Vereine und Gesellschaften zusätzliche Spiele im Free-TV übertragen würden, stellt die zentrale Vergabe auch dann keine Qualitätsverbesserung dar, wenn manche Spiele nicht mit umfassenden Bildbeiträgen in einer Gesamtdarstellung gezeigt werden könnten. Vielmehr wird die Qualität durch Einzelvermarktung verbessert. Hinzu kommt, daß diese Hebung der Leistungsfähigkeit keinen innerbetrieblichen Bezug hat, sondern durch der Machtposition des Anbieters ermöglicht wird. 7 6 2 Im Vordergrund steht nicht die Hebung der Wirtschaftlichkeit durch eine Senkung des Aufwands, sondern

759 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2698 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / / " ; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5579 „Fernsehübertragungsrechte". 76 0 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 115; unklar ist, wieso Stopper, ebd., in den Verträgen mit den Verwertungsgesellschaften, die für die gesamte Europapokalrunde geschlossen werden und nicht vom Erfolg der Mannschaften abhängen, eine Produktionssteigerung erkennen will. 76 1 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 117 f f , spricht bei dieser Sendeform von dem Produkt, das die Nachfrager interessiert. Schließlich seien nach diesem Konzept seit dreißig Jahren Sendungen produziert worden. Diese Art der Ausstrahlung sei das unbedingt nachgefragte Qualitätsmerkmal des Verbrauchers. Dies überzeugt nicht. Bislang hat der DFB im freiempfangbaren Fernsehen keine andere Art der Sendung ermöglicht. Die Verbraucher konnten nichts anderes tun, als sich mit dem zufrieden zu geben, was angeboten wurde. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die Zuschauer wollten allein diese Art der Darstellung. Ähnlich Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 142. 762 Vgl. Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 119 f.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 142 f. Siehe außerdem BKartA, Bek. Nr. 109/98, v. 16.12.1998 über die Verwaltungsgrundsätze des BKartA für die Beurteilung von Rationalisierungskartellen (§ 5 GWB), Strukturkrisenkartellen (§ 6 GWB) und sonstige Kartelle (§ 7 GWB), in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Textanhang Nr. 2, B.I.2.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

181

die kartellbedingte Optimierung des Ertrags. 763 Es handelt sich mithin nicht um eine Rationalisierung im Sinne des § 5 Abs. 1 GWB. Die oben dargelegte potentielle Rationalisierung der wirtschaftlichen Vorgänge bei den finanzschwächeren Teams ist daher nicht geeignet, zu einer wesentlichen Steigerung der Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit zu fuhren. Die Einsparungen sind zu geringfügig, um das Kartell rechtfertigen zu kön-

c) Verbesserung der Bedarfsbefriedigung Die Freistellung als einfaches Rationalisierungskartell verlangt außerdem positive Auswirkungen auf den Markt. Die Rationalisierungsvorteile müssen der Marktgegenseite, den Abnehmern und Verbrauchern, zugute kommen. 765 Während die innerbetrieblichen Verhältnisse unter Leistungsfähigkeit analysiert werden, geht es beim Tatbestandsmerkmal der Bedarfsbefriedigung also um gesamtwirtschaftliche Aspekte. 766 Die Bedarfsbefriedigung ist verbessert, wenn die infolge der Regelung wesentlich gehobene Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit in Gestalt einer besseren Leistung zu gleichem Preis oder in Gestalt einer gleichen Leistung zu niedrigerem Preis sichtbar 767 oder wenn der Bezug des Produkts wenigstens erleichtert wird. 7 6 8 Besonders deutlich zeigt sich eine solche Verbesserung daher in niedrigeren Preisen, in Qualitätssteigerungen oder in verbesserten Bezugsmöglichkeiten.769

76 3

Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 140. BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2698 f. „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / / " ; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5579 „Fernsehübertragungsrechte"; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 116; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 139; Heermann, WuB V Α. § 1 GWB 1.98, 475, 478. Allerdings weist er darauf hin, daß innerbetriebliche Kostensenkungen bei den Fernsehsendern nicht wesentlich seien, noch der Verbesserung der Bedarfsbefriedigung dienten. Dabei übersieht er, daß es bei § 5 GWB um die Steigerung der Leistungsfähigkeit der an dem Kartell beteiligten Unternehmen geht. Dazu gehören nur die Clubs, nicht aber etwaige Vertragspartner. 76 5 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 283; Immenga/ Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 46; Langen/Bunte-Kiecker, § 5, Rdnr. 22; Frankfurter Kommentar-ßwAi/e, § 5, Tz. 85. 76 6 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 118; Immenga/Mestmäcker-/wme«ga, GWB, § 5, Rdnr. 46; Langen/Bunte-tfiecter, § 5, Rdnr. 22. 767 Kritisch insoweit Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 283, der darauf hinweist, daß solche Preisvorteile regelmäßig einen funktionierenden Wettbewerb voraussetzen, der nur angenommen werden kann, wenn dieser durch eine Kartellierung nach § 5 Abs. 1 GWB nicht wesentlich berührt wird. 768 BKartA v. 27.10.1959, WuW/E BKartA 79, 87 „Steinzeugsyndikat ". 769 Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 51. 764

182

C. Zulässigkeit der Zentral Vermarktung nach deutschem Recht

Die Zentralvergabe führt danach zu keiner verbesserten Befriedigung des Bedarfs. Durch sie kommt es weder zu geringeren Preisen oder höherer Qualität noch zu besseren Bezugsmöglichkeiten. Vielmehr führt sie, wie gesehen, zu einer Verschlechterung der Bedarfsbefriedigung, da gleichsam nur ein Anbieter auf dem Markt ist. 7 7 0 Eine Verbesserung der Bedarfsdeckung kommt allenfalls bei Sportarten in Betracht, bei denen die Nachfrage nach Übertragungsrechten erst durch ein konzeptionelles Vorgehen des Verbands und durch ein attraktives Angebot von Paketverträgen entsteht. 771 So wird beim Basketball angeführt, eine Nachfrage nach Spielen gebe es nur durch die Bündelung der Rechte. Da die Fernsehrechte erhebliche Mittel in die Kassen der Vereine spielten, werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich gesteigert. 772 Da erst durch diese Vergabeform überhaupt Spiele im Fernsehen übertragen würden, läge eine Verbesserung der Bedarfsbefriedigung vor. Allerdings führen diese Überlegungen bereits zur Erforderlichkeit der Vereinbarung. Damit liegt schon keine Wettbewerbsbeschränkung vor.

d) Angemessenes Verhältnis zwischen Rationalisierungserfolg Wettbewerbsbeschränkung

und

§ 5 Abs. 1 S. 2 GWB fordert weiter ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Rationalisierungserfolg und der Wettbewerbsbeschränkung. Zwischen beiden Größen ist abzuwägen. 773 Generelle Aussagen lassen sich nicht formulieren. Das Verhältnis ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. 774 Können die Unternehmen nach den Wettbewerbsverhältnissen die Rationalisierungsvorteile für sich behalten, scheidet eine Legalisierungsmöglichkeit aus. 775 Wie erörtert, ist der Rationalisierungserfolg bei der Zentralvergabe allenfalls gering. Damit ein angemessenes Verhältnis bejaht werden kann, darf die Wett-

770 BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2699 f. „Fußball-Fernsehübertragungsrechte / / " ; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5579 „Fernsehübertragungsrechte"; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Rdnr. 85 a. E. 77 1 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 263 f. 77 2 Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 45. 773 BKartA v. 2.6.1965, WuW/E BKartA 938, 940 f. „Gesellschaftsreisen II"; BKartA v. 21.3.1979, WuW/E BKartA 1794, 1798 „Bimsbausteine III"; Immenga/ Mestmäcker-Immenga, GWB, § 5, Rdnr. 54, 56; Gemeinschaftskommentar-Den/iger/ Benisch, § 5, Anm. 55; kritisch Frankfurter Kommentar-.ßwAite, § 5, Tz. 102. 774 Immenga/Mestmäcker-/mmertga, GWB, § 5, Rdnr. 54; Langen/Bunte-/ftec£er, § 5, Rdnr. 29; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 98. 77 5 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 284; Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 5.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

183

bewerbsbeschränkung folglich nicht schwerwiegend sein. Das Verkaufssyndikat, das sämtlichen Wettbewerb zwischen den Inhabern der Fernsehrechte ausschließt, ist jedoch ein bedeutender Eingriff in den Wettbewerb. Der Preis- und Konditionenwettbewerb wird zugunsten des Anbieters der Rechte ausgeschlossen. 776 Allein die Clubs sind Nutznießer etwaiger Kosteneinsparungen. Diese werden nicht an die Nachfrager weitergegeben.

e) Entstehung oder Verstärkung

einer marktbeherrschenden

Stellung

Nach der Neufassung von § 5 Abs. 1 S. 3 GWB darf durch die Maßnahme keine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt werden. Damit wird eine Obergrenze der Marktaus Wirkungen eingeführt. 777 Wichtig ist hierbei, ob der Wettbewerb noch seine Kontrollfunktion erfüllt. 778 In der ersten Entscheidung 779 nach der Gesetzesänderung stellte das Bundeskartellamt auf einen hohen Marktanteil von 52 % sowie auf eine überragende Marktstellung ab, die an der Kundenpräferenz der Marke und hohen Marktzutrittsschranken festgemacht wurde, und bejahte dieses Kriterium. Die Literatur geht ebenfalls von diesen Kriterien aus. 780 Bereits im Rahmen der Spürbarkeit wurde auf die starke Marktstellung hingewiesen, welche die Teams der von den Sendern besonders nachgefragten Sportarten durch die zentrale Vermarktung der Fernsehrechte innehaben. Die Fernsehrechte dieser Sportarten bilden jeweils einen eigenen Markt, auf dem sie einen sehr hohen Marktanteil haben. Berücksichtigt man ferner die Bedeutung dieser Sportarten beim Publikum, ist das Tatbestandsmerkmal zu bejahen. Durch die gemeinsame Vermarktung bleibt statt einer Vielzahl von Anbietern jeweils nur so gut wie einer übrig. Der Wettbewerb wird also nahezu ausgeschlossen. Ein solches Kartell hat eine marktbeherrschende Stellung.

776

BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2700 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte II". 777 Immenga/Mestmäcker-//wwe«ga, GWB, § 5, Rdnr. 58; Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 6; Frankfurter Kommentar-Ztarcte, § 5, Tz. 115. Zur kontrovers diskutierten Frage, ob bei der Definition auf § 19 Abs. 2 GWB zurückgegriffen werden kann, siehe Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 6; Frankfurter Kommentar-Ztortte, § 5, Rdnr. 117; Langen/BunteKiecker, § 5, Rdnr. 30. 77 8 779 780

118.

Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 6; Frankfurter Kommentar-ßwzte, § 5, Tz. 118. BKartA v. 9.7.1999, WuW/E DE-V 127, 129 „Fleurop II". Langen/Buntz-Kiecker, § 5, Rdnr. 31; Frankfurter Kommentar-Z?«/2te, § 5, Tz.

184

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

fi Höherstufiges

Rationalisierungskartell

Fraglich ist, ob die in § 5 Abs. 2 GWB (Abs. 3 a. F.) genannten Erfordernisse zur Freistellung eines höherstufigen Rationalisierungskartells erfüllt sind. Bei § 5 Abs. 2 GWB handelt es sich nicht um einen selbständigen Freistellungstatbestand. Vielmehr stellt er zusätzliche Voraussetzungen zum Grundtatbestand des § 5 Abs. 1 GWB auf, die kumulativ mit den anderen vorliegen müssen. 781 Bei diesen schwerwiegenderen Maßnahmen geht es u. a. um gemeinsame Vertriebseinrichtungen. Nachdem bereits das Vorliegen eines einfachen Rationalisierungskartells verneint wurde, kann auch keines nach § 5 Abs. 2 GWB vorliegen. Der Vollständigkeit halber sollen dennoch die zusätzlichen Voraussetzungen kurz erörtert werden, zumal sich das Bundeskartellamt im Fall über die Europapokalheimspiele mit dieser Frage befaßt hat. Gemeinsame Verkaufseinrichtungen führen häufig zu einer Lenkung von Aufträgen. Der Sinn dieser Lenkungsmaßnahme liegt darin, Absatzfunktionen einzelner Unternehmen zusammengefaßt mit rationalisierender Wirkung zu verwirklichen. Rationalisierungen können aus einer Senkung von Vertriebskosten folgen. Dies ist der Fall, wenn sich der Ausbau eines eigenen Vertriebsnetzes durch die Abrede erübrigt. 782 Solche Vorteile eines Syndikats sind offensichtlich und werden vom Bundeskartellamt als Rationalisierungserfolg anerkannt. 783 Ein über die Syndikatsbildung hinausgehender Rationalisierungserfolg ist nicht erforderlich. 784 Preisabsprachen sind im Rahmen von Vertriebsvereinbarungen dagegen nur dann gestattet, wenn sie für die Durchführung des Vertragszwecks überhaupt erforderlich sind. 785 Es handelt sich folglich um unzulässige Nebenabreden, wenn der Rationalisierungserfolg auch ohne diese Abrede erreicht werden kann. 786

781

BGH v. 27.6.1968, WuW/E BGH 967, 968 f. „Zementverkaufsstelle Niedersachsen"; BKartA v. 10.7.1963, WuW/E BKartA 732, 733 „Superphosphat //"; BKartA v. 14.2.1966, WuW/E BKartA 1035, 1036 „Montanzement / / " ; Immenga/ Mestmäcker-7/w/we«ga, GWB, § 5, Rdnr. 61; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 121 ; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 279. 782 BKartA, TB 1978, S. 55; Immenga/Mestmäcker-/mme«ga, GWB, § 5, Rdnr. 73. 783 Immenga/Mestmäcker-/mme«gtf, GWB, § 5, Rdnr. 70 m. w. N. 784 Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 7. 785 Immenga/Mestmäcker-/mmertga, GWB, § 5, Rdnr. 76; Lan gen/B unte-Kiecker, § 5, Rdnr. 38. 786 BKartA v. 16.7.1964, WuW/E BKartA 858, 864 f. „PVC-Abflußrohre "; BKartA v. 2.5.1966, WuW/E BKartA 1248, 1253 „Fernmeldekabel".

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

185

Auf Allgemeinwohlinteressen kommt es seit der Änderung der Kartellvorschriften nicht mehr an. Diese können nicht bei der Prüfung nach § 5 Abs. 2 GWB einbezogen werden. 787 Die zentrale Vermarktung durch den Ligaverband stellt ein höherstufiges Kartell dar, weil die Rationalisierung durch eine gemeinsame Verkaufsstelle verwirklicht werden soll. 788 Der Rationalisierungszweck darf nach § 5 Abs. 2 GWB nur auf diese Weise erreicht werden können. Ein Antrag auf Freistellung ist demnach abzulehnen, wenn der Rationalisierungszweck in gleicher Weise durch eine weniger schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung erzielt werden kann. 789 Die hier in Betracht kommenden Kosteneinsparungen sind nach richtiger Ansicht des Bundeskartellamts nicht auf andere Weise als durch eine gemeinsame Verkaufsorganisation zu erreichen. 790 Allerdings ist gezeigt worden, daß es sich hierbei allenfalls um minimale Verbesserungen auf Aufwandsseite handelt. Unabhängig von der Einschätzung dieser Einsparungen geht die Vermarktung als Rechtepaket und nur zu einem Preis über das Ziel hinaus. Bei zentral vermarkteten Wettkämpfen ist also in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob eine wesentliche Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses durch eine gemeinsame Vertriebsorganisation zum Erreichen des Rationalisierungserfolgs erforderlich ist. Da die Voraussetzungen des § 5 GWB nicht erfüllt waren, mußte die Frage, ob eine Erlaubnis des Bundeskartellamts den kartellrechtswidrigen Zustand aufheben konnte, im Verfahren um die Europapokalspiele nicht beantwortet werden. Das Kammergericht zweifelte wegen der internationalen Tragweite des Sachverhalts daran. 791 Denn eine Freistellung nach deutschem Recht könne in Konflikt mit Art. 81 Abs. 3 EGV treten. 792

787

Kahlenberg, BB 1998, 1593, 1595; Immenga/Mestmäcker-/wm^ga, GWB, § 5, Rdnr. 3; Bechtold, GWB, § 5, Rdnr. 1 ; Frankfurter Kommentar-£w«te, § 5, Rdnr. 14. 788 Siehe oben, C. I. 4. a) dd); § 19 Abs. 1 und 2 der Satzung des Ligaverbands. 789 BKartA v. 10.7.1963, WuW/E BKartA 732, 739 „Superphosphat II"; Immenga/ Mestmäcker-/wme«ga, GWB, § 5, Rdnr. 77; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 5, Tz. 144. 790

BKartA v. 2.9.1994, WuW/E BKartA 2696, 2700 „Fußball-Fernsehübertragungsrechte II". Anders könnte die Situation sein, wenn die Unternehmen vollwertige Vertriebsorganisationen behielten, Frankfurter Kommentar-Z?w«te, § 5, Tz. 153; BKartA v. 10.7.1963, WuW/E BKartA 732, 739 „Superphosphat II". 791 KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5578 f. „Fernsehübertragungsrechte". 792 Ebenso Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 256. Dazu unten, D. III.

186

C. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach deutschem Recht

Im Ergebnis ist damit festzuhalten, daß die zentrale Vermarktung nicht als Rationalisierungskartell nach § 5 Abs. 1 und 2 GWB freigestellt werden kann. 793

2. Mittelstandskartell Das GWB erlaubt in § 4 als weitere generelle Ausnahme vom Kartellverbot die Freistellung sog. Mittelstandskartelle. § 4 GWB ist an die Stelle der §§ 5 b und 5 c GWB a. F. getreten. 794 Für eine Freistellung müssen drei Tatbestandsmerkmale erfüllt sein. § 4 Abs. 1 GWB greift ein, wenn sich der Beschluß auf die Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch zwischenbetriebliche Zusammenarbeit bezieht, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Als Form der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit findet sich vornehmlich die Vertriebsgesellschaft. 795 Die Freistellung gilt nur bei Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Schließlich darf nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GWB der Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Entscheidend für die Frage, wann kleine und mittlere Unternehmen vorliegen, ist die Relation zu den auf dem gleichen Markt tätigen Wettbewerbern außerhalb des Kartells. Es geht mithin um die Marktstruktur und die relative Größe der beteiligten Unternehmen auf dem relevanten Markt. Inwieweit daneben die absolute Größe der Unternehmen heranzuziehen ist, wird kontrovers diskutiert. 796 Umstritten ist ferner, ob auch große Unternehmen an derartigen Kartellen beteiligt sein dürfen. 797 Die h. M. akzeptiert dies unter bestimmten Voraussetzungen: Wenn die Beteiligung großer Unternehmen für die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen erforderlich ist, wird sie gestattet. Allerdings stellt es nach dieser Ansicht einen Mißbrauch der Freistellung dar, wenn die Beteiligung eines Großunternehmens nicht auf die Förderung der Leistungs793 Ebenso Springer, WRP 1998, 477, 484 f.; Fleischer, WuW 1996, 473, 482; Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 677; Wertenbruch, ZIP 1996, 1417, 1422; Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 113 ff. 794 § 5 GWB ist eigentlich Auffangvorschrift von § 4 GWB, vgl. Bechtold, GWB, §5, Rdnr. 1. 795 Immenga/Mestmäcker-/mme«ga, GWB, § 4, Rdnr. 17, 42; Bechtold, GWB, § 4, Rdnr. 2. 796 Immenga/Mestmäcker-/mmertgü, GWB, § 4, Rdnr. 66 ff.; Langen/BunteKiecker, § 4, Rdnr. 15 f.; Frankfurter Kommentar-Z?««te, § 4, Tz. 47; WiedemannStockmann, § 7, Rdnr. 138; Emmerich, KartR, S. 70; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 297; von Gamm, KartR, § 5 b, Rdnr. 7. 797 Immenga/Mestmäcker-/mme/iga, GWB, § 4, Rdnr. 32 ff., 71; Langen/BunteKiecker, § 4, Rdnr. 19; Frankfurter Kommentar-Ztaw/e, § 4, Tz. 60 ff.; kritisch Emmerich, KartR, S. 70 f.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 297.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

187

fähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen begrenzt ist, sondern darüber hinaus den Wettbewerb beschränkt. 798 Das Bundeskartellamt prüft in diesem Zusammenhang, ob die Beteiligung von Großunternehmen dem Kartell seinen mittelständischen Charakter nimmt. 799 Die Großunternehmen dürfen jedenfalls nicht zur Spitzengruppe auf dem betreffenden Markt gehören. 800 Bei den Fußballübertragungsrechten haben sich sämtliche deutsche Wettbewerber zusammengetan. Das Kartell umfaßt Großunternehmen wie den FC Bayern München, der Marktführer ist, genauso wie andere. Schon allein die Tatsache, daß kein inländisches Unternehmen am Markt außerhalb des Kartells steht, zeigt, daß es sich hier nicht um ein Mittelstandskartell handeln kann. Im übrigen wird der Wettbewerb durch diese Maßnahme wesentlich beeinträchtigt, so daß bei Sportarten, die einen eigenen Markt darstellen, die Freistellung nach § 4 GWB auch an diesem Tatbestandsmerkmal scheitert. In Randsportarten kann im Einzelfall durchaus ein solches Mittelstandskartell angenommen werden. Je nach den einzelnen Umständen ist dann eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem Sportrechtemarkt nicht zu erwarten. Wenn außerdem erst durch die Rechtebündelung die Nachfrage erzielt wird, werden durch sie Einnahmen erzielt, welche die Leistungsfähigkeit der Clubs erhöhen. 801

3. Freistellung nach § 7 GWB Eine ergänzende Freistellungsnorm wurde mit der sechsten GWB-Novelle geschaffen: § 7 GWB orientiert sich eng an Art. 81 Abs. 3 EGV, ohne dessen Voraussetzungen jedoch exakt zu übernehmen. 802 Eine wichtige Abweichung zum EGV betrifft das Merkmal „Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts". Dieses wurde ausdrücklich nicht in § 7 GWB aufgenommen, um außerwettbe-

798 BGH v. 30.9.1986, WuW/E BGH 2321, 2325 „MischgutherstellerBKartA v. 1.6.1989, WuW/E BKartA 2384, 2388 „ German Parcel Paket-Logistik"; kritisch hierzu Emmerich, KartR, S. 70 f. 799 BKartA, TB 1983/84, S. 70 f. 800 Strittig ist außerdem, ob sie am Rationalisierungserfolg partizipieren dürfen. Vgl. Langen/Bunte-/C/ecfo?r, § 4, Rdnr. 19; Frankfurter Kommentar-Zto/ite, § 4, Rdnr. 60 a. E.; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 297. 801 Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 46 f. Allerdings liegt dann schon keine Wettbewerbsbeschränkung vor, da die gemeinsame Vermarktung der Rechte erforderlich ist. 802 Vgl. Immenga/Mestmäcker-/mme«ga, GWB, § 7, Rdnr. 1 f.; Langen/BunteKiecker, § 7, Rdnr. 2 f.; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 8, Rdnr. 60. Siehe zu grundsätzlichen Bedenken an § 7 GWB: Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/97, Tz. 94.

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C. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach deutschem Recht

werbliche Kriterien von der Anwendungspraxis fernzuhalten. 803 § 7 GWB stellt im Unterschied zu der EG-Rechtsvorschrift keinen Generaltatbestand oder Auffangtatbestand dar, sondern ist ein zusätzlicher Tatbestand.804 Sofern die §§ 2 bis 6 GWB an sich einschlägig sind, können ihre Grenzen nicht mit Hilfe der neuen Norm überschritten werden. 805 So scheidet § 7 GWB aus, wenn die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Freistellungsnorm erfüllt sind. 806 Diese Begrenzung ergibt sich auch aus § 7 Abs. 2 GWB. Danach können Beschlüsse, die eine Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge zum Gegenstand haben, nur nach den §§2 Abs. 2 und §§ 3 bis 5 GWB freigestellt werden. Dies ist hier von Bedeutung, wenn Kostenersparnisse angenommen werden, die jedoch die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Clubs nicht wesentlich heben. Aus § 7 Abs. 2 GWB folgt, daß die sog. Sperrwirkung eingreift, wenn ein Kartell an sich unter § 5 GWB fällt, also die Tatbestandsvoraussetzungen dieses Kartelltyps gegeben sind, aber die Freistellung an den wettbewerblichen Legalisierungsvoraussetzungen scheitert. 807 § 7 Abs. 1 GWB ist als Subsidiärtatbestand dann nicht anwendbar. 808 Zwar könnten hier wirtschaftliche Vorgänge in gewissem Maße rationalisiert werden. 809 Aber die übrigen Tatbestandsmerkmale sind nicht erfüllt. Es könnte unabhängig davon eingewendet werde, die Erzeugung werde aus anderen Gründen als der Rationalisierung verbessert. 810 Das entscheidende Merkmal zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 5 und § 7 GWB ist der Rationalisierungsbegriff. 811 Es könnte also argumentiert werden, die gegen-

803 Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 33; Immenga/Mestmäcker-/mme«gtf, GWB, § 7, Rdnr. 2; Langen/Bunte-Kiecker, § 7, Rdnr. 3. 804 Immenga/Mestmäcker-/mme«g0, GWB, § 7, Rdnr. 1; Langen/Bunie-Kiecker, § 7, Rdnr. 11 ; vgl. demgegenüber die Diktion der Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 33. 805 Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 33; Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 7, Rdnr. 4, 7. 806 Immenga/Mestmäcker-/mme«g0, GWB, § 7, Rdnr. 7; Langen/Bunte-A7ec£er, §7, Rdnr. 11 ff., 19 ff. 807 Immenga/Mestmäcker-/mme/2ga, GWB, § 7, Rdnr. 7; Langen/Bunte-A7ec/;er, § 7, Rdnr. 11 ff., 20 ff.; Bechtold, GWB, § 7, Rdnr. 4. 808 Kahlenberg, BB 1998, 1593, 1595; Bechtold, NJW 1998, 2769, 2771; ders., GWB, § 7, Rdnr. 4. Α. A. Jänisch, GRUR 1998, 438, 444, der § 7 GWB allerdings ohne Prüfung der einzelnen Tatbestandsmerkmale bejaht. 809 Vgl. Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 170 f. 810 Zu diesem Tatbestandsmerkmal siehe Langen/Buntt-Kiecker, § 7, Rdnr. 29; Frankfurter Kommentar-Bunte, § 7, Tz. 12. 811 Langen/Bunte-K/edter, § 7, Rdnr. 23.

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

189

wärtige Vergabepraxis erziele nicht nur Rationalisierungserfolge hinsichtlich der Verteilung. Die auf die zentrale Vermarktung zurückzuführenden Mehreinnahmen seien vielmehr erforderlich, um eine ausgeglichene Liga zu erreichen, die vom Ergebnis her offen und dadurch für das Publikum attraktiv sei. Das wirke sich positiv auf die Erzeugung aus. Ob mit dieser Argumentation eine Freistellung nach § 7 GWB in Betracht kommt, 812 da nur Rationalisierungsvereinbarungen durch § 7 Abs. 2 GWB ausgeschlossen werden, braucht nicht entschieden zu werden. Denn die Freistellung scheitert im konkreten Fall, weil die übrigen Voraussetzungen dieses Freistellungstatbestands nicht vorliegen. Da die im Fall der zentralen Vermarktung relevanten Voraussetzungen des § 7 GWB an Art. 81 Abs. 3 EGV angelehnt sind, wird für ihr Vorliegen auf die Ausführungen unter Art. 81 Abs. 3 EGV verwiesen. Denn diese Punkte wurden bislang bei Art. 81 EGV diskutiert und vom deutschen Gesetzgeber übernommen. Bereits das Merkmal der Verbraucherbeteiligung entspricht der europäischen Norm. 8 1 3 Insbesondere gilt das aber für die Unerläßlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung. 814 Schließlich entsteht durch das Verhalten des Ligaverbands eine marktbeherrschende Stellung. Dies wurde bereits im Rahmen des § 5 GWB untersucht. Eine Freistellung nach § 7 GWB scheidet mithin ebenfalls aus. Eine generelle Ausnahme vom Kartellverbot ist folglich nicht gegeben.

4. Durchbrechungen des Kartellverbots Neben den gesetzlich geregelten Ausnahmebestimmungen haben Praxis und Lehre ungeschriebene Ausnahmen vom Kartellverbot entwickelt. 815 Es sind nach umstrittener Ansicht zwei auch methodisch verschiedene Kategorieren von Tatbestandsrestriktionen zu unterscheiden: Es handelt sich einerseits um Restriktionen auf Tatbestandsebene wie der Wettbewerbsbeschränkung durch den Arbeitsgemeinschaftsgedanken und die Immanenztheorie, die oben unter „Wettbewerbsbeschränkung" behandelt wurden. Andererseits geht es um einen Konflikt zwischen den von § 1 GWB geschützten Zielen und eventuell höher-

812

So Langen/Buntt-Kiecker, § 7, Rdnr. 21 ff. Vgl. die Ausführungen zu diesem Tatabestandsmerkmal bei Immenga/Mestmäcker-Immenga, GWB, § 7, Rdnr. 14 f.; Lan gen/B un ie-Kiecker, § 7, Rdnr. 32 ff.; Frankfurter K o m m e n t a r - § 7, Tz. 35 ff. 814 Vgl. Immenga/Mestmäcker-/m/we/2gtf, GWB, § 7, Rdnr. 16 f.; Langen/BunteKiecker, § 7, Rdnr. 36 ff.; Frankfurter Kommentar-£w/zte, § 7, Tz. 47 ff. 815 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Z/w/wer, GWB, § 1, Rdnr. 268. 813

190

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

rangigen anderen Interessen (Rechtsgüterabwägung), also um übergesetzliche Einschränkungen. 816 Bei der Rechtsgüterabwägung stellt sich die Frage, ob außerwettbewerbliche Zwecke mit wettbewerbsbeschränkenden Mitteln verfolgt werden können, ohne daß ein kartellrechtlicher Freistellungstatbestand gegeben ist. 8 1 7 Dann käme man in bestimmten Fällen zu dem Ergebnis, eine Verhaltensbindung sei bei richtiger Auslegung des Gesetzes nicht tatbestandsmäßig. Entscheidendes Problem bei der Rechtsgüterabwägung ist die Frage nach der Höherrangigkeit anderer Rechtsgüter sowie ihrer Durchsetzung gegenüber dem Kartellverbot. 818 Als kollidierende Rechtsgüter werden vor allem der Schutz von Leben und Gesundheit, soziale Belange verschiedener Natur, der Jugendschutz, der Umweltschutz sowie wirtschaftspolitische Interessen genannt. 819 In der Literatur ist umstritten, ob die Anwendbarkeit des Kartellverbots von einer Rechtsgüterabwägung abhängt, wenn eine unter § 1 GWB einzuordnende Maßnahme insbesondere auf außerökonomische Ziele gerichtet ist, deren Verfolgung als höherrangig gegenüber der Erhaltung des Wettbewerbs angesehen wird. 8 2 0 In seiner früheren Verwaltungspraxis hatte das Bundeskartellamt eine solche Rechtsgüterabwägung vorgenommen. 821 Inzwischen ist es von dieser Praxis abgerückt, weil die Rechtsgüterabwägung zwischen Wettbewerbsschutz und anderen Schutzzwecken eine Aufgabe des Gesetzgebers sei und ernste Zweifel daran bestünden, ob diese Praxis mit dem Gesetz überhaupt vereinbar sei. 822 Das Bundeskartellamt hat sich damit ausdrücklich von seiner zuvor geübten Praxis der Güterabwägung distanziert. Die Rechtsprechung hat sich mit dieser Restriktion noch nicht eingehend befaßt. In einigen Entscheidungen wird aber eine gewisse Skepsis gegenüber einer Güterabwägung deutlich. 823 Der 8.6 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 203; Immenga/ Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 269 f.; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 43. 8.7 Immenga/Mestmäcker-Z/AwmeA\ GWB, § 1, Rdnr. 270; Langen/Bunte-Z?w«te, § 1, Rdnr. 209; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 261. 8.8 Immenga/Mestmäcker-Z/wmer, GWB, § 1, Rdnr. 270. 8.9 BKartA v. 20.2.1960, WuW/E BKartA 145, 149 „Doppelstecker"; BKartA v. 5.6.1961, WuW/E BKartA 370 „Handfeuerlöscher"; BKartA, TB 1976, S. 9, 79; Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 305; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 261. 820 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Z/wwer, GWB, § 1, Rdnr. 305. 821 BKartA v. 20.2.1960, WuW/E BKartA 145, 149 „Doppelstecker"; BKartA v. 5.6.1961, WuW/E BKartA 370 „Handfeuerlöscher". 822 BKartA, TB 1995/96, S. 39. 823 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 f. „ Europapokalheimspiele "; BGH v. 13.1.1998, WuW/E DE-R 115, 121 „Carpartner", KG v. 26.2.1986, WuW/E OLG 3737, 3746 „Selex - Tania "; KG v. 8.11.1995, WuW/E OLG 5565, 5577 f. „Fernsehübertragungsrechte"', KG v. 29.5.1996, WuW/E OLG 5677, 5693 „CP-System ".

II. Allgemeine Ausnahmen vom Kartellverbot

191

BGH führte aus, daß verbraucherpolitisch durchaus erstrebenswerte Ziele nicht mit kartellrechtlich verbotenen Mitteln erreicht werden könnten. 824 Fraglich ist daher, inwieweit eine Rechtsgüterabwägung bei der jetzigen Gesetzeslage vorgenommen werden kann. Schon die Schwierigkeiten der dogmatischen Begründung weisen auf die Zweifel gegenüber ihrer Anwendung hin. 8 2 5 Denn der Gesetzgeber hat sich für das Verbotsprinzip entschieden, das in bestimmten, gesetzlich in den §§ 2 ff. GWB festgelegten Fällen durchbrochen werden kann. 826 Nach richtiger Auffassung ist den Überlegungen zugunsten einer möglichen Rechtsgüterabwägung daher nicht zu folgen. 827 Denn sie stehen im Widerspruch zum Legalisierungssystem der §§ 2 ff. GWB. Es besteht ein umfassendes Kartellverbot nach § 1 GWB. Kartellverstöße werden nur in ganz begrenzten Sachverhalten zugelassen. In diesen Freistellungsvorschriften hat der Gesetzgeber die dem Wettbewerbsprinzip gegenläufigen Interessen formuliert, die hinsichtlich des Kartellverbots zu beachten sind. Dabei können außerökonomische Belange, wobei bereits fraglich ist, wie hier die genaue Abgrenzung zwischen wettbewerblichen und nicht wettbewerblichen Faktoren vorgenommen werden soll, durch die Ministererlaubnis in § 8 GWB berücksichtigt werden. 828 Außerdem hat der Gesetzgeber mit der sechsten Novelle für schwerwiegende Lücken den ergänzenden Freistellungstatbestand des § 7 GWB erlassen. 829 Hinzu kommt, daß sich die Durchführung einer Rechtsgüterabwä-

824 825

BGH v. 13.1.1998, WuW/E DE-R 115, 121 „Carpartner ". Α. A. Hübner, Außerkartellrechtliche Einschränkungen des Kartell Verbotes,

S. 42 ff. 826

Ausfuhrlich zu dieser Diskussion Immenga/Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 306 ff. m. w. N. 827 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 212; Immenga/ Mestmäcker-Zimmer, GWB, § 1, Rdnr. 310; Langen/Bunte-Bunte, § 1, Rdnr. 211 ff.; Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, § 1, Rdnr. 138; Wiedemann -Stockmann, § 7, Rdnr. 85; von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 45; Rittner, Wettbewerbs- und KartR, § 7, Rdnr. 64; K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 187 f.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 74 f.; teilweise a. A. Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 212 f f ; Bechtold, GWB, § 1, Rdnr. 55 ff.; Loewenheim/Belke, § 1, Rdnr. 88; Kloepfer, iZ 1980, 781. 828

Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 211 f f ; Immenga/ Mestmäcker-Z/'mmer, GWB, § 1, Rdnr. 307 f.; von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 45; insoweit übereinstimmend Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 201; Hausmann, BB 1994, 1089, 1094; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 74 f. 829 Langen/Bunte-Ztortte, § 1, Rdnr. 212; Gemeinschaftskommentar-//oo/z, § 1, Rdnr. 141; Emmerich, KartR, S. 55 f.; Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/97, Tz. 94. Nach Frankfurter Kommentar-Huber, § 1 n. F , Tz. 74, hat sich durch die Neufassung des GWB nichts an diesem Thema geändert. Dies überrascht, da Frankfurter Kommentar-Huber/Baums, § 1 a. F , Tz. 212, 215, annehmen, eine Wettbewerbsbeschränkung könne aus Umweltschutzgründen gerechtfertigt werden. Hier ist aber § 7 GWB n. F. durchaus von Bedeutung.

192

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

gung auch verfahrensmäßig im rechtsfreien Raum abspielen würde. 830 Die Durchbrechung des Kartellverbots ist nur in den ausdrücklich formulierten Grenzen zulässig, die tatbestandsmäßig erfaßt und einem bestimmten Verfahren unterstellt sind. 831 Die Tatbestandsmäßigkeit einer Wettbewerbsbeschränkung kann also nicht von einer Interessenabwägung abhängig gemacht werden. Für eine Heranziehung der aus dem US-amerikanischen Recht stammenden Rule of Reason832 oder für eine sonstige Güter- und Interessenabwägung besteht keine Grundlage. 833 Selbst wenn man im Kartellrecht eine Rechtsgüterabwägung zuließe und die Art der Rechtevergabe von Sportveranstaltungen auf den Fortbestand und die Qualität des professionellen Fußballsports Einfluß haben sollte, rechtfertigen diese legitimen kultur- und sozialpolitischen Belange unter dem Gesichtspunkt der Güterabwägung keine Freistellung der zentralen Vermarktung vom Kartellverbot. 834 Denn die Verletzung der Ziele des G W B 8 3 5 kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß mit den auf diese Weise auf Kosten von Marktteilnehmern erzielten höheren Gewinnen sozial erwünschte Verhaltensweisen finanziert werden. 836 In diesem Zusammenhang ist das fehlende eigene Gewinnstreben des DFB ohne Belang. 837 Die Rechtfertigung muß schließlich ausscheiden, wenn das Ziel - wie hier durch die Bildung eines Finanzfonds - auch auf 830

Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 5, Rdnr. 212; ders., BB 1972, 463, 464; Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 309. 831 Hausmann, BB 1994, 1089, 1094. 832 Immenga/Mestmäcker-Z/mmer, GWB, § 1, Rdnr. 195. Ackermann, Art. 85 Abs. 1 EGV und die rule of reason, S. 11-50, weist daraufhin, daß die Rule of Reason auf die wettbewerbliche Würdigung von Absprachen gerichtet ist, nicht auf die Einbeziehung von wirtschafts-, sozial- und allgemeinpolitischen Wertungen. Zur Rule of Reason unten, D. II. 3. d), Ε. I. 1. 833 von Gamm, KartR, § 1, Rdnr. 45; K. Schmidt, Kartellverbot und „sonstige Wettbewerbsbeschränkungen", S. 187; Körber, LM, § 1 GWB, Nr. 49, Bl. 8. 834 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 „ Europapokalheimspiele "; zustimmend Langen/Bunte-Zto/zte, § 1, Rdnr. 213; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 262; Hausmann, BB 1994, 1089, 1094; Körber, LM, § 1 GWB, Nr. 49, Bl. 8; ähnlich Springer, WRP 1998, 477, 484. A. A. Ahrens/Jänisch, in Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 43 f., die allerdings im folgenden nur auf die Immanenztheorie, nicht aber auf die Güterabwägung eingehen. Heermann äußert allerdings Zweifel an dieser Argumentation, weil das Kartellrecht bei sportlichen Wettkämpfen nicht greife {Heermann, WuB V A. § 1 GWB 1.98, 475, 477; ders., SpuRt 1999, 11, 12 f.; anders dagegen ders., ZHR 161 (1997), 665, 680 f.). 835 Schutz des Wettbewerbs als Institution, Schutz der Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer. 836 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 f. „ Europapokalheimspiele ". 837 BGH v. 11.12.1997, WuW/E DE-R 17, 22 f. „Europapokalheimspiele"; Jänisch, GRUR 1998, 438, 439, fügt hierzu als Argument an, wenn selbst die öffentliche Hand weitgehend dem Kartellverbot unterworfen ist (§ 130 Abs. 1 GWB), könne die Gemeinnützigkeit keinen Ausnahmebereich vom Kartellrecht begründen.

III. §31 GWB

193

kartellrechtsneutralem Wege erreichbar ist. 838 Die Aufrechterhaltung einer spannenden und ausgeglichenen Liga oder die Nachwuchsförderung stellen also gegenüber der Wettbewerbsordnung kein höherrangiges Rechtsgut dar. 839 Hausmann stellt dies in Frage. 840 Das gesellschaftliche Interesse an einer von wirtschaftlicher Kraft unabhängigen, allein am sportlichen Wettbewerb orientierten Liga könne den Kartelltatbestand zurückdrängen. Allerdings stellt Hausmann selbst fest, eine solche Argumentation übersehe, daß der Berufssport auch sonst nicht frei von Einflüssen des ökonomischen Wettbewerbs ist (ζ. B. bei der Trikot- und Bandenwerbung, den Eintrittsgeldern usf.). Folglich könne zumindest beim Berufsfußball nicht von einem generell wettbewerbsfreien Raum gesprochen werden. Aber auch ohne diese Feststellung kann es nicht überzeugen, den Schutz des Wettbewerbs, der für eine gesunde Volkswirtschaft und damit für das Wohlergehen der Bevölkerung unerläßlich ist, hinter einem kulturellen Ereignis, auch wenn es bedeutend ist, zurückzustellen. Das spricht gegen ein übergeordnetes Bedürfnis an der wettbewerbswidrigen Aufrechterhaltung der zentralen Vermarktung. Ein außertabestandlicher Rechtfertigungsgrund ist mithin nicht gegeben.

III. § 31 GWB Durch den mit der sechsten GWB-Novelle ins Kartellgesetz aufgenommenen § 31 GWB wurde eine Bereichsausnahme für den Sport geschaffen. Die Ausnahmeklausel ist allerdings nicht umfassend, sondern nimmt lediglich die zentrale Vermarktung von Rechten an der Fernsehübertragung sportlicher Wettbewerbe von der Anwendung des § 1 GWB aus, sofern einige weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Sie erinnert an die amerikanische Ausnahmeregelung des Sports Broadcasting Act. 8 4 1 § 31 GWB stellt eine nationale Besonderheit dar. Die Kartellrechte der EGMitgliedsstaaten und das EG-Kartellrecht selbst kennen keinen entsprechenden Ausnahmebereich. 842 Allerdings wird die zentrale Vergabepraxis auch in anderen EG-Staaten gehandhabt.

838

Hannamann/Vieweg, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 49, 72. 839 Stopper, Ligasport und Kartellrecht, S. 123 f.; Archner, Zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 161 f f Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 75 f. 840 Hausmann, BB 1994, 1089, 1094. 841 Hierzu siehe unten, E. I. 3. 842 Siehe Bericht des Ausschusses fur Wirtschaft (Bericht des Abgeordneten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 63; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien 13 Weihs

194

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

1. Gesetzgebungsgeschichte Im Regierungsentwurf zur sechsten GWB-Novelle vom 7.11.1997 war eine Sonderregel für den Sport noch nicht enthalten.843 Mit der Einfügung von § 31 GWB reagierte der Gesetzgeber auf den Beschluß des BGH vom 11.12.1997. Eine Folge dieser BGH-Entscheidung war die vielfache Forderung nach einer wettbewerbsrechtlichen Ausnahmevorschrift für den Profi-Fußball. 844 An die Spitze dieser Forderungen und der Gesetzesinitiative stellte sich die Landesregierung von Rheinland-Pfalz. A m 19.12.1997, also nur eine Woche nach der BGH-Entscheidung, stimmte der Bundesrat dem Antrag dieses Landes zu, eine Ausnahmeregelung in das Kartellgesetz aufzunehmen. 845 Der Entwurf beschränkte sich nicht auf die Fernsehübertragungsrechte, sondern sah für den Sport eine generelle Ausnahme von §§ 1 und 14 GWB vor. Er war damit wesentlich weiter als die jetzige Fassung. Begründet wurde der Antrag mit der finanziellen Schlechterstellung zahlreicher Teams bei einer individuellen Vergabe der Fernsehrechte durch die einzelnen Clubs, weil damit der bisherige Finanzausgleich unter den Vereinen entfiele. Dabei wurde nicht nur auf die im BGH-Verfahren relevanten Europapokalspiele Bezug genommen. Die Begründung ging von einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Untersagung der gegenwärtigen Vermarktungspraxis auch von Bundesligaspielen aus. Andere Politiker äußerten Zustimmung zu dem Entwurf. 846 Der Vorschlag des Bundesrates wurde schließlich auch von der Bundesregierung befürwortet. 847 Selbst die FDP hat

die Sportwirklichkeit?, S. 83, 84. Allerdings gab es entsprechende Versuche, den bezahlten Sport von den Wettbewerbsregeln auszunehmen, vgl. Pries, Frankfurter Rundschau v. 22.1.1998, Nr. 18, S. 2. Nach Angaben des DFB in der öffentlichen Anhörung zur GWB-Novelle vermarktet Norwegen die Meisterschaftsspiele zentral auf gesetzlicher Grundlage, Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf {Eilers), S. 96. 843 BT Drucks. 13/9720, Anlage 1 (Entwurf des Gesetzes), S. 4 ff. 844 Vgl. ζ. B. Stopper, FAZ v. 18.12.1997, Nr. 268, S. 47. Die Forderung nach einer Bereichsausnahme für den Sport wird übrigens auch und noch immer auf europäischer Ebene laut, vgl. Reding , Die Europäische Gemeinschaft und der Europäische Sport, S. 7; siehe ferner Pons, Fordham Corporate Law Institute 1999, 75, 78. 845 Stellungnahme des Bundesrates, BT Drucks. 13/9720, S. 75 (= BR Drucks. 852/2/97). 846 Vgl. FAZ v. 20.1.1998, Nr. 16, S. 32: „Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag will ... dem Sport einen Ausnahmetatbestand einräumen." General-Anzeiger v. 21.1.1998: „Sowohl einflußreiche Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion als auch der SPD haben sich dafür ausgesprochen, den Sport von den Kartellrechtsbestimmungen zu befreien." Im Wirtschaftsausschuß am 6.5.1998 wurde die Einführung von § 31 GWB allerdings kritisch diskutiert. Letztendlich schien keine Partei mit der Neuregelung einverstanden zu sein, ohne sich ihr jedoch zu widersetzen, siehe Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (Bericht des Abgeordneten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 63. 847 FAZ v. 28.1.1998, Nr. 22, S. 1 ; FAZ v. 29.1.1998, Nr. 23, S. 29; siehe ferner K. Ott, SZ v. 28.1.1998, Nr. 22, S. 48; Franzke, Kicker v. 29.1.1998, Nr. 11, S. 14. Siehe

III. §31 GWB

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sich nicht für die dezentrale Vermarktung eingesetzt, wenn sie auch an der Neuregelung Kritik übte. 848 Da Anlaß der Forderungen nach einem Ausnahmebereich die Rettung des finanziellen Ausgleichssystems innerhalb der Bundesligen war, paßte der Wirtschaftsausschuß die Vorlage entsprechend auf die Vermarktung der Fernsehrechte an und fügte sie dem Entwurf zur Änderung des GWB hinzu. 849 In dieser Form ist die Kartellgesetzesanpassung mit § 31 am 7.5.1998 vom Bundestag verabschiedet worden. Die sechste GWB-Novelle ist am 1.1.1999 in Kraft getreten. Als politische Scheinbegründung für § 31 GWB wurde primär die erforderliche finanzielle Ausstattung der Vereine für den Jugend- und Amateursport bemüßigt - obwohl von den 300 Millionen Mark Einnahmen im Jahr 2000 nur 15 Millionen dem Amateursport zugute kamen. 850 Wenngleich die Aufnahme der Sonderregelung „Sport" von der Politikerseite her so einmütig verfolgt wurde, hat es nicht an deutlicher Kritik gefehlt. In der öffentlichen Anhörung vor dem Bundestag zur sechsten GWB-Novelle äußerten sich mit Ausnahme des DFB alle Sachverständigen der Wirtschaftsverbände und Wissenschaft, die zu diesem Thema Stellung nahmen, negativ über die Einführung eines Ausnahmebereichs Sport und rieten dringend von ihr ab. 851 Bei der öffentlichen Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuß und auch in der Stellungnahme der CDU/CSU-Fraktion im Wirtschaftsausschuß wurde darauf hingewiesen, daß eine deutsche Sonderregelung den Sportverbänden, voran dem DFB, unter Umständen schaden könnte, weil hierdurch die EU-Kommission wieder einmal durch Deutschland zum Eingreifen genötigt werden könnte. 852

andererseits die Versuche des Bundeswirtschaftsministeriums, die Forderung des DFB abzuwehren, FAZ v. 3.2.1998, Nr. 28, S. 15. 848 Graf Lambsdorff kritisierte zwar die Regelung zum Sport, führte jedoch an, man müsse eben auch Kröten schlucken, zitiert nach FAZ v. 8.5.1998, Nr. 106, S. 17. Siehe auch Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (Bericht des Abgeordneten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 63. 849 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses fur Wirtschaft, BT Drucks. 13/10633, S. 3, Anlage 5 (Beschlüsse des Ausschusses für Wirtschaft), S. 72; siehe auch I m m e n g a / M e s t m ä c k e r - G W B , § 31, Rdnr. 1. 850 DFB online, http://www.dfb.de/cgi/bin/getnews.pl?news=4, v. 27.4.2000; siehe ferner FAZ v. 17.7.2002, Nr. 163, S. 31; FAZ v. 12.3.2001, Nr. 60, S. 43; Bericht des Ausschusses ftir Wirtschaft (Bericht des Abgeordnerten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 62; siehe außerdem K. Ott, SZ v. 28.1.1998, Nr. 22, S. 48; ohne speziellen Bezug auf die Fernsehrechte Pons, Solidarity in the business of sport, S. 2. Ein nicht zu vernachlässigender Grund war auch der traditionelle Anspruch des DFB, die alleinige Regie in einem Wettbewerb zu behalten, den er geschaffen hatte. 851 Insofern ist die Beurteilung der Erörterungen als „kontrovers" nicht zutreffend, so aber Langen/Bunte-Bunte, § 31, Rdnr. 8; Frankfurter Kommentar-Hellmann, § 31 n. F., S. 125. 852 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (Bericht des Abgeordnerten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 63. Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen An1

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Wenn auch der DFB anerkannte, daß eine Sonderregelung das europäische Recht unberührt läßt, forderte er dennoch die Neuregelung, um den deutschen Sport in die gleiche Lage zu versetzen, „in der sich die Sportorganisationen in den übrigen Ländern der EG befinden". In der Mehrzahl der Länder würden die Rechte unangefochten zentral vermarktet. 853 Er führte als Beispiele u. a. Dänemark, Italien, Norwegen auf. 854 Wie das Bundeskartellamt in einem Schreiben betonte, sind hinsichtlich dieser Länder die Ausführungen des DFB unzutreffend. 855 Auf Ablehnung stieß der DFB mit seinen Wünschen insbesondere beim Bundeskartellamt. 856 Schließlich fehlte es auch nicht an deutlicher Kritik aus Brüssel. 857 In den Medien wurde die Novelle nach ihrer Verabschiedung als „Sündenfall-Novelle" tituliert. 858 Bechtold sieht in der in letzter Minute des Gesetzgebungsverfahrens eingefügten Ausnahmevorschrift ein für das Gesetzeswerk im übrigen untypisches Versagen der Politik gegenüber massiver Einflußnahme der Sportlobby zur Korrektur der BGH-Rechtsprechung. 859 Daß der Bundestag und der Bundesrat der einstimmigen Expertenmeinung nicht gefolgt sind, lag an besonderen äußeren Umständen. 1998, dem Jahr der Bundestagswahl und der Fußballweltmeisterschaft in Frankreich, war den Politikern daran gelegen, den populären Forderungen des DFB für den ProfiFußball nachzukommen, um so als Retter des Volkssports dazustehen.860 Keine

hörung zum GWB-Entwurf {Graf Lambsdorff), S. 107, wies den DFB daraufhin, daß es taktisch ungeschickt sein könnte, bei sich anbahnenden Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission einen entsprechenden Ausnahmetatbestand aufzunehmen. 853 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (DFB), S. 96, 249. Siehe zu dieser Frage auch BKartA v. 21.4.1998, EG 1-1/95 (unveröffentlicht). 854 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (DFB), S. 249. 855 BKartA v. 21.4.1998, EG 1-1/95 (unveröffentlicht). 856 FAZ v. 9.2.1998, Nr. 33, S. 17; FAZ v. 5.5.1998, Nr. 103, S. 40. 857 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (EG-Kommission), S. 308. 858 FAZv. 7.5.1998, Nr. 105, S. 17. 859 Bechtold, GWB, 2. Aufl., Einf., Rdnr. 16. 860 Siehe die Äußerung von Bundeswirtschaftsminister Rexrodt, FDP, im Zusammenhang mit seiner Kritik an § 31 GWB und mit Blick auf die Bundestagswahl im September 1998: „Es sind schwierige Zeiten, so unmittelbar vor einem großen Ereignis. Das räume ich ein." Zitiert nach FAZ v. 8.5.1998, Nr. 106, S. 17. Nach Einschätzung von Graf Lambsdorff werde die Ausnahmeregelung in der nächsten Anpassung des Kartellgesetzes nicht mehr enthalten sein, zitiert nach FAZ v. 8.5.1998, Nr. 106, S. 39; K. Ott, SZ v. 28.1.1998, Nr. 22, S. 48; Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 2 f.

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Partei wagte vor der Wahl, dem Druck der Fußball-Lobby zu widerstehen. 861 Diese Gegebenheiten zeigen, daß § 31 GWB keine positive, wirtschaftspolitisch begründete Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer zentralen Vermarktung zugrunde liegt, sondern daß die Abgeordneten diesen Teil des freien Wettbewerbs für Wahlkampfzwecke geopfert haben.

2. Der Ausnahmetatbestand des § 31 GWB § 31 GWB, der alle Sportarten erfaßt, 862 nennt vier Ausnahmevoraussetzungen. Die zentrale Vermarktung ist von § 1 GWB freigestellt, wenn es sich um Fernsehrechte satzungsgemäß durchgeführter sportlicher 863 Wettbewerbe handelt und Sportverbände die Vermarktung vornehmen. 864 Außerdem muß der Jugend· und Amateursport angemessen an den Einnahmen aus der gebündelten Rechtevergabe beteiligt werden. § 31 GWB greift ausschließlich bei Fernsehrechten ein und gilt nicht bei Online-Verwertungsrechten. Der Wortlaut der Ausnahmenorm ist insoweit eindeutig. 865 Voraussetzung für die Anwendung von § 31 GWB ist ferner, daß die Verbandssatzung den Wettbewerb in seiner Eigenart kennzeichnet und die aufgestellten Verhaltensregeln für die Verbandsangehörigen unmittelbar verbindlich sind. 866 Der Wettbewerb muß nicht in allen Einzelheiten beschrieben sein. Im Einzelfall ist eine Prüfung notwendig, ob die Satzung des Verbands die Durchführung des vermarkteten Wettbewerbs deckt. Im Fußball betrifft die Frage nach der Reichweite von § 31 GWB insbesondere Spiele auf europäischer Ebene. Um hier von § 31 GWB profitieren zu können, müßte der D F B 8 6 7 bei ihnen satzungsgemäß tätig werden. Europapokalspiele sind jedoch nicht in der DFB-Satzung geregelt. Initiatorin dieser Wettkämpfe ist die UEFA. Allerdings erklärt der DFB in § 3 Abs. 2 der DFB861

FAZv. 8.5.1998, Nr. 106, S. 39. Frankfurter Kommentar-Hellmann, § 31 n. F., S. 126. 863 Mit der Frage, was Sport ist, setzen sich Holzke, Der Begriff Sport, S. 81-158, Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 51 ff., und Langen/BunteBunte, §31, Rdnr. 18, auseinander. 864 Hierzu Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 465. 865 Vgl. Pichler, MMR 1998, 304, 312. 866 Immenga/Mestmäcker-A/es/mäc£er, GWB, § 31, Rdnr. 5; Langen/Bunte-itartte, §31, Rdnr. 19. 867 Der Ligaverband schließt Verträge über Fernsehrechte nur von Spielen der Lizenzligen, vgl. § 17 Abs. 2 lit. d) der Satzung des Ligaverbands. 862

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Satzung die Statuten der UEFA sowie die Reglements für die europäischen Wettspiele zum Bestandteil seiner eigenen Satzung und bindet seine Mitglieder sowie die Vereine und Kapitalgesellschaften seiner Mitglieds verbände. Diese Deklaration könnte zu einer anderen Bewertung führen, und Europapokalspiele könnten satzungsgemäß durchgeführte Wettbewerbe i. S. v. § 31 GWB sein. Dagegen spricht, daß die praktischen Durchführungen, gegebenenfalls erforderliche Änderungen usw. im Verantwortungsbereich der UEFA liegen. Die Eigenart eines Wettbewerbs prägt letztendlich der Verband, der ihn geschaffen hat und ihn wieder ändern kann. Dies wird durch einen Verweis nicht erreicht. Außerdem ist § 31 GWB als Ausnahmetatbestand vom Kartellverbot im Zweifel eng zu interpretieren, um die negativen wirtschaftlichen Einflüsse durch Kartelle zu minimieren. In der Begründung der Gesetzesinitiative des Bundesrates wurde insbesondere auf die drohende und erwartete Untersagung der zentralen Vermarktungspraxis von Bundesligaspielen Bezug genommen. Dies deutet ebenfalls darauf hin, daß die Sonderregelung vor allem die Verteilung der Einnahmen aus den Bundesligaspielen schützen wollte. Im übrigen könnten die Verbände dieses Tatbestandsmerkmal andernfalls leicht umgehen, indem sie in ihren Statuten auf die Satzungen und Regelungen anderer Sportverbände hinweisen und sie so zu einem Teil ihrer Satzung machen. Aus diesen Überlegungen folgt, daß eine Anwendbarkeit von § 31 GWB auf die Übertragungsrechte von Spielen, die nicht in der eigenen Satzung geregelt werden, ausscheidet.868 Allerdings ist diese Frage im Fußball ohne aktuelle Relevanz, da der DFB die TV-Rechte von Europapokalheimspielen seit der Saison 1998/99 nicht mehr zentral vergibt. 869 Die Verbände müssen des weiteren der Förderung des Jugend- und Amateursports verpflichtet sein und diese Förderung auch tatsächlich erfüllen, indem sie einen Teil ihrer Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Rechte an den Jugendund Amateursport weiterleiten. 870 Ausschließlich kommerziell tätige Sportverbände oder nur dem Profisport verpflichtete Ligaorganisationen fallen damit nicht unter den Ausnahmetatbestand.871 Nicht vorgeschrieben ist, in welcher

868 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 33; Langen/BunteBunte, § 31, Rdnr. 19; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 107; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 176 ff.; Schellhaaß, in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 27. 869 Siehe FAZ v. 20.5.1998, Nr. 116, S. 38; § 9 Abs. 2 OVR. 870 Siehe § 31 GWB: „ ... dieser Verpflichtung [ist] durch ... Teilhabe an den Einnahmen ... Rechnung [zu] tragen." Emmerich, KartR, S. 328, Fußn. 8, weist daraufhin, daß „des Jugend- und Amateursports" zu ergänzen ist. 871 Immenga/Mestmäcker-Afe/mäcfer, GWB, § 31, Rdnr. 3; Langen/Bunte-Bunte, § 3 1 , Rdnr. 22; Bechtold, GWB, § 31, Rdnr. 4; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 107; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 465.

III. §31 GWB

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Höhe der Breitensport an den Einnahmen partizipiert. Es steht weitgehend im Ermessen der Verbände, wieviel Geld sie dafür bereitstellen. 872 Der Anteil muß aber angemessen sein. Nach dem derzeitigen Verteilungsschlüssel der Einnahmen für Bundesligarechte ist der Breitensport direkt nicht daran beteiligt. 873 An anderer Stelle wird von einer Beteiligung in Höhe von 1 % gesprochen. 874 Demnach fiele die Vergabe der Fernsehübertragungsrechte durch den DFB bzw. jetzt durch den Ligaverband nicht unter den Ausnahmetatbestand.875 Allerdings hat der Ligaverband in § 17 OVR bestimmt, daß er über einen angemessenen Anteil zum Zwecke der Förderung des Jugend- und Amateursports befindet. Es ist fraglich, ob die Gelder direkt von den Fernseheinnahmen zur Nachwuchsforderung weitergeleitet werden müssen oder ob es genügt, wenn dem Nachwuchsund Amateursport überhaupt Mittel überlassen werden, ohne daß die Herkunft der Gelder eindeutig ist. Hier wird man dem Verband einen Handlungsspielraum zugestehen müssen. Erforderlich ist demnach, daß der Sportverband, gemessen an den Einnahmen aus der Zentralvermarktung, eine hinreichend große Summe zur Erfüllung seiner sozialen Verantwortung weiterleitet. 876 Sofern das Verhältnis beider Beträge angemessen ist und also die Nachwuchsförderung durch die zentrale Vermarktung profitiert - sei es direkt oder indirekt - , ist diese Voraussetzung erfüllt. Denn dem Gesetzgeber ging es um die Beachtung des Solidaritätsgedankens durch die Verbände. Nur mit praktizierter Solidarität sei es letztendlich zu rechtfertigen, wenn die zentrale Rechtevergabe von § 1 GWB ausgenommen werde. 877 Dieser Gedanke ist in § 16b Abs. 1 Nr. 4 und 9 der DFB-Satzung formuliert sowie in § 6 Abs. 3 lit. a) und d) der Satzung des Ligaverbands enthalten. Die Frage, wer Inhaber der Fernsehrechte ist oder wann ein Verstoß gegen § 1 GWB vorliegt, der durch § 31 GWB vom Kartellverbot ausgenommen wird, 872 Immenga/Mestmäcker-A/es/wäcfer, GWB, § 31, Rdnr. 3; Langen/Bunte-Ztowte, §31, Rdnr. 24. 873 Nach dpa dagegen erhält der Amateurbereich 10,5 Mio. Mark aus den Fernsehverträgen, siehe FAZ v. 8.5.1998, Nr. 106, S. 39. Der DFB selbst spricht von direkten und indirekten Zuwendungen aus dem Lizenzfußball in Höhe von 150 Mio. Mark, ohne die Herkunft dieser Gelder darzulegen, Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 245. Inwieweit dafür die Einnahmen des DFB aus den Fernsehverträgen verwendet werden, kann daher nicht gesagt werden. Außerdem erscheint diese Summe als unrealistisch hoch. In anderen Berichten wird der Nachwuchsetat des DFB mit 14 Mio. beziffert, FAZ v. 7.3.2001, Nr. 56, S. 47. 874 Vgl. Langen/Bunte-tfwwte, §31, Rdnr. 28. 875 Ebenso Langen/Bunte-Ztowte, § 31, Rdnr. 28. Die Subsumtion von Schellhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 48, überrascht, nach der die Einnahmenverteilung an die ersten beiden Bundesligen, beides Profiligen, ausreiche. Denn hierbei geht es unbestritten gerade nicht um Nachwuchsförderung. 876 Ebenso Gemeinschaftskommentar-//oofó, §31, Rdnr. 13. 877 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT Drucks. 13/10633, S. 3.

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beantwortet die Neuregelung nicht. 878 Nach Ansicht der Literatur setzt die Vorschrift allerdings voraus, daß die Inhaberschaft an den Rechten auf den Verband, meist durch Beschluß, 879 zentralisiert wurde. 880 Im Fall der originären Inhaberschaft des Verbands sei sie nicht anwendbar. 881 Denn erst in der Bündelung auf den Verband liege die Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des § 1 GWB. Wie jedoch bereits gezeigt, haftet die Lehre damit zu sehr an Begrifflichkeiten, ohne zu berücksichtigen, ob die zentrale Vermarktung überhaupt erforderlich ist. Dies ist jedoch die primäre Frage. Nach Ansicht von Mestmäcker schließt die Freistellung von § 1 GWB Regelungen ein, die für die Organisation des Wettbewerbs notwendig sind und die häufig die Handlungsfreiheit der Teilnehmer beschränken, da die Besonderheit sportlicher, durch Verbände ins Leben gerufener Wettbewerbe sei, daß sie organisiert werden müssen.882 Hierbei läßt Mestmäcker jedoch außer acht, daß die Organisationsregeln des Wettbewerbs nicht gegen das Kartellverbot verstoßen, da ohne sie der konkrete Wettbewerb nicht stattfinden kann. Bereits an anderen Stellen wurde auf die Trennung der Organisationsebene und der Vermarktungsebene hingewiesen. Diese Differenzierung ist auch hier zu beachten. § 31 GWB braucht es daher für die Zulässigkeit solcher Regeln nicht. Rechtsfolge der Sonderregelung für den Sport ist die Unanwendbarkeit des Kartellverbots. Das Kartellgesetz sieht kein Anmelde- oder Widerspruchsverfahren vor. Dies wird von Kritikern als Systembruch gewertet. 883 In anderen Freistellungsfällen fordere der Gesetzgeber eine Administrativfreistellung. 884 Während allerdings bei der Administrativfreistellung das behördliche Verfahren den Gefahren von Kartellen begegnen soll und Bewertungen erfordert, läßt § 31 878

Immenga/Mestmäcker-A/es/mÄcÄer, GWB, § 31, Rdnr. 4; Langen/B unte-Z?w«te, §31, Rdnr. 2. 879 Vgl. Frankfurter Kommentar-Hellmann, § 31 n. F., S. 126; Bechtold, GWB, §31, Rdnr. 3; siehe auch Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 237 ff. 880 Immenga/Mestmäcker-Afe/mÄc£er, GWB, §31, Rdnr. 4. 881 Langen/Bunte-Z?w«/e, § 31, Rdnr. 13; Immenga/Mestmäcker-Afe/mäcfor, GWB, §31, Rdnr. 4. 882 Immenga/Mestmäcker-M&tfmäcfer, GWB, §31, Rdnr. 5. 883 Siehe zur deutschen Rechtstradition in anderem Zusammenhang Regierungsbegründung des Gesetzesentwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 34. 884 Langen/Bunte-#MH/e, § 31, Rdnr. 29; Klodt, Die Weltwirtschaft 1998, 108, 113, erwartete eine Kontrolle für einen vom Kartellrecht freigestellten Profifußball ähnlich wie für die Banken durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (dessen Aufgaben seit Mai 2002 von der neuen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wahrgenommen werden, vgl. http://www.bafin.de/bafin.htm , v. 13.6.2002, S. 2) - etwa ein „Bundesaufsichtsamt für das Fußball wesen". Das ist jedoch nicht in Betracht gezogen worden; Heermann, RabelsZ 67 (2003), 106, 128. Siehe aber Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, § 6, Rdnr. 251 f f , der auf eine Zulassungsform ohne Meldepflicht hinweist.

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GWB keinen Raum für derartige Überlegungen. Diese Norm greift nicht in Fällen wirtschaftlicher Rationalisierung, sondern gestattet bewußt die Bildung von Hard-Core-Kartellen ohne jeglichen Preis- und Qualitätswettbewerb 885 mit allen typischen wirtschaftlichen Folgen. Gegen diese Kartelle kann nur vorgegangen werden, wenn die Voraussetzungen des § 31 GWB nicht erfüllt sind. In diesem Fall können sie Gegenstand eines Untersagungs- (nach § 32 GWB) oder Bußgeldverfahrens (nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB) werden. Außerdem kommen zivilrechtliche Ansprüche nach § 33 GWB in Betracht. 886 Die Art und Weise, in der die Rechte zu vermarkten sind, ist nicht vorgegeben. Die Vergabe der Rechte durch eine Hand, nämlich die des Verbands, ist gestattet. Das umschließt die Wahl des Verbreitungswegs (Werbe- oder Bezahlfernsehen), die losgelöste Verwertung einzelner Veranstaltungen, die Vergabe von Exklusivrechten oder die zeitversetzte Berichterstattung. 887 Die Freistellung von § 1 GWB gilt unabhängig davon, mit welchen rechtlichen Mitteln diese Möglichkeiten umgesetzt werden. Eine gesonderte Mißbrauchsaufsicht nach dem Vorbild von § 12 GWB für freigestellte Kartelle ist im Gesetz nicht vorgesehen. Nicht ausgeschlossen ist jedoch die Anwendung des MißbrauchsVerbots für marktbeherrschende Unternehmen nach § 19 Abs. 2 GWB, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen. 888

3. Kritik am Ausnahmetatbestand Ausnahmebereiche im Kartellrecht sind grundsätzlich ein Fremdkörper in einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung, deren zentrales Element Wettbewerb ist. Folglich müssen Sonderregelungen ökonomisch sehr gut begründet werden. 889 Es fragt sich, ob § 31 GWB inhaltlich überzeugt oder

885 Siehe Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 74; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 88; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzel Vermarktung, S. 3; ferner Langen/B unie-Baron, Einf. z. EG-KartR, Rdnr. 188. 886

Langen/Bunte-Z?w«te, §31, Rdnr. 29; Bechtold, GWB, §31, Rdnr. 5. Immenga/Mestmäcker-Mes/mäcÄ:er, GWB, § 31, Rdnr. 7; Langen/Bunte-Z?w«te, §31, Rdnr. 15. 888 Immenga/Mestmäcker-Mestmäcker, GWB, § 31, Rdnr. 2; Langen/Bunte-2to«te, §31, Rdnr. 31 ; Bechtold, GWB, §31, Rdnr. 5. 889 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf {Kruse), S. 252. Anders als nach Ansicht von Schellhaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 45, muß bei Ausnahmetatbeständen die Verbesserung der Marktergebnisse nicht konkret nachgewiesen werden; vielmehr hängt ihre Existenz von den politischen Entscheidungen des Gesetzgebers ab, der sich nicht primär nach einer solchen Verbesserung richtet, vgl. Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 6, Rdnr. 74 ff. Pau887

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nicht bei der nächsten GWB-Novelle wieder beseitigt werden sollte, wie es auch Graf Lambsdorff (FDP) bei der Abstimmung zum Änderungsgesetz prophezeit hat. 890 Wo liegen die Kritikpunkte der Sachverständigen?

a) Widerspruch

mit den Zielen der sechsten GWB-Novelle

Die Aufnahme des Sportparagraphen wird als wettbewerbspolitisch keineswegs vertretbar angesehen.891 § 31 GWB läuft dem erklärten Ziel der GWBÄnderung, 892 das Wettbewerbsprinzip zu stärken und bestehende Privilegien einzelner Wirtschaftsbereiche zu beseitigen, diametral entgegen. Ordnungspolitisch überrascht es, die bei den traditionellen Ausnahmebereichen erzielten Liberalisierungserfolge 893 durch die Schaffung eines neuen Sonderbereichs „Sport" zu konterkarieren. 894 Der Wirtschaftssektor Sport hat eine große Bedeutung, die in Zukunft weiter wachsen wird. Von den nun abgebauten Ausnahmebereichen wäre er lediglich von den Sonderregelungen für leitungsgebundene Energie übertroffen worden. 895 In Anbetracht dieser herausragenden wirtschaftlichen Rolle und der fortschreitenden Kommerzialisierung des Profisports ist der Schutz des Wettbewerbs in diesem Bereich ein dringliches Anliegen geworden. 896 Außerdem ist es nicht Aufgabe des Staates, für eine spannende Sportliga zu sorgen. Hierfür müssen die Ligen innerhalb der gegebenen Wettbewerbsord-

schal kann eine solche Verbesserung daher nicht zugunsten von § 31 GWB ins Feld gefuhrt werden. Auch ist es inkorrekt, daß § 31 GWB erlassen wurde, da es unter diesem Kartell nicht zu Marktmachteffekten kommt. Dies war nicht Gegenstand der Diskussion und wurde nicht als relevanter Punkt erachtet, siehe oben zur Geschichte des § 31 GWB. 890 Vgl. FAZ v. 8.5.1998, Nr. 106, S. 39. 891 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Kruse), S. 253; Kruse, FAZ v. 7.4.1998, Nr. 82, S. 39, spricht in diesem Zusammenhang von einem Schildbürgerstreich; Kantzenbach, ebd., S. 250; BKartA, TB 1997/98, S. 42. 892 Siehe Regierungsentwurf und Begründung des Entwurfs, BT Drucks. 13/9720, S. 1, 30, und Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT Drucks. 13/10633, S. 1. 893 So im Bereich der Energie, der Telekommunikation und der Post. 894 Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101; Klodt, Die Weltwirtschaft 1998, 108, 113; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Möschel), S. 31, 133; ders., ebd. (Mailänder), S. 279; ders., ebd. (/. Schmidt), S. 144; ders., ebd. (Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer), S. 153; ders., ebd. (Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels), S. 276. 895 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 34. 896 Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101.

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nung selbst Vorkehrungen treffen. 897 Die ökonomischen Besonderheiten des Sportsektors können kein Abweichen vom Wettbewerbsprinzip begründen. 898 Es handelt sich erneut um eine Besonderheitenlehre für eine Branche, die zu begründen versucht, daß der Wettbewerb in diesem Sektor nicht funktionieren kann - ein dem Wettbewerbsfachmann wohlbekannter Denkfehler. 899 Beim Berufssport handelt es sich um eine Unterhaltungsindustrie, die den normalen Markt- und Wettbewerbsmechanismen unterworfen sein sollte. 900 Die Legitimierung des Kartells mit dem Hinweis auf die geplante gemeinnützige Verwendung der Kartellrendite für Jugendarbeit usw. ist systemfremd. 901 Ferner ist es widersprüchlich, wenn sich einerseits die Vereine in Kapitalgesellschaften umwandeln und in diesem Sektor allein bei den Spielergehältern Millionen fließen und andererseits das Aufbringen der Finanzmittel durch zugelassene Kartellabsprachen gewährleistet wird. 9 0 2 Hätte sich im Einzelfall herausgestellt, daß eine Wettbewerbsbeschränkung bestimmte Vorteile mit sich bringt, wäre mit § 7 Abs. 1 GWB ein weitgefaßter Freistellungstatbestand vorhanden gewesen.903 Aufgrund der konkreten Umstände im Fußballsport ist eine solche Freistellung der zentralen Rechtevergabe aber nicht möglich. 904 Als letztes Mittel ist eine Freistellung durch den Bundeswirtschaftsminister gem. § 8 GWB denkbar. 905 Auch das ursprünglich angestrebte Ziel der sechsten GWB-Novelle, die Harmonisierung des deutschen mit dem europäischen Kartellrecht, ist mit der Einfügung von § 31 GWB nicht erreicht worden. 906 Denn nach europäischem

897 Im übrigen müßten neben den Einnahmen aus den Fernsehrechten auch die übrigen Einnahmen einbezogen werden, um die gewünschte Umverteilung zu erreichen, siehe oben, C. I. 4. b) cc) (1); Settel, WuW 1999, 694, 702. 898 Vgl. Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf {Möschel), S. 105 f.; ders., ebd. {Kruse), S. 253; ders., ebd. {Mailänder), S. 280; ders., ebd. (/. Schmidt), S. 144; ders., ebd. {H. Köhler), S.177. 899 C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17. 900 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf {Kruse), S. 253. 901 Wolf, Schaffung eines Ausnahmebereichs „Sport" im Kartellgesetz?; Immenga/ Mestmäcker-Mestmäcker, GWB, §31, Rdnr. 2. 902 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf {Mailänder), S. 278; ders., ebd. (Deutscher Industrie- und Handelstag), S. 292; Reding, Die Europäische Gemeinschaft und der Europäische Sport, S. 7; Springer WRP 1998, 477, 486; Zuck, NJW 1998, 2190, 2191. 903 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (C. Chr. von Weizsäcker), S. 103; Jänisch, GRUR 1998, 438, 444; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 265 f. 904 Siehe oben, C. II. 3. 905 Jänisch, GRUR 1998, 438, 444.

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Recht ist eine zentrale Vermarktungspraxis gem. Art. 81 E G V nicht zulässig. 9 0 7 Bei wichtigen Sportarten (insbesondere bei Fußball oder Formel 1), i n denen eine Wettbewerbsbeschränkung besonders erhebliche Folgen hat, hat der Markt die Grenzen z u m Ausland längst überschritten. Die Ausnahmeregelung des § 31 G W B kann nur eingreifen, wenn die Vermarktung einen geschlossenen deutschen Markt betrifft. 9 0 8 Die neue Regelung schafft mithin keine Abhilfe und bringt daher keine umfassende Rechtsklarheit. 9 0 9 Die EG-Kommission hatte diese Bedenken bereits i m Vorfeld der sechsten Kartellnovelle deutlich gemacht und auf die EG-Rechtswidrigkeit hingewiesen. 9 1 0 Verwunderung rief insbesondere hervor, daß Deutschland bei den Verhandlungen der Regierungskonferenz z u m Amsterdamer Vertrag zugestimmt hat, den Sport nicht aus den Regeln des EG-Vertrags herauszunehmen. 911 Allerdings ist mittlerweile nicht eindeutig, ob die Kommission die zentrale Vermarktung nicht unter dem Aspekt der Nachwuchsförderung nach Art. 81 Abs. 3 E G V genehmigen w i l l . 9 1 2 Die Entscheidung hierüber ist 2003 zu erwarten.

906

Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 92, 101; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Mailänder), S. 279; ders., ebd. (Bundesverband der Deutschen Industrie), S. 231; ähnlich BKartA, TB 1997/98, S. 42. 907 Siehe unten, D. II. 908 Dies übersieht Partikel, Formularbuch ftir Sportverträge, S. 250. Der Anwendungsvorrang des EG-Rechts wird in diesem Zusammenhang dargelegt werden, D. V. 909 Ausschuß fur Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Möschel), S. 133; Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 33; Ahrens/Jänisch, in: Vieweg (Hrsg.), Vermarktungsrechte im Sport, S. 9, 52; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 183 f.; Trommer, Die Transferregelungen im Profisport, S. 238; Wertenbruch, FAZ v. 5.2.1998, Nr. 30, S. 39; Wolf, Schaffung eines Ausnahmebereichs „Sport" im Kartellgesetz?; Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/97, Tz. 500; Gemeinschaftskommentar-Z/oo/z, §31, Rdnr. 16. Insoweit verwundert die Aussage des Sportausschusses, daß Rechtssicherheit, die § 31 gewährt, auch im Hinblick auf das EG-Recht hergestellt werden müsse, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (Bericht des Abgeordnerten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 61. 910 Siehe FAZ v. 22.1.1998, Nr. 18, S. 15; Pries, Frankfurter Rundschau v. 22.1.1998, Nr. 18, S. 2; FAZ v. 1.4.1998, Nr. 71, S. 39; FAZ v. 5.5.1998, Nr. 103, S. 40; Ausschuß ftir Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (EG-Kommission), S. 309. 911 Pries, Frankfurter Rundschau v. 22.1.1998, Nr. 18, S. 2; Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzel Vermarktung, S. 2. 9,2 Stabenow, FAZ v. 14.7.1998, Nr. 160, S. 35; FAZ v. 2.12.1999, Nr. 281, S. 44; Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzel Vermarktung, S. 3 f. Auch Heermann, ZHR 161 (1997), 665, 679, und Körber, LM, § 1 GWB, Nr. 49, Bl. 7, halten es für möglich, daß sich die EG-Kommission von wirtschafts- oder sportpolitischen Erwägungen zu einer positiven Freistellungsentscheidung verleiten läßt. In diese Richtung weist auch der Kompromiß zwischen UEFA und der EG-Kommission vom Juni 2002 ftir die Champions-League-Rechte, vgl. rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/ guesten.ksh, Aktenzeichen IP/02/806. Siehe allerdings FAZ v. 6.3.2003, Nr. 55, S. 11.

III. §31 GWB

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§ 31 GWB ist also in jeder Hinsicht ein Fremdkörper im Kartellgesetz. Nach Ansicht von Möschel ging durch die Einführung dieser Norm die gesamte innere Glaubwürdigkeit der GWB-Novelle verloren. 913

b) Schaffung eines Präzedenzfalls Die Schaffung eines Ausnahmetatbestands für den Sport fordert Begehrlichkeiten anderer Interessengruppen, wie der Antrag auf einen Ausnahmebereich „Lotto" 9 1 4 zeigt. 915 Sie stellt einen bedenklichen Präzedenzfall dar, aus dem andere folgern können, daß es nach wie vor möglich ist, zu eigenen Gunsten Sonderregelungen durchzusetzen, sofern ein günstiger Moment abgepaßt wird, um auf Politiker Druck auszuüben.

c) Tendenz zur Verknappung und Verteuerung der Rechte Bei der öffentlichen Anhörung zur sechsten GWB-Novelle wurden die Wirkungen einer Monopolisierung des Angebots an Sportübertragungsrechten analysiert. Zum bestehenden faktischen Monopol tritt durch § 31 GWB ein institutionell abgesichertes. 916 Die Angebotskontrolle gehört zur erklärten Vermarktungspolitik des Verbands. 917 Das Aufbrechen des Vermarktungskartells hätte der Tendenz zur Verknappung und Verteuerung der Übertragungsrechte entgegengewirkt. 918 Die Vielfalt der Übertragungen ζ. B. hinsichtlich Exklusivität, Zeitpunkt, Dauer oder Häufigkeit der Ausstrahlung wäre gefordert worden. Derzeit werden zwar sämtliche Spiele der ersten Bundesliga im Fernsehen gezeigt. Die Übertragung erfolgt allerdings durchgehend im Pay-TV bzw. im Pay-per-View-TV beim Premiere-Sender. Damit wird einer Vielzahl von

913 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Möschel), S. 31. 914 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT Drucks. 13/10633, Anlage 3 (Änderungsantrag der Abgeordneten Schwanhold, Kaspereit, Berger, Bury, Fuchs, Hempelmann, Hiksch, Hoffmann, Jens, Jung, Mosdorf Müller, Meißner, Rappe, Skarpelis-Sperk, Sperling und Weiermann), S. 66. 915 Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101, 500; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Bundesverband der Deutschen Industrie), S. 231. 9,6 Kruse, in: Multimedia: Kommunikation ohne Grenzen - grenzenloser Wettbewerb, X X X I . FIW-Symposion, S. 19, 25. 917 Vgl. Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 4. 918 Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101, 498 ff.; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf {Kruse), S. 254; Lan gen/B unte-Z?w/i/e, § 31, Rdnr. 12.

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Interessierten die Möglichkeit genommen, ein Spiel zu verfolgen, und wegen des Paketverkaufs einer Vielzahl von Sendern die Möglichkeit, Spiele zu übertragen. 919 Ein solch einseitiger Vertriebsweg wäre im Fall der dezentralen Rechtsvergabe nicht möglich. Zwar werden auch bei individueller Vermarktung die einzelnen Clubs versuchen, ihre Rechte zu möglichst günstigen Konditionen zu veräußern, dies aber, ohne dabei mit erdrückender Marktmacht den Sendern gegenüber auftreten zu können. Ihnen ist es nicht möglich, Angebote in großem Umfang zu bündeln und den Fernsehveranstaltern anzudienen.920 Hier würden Übertragungen im Pay-TV mit Spielen, die im Free-TV ausgestrahlt werden, um Zuschauer konkurrieren. 921 Im übrigen kann der DFB bei gebündelter Rechte vergäbe jederzeit beschließen, nach Ablauf der derzeitigen Fernsehverträge erneut nur eine Auswahl an Spielen zu übertragen, so wenn der Verband den Eindruck hat, durch die Übertragung aller Spiele sinke die Zuschauerzahl in den Stadien. Auch ein Blick in die USA zeigt die negativen Auswirkungen einer Ausnahme für Sportübertragungsrechte. Darauf wird an späterer Stelle vertieft eingegangen.922

d) Auswirkungen auf die Wirtschaftswerbung Bei einer individuellen Veräußerung der Fernsehrechte müßten die einzelnen Rechteinhaber grundsätzlich mit geringeren Einnahmen rechnen. Da sich das fußballinteressierte Publikum auf verschiedene Spiele aufteilt, sinkt die Zuschauerzahl für die einzelne Übertragung und mit der Zuschauerzahl auch die Reichweite der Werbespots. Die Wirtschaftswerbung wird nicht mehr bereit sein, die derzeit hohen Preise zu zahlen. 923 Die Kosten für die Werbung sinken auch deshalb, weil den Nachfragern von Werbezeit mit mehreren Anbietern Ausweichmöglichkeiten eröffnet werden und verschiedene Anbieter um die Werbesendungen im Wettbewerb stehen. Die Ereignisse nach dem starken Rückgang der Einschaltquoten der Fußballsendung „ran" zu Beginn der Saison 919 Wolf in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 102, 106, weist außerdem darauf hin, daß die bloße Möglichkeit zur Angebotsverknappung ausreicht, auch wenn sie in bestimmten Zeiträumen nicht so intensiv ist wie in anderen. 920 Schreiben vom BMWi v. 21.4.1998, Anlage, S. 1. 921 Derartige Unterschiede werden von Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 47, nicht erfaßt, da sie sich nur auf die Anzahl der übertragenen Spiele beschränken. Dabei lassen sie neben dem Vertriebsweg auch die Qualität der Fernsehübertragung, wie Ausstrahlung zu zuschauerunfreundlichen Zeiten oder erst am Tag nach dem Spiel, außer acht, vgl. Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 91 f. 922 Siehe auch Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 94, 96. 923 Zum Zusammenhang von Einschaltquote, Zahlungsbereitschaft der Werbetreibenden und Erlösen siehe Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11, 12 f.

III. §31 GWB

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2001/02 zeigen, daß die Werbewirtschaft bei sinkenden Quoten nur zu niedrigeren Zahlungen an die TV-Sender bereit ist. 924 Die Entwicklung der Gesamtausgaben für Werbezeit läßt sich nicht vorhersagen. Bei zentraler Vermarktung wird außerdem der Wettbewerb zwischen den Veranstaltern, den Clubs, um Sponsoren und Werbepartner verfälscht. Bei funktionierendem Wettbewerb hängt der Werbewert einer Veranstaltung im wesentlichen von der Fernsehpräsenz ab. Die Veranstalterseite hat bei zentraler Vermarktung jedoch keine wirkliche Einflußmöglichkeit auf ihre Präsenz im TV. Durch die Vermarktung im Paket wird der Werbewert indirekt und nicht zwischen den eigentlichen Vertragspartnern bestimmt. 925

e) Auswirkungen auf die Zuschauer Aus Sicht der Fernsehzuschauer ist gegen den neuen Ausnahmetatbestand einzuwenden, daß er zu einer Entmündigung des fußballinteressierten Publikums führt. Die beim Kauf erfolgreichen TV-Anbieter, die Programmpakete zur optimalen Verwertung im Pay-TV oder an ausgewählten Sendeplätzen mit entsprechend konzentrierten Werbeblöcken anbieten, entscheiden letztendlich allein über die Vielfalt des Fernsehangebots an Fußballsendungen ohne Zugriffsmöglichkeiten für andere Sender. Eine Berichterstattung über lokale und regionale Sportereignisse wird damit verhindert. 926 Zuschauer sind gezwungen, Decoder zu erwerben und sich der Angebotsmacht der jeweiligen Sender zu beugen. Folge der Monopolisierung des Angebots an Sportübertragungen im Fernsehen ist mithin die Einschränkung der freien Auswahlmöglichkeiten der Rezipienten.927 Das Sendegeschehen kann so gesteuert werden, daß die gesamte Fußballnation zu einer bestimmten Uhrzeit mangels Alternative nur ein bestimmtes Fußballangebot im Fernsehen verfolgen kann. 928 Mit der dezentralen Rechtevergabe verbessert sich dagegen die Situation für den Fernsehzuschauer. Es ist allerdings davon auszugehen, daß bei dezentraler Rechtevergabe die zeitgleiche Ausstrahlung von Spielen nicht ausgeschlossen werden kann. 929 924

FAZ v. 4.8.2001, Nr. 179, S. 11. Deselaers, WuW 1998, 946, 952. 926 Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 4; zu den Einschaltquoten siehe Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83,91. 927 Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 90 f f , mit ausführlichen Beispielen; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände), S. 254; ders., ebd. (Kantzenbach), S. 250; ders., ebd. (//. Köhler), S. 177. 928 Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzel Vermarktung, S. 5. 929 So Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 259. 925

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Zwar würden die TV-Anbieter sicherlich versuchen, parallele Übertragungen zu vermeiden. Letztendlich wird es aber davon abhängen, wieviel Geld die Sender in die Fußballrechte investieren wollen. Bei Liveübertragungsrechten, die erwartungsgemäß für verschiedene Spiele nicht nur von einem Fernsehveranstalter erworben werden, sind zeitliche Überlappungen nicht zu umgehen. Dennoch kann hier nicht von einem „Bärendienst für den Zuschauer" gesprochen werden, da sich die Auswahlmöglichkeit auch bei Parallelausstrahlung erheblich verbessert. Schließlich ist zu erwarten, daß beim Fernsehpublikum - wenn auch indirekt - Kostenvorteile entstehen. Denn mit ungeteiltem Publikum lassen sich höhere Rechtepreise erzielen als unter Wettbewerb. Diese Kosten werden letztlich auf dem Weg über die Rundfunkgebühren, Fernsehentgelte oder Werbung von den Konsumenten getragen. 930 Nach den Regeln des Wettbewerbs müßte daher bei niedrigeren Einkaufspreisen auch eine Kostenersparnis bei den Endabnehmern eintreten. Insgesamt läßt das Aufbrechen des Angebotskartells daher eine zuschauergerechtere Ausgestaltung der Übertragungsrechte erwarten.

f) Gegenläufige Interessen von Aktionären Hingewiesen wurde bereits auf die Tatsache, daß manche Fußballvereine ihre Profiabteilungen in Kapitalgesellschaften umgewandelt haben und andere Clubs sich mit diesem Gedanken tragen. Es ist zu bedenken, daß bei diesen Clubs die Interessen und das Verhalten der Kapitalgeber, der Aktionäre, zu berücksichtigen sind. Aktionäre wollen eine gute Rendite für ihr eingesetztes Kapital erzielen, und insbesondere bei sportlich erfolgreichen Clubs kann das Interesse der 930

Denn auch wenn im Free-TV keine unmittelbare finanzielle Austauschbeziehung zwischen Sender und Zuschauer besteht, bezahlen die Konsumenten das Programm indirekt in Form von Opportunitätskosten durch den Konsum von Werbung und durch höhere Produktpreise, Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 95; Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/97, Tz. 501; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 5; Seitel, WuW 1999, 694, 697. Α. A. Bothor, SpuRt 2000, 181, 184, nach dessen Meinung die TV-Sender die Preise für die Werbezeiten nicht in Abhängigkeit von den Programmbeschaffungskosten, sondern nach Höhe der voraussichtlichen Zuschauerquote kalkulierten. Dabei übersieht er aber, daß schon die Höhe der Ausgaben für Rechte an die Quotenträchtigkeit des geplanten Programms gekoppelt ist. Je mehr die Sender bereit waren zu zahlen, um so mehr sind sie versucht, diese Kosten wenigstens teilweise über den Verkauf von Werbezeiten wieder auszugleichen. Inwiefern ihnen das gelingt, kann dahin gestellt sein. Jedenfalls werden sie deutlich hartnäckiger als bei kostengünstigen Programmen verhandeln. Die werbenden Unternehmen geben unabhängig davon, wie diese Preise zustande kommen, ihre Werbungskosten in der Regel an den Endverbraucher weiter. Im Gegensatz zum freien Fernsehen zahlen beim Pay-TV die Zuschauer direkt, nicht über die geworbenen Produkte für die hohen Rechtspreise, van Westerloo, Media Perspektiven 1996, 514, 518 f.

III. §31 GWB

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Aktionäre einer Zentralvermarktung entgegenlaufen, wenn durch dezentrale Rechtevergabe höhere Einnahmen erzielt werden können. Die Clubs können gegen die Stimmen der Aktionärsmehrheit nicht auf das Recht der individuellen Vermarktung verzichten. Außerdem wird vorgetragen, eine solche Gesellschaft ohne Fernsehrechte sei für Zeichner unattraktiv, weil die Gewinnerzielungsmöglichkeiten begrenzt und die Ertragsaussichten der Aktionäre geschmälert seien. 931 Wenn die Gesellschaft dagegen für ihre wirtschaftlichen Belange selbst zuständig sei und die Fernsehrechte als großer Aktivposten in der Bilanz erschienen, entstünden eine größere Transparenz und eine höhere Bewertung, die für ein erfolgreiches Agieren auf dem Aktienmarkt nötig seien. 932 Solche Bedenken gegen § 31 GWB dürften aber rein akademischer Natur sein. Da die Bundesligagesellschaften die Aktienmehrheit an den Profiabteilungen selber halten müssen, können sie nicht gegen ihre Interessen überstimmt werden. 933

g) Medienpolitsche Folgen Von allen Auswirkungen dürften medienpolitische Folgewirkungen der Zentralvermarktung am bedeutsamsten sein. Die Ausnahme der zentralen Vermarktung von Sportübertragungsrechten vom Kartellverbot kann konzentrative Tendenzen auf den Märkten des Rundfunksektors begünstigen.934 Die Wettbewerbsverhältnisse auf den deutschen Rundfunkmärkten sind extrem gestört, der Sektor ist hochkonzentriert. Auf der Angebotsseite findet sich derzeit ein enges Oligopol dreier Anbieter, das öffentlich-rechtliche System, die Gruppe Bertelsmann und die Gruppe Kirch bzw. ihre Folgeunternehmen. 935 Die Übernahme 931

Franck/ Müller, Die Bank 2000, 152, 154. C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17; Langen/Bunte-ßw«te. §31, Rdnr. 6. Siehe ferner Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9. 933 Vgl. auch Franck/ Müller, Die Bank 2000, 152, 153; ferner ran online, http:// www.ran.de/pub/fussball/news/990423048-main.htm , v. 23.4.1999, über einen DFBBeschluß, mit dem der Einfluß sportfremder Gelder zurückgedrängt werden soll. Dieser Beschluß akzeptiert Firmenvertreter ζ. B. von Vermarktungsagenturen nur noch bei einem Club im Vorstand oder Aufsichtsrat. 932

934

Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 101, 501; C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf {Möschel), S. 134 f.; ders., ebd. {H. Köhler), S. 177; ders., ebd. (Wolj), S. 102; BKartA, TB 1997/98, S. 42; Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 93 f.; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 180 f.; Heermann, SpuRt 1999, 11, 14; Monti, Competition and Sport - the rules of the game, S. 5. 935 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf {Möschel), S. 134; ders., ebd. {Kruse), S. 105; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 6; FAZ v. 1.11.2002, Nr. 254, S. 14. Vgl. auch Theurer, 14 Weihs

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

wesentlicher Teile des deutschen Breitbandkabelnetzes von der Deutschen Telekom AG strebte John Malone mit Liberty Media an. 936 Dieses Vorhaben hat das Bundeskartellamt wegen einer sich durch die Übernahme verstärkenden Marktstellung des Erwerbers Ende Februar 2002 untersagt. 937 Andererseits ist der Fernsehmarkt mit den Insolvenzen in der Krich-Gruppe gerade in Bewegung geraten. Es ist allerdings unwahrscheinlich, daß diese Krise tatsächlich zu positiven wettbewerblichen Veränderungen fuhrt. 938 Auch auf dem europäischen Markt befürchtet die EG-Kommission die Entwicklung eines Oligopols. 939 Zwar hat der Fernsehmarkt ein großes Wachstumspotential. Gleichzeitig sind aber die Markteintrittsbarrieren erheblich. Zu diesen gehören auch die Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen. 940 Für Fernsehanstalten sind die Fußballberichterstattung und die Übertragung anderer Spitzensportveranstaltungen von strategischer Relevanz. 941 Die besondere Bedeutung des Fußballs zeigte sich bereits in den Anfangsjahren des deutschen Fernsehens. Die ARD machte sich zu Beginn ihrer Geschichte den massenattraktiven Charakter des Fußballs zunutze. Durch eine umfangreiche Berichterstattung von Fußballereignissen wurden zahlreiche Bundesbürger zum Kauf eines Fernsehgeräts veranlaßt. 942 Fußball hat für die Sender vielfältige positive Effekte. So überträgt der Sport sein positiv besetztes Image auf den ausstrahlenden Fernsehsender. Obwohl auch die großen Sender manche Fußballübertragung bezuschussen müssen, weil FAZ v. 16.5.2001, Nr. 113, S. 32; Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209,211. 936 Zur Frage, inwieweit nach Ansicht des Bundeskartellamt dies zu einer weiteren Konzentration auf dem Fernsehmarkt gefuhrt hätte, siehe BKartA, Pressekonferenz „Liberty", S. 3 ff. Α. A. Chr. von Weizsäcker, der als Gutachter für Liberty aufgetreten ist, vgl. Spiegel online, http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,18304l,00.html , v.

18.2.2002. 937

BKartA, Pressekonferenz „Liberty". So Pleitgen, Spiegel online, http://www.spiegel.de/wirtschafVO , 1518,184822,00. html, v. 28.2.2002. 939 Monti , Competition and Sport - the rules of the game, S. 5; EG-Kommission, Competition Policy Newsletter 1998, No. 2, 18. Vgl. ferner Pons, Sport et politique européenne de la concurrence, S. 5; Schaub, Sports and Competition, S. 5. 940 Pons, The future of broadcasting, S. 2. Inwieweit unter diesen Bedingungen eine Verknappung der Fernsehrechte den Wettbewerb unter den Sendern mit der Folge erhöhen soll, daß es zu einer größeren Programmvielfalt kommt (so Enderle, Die Vermarktung der Senderechte, S. 17), ist unklar. 941 Zur Entwicklung der verschiedenen Fußballsendungen siehe Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 139; Monti , Competition and Sport - the rules of the game, S. 5; Reding , Die Europäische Gemeinschaft und der Europäische Sport, S. 11 ; Schaub, Sports and Competition, S. 3. 942 Hackforth, Sport im Fernsehen, S. 36 ff.; Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 136; Diesbach, Pay-TV oder Free-TV, S. 15. 938

III. §31 GWB

211

die Werbefinanzierung bei unattraktiven Spielen beispielsweise der Champions League die Kosten nicht wieder einspielen k a n n , 9 4 3 sind die Übertragungen erforderlich, u m die Zuschaueraufmerksamkeit auf die Sender zu lenken und dam i t die Nachfrage der Wirtschaft für Werbezeiten zu erwerben bzw. zu behalt e n . 9 4 4 Aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung und des breiten Interesses der Bevölkerung an Sport wächst dadurch der Bekanntheitsgrad des Senders. Fußball ist dabei nach Ansicht der EG-Kommission besonders zur Heranbildung eines bestimmten Programmimages geeignet. Dieser Sport ist für Zuschauerkategorien, die für die Rundfunkanstalten und die Werbewirtschaft interessant sind, ein herausragendes Programmerkmal. Für die Programmanbieter sind Männer am interessantesten, die über eine überdurchschnittliche Kaufkraft verfügen und zwischen 16 und 35 Jahre alt sind, da ihr KaufVerhalten noch weniger von festen Gewohnheiten geprägt ist als das älterer Jahrgänge. 9 4 5 Fußball ist eines der von dieser Gruppe bevorzugten Programme: Z w e i Drittel der Zuschauer sind Männer der anvisierten Altersgruppe. 9 4 6 Zudem bietet Fußball regelmäßige Ereignisse über den größten T e i l des Jahres hinweg. Die Zuschauer schalten das favorisierte Programm regelmäßig ein und identifizieren es mit Fußball. Der Fußball verleiht dem Programm folglich ein besonderes I m a g e . 9 4 7 Der Aufbau eines solchen Images w i r d i n der TV-Branche angesichts 943 Siehe Schümer, FAZ v. 31.3.2001, Nr. 77, S. I; EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 19, Rdnr. 35 „UEFA-Übertragungsregelung"; Ladeur, SpuRt 1998, 54, 57; Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 137, 148; Amsinck, Media Perspektiven 1997, 62, 70; Hellenthal, Zulässigkeit einer supranationalen Fußball-Europaliga, S. 37; unzutreffend daher Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 98, 104; Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 17, Fußn. 6. Für die USA siehe Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 135 f. 944

Zu den positiven Effekten vom Programmpunkt Fußball bei den Sendern und der Entwicklung der Marktanteile einzelner Sender von 1988 bis 1997 siehe Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S.131, 136 f. Vgl. auch Michler, ebd., S. 55, 56 f.: „Das Fernsehen verkauft nicht „den" Sport, sondern „mit" Sport"; Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 3; Enderle, Die Vermarktung der Senderechte, S. 3 f.; ders., Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 112 ff., der auch den strategischen Wert bereits beim Marktzutritt, der Belegung eines Distributionswegs, hervorhebt, da auch heute noch die Übertragungskapazitäten limitiert sind. Nach seiner Ansicht sind die Sender gezwungen, über einen längeren Zeitraum diese Sportereignisse auszustrahlen, um dieses strategische Ziel zu erreichen. Wie Enderle, Die Vermarktung der Senderechte, S. 7, selbst feststellt, ist dies auch bei individueller Vermarktung möglich. 945 Diese Gruppe ist über das Fernsehen jedoch schwieriger zu erreichen als andere, da sie in der Regel im Verhältnis zu anderen wenig fernsieht, EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 18, Rdnr. 30, 20, Rdnr. 39 „UEFAÜbertragungsregelung"; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 139. 946 Siehe die Aufgliederung nach Altersgruppen bei Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 213, 226. 947 EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 18 f , Rdnr. 30, 34 ,, UEFA - Übertragungsregelung ". 1

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des rasch wachsenden Programmangebots und der damit verbundenen zunehmenden Auswahl unter zahlreichen Programmen mit ähnlichen Produkten immer wichtiger. 948 Ein klares Programmprofil fördert feste Sehgewohnheiten. Es kann eine Art Markenloyalität zum Sender entstehen. Attraktive Sportrechte können außerdem die Einschaltquote zeitlich vor- und nachgelagerter Sendungen positiv beeinflussen und die dort mit Werbung erzielten Deckungsbeiträge erhöhen. 949 Dementsprechend erwarben die privaten TV-Anbieter RTL und später SAT.l die Bundesligarechte, um werbefinanziertes Privatfernsehen durchzusetzen. 950 Sie konnten dadurch ihre vorher niedrigen Marktanteile deutlich steigern und stabilisieren. 951 Mit dieser Strategie versucht der Pay-TVSender Premiere, Abonnenten zu gewinnen. 952 Im Rahmen dieses Plans wurde zu Beginn der Saison 2001/02 die erste Gesamtberichterstattung des Tages im ebenfalls zur Kirch-Gruppe gehörenden Sender SAT.l auf eine Zeit verlegt, die deutlich später als die Spiele selbst und damit die Liveübertragung lag. Dadurch erhoffte sich die Kirch-Gruppe einen deutlichen Zuwachs der Abonnenten von Premiere, der die Spiele live ausstrahlte. 953 Aufgrund des übermäßigen Rückgangs der Zuschauerzahlen bei SAT.l und des ausbleibenden Anstiegs der Abonnentenzahl bei Premiere wurde die Gesamtberichterstattung jedoch nach nur wenigen Spieltagen wieder auf eine frühere Sendezeit verlegt. 954 Diese Bedeutung haben nicht nur Spiele der ersten Bundesliga: Liveübertragungen von Zweitligaspielen sind regelmäßig die einschaltquotenstärksten Sendungen beim Free-TV-Sender DSF 1 (Deutsches Sport Fernsehen). Auch Liveübertragungen aus der dritten Liga, der Regionalliga, stellen von den

948 EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 18, Rdnr. 31 „UEFAÜbertragungsregelung ". 949 Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 29; Enderle, Die Vermarktung der Senderechte, S. 4; Mailänder, in: FS für Geiß, S. 605, 608; Schellhaaß, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 7; Seitel, WuW 1999, 694, 697; EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 18 f., Rdnr. 31 f. „ UEFA-Übertragungsregelung". 950

Die EG-Kommission weist darauf hin, daß die Bindung von Zuschauern bei werbefinanziertem Fernsehen besonders wichtig ist, da es seinen Werbeplatz dann erheblich besser verkaufen kann, EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 19, Rdnr. 32 „UEFA-Übertragungsregelung". 951 Der Werbeplatzpreis bei Fußball Übertragungen übertrifft den Preis anderer Sendungen deutlich, EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 21, Rdnr. 40 „ UEFA-Übertragungsregelung". 952

Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 85; Enderle, Die Vermarktung der Senderechte, S. 4; Langen/Bunte-Ztante, § 31, Rdnr. 12; Ladeur, SpuRt 1998, 54, 57 f.; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, S. 274; zur Entwicklung in Spanien Salamanca , Media Perspektiven 1997, 73. 953

Z. B. Franzke, FAZ v. 13.6.2001, Nr. 135, S. 46; FAZ v. 18.6.2001, Nr. 138,

S. 44. 954

Siehe oben, C. I. 4. a) dd).

III. §31 GWB

213

Einschaltquoten her zumindest für Regionalprogramme oder kleine bundesweite Fernsehanbieter wirtschaftlich interessante Sendungen dar. 955 Denn selbst wenn die Einschaltquoten bei weniger attraktiven Begegnungen sinken, erzielen Fußballübertragungen fast durchweg höhere Einschaltquoten und vor allem für die Werbewirtschaft wichtige Marktanteile als nahezu alle anderen Programme am gleichen Sendeplatz.956 Als Folge wachsender Bekanntheit steigert sich der Marktanteil des Senders. Eine Kausalität zwischen Fußball-Übertragungen und Marktanteil liegt nahe, wenn man ζ. B. die Monatsmarktanteile von SAT.l im ersten Halbjahr 1997 analysiert. In den Monaten mit Fußballpause (Januar/Februar - Winterpause und Juni/Juli - Sommerpause) fielen die Anteile um bis zu 2,6 Prozentpunkte bei einem Jahresdurchschnitt von 12,8 %. 9 5 7 Werden die Fernsehrechte großer Fußballereignisse von einem TV-Anbieter erworben, demonstriert er außerdem finanzielle und konzeptionelle Stärke. Denn auch das Verwertungskonzept durch die Fernsehanstalten ist nach Aussage des Verbands eine wichtige Determinante bei der Rechte vergäbe. Diese Elemente sind relevante Faktoren für die Wirtschaft, bei dem Sender Werbezeit nachzufragen. 958 Sportübertragungsrechte nehmen daher neben Spielfilmen und Nachrichtensendungen eine zentrale Position bei der Erstellung von Fernsehprogrammen ein. 9 5 9 Regelmäßig stellen Liveübertragungen oder zusammenfassende Berichte von Fußballspielen ein Top-Ten-Ereignis der einschaltquotenstärksten Sendungen der jeweiligen TV-Anbieter und sogar aller Sender dar. 960 Dabei weisen Sportübertragungen einige Besonderheiten verglichen mit anderen Programmpunkten auf. So sind Sportsendungen ein ephemerales Produkt. Die Zuschauer sind primär an Liveübertragungen interessiert. Der Unterhaltungswert beruht im

955 Parlasca, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 89, 91. 956 Scheu, in: Tegelbeckers/Milles (Hrsg.), Quo vadis, Fußball?, S. 28, 36. 957 Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S.131, 137 f., mit einem weiteren Beispiel für das erste Halbjahr 1998. 958 Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 136. 959 Vgl. EG-Kommission v. 11.6.1993, ABl. 1993, L 179/23, 26, Rdnr. 17 „EBV7 Eurovisions-Systems"; EG-Kommission v. 19.4.2001, ABl. 2001, L 171/12, 20, Rdnr. 37 „ UEFA-Übertragungsregelung"; Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 17. Seit 1992 haben sich die Minutenkosten für Sportübertragungen nach Angaben von RTL erheblich von jenen für Unterhaltung oder Information entfernt. 1998 lagen die Minutenkosten für Sportübertragungen bei 20.000 DM, während sie für Unterhaltung/Spielfilme um 6.000 DM und für Information unter 4.000 DM lagen, vgl. Trosien/Preuß, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 209, 219; anders Parlasca, Kartelle im Profisport, S. 28. 960 Trosien/Dinkel, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 11, 20, 24; Parlasca, ebd., S. 83, 85; Path/Trosien, ebd., S. 131, 132; Langen/Bunte-£w/îte, § 31, Rdnr. 12.

214

. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach euschem Recht

wesentlichen auf der Ungewißheit, wie der Wettkampf ausgeht. Mit dem zeitlichen Abstand nimmt die Spannung stark ab, womit das Interesse der meisten Zuschauer schwindet. Damit stellen zeitversetzte Zweitausstrahlungen wettbewerbspolitisch kein hinreichendes Substitut fur eine Live- oder Erstübertragung dar. 961 Außerdem ist es für die TV-Anbieter schwierig, einen adäquaten Ersatz für besondere Sportereignisse zu finden. Denn ein Zuschauer, der ein bestimmtes Sportereignis sehen will, ist nicht mit einem anderen zufrieden. 962 Rechteinhaber derartig bevorzugter Sportveranstaltungen haben eine sehr starke Position inne. Diese wird durch die Konzentration der Rechte in der Hand von wenigen Fernsehsendern und zusätzlich durch ihren langfristigen Erwerb von Exklusivrechten und durch Paketveräußerungen verstärkt. 963 Infolge der kartellmäßig überhöhten Preise sind die Fußballrechte aber trotz ihrer strategischen Bedeutung für viele TV-Anbieter zu teuer. 964 Zwar mag bei einer individuellen Vermarktung das für alle Spiele zusammen zu zahlende Entgelt für die Rechte höher als bislang sein. 965 Die Sender können dann aber mit einzelnen Clubs verhandeln und ihre Finanzkraft auf die Übertragungsrechte dieser Mannschaft oder bestimmter Spiele konzentrieren. Jetzt müssen sie dagegen die Fernsehrechte aller Spiele erwerben. 966 Die Kosten dafür können kleine Anstalten nicht aufbringen. Sie müssen streng wirtschaftlich kalkulieren, und die Bundesligarechte stellen ein zu großes kapitalbindendes Paket dar. Damit werden potentielle Newcomer aus dem Markt ausgeschlossen. Allein die großen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendergruppen haben für dieses Rechtepaket die erforderliche Finanzkraft. 967 Diese Medienmacht können die 961

Seitel, WuW 1999, 694, 697; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 6 f.; Schaub, Sports and Competition, S. 4; Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 11, 14 f.; dersin: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15. 962 Siehe oben die Ausführungen zum relevanten Markt, C. I. 4. d) aa). 963 Monti, Sport and Competition, S. 5 f.; Pons, Fordham Corporate Law Institute 1999, 75, 85 f.; De Kepper, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 9, 15. 964 Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 6; vgl. auch Trosien/ Dinkel, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 11, 20: „diejenigen Fernsehanstalten, die über die höchsten Marktanteile verfugen, [können] zugleich die interessantesten Sportsendungen übertragen ..." 965 Vgl. Heermann, SpuRt 1999, 11, 13; Fritzweil er/P fister/Summerer-^w/wm^r, Phdb. Sportrecht, S.109 f. 966 Klodt, WiSt 1999, 449. Das übersieht Bell, Sports Law Administration and Practice 1997, 9, 11, wenn er sagt, hier liege kein Kartell vor, da einzelne Clubs individuell vermarkten möchten, um höhere Preise zu erzielen. Bei jedem Kartell ist es möglich, daß einzelne Mitglieder ohne die Koordinierung höhere Preise erzielen könnten, so ζ. B. wenn sie ihr Produkt überzeugender bewerben. Dafür haben sie nicht die Sicherheit, die ihnen ein Kartell bietet. 967 Diese haben sie - wie sich jetzt zeigt - auch manchmal überschätzt: Die Rechtepreise waren in jüngster Vergangenheit fur sämtliche Nachfrager zu hoch. Dies hat entscheidend zum Insolvenzantrag der Kirch-Media GmbH Anfang April 2002 beigetragen.

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215

großen Fernsehanbieter durch die Zentralvermarktung festigen und ausbauen. 9 6 8 A u f die Richtigkeit dieser Einschätzung deutet der abgestimmte Einkauf v o n TV-Rechten für Europapokalspiele hin: V o n 1992/93 bis 1997/98 hatten die größten deutschen Rechteagenturen U F A Film- und Fernseh G m b H (Bertelsmann) und ISPR (Kirch/Springer-Verlag) i n jährlichem Wechsel zu gleichen Preisen die Übertragungsrechte erworben. Eine derart ausgewogene Aufteilung war nur durch die Vermarktungspraxis des D F B m ö g l i c h . 9 6 9 E i n größeres Maß an Wettbewerb b e i m Angebot von TV-Rechten würde verbesserte Marktzutrittsbedingungen für kleine Sender bedeuten und den Markt beleben. 9 7 0 Die technischen Voraussetzungen für einen solchen Wettbewerb auf dem M a r k t für Programmangebote sind nach Überwindung der Knappheit an Übertragungskapazitäten seit einigen Jahren gegeben. Die sich durchsetzende D i g i taltechnik vervielfacht die bestehenden Übertragungskapazitäten. Gleichzeitig sinken die Kosten der technischen Übertragung. Damit ist eine Fülle zusätzlicher Programme einschließlich neuer Sportprogramme zu erwarten. Die Digitalisierung erleichtert zudem die Einführung von Pay-TV, da sie die benötigten

968

C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17; Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 6. 969 Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 94; Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1996/97, Tz. 499. 970 Ebenso Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Kruse), S. 256; Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 93; C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17; Weng, Die zentrale Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 181; Schmittmann/Lehmann, AfP 1996, 255, 259. Kritisch dagegen Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 124 f f , und Schellhaaß, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 39, 49 f., die furchten, die Sender könnten auf eine vertikale Integration mit den Clubs drängen, um strategisches Verhalten der Teams zu Lasten der Qualität der Fernsehrechte zu verhindern. Dadurch würden Lieferanten von Fernsehrechten vom Markt abgezogen. Die Marktzutrittschranken für kleine Sender würden erhöht. Diese Argumentation mißachtet aber, daß nach derzeitiger Lage kleine Sender mangels ausreichender finanzieller Ressourcen überhaupt keine Chance haben, die begehrten Fernsehrechte im Bundesligafußball zu erwerben, während bei dezentraler Rechtevergabe Fußballrechte wesentlich leichter von Newcomern erworben werden können, selbst wenn bei manchen Clubs ein Fernsehsender einsteigt, ebenso Parlasca, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Ligaund Medieninteressen, S. 89, 92 f. Hinzukommt, daß ein solcher Einstieg bei nur wenigen Fußballgesellschaften momentan realistisch ist. Andererseits haben die meisten Clubs der ersten Bundesliga bereits ζ. T. langfristige Verträge mit Rechteagenturen geschlossen, die bei individueller Vermarktung bereit stehen, vgl. Kipker, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 41, 42 ff.; Niebaum, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 246.

216

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Verschlüsselungs- und Abrechnungssysteme kostengünstiger und genauer macht. 971 Möschel zufolge ist eine Marktöffnung neben dem regionalen Free-TV allein über das Pay-TV möglich. Die gegenwärtige Mediensituation sei historisch begründet und hänge außerdem mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zusammen, das der öffentlich-rechtlichen Gruppe eine Besitzstandsund Entwicklungsgarantie gewähre. Auf solchen Märkten könnten lediglich einige ganz große Sender Gesamtprogramme anbieten. Eine Chance, die Strukturen aufzubrechen, könne nur vom Randwettbewerb kommen. 972 Die Schaffung eines derartigen Angebots setzt ein Programm voraus, das sich von den kostenlos zu empfangenden Fernsehkanälen abhebt und in besonderem Maß die Zuschauerwünsche anspricht. Zu solchen Premium-Angeboten gehören gerade auch Sportübertragungen. 973 Die strategische Bedeutung von Sportübertragungsrechten ist außerdem im zeitkritischen Charakter der TVPräsentation begründet. Eine spätere Übertragung stellt - wie gesehen - kein Substitut der Liveausstrahlung dar. 974 Da Pay-TV-Sender aufgrund des BGHBeschlusses über Europapokalheimspiele nun direkt mit den Clubs bzw. deren Agenturen verhandeln und den Fußball mit größerem Nachdruck in ihre Verwertungskette integrieren können, zeigte sich der Pay-TV-Sender Premiere mit dem Beschluß zufrieden. 975 Eine Marktöffnung gelingt aber nur, wenn weitere Bezahlsender zusätzlich zu diesem bislang einzigen auf den Markt kommen. Denn dem Sender Premiere kommt die zentrale Vermarktung der Rechte eher entgegen, als sich mit Konkurrenten um die Rechte streiten zu müssen und am Ende nur einige Spiele zeigen zu können. 976 Das Bezahlfernsehen wird aber nur wirklich erfolgreich sein, wenn nicht gleichzeitig im freien TV Liveübertragungen verfolgt werden können. 977 Denn andernfalls ist der Zwang zu einem Pay-TV-Abonnement weit geringer. Allerdings kann eine solche Exklusivität nur über den Markt erfolgen. Denn bei einer dezentralen Vermarktung ist eine Lenkung der Fernsehrechte nicht mehr möglich. Jeder Club wird versuchen, das

971

Seitel, WuW 1999, 694, 695; van Westerloo,

Media Perspektiven 1996, 514,

519. 972 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Möschel), S. 106, 134. 973 Ausschuß fur Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Möschel), S. 134; ebenso Schaub, Sports and Competition, S. 4. 974 Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15. 975 Vgl. Neininger, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 189, 190. 976 Vgl. Kruse, FAZ v. 7.4.1998, Nr. 82, S. 39. 977 Ebenso Duvinage, Der Sport im Fernsehen, S. 5; Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 136.

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III. §31 GWB

beste Angebot für sich zu erhalten, ohne auf Free- oder Pay-TV Rücksicht nehmen zu können. Es ist daher möglich, daß verschiedene Sender des Bezahlfernsehens einzelne Spielrechte erwerben. Dann müßten sich die Zuschauer für einen oder mehrere Sender entscheiden. Die Auswirkungen der Rechtevergabe auf den Rundfunksektor sind auch in anderen Ländern aktuelles Thema. In Großbritannien hat im Oktober 1998 der Secretary of State aufgrund einer Empfehlung der Monopolies and Mergers Commission den Erwerb der Fußball AG Manchester United durch die British Sky Broadcasting Group, die von Murdoch kontrolliert wird, mit der Begründung untersagt, die Fusion von BSkyB als derzeit einzigem Pay-TV-Anbieter von publikumswirksamen Sportveranstaltungen (Sports Premium TV) mit dem Fußballclub werde den Wettbewerb auf der Ebene der Rundfunkveranstalter einschränken. Andere Sender würden benachteiligt. Die zentrale Rolle der Veranstalterrechte in der Medienwirtschaft wird durch diese Strategie von Medienunternehmen bestätigt, sich Programmressourcen durch vertikale Integration mit den Veranstaltern auf Dauer zu sichern. 978

h) Schutz eines meritorischen

Guts

Gegenüber den dargelegten Kritikpunkten vermögen auch weitere Gesichtspunkte, die zugunsten des § 31 GWB angeführt werden, nicht zu überzeugen. Man kann eine positive Folge des Ausnahmetatbestands darin erblicken, daß die zentrale Vermarktung der Gefahr einer Übersättigung der Zuschauer durch eine Vielzahl von Fußballübertragungen vorbeugt. Allerdings ist ein solcher paternalistischer Gedanke ein Fremdkörper in einer freien Gesellschaft, dem der Hauch einer heimlichen Zensur anhaftet. Den Zuschauern sollte die Wahl überlassen werden, wie viele und welche Spiele sie an den Bildschirmen verfolgen wollen und welche Form diese Übertragung haben soll. 979 Sollte es zu einer Übersättigung kommen, wird sich das Angebot an Fernsehübertragungen unter Marktbedingungen darauf einstellen. 980 Einzig für den Nachwuchs- und Amateursport, das heißt, um Menschen zu aktivem Sport zu veranlassen, erscheint es 978

Mestmäcker, in: FS für Sandrock, S. 689 f. Siehe ferner van den Brink, ECLR 2000, 359, 362 f.; Kipker, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Ligaund Medieninteressen, S. 41, 43 f. 979 Free-TV oder Pay-TV, Live- oder zeitversetzte Berichterstattung, kurze oder lange Berichte, vgl. BKartA, Sonderregelung Sport im Kartellgesetz nicht gerechtfertigt, v. 6.2.1998, 6. Punkt (unveröffentlicht); Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 92. 980 Wobei Fußball besonders resistent dagegen zu sein scheint, was u. a. daran liegen mag, daß es anders als Tennis oder Formel 1 ohne Identifikationspersönlichkeiten für das Publikum auskommt, siehe Path/Trosien, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 131, 139 f.

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

sinnvoll, sich um die Popularität von Sportarten zu kümmern (meritorisches Gut). 981 Wenn aber das Zuschauerinteresse an einem bestimmten Sport zurückgeht, werden nicht auch andere Sportarten uninteressant. Es ist zu erwarten, daß diese in der Zuschauergunst steigen, wenn man davon ausgeht, daß das Allgemeininteresse der Bevölkerung an Sport und Freizeitbeschäftigung etwa identisch bleibt. Im günstigsten Fall steigt dadurch sogar die Zahl der aktiven Sportler. Hinzu kommt, daß bei meritorischen Gütern die wettbewerbliche Koordinationseffizienz nicht als solche in Frage gestellt wird. Es ist nicht zu erkennen, daß allein das Vorliegen eines derartigen Gutes bereits hinreichende Bedingung für die Schaffung eines wettbewerblichen Ausnahmetatbestands ist. 9 8 2

i) Gewährleistung einer gleichmäßigen Fernsehpräsenz Als weiterer Gesichtspunkt zugunsten des § 31 GWB könnte die Eignung der Zentralvermarktung angeführt werden, für eine ungefähr gleichmäßige Fernsehpräsenz der Teams zu sorgen. Dies wirkt sich positiv auf eine ausgewogene Trikot- und Bandenwerbung aus. 983 In dieser Hinsicht ist die individuelle Rechtevergabe mit Solidarfonds unterlegen. Das bleibt jedoch ein rein pekuniärer Effekt. Außerdem hat die Zentralvermarktung bisher nicht zu einer gleichmäßigen Fernsehpräsenz der Clubs geführt. So durfte in früheren Spielzeiten der Fernsehsender SAT.l pro Fußballjahr fünf Spiele live übertragen. Der TV-Anbieter wählte Spiele mit dem FC Bayern München aus, selbst wenn in einer anderen Begegnung der Bundesligaspitzenreiter gegen dessen direkten Verfolger antrat. Denn die Fangemeinde ist bei der Bayernmannschaft am größten, so daß hier mit den meisten Zuschauern zu rechnen war. 984 Auch beim früher ausgestrahlten sog. „Topspiel der Woche" auf dem Pay-TV-Sender Premiere war der FC Bayern München überproportional häufig vertreten. 985 Eine dezentrale Vermarktung

981 Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 34 f.; Seitel, WuW 1999, 694, 702; zu meritorischen Gütern: Beck/Prinz Wirtschaftsdienst 1998, 224, 230; Musgrave/Musgrave/Kullmer, Die öffentlichen Finanzen, Bd. 1, S. 73 ff.; Thom, Sportförderung, S. 91, 93 f.; Bartling, in: FS für Meimberg, S. 325, 329; Hellmann, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sport und Medien, S. 95, 100. 982 Bartling, in: FS für Meimberg, S. 325, 329. 983 Siehe Trommer, Die Transferregelungen im Profisport, S. 240 f.; Schellhaaß/ Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 78. 984 Vgl. Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 96. 985 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 78, argumentieren mit Hilfe dieser Tatsachen für eine zentrale Vermarktung. Dabei übersehen sie, daß die derzeitige Situation aus dieser Vergabeform herrührt. Sie sind daher kein

III. §31 GWB

219

bietet demgegenüber den kleineren Clubs die Chance, durch - wenn auch nur regionale - Fernsehpräsenz zu wachsen. Sie sind interessante Vertragspartner für kleinere, konkurrierende Sender und könnten durch Eigeninitiative und neue Vermarktungsideen auf sich aufmerksam machen. Damit werden über die Stadionbesucher hinaus Fans gewonnen und so Standortnachteile ausgeglichen. Dies kann zu neuen Sponsorenverträgen führen und Sponsorerträge und Ticketverkäufe steigern. 986 Zu diesem Ergebnis kommt eine niederländische Studie von der „Fußball und Statistik" Abteilung der Vrije Universität Amsterdam. In ihr wurden die wirtschaftlichen Folgen untersucht, welche die Einführung von Trikotwerbung im Jahre 1982 für die Vereine hatte. Entgegen ursprünglichen Befürchtungen hat sich die Wettkampfstärke der einzelnen Mannschaften nicht signifikant verändert. 987 Durch die Ausnutzung unterschiedlicher Absatzwege können die Clubs eine differenzierte Marktposition aufbauen. Der Wettbewerb unter den Vereinen und Gesellschaften wird zu Strategien führen, die bisher noch nicht Usus sind, so daß der Wettbewerb seine Funktion im Entdeckungsverfahren im Sinne von Hayeks erfüllt. 988 Im Ergebnis widerspricht damit der Ausnahmetatbestand des § 31 GWB der medienpolitischen Zielsetzung, die notwendigen Voraussetzungen für Meinungsvielfalt zu schaffen, indem der freie Zugang zu allen Märkten, auch dem der Fernsehrechte, sichergestellt wird. Außerdem unterstützt er eine Entwicklung, nach der bedeutende Sportereignisse lediglich bei einem Pay-TV-Sender gezeigt werden. Die Politik versucht derzeit, den ausschließlichen Empfang solcher Sportveranstaltungen über entgeltpflichtige Sender zu verhindern, indem sie mit Hilfe einer sog. Free-TV-Liste exklusive Ausstrahlungen im Bezahlfernsehen mit wettbewerbsbegrenzenden Maßnahmen einschränkt. 989 § 31 GWB wirkt diesbezüglich kontraproduktiv. 990

Beweis, wie sich die Medienpräsenz und somit die Werbeerlöse bei einer individuellen Rechtevermarktung entwickeln würde. 986 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Kruse), S. 255; Wolf, Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 5; Parlasca in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 97; C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17; Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 501; a. A. Schellhaaß, in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 27, 38, der nicht beachtet, daß die Clubs zusätzlich Mittel aus dem Solidarfonds erhalten sollen. 987

Vgl. van den Brink, ECLR 2000, 359, 360, Fußn. 14. von Hayek, in: Freiburger Studien, Gesammelte Aufsätze, S. 249 ff. So auch Enderle, Vermarktung von Fernsehübertragungsrechten, S. 62 f. 989 Vgl. Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 502; Kruse, in: Schellhaaß (Hrsg.), Sportveranstaltungen zwischen Liga- und Medieninteressen, S. 15, 31, 35; Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 105; Settel, WuW 1999, 694, 703; Beck/Prinz, Wirtschaftsdienst 1998, 224 ff.; Ladeur, SpuRt 1998, 54 ff. Diese Schutzliste basiert auf der europäischen Richtlinie 988

220

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht 4. Verfassungsrechtliche Einwände

I m Zusammenhang mit den medienpolitischen Folgen wurden vor Erlaß der sechsten G W B - N o v e l l e verfassungsrechtliche Bedenken l a u t , 9 9 1 die jedoch die Einfügung des § 31 G W B nicht verhindern konnten. 9 9 2 Ausgangspunkt der Überlegungen war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Kurzberichterstattung. 9 9 3 I n dieser Entscheidung bezeichnete das Bundesverfassungsgericht den Sport als einen wesentlichen Bestandteil einer der Informationsfreiheit verpflichteten Berichterstattung i m Fernsehen. 9 9 4 Die verfassungsrechtliche

De-

batte konzentriert sich damit i m wesentlichen auf das Grundrecht auf Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.

a) Art

5 Abs. 1 S. 2 GG

aa) Schutzbereich Die Gewährleistung freier Informationstätigkeit und freien Informationszugangs stellt einen wichtigen Aspekt beim Grundrecht der Meinungsfreiheit dar. Der Schutzbereich 9 9 5 von Art. 5 Abs. 1 S. 2 G G w i r d nach der Funktion des Rundfunks als M e d i u m und Faktor öffentlicher Meinungsbildung bestimmt (dienende Funktion der Rundfunkfreiheit) und reicht von der Beschaffung der zum „Fernsehen ohne Grenzen", Art. 3a der Richtlinie 97/36/EG v. 30.6.1997, ABl. 1997, L 202/60. 990 Auch Kruse, FAZ v. 7.4.1998, Nr. 82, S. 39, äußert sich verwundert darüber, daß einerseits die Politiker die Tendenz zum Pay-TV beim Fußball kritisieren und die gleichen Politiker aber andererseits die DFB-Position der zentralen Vermarktung vertreten. 991 Innerhalb verschiedener Ministerien wurden diese Vorbehalte erwogen, ohne die Frage aber eindeutig zu beantworten: Timmer, Schreiben des B M I v. 14.4.1998 (unveröffentlicht), nach dem die verfassungsrechtlichen Bedenken zumindest zweifelhaft sind; Goppelt, Schreiben vom B M W i v. 21.4.1998 (unveröffentlicht), das erheblich Zweifel an der Stellungnahme des B M I äußert. Zu knapp zu dieser Frage Petersen, Fußball im Rundfunk- und Medienrecht, S. 82. 992 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (Möschel), S. 107, 134 f.; ders., ebd. (Mailänder), S. 279; Timmer, Schreiben des B M I v. 14.4.1998 (unveröffentlicht); Goppelt, Schreiben vom BMWi v. 21.4.1998 (unveröffentlicht); Brinkmann, Media Perspektiven 1998, 98, 103; a. A. wohl Tettinger, JZ 2000, 1069, 1070 f.; ders., in: Tettinger (Hrsg.), Sport im Schnittfeld von europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 9, 12 f., der § 31 GWB als Umsetzung der staatlichen Hilfsfunktion bei der Ausübung des vereinsinternen Selbstregelungsrechts anzusehen scheint. 993 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228 ff. 994 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 251 ff. 995 Kritisch hinsichtlich der meist verwendeten Grundrechtsterminologie J. Ipsen, Staatsrecht II, Rdnr. 105, 117, 125 ff.

III. §31 GWB

221

Information bis zu ihrer Verbreitung. 996 Information ist ein wichtiges Element des klassischen Rundfunkauftrags. 997 Das Fernsehen nimmt bei der Informationsvermittlung eine besondere Rolle ein, denn es ist unter den Medien, die über wesentliche Geschehnisse informieren, das einzige mit zeitgleichem Ton und Bild. Es vermittelt den Anschein der Authentizität und des Miterlebens. Außerdem ist es bequem verfügbar. 998 Grundrechtsträger der Rundfunkfreiheit sind neben natürlichen Personen und juristischen Personen des Privatrechts auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 999 Nach dem Urteil zur Kurzberichterstattung darf der Begriff der Meinungsbildung nicht zu eng ausgelegt werden. Es geht nicht nur um politische Informationen im engeren Sinne. Bestandteil sind auch andere Geschehnisse von öffentlichem Interesse. Da nicht zwischen relevanten und irrelevanten Gegenständen abgegrenzt werden kann, ist über alle Lebensbereiche unter Zugrundelegung publizistischer Kriterien gegenständlich und uneingeschränkt zu informieren. 1000 Diese Informationsgewährleistung umfaßt auch Berichte über herausragende Sportereignisse. Denn die Bedeutung dieser Reportagen beschränkt sich nicht auf ihren Unterhaltungswert, sondern hat daneben eine gesellschaftliche Funktion. 1001 Der Sport bietet eine Identifikationsmöglichkeit und ist Anknüpfungspunkt für eine breite Kommunikation in der Bevölkerung. Sport stärkt die nationale oder regionale Identität, indem er den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl vermittelt. Er schlägt eine Brücke zwischen Sportlern und

996 BVerfG v. 16.6.1981, BVerfGE 57, 295, 319 f.; BVerfG v. 24.3.1987, BVerfGE 74, 297, 323; BVerfG v. 1.10.1987, BVerfGE 77, 65, 74; ζ. T. kritisch: Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 13, 643 f f ; Schmidt-Bleibtreu/Klein -Kannengießer, Art. 5, Rdnr. 11c; von Mangoldt/Klein/Starck-Starc*, Art. 5, Rdnr. 103; Jarass/PierothJarass, Art. 5, Rdnr. 35, 39; von Münch/Kunig-Wemft, Art. 5, Rdnr. 45; Dörr, Sport im Fernsehen, S. 12. 997 BVerfG v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 118, 158. 998 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 256. Siehe auch von Mangoldt/Klein/ Starck-StarcJc, Art. 5 Rdnr. 92, 111, 113; von Münch/Kunig-0W/, Art. 5, Rdnr.57. Zur (positiv zu beantwortenden) Frage, ob Spartenprogramme und Pay-TV unter Rundfunk einzuordnen sind, Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 693 ff. 999 Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 712, 724, 728. 1000 BVerfG v. 16.6.1981, BVerfGE 57, 295, 319; BVerfG v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 118, 157 f.; BVerfG v. 24.3.1987, BVerfGE 74, 297, 324 f.; BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 12, 27, 676; Jarass/Pieroth-./arass, Art. 5, Rdnr. 35; von Münch/Kunig-Wem//, Art. 5, Rdnr. 2, 44. 1001 Tettinger, in: Tettinger (Hrsg.), Sport im Schnittfeld von europäischem Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 9, 14 f. Ähnlich stellte auch Ridder, in: Neumann/ Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. 2, S. 243, 279, Fußn. 121 b, bereits 1954 fest, die Veranstaltung eines Fußballänderspiels setze einen als Kollektivvorgang schutzwürdigen Meinungsprozeß in Gang.

222

. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Zuschauern. Sport trägt zur gesellschaftlichen Stabilität , bei und ist Ausdruck von Kultur und Identität. 1002 § 31 GWB wirkt sich auf die Möglichkeiten der Fernsehsender aus, Sportinformationen über das Recht zur Kurzberichterstattung hinaus zu beschaffen, indem er eine Kartellbildung bei den Anbietern der Information gestattet. Die neue Ausnahmevorschrift vom Kartellverbot tangiert daher den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GWB.

bb) Einschränkung des Grundrechts Das Grundrecht müßte ferner eingeschränkt worden sein. Als Folge von § 31 GWB werden die Fernsehrechte wie bisher nur an wenige Sender veräußert werden, so daß ein Informationsmonopol dieser Sender zu Lasten der übrigen besteht. Außerdem könnten die oben dargelegten Auswirkungen auf dem Mediensektor eine Einschränkung der Rundfunkfreiheit darstellen. Die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung und -Überprüfung ist abhängig von umfassender Information. Daher soll im Rundfunk die Vielfalt der bestehenden Meinungen in Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck gebracht werden. 1003 Zwar muß gleichgewichtige Meinungsvielfalt nicht konsequent durchgesetzt werden, sofern das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen im Rahmen des Möglichen entspricht. 1004 Dem Gesetzgeber steht bei der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit eine gewisse Gestaltungsfreiheit zu. 1 0 0 5 Er darf aber keine Maßnahmen treffen, die dem Ziel entgegenlaufen, ein möglichst hohes Maß an gleichgewichtiger Vielfalt zu erreichen. Einseitiger, in hohem Maße ungleichgewichtiger Einfluß einzelner Fernsehveranstalter auf die Bildung der öffentlichen Meinung, namentlich die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht, muß ausgeschlossen werden. 1006 Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verlangt demgemäß, die informationellen Voraussetzun-

1002

EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 5; Osmann, SpuRt 1999, 228, 230; Steiner, in: FS für Stern, S. 509, 516; ders., NJW 1991, 2729, 2731; Dörr, Sport im Fernsehen, S. 40 f.; Herrnkind, Steuerliche Förderung von Sportvereinen, S. 92 f.; P. Fischer, in: FS für Offerhaus, S. 597 f., der daraufhinweist, daß dies bereits in der Antike so war. 1003 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 574 ff.; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5, Rdnr. 35 m. w. N.; Ladeur, SpuRt 1998, 54, 58; Brinkmann, Media Perspektiven 1998, 98,

100.

1004

BVerfG v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 118, 156 ff. BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 267; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 460. 1006 BVerfG v. 16.6.1981, BVerfGE 57, 295, 320, 322; BVerfG v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 118, 160; BVerfG v. 24.3.1987, BVerfGE 74, 297, 324, 332. 1005

III. §31 GWB

223

gen der Meinungsbildung im Leitmedium Fernsehen sicherzustellen. 1007 Wenn die Berichterstattung über wichtige Ereignisse bei einem einzelnen Rundfunkveranstalter monopolisiert wird, ist dieses Ziel in Frage gestellt. Einerseits bieten solche Monopole die Gefahr des Mißbrauchs, die sich nur schwer begrenzen läßt. Andererseits ebnen sie den Weg für uniforme Informationen, die zu verhindern sind. Denn „medial vermittelte Information [ist] nicht lediglich Abbild der Wirklichkeit, sondern stets Ergebnis eines Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsprozesses ..., das nur durch konkurrierende Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsmuster relativiert werden kann." 1 0 0 8 Die Sicherung der Pluralität von Sichtweisen und Darbietungen und die Verhinderung von Informationsmonopolen fallen folglich unter die verfassungsrechtliche Garantie der Rundfunkfreiheit. 1009 „Zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht bedarf es daher nicht nur wirksamer Vorkehrungen gegen eine Konzentration auf [Fernseh-] Veranstalterebene, 1010 sondern auch ausreichender Maßnahmen gegen Informationsmonopole." 101 1 Das Bundesinnenministerium konnte keine Gefährdung der Meinungspluralität durch die zentrale Vermarktung von Sportrechten erkennen. 1012 Denn eine Monopolstellung bei der Rechtevergabe bedeute nicht, daß die Übertragungsrechte nur einem Sender zur Verfügung gestellt würden. Die Frage, an wen welche Art der Rechte übertragen werde, sei durch § 31 GWB nicht geregelt. Nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums sind die sehr kurzen verfassungsrechtlichen Ausführungen des Bundesinnenministeriums in tatsächlicher, insbesondere ökonomischer Hinsicht nicht fundiert und basieren auf ζ. T. unrealistischen Annahmen. 1013 In der Tat widerspricht die Feststellung des Bundesinnenministeriums wirtschaftlicher Wahrnehmung. Die Einzelvergabe von Rechten führt zu einer erheblich breiteren Streuung der Rechte. Darauf wurde bereits hingewiesen. Die einzelnen Clubs sind an einer Stillegung ihrer Rechte nicht interessiert, was aus der Sicht eines Monopolisten dagegen durchaus ökonomisch rational sein kann. 1014 Hier rein auf den Wortlaut der Ausnahmevorschrift abzustellen und 1007 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257. Nach den unterschiedlichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit ist die Ansicht von Lenz, NJW 1999, 757, 759, damit sei kein Verfassungsauftrag gemeint, nicht nachzuvollziehen. 1008

BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257 f. BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257 f. 10,0 BVerfG v. 16.6.1981, BVerfGE 57, 295, 323; BVerfG v. 4.11.1986, BVerfGE 73, 118, 160; BVerfG v. 18.12.1996, BVerfGE 95, 163, 172. 1011 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 258. 1012 Timmer, Schreiben des B M I v. 14.4.1998, S. 2 (unveröffentlicht). 10,3 Goppelt, Schreiben vom BMWi v. 21.4.1998, Anlage, S. 2 (unveröffentlicht). 1014 Goppelt, Schreiben vom BMWi v. 21.4.1998, Anlage, S. 1 (unveröffentlicht). 1009

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. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach euschem Recht

die faktischen und wirtschaftlichen Folgen als nicht von § 31 GWB indiziert anzusehen, mißachtet ökonomische Erfahrungen. Fraglich ist allerdings, inwieweit Sportübertragungen tatsächlich unterschiedlich ausgewählt, aufbereitet und gedeutet werden. 1015 Wenn Sportereignisse in vollem Bildausschnitt und zu 100 % im Fernsehen übertragen werden, gibt es kein konkurrierendes Auswahlmuster; anders dagegen, sobald die Ausstrahlung nicht alle Sportveranstaltungen oder nur Ausschnitte von Spielen umfaßt. Hinsichtlich der ersten Fußballbundesliga und internationaler Fußballspiele deutscher Spitzenmannschaften ist die Deckung bei Übertragungen in voller Länge, wenn auch nicht in vollem Bildausschnitt gegeben. Die Aufbereitungsmethoden sind unabhängig von der Zahl der übertragenden Sender in aller Regel identisch. Die Rechteinhaber treiben oft einen großen Aufwand, um verschiedene Perspektiven einer Wettkampfsituation aufzeichnen zu können. Daher sind andere Kameraeinstellungen von weiteren Sendern eher die Ausnahme. 1016 Hinzu kommt, daß TV-Anbieter meist wegen der hohen Aufzeichnungskosten einer Veranstaltung das Bildmaterial eines anderen Fernsehsenders übernehmen. Ausgeschlossen werden können andere Aufbreitungsmethoden, ζ. B. durch unterschiedliche Bildauswahl, indessen nicht. Insbesondere kann nicht prognostiziert werden, welche anderen Techniken bei großer Konkurrenz unter den Fernsehsendern entwickelt werden. 1017 Dies läßt sich an einem Beispiel aus den Anfängen des Privatfernsehens verdeutlichen. Vor dem Einstieg der privaten Sender übertrugen allein die öffentlich-rechtlichen Anstalten Bundesligaspiele. Zur Aufzeichnung der Spiele verwendeten sie eine aus heutiger Sicht geringe Anzahl an Kameras. Die privaten Sender versuchten, ihren Marktanteil auszubauen, indem sie eine große Zahl an Kameras einsetzten, um so den fußballinterssierten Zuschauern die besten und auch unterschiedlichsten Perspektiven der Höhepunkte eines Spiels anbieten zu können und die Zuschauer so an sich zu binden. Außerdem konkurrieren die Deutungsmöglichkeiten und -muster im Fußball miteinander. 1018 In anderen Sportarten hat es bereits 1015 Hierzu Schwabe, JZ 1998, 514 f., nach dem grundsätzlich keine konkurrierenden Auswahl- oder Deutungsmuster bei Sportveranstaltungen möglich sind, zumal der Sender mit den Exklusivrechten 100 % der Veranstaltung überträgt. 1016 Wenn die DFL ihre Pläne verwirklicht und die technische TV-Produktion aller Bundesligaspiele selbst übernimmt (siehe Ashelrn, FAZ v. 27.6.2002, Nr. 146, S. 45), scheiden unterschiedliche Bilder von vornherein aus. Allerdings ist die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Vorgehens zu hinterfragen. 1017 Darauf stellte auch die EG-Kommission im Rahmen ihrer Untersuchung der Zentralvermarktung von Champions-League-Rechten ab, vgl. rapid-Informationsdienst, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh , Aktenzeichen IP/01/1043; ebd., MEMO/ 01/271, S. 5. 10,8 Siehe auch Scheu, in: Tegelbeckers/Milles (Hrsg.), Quo vadis, Fußball?, S. 28, 33 f., nach dem gerade das Fernsehen ungeahnte Möglichkeiten unbewußter Einstellungen und bewußter Manipulationen erlaubt. Selbst Liveübertragungen seien nur zweite Realität, beinflußt von Kamera, Regie, Bildschnitt, Geräusch und Kommentar. Auch

III. §31 GWB

225

Auseinandersetzungen zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegen unterschiedlicher Deutungsmuster gegeben. So mißbillgte RTL, der die Rechte an Skirennen an ARD und ZDF weiterveräußert hatte, die kritische Würdigung der Leistungen des Deutschen Skiverbands durch die öffentlich-rechtlichen Sender. RTL bemängelte die mediale Präsentation der Wettkämpfe. 1019 Nach der oben dargestellten aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht bereits ein Eingriff in diese teilweise auch nur theoretisch gegebenen, miteinander konkurrierenden Muster aus, um die Pluralität von Sichtweisen zu gefährden und die Gefahr von Informationsmonopolen zu begünstigen. Auf § 31 GWB bezogen, bedeutet das: Die zulässige Zentralvermarktung von Fernsehrechten schränkt die Darstellung der Meinungsvielfalt im Fernsehen ein, da eine deutlich geringere Anzahl von Sendern an den Rechten beteiligt wird. Zwar wird die Information über Sportereignisse der Öffentlichkeit übermittelt. Aber die Möglichkeit, unterschiedliche Sichtweisen der Sender in Wort und Bild darzustellen, wird erheblich eingeschränkt. Anderen Fernsehveranstaltern wird die Möglichkeit genommen, ebenfalls ausfuhrlich, das heißt über das Kurzberichterstattungsrecht hinaus, von den Sportereignissen zu berichten. Das Recht der Kurzberichterstattung genügt nicht, um konkurrierende potentielle Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsprozesse zu gewährleisten. Durch § 31 GWB werden sämtliche Ereignisse anstatt von einer Vielzahl von Sendern, die alle über Ausschnitte des Gesamtwettbewerbs informieren und dabei unterschiedliche Schwerpunkte setzen können, von nur wenigen Fernsehveranstaltern ausgestrahlt. Ihre Übertragungsarten werden zum einzigen Medium der Informationsbeschaffung im Fernsehen. In das Grundrecht der Rundfunkfreiheit wird mithin eingegriffen. Darüber hinaus wird die momentane Situation auf dem Mediensektor verfestigt. Die Oligopolisten müssen keine Konkurrenz kleinerer Sender furchten, da nur sie die finanzielle Kraft haben, die vom Verband zentral angebotenen Rechtepakete zu erwerben. Selbst wenn ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit aufgrund der doch ähnlichen Auswahl-, Deutungs- und Aufbereitungsmuster verneint wird, muß erkannt werden, daß durch die Stärkung des bestehenden Oligopois die Gefahr einer vorherrschenden Machtstellung einzelner Sender und damit uniformer Information auch auf anderen Gebieten als dem Sport besteht. § 31 GWB greift mithin deutlich weiter als der Wortlaut den Anschein gibt. Es geht nicht allein um Sport. 1020 Zwar müssen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die verfassungsrechtlich gebotene Grundversorgung durch Dörr, Sport im Fernsehen, S. 47 ff., sieht Mißbrauchsmöglichkeiten bei der Monopolisierung von Sportberichterstattungen. 1019 Pleitgen, Der Sport im Fernsehen, S. 6. 1020 Ebenso Wolf Zentrale Vermarktung oder Einzelvermarktung, S. 7. 1 Weihs

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

Binnenpluralität gewährleisten. Aber die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, daß die zwei privaten Mediengruppen durch attraktive Sportübertragungen weiter an Popularität gewinnen und dadurch auch ein Informationsmonopol in anderen Bereichen aufbauen können. Es besteht ein verfassungsrechtliches Interesse an der Zugänglichkeit von - sowohl politischen als auch unterhaltenden - Programmangeboten für eine möglichst breite Öffentlichkeit. Das beinhaltet ein Interesse an publizistischer Vielfalt. 1 0 2 1 Mit der vorliegenden Norm verhält sich der Gesetzgeber jedoch in genau umgekehrter Weise. Er unterstützt die Verwirtschaftlichung der Information und damit den Marktmechnismus zur Bildung von Monopolen bzw. Oligopolen auf dem Rundfunksektor. Damit wird die Rundfunkfreiheit eingeschränkt.

cc) Rechtfertigung der Einschränkung Dieser Eingriff müßte verfassungsrechtlich gerechtfertigt und durch die Schranke von Art. 5 Abs. 2 GG gedeckt sein. Nach Art. 5 Abs. 2 GG ist das Grundrecht der Rundfunkfreiheit durch die Vorschriften der allgemeinen Gesetze beschränkt. Das sind solche Regeln, die sich weder gegen bestimmte Meinungen richten noch Sonderrecht gegen den Prozeß freier Meinungsbildung darstellen. Sie dienen vielmehr ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung dem absoluten Schutz eines Gemeinschaftswertes, der gegenüber der Rundfunkfreiheit den Vorrang hat. 1 0 2 2 § 31 GWB bezieht sich nicht auf einen bestimmten Inhalt, sondern gilt für alle Fernsehübertragungsrechte von sportlichen Wettkämpfen in gleicher Weise. Diese Norm schließt ferner nicht die Übertragung derartiger Veranstaltungen aus, sondern führt zu einer geringeren Anzahl an TV-Anbietern, die über Ereignisse einer Sportart berichten. § 31 GWB wahrt folglich die von allgemeinen Gesetzen geforderte Meinungsneutralität. 1023 Entscheidend für die Verfassungswidrigkeit der Norm ist daher, ob § 31 GWB geeignet und notwendig zur Erreichung eines legitimen Zwecks ist. Mit der Schaffung eines Ausnahmebereichs „Sport" wurden - wie gesehen zwei verschiedene Ziele verfolgt. Einerseits ging es um die Sicherung einer finanziell ausgeglichenen Liga durch einen Finanzausgleich zwischen den wirt-

1021

Vgl. Ladeur, SpuRt 1998, 54, 58. BVerfG v. 15.1.1958, BVerfGE 7, 198, 209 f.; BVerfG v. 26.2.1997, BVerfGE 95, 220, 235 f.; Bonner KommznXdx-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 66 ff.; Schmidt-Bleibtreu/ K\ein-Kannengießer y Art. 5, Rdnr. 12 f.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 586 f f ; von Mangoldt/Klein/Starck-StarcÄ, Art. 5 Rdnr. 178 ff.; von Münch/Kunig-Wemft, Art. 5, Rdnr. 69 ff.; Jarass/Pieroth-ofarasj, Art. 5, Rdnr. 56. 1023 Vgl. auch Bonner Kommenter-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 877; von Münch/KunigWendt, Art. 5, Rdnr. 74; BGH v. 18.12.1979, WuW/E BGH 1685, 1689 „SpringerElbe-Wochenblatt": Das GWB ist ein allgemeines Gesetz. 1022

III. §31 GWB

227

schaftlich starken und schwachen Clubs. 1024 Es handelte sich mithin um die bereits analysierte Forderung nach True Competition. Die Länder wollten mit Einfügung von § 31 die Folgen einer in Zukunft befürchteten Untersagung der bisherigen Vermarktungspraxis für Bundesligaspiele abwenden. 1025 Allerdings rechtfertigte allein dieser Unterschied zu gewöhnlichen Marktprozessen auch nach ihrer Ansicht noch keine Ausnahme vom Kartellverbot. Deshalb war andererseits die Förderung des Jugend- und Amateursports aus den Mitteln der zentralen Vergabe ein wesentliches Anliegen bei Einfügung des § 31 G W B . 1 0 2 6 Der Sport nehme wichtige gesellschaftspolitische und soziale Aufgaben wahr. 1 0 2 7 Um diese auch künftig in vollem Umfang erfüllen zu können, brauche es den bislang bewährten Finanzausgleich.1028 Diese Solidarität sei sowohl für den Amateurfußball als auch im ureigenen Interesse des Spitzenfußballs, der seine Kräfte aus dem Breitenbereich schöpfe, unerläßlich. 1029 Es ist fraglich, ob diese beiden Ziele den Eingriff in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigen können. Bei dem Argument der Bestandssicherung der Liga und der Aufrechterhaltung von True Competition handelt es sich um denselben Punkt, der bereits unter der Erforderlichkeit der wettbewerbsbeschränkenden Maßnahme und der Möglichkeit eines Solidarfonds behandelt worden ist. Auch dort ging es um die Frage, ob die gebündelte Rechts vergäbe dasjenige Mittel ist, das die wettbewerbliche Handlungsfreiheit der Beteiligten am wenigsten tangiert. Dies ist mit Blick auf die Fondslösung verneint worden. Die Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung kann nicht anders beantwortet werden: Die Aufrechterhaltung von True Competition und die Bestandssicherung der Liga reichen als Rechtfertigung einer Einschränkung der Rundfunk24 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (DFB), S. 247; Braun, in: Alfred Herrhausen Gesellschaft (Hrsg.), Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, S. 221, 229 f.; Scholz, ebd., S. 262, 268 f. Auch die EGKommission erkennt diese Besonderheit an, vgl. Monti , Competition and Sport - the rules of the game, S. 2 f; Pons, Competition Policy Newsletter 2001, No. 1, S. II; ders., Fordham Corporate Law Institute 1999, 75, 79 f.; Reding , Die Europäische Gemeinschaft und der Europäische Sport, S. 7. 1025 Stellungnahme des Bundesrates, BT Drucks. 13/9720, S. 75 (= BR Drucks. 852/2/97). 1026 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungsnahme des Bundesrates, BT Drucks. 13/9720, S. 81. 1027 Bericht des Ausschusses fur Wirtschaft (Bericht des Abgeordnerten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 61; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 242 ff. Kritisch hierzu Weatherill, Fordham Corporate Law Institute 1999, 127, 131. 1028 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft (Bericht des Abgeordnerten Jens), BT Drucks. 13/10633, S. 61; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 244. 1029 Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (DFB), S. 245. Vgl. auch Langen/Bunte-tfwite, § 31, Rdnr. 27.

15'

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. Zulässigkeit der Zentralermarktung nach euschem Recht

freiheit durch § 31 GWB nicht aus. Es handelt sich bei diesem Eingriff nicht um das mildeste Mittel. Dasselbe Ziel ist über einen Solidarfonds zu erreichen, der bei Einzelvergabe der Rechte möglich ist. Hier sind die diskutierten Fondslösungen anzuwenden. Zwar steht dem Gesetzgeber, wie Hannamann betont, eine Einschätzungsprärogative bei der Entscheidung zu, auf welchem Weg er ein bestimmtes Ziel erreichen will. Er genießt einen Vertrauensvorsprung bei der schwierigen Beurteilung komplexer empirischer Zusammenhänge. Zweifel gehen zugunsten des Gesetzgebers. 1030 Derartige Zweifel bestanden in dieser Frage jedoch nicht. Die Ergebnisse aus der Alternativlösung sind eindeutig und wurden vor Erlaß von § 31 GWB häufig genug dem Gesetzgeber vorgetragen. Auch zeigt die erfolgreiche Durchführung einer individuellen Vermarktung in anderen europäischen Ländern, daß die Beurteilung der Zusammenhänge nicht schwierig war. Schließlich hat der Gesetzgeber selbst erkannt, daß dieses Ziel für den Erlaß von § 31 GWB nicht ausreicht und deshalb die Nachwuchsförderung in die Ausnahmevorschrift aufgenommen. Auch ist nicht erforderlich, daß der Gesetzgeber eine Fondslösung vorschreibt. Das Bestehen einer solchen Alternative reicht aus, zumal hier ein gravierender Eingriff in das Grundrecht der Rundfunkfreiheit vorliegt. 1031 Allein die Tatsache, daß der Gesetzgeber eine organisatorisch einfachere Lösung (die Zentralvermarktung) gesetzlich festschreiben kann und die Beteiligten damit von den Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Fondslösung befreit, kann einen derart schwerwiegenden Eingriff nicht rechtfertigen. Der Eingriff kann ebensowenig mit der Förderung von Amateur- und Jugendsport gerechtfertigt werden. Wenn aus politischen Gründen eine Förderung des Breitensports wegen seiner integrativen, erzieherischen und gesundheitlichen Wirkung 1 0 3 2 gewünscht ist, müßte dies der Sache nach durch eine Subvention des Jugend- und Amateursports aus allgemeinen Steuermitteln erfolgen. 1033

1030

Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 463. Hannamann, Kartell verbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 464. 1032 Vgl. z. B. Reding , Die Europäische Gemeinschaft und der Europäische Sport, S. 11 f.; EG-Kommission, Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 1, 20 ff.; Osmann, SpuRt 2000, 58, 61; Koss, The Business of sport and solidarity; P. Fischer , in: FS für Offerhaus, S. 597, 599 ff.; Tettinger, JZ 2000, 1069, 1073; Büch, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 165, 169; Pleitgen, Der Sport im Fernsehen, S. 1; Weatherill, Fordham Corporate Law Institute 1999, 113, 121; ferner ζ. B. das Sportförderungsgesetz von Bremen, § 1 Abs. 1 S. 2 Sportforderungsgesetz v. 5.7.1976 (GBl. 1976, Nr. 28, S. 173); eine - mitunter sehr - kritische Auseinandersetzung mit den meist angeführten Vorzügen bei: Herrnkind, Steuerliche Förderung von Sportvereinen, S. 78 ff. 1033 Seitel, WuW 1999, 694, 702. Zum Gemeinnützigkeitsrecht als Mittel der Subventionierung Trzaskalik, in: Tettinger (Hrsg.), Subventionierung des Sports, S. 55 ff.; Tettinger, ebd., S. 33 ff., stellt die Rechtslage der staatlichen Sportforderung einschließlich der Kompetenzverteilung dar; ebenso Thom, Sportforderung, S. 30 ff.; P. Fischer, in: FS für Offerhaus, S. 597, 601 f. (Sportforderung als Staatsaufgabe); Krogmann, 1031

229

III. §31 GWB

M i t der neuen Ausnahmeregel werden demgegenüber einzelne gesellschaftliche Gruppen wie die Fernsehzuschauer und die Werbetreibenden über kartellbedingt überhöhte Preise zur Finanzierung herangezogen. Das verstößt gegen Prinzipien der Besteuerung. 1 0 3 4 Abgesehen von generellen Einwänden gegen Subventionslösungen aus Steuermitteln erscheint eine finanzielle Förderung des Breitensports für seine Existenzfähigkeit nicht erforderlich. Denn Vereine als ehrenamtlich geführte Organisationen

akquirieren

die

notwendigen

Ressourcen

regelmäßig

durch

verschiedene Eigenleistungen (Arbeit, Geld etc.) von ihren M i t g l i e d e r n . 1 0 3 5 I m Amateurbereich bilden ehrenamtliche Trainer gegen eine geringe Aufwandsentschädigung aus. Die M i t t e l werden i m wesentlichen durch Mitgliedsbeiträge von A k t i v e n und Passiven selbst erbracht. Folglich investieren die Vereine nur geringe S u m m e . 1 0 3 6 M i t h i n kann eine Sportart auch ohne Gelder aus den Fern-

Grundrechte im Sport, S. 147 ff.; Grübl, Förderung des Sports, S. 10 ff.; Kemper, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 154 f f ; Hockenjos, ebd., S. 129 ff., der Zahlenmaterial der Sportforderung durch die Kommunen analysiert, die den Großteil der Sportförderung tragen; Büch, ebd., S. 165 f f , mit Zahlenmaterial der Sportfördermittel durch den Bund. 1983 lag die staatliche Förderung von Vereinen zwischen 7,2 % und 15 % (zitiert nach Finger, in: Tettinger (Hrsg.), Subventionierung des Sports, S. 1, 7 ff.), 1986 bei 9,7 % und 1991 bei 6,2 % (zitiert nach Trosien, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, S. 63, 80). Die Sportfordermittel des Bundes betrugen von 1998 bis 2001 mehr als 790 Mio. Euro. Das ist eine Steigerung um 17 % gegenüber den Jahren 1994 bis 1997, siehe FAZ v. 29.6.2002, Nr. 148, S. 40. Nach Herrnkind, Steuerliche Förderung von Sportvereinen, S. 168 ff., sind Steuervergünstigungen für Sportvereine nicht erforderlich, da sie ihre Ausgaben über eine Erhöhung der Beiträge decken können. Zur steuerlichen Unterstützung der US-amerikanischen Profiligen insbesondere durch Kommunen siehe Ross, Minnesota Law Review, Vol. 73 (1988/89), 643, 644, 649 ff. 1034 Gegen das Prinzip der Leistungsfähigkeit und der Äquivalenz, siehe Seitel, WuW 1999, 694, 702. 1035 Siehe eine Aufstellung der Einnahmen von 1983 bei Finger, in: Tettinger (Hrsg.), Subventionierung des Sports, S. 1, 7 ff., von 1986 und 1991 bei Trosien, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, S. 63, 80. Danach machen die Beiträge meist weit über 30 % der Einnahmen aus. Die neusten Zahlen des Deutschen Sportbundes von 1996 weisen zahlreiche Lücken auf, vgl. Emrich/Piisch/Papathanassiou, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 31, 43 ff. Siehe ferner das Diskussionspapier der Generaldirektion X, S. 3; Osmann, SpuRt 1999, 228, 229: In Portugal sind rund 70.000 unbezahlte Trainer und 40.000 unbezahlte Jury- und Ausschußmitglieder auf Vereinsebene tätig. Allerdings wird die Zahl der Sportler nicht genannt. Die Zahlen können daher in kein Verhältnis gesetzt werden. 1036 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 7, 19; Emrich/Pitsch/Papathanassiou, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, 2. Aufl., S. 31; Parensen,, in: Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 70, 86 f. Α. A. Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 245, der damit allerdings die Finanzierung der Nachwuchsausbildung für den Profisport (siehe nächster Absatz) mit einschließt.

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sehrechten einer professionellen Liga existieren, 1037 sofern die Zahl derer, die einen bestimmten Sport als Amateure betreiben wollen und geneigt sind, sich in die Vereinsorganisation einzubringen, hinreichend groß ist. Dies wird durch die Existenz der zahllosen Vereine belegt, welche die unterschiedlichsten Sportarten ohne besondere (öffentliche) Förderung betreiben. 1038 Das traditionelle System der Ausbildungsförderung im Amateurbereich ist dagegen bei der Ausbildung von Profisportlern nicht ausreichend. Denn solche Athleten müssen für eine Karriere als Leistungssportler bereits frühzeitig entdeckt und in spezialisierten Ausbildungsgängen gefördert werden. 1039 Die vor einer Wertschöpfung zu investierenden Summen sind erheblich. Die für den klassischen Verein charakteristischen Ressourcen wie Mitgliedsbeiträge, Spenden, Arbeitskraft und Zeit bei unentgeltlichem Engagement spielen bei Bundesligisten trotz hoher Mitgliederzahl eine untergeordnete Rolle. 1 0 4 0 Dennoch wurde die Ausbildung von talentierten Nachwuchsspielern lange Zeit auch von den Amateurvereinen und dem Verband finanziert. 1041 Die Ausbildungskosten wurden bei einem Transfer zu einem anderen Verein von dem neuen Club ausgeglichen. Seit dem Bosman-Urteil und den neuen mit der EG-Kommission 2001 ausgehandelten FIFA-Transferregeln 1042 lohnt sich die kostspielige Ausbildung des Nachwuchses nicht mehr, da sie finanziell nur begrenzt honoriert wird. Mit Wegfall der Ausländerklausel kann zudem Nachwuchs aus anderen Ländern angeworben werden, dessen Ausbildung nicht von deutschen Clubs finanziert wurde. Mit Blick auf die Transferregelungen versucht der DFB, die Clubs zur Ausbildung des ζ. B. für Länderspiele notwendigen deutschen Nachwuchses zu motivieren, indem er die Verteilung der Gelder für die Nachwuchsförderung

1037 A.A. Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (DFB), S. 97. 1038 Eine Studie des Deutschen Sportbunds scheint diese Einschätzung zu bestätigen. Danach machen die Zuschüsse der Fachverbände für verschiedene Typen von Vereinen lediglich zwischen 9, 6 % und 3,0 % aus (zitiert nach Finger, in: Tettinger (Hrsg.), Subventionierung des Sports, S. 1, 7 ff.). Allerdings handelt es sich um Daten von 1983 (bzw. 1981). Daher können die getätigten Einschätzungen nicht auf diese Zahlen gestützt werden. Ohne Aufschlüsselung nach Vereinsarten gewährten die Verbände 1986 5,3 % und 1991 3,8 % an Zuschüssen (zitiert nach Trosien, in: Trosien (Hrsg.), Die Sportbranche, S. 63, 80). 1039 Vom neuen Talentförderprogramm des DFB sollen Jugendliche im Alter von elf bis siebzehn Jahren profitieren, FAZ v. 17.7.2002, Nr. 163, S. 31. 1040 Parensen, in: Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 70, 86 f. 1041 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 6, 20. 1042 Siehe hierzu oben, Fußn. 610; ferner FAZ v. 19.11.2002, Nr. 269, S. 32.

III. §31 GWB

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danach festlegt, ob die Vereine Ausbildungsarbeit leisten. Dahinter steht die Idee der Förderung von der Breite in die Spitze. 1043 Genau betrachtet, handelt es sich hierbei jedoch nicht um ein vom Wettbewerbsrecht zu forderndes Ziel. Denn die so verstandene Nachwuchsförderung, die über die allgemeine Jugendarbeit hinausgeht, ist allein für die Profiligen von Bedeutung. Aus diesen Ressourcen wollen sie ihre Spieler gewinnen. Daß es nicht um den Breitensport für jedermann, sondern um die Rekrutierung von Bundesligaspielern geht, gibt der DFB mit der Losung „Förderung in die Spitze" selbst zu verstehen. Eine Ausbildung von Leistungssportlern mag für den - auch internationalen - Erfolg des Profifußballs wichtig sein. Diese Ausbildung setzt aber nicht die gesellschaftliche Verantwortung des Sports um. Zwar kommt Spitzensportereignissen, wie bereits erwähnt, auch eine gesellschaftliche Funktion zu. 1 0 4 4 Dies bezog sich aber auf die Notwendigkeit einer umfassenden Berichterstattung über Sportereignisse. Aufgrund ihrer Bedeutung für die Bevölkerung handelt es sich um Gegenstände öffentlichen Interesses. Weder wurde in dem Urteil zur Kurzberichterstattung dagegen zum Ausdruck gebracht, der Staat müsse die gegenwärtige Bedeutung des Profisports insbesondere im Fußball aufrechterhalten, um der Bevölkerung Identifikationsmöglichkeiten zu gewähren, noch ging es um die aktive Teilnahme am Profisport selbst. Dabei geht es um verschiedene Dinge. Außerdem steht im Profisport die Vermarktungsfähigkeit des Produkts im Mittelpunkt, nicht der Spaß des einzelnen Sportlers bei der Ausübung. Trotz der noch meist formalen Gemeinnützigkeit als eingetragene Vereine wird in einer professionellen Liga aufgrund erwerbswirtschaftlicher Gesichtspunkte entschieden. 1045 Da im Sport viel Geld verdient wird, obliegt es den Verantwortlichen, dafür Sorge zu tragen, daß ein ausreichender Nachwuchs an Spitzensportlern vorhanden ist. Mit dieser Argumentation jedoch die zentrale Vermarktung von Fernsehrechten mit ihren überhöhten Preisen zu rechtfertigen, ist nicht überzeugend. In allen anderen Wirtschaftsbereichen können Kartelle nicht damit begründet werden, daß die Mehreinnahmen zur Deckung des Personalbedarfs eingesetzt werden. Auch diese Faktoren unterliegen den Marktgesetzen. Sie können keine Ausnahmeregelung vom Kartellverbot rechtfertigen.

1043

Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWBEntwurf (DFB), S. 97. Siehe ferner oben, C. I. 4. b) cc) (1), zu den Vorgaben der Verbandssatzung. 1044 BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 257; Steiner, in: FS für Stern, S. 509, 516. Zur Bedeutung der aktiven Teilnahme am Sport siehe auf europäischer Ebene die auf dem Amsterdamer Gipfel verabschiedete, der Schlußakte beigefügte Erklärung Nr. 29 zum Sport, ABl. 1997, C 340/136, im Wortlaut in der Fußn. 3 (Abschnitt D.) zitiert. 1045 Schellhaaß/Enderle, Wirtschaftliche Organisation von Sportligen, S. 5 f.

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Selbst wenn der Nachwuchsförderung für die Profiligen eine gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wird, kann die Förderung sport- und gesellschaftspolitischer Zwecke - wie dargestellt - ohne einen Verstoß gegen das Kartellverbot mit Hilfe eines Solidarausgleichs realisiert werden. 1046 Eine solche kartellrechtsneutrale Lösung ist der Schaffung eines Ausnahmebereichs vorzuziehen, sie stellt das mildere Mittel dar. Wenn das Bundesverfassungsgericht seine Maßstäbe nicht nur anwendet, um einen andere Konkurrenten ausschließenden Wettbewerb zu verhindern, sondern um Wettbewerb unter eben diesen Konkurrenten zu ermöglichen und damit den Markt auf dem Rundfunksektor zu öffnen - wobei es sich um die konsistente Auslegung der Maßstäbe handelt - 1 0 4 7 folgt aus einer Regelung, die aus der eigenen Logik heraus zur Angebotsverknappung und Marktschließung führt und mildere Mittel nicht ausschöpft, ihre Verfassungswidrigkeit. Indem § 31 GWB zu diesen Folgen führt, widerspricht die Norm dem Ziel, Informationsmonopole zu verhindern und vielfältige Informationen über ein und denselben Gegenstand zu ermöglichen. 1048 Die neue Ausnahmevorschrift läuft dem Verfassungsauftrag zum Schutz der Informationsfreiheit und der Meinungsvielfalt zuwider. 1049 Während das Kartellrecht in vielen Fällen die Rundfunkfreiheit fördert und das GWB gerade auch im Zusammenhang mit Sportübertragungsrechten als Instrument zur Sicherung der Meinungsvielfalt gegenüber dem Entstehen von Monopolstellungen hervorgehoben wurde, 1050 wird hier in ungerechtfertigter Weise in die Rundfunkfreiheit eingegriffen. § 31 GWB verstößt mithin gegen das Grundrecht der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.

1046

C. Chr. von Weizsäcker, FAZ v. 18.2.1998, Nr. 41, S. 17. Vgl. Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Möschel), S. 135; Möschel/Weihs, in: Vieweg (Hrsg.), Das Sportereignis, S. 23, 34. 1048 Monopolkommission, XII. Hauptgutachten 1997/98, Tz. 502; Ausschuß für Wirtschaft, Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung zum GWB-Entwurf (Mailänder), S. 279. 1049 Parlasca, in: Trosien/Dinkel (Hrsg.), Verkaufen Medien die Sportwirklichkeit?, S. 83, 106. 1050 BGH v. 14.3.1990, WuW/E BGH 2627, 2641 f. „Sportübertragungen "; Jarass/ Pieroth-./arass, Art. 5, Rdnr. 47a, 33; vgl. auch Schmidt-Bleibtreu/Klein-ATa««^g/^r, Art. 5, Rdnr. 6; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5, Rdnr. 879. 1047

III. §31 GWB

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b) Art 12 Abs. 1 GG aa) Schutzbereich Die Ausnahmeregelung könnte außerdem gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, verstoßen. Dann müßte § 31 GWB den Schutzbereich dieses Grundrechts betreffen. Die Berufsfreiheit umfaßt jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. 1051 Der Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG erstreckt sich seinem sachlichen Umfang nach auf den Beruf in all seinen Aspekten. 1052 Aufgrund der existenzsichernden Funktion des Berufs 1053 umfaßt er insbesondere die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung. Vom Schutzbereich der Berufsfreiheit wird auch das Verhalten im Wettbewerb erfaßt. Es handelt sich bei Art. 12 GG um ein nicht personal gebundenes Grundrecht, das gem. Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar ist. Die kommerziellen Fernsehveranstalter üben unstreitig eine Berufstätigkeit aus. Sie übertragen u. a. Ereignisse und Veranstaltungen und sind damit direkt unter die Definition subsumierbar. Personen des öffentlichen Rechts und damit auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten können Art. 12 Abs. 1 GG dagegen nicht geltend machen. 1054 Die Ausnahmeregelung des § 31 GWB hat Folge Wirkungen für die Wettbewerbssituation der Fernsehsender. Ihre Marktlage ändert sich. Die Berufsausübung der TV-Anbieter wird mithin tangiert. Daneben sind auch die Ligaclubs in ihrer beruflichen Tätigkeit betroffen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts kann sich auch ein gemeinnütziger Verein auf Art. 12 GG berufen, wenn zu seinen satzungsmäßigen Zwekken die Führung eines Geschäftsbetriebs gehört. 1055 Die Sonderregel „Sport" 1051

BVerfG v. 11.6.1958, BVerfGE 7, 377, 397; BVerfG v. 1.3.1979, BVerfGE 50, 290, 362; BVerfG v. 18.6.1980, BVerfGE 54, 301, 313; von Mangoldt/Klein/StarckManssen, Art. 12, Rdnr. 33; von Münch/Kunig-Gwfo?//, Art. 12, Rdnr. 8. 1052 Statt vieler von Mangoldt/Klein/Starck-A/tfwsse«, Art. 12, Rdnr. 2. 1053 BVerfG v. 7.2.1990, BVerfGE 81, 242, 254. 1054 BVerfG v. 1.3.1979, BVerfGE 50, 290, 363; BVerfG v. 13.1.1982, BVerfGE 59, 231, 254 f.; von Mangoldt/Klein/Starck-A/ö/iwe/i, Art. 12, Rdnr. 261, 273; SchmidtB\e'\b{reu/K\e\n-Schmidt-Bleibtreu, Art. 12, Rdnr. 3 a, 26 f.; Jarass/Pieroth-Jara^, Art. 12, Rdnr. 10, Art. 19, Rdnr. 18, 21; Pieroth/Schlink,, Grundrechte, Rdnr. 150 ff.; J. Ipsen, Staatsrecht II, Rdnr. 592. 1055 BVerfG v. 19.10.1983, BVerfGE 65, 182, 209 f.; BVerfG v. 14.1.1987, BVerfGE 74, 129, 148 f.; BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 253. Α. A. für gemeinnützige Vereine, da hier die Tätigkeit keinen Erwerbszwecken diene, von Mangoldt/Klein/Starck-A/afljtt?fl, Art. 12, Rdnr. 37, 261; ebenso Wieland, JZ 1995, 96, 97.

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betrifft die Berufstätigkeit der Fußballclubs. Das gilt nicht nur für die inzwischen in Kapitalgesellschaften umgewandelten Profiabteilungen der Clubs, sondern auch für die übrigen Bundesligavereine. Sie engagieren Spieler, für die sie große Summen an Kapital benötigen, verkaufen Eintrittskarten, schließen Verträge mit Sponsoren ab und können originär als Inhaber über die Fernsehrechte verfügen. Diese Geschäftstätigkeit ist für die Vereine Voraussetzung ihrer Existenz. Ihre satzungsmäßigen Tätigkeiten umfassen damit die Führung eines Geschäftsbetriebs. Die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung beinhaltet bei Sportereignissen die Veräußerung der Fernsehübertragungsrechte. Sie bildet im Fußball und anderen Sportarten wie der Formel 1 heutzutage eine Haupteinnahmequelle und steht daher im Mittelpunkt des beruflichen Interesses. 1056 Nicht erforderlich ist, daß alle von § 31 GWB betroffenen Clubs die Fernsehübertragung berufsmäßig ausüben. Es genügt, daß sich die angegriffene Norm auf Tätigkeiten bezieht, die vielfach berufsmäßig ausgeübt werden. 1057 Das ist allein mit Blick auf die bedeutende Rolle, die der Profifußball spielt, der Fall. Ferner betrifft § 31 GWB das Verhalten der Sportclubs im Wettbewerb: Ihre Konkurrenzsituation auf dem Markt der Fernsehübertragungsrechte, also hinsichtlich der wirtschaftlichen Verwertung ihrer beruflichen Leistung, wird verändert. Die Tätigkeiten, die § 31 GWB betrifft, genießen daher sowohl auf Seiten der Fernsehanstalten als auch auf Seiten der Proficlubs grundsätzlich den Schutz der Berufsfreiheit.

bb) Eingriff in den Schutzbereich In diesen Schutzbereich muß durch § 31 GWB eingegriffen werden. Das Grundrecht wird beeinträchtigt, wenn der Staat das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb regelt. Dafür kann die Beeinflussung des Wettbewerbs und die Behinderung der Berufsausübung durch staatliche Maßnahmen genügen, so wenn beispielsweise durch Monopolisierung die Konkurrenz ausgeschaltet wird. 1 0 5 8 Ein Eingriff setzt voraus, daß sich die angegriffene Norm unmittelbar auf die geschützten Berufstätigkeiten auswirkt oder das Gesetz zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz hat. 1 0 5 9 1056

BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 253. BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 253. 1058 BVerfG v. 8.2.1972, BVerfGE 32, 311, 317; BVerfG v. 12.10.1977, BVerfGE 46, 120, 137; BVerfG v. 25.3.1992, BVerfGE 86, 28, 38 ff.; BVerwG v. 21.2.1995, NJW 1995, 2938, 2939; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 814 f.; von Mangoldt/ Κ\e\n/Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 67, 76; Jarass/Pieroth-Jar^, Art. 12, Rdnr. 15. 1057

III. §31 GWB

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Eine Norm wirkt unmittelbar, wenn sie verbindliche Vorgaben über das Ob und Wie einer bestimmten beruflichen Tätigkeit macht. 1060 Es ist nicht ausreichend, daß sie oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. 1061 Eine objektiv berufsregelnde Tendenz des Gesetzes ist gegeben, wenn die Vorschrift zwar die Berufstätigkeit selbst unberührt läßt, aber die Rahmenbedingungen verändert, unter denen der Beruf ausgeübt werden kann. Art. 12 Abs. 1 GG wird berührt, wenn die Regelung infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs steht und in ihren mittelbaren, tatsächlichen Auswirkungen von einigem Gewicht ist. 1 0 6 2 Es ist zwischen der Berufstätigkeit der Clubs und der Sender zu unterscheiden. Die Ausnahmeregelung „Sport" gestattet die Zentralvergabe der Übertragungsrechte durch Verbände. Sie erlaubt zivilrechtliche Abreden zwischen den Rechteinhabern und dem jeweiligen Verband. Das Gesetz überläßt den Parteien die Gestaltung ihrer Sphäre. Es enthält keine verbindlichen Vorgaben der Rechtevermarktung, sondern erweitert den bestehenden rechtlichen Handlungsrahmen. Die berufliche Beschränkung findet ihre rechtliche Grundlage damit nicht primär in staatlichem Handeln. Vielmehr haben die Vereine und Gesellschaften selbst einer entsprechenden Verpflichtung zur Übertragung der Rechte auf den Verband zugestimmt. Damit scheidet eine unmittelbare Wirkung von § 31 GWB bei den Clubs aus. Die Ausnahme Vorschrift könnte aber eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben. Mit § 31 GWB wird der status quo der Rechtevergabe besiegelt. Selbst wenn die einzelnen Clubs eine dezentrale Vermarktung bevorzugten, ist ihnen als tatsächliche Folge der Norm letztendlich diese Möglichkeit genommen. Die Statuten des DFB gaben dem Verband bereits vor der Einfügung des § 31 in das GWB das Recht der Fernsehvermarktung. Nunmehr besteht kein Anlaß, von der bisherigen Praxis abzuweichen. Die Norm verändert also die rechtlichen Rahmenbedingungen der Berufsausübung, indem sie die bisherige Form der Verwertung der beruflichen Tätigkeit sanktioniert. Allerdings hat der Einwand auch hier Bedeutung, daß die Clubs selbst ihre Sphäre verkürzen, indem sie die Lizenzverträge mit dem Verband abschließen. Hierdurch üben sie ihre individu-

1059

BVerfG v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 302. Jarass/Pieroth-Varass, Art. 12, Rdnr. 11; von Münch/Kunig-Gwfo?//, Art. 12, Rdnr. 42; Schmidt-Bleibtreu/Klein-5c/2m/i//- Jß/e/0/reM, Art. 12, Rdnr. 22. 1061 BVerfG v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 302. 1062 BVerfG v. 11.10.1977, BVerfGE 47, 1, 21; BVerfG v. 29.11.1989, BVerfGE 81, 108, 121 f.; BVerfG v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 302; BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 253 f.; Pieroth/Schlink,, Grundrechte, Rdnr. 823; von Münch/KunigGubelt, Art. 12, Rdnr. 43, auch zum weiteren Rahmen, den das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat; von Mangoldt/Klein/Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 70 ff., äußert sich gegen diese restriktive Tendenz; Jarass/Pieroth-yarass, Art. 12, Rdnr. 12. 1060

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eile Freiheit aus. 1063 Diese Freiheit ist aber nur gegeben, wenn die Bedingungen freier Selbstbestimmung tatsächlich vorliegen. Hat ein Vertragsteil ein starkes Übergewicht und kann vertragliche Regelungen faktisch einseitig durchsetzen, bewirkt dies für den anderen Teil Fremdbestimmung. Wo es an einem annähernden Kräftegleichgewicht fehlt, ist mit Mitteln des Vertragsrechts allein kein sachgerechter Ausgleich der Interessen zu gewährleisten. Wenn bei einer derartigen Sachlage über grundrechtlich verbürgte Positionen verfügt wird, müssen staatliche Regelungen eingreifen, um den Grundrechtsschutz zu sichern. 1064 Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine aktive Begrenzung der Vertragsfreiheit durch den Gesetzgeber. Vielmehr wurde durch Einfügung des § 31 GWB erst die rechtliche Zulässigkeit dieser Situation geschaffen, die es den Clubs fast unmöglich macht, sich gegen die zentrale Rechtevergabe zu wehren. Es ist fraglich, ob man im Verhältnis von DFB bzw. dem Ligaverband und den Clubs das beschriebene Kräftegefälle sehen kann. Einiges spricht dafür: Die Bundesligateams haben keine Wahl, ob sie bei Abschluß des Lizenzvertrags § 16a Abs. 1 Nr. 2 der DFB-Satzung anerkennen oder nicht. 1 0 6 5 Sie erhalten die Lizenz nur, wenn sie den DFB-Statuten und den Statuten des Ligaverbands als Ganzem zustimmen. Trotz der großen finanziellen und auch verbandspolitischen Macht einiger Clubs können sie nicht erfolgreich gegen diese Klausel vorgehen. Eine weitere Liga ζ. B. von einem anderen Verband kann wegen des Ein-Platz-Prinzips nicht realisiert werden. 1066 Unabhängig davon bestehen bei einem eher kleinen Land wie Deutschland tatsächliche Bedenken an der Umsetzbarkeit einer weiteren Liga. Ob man letzten Endes tatsächlich ein solches Abhängigkeitsverhältnis annehmen kann und eine grundrechtlich geschützte Position vorliegt, ist hier jedoch nicht zu entscheiden. Denn es geht nicht darum, das Vertragsrecht dem Grundrechtsschutz der Berufsfreiheit anzupassen, sondern darum, das Un-

1063

BVerfG v. 7.2.1990, BVerfGE 81, 242, 253 f. BVerfG v. 7.2.1990, BVerfGE 81, 242, 254 f.; Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, S. 37 f.; Badura, in: FS für Herschel, S. 21, 34 f. >065 J999 haben s j c h drei Top-Teams im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens gegen die Zentral Vermarktung gewährt und deutlich gemacht, daß sie § 3 Abs. 3 des LSpSt nicht mehr akzeptieren. Dieser Protest wurde vom Ligaausschuß des DFB zurückgewiesen, ran online, wysiwyg://FOLGEMAIN.FOLGEMAIN-G.l.../fussball/news/ 990614035-main.htm, v. 14.6.1999 und wysiwyg://FOLGEMAIN.FOLGEMAIN-G.4.../ fussball/news/990713051 -main.htm, v. 13.7.1999. 1066 Siehe Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, S. 54 f f ; Hannamann/Vieweg, in: Württembergischer Fußball verband e. V. (Hrsg.), Sport, Kommerz und Wettbewerb, S. 49, 51 f.; Hiedl, SpuRt 1998, 191, 192 f.; Franck , in: Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 11, 20 f.; Waldhauser, Z U M 1998, 129, 130; Pfister, in: FS für Lorenz, S. 171, 172 f.; Jessen, Vermarktung von Sportereignissen, S. 13; kritisch Heß, in: Heß/Dressler, Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1,27, Fußn. 138. 1064

III. §31 GWB

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gleichgewicht zwischen den Parteien wieder zu beseitigen, das erst durch das Handeln des Gesetzgebers entstanden ist. Hier ist der Gesetzgeber nicht zu einer Neugestaltung aufgefordert, sondern vielmehr dazu, den alten Zustand wieder herzustellen. Dafür reicht ein deutlich geringeres Mißverhältnis zwischen der Macht der einzelnen Parteien aus. Folglich genügt für eine objektiv berufsregelnde Tendenz diese Veränderung der Rahmenbedingungen. § 31 GWB erfaßt sportliche Veranstaltungen ohne Rücksicht darauf, ob sie berufsmäßig durchgeführt werden. Er gilt für alle Veranstalter von Wettkämpfen. Eine berufsregelnde Tendenz ist nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits gegeben, wenn nach Entstehungsgeschichte und Inhalt im Schwerpunkt Tätigkeiten betroffen sind, die typischerweise beruflich ausgeübt werden. 1067 Da § 31 GWB eingeführt wurde, um dem DFB die Möglichkeit der zentralen Vermarktung zu erhalten (vielfach daher als „Lex DFB" bezeichnet), und auch in anderen Sportarten die berufsmäßige Organisation und Verwertung bei großen nationalen und internationalen Sportereignissen üblich ist, spielt es keine Rolle, wenn sich der Anteil der berufsmäßig durchgeführten Sportveranstaltungen nicht zuverlässig bestimmen läßt. Im Hinblick auf die Vereine und Gesellschaften liegt damit eine objektiv berufsregelnde Tendenz von § 31 GWB vor. Fraglich ist, ob auch die Berufstätigkeit der privaten Fernsehsender durch die Sonderregelung betroffen wird. Eine unmittelbare Wirkung scheidet aus: § 31 GWB enthält keine verbindlichen oder unmittelbaren Vorgaben zur Berufsausübung der TV-Anbieter. Die tatsächlichen Konsequenzen könnten aber eine berufsregelnde Tendenz haben. 1068 Als indirekte Folge von § 31 GWB werden die Übertragungsrechte nur an eine geringe Anzahl von Sendern vergeben. Bei einer dezentralen Vergabe wäre die Verteilungsbreite erheblich größer. Das zeigen die Erfahrungen mit den Europapokalheimspielen seit der Saison 1998/99 1069 und Studien des amerikanischen Marktes. 1070 Mittelbar werden viele Sender in der Möglichkeit beschnitten, Sportübertragungen von wichtigen und damit für Zuschauer attraktiven Wettkämpfen ins Programm aufzunehmen. Die Wirkungen wurden bereits oben unter „Medienpolitische Folgen" dargestellt. 1071 Hinzu kommt, daß der wirtschaftliche Wert der Fernsehübertragungs1067

BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 254 f. Die Situation erinnert entfernt an die Grundrechtsbeschränkung durch Subventionen an Konkurrenten. Bei Subventionen wird ein Grundrechtseingriff angenommen, wenn es zu einer einigermaßen erheblichen Beeinträchtigung der Position des Mitbewerbers kommt. Es wird allein auf die Wirkung der Subvention abgestellt. Erforderlich ist eine spürbare Verschlechterung der Wettbewerbssituation, von Mangoldt/Klein/ Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 95. 1069 Siehe FAZ v. 14.9.1998, Nr. 213, S. 43. 1070 Siehe unten, E. I. 4. c). 1071 Siehe oben, C. III. 3. g). 1068

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. Zulässigkeit der Zentralvermarktung nach euschem Recht

rechte bis zum Jahr 2002 permanent gestiegen ist. Ausgangslage für kommende Verhandlungsrunden waren die in der vorherigen Runde gezahlten Entgelte. 1072 Wenn ein Sender erfolgreich um diese Rechte geworben hat, sinkt damit seine Finanzkraft für den Erwerb anderer Rechte. 1073 Diese Folgen beruhen auf den Vereinbarungen des Verbands mit den einzelnen Teams, die nur durch § 31 GWB möglich sind. Der Wettbewerb auf dem Rundfunksektor wird dadurch erheblich betroffen. Auch wenn der Gesetzgeber die zentrale Vermarktung nicht als einzig mögliche Lösung zur Erreichung der genannten Ziele - True Competition und Nachwuchsförderung - angesehen haben sollte, war er sich dieser Auswirkungen doch bewußt. Der DFB hatte in Gesprächen mit Politikern zuvor deutlich gemacht, daß er diese Möglichkeit nutzen und nicht nach Alternativen zur zentralen Vermarktung suchen werde. Die daraus folgenden höheren Gewinne für den DFB mögen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein, stellen aber eine klassische Konsequenz eines zugelassenen Kartells dar, auf die in der öffentlichen Anhörung zur sechsten GWB-Novelle von verschiedenen Seiten hingewiesen wurde. Die Wettbewerbssituation bleibt auf demselben schlechten Niveau wie bisher. Die Rahmenbedingungen wurden durch § 31 GWB erst legalisiert. Die Auswirkungen sind für den deutschen Fernsehmarkt von erheblichem Gewicht. Daher kann von einer objektiven berufsregelnden Tendenz gegenüber den Fernsehsendern ausgegangen werden.

cc) Rechtfertigung des Eingriffs Ein Verstoß gegen Art. 12 GG liegt nicht vor, wenn der Eingriff in die Berufsfreiheit der Clubs und TV-Anbieter gerechtfertigt ist. Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird nicht vorbehaltlos gewährleistet. Es unterliegt gesetzlichen Beschränkungen, deren Umfang davon abhängt, ob die Berufswahl oder die Berufsausübung tangiert wird. 1 0 7 4 Bei Regelungen der Berufsausübung wird der Beruf selbst nur am Rande betroffen. Der Kern selbst bleibt unangetastet.1075 Maßnahmen der Wirtschaftslenkung betreffen oftmals

1072

Dieser Entwicklung ist vorerst ein Ende gesetzt, siehe oben, Α. I. Das Bundesinnenministerium bezweifelte, ob durch eine zentrale Vermarktung höhere Preise bezahlt werden müßten, vgl. Timmer, Schreiben des BMI v. 14.4.1998, S. 3 (unveröffentlicht); anders das Bundeswirtschaftsministerium, Goppelt, Schreiben des BMWi v. 21.4.1998, S. 2 (unveröffentlicht). 1074 BVerfG v. 11.6.1958, BVerfGE 7, 377, 404 ff.; von Mangoldt/Klein/StarckMans sen, Art. 12, Rdnr. 120, 133 ff.; von Münch/Kunig-Gw&?//, Art. 12, Rdnr. 41; Jarass/Pieroth-Jarasi, Art. 12, Rdnr. 19, 24 ff. 1075 von Münch/Kunig-Gw^/Z, Art. 12, Rdnr. 48. 1073

III. §31 GWB

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diesen Teil der Berufsfreiheit. 1076 Das gilt auch für den Ausnahmebereich „Sport"; er tangiert ausschließlich die Berufsausübung. 1077 Aus dieser Eingrenzung folgt ein erheblicher Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber. Zwar muß jede Beeinträchtigung der Berufsfreiheit zum Schutz des Gemeinwohls geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn sein. 1078 Der Gesetzgeber hat aber bei Berufsausübungsregeln einen besonders weiten Rahmen bei der Einschätzung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme. 1079 Die hierbei notwendige Prognoseeinschätzung kann das Gericht lediglich auf seine Vertretbarkeit hin überprüfen. 1080 Dieser bereits weite gesetzgeberische Handlungsrahmen wird bei einem nur mittelbaren Eingriff nochmals erweitert. 1081 Relevant ist schließlich, welches Gewicht die Komponente der persönlichen Entfaltung hat; bei Großunternehmen sind eher Einschränkungen möglich als bei Privatpersonen. 1082 Regelungen, welche die Berufsausübung betreffen, sind mit Art. 12 GG vereinbar, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen und das Grundrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird. 1 0 8 3 Die Rechtfertigung setzt keinen Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter voraus. 1084 Insbesondere wirtschafts- und sozialpolitische Ziele spielen hier eine große Rolle, bei denen der Gesetzgeber wegen der wirtschafts-

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von Münch/Kunig-Gwte//, Art. 12, Rdnr. 51. Diese Regelung ist nicht derart gravierend, daß sie die Berufsangehörigen zu Berufsaufgabe zwingt, vgl. von Mangoldt/Klein/Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 137; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 12, Rdnr. 28; von Miinch/Kunig-Gwòe//, Art. 12, Rdnr. 50; Schm\dt-B\eibtreu/K\e\T\-Schmidt-Bleibtreu y Art. 12, Rdnr. 18 m. w. N. 1078 Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 12, Rdnr. 31 m. w. N. 1079 BVerfG v. 6.10.1987, BVerfGE 77, 84, 106. 1080 von Mangoldt/Klein/Starck-A/ü«.we«, Art. 12, Rdnr. 127, 131, 149; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 20, Rdnr. 87; von Münch/Kunig-Gwfo?//, Art. 12, Rdnr. 47 ff. 1081 BVerfG v. 12.10.1977, BVerfGE 46, 120, 145; BVerfG v. 15.12.1987, BVerfGE 77, 308, 332; BVerfG v. 23.1.1990, BVerfGE 81, 156, 189; von Mangoldt/ Klei n/S tarck-Λ/α/ι sse/i, Art. 12, Rdnr. 149. 1082 BVerfG v. 1.3.1979, BVerfGE 50, 290, 364 f.; von Mangoldt/Klein/StarckManssen, Art. 12, Rdnr. 65, 262; Jarass/Pieroth-Jara^, Art. 12, Rdnr. 35. 1083 BVerfG v. 11.6.1958, BVerfGE 7, 377, 405 f.; BVerfG v. 17.2.1998, BVerfGE 97, 228, 255; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rdnr. 846 ff.; von Mangoldt/Klein/StarckManssen, Art. 12, Rdnr. 134; Schmidt-Bleibircu/Ktein-Schmidt-Bleibtreu, Art. 12, Rdnr. 10 ff., 18; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 12, Rdnr. 36 m. w. N. 1084 BVerfG v. 15.12.1987, BVerfGE 77, 308, 332; von Mangoldt/Klein/StarckManssen, Art. 12, Rdnr. 140; Schmidt-Bleibtreu/Klein-5cAm/^/-5/^/reM, Art. 12, Rdnr. 12, 18; von Münch/Kunig-Gw6e//, Art. 12, Rdnr. 44; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 12, Rdnr. 31. 1077

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politischen Neutralität des Grundgesetzes eine weite Gestaltungsfreiheit hat. 1 0 8 5 Es findet also nochmals eine Erweiterung des Gestaltungsspielraums statt. Als anzuerkennendes Ziel gilt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts der Wettbewerbsschutz. Dies sei ein legitimes öffentliches Interesse. 1086 Andererseits gibt die Berufsfreiheit jedem Grundrechtsträger das Recht, seinen Lebensunterhalt durch eine berufliche Tätigkeit zu bestreiten. Ein Wettbewerbsschutz für einzelne oder für bestimmte Personen ist damit trotz der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit in wirtschafts- und sozialpolitischen Belangen nicht zu vereinbaren. Denn die Freiheit erlaubt es nicht, eine prinzipiell freiheitswidrige Konzeption zu verfolgen. Zwar darf der Gesetzgeber bei Berufsausübungsregelungen das freie Spiel der Kräfte durch entsprechende Lenkungsmaßnahmen korrigieren, 1087 nicht aber zur Verfolgung privater Interessen oder Sicherung von Wettbewerbsvorteilen. 1088 Derartige Klauseln können nur zulässig sein, wenn zusätzliche öffentliche Interessen vorliegen, durch die der Wettbewerbsschutz zu einer lediglich mittelbaren Folge wird. 1 0 8 9 Das Bundesverfassungsgericht verlangt daher für wettbewerbsverzerrende Regelungen eine besondere Legitimation. 1090 Wenn einer Norm mehrere Ziele zugrunde liegen, genügt es, wenn eine Zwecksetzung verfassungsgemäß ist. 1 0 9 1 Die der Ausnahmevorschrift „Sport" zugrundeliegenden Gemeinwohlerwägungen wurden bereits bei der Grundrechtsprüfung von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG dargestellt. Zum einen soll eine finanziell und dadurch spielerisch ausgewogene Liga geschaffen werden. Zum anderen wollte der Gesetzgeber mit dieser Norm eine stärkere Förderung des Amateur- und Nachwuchssports durch die Verbände erreichen.

1085 BVerfG v. 25.10.1977, BVerfGE 46, 246, 257; BVerfG v. 22.5.1979, BVerfGE 51, 193, 208; BVerfG v. 6.10.1987, BVerfGE 77, 84, 106; BVerfG v. 15.12.1987, BVerfGE 77, 308, 332; BVerfG v. 23.1.1990, BVerfGE 81, 156, 189; von Mangoldt/ Klein/Starck-M