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German Pages [269] Year 2023
Elementa Œconomica
5
Frank Schulz-Nieswandt
Onto-Poetik der responsiven Gabe Eine Phänomenologie des Weges zum genossenschaftsartigen Miteinander im Lichte der Dialektik von Identität und Alterität
https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Elementa Œconomica Herausgegeben von Ivo De Gennaro Sergiusz Kazmierski Ralf Lüfter Robert Simon Band 5
https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Frank Schulz-Nieswandt
Onto-Poetik der responsiven Gabe Eine Phänomenologie des Weges zum genossenschaftsartigen Miteinander im Lichte der Dialektik von Identität und Alterität
https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-495-99767-3 (Print) ISBN 978-3-495-99768-0 (ePDF)
Band 1 und 2 der Reihe sind beim Verlag Traugott Bautz GmbH erschienen. 1. Auflage 2023 © Verlag Karl Alber – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Baden-Baden 2023. Gesamtverantwortung für Druck und Herstellung bei der Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei). Printed on acid-free paper. Besuchen Sie uns im Internet verlag-alber.de https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und einführende Vorbemerkungen . . . . . . .
7
I. Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
1. Einleitung in die Problemstellung . . . . . . . . . .
33
2. Fragestellung und Erkenntnisinteresse: von der Praxeologie des Gebens zur Ethik der Gabe . . . . .
65
II. Dimensionen des Themas und Bausteine der Theoriebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
3. Gibt es eine Gabenökonomie? . . . . . . . . . . . .
71
4. Diesseits von Derrida . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
5. Jenseits theologischer Gabe-Axiomatik . . . . . . .
93
6. Responsive Phänomenologie der Gabe . . . . . . .
99
7. Der Wahn der prometheischen Hybris und die Demut des responsiven Subjekts . . . . . . . . . .
113
8. Gabe und das genossenschaftliche Formprinzip . .
117
9. Die dunklen Seiten der Gabe . . . . . . . . . . . . .
121
10. Die Gouvernementalität der Gabe und der Humanismus der relativen Autonomie . . . . . . .
125
11. Die Ordnung der subjektiven Rezeption der Gabe
129
5 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Inhaltsverzeichnis
12. Die Gabe im Rahmen einer Ästhetik als Kritische Sozialtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
133
13. Ontologie des »Dritten« . . . . . . . . . . . . . . .
137
III. Das System der Gegensatzpaare . . . . . . . .
141
14. Vertiefende Ergebnissicherung
. . . . . . . . . . .
143
15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177
16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung . .
195
Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
217
6 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Vorwort und einführende Vorbemerkungen
»Eigentlich« – eigentlich eine umstrittene begriffliche Eröffnung – dreht sich die Abhandlung um Verwandlungen: Dies ist ein uraltes Thema der Daseinsproblematik des Menschen. Der Mensch ist ein Wesen des lebenslangen Werdens. Und dieses Werden der Person verläuft als Wachstum, nicht nur des Körpers, sondern auch als Geist und Seele, mitunter als Ausdehnung, über Wachstumsringe, wie ein System konzentrischer Kreise. Diese Ausdehnung, ebenso wie im Fall des Systems der konzentrischen Krise nach dem Steinwurf in das Wasser, läuft aus, ist endlich und mündet über die Statuspassage des Sterbens in den Tod. Und eigentlich hat, mit Bezug auf Rainer Maria Rilke, das kleine Vorwort von Adelheid Nießen in ihrer Einleitung zu einer Textauslese aus dem Werk von Rilke (Rilke 1989) dies alles (das daseinsthematische Spektrum zwischen gelingender Seinsfröm migkeit und dem Schrei des leidenden kreatürlichen Subjekts) auf den Begriff gebracht, wenn man verstehen will, in welchen Bahnen einer Polarität des Lebens dieses Werden als Wachstum im Sinne der Jahrsringe des Baumes verläuft. Es wird sich zeigen, warum ich es demnach wage, im Buchtitel von Onto-Poetik zu sprechen. Mein Vorwort – schon in der Betitelung vermischt mit dem nicht deckungsgleichen Begriff der Vorbemerkungen, die eher an die Idee einer Einleitung erinnern mögen – hat verschiedene, mitunter (und dies betrifft auch verschiedene Stellen im weiteren Verlauf der Abhandlung) paratextlich1 anmutende Passagen. Immer wieder stelle ich in diesem Sinne heraus, dass die wissenschaftliche Abhandlung eine Erzählstruktur2 hat und ihr Erkenntnisinteresse mit einer gewis sen Poetik3 der Problementfaltung verknüpft. Diese Einschätzung mag überraschen, was jedoch davon abhängt, in welchen Diskursen
Genette 1993; 2001. Ferner Genette 1994. Differenzierende Weiterentwicklungen in der Erzähltheorie sollen hier nicht aufgegriffen werden. 2 Niehaus 2021. 3 Geisenhanslüke 2018. 1
7 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Vorwort und einführende Vorbemerkungen
die rezeptive Lektüre in der Landschaft möglicher Diskurse veran kert ist. Immer geht es mir in der vorliegenden komplexen und in der Ver ästelung des Ganges der Überlegungen verschlungenen Abhandlung als ein im Text dokumentierter Weg der Verarbeitung und Bewälti gung einer mir aufgegebenen Entwicklungsaufgabe – auch dies eine Form von Intertextualität – um anderes als nur um das eigentliche Thema der Gabe und ihrer Phänomenologie. Dies wird auch vom Untertitel des Buches indiziert. Auch dies wird zu entfalten sein. Diese komplexe Verschlungenheit des Textes als Ausdrucksge stalt meines Denkens als eine geistige Durchdringung einer geistigen Entwicklungsaufgabe im Bemühen um das Verstehen der Welt, in der ich eingelassen bin, ist eben auch als Teil einer jemeinigen persönlichen Wissenschaftsbiographie zu verstehen. Und diese geis tige Entwicklungsaufgabe, die ich weniger in kollegialen Gesprächen als vielmehr im Lesen als Gespräche mit der multidisziplinären Landschaft der Literatur zu bewältigen versuche, ist zugleich eine seelische Entwicklung, die – das nennt man Psychosomatik – je nach Entwicklung meiner schwankenden Grundgestimmtheiten auch den Körper mit auf diese Odyssee nimmt. Erkenntnisinteressen können schon daimonisch antreibend wirken. Vor dem Hintergrund dieses psychodynamisch angedeuteten Kontextes, ist das Thema (das WAS) selbst, aber insbesondere die Art und Weise (das WIE) – also die Textur als Gewebestruktur des Textes – eine Signatur, die einen anderen Zusammenhang nochmals repräsentiert, also Signifikant eines Signifikats seiend. Es geht um den Wandel der eigenen Theorieentwicklung als Teil der Autobiographie4 des Forschens und Lehrens an der Universität, um die Art meines Schreibens und Argumentierens, somit auch die Schnittfläche von Wissenschaft, Politik und Engagement und Literatur. Letztendlich, tiefer geahnt, ist es wohl auch mein jemeiniges Begehren des Schreibens (Sigmund 2014; 2016).5 Das WAS, also der narrative/empirische Stoff (story/fabula/histoire) und das WIE (discourse/discours/sujet), dazu gehört in der Wissenschaft auch die epistemologische Positionierung als Ausgangspunkt der Performie rung des Stoffes in der Darlegungs- und Entfaltungsweise, sind also Dazu auch Seitz 2004. Vgl. auch Schulz-Nieswandt 2019b; Aspekte auch in Schulz-Nieswandt 2020d; 2021b; 2021d; 2021e; 2022f; vgl. auch Schulz-Nieswandt 2021j. 4 5
8 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Vorwort und einführende Vorbemerkungen
zu trennen und daher trotz ihrer notwendigen Verknüpfung eben auch in ihrer Differenz zu verstehen.6 Das führt mich wieder zum Wagnis, in Titel den Begriff der Onto-Poetik zu nutzen. Es geht hierbei einerseits um die narrati onstheoretische Charakterisierung des Lebens als Drama, wonach das Leben selbst auf einem onto-dramatischem Drehbuch beruht. Andererseits ist die rekonstruktive Wirklichkeitswissenschaft selbst geprägt von einer epistemischen Poetik der methodologischen Vorge hensweise. Es geht also um die Relationierung einer Onto-Poetik 1. und 2. Ordnung. Es gibt die objektive Onto-Dramatik und die re-kon struktive Onto-Dramatik. Ich werde immer wieder betonen, dass ich diese Onto-Dramatik nicht als Wirken einer Theo-Dramatik begreife. Wenn ich so darüber spreche, geht es eigentlich um eine Poetologie, also eine Theorie der Poetiken. Doch sind die Begriffsnutzungen in der bunten Landschaft der Literaturwissenschaft mitunter etwas uneindeutig. Ich lege mich darauf fest, die Poesie des Alltagsmenschen auf seine Drehbücher als Poetik 1. Ordnung, und meine Methodologie der rekonstruktiven Wirklichkeitswissenschaft als Poetik 2. Ordnung zu definieren.7 Meine Abhandlung, wenn ich die Idee einer responsiven Phä nomenologie auf mein denkendes Schreiben anwende, ist selbst aktive Passivität im Sinne einer reaktiven, wenngleich im Modus der Verarbeitung kreativen Responsität auf das Schrifttum der anderen. Wenn ich erzähle8, so lasse ich in der Literaturrezeption ja andere sprechen mit Blick darauf, was sie zu erzählen haben, dabei immer auch geleitet davon, was mich beschäftigt. Dabei erkenne, spüre, merke ich mein eigenes Wachstum über die Wandlungen meiner thematischen Problemaneignung hinweg. Ich verändere mich in die ser Intertextualität. Ich lasse also im Modus meiner Erzählung als interpretative Rezeption andere sprechen. Diese poetologische Problematik mag in strukturierten systema tischen Literatursurveys oder in emprischen Outcome-orientierten Meta-Analysen in den Hintergrund treten. Aber in theoretischen, Dazu instruktiv auch Weiland 2019. Ich will diese epistemische Selbst-Positionierung aber nicht noch dadurch kompli zierter gestalten, indem ich auf die verschiedenen Varianten einer 3-Welten-Ontologie eingehe. Aus dem Zusammenspiel des Naturalismus der Empirie und dem Kostrukti vismus der Pragmatik der Praxis kann durchaus eine normative Kultur im Sinne eines objektiven Geistes erwachsend resultieren. 8 Zur Orientierung in diesem komplexen Feld vgl. auch Martínez 2017. 6 7
9 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Vorwort und einführende Vorbemerkungen
zumal philosophisch geprägten Diskursen ist dies von elementarer, weil konstitutiver Bedeutung. Das ist der wissenschaftliche Diskurs als Formation einer Ordnung der agonalen akademischen Polis. Geist, Seele und Körper kommen – wie auch in der Kunst – in der wissenschaftlichen Leidenschaft als Dialektik von Engagement und Distanzierung zusammen. Zur Para- bzw. Metatextualität gehören dann einerseits auch (z. B. wissenschaftsgeschichtliche) Rückblenden wie ebenso anderer seits gewisse Momente der Vorausschau (z. B. sozialwissenschaftliche Prognosen als Zukunftsdiagnostik, was in den 1970er-Jahren als Futurologie diskutiert wurde). Zur Para- oder Metatextualität gehört ferner die Frequenz, mit der ich bestimmte Zusammenhänge öfters aufgreife und immer wieder neu – aus verschiedenen Gesichtspunk ten heraus – »problematisiere« (vgl. z. B. in Schulz-Nieswandt 2022e; 2022f). Dies verstehe ich als eine gewisse Art von produktiver Red undanz. Dabei geht es mir nicht um die didiaktische Wiederholung und um die Methodik des Lernens durch Übungen. Der Modus meiner Darlegung ist geprägt von der Methodologie der wissenschaftlichen Distanz einerseits und einer engagierten Fokalisierung als perspekti vische Ortsbestimmung andererseits, eine dialektische Konstellation, aus der heraus ich am Thema teilnehme. Vielleicht »spinne« – ein mehrdeutiger Begriff zwischen Stigma des Wahnsinns einerseits und der kreativen Arbeit an der Textur des Textes andererseits – ich auch deshalb öfters kunsttheoretische Überlegungen in den Text ein? Explizit formuliere, am angestrebten Ende dieser Einspinnungen, ich die Möglichkeit, Sozialtheorie als Ästhetik der Kultur des Sozialen aus der Ontologie der Frage nach der Gestaltwahrheit der Form heraus zu verstehen. (Implizit ist dies Ausdruck meiner Adorno-Rezeption.) Dabei spielt ferner ein Subtext eine Rolle, den ich an mehr als einer Stelle jedoch nur andeute, nämlich die Betonung der Schnittflä che des (christlichen) Sozialkonservatismus und der Kritischen Theo rie in der Kulturkritik der technischen Zivilisation9. Diese Bemerkung muss angemessen verstanden und eingeordnet werden. Schnittflä chen auch in der sozialen Geometrie der Felder definieren sich nämlich eben auch über die zur Divergenz und nicht zur Konvergenz neigen den komplementären Flächen der Differenz. Es gibt die konstatierte Konvergenz in der kulturkritischen Zivilisationsdiagnostik. Technik 9
Vgl. etwa auch Theis 1993.
10 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
Vorwort und einführende Vorbemerkungen
kritik – als kritische Nachfrage, was die Technik mit dem Menschen macht – ist ein Thema sozialkonservativer Philosophischer Anthro pologie. Kapitalismuskritik ist sodann jedoch nicht identisch mit den daraus resultierenden Pfaden, die man gesellschaftsgestaltungspoli tisch beschreiten will, wenn man gefragt wird, welche Konsequenzen man aus der Kritik zieht: Wie und wohin soll – als Metamorphose – die Negativität der Kulturkritik in eine gewisse Positivität der human gerechten Wirklichkeitsgestaltung sich umwandeln? Was sind die Leitbilder der weiteren Geschichte? Soziale Marktwirtschaft, (religiö ser) demokratischer Sozialismus, Genossenschaftssozialismus; libe rale Demokratie, deliberative Demokratie, kommunitäre Demokra tie? Vollendung der unvollendeten Moderne oder Postmodernismus? Oder autoritärer ORDO-Liberalismus? Auch faschistoide Kapitalis muskritik ist Teil des möglichen Spektrums, mündet aber – jenseits liberaler Demokratie – eher im autoritäten Neo-Liberalismus oder im Oligarchen-Kapitalismus aus. Ein letzter Aspekt (Koschorke 2021) sei noch eingeflochten und der betrifft das Verständnis und die Beziehung der Kategorien der Wahrheit und der Kategorie der Erfindung. Dieser Aspekt bzw. diese Dimension des Verständisses der Gesamtkonstellation der Pro blematik muss aufgegriffen werden, um trotz aller poetologischen Konvergenzen der symbolischen Formen der Erkenntnis (Mythos, Kunst, Wissenschaft) nicht die Differenz der Wissenschaft zu anderen poetischen Formen symbolischer Wirklichkeitsverarbeitung schöpfe rischer Art zu übersehen und zu übergehen. Zunächst 1) zur Kategorie der »Erfindung«: Wissenschaft ist nicht eine fiktionale Narration sozialer Wirklichkeit, sondern als Erkenntnisweg eine erfahrungswissenschaftliche Rekonstruktion der Wirklichkeit. Aber hinsichtlich der Re-Konstruktion ist epistemolo gisch und sodann, wissenschaftstheoretisch angeleitet, methodolo gisch zu betonen: Es handelt sich, jenseits eines reinen radikalen Kon struktivismus, um einen Realismus, der aber nicht abbildtheoretisch bzw. naturalistisch zu verstehen ist, so, wie man die Photographie oft mals immer noch in unhaltbarer Art und Weise naiv falsch versteht.10 Es geht daher um eine methodisch kontrollierte Nacherzählung der Selbsterzählung der Wirklichkeit als das Leben – als »Gesche 10 Die methodischen Innovativen in der videographischen Arbeit qualitativer Sozi alforschung haben nochmals deutlich gemacht, dass es um praxeologische Zusam menhänge geht. Dies ist in der neueren Bourdieu-Rezeption ein dynamisch sich entwickelndes Thema geworden.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
hensdarstellung«, indem Drama und Erzählung ineinandergreifen – der Menschen. Hier kommt nochnals die Interaktion der Poetik und Dramatik 1. und 2. Ordnung zum Ausdruck. Und hier gehört es, ohne dabei einem radikalen postmodernen Dekonstruktivismus folgen zu müssen und zu wollen, zur Normalität der Wissenschaft, dass unterschiedliche Nacherzählungen theoretisch wie empirisch miteinander – bis hin zum Paradigmenwandel – streiten können. Dieses Thema ist, um nur einen Teildiskurs anzusprechen, u. a. auch in der Geschichtswissenschaft anhaltend kontrovers diskutiert.11 In der Wissenschaftsgeschichte der Geschichtswissenschaft führte der Weg, ohne jetzt mit dem Usprung der Geschichtsschreibung und der Ethnographie in der griechischen Antike zu beginnen und das Problem der Geschichtsmythologie im Alten Testament im Kontext der rückblickenden nach-exilischen kollektiven Identitätsbil dungspolitik der alten hebräischen Kultur zu diskutieren, von der Erzählung zur Wissenschaft. Doch die Wissenschaft bleibt hierbei eine – wenngleich methodologisch kontrollierte – rekonstruktive Erzählungskunst. Man wird nicht nicht ein-ein-deutige Relationalität im Sinne der Bijektivität der mathematischen Mengenlehre sehen müssen: Jeder Beitrag einer rekonstruktiven Wissenschaft ist eine Erzählung, aber nicht jede Erzählung ist eine rekonstruktive wissen schaftliche Leistung. Die Methodologie ist eine poetische Strategie der Wissenschaft. Soweit zur Kategorie der Erfindung. Sodann 2) zur Kategorie der Wahrheit: Wahrheit muss allerdings innerhalb der Wissenschaft in doppelter Weise verstanden werden: a) als Richtigskeitswahrheit im Sinne der (quantitativen wie qualitativen oder auch im Design gemischten) Erfahrungswissenschaften, die Pro tokollsätze über die Wirklichkeit erheben und sich an Gütekriterien der Validität und Reliabilität messen lassen müssen. Sofern man nun aber nicht einem einfachen und letztendlich naiven Verständ nis von Werturteilsfreiheit der Wissenschaft12 folgen mag, so wird deutlich, dass die Empirie nicht zu uns spricht, sondern von sich aus stumm ist (Schulz-Nieswandt 2018b). Erst ihre Vermessung am explizierten Verständnis der Gestaltwahrheit des Menschen in White 2008; Kiesow/Simon 2000; Rüsen 2016; 2013. Max Weber sprach im Kontext seiner neu-kantianischen Wissenschaftslehre von der Abhängigkeit der Erkenntnis von transzendentalen Wertbezügen von hoher Kul turbedeutung, die, so muss ich ergänzen, sodann auch in die Bildung von Idealtypen, die zur Vermessung der Emprie notwendig sind, Eingang finden. 11
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
seiner metaphysisch begreifbaren Bedürftigkeit an Personalisierung (im Sinne des modernen Naturrechts der Grundrechte des überposi tiven Rechts13) und mit Bezug auf die dazu passenden Formen einer politischen Philosophie des »guten Lebens« wird die Bedeutung der Befunde für uns zum Thema. Womit bzw. wobei, wenn man die empirischen Befunde auf Ereignisse bezieht, die Verschränkung von nacherzähltem Ereignis einerseits und Erzählereignis andererseits in Bezug auf die Problematik eines kruden Dualismus von Faktizität und Fiktionalität (Strässle 2019) betont werden muss. Und so bzw. dergestalt prägt diese Bestimmung des Verständnis ses von Wahrheit einerseits und der narrativen Wissenschaft im Sinne des re-konstruktiven Realismus (Schulz-Nieswandt 2021h; SchulözNieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022) andererseits die vorliegende Abhandlung, die in diesem Sinne tatsächlich ein eigenes poetisches Konzept impliztiert, ohne reine Literatur zu sein. Allerdings kann es, dies darf nochnmals problematisierend ergänzt werden, auch problematisierbar sein, dass die Idee einer reinen Literatur als Funktion radikaler Fiktionalität ebenso fraglich ist: Als Teil der Sinnhorizonte der geschichtlichen Wirklichkeit, in der sie steht und aus der sie erwächst, ist kreative Literatur als reflexive Verarbeitung der faktischen Wirklichkeit immer auch ein interpretatives Deutungsangebot, damit dem Mythos als Modus der Erkenntnisarbeit verwandt14. Und im Übergangsraum soziologischer und psychologischer Hermeneutik stehend, ist diese hermeneuti sche Leistung ebenso der Kunst15 als Form der erfahrungbezogenen Erkenntnis eigen. Das gilt für Lyrik und für Prosa ebenso wie für die Malerei oder für die Skulpturalik. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Text der Abhandlung in seiner Textur zu verstehen. Es geht um einen gar nicht eindimen sionalen und daher relativ einfach abgrenzbaren, sondern um einen komplexen Stoff, der in verschiedenen, aber hochgradig verknüpf ten Motivzusammenhängen der choreographischen Drehbuchrolle sinnhaft eingebunden ist. Dazu bringt die vorliegende Abhandlung So auch Messner 1961. Erhellend: Portmann 1956: S. 84 f. 15 Sofern sie nicht Dekorationshandwerk ist, obwohl auch sie viel über die soziale Wirklichkeit der Menschen (performativitätstheoretisch und zugleich semiotisch gedacht sind z. B.: Wohnbilder ebenso Seelenbilder darstellen wie z. B. die Kleidungs ordnungen als Formen des kulturellen Ausdrucksverhaltens als Funktion von tieferen sozialen Sinnzusammenhängen zu verstehen sind) aussagen kann. 13
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
mehrere Themenkreise16 zusammen, die meines Erachtens zusam mengehören. Wie sieht die Architektur der Abhandlung aus? Von diesem Vorwort (in Verbindung mit einführenden Vorbemerkungen), in des sen kommunikativen Raum sich die Gemeinschaft von Autor und Lektüre noch befindet, und einem reflexiven Nachwort gerahmt, ist die Abhandlung in drei große Abschnitte (I bis III) mit insgesamt 16 Schritten (Kapitel 1 bis 16, die intern unterschiedlich komplex differenziert gegliedert sind) strukturiert. Anders als in einem sys tematischen Lehrbuch bauen die Kapitel nicht architektonisch im Sinne eines kohärenten, den Gesetzen der mathematischen Statik gehorchenden Gebäudes aufeinander auf, sondern sind zusammen hängende Themenkreise. Über die Poetik von Fragmenten und des Torsos werde ich noch kurz reflektieren. Der Zusammenhang dieser Themenkreise wird nun über den berühmten roten Faden sicherge stellt. Themenkreise: Dies bedeutet, dass die Problemstellung als Forschungsfragestellung um bestimmte Themen kreist. Drei Themen werden interdisziplinär verknüpft: 1) 2) 3)
die kulturgrammatische und psychodynamische Morphologie der Gabe, die responsive Phänomenologie infolge der epistemischen Inver sion der egologischen Phänomenologie und die Dialektik von Identität und Alterität.
An Komplexität mangelt es demnach und dergestalt nicht. »Derge stalt«: Ein Wort (ich komme gleich nochmals auch auf die häufige Formulierung »im Lichte« sowie auf die Häufigkeit der Satzstrukturbildenden Nutzung von »einerseits-andererseits« zurück), das sich mit einer Suchfunktion im Computer im Text öfters finden lassen kann. Dies wohl deshalb, weil es in der Tat um die (auf mehrfacher, nicht immer auf der gleichen analytischen Ebene liegenden) Formen der Gestalt-Werdung geht. Es geht 1) um (entwicklungspsychologisch im Lebenszyklus begreifbare) ontogenetische ebenso wie um kulturgeschichtliche Metamor phosen, letztendlich
16 Dazu auch Glaser 1956. Dies wäre eine gute kulturkritische Einführung in die Philosophie der sozialwissenschaftlichen Themenlandschaft.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
2) um die Frage der Geschichtsphilosophie der Entelechie als Wer den17 der Gestalt-Wahrheit des Menschen in seiner Personalität als Formbestimmung, die aus dem Potenzial seiner conditio humana erwächst. Und es geht, dabei in die soziale Morphologie als Soziologie der Formen der sozialen Beziehungen hineinrei chend, 3) um das genossenschaftliche Formprinzip, in dem sich diese Ent elechie – quasi als symbolische Form des objektiven Geistes – objektivieren kann. Dies basiert aber eben auch 4) auf einer Formenlehre, in denen die Psychodynamik der Men schen Gestalt annimmt, woraus sich in gewisser (archetypisch verstehbarer18) Weise die Urformen einer Sozialcharakter-Land schaft abzeichnen. Es kommt methodologisch 5) ferner hinzu, dass ich solche Gestaltfragen in Verbindung mit einer (strukturalistisch auf binäre Codes abstellenden) Formen lehre diskutiere als dynamisches Zusammenspiel von Kultur grammatik und Psychodynamik im Sinne generativer Mecha nismen mit Blick auf die Performativität der sozialen Praxis.19 Mitunter hängen daran auch 6) deshalb methodologische Fragen, da der strukturalistische »Dai mon« ‒ wenn ich meine diesbezügliche epistemische Besessen heit etwas mit Selbstironie reflektiere ‒ binärer Klassifikationen, der mich treibt, verknüpft wird mit hermeneutischen Zugängen zum Subjekt und seinen Sozialgebilden20, da die morphologische Analyse immer Struktur und Sinn in ihrer Ausdrucksgestalt-kon stituierenden Verknüpfung zum Gegenstand hat. 7) Die Dynamik, die in diesen Prozessen der Konstruktion sozialer Wirklichkeit wirkt, erzwingt einen phänomenologischen Blick auf die Konstitutionsmechanismen, die von der soeben konsta tierten Inversion geprägt sind und 8) eine Dialektik von Identität und Alterität als Umkehrung der Subjekt-Objekt-Beziehung zur Objekt-Subjekt-Beziehung erzwingt. Dabei wird Ich ist der anthropologische Wesenskern des Werkes von Adolf Portmann zu erkennen. 18 Dazu erhellend: Portmann 1956: S. 110 ff. 19 Hier wird zugleich meine epistemische Differenz zu Ideen der unbedingten Präsenz der Ereignisse signifikant deutlich. 20 Vgl. die komplexe Methodologie der Bildinterpretation von Röske 1993. 17
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
9) einerseits eine spezifische sequenzielle Logik der Vorgängigkeit als Zeitlichkeitseigenschaft der Situation ontologisch eingeführt, andererseits wird auch eine spezifische sozialtopologische Asym metrie betont, in deren Folge das Subjekt de-zentriert wird im Sinne einer responsiven Kreativität. 10) Dies wird in dem aus dem Diskurs um die responsive Phänome nologie in der Figur des homo respondens begrifflich verdichtet. Insofern spreche ich davon, post-cartesianische Perspektiven zu verfolgen. Wobei zu beachten ist: Der Cartesianismus als Weltbild-Position innerhalb der von der Historischen Episte mologie erfassten Geschichte des Denkens und die sog. koper nikanische Revolution verweisen auf die vielfach diskutierten mentalitätsgeschichtlichen und letztendlich psychoanalytisch begreifbaren Ambiguitäten. Diese Ambiguitäten sind in der einschlägigen Literatur kontrovers diskutiert, ob eine gewisse Skylla und Charybdis-Konstellation21 durch a) das Erlebnis der Erfahrung der kosmischen De-Zentrierung des Menschen einerseits als Kränkung, b) als Möglichkeit der Emer genz des prometheischen Größenwahns und dem Leiden unter der transzendentalen Obdachlosigkeit andererseits angemessen auf den Begriff gebracht werden kann.22 11) Rechtsphilosophisch mit signifikanter Bedeutung der daraus resultierenden Ethik des Miteinanders wird die Einheit a) des Sittengesetzes, b) des personalen Freiheitsverständnisses des Art. 2 GG und c) die auf die Vermeidung bzw. Minimierung nega tiver Externalitäten in der Interdependenz der Gesellschaftsmit glieder abzielende Allokationsgerechtigkeit23 dargelegt. Die Analyse in ihrer Erzählstruktur – die Erzählstruktur selbst mag an das Bildmotiv des Labyrinths erinnern (Schmeling 1987) – zwischen a) b) c)
21 22 23
einer gewissen Art von Fragmentarität der Themenkreise, der komplexen Erkenntnisinteressen, der interdisziplinären Perspektivenvielfalt, dem
Warnecke 2008. Kritisch dazu: Krüger 2012. Dazu auch Mahlmann 2022.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
d) e) f)
hoffentlich Ariadne-artigen24 roten Faden der Verknüpfung der Themenkreise um die Forschungsfragestellung, der Oszillation des Blicks zwischen den Ebenen der Erkenntnisund Wissenschaftstheorie, der Methodologie und der Gegen standsanalyse von Objekttheorien und dem Wechsel zwischen Ontologie und Erfahrungswissenschaft und deren ontologisch-ontische Verknüpfung sowie die in der Folge daraus resultierenden Doppelungen der onto-anthropolo gischen Ebene und der praxeologischen Ebene. Dadurch erwächst resultierend auch die Doppelung des Othering-Phänomens (zwi schen onto-anthropologischer Kategorienlehre einerseits und Problematisierung konkreter kultureller Praktiken des Sozia len25 andererseits) in der Dialektik von Identität und Alterität
führt zu einem komplexen Gefüge von analytischen Sinnschichten der Abhandlung. Wir müssen also die Geologie der Schichtungen des Textes verstehen, aber auch die Fügungen, die Faltungen der Schichten zu einem verknüpften Korpus, in dem die Erkenntnisinteressen, die Themen, die Dimensionen der Analyse, die Aspekte der Blickwinkel etc. integriert und konfiguriert werden. Die Komplexität dieser Interaktion der Sinnschichten führt, ich hatte dies weiter oben bereits angesprochen, dazu, dass noch zwei Varianten einer Formulierung von mir öfters genutzt werden: »im Lichte von« bzw. »im Lichte der«. Hiermit wird adäquat zum Ausdruck gebracht, dass die Phänomene aus einer spezifischen Perspektive betrachtet werden, also immer aus der erhellenden Scheinwerferposi tion eines spezifischen Blickwinkels heraus. Und dabei wechseln die perspektivischen Positionen im Sinne der analytischen Sinnschichten der hochgradig verschachtelten Erzählstruktur der Analyse der vor liegenden Abhandlungen. Dergestalt wird im Lichte der jeweiligen Perspektiven auf den verschiedenen analytischen Betrachtungsebe nen das Wollknäuel der Themenkreis-Landschaft Schritt für Schritt zu einem von einer Struktur geprägten Strick-Gebilde transformiert. Wie angedeutet, möchte ich ferner auf meine Textpraxis der häu figen Nutzung der Satzstruktur bildenden Formel »einerseits-andere seits« verweisen. Au ch dies ist kein zufälliges Phänomen, sondern wird von mir gezielt eingesetzt. Der Grund liegt in der Polaritäts struktur des Themas und in der strukturalen Darstellung dieser 24 25
Leiser 2017. Vgl. auch Widmer 2022.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
Gegenstandseigenschaft durch bipolare Problematisierungen durch dichotome Codes (die allerdings auch hybride Übergangsphänomene zwischen den beiden jeweiligen Polen zulassen). So können die Wei chenstellungen in den Entwicklungen der sozialen Wirklichkeit pro blematisiert werden. Als Zwischenfazit will ich festhalten: 1) Die Gabe ist eine sozia lontologische Kategorie, die mit Blick auf die Analyse ihrer konkreten psychodynamisch verankerten Kultur ihrer sozialen Praktiken einer »dichten« Hermeneutik bedarf. Mit Blick auf die mit der Gabe ver bundene Dialektik von Identität und Alterität ist die philosophische Meta-Methodologie der Gabe-Forschung (den Blick auf die Ethik der Gabe dabei mitumfassend) die responsive Phänomenologie. 2) Die sozialmorphologische Analyse bettet die Gabe und die Dialektik von Identität und Alterität ein in eine Soziologie der Formen sozialer Beziehungen, die nicht ohne sozialontologische (und somit meta physische) Überlegungen zum Formprinzip auskommen kann. 3) Die auch rechtsphilosophische Bedeutung der genossenschaftlichen Form liegt in der personalistischen Idee der »Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung« begründet. Diese Faltung verschiedener Schichten machte es mir nicht leicht, den passenden Buchtitel zu finden. Die Ideen zum Titel wechselten etwas hin und her. Z. B.: »Die Gabe des Subjekts vom anderen her verstehen«. Worum geht es? Es geht 1) 2) 3)
um die Skizze einer Phänomenologie der responsiven Gabe, die innerlich verbunden ist mit der zu »problematisierenden« Problematik der Identität, und es geht um die daraus resultierende Möglichkeit, die genossenschaftli che Form der Sozialität zu denken.
Soweit einige einleitende Vorbemerkungen im Vorwort. Verschiedene Forschungskontexte kommen zur Verschränkung. Einige Aspekte sollen nun in den Abschnitten a) bis g) noch im Vorwort zu Wort kom men.
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a) Selbstreflexion von Forschung und Lehre
a) Selbstreflexion von Forschung und Lehre Die Abhandlung führt Überlegungen zur selbstkritischen Dekon struktion26 meiner bisherigen, eigenen narrativen Skripte zur Theo rie der Gabe (Schulz-Nieswandt/Micken/Moldenhauer 2022a) fort. Diese kulturgrammatische Kategorie hat mich seit 25 Jahren immer wieder und somit durchgängig interessiert, grundlagenwissenschaft lich, aber auch als empirischer Baustein in bestimmten objekttheore tischen Themenfeldern. Die soeben erwähnte dekonstruktive Absicht resultiert aus gewissen, nicht hinreichend selbst reflektierten narrativen Engfüh rungen meiner Gabe-Forschung. Im ex definitione selektierenden »Sieb« solcher zur Selbstverständlichkeit im Forschungsalltag sedi mentierten Blickwinkel geht so manches natürlich verloren, wird nicht aufgegriffen und insofern in Erinnerung gebracht. Nicht ständig, sondern nur in größeren, durch verschiedenartige Entwicklungen oder Situationen ausgelösten Abständen hinterfragt man sodann doch die Fundamente, aber auch die sich darauf aufbauenden »Fenster zur Welt«, also die Aufstellung seines Observatoriums, das als Beobach tung im Rahmen der Interaktion der onto-poetischen Dramatik 1. und 2. Ordnung die Räume öffnend zugänglich macht, aber eben in selektiver Art und Weise, andere (eventuell auch aus tiefer liegenden Gründen verdrängte) Räume der Reflexion dergestalt also als Mög lichkeiten auch verdunkelt, eben ausblendet. Mitunter können neben der Verdrängung auch Vorgänge der Verschiebung wirksam werden. Ich gehe in der vorliegenden Abhandlung nicht auf alle Literatur zur Gabe- und Reziprozitätsforschung ein, die ich in anderen Publi kationen27, auch u. a. a) im Kontext der Genossenschaftsforschung oder b) zum Feld sozialer Selbsthilfe28 (morphologisch als Gegen seitigkeitshilfe mutualistisch erfasst) sowie in grundlegender Weise Zima 2016. Vgl. u. a., abgesehen von zahlreichen Aufsätzen, in Schulz-Nieswandt, 2003; 2014; 2018a; Schulz-Nieswandt u.a. 2009; Schulz-Nieswandt/Micken 2021. 28 Vgl. u. a., abgesehen auch hier von zahlreichen Aufsätzen, in Schulz-Nieswandt 2019c und die dort zitierten Monographien von mir zu diesem Themenfeld; vgl. ferner Schulz-Nieswandt/Micken/Moldenhauer (2022b): Die Abhandlung deduziert und diskutiert den Reformbedarf der Selbsthilfeförderung des § 20h SGB V. Dazu wird die Selbsthilfe morphologisch (Struktureigenschaften und Sinnfunktionen Gebilde her meneutisch umfassend) auf verschiedenen Ebenen erfasst. Mit Blick auf die Förderung des genossenschaftsartigen Selbsthilfegruppengeschehens wird auf der analytischen Mikro-Ebene die Förderung digitaler Formwandlungen ebenso gefordert wie auf der 26
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
auch c) mit Blick auf eine Fundierung der Theorie der Sozialpolitik aufgearbeitet habe. Wer gewisse Literaturbezüge in der vorliegenden Abhandlung (mitunter als in unverzeihlicher Weise) vermisst, wird sie zum größten Teil eventuell dort finden. Zur Seite lasse ich auch d) Überlegungen zum Schnittbereich der Analyse des Dritten Sektors und, sofern man d) und e) nicht als Schnittfläche zwischen formellen und informellen Ressourcen behan delt, e) des bürgerschaftlichen Engagements im Kontext einer Theorie der Mehr-Sektoren-Theorie der sozialen Wohlfahrtsproduktion. Ich werde meinen Handbuch-Artikel zur Sozialwirtschaft (Schulz-Nieswandt, 2018c29) demnächst überarbeiten, ein Anlie gen, dem einige gemeinwirtschaftstheoretische Überlegungen (u. a. Schulz-Nieswandt 2020b) zur Gemeinwohlökonomie vorausgegan gen sind. Doch mündet meine Analyse in Überlegungen zur genos senschaftlichen Form der Sozialität aus, ein Ergebnis, das aus der vorgelegten Onto-Anthropologie, Rechtsphilosophie und Ethik der Kategorie des (existenziell nötigen30) Miteinanders resultiert. Was ist denn dann nun neu und anders als in bisherigen Publika tionen, die ja durchaus Schnittflächen zur vorliegenden Abhandlung aufweisen? Ich werde in der vorliegenden Abhandlung vor dem Hintergrund dieser angeführten Themenfeldbezüge lieber nochmals einerseits ganz und zumindest deutlich andere Akzente setzen, als es bislang in meiner Auseinandersetzung mit der Kategorie der Gabe und mit der aus ihr resultierenden Kategorie der Reziprozität der Fall war. Überschneidungen mit den Sichtweisen, Argumentationen und Analysen in anderen Publikationen von mir sind diesbezüglich, wie schon gesagt, hier durchaus gegeben, resultieren aber aus a) der Komplementarität, aus b) der Vertiefungsstruktur und c) aus der Theorie-bildenden systematischen Kohärenz meiner verschiedenen analytischen Meso-Ebene eine Ausdehnung der Förderung auf Sozialraum bildende Nachbarschaftsprojekte (Kommune als Lebenswelt der Gesundheitsförderung). Die Förderung von Selbsthilfeorganisationen auf der analytischen Makro-Ebene, die einerseits der Förderung der Selbsthilfegruppenentwicklung dienen, andererseits auch im Übergangsraum zu öffentlichen Informations- und Beratungsleistungen hybriden Charakter annehmen, wird als »Commoning« diskutiert. Ferner wird im Lichte dieser »Commoning«-Perspektive auf einer analytischen Makro-Ebene die steuerfinanzierte Förderung von PatientInnenorganisationen, die sich aber morphologisch nicht (mehr) als Selbsthilfeorganisation verstehen lassen, als Beitrag zur Demokratisierung des Governance des bundesdeutschen Gesundheits- und Pflegewesens angedacht. 29 Vgl. auch in Schulz-Nieswandt 2016c. 30 Bianchi 2017.
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a) Selbstreflexion von Forschung und Lehre
Forschungen und aus den erforschten Lehrgebieten in ihrer Interde pendenz. Doch setze ich hier nochmals nicht nur andere Akzente, sondern ich komme (gelange im Zuge einer Selbstbewegung als ein wachsendes Werden) andererseits zu einer Weiterentwicklung von theoretischen, methodologischen und objektwissenschaftlichen, also gegenstandsbezogenen Verknüpfungsleistungen. Die Einleitung wird dieses Anliegen näher erläutern können. In den 6 Jahren seit meiner Forschungszwischenbilanz (SchulzNieswandt 2016d) haben sich, auch infolge autobiographischer Refle xionen31, a) in zeitlich verdichteter, b) in quantitativ eskalierender und c) in theoriearchitektonischer, also in substantieller Hinsicht einige komplexe Veränderungen ergeben. Identitätsrelevante Brüche liegen nicht vor (Schulz-Nieswandt 2021j), eher epistemologische Verschiebungen, auch Themenfeldverschiebungen, alles aber in den Konturen einer gewissen Entwicklungskontinuität. Vor diesem Hintergrund ist auch der Drang zu dieser kriti schen Selbstreflexion im Modus einer dekonstruktiven – zumindest einer (um an Michel Foucault anzuknüpfen) »problematisierenden« (Schulz-Nieswandt 2022e) – Re-Lektüre meiner bisherigen Posi tionen gut oder auch nur etwas besser zu verstehen, geht als Ver änderungsbewegung der Reflexion mit der Frage nach einem kon kreten Auslösemoment jedoch auch auf ein Symposium (ohne hier allzu enge Anlehnungen an griechische32 oder römische33 Ursprünge andeuten zu wollen) zur Gabenökonomie im Frühjahr 2022 an der Universität zu Wien zurück, in dem ich vortragen und diskutieren durfte. Die Publikation des Vortrags in einem Sammelband zum Sym posium ist in Vorbereitung. Daraus resultierte bereits die angeführte Abhandlung von Schulz-Nieswandt/Micken/Moldenhauer (2022a). In dichter Weise will ich einen Teil der dortigen Überlegungen noch mals mitunter variierend aufgreifen und mit einem anderen Zuschnitt der Sichtweise auf das Thema vertiefend erläutern.
31 Schulz-Nieswandt 2021j und die dort zitierten diesbezüglichen Publikationen von mir. 32 Schäfer 1997. 33 Stein-Höldeskamp 2005; Hartz 2015; Bettenworth 2004.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
b) Das Interesse an theoretischer Fundierung für Fallstudien Diese Verweisdarstellung ist bereits eine rückblickende Sicht. Dies gilt auch für folgenden Zusammenhang: 1) Die vorliegende kleine Abhandlung fungiert zugleich noch als ergänzende theoretische Fundierung zu meiner Studie »Aura des Augenblicks. Epiphani sches Erleben in Dorothy L. Sayers (1893‒1957) Roman »Aufruhr in Oxford«“ (Schulz-Nieswandt 2022d), wo bzw. in der ich die Idee der responsiven Phänomenologie, ganz nahe am Text als Material auspro bierend, methodologisch nutze, aber nur in dichter Kürze skizziere. Doch gibt es auch eine vorausgreifende Sicht. Denn nochmals »zugleich« dient 2) die vorliegende kleine Abhandlung als theore tische Fundierung einer noch ausstehenden Studie von mir mit dem Arbeitstitel »Mythische Atmosphäre und kreativer Eros. Das Zusammenspiel in »Venus und der Antiquar« von Leo Weismantel«, die 2023 erscheinen wird (Schulz-Nieswandt 2023b). Dort wird die Perspektive der Responsivität34 mit Blick auf das künstlerische Schaf fen im Kontext der Offenheit für das mit allen Sinnen (Waldenfels 1998) fundierte Spüren einer – insofern wiederum epiphanen35 – inspirierenden, u. U. spirituellen Atmosphäre36 (erfasst durch eine »Phänomenologie der Sinnereignisse«37) erneut zum Thema. Dies hat die weiter oben bereits genannte Einleitung von Adel heid Nießen zur Textauslese aus dem Werk von Rilke auf den epistemischen Punkt gebracht: Responsive Kreativität (resK) –»des Erschreckens, des Erkennens, des Mitleidens und der liebenden Zuwendung« – bedarf der Eingebung (E), die den richtigen Zeitpunkt (Z) und den passenden Ort als positionalen Platz (posP) bedarf, denn sie kommt von Außen (A), bedarf aber im Innenraum des Menschen (IR) der wartenden Offenheit (O) und bedarf sodann der inneren Bereitschaft (B) und der Fähigkeit (F), etwas Wichtiges (W) – das »reine, wahre Sein lyrisch verdichtet« – von Relevanz (R) auszudrücken: Ich wähle dieses Terminus, wie er auch im Kontext kommunikationstheoretischer Psychologie gängig ist. An anderer Stelle habe ich auch den weniger gebräuchlichen Terminus der Responsitivität benutzt. 35 Müsel 2021. Vgl. auch Heimböckel 2019. 36 Vgl. auch Schmitz 2016 sowie Böhme 2013. 37 Gondek/Tengeley/Klass/Waldenfels 2011. Instruktive Aspekte auch bei Seel 2000. 34
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c) Am Ende wissen wir um das »leibliche Responsorium«
resK = f {(A [E; Z; posP] Ո IR [O; B, F]) → (W [R])}. Dieser Funktionszusammenhang (f) als Geschehensdynamik wird modelliert als ein Wechselspiel (Ո) in der transaktionalen Logik einer Verknüpfung von A und IR mit Blick auf W als Funktion von ResK als ein Prozessgeschehen der Generierung von Performativität.
c) Am Ende wissen wir um das »leibliche Responsorium« Am Ende der Abhandlung steht in der Rezeption der responsiven Phänomenologie (Waldenfels 2000)38 und infolge ihrer Übertragung auf die Logik der Gabe auch hier der Ausblick auf ein »leibliches Responsorium« und auf ein entsprechendes Ethos der Sinne in Bezug auf die Aura des Mitmenschen und den Zauber der Dinge39. Dabei handelt diese Phänomenologie über den Zwischenraum der Korrelation an den Rändern40 von dem Selbst und dem ande ren, und dies durchaus unter Einfluß der Interpretation des Wer kes von Maurice Merleau-Ponty (Bermes 2020)41. Diesen Korre lations-Zwischen-Raum kann man auch als Kontaktzone42 oder im Sinne der Dyade bei Winnicott43 als Übergangsraum, der die Objektbesetzungen topologisiert44, zu begreifen versuchen. Doch wird man dennoch den transformativen Charakter der Inversion beto nen müssen: Gemeint ist eine Phänomenologie, die über eine reine Bewusstseinsphänomenologie zu einem sich in das tatsächlich gelebte soziale Dasein einschreibenden und dergestalt umgekehrten oder auch »bekehrten« (Casper 2009) phänomenologischen Denken hin austreibt. Diese Perspektive bezeichne ich als post-cartesianisch. Darüber mag man streiten können. Doch möchte ich mich daran orientierend Zu Waldenfels vgl. auch Bedorf/Gelhard 2015. Beuerbach/Sonntag/Stuart 2022. 40 Dazu auch Novotný 2021. 41 Instruktiv auch: Treu 2021. 42 Steffens 2012. 43 Winnicott 1953. Hierzu Kellong 2022. Dazu auch Sesink 2002. 44 Was bei Winnicott (2018) der Teddybär als »Übergangsobjekt« zur Umwelt sein mag, in der das Kind (spielend und insofern kreativ) eingestellt ist, ist in unserem Zusammenhang die (zeichentheoretisch – oder im Sinne von Metonymie [Schweidler 2014] – verstehbare: Baisch 2017) Gabe, die das Subjekt mit der Welt des anderen und der Welt der Dinge verbindet. 38
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
halten. Es ist, auch darüber mag man streiten, eine Abkehr von der Egologie des frühen Husserl. An exegetischen Kontroversen im Rah men einer Vorstellung von fachlicher Philosophie bin ich allerdings weniger interessiert. Man kann mitunter auch mit falschen oder zumindest fraglichen Rezeptionsweisen der Theorie- und Dogmen geschichte zu interessanten neuen Denkperspektiven gelangen. Rekonstruktive Rezeption mit eingebauten Intertextualitäten und einer dekonstruktiven Zugänglichkeit sind keine überholte Philologie der Wortexegesen, sondern aktualisierende Hermeneutiken, aber, worauf ich noch eingehen werde, daher weder reine Produktionsäs thetik noch reine Rezeptionsästhetik, weder mimetische Theoria als naturalistische Anschauung noch reiner Konstruktivismus ohne Arbeit am objektiven Text.
d) Aporien identitärer Politik und ihre Risiken Die vorliegende kleine und dichte Abhandlung thematisiert in diesem Rahmen zugleich die Aporien der neueren Identitätspolitik. Die Kate gorie der Identität45 hält uns denkkonzeptionell und Weltbild-artig – also die narzisstischen46 Subjekte (Zima 2017) – tatsächlich »im Bann« (Hidas 2014).47 Die mit der Identität verbundene Vorstellung jemeiniger Individualität wird man als ein »Fundamentalgefühl« der neuesten Subjektivierungsformgeschichte des Subjekts verstehen müssen. Der Mangel an dialektischem Denken, das die Ambivalenzen des Themas aus der Transaktionalität48 von Merken (durch die Effekte der Umwelt) und Wirken (Effekte auf die Umwelt) zwischen Identität und Alterität im Sinne der Dynamik von Übertragung und Gegen übertragung nicht angemessen verstehen kann49, muss überwunden werden, um mit diesem Faden der Ariadne (Stoll 1886) den richtigen Abels 2016; Eickelpasch/Rademacher 2015; Renz 2019. Hierbei und diesbezüglich wohl wissend um die differenzierenden Betrachtungen der neueren Psychoanalyse zum Verständnis von Narzissmus und seinen Wirkungen in der sozialen Wirklichkeit. 47 Dazu auch Steffens 2022. 48 Uexküll 2022. 49 In einer Studie zur ersten Staffel der Fabel »Warrior Cats« (Schulz-Nieswandt 2023a) werde ich darlegen, dass hier eine außerordentliche Komplexität in der Reflexion von Identität und Alterität mit kritischem Gespür für alle impliziten wie expliziten Ambivalenzen vorliegt. 45
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e) Gabe, Reziprozität, Genossenschaft
Pfad aus dem Labyrinth (Kern 1999) der narzisstischen Irrungen zu finden. Auch hier wird die psychodynamische Spur meiner analytischen Zugänge zum Themenfeld deutlich: Notwendig erscheint mir die Einsicht in ein existenzphilosophisches und phänomenologisches Verständnis von Subjekt im Modus der Sprache angesichts von Zeit lichkeits- und Angsterfahrungen, wobei die antike Liebesauffassung sowie ein ursprüngliches jüdisches Glaubensverständnis als Konsti tutionsprinzipien des – genossenschaftsartigen – Subjekts fungieren (Grimm 2003). Dies mag jetzt noch nicht selbsterklärend sein, wird sich aber im Zuge der Abhandlung entfalten.
e) Gabe, Reziprozität, Genossenschaft Die Gabe und die daraus erwachsende interaktive Reziprozität als Logik der kulturellen Grammatik der Mechanismen des Gebens und Nehmens werden im Rahmen einer semiotischen Hermeneutik also verknüpft mit Identitäts-Alteritäts-Debatten, mit rechtsphilosophi schen und ethischen Fragen, mit psychodynamischen Sichtweisen der Haltungen und Praktiken und werden als komplexer Struktur-, Prozess- und Funktionszusammenhang letztendlich in aller Dichte auf die Bedeutung des genossenschaftlichen Formprinzips für die Verwirklichung als Geist-Objektivierung der Idee der gemeinsam verantworteten Miteinanderfreiheit bezogen.50 Am Ende der Kapitel bzw. Abschnitte werde ich jedoch ‒ jeweils knapp und poientierend – festhalten wollen, was diese verschlunge nen Wege des Denkens und des Problematisierens – die51 ich in Auseinandersetzung mit der umfangreichen Literatur, die ich anführe und die mir quasi als Material der Aufarbeitung von Dispositiven, Diskursen und Empirie diente – für die Theorie der Gabe in phänome nologischer Perspektive bedeuten. Genau an dieser Stelle scheint doch eine Variante einer Drei-Welten-Ontologie durch, die ich oben angesprochen habe und von der ich sagte, ich werde sie nicht – das Themenfeld noch weiter durch Komplexität verkomplizierend – aufgreifen. 51 Relevante neuere Literatur, die mir wichtig erschien, dort ebenso berücksichtigend, zum kleinen Teil auch dann, wenn sie gerade im Erscheinen ist, aber von der Ankündigung und angesichts der Kenntnis der bereits bekannten Denkweisen der Autor*innen als wesentlich erscheint. 50
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
Meine Position zur Genossenschaftsidee spiegelt die Tradition, aber auch gerade die neuere Forschungs- und Lehrdynamik der Kölner Richtung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem genossen schaftlichen Prinzip im Rahmen einer morphologischen, also auf die Einheit von Struktur und Sinn abstellenden Gestaltlehre des genossenschaftlichen52 Formprinzips, und dies auch im daseinsthe matischen Schnittbereich zur Theorie der Sozialraum-orientierten Sozialpolitik als Teil der Gesellschaftsgestaltungspolitik. Dabei ste hen die Genossenschaften als einzelwirtschaftliche Sozialgebilde in unternehmerischer Formbestimmtheit im Mittelpunkt, doch verwei sen die Ausführungen auch auf die Diffusion der genossenschaftlichen Idee in weitere und eben auch neuere Handlungsfelder, so dass sich die gesellschaftliche Breite einer wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Zwecklehre im Reflexionshorizont von Rechtsphilo sophie und Ethik abzeichnet. Auch wird das Einzelwirtschaftsgebilde einerseits in den gesellschaftspolitischen Ordnungskontext der sozia len Marktwirtschaft und deren Variationen in der älteren wie neue ren Diskurslandschaft z. B. zur Gemeinwohlökonomie und Gemein wirtschaftslehre eingestellt, andererseits werden spezielle Bezüge zur Sozialraumentwicklungs-orientierten Sozialpolitik (»von unten«, aber im Kontext der öffentlichen Daseinsvorsorge53) angesprochen. Damit wird eine reine und isolierte Einzelwirtschaftslehre derge stalt vielmehr in einem sinnvollen und fachlich vertretbaren Rahmen transzendiert. Daraus resultiert, epistemisch zwingend, eine gewisse Komplexität eines interdisziplinären Zugangs, gerade mit Blick 1) auf die Schnittfläche der Sphären der Unternehmung und ihrer Organisa tions- und Governancelehre, 2) mit Blick auf die Sphäre der volkswirt schaftspolitischen Kontextualität und 3) mit Blick auf die Sphäre der Kultur der Sozialität der personalen Subjekte der Zivilgesellschaft. Daher spielen hier in angemessener Art und Weise verschiedene Dimensionen und Aspekte der Menschenbilder in normativer und explikativer Perspektive ebenso eine Rolle wie kulturgeschichtliche Anmerkungen im Hintergrund sowie Aspekte der Wirtschafts- und Unternehmensethik. Wenn sich im Kern in dieser Weise die kon stitutiven Eckpunkte einer mit der Umwelt transaktional in Wech selwirkung stehende, wirtschaftlich, sozial, ökologisch nachhaltige und insofern dergestalt verantwortungsvolle Managementlehre der 52 53
Am Beispiel von Sozialunternehmen: Lilli 2022. Schulz-Nieswandt 2014c.
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f) Zerbrechlichkeit
genossenschaftlichen Wirtschaftsgebilde als demokratische Form des Wirtschaftens54 herausbildet, so sind 1) die Bezüge zur Einbettung in die Polis als Gemeinwesen, 2) die Bedeutung der Paideia als For mung des Sozialcharakters55 des Menschen und 3) die Gemeinwohl bindung der Nutzenstiftung usw. prägende Signaturen der inhaltli chen Erschließung des Gegenstandsfeldes. Anders formuliert: Die Managementlehre ist weniger am Paradigma der techne, mehr an das Paradigma der praxis orientiert: Es geht um den Beitrag der Genos senschaftsidee und ihrer Kultur der sozialen Praktiken des Wirtschaf tens und um den Beitrag anderer existenzieller Dimensionen alltäg licher Sorgearbeit in der Daseinsführung (Wohnen, Mobilität, Gesellung, Konsum etc.) zum »guten Leben« als Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung, und somit auch um die Überwindung der negativen Freiheit des Besitzindividualismus zur sozialen Freiheit des Integrals des Miteinanders.
f) Zerbrechlichkeit Vulnerabilität ist (mitunter infolge der Diskurse zur Alterung der Gesellschaft, aber auch mit Blick auf den Aufstieg der KindeswohlDebatten) ein breit erörtertes, sowohl anthropologisches wie erfah rungswissenschaftlichen Thema in Verbindung mit einem ausgepräg ten multidisziplinären Blick geworden. Wie in vorausgegangenen Publikationen von mir, so bin ich mir meiner Torso-haften Fragmentarität der Analysen bewusst. Das Gebäude ist zerbrechlich (Burdorf 2020). Als Lebensmetapher ist es eben auch eine ästhetische Signatur der Wissenschaft als ein Werden von Einsichten und Erkenntnissen. Und auch in der Wissenschaft gibt es natürlich das Phänomen des Scheiterns.
54 Immerhin ist die Genossenschaftsidee vor einigen Jahren zum UNESCO-Weltkul turerbe ernannt worden (Mende 2022). 55 Hier kommt man um eine Bezugnahme auf das Werk von Alfred Adler nicht herum. Aus der Fülle der diesbezüglichen Literatur: Jacoby 1974.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
g) Eine Sicht auf die Daseinsthematik aus der Onto-Poetik von Rainer Maria Rilke heraus Der ganze thematische Zusammenhang ist eine Daseinsthematik. Sie geht den Menschen unbedingt an. Die Gabe (und die weiteren daraus resultierenden Daseinskategorien als Bausteine der Grammatik des sozialen Lebens) muss (müssen) – und das ist auch für mich ein Lernprozess – nochmals neu verstanden werden. Man kann – mit Rainer Maria Rilke56, der sich ja auch remythisierend im Sinne einer lyrischen Arbeit an der Wahrheit des Mythos an die Gestalt des Orpheus dichtend richtete und auf den ich nochmals zurückkommen werde – auch an Schwingungen57 denken.58 Transgressionen59 haben auch etwas mit einem Schweben zu tun, mit Tanz60 und ihrer (dionysischen61) Musik (Otto 1955; 1956): Sie ist – im Gespräch mit der Erde62 – »Utopielyrik« (Hayer 2021; Rattner 2012): »Ohnehin ist der Zusammenhang des Zaubers mit der Musik klar; wird doch der Zauber durch Gesang ausgeübt.« (Huch 1946: S. 160)63. Der Mythos64 – auf Apollon, Dionysos, Pan, Hermes, die Musen, die Sirenen usw. bezogen – ist in seiner ganzen komplexen Tiefe geprägt von der Musik. Die Zikaden sind dergestalt in die Ewig keit eingegangen. Vieles hat sich in den Sternenbildern – davon han delte Wolfgang Schadewaldt (1956) so schön – verewigt. Die Gabe ist insofern mit Rilke zu verstehen, da die Wandlun gen (Liebich 2021) des Selbst in der Lyrik von Rilke als Gestaltwahre Effekte einer Selbsttranszendenz-auslösende Bezogenheit in der Bewegung zu begreifen sind: Lauterbach/Engel 2013. Hoffmann/Paleari/Unglaub 2022. 58 Poulet (1988: S. 383 ff.) erkennt in der Ausdehnung über die konzentrischen Kreise hinweg bei Rilke eher den Verlust der individuellen Mitte als Ausgangspunkt. Das Subjekt dehnt sich im Raum aus, getrieben von der Zeitlichkeit als konstitutivem Strukturelement dieses dynamischen Geschehens, bis erst im Tod alles wieder in eine Ruhe zurückkehrt. Dagegen Kruse 2022/23. 59 Zum Kontext der Tragödie: Willms 2014. 60 Dazu auch Legendre 2014. 61 Manakidou 2017; Weege 1926. Zu appolinisch-dionysischen Dialektik in der Spie gelung der Polarität von Lyra und Aulos vgl. Georgiades 1958: S. 22 ff. 62 Schellenberger-Diederich 2006. 63 Berghahn/Paulus/Röhnert 2016. 64 Der christliche Charakter in der Mission von Ricarda Huch (Fielmann 2008) interessiert mich hierbei nicht. 56 57
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g) Eine Sicht auf die Daseinsthematikaus der Onto-Poetik von Rilke
»Ich lebe mein Leben in wachsenden Rinden«, schreibt Rilke (im »Stundenbuch). Und ähnlich wie die Metamorpho sen von Ovid nicht isoliert vom Subjekt her poetisch konzipiert sind, sondern von der Welt her, in die (als Weltinnenraum65) das Subjekt eingestellt ist, kommt es zur Inversion als eine auf die Richtung abstel lende Umkehrung der Subjekt-Objekt-Beziehung. Die Erfahrung und Problematisierung der Leere66 im Werk von Rilke hat auch etwas mit Latenz zu tun: Denn nur so wird Wandlung als Ver-Wandlung67 im Modus der Übergänge möglich. Zu Recht wird daher Rilkes Dichtung als »seinshaftiger«68 »Onto-Poetik« (Ruffini 2021) – ohne hier vorschnell »Ganzheits phantasien« (Wegener 2002)69 zu konstatieren – klassifiziert. Mit Rilke kann daher auch besser verstanden werden, was die Idee einer post-cartesianischen Gabe (ohne die Grenze zur Theologie der Gabe [doch wieder70] zu überschreiten) meinen kann: Nicht ich »bin«, weil und indem ich gebe, sondern: Ich »werde« erst, indem ich angesichts des anderen, auf den hin ich (dionysisch71) bezogen bin, gebe. Die innere Verbindung zur responsiven Phänomenologie ergibt sich daraus, dass ich lebe, weil ich die Welt und somit mich selbst (als in der aufmerksamen Mich-Erfahrung als achtsame Betroffenheitsper spektivität) in der Welt »er-lebe«. Die Gabe ist die Antwort auf das Erleben des anderen. So ist zwar das »Ich als Zentrum des Erlebens« (Walther 1955: S. 35 ff.) zu verstehen, aber das, was erlebt wird, ist vorgängig im Da-Draußen im Außen des Innen.72 Das Ich ist hierbei nur soweit das Zentrum, als es in Interaktion mit dem vorgängigen Da-Draußen als ein Gegeben-Sein der Welt als Kon-Text steht. Wenn ich mich von der phänomenologischen Ethik der »Sprache des Gastes« von Hans-Dieter Bahr (1994), geprägt von »Spuren der Spurensuche«73 der Philosophie von Ernst Bloch, leiten lasse, dann geht es um das zunächst (also zu Beginn) asymmetrische 65 66 67 68 69 70 71 72 73
Unglaub 2005. Vgl. auch Steinweg 2020. Steffens 2020. Ruffini 2018. Eher geht es um das Mit-Sein: Gibhardt 2021. Gerber 2013. Ruffini 1989. Ferner in Bohrer 2015. Zum »Seelengrund« auch in Lotz 1959: S. 41 ff. Dazu auch Peng-Keller 2019. Zur Metapher der »Spur« vgl. auch Buller 2016.
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Vorwort und einführende Vorbemerkungen
Wechselspiel von der Selbst-Offenbarung des anderen (»als ein Ich bin da!«) einerseits und andererseits des Empfangens des homo respondens als Öffnung als ein »Hinzu (…)«. Das klingt noch wie die Sprache der Theologie74, ist aber keine Theologie der Ordnung der Liturgie der Gabe. Die Gabe des homo respondens ist hier vielmehr ein Ritual der Gastlichkeit. Doch die Kategorie des Rituals verweist durchaus auf eine gewisse Atmosphäre, die zwar nicht religiös und auf Kirchengemeinschaften verweist, wohl aber nicht ohne Zauber ist. Es gibt eine heilig anmutende Atmosphäre, uns heilig seiende Dinge und eben auch die heilige Ordnung der personalen Würde, die den Wesenskern eines eidgenössischen Bundes darstellen kann. Finalisiere ich auf die große zivilisatorische Weichenstellung, um die es geht: Es geht um ein onto-anthropologisches Problem als brisante Daseinsthematik: Ist der Mensch auf dem Weg des Gestalt-wahren Miteinanders oder folgt er dem Diktum von Elias Canetti (1980)75, paraphrasiert: Was der Mensch nicht kennt, davor hat er Angst, und erschlägt es. Diese Entscheidungssituation als zivilisatorische Weichenstel lung ist verankert in der psychodynamischen Aufstellung des verge sellschafteten Subjekts, das aus seiner Natur heraus beide perspekti vischen Potenziale mit sich bringt: Destruktivität der Tötung oder konstruktive Öffnung zur Selbsttranszendenz. Hier werde ich später auf den Beitrag von José Ortega y Gasset (1933) zurückgreifen.
74 Dazu mitunter in Calvelli-Adorno 1965. In Bezug auf das Entmythologisierungs programm von Rudolf Bultmann: Huppenbauer 1993. Ferner Jamme 1991. 75 Instruktive Referenz ist auch insgesamt Angelova 2005.
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I. Zugänge
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1. Einleitung in die Problemstellung
Die Kategorien der Gabe und der Reziprozität und ihre Erschei nungsformen in der sozialen Wirklichkeit im sozialen Drama des Alltags sind Forschungsthemen in verschiedenen Disziplinen. Diese Perspektive auf den Gegenstandsbereich als ein Feld dynamischer Formen dürfte auch ein weiterer Grund für die Faszination an dieser Kategorie der Gabe darstellen: Die Vielfalt der interdisziplinären Blickwinkel kann begeistern. Und dies mag wiederum in der Einsicht wurzeln, dass die Gabe eine fundamentale onto-anthropologische Kategorie von existenzialer Bedeutung ist. Beide sozialmorphologi sche (zusammenhängende, aber auch analytisch sorgfältig getrennt zu diskutierendse) Kategorien – die der Gabe und die der Reziprozi tät – haben bereits zugleich eine längere theoriebildende interdiszi plinäre und multiparadigmatische Forschungsgeschichte (Därmann, 2016) hinter sich. Diesae ist zwar verschlungen, aber dennoch struk turiert wahrnehmbar und rekonstruierbar. Diese Rekonstruktion ist der Aufgaben-orientierte Gegenstand von zahlreichen monographi schen – mitunter dann in der Summe auch nicht immer innovativen – Überblicken. Die Vielzahl der mehr oder weniger ergiebigen inter nationalen Spezialaufsätze wird hierbei gar nicht ein Thema sein können. Aus all dem resultieren unterschiedliche erfahrungswissen schaftliche Strategien der Erforschung der Praxis. Hinzu kommen Probleme der geschichtlichen Distanz, aber auch der Deutung in eth nologischer und kulturvergleichender Sicht, die bekanntlich mit der Ausrufung der »Krise der ethnographischen Repräsentation«78 ihre Signatur gefunden hatte. Heute wird immer mehr deutlich, dass man sich mit diesen offensichtlich durchaus schwierigen Kategorien wei terhin beschäftigt, weil sie nicht nur von grundlegender Bedeutung für eine Soziologie der Formen sozialer Relationen sind, sondern weil sie anthropologische Kategorien einer sozialontologischen79 Fundie Fuchs/Berg 1983. Das Interesse an allerdings auch sehr unterschiedlich gestrickten Entwürfen einer Sozialontologie zeigt sich in der Zunahme der neueren Literatur dazu. 78
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1. Einleitung in die Problemstellung
rung der erfahrungswissenschaftlichen Sozialwissenschaften darstel len und durchaus auch in einer epistemologischen Verknüpfung80 von Strukturalismus, Phänomenologie und Hermeneutik fassbar und erforschbar sind.
1.1 Gabe zwischen Identität und Alterität Die Gabe und das System des Gebens und Nehmens – ein dasein santhropologischer Themenkreis, den ich nicht verwässern möchte, indem er a) in eine relationale81 Soziologie bzw. Ökonomie82, b) in allgemeine Netzwerkforschung oder, wiederum spezifisch enger, c) in eine Kooperationsökonomik (kritisch: Kriegler 2019) aufge hen soll, gehören – wie auch das quasi-universale Phänomen der Gastfreundschaft83, die (in der Metapher der offenen Tür) auf einer öffnende84 Haltung85 der Gastlichkeit als Schwellensituation basiert – zu den ubiquitären Bausteinen der kulturellen Grammatik der sozialen Beziehungen: »unser Herz ist weit geworden.« (2 Kor 6.11).86
Poetologisch87, wenn man zur poetischen Strategie einer Theaterme tapher in der Soziologie88 des Alltags neigt (Warstat 2018), kann man auch hier Motiv, Stoff, Thema, Handlung, Charaktere, Schauplatz u. a. m. unterscheiden bzw. zu einer Geschichte verknüpfen. Die Sinnzusammenhänge lassen sich dabei aber nicht einfach auf die manifesten bzw. bewussten und latenten bzw. unbewussten Motive reduzieren. Das soziale (also nicht fiktionale, sondern faktische) Vgl. auch Holenstein 1975. Vgl. allerdings Papiloud/Schultze 2022. 82 Vgl. z. B. Kuntze, 2022. 83 Liebsch 2008. Vgl. (auch zum Asyl in der Rechts- und Kulturgeschichte) in Schulz-Nieswandt 2022b. 84 Dazu auch Meyer 2014. 85 Das gilt auch für paulinische Texte im Kontext der Korintherbriefe: Es wird in einer Studie von Münch (2012) aufgezeigt, dass es die Intention von Paulus ist, die Korinther in mehreren Schritten zur Gabe der Einfachheit zu führen: Damit sei gemeint, sie sollen ihre Gabe von Herzen und mit Freude geben. Vgl. auch Zimmermann 2016. Zum Pneuma: Scherer 2011. 86 Dazu Bieringer 1998 sowie Crüsemann 2004. 87 Geisenhanslüke 2018. 88 Dazu auch Habig 2010. 80 81
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1.1 Gabe zwischen Identität und Alterität
Drama der Gabe und des Gebens in der sozialen Wirklichkeit, z. B. auch als ein Schenken, hängt auch von der annehmenden oder ableh nenden Verarbeitung auf der Adressierungsseite ab. Hier spielen mit Blick u. a. auf Offenheit/Verschlossenheit89, Nähe/Distanz, Angst/ Vertrauen etc. psychodynamische Mechanismen90 eine Rolle, wenn man die situative Aufstellung der Menschen (Waldenfels 1980) in dem Feld (im Sinne von Kurt Lewin91) der Begegnung (Pépin 2022) re-konstruktiv verstehen will. Ganz ohne Psychologie kommt hier, aber nicht nur hier, sondern allgemein und grundsätzlich also eine Soziologie nicht aus. Wie wir sehen werden, kann man vor dem Hintergrund der grundlegenden Dialektik von Identität und Alterität (Gloy 2018) die Gabe einerseits cartesianisch92 im Sinne eines methodologi schen/normativen Individualismus93 oder andererseits im Sinne einer inversen Phänomenologie der Responsivität vom anderen her gesehen konzeptionell erschließen. Ich bin mir bewusst, dass die epistemologische Kritik des sog. »Cartesianismus« in einigen Dis kurslandschaften geradezu zelebriert, in anderen Rezeptionskreisen als extrem nervend registriert wird. Wie immer im Leben, darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Ich werde noch mehrfach zu betonen haben: Ich repliziere nicht den theoriegeschichtlich (ange sichts der Vergangenheit der modischen Verstiegenheit des Struktu ralismus) überholten oder auch nur immer schon falsch verstandenen apodiktischen Spruch vom Tod des Subjekts. Ein Post-Cartesianismus muss schon sehr gut entfaltet werden. Man weiß ja sonst nicht, wohin die Post wohl hingeht. Vor allem auch: Was enthält sie? Was ist ihre Botschaft?
Dazu auch die Auslegung des Werkes von Hannah Arendt durch Hecker 2021. Zu Arendt auch in Eilenberger 2022. 90 Mentzos, 2017; Schulz-Nieswandt 2020d. 91 Stützle-Hebel/Antons 2017. 92 Vgl. dazu auch im Hintergrund: Schnädelbach/Niebel/Horn 2000. 93 Die epistemologische Fixierung auf nutzentheoretische Formen des methodologi schen Individualismus der Zweckrationalität erweist sich oftmals nur als Maskerade des kryptischen normativen Individualismus, gegen dessen heilige Ordnung in der politischen liberalen Marktgesellschaft nicht verstoßen werden darf. Schnell waren die kulturellen Codes der politikklimatischen Atmosphäre des Kalten Krieges aktiviert: Kollektivismus und Holismus, Paternalismus und Autoritarismus wurden zu den Feinden des freien Menschen der offenen Gesellschaft erklärt. 89
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1. Einleitung in die Problemstellung
1.2 Interdependenzen und Externalitäten Die Kategorie der Reziprozität verweist uns existenziell ferner gerade in der Corona-Pandemie auf die figurationssoziologisch (Elias 1991) fassbare ubiquitäre Interdependenz der Menschen (Govrin 2022) im Lichte der Theorie der Externalitäten (definiert als »spill-over«artige »soziale Kosten« individuellen Handelns auf den anderen, wobei der Staat als der regulative »Dritte« figuriert94) in der mensch lichen Daseinsführung: WA = WA (EA, AEB). Dies soll sagen: Das Wohlbefinden W der Person A ist nicht nur von dem Wohlbefinden der eigenen Lebenslage (Ego: E), sondern auch von der Lebenslage des anderen (Person B Alter Ego: AE) funktional abhängig, sondern auch vom Wohlbefinden der anderen (AE) abhängig, weil es sich um einen Funktionszusammenhang im Sinne der interdependenten Wohlfahrtsproduktion mit dem Telos der Lebensqualität, deren Kern die teilhabende Freiheit in der Einbettung in soziale Beziehungen darstellt, handelt. Weniger komplex ist der irgenwie wiederum eigentlich auch simple Zusammenhang – der Mensch lebt, sogar dann, wenn er einsam ist und den fehlenden Mitmenschen nur sehnsüchtig imaginieren kann, nicht allein – nicht zu haben. Die Kategorie der Gabe verweist uns theoriegeschichtlich aber zugleich bzw. ferner auf eine Krise der auf die Vernunft95 fokussierten Aufklärung96 der Moderne, die als Krise hier zum Thema werden muss, und die aus dieser ihrer Krise heraus (man sprach mitunter vom Zeitalter97 der Angst und der Nervosität) verschiedene Formen der Hinwendung zum Exotismus und zum sog. Primitivismus (in der
Dazu auch in Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann, 2021c. Dazu auch Krone 2016. 96 Dazu auch Därmann, 2005. 97 Gómez Pato (2008) bezeichnete das Werk von Ruth Schaumann mit Blick auf das 20. Jahrhundert als »Zeuge zuckender schwieriger Jahrzehnte«. 1956 schrieb Schau mann in lyrischer Prosa: »Den Ölzweig aber, den der Bote mit sich gebracht, trug die Frau, die zwischen den Männern ging, vor die Brust gesteckt, Friede, den schönsten und höchsten Orden, den ein Weib nur tragen kann.« Schaumann, Ruth 1946a: S. 71. Das Bild von der Frau ist ein Thema in der Rezeption. Vgl. auch in Schaumann 1946b. 94 95
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1.2 Interdependenzen und Externalitäten
Kunst98), auch in der Ethnologie99, evozierte.100 Ganz frei von diesen mentalitätsgeschichtlichen Konturen ist auch die heutige Gabe-Dis kussion noch nicht. Das werden wir noch sehen. Diese Kontinuität der unvollendeten ambivalenten Moderne – ohne dies hier theorie geschichtlich nachzeichnen zu wollen – prägt auch einige kritische Reflexionen in der nachfolgenden Analyse.101 Es geht also um eine post-egologische Phänomenologie. Diese Verschiebung im aprioristischen Fokus vom Subjekt her und zu dem anderen hin, also die Inversion der Fixierung, hat ontologische Gründe, die noch deutlich herausgearbeitet werden müssen. Kritisch könnte man nun einwenden, man drehe damit das Ei-Henne-Problem des Übergangs der subjektiven Gabe zur sozial interaktiven Reziprozität einfach nur um zum Henne-Ei-Problem. Und somit sei nichts gewonnen. Aber ganz so einfach ist es nicht. Wir betrachten ja das Subjekt in Reaktion auf den anderen. Aber der Sinnzusammenhang dieser Bezogenheit erschließt sich nicht vom Subjekt aus, sondern von der vorgängigen Aura des anderen her. Die Gabe ist keine Aktion, sondern eine Re-Aktion, also zwar doch eine Aktion, aber eben eine antwortende Reaktion, weil sie einen vorgängi gen Bezugspunkt als Herausforderung haben muss, sonst geht (zielt) sie ja ins Leere. Kommunikationstheoretisch102 ist dies eher simpel: Kommunikation braucht für den Transport als Übermittlung einer Botschaft eine Sendestation und eine Empfangsstation. Aber mag die Überlegung eher simpel sein, die ontologischen Konsequenzen sind im cartesianisch codierten epochalen Zeitalter eher gravierend. Wenn der andere als homo patiens in seiner Vulnerabilität (Aktas 2020), aber eben auch im Rahmen seiner Aura der Würde als Kreatur einen expressiv103 anmutenden Schrei – denken wir ruhig dabei an das berühmte Gemälde und seine Variationen (Zaloscer 1985) – aussen det, dann ist die empathische Hinwendung im Modus des prosozialen
Vgl. dazu u. a. auch Price 1992. Petermann, 2004; vgl. ferner Albers 2018; Loimeier 2021. 100 Dazu auch Schüttpelz 2005. 101 Man kann das Verhältnis der Moderne zur Wildheit der anderen Welt im Kontext der Imagination, der Sehnsüchte, des Utopischen und somit der ganzen Dialektik von Selbst- und Fremderfahrung auch durchaus kritisch, aber dennoch zugleich sachlich entspannter (unaufgeregter) rekonstruieren: Kiening 2006. 102 Tomasello 2011. 103 Arnold 2003: S. 46. 98
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1. Einleitung in die Problemstellung
Helfen-Wollens104 eine angebotene Gabe, die schon immer damit eine Gegen-Gabe auf die Vorgängigkeit des Schreies ist.
1.3 Bezogenheit und Selbsttranszendenz Dabei erkläre ich den Schrei nicht selbst schon als Gabe, wohl aber als Aufgabe an das Subjekt, sich dazu zu positionieren. Und auch die Theorie der Gabe muss sich zu dieser herausfordernden Frage positio nieren. Hier kehrt das Thema der Relation der Wirklichkeit 1. und 2. Ordnung zurück auf die Agenda in der Arena der Theoriebildung. Es ist eine Anforderung, eine Herausforderung, eine Entwicklungs aufgabe des Subjekts, sich in einem Werden105 der Bezogenheit106 zu begreifen.107 Und es ist zugleich eine Entwicklungsaufgabe für eine metatheoretisch fundierte Theoriebildung der Wissenschaft. Diese Entwicklungsaufgabe bezeichne ich als das Wachstum der Person durch Selbsttranszendenz (Reiner 1964). Mit der Betonung der Sequenz wechsle ich auch nicht einfach hin zum Apriori der Inter-Subjektivität. Solche Wechselwirkungszyklen resultieren aus der reaktiven Gabe, die diese Ordnung der Reziprozität als Gramma tik der Sozialität der Menschen induziert. So gesehen können wir die Ausdehnung des sozialen Universums nicht ohne eine Theorie des Urknalls erklären.108 Am Anfang war also der andere. An ihm konsti tuiert sich das Subjekt, das noch im Kokon (als Ort der »Puppenruhe«) gefangen ist: Des Menschen personalisierende Entelechie hängt am Antlitz des anderen.109 Aus dem Kokon mögen höchst diametral in der Formenlandschaft sozialer Beziehungen verortbare Variationen resultieren: einerseits der responsive homo donans, andererseits der homo abyssus, der sich der Gabe mitunter ganz anders funktional – nämlich destruktiv – bedient. Garms-Homolová 2022. Meißner 2019. Vgl. auch Vogel (2019) aus der Sicht von C. G. Jung her. 106 Langendorf/Kurth/Egloff 2011. 107 Dazu auch Bort 1993. 108 Zu frühen Formen der Gesellschaftlichkeit des Menschen: Brock 2006; Hen nings, 2021. 109 Hier könnte man auch eine Metaphysik der Kindheit einbauen. Die bisherigen Beiträge (bei Ferdinand Ulrich, und Gustav Siewerth, zum Teil in der Metaphysik des Muttertums bei Wilhem Schapp) dazu sind aber letztendlich theologische Entwürfe. Vgl. aber auch Drerup/Schweiger 2019. 104
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1.4 Mich-Erfahrung und Aktualgenese
Die Phänomenologie (Fellmann 2020) ist nicht nur ein weites Feld, das Feld ist facettenreich, hat also viele Gesichter und diverse epistemologische Drehbücher. Wir beobachten auch Metamorpho sen110 – wenngleich nicht so Eros-diktiert wie bei Ovid (Holzberg 2016; 2017) – in ihrer doch schon langen Geschichte. Dabei geht es nicht nur um variantenreiche Edmund Husserl-Rezeptionen (zwi schen Subjektivität und Inter-Subjektivität, Egologie, Alterierung oder Vorstellungen vom objektivistischen »Ding an sich«), sondern, ganz klassisch und immer wieder (neu) im Zentrum der neueren und aktuellen Philosophiegeschichte, auch um die »Phänomenologie (der Selbstwerdung des Geistes durch seine Bewegungen im Medium der Geschichte) des Geistes« bei Hegel (Brandom 2021). Noch bei Ernst Cassirer geht es um die differenzierbaren Formen (Wissenschaft, Mythos, Kunst) der Objektivierung des Geistes111, also der Sequenz logik folgend: (vom) Subjekt → (zum) Objekt (hin). Aber, zugespitzt formuliert: Bewegt sich der Geist von sich aus? Oder wird er bewegt? Ist der Daimion der Dynamik im Inneren des Subjekts? Oder ist es – der klassischen Debatte von Internalismus versus Externalismus (Birke 2001; Dellantonio 2007) folgend – der Treiber eines externen Daimons der Um-Welt, in der das Subjekt eingestellt ist? Weiter und nochmals anders gefragt: Habe ich Wahr nehmung oder hat die Wahrnehmung mich? Steht die Aktion am Anfang oder steht am Anfang die Welt, die zur Reaktion fordernd und herausfordernd anregt? Und sicherlich: Wenn der Mensch sich dann bewegt, dann bewegt er sich aus der empfangenen Position der Passivität heraus: aktiv, kreativ, bildend und gestaltend (Eidelpes 2018). Aber erst dann: vor diesem Hintergrund: eben responsiv.
1.4 Mich-Erfahrung und Aktualgenese Hier wenden wir uns also demnach der Leistung der Inversion des Blicks der »responsiven« Phänomenologie zu. Ich bin im Blick des anderen, der mich zur Mich-Erfahrung bringt. Wenn ich sodann 110 111
Gottwald/Klein 2005. Kreis 2009.
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1. Einleitung in die Problemstellung
ferner an den symbolischen Interaktionismus (Joas 1989) anknüpfen darf: Das Mich, das moi, das me gehen jeweils dem Ich, dem Je, dem I voraus. Ich bin immer erst geworden. Dies bedeutet aber: Ich bin geworden worden. Auch dann, wenn die Säuglingsforschung (Dornes 1997) zeigt, dass das neugeborene Kind kein Wesen reiner Passivität ist, sondern von Anbeginn interagiert, so gilt doch das gestaltpsychologische Theorem der Aktualgenese112: Der Mensch wird immer erst in der Reaktion auf die anregende Umwelt, in der er interaktiv eingelassen ist. Sind das, also diese Überlegungen, nur unwichtige Nuancen, irrelevante Akzentverschiebungen? Sophistische Spitzfindigkeiten? Wohl nicht. Es ist die Einnahme einer fundamentalontologisch ver schobenen epistemologischen Ausgangsposition, aus der heraus sich die Sozialität onto-anthropologisch erschließen lässt, gerade auch in rechtsphilosophischer, ethischer und politischer Perspektive. Ferner gilt mit Blick auf die soeben angesprochene Theorie der Ermöglichung von Sozialität113: Damit wird auch ein spezifischer Weg zum Verständnis im Sinne einer verstehenden Soziologie der Gabe der Formen sozialer Beziehungen und der rekonstruktiven Praxeologie der sozialen Praktiken des Gebens und Nehmens eröffnet. Eine solche Soziologie114 kann allerdings jedoch mit Blick auf die Psy chologie nicht, ja sogar nie eine »reine« Soziologie sein. Zudem wird sie sich mit Blick euf eine hinreichende Begründung sozialontologisch fundieren müssen. Ich kann demnach auch, etwas anders formulierend, festhalten: Nicht mehr das transzendentale Subjekt ist das Apriori, sondern der andere ist meine transzendentale Voraussetzung. Wenn Georg Simmel (1992) in seiner »Soziologie« aus dem Jahr 1908 mit Blick auf seine Soziologie der Formen in neu-kantianischer Art und Weise die Frage nach der Möglichkeit von Gesellschaft dergestalt beantwortet, dass er vom Apriori der Wechselwirkung ausgeht, so wird dadurch ein erster Schritt der Verschiebung bereits begangen. Aber man wird in die Logik dieser Wechselwirkung nochmals tiefer Einblick nehmen müssen, um das Wesen der Gabe zu verstehen. Denn auch eine Wechselwirkung braucht einen Anfang. Ist die vorliegende Abhandlung somit zugleich eine Thematisie rung der Phänomenologie des homo respondens, so geht es doch 112 113 114
Vgl. aber auch den Zugang über Winnicott 2020. Albert/Greshoff/Schützeichel 2010. Vgl. auch Goudsblom 1979.
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1.4 Mich-Erfahrung und Aktualgenese
als Verknüpfungsleistung um die Logik der Gabe. Die responsive Phänomenologie ist eben der epistemologische Blickwinkel, um das Wesen der Gabe zu rekonstruieren. Das erfordert eine ontologische Selbst-De-Zentrierung: Auch dann, wenn ich mit meinen Augen – im aufrechten Gang (Bayertz 2014) stehend – sehe, so sehe ich eine mir vorgängige Welt. Indem ich sie erblicke, sehe ich, oder höre ich oder spüre ich eben diese Welt. Sie ist immer schon da. Und dennoch muss sie vom Subjekt zugleich erst erkannt, verstanden, erspürt, bemerkt werden. Aber falls damit ein Akt der Konstitution gemeint sein sollte, so ist diese Konstitution sekundärer Art. Sie ist kreativ, weil sie Gestalt-gebend ist. Aber sie ist reaktiv: ein responsiver Akt. Selbst die Einnahme der exzentrischen Positionalität ist ein Meta-Blick des Individuums, stellt aber zugleich die Möglichkeit dar, das Individuum in seiner Relation zur Welt, in der es eingestellt ist, zum Thema der Erkenntnis zumachen. Der hermeneutische Blick gilt dann der Relation im Feld.115 Und dieser Blick auf die Relation kann helfen, zu begreifen, dass mein Blick eben diese Welt bereits voraussetzt, denn ich kann nur »er-blicken«, was »schon da« ist. Es wäre ein tertiärer Blick (tB) auf die sekundäre Tatsache der Relation (sR) zur primären Welt (pW), auf die hin sich die Relation bezieht, ebenso wie der Blick auf die Relation zu diesem vorgängigen Objekt: tB → sR → pW. Die pW ist aber die Welt in ihrer vorgängigen Art. Die tB ist eine Reaktion auf die sR als Reaktion auf die primäre Welt pW. Und erneut wird die verschlungene Odyssee der Umwege in der vorliegenden Abhandlung deutlich: Ich fokussiere auf die Gabe. Und eine paradox anmutende Aporie muss begriffen werden. Diese Aporie müsste, so könnte man argumentieren, gar nicht existieren, wenn man nicht den paradoxen Schritt gehen würde, die Subjekt-Objekt-Beziehung umzukehren zur Objekt-Subjekt-Beziehung. Aber der apriorische Subjektivismus ist ontologisch problematisierbar: Die Gabe ist immer schon eine Gegen-Gabe. Sie ist eine Antwort auf eine Frage hin, die aus dem Gegeben-Sein der Welt resultiert. Wenn die Gabe des Subjekts immer schon eine Gegen-Gabe ist, so muss es eine der Gabe vorgängige Negativ-Gabe («−Gabe«) geben, eben ein Gegebensein Zur Idee einer in diesem Sinne als Blick auf die Relationen des Feldes gerichteten »Strukturhermeneutik« vgl. u. a. auch schon in den älteren Studien von Schulz-Nies wandt 2004. Zur Kultur der sozialen Codierung als Strukturierung der Aufstellungen im sozialen Feld vgl. u. a. in Schulz-Nieswandt 2006. 115
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1. Einleitung in die Problemstellung
des anderen, eine Negativ-Gabe im Null-Status, weil sie nicht gege ben wird, schon als Gegebenes immer schon vorgängig »da ist«. Die Applizierung der responsiven Phänomenologie auf die Gabe hin ist nicht einfach eine thematische Verdichtung, sondern eröffnet den Zugang zur semiotischen116 und somit kontextsensiblen Herme neutik der Totalität des sozialen Systems der Gesellschaft als Kultur einer Epoche in ihrer zeitgeschichtlichen Ausprägung117.Und dies durchaus in einem marxistischen Verständnis gemeint. Man könnte auch sagen: in einem von Johann Wolfgang Goethe’s118 Morpholo gie119 geprägten und daher Gestalt-theoretisch120 inspirierten Sinne. Somit geht es darum, die Gabe »eidetisch« als Wesensschau dieses Gegenstandes zum Thema zu machen.121 Ich begreife, um ein kurzes Zwischenfazit zu ziehen, die Gabe in der Tat von der Stiftung sozialer Beziehungen her. Doch diese Bezogenheiten können unterschiedlicher Gestaltqualität aus der Perspektive einer humangerechten Ethik der Achtsamkeit mit Blick auf die Personalität als Gestaltfigur der personalen Würde des Menschen122 sein. Dazu werden vor allem bipolar definierte Ideal typen eine analytische Kraft in der vorliegenden Abhandlung entfal ten. Bipolarität ist hier ein Strukturprinzip der strukturalistischen Methode. Der Typus des destruktiven homo abyssus verweist uns aber in psychodynamischer Diaknostik als Blick auf die kulturelle Grammatik der sozialen Beziehungen auch auf eine sozialpsychoti sche Symptomatik. Wir werden sehen. Nochmals sie hervorgehoben: Das entscheidende Ergebnis ist jedoch das Apriori der Bezogenheit der Gabe, denn diese Bezugnahme setzt bereits den konstitutiven Status des Daseins des anderen voraus. Sie ist Teil der Struktur des Seins, die jedem seienden Sein eigen ist. Für Lotman 2011. Es gibt ja in relevanter Weise verschiedene Zeit-Verständnisse: Augenblick, Lebenszeit, Geschichte, Ewigkeit: vgl. Steinby/Schmidt 2017. 118 Dessen Werk selbst von Alteritätserfahrungen geprägt ist: Cami 2019. 119 Breitbach 2006; Hilgers 2002; Axer/Geulen/Heimes 201; Müller u. a. 2022. 120 Simonis 2001. 121 Die morphologisch fassbaren (auf den Zusammenhang von Strukturmerkmalen und der Sinnfunktion Gestalt-theoretisch abstellenden) Handlungslogiken (Gram matiken) des sozialen Handelns unterscheiden sich in ihren kulturellen Codierungen der Form des Handelns und führen zu Ausdrucksgestaltunterschieden. 122 Lauterbach 2022. 116
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1.5 Inversion der Phänomenologie
das Verständnis des Wesens der Gabe benötigen wir demnach die Anwendung der ontologisch-ontischen Differenz: Jede erfahrungs wissenschaftliche Forschung zur Gabe setzt diesen ontologischen Sta tus der Vorgängigkeit des anderen als Bezugspunkt einer Gabe in ihrer reaktiven und daher bedingten Intentionalität als Motiv-Sinn-Kon stellation voraus. Eine solche ontologisch-ontische Doppelung nehme ich später auch vor mit Blick auf das Verständnis von »Othering« als »Alterisierung«. Einerseits nämlich ist Alterisierung ontologisch nicht hintergehbar, sonst könnte man grundsätzlich die Fremdheit als Andersheit des Fremden gar nicht thematisieren, sogar gar nicht in Sprache fassen. Diese Ebene der Analyse berüht gar nicht Fragen einer diskriminierenden Stigmatisierung und Exklusion. Schon die Anrede »Du« meint eine Alterisierung, denn Du ist ein anderer aus der Sicht des sprechenden Ich-Subjekts. Der Name »gibt« ihm als ein anderer eine Subjekt-Identität. Die Namens-Gebung als allgemei nes Phänomen ist aber keine Fremdbestimmung des anderen. Erst konkrete Namen in Bezügen bestimmter Geschichten können diskri minierend sein, beschämen und zu Stigmatisierungen führen. So kann also andererseits eine konkrete Alterisierung diskriminierende Formen annehmen.
1.5 Inversion der Phänomenologie: Die Gabe des Subjekts vom anderen her verstehen Ist die Gabe ein Rätsel, wie einst Maurice Godelier (1999) meinte? Worum geht es bei der Gabe? Wozu dient sie? Was ist ihr Sinn? Welche Geschichten generiert die Gabe? Das Rätsel bezieht sich auf die Nachfrage, um welche tiefen Daseinsthemen geht es. Dem Rästsel ist zunächst das Unverstehen eigen. Hermetismus ist nicht nur für die Kunst, sondern auch für die Wissenschaft kein Ornament, sondern ihr Wesen. Das Staunen war in der Antike der Anfang der Philosophie. Das Staunen ist auch der Königsweg zu Ril kes Dichtung. Und Rilkes Onto-Poetik soll uns ja in der vorliegenden Abhandlung zur Orientierung dienen123, denn: »Was bleibet aber, stiften die Dichter.« (Hölderlin, Andenken). Claes 2009. Dass Rilke schwer zu verstehen ist (Oberlin 2022a), wenn man mit ihm (erstmals) konfrontiert wird, ist eine Aussage, die Eulen nach Athen trägt.
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1. Einleitung in die Problemstellung
Geht es etwa um Anerkennung (Honneth 2018; Balzer 2014), von der auch Paul Ricoeur (2006) handelte? Treibt Thymos als Bedürftigkeit der Anerkennung (als Gratifikationswunsch) der eigenen Leistung die Gabe an? In der berühmten Herr-Knecht-Dialektik der Ausle gung der »Phänomenologie des Geistes« bei Hegel durch Alexandre Kojève (1975) ist die Bedürftigkeit der (gegenseitigen) Anerkennung aber letztendlich doch wieder funktionalistisch gedacht im Interesse jemeiniger Selbstbehauptung. Gebe ich, weil im Akt der freiwilligen Gabe die Souveränität des Subjekts zum Ausdruck kommt? Opfere ich im Rahmen einer liturgischen Ökonomik eine Ressource, um damit selbst zu gewinnen: nämlich Anerkennung durch das Staunen der anderen als Adressaten? Ist dies der Ausdruck des maskulinen Gehabes, im Lokal eine große Runde zu spenden? Die Problematik dieser cartesianischen Gabe (»Ich gebe, also bin ich«) besteht darin, dass sie nicht vom anderen hergedacht ist, sondern stattdessen und vielmehr vom selbstreferentiellen Subjekt her. Die Dialektik bei Hegel mündet eher im Vertrag (der die Inter essen aushandelt) als in einem eidgenössischen Bund. Ein solcher Bund ist eine Idee, die mehr ist als das soziale Band (Bedorf/Herr mann 2016), das im Sinne einer relationalen Soziologie auf die zwischenmenschlichen Bindungen der Mitglieder der Gesellschaft verweist, aber für mich eher nur eine sekundäre Ausdruckschicht auf der Ebene der Soziogrammatik ist. Der Bund ist dagegen der kollektiv geteilte und tief greifendse Anker der Praxis der Bindungen. Hier geht es um die »Anker-Bindung der Bindungen«: Es geht um die nicht-vertraglichen Voraussetzungen einer rechtlichen Vertragsoder kommunikativen Verständigungsgesellschaft (Habermas 2019). Entgegen Zahn (2021) argumentierend (Schulz-Nieswandt 2022a; 2022b), hat Jürgen Habermas aber nicht zu viele normative Voraus setzungen für seine rationalistische Theorie der kommunikativen Verständigung, sondern – also ganz im andersartigen Gegenteil – nicht tief genug ansetzende hinreichende Verankerungen. Da hilft auch nicht die These, das Ganze sei eine empirische Frage. Ja, das ontologisch unabdingbar auch, weil seiendes Sein nicht im Zuge einer automatischen Entelechie des Naturrechts der Würde in Form von Metamorphosen in der Geschichte des sozialen Wandels und der Kulturentwicklung verläuft. Erst der Anker schafft transzendental die nachhaltige Möglichkeit einer effektiven Diskursordnung der Diver
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1.5 Inversion der Phänomenologie
sität.124 Der Anker hat epistemologisch einen doppelten satus: Er ist eine Kategorie transzendentaler Sozialontologie einerseits, anderer seits eine Kategorie der Erfahrungswissenschaft. Und daher ist die sozialontologische Idee der Verankerung in der Wirklichkeitswissen schaft des seienden Seins eben auch eine erfahrungswissenschaftliche Frage der sozialisationstheoretisch fassbaren Chancen einer hinrei chenden »Paideia« in der Polis-Bildung und Polis-Pflege. Bei Ernst Bloch (1923) ist die modallogische Entelechie als Schicksal des Naturrechts der personalen Würde (Schiller 2016; Brumlik 2022) im Prozessgeschehen der Geschichte der Metamor phosen anders als im positivistischen Naturalismus der Faktizität und der analytischen Identitätslogik gedacht (Bloch 1961), denn das Ich ist, muss jedoch dennoch erst noch werden, was Wir – gemein sam125 im Miteinander126, nicht als bürgerlicher Vertrag, sondern als heiliger127 Bund – sein können (Schulz-Nieswandt 2022b). Ernst 124 Ausgangspunkt aller Reflexionen ist die personale Würde als Ankerwert: 1) Es geht um die gestaltende Gesellschaftspolitik für sinnerfüllte gelingende, weil in sozia len Beziehungen eingebundene Lebensläufe. Eine Ankerfunktion hat der § 1 SGB I vor dem Hintergrund der personalen Würde als modernes Naturrecht im Art. 1 GG, auch im Lichte der EU-Grundrechtscharta und der UN-Grundrechtskonventionen. Der Art. 1 GG ist mit dem zweiten Ewigkeitsartikel, nämlich dem Art. 20 GG, verklam mert. 2) Verankert ist dergestalt das Menschenbild des Grundgesetzes: Ordnung der Freiheit als ein Miteinander durch gegenseitige Rücksichtnahme (Flick 2022). Die Corona-Krise hat nochmals verstehen lassen, dass das Grundrecht der freien Entfal tung der Persönlichkeit im Art. 2 GG dort an die empathische Rücksichtnahme auf das gleiche Grundrecht unversehrter Freiheit des Mitmenschen gebunden ist: Freiheit muss demnach vom sozialen Rechtsstaat und seiner Zivilgesellschaft geordnet wer den: als Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung. Das Menschenbild unse rer Verfassung ist kein individualistisches, sondern ein personalistisches Menschen bild und erfordert »empowernde« Solidarität und gegenseitige Rücksicht. 3) Die zentrale Schlussfolgerung lautet folglich: Nachhaltig entwickelt werden muss die Daseinsvorsorge als Sozialraumbildung: Im Kontext der kommunalen Daseinsvor sorge des Art. 28 GG, auch im Lichte der Idee der Gleichwertigkeit der Lebenschancen im Raum (in Art. 72 GG) und vor dem Hintergrund der im Art. 36 EU-Grundrechts charta sowie im weiteren Europarecht (EUV/AEUV) verankerten sog. Dienstleistun gen von allgemeinem Interesse, steht das teilhabeorientierte Recht auf angemessene Sozialraumbildung im Zentrum der Lebensqualitätsentwicklung eines »guten Lebens«. Vgl. auch Heerdt/Schulz-Nieswandt 2022. 125 Herzhoff 2022. 126 Helfritzsch 2020. 127 Hier verstanden als eine Kategorie der Idealbildung jenseits der großen Narra tive der Säkularisierung und der Entzauberung, aber auch diesseits der Herrschaft einer Kirchenreligion: Schlette/Hollstein/Jung/Knöbl 2022. Zum Laizismus: Fou rest 2022b.
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1. Einleitung in die Problemstellung
Bloch war hier der Spurensucher. Die Logik ist die der Modallogik dynamischer Prozessontologie. Der Mensch ist einerseits ein empiri sches Wesen, aber immer eben auch nur ein Konjunktiv. Er existiert (empirisch). Und er ist zugleich »ex-istierend« als ein transgressives Erst-Noch-Werden. In seiner Faktizität bleibt er ein konjunktives Potenzial. Die Differenz nennen wir Entfremdung. Die Entfremdung ist sodann geschichtlicher Art im Lichte des Prinzips der Hoffnung, dass in der Konjunktivität verborgen wirksam ist. Der Konjunktiv wird folglich auch als Möglichkeitsform des Faktizität schaffenden Tuns zu bezeichnen sein. Die analogia entis-These im Modus des psychoanalytisch-psychodynamischen Werks von Erich Fromm lau tet daher: Ihr könntet sein wie Gott. In der Philosophie der Hoffnung von Ernst Bloch durchdacht: Ihr werdet sein wie Gott. Das »Wie« eines solchen nicht-prometheisch/ikarischen, nicht-psychotischen Humanismus ist aber eine – allerdings wundersame – Ähnlichkeit, geknüpft an ein letztes Delta. Nochmals nachgefragt: Beginnt der Gabemechanismus also mit dem Ego, oder ist er von Alter Ego her zu verstehen und phänome nologisch zu rekonstruieren? Soziologisch ist sicherlich das Apriori der kommunikativen Wechselwirkung als sozialontologische Grund legung zu betonen. Dergestalt führte ich weiter oben bereits die Soziologie von Georg Simmel (1992) an. Doch der erste Schritt des Tanzes in der Inszenierung auf der Bühne des Lebens muss getan werden. Das Apriori ist also nur ein Apriori im Denkmodell des kan tianischen Transzendentalismus, bei Georg Simmel aber schon nicht mehr als Subjekt gdacht, sondern als Kategorie der Grammatik des Sozialen. Aber aber die Wechselwirkung muss ihren Ausgangspunkt haben. Das Pendel der Uhr als mechanische Signatur der Zeitlichkeit als Strukturprinzip der Wechselwirkung ist aber nicht ein Subjekt des »Ich bin«, sondern der andere, der ein Subjekt als ein Mich der aufmerksamen Betroffenheit achtsamer Reaktion als Grundlage des »Ich werde« generiert. Der andere generiet die Dynamik der Wechselwirkung, die nicht der letzte, also allererste Anfang des Sozialen ist. Diese Sicht verändert auch die Sicht auf die Identitätspolitik als Narzissmusproblem. Das wird uns nochmals intensiver beschäftigen. Hier soll nur schon festgehalten werden: Die soziale Welt von der Existenz128 des anderen her und nicht von der Subjektivität eines 128
Vgl. auch Möbuß 2022.
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1.5 Inversion der Phänomenologie
transzendentalen Subjekts mit seiner übergriffigen129 – appropria tiven – Konstitutionsgewalt her zu denken (Schriever 2018), ist nicht ganz so trivial, wie es der kritische Moralismus130 als Tenor der Argumentation nahelegt. In der Literatur wird das Problem der doppelten sozialen Zumutung diskutiert: Einerseits kristallisiert sich eine Abhängigkeit des anderen von der Generosität zu sozialen Zuschreibungen des Subjekts ab, andererseits fühlt sich das Subjekt von den Anspruchserwartungen des anderen unter Druck gesetzt (Herrmann 2013). Was ist hier das Problem der Zumutung? Die Antwort muss wohl lauten: Inkludierendes Miteinander ist eben keine triviale Angelegenheit. Die Hinwendung zum mitmenschlichen, also immer schon vorgängig »mit«-gegebenen »anderen« hin – man kann sich ihm ohnehin nicht vollumfänglich entziehen – schafft doch erst die humane Sozialität (Witzleben 2021). Es geht, rechtsphilosophisch auf dieser skizzierten onto-anthropologischen Grundlage gesehen, um eine Ethik der Pflicht, denn der andere bekommt nicht seine Würde, er hat sie a priori von Natur aus. Daher hat er ein Recht auf das Recht auf Würde. Das Subjekt bedenke also in der Folge dieser Argumentation: Das Subjekt ist immer selbst auch im Status der Andersheit. Es ist wie im Fall der Gastfreundschaft (Hiltbrun ner 2012) als ubiquitäres Kulturphänomen, und die diesbezügliche geltende »goldene Regel« (Dihle 1962) lautet: Alle sind irgendwo immer auch Fremde. Odysseus ist hierbei der epische Archetypus. Und das Epos muss besungen wersden. Weil erst der Gesang in seiner Klangwelt die Daseinstiefe der Thematik der Odyssee zum Ausdruck bringt. Die Musik ist die universalste Form der Sprache. Sie korrespondiert in ihrer Vielfalt der Ausdrucksgestaltigkeit mit der Vielfalt der psychodynamischen Konstellationen. Zugleich ist die Odyssee noch als andersartige Metapher des Lebens zu ergründen: Denn der Labyrinth-Typus des Irrgartens – hier das Herumirren im Mittelmeerraum – wird wie die Reise zur Metapher des Lebens. Und es ist eine Reise im Raum der Begegnung mit dem Fremden: Was das Subjekt jedoch dergestalt lernen muss, ist seine Zurückhaltung, einen Habitus der appropriativen Instrumentalfunktion der Funktio nalisierung des anderen im Zuge der Ökonomik der Begierde der
129 130
Dazu auch Krause 2017. Vgl. zur Klärung: Neuhäuser/Seidel 2022.
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1. Einleitung in die Problemstellung
Objektbesetzungen (Kathexis) (im Sinne von Jacques Lacan131 und über ihn hinaus132) zu praktizieren.133 Man besucht die Welt, man erobert sie nicht.134 Odysseus ist daher nicht in jeder Hinbsicht eine sympathische Gestalt. Und am Ende des Epos wird man kritisch nach fragen dürfen oder sogar müssen: Gab es keine Alternative zum Abschlachten der Freier?
1.6 Die Gefahren der Emergenz identitärer Gewalt Es kommt auf die Art und Weise an (Bedorf 2011), wie wir den anderen sehen und die Konfrontation mit der Anderswelt kulturgram matisch in unseren sozialen Praktiken verarbeiten und psychodyna misch in unseren kognitiven Prozessen bewältigen: Als Spiegel, als angstbesetztes135 Monströses136, in der Binärik (eigener) Zivilisation und (anderer/fremder) Wildheit137, also in der Binärik des Normalen und des A-Normalen in der Gut/Schön – Böse/Hässlich-Codierung und somit in der Transformation der vertikalen Geometrie138 von »Oben – Unten« in »Innen – Außen«?139 Das Soziale spannt sich demnach in einem Kontinuum der Kultur und Psychodynamik von sozialen Figurationen auf140, deren Pole einerseits der gewaltorientierte Konflikt und andererseits die verständigende141 Versöhnung sind, oder anders formatiert: Kupke 2007. Bossinade 2019. 133 Grundlegend, auch gerade in Bezug auf unsere Problematik des responsiven Paradigmas im Zusammenhang mit der Bewegung aus der pathischen Situation des Subjekts heraus: Kühn 2015. 134 Zur Morphologie der Formen sozialer Beziehungen unter diesem Aspekt: Waltz 2019. Das Problem der Ethik erwächst aus dem Regulationsbedarf zwischen Begierde als Praxis des Begehrens einerseits und dem Gesetz andererseits: Löwe/Lesmeis ter/Krochmalnik 2017. 135 Kast 2017. 136 Geisenhanslüke 2009; Emmrich 2020. 137 Ahrens 2012. 138 Zur Ordnung von Himmel und Erde und Hölle: Lang/MacDannell 1990 sowie Lang 2019. 139 Dazu auch in Schulz-Nieswandt 2022e. 140 Dazu auch in Dempf 1950: 129 ff. 141 Gottschlich 2022. 131
132
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1.7 Die Sozialität zwischen Identität und Alterität
Krieg der kulturellen Identitäten ↔ kultureller Austausch im sozia len Frieden. Darauf ist in der Zusammenfassung am Ende im Rahmen einer strukturalistisch geprägten Zusammenfassung einerseits in vertiefen der Ergänzung und andererseits in darstellungssystematischer Weise nochmals zurückzukommen. Vor allem auch sind die identitätspolitischen142 Logiken (Des combes 2013) dergestalt zu verstehen, dass sie das soziale Feld seg mentieren und sich so entfernen von der Idee einer universalen Kultur der inkludierenden Anerkennung »Aller« (Hetzel/Quadflieg/Sala verria 2011; Singer 2018). Ein Miteinander (Manemann 2019) als Gestaltsinn ist aus der Sicht der Soziologie der Formen etwas kul turgrammatisch und auch psychodynamisch völlig anderes als ein fragmentiertes Nebeneinander, das leicht infolge der Eskalationsdy namik von Wut, Hass143 und imaginierter Gewalt in einem faktischen »schismogentischen« (Bateson 1985) Gegeneinander umkippen kann (Sen 2020b). Dies kann anders gestaltet werden, wenn z. B. ein kultureller Austausch144 die Alternative zur kulturellen Aneignung darstellt (Distelhorst 2021; Balzer, 2022). Die Machtspuren achtsam erkennend, muss der Diskurs auch offen sein für Formen von »Trans differenz«145, wo es nicht nur negativ konnotierte Überlagerungen, sondern auch positiv konnotierbare Mischungen146 als neue Wege (Burke 2000) synthetischer Art gibt.
1.7 Die Sozialität zwischen Identität und Alterität Immer dann, wenn der Diskurs sprachlich so unbestimmt geführt wird, dass der argumentative Ertrag mit Blick auf die Lösungsperspek Eine verstiegene Identitätspolitik ist eine Variante des Neoliberalismus: Eine neue Variation der »Ich-AG«. Vgl. dazu auch Amlinger/Nachtwey 2022. Wer die diesbezügliche Literaturlandschaft kennt, der ahnt, dass ich Eulen nach Athen – die Göttin Athena mag mir diesen abgetakelten Spruch verzeihen – trage. Wir müssen anders, nämlich komplexer über die Relation von Differenzierung und Ungleichheit und von Diversität und Heterogenität nachdenken. Vgl. dazu auch Michaelis 2021; Hericks 2021. 143 Fischer 2021. 144 Vgl. auch die integrative Offenheit bei Jullien 2022. 145 Allolio-Näcke/Kalscheuer/Manzeschke 2005 sowie Alvarado Leyton/Erchin ger 2010. 146 Schröder/Threuter 2017. 142
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1. Einleitung in die Problemstellung
tive unklar bleibt (Julian 2009; 2017), wird indiziert, dass das Denken noch nicht weit genug am Wollknäuel strukturbildend gearbeitet hat. Bernhard Waldenfels (2006a; 2015) problematisiert dagegen in seiner »Philosophie der Responsivität« (Busch/Därmann/Kapust 2007) – und zwar in aller Klarheit – die Schnittstelle zwischen dem Subjekt (als homo respondens)147 und dem anderen in seinem Da-sein als Gegebenheit in einer ganz anderen Reife des argumentativen Denkens: Soziale Erfahrung resultiert hierbei aus der Form eines Miteinanders, das die Fremdheit des anderen weder appropriativ zu integrieren (destrruktiver Typus 1) in der Lage ist noch gar und in anderer Wirkrichtung – steigernd – zu eliminieren (destrukti ver Typus 2) vermag (Waldenfels 2016). Es gibt, sozialontologisch getrachtet (vgl. auch Giesen 2021), eben keine Sozialität ohne die ärgerliche Tatsache der Alterität, und es gibt keine Alterität ohne die Arbeit an der Sozialität. Sozialität entsteht an dieser dialektischen Schnittstelle zwischen Identität (I) von Ego (E) und Alterität (A) von Alter Ego (AE): I = f (A) und A = f (I). Dies führt zu einer Faltung als inkorporierende Einschreibung von Innen (als Ort von Identität) und Außen (als Ort der Alterität): I (E) = f (E; AE) und I (AE) = f (AE; E). Keiner hat dies so wahr in Form des Schönen ausgedrückt wie Rainer Maria Rilke (in der 7. Elegie148): »Nirgends, Geliebte, wird die Welt sein, als innen. Unser Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer schwindet das Außen.«
Auch in psychodynamischer Sicht (Huber/Ermann 2022) ist struk turanalog zu konstatieren: keine Autonomie ohne Bezogenheit. Im Modus der Bindung durch Liebe bedingen sich Freiheit und Sicherheit gegenseitig. Die Liebe als Bindung beruht auf Vertrauen149, Vertrauen bedarf wiederum des Mutes (Kast 2022). Und es stimmt nicht, dass Abhängigkeit im Sinne der sozialen Einbindung die Negation der Frei Dazu auch Srubar 2018. Auf die diesbezügliche christliche Philosophie will ich nicht weiter eingehen. Vgl. z. B. Geertsema 2021. 148 Guardini 2022. 149 Eine Ressource, die sehr unterschiedlich wissenschaftlich modelliert wird: Pas toors/Ebert 2019; Abdelhamid 2018.
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1.7 Die Sozialität zwischen Identität und Alterität
heit ist. Personale Freiheit beruht existenziell auf dieser Abhängigkeit als transzendentale Bedingung relationaler Autonomie. Mit der Formulierung der »ärgerlichen Tatsache« (der Gesell schaft), die ich nochmals mehrfach aufgreifen werde, knüpfe ich nicht unmittelbar an den rollensoziologischen Beitrag von Ralf Dah rendorf an, was durchaus möglich wäre, ging es in dieser Phase der bundesdeutschen Rollentheorie um das Problem der Freiheit des Individuums angesichts der sozialen Erwartungen. Das ist in dieser Akzentuierung wohl weitgehend nur im Kontext der Nach kriegszeit zwischen (extern) Kalter Krieg und (intern) 1968er-Kulturrevolution zu verstehen und sozialontologisch kaum haltbar. Georg Simmel und Helmut Plessner diskutierten das Problem auch anders. Die gestellte Frage lautete: Wo außer in Rollen kann sich der Mensch denn überhaupt personalisieren? Eine eher pragmatische Soziologie differenzierte auf einer mikrosoziologischen Ebene dann auch in Richtung auf bestimmte Formen von Freiheitsgraden (»rolemaking« und »role-taking« etc.). Auch René König150 beteiligte sich in dieser Weise. Vergesellschaftungstheoretisch kamen Quasi-Mittel weg/Mittelwert-Theorien auf, die die offene Gesellschaft zwischen über- und untersozialisierten Menschen – also zwischen homo socio logicus und homo oeconomicus – thematisieren wollten. Das ist (ich handelte darüber auch u. a. in Schulz-Nieswandt 2022b) heute zum Teil Dogmengeschichte, wenngleich nur aus der damaligen Diskurs formation heraus rekonstruierbar. Die Kategorie des Ärgerlichen ist durchaus brauchbar, wenn man die kulturgrammatischen Fragen im Rahmen einer Soziologie der Formen psychodynamisch durchdekliniert (Wiegand 1977). Und genau dies versuche ich, ansatzweise in der vorliegenden Abhandlung einzubauen. Dies wird nicht gelingen, wenn sich die Erfahrungswis senschaften im Lichte der Erträge der Forschung der Philosophischen Anthropologie ebensolche fundamentalen Kategorien wie die der Angst, der Einsamkeit151 und der Liebe aufzugreifen bereit und in der Lage sind, um den Themenraum und seine Problemkonstella tionen von den fundamentkonstitutiven Eckpunkten und Vektoren her erschließend zu definieren. Es gibt keine reine Soziologie. Und Soziologie ist auch nicht reduzierbar auf empirische Sozialforschung. Vielleicht ist es sogar ein riesiges Missverständnis zu glauben, es 150 151
Moebius 2015; 2016. Bitter 1970 sowie Lotz 1972.
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1. Einleitung in die Problemstellung
könne eine eigenständige Disziplin der Soziologie geben. Denn ihr Gegenstand – die Formen der sozialen Beziehungen – ist ohne Philosophische Anthropologie, ohne Theorie der Kultur, ohne Sozial psychologie, ohne Psychoanalyse und ohne ontologische Fundierung überhaupt nicht hinreichend zu erfassen. Nochmals zurück zur Faltung von Geschichte, Kultur und Psy che des von Geist geprägten Naturwesens Mensch: Die an Kants Anthropologie152 erinnernde »ungesellige Geselligkeit«153 entfaltet sich in gemeinsamen Intentionen und Affektionen, zwischen Ich, Du und Wir als ein Uns, an den liminalen154 Räumen und deren Schwellen zum hin Fremden (Waldenfels 1997), dabei die soziale Welt erweiternd betrachtet hinsichtlich der Miteinwirkung der Dinge, da sich der Mensch in seinen symbolischen Sinnhorizonten seiner materiellen Kultur (Dokumente, Wohnen, Kleidung, Schmuck, Far ben etc.) identitätsbildend einbettet.155 Die oben angesprochene doppelte Zumutung (vgl. auch weiter unten in der Zusammenfassung) kann dann zu einem Miteinander geführt werden, wenn – was Penner (2022) Gelassenheit156 nennt – die »Einheit des Seins« erkannt wird. Dann könnte diese Erkennt nis als Einsicht auch zum Zentrum eines eidgenössischen Bundes werden, das Miteinander demnach also eine genossenschaftsartige Form annehmen. Also: Erst am anderen konstituiert sich das Selbst. Das Selbst als ein Identitäts-bildendes Konstrukt vom eigenen Ich hängt an der Differenzerfahrung des In-der-Welt-gestellten Menschen. Im Kern finden wir dies dort thematisiert, wo Ricoeur (1996) die Dialektik von Initiative, Passivität und Andersheit diskutiert. Davon157 referierte auch Vincent Descombes (1983). Und vom anderen her denkt Emma 152 Vgl. zum neueren Rassismus-Vorwurf gegenüber Kant vgl. auch Geier 2022. Mitunter ist einer »psychoepistemischen Störung« im kolonialen Denken die Rede. Vgl. Hallaq 2022. 153 Vgl. dazu u. a. Heinz/Heinz/Immer 2005; Belwe 2000. 154 Dazu u. a. Benzing 2007. Auf die klassische Statuspassagen-Forschung und auf die neuere kulturwissenschaftliche Forschung zu Übergangsräumen, Grenzen und Schwellen – derartiges habe ich an anderer Stelle in Reflexionen zu Inklusion und Exklusion praxeologisch mit Blick auf die onto-anthropologischen, rechtsphilosophi schen, ethischen und politischen Probleme der Zeit eingebaut – soll hier nicht weiter eingegangen werden. 155 Fineder/Lang 2020. 156 Dazu auch Strässle 1992. Dazu auch Schulz-Nieswandt 2014b: S. 9 f. 157 Vgl. auch Waldenfels 1986.
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1.8 Subjektivität ohne Bezogenheit?
nuel Levinas (1999; 1995), auf den sich Bernhard Waldenfels (1985) früh mit suchendem Blick auf eine Ethik der Sozialität schon bezieht, das Ganze (Levinas 2022). Wenn der andere als Du bezeichnet wird, so verweist dies implizit auf eine verborgene Axiomatisierung des Ich, das eben Du (»Du, da!«) sagt. Wenn man vom Du her das Ich zu begreifen hat, dann muss man dazu das Du unabhängig vom Ich als einen anderen konstatieren. Der andere ist von mir unabhängig immer schon da. Dem Ich geht (als Subjektkonstitution im Medium des Blicks des anderen als Anblick158) konstitutiv die Mich-Erfahrung in der Anhörung der Anrufung durch Alter Ego voraus. Das Verhältnis des anderen zum Subjekt ist also als Wenn-Dann-Beziehung zu verstehen: Nur, wenn man den anderen in seiner Gegebenheit voraus setzt, dann können wir auch das Subjekt in seinem Werden denken. Das sind keine Wortspiele und soll auch keine nochmals ver meintlich neuere Variante von Arthur Rimbauds »Ich ist ein anderer« (Rauthe 2002) darstellen, wohl aber eine Variante von Wahrheits spielen, denn hier ringen epistemische Paradigmen miteinander. Die von mir bislang und in allerdings soann auch veränderter (weiter entwickelter) Form immer noch vertretende Theorie des dialogischen Personalismus ist eine hybride Gestalt im Übergangsraum zwischen einer idealistischen Phänomenologie und einer responsiven Phäno menologie.
1.8 Subjektivität ohne Bezogenheit? Geht es also bei dem Geben (das WIE des Tuns) einer Gabe (als das WAS des Tuns) etwa um Stolz, Generosität und Dankbarkeit? Ist die Gabe demnach narzisstischer Natur: Sie mag an den anderen gerichtet sein, ist aber selbstreferentiell im Wunsch nach Anerkennung? Oder soll sie Erinnerung stiften, also einen kulturellen Gedächtnisapparat generieren? Sind Gaben demnach zu verstehen als Investitionen in das erhoffte kulturelle Gedächtnis als Grundlage der Erinnerung? Sind manche Gaben von der Stiftung eines Ahnenkultes (Müller 2016; Cognetti 2021; Bonnet 2000) – ein ubiquitäres Phänomen, das die Orthodoxie des konstruierten Monotheismus im Alten Testament gerne eskamotiert hat (vgl. in Lang 2002) – angetrieben? Will man sich unsterblich machen? 158
Hackbarth 2014.
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1. Einleitung in die Problemstellung
Die Gabe mag dergestalt also den anderen als Mitmenschen instrumentalisieren. Ist die Gabe ein Instrument des individualisti schen Habitus der Plenexia als charakterneurotische159 Verstiegen heit (Binswanger 2010)? Erst im sozialpathologischen Modus der Alexithymie oder der Ich-Anachorese kann sogar der Mensch der cartesianischen Gabe (»Ich gebe, also bin ich!«) selbst seine instru mentalisierende Generosität überhaupt nicht mehr – quais eine pathogene Grenzsituation – praktizieren: Er verliert ontisch den Cha rakter als Beziehungsmensch160 und flüchtet161 in seinem Wahn der Selbstverwirklichung aus der Zivilisation. Nur seinem ontologischen Potenzial nach ist er noch ein Beziehungsmensch: Er – der Mensch als Konjunktiv – könnte, was er nicht (mehr) kann. Ist der männliche Held162 ein Geber der Gabe der rettenden Erlösung (aus der Not)? Sind es Arbeiten an den sozialen Machtrela tionen, wenn man in eskalierenden Sequenzen mit Geschenken die Liebe erkaufen will? Geht es gar um Megalothymia als der Wunsch, vom anderen als überlegen erkannt zu werden? Geht es also um Dominanzverhalten, das zur Hegemonie strebt? Beides setzt das selbstkonzeptionelle Subjekt der Identitätsarbeit voraus: Homer163 – das ist bis heute ein Thema der Forschung164 – kannte noch nicht165 diesen individualistischen (selbstkonzeptionellen166) Geist167.
Vgl. auch in Horney 1964. Lersch 1965; Seyfert, 2019; Litt 1926. Vgl. auch die facettenreich differenzierte Landschaft der Sichtweisen, die trotz aller Differenzen doch einen gemeinsamen Wesenskern als Schnittfläche aufweisen: Stierlin 1976; Laing 1969; Wyss 1973; Danzer 1998; Lehmann 1982. 161 Dauzu Bachmann 2016. 162 Glawion/Haschemi Yekani/Husmann 2007. 163 Vgl. allerdings auch die Studie zum Alten (ägyptischen) Reich (ca. 3000 v. Chr.) von Jacob 2022. 164 Sarischoulis 2008a, 2008b. 165 Zur Geschichte des Subjekts in Moderne und Postmoderne: Dybel/Sandkühler 2004; zur Sattelzeit der Renaissance (vgl. auch Huizinga 1991): vgl. Knape 2021. Roeck (2017) spricht vom »Morgen der Welt«. Epochenabgrenzung und Epochen bestimmung sind in der historischen Forschung allerdings kontrovers: vgl. u. a. Ridder/Patzold 2013. Zur frühen Neuzeit: Hohlstein/Schlögl/Schürch 2019. Zur Individualität in der Vormoderne: Moos 2004. 166 Taylor 1996; Sonntag 1999. 167 Snell 1946; Dodds 1970; Gill 1996. Zum neutestamentlichen Kontext mentali täts-, kultur- und sozialgeschichtlich: Reinmuth 2013. Vgl. auch in Wahl 1989. Anführen würde ich auch Neumann 1995. 159
160
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1.8 Subjektivität ohne Bezogenheit?
An dieser Stelle mag exkursartig das Weltbild der griechischen Tragiker (Ries 2000)168 Aischylos, Sophokles und Euripides in ihrer jeweiligen Eigenheit und Differenz, aber eben auch in ihrer konsti tutiven Gemeinsamkeit thematisch aufgegriffen und herausgestellt werden (fundamental: Schadewaldt 1992). Immer geht es um die Einbettung des Menschen in den Schick salszusammenhang der Götter (eine glänzende Paraphrase auf kur zem, dichten Raum: Buschor 1963), um die Stellung des Menschen zwischen der Dämonie der Wirklichkeit (Ate169) und der Gnade des Göttlichen (Charis170). 1) Bei Aischylos (Föllinger 2009) ist der Mensch als pathisches Wesen ohne Freiheit als Subjekt eingestellt. Das Dunkle der Erfahrung ist dominant. 2) Auch bei Sophokles (Flashar 2010) ist es der große Schicksalszusammenhang, der the matisiert wird, doch stehen nun die Menschen im Dualismus zu den Göttern. Die Menschen sind auch hier nicht von Autonomie geprägt, sind jedoch in die Mitte positioniert, also gesondert in ihrer Distanz zum Schicksal, dem sie dennoch – als tragische Helden – eingefügt sind. Die »griechische Harmonie«, die hier ihre Gestalt erfährt, ist eine polare Einheit von Freude und Leiden. Es ist eine paradoxe Einheit in ihrer polaren Differenz, eine Art von »gebundener Freiheit«, die die »Daseinsbilanz« der Menschen im Lebenszyklus prägt. Immer vollzieht sich in der Tragödie der Mythos, so auch 3) bei Euripides (Hose 2008). Hier wird die Differenz bis zur Erfahrung von Absurdität gesteigert und der Mensch zugleich in seinem Inneren zum Schauplatz der Kämpfe. Deshalb mutet uns Euripides wohl einerseits modern an. Doch andererseits bleibt auch hier der Mensch dem mythischen Schicksal ausgeliefert. Den kulturgeschichtlichen Zusammenhang171 von Tragödie, Theater, Polis, Dionysos-Kult (Bierl 1991) und Satyrspielen (Brommer 1944; Lämmle 2013)172 soll hier durch Erwähnung in Erinnerung gerufen, aber nicht weiter aufge griffen werden. Heute sind politiktheoretische Rezeptionszugänge Ries macht deutliche Anleihen bei Weber (1959). Bei Hesiod ist Ate die Tochter von Eris, der Göttin der Zwietracht und Enkelin der Nyx, der Göttin der Nacht. Und es geht um das Verderben, das durch Ate über die Menschen kommt. 170 Auf die Chariten in der griechischen Mythologie und auf die Grazien in der römischen Mythologie verweisend. 171 Dazu auch Girshausen 1999; Lehmann 1991. 172 Zu der Rolle und zur Funktion der Erinys in hier relevanten Kontexten: Zer hoch 2015. 168
169
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1. Einleitung in die Problemstellung
(Meier 2022) ebenso gängig wie psychoanalytische Sichtungen und Bohrungen (Marneros 2018).173 Zurück aus dem exkurshaften Einschub. Oder geht es, um nach Sinn und Funktion der Gabe nochmals suchend und forschend nach zufragen, um die Wertschätzung174 (der Ansprüche175) des anderen? Geht es um dessen Würde gerade angesichts seiner Vulnerabilität (Engi 2022)? Ist die Gabe altruistisch bzw. solidarisch und knüpft sich an ein Opfer176, dass für diese anerkennende Wertschätzung des anderen aus der Haltung der respektvollen anderen heraus durchaus schmerzhaft, weil mit Verlusten verbunden notwendig ist? Konstitu iere ich mich durch die Gabe oder konstituiert der andere mich (Kaul 2011) in dieser Mich-Erfahrung durch seine Aura des Antlitzes177 als Mitmensch (Löwith 2016)? Wenn man die Gabe aus dem Opferkult178 heraus versteht, werden auch die religiösen Eigenschaften der Gabe als Hingabe kon turiert. Nicht selten ist das Gabe-Geben atmosphärisch ja in feierliche Rahmungen eingelassen. Und nochmals radikaler, also gründlicher gedacht: Ist bereits das »Da-ist« als ein »Gegeben-sein« des anderen eine Gabe an mich? Geht ein Geburtstagslied nicht: »Wie schön, dass Du geboren bist, Wir hätten dich sonst sehr vermisst Wie schön, dass wir beisammen sind«.
Mehr noch: Ich habe mich in meinem Entwicklungspotenzial ja von Anbeginn nicht aus und von mir selbst, sondern ich habe mein Entwicklungspotenzial als DNA von anderen geerbt. Die Generatio nenbeziehungen179 sind ein Geben und Nehmen und Weitergeben. Diese Erbschaft ist meine erste Gabe als Geschenk, dessen Qualität für mich unverfügbar ist. Und selbst die Aktualisierung dieses Potenzials im Zuge der Wechselwirkung mit der aktivierenden Sozialisation180 Auch im Fall der Bibel: Kassel 1980. Pelluchon 2019. 175 Därmann/Waldenfels 1998. 176 Dazu mit Bezug auf Georges Bataille: Keul 2021. Ferner Mierzwa 2021. 177 Dazu Schönherr-Mann 2021. 178 Ich spare die debattierte (Brunotte 2013) Frage nach der Relation von Mythos und Kultus aus. Zum Verhältnis von Glaube und Kult/Ritual vgl. auch Glasenapp 1960. 179 Schulz-Nieswandt u. a. 2009; Fitze 2009. 180 Winnicott 2020. 173
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1.9. Die Fragestellung im Lichte einer Psychodynamik der sozialen Formen
verdankt sich – denn die ontogenetische Entelechie und somit die Metamorphosen der Persönlichkeit im Lebenszyklus181 sind keine autopoietischen Automatismen – den Prozessen und Aktanten dieses Geschehens in der geschichtlichen und somit ökonomischen, sozialen kulturellen Kontextualität. Als ein Zwischenfazit kann nochmals betont werden, dass es um eine Umkehrung der Subjekt-Objekt-Beziehung in der Phäno menologie geht. Dies wird im Lichte der bipolar aufgespannten Idealtypen gelingender bzw. verfehlter Reaktionstypen (Progres sion/Regression, Konstruktivität/Destruktivität, selbsttranszen denter Apparation/apotropäischer Adjektion) vertiefend im Sinne einer komplexen Problematisierung zu erörtern sein. Versteht man semiotisch182 die nach Regeln grammatisch codierte Gabe als sozialer Mechanismus und die zeremoniellen183, rituellen184, symbolischen Praktiken des Gebens als Zeichensystem, das in Hin sicht auf den motivischen Sinnzusammenhang hermeneutisch dechif friert werden muss, so ist die Gabe tatsächlich immer wieder ein Rätsel, das aber ebenso immer wieder mittels der kontextsensiblen semiotischen Hermeneutik gelöst werden kann.
1.9. Die Fragestellung im Lichte einer Psychodynamik der sozialen Formen Interdisziplinär, d. h. nicht nur philosophisch, sondern auch sozi alwissenschaftlich, dabei Soziologie wie Psychologie, Kulturwissen schaft wie auch Aspekte der Geschichte und das Recht umfassend, Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2022. Ecco 1977; Barthes 1983. 183 Vgl. z. B. die Studie zu den Göttergaben in Dekorationsprogramm der ägyptischen Tempel der griechisch-römischen Zeit von Rickert 2011. 184 Zur »rituellen Erfahrung«: Odenthal 2018. Ritualtheoretische Erörterungen haben in den letzten Jahren in der Theologie stark an Bedeutung zugenommen, soll als Entwicklung hier jedoch nicht näher aufgegriffen und erörtert werden. Dies wird man anreichern müssen durch die neueren Diskurse und Theoriebildungen zu Gestimmtheit, Stimmung sowie Atmosphäre und Aura. Vgl. dazu u. a. Rauh 2012. Ein interessantes Beispiel ist ferner auch die Gestaltung der Atmosphäre in Licht-Klang-Therapien in der Demenzbetreuung als soziale Interaktionsarbeit. 181
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1. Einleitung in die Problemstellung
wird problematisierend nachzufragen sein, wie der homo respon dens zwischen 1) 2)
der »selbsttranszendeten Apparation« (d. h.: in personalisieren der Prosozialität der Öffnung zum vorgängigen anderen als Mitmensch) einerseits und der »apotropäischen Adjektion« (d. h.: in depersonalisieren der185 Destruktivität der Ablehnung und Ausgrenzung des ande ren) andererseits aufgestellt ist.
Zwei Wege der Kultur sind also möglich: 1) 2)
Die Apparation ist die Dynamik der Bewegung auf ein Etwas hin als progressive Selbstveränderung im Sinne von humaner Rei fung. Die Adjektion, wenn sie von dem Apotropäischen der Hygiene angst codiert wird, ist eine regressive Selbstblockade im Sinne des verfehlten Mit-Seins.186
Solche Aufstellungen sind einerseits in kulturgrammatischer Per spektive eine soziale Figuration im Feld, andererseits eine Aufstellung (der intra-individuellen Arbeitsapparate) im Sinne der Psychodyna mik der inneren Skripte, die als Drehbücher der Generierung der Performativität sozialer Praktiken im Alltag der sozialen Dramen wir ken. Selbsttranszendenz ist keine asymmetrische Appropriation aus Haltungen der Dominanz und der hegemonialen Kolonialisierung als Funktionalisierung und Instrumentalisierung des anderen, sondern eine horizontale Transzendenz (Irigaray 2010). Es geht hierbei um eine Phänomenologie der verschiedenen Modi der Weltaneignung (Morsbach 2017), wobei die appropriative Objektbesetzung eine Form ist, dagegen die Gabe und das Opfer andere Formen darstellen. Die Apparation einerseits führt zur sozialen Form in der Gestalt qualität des Miteinanders. Die apotropäische Adjektion andererseits führt zur sozialen Form des Gegeneinanders. Dazwischen – eben als hybride Gebilde sozialer Formen – ist das eher liberal-tolerant auftre tende (in der Tiefe jedoch letztendlich nihilistische) Nebeneinander auf der habituellen Grundlage des gegenseitigen Desinteresses als
185 186
Bushart 2019; Krafft-Krivanec 2008. Vgl. in Schulz-Nieswandt 2021f; 2021g.
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1.9. Die Fragestellung im Lichte einer Psychodynamik der sozialen Formen
Ausdruck von menschlicher Kälte möglich. Das Kontinuum lautet demnach also: Miteinander (M) ← Nebeneinander(N) → Gegeneinander (G). In der sozialen Form M dominiert das Vertrauen die Angst. Umge kehrt ist es in der sozialen Form G der Fall: Die Angst187 dominiert das Vertrauen: M > V. Im Fall von M kommt es zur Öffnung auf der Grundlage eines konstruktiven Gleichgewichts von Nähe und Distanz als Selbstregulierungsaufgabe. Hier gilt: V > A. Im Fall von G kommt es zur Verschlossenheit auf der Grundlage einer ungleichgewichtigen Dominanz der Disposition der Distanz in Relation zur Disposition der Nähe. Dies hat Folgen für die kulturelle Grammatik der Gabe und in der Folge für die Logik der sozialen Beziehungen. Der Grad der sozialen Pathologie (sozP) steigt über das Kontinuum (M; N; G) an: min! ← sozP (M) < sozP (N) < sozP (G) → max! Die soziale Form N mag uns an die Gestaltfigur des »Man« in der Fun damentalontologie von Martin Heidegger erinnern, die man nun auch mitunter im Rahmen einer sozialcharakterlichen Massenpsychologie (nicht »alle« meinend, wohl aber »viele« im Sinne ganzer Bevölke rungsteile, die auf eine Form existenzieller Entfremdung verweist) aufgreifen könnte. Dies ist, wissenssoziologisch und milieutheore tisch betrachtet, im Sinne eines entsprechenden kollektiv geteilten Denkstils188 zu verstehen. Diese Sicht mag methodologisch strittig sein, es verdeutlich aber, wie wir uns M, N und G als kollektiv geteilte Substrukturen einer Population als Figuration der Gesellschaftsmit glieder in Bezug auf Ordnung von Innen und Außen, Insider und Outsider, Normalität und A-Normalität vorstellen können (Elias/ Scotson 1993). Dies bedeutet auch, dass es eine doppelte Gestaltlehre des homo respondens – den progressiven Typus einerseits vom regressiven Typus andererseits differenzierend – gibt. Eine Einsicht ist hierbei aber zu betonen:
Thompson/Schäfer 2018. Instruktiv in Bezug auf das »hebräische Denken« im Alten Testament: Dietrich 2022. Zum epistemologischen Hintergrund der Kollektiv-Denkstilforschung: Radei ski 2017.
187
188
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1. Einleitung in die Problemstellung
1)
2)
Onto-anthropologisch gilt: Der homo respondens ist eine ontoanthropologische Figur jenseits von Raum und Zeit. Aus dem ontologisch fassbaren Weltverhältnis189 – einer Variation auf »die Stellung des Menschen im Kosmos«190 – des Subjekts im Sinne der conditio humana resultiert diese Unhintergehbarkeit der Responsivität der Daseinsführung und Existenzbewältigung. Soziologisch und im Sinne psychogrammatischer Sozialcharak terologie gilt: Das progressive Subjekt der Apparation einerseits und andererseits das regressive Subjekt apotropäischer Adjek tion sind zwei Subjektivierungsformen191 – also Ausdrucksge staltung verschiedener Formen der Vergesellschaftung – aus ihrer sozialen Raum-Zeit heraus.
Und diese konkreten Formen der Erfahrungswissenschaft sind Gegenstand kritischer Soziologie, die ohne kritische tiefengramma tische Psychologie nicht auskommt (Whitebook 2009). Dergestalt wird die Differenz, aber eben auch die gleichzeitige Berechtigung sowohl einer universalistischen Anthropologie192 einerseits als auch andererseits einer Historischen Anthropologie (Tanner 2017) in Ver bindung mit einer Historischen Soziologie (Schützeichel 2004) und einer psychohistorischen193 Mentalitätsforschung194 (Haas 2020) verständlich. Wandel und Vielfalt (damit auch die Plastizität195 der Ontogenese in der Geschichte strukturgenetisch196 aufgreifend) sind ebenso zu verstehen wie die Universalien der menschlichen Stellung im Kosmos.197 Nielsen/Sepp 2019. Scheler 2018. Gesteigert im großen Entwurf des Denkens bei Teilhard de Char din 1983. 191 Geimer/Amling/Bosančić 2019; Alkemeyer/Budde/Freist 2013; Janßen/Alke meyer 2021. 192 In gewissen Grenzen: Todorow 1998. 193 deMausse 1999. 194 Burguière 1987; Sellin 1985. 195 Schwarte 2015. 196 Bohmann/Niedenzu 2020. 197 Nicht nur an dieser Stelle wird deutlich, dass in einigen Passagen eine Fülle von Andeutungen eingebettet sind, die nicht weiter expliziert werden. Ich wollte aber den ohnehin wieder komplexen Verweisapparat, der sich in der Gestalt der Literaturliste zum Ausdruck bringt, nicht noch steigern. In den vielen, für manche Leser*innen vielleicht in hypertropher Manie angeführten eigenen Publikationen (ich habe hauptsächlich Monographien und nicht Aufsätze von mir anführend genutzt) sind diese Andeutungen mehr oder weniger gut zu erschließen. 189
190
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1.9. Die Fragestellung im Lichte einer Psychodynamik der sozialen Formen
Das weiter oben konstatierte interdisziplinäre Spektrum der Dis ziplinen mit Blick auf die Forschungsperspektive einer Hermeneutik der Gabe (HdG) spannt sich also in einer hierarchischen Sequenz auf: Ontologie → Anthropologie → Geschichte → Kultur (Soziologie/Psychologie) → HdG: Sinn sozialer Praktiken und performative Inszenierung sozialer Wirklichkeit. Damit spannen wir den Bogen von 1) 2) 3) 4)
einer Metaphysik über eine philosophische Phänomenologie des responsiven Subjekts bis hin zu einer wissenssoziologischen Praxeologie rekonstruktiver So zialforschung als Grundlage auch von Forschungen zur Sozialpolitik und zur Gemeinwirtschaft.
Die vorletzte Entwicklungsstufe 3) dieser disziplinären Forschungs sequenz werde ich bis auf einige eingeflochtene Beispiele erfah rungswissenschaftlich in der vorliegenden Abhandlung ebenso nicht bearbeiten wie die Stufe 4), die aber immer wieder systematisch eingeflochten wird. Die Stufe 3) resultiert aber zwingend, wenn der Weg der Stufen 1) und 2) akzeptiert wird. Stufe 4) resultiert aus der erfahrungswissenschaftlichen Konkretisierung der Metaphysik der personalen Würde und der Onto-Anthropologie des responsiven Subjekts der inversen Phänomenologie gegenüber dem cartesiani schen Konstitutions-Idealismus. Dieser – die schematische Kategorisierung mag etwas krude wirken – Idealismus wird nicht einfach destruktiv negiert, sondern im klassischen Sinne der Dialektik »aufgehoben« in der Modellierung des responsiven Subjekts.198 Der homo respondens ist nicht der Tod und somit das Ende des Subjekts, wohl aber eine gewisse Art der onto-anthropologischen Relativierung. Diese Relativierung besteht in dem epistemologischen Abschied-Nehmen von der Hybris des maskulinen Wahns des prometheischen Ikarus. Autonomie ist hier ein polyphoner Begriff. Wenn die Klassik der Kritischen Theorie (gemeint sind vor allem Theodor W. Adorno und Max Horkheimer) das nicht mehr entfremdete Subjekt einer wahren sozialen Lebens form – auf dessen Spurensuche die Werke von Walter Benjamin 198
Instruktiv auch: Breuninger/Oesterreich, 2020.
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1. Einleitung in die Problemstellung
und Ernst Bloch ebenso wie der Paul Tillich-Kreis (Schulz-Nieswandt 2020a) in geschichtsphilosophischer Art und Weise waren – visio nierten, so ging es ja gerade um die Überwindung der geschichtlichen Deformationen der Variationen des autistischem Subjektivismus, insbesondere in der Form des besitzrechtsindividualistischen Objekt besetzungsfetischismus des appropriativen homo oeconomicus, der auch umschlagen kann in die »autoritäre Persönlichkeit«, weil sich ein neoliberaler Markt-Essentialismus mit autoritären Regimen mit dem Ergebnis einer neuen kulturellen DNA – auch Unkultur ist Kultur199 – sehr gut effektiv und nachhaltig »paaren« können. Es geht also nicht um den Tod des Subjekts (Frank 1986). Das hatte ich ja nun schon mehrfach betont. Und deshalb sind auch Phänomenologie und Hermeneutik nicht obsolet geworden. Post-Strukturalismus ist keine Systemtheorie ohne Subjekt. Es geht um die vergesellschaftungstheoretische De-Zentrierung des Subjekts als methodologische Basisannahme. Diese methodologische »Regel«, um an Émile Durkheim (1984) mit einem Wortspiel – Sprach spiele sind hier das Medium der Wahrheitsspiele – anzuknüpfen, ist aber überhaupt nicht zwingend verknüpft mit einem radikalen Post-Modernismus der Rede vom Ende der großen Erzählung des Humanismus.200 Eine weitergehende Frage als kritische Nachfrage ist die, ob denn die sog. Aufklärungsphilosophie das (poietische) Subjekt tatsächlich als Träger der reinen Vernunft konzipiert hatte.201 Als ein wichtiges Zwischenfazit möchte ich festhalten, dass die Korrelation von kultureller Grammatik und psychodynamischer Aufstellung in dem Feld der Gabe-Mechanismen zu erkennen und zu beachten ist. Positive Apparation und negative Adjektion führen uns kulturgrammatisch zu zwei bipolar verschiedenen Idealtypen der Ausdrucksgestaltqualität von sozialen Beziehungen, die jeweils auf einer idealtypischen Dichotomie der Haltungstypen der psycho dynamischen Aufstellungen der Individuen im Feld verweisen.
Lenz/Hasenfratz 2021. Darunter verstehe ich keine schlichte Verwestlichung, von der Masala (2002) schreibt: Der Traum von der Verwestlichung der Welt sei heute ausgeträumt. Zurück bliebe eine durch Multipolarität, durch Blockbildung und durch Unsicherheit geprägte Welt-Un-Ordnung, die wohl die internationale Politik noch auf lange Zeit bestimmen wird. Vgl. auch Rüsen 2020. 201 Vgl. etwa Strassberg 2007. 199
200
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1.9. Die Fragestellung im Lichte einer Psychodynamik der sozialen Formen
Muss man die postmodernistischen Kastrationen hinnehmen? So sollte man doch wohl vielmehr oder stattdessen auch gerade – jenseits von Kunst und Mythos – in der Wissenschaft202, aber vielleicht auch die poetischen Schnittflächen203 zwischen Wissenschaft, Mythos und Kunst bedenkend204, wieder den tugendlichen Mut aufbringen, Erfah rungswissenschaft, Metaphysik in modallogischer Form dynamischer Prozessontologie, Rechtsphilosophie und Ethik und Sozialtheorie zu verknüpfen.
202 Aber auch in diesem Feld der ehemals heiligen Hallen tobt der identitätspoliti sche Aktivismus: Ackermann 2022; ferner – kontrovers rezipiert – Pluckrose/Lind say 2022. 203 Scobel 2917; Heyne 2020. 204 Kreis 2009.
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2. Fragestellung und Erkenntnisinteresse: von der Praxeologie des Gebens zur Ethik der Gabe
Was ist die Fragestellung und was ist das Erkenntnisinteresse? Die Antwort lautet u. a.: Es geht um die Frage nach einem Rest der Gabe, der nicht in Reziprozität aufgeht. Zunächst ist hierbei in erfah rungswissenschaftlicher Perspektive die praxeologische Erfassung des Themas bedeutsam: Welches Spiel nach welchem Drehbuch205 läuft hier eigentlich ab?
2.1 Gabe, Reziprozität, Tausch Das Verhältnis zur Kategorie der Reziprozität (Loer 2021) prägt das Verständnis der Kategorie der Gabe (Schulz-Nieswandt/Micken, 2021). Wenn die Gabe nur der Auftakt zu einem System des Gebens und Nehmens ist, dann geht es letztendlich nur um die Logik der kulturellen Grammatik des Sozialen als ein Aus-Tausch-System (Bruni, 2020). Die von meinem Erkenntnisinteresse abhängige Problemstel lung lautet: Gibt es Möglichkeiten, die Gabe – zumindest in einem Bedeutungsrest – unabhängig vom reziprozitätslogischen Tausch zu denken und auch für die Hermeneutik des Alltags der sozialen Wirklichkeit206 methodologisch zu verwenden? Gibt es einen Rest der Gabe, der nicht in Reziprozität und somit im Tausch aufgeht? Man wird jedoch Typen der Gabe unterscheiden lernen in Abhän gigkeit vom konstruktiven bzw. destruktiven Charakter des motivi schen Sinns und der entsprechenden sozialen Praktiken. Und daher soll ferner nachgefragt werden: Wie kann man mit dem Verdacht auf 205 206
Gebhardt 2016. Schulz-Nieswandt, 2021h; Schulz-Nieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022.
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2. Fragestellung und Erkenntnisinteresse
normativ207 problematisierbare Formen der Gabe – der Potlatsch als destruktiver Gabenzyklus war ja nur ein Beispiel – umgehen? Dies ist eine Frage, die das wissenschaftliche Interesse an einer Ethik der Gabe in rechtsphilosophisch relevanter Weise deutlich macht?
2.2 Bipolarität der Gabe-Typen Ich werde den Typus eines destruktiven, auf soziale Praktiken der Demütigung208 (D) sinnhaft abstellenden Gabe (dTdG) vom Typus der konstruktiven Gabe (kTdG), die auf die Würde-basierte (W) Personalisierung in der Stiftung sozialer Beziehungen abstellt, unter scheiden, wonach sich das Feld also wie folgt anordnen lässt: personale Würde: depersonalisierende Demütigung = kTdG : dTdG. Blickt man nun psychodynamisch auf die kulturelle Grammatik beider Gabe-Typen und der durch diese gestifteten sozialen Beziehungen, so wären die Progression (P) einerseits und die Regression (R) andererseits zu unterscheiden. 1)
2)
Die progressive soziale Beziehung basiert auf einem Integral des Miteinanders (Mohr 2021), wodurch es zur gemeinsamen – hyperbolischen (Waldenfels 2012) – Selbsttranszendenz der sozial interdependenten Personen kommt. Externalitäten der Gabe, weil Rawlsianisch definierbare Teil mengen von inkludierenden (in) Pareto-Verbesserungen als »Miteinanderfreiheit in reziprok rücksichtsvoller Miteinander verantwortung« (MF/MV) auf der Grundlage von Selbstbestim mung, Selbstständigkeit und Teilhabe (S/S/T) im Sinne des Sit tengesetzes von Art. 2 GG unterlaufen werden209.
Das gebende Subjekt (S) stellt sich in seiner Lebensqualität (LQ), definiert als subjektives Wohlbefinden bzw. als objektive Wohlfahrt; besser, indem er durch demütigende soziale Praktiken »struktureller Gewalt« in den Modi der Bevormundung, der Kränkung und der Aus grenzung (B/K/A) dadurch (→) ursächlich (und hier sei zusätzlich unterstellt: intentional) die Lebensqualität des anderen (A) als Rezep 207 208 209
Vgl. auch instruktiv: Schloßberger 2019. Vgl. dazu grundlegend: Margalit, 2012. Dazu auch Dierksmeier 2016.
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2.2 Bipolarität der Gabe-Typen
tionsobjekt der destruktiven Gabe verschlechtert, also eine Ordnung der »sozial ungleichen negativen Freiheit« (nrgF) konstituiert: ∂ LQ (S) > 0 → ∂ LQ (A) < 0, wobei die (»goldene«) Regel verletzt wird: Verhalte Dich so, dass gilt: ∂ LQi > 0 für alle i = S; A. Die beiden Gabe-Typen positionieren sich in der Logik folgender strukturaler Anordnung: Ordnung der Würde ← P ←kTdG ↔ dTdG → R → Ordnung der Demü tigung, auch beschreibbar als Polarität verfassungskonform ← inMF/MV (S/S/T) ↔ negF (B/K/A) → verfas sungswidrig. Die beiden Typen der Gabe korrelieren im verfassungsrechtlichen Bezug auf die Art. 1 und 2 GG demnach also rechtsphilosophisch mit zwei Ordnungen sozialer Beziehungen, die sich in ethisch relevanter Weise rechtsphilosophisch in Bezug auf die Verteilung der Lebensla gen in ihrer Allokationsgerechtigkeit dichotom (+; -) unterscheiden. Mit dem dTdG sind dergestalt Verletzungen von A (in den Dimen sionen von Geist, Seele und Körper) verbunden. Mit dem kTdG dage gen ist eine gemeinsame personalisierende Selbsttranszendenz von S und A verbunden. Würde ich hier nun wiederum ein dichtes kurzes Zwischenfazit ziehen wollen, so würde ich festhalten wollen, dass dieses Kapitel 2 die Abschnitte 1.1. und 1.2 von Kapitel 1 in etwas anders akzentu ierter Perspektive nochmals zusammenfassen. Gerade die Inbeziehungsetzung der Identität-Alterität-Dialektik zur Rechtsphilosophie und Ethik macht normative Bezüge deutlich, die den blickverengten Fokus von kulturwissenschaftlichen Studien auf brechen und die Sichtung der Probleme der Themenlandschaft erwei tern.
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II. Dimensionen des Themas und Bausteine der Theoriebildung
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
Zunächst soll es um die kritische Nachfrage gehen, ob es Sinn macht, von einer Gabenökonomie, also von einer Ökonomie der Gabe zu sprechen. Hier in Kapitel 3 gehe ich in 6 kleineren Schritten (3.1 bis 3.6) vor. Die Problematik ist in Bezug auf den Theorie-bildenden Diskurs über die Positionierung in der theorietopologischen Land schaft zwischen Tauschprinzip und solidarischer Gabe angesiedelt. Die Frage ist von paradigmatischer – disziplinär, epistemologisch und objekttheoretisch gesehen – Bedeutung: Ist solidarische Gabe-Praxis eine Gabenökonomie oder drückt die Ökonomisierung des Blicks auf die Gabe bereits eine Vermarktlichung als kapitalistische Formbe stimmtheit der Ökonomisierung aus? Diese eigenständige Fragestellung mit Blick auf das impli zite Erkenntnisinteresse dekonstruierend zu lesen (Schulz-Nies wandt/Micken/Moldenhauer 2022a), wirft in selbstreflexiver Per spektive die Frage auf, warum denn unbedingt nach diesem Rest (der Gabe, die nicht im Tausch im Sinne einer Logik der Reziprozität aufgeht) – quasi hoffend210 mit einem esoteriologischen Hauch von Sozialeschatologie – gesucht werden muss? Warum soll die Gabe nicht oder nicht vollumfänglich in Tausch aufgehen? Ist denn der Tausch als Austausch immer Markt-logisch codiert? Diese selbstkriti sche Nachfrage wird den roten Faden der Analyse in diesem Abschnitt darstellen und als Hintergrundaspekt auch in weiteren Kapiteln der Abhandlung immer wieder bedeutsam werden.
3.1 Idealismus der Theorie und Realismus des Alltagsmenschen? Doch nochmals zunächst zum Sinnzusammenhang der Frage dieser Nachfrage: Das Leben, so die Alltagsweisheit, ist doch ein Geben und 210
Fink/Metzger/Zulauf 2019.
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
Nehmen. Das stiftet (schwache oder starke) Bindungen und sichert dergestalt auch das Miteinander als ein Zusammenleben (Eichler 2022), schafft – mehr oder weniger auf der den Blick rahmenden Grundlage der Logik der Äquivalenzen – über balancierte Gerechtig keit auch Akzeptanzen der sozialen Beziehungen. Doch ist die Äqui valenzgerechtigkeit ja nur ein Typus von Gerechtigkeitsvorstellung und spielt nur in einigen sektoralen Zweigen der Leistungserstellung und leistungsrechtlich orientierten kostenträgerschaftlichen Zweigen der Sozialpolitik eine prägende Rolle. Wie steht es um Formen unbe dingter Solidarität im Sinne einer Bedarfsdeckungswirtschaft? Hal tungen des reinen Nehmens würden auf Modi des Tuns verweisen, die auf situative Ausnutzung bzw. strukturelle Ausbeutung oder auf eine Gewalt211 der Aneignung (Wahl 1989) verweisen können. Hier spielen auch moralische Risiken in der Versicherung und Trittbrett fahrer-Verhalten in nutzungsoffenen Infrastrukturen eine Rolle. Doch diese sozialstaatsökonomischen Themen sollen hier nicht verhandelt werden.
3.2 Ambivalenzen Deutungsmuster von hilfsloser Bedürftigkeit können auf die Vul nerabilität212 der menschlichen Kreatur als Teil der conditio humana verweisen, die ebenfalls in die Traditionen der Sozialpolitik213 einzu ordnen sind, jedoch auch gegenläufig auf einen Typus des Nehmens, der im Lichte der empathischen Barmherzigkeit und Gnade, und dies losgelöst von einem insbesondere christlichen Definitionscode, als begründet angesehen wird. Dies gilt einerseits. Genau solche positiv konnotierten Haltungen des Gebens gegenüber dem homo patiens (Frankl 1950) können andererseits bei einer Rekonstruktion latenter Sinn-Motiv-Konstellationen (Schulz-Nieswandt, 2021h) aber auch auf die dunklen Seiten der Gabe als manifeste soziale Machtverhält nisse der Demütigung bzw. der Schaffung von Abhängigkeiten ver weisen. Man denke auch an nicht leicht abgrenzbare Phänomene wie die der Korruption (vgl. § 331 ff. StGB). Aber auch an das Trojanische Pferd als Danaergeschenk wird man sich erinnern müssen. Auf diesen 211 212 213
Galtung 1982; Kapust/Dabag/Waldenfels 2000; Staudigel, 2019. Dederich/Zirfas 2022. Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2021b; Schulz-Nieswandt, 2016d.
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3.2 Ambivalenzen
letzten Aspekt der dunklen Seite der Macht kommt die Reflexion nochmals im Verlauf der Darlegungen mehrfach in grundlegender, weil das thematische Problemfeld in sozialgeometrisch bestimmender Weise zurück. Nicht vergessen werden sollte aber auch die Erkenntnis aus der Rechtsethnologie214 und der Religionsgeschichte, wonach ein Archetypus der Reziprozität215 in der Vergeltung216 angesichts eines normativ nicht akzeptierten Tuns wurzelt: Am Anfang der Kulturge schichte ging es um den Kreislauf von Tun und Ergehen und um die Gewalt auf beiden Seiten dieser Reziprozität.217 In Bezug auf die Barmherzigkeit, diese nun aber doch im Lichte der europäischen Kultur- und Mentalitätsgeschichte auslegend218, sei kritisch nachgefragt: Verdanken wir der christlichen Kirche als Anstalt der organisierten Nächstenliebe als »Liebespatriarchalismus«219 nicht genau dieses zwei-dimensionale Komplexgebilde220: Das universale Prinzip der Nächstenliebe, aber immer eingebettet221 in die Praxis sozialer Praktiken der Macht und der Herrschaft (Veyne 2011), wobei Vgl. auch Barta 2022. Vgl. auch Berti 2017. 216 Vergeltung ist ein rechtsethnologisch klassisches Thema. Gerade archetypisch geht es um eine Reziprozität, die auch die dunklen Seiten der Macht in der Gabe und ihrer Gegen-Gabe dekonstruierend erkennen lässt. Das Thema ist nicht historisch im Frame der Modernisierungstheorie erledigt. Historisch ist es eher in einem genealogischen Sinne, wenn es um die eigenen humanistischen Selbstdeutungen unserer kulturgeschichtlichen Verwurzelung geht. Ehre, Gewalt, Rache und Hass sind nämlich alles Themen auch schon der oftmals klassizistisch verklärten Antike einer maskulinischen Heldenwelt zweifelshaften Charakters, mitunter auch ihrer Götter welt. 217 Kapust/Dabag/Waldenfels 2000, Staudigl 2019. 218 Wobei die vorderasiatischen Ursprünge Europas in einem größeren Raum des Kulturaustausches und der Synkretismen zu beachten sind: Braun 2022. Jesus war ja kein Christ, sondern ein charismatischer Wanderprediger eine intra-jüdischen Strömung. Die frühchristlichen Gemeindeordnungen haben sich an dem genossen schaftsartigen Vereinswesen des hellenistischen Kulturraums orientiert. Und die Vertikalorientierung des spätantiken Christentums im Kontext einer auch die Christo logie prägenden mitunter pharaonisch codierten römischen Kaiserkultes verdeutlicht die synkretistischen Transformationen. 219 Die Begrifflichkeit im Kontext der Religionssoziologie bei Ernst Troeltsch soll hier nicht das Thema sein. Vgl. auch Graf 2022. 220 Vgl. auch Massinelli 2021. 221 Die Formen von »social connectedness« sind transzendental verwurzelt in Formen von »cultural embeddedness«. Und alle Gesellschaften zu allen Zeiten in allen Räumen sind daher – sozialontologisch begriffen – Variationen von »cultures of relatedness«. 214
215
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
infolge der »Pastoralmacht« (Steinkamp 2005) die politische Macht, in der genealogischen Tradition des Sakralkönigtums222 stehend, auf der Huldigung des Hirten der Herde223 als Signatur der Herrschaft basiert (Bröckling 2017)? Hier mag die Haltung der Gnade leicht in die generative Performativität von Schuldverhältnisse224 ausmünden. Doch denken wir im Modus der Inversion, ohne diese kognitive Umkehrung gleich auch als religiöse Bekehrung interpretieren zu müssen. Nicht die nehmende Person steht in der Schuld. Der gebende Mensch ist dankbar, dass es den anderen gibt, an dem er sich selbst als ein »Mich-Selbst« im Modus einer Identität konstituiert. Das agile »Ich-Selbst« ist direktional als aktiver Nucleus der Bewegung (latenter Aggressivität) zu verstehen. Das »Mich-Selbst« ist der Erfahrungsgrund einer eher passiven Reaktion achtsamer Art. Um doch noch den berühmten Spruch aus der Poesie zu nutzen: »Ich, das ist ein Anderer!« Ich verdanke mich, bin erst ein Ich im Modus der Mich-Erfahrung (Wiesing 2009) durch die Existenz des anderen.
3.3 Sozialkritik und Melancholie Löst man sich von diesem verborgenen Skript, so kann noch ein anderes Narrativ als Daimon225 die zwanghafte Suche nach dem Rest der Gabe, die dadurch nicht in Reziprozität aufgeht, antreiben. Es geht, nicht ohne habituelle Verwurzelung in der Melancholie226 der Romantik (Safranski, 2009), um das Narrativ der verloren gegange nen solidarischen Gabe im Zeitalter des Waltens des »kapitalistischen Geistes« (als Pneuma), der sich in den Menschen in seiner ganzen
Vgl. auch Rassiller 2022. Vgl. u. a. Jungbluth 2011; Oswald 2009. Sozialgeschichtlich mit Blick auf die ökonomischen Hintergründe: Bruni 2019. 224 Graeber 2022. Vgl. auch Roepstorff-Robiano/Balint 2010. 225 Sybel 1886; Nilsson 1950: S. 199–202. 226 Tellenbach 2011. Die neuere Literatur spannt das Thema auf zwischen den Eckpunkten der Epochenstimmung, der Psychopathologie und der Gestimmtheit als innere Kraftquelle der Kreativität in der Daseinsbewältigung. Da ist an László F. Földényi oder auch Romano Guardini ebenso zu erinnern wie an Julia Kristeva zu denken. Vgl. auch Schwarz 1996. Sogar die Empathie mag mit der Melancholie korrelieren: Breyer/Herzfeld-Schild/Miteva/ Schick 2021. 222
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3.3 Sozialkritik und Melancholie
leiblichen227 Strukturschichtung von Geist, Seele228 und Körper (wie eine »Faltung«) »einschreibt« (Schulz-Nieswandt, 2019a).229 Denn falls, mentalitätsgeschichtlich (Lepenies 1998) betrach tet, die Grundgestimmtheit der Melancholie epochal mit dem neu zeitlichen Verlust der Transzendenz des traditionalen (ursprünglich mythisch vermittelten kosmologischen230) Baldachins zu tun hat, dann bedeutet eine Umkehr nicht die Wiederkehr der Götter (Frank 1982; 1988)231, wohl aber die Selbsttranszendenz zum Mit-Sein und somit die Bildung des sozialen Zwischenraums zwischen dem Subjekt und den anderen in der Immanenz der inkludierenden Sozialität. Dieser Zwischenraum ist immer noch von der melancholischen Stim mung geprägt, weil die neue Synthese nur die Einheit der Verbunden heit und der bleibenden Differenz ist, aber es ist keine unglückliche und traurige sowie trostlose Zerrissenheit im Inneren in Relation zum Außen des Subjekts mehr. Es gibt eben zwei Grundtypen des Zwi schenraums. Einerseits ist der Raum des Da-Zwischen ein trennender bzw. kaum überbrückbarer Grenzraum, andererseits ein hybrider Raum des integrativen Austauschs von Perspektiven. Die Brücke fundiert hier als eine Metapher, die im zwischenmenschlichen Leben der Menschen eine Rolle spielt. Dicht an Nutzungsambivalenzen fehlt es diesem Bild ebenfalls nicht: Die Brücke kann einer imperialen Erorberung im Raum dienen. Sie kann aber auch Auswege bieten, neue Welten im gastfreundschaftlichen Geist bieten. Sie kann Lebens chancen verschiedenster Art eröffnen. Ihre Zerstörung kann schützen, aber auch ausgrenzen.
Vgl. dazu auch Breil 2021. Dabei sollte man diese Dimensionen nicht gegeneinander ausspielen, etwa der gestalt, dass die Intelligenz (oder auch die körperliche Fitness) im Menschenbild positiv zählend angeführt und betont wird und damit die Personalität von Menschen mit Behinderung reduziert wird: Jungbluth 2019. Zur Geschichte der Seele vgl. u. a. Stuckrad 2019 und Høystad 2017. 229 Vgl. auch Schulz 2022. 230 Vgl. dazu auch Janus 2018. 231 Vgl. auch Kühnlein 2018. Ferner auch Hannig 2020. 227
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
3.4 Dionysischer Sprung zwischen Aufmerksamkeit und Bewegung Der dionysische232 Sprung des Bocksgottes233, der hier zur Wirkung kommt, ist eben nicht vom Subjekt her gedacht, sondern vom anderen her. Es ist kein Zufall, dass Bernhard Waldenfels seine responsive Phänomenologie in verschiedenen Publikationen, die hier aber nicht zu Wort kommen sollen, auch im Kontext einer Kulturhermeneutik von Kunst und Design, Theater und Tanz eingebracht hat. Betrachten wir den Tanz. Der Tanz234 hat für uns mitunter dionysische Ursprünge.235 Es geht um die Logik der Transgression. Im phänomenologischen Kontext geht es zugleich aber um die sozi altheoretisch und sodann ethisch fundamentale (paradigmatische) Frage, ob die Motorik eine unbedingte Subjektperspektive »von hier nach dort« oder eine bedingte Responsivität als achtsame Aufmerk samkeit des Subjekts auf die vorgängige Anrufung durch die Aura des Antlitzes des anderen darstellt: also eine Motorik236 des »von dort über mein Hier als ein Mich zurück«. Man wird dazu die Idee der Gestaltkreislehre (Weizäcker 1940) nochmals anders fortdenken müssen: Die Einheit von Bewegung und Wahrnehmung ist einzubetten in die Objekt-Subjekt-Relation im Sinne einer post-subjektiven Inversion hin zum anthropologischen Ausgangspunkt des homo respondens. Die Einheit von Wahrnehmung und Bewegung des Subjekts ist demnach dergestalt eingebettet in eine dynamische Ordnung des Erfahrungserlebnisgeschehens der Begegnung mit dem anderen (und den Dingen) als transzenden tale Dialektik von primärer (affizierender) Alterität und sekundä rer (responsiver) Identität. Aus der Affektion der Sinne resultiert die Transgression als Apparation als identitätsstiftende partizipative Dazu u. a. in Schulz-Nieswandt 2022b.; 2021c. Auf die Klassiker wie Walter F. Otto oder Karl Kerenyi, aber auch neuere Darstellungen bei Marcel Detienne, Richard Seaford, Renate Schlesinger u. a. soll hier nicht weiter eingefangen werden. Vgl. aber auch Heinemann 2016. 233 Herbig 1949; Walter, 2001. 234 Vietta 1938; 1948. An die Seite dieser Deutungsversuche kann man auch die Studie von Dorothee Günther (1962) stellen, die sich der Bestimmung von »Wesen und Werden« des Tanzes als Bewegungsphänomen stellt. 235 Weege 1926; Manakidou 2017. 236 Vgl. auch die anthropologischen Grundlagen des psychomotorischen Denkens: Fischer 2019. 232
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3.5 Weichenstellung im Kontext der Gegensätze
Motorik als ein Mit-Sein als Modus des In-der-Welt-Seins. Auch hier spannt sich im verwandten Begriff der Abjektion der bipolare Span nungsbogen auf. Bei Julia Kristeva (1982) ist die Abjektion eher in der Theorietradition237 einer apotropäischen Hygieneangst (SchulzNieswandt 2021f; 2021g) zu verstehen, während er bei Judith Butler (1997) – woran sich in der Rezeption bereits eine Kette von Sekun därdikussionen anknüpfen konnte – positiv gewendet wird im Sinne gelingender Subjektivierung.
3.5 Weichenstellung im Kontext der Gegensätze Nun, so ist es eben: Die Weichenstellung im sozialen Wandel hängt ganz entscheidend davon ab, in welche psychodynamische Aufstel lung die kulturelle Grammatik ihre Formen annimmt: 1)
2)
Steuern die affektuellen Phänomene einer Angstneurose und der Ekel-Verstiegenheit (Menninghaus 1999) als Strukturkenn zeichnen eines tief verankerten Sozialcharakters die kulturelle Logik des sozialen Tuns, dann kommt es entweder zum sozialen Rückzug oder zur diskriminierenden Ausgrenzung bis hin zur Gewalt. Ekel als Expressivität von Angst ist hier als ein »feindli ches Gefühl« zu verstehen (Kolnai 2007) und als Grundlage des Phänomens der Haltung des Apotropäischen und des Dämonen abwehrzaubers einzustufen. Herrscht eine Bewältigung der Angst (A) durch das bindungs abhängig erlernte Vertrauen (V) und der dergestalt geförderten Empathie als Grundlage der neugierigen Weltoffenheit (also V > A statt A > V), dann kommt es zu einer konstruktiven238, nicht destruktiven Responsivität zum anderen als Mitmensch hin.239
Vor diesem Hintergrund der methodologischen Faltung von Sozial theorie und Psychodynamik wird verständlich: Deshalb war Kriti sche Theorie (jedenfalls der ersten Generation) nicht Sozialtheorie als »reine« Soziologie und konnte nicht auf die kulturtheoreti sche, also auf die vergesellschaftungstheoretisch relevante Psycho Dazu auch die psychoanalytische Auslegung bei Reik 1975: S. 157 ff. Dazu auch Buchenhorst 2015. 239 Vgl. ferner Pfaller 2021; Pfaller/Schetsche 2021; Schramm 2021; Biebert/Sche tsche 2016. 237
238
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
analyse verzichten (Schulz-Nieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022). Die zweite Generation Kritischer Theorie nach ihrer kommunikati onstheoretischen und sodann anerkennungsphilosophischen Wende vernachlässigt oder übergeht die Tiefenpsychologie, wenngleich sie sozialisaationstheoretische Anleihen benötigt. Doch der versteckte Rationalismus der reinen Vernunft in ihrer sprachphilosophischen Ausdrucksgestalt hat Angst, sich den Leidenschaften der Menschen als Bausteine einer Ordnung eines »guten Lebens« daseinsthematisch zu öffnen. Die Gabe lässt demnach auf eine prosoziale und post-paternalis tische, weil »empowernde« Motivation zur solidarischen Sorgekultur hoffen, aber sie kann auch eine Praxis der Negation der Würde aus der Kraftquelle der Demütigung sein. Dieses kapitalismuskritische Narrativ240, das ich auch für mich, «jemeinig», autobiographisch (Schulz-Nieswandt, 2019b; 2021e) erkennen kann, verknüpft sich mit einem Modernisierungs-Narrativ241, das die in der soziologischen Theorie242 und auch in der klassischen Kulturanthropologie bzw. Ethnologie lange Zeit (und auch mitunter heute noch243) prägende dichotome Logik der Sequenz von vormoderner Tradition und nach traditioneller Moderne als Binärik von (geschlossener, statischer, »kalter«) »Gemeinschaft« versus (offener, dynamischer, »heißer«) »Gesellschaft«, also als Binärik von Primitivität versus Komplexi tät codierte: Primitivität (Kulturen statischer Geschlossenheit) → Traditionalität ↕ Komplexität (Kulturen dynamischer Offenheit) → Innovativität. Auf die verborgende exotisierende Psychodynamik der Sehnsucht nach den Sehnsuchtsorten244 des Eskapismus der Moderne245 will ich hier nicht näher eingehen (Schulz-Nieswandt, 2017c; 2021d).246 Ich werde zum Ende der Analyse mich allerdings auch nicht dergestalt positionieren, dass ich das kapitalismuskritische Motiv 240 241 242 243 244 245 246
Vgl. dazu u. a. Adloff 2018; Caillé 2022; Frick 2021. Vgl. ferner Klaits 2018. Vgl. auch Liebersohn 2011. Dazu auch Wiezock 2022 (zu Ferdinand Tönnies). Anders akzentuierend: Stutzriemer 2022. Sogar, wenn auch nochmals anders, bei Freud: Kogel 2019. Dazu auch Frank 1999. Vgl. auch Neuhaus 2020.
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3.5 Weichenstellung im Kontext der Gegensätze
meiner »Rezeptionsästhetik« der Gabe-Forschung vollumfänglich verwerfe. Die hinreichend begründbare Suche der Wissenschaft nach der Möglichkeit einer Suche der Praxis der sozialen Wirklichkeit nach »heterotopen« (Schulz-Nieswandt, 2016a) Chancen eines wahren »guten« Lebens in einer unwahren Wirklichkeit247, also die Orientie rung an einem – für Theorie und Praxis gemeinsamen – »Stern« des Noch-Nicht im Modus konkreter Utopien248 im Rahmen einer prozessdynamischen Ontologie249 (Schulz-Nieswandt 2020a), muss nicht verzichtet werden (Schulz-Nieswandt 2022b). Vielmehr sollten wir folgende Annahme offen wagen: Imagi niert250 wird in der Gabe als Haltung der Liebe (Tömmel 2013) und folglich in der Kultur der Sorge (Ruffing 2013; Holme 2018251) die transzendentale Voraussetzung (Menga 2018) einer »Miteinan derfreiheit als Miteinanderverantwortung« auf der Grundlage eines eidgenössischen Bundes. Dies ist eine durchgängige Basisannahme der vorliegenden Abhandlung über alle Abschnitte hinweg angesichts der »Sakralität« der personalen252 Würde (Joas 2011; Schulz-Nies wandt 2017a) als modernes Naturrecht (so auch in den UN-Grund rechtskonventionen: dort konzipiert und verbalisiert als »inherent dignity«253). Auf diese Metaphysik des sozialen Rechtsstaates und seiner nicht-vertraglichen Voraussetzungen des Vertrages komme ich im Zusammenhang mit dem von mir weiter oben angedeuteten roten Faden noch zurück. Man muss auf eine solche identitätsstiftende Idee der »Zivilisa tion« als Gestaltausdruck einer »großen Erzählung« (jenseits eines linearen Fortschrittdenkens als automatistisch-deterministische Ent elechie geschichtlicher Metamorphosen) des Komplexkorrelats von sozialer Rechtsstaatlichkeit, Affektregulierung254, solidarischer ProSozialität, sozial friedvoller Konfliktbewältigungskultur, Sittlichkeit gegenseitiger Rücksichtnahme und gegenseitiger respektvoller Ach Vgl. auch Manemann 2021; vgl. auch Gärtner 2020. Maahs 2019. 249 Anregend: Ausher 2015 sowie Sahraoui 2022. Man wird dies vor dem Hinter grund sehen müssen, dass Ontologie ein weites Feld ist: Urbich/Zimmer 2020. 250 Kast 2012. 251 Zur Arendt vgl. auch Prinz 2012. 252 Zur Genese der auf innere Tiefe beruhenden Anfänge von Personalität in der Antike: Grund-Wittenberg 2021. 253 Vgl. auch Schulz-Nieswandt 2016b. Ferner Schweidler 2012. 254 Dahms 2019; Mühlhoff 2018; Mühlhoff/Breljak/Slaby 2019. 247
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
tung der Diversität etc. (Schulz-Nieswandt, 2021c; 2022a) nicht ver zichten, wenn und sofern man sich selbstverstehend in Achtsamkeit (Schulz-Nieswandt 2010) die Gefahren einer (z. B. neo-kolonialen) »epistemischen Gewalt« vergegenwärtigt, die in die sozialen Prakti ken des heiligen Krieges255 der eigenen post-säkularen Aufklärungs idee umkippen können.256 Insofern wird man die leidenschaftliche Politik der (fast schon aggressiv in sehnsuchtsvoller Haltung einge brachten Vision der) Diversität auch selbstkritisch in psychoanalyti scher Art und Weise als ein Begehren257 problematisieren müssen.258
3.6 Realismus und Idealtypik Diese dichten Überlegungen verweisen einerseits also auf eine »Pro blematisierung« (Schulz-Nieswandt 2022e) – im Sinne der Methode von Michel Foucault (1992) – der Angst oder gar dem sozial empören den Ekel vor der formativen hegemonialen Diskursordnung, wonach das259 universale Denken von Kreisläufen als Austauschprozess (so die lebenspendende Photosynthese) immer nur in der Signatur des Warenästhetischen Fetischismus (Böhme 2006) des »Kapitalismus als Religion« mutiert zu sehen. Vermieden muss hier auch in der Kritik eine »Verstiegenheit« werden, die die Wut in Hass umkippen Vgl. auch Dolezik 2022. Es geht also um eine achtsame Verantwortungsethik, nicht um eine hypermoralis tische Gesinnungsethik in Reinheitskultur der identitären Milieus einer Generation, die ohne souveräne Gelassenheit ihre narzisstischen Kränkungen pflegt. Rechstheore tisch geht es um die Achtung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit und des Verbots der Überreaktion. Verloren geht auch die notwendige Konzentration auf die brachialen Formen der monströsen Gewalt z. B. der Politischen Ökonomie wie der imperialen Kriege. Im Lichte der herabgesetzten Hemmschwelle nuklearer Drohung verblassen manche Formen subtilster Mikroaggression. Bob Marley muss ich als »alter weißer Mann« (ein Komplexbegriff des Ageism, Rassismus und Sexismus) heimlich in der Abstellkammer lauschen. Andere sollen sich die Haare (gemeint ist die spezielle Fri sur) abschneiden lassen, damit sie auf der Musikbühne auftreten dürfen. Auf das Herz kommt es nicht mehr an in diesem neo-tribalistischen Weltbild der hypermoralischen m/w/d-Priesterkaste als Insider und der Outsider als angebliche Träger unbewusster Skripte der Diskriminierung. 257 Ansätze in Verweyst 2020; Wulftange 2015; Frühauf 2021. 258 Dazu auch Aspekte in Wolter 2001. 259 Auch zu begreifen als aus dem transaktionalen Ökologie-Paradigma der theoreti schen Biologie (Mildenberg 2007) herleitbare und bekannte Theorem, verstehbar mit Blick auf den Kreislauf von Wirkwelt und Merkwelt bei Jakob von Uexküll (2022). 255
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3.6 Realismus und Idealtypik
lässt und den Übergang der Gewaltphantasie in Gewalt als ein Tun bahnt (Kernberg 2016). Die Idee der Gabe und die Praxis der Reziprozität ohne ihre theoretische (in der Sphäre der Wissenschaft) wie praktische (in der Sphäre des Alltags der sozialen Wirklichkeit) Transformation zur kapitalistischen Markttauschlogik hat ihre Berechtigung. Unwahres Leben einerseits und wahre Formen des Lebens andererseits stellen ein Kontinuum dar und der soziale Wandel mag sich im liminalen Raum in Form von hybriden Entwicklungen abspielen. Wäre dies nicht der Fall, so käme nur eine Revolution infrage, eine Gewalt, die wie ein Lichtschalter zu walten versucht: switch on, switch off. Die gewaltsame Revolution frisst bereits ihre Kinder, bevor diese geboren werden. Komme ich zurück aus diesen erweiterten Betrachtungskreisen, die ihren Ausdehnungsmittelpunkt ja in der Frage fand, ob es eine Ökonomie der Gabe gibt, und die uns dabei zu der Frage führt, was denn nun die psychodynamischen Motivgrundlagen der Gabe sind. Und hier tat sich eine fundamentale Weichenstellung auf: die Perspektive der selbsttranszendenten Liebe einerseits oder anderer seits die Wahnvorstellung einer krankhaften Objektbesetzungsgier. Und dennoch, auch dann, wenn es nicht zu solchen Eskalationen kommt, müssen wir uns mit einigen Aporien und Paradoxien, sodann mit bleibenden Ambivalenzen und Ambiguitäten auseinandersetzen. Zwei Fragenkreise sind hervorzuheben: 1) Gibt es denn überhaupt eine »reine« Gabe, die ohne eine Ökonomik der Gegengabe zu denken ist? Diese Nachfrage, auf die gleich etwas weiter unten einzugehen sein wird, macht deutlich, dass der Begriff der »Gabeökonomie« problematisierbar ist. Wenn Gabe mehr oder gar etwas anderes als ein marktlogischer Tausch ist, kann (oder muss) dann von Ökonomie der Gabe – also vom Gabentausch – gesprochen werden? Oder gibt es non-ökonomische Sinn-Motiv-Konfigurationen des Gabentausches, der zwar (z. B. als zeremonieller und somit symbolischer) Tausch (Hénaff 2014) sein mag, aber nicht Marktökonomik ist? Aber geht es dort nicht oft um Macht? Also um Ökonomik von Macht und sodann um Herrschaft? Ist dann nur die substantielle Währung anders, also nicht der Logik des »Ware gegen Geld gegen Ware«-Kreislaufes entsprechend, weil es vielmehr bzw. stattdessen um politische oder private und nicht um warenmarktökonomische Beziehungen geht? Muss man nicht trotz aller Interpretrationen (im Sinne der Kapitalformentheorie und der
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3. Gibt es eine Gabenökonomie?
Feldtheorie von Pierre Bourdieu260) dominant soziale, dominant kul turelle und dominant ökonomische Sphären (und somit soziales Kapi tal, kulturelles Kapital, ökonomisches Kapital) mit einer gewissen, wenn auch fragilen relativen Autonomie als Sphären differenzieren? 2) Und muss, so die nächste Frage261, die Idee der reinen Gabe immer zwingend theologisch auf die Liebe als Ur-Gabe Gottes ver weisen (Schulz-Nieswandt 2014a)? Meine Antwortsuche führt mich einerseits in die Denkwelt der Methodologie des Idealtypus262 (was eigens in einem Abschnitt zum Thema werden soll) und andererseits hinein in eine post-cartesia nische responsive Phänomenologie (ein zentraler Abschnitt in der dynamischen Ablaufstruktur der vorliegenden Abhandlung) ohne, ob nun mit oder ohne »anthropologische Wende«263, Offenbarungstheo logie (was auch eigens skizziert werden muss). Zwischenfazit: Sinn und Zweck von Kapitel 3 war es, die im Vorwort schon angedeutete Dekonstruktion der Gabe-Forschung mit Blick auf die Narrative der Modernisierung und der Kapitalis muskritik zu skizzieren. Dies wird die Hintergrundsfolie abgeben, um uns auch den »bösen« Gaben als Phänomen widmen zu können und ebenso den Machtstrukturen in den Gabemechanismen auf die Spur zu kommen. Bourdieu 1987. Die Frage kann kürzer, aber mit der textarchitektonischen Signatur der Widmung eines eigenen Abschnittes, formuliert werden, weil sie aus der ersten Frage resultiert, und auf die ebenfalls gleich noch einzugehen sein wird. 262 Die Theorie der reinen Gabe ist innerhalb einer kohärenten Ausformulierung theoretisch plausibel, wenn sie zu einer Theorie der Idealtypen stilisiert wird. Ob sie allerdings dem erfahrungswissenschaftlichen Kriterium der Richtigkeitswahrheit entspricht, kann nur empirisch geprüft und auf dieser Grundlage realtypologisch gefasst und sodann an den Idealtypen kritisch vermessen werden. Anders als in der Metaphysik (die für die Anthropologie, Rechtsphilosophie und Ethik des Feldes mit Blick auf die Idee der personalen Würde von grundlegender Bedeutung ist) ist es in der Erfahrungswissenschaft erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch und letztendlich methodologisch unhaltbar, Theorien a priori nur deshalb bereits für wahr zu halten, weil sie plausibel ausformuliert sind. Und Idealtypen können dagegen gar nicht falsifiziert werden, denn sie liegen in ihrer Stilisierung überhaupt nicht in der Wirklichkeit vor, sondern dienen als Maßstab der Vermessung und dem Verstehen der Realtypen. Gut und Böse in der Gabepraxis sind also in der kritischen Analyse sozialer Wirklichkeit nicht aprioristisch zu identifizieren bzw. zu differenzieren. 263 Hamilton 2016. Von Karl Barth wurde ein solches Denken aus Sicht seines vertikalen Supranaturalismus massiv angegriffen: Brunner 1948. 260
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3.6 Realismus und Idealtypik
Meine auch selbstreflexive Dekonstruktion konnte kryptische Latenzstrukturen an die Oberfläche holen, blinde Flecken aufdecken, aber sie ist keine vollumfängliche Negation des modernisierungskri tischen Narrativs der Kapitalismuskritik. Man soll bekanntlich nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
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4. Diesseits von Derrida
Es soll nun um die Methodologie des Idealtypus als Alternative zum Postulat (der Unmöglichkeit) einer Reinheit ohne Ökonomik gehen. Ich gehe hier in 3 Schritten vor (4.1 bis 4.3). Mit dem dekonstruktiven Einwurf von Derrida (1993) zur Gabe (aber auch in eigenen Publikationen zu den Daseinsthemenfeldern der Freundschaft und der Gastfreundschaft, die hier nun jedoch nicht eigens diskutiert werden sollen) – die Sekundärliteratur ist Legende – wird das Problem evident: Eine reine Gabe würde bedeuten, es gäbe die Möglichkeit des Gebens ohne Ökonomik der Gegen-Gabe. Die Theoriesituation in der Ökonomie tangiert dabei mitunter die Grenzlinie zur Absurdität, denn man muss allerdings auch nicht dem tautologischen Modellplatonismus der Nutzentheorie folgen, wonach alles Nutzen ist: Das Lächeln des dankbaren Glücks (etwa des Kindes) ist dann bereits die Gegen-Gabe und daher Tausch.264 Ist schon das Kleinkind ein homo oeconomicus? Ist später die Freund schaft dann und dergestalt nur ein strategisches Investment-Pro gramm in die Akkumulation von Sozialkapital als Zugang (über Arbeitsmärkte, Heirat etc.) auch zum ökonomischen Kapital? Ist die Ökonomie nicht in der Lage, differentielle Persönlichkeitspsychologie zu verstehen und versteckte Heterogenität in der Regressionsstatistik zu diskutieren? Jedes Schenken, mag es auch altruistisch, also »umsonst« ohne Erwartung einer Gegen-Leistung motiviert sein, indiziert, neurowis senschaftlich gesehen, Lernverhalten auf der Seite des Beschenkten, also »Änderungen kortikaler Repräsentationen« (Spitzer 2002: S. 180 ff.). Aber ist deshalb Schenken ein marktlogisch gedachter öko nomischer Tauschvorgang?
264
Vgl. auch Mesnaric 2020.
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4. Diesseits von Derrida
4.1 Von der Theologie des unbedingten Gottes zur unbedingten Gabe als Idealtypus Wenn man Derrida (Holleis 2017) radikal denkt, dann kann es in einem erfahrungswissenschaftlichen Erkenntniskontext keine reine und somit echte Gabe geben.265 Die Alternative wäre – man beachte die Zusammenhänge des Denkens von Derrida266 mit der jüdischen Tradition – eine Theologie der vertikalen Ur-Gabe Gottes, die im Sinne der analogia entis-Theologie den Menschen im Alltag der horizontalen Reziprozitäten in der Rolle des Mitmenschen im dialo gischen Zwischenraum von Ich und Du zur unvollkommenen Deri vation der Nächstenliebe als Gabe-Mechanismus erklärt (dazu auch in Schulz-Nieswandt 2018d). Auch diese Geometrie der Achsendre hung der »do ut des«-Logik267 der Vertikalbeziehung Gott-Mensch zur Horizontalbeziehung Mensch-Mensch ist gleich nochmals (aus führlicher in mehreren vorgängigen Abhandlungen von mir schon skizziert) aufzugreifen. Eine reine Gabe ist kein Gegenstand der Erfahrungswissenschaft. Dies ist ontologisch im Kontext der conditio humana nicht möglich. Die Reinheit einer unbedingten Gabe ist eine metaphysische Idee. Aber: Es gibt Gründe (Schulz-Nieswandt 2018b), auf die Idee der reinen Gabe in methodologisch transformierter Art nicht zu verzich ten. Und dies resultiert aus der rechtsphilosophischen und ethischen Notwendigkeit, dass Freiheit ja als »Ordnung der Dinge« des Zusam menlebens gestaltet werden muss (Schulz-Nieswandt 2017b; 2022b). Es geht als um eine Ordnung als Gestaltung des Zusammenlebens in gemeinsamer Freiheit. Dazu benötigt man jedoch zwingend Maß stäbe, an denen der erfahrungswissenschaftlich fassbare Stand der Dinge vermessen (prädikativ evaluiert) werden kann: Erst im Lichte Werte-bezogener Maßstäbe (Chardey/Möbius/Schulz-Nieswandt 2022/23) können die empirischen Befunde zu uns sprechen (SchulzNieswandt 2018b). Man muss sie dergestalt zur Sprache bringen: Was bedeuten für uns die Erfahrung von empirischen Befunden, die sich durch die Erkenntnis uns im Modus der registrierenden Wahrnehmung ereignen? 265 266 267
Dazu auch Panteliadou 2015. Peeters 2013; Lüdemann 2017. Widengreen 1969; Leeuw 1977.
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4.2 »Weniger ist mehr«: Metamorphose der Subjekt-Identität
Idealtypen dienen nun als Maßstäbe der Vermessung der realty pisch fassbaren sozialen Wirklichkeit. Idealtypen (Gerhardt 2001) sind nie empirisch gegeben, denn sie beruhen auf einseitig hochstili sierte Übersteigerungen einzelner Merkmale. Die, um methodolo gisch auf die neu-kantianische Wissenschaftslehre der Soziologie von Max Weber zurückzukommen, kulturbedeutsamen transzendentalen Ideen der Gabe, der Nächstenliebe, der Würde, der unbedingten Soli darität268 etc. sind in diesem Sinne Idealtypen einer ethisch bedeu tungsvollen Rechtsphilosophie des 1789er-Dreigestirns der solidari schen Voraussetzungen der Chancengleichheit der inkludierenden Freiheit »aller«, also der – wie noch zu thematisieren sein wird: genossenschaftsartigen – »Miteinanderfreiheit in Miteinanderver antwortung«. In diesem Sinne war es von hoher Validität, die Genos senschaftsidee zum UNESCO-Weltkulturerbe (Mende 2022) zu erklären.
4.2 »Weniger ist mehr«: Metamorphose der SubjektIdentität Solidarität knüpft sich immer auch an die Gabe eines Opfers. Schon religionsgeschichtlich, aber auch in kulturvergleichender Perspek tive und somit religionsphänomenologisch, lässt sich rekonstruie ren, wie die solidarische Gabe im Modus der Mahlgemeinschaft269 als Gemeinschaftsmahl einer Tischgenossenschaft in dem Kult des
268 Wohlwissend, dass der bundesdeutsche Sozialstaat in verschiedenen Teilberei chen unterschiedlichen Gerechtigkeitskonzepten folgt und daher in der kritischen Reflexion einer differenzierten Vorstellung von Solidarität bedarf, wird die Analyse der Idee – und dies ist eine zentrale Spur in der vorliegenden Abhandlung – in einem ersten Schritt zugespitzt auf die Idee der unbedingten Solidarität im Lichte ontoanthropologisch fundierter rechtsphilosophischer Überlegungen über eine responsive Gabe, das Gegeben-Sein des anderen, die Unbedingtheit der Würde und die relationale Autonomie. In einem zweiten Schritt werden die psychodynamischen Grundlagen einer kulturellen Grammatik des Miteinanders als Miteinanderfreiheit in Miteinan derverantwortung skizziert. Mit diesem Blick auf die Herausbildung eines prosozialen Sozialcharakters wird in einem dritten Schritt deutlich, dass eine kritische Theorie der Möglichkeit eines Gestalt-wahren Lebens in einer unwahren Welt nicht ohne Psychoanalyse der Subjektivierungsformen auskommt. 269 Für mich immer noch maßgeblich: Klinghardt 1996.
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4. Diesseits von Derrida
Opfermahles (Schulz-Nieswandt 2003, 2014; 2018a) wurzelte.270 Daraus erwächst die humangerechte Figuration: »Weniger ist mehr«: Indem ich teile, wachse ich im Sinne einer Selbsttranszendenz hinein in den Gestaltungsraum des Wirkens des Integrals des Miteinanders als ein gelingendes271 Gestalt-wahres »habendes Sein« (so auch die Position von Erich Fromm272) statt des Waltens eines besitzrechts individualistischen Haben-Wollens als Ego-zentrierte Objektbeset zungsstrategie einer Ökonomik der Begierde hinein (Schulz-Nies wandt, 2022a). Wie komme ich als narzisstisches Subjekt zum Objekt (Grunberger 1982)? Wie schaffe ich diese Bewegung ohne Objektbesetzungsdominanz der instrumentalisierenden Funktionali tät des anderen? Das Thema kann vom vielfältig (philosophisch, soziologisch, sozialpsychologisch, ökonomisch, evolutionär) verhandelten Phäno men des Altruismus273 seinen Ausgangspunkt nehmen. Rationaler Altruismus soll heißen eine Klugheits-orientierte strategische Ethik, basierend auf dem Mitgefühl, das parteiisch ist für die schlechter Gestellten, die Armen etc., ohne aber die Interessen der besser Gestellten bzw. Reichen zu vernachlässigen. Wie zu zeigen sein wird, besteht das Problem in der Dynamik der Annahme, wonach der Mensch fähig ist und vom anderen her aufgefordert sei zur Selbsttran szendierung (als Teil einer positiven Entwicklung im Lebenslauf274), aber auch die subjektive Perspektive nie ablegen könne275. Die for male Darstellung des Pareto-optimalen rationalen Altruismus276 als Umverteilung zwischen den reichen Personen (R) und den armen Personen (A) in Bezug auf die Funktion des Nutzenniveaus (U) und das Einkommen (Y) |∂UR / ∂YR| ≤ ∂UR / ∂UA gilt bei gegebener Identitätskonzeption I von R. Hier gibt man ab, solange die gegebene Identität keinen Schaden nimmt und das 270 Damit ist angesprochen eine morphologische Klassifikation des Potentials des Mahles, das in der Dispositivordnung der »essgestörten Gesellschaft« (Klotter 2015) verloren geht. Vgl. ferner Wieke 2014. 271 Zech 2022. 272 Vgl. auch Hardeck 2005. 273 Vgl. u. a. Hunt 1992; Harbach 1992; Schweiger/Sedmak 2021. 274 Dazu auch Brandtstädter 2015. 275 Nagel 2005 i. V. m. Nagel 2012. Ferner Nagel 2016. 276 Lumer 2009.
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4.2 »Weniger ist mehr«: Metamorphose der Subjekt-Identität
Selbstkonzept stabil bleibt. Eine Transformation des Selbst von R (I → I*) führt als Selbsttranszendenz zu einer ganz anderen Lösung. Obwohl vielmehr Y von R abgegeben wird, gilt: Die »Weniger ist Mehr«-Erfahrung (infolge von I → I*) führt zur Lösung ∂UR (I*) / ∂UA = (F2) > ∂UR (I) / ∂UA = (F1) und zwar gerade unter der Bedingung einer – nicht an der Idee der Figur des homo necans (Burkert 19976) anknüpfenden – solidarischen Opferung277 von YA, die die Optimierungsformen F1 verletzt. Weni ger (W) ist Mehr (M) meint daher: WR (YR > Y*R) → MR (UR [I*R] > UR [IR]). Die Rationalitätsprämisse278 in F1 gilt in F2 nur in verschobener Weise: Der Vektorraum der interdependenten Entwicklungsmöglich keiten von R und A V (F1) = U [R; A] → V* (F2) = U* (R*; A) hat sich verschoben: V ≠ V*. Und A und R sind also dergestalt nicht unabhängig voneinander. Und aus dieser Interdependenz kommt es zu Identitätsverschiebungen. U und U* sind unterschiedliche Defini tionsräume: Ist A gegeben, kann sich im Zuge der Aufmerksamkeit von R die Identität von R verschieben. Vektorräume als Entwick lungsmöglichkeitsräume in Bezug auf U von R und A sind also interaktive Räume. Das W erwirkt das M infolge der transformativen Selbstkonzept-Änderung279 (I → I*): UR = UR (IR) ≠ UR* = UR* (I*R [A]). Im Zuge der Selbsttranszendenz (S) von R zu A hin, ist R nicht mehr der alte R, also gilt: R ≠ R*, sondern ein durch A erwirkter neuer (veränderter) R (nämlich eben R*): A → S = I → I* = (R→ R*) → U ≠ U*.
Zu den Typen des Opfers vgl. auch in Negel 2005. Zum Hintergrund vgl. auch Sen 2020c. 279 Wobei ich hier nun nicht auf die Vielfalt der selbstpsychologischen Verständnisse eingehen will. Vgl. u. a. Paál u. a. 1998. Positionen aus dem Wandel der Psychoana lyse, aus der Entwicklungspsychologie des Lebenslaufes, aus der Humanistischen Psychologie usw. spielen in dieses Theoriefeld hinein. Dazu gleich weiter unten noch etwas mehr. 277
278
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4. Diesseits von Derrida
Diese Sichtweise ist prozessdynamisch im Rahmen einer inversen Phänomenologie des Subjekts R angesichts der vorgängigen Gege benheit von A zu verstehen, weil I nicht stabil gehalten wird, sondern eine Gestalt-Metamorphose hin zu R* möglich ist. In diesem Pro zessgeschehen kann die responsive Gabe zu einer Dominanz von F2 gegenüber F1 kommen. Es ist ein Vektorraum (V*) des sozialen Mit einanders geschaffen worden. Der Vektorraum V ist ein kontraktuel ler Raum des Individualismus (der Logik strategischer Rationalität folgend). Dagegen ist V* ein personalistischer Raum eines eidgenös sischen Bundes (der Logik liebenden Mit-Seins folgend). Es sind zwei verschiedene Räume verschiedener Subjektivierungsformen. Dieser Raum als Transgression von V zu V* ist post-euklidisch: Er topologisiert nicht das Individuum als ein Subjekt in einem Container, sondern dynamisiert die Positionen, weil sich der Raum in seiner Relativität in der Struktur der geschichtlichen Zeitlichkeit als ein Veränderungsprozess als Funktion sozialen Lernens verändert. Gabe-theoretisch gesehen ist dieser Gedanke der Dynamik des Raumes in Interaktion mit der Bewegung des zur Selbsttranszendenz fähigen Menschen fundamental bedeutsam: Selbst-Transzendenz sei hier existenzphilosophisch definiert als die Möglichkeit, dass der Mensch erst dann personaler Mensch wird, wenn er positional aus sich heraustritt und in der Hingabe an eine Sache oder an einen Menschen sich entfaltend aufgeht, dabei seine Individualität nicht verliert, sondern diese zur Personalität reifen lässt, was eine Frage der Form der Objektbeziehungs-Subjektgeschichte280 ist. Wie kommt der Mensch im Zuge seiner Subjekt-Werdung aus seiner »Haut«281 heraus und begegnet und relationiert sich zur Welt der Objekte und somit auch in Richtung auf die anderen Subjekte, die da immer schon da sind und Entwicklungsfragen nach der Inbeziehungsetzung zum Ichideal282 aufwerfen.283
280 281 282 283
Jacobson 1998. Anzieu 1996. Chasseguet-Smirgel 1987. Dazu instruktiv: Riha 2018.
90 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
4.3 Die Dialektik von Identität und Alterität in selbstpsychologischer Perspektive
Als ein wichtiger Punkt soll im Rahmen eines Zwischenfazits festgehalten werden, dass wir die Diskurse der Theologie der Gabe – soweit es (dazu auch das nächste Kapitel) möglich ist – vermeiden wollen, aber die Idee der reinen unbedingten Gabe im Sinne der Methodologie des Idealtypus zum Zwecke der phänomenologischen Vermessung der Formen sozialer Beziehungen in der sozialen Wirk lichkeit beibehalten wollen. Weniger ist also mehr. Was für den analytischen Identitätslogiker ein unsinniger Satz ist, trifft modallogisch im Rahmen einer dynamischen Dialektik des Wandels von Präferenzen als Vektorraumverschiebung der Definition der Lebensqualität infolge transgressiver Selbsttrans parenz vollauf zu.
4.3 Die Dialektik von Identität und Alterität in selbstpsychologischer Perspektive Die Psychologie des Selbst in ihren verschiedenen Varianten bzw. mit Sicht auf ihre theoriegeschichtliche Genese soll hier nicht unser Thema sein. Viele Quellen können hier angeführt werden: bestimmte Fortentwicklungen der Psychoanalyse, Strömungen der Humanisti schen Psychologie (so insbesondere Carl Rogers284 und Abraham Maslow285)286, der Pragmatismus und der symbolische Interaktionis mus. Vieles – u. U. auch Unübliches, wie z. B. eine Interpretation von Passagen des neutestamentlichen 2. Korintherbriefes287 durch die Brille von Martin Buber und Franz Rosenzweig – wäre hier anzuführen. Doch bleiben wir mit Blick auf den eidetischen Kern abstrakter. Begrifflich angeregt durch gewisse Überlegungen aus der älteren konstitutionsmorphologischen Psychologie ist die Perfor manz (P) des menschlichen Tuns durch einen generativen Komplex von Konstitution (K) und Disposition (D) zu modellieren, wobei K eine Aufstellung generativer grammatischer Regeln meint, die aber erst über D performiert wird, also: P = P (D [K]). 284 285 286 287
Rogers 2019. Kreuter-Szabo 1988. Auch Charlotte Bühler ist zu nennen: Bühring 2007. Schmeller 2022.
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4. Diesseits von Derrida
Das »Selbst« (S)288 dieses strukturierten Prozesses ist nun über eine Reihe von Gegensatzpaaren in ihrer performativen Interaktions dynamik zu verstehen: S = S (SW : FW; K : W; V : E; SP [E] : SP [AE]; OB : M-E; I-I : R-I). Zunächst ist das Werden des Selbstkonzepts zwischen gesellschaftli chem Ich-Ideal (I-I) und individuellem Real-Ich (R-I) eine Interaktion von Selbstwahrnehmung (SW) als Objektbesetzungspraktiken (OB) des Subjekts einerseits und Fremdwahrnehmung (FW) als MichErfahrungen (M-E) durch die Wahrnehmung der Einschreibungs praktiken (E) der Gesellschaft, die das Subjekt verarbeiten (V) muss, quasi ein Wechselspiel des Spiegels (SP) von Ego (E) und des Spiegels von Alter Ego (AE) mit dem Resultat der Entwicklungsaufgabe289 eines Balancemanagements von Kontinuität (K) und Wandel (W) des Selbstkonzepts. Diese Dialektik von Identität und Alterität als Dialek tik von Kontinuität und Wandel lässt das Selbst (S) verstehen als eine zur Performativität (P) strebende – als transaktionale Ordnung (TO) grammatisch geregelte – Dynamik der Interaktion von Merken (M) im Modus der symbolisierten sozialen Repräsentation des Ich-Ideals (I-I) einerseits und dem – responsiven – Wirken (W) des Real-Ich (R-I) des Individuums: S = S (TO [M + W] → [P]). Diese Mechanismen der konstitutionellen Disposition zur Performa tivität verweist uns auf eine doppelte Verwurzelung des Menschen, eine Deutung, die Anleihen bei Karlfried Graf Dürckheim290 macht, vorausgesetzt, man interpretiert den einen Pol seiner Analyse – den himmlischen Ursprung – soziologisch als die Bezogenheit (des anderen – irdischen – Pols) auf den anderen und der Welt insgesamt als Selbsttranszendenz des Individuums auf das Da-Sein des Seins als Bewegung in der Weltimmanenz.
288 Zum (begrifflich wie konzeptionell) komplexen Verständnis von Individuation im dynamischen Schichtungsmodell von Persona, Ich und Selbst bei Carl Gustav Jung vgl. Goldbrunner 1949. 289 Vgl. dazu auch Bitter 1973: S. 11 ff. 290 Graf Dürckheim 1976.
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5. Jenseits theologischer Gabe-Axiomatik
Eine nicht-theologische Perspektive auf die Gabe ist möglich, und zwar als Entwicklungspsychologie, die den Rekurs auf die Idee der Ur-Gabe der Liebe Gottes nicht bedarf. Die Analyse verzichtet nicht auf Metaphysik (ohne ontologische Fundierungen werden wir die Fragestellung nicht in den Griff bekommen), aber es muss sich um eine Metaphysik291 der Immanenz (Ziegler 2017) des Weltzu sammenhangs handeln. Diese Perspektive prägt den weiteren Gang der Untersuchungen, wohl wissend, dass es engagierte theologische Positionen gibt (z. B. Biser 1996; 2007), die sich dem Lebensglück der Menschen in der Welt widmen.292 Und immer ist es der Himmel (Maier 2018), der als Ort des abwesenden transzendenten Gottes, der im Gotteshaus thront (mit all seiner »Verzauberung«, die zugleich nicht nur in der Architektur, son dern in die Kunst allgemein, in Literatur und Musik diffundierte293) und dort dergestalt symbolisch (in der christlichen Eucharistie als symbolischer Leib) anwesend ist, zum Bezugspunkt der Vertikalisie rung der menschlichen Aufmerksamkeit und Huldigung wird.294 Dass man Gott anders denken muss (Robinson 1965)295 oder dass man »Humanität ohne Gott« (Kahl 2014) konzipieren kann, ist breit erörtert worden. Die Theologie der Kirchenreligion hat sich jedoch kaum verändert. Aber gerade deshalb wird man vor allem
291 Die Übergänge zur Theologie sind immer schnell gebaut: Vgl. auch Böhr 2020; Brague 2018. So auch im Personalismus bei Goldbrunner (1980). 292 Der fundamentalste Entwurf der personalen Selbsttranszendenz, aber im Hori zont der Immanenzüberschreitung hin auf die vollständige Seinserfahrung, ist wohl der von Edith Stein (2006). Vgl. auch Mai 2022. Ferner: Gerl-Falkowitz 2022. 293 Lauster 2021. 294 Dazu sehr erhellend: Portmann 1956: S. 176 ff. 295 Vgl. z. B. auch zu Helmut Gollwitzer auch Pangritz 2018. An Dorothee Sölle ist ebenso zu erinnern wie an Uta Ranke-Heinemann.
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5. Jenseits theologischer Gabe-Axiomatik
an die politische Theologie der Hoffnung296 auf Befreiung297 erin nern dürfen: »Was wäre das Leben ohne Hoffnung!« (Hölderlin, Hyperion).
Doch ist der Rekurs auf die weiter oben soeben angesprochene soziale Geometrie (Schulz-Nieswandt/Micken/Moldenhauer, 2022b) der horizontalen Achsendrehung des vertikalen Archetypus der Gottes liebe für die Wissenschaft zwingend zu denken? Ich schreite nunmehr in diesem Kapitel 5 in 2 Schritten (5.1 und 5.2) weiter.
5.1 Die horizontale Achsendrehung der Vertikalität Der Schlüssel zum Verstehen des Menschen ist dessen Natur, die von Geist geprägt ist und auf seiner Sozialisation beruht. Man kann also demnach den Menschen in der Rolle des Mitmenschen und somit seine narrative Identität (im Sinne von Paul Ricoeur298) im »Knotenpunkt« seiner sozialen Beziehungen begreifen. Er ist aus den entwicklungspsychologisch, vor allem in Rekurs auf die Bindungsfor schung (Hopf 2005) und in Rekurs auf psychodynamische Modelle der kohärenten, d. h. nicht-charakterneurotischen Ausbalancierung von Entwicklungsaufgaben fundierten Sozialisationsprozesse heraus zu verstehen und dadurch ursächlich zu erklären. Unter diesen Ent wicklungsaufgaben verstehen wir die Regulierungen der bipolaren Möglichkeitskorridore: Ur-Angst: Ur-Vertrauen; Geben: Nehmen: Offenheit; Nähe: Distanz; Liebe: Hass etc.299 Nochmals anders formuliert: Der Mensch in seiner apollinischdionysischen Dialektik (Schulz-Nieswandt 2021c) zwischen Ord nung und Überschreitung, zwischen Statik und Dynamik, zwischen Pfadabhängigkeit und Kreativität300, zwischen Regression und Pro Auf das Werk von Jürgen Moltmann hier Bezug nehmend. Mit Bezug u. a. auf Leonardo Boff und Ernsto Cardenal. 298 Vgl. auch Bläser 2015. 299 Zu den ewigen Daseinsthemen (wie schon in den Mythen) vgl. auch Drewer mann 2013. 300 Vgl. auch Großmann 2020. Doch wird man differenzieren müssen, wenn man das Phänomen einer gouvernementalen Dispositivordnung (breit rezipiert ist dazu der Beitrag von Reckwitz) »Du musst kreativ sein« betrachtet. Vgl. auch in Char dey/Möbius/Schulz-Nieswandt 2022/23 sowie auch Reck 2021. Die Kreativität kann auch – mitunter in der Kunst – in Manie ausmünden. Vgl. ferner Prütting 2020. 296 297
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5.2 Vom Theo-Drama zur Onto-Dramatik
gression, zwischen homo donans und homo abyssus, zwischen Sta gnation und Selbsttranszendenz usw. wird zum modallogischen Thema des Wechselspiels zwischen der biographischen Ontogenese als Subjektivierung einerseits und den evolutionären Vorgaben als Strukturation der Möglichkeiten andererseits.
5.2 Vom Theo-Drama zur Onto-Dramatik Ein großer Teil der neueren Diskurse zur Ethik der Gabe ist jedoch ein gebettet in Strömungen und Variationen offenbarungstheologischer Theorien der Gabe und post-theologischer301 Metaphysik der Gabe im Kontext einer Phänomenologie der Weltselbstoffenbarung. Hier kommen vor allem Beiträge aus Frankreich (insbesondere mit Bezug auf den Gabe-theoretisch sehr breit rezipierten Jean-Luc Marion, aber auch mit Blick auf Marc Richir302 sowie Michel Henry)303 zur Wirkung. In Deutschland muss man auf das Werk von Ferdinand Ulrich304 und Rolf Kühn305 hinweisen. Sowohl die französischen wie auch die deutschen Beiträge zu einer solchen Phänomenologie sind verknüpft mit breiten Rezeptionsdiskurslandschaften. Solche derart begriffenen Welterfahrungen kennen wir auch im Frame von pantheistischen Theorien der Epihanie der Aura der Atmosphäre von Landschaften (Schulz-Nieswandt 2021b; 2022d) oder auch mit Bezug auf die Erfahrung der »Animismen der (beseel ten) Dinge«,306 poetisch einst bei Rainer Maria Rilke (Marx 2015) verarbeitet, heute in designwissenschaftlichen Studien (Dörrenbä cher/Plüm 2016) diskutiert.307 Dass ich hier auf diese Denkzusammenhänge nicht weiter ein gehe, ich habe dies auch schon an anderer Stelle getan, ist kein Hin weis auf die Leugnung der Bedeutsamkeit, denn schließlich geht es hier, nahe an meinen Ausführungen, um das Primat der vorgängigen Gegebenheit (Staudigl 2020) in der denkkonzeptionellen Anlage der 301 302 303 304 305 306 307
Vgl. auch Sass 2022. Dazu nun auch Schnell 2021. Vgl. aus der Fülle der Sekundärliteratur u. a. Gondek/Tengeley 2011; Kühn 2013. Tour 2016. Kattelmann/Knöpker 2012. Vgl. auch Hahn 2020. Vgl. auch Därmann 2014.
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5. Jenseits theologischer Gabe-Axiomatik
Phänomenologie. Aber hier – die Literatur ist breit angewachsen – wird viel Theologie transportiert. Und dies soll nicht mein Weg sein. Doch wird die gleich zur Sprache kommende post-cartesianische und in diesem Sinne inverse responsive Phänomenologie von mir so rezipiert, dass aus der Theo-Dramatik308 eine Onto-Dramatik wird, aus der Theophanie eine Epiphanie. Die signifikante Differenz muss deutlich werden: Immanenz-überschreitendes Theo-Drama → Theophanie (Selbsttran szendenz im Horizont Gottes) ↓ Immanenz-internes Onto-Drama → Epiphanie (Selbsttranszendenz ohne tranzendenten Gott). Es geht um die asymmetrische Dialektik von Identität und Alterität, von de-zentriertem Subjekt und der Vorgängigkeit des anderen als ein immer schon Gegeben-Sein des Mitmenschen. Hier ist das Werk von Emmanuel Levinas (2017) die zentrale Referenz (Weber 2021). Was im kurzen Zwischenfazit zum vorausgegangenen Kapitel schon angedeutet wurde: Es wird mir nicht um eine Theologie der Ur-Gabe gehen, sondern nur um den Idealtypus der unbedingten Gabe zu erfahrungswissenschaftlichen Forschungszwecken. Diese Sicht wird dann mit der inversen Phänomenologie der responsiven Gabe verknüpft. Dazu dient nun auch das nächste Kapitel. Was bleibt, wenn man diese Kapitel 5 vor dem Hintergrund von Kapitel 4 reflektiert, ist einerseits die Ablehnung der theistischen Dimension in der Gabe-Diskussion, wohl aber andererseits die methodologische Transformation der Nutzung der Idee der reinen unbedingten Gabe als Idealtypus zur empirischen Vermessung der Praktiken der Gabe als Formen des Gebens. Wobei, das darf heraus gestellt werden, bei der Analyse der Formen der Alltagsmethodik des responsiven Gebens die Motiv-Sinn-Konstellationen tiefengram matisch zu beachten sind, aber auch die Perspektive der perzeptiven Rezeption, z. B. in der Form der Kränkung. Auch die Verweigerung ist ein Modus des Nehmens. 308 Vgl. auch Kapp/Kiesel/Lubbers 2000. Zur Position von Hans Urs von Balthasar: Kuhr 2012.
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5.2 Vom Theo-Drama zur Onto-Dramatik
Daher soll nun im nächsten Kapitel die Idee der Responsivität der Gabe explizit als Thema aufgerufen werden. Um die Inversion ange messen nachvollziehen zu können, und um die soeben erteilte Absage an die Theologie der Gabe entsprechend einordnen zu können, muss, gerade im Lichte mit durchaus instruktiven, aber eben theologisch orientierten Beiträgen (Ganoczy 1976; Rotter 1962), die Kreativität des responsiven Subjekts betont werden. Responsität ist keine mechanische Reaktion auf einen externen Reiz. Aus der Passivität als Betroffenheit resultiert eine »reaktive Reaktion«, die krativ ist. Es geht hier durchaus um die Kraftquelle des nicht auf Libidinosität reduzierten Eros309 der Selbstranszendenz. Dass dieser Eros umkippen kann in eine Ökonomik der Begierde der Objektbesetzungen, dies verdeutlicht nochmals die dunkle Seite der Macht als Pneuma der Gabe. Und es sei daher auch nochmals betont: Es geht um das Schöpferische im Menschen310 jenseits einer TheoDramatik der Schöpfung (Steiner 2004) einerseits und andererseits jenseits des Wahns der prometheischen Hybris (Wahl 1989). Diese Positionierung wird mein Verständnis von Humanismus und deren humangerechte Kultur technischer Zivilisation prägen.
309 310
Schubart 1966. Kast 2016.
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
Es geht um eine Phänomenologie ohne Offenbarungstheologie, die auf einer Inversion der cartesianischen Gabe basiert. Um dies zwar philosophisch nicht vollumfänglich und in der Tiefe erschöpfend, wohl aber zumindest skizzenhaft erläuternd zu entfalten, strukturiere ich die Argumentationsführung durch 5 Schritte (6.1 bis 6.5). Die Theorie der responsiven Phänomenologie (Huth 2008)311 bezieht sich auf das komplexe, aber zu einer ausgeprägten Kohärenz angewachsene Werk von Bernhard Waldenfels (2020). Alles dreht sich hier um eine Neuordnung der Subjekt-Objekt-Beziehung im Kontext (Waldenfels 1980) der Fremdheit des anderen. Letztendlich handelt es sich, doch dies mag etwas krude und reduktionistisch klingen, auch um eine Umkehrung der idealistischen (also: »egologischen«312) Identitätstheorie. Man könnte die Inversion demnach also auch als post-egologisches Paradigma bezeichnen. Denn es geht nicht um die vollständige Eskamotierung der Idee des Subjekts (Zichy 2006), wohl aber um die epistemische De-Zentralität, weil – fundamentalontologisch gedacht – der Mensch immer In-der-Welt seiend ist, in die Welt eingestellt, eingefügt, positioniert ist. Wobei diese Welt als geschichtlicher Sinnhorizont vorgegeben ist, und an dem sich der Mensch in der Folge personalisierend abarbeiten muss (Santner 2010). Transzendentalogisch gedachte Akte (wahrnehmendes Denken und Praktiken des Tuns) können nur responsiver Art sein, wenn mit Blick auf die Subjekt-Objekt-Relation der Mensch differenter, zugleich aber auch und insbesondere integrierter Teil des Objekts (als der Allzusammenhang der Weltentfaltung des Lebens313) ist. Ein zentrales Problem, das in diesem metaphysischen Sprachspiel mit Vgl. auch in Vogelsang 2014; Fischer/Liebsch/Gondek 2001; Kabemba Ndala 2019; Li 2016; Steinmann 2021. 312 Dreher 2012. 313 Wiedebach (2013) zur Position von Franz Rosenzweig. Ferner Görtz 2008 sowie DelPrete 2009. Vgl. auch Arnold (2022) zu Hans Jonas. 311
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
Assoziationen zur Lebensphilosophie314 aufkommt, mit dieser PostEgologie ist die Klärung des Verhältnisses von Vernunft (Habermas 2019) und der Dynamik der affektuellen und emotionalen Ordnungen des personalen Erfahrungserlebnisgeschehens.
6.1 Die Inversion zur Objekt-Subjekt-Beziehung Diese Idee der Inversion resultiert aus der onto-anthropologischen Verschiebung: hin zur existenzialen Grundsituation des Antwortens, insofern die anderen und die Dinge der Welt von sich aus uns konsti tutiv zu responsiven Subjekten machen, also uns dazu abwandeln. Inversion meint hier die umkehrende Verschiebung {Subjekt → Objekt} → {Objekt → Subjekt}, wodurch die anderen oder auch das andere, also die Mitmenschen und die Dinge um uns, uns auffordern, uns zu ihnen zu verhalten. Das Objekt ist ein Dasein mit eigenem Anspruch und mit einer ausstrah lenden Dynamik der Anfrage, wodurch das Subjekt in seiner dadurch erst werdenden Daseinsführung zur Antwort und zu einer durchaus kreativen315 Dynamik des Antwortens auf den Anruf (Allerkamp, 2005)316 hin subjektiviert wird. Identität als Selbstkonzept – und das ist auch entwicklungspsychologisch zu begreifen – folgt der Alterität, geht erst sodann317 in Wechselwirkung (Waldenfels 2010) über. Die Identität ist damit jedoch eine inverse Konstitutions-Figuration gegenüber der Egologie des transzendentalen Subjekts. Die {Objekt → Subjekt → (…)}-Figuration steht am Anfang. Das Leben als eben diese Selbstentfaltung der Welt, in der wir eingefügt sind, ist selbst als transzendentale Autopoietik der lebensweltlichen Praxis zu verstehen. Systemisch (Lutterer 2021) re-formuliert: Nicht ich hole den Mitmenschen ab und mit auf die Reise, sondern der andere holt mich und nimmt mich mit. Systemtheoretisch ist an dieser Sicht nur der Aspekt, dass die Identität aus der Differenz zur Umwelt resultiert, Vgl. u. a. Kozljanic 2004. Den Begriff der kreativen Passivität findet sich auch bei Dalferth (2011), dort in einem religionsphilosophischen Kontext. 316 Der Begriff der Anrufung spielt auf Lous Althusser (1977) an, findet sich auch bei Judith Butler (1991; 2006). Dazu auch Schütt 2015 sowie Charim 2018. 317 Hier entgegen Ansätzen der Verkürzungen bei Asmuth (2007) argumentierend. 314 315
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6.1 Die Inversion zur Objekt-Subjekt-Beziehung
vorausgesetzt, man ist in der Lage, die Theorie der Spiegelphase von Jacques Lacan318 mit der Differenzerfahrung in der Phänomenologie bei Julia Kristeva (1990) zu verknüpfen. So geht es auch Waldenfels (2013) um die phänomenologische Vermeidung vorschneller »Selbst spiegelungen«. Daher geht es hier, wenn ich an die transaktionale Modelidee der Wechselwirkungskreisläufe von Organismus und Umwelt in der theoretischen Biologie anknüpfe, um eine transaktionale Dynamik von Merken und Wirken im Dreieck zwischen 1) dem vorgängigen Mitmenschen als der andere und seiner Aura, 2) dem Menschen als responsiv werdendes Selbst und 3) den »beseelten« Dingen und deren Aura. Der eventuell doch implizite egologische Idealismus im dialogischen Personalismus der Ich-Du-Beziehung wird somit umgekehrt: Das Individuum als ein Selbst verdankt sich werdend und wachsend im Prozess des Antwortens der Anfrage des anderen. Zu erinnern ist319 – und dies signiert den jüdischen Sinnhorizont (Löwy 2021320), der auch den Weg zum Denken von Emmanuel Levinans kongenial öffnet – die Kritik von Franz Rosenzweig (1988)321 an seinem Freund Martin Buber, wonach dieser die Welt als ein »Es« um das dialogische »Ich« idealistisch aufgebaut habe.322 Es soll sich zeigen, dass die Inversion der Phänomenologie (des frühen Edmund Husserls323) die Überwindung einer generösen Moral der Gabe bedeutet, nach der gilt: Ich gebe, also bin ich. Die Gabe ist von der vorgängigen Existenz des anderen als der Mitmensch, dessen personale Würde nicht zugeschrieben ist, sondern die er immer schon von Natur aus hat, her zu denken. Das dreht den traditionsreichen dialogischen Personalismus (in seinen vielen persönlichen Gestalten und konzeptionellen Varianten im 20. Jahrhundert: Mournier 1936; sodann vor allem auch Martin Buber, Ferdinand Ebner, Romano Guardini, Franz Rosenzweig, Karl Lugmayer, auch bei Karl Löwith, Peter Wust, Gabriel Marcel u. a.324) der Ich-Du-Relation, dabei des
Vgl. in Roudinesco 2011. Vgl. auch Selk/Kaliks 2022. 320 Vgl. auch Schulz-Nieswandt 2020a. 321 Dazu auch in Wiedebach 2010. 322 Vgl. dazu auch Caspar 2017. 323 Vgl. auch Prechtl 2017. Ferner dazu auch Keiling 2020. 324 Vgl. auch Langemeyer 1963; Wojcieszuk 2015. Ferner z. T. Theunissen 1981. Auch Michail Bachtin wäre im Lichte der responsiven Philosophie zu rezipieren: Pape 2015. 318
319
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
sen auch heute noch aktuellen philosophiegeschichtlichen Wert gar nicht minderschätzend, nochmals um. Die Gabe konstituiert nicht den anderen. Die Gabe ist – so paradox dies im etablierten gabentheoretischen Sprachspiel nicht widerspruchsfrei zu fassen sein mag – die Gegen-Gabe auf das vorgängige Gegeben-Sein des mitmenschlichen anderen. Dessen Dasein ist bereits eine Gabe, dem sich die Identitätskonstitution des Subjekts im Modus der Mich-Erfahrung (nicht schuldhaft, sondern gerade als Ermöglichung, also transzendental) verdankt (Wiesing 2009). Aktion und Reaktion (Starobinski 2003) ordnen sich neu an: Wenn die Gabe als Aktion und die Gegen-Gabe des anderen als Reaktion begriffen wird, so startet die responsive Phänomenologie der Gabe mit der Aktion als eine Reaktion auf den anderen hin. Struktural angeordnet, meint dies eine Umkehrung der Relationen: (Subjekt → Anderen) → (Aktion als Reaktion ← Aktion als Aura der Welt). Damit ist die Offenbarung des Antlitzes des vorgängigen GegebenSeins des anderen als Welterfahrung gemeint. Dem Subjekt kommt eine Form kreativer Reaktion zu: Es handelt sich nicht um ein Kraftfeld eines unbedingten »Magma«, das aus dem Inneren des Subjekts heraussprudelt als freie Aktion des Gebens, sondern um eine responsive Aktivität auf die anrufende Frage des anderen: also »Response to Challenge«. Doch, so muss festgehalten werden, kommt prozessdynamisch erst die Herausforderung, dann die Antwort.
6.2 Die eingebildete Kränkung des Subjekts und die OntoAnthropologie der conditio humana Es mag dahingestellt bleiben325, dass Jean-Paul Sartre neuerdings als Theoretiker der Postmoderne rezipiert wird (Bakewell 2017), aber – so sehr sein Werk im damaligen zeitgeschichtlichen Kontext als Revolte notwendig war (Poirier 2019) – die Idee der unbedingten Frei 325 Sitsch (2019) hat mit Blick auf die Dialektik von Liebe, Scheitern und Einsamkeit bei jean-Paul Sartre einerseits und Liebe bei Edith Stein andererseits die These der Kompementarität beider Positionen in Hinsicht auf die Möglichkeit der Beziehung des Subjekts zum anderen hin als zwei Formen der Fortschreibung von Husserls Werk gewagt.
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6.2 Die eingebildete Kränkung des Subjekts
heit des Selbstentwurfs ist onto-anthropologisch nicht haltbar. Am gesellschaftsformbestimmten narzisstischen Modus postmoderner Selbstfindung lässt sich nicht nur eine kulturkritische Zeitdiagnose festmachen, sondern auch die intersubjektive Strukturkategorie der conditio humana entdecken: Das Selbst entsteht immer erst im Spie gel des anderen (Altmeyer 2003). Die Bedingtheit und somit die kontextabhängigen Grenzen absoluter Freiheit (ich komme auf die Hybris-Problematik, auch dort ohne Theologie, nochmals zurück) gehört zum Wesenskern der conditio humana. Diese Grenzen zu verneinen und den Weg in den Absolutismus eines monarchischen Subjekts einzuschlagen, erodiert den Kern eines zukunftsweisenden Humanismus. An dieser Stelle wird auch die Differenz im Verständnis von Transformation deutlich: Auch mir geht es um transgressive Metamorphosen, aber nicht um Unbestimmtheit und beliebige Ver flüssigung, nicht um die stipulierte Gleichsetzung von Moderne und vorgefertigten – eben klassischen – Ordnungen, die dann von avangardistischen Konzept- und Lebenskünstler*innen in die Vielfalt der Möglichkeiten transformiert werden. Das Subjekt ist – weil die Maschinen-Metapher ideologisch wäre – dabei kein reizbarer Körper, der wie eine triviale Maschine auf Gestik und Mimik als Ausdruckgestalt der sich selbstoffenbarenden Welt reagiert, sondern eine kreativ verarbeitende Person mit Geist, Seele und Körper (Waldenfels 1980). Doch geht das Objekt hier dem Subjekt voraus. Selbst dann, wenn man anerkennungstheoretisch den anderen als durch das Subjekt konstituiert sieht, ist die Anerkennung nicht primär, sondern nur eine sekundäre, nachträgliche Bestätigung dessen, was bereits da ist326. Das Anerkennen setzt die Notiz vom Trotz seiner dogmatisch, mitunter apodiktisch anmutenden Sprache bringt dies Hengstenberg (1993) auf den Punkt: Der Mensch als »Sinn-Urheber« (S. 31) »kann nur finden, was schon da ist.« (S. 32) Wahrheit sei dann nicht bloße Richtigkeit, son dern personale Seins-Teilhabe des ganzen Menschen in seiner Resonanz (S. 36): »Teilhabe ist gegenseitige Soseinsaneignung der Partner bei voller Beachtung der Soseinsintegrität beider.« (S. 18) Erkenntnis hätte dann aber »Geschenkcharakter« (S. 9) des »impersonale(n) Sein(s)« (S. 17), das den sich entwerfenden Menschen wirft. Liebe ist dann »Konspirieren mit dem Wertentwurf des Du.« (S. 38) »Liebe ist schöpferisch entwerfend.« (S. 38) Ontologisch zu verstehen ist die unhintergehbare relationale Natur des Menschen: »Aus dieser Gemeinschaft kann der Mensch nicht aussteigen, auch durch die größte Menschenfeindlichgkeit nicht.« (S. 40) »So stehen alle Mikrokosmen innerhalb der Menscheit miteinander in einer Sinnsoliarität.« (S. 40; kursiv auch im Original) Und daher gilt: »Somit ist die Sinnsolidarität eine kosmische.« (S. 40). 326
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
bereits Gegeben-Sein als Faktizität der Selbstgeltung des Daseins des Selbst-Seins des anderen voraus. Eine Gabe bezieht sich demnach dergestalt bereits als Beziehung auf den adressierten anderen, der aber eben bereits eine längst schon gesetzte Adresse ist. Der Ego-Zentrismus ist eine Wahrnehmungsperspektive, die subjektiv evident ist, aber aus der Sicht der »exzentrischen Positio nalität« eines Dritten als Blick auf die Figuration des aufgestellten Feldes einer Begegnung eine Fehlwahrnehmung ist: Das Agieren des Subjekts ist immer eine Reaktion auf die Welt, in der das Subjekt eingestellt ist. Wenn mein Blick sich perspektivisch im Raum entfaltet, so setzt diese Perspektivität als solche den euklidischen Raum, der jedoch immer schon aufgefüllt ist mit der Zeitlichkeit der Geschichte und der Geschichte als Sinnhorizont der vorgängigen Traditionen, voraus. Und aus dieser »Geworfenheit« heraus arbeitet der Mensch und arbeiten die Menschen in ihrer figurativen Aufstellungs-Relationa lität an dem Raum als metamorphotischem Prozessgeschehen.327 Dergestalt wird der soziale Raum des zwischen Vergangenheit und Zukunft geschichtlichen Menschen zu einem dynamischen Verände rungsraum post-euklidischer Art. Dabei kommt auch die Identität in Bewegung. Hiermit bin ich bereits im nächsten Abschnitt (6.3) ange kommen.
6.3 Realtivitätstheorie der Kultur sozialer Raumzeit? Im Kern geht es demnach und dergestalt also um eine soziale Relativi tätstheorie (Zehentreiter 2022) der Ordnung des Kultur-Raum-ZeitGeschehens (vgl. auch Waldenfels 2009). Neuere raumsoziologische (man recherchiere die Beiträge u. a. von Stephan Günzel, von Martina Löw und von Markus Schroer) zeitsoziologische Theorieentwicklun gen haben – und so bündeln sich verschiedene »cultural turns« (Bachmann-Medick 2006) – hierbei zum Verständnis viel beitragen können. Eine umfängliche Handbuch-Literatur zu Raum und Praxis sowie Studien zur philosophischen Morphologie der Zeit (Gloy 2016) und zur Soziologie der »sozialen Zeit« und ihren Metamorphosen (vgl. auch Elias 1988) kann darüber informieren. Ich möchte mich 327 Analogien im Denken von Roger Caillois diskutierend: Kolb/Heiden 2018; Heiden/Kolb 2022.
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6.3 Realtivitätstheorie der Kultur sozialer Raumzeit?
aber hier nicht in diesem weiten Feld verlieren und mag lieber eng an dem phänomenologischen Geschehen mit Blick auf die Begreifbarkeit der Gaben und der Codierung der Praktiken des Gebens sowie der Strickmuster der Arten und Weisen der Rezeption in den Modi der Verarbeitung, des Annehmens oder Verweigerns oder der Vermei dung etc. bleiben. Dabei betrifft die asymmetrische Objekt-Subjekt-Dialektik auch das Verständnis von Geschichte, denn die Menschen machen ihre Geschichte (Wenzel/Bretzinger/Holz 2006)328, aber immer nur unter den gegebenen Bedingungen. Geschichte muss aus der Dreh scheibe der Gegenwart heraus verstanden werden. Diese Drehscheibe der Gegenwart stellt Weichen in die Zukunft, öffnet also Pfade des Wandels. Die Gegenwart ist ein kultureller Umschlagsort zwischen Gedächtnis, Erinnerung, Vergessen und Veränderung hin zum Neuen. Dazu gehört demnach also auch die kulturelle Vererbung als Aufbau eines kollektiven Gedächtnisses (Pethes 2013). Weitergegeben wird somit die Tradition im Modus einer Kultur der Erinnerung. Diese ist allerdings immer re-konstruktiv und insofern interpretativ. Weiter gabe als Aufbau eines Gedächtnisses setzt als die interpretative Erin nerung an die Erfahrung von Ereignissen voraus, was für die indivi duelle biographische Arbeit ebenso gilt wie für die kollektive Erinnerungs-Gedächtnis-Arbeit.329 Doch immer ist die Bahnung der Zukunft an die Verarbeitung der vorgängigen Geschichte gebunden. Der phänomenologische Mechanismus ist analog zur bisherigen Dar stellung der Problematik der Responsivität: Die auf die Funktion der Prozessgeschehensbahnung als Strukturation angelegte Drehscheibe der Gegenwart (DdG) ist eingefügt in die Tradition (T) und generiert eine Erinnerung (E), die eine interpretierte (I) Erinnerung ist, und die transformiert wird in die Weitergabe (W) als kollektives Gedächtnis, das somit ebenso ein Interpretationskonstrukt ist. Durch diese rekonstruktionsfundierte Konstruktion von W (I) = f (E [I]) entsteht ein Wandel als Veränderung (V): T → DdG → E (I) → W (I) → V. In einer figurativen Theorie der dynamischen Raum-Zeit-Kultur-Ver schränkung geht es mir nicht um die neueren quantentheoretischen (Vogd 2020) Deutungsmuster von Unschärferelationen in der Epis 328 329
Vgl. auch Childe 1969. Instruktiv dazu auch: Marten 2022.
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
temologie der Sozialtheorie. Das ist nämlich nochmals auf einer andere Ebene angesetzt als die Frage nach der kulturellen Grammatik des Gegenstandes, dessen erfahrungswissenschaftliche Erforschung allerdings von solchen epistemologischen Überlegungen grundlegend betroffen ist. Es geht mir – ohne auf eine Theorie des Zufalls einzugehen – um die Frage der Unbedingtheit in der conditio humana. Kontingenz ist der Gestaltausdruck der Erfahrung dieser conditio humana. Aber hinter der Kontingenz stehen generative Strukturen als Mechanismen der Geschichte. Was Menschen in ihrer geschichtlichen Welt als Zufall begreifen und dem sog. Schicksal zurechnen, ist vielmehr das Phänomen des Zufalls aus ihrer Ego-zentrierten Perspektivität, beruht aber objektiv als externe Performativität immer selbst auf einer Generativität, die jedoch in der Verdichtung auf ein Ereignis in der Präsenz verborgen bleibt.330 Doch nichts geschieht ohne Grund, denn wo nichts ist und wirkt, kann nichts werden. Immer ist alles als Prozessgeschehen im Fluss. Und in dieses Prozessgeschehen ist der Mensch verstrickt (Schapp 1953)331, sie erscheint ihm aber oftmals als ein Wollknäuel in hoher komplexer Verdichtung, die er kaum auflösen, durchdringen oder gar entwirren kann. Es ist diese Erfahrung des Labyrinths (fremder Welten332) als Irrgarten, wie sie einst als Odyssee (Marneros 2016) erzählt wurde. Doch was bei Odysseus dort die List (Marneros 2020) als ein subjek tives Vermögen war, wird heute phänomenologisch als responsive Kreativität begriffen. Was damals nicht ohne die Hilfe von Athena und Hermes gelingen konnte, wird heute transaktional und ressour centheoretisch als Wechselspiel (Waldenfels 2010) von Kompetenzen und Ermöglichungsräume in den Grenzen einer Interdependenzkom plexität verstanden. Dies zu reflektieren, das ist Metaphysik der Geschichte, die in die sozialontologische Fundierung der Sozialtheo rie eingeht.
330 331 332
Vgl. dazu instruktiv: Ruda/Völker/Maar 2017. Vgl. auch Joisten 20022; Joisten/Schapp/Thiemer 2020. Vgl. dazu auch Schulz 2020; Mayer 2017; Dihle 1994.
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6.4 Monade, Endon, Eros
6.4 Monade, Endon, Eros Es stimmt also nicht, dass das menschliche Individuum als »Monade« kein Fenster333zur Welt hat: »Macht doch die Fenster auf (…)! (…) Aber die Fenster werden nicht aufgemacht. Warum denn nicht? Ja, da könnte doch etwas aus der Welt hereinkommen. Davor haben sie Angst.«334
Die Monade ist sinnlich reizbar, geistig offen zur Wahrnehmung der Welt, aber, psychodynamisch, dabei zugleich immer vorstrukturiert durch die seelische Grundgestimmtheit als ein (endo-kosmo-geneti sches) »Endon«335 als Wesenskern des intra-individuellen Arbeitsap parates.336 Das Endon – als Teil des Drehbuches des sozialen Dramas auf der Bühne der sozialen Wirklichkeit – sichert die Skript-artige337 Generativität der Kultur der sozialen Praktiken der Performativität (Volbers 2014). So hängt dergestalt für den Menschen dessen Perspektivität von dieser »vom Innen nach Außen« topographisch fixierten Position des Durch-das-Fenster-Hinaus-Schauens ab. Seine Kreativität ist an diese Fenster-Außenwelt-Konstellation gebunden. Seine Innenwelt ist infolge der Vergesellschaftung als Subjektivierung des Subjekts zugleich eine Skript-artige Welt habitualisierter Dispositionen, mit der der Mensch responsiv an das Erleben der Erfahrung von Ereignis sen herantritt. Dies ist eine Bewegung (Bockrath 2014; Welsch 2021) als ein »Hin-zu« in Richtung auf das Objekt, von dem aber das Erfah rungserlebnisgeschehen der Person als eine Ordnungsdynamik der Situation ausgeht, was Folge des »Immer-schon-in-der-Welt-seins« des Menschen ist.
Dazu auch Selbmann 2009. Wolf 1959: S. 57. 335 Vgl. dazu die Rezeption der daseinsanthropologisch fundierten phänomenolo gisch-hermeneutischen Psychiatrie u. a. in Schulz-Nieswandt 2020d; 2021f; 2021g; 2021h; Schulz-Nieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022; vgl. auch Wendt 2022. Und in diesem Kontext wird man ebenfalls wieder Bernhard Waldenfels (201) antreffen. Vgl. auch Schellhammer 2021. 336 Dieser Zusammenhang wird in der Psychoanalyse mitunter als früh erworbene Schemata des »inneren Kindes« mit hoher psychotherapeutischer Bedeutung u. a. in der Trauma-Bewältigung diskutiert. 337 Wiater/Manschke 2012. 333
334
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
Immer ist die Gabe als Beziehungs-Bildung vom anderen als Adressat her zu verstehen, wobei eine Frage gestellt werden muss: Geht es um das Wohl des Gabe-Ich auf Kosten des anderen oder um die Apriori-Würde des anderen, die – in die soziale Beziehung als ein von Polarität geprägter kommunikativer, aber immer, und dies anthropologisch zwingend, leiblich338 verankerter339 Zwischenraum (Röttgers 2021) der dialektischen Einheit von Bezogenheit und Diffe renz eingebaut – die Grundlage ist für ein gelingendes Miteinander? Wir müssen die Kraft des Eros ontologisch angemessen vermes sen. Es gibt demnach in der conditio humana keine Unbedingtheit der Kreativität. Damit gibt es auch keinen reinen und somit radikalen Konstruktivismus. Das Ich verdankt sich daher der Erinnerung auch dann, wenn es sich um epiphane Erlebnisse im Augenblick eines Ereignisses handelt. Dieses Erfahrungserlebnisgeschehen reagiert: Ich dringe mit meinem Blick in den Raum – und damit mich entfaltend im Zuge der Raumkonstitution – ein; in Wirklichkeit ermöglicht der Raum diese Erfahrung als Erlebnis. Nicht das Subjekt hat das trans zendentale Vermögen, die Welt selbst ist in ihrer Selbstentfaltung die transzendentale Voraussetzung des Subjekts als Subjekt-Werdung durch aktive Passivität der kreativen Reaktion. Die Motorik der Sinne und des Tuns als Bewegung ist zwar eine Bewegung des Subjekts auf ein Ziel hin, das aber nicht von mir ist, sondern immer schon da ist (Waldenfels 1998). Erst dadurch entsteht eine Identität des Ich, indem das andere – also die Welt der Alterität – meine eigene transzendentale Voraussetzung ist. An der Differenz zur Welt, die mich anspricht und der ich mich folglich verdanke, konstituiere ich mich und bilde mir dabei ein, von dieser Identität aus das andere konstituiert zu haben. Das ist das latente psychotische Moment des modernen Men schen. Bekanntlich ist die sog. kopernikanische Wende (Blumenberg 1965; 1975) eine zweideutige Revolution: Sie hat wissenschaftsge schichtlich einerseits den prometheischen Technizismus als Machbar keitswahn freigesetzt, aber andererseits den Menschen im Kosmos infinitesimal kleingemacht. Die Naturwissenschaft verdrängt die theo-kosmische Lebenswelt. Mit dem Ende des geozentrischen Welt bildes steht auch der Mensch nicht mehr in der Mitte. Das Subjekt versteht sich jetzt transzendental, aber es ist nicht mehr die Mitte im 338 339
Dazu Alloa/Bedorf/Grüny/Klass 2019. Dazu Felgenhauer 2022. Ferner Breitung 2021.
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6.5 Mimetik zwischen Merken und Wirken
Kosmos. Mit Nietzsche (Gerhardt 1988) wird man die Einheit zweier gegenläufiger Effekte betonen müssen (Kluwe 2004): 1) die Kränkung (des Menschen, der seine Mittelpunktposition verloren hat) und 2) die Überheblichkeit (des Rationalismus und der Naturwissenschaft). Ganz im Sinne der Psychologie von Alfred Adler resultiert die Arroganz aus dem Minderwertigkeitsgefühl des Menschen. Jetzt baut der Mensch Wolkenkratzer, hat aber kein Zuhause mehr.340 Jetzt landet er auf dem Mond, ist aber auf seiner Erde individualistisch entwurzelt. Insofern korellieren das kopernikanische Weltbild einerseits und die transzendentale Obdachlosigkeit des hei matlosen Subjekts andererseits. In höchst inniger Art und Weise.341 Adolf Portmann (1956: S. 183 ff.) hat dieses Problem in großer Klarheit erkannt. An der kopernikanischen Wende käme man nicht vorbei, andererseits sei der Mensch auf das ptolemäische Weltbild codiert. In dieser Klemme muss er sich orientierend und d. h. gleich gewichtet positionieren.
6.5 Mimetik zwischen Merken und Wirken Der transaktionale Kreislauf von »Merken der Welt« und »Wirken auf die Welt« weist eine asymmetrische Dialektik in der relationa len Struktur auf. Das dergestalt de-zentrierte Subjekt, hierbei eine Analogie zum Post-Strukturalismus aufweisend, verweist uns hier keineswegs auf einen Subjekt-losen Strukturalismus einer Autopoie tik eines Systems als Maschine, also auf eine reine Prozessmechanik, sondern auf eine geistige, seelische und körperliche Lebendigkeit eines vorgängigen Merkens und eines reaktiven, wenngleich eines im Modus dieser aktiven Passivität durchaus schöpferischen Wirkens. Nicht das Ich konstituiert den anderen als ein Du. Der andere konstituiert kraft der Aura seines Antlitzes das Ich, das hier – und das meint das Theorem der Responsivität – aus der de-zentrierten Positionalität aktiver Passivität heraus zu verstehen ist. Der andere ist aber nicht die in Gott imaginierte Vaterfigur (auch nicht als Staat342 oder als Recht als miteinander verbundene Säulen einer dogmatischen 340 341 342
Haas 2006. Dazu auch Tokarzewska 2015. Legendre 2011.
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6. Responsive Phänomenologie der Gabe
Ordnung343) gegenüber dem Kind. Es ist der Mitmensch, der immer schon da ist. Die Intentionalität des Ich ist nicht vollumfänglich verlo ren gegangen, sondern sie ist in der Responsivität reaktiv eingebettet, zu denken als Modus kreativer Mimetik (Balke 2018): Gemeint ist die staunende Erfahrung des anderen, aber in der Reaktion durchaus schöpferisch, vom Eros als Kraft der Beziehungsgestaltung geleitet. Bernhard Waldenfels hatte sich ja auch mit Cornelius Castoriadis (2012) – und somit mit dessen Idee vom Magma – auseinander gesetzt. In diesem Kontext muss man bemerkenswerte – die Pro blemverständnisse eröffnende – Begriffskonstellationen verstehen, so »Mimetische Differenz und pathische Impulse«, »Zwischen Eidos und Pathos«, »Sehen und Zeigen«, die »Arbeit der Sinne«, »Bühne als Drehpunkt des Geschehens«, »Hyperbolische Gabe« (vgl. auch Waldenfels 2015), »Verwunderung« und »Gespür« usw. Von diesem reaktiven Eros her ist, um nicht an die Theologie, wohl aber an die fun damentalontologische Fundierung seiner Theologie bei Paul Tillich anzuknüpfen (Schulz-Nieswandt 2020a), sodann die motivischen Haltungs- und praktischen Ausdrucksformen Libido, Philia344 und Agape her zu denken. Exkurs-artig sei nochmals das Eros- und Agape-Verständbis angesprochen: Eros ist zu charakterisieren als eine im anderen, im geliebten Du sich selbst suchende bzw. auch findende Kraft bzw. Kraftquelle. Ich selbst lege Eros aber nicht reduziert als libindinöse Liebe aus, sondern als schöpferische Selbsttranszendenz. Die Agape, die wir hier bis zur Grenze fundamentalontologischer Überlegungen, aber ohne Übergang zur Theologie der Gottesliebe345, diskutieren können, geht noch einen weiteren Schritt zur Vollendung, weil sie definiert werden sollte als eine sich verschenkende Hingabe des personalen Selbst in der Form einer Liebe, die nicht gibt, um wieder zu nehmen, was dergestalt ja nur eine tauschförmige Reziproztität wäre. Also schlussfolgere ich und halte ich fest: Agape ist das Potenzial unbedingter göttlicher, jedoch gott-loser Liebe, die ich allerdings als Idealtypus auch zur Vermessung menschlicher Liebe methodologisch, also als Referenzpunkt, der eben nicht theologisch auszulegen346
343 344 345 346
Legendre 2016. Grundlegend auch: Legendre 2012. Vgl. auch Stiehler 2018. Knauber 2006. Knauber 2020.
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6.5 Mimetik zwischen Merken und Wirken
ist, benötige.347 Die Philia meint die freundschaftliche Liebe. Dies bedeutet die Praxis eines gemeinsamen Strebens voller Weisheit zu einem hohen wertvollen Ziel und ein beglückendes Verbundensein als tugendliches Miteinander.348 Die Welt – und somit die Zeitlichkeit als Strukturkategorie der Ontologie des Seins – ist dem werdenden Subjekt immer schon vorgegeben: Der Mensch ist – so klassisch schon vor allem bei Martin Heidegger (2006) und Hans-Georg Gadamer (1975) oder Otto Friedrich Bollnow (1970) – eingestellt in die Geschichte als vorgängige Sinnhorizonte, die er jedoch im Denken wie im Tun gestaltend transzendieren kann. Zwischenfazit: Vor dem Hintergrund der Schritte der vorausge gangenen Kapitel sollte nun die Idee der responsiven Gabe deutlich geworden zu sein. Es ist die in Aussicht gestellte Umkehrung der Subjekt-Objekt-Beziehung im Sinne einer sequenziellen Asymme trie der Vorgängigkeit des anderen und der kreativen Mimesis der aktiven Passivität des Subjekts, die hier zum Thema geworden ist. Das wirft grundlegende Fragen der Identitätsbildung auf. Dieses Thema wird als Kritik der identitären Politik nochmals mehrfach angesprochen, wird im nächsten Kapitel aber allgemeiner als Kritik des neuzeitlichen und sodann modernen und auch postmodernen egologischen Subjektivismus als Hybris eines prometheischen Ikarus mythopoetisch rekonstruiert.
347 Das wäre meine Sicht auf die Aktualisierung (Wischmeyer 2015) des religions geschichtlichen Agape-Verständnis (Ngren 1955; Reicke 1951) für aktuelle Diskurse. Es ginge also um die weltimmanenten und lebensweltlich verankerten imaginierten Anrufungen »ohne Herrendiskurs«, wobei wiederum die Neigung, diesen Referenz punkt doch wieder als Gott zu bezeichnen (Kühn 2016), das Problem der neueren (französischen) Lebensphänomenologie ist. 348 Dazu auch Düsing 2009.
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7. Der Wahn der prometheischen Hybris und die Demut des responsiven Subjekts
Der Kern der Problematik steckt, wenn auch nicht vollumfänglich, in folgender Aussage: »der Komplex aus Erschaffensein, Selbstbehaup tung, Schuld und Mühsal ist in der conditio humana von Anfang an mitgesetzt.« (Angehrn 1996: S. 332). Das nunmehr zur Lektüre anstehende Kapitel 7 wird zum Zwecke der Explanation in zwei kurze Abschnitte (7.1 und 7.2) gegliedert.
7.1 Arbeit an der Wahrheit des Mythos Dieses Zitat führe ich in vielen Publikationen an. Warum tue ich dies immer wieder? Hier kommt – im Lichte der klassischen Mythos-theo retischen Beiträge von Hans Blumenberg und Karl Hübner (2013) – der Ertrag der Arbeit an der Wahrheit des Mythos als eine kulture volutionär erste (man könnte auch über die Höhlenmalerei spekulie ren) oder zumindest frühe Form der philosophischen Anthropologie (Fischer 2022a) zum Ausdruck (Matt 2009). Der Mythos reflektiert das Wesen des Menschen349 im Kontext seiner conditio humana. Was bedeutet dies für uns im vorliegenden Zusammenhang in Bezug auf das Thema? Mein Beantwortungsversuch auf die gestellte Frage geht in eine bestimmte Richtung. Wenn man in der remythisierenden350 Arbeit351 am Mythos die conditio humana zu denken versucht, dann wird ein Thema evident: Die Grenzen der Machbarkeit352 der Welt. Ja, der Mensch ist ein geschichtliches Wesen und er macht seine Geschichte, Hogrebe 1992. Zum Teil mit Wegen und somit in Modi (im Sinne von Arten und Weisen), die man nur noch ironisierend unter dem Aspekt der Relevanz nicht-evidenter Sichtweisen verstehen lann: vgl. z. B. Kolster-Sommer 2022. 351 Vgl. auch z. B. Steiner 2014. 352 Platt/Dabag 2006. 349
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7. Der Wahn der prometheischen Hybris und die Demut des responsiven Subjekts
aber nicht im Sinne der technischen Demiurgie eines in Kult und liturgische Zeremonien eingelassenen magischen, später dann inge nieurswissenschaftlichen353 Paradigmas des planerischen Entwurfs und der linearen Umsetzung. Das ist ein ganz anderer Typ vom homo faber als der, den Hannah Arendt in der vita activa der Polis diskutierte. Die analogia entis-These des modernisierten Glaubens ist dazu vielleicht keine schlechte Referenzfigur, um das Problem der Macht der Machbarkeit, des faszinierenden Zaubers und der Grenzen des schöpferischen Tuns zu reflektieren.
7.2 Ent-Mythologisierung der modernen Hybris Das Denken muss sich vom heute uns dominierenden pathologi schen Paradigma der Objektbesetzungsstrategie des besitzrechtsindi vidualistischen Ich (Schulz-Nieswandt 2020a) – ein Wahn, der als selbstverständliche Normalität etabliert ist – befreien. Das ist das zentrale Thema in der Ethik der Psychoanalyse im Werk von Erich Fromm, an den hier erinnernd angeknüpft werden könnte und wohl auch sollte. Die Subjekt-Objekt-Relation, die hier als Weltbild die Alltagswelt ebenso als tief eingravierte Signatur prägend beherrscht wie den Mainstream der Wissenschaften, muss umgedreht werden zu einer relationalen Struktur mit relativer Dominanz354 des Objekts gegenüber dem Subjekt. Das Subjekt, Teil des Allzusammenhangs, der hier als Objekt abstrahierend definiert wird, ist dem Grunde nach responsiv, wenngleich dieser prinzipielle mimetische Charakter des Menschen keine reine Passivität ist, sondern aktive – kreative – Responsivität. Sowie die Freiheit des Subjekts nachhaltig nur als inkludierende Miteinanderfeiheit in achtsamer Miteinanderverantwortung (theore tisch wie auch praktisch) zu haben ist, so ist die menschliche Kreati vität nicht im Paradigma des Mythos göttlicher Allmacht im Status der Unbedingtheit zu denken, sondern nur als Spielraum des homo respondens. Und dieser Mensch ist eingelassen in Einbettung und Verkettung, positioniert zwischen Ligaturen und Optionen, ObjektSubjekt von Einschreibungen, geschichtlich gebundenes Subjekt der Leucht 2022. Hier auf das Denkmodell von Basis und Überbau als »Struktur mit Dominante« von Louis Althusser (1968) anspielend. 353
354
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7.2 Ent-Mythologisierung der modernen Hybris
Arbeit am Mythos, ein – an eine Fomulierung von Hans-Georg Gadamer anknüpfend – flackerndes Kerzenlicht vor dem Hintergrund der Sinnhorizonte im Wind des geschichtlichen Zeitstromes. Das ist viel, weil von keinem sonstigen Säugetier erwartbar, aber es ist wenig als Stellung im Kosmos. In seiner Winzigkeit ist der Mensch ein großartiges Gebilde der Würde. Das Kapitel fällt kurz aus und wurde im Zwischenfazit des vorangegangenen Kapitels bereits auf den Punkt gebracht: Die psychodynamische und kulturgrammatische Kritik der neurotisch verstiegenen Subjektivität des Subjekts hat viel mit dem Thema der Gabe-Forschung zu tun. Denn die Frage lautet ja: Kann und soll man die Gabe vom cartesianischen Subjekt und seiner Intentionalität her modellieren oder nicht vielmehr im Rahmen einer responsiven Phänomenologie vom anderen her. Ich sprach es ja schon an: Am Ende soll sich die dekonstruierte Gabe als Fundament des genossenschaftlichen Formprinzips der Kultur des Miteinanders »entpuppen«. Genau dies soll nun im nächsten Kapitel das Thema einer knappen Skizze werden.
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8. Gabe und das genossenschaftliche Formprinzip
Das Integral des Miteinanders wird die morphologische Schnittfläche zwischen der Idee der Gabe einerseits und dem Formprinzip der Genossenschaft andererseits auf den Punkt bringen. Ich strukturiere Kapitel 8 durch 2 kurze Abschnitte (8.1 und 8.2). Die Gabe stiftet ein Miteinander. Das ist ihr tieferer schöpfe rischer Sinn. Die Gabe hat also die Kraft – die »Power« – zur Stiftung von sozialen Beziehungen, auf die jede Personalisierung (als das eigentliche [verloren gegangene355] Telos der ganzen Geschichte der Onto-Dramatik356) durch Einbettung angewiesen ist. Auf die Mutationen der Gabe hin zur dunklen Seite der Macht komme ich gleich noch weiter unten zurück.
8.1 Das Wesen der Form des Miteinanders Morphologisch357 – also in der Weise einer semiotischen Herme neutik auf die Gestalt-bildende Einheit von Struktur und Sinnge halt abstellend – ist die (vor allem gemeinwirtschaftliche358) Genos senschaft (Blome-Drees 2022), ob 1) als Einzelwirtschaftsgebilde (Schulz-Nieswandt, 2020c) oder 2) als regionales Netzwerkgebilde (Martignoni 2022; Schulz-Nieswandt 2015a) oder 3) als Gemein deordnungsprinzip (Schulz-Nieswandt 2013), in ihrer Gegenseitig keitshilfe im Rahmen der Selbstorganisation und Selbstverwaltung personalistisch jenseits der Binärik von Individualismus versus Kol
Michel 1959. Vgl. auch mit Bezug auf Paul Tillich: Drobe 2021. 357 Schulz-Nieswandt 2018a; vgl. auch in Blome-Drees/Göler von Ravens burg/Jungmeister/Schmale/Schulz-Nieswandt 2022. 358 Schulz-Nieswandt 2020b; 2021b; 2022c. 355
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8. Gabe und das genossenschaftliche Formprinzip
lektivismus. Diese Positionierung ist nicht als ein Mittelwert359 zu verstehen, sondern als ein »Drittes« (Schulz-Nieswandt 2022c) zu definieren, wenngleich im Hintergrund der Dualismus von »Genos senschaft und Herrschaft« und das ewige Ringen beider Archetypen in den Modi 1) des Nebeneinanders, 2) des Miteinanders (auch als Form der genossenschaftlichen Herrschaft im Sinne einer Instru mentalfunktion) und 3) des Gegeneinanders in der Tradition der Rechtsgeschichte von Otto von Gierke360 wirksam sind. Die Form der Genossenschaft ist als humangerecht einzuschätzen, weil diese Form als ein integrales Miteinander der Sozialraum-Bildung (SchulzNieswandt/Köstler/Mann 2021a) begreifbar ist. Diese Form ermög licht es, dass der Mensch in der Endlichkeit seines Lebenszyklus361 in gelingender und nicht vollends scheiternder Art und Weise zur Gestaltwahrheit kommen kann (Schulz-Nieswandt 2022b). Paul Tillich (1952) hat explizit über die »Tiefe« dergestalt nach gedacht (vgl. auch Schulz-Nieswandt 2019a: S. 17 f.), dass diese Über legungen hilfreich sind, die Metaphysik der Gestaltwahrheit zu ver stehen. Abgesehen von der Tiefengrammatik, die für mich eine methodologische Bedeutung hat für eine rekonstruktive Sozialfor schung, geht es hier um die Tiefe einerseits der Möglichkeit der menschlichen Abgründigkeit als Modalität der conditio humana, aber eben andererseits auch um das Potenzial der Liebe, die es ermöglicht, mit Freude und Hoffnung dieses Wagnis des Scheiterns auf sich zu nehmen und eine Form des seienden Seins zu erreichen, die den Men schen eben zur Gestaltwahrheit der Personalität im Miteinander treibt.
8.2 Der Bund als Idealtypus Der Idealtypus der Gestaltwahrheit ist der eidgenössische Bund (Schulz-Nieswandt 2022b), den Menschen als nicht-vertragliche Vor aussetzung der Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung Das personalistische Denken war nie als arithmetisches Mittel auf einer binären Skala von Individualismus versus Kollektivismus zu bestimmen. Personalistisches Denken ist ideenpolitisch und denktopographisch in einem vektoriell ganz anders aufgespannten onto-anthropologischen und rechtsphilosophischen Raum des gelin genden Miteinanders zu verorten. 360 Schulz-Nieswandt 2003; Peters 2001; Schröder 2021. 361 Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2022. 359
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8.2 Der Bund als Idealtypus
ganz im Sinne des Art. 2 GG als Ordnung der grundrechtlichen Frei heit eingehen können. Der Bund ist geprägt 1) 2)
vom Sittengesetz als rücksichtsvolle Vermeidung oder Minimie rung negativer Externalitäten vor dem Hintergrund des Art. 1 GG, vom Kategorischen Imperativ, wonach der Mensch immer nur Selbstzweck und nie Mittel zum Zweck sein soll und folglich sein Dasein sinnerfüllt führen und nicht nur seine Existenz als »nacktes Leben« – zum Beispiel im Alter: »sauber, satt, sicher, still« – fristen soll (Schulz-Nieswandt 2021f; 2021g).
Die Logik der Idee der kulturellen Grammatik der Genossenschaft kann, so will ich mein Zwischenfazit ziehen, in der Figur des Mitein anders als sinnfunktionale Grammatik der personalisierenden Sozial beziehungen die Quintessenz der inversen Phänomenologie der Gabe darstellen. Hier wirkt sich nicht die Psychodynamik apotropäischer Adjektion aus, sondern die Psychodynamik selbsttranszendierender Apparation. In der Mitte des Miteinanders als Einheit von Freiheit und Verantwortung treffen sich personalisierte Subjekte in ihrer jeweiligen Andersheit als mitmenschliche andere. Die Genossenschaft ist, morphologisch (organisationskulturell auf die passungsoptimale Einheit von Struktur und Sinn abstellend) betrachtet, als Sozialgebilde die Ausdrucksgestalt als Prinzip des Dritten, das den Zwischenraum des Miteinanders – jenseits vom Nebeneinander und des Gegeneinanders – konstituiert.
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9. Die dunklen Seiten der Gabe
Einige Narrative der Gabe-Forschung – dies hatte ich weiter oben bereits zum Thema gemacht – sind zu hinterfragen, um auch die dunkle Seite der Macht der Empathie und des Gebens zu entbergen. Es geht um die zwei Gesichter der Gabe. Diese Möglichkeits-Konstella tion ist nicht im Sinne einer Komplementaritätsstruktur in Analogie von Yin und Yang (Linck 2006) zu verstehen. Yin und Yang gehören als Einheit zusammen und stellen im Modus des Ineinanders den Raum der Gestaltwahrheit dar. Im Fall der zwei Gesichter der Gabe muss sich der Mensch entscheiden: In welchem Geist betreibe ich soziale Praktiken des Gebens? Ich unterscheide zwei Abschnitte (9. 1 und 9.2) in diesem Kapitel 9. Es ist kein neues Thema (Starobinski 1994), dass es auch »böse« Gaben sind, also solche, die beschämen können oder gar absichtlich demütigen sollen, die im Rahmen sozialer Machtverhältnisse Abhän gigkeiten schaffen, stabilisieren und verfestigen sollen, nachhaltige Dankbarkeit oder andere Formen von Schuldverhältnisse generie ren.362
9.1 Die dunkle Seite der Empathie Analog wissen wir um die Freiheitsgrade der Nutzung der Empathie (Breithaupt, 2017; Breyer 2013) als ein in dem biologischen Potenzial der komplexen Spiegelneuronen verankertes Vermögen, das im Zuge der Sozialisation und Erziehung als »zweite sozio-kulturelle Geburt« (Claessens 1962363)364 des Menschen im Sinne der Aktualgenese kulturell aktiviert werden kann. Im üblichen humanistischen Diskurs dominiert das prosoziale Narrativ: Aus dem erlernten Einfühlungs vermögen resultiert das Mitfühlen, welches die Form des Mitleidens 362 363 364
Graeber 2012. Vgl. auch Winnicott 1984. Siehe dazu auch in das Werk von Anold Portmann. Dazu u. a. in Portmann 1956.
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9. Die dunklen Seiten der Gabe
(Siller 2018) annimmt, woraus sich prosoziale Haltungen des HelfenWollens ergeben. Doch ist auch ein anderer Transformationspfad des Einfühlungsvermögens als Fähigkeit der Einnahme der Perspektive des anderen denkbar und ist auch empirisch ein Teil der sozialen Wirklichkeit: Mit Einfühlungsvermögen kann der Mensch infolge der Kenntnis der Schwachstellen und Wunden des Mitmenschen ihn besonders treffsicher und tief quälen.
9.2 Strategische Gaben Die Gabe-Forschung kann im ewigen Ringen zwischen dem »guten« homo donans und dem »bösen« homo abyssus nicht die eine Seite (zum Beispiel im habituellen Modus eines unreflektierten linkspopulisti schen Moralismus in kapitalismuskritischer Absicht) huldigen und dabei die andere Seite de-thematisieren. Die strukturale Anordnung ist zu beachten: »gut« ↔ »böse« = responsiver homo donans ↔ aktiv-destruktiver homo abyssus = Dominanz der Würde ↔ Dominanz der Demütigung = Selbstbestimmung/Selbständigkeit/Teilhabe ↕ Bevormundung/Kränkung/Ausgrenzung. Die inkorporierten Ambiguitäten bzw. Ambivalenzen der sozialen Praktiken der »milden Gabe«365 sind ja bekannt, neuerdings etwa auch problematisiert in der Forschung zur Praxis des öffentlichen Tafelns (Selke 2013)366 im Bereich der Versorgungsregime oder Vgl. auch Hammerschmidt 1998. Eventuell angelegt an eine Auslegung des frühchristlichen Sättigungsmahls: Kügler 2010. Vgl. ferner Halbfas 2022. Das ist kulturgeschichtlich zentral für die Auslegung des genossenschaftlichen Formprinzips der Gemeindeordnung. Vgl. auch
365
366
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9.2 Strategische Gaben
auch im transnationalen Freiwilligendienst Jugendlicher bzw. Jun ger Menschen im Bereich der Engagementregime367, etwa auch in Form von Kinderpartnerschaften368. Manche Geschenke sind im Kon text von Huldigungsritualien (etwa die mit christologisch fassbaren Hoheitstitel verbundene Fußsalbung, der chinesische Kotau oder die altpersische Proskynese) als Phänomene der Ritualregime369 oder auch im Kontext internationaler strategischer Allianzen (und damit im Sinnzusammenhang von Wirtschaftsmacht sowie von Krieg und Frieden) zu rekonstruieren.370 Es gibt viele Felder, in denen der Gabentausch einen Ort findet.371 Was Marcel Mauss (1990) in seinem berühmten Essay über die Gabe als »hau« diskutierte, also dergestalt als inkorporierter »Geist« in der Gabe thematisierte, kann sowohl einen guten oder auch einen bösen Daimon zum Ausdruck bringen.372 Weitere Themenfelder könnten angeführt werden. Die Gabe als Geschenk wäre z. B. auch im Kontext von (zeremoniellen373) Audienzen (Burschel/Vogel 2014) zu rekonstruieren. Als Zwischenfazit dürfte im Lichte der weiter oben bereits disku tierten Dekonstruktion der guten Gabe angesichts der Schattensei ten oder sogar Abgründigkeiten in Gabe-Beziehungen, die mitunter Machtverhältnisse der Demütigung zum Ausdruck bringen, deut lich geworden sein, dass die etablierten Machtverhältnisse aufge deckt werden müssen. Die kurzen Ausführungen sollen infolge der Kürze wiederum nicht den Eindruck hinterlassen, dass die dunklen Seiten der Macht in der Gabe nicht angemessen thematisiert werden sollen. Gerade auch die
in Schulz-Nieswandt 2018a; 2014a; Schulz-Nieswandt/Micken 2021. Auch dort ging es schon um Inklusion und Exklusion und um kultisch vermittelte Identitätsbildung: Al-Suadi 2011. 367 Vgl. auch Artner 2018 sowie Kontzi 2015. 368 Wagener 2018. 369 Vgl. auch Brüderle 2016. 370 Vgl. etwa Schröder 2004; Beyeler 2011. 371 Dazu auch in Mallard 2019. 372 Vgl. solche Praktiken auch im Voodoo-Kult innerhalb dieser komplexen, auch von Synkreismen geprägten Religion (Wernhart 2004): Reuter 2003. Ferner Elwert-Kret schmer 1997. Vgl. ferner Barnet 2000. 373 Oerthmann/Kollatz 2019.
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9. Die dunklen Seiten der Gabe
Opferkulte374 (Heinsohn 1997) verweisen uns mitunter auf abgrün dige Zusammenhänge.375
374 Bei den Germanen (Simek 2021) oder bei den Römern (Rüpke 2019). Ferner in Bouyer 1964: S. 99 ff. 375 Vollmer 2010; Stroumsa 2011.
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10. Die Gouvernementalität der Gabe und der Humanismus der relativen Autonomie
Die Gouvernementalität ist376 einerseits eine sozialontologische Kategorie mit Blick auf die Universalität der Vergesellschaftung, andererseits mit Blick auf die Formen der Subjektivierung eine solche der Historischen Anthropologie und Historischen Soziologie, die zugleich eine Geschichte der psychischen Arbeitsapparate (Amiri 2008) ist.377 Daraus folgt eine Verknüpfbarkeit378 dieser post-struk turalistischen Kategorie im Zusammenhang mit der Idee des de-zen trierten Subjekts einerseits und andererseits dem Humanismus, der in der Theorie der relativen Autonomie des Subjekts jenseits des Wahns des Absolutismus reiner Autonomie als prometheische (Peters 2016) Hybris (Stahl 2018) zur Gestaltwahrheit gelangt. Dieser Wahn ist im ungeschlechtlich gemeinten Sinne ein maskuliner Programmcode der Institutionen bzw. Habitus der Individuen, entgegengesetzt zum ebenso ungeschlechtlich gemeinten Code der »Mütterlichkeit« (Hei dinger 2010) im Care-Sektor.379 Ich gehe in zwei Abschnitten in diesem Kapitel 10 vor (10.1 und 10.2).
10.1 Relative Autonomie und Personalität Autonomie als Freiheit der selbstständigen Selbstbestimmung im Modus der Teilhabe ist immer relativ, weil sie kontextuell in das System der sozialen Beziehungen – also relational380 – eingebettet ist. Soziale Beziehungen sind ein generativer Kontext, der die trans 376 Zur nachfolgenden Sicht der Dinge vgl. in Schulz-Nieswandt 2022a; 2022b sowie in Chardey/Möbius/Schulz-Nieswandt 2022/23. 377 Vgl. auch Legendre 2004. Ergänzend dazu Bammé 2011. 378 Daher betone ich weniger die Unvereinbarkeit als Gegensatz-Figur wie bei Will 2021. 379 Vgl. in globaler Perspektive: Pulcini 2013. 380 Arlinghaus u.a. 2020.
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10. Die Gouvernementalität der Gabe
zendentale Voraussetzung für die Personalisierung des Individuums im uno actu-Modus des Miteinanders darstellt. Autonomie ist – das war auch schon in der Renaissance (mitunter wird die Reformation strukturanalog diskutiert) als Burckhardt’sche381 Geburtsepoche der Individualität382 so gedacht worden – also immer relationale Autono mie durch die Einstellung ds Subjekts in eine soziale Relativitätstheo rie der Kultur-Raum-Zeit-Komplexbildung (Weidenhaus 2015).383 Freiheit muss geordnet werden in der »rhizom-morphen« Rezi prozitätsordnung des rücksichtsvollen Miteinanders als Ermögli chung der Freiheit aller in der sozialen Raumzeit. Das ist wiederum nur eine andere Variante der sprachlichen Auslegung von Art. 2 GG vor dem Hintergrund des eidgenössischen Bundes in Bezug auf die axiale Funktion der naturrechtlichen Idee der »Sakralität« (SchulzNieswandt 2017a; Joas 2011) der personalen Würde (Schweidler 2012). In diesem Lichte kann eine Gabe ein Instrument einer symbo lischen Ordnung kultureller Praktiken der sozialen Disziplinierung und sozialen Kontrolle sein. Jenseits der mitunter romantischen oder melancholischen Gestimmtheit ist es für die relativ distanzierte Haltung einer problematisierenden Skepsis sinnvoll, auch bei der Gabe mit dem Freud`schen Verdacht heranzugehen. Dennoch ist es geschichtsphilosophisch sinnvoll, motiviert ein Hoffen auf das Noch-Nicht in einem Erinnerungstraum mit Fokus auf das Telos der Personalisierung »aller« in weltbürgerlicher Absicht zu denken.
10.2 Von Nietzsche zu Levinas: Verlust der Vertikalität und die Horizontalisierung einer neuen »Mitte« Der Verdacht gegenüber der bösen Möglichkeit der Gabe konkreti siert sich durch das Denken bei Friedrich Nietzsche (vgl. auch in Waldenfels 2006b), bei dem ein Ekel vor der generösen Moral des Christentums aufkommt. Im Lichte der ontologischen bzw. transzen dentalen Obdachlosigkeit384 nach der Ermordung Gottes ist die Idee Meyer 2009. Vowinckel 2011. 383 Zur Geschichte moderner Subjekt-Gestalten vgl. auch Früchtl 2004 sowie Rup pert 1998. 384 Dannemann/Meyzaud/Weber 2018 in Bezug auf Lukács 2009. 381
382
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10.2 Von Nietzsche zu Levinas
vom Über-Menschen keine präfaschistoide Idee, sondern die Formu lierung der dramatischen Aufgabe des vulnerablen Menschen (was unbedingt betont werden muss, um nicht eine falsche interpretative Lektüre-Brille auf den Lauf der Argumentation aufzuhaben), diese Lücke in der auf Freiheit angelegten Einbettung des vulnerablen Menschen zu füllen. Eine responsive Phänomenologie, die ihre grundlegende Refe renz in der post-generösen Ethik bei Emmanuel Levinas finden kann, könnte ein Baustein in dieser Lückenfüllung sein. Der Mensch kann nur Gestaltwahrheit annehmen im Knotenpunkt seiner sozialen Beziehungen. Doch dies ist zunächst im Sinne der Sozialontologie nur ein Satz aus der Theorie der formalen Soziologie der Formen. Des Pudels Kern ist jedoch in der Nachfrage verborgen: Aber von welchem Geist sind diese Beziehungen geprägt: vom Geist der Genossenschaft im Integral des von dem Idealtypus der Liebe geprägten solidarischen Miteinanders oder vom Geist der Demütigung der Würde im Kontext von Herrschaft jenseits des Zivilisationsmodells des sozialen Rechts staates? Das ist hier die Gretchen-Frage. Als Zwischenfazit soll festgehalten werden, dass die Idee der gouvernementalen Regime auch in die Analyse der Sinn-MotivKomplexe von Gabe-Mechanismen eingebaut werden kann. Ob es dergestalt dann zu guten oder bösen Gaben kommt, das ist eine Frage jenseits des onto-anthropologischen Status der Gouver nementalität, und das ist zugleich die Nachfrage, ob der Sinn der Gabe am Maßstab der Würde und insofern ein responsiver Akt der respektvollen Achtung darstellt oder ob die Gabe dem Sinn nach Praktiken der Demütigung verkörpert. Diese im Lichte der Methode der dekonstruktiven Problematisierung gestellte Nach frage ist aber nicht auf der onto-anthropologischen Ebene der Uni versalität gouvernementaler Mechanismus gestellt, sondern fragt nach der historischen Formbestimmtheit in konkreten kulturellen Zusammenhängen der Vergesellschaftung. Wichtig ist mir auch hier die Betonung des inneren Zusammenhangs zwischen der Idee des solidarischen Miteinanders einerseits und dem genossenschaftlichen Formprinzip andererseits. In diesem Formzu sammenhang wird zugleich deutlich, dass Solidarität nicht der letzte Grund der Sozialpolitik sein kann: Sie muss qualifiziert werden durch ihre Zielfunktion: Welchem Sinn dient die Solidarität? Denn es gibt
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10. Die Gouvernementalität der Gabe
auch Solidarität in verbrecherischen oder faschistischen Systemen. Es ist die Gerechtigkeit, die das fundierende Axiom der Sozialpolitik ist. Die Liebe ist hierzu die Kraftquelle.
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11. Die Ordnung der subjektiven Rezeption der Gabe
Das Thema – in zwei Schritten (11.1 und 11.2) zu skizzieren – ist nunmehr die Öffnung des Bicks für das Problem der kommuni kativen385 Missverständnisse zwischen der produktionsästhetischen Perspektive einerseits und andererseits der rezeptionsästhetischen Perspektive sozialen Handelns386.
11.1 Kommunikation zwischen Zwang und Pflicht der Gabe Max Weber (1984) definierte soziales Handeln als ein Handeln aus einem subjektiv gemeinten Sinn heraus, das sich dabei auf andere in seinem Ablauf bezieht. Diese Sicht ermöglicht aus der figurativen Interdependenz heraus, das Gelingen wie das Scheitern der SinnMotivik im sozialen Drama der sozialen Beziehungen zu verstehen. Dadurch kann man dergestalt auch die unbeabsichtige kommunika tive Fehlleistung (man denke im Kontext des Weihnachtsfestes387 im bürgerlichen Wohnzimmer388) von gut gemeinten Geschenken, die aber anders wirken mögen, als es gewollt war (Stauss 2021), ver stehen. Soziologisch zu beobachten sind diese Geschehnisse sodann als kleine (komische wie tragische) Dramen zwischen Seligkeit und Desaster (Kippenberger 2020). Ferner ist zu beobachten: Sehr schnell wird aus dem Schenken eine Dynamik von Zwang und Pflicht (KrafftKrivanec 2004). Das Schenken wird zur aufreibenden Qual, und wenn man dies bemerkt, kommen wiederum Schuldgefühle auf, umgekehrt kommt es zu Enttäuschungen (Schmid 2017).
385 386 387 388
Vgl. auch Schwaiger 2011. Vgl. dazu auch Nungesser 2021. Förrster 2007. Schmidt 2017.
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11. Die Ordnung der subjektiven Rezeption der Gabe
11.2 Die Bedeutung der Rezeptionsdynamik Die eine Seite ist die Motivik der Produktionsästhetik des Gebens. Die andere Seite ist das Skript des inneren Arbeitsapparates des Subjekts der Rezeptionsästhetik389: Was einst Maurice Merleau-Ponty (1976) oder Erwin W. Straus (1956) bereits ausgebreitet haben und heute in der neueren »social cognition«-Forschung zum »sozialen Sinn der Sinne« (Eisewicht/Hitzler/Schäfer 2021) neu entdeckt wird, das ist die Erkenntnis, dass der Satz, wonach menschliches Verhalten nicht mit der objektiven Realität variiert, sondern mit der subjektiv interpretierten wahrgenommenen Realität, nochmals anders tiefer verstanden werden muss (Waldenfels 1998)390: Nicht der Mensch hat Wahrnehmung, die Wahrnehmung hat den Menschen (Wie sing 2009). Geben und Nehmen sind also als komplexe, oftmals in den Ergebnissen ambivalente, auf Symboliken abstellende kommunika tive Interaktionsgeschehensordnungen von hoher Dynamik zu dechiffrieren. Wie kommen – wie man so gerne formuliert und an postalische Zubringerdienst assoziativ denken mag – Geschenke an? Die Unsicherheit über die Passung des Inhalts beeinflusst dann auch die Wahl und die Praktiken der expressiven Formen, der Verpa ckung, aber auch der Art und Weise der atmosphärischen Gestimmt heit der Übergabesituation. Geburtstagslieder framen die Übergabe. Oder es werden romantische liturgische Lichterspiele inszeniert. Oft wird die Kleidung der Situation angepasst. Manche Übergaben sind geplante Feierkulttermine. Andere Übergaben leben vom Moment der unerwarteten Überraschung. Kinder fiebern dem Heiligen Abend entgegen und erleben die Tage zwischen Nikolaus und den Weih nachtstagen als gefühlte Ewigkeit, während die Erwachsenen, die (mit Erich Kästner gesprochen) ihre Kindheit wie alte Kleider abgelegt haben, am letzten Tag sich in die Einkaufsmeilen hetzen lassen und herumirren, hilflos und nervös, weil sie die Lösung des Problems der zur komplizierten Pflicht gewordenen Gabe als Belastung nicht imaginieren können.
Zur Begrifflichkeit vgl. Jauß 1991. Vgl. nochmals in Schulz-Nieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022; Schulz-Nies wandt 2021h. 389
390
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11.2 Die Bedeutung der Rezeptionsdynamik
Ich möchte zu diesem kurzen Kapitel das Zwischenfazit ziehen, dass eine Analyse über die Wirkungen der von einem Sinn-MotivKomplex getragenen Gabe nicht nur die Absichten des Gebens, son dern ebenso die Rezeptionsseite im Sinne der interpretativen Wahr nehmungsstrukturierung als Deutung der Situation berücksichtigen muss. Komplizierte Übertragungs- und Gegenübertragungsleistun gen spielen sich hierbei mitunter ab. Die Motivforschung auf der Seite der Produktion der Gabe wäre also eine verkürzte Sicht, denn der Gabe-Mechanismus umfasst die verarbeitende Aufnahme oder eben auch die Verweigerung auf der Seite der Rezeption, denn der wohlmeinende Sinn der Gabe kann auf einer Fehleinschätzung der Situation oder auf einer Fehleinschätzung des Strickmusters des empfangenden Menschen beruhen.
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12. Die Gabe im Rahmen einer Ästhetik als Kritische Sozialtheorie
Das Ziel dieses kurzen Abschnittes hatte ich bereits im Rahmen einlei tender Vorbemerkungen im Vorwort angesprochen und angedeutet, dass diese Sichtweise später nochmals aufzugreifen sein wird. Hier ist nun der Ort dafür bzw. im Rahmen der Lektüre der Zeitpunkt dazu. Die negative Dialektik, die Theodor W. Adorno (Mittelmeier 2013; 2021) mit Blick auf den Abgrund der Moderne (Jeffri 2019) ent wickelte (Adorno 1966), muss im Lichte seiner Ästhetischen Theorie nochmals neu akzentuiert auf den Begriff gebracht werden. Dazu gehe ich in zwei Schritten (12.1 und 12.2) vor.
12.1 Modallogik der Ästhetik wahrer Lebensform Die Negativität der negativen Dialektik ist die Position der Kritik zwi schen Theorie und Wirklichkeit. Sie verweist dann aber auf eine neue Positivität, wenn die Dialektik als Endogenität der Möglichkeiten, also modallogisch, verstanden wird. Die Diagnose der Negativen Dia lektik konstatiert die Form eines unwahren Lebens, in der der Mensch nicht in humangerechter Art und Weise seine Gestaltwahrheit zum Ausdruck bringen kann. Insofern ist die Überführung der Negativität in eine neue Positivität zugleich die Fragestellung der Ästhetischen Theorie von Theodor W. Adorno (2003), wobei die Kunst – gar nicht so anders gedacht in den kunsttheoretischen Beiträgen bei Martin Heidegger, Hans-Georg Gadamer, Wilhelm Weischedel, Otto Fried rich Bollnow und Romano Guardini – zum Paradigma des Verstehens einer Formfindung der Wahrheitsgestalt wird. Daraus resultiert die Überlegung, ob daher die Kritische Sozialtheorie des Übergangs des unwahren zum wahren Leben nicht den Charakter einer Ästhetik der Lebensformen aufweist.
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12. Die Gabe im Rahmen einer Ästhetik als Kritische Sozialtheorie
12.2 Gestaltwahrheit und die Ästhetik des Hässlichen Die Ästhetik ist ja eine Wahrnehmungslehre sowohl des Schönen wie des Hässlichen 391, die in ihrer Polarität den Definitionsraum der Ästhetik bezeichnet, und sie könnte daher auch in ihrer Analogie zur Ästhetik der Gabe verstanden werden, die demnach in Bezug auf ihren eigenen Definitionsraum zu unterscheiden in der Lage ist, in Hinsicht auf die Gabe als Teil eines »guten Lebens« in Würde einerseits und in Hinsicht auf die Gabe als abgründige Praxis der Demütigung andererseits. Die Strukturanordnung lautet: das Schöne : das Hässliche = die Wahrheit der Würde : die Abgründigkeit der Demütigung. Mit der disharmonischen Klangwelt des Bösen – wie in der Lyrik und Prosa von Elisabeth Langgässer392 in der Reflexion der Nach kriegsliteratur – ist also in der Moderne zu rechnen393, wenn sie nicht in romantischer Haltung eine klassische Antikenrezeption394 unkritisch anhängen will: Das Hässliche gehört zur Wirklichkeit und ist eine Signatur, die die durchaus auch unheimlich erfahrbare moderne Subjektivität hinterlässt. Die Wirklichkeit der Welt kann nicht mehr im Prisma eines naiven Vertrauens auf den schönen, wenngleich tragischen Helden der verklärten Antike gesehen werden.395 Dies betrifft in klassischer
Klassisch: Rosenkranz 2015. Dazu Klemme/Pauen/Raters 2019. Vgl. z. B. Langgässer 1959. Dazu auch Hetmann 1999, Hilzinger 2009 sowie Kranemann 2015 und in Roland 2021. Langgässers Werk ist nur mit hohem Bildungsund Kenntnisgrad der Kultur-und Geistesgeschichte (dazu insgesamt auch Kaluza 2020) deutbar. Allein der Verweis auf Mithras-Gestalt (Clauss 2019) ist hier mit einer bemerkenswerten Komplexität verbunden. Auch Metamorphosen, Torso und Labyrinth waren bei ihr Themen ihrer Daseinsdiagnosen. Daseins-einbettende Land schaften sind ebenso eine Dimension in ihrem Werk: Kirsch 2004. Letztendlich ist sie radikal modernitätskritisch aufgestellt und sieht im Verlust des katholischen Gottesglaubens (Evers 1994) die Ursache aller modernen Katastrophen. Dies stellt eine metaphysische Zeitdiagnose dar: Der Mensch stünde zwischen Gott und Satan. Vgl. auch in Heukenkamp 2000 sowie in Schuster 2016. 393 Ohne hier das Dualismus-Problem zu thematisieren: Terestchenko 2012. 394 Bis hin zu Freud: Benthien/Böhme/Stephan 2011. 395 Dazu auch Faßhauer 2016. 391
392
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12.2 Gestaltwahrheit und die Ästhetik des Hässlichen
Weise die Rolle von Johann Joachim Winckelmann396, der diese Problematik verkörpert. Es geht in der Antikenrezeption nicht einfach um strategische Korrekturen, sondern um eine Remythisierung397 als Ausdruck der hermeneutisch unabdingbaren Arbeit an der Deutungs relevanz der Mythen. Entsprechend finden die alten Götter neue Exile im kollektiven Gedächtnis, der Bedürftigkeit der Menschen in der jeweiligen rezeptiven Epoche dienend. Wenn in Theologien der Gabe die Welt (des »einen«398 Gottes) als Gabe ontologisiert wird, so ist hier dagegen die Welt der heidnischen Götter ein Geschenk, das jede Epoche – in vielen Genres – verarbeitend aufgreifen kann: Mythenre zeption ist hierbei prototypisch exemplarisch für eine Gabe, auf die die Subjekte ihrer geschichtlichen Zeit responsiv in Beziehung treten.399 Die immer schon da-seienden Mythen als Gegebenheiten kollektiven Gedächtbisses werden rezipiert, kreativ verarbeitet, aktualisiert, akti viert, und dies aus dem soziologisch und psychologisch begreifbaren Sinnhorizont zeitgeschichtlicher Betroffenheit. Die Gegen-Gabe ist daher sodann eine dankbare Huldigung. Die reaktiv-responsive Anti kenrezeption ist demnach eine Sinn-Stiftung für den epochalen oder zeitgeschichtlich gebundenen Menschen.400 Mimetik ist – zwischen Imagination und Evidenz401 – hierbei tatsächlich als kreative Arbeit der Wahrnehmung zu verstehen. Man denke auch an das berühmte Werk von Gustav Schwab402. Die gleichzeitige Ästhetik des Hässli chen drückt die gleichursprüngliche Krise der nie nur harmonischen Moderne aus: ein Konflikt mit Widerspruchscharakter, der auch im Werk von Goethe zu finden ist (Schmidt 2022). Die sich an Goethe knüpfende Italiensehnsucht (Maurer 2021) ist mit Blick auf diese Problematik403 ebenso exemplarisch wie die Imagination Griechen Disselkamp/Testa 2017; Hase 2017. Siehe ferner Borbein 2021. Horn 2008. 398 Aus der Fülle der Literatur vgl. Staudt 2011; Keel 2014; Dohmen/Söding 2018. Die ganze Ur-Monotheismus-Debatte soll hier nicht nochmals aufgerollt werden. 399 Vgl. auch Leege (2016), der in seiner Fragestellung allerdings so befangen ist, dass er meine psychoanalytisch-strukturalistische Sicht auf Walter F. Otto (Schulz-Nies wandt 2014b) nicht als ebenso von Erkenntnisinteressen geprägte Rezeption versteht. 400 Vgl. z. B. Knoblich 2014: Drobe 2022. 401 Osterkamp/Valk 2011. 402 Groß 2020. 403 Auch die Entfremdungsproblematik (Mikyung 2003) im Werk von Marie Luise Kaschnitz ist in Verbindung mit ihrer Antikenrezeption zu verstehen (vgl. u. a. Kreutzwald 2007; Weil 2017). Als Beispiel einer christlichen Brille, zumal im Rezeptionskontext nach 1945 vgl. auch Schneider 1947. (Zu Reinhold Schneider 396
397
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12. Die Gabe im Rahmen einer Ästhetik als Kritische Sozialtheorie
lands bei Hölderlin und die ganze Dynamik der Sehnsuchtsorte der Reiseliteratur der Moderne (Schulz-Nieswandt 2021b; 2021d). Das »Wahre« ist, als ontologische Kategorie vor jeder erfah rungswissenschaftlichen Frage der Richtigkeit, also das Schöne des guten Lebens. Und: »Das Schönste ist auch das Heiligste.« (Hölderlin, Hyperion).
Wie in der Kunst, wenn sie Ausdruck einer Gestaltwahrheit wird, so kann es also auch eine schöne soziale Wirklichkeit geben, wenn der Mensch zu einer wahren Lebensform in der Überwindung seiner Entfremdung (Henning 2015) finden kann. Das Zwischenfazit mag lauten: Eine kritische Analyse ist in einem gewissen Sinne angeleitet von einer Ästhetik der sozialen Formen im Lichte des nachfragenden Erkenntnisinteresses, welchen Zielen die Gabe-Praxis manifest bzw. latent wohl dient. Bettet sich die Gabe in die Lebenswelt der Entfremdung als verfehlte Daseinsführung ein oder dienen die Gabe-Mechanismen einer gestaltwahrenden Lebensform des gelingenden sozialen Miteinanders? Gelingt die Kunst der Lebensführung formgerecht oder scheitert der Mensch in seinen Praktiken? Gaben können somit eine vielfältige Klangwelt auslösen. Sie haben eine eigene Melodie, nicht nur dann, wenn das Geschenk eine Spiel uhr ist. Es gibt eben auch kakophone404 Gaben.
vgl. auch Ohlerth 2022). Vgl. auch Resch 2012. Zu einer solchen interpretativen – d. h.: epistemischen – «Filter-Brille« einer christlichen Mythenrezeption vgl. den grundlegenden Beitrag von Hugo Rahner 1957. Bei Kaschnitz war die Frage der Ich-Findung als Arbeit an der eigenen Selbstkonzeption ein zentrales Thema, doch war dies in konstitutiver Art und Weise typisch für den Aufstieg der gesamten Moderne: Schlich/Mehrfort 2007. 404 Adorno 1975.
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13. Ontologie des »Dritten«
Die Beiträge zur Sozialontologie des Dritten (Bedorf 2003) mehren sich.405 Man wird unterscheiden müssen. Reden wir über den Dritten, über die Dritten oder über das Dritte. Auf die Artikel kommt es an. Der/Die/Das: Diese Unterscheidungen sind von uns zu treffen. Ich differenziere das Kapitel in 3 Abschnitte (13.1 bis 13.3).
13.1 Der Dritte, die Dritte, das Dritte 1)
2)
3)
Der Dritte ist in Bezug auf eine soziale Dyade wirklich ein dritter Akteur. In Bezug auf den Antagonismus der bürgerlichen Gesell schaft wäre dies der (soziale) Rechtsstaat – Art. 20 Abs. 1 GG lautet: »Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.« – als regulativer Akteur auf einer Meta-Ebene. Die Dritten wären über Ich und Du hinausgehend weitere Akteure, die – je nach Diffusionskegel in einem räumlichen Sinne – von den (positiven oder negativen) Externalitäten des Handelns erster oder zweiter Personen betroffen sind. Das Dritte, und das interessiert uns hier besonders, ist kein Akteur, sondern eine kulturgrammatische Klammer auf psycho dynamisch fassbarer Grundlage der Vergesellschaftung.
In der vorliegenden Abhandlung geht es nicht um die Varianten 1) und 2). Es geht bei 3) um die übergreifende integrative Logik der kulturellen Grammatik der Situation (Waldenfels 1980), hier der Gabe und der sozialen Praktiken des Gebens und Nehmens. Kein Vertrag konstituiert eine Kultur der gegenseitigen Anerkennung. Diese resultiert als mehr oder weniger fragile Ordnung aus einem eidgenössischen Bund, zu dem sich die Mitglieder der Gesellschaft als 405
Vgl. Fischer 2022b.
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13. Ontologie des »Dritten«
heilige406 Idee zur Gewährleistung der Idee der inkludierenden, also »alle« umfassenden personalen Würde »bekennen« müssen. Was die Soziologie von Èmile Durkheim als die nicht-vertragliche Vorausset zung des Vertrages bezeichnet hat, ist der eidgenössische Bund. Dieser Bund ist die transzendentale Voraussetzung sekundärer Verträge. Was in der neueren Sekundärliteratur als Max Weber-Paradigma (Bahnung der Interessen durch kollektive Ideen strukturationstheo retisch bezeichnet wird, das ist dieser Bund als zum objektiven Geist gewordene Idee, die die vertragsbildenden Interessen bahnt. Daraus resultiert mit Blick auf eine Neuorientierung des Men schenbildes in Richtung auf einen Personalismus die Notwendigkeit der Inversion der Phänomenologie: Der Bund beruht auf der apriori schen Haltung der respektvollen Achtung des vorgängig gegebenen anderen. Diese Haltung ist die habitualisierte Grundlage der dispo sitiven Ordnung der Vermeidung der prometheischen Hybris des idealistischen Subjekt-Idealismus. Es ist Philosophie der Demut407, die den ikarischen Wahn (Koerner 1983) problematisiert: »Wir sind nichts. Was wir suchen, ist alles.« (Hölderlin, Nachlese).
Ganz ohne Zauber als Phänomen der reflektierten Affektordnung – wenn wir nicht in einer »Mittelfinger«-Kultur408 stecken bleiben wollen – dieses eidgenössischen Bundes wird es nicht gehen: Pan ist nicht tot (Adami 2000): »Alle leben sie noch, die Heroenmütter, die Inseln« (Hölderlin, Der Archipelagus).
13.2 Pan lebt! Und das Subjekt ist nicht tot Umkehrt gilt aber auch: Das Subjekt ist nicht tot.409 Es darf sich selbst in seiner Tiefenstruktur – als Unterbau, nicht als Überbau (Hogrebe 2014) – im Verhältnis zur Welt nicht vergessen (Hogrebe 2013). Doch in dieser Beziehung aus sich heraus ist das Subjekt immer eingelassen als ein In-der-Welt-Sein. Insofern ist das szenische Verstehen des Menschen mit seinem tiefenkreativen Unterbau im Verhältnis zur 406 407 408 409
Zum kontroversem Themenfeld vgl. u. a. auch Münchow 2022; Graf 2006. Puchta 2021. Skudlarek 2017. Alvear Moreno 2020; Rölli 2015.
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13.3 Die Hexis des »guten Lebens« der Polis
Welt nicht als Grundlage einer idealistischen egologischen Phäno menologie zu verstehen. Und diese Welt in ihrer »Klanglichkeit« ist ihm vorgängig, was Hogrebe (2019) als »szenisch« bezeichnet, und mag Parallelen in der Psychoanalyse finden, dort, wo man mit Alfred Lorenzer (2006) erkennt, wie die Wechselwirkung der Leiblichkeit des Subjekts einerseits und andererseits das Eingelassen-Sein des Subjekts in die szenische Figuration zu verstehen ist.410 Die Lösung 3) ist in einem gewissen Sinne eine Variante der Lösung 1), nicht akteurs-theoretisch, sondern als praxeologisch zu fassendes Wirken einer Idee gedacht. Die kollektiv geteilte Idee ist das Dritte. Da die Idee nur wirkt, wenn sie sich, womit auch der Themenkreis der Pädagogik411 (Woo 2007) angesprochen wird, ein schreibend einfaltet in die Subjekte im Modus einer Subjektivierung im Sinne der Paideia der Person in der Polis412, ist es eine Regulation der abstrakten Vorstellung einer gesellschaftlich (in Richtung auf i = 1 bis n) hoch skalierbaren Dyade zwischen Ego und Alter Ego, sich ausweitend auf die Lösung 2), wonach viele als eine Mehrheit (m) der Grundgesamtheit von allen (n) involviert werden: I = 1 ….n. M ist die mehrheitsteilmenge von N, wobei gelten muss: m > j, wobei n = m + j. Insofern ist die Lösung 2) eine vervollständigte Ausreifung 1*) von 1). Die Lösung 3) integriert sich in 1*), weil die Vermeidung negativer Externalitäten dem Sittengesetz entspricht, das als Voraus setzung der Ethik der respektvollen Achtung des vorgängigen anderen zu verstehen ist. Also gilt: 2) = 1) → 1*) + 3).
13.3 Die Hexis des »guten Lebens« der Polis Es geht demnach um ein Prinzip der Vergesellschaftung als Hervor bringung einer gemeinsamen Hexis (Kurbacher/Wüschner 2017) als transzendentale (praxeologisch: generativ-grammatische) Tugend der Performativität des »guten Lebens«.413 Es ist das Integral des Vgl. in Schulz-Nieswandt/Bruns/Köstler/Mann 2022. Vgl. auch Meyer-Dräwe 1985. Zur Diskussion einer phänomenologischen bzw. existenzialen Erziehungswissenschaft vgl. auch Brinkmann 2019; Schütz 2017. 412 Klassisch: Jaeger 1975; ferner Summa 2022. Ergänzend auch Ziegler 2022. 413 Gute materielle Bedingungen sind eine notwendige Voraussetzung für eine gelingende Erziehung. Hinreichende Bedingung meint diesbezüglich, praxeologisch 410
411
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13. Ontologie des »Dritten«
Miteinanders, das hier das Dritte ist. Das Dritte meint nicht einen (den) Dritten oder das Dritte als die Dritten. Das Dritte umfasst den und die. Als Zwischenfazit soll festgehalten werden: Das Dritte ist eine regulative (und insofern rechtsphilosophisch fassbare) Idee, die die Ethik des Sittengesetzes implementiert: Das Miteinander »aller« soll als gelebte Polis des Gemeinwesens in genossenschaftsartiger Weise gelingen. Zu diesem Dritten gehört also im Kern die Idee des Bundes, wenn sie von den eidgenössischen Individuen als Mitglieder der Gesellschaft kollektiv als Idee geteilt wird.
argumentiert, die faktische Geschehensordnung der Kultur der sozialen Praktiken: »Auf die Haltung kommt es an!« Und aus der Haltung resultieren die Verhaltensmus ter.
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III. Das System der Gegensatzpaare
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
In verschiedenen Schritten (14.1 bis 14.8) soll in verdichteter Weise, aber auch etwas vertiefend und ergänzend das Fazit nochmals trans formiert werden 1) hinsichtlich des Menschenbildes (der homo repon dens im Kontext weiterer Menschenbild-Aspekte) der vorliegenden Abhandlung und 2) hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Konkre tisierung der Metaphysik.
14.1 Die Gabe in der Wechselwirkung von Produktion und Rezeption Die Gabe (G) ist im interdisziplinären Diskurs in vielgestaltiger Weise ein Thema. Hierzu sind die Prozesse (Schützeichel/Jordan 2015) des Gabe-Geschehens, also die Praktiken des Gebens und Nehmens (PdGuN) zwischen grammatischer Ordnung einerseits und Erfahrungserlebnisgeschehen andererseits als Interpenetration von produktionsästhetischer und rezeptionsästhetischer Perspektive, die beide nicht – und damit auch die Grenzen einer eskalierend radikalen Dekonstruktion aufzeigend – gegeneinander auszuspielen sind, zu verstehen. Produktion (P) und Rezeption (R) sind zwei Pole eines intertextuellen Wechselspiels: P → G (→ PdGuN) ← R. Motivik, Substanz, Mechanismen, die kulturgrammatische und psy chodynamische Logik einerseits und die Rezeption im Sinne eines personalen Erfahrungserlebnisgeschehens andererseits sind hierbei voller Ambivalenzen und auch geprägt von Ambiguitäten polyphoner Art (Waldenfels 1999). Das Spektrum der Formen der sozialen Prak tiken spannt sich zwischen Liebe und Solidarität, die eben auch eine
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
das »Selbst« blockierende Angst überwinden muss418, einerseits und demütigender Macht und »struktureller Gewalt« andererseits auf. Gabe-Mechanismen sind eingespannt in einem Feld ringender Kräfte zwischen Würde und Demütigung. Sie sind Machtverhältnisse, aber auch Medien des soziales Empowerments freier Entfaltung der Persönlichkeiten als gemeinsame Prozesse der Selbsttranszendenz auf den Spuren419 des gelingenden Miteinanders. Die strukturale Anordnung des dynamischen Geschehens mag wie folgt begreif bar sein: Miteinander ← (G → PdGuN) ↔ Appropriation des anderen = Gestaltwahrheit des Daseins Mit-Seins ↔ entfremdete Existenz ↑ Inkludierendes Empowerment ↔ Exklusion des »Monströsen«. Die Haltungstyp-Differenzen sind hier als Funktion der psychodyna mischen Prozesse (vgl. in Schulz-Nieswandt 2013: S. 174 ff.) zu berücksichtigen: Offenheit zur Welt der Alteritäten ↕ Verschlossenheit gegenüber der Fremdheit des anderen Die durch die gelingende Aktualgenese (gAG) ermöglichte Öffnung (O) zum Mit-Sein zeigt ein Gleichgewicht von Ur-Angst (Ur-A) und Ur-Vertrauen (Ur-V) gegenüber dem Ungleichgewicht der Verschlos senheit (V) als Neigung zur Entschlossenheit zur imaginierten oder faktischen Nichtung infolge verfehlter Aktualgenese (vAG): gAG → (Ur-A > Ur-V) → {O ↔ V} ← (Ur-A < Ur-A) ← vAG.
418 419
Dazu auch Anselm 1985. Bloch 2016; Krämer/Kogge/Grube 2007.
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14.1 Die Gabe in der Wechselwirkung von Produktion und Rezeption
Die existenziale Polarität ist letztendlich definiert über sorgende Liebe zur Lichtung im Leben ↔ narzisstische Begierde der Nichtung = konstruktiver Lebenstrieb ↔ destruktiver Todestrieb = Fülle des mitmenschlichen Lebens ↔ Leere der sozialen Sinnlosigkeit. Und daher gilt methodologisch: Die Theorien der Gabe müssen ebenso auf die verborgenen narrativen Skripte hinterfragt werden. Eine angemessene und in der Folge komplexe Theorie der Gabe muss einerseits in empirischer Forschung fundiert sein, andererseits muss sie als kulturgrammatischer Baustein von sozialontologischer Wertigkeit eingebaut werden in eine Theorie der Totalität moderner Gesellschaften, abgekoppelt von romantischen Sehnsuchts-Imagina tionen melancholischer Kulturkritik, aber durchaus als Baustein eines Traumes einer besseren Welt. Festgehalten werden darf als Kernpunkt eines Zwischenfazits die Notwendigkeit, in der Gabe-Analyse die Wechselwirkung von Produktion und Rezeption einzubauen. Die Dialektik von Identität und Alterität bedeutet, dass sich in der Begegnung beide Seiten des Geschehens verändern (Taussig 2018). Wie sollte man anders philosophieren und – konkretisierend – sozi alwissenschaftlich reflektieren, wenn man nicht einen Begriff davon hat, was das Wesen des Menschen im Lichte seiner conditio humana ausmacht? Postmodernes Argumentieren, das diese Sicht radikal verwirft, ist nicht auf dem Stand der Wissenschaft, sondern der ideo logischen Blickverengung verdächtig. Doch nicht negativ-abgrenzend wollen wir unser Thema packen, sondern nach dem Vorne schauend, also konstruktiv. Zum Menschen gehört sein Leiden, seine Vulnerabi lität als Kreatur.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
14.2 Pathosophie des homo respondens Die Ethik vom anderen her zu konzipieren, mag für manche Rezeption mit einer Kritik des Pathos bzw. einer pathetischen Haltung einher gehen. Wird hier nicht der ganz im Sinne von Nietzsche (vgl. in Waldenfels 2006b) kritisierte generöse Moralismus selbst nochmals moralisch hyperbolisch420 eskaliert? Weiter oben handelte ich bereits von dem reflexiven Einwand, diese Radikalität – Fremdheit als her ausfordernder »Stachel« (Waldenfels 1990) – sei eine Zumutung, vielleicht auch eine Überforderung des Subjekts, möglicherweise auch eine narzisstische Kränkung, weil die Für-Sorge als generöser Paternalismus ausgelegt wird. Doch das andere kommt auf uns zu, und wir müssen uns dieser Herausforderung – die ärgerliche Tatsache der Begegnung ist eine ontogenetische Entwicklungsanforderung im Lebenslauf – stellen: »Aufmerksamkeitskonflikte« verweisen auf ein Ethos, wonach wir die Aufmerksamkeit dem anderen schulden, ob wir dies nun wollen oder nicht mögen (Waldenfels 2014). Es geht also um Selbsttran szendenz, ohne erneut wieder über die Brücke zu einer christlichen Philosophie zu gehen, um dergestalt den in der Tat nur vermeintlichen Gegensatz zwischen der sittlichen Autonomie des Subjekts einerseits und andererseits der ethisch geforderten mitmenschlichen Solidarität fundamentalanthropologisch zu überwinden (Arnzt 2002). Mit der Kritik der moralischen Haltung und der Reduktion des aktiven Subjekts auf die responsive Rolle wird das Subjekt zu einem pathosophisch (Weizsäcker 2005)421 fassbaren homo patiens. Denn die pathische Situation (Waldenfels 1980) der menschlichen Existenz wird mit den pathischen Kategorien (Fichter 2007) beschrieben. Gemeint sind: das Will, das Kann, das Darf, das Soll, das Muss. Die inkludierende Idee, die Ethik und mit ihr die Gabe vom anderen her zu denken, gilt ja für alle in der Totalität der Immanenz des Ganzen der Gesellschaft. Dies ist für die Subjekte die Anforde rung, sich auf die Komplexität der höchst denkbaren Interdependenz eines Rezprozitätskristallgitters einzufügen. Dies führt uns zu den Überlegungen des nächsten Abschnitts. Dazu aber erst gleich. Doch warum sollte diese Ethik, die vom anderen herdenkt, im abwertenden negativen Sinne als pathetisch eingeschätzt sein? Das 420 421
Vgl. auch Gfrereis 1999. Vgl. auch Emondts/Holzboog 1993; Jacobi 2012.
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14.2 Pathosophie des homo respondens
Pathische fordert eben dialogfähige Antworten (Waldenfels 2017). Vielleicht sollte man in dieser Perspektivität den Zusammenhang von Aisthesis, Ethos und Pathos im Modus pädagogischer Aufmerksam keit – und somit als Mitsein (im Leiden wie in der Freude422) mit dem anderen (Ohashi 2018) – verstehen lernen (Agonstini 2020). Seit der aristotelischen Position in der Antike423 hat sich das Pathos-Verständnis stark und mehrfach gewandelt (Zumbusch 2012). Heute ist das Phänomen des Pathos einem kritischen Vorwurf des Verdachts auf nicht integre theatralische Künstlichkeit jenseits einer Authentizität ausgesetzt. Zumindest wird zwischen einem angemes senen und einem unangemessenen Pathos differenziert (Khorsand 2021). Aber warum sollte man die Leidenschaften424 (Nussbaum 2016) im sozialen Drama der (oftmals tragischen) Menschen der Polis – trotz aller Ambivalenzen (Kleres 2015; Wirth 2022) im Spannungsfeld von Liebe und Hass, Ausgrenzung und empathischem Mitleid, destruktiver Wut und konstruktiver Empörung425 etc. – ausklammern? Der Mensch kommt nicht vollumfänglich schuldlos durch das Leben als komplexe soziale Interdependenz. Diese Sichtung dreht sich um den homo patiens. Und das Dasein der menschlichen Existenz ist von den pathischen Kategorien geprägt, allen voran das »Muss«, also das Sittengesetz von Kant, also das Müssen und das Sollen, aber auch das Dürfen, wobei immer jeweils die Frage auch in Bezug auf das Können (Kühn 2022) aufgeworfen ist. Festgehalten werden darf als Kernpunkt eines Zwischenfazits, dass neben dem Narrativ einer guten Gabe im Sinne solidarischer Sorge auch die pathischen Spuren in den Gabe-Mechanismen zu erkennen sind: Die Gabe kann mit einem Leiden des Menschen verbunden sein. Einerseits mögen altruistische Opfer erbracht, andererseits aber auch Verwundungen des verletzbaren anderen geschehen. Mit der Betonung des pathosophischen Blicks wird deutlich, wie sehr das Thema ein Thema der ethischen Fokussierung ist: Es geht um das Miteinander im Horizont der Dialektik von Identität und Alterität.
Kühn 2019. Harbsmeier/Möckel 2009; Räuchle/Page/Goldbeck 2022. 424 Vgl. auch Boddice 2020; Schnell 2015. 425 Empörung verknüpft sich ja nicht immer zwingend mit sozialer Gerechtigkeit als Kern des sozialen Fortschritts: Iser 2008. Vgl. ferner Preisler 2021. 422
423
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Es ist ein Thema von Anspruch und Erwartung, von Zumutung und Pflicht, von Freiheit und Verantwortung.
14.3 Inversion der Rechtsphilosophie des Art. 2 GG Inversion der Rechtsphilosophie des Art. 2 GG meint: Man wird die Satzstruktur und in der Folge die Semantik des Art. 2 GG umkehren müssen. Der Artikel – er lautet im Absatz 1: »(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ord nung oder das Sittengesetz verstößt.« – beginnt mit dem Grundrecht auf Freiheit des Individuums im Sinne der freien Entfaltung der Per sönlichkeit u. a. im Lichte von § 1 SGB I. Der zweite Satzteil betont dann das gleiche Grundrecht aller anderen, das zu verletzen eben ver fassungswidrig und sittenwidrig sei. Das Sittengebot ist hier im Sinne des Sittengesetzes von Immanuel Kant als Pflicht des vernunftfähigen und somit zur Moralität freien Menschen auszulegen. Das Grund recht auf Freiheit des Individuums bindet sich also an die Rücksicht nahme auf das gleiche Grundrecht der Mitmenschen als die anderen. Betont werden darf das uno actu-Prinzip dieser rechtsphilosophi schen Ethik: Es gilt für i = 1 bis n. Die sittliche Rücksichtnahme ist insofern die transzendentale Voraus setzung auch der eigenen Freiheit, weil die Freiheit »aller« – und dies im Sinne eines universalen inkludierenden uno actu-Prinzips – gemeint ist. Anvisiert wird also eine gemeinsame soziale Freiheit, somit dergestalt eine Miteinanderfreiheit, die auch im Miteinander durch die mitverantwortliche reziproke Rücksichtnahme ermöglicht wird. Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit muss in der Folge dieser argumentativen Sicht von der empathischen Selbst transzendenz zum mitmenschlichen anderen hin (Harbou 2014) – somit nicht individualistisch, sondern personalistisch – verstanden werden. Entwicklungspsychologisch auf die Psychodynamik abstel lend, ist das Problem der interkulturellen Begegnung immer einge lassen in das spannungsvolle Kräftefeld von Angst, Neugierde und Empathie (Rodenberg 2019).
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14.3 Inversion der Rechtsphilosophie des Art. 2 GG
Der Art. 2 GG vor dem Hintergrund der Ankerfunktion der naturrechtlichen Idee der personalen Würde in Art. 1 GG – der Art. 1 Abs. 1 und 2 lauten: »(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder mensch lichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.« – und der dortigen Tabuierung426 ihrer Erosion denkt also die Ver einbarkeit der freien Persönlichkeit für alle in diesem Sinne in der figurativen Form des Miteinanders der interdependenten Menschen i = 1 bis n. Rechtsphilosophisch gesehen ist Freiheit des Einzelnen also demnach eine bedingte und dergestalt dann eine »soziale« Freiheit, die abhängig von der verpflichtenden Tugend universal reziproker Rücksichtnahme als Ethik der Politik der rechtsstaatlichen Ordnung des Miteinanders ist: Der Anspruch des Fremden rührt an der Idee der Unantastbarkeit (Waldenfels 2007). Es gibt nun zwei Möglichkeiten, diese regulative Bindung des Individualismus zu verstehen: 1) Betrachtet man die Nutzenfunktion (U) als Strategieregime des identitären Selbstkonzepts (SK) eines Individuums, bestehend aus dem Ego-zentrierten Eigensinn (ES) und dies angesichts des am anderen (Alter Ego) orientierten Gemeinsinns (GS) als externe gesell schaftliche Erwartung, so könnte man die Pflicht zur Rücksichtnahme als ärgerliche Tatsache verstehen, die zu einem »trade-off« innerhalb der Nutzenfunktion SK → U = U (ES) unter der Randbedingung der Strukturation durch die externe Restrik tion von GS führt: Wenn ES ↑, dann folgt: GS ↓ und umgekehrt. Oder anders formuliert: Wenn ∂ ES > 0, dann ∂ GS < 0. Hier wird Ego und Alter Ego in einem dualistischen Raum angeordnet, ebenso sind ES und GS getrennte Wertewelten und gleichursprüngli che – einerseits interne, andererseits externe – Kraftfelder.
426
Haselmann 2020.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Denkt man die Nutzenfunktion im Lichte eines personalisti schen Selbstkonzepts SK →U = U (ES; GS), so muss man die interne Abhängigkeit von ES von GS SK = SK (ES ← GS) bedenken. Oder anders formuliert: ∂ SK = f (∂ ES > 0; ∂ GS > 0). D. h.: Der Anspruch des anderen in seiner Fremdheit als Andersheit wird nicht als Identitätsverlust oder Bedrohung wahrzunehmen sein, sondern als Ressource des Humanen zur Bildung von Sozialität (Klein 2010), also als Chance des Menschlichen im Sinne der Personalisie rung. Diese Personalität wird nicht durch die negative Freiheit (Taylor 1988) ego-zentrierter Selbstbehauptung als Möglichkeitsgrundlage begreifbar, sondern durch die Haltung der Fähigkeit der Fremdver antwortung als Sorge für andere. Im Sinne des Paradigmas der responsiven Phänomenologie des fremdartigen anderen von Bern hard Waldenfels geht es also nicht um die ausgrenzende Negativität der (strittigen427) Identitätspolitik, sondern um eine responsive Form von Vernunft (Gmainer-Pranzl/Schmidhuber 2011). Denn im Gemeinsinn ist die soziale Rücksichtnahme zur Erfül lung des uno actu-Prinzips inkorporiert, so dass der Eigensinn die genossenschaftsartige Form der Miteinanderfreiheit in Miteinander verantwortung annimmt. ES und GS stehen also nicht in einem »trade-off«-Verhältnis, sondern sind transzendentallogisch zu verste hen: ES ist modallogisch nur im Miteinander unter dem Dispositiv von GS als uno actu-Prinzip der Inklusion aller zu begreifen. Dies bedeutet auch, dass Identitätspolitik nun die Ermöglichung eines dynamischen Umkipp-Raumes zwischen einem Nebeneinander zum Gegeneinander ermöglicht. Das Miteinander setzt eine gemein same Verständigung (Topçu 2022) und den kulturellen Austausch voraus (Nussbaum 2017), immer – in der Universalität des Rezipro zitätskristallgitters des Ganzen der Immanenz der Gesellschaft – vom anderen hergedacht. Eine Schlussfolgerung drängt sich in der Folge auf: Radikale linke wie radikale rechte Identitätspolitik mögen sich in 427
Vgl. Villa Braslavsky/Stegemann 2022.
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14.4 Zwischen selbsttranszendeter Apparation und apotropäischer Adjektion
der Werte-Struktur divergent und bipolar aufstellen, in der Kultur der sozialen Praktiken konvergieren sie: linker Pol: Werte ↔ Werte: rechter Pol linker Pol: Praktiken → diskriminierende Ausgrenzung ← Praktiken: rechter Pol. So werden dergestalt »trade-off« zwischen Ego und Alter Ego und somit negative Externalitäten generiert, die Pareto-Lösungen und eben auch die vorzugswürdigen Rawlsianischen Teilmengen fairer Allokationsgerechtigkeit damit umgehend und eine interindividuelle Winner-Loser-Figuration induzierend. Zwischenfazit: Dieses Kapitel ist von einer zentralen, weil grund legenden und zugleich Wege-leitenden Bedeutung. Denn nun kann ersichtlich werden, dass der Gabe-Mechanismus in der personalis tischen und dialogischen Einheit von Menschenbild, Rechtsphilo sophie, Ethik und Ökonomik der Ressourcenströme als Problem der Allokationsgerechtigkeit diskutiert werden muss, woraus sich auch Verteilungsmuster in dem Lebenslagen-Relief (Schulz-Nies wandt/Köstler/Mann 2021b) der Felder der Gesellschaft ergeben. Somit ist auch in diesem Abschnitt die Idee zum Ausdruck gekommen, die Metaphysik zur Konkretisierung auf der Ebene der Gesellschafts politik zu bringen. Die Metaphysik wird dadurch nicht gerechtfertigt. Sie hat ihren Grund in der notwendigen Klärung der ontologischen Grundlagen der Erfahrungswissenschaften und bahnt die Erkennt nis der Bedeutung der normativen (rechtsphilosophischen und ethi schen) Maßstäbe, die die empirischen Befunde überhaupt erst zu uns sprechen lassen (Schulz-Nieswandt 2018b).
14.4 Zwischen selbsttranszendeter Apparation und apotropäischer Adjektion Die Titel dieses Abschnittes betrifft die conclusio der Abhandlung: Quo vadis Humanismus428? Die Weiche muss gestellt werden. An der Wegkreuzung muss die Entscheidung getroffen werden. Will man 428
Nida-Rümelin 2016.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
den Weg des genossenschaftlichen Miteinanders gehen oder geht man den Hades-Gang429 des Gegeneinanders der identitären Segmente als sozialer Autismus des postmodernen (also nihilistischen und relativistischen) destruktiven Narzissmus?430 Wenn der Tod (mit Blick auf die Identitätsbildung431) als radikale Kränkung – darauf komme ich gleich zurück – des narzisstischen Subjekts empfunden wird, dann ist das Apotropäische die Haltung der Angst vor dem anderen als Andersheit (Giesen 2021), obwohl wir uns ihm oder ihr verdanken. Die Erinnerung an die Gabe der Geburt – Hannah Arendt sah in diesem Prinzip der »Natalität« die politische Theorie der Freiheit fundiert – als Ermöglichung des Selbst-Gegeben-Seins, um auch zum Status des anderen aufzusteigen, wird ausgelöscht, um sich nicht selbsttransitiv zur Gegen-Gabe zu öffnen: Dieses Subjekt des verstiegenen Narzissmus will kein solidarisches Opfer bringen: Es will besitzen, die Welt in seiner Begierde appropriieren. So ist es eine verborgene Todesangst und die fehlende Souverä nität angesichts des Mysteriums der Endlichkeit, die zur Verweige rung der Alterität führt: Gemeint ist eine reine Angst, die in Ekel umschlägt, um so über die Wut in Hass und in Gewalt umzukippen. Wenn ich nur immer ich selbst sein will und nie auch etwas anderes, dann öffne ich mich nicht, verschließe mich und bin unfähig zur responsiven Selbsttranszendenz hin auf das Ziel des personalisie renden Miteinanders. Ich bin dann selbst schon sozial tot, bevor ich biologisch sterbe, diesmal nicht, weil mich die anderen im Sinne des Disengagements als Modi struktureller Gewalt ausgrenzen, sondern weil ich mich selbst isoliere in der verstiegenen Fixierung auf die Ego-zentrierte negative Freiheit, aus Angst vor der sozialen Freiheit
Vgl. auch insgesamt dazu: Matijevic 2015. Es geht um den verstiegen-destruktiven Typus. Narzissmus (Ermann 2020) kann auch sozial und kulturell produktiv sein und ist Teil der notwendigen Selbstliebe: Schuberth 2018. Es bedarf also der Klärung der Unterschiede zwischen normalem und pathologischem Narzissmus: Kernberg 1983. Heinz Kohut (Butzer 1997) unter scheidet einen gesunden Narzissmus als Ausdruck eines starken und lebensfähigen Selbst, das seine Fähigkeiten erweitern und damit seine Personalisierung vertiefen will einerseits, und andererseits einen pathologischen Narzissmus eines schwachen Selbst, das nur über die theatralische Inszenierung der eigenen heldischen Genialität bzw. expressiven Grandiosität stabilisiert werden kann. Im Versagen verbirgt sich sodann die Quelle zum Umschlag in die depressive Grundgestimmtheit. 431 Vgl. mit Blick auf Rilke: Olsen 2004. 429
430
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14.4 Zwischen selbsttranszendeter Apparation und apotropäischer Adjektion
des Miteinanders. Zur Freiheit muss man – ebenso wie zur Liebe – befähigt sein. Natürlich führe ich dergestalt dann kein wahres Leben, weil ich entfremdet vergesellschaftet wurde, aber dennoch bin ich im Lichte der Ethik des Apriori der personalen Würde des anderen mitverantwortlich: Denn ֦ich könnte«. Ich bin demnach also in der Pathologie meiner Paideia limitiert und dergestalt verformt worden, und ich habe Angst vor der Reifung (Foerster 1954), von der Rilke im »Stundenbuch« dichtete: »mit meinem Reifen reift dein Reich.«,
die mich fordert zur Opferung meines ikarischen Wahns des Prome theus: Ich lehne die Ordnung der Götter – also das Naturgesetz der Harmonie des Miteinanders des Gebens und Nehmens als ein Werden und Vergehen – ab: Das ist Hybris, die uns aber nicht in die Theologie der Sünde, sondern in die geschichtsphilosophische Sozialtheorie der Entfremdung auf psychodynamischer Grundlage führt. Wir benötigen demnach und dergestalt also durchaus eine non-theistische Sozialeschatologie. Das Problem ist eine maligne Dynamik in der Immanenz ohne Transzendenz: Wir zersetzen uns selbst: Nicht Gott wird in der Eucha ristie (Lang 1998) gegessen (Schubert 2018; Kott 1991), sondern wir essen uns selbst auf in der alltäglichen Kultur im Lauf der Dinge, die wir als die Geschichte erleben. Doch die Kritik muss auch eine eigene Grenze bedenken: Nie wird der Mensch allerdings perfekt: Das wäre totalitärer Wahn. Aber wir haben die Freiheit zur Pflicht, an die Verringerung des Delta432 Mehrere große – und interdependente – Problemkreise prägen jedoch die Einschätzung einer Kluft von normativ-rechtlichem SOLL und empirischem IST in dem Blick auf die nähere Zukunft, u. a.: 1) Zeithorizonte und Nachhaltigkeit: Zu konstatieren ist der Mangel langfristiger Zeithorizonte in der Politik und der Kultur unserer Gesellschaft mit der Folge einer brüchigen und nicht nachhaltigen Infrastrukturpolitik. 2) Bildung als Schlüsselfrage: Erforderlich sind Investitionen in eine bislang verfehlte Bildungspolitik insbesondere in Kindheit und Jugend. Dies ist entscheidend für die weitere Entwicklung des Generationengefüges der Gesellschaft. Kinder leben bereits, haben aber zugleich einen hybriden Status mit Blick auf die Rechte noch nicht lebender zukünftiger Generationen. Diese sind als Überwindung der Myopie-geprägten Lebensführung aktueller Generationen in die Allokationsgerechtigkeit advokatorisch einzubeziehen. Aber Kinder reichen in ihrer Lebenserwartung ebenfalls weit in die Zukunft hinein. Vgl. auch Tamoudi/Faets/ Reder 2020. Obwohl sie intra-temporaler Teil der Gegenwart und nicht Zielgruppe 432
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
zwischen dem idealtyischen SOLL (S) einerseits und andererseits dem empirischen, also ontischen IST (I) zu arbeiten: (S – I) = ∆ → min! Diese Differenz als Teil der conditio humana ist tragisch, aber heroisch aufgreifend anzunehmen: Die daraus resultierende melancholische Gestimmtheit und Haltung kann den Weg im unvollkommenen, aber göttlichen Miteinander bahnen, einen Weg, den wir Liebe nen nen, soziologisch: Solidarität, rechtsphilosophisch: Gerechtigkeit als respektvolle Achtung der Würde des anderen angesichts der Vulnera bilität aller Menschen: Gemeint ist eine Einheit von achtsamer Selbst sorge (als Ethik des Selbst) und achtsamer Fremdsorge (als Ethik des anderen)433, die sich – als integrierte Schnittfläche synthetischer (abduktiver) Art – in der Mitte als Miteinandersorge erweist.
trans-generationaler inter-temporaler Advokatorik sind, bedürfen sie der advokato rischen Ethik: Sonst versündigt sich die Gesellschaft an den zukunftsbezogenen Grundrechten der Kinder. 3) Lebensqualität und Klimakrise: Die fehlende Fähigkeit und Bereitschaft, Lebensqualität im Lichte der Herausforderung der existenziellen Daseinsgestaltung als kollektive Entwicklungsaufgabe ernsthaft neu zu definieren in der globalen Klimakrise des Anthropozäns (Scherer 2022; Weber/Höfer 2016), stellt eine destruktive Barriere in den Köpfen der Menschen und sodann in ihren sozialen Praktiken der Existenzführung (vgl. auch Göpel/Redecker 2022) dar (Oberlin 2022b). 4) Gemeinwirtschaft und Gemeinwohlökonomie: Der Mangel an Entwicklungsmög lichkeiten einer Gemeinwirtschaft im kapitalistischen Marktwirtschaftsumfeld und der blockierte Entfaltungsraum für eine Gemeinwohlökonomie (vor allem im Sozial sektor) stellt sich als falsche Rahmung bedarfsgerechter qualitativer Versorgungsland schaften dar. 5) Wohnen und Wohnformen im Sozialraum: Neue Weichenstellungen sind angesichts der fehlenden Bedarfsdeckung des Grundrechts auf bezahlbaren, qualitativen Wohnraum notwendig. 6) Spaltung und Zusammenhalt der Gesellschaft: Die Spaltungen (Risse) in der gesellschaftlichen Kohäsion durch Zunahme sozialer Ungleichheit, Armutsrisiken und Vermögensreichtum erfordern eine integrative, die obigen (und viele andere) Punkte ganzheitlich, interdependent aufgreifende Politik der Neugestaltung der Gesellschaft auf Grundlage kollektiv weitgehend geteilter Visionen und Ideen eines »guten Lebens«. 7) Rechtsstaat und liberale Demokratie: Eine Gegensteuerung angesichts der Brüchigkeit der Idee der Einheit des Gewaltmo nopols des Rechtsstaates mit der Affektselbstregulierung der Bürger (w/m/d) als Zivilisationsidee ist erforderlich. Trotz der deutlichen Wertgegensätze beobachten wir auf der rechtsradikalen Seite ebenso wie auf der Seite linker Identitätspolitik eine Eskalationsdynamik von Wut, Hass, Gewaltphantasien mit einem Umkippen in faktisches Tun. 433 Piorkowski 2012.
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14.4 Zwischen selbsttranszendeter Apparation und apotropäischer Adjektion
Die Toleranz434 des Andersseins hat dabei eine signifikante Grenze: Wenn die innere Logik der universal-inkludierenden Rezi prozität nicht verstanden wird, ist diese Grenze erreicht: Meine helle Idee der Würde umfasst nicht die dunkle Idee, die Verletzung der anderen als Teil meiner Identität – z. B. im Modus des maskulinischen Gesichtsverlustes – verstehen zu können bzw. zu dürfen: Die Toleranz deckt nicht alle sozialen Praktiken nach dem Motto »Andere Länder, andere Sitten« bzw. »Leben und Leben-lassen« – ab. In diesem Sinne müssen Strömungen der politischen Linken verstehen lernen, was die Logik einer liberalen Demokratie ist, die von der politischen Rechten faschistoid zerstört werden soll.435 Die Linke muss an ihrer Lindenau/Meier Kressig 2016; Strenger 2915; Forst 2003. Das Thema der Krise der Moderne und ihrer Demokratie ist kulturgeschichtlich und kulturvergleichend ein ubiquitäres und auch heute noch/wieder ein aktuelles Thema. Ich verweise nur pauschal auf Debatten zum neuen religiösen Fundamen talismus, auf Neo-Tribalismus, auf Gewaltphantasien linker Identitätspolitik als Wut-Hass-Kultur und auf die Strukturanalogie der »Neue(n) Rechte« und dem Rechtspopulismus sowie auf vielerlei Formen »epistemischer Gewalt«. (vgl. auch Bruckner 2021). Die Angststörungen (Kast 2017) und die wahnhaften Wahrneh mungspathologien im Kontext der Corona-Krise macht diese Pandemie zu einem Brennglas der Sozialforschung. Die Spuren einer paranoiden Erzählstruktur unter dem Dispositiv des geheimnisvollen Verdachts wurzelt ja schon in der klassischen Moderne dort, wo die Angst und die Nervosität Strukturelemente einer massenpsy chologisch verstehbaren Konstellation waren. Und heute verbreiten sich komplexe Formen von Verschwörungstheorien. Sollte im Lichte einer Theorie der Entfremdung das Problem in Bezug auf eine positive Weltbeziehung der Subjekte in der miss lungenen inkludierenden Resonanzraumschaffung einer längst post-demokratischen Demokratie begründet liegen? Der Problemdruck mag, soziologisch und sozialpsy chologisch betrachtet, auch aus Strukturen der sozioökonomischen Abkoppelung von Bevölkerungen und aus der Dynamik von regionalen Disparitäten im Zuge eines nicht mehr in der Gefühlswelt kohärent erlebten beschleunigten sozialen Wandels resultieren. Das Problem zentriert sich im Lichte einer politischen Soziologie daher auch um die These von der Erosion des politischen Systemvertrauens. Welche in der Moderne überholt geglaubten Sozialstrukturen und soziale Mechanismen kehren – so die Nachfrage von Michel Maffesoli (1996) mit Blick auf die vermeintlich sog. post modernen Lebenswelten – zurück? Längst wissen wir auch um die Schattenseiten der Zivilgesellschaft. Vor allem ist das Thema des gekränkten Narzissmus der maskulinen Ehrgefühle (Wüthrich/Höfner/Amesbury 2021; Appiah 2011) ein Risiko mit Blick auf die Frage nachhaltiger Stabilität rechtsstaatlicher Rechtskultur. Das sollte auch die Lehre von den interkulturellen Kompetenzen (Schreiner 2013) problematisieren. Es ist auch daran zu erinnern, dass die Sozialkapitaltheorie ressourcentheoretisch zwar in der Sozialpolitik prägende Bedeutung erhalten hat, aber in der Tradition von Robert Putnam (1993) auch für das kritische Verständnis von Demokratie eine tragende Rolle spielt. 434 435
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
eigenen mitunter neurotischen moralistischen Verstiegenheit arbei ten: Anti-diskriminatorischer Krieg ist kein Übergangsstadium zum humanen Miteinander, es ist ein Verbrechen an der conditio humana. Nie rechtfertigt das Ziel alle Mittel. Diese Neurose (Schultz 1955; Horney 1964) der hypermoralistischen Verstiegenheit verweist uns auf eine Charakterschwäche, aber es ist wohl auch ein Problem der Begrenztheit intellektueller Kapazität. Wer aus der Spätpubertät oder Frühadoleszenz nicht aus einer gesinnungsethischen Empörung, verkörpert im hypersensibilisierten436 Habitus der moralkulturellen Überlegenheit, herauskommt, hat nicht die Voraussetzung reifer Verantwortung437 erreicht: So ist die Demokratie nicht zu vertei digen. Verantwortungsethische Achtsamkeit ist mit Blick auf die Zweck-Mittel-Relationalität komplexer und gegenüber den Entwick lungsaufgaben differenzierender. Sie ist auch gegenüber den eigenen inneren Skripten Habitus-sensibel. Ich komme am Ende nochmals auf diesen Punkt zu sprechen. Zunächst will ich auf das Verständnis des Todes nochmals eingehen, mit dem ich diesen Abschnitt begonnen hatte. Ich habe vielfach schon in Publikationen den Tod zum Thema gemacht (vgl. z. B. SchulzNieswandt/Köstler/Mann 2021: S. 109 ff.). Und keine in einer Onto logie und in einer philosophischen Anthropologie fundierten Theorie der lebenslaufbezogenen Sozialpolitik der Lebenslagen kommt ohne die Problematisierung des Daseinsthemas der Endlichkeit aus.438 Pal liative Care und auch das Thema des Suizids (Ahrens 2001) im Alter oder Wandel der Kultur der Trauerarbeit und soziale Praktiken der Orte und der Formen des Beerdigungswesens etc.439 sind dabei inte grierte Subthemen440, immer auch verbunden mit Subtexten in der Sichtweise auf diese Herausforderungen der Kultur. Als Zwischenfazit mag herausgestellt werden: In diesem Kapitel wurden die psychodynamischen Grundlagen der Idealtypen pro gressiver/regressiver Gabe (TdG) als Element gelingender/verfehl ter Daseinspraxis (TdD) in ebenso idealtypischer Weise auf den Begriff gebracht: TdG → TdD. Im Zentrum standen die apparie rende Selbsttranszendenz einerseits und andererseits die Praxis des 436 437 438 439 440
Und auch als ein hypermoralistischer Habitus. Vgl. auch Flaßpöhler 2021. Vgl. auch Kahle/Weidtmann 2021. Vgl. auch Leu 2019. Vgl. auch Krafft-Krivanec 2003. Vgl. insgesamt auch in Wittwer/Schäfer/Frewer 2020.
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14.5 Der Tod als radikale Alterität?
Apotropäischen der Adjektion. Die Personalierungseffekte stehen hier den depersonalisierenden Effekten gegenüber, resultierend aus Haltungen achtsamer Offenheit einerseits und aus Haltungen der appropriativen Verschlossenheit eines egomanen Narzissmus ande rerseits heraus. Neben den inhaltlichen Befunden unserer Argumentation ist es wich tig, auch hier wiederum die strukturale Dimension der Analyse zu erkennen. Es geht um die korrelative Verknüpfung verschiedener Binäriken, die auf verschiedenen Ebenen der Subjekt-Objekt-Bezie hung angesiedelt sind.
14.5 Der Tod als radikale Alterität? Endlichkeit und Sterben (Kruse 2021) als Übergang zum Tod sind endogene Teile des Lebens441 – hier durchaus die Diktion von Martin Heidegger verteidigend, wonach das Sein unvermeidbar ein Sein zum Tode hin ist – trotz der Negativität, die der Tod verkörpert. Daraus resultiert ja auch erst die politische Philosophie der Freiheit als Freiheit der Entscheidungen individueller (privater) und kollekti ver (öffentlicher) Visionen als Entwürfe eines guten Lebens. Denn die Lebensspanne muss in Sinnfüllung gestaltet werden. Nochmals möchte ich auf den Satz von Adolf Portmann zurückkommen, wonach der Mensch in der Differenz zu allen anderen Säugetieren seine Existenz nicht fristen, sondern sein Dasein gestalten und dergestalt führen muss. Der Tod ist dennoch aber nicht die radikale Alterität als das Ganz Andere des Lebens (Han 2002), denn der Tod gehört zum Prinzip des Lebens, das nach Naturgesetzen funktioniert, die man akzeptieren und die man nicht – wie uns der Mythos442 von Orpheus und Euridyke (Mantei 2021; Diagne 2019) demonstriert hat – leugnen und eskamotieren kann. Der Tod ist verstehbar und kann versöhnlich angenommen werden durch das Verstehen seiner schöpferischen Kraft (Reddemann 2019).
441 442
Jacobi/Waschke/Zierz 2022. Vgl. auch in Schulz-Nieswandt 2021b.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Der Tod ist nicht eine reine absolute Destruktivität, sondern die transzendentale Kraft des ewigen Lebens, denn daraus erst resultiert die Ermöglichung des Werdens aus dem Vergehen heraus: So lebt dergestalt das verstorbene Leben in der weiteren Geschichte weiter, weil es im Modus seines geschichtlichen Wirkens nicht ausgelöscht ist, sondern es ist (in der intergenerationellen Gedächtniskultur) ein wenn auch noch so kleiner Teil der weiteren zukünftigen Geschichte, auch dann, wenn die soziale Erinnerung erlischt. Dieses Weiterleben ist aber eben ein Verbleiben im Weltinnenraum der geschichtlichen Zeit (Coccia 2021) ohne Transzendenz und ohne Sehnsucht nach einer entsprechenden Unsterblichkeitslehre443 (Hasenfratz 2012) jenseits des Diesseits (Gäb/Gasser 2022). Mein faktisches Gewesen-Sein kann nicht mit dem Tod sterben. Deswegen ist die lineare Zeit der Sanduhr nur eine Episode im Kreislauf des Lebens, organisiert von der zyklischen Zeit der ewigen Geschichte. Mein Leben war eine Gabe, nun gebe ich das Geschenk zurück und lebe in der Weitergabe des Geschenkes fort. Dasein als die Einheit des seienden Seins ist allgemein zu begreifen als Teilhaben durch Teilen und Wandlung, ist Aufhebung von Innen und Außen, ohne Verlust der Differenz, ist Liebe und Schöpfung, Werden und Vergehen als Einheit des Leben (Weber 2017)444 und ist dergestalt insofern ein allgemeines Naturgesetz: Die Photosynthese ist ja auch eine molekulare Metamorphose und in die ser Weise ein Werden und Vergehen durch Umwandlung, nicht durch endgültige Nichtung, die etwas endgültig zu Ende bringt, sondern als lebensspendende Wandlung. Wie der Tod zum Leben gehört, so ist das Leben in seinen Metamorphosen nicht ohne Eros als Kraftquelle des Schöpferischen zu verstehen. Bei Ovid handelten die Metamorphosen in vielen Variationen vom Thema der Liebe, auch von den dunklen Seiten der appropriativen Formen, die mit Gewalt verknüpft sind. An den Mythos des Schicksals von Daphne (Müller 2020) ist zu erinnern. Und so gibt es den gewaltsamen Tod oder auch die Sterblichkeit im Lichte sozialer Epidemiologie der sozialen Ungleichheit. In diesem Lichte lässt sich manche Rede vom zu frühen Tod – lang vor der angemessenen Zeit, wie es Reinhard Mey in »Schade, daß Du gehen 443 Vgl. dazu Rinser 1975. Hier liegt eine Paradebeispiele für eine komplexe Vermi schung vor: Weisheit, kritische Einblicke einerseits, aber auch Orthodoxie, Anachro nismus, epochale und zeitgeschichtliche Unverständlichkeit, andererseits humanisti sches Engagement. 444 Vgl. dazu auch in Boisits/Rinofner-Kreidl 2000.
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14.5 Der Tod als radikale Alterität?
mußt« besungen hat – verstehen, wenngleich ein anderer Teil (wie bei bestimmten Typen der Krebsmortalität) genetisches Pech ist. Das existenziale Erkenntnisproblem der tragisch-pathischen Menschen ist in der kognitiven Evolution begründet, denn diese Evolution ermöglicht jene Einnahme der exzentrischen Positionalität, die den pathischen Menschen mit seinem metareflexiven Selbstbe wusstsein – und in diesem Blickwinkel angesichts des Schock-artigen Wissens (De Marchi 1988) – um die Endlichkeit hervorbringt. In einem gewissen Sinne kann die Einnahme der exzentrischen Positio nalität auch in ihrer ptholemäischen Art trotz der kopernikanischen Wende verstanden werden. Die kopernikanische Wende (kW) bedeutet für das Selbstbe wusstsein des Menschen: Du bist ein dem in dem ganzen Universum einsam eingestelltes, subsummiertes Wesen der kreatürlichen Vul nerabilität. Dies führt zur Kränkung (Kr). Das ptolemäische Weltbild (pW) bedeutete für das menschliche Selbstbild, dass der Mensch zwar in einem überwölbenden kosmischen Baldachin eingebettet ist (»Du bist der Mittelpunkt der kosmischen Ordnung«), aber hierbei im Zentrum einer Ordnung steht. In der Neuzeit der kW mag dies aus der Erinnerung an diesem Verlust zu einem ikarischen Wahn (iW) führen: (Kr ← kW) ↔ (pW → iW). Der Mensch ist nicht das Zentrum des Universums. Aber er imagi niert es im Wahn des prometgheischen Anthropozäns im Modus ikarischer Hybris. Es könnte auch ganz anders gehen. Die Melancholie ist aus dieser Perspektive als die passende Gestimmtheit und Haltung angesichts der tragischen Existenz des Menschen als Teil der conditio humana zu verstehen. Und so könnte und folglich kann der Mensch den Weg in die versöhnliche Akzeptanz der harmonischen Naturge setze, deren Teil wir sind, finden und einer tröstlichen Einwilligung in die schöpferische Endlichkeit zuneigen. Der Mensch kann, weil er könnte, verharrt aber im Konjunktiv des Könnens. Der alternative Weg bleibt im modallogischen Status des Noch-Nicht. Trotz der Phantasie des Magmas der imaginativen Reflexion sind wir Teil der Natur und nur relativ in der Möglichkeit der positionalen Stellung der Distanz in einem exzentrischen Sinne (sozusagen im Rahmen einer kognitiven Topographie) zu ihr: Nie sind wir außerhalb dieser Immanenz. Das ist das Schicksal, und so schicken (fügen) sich die Dinge zur großen Erzählung vom Leben als Werden und Vergehen als Grundlage alles Weiteren. Der Kreis – besser noch:
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
die Spirale in der dynamischen Dialektik von Zentrifugalität und Zentripetalität, von Systole und Diastole – ist das Paradigma dieser Weltordnungsbild-diskutierenden Analyse. Als Zwischenfazit möchte ich Folgendes festhalten: Wenn man den lebenszyklischen Sinn des Todes als Teil des Lebens begreift, so wird eine Souveränität freigesetzt, die es ermöglicht, sich vertrauensvoll und nicht Angst-getrieben auf die Aufgabe der Lebensführung in der Weltimmanenz der Endlichkeit gestaltend einzulassen. Dies bedeutet die Grundlegung der Haltung der Offenheit zum Mitmen schen hin. Die gelingende Gabe als Bauelement des liebenden Mit einanders ist von der Psychodynamik der Lebensbejahung getragen, die verfehlte Lebensführung ist von der Dominanz der Todesangst getrieben. Und dies ist kein Geschehen in einem euklidischen Raum, sondern in einem Kulturraum, der von der Zeitlichkeit seiner dynamischen relationalen Struktur geprägt ist. Die Polaritätsstruktur des Seins (PdS) verweist auf zwei Pole: 1) auf den Pol der Lebensbejahung und 2) auf den Pol der Lebensverfehlung, auf Eros445 und Thanatos446 der Mythologie, auf den Lebenstrieb und den Todestrieb in der Freud`schen Psychoanalyse (Zagermann 1988). In der reflexiven Auseinandersetzung mit dem Tod erfährt der Mensch nicht nur seine individuelle Vergänglichkeit, sondern auch seine Zugehörigkeit zur Gattung der Menschheit, und der Mensch kommt dergestalt zu der fundamentalexistenziellen Nachfrage nach dem Wesen des Menschen und nach dem Sinn des Seins (Lands berg 1973).
14.6 Der homo ludens/viator/creator/respondens – post-narzisstische Responsivität und kreative Transgressivität In meiner Abhandlung zum epiphanen Erleben in dem Roman »Auf ruhr in Oxford« von Dorothy L. Sayers (Schulz-Nieswandt 2022d) habe ich mich mit Hugo Rahners kleiner, aber dichter Abhandlung über den homo ludens, der uns begrifflich vor allem von Johan Hui 445 446
Full 2008. Willinghöfer 1996.
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14.6 Der homo ludens/viator/creator/respondens
zinga (1981) überliefert ist, im Lichte der einschlägigen Bezugslitera tur kurz beschäftigt. Der homo ludens hat viele Facetten. Hier interes siert seine transgressive Fähigkeit, die auch im Kontext der Rezeption von Johan Huizinga (2014) diskutiert wird. Diese Transgressivität als Fähigkeit des Subjekts ist ein bleibend bedeutsames Strukturelement im Verständnis des Subjekts der responsiven Phänomenologie. Der homo respondens ist kein depersonalisiertes Wesen reiner Passivität. Wenn die Welt sich entfaltet, indem es das Subjekt anruft, dann muss der homo respondens ja in der Lage sein, zu reagieren, nicht als reizbare triviale Maschine einer automatischen Input-Out put-Logik hydraulischer Mechanik, sondern als homo creator (vgl. nochmals in Schulz-Nieswandt 2022d). Mit absolut fehlender Wil lensfreiheit und mit einem Fatalismus im Kontext eines determinis tischen Schicksals (Weinhardt 2018) hat dies nichts zu tun. Die Kraftquelle hierzu ist ein Motiv-Komplex aus Neugierde, aus Offen heit, Empathie, Sinnbedürftigkeit447. Der Mensch ist in diesem Sinne ein homo viator (Röbel/Schüßler 2021), von dem u. a. in existenzialer Signatur auch schon bei Gabriel Marcel (1949) die Rede war.448 Die Unabgeschlossenheit – eine Daseinsmetaphorik – des Menschen ist aus der Perspektive eines sozialen Lernens in der Geschichte eben auch eine Chance zum Werden weiterer Entwicklungen.449 Der Mensch wird und wächst in weiteren Kreisen einer Reifung wie die Jahresrinde der Bäume. Während der Schnitt durch den Baumstamm aber den Automatismus und Determinismus der Entelechie des Bau mes aufzeigt, ist der Mensch als Konjunktiv charakterisiert. Auch der Baum kann vor seiner Entfaltung verkümmern und absterben. Aber er hat keine Freiheit der Entscheidung. Er ist Natur ohne Geist. Beim Menschen hängt alles von der Kultur seiner Vergesellschaftung ab. Er ist, um mit Adolf Portmann zu sprechen, ein später Nestflüchter. Arnold Gehlen nutzte einen falschen Begriff, um das Richtige aus zudrücken: Die mangelnde Instinktgebundenheit, also das geistige Potenzial des konjunktiven Menschen, ist kein Defizit des Menschen als biologisches Mängelwesen, sondern im Gegenteil seine Stärke. Der homo institutionalis, politicus, socialis, culturalis oder wie immer er bezeichnet wird, ist zu einer evolutionär dominanten Spezies im Anthropozän geworden, weil er als Kulturwesen extrem fähig ist, sich 447 448 449
Lutz 2021. Vgl. auch Elias 2022. Schlögl 2014.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
und, also transaktional, seine Ökokontexte innovativ anzupassen, also akiv-gestaltend sein Defizit nicht nur zu füllen, sondern in wachsenden Ringen die Ordnungen der Dinge zu überschreiten. Durch die transzendentalontologisch begreifbare Obdachlosig keit des Menschen in der Moderne ist diese Sinnbedürftigkeit in einer epochal anderen Formbestimmtheit zu verstehen als in der vormo dernen Tradition. Doch die Konstitution einer kohärenten Welt, die verstehbar, handhabbar und eben sinnhaft ist, also der »sinnhafte Aufbau der sozialen Welt« (Schütz 1993), ist keine Leistung des monadologischen homo clausus, auch nicht ein interaktionistischer Mechanismus der Intersubjektivität als demiurgische Maschine der Kommunikation. Es ist eine inverse Subjekt-Objekt-Dialektik, die als asymmetrische Dialektik zwischen der Vorgängigkeit einer expres siven Welt und der Responsivität des Subjekts zu modellieren ist. Dabei ist die Transgressivität, die sich in der Kreativität einer selbst transzendenten Apparation als Hinwendung zum »anderen« (als Mitmensch oder als Dinge) hinzeigt, die konstruktive Alternative zur Destruktivität einer apotropäischen Adjektion. Die Polarität der modallogischen Aufstellung wäre wie folgt darzustellen: sozialer Frieden ← {Mit-Sein} → passive Abwehr → aktive Gewalt. Mit der selbsttranszendenten Apparation beschreite ich Übergangs räume, mich selbst dabei im dadurch werdenden sozialen Mit-Sein personalisierend. Im Modus apotropäischer450 Adjektion betreibe ich einen Dämonenabwehrzauber (Böcher 2013) aus der dunklen Tiefe einer neurotisch verstiegenen Angst vor dem Monströsen (Geisenhanslüke 2009; Emmrich 2020) heraus, das ich zu meinem konstruierten Bild vom Anderssein des anderen mache.
450
Dazu nochmals Schulz-Nieswandt 2021f; 2021g.
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14.7 »Metaphysik konkret«
Dieser Abschnitt, so mein Zwischenfazit, hat nochmals die anthro pologischen Grundlagen der responsiven Phänomenologie verdich tet zum Ausdruck gebracht. Ihr fehlt es an der Neigung zur Hybris. Der homo respondens kennt das Risiko der Demütigung, verfolgt diese aber nicht mit Absicht, auch nicht unbewusst, wenn die gou vernementale »Paideia« die rechten (also: humangerechten) psy chodynamischen Haltungsdispositionen generiert hat. Der homo respondens demütigt nicht, weil er selbst ohne Selbsterniedrigung gelernt hat, was Demut ist: Respekt und Achtung vor dem Leben des anderen. Auch in diesen anthropologischen Dimensionen kommt die Binärik der strukturalen Sichtweise wirksam zum Ausdruck.
14.7 »Metaphysik konkret«: Fundierung der Vertikalität redistributiver Sozialpolitik und der Horizontalität der Mutualität der Genossenschaft Man wird es schaffen müssen, den Weg von der Metaphysik der »gemeinschaftlichen Gesellschaft« – ein paradox anmutender Begriff, der aber seinen ontologischen Sinn hat451, weil es ohne Vergemein schaftung auch in der modernen Gesellschaft nicht geht – zur kon kreten Soziologie der Formen des Miteinanders zu begehen. Als Idealtypus gedacht, ist das Miteinander im Sinne der neueren sozi alpolitischen Debatte der Sozialraum-Bildung452 und der Pflege der Sozialraum-Entwicklung (Heerdt 2021; 2022) vom genossenschaftli chen Formprinzip geprägt. Dabei spielen der redistributive und regu lative Staat und die Gesellschaft (Markt, Zivilgesellschaft, Familie) ineinander in der sozialen Wohlfahrtsproduktion.453 Die Metaphysik, vorliegend einerseits als moderne Naturrechts lehre der personalen Würde, andererseits als dynamische Prozesson Hildebrand 1955; Hengstenberg 1949; Welty 1933. Dazu auch Geyer 2022. 453 In der Genealogie dieser von Intervention, Kooperation und Interpenetration geprägten dualen Lehre von Staat und Gesellschaft geht meine Sicht mitunter auf die Rechtsphilosophie von Georg Friedrich Wilhelm Hegel und der Staats- und Gesellschaftslehre von Lorenz von Stein im 19. Jahrhundert zurück. Vgl. u. a. SchulzNieswandt 1992. 451
452
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
tologie der Geschichtephilosophie des Noch-Nicht der konkreten Utopie einer ästhetischen Theorie der negativen Dialektik angespro chen, muss »am Ende des Tages«, also zur Vorbereitung des Fluges der »Eule der Minerva«454, konkrete Gestalt annehmen: »Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenrots?« (Hölderlin, Hyperion)
Und dies betrifft – weil hiermit die Frage betreffend, wie der Gemein sinn des eigensinnigen Subjekts in Gemeinwohl transformiert werden kann (Schulz-Nieswandt 2022a) – 1) die Sozialpolitik als Kraftzen trum der Sozialordmung (Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2021b) als Teil der gestaltenden (und in diesem Sinne den sozialen Wandel choreographisierenden455) Gesellschaftspolitik sowie 2) die Rolle der Gemeinwirtschaft, hier insbesondere die besonders humangerechte Form der Genossenschaft als (neben der Privatwirtschaft) ein Kraft zentrum der Wirtschaftsordnung, die zugleich eine »Sozialpolitik von unten« (Schulz-Nieswandt 2022c;vgl. auch in Blome-Drees 2022) darstellt. Die Genossenschaft ist ein hybrides Gebilde, sowohl in der Gemeinwirtschaft456 als auch in der Privatwirtschaft zu Hause. Die Hybridität liegt, morphologisch gesehen, einerseits in der Möglich keit, das Identitätsprinzip (Identität von Eigentum und Nutzung seitens der Mitglieder) in vollumfänglicher Reinheit oder auch mit der Möglichkeit der Nicht-Mitglieder-Nutzung zu mischen. Ande rerseits kann der förderwirtschaftliche Auftrag öffentlich relevante Güter und Dienstleistungen umfassen und somit in die Gemeinwirt schaftlichkeit des Wirtschaftens hineinwachsen, andererseits kann es sich auch um private Güter und Dienstleistungen handeln, die der Privatwirtschaft zuzurechnen sind. Aber sowohl in der Sphäre der Gemeinwirtschaft wie in der Sphäre der Privatwirtschaft ist die Genossenschaft von besonderer unternehmensmorphologischer Art: Sie ist eine demokratische – und somit humangerechte457 – Form des Wirtschaftens in der Polis-artigen Modalität der Selbstverwaltung als Governance selbstorganisierter Selbsthilfe.
454 455 456 457
Petersen 2015. Huschka/Siegmund 2022. Ferner auch Begemann/Rietmann 2011. Schulz-Nieswandt 2020b; 2020c, 2021a, 2022c. Instruktiv: Schött 2021.
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14.7 »Metaphysik konkret«
Öffentlich – so auch sozialpolitisch – relevante Aufgaben werden jenseits des genossenschaftlichen Formprinzips in seiner Geometrie des Horizontalen auch im vertikalen Typus der Reziprozität im Modus des Wohlfahrtsstaates458 gewährleistet bzw. sichergestellt. Die Meta pher des Horizontalen ist der runde Tisch der Solidarordnung als Mahlgemeinschaft der Augenhöhe. Die Metapher des Vertikalen ist der Himmel als Wohnort des transzendenten Gottes bzw. der Sternenhimmel als Ewigkeitsort der mythischen Helden und Ahnen bzw. die Sonne als Symbol der lebensspendenden Kraftquelle oder auch der Berggipfel als Opferkultort. Auch diese herrschaftliche Form der Vertikalordnung ist Gabe-theoretisch459 im Rahmen des legiti men staatlichen Zwangs (Steuer, Sozialbeiträge, Gebühren) fundiert, da es sich teleologisch um eine Politik der dedistributiven Allokati onsgerechtigkeit des sozialen Rechtsstaates handelt. Es gibt eben vertikale wie auch horizontale Reziprozität. Beide Formen können Solidarität erzeugen, wenn das Gerechtigkeitsprinzip im Modus der Reziprozität nicht äquivalenz-orientiert gedacht wird, sondern als bedarfsdeckungswirtschafliche Redistribution. Die genossenschaftliche Form460 der selbstorganisierten Gegen seitigkeitshilfe in Selbstverwaltung der Bürger*innenschaft ist aber dagegen morphologisch als horizontale Form der Gabe-fundierten Reziprozität organisiert. Es ist die Sozialpolitik der Wohlfahrtsge sellschaft. Vertikalität und Horizontalität als die euklidischen Vek toren prägen einen möglichen Kooperationsraum zwischen Staat und bürgerlicher Gesellschaft461, indem Wohlfahrtsstaat und Wohl fahrtsgesellschaft zusammenwirken im sog. »Welfare-Mix« im Sozialsektor, in dem einerseits die professionellen Formen der Infrastrukturgewährleistung (und hier wirkt auch die Öffentliche Wirtschaft462 hinein) und andererseits die informellen Ressour cen des bürgerschaftlichen Engagements in der Sozialraumbildung und Sozialraumentwicklungspflege im Rahmen der Daseinsvorsorge wirksam zusammenkommen. Böhrnger/Hitzler/Richter 2022. Vgl. nochmals Schulz-Nieswandt/Micken 2021; Schulz-Nieswandt/Micken/ Moldenhauer 2022a; 2022b. 460 Vgl. Blome-Drees/Göler von Ravensburg/Jungmeister/Schmale/Schulz-Nies wandt 2022. 461 Vgl. auch in Schulz-Nieswandt 2019c. 462 Mühlenkamp/Krajewski/Schulz-Nieswandt/Theuvsen 2019; Schulz-Nies wandt 2014c. 458
459
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Der, auch Zeitstrukturen (im Sinne der Myopie-Problematik der Meritorik463 privat mindergeschätzter, gesellschaftlich aber in expliziter Höhe wertgeschätzter Güter und Dienstleistungen sowohl in Bezug auf die gegenwärtig lebenden oder in Bezug auf die zukünftig kommenden Generationen) berücksichtigende post-euklidische kul turelle Raum der Organisation der Produktion sozialer Wohlfahrt (im Zusammenspiel von Staat464, Markt, Familie, Zivilgesellschaft) weist verschiedene Vektoren, Sphären, Dimensionen, Normativität, Telos auf: Vektoren (V): 1) Herrschaftliche Vertikalität: Staat (S) ↔ Gesellschaft465 (G) 2) Bürgerschaftliche Horizontalität: Mitmensch ↔ Mit mensch (B) Sphären (S): 1) Gemeinwirtschaft (GW) ↔ Privatwirtschaft (PW) 2) Sozialraum = f (S/G; B; GW/PW) 3) Öffentlicher Raum ↔ privater Raum 4) Urbane Räume → rurale Räume 5) Kultur → Wohnen/Mobilität ← Natur Dimensionen (D): 1) Kurze Zeithorizonte (Gegenwart) ↔ lange Zeithori zonte (Zukunft) 2) Sozialstruktur = f (Klasse und Milieu, Alter und Generatio nen, Gender, Diversity) 3) Private Güter ↔ öffentliche Güter Normativität (N): 1) Solidarität → Chancengleicheit → Freiheit 2) Würde = f (Selbstbestimmung, Selbstständigkeit, Teilhabe) Telos: 1) Selbstsorge → Miteinandersorge ← Fremdsorge 2) Selbst-Sein → Mit-Sein ← Für-Sein 3) Miteinanderfreiheit in Miteinanderverantwortung. 463 Die Meritorik ist aber im Modus der Dialogizität vom Leitbild des Empower ments geprägt. 464 Politik ist komplexer zu sehen als ein politisches System, incl. der Dispositive und der Formationen der implizierten Diskursordnungen, Funktion der Medienland schaft usw. 465 Gesellschaft umfasst Wirtschaft/Märkte, Familie in allen Formen primärer Verge sellschaftung, Freundschaft/Partnerschaft, Nachbarschaft, Zivilgesellschaft, Kirchen.
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14.7 »Metaphysik konkret«
Man erkennt 1) die Möglichkeit einer Verknüpfung von vertika ler Herrschaft und horizontaler Genossenschaft im Sozialraum der humangeographischen Räume zwischen Kultur und Natur, Stadt und Land, in 2) Bezug auf privat bzw. öffentlich relevante Güter und Dienstleistungen der Gemeinwirtschaft (in öffentlicher, freier oder genossenschaftlicher Trägerschaft) bzw. Privatwirtschaft (mit oder ohne soziale unternehmerische Verantwortung im Sinne einer Stakeholder-Ethik und eines bürgerschaftlichen Unternehmensenga gements) im 3) Sozialraum als Umwelt des Wohnens angesichts der Gestaltungsaufgabe hinsichtlich der Sozialstruktur als Ausdruck des sozialen Wandels in 4) Blick-Richtung auf das Telos des Mit-Seins auf der Grundlage der personalen Würde im dynamischen Kontext der Zeithorizonte. Das Telos466 des Mit-Seins beruht auf einer Miteinandersorge (als Synthese von Foucault’scher Selbstsorge einerseits und Fremd sorge im Sinne von Hannah Arendt andererseits) als »objektiver Geist« der Kultur der Miteinanderfreiheit im Kontext der Mitein anderverantwortung, wie es als »Geist der Gesetze« der konstitu tionellen und positiven Rechtsregime codiert bzw. kodifiziert ist. Die eben nicht nur »einspringende«, sondern auch »vorspringende« Sorge erscheint hier durchaus im fundamentalontologischen Sinne als Existenzial des Seins.467 Der seinstiefe Sinn und der alltagspraktische Zweck dieser auf ein »Mit-Sein als Miteinander-Sein« angelegten Sorge ist die Freiheit als Entwurf468 des Selbst in der Zeitlichkeit des Lebens im Kontext der vorgängigen Geschichtlichkeit der Situation. Die Grundlage dieses komplexen Zusammenhangs von Freiheit und Verantwortung im kohäsiven Wirkkreis des Integrals des Mitein anders stellt die Normativität der Idee der personalen Würde mit den semantischen Dimensionen der Selbstständigkeit, der Selbstbestim mung und der Teilhabe dar. Diese Normativität ist die Negativität der Demütigung mit der Semantik der Praktiken der Kränkung, der Bevormundung und der Ausgrenzung.
Eben auch als Maßstab der Vermessung der Innovativität von Innovationen: Chardey/Möbius/Schulz-Nieswandt 202/23 sowie Schulz-Nieswandt 2021i. 467 Dazu auch Mortari 2022. 468 Hier weniger an die Ontologie von Jean-Paul Sartre als vielmehr an die Ontologie des gebundenen, weil »geworfenen und dennoch mit Blick auf dingliche wie kognitive Liminalitäten transgressionsfähigen Entwurfs« bei Martin Heidegger angelehnt. 466
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Die Architektur dieser morphologischen, auf die äußeren, ober flächlichen Strukturen und auf die inneren, tiefen Sinnfunktion abstellenden Wirklichkeitsanalyse weist folgende Ordnung auf: N (1, 2) = (V [1, 2]; S [1 – 5]; D [1, 3]) → T [1, 2]. Sozialpolitik hat eine doppelte Sinn- und Funktionsstruktur: Sie ist einerseits auf die gegenwärtige Lebenslagenverteilung kompensato risch, also ausgleichend und in diesem Sinne reproduktiv orientiert. Sie ist daher 1) apollinisch auf die Statik der Ordnung fixiert. Sozial politik ist andererseits zugleich dionysisch (Schulz-Nieswandt 2015c) geprägt und insofern 2) vorrausspringend, nicht nur einspringend definiert. In dieser Hinsicht ist sie (nicht im neoliberalen Sinne des »Enabling State«) investiv und dient der dynamischen, transgessiven, Wandlungs-orientierten, nicht einer statischen sozialen Reproduk tion. Das Gelingen des Miteinanders in der sozialen Reproduktion (sozR) benötigt die Praxis der Ethik der sozialpolitisch, also auf 1) reaktiven (kompensatorischen: Komp) Sozialschutz in Bezug auf 2) die Gegenwart (G) der Lebenslagenverteilung (Aspekt der Statik S) und in Bezug auf die auf die Zukunft (Z) angelegte proaktive und somit investive (Invest) Befähigung (Aspekt der Dynamik D) ange legt gedachten Sozialpolitik (Sopo) der Solidarität als transzendentale Voraussetzung des Miteinanders, aber eben auch eine demokratische Formbestimmtheit der Kultur der damit verbundenen personenzen trierten, aber immer zugleich Sozialraum-bildenden sozialen Dienste als Infrastruktur (»Capacities« [C] der Generierung von »Abilities« [A] im Sinne des »Capability«-Ansatzes).469 Formal ausgedrückt: Sopo (A; C) = f {(Komp [→ G] + Invest [→ Z]) → sozR (S; D)} Abilities (A) im Sinne von subjektiven Kompetenzen einerseits und Capacities (C) im Sinne von objektiven Möglichkeitsräumen anderer seits stehen also dergestalt in transaktionaler (im Sinne einer Interak tion: ↔) Beziehung (tB) in der Form der Wechselwirkung zueinander: tB: →A ↔ C. Aus der realisierten Wechselwirkung entstehen selektierte, konstru ierte und faktisch gelebte Aktivitätsräume. Das muss alles auf ontoVgl. auch in Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2021a; 2021b; 2022. Dazu als Primärbezüge: Nussbaum 2015 und Sen 2000; 2020a.
469
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14.7 »Metaphysik konkret«
anthropologischer Grundlage rechtsphilosophisch durchdekliniert werden. Letztendlich geht es aber um die Bewältigung des sozialen Dramas der Alltäglichkeit des Alltags des konkreten Menschen. Dies muss im Namen der Humangerechtigkeit einer formbestimmten Kul tur der Epoche und Zeitgeschichte begriffen werden. Die Frage lautet: Hat der Mensch eine Chance auf einen Daseins-wahren gelingenden Lebenszyklus (Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2022)? Oder muss er aus Gründen der Verteilung transzendental relevanter Ressour cen scheitern? Es geht also um Gerechtigkeit in der Allokation der Chancen und um die dazu erforderliche redistributive Verteilungspolitik in Bezug auf die Lebenslagen im Lebenslauf. Dieser Konkretisierungs- und somit Praxis-Bezug ist mir wichtig: Denn so grundlegend die Rolle der Philosophie ist, sie muss dem Alltagsleben der Menschen im Wandel der Geschichte reflexiv dienen. Worum geht es in der Sozialpolitiktheorie (Schulz-Nieswandt, Köstler/Mann 2021b)? Die architekturkonstitutiven W-Fragen einer höheren Sozialkunde: Wer bekommt Was, Wie, Wo, Wann (W1 bis W5) reichen nicht hin. Es geht grundlegend – existenzial – um die sozialen Risiken, die man zugleich über den Lebenszyklus470 Das betrifft unser Verständnis der Formen des Verlaufes des Alterns. Verschiedene Aspekte sollen differnziert beachtet werden. 1) Die Menschen werden nicht nur im Durchschnitt (mit einer u. a. von sozialer Ungleichheit geprägten) interindividuellen Varianz älter. Auch die Art und Weise (die Formen des Verlaufs) des Alterns haben sich verändert und sind ebenso von einer interindividuellen Varianz geprägt. Wichtigste Determinante ist die Bildung (korreliert mit Einkommen, Wohnen etc.) des Menschen in seiner Wechselwirkung zur Umwelt im Lebenslauf. 2) Auch intraindividuell altern die Menschen differenziert anders: ökonomisch, sozial, kulturell, ökonomisch, recht lich, seelisch, geistig, spirituell etc. Alle Schattierungen sind vorhanden: mehrdimen sional positiv, mehrdimensional negativ und dazwischen Mischlagen. 3) Besonders bedeutsam ist die Hochaltrigkeit und die zunehmende Langlebigkeit: Dort nimmt die Verletzbarkeit (Vulnerabilität) zu, z. B. im Fall von Alzheimer-Demenz und Netz werklosigkeit. 4) Mitunter wird von einem kompetenten Altern gesprochen. Mit der Kompetenz der Person wächst die Betonung höherer Sinnschichten von Lebensquali tät, vor allem partizipativer Art im Sinne der Teilhabechancen. Die älteren Menschen wollen eine bedeutsame Rolle in der Gesellschaft spielen (sog. Generativität). Dies dürfte auch demokratiepolitisch bedeutsam sein. 5) Als defizitär muss die Situation der Wohnformen im Alter eingeschätzt werden. 5a) Immer noch dominiert die Dichotomie: Privat-häuslich (mit oder ohne Vernetzung) oder bei Pflegebedürftigkeit der Umzug in die stationäre Langzeitpflege (Heim). Dazwischen haben wir eine gravierende Lücke alternativer Wohnformen (Hausgemeinschaften, Wohngemein schaften und andere Formen gemeinschaftlichen/alternativen Wohnens. Das ist nicht 470
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
hinweg systematisch durchdeklinieren muss, die man dann aber auch sozialkonstruktivistisch und figurationssoziologisch471 im Rahmen eines rekonstruktiven Realismus einer wissenssoziologisch fundier ten Praxeologie reflektieren sollte. Die tiefer gehende Frage lautet: Wann sind Risiken und die damit verbundenen wohlfahrtstheoreti schen Probleme der Externalitäten öffentlich relevant (öRdR) und treten infolge ihrer formativen Diskursordnung sodann in eine Ver rechtlichungskarriere im politischen System ein? Erst dergestalt kann man sich der fundamentalkonstitutiven Frage »problematisierend« stellen: »Warum« (W6) sollte man Sozialpolitik als Teil gestaltender Gesellschaftspolitik als Ermöglichung einer »Miteinanderfreiheit in bedürfnisgerecht. 5b) Wir benötigen sozialraumintegrierte Wohnformen mit hoher Formendifferenzierung als Grundlage von Wahlfreiheiten. Eine Vielfalt der Wohnfor men ist die Grundlage für frei gewählte Formen der Daseinsführung bis ins hohe Alter hinein und stellen die notwendige Voraussetzung für selbstständige Selbstbestim mung teilhabender Art als Grundrecht der Menschen dar. 5c) Die Lebensqualität steigt mit dem Grad der inkludierenden Teilnahme an Netzen sozialer Beziehungen. Mit der Ausgrenzung der Menschen wird das Wohlbefinden der Menschen in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht gefährdet. 5d) Ältere Menschen brauchen keine »Sonderwohnformen«: Das ist ausgrenzend und stigmatisierend. Sie sollen genauso normal wohnen wie die anderen Menschen (obwohl manche Normalität auch zu problematisieren ist). Sie sollen in ihrer Nachbarschaft integriert, wenngleich mit spe zifischen Hilfesystemen unterstützt, leben, also ihr Leben führen, nicht ihre Existenz fristend, sondern ihr Dasein gestaltend. Teilhabe, Mobilität, Bedeutung haben: Das setzt Integration im sozialen Leben voraus. Dies hat sodann einige Folgen für die Frage nach geeigneten Wohnformen: Nicht aussondern in – wenngleich mitunter hoch entwickelten – stationären Formen (da gibt es auch Abgründiges) sollte als Praxis dominieren, sondern »mitten im Leben« soll der alte Mensch stehen, in sozialen Beziehungen mit den anderen Mitmenschen, nicht sich zurückziehend oder zurück gezogen werden in abgeschlossenen oder verschlossenen Räumen, wo es einsam wird. In Generationenwohnhäusern, in Wohngemeinschaften oder – durchaus allein, aber nicht einsam-alleine – in nachbarschaftlich gut vernetzten Privathäuslichkeiten. 6) Eine zentrale Rolle spielt das Soziaraum-Denken. Der Sozialraum ist nicht da, er muss gebildet werden. Es geht um Netzwerkbildung und um Sicherstellung von Mobilität und sozialer Infrastruktur im kommunalen (lokalen, regionalen) Raum im Wohnumfeld des Wohnens. 7) Das wiederum kann man nicht einfach den Märkten überlassen. Da reicht auch nicht im engeren Sinne ein Qualitätsmanagement. Wir müssen integrierte Räume entwickeln. Das ist die Aufgabe der kommunalen Daseins vorsorge in Kooperation mit den Sozialversicherungen (Kranken- und Pflegekassen). Schlussfolgerungen: Wir müssen raus aus dem obligatorischen Kontrahierungszwang der Kassen: Die Pflegestrukturplanung definiert, was wir im Lichte der obigen Antworten als Bausteine einer Vision des »guten Lebens« benötigen – und was eben nicht (z. B. einfach nur mehr Heimbettenkapazitäten). 471 Vgl. auch Goudsblom 1979.
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14.7 »Metaphysik konkret«
Miteinanderverantwortung« betreiben? Formaler und letztlich auf Freiheit (F), Gerechtigkeit (G) und Solidarität (S) abstellend, darge stellt: (W1 + W2 [öRdR] + W3 + W4 +W5) ← W6 (F [G → S]). Und dann kehren wir auch wieder zur Grundierung in der Meta physik zurück: Dabei kann man nicht umhin, hermeneutisch die anthropologisch (Onto-A) fundierten rechtsphilosophischen (RPhil) Konturen des Mehr-Ebenen-Systems der Rechtsregime heranzuzie hen: die UN-Grundrechtskonventionen (UN), das EU-Recht (EU), das bundesdeutsche GG, das System der Sozialgesetzbücher (SGB), die Gesetzgebung der Länder und die Rolle der kommunalen Sozial politik: W6 = f (Rechtregime [UN, EU, GG, SGB] ← RPhil ← Onto-A). W6 ist die fundamentalkonstitutive Grundlage für die kohärente Architektur von W1 bis w5: W6 → (W1 bis W5). Und sodann geht das Thema über in das Gebiet der Gemeinwirt schaftslehre. Eine Einbettung in das politische System, dabei den Staat (St) und die Zivilgesellschaft (ZG) – allerdings den Stand der neueren politischen (auch der französischen und italienischen) Theorie entsprechend – umfassend, müsste nunmehr als Darlegung folgen, sodann eine Sozialökonomik des Mehr-Sektoren-Modells (MSM) der Wohlfahrtsproduktion (WP) zwischen Gemeinwirtschaft (GW) in öffentlicher (öW), freigemeinwirtschaftlicher (fgW) und genossenschaftlicher (genoW) Hand und Privatwirtschaft (PW mit und ohne Social Responsibility: SR), hierbei wiederum auch die informellen Systeme der mitunter Gabe-anthropologisch fundierten Moralökonomik (z. B. auch der Familie472 F) einbeziehend. Hybride Gebilde sind hier ebenso von Interesse wie die Suche nach »heteroto pen«473 Entwicklungen: WP= f (MSM)= f (St, PW [+/- SR], GM [öW, fgW, genoW], ZG, F).
472 473
Vgl: auch Winnocott 1984. Schulz-Nieswandt 2016a.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
Dabei ist morphologisch mit Blick auf die Ordnungen der Reziprozität (Rez) zu beachten, dass diese sowohl vertikal (V) als auch horizontal (H) codiert sind: Rez = Rez (V; H in MSM). Diese sozialökonomischen Perspektiven kann man im ganzen Anthropozän-Kontext474 perspektivisch nicht ausklammern. All dies kann hier kein umfassend dargelegtes Thema werden. Es muss aber thematisch angeführt werden, also auf die Agenda gesetzt werden. In diesem Abschnitt wurden, so soll mein Zwischenfazit ausfallen, die Bausteine einer sozialen Geometrie der Idee des genossenschaft lichen Miteinanders skizziert. Ohne die Notwendigkeit der vertika len Reziprozitätsökonomik des Wohlfahrtsstaates (als »Sozialpoli tik von oben«) zu verwerfen, betonte die Betrachtung die horizontale Idee des genossenschaftlichen Miteinanders in einem wohlfahrts gesellschaftlichen Sinne. Damit eröffnen sich Perspektiven (SchulzNieswandt 2022c) einer »Sozialpolitik von unten« und die Idee der Sozialraumbildung im Horizont kommunaler Daseinsvorsorge. Die Kommune kann in diesem Sinne als sozialräumliche Rechts- und Hilfegenossenschaft (Schulz-Nieswandt 2013) definiert werden. Aus der Praxis-orientierten Konkretisierung, die immer noch auf einem mittleren Niveau abstrakt ist, wird man wieder zurückkommen müssen zur Ebene der Metaphysik, um die Grammatik der SeinsStruktur des seienden Seins der Empirie zu verstehen: Es geht um Formfragen, dabei den Weg zum Ziel ebenso im Auge behaltend wie das Ziel selbst.
14.8 Form als Einheit von Weg und Ziel Es geht um ein »gutes Leben« (gL). Das ist aber eine Form, die sowohl Weg (W) als auch Ziel (Z) im Modus einer Einheit (E) ist: gL = E (Z + W). Nicht der Weg ist das Ziel, das mitunter und im Lichte uralter Philoso phie wohl oftmals auch. Ich habe dies (vgl. auch in Schulz-Nieswandt 474
Scherer/Renn 2015; Hanusch/Leggewie/Meyer 2021.
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14.8 Form als Einheit von Weg und Ziel
2014a) als den doppelten Formcharakter (dF) des genossenschaftli chen Prinzips dargelegt, auch im Kontext ontologischer Überlegun gen zur Prozessdynamik der Geschichte (Schulz-Nieswandt 2018a; 2020a). Genossenschaft ist insofern ein »Werk«, das in seiner Form ein Sinngeschehen ist.475 Damit bewegen wir uns auf Rilkes poeti sches Weltbild (Klima 2019)476 hin: Das menschliche Dasein wird hier als ein in seiner Lebendigkeit sich wandelnder und in endogener Dynamik sich selbst (Welt-immanenter) tragender autonomer Pro zess verstanden, womit ein solches Dasein die Identität von Werden und Sein darstellt.477 Selbst die Figur des Engels (nach dem Tod Gottes und in der Suche nach einem über sich hinaus wachsenden Men schen, der die transzendentale Obdachlosigkeit füllen kann478) wird zur schwebenden Liminalität innerhalb der von der Begegnung479 geprägten Weltimmanenz des Daseins, deren »orphisches«480 Para digma (auch in der neueren Rilke-Deutung481) die Musik ist.482 Es handelt sich um die (nicht auf einen Funktionalismus483 der Form reduzierbare) Doppelnatur der Form 1) als expressive Form (eF) der Ausdrucksgestalt484 eines Wesenskernes (also dF): Instruktiv im Sinne des Transferdenkens dazu Jankovic 2022. Allein die neuere Rilke-Forschung ist schwer zu überschauen. Für mich sind, wie in anderen Publikationen von mir angesprochen, die Interpretation der Daseins problematik bei Rilke durch Romano Guardini (vgl. auch Gloy 2020; Betz 2015; Fischer 2014) immer noch wegweisend. Dies berührt Fragen von Kontinuität und Bruch zwischen der elegischen Dichtung und der nachelegischen Phase seiner späten Lyrik. Vgl. auch Por 2005; 2016a; 2016b. 477 Ruffini 2022. 478 Kluwe 2003. 479 Kerckhoven 2020. 480 Aulich 1997, Por 1997. 481 Vgl. auch Dietzfelbinger 2020. Vgl. dazu vor allem auch Neymeyr 1999. 482 U. a. Egel 2014; Martinec 2019. 483 Stöckmann 2022. 484 Im gewissen Sinne verweist uns der Begriff der Ausdrucksgestalt auf eine topo logische Struktur: Ausdruck ist immer ein Merkmal der performativen Außenseite des generativen Außenraums, wenn man horizontal denkt, oder – wenn man vertikal denkt – die Oberfläche der Tiefe. Vgl. auch anregende Aspekte in Lersch (1955) in Bezug auch »Gesicht und Seele«. Bei Klages (1968: S. 22) können wir dort anknüpfen, wo er die Ausdrucksgestalt (A) als Performativität einer Bewegung (B) versteht, die durch einen Willenssakt (W) der Persönlichkeit (P) des Menschen definiert: P → W → p (B) → A. Die Innen-Außen-Relation wird auch bei Portmann (1965) als topolo gische Grundlage des Verstehens einer Gestalt als Gefüge von Formen (S. 34) genutzt. Lesenswert ist das Vorwort von Heinz Friedrich dort: S. 13.18. Zu Friedrich vgl. Fried rich 2006. Und obwohl er durchaus den Schein als sichtbare Erscheinung des Wesens 475
476
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
dF = dF (eF; pF). Dabei wäre also die performative Funktion (pF) der Form einzubauen. Sodann geht es dergestalt 2) um die generative Form, die den Wesens kern überhaupt erst zur sozialen Wirklichkeit (sozW) als Performanz entfaltet. Es geht demnach um eine Einheit von Weg und Ziel, von Generativität (Gen) und Performativität (Perf). Die Semantik der Sinnfunktion (SdS) des ganzen Geschehens ist demnach semiotisch eingefügt zwischen Grammatik (Regeln der Erzeugung) und Pragma tik (das Tun als Erzeugung im Sinne der performativen Praxis). Weder ist nur der Weg das Ziel, noch geht es allein um das Ziel am (offenen) Ende des Weges: Semiotik: ([Gen → Perf] → [SdS] → sozW). Beide Kategorien – der Weg und das Ziel – sind als dialektische Einheit zu denken. Das Telos ist zugleich der Weg: Es geht um eine Philosophie des Miteinanders, definiert in der Genossenschaftsartig keit der sozialen Form. Das Miteinander ist eine Form, die Weg und Ziel zugleich ist. Die Wirklichkeit muss – humangerecht – gestaltet werden. Die Geschichte kann als Entelechie gedacht werden. Dabei käme eine gewisse sozialesoteriologische Dimension im Rahmen einer genera tiven prozessdynamischen Ontologie (gPD) sozialeschatologischer Art in Form der Spurensuche (Bloch 2000) einer konkreten Utopie zur Wirkung: gPD = Geschichte = ([Entelechie → Metamorphosen] → || → Telos). Es geht mir um die Substitution der Theologie durch eine wissen schaftlich fassbare Sozialeschatologie. Dies bedeutet zwingend auch, dass die Forschung und Lehre der Wissenschaft Werte-orientiert ist. Diese Werte bestimmen das Erkenntnisinteresse, das nicht nur auf empiristische Richtigkeitswahrheit, sondern – diese einbettend – auf eine ontologische Wahrheit der seinstiefen Gestaltqualität des Menschen ausgerichtet ist. Diese Werte sind nicht privaten Usprungs, als Einheit der Differenz versteht, betont er doch den Eigenwert der Formen und der Gestalt (S. 17), wobei die sichtbare Gestalt nicht einfach nur »Fassade« sei (S. 35). Vor diesem Horizont als Hintergrund ist auch der Satz zu verstehen, den ich bei Portmann lesen durfte, wonach das Tier seine Existenz nur fristen kann, der Mensch aber sein Dasein gestalten und führen muss. Dies ist nur begreifbar, wenn die hohe Kulturleis tung menschlicher Gestaltwahrheit zum Thema wird.
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14.8 Form als Einheit von Weg und Ziel
wenngleich sie auch Objekt privater Selbst-Identriikation sein kön nen und sollten. Diese Werte sind die zur objektiven Geiststruktur kristallisierten Ideen des modernen überpositiven Naturrechts der rechtsstaatlichen Rechtsregime. Doch sind mit Blick auf die soziale Verwirklichung des Naturrechts die Metamorphosen als der Weg zum utopischen Ziel keine Automatismen (||) einer deterministischen Entelechie. Das Symbol »||« bezeichnet in der formalen Darstellung meiner Gedankengänge die möglichen Bruchstellen der Entelechie in der Zeitstruktur der menschlichen Geschichte. Die Entelechie definiert sich nur als Potenzial. Zu ihrer zur Wirklichkeit werdenden Entfaltung muss das Potenzial über die Metamorphosen der mensch lichen Kultur hinweg aktualisiert werden durch Aktivitäten in der geschichtlichen Praxis. Diese Gattungsgeschichte ist strukturanalog zur Ontogenese im Lebenszyklus zu verstehen. Das Geschehen star tet mit einem Potenzial und verläuft über eine Vergesellschaftung als lebenslange Sozialisation (hierbei sowohl die Enkulturation als auch die Akkulturation485 umfassend). Hier kann die Potenzialentfaltung gelingen oder auch scheitern. Entstehen kann dergestalt einerseits der homo donans (P1) oder auch andererseits der homo abyssus (P2). Beide Gestalt-Figuren gehören zum Potenzial der Phylogenese (verstanden als Gattungsgeschichte im Sinne der Kollektiventwickung) ebenso wie der Ontogenese (verstanden als individuelle Biographie) im Spektrum zwichen den Polen P1 und P2. Die Entelechie funktioniert nicht als ein Automatismus der modernen Naturrechtslehre von Freiheit, Gleichheit, Solidarität (Schiller 2016). Geschichte ist eben, dies ist die Begründung, keine autopoietische Maschine. Diese Werteordnung ist von dem MetaAxiom der Kraftquelle der Liebe geprägt, und sie ist auch geknüpft an die Kompetenz der Vergebung, der Versöhnung, der Gelassenheit (was nicht zynische Ignoranz meint) als Dimensionen einer funda mentalen Haltung in einer Kultur des Miteinanders.486 Hier ist, als Zwischenfazit formulierbar, eine grundlegende und Wege-weisende sozialontologische Einsicht evident geworden: Das Miteinander ist eine regulative Idee als ein den Zwischenraum regu lierendes »Drittes«, das wiederum in der Idee des eidgenössischen Bundes verankert ist. Dieser ganze Zusammenhang ist transzen 485 486
Dazu Zick, 2010. Vgl. auch Gerl-Falkovitz 2016.
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14. Vertiefende Ergebnissicherung
dentallogisch zu verstehen: In der Genossenschaftsidee des Mitein anders jenseits von Individualismus und Kollektivismus kommt in der personalistischen Tradition der Dialogizität des menschlichen Daseins im expressiven Modus ihrer Gestaltwahrheit die Einheit von Ziel (genossenschaftsartiges Miteinander als geschichtliches Telos) und Weg (genossenschaftsartiges Miteinander als generative Praxis der Performativität des Zieles) zum Ausdruck. Man wird sich diesen Befund in aller Tiefe einer Reflexion vergewis sern müssen: Der epistemologische Weg der Metaphysik führt uns morphologisch zu einer konkreten Ebene der ontologisch fundierten Idee des genossenschaftlichen Formprinzips. Hier wird der Mensch zum Menschen in dem Sinne, dass der Pol P1 stärker aktiviert wird als der somit rückläufige Pol P2 der menschlichen Natur. Wer an Gott aus guten Gründen nicht glauben mag, kann hier doch noch eine pro fane Göttlichkeit des Wirklichwerdens des konjunktiven Menschen bestaunen. Daher geht es hier auch nicht um Kirche, sondern um den sozialen Rechtsstaat in seiner Angewiesenheit auf eine inklusiv codierte Zivilgesellschaft. Um die schwer nachvollziebare Paradoxie der Idee der Sakralität der Person als metaphysischer Anker der Ordnung der Freiheit nochmals zu steigern: Diese Profanität der Göttlichkeit sollte uns heilig sein. Dies wiederum bedeutet aber im Kern, über diese heilige Idee einen eidgenössischen Bund zu schließen. Ich erinnere daran: Auch Atheisten bescheinigen in ihrer dialogischen Liebe den jeweils anderen ihre Göttlichkeit. Mitunter beten sich ich und Du und Du und Ich als Ego und Alter Ego im geteilten Zwischenraum ihrer Begegnungs-Beziehung an. Dabei ist aber immer auch daran zu denken, dass diese Innigkeit der Einheit in der Diffeerenz als Ordnung der Herzen doch auch reflektiert sein sollte, um sich nicht neurotisch zu versteigen. Es sollte nicht um eine regressive Symbiose gehen. Der Ring ist tatsächlich ein Symbol der Dialektik von Einheit und Differenz.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Nicht zuletzt im Lichte des Konzepts der »strukturellen Gewalt« kann ich die innere Verbindung zu meinen Ausführungen zum Ringen zwi schen den Kräftefeldern der Würde einerseits und der Demütigung andererseits und zur sozialen Freiheit im Sinne des Sittengesetzes von Art. 2 GG herausstellen. Wie gesagt, so gehe ich nun im jetzt eröff neten Kapitel 15 in 6 Schritten (15.1 bis 15.6) vor. Mein im Verlauf der vorliegenden Abhandlung zum Ausdruck gekommenes Verständnis von Liebe kann ich auch im Rekurs auf José Ortega Y Gasset (1933) nochmals pointiert darlegen. Ich lasse dazu dessen Ausführungen zur Psychologie des Verliebt-seins und zur Psychologie der Geschlechter zur Seite, greife sie also nicht auf.487 Es gibt eine längere Passage bei Ortega Y Gasset (1933: S. 97–108), die viel interessanter ist, und da geht es um eine eher onto-anthropolo gische Ebene der Begriffsverständnisbestimmung. Entgegen der Eng führung der Liebe auf das Thema der Erotik, muss, so Ortega Y Gasset, das Thema »in ihrer vollen Allgemeinheit ins Auge« (S. 97) gefasst werden. Liebe in diesem allgemeinen Sinne ist nicht die Form des Besitzen-Wollens von Objekten, an die man daher nicht aus einer Ökonomik der Begierde heraus geradezu aggressiv ergreifend heran tritt (S. 99), sondern, und dies ist sehr nahe an meinem Verständnis von Selbsttranszendenz in Richtung auf den anderen hin verstanden: »Die Liebe ist vielleicht der höchste Versuch, den die Natur macht, um das Individuum aus sich heraus und zu dem anderen hinzufüh ren.« In Kontrast zu der Ökonomik des Wunsches, sich »den Gegen stand zu mir zu ziehen«, gilt der Satz: »in der Liebe werde ich zu ihm hingezogen.« (S. 100) Auf die Reizung durch den anderen reagiere
487 Interdisziplinär pendelnd zwischen dieser allgemeinen Sichtweise und der Psy chologie der Erotik der Geschlechter, mitunter im familialen Kontext, ist der Beitrag von Allendy (1975) einzuschätzen.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
ich (S. 102): Ortega Y Gasset nennt dies eine Reaktion »in zentrifu galer Richtung« (S. 103). Nun legt er im Zuge und in der Folge seiner weiteren Schritte der Argumentation dar, dass diese zentriguale Richtung sowohl der Liebe als auch dem Hass eigentümlich ist (S. 203). Dabei ist ferner inner halb dieser Strukturgleichheit in der Bewegungsdirektionalität den noch die substantielle Qualitätsdifferenz zu betonen. »Wenn wir lie ben, geben wir die Ruhe und Seßhaftigkeit in uns selbst auf und wandern virtuell in den Gegenstand aus. Und dieses unaufhörliche Hinüberwandern heißt Liebe.« (S. 103) Auch der Hass ist zentrifu gal (S. 104), aber »den radikalen Unterschied« (S. 104) wird man erkennen müssen. Der »Sinn« sei verschieden, also die »Absicht«: Der Haß geht gegen das Objekt, sein Sinn ist negativ. Die Liebe geht mit ihrem Objekt, sie bejaht es.« (S. 104) Die Frage ist also: »Was tut die Liebe mit ihrem Objekt?« (S. 105) Einerseits, andererseits muss gefragt werden: Was macht der Hass mit seinem Objekt? Ich argumentierte in der Antwortfindung im Rahmen suchender Reflexion mit der Figur des homo respondens dergestalt, dass seine Gabe aus ihrer inneren Bezogenheit auf die Vorgängigkeit des anderen in seinem Anspruch auf Respekt, Achtung, Anerkennung, Wertschät zung usw. zu verstehen ist. Ortega Y Gasset, um auf ihn zurückzukommen, spricht von »Vereinigung« (S. 106). In der bleibenden Differenz ist man in der Liebe (und die Freundschaft sei hier zu nennen: S. 106) symbolisch immer bei ihm: »unsere Seele scheint sich wunderbar auszudehnen, Entfernungen zu überspannen, und wir fühlen uns, sei er wo immer, in einer wesenhaften Einheit mit ihm.« (S. 106) Der ebenso zentri fugale Hass ist der Gegensatz: »nur das völlige Verschwinden des Gehaßten brächte Befriedigung.« (S. 108) »Haß ist Vernichtung und virtueller Mord« (S. 108). Nur die Liebe ist das ewig Schöpferische.
15.1 Würde und Rechtstaat sowie Kränkung und Vergeltung Die möglichen Kränkungen als Teil des Phänomens der Demütigung sind in der verbalen wie nonverbalen488 Kommunikation, in Sprech 488
Senarclens de Grancy 2015.
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15.1 Würde und Rechtstaat sowie Kränkung und Vergeltung
akten wie in Mimik489 und Gestik (der Mittelfinger, der Scheibenwi scher-Symbolik der Handbewegung, die hämisch herausgestreckte Zunge etc.) in sozialen Praktiken eingelassen. Die auf moralökonomi scher – Ökonomie ist jenseits der, wenngleich hegemonialen Markt ökonomik eine anthropologische Kategorie (Bataille 2021), die in die conditio humana eingelassen ist490 – Solidarität und befähigender Chancengleichheit transzendentallogisch aufbauende Idee der »Mit einanderfreiheit in Miteinanderverantwortung« als eidgenössischer Bund setzt den sozialen Frieden voraus, in dem auch diese Freiheit im Horizont sozialer Gerechtigkeit eingebettet ist. Es gibt keine nachhaltige gemeinsame Freiheit, wenn es am sozialen Frieden als Entfaltungskontext mangelt. Sozialer Frieden wiederum hängt an dem Wirken kollektiv geteilter sozialer Gerechtigkeit. Die kommuni kative Verständigung über diesen Komplex von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit muss im Bund verankert sein. In diesem perspektivischen Kontext kann besser verstanden werden, wie das Monopol des Rechtsstaates (sozR) auf legitime Gewalt (lG) von zivilisationstheoretischer Bedeutung ist und folglich eine institutionelle (»kon-stitutionelle«) Ordnung (konO) in einer 1) die Kultur sozialer Praktiken (KsozP) sowie 2) die psychohistori schen Entwicklungen des Ich-Apparates (I-A) integrativ umfassen den Weise darstellt.491 In der modernen Demokratie knüpft sich dieses Gewaltmonopol an die Gewährleistung der Sicherstellung des natürlichen Rechts der personalen Würde (W) »Aller« (A = i = 1 …. n), letztendlich aus der »Ehrfurcht vor dem Leben« und seiner Bio-Vielfalt sowie dem universalen Prinzip der Nächstenliebe heraus: W 0=W (Ai = 1 … n) ← G[R] ← konO [KsozP + I-A]). Dabei spielen u. a. die Rechtsprinzipien der Gleichbehandlung (mit unter auch im Modus »positiver Diskriminierung«) und der Transpa renz sowie der Minimierung von Korruption eine besondere Rolle. Man wird verstehen müssen, dass eine soziale Ordnung des Zusammenlebens in Raum und Zeit als eine symbolisch vermittelte 489 Klassisch ist das Thema (Krüger 2013) vom Weinen (Möhrmann 2015) und vom Lachen (vgl. auch Prütting 2013). 490 Dazu auch Dierksmeier/Hemel/Manemann 2015. 491 Mag sein, dass mein hier vorliegendes Buch das Schicksal von Winnetou im Kontext der epistemischen Gewalt post-kolonialer Kritik kultureller Aneigung in der Form des Vorwurfes des Eurozentrismus teilen wird. Die goldene Regel ist bekanntlich universalgeschichtlich-globalen Ursprungs.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Ordnung – also als Ordnung der »Ligaturen« (Hogrebe 2022) – letzt endlich integrativ zusammengehalten wird durch eine »Ordnung der Gewalt«. Eine solche sittliche Ordnung der Freiheit mithilfe des Rechtsregimes des sozialen Rechtsstaates hat, kulturarchäologisch betrachtet, seine genealogischen Wurzeln in der sog. Goldenen Regel der globalen post-neolithischen492 Achsenzeit493 und ist bis heute nicht zu trennen von der Idee der empathischen Haltung respektvoller Achtung in der Ordnung der Reziprozität des Mitmenschen als Ver meidung negativer Externalitäten (zu denen stigmatisierendes »Othering« gehört) und als Förderung positiver Externalitäten syste misch sensibler und sorgender Achtsamkeit in der Interdependenz des sozialen Zusammenlebens. Kulturgeschichtlich früh wurden derge stalt die Fragen der Wohlfahrt und der Gerechtigkeit im Zusammen hang mit dem »Tun-Ergehens-Zusammenhang« mit Blick auf den Funktionszusammenhang von Freiheit und Verantwortung reflek tiert. Sozialer Frieden knüpft sich hier an eine personalisierende Ethik der Gerechtigkeit des sozialen Zusammenlebens. Als kurzes Zwischenfazit möchte ich festhalten: Hier werden die Rechtsphilosophie des Rechtsstaates und das Sittengesetz der Ethik mit der Dynamik antagonistischer Psychodynamiken (Würde und Demütigung als Pole im Kräftefeld) mit Blick auf die Problematik von Externalitäten als Themenkreis verknüpft. Bemerkenswert ist, wie sich hier eine Schnittfläche zwischen Rechts philosophie, Ethik und Ökonomie ergibt. Das Pareto-Kriterium in der ökonomischen Wohlfahrtstheorie im Zusammenhang des angeblich wertfrei nur auf Effizienz der Allokation abstellenden Analyse ist gar kein schwaches normatives Kriterium reiner Ökonomik, sondern ist zu verstehen im Lichte des von Sittengesetz geprägten Verfassungs rechts.
492 493
Scharl 2021; Mahlstedt 2011. Assmann 2020. Zum Hintergrund auch: Parzinger 2016 sowie Bellah 2021.
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15.2 Die doppelte Semantik und die zwei Formen des Othering
15.2 Die doppelte Semantik und die zwei Formen des Othering Aus der Perspektive einer Phänomenologie der Responsivität wird man jedoch dann auch m. E. zwingend den Doppelcharakter des Othe ring verstehen müssen. Keine Identität ohne Alterität und vice versa. Identitätsbildung und somit die Sozialität insgesamt funktioniert nicht ohne Othering. Es geht ja um das Denken vom anderen her. Das ist das onto-anthropologische Prädikat des Othering. Auf einer onto-anthropologischen Ebene der Theopriearchitektur ist Othering als konstituierendes Alterierung die Anerkennung des Du, nicht apriori eine stigmatisierende Ausgrenzung. Die onto-anthropologi sche Idee der Subjektivität des Subjekts ist ja auch nicht apriori identisch mit bestimmten historischen Formen der Subjektivierung. Die onto-anthropologische Idee der Subjektivität des Subjekts ist ja auch nicht apriori identisch mit bestimmten historischen Formen der Subjektivierung. Diese ontologisch-ontische Differenz nicht verstan den zu haben, ist das theoretische Zentralproblem fundamentaler Art des antihumanistischen Postmodernismus.494 Der Sprechakt des anthropologischen Verständnisses der Alte rierung als Othering lautet: »Du bist als ein Du ein Anderer.« Davon zu unterscheiden sind die erfahrungswissenschaftlich konkre ten Motiv-Sinn-Zusammenhänge in den sozialen Praktiken in Raum und Zeit. Insofern muss man 1) anerkennende bzw. inkludierende und 2) stigmatisch-diskriminierende bzw. exkludierende Praktiken hermeneutisch unterscheiden lernen. Dies gilt auch für den kulturel 494 Jetzt erinnere ich mich an ein Seminar im Institut für Sozialanthropologie und Sozialpsychologie der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Es war irgendwann in meiner Studienzeit zwischen 1978 und 1983. Ein Mitarbeiter bot ein Seminar zu Althusser an. Es ging um die radikale Ablehnung von Anthropologie im Strukturalismus von Althusser. So war jedenfalls die Erwartungshypothese des Mitarbeiters. Er bekam Gegenwind, weil wir von Leo Kofler geprägt waren. Dialektik bedarf einer Anthropologie der formalen Voraussetzungen der Geschichte, die über die Konkretisierung des Menschen entscheidet. Der Dozent verwechselte Anthropologie mit dem Subjektivismus des bürgerlichen Individualismus der Neuzeit. Ob er wohl seine Dissertation hoffentlich abgeschlossen hat? Ich erinnere mich nicht an den Namen. Er konnte die Differenz nicht durchdenken, die zwischen der Ideologie des methdodologischen/normativen Individualismus einerseits und andererseits einer humanistischen Anthropologie der conditio humana besteht. Das haben wir in abend lichen Veranstaltungen im selben Institut bei dem AOR Dr. Ferdinand Brüngel gelernt. Ich verdanke ihm sehr viel.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
len Austausch in Bezug auf die Symbolwelt und die Ausdrucksge stalten der eigenen und der anderen Kultur. Zu unterscheiden ist eine appropriative Form asymmetrischer Dominanz einerseits und eine deliberative Form des verständigungsorientierten dialogischen Austausches andererseits (Hug 2021). Alterierendes Othering (alO) gibt es also in einem Spek trum, augespannt durch zwei Pole, zwischen einem anerkennendem Othering (anO) einerseits und dem diskriminierenden Othering (disO) andererseits: anO ← alO → disO. Man495 mag nun erkennen, dass es nicht nur um die Werte als Grundlage einer Gesinnungsethik geht, sondern auch – praxeologisch betrachtet – um das WIE des WAS. Vor diesem Hintergrund kann gesagt werden: »Links-sein« kann man daher zunächst Wert-rational über die richtigen, weil humangerechten Ankerwerte definieren: Frei heit als Telos und die Solidarität der Chancen zur Freiheit »aller« als notendige transzendentale Voraussetzung.496 Das ist – vor dem Hintergrund einer langen genealogischen Dauer (Otto 2014) – das Vermächtnis des Dreigestirns der Französischen Revolution der Sat telzeit von 1789. Nicht zu vergessen ist dabei: Doch auch die 1789erRevolution kannte den endogenen Terror der Jakobinischen Schre ckensherrschaft. Aber die Relation von Gesinnung und Verantwortung als Thema der Ethik ist zu beachten: Die Wege nach Utopia müssen ebenso eine Wertfrage sein: Ein heiliger Krieg ist tabu. Ebenso mündet die episo disch gedachte Idee einer Umerziehungsdiktatur im Totalitarismus, 495 Das sind Sichtweisen, die den Antidiskriminierungsprogrammen mancher AStAIdeologien verschlossen bleiben. Das intellektuelle Niveau selbsternannter linker Kritiker und hypernmoralistischer, aber weder in Politischer Ökonomie noch in OntoAnthropologie, Ethik, Epistemologie, Kulturtheorie, Soziolinguistik und Psychoana lyse geistig bewanderter Weltverbesserer (aber Kenner der Mikroaggressions-Mecha nismen) ist schon erstaunlich. Sie werden wahrscheinlich politische Karriere machen. Vorbilder kennen wir ja: 1) Vom Jungsozialisten zum Kanzler zum Putin-Knecht. 2) Vom Roten Stern über dem Bett (besser wäre eine Spieluhr in Maikäferform) zum Roten Stern mit in der Mitte eingebautem Maschinengewehr. Reinhard Mey hatte Recht: Ich will nicht mit den Wölfen heulen. 496 In der Werte-Ordnung konvergieren Kritische Theorie und einige Strömungen des engagierten Sozialkonservatismus, wenngleich die Radikalität im Denken alterna tiver Pfade der Geschichte von Divergenzen, z. B. in den Auslegungsvarianten sozialer Marktwirtschaft, der Rolle der Gemeinwirtschaft etc. geprägt sind.
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15.2 Die doppelte Semantik und die zwei Formen des Othering
der aus dem Versprechen der Episode heraus eine Ordnung langer Dauer installiert. Die strukturelle Gewalt einer hegemonialen Dominanzkultur legitimiert nicht die Gegen-Gewalt der gekränkten Alterität. Das nicht zu verstehen, war der Ursprung des Linksfaschismus. Die Theorie der unbewussten Bias (Gramelt 2010) als intra-individuelles Skript muss sich die linke Identitätspolitik selbst als epistemische Therapie auf ihre nicht hinreichend achtsam reflektierten heiligen Fahnen schreiben. Sozialer Wandel sollte in den Bahnen sozial befriedeter versöhnlicher Dialogkultur der deliberativen Demokratie verlaufen. Das Ziel wäre der heilige Bund der Freiheit als miteinanderverantworteter Mitein anderfreiheit auf eidgenössischer Grundlage. Das genossenschaftliche Miteinander muss durch kollektives soziales Lernen497 erarbeitet werden. Dies muss in eine Kommunika tionsgemeinschaft eingefügt sein. Erneut zeigt sich die Einbettung meines Denkens in der Tradition des dialogischen Personalismus. In der Mitte (M’Barek 2022) wird man sich dazu treffen müssen. Die For mationen der Diskursordnung dieser Felder sollten nicht frei sein von Leidenschaften, die schlicht zur Idee der Polis gehören (Hecker 2021), aber dennoch auf Subjekte der Fähigkeit zur Affektselbstregulierung – als Teil der Selbstsorge – basieren. Wut und das Umkippen der Wut in Hass ist gekoppelt an der Emergenz498 der Gewaltphantasien. Von hier aus ist der Weg zum faktischen Tun nicht weit.499 Selbstsorge ist eine jemeinige Aufgabe, aber ist genau dann keine reine Privatsache, wenn relevante Externalitäten im Übergangsraum zum Öffentlichen generiert werden. Dann wird die Selbstregulierung zur sittlichen Pflicht, weil im Art. 2 GG die Freiheit der Persönlichkeit daran gebunden ist, dass dieses Grundrecht auch den Anderen gewährleistet und nicht gefährdet oder gar erodiert wird.500 Das Frei heitsverständnis des GG ist die Idee der gemeinsamen Freiheit. Daher gehört zum Rechtsstaat auch die achtsame Selbstreflexion der eigenen Verstrickung in die Dynamik von Übertragungs- und Gegenübertra gungs-Mechanismen. Künkler 2014. Schwarz 2016. 499 Dazu nochmals meine Interpretation in Schulz-Nieswandt 2022d. Vgl. sozialkon servativ: etwa Pieper 1992 oder Lewis 2004. Vgl. ferner: Schüßler/Röbel 2016. Erich Fromm (2001) ist in grundlegender Weise zu berücksichtigen. 500 Dies nicht zu verstehen, ist die ideologische Skotomisierung der FDP. 497
498
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Vor diesem Hintergrund wird man auch die Semantik der Hybri dität (Ha 2005)501 differenzieren müssen, je nach Perspektive: als misslingende Aneignungskultur oder als gelingende – eben nicht auf Unreinheit der Vermischung502 abstellende (Ha 2010) – transdiffe rentielle Kultur-Synthese. Das Ergebnis dieser Überlegungen dieses Abschnittes könnte als Zwischenfazit wie folgt formuliert sein: Wenn man die onto logisch-ontische Differenz akzeptiert, wird man auch eine ontoanthropologische Sicht der Konstitution des Anders-Seins des ande ren von der konkreten Praxis von diskriminierenden Formen des Othering differenzieren können. Immer konstatiert sich an der Alterität die Identität. Anders kommt es nicht zur Korrelation von Subjekt-Status einerseits und Sozialität andererseits, wobei diese »einerseits-andererseits«-Differenzierung nur analytischer Art sein kann: In der Wirklichkeit sind es Faltungen einer Textur. Eine selbst transzendente Apparation aus der Position der responsiven Gabe ist anders zu bewerten als die Praxis des Apotropäischen der Adjek tion, auch dann, wenn diese Adjektion als Gegen-Übertragung angesichts einer vorgängigen Übertragungsleistung, unabhängig davon, ob dies nun objektiv wahr oder subjektiv eine hypersensible bzw. hypermoralistische Imagination der »Generation Beleidigt« (Fourest 2022a) ist. Wahre Gestaltqualität nimmt die Objekt-Sub jekt-Dialektik immer nur an in der dialogischen Mitte des Zwi schenraums der kommunikativen Verständigung auf der Grundlage des eidgenössischen Bundes der Idee der heiligen Ordnung der personalen Würde. Schon im Marxismus war es ein strittiges Thema, ob die dialektische Methode verknüpft ist mit einer Theorie der Geschichte, die auf jegliche ontologische und anthropologische Überlegungen verzichten will. Dies betraf ja auch den Streit um die Einheit des Werkes von Karl Marx503 in Bezug auf die frühen Pariser Manuskripte einerseits und der späteren Kritik der Politischen Ökonomie im Hauptwerk »Das Kapital« andererseits. Doch die sozio-ökonomische Ungleichheit504
501 502 503 504
Dazu auch Hosseini-Eckhardt 2021; Kron 2015. Wertheimer 2022; Burrichter/Klein 2021; Böhm 2021. Quante/Schweikard 2016. Michaels 2021.
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15.3 Bedeutung der Überlegungen für die Analyse der Bedeutung der Gabe
im Lichte der Kritik der Politischen Ökonomie ist kein Thema mehr in den mitunter religiös anmutenden Subkulturen linker Identitätspo litik, sondern vielmehr die subtilen Kränkungen505 durch Mechanis men der sog. Mikroaggressionen, deren theoretische Relevanz hier gar nicht zu leugnen ist, die aber oftmals ohne Evidenz und ohne hermeneutisch aufwendige Validation im Shitstorm506 diagnostisch schlicht nur stipuliert werden.
15.3 Bedeutung der Überlegungen für die Analyse der Bedeutung der Gabe Die Quintessenz für die Phänomenologie der Gabe, bei der es ja um die Genese von sozialen Beziehungen geht, lautet im Lichte dieser Überlegungen: Die Gabe kann 1) appropriativ sein, wenn sie auf der (unbewussten) Intentionalität der narzisstischen Objektbesetzung basiert. Die Gabe kann aber auch 2) eine achtsame Responsivität zur Ausdrucksgestalt bringen. Die jeweilige hermeneutische Lektüre der verschiedenen kultu rellen Grammatiken beider Spielarten von cartesianischer Gewalt einerseits und der Gabe im Geiste post-cartesianischer Achtsamkeit andererseits beruht ganz offensichtlich auf unterschiedlichen psycho dynamischen Aufstellungen der Akteure in ihrer Feldorganisations ordnung. Wenn man so will, wird hier das transzendentale Subjekt empirisch verstanden: Es handelt sich um die konkreten vergesell schafteten Subjekte, die im Rahmen ihrer inneren Arbeitsapparate als konstitutive Vermögen in der Lage sind, die soziale Wirklichkeit zu performieren. Kant wird hier auf psychodynamischer Grundlage soziologisch transformiert.
505 506
Krug 2022. Stegbauer 2018; Wagner 2019.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Das Zwischenfazit dieses kleinen, aber eben signifikanten Abschnitts lautet: Auf den Typus der psychodynamischen Aufstel lung im sozialen Feld der Begegnung kommt es an! Also auf die Hal tung. Die Hexis als Charakter verweist uns auf eine entsprechende Charakterneurosenlehre. Diese Zugangsweise ist die generative Habitus-Grundlage für die performative Inszenierung von gegen läufigen sozialen Formen (Nebeneinander, Miteinander, Gegenei nander) mit jeweils unterschiedlichen, subjektiv inkorporierten und (in der Folge dieser sozialisatorischen Verinnerlichungen →) dispo sitiven kulturellen Tiefengrammatiken. Dieser Abschnitt wurde mir bedeutsam, weil die Verknüpfung zwi schen meiner dekonstruktiven Lektüre der Logik der Gabe als Akt des kritischen Selbstverstehens einerseits und der kritischen Problema tisierung linker Identitätspolitik507 andererseits verständlich werden sollte und in einem gewissen Sinne eben auch richtig verstanden wer den soll. Die Gegen-Übertragung gekränkter Menschen nimmt For men der Gewalt an, die die prozessuale Grammatik der Responsivität ethisch nicht reflektiert. Das verfassungsrechtlich und sodann zivilsowie strafrechtlich bedeutsame Gebot der Verhältnismäßigkeit und des Verbots der Überreaktion bleiben überaus relevant, aber dennoch zunächst ausgeklammert. Die eigene Kränkung wird gedreht in einen Reaktionsstil, der auf die Dynamik der rechtsrelevanten Stufen der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch), der üblen Nachrede (§ 186 Straf gesetzbuch) und der Verleumdung (§ 187 Strafgesetzbuch) verweisen mag. Die Meinungsfreiheit endet bei der Ehrverletzung.
15.4 Über das Wesen der Liebe Allzu viel Ideengeschichte (Kuhn 1972) und Literaturaufarbeitung soll hier gar nicht geschehen.508 Vor allem auch im religionswissenschaft lichen Kontext sind – jenseits der modernen Soziologie der (mitunter romantischen) Liebe in der Epoche von Kapitalismus, Konsum, Pri vatheit etc. – die Zusammenhänge mit Eros und Agape, mit Philia und Polis usw. verwickelt. 507 508
Elbe u. a. 2022. Vgl. u. a. in Schulz-Nieswandt 2015d.
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15.4 Über das Wesen der Liebe
Es geht mir vielmehr um einen zentralen Gedanken, der sich um das angemessene Verständnis von Liebe509 bemüht, und das eben die Ontologie des – aber eben nicht appropriativen – Othering voraus setzt. Wer dieses Problem der doppelten Bedeutung von Othering nicht versteht, ist nicht nur ontologisch auf dem Holzweg und hat im Denken kein hinreichendes Fundament, sondern man versteht nicht, was in dem Symposium von Platon (1986) über das Wesen der Liebe (wie schon im alttestamentlichen »Hohelied«: Fischer 2022) ausgesagt ist: Liebe ist »Eins-Sein im Getrennt-Sein«, also gemein same Identitätsbildung auf der Grundlegung bleibender Differenz. Ich bin ein ICH, und Du bist als »post-appropriativ ›mein‹« DU ein anderer. Und ich bin aus Deiner Sicht ein anderer, aber wir sind nicht symbiotisch, sondern in reziproker Selbsttranszendenz aufeinander bezogen: In der Bezogenheit sind wir different. Sodann ist Liebe an die Sorge (um sich als ein Selbst wie – also uno actu und somit die Erfahrung des UNS generierend – auch für den anderen als Teil der mich umgebenden und einbettenden Welt) gebunden, womit die Sorge für UNS wachsen kann zur Sorge um die Welt510 als ein Gemeinwesen des WIR. All diese Überlegungen validieren sich an dem Theorem der narrativen Identität, das hier wirksam wird (Böhm 2016; Straub 2019): Wir haben uns – onto-anthropologisch gesehen – nur im Modus der erzählten Geschichten als biographische (BZ), zeitge schichtliche (ZG) und epochale (EP) Verstrickungen, die sich im Sinne der Komplexbildung (BZ/ZG/EZ) aus den drei Schichten der Zeit (Z) verstehen lassen. Denken wir die Zusammenhänge erneut psychodynamisch (Schülein 2018). Identitäres Denken ist eine Haltung der Aggressivi tät. Es denkt nicht ein demokratisches WIR als ein Gemeinwesen, sondern die Selbstabgrenzung, psychodynamisch aus unbewältigten Kränkungserfahrungen geboren und zur angstbesetzten Öffnungs blockierung anwachsend. Liebe (Odent 2018) ist die aus Vertrauen ermöglichte Fähigkeit, sich fallen zu lassen, wobei das letzte Risiko in der bleibenden Differenz des anderen als einen letztendlich immer Fremden besteht, was auch bedeutet, mich selbst im Inneren poly phon als einen Raum der Möglichkeit des Befremdlichen zu wissen. 509 510
Comte-Sponville 2017. Vgl. auch Riecher/Hähnlein 2022.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Identitäre Existenz ist keine personalisierende Daseinsführung, son dern die Verfehlung der solidarischen Lebensform in der Einheit anerkannter Differenzen einerseits und andererseits einer auf Post differenz hinarbeitenden Öffnung durch die Reziprozität der per spektivischen Selbsttranszendierung (Ohana 2022; Renger/Renger 2022). Die skripttheoretische – die ontologisch-ontische Differenz nicht hinreichend reflektierende aggressive, in Wut, Zorn und Hass sowie Gewaltbereitschaft umkippende – Kritik am Othering muss die achtsame, selbsttherapeutische Arbeit am eigenen posttraumatischen Skript umfassen. Aus dieser Aufgabe als Pflicht zur zweiseitigen Arbeit am jemeinigen Selbst kommt man nicht heraus, soll Demokra tie als humangerechte Kultur lebensfähig bleiben: Immer geht es um die mittige Balance des Dramas zwischen der Spannungs- und Proble merfahrung als Konflikt einerseits und andererseits als Spannungsbe wältigung und daher als Persönlichkeitswachstum durch progressive Überschreitung. Deutlich wird dies im Ansatz erkannt bei Werschkull (2015): In Reaktion auf die Praktiken der Zuschreibungen, der damit verbundenen Entwicklungsherausforderungen und Bewältigung der Zumutungen, die das Individuum durch die anderen Menschen, durch die Welt der Dinge und durch die Erfahrung des Geschehens von Ereignissen erlebt, kommt eine gewisse Mehrdeutigkeit zum Ausdruck: Gemeint ist einerseits die Unverfügbarkeit seiner Subjek tivität511 (inklusive Spontanität, Kreativität, Intentionalität), anderer seits auch eine Situation der Rezeptivität, der Bedürftigkeit und der Angewiesenheit auf das Erleben von anerkennenden Erfahrungen. Die Autonomie im Sinne der selbstständigen Selbstbestimmung geschieht demnach in diesem Lichte der Ambiguität (nicht ohne Ambivalenzen) der Situation und der die Entwicklung des Subjekts gestaltenden Mitwirkung der Umwelt als die Welt, in der das Subjekt eingelassen, eingestellt und verstrickt ist. Demokratie lebt nicht allein von der Selbst-Sorge, sondern von der Mit-Sorge als Gemeinsinnkultur des Mit-Seins. Die Kraftquelle der Libido leiblich integrierend, geht es um Eros als Kraftquelle, die – aus Empathie heraus oder (wie bei Max Scheler 1999) von Sympathie getragen – sich zur Philia und zur Agape steigern kann. Mit Han (2017) gesprochen: »Der Eros gilt dem Anderen im emphatischen Sinne.« Oder anders: Liebe ist ein Mysterium, das ein gelingendes 511
Frank 2011.
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15.4 Über das Wesen der Liebe
Dasein überhaupt erst – wie eine transzendentale Meta-Emotion (Schmidt 2022) – ermöglicht (Trawny 2019). Man wird sich also darüber im Klaren werden müssen, dass es um drei ineinander verschachtelte Entwicklungsaufgaben geht: 1) Die Aufgabe des Lernens512, 2) die Arbeit an der Überwindung der zwischen Menschen bestehenden Differenzen und 3) der gleichzeitig zu bedenkende und zu achtende Schutz der zwischen Menschen zu wahrenden Differenzen als Grenzen. Diese »Aporie der Liebe« (Steinweg 2010) wird man begreifen müssen, sonst kippt die Liebe der Progression in die der destruktiven Regression um: Progression ↓ → Regression ↑. Dies ist auch in der Lektüre von Frankfurt (2016) als choreographie render Maßstab einzubauen: Sorge meint ein Begehren, aber nicht in appropriativer Form. Ich halte als Zwischenfazit fest: Im Prinzip der Liebe kumuliert alles, was bisher als Bausteine, als Schritte etc. entwickelt wurde. Im Prinzip der Liebe kommt die ganze Synthese zum Ausdruck. Sie ist die Kraftquelle (Eros) der personalisierenden Selbsttranszendenz hin zum Miteinander, verfasst in der genossenschaftlichen Form, auf der Grundlage einer psychodynamischen Selbst-Aufstellung, in der das Vertrauen die Angst reguliert, die Offenheit die Verschlos senheit dominiert, das Geben eine Antwort auf den anderen ist und nicht ein possessivindividualistisches Nehmen als Haben-Wollen der Objektbesetzungsökonomik als Begierde, die die Situation in der Atmosphäre eines destruktiven Narzissmus beherrscht. Die Liebe als Eros ist die schöpferische Kraft des Übergangs zur Philia und zur Agape. Es ist die kulturelle Grammatik und das psychodynamische Gleichgewicht der Einheit von Eins-Sein und Getrennt-Sein als Einheit von Bezogenheit und Differenz ohne Praxis des Apotropäi schen der Adjektion, also als Liebe, die hier als Gestaltwahrheit zum Ausdruck kommt. Es ist die Liebe in ihrer sozialen Konstruktivität (Transformation der Natalität in die Generativität im weiten Sinne) der progressiven Selbstveränderung, eine Vitalfunktionskraft, die den Menschen gottähnlich (göttlich) macht, ohne das Delta der Hybris der Selbstprädikation als Gott achtsam zu vergessen.
512
Vgl. auch Schaller 2012.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Die Liebe ist also die Schlüssel-Kategorie der Ontologie. Sie ist die Kraftquelle, aus der heraus auch die geschichtsphilosophische Idee der Hoffnung verstanden werden kann. Sie ist aber nur ein Poten zial, deren Bedürftigkeit an Aktualgenese ontogenetisch wie auch phylogenetisch deutlich macht, dass die Entelechie des Menschen jen seits von Automatismus und Determinismus von Ergebnis-Offenheit geprägt ist. Wäre es nicht so, dann könnte man die Zukunft513 voraus sagen.
15.5. Die Olchis und das Recht auf Verwahrlosung: Zwischen Freiheit und Würde sowie Risiko und Verantwortung Verwahrlosung (im Kontext der Logik Sozialer Arbeit)514 ist ein Konstrukt, indem Lebensformen normativ beurteilt werden, da sie die gesellschaftlich definierten Erwartungen über Standards der Art und Weise der Lebensführung nicht einhalten. Die Ambivalenz die ser Sichtweise auf den anderen liegt in einem Werte-abhängigen Normalisierungsregime, das einerseits mit Empathie eine durchaus leidenschaftliche Für-Sorge zum Ausdruck bringt, andererseits aber ein Regime sozialer Kontrolle und der sozialen Disziplinierung ist. Empowerment ist dabei fixiert auf die Re-Normalisierung, artikuliert sich in der Sprache der Würde und der Teilhabechancen, dabei aber das Anders-Sein der kritisierten Lebensform nicht anerkennend und damit den personalen Selbstentwurf des anderen als konstitutiver Teil der Würde ausklammernd und unterlaufend. Dabei ist es rechtsphilosophisch hinreichend begründet, ein Grundrecht auf Verwahrlosung anzuerkennen und zuzugestehen. Wobei die Würde kein Grundrecht, sondern ein natürliches Recht ist, das nicht zugestanden wird, sondern a priori gegeben ist. Wenn vor dem Hintergrund von Art. 1 GG der Art. 2 GG heran gezogen wird, dann gibt es – abgesehen von der Voraussetzung, dass das Recht auf Verwahrlosung als Risiko der Selbstverletzung die Fähigkeit der freien Willensbildung und Entscheidungsfindung zur Voraussetzung als Grundlage hat – eine Grenze dieses Grundrechts auf Verwahrlosung: Diese Grenze liegt dort, wo wiederum andere 513 514
Minois 1998. Vgl. auch mit Blick auf Kinder und Jugendlichen in Art. 6 (3) und Art. 11 (2) GG.
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15.5. Die Olchis und das Recht auf Verwahrlosung
dadurch ursächlich in ihrer Freiheit und Unversehrtheit im Sinne negativer Externalitäten verletzt werden. Reflektiert die Soziale Arbeit und das empathische Engagement diese Problematik nicht, so werden die eigenen psychodynamischen Mechanismen von Übertragung und Gegenübertragung nicht reflek tiert: Der empathische Mensch – auch in der Form eines profes sionellen Habitus – überträgt die eigenen lebensformästhetischen Vorstellungen als soziale Erwünschtheit auf das Objekt der morali schen Begierde. In der Olchis-Kinderbuch-Reihe515 wird uns die Herausforde rung deutlich beigebracht: Die Olchis verkörpern das ganz andere als die Umkehrung der Normalität. Sie leben im Modus der Gegensätze, aber gefährden dadurch die Menschen nicht. Im Gegenteil: Sie sind freundlich, lustig, familial, friedvoll, hilfsbereit und überaus anre gend. Man kann nicht nur im toleranten Nebeneinander mit ihnen leben, sondern auch mit Ihnen – über die allerdings segmentierte Topographie der Wohnorte (Stadt/Dorf versus Müllhalde) hinweg – interagieren. Nur die Risiken einer sozialräumlichen Diffusion von negativen Externalitäten im Sinne des Sittengesetzes des Art. 2 GG kann zur Problematisierung einer Lebensform führen. Dabei muss der Öffent lichkeitsgrad der Relevanz und der Kausalität eines Effekts evident, valide und reliabel definiert sein. Die Folgen sind offensichtlich: 1)
2)
Nicht jede Form sozialer Praktiken der Lebensführung lässt sich durch die Kategorie der Würde der durch die Problematisierung kritisierten Person rechtfertigen. Der Art. 2 GG argumentiert vom Individuum her. Da aber »alle« im Sinne der Gesellschafts mitglieder von i = 1 bis n gemeint sind, knüpft sich das Grund recht der Freiheit der Entwicklung der Persönlichkeit im Lebens lauf an die Grundpflicht zur Rücksichtnahme auf den anderen. Erst von seiner Verletztbarkeit her ist die Freiheit der personali sierten Menschen zu verstehen. Dieser andere ist aber auch ein Subjekt mit Blick auf die für ihn nur andersartigen anderen. Seine natürliche Würde ist ebenso an das Sittengesetz im Lichte der Risiken negativer Externalitä ten gebunden.
515 Wer sie nicht kennt, kann sich schnell orientieren: https://de.wikipedia.org/wi ki/Die_Olchis. Tag des Zugriffs: 2. September 2022.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Dergestalt zeigt sich das ontologische Problem der Dialektik der gegenseitigen Konstitution von Identität und Alterität in seiner gan zen rechtsphilosophischen und ethischen Komplexität. Man wird in diesem Zusammenhang aber unterscheiden müssen zwischen 1) der Selbstvernachlässigung als Teil eines Selbstentwurfs der Lebensführung des jemeinigen Daseins und 2) der nicht beab sichtigten, sondern extern erlittenen Verwahrlosung im Zuge der Lebenslagenverteilung (Schulz-Nieswandt/Köstler/Mann 2021b), die bedingt ist durch soziale Ungleichheit und soziale Ausgrenzung oder auch durch Katastrophen (Krieg und Flucht), die jemeinig uner wünscht sind und daher eine für die Gesellschaftsgestaltungspolitik relevante Vulnerabilität zum Thema machen. Zwischenfazit: Wie ganz weiter oben angekündigt, haben die Olchis die Bühne der Analyse betreten. Ihre Schilderungen in den Kinderbüchern thematisieren die ganze Problematik von Identität und Alterität, dies aber als – um mit der Pädagogik der Vorbilder bei Erich Kästner516 zu argumentieren – als exemplarisches Paradigma der Möglichkeit des Gelingens einer Konstitution von Identität infolge der Andersheit des anderen. Der andere macht hier keine Angst. Der andere mag gewöhnungsbedürftig sein. Aber Prozesse sozialen Lernens sind solche der akzeptierenden und nicht übergrif figen Anerkennung, ja, Ausdruck von Staunen und letztendlich auch freudiger Begeisterung. Der andere wird in seiner spiegelverkehrten Art zur Komplementarität des bislang Normalen, das durch ein ganz anderes Normales zum Ganzen komplettiert wird: eine Erfahrung der Bereicherung »aller«. Mit den Kinderbüchern über die liebenswerten Olchis wird deutlich, dass die richtige »Paideia« eine Schlüsselfrage der gelingenden Polis verdeutlicht. So war es bei Aristoteles gedacht, und so ist es auch heute noch zu sehen. Die Grundfragen des Menschen haben sich nicht geändert seit dem Vergehen der Antike. Es dreht sich immer um die letztendliche Frage: Wie ist Freiheit »aller« im Gemeinwesen mög lich? Das ist allerdings eine Differenz zur Antike: Dort waren nicht alle – eben auch nicht die Barbaren517 (die Fremden) – gemeint. Doch ein bekannter Althistoriker (Meier 2012) formulierte es trefflich: Durch 516 517
Hanuschek 2004. Berner u. a. 2020.
192 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
15.6 Russischer Wahn kultureller Überlegenheit
dieses Nadelöhr musste Europa hindurchgehen, um das zu werden, was es heute ist – ich würde im Konjunktiv sprechen: Doch erst noch werden muss.
15.6 Russischer Wahn kultureller Überlegenheit aus dem Geist der imaginierten Kränkung heraus In der rechtsextremen »Identitären Bewegung« (Schwarz 2020) wird das Werk »Die vierte politische Theorie« von Alexander Dugin (2013) hochgeschätzt. Es handelt sich um eine das Denken von Martin Heidegger vergewaltigende quasi-okkulte Daseinsanalyse zur Recht fertigung einer neo-eurasischen Kulturkreisidee. Es ist, hier folge ich der einschlägigen kritischen Forschungsliteratur, ein von Antimoder nismus und von einem megalomanischen panrussischen Neoimperia lismus geprägter faschistoider Wahn, der von der Weltzukunft der russischen Rasse handelt, sich missionarisch in kosmischer Vision gegen die universalistischen Werte der westlichen Dekadenz richtend. Geistiger Baldachin für diesen Wahn sei das orthodoxe Christentum. Im völkerrechtswidrigen Ukraine-Krieg hat die orthodoxe Kirche in Russland passend Stellung genommen. Prognosen über eine Kursän derung in Putins totalitärem Regime (Gabowitsch 2013) sind aus heutiger Sicht nicht validierbar. Musste dieser letzte kurze Abschnitt sein? Soll nur Aktualität erheischt werden? Nein, denn aktuell waren alle Ausführungen der vorliegenden Abhandlung. Das Putin-Syndrom ist ein nationalistisch-imperialistisches Bei spiel für gewaltsame Aneignung im Modus eines kriegerischen Über falls, dessen kollektivpsychodynamische Wurzel eine eingebildete Bedrohung ist, verknüpft mit dem lange schon brodelnden Destruk tiv-Magma einer panrussischen, in der langen Dauer des orthodo xen Christentums verwurzelten, in ebenso langer Dauer durch die kulturelle Abwertung des dekadenten Westens unterdrückte Rasse eines hoch entwickelten, unvergleichbaren, eigenständigen und ein zigartigen Kulturraums – so die Narration. Es handelt sich um eine von psychotischem Wahn getragene Rassenideologie und um eine passende strategische Geopolitik, verdichtet in der Vision der Idee der Wiedergeburt eines, nun post-sowjetischen russischen imperia len Reiches.
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15. Der große Gegensatz im seienden Sein: Liebe und Abgründigkeit
Diese Reinheitskultur wird nun an den nationalen Rändern durch Krieg von der westlichen Infiltration bereinigt. Die hybride Situation wird ersetzt durch eine signifikante Grenze zwischen Russ land und den Barbaren. Diese werden als eine sich ausdehnende kriegerische Völkerwanderung518 verstanden, die man über die NatoMitgliedschaft der Ukraine zu erwirken versuchte. Die russische Identitätspolitik sucht keine Verständigung in der Mitte eines dialogischen Zwischenraums. Es ist ein faschistoides System des Oligarchenkapitalismus als autoritärer Neoliberalismus jenseits jeder Minimalstandards von Rechtsstaatlichkeit, verbunden mit der Unterdrückung und Eliminierung kritischer Zivilgesellschaft, Erzeugung eines gigantischen Fake-Universums durch Beherrschung der Massenmedien. Putin ist zu diagnostizieren als ein psychotischer Narzisst mit manischen Zügen und mit einer tief verwurzelten mas kulinen Gewaltbereitschaft. Der Sinn der Analyse kann deshalb als Zwischenfazit dieses Abschnittes wie folgt ausformuliert werden: Krieg als identitäts stiftende Gabe aus den Wurzeln psychotischer Wahrnehmungs verzerrungen, gepaart mit einer geopolitischen Strategie auf der Grundlage massenmedial und auch gewaltsam gleichgeschalteter Bevölkerung. Die Gabe erfolgt nach innen als Vermittlung eines kulturellen Überlegenheitsgefühls in Abgrenzung zur Alterität der westlichen Moderne, nach außen als Geschenk durch Krieg und Ausnutzung energiewirtschaftlicher Abhängigkeiten Europas: Krieg nach außen, Unterdrückung nach innen: wahrlich böse Gaben. Das Thema könnte ausgeweitet werden: Die Schnittflächen zum sog. christlichen Konservatismus in Ungarn (eine Wunde in der europä ischen Idee) oder zum Neo-Sultanismus in der Türkei (ein Problem in der Werteorientierung in der NATO) ergänzen die Diagnostik des Bösen519, das hier als Thema der Philosophie (Neimann 2004) zum Ausdruck kommt. Gespannt darf man sein über die Entwicklung Italiens, einem Land, in dem es ein Teil der Wahlbevölkerun schafft, Mussolini als Folkloretradition zu revitalisieren.
518 519
Geiss/Vössing 2020; Rosen 2020. Safranski 1997.
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
Die hydriden Formen und Dynamiken berücksichtigend, hat die vor liegende Abhandlung das Feld der Dialektik von Identität und Alteri tät, problematisierend verdichtet in einer Phänomenologie der Gabe, durch eine strukturalistische Hermeneutik eines ganzen kohärenten architektonischen Systems ineinandergreifender binärer Codes zu rekonstruieren versucht. In 5 Schritten (16.1 bi 16.5) gehe ich nunmehr in systematisieren der und zugleich vertiefender Weise zusammenfassend vor.
16.1 Struktur des Feldes als Dynamik des Ringes der Kräfte Die kulturgrammatische und zugleich tiefenpsychologische Dynamik der Dialektik von {Identität ↔ Alterität} in Bezug auf die auf Verfügung abstellende cartesianische Gabe einer seits und in Bezug auf die auf Achtsamkeit abstellende responsive Form der Gabe andererseits ist eine Funktion verkoppelter dichotomer Kräftefelddimensionen, wobei wir drei Cluster mit jeweiligen Dimen sionen unterscheiden wollen: Cluster I: Dimensionen der Psychodynamik Apparation ↔ Adjektion Selbsttranszendenz ↔ Apotropäisches Verhalten Achtsame Demut ↔ appropriativer Narzissmus Vertrauen ↔ Angst Offenheit ↔ Verschlossenheit Konstruktivität ↔ Destruktivität
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
Progression ↔ Regression Personalisierung ↔ Depersonalisierung Empathische Rücksichtnahme ↔ Egomanie Liebe ↔ Hass. Cluster II: Dimensionen der kulturellen Grammatik Versöhnung ↔ Gewalt Gelingen ↔ Scheitern Horizonalität ↔ Vertikalität Systemisches Denken ↔ Top-down-Denken Dialogik ↔ Monologik Achtsamkeit ↔ Verfügungswille Bund ↔ Vertrag Diastolische Ideen ↔ systolische Interessen Zentrifugalit ↔ Zentripetalität Dionysische Dynamik ↔ apollinische Statik Inklusion ↔ Exklusion Soziale Freiheit ↔ negative Freiheit Miteinander ↔ Gegeneinander Genossenschaft ↔ Herrschaft. Cluster III: Dimensionen des Menschenbildes homo donans ↔ homo abyssus Würde ↔ Demütigung Demut ↔ Hybris Responsivität ↔ Intentionalität Mit-Sein ↔ Haben-Wollen De-zentriertes Subjekt ↔ Cartesianisches Subjekt Werte-orientierte Verantwortung ↔ reine Zweck-Gesinnung.
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16.2 Idealtypen der geschichtlichen Weichenstellungen
Die Theorie der Phänomenologie der responsiven Gabe des homo respondens verknüpft zum Zwecke der eigenen Erläuterung alle drei Cluster: Dieser inversen Phänomenologie liegen konstitutive Merk male (Cluster III) eines Menschenbildes zugrunde. Cluster I bezeich net wesentliche Dimensionen, die als generativ bestimmend gelten können für die Formen der kulturellen Grammatik der jeweiligen Performierung von sozialen Beziehungsformen, wie sie vom Cluster II erfasst werden. Cluster III bezeichnet die möglichen Weichenstellungen in den allgemeinen notwendigen Voraussetzungen der Geschichte und ihrer Richtungsdynamik im Zusammenleben der Menschen (Miteinander statt Nebeneinander, das in ein Gegeneinander umkippen kann). Custer I umfasst die hinreichenden Bedingungen psychodynamischer Art, die die generativen Mechanismen der kulturgrammatischen Per formativität im Cluster II darstellen.
16.2 Idealtypen der geschichtlichen Weichenstellungen Es gibt also – abgesehen von den hybriden Entwicklungen im limina len Raum der Polaritätsordnung520 (der Psyche wie auch der Kultur) – zwei idealtypische Pfade: 1)
2)
Der eine Pfad mündet, organisiert vom Kräftefeld der Idee der Würde, in die Ordnung der inkludierenden sozialen Freiheit als Form des genossenschaftlichen Miteinanders (genossenschaftli cher Sozialitätstypus 1: GenoTyp). Der andere Pfad mündet in die Abgründigkeit des homo abyssus der negativen Freiheit des cartesianisch-egomanen Possessivin dividualismus exkludierender Demütigungspraktien, verkörpert von der Maskulinität der prometheischen Hybris (appropriativer Insider-Outsider-Sozialitätstypus 2: appI I/O-Typ).
Beide Pfade (Pf 1 und Pf 2) sind von zwei Strukturtypen der Gabe geprägt: Einerseits 1) die demutsvolle responsive Gabe als Grundlage der gemeinsamen Personalisierung selbsttranszendierender Per sonen im Modus progressiver Apparation (Gabe-Idealtyp 1). 520
Psychologisch: Wellek 1966; ontologisch: Blendinger 1947.
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
Andererseits 2) die cartesianische Gabe generöser Strategien der appropriativen Adjektion (Gabe-Idealtyp 2). Die Ordnung lau tet: Pf 1 ← genoTyp 1 ↔ appI I/O-Typ 2 → Pf 2 = Pf 1 ← Gabe-Idealtyp 1 ↔ Gabe-Idealtyp 2 → Pf 2. Beide Pfade Pf 1 und Pf 2 basieren auf jeweils eindeutig zuzuordnen den psychodynamischen Aufstellungen: Pf 1: responsiver homo donans ↕ appropriativer bzw. apotropäischer homo abyssus: Pf 2. Pfade (Pf) sind die Wege zu den Polen (P), die ich weiter oben definiert habe und weiter unten nochmals aufgreife. Es mag, wenn man von der (in der Kultur des Sozialen aus strahlenden) effektiven Wirkung einer generalisierten Norm (Popitz 2006) des Gebens ausgeht, möglich sein, dass dann auch eine hybride Form beobachtbar sein kann, die weder übergriffige Aneignungs praktik ist noch eine souveräne Responsivität, sondern schlicht ein Kreislauf von inkorporiertem Zwang und Pflicht. Der Mensch fühlt den gesellschaftlichen Erwartungszwang: Man muss geben. Und er fühlt im Zuge der sich herausbildenden Gabezyklen die Pflicht, Gaben mit Gegen-Gaben zu erwidern. Das Ganze wird zum weitgehend reflexionslosen Mechanismus und ist in diesem Sinne, und nahe an dem Verständnis von Lebenswelt bei Hans Blumenberg gedacht (2012), tatsächlich eine klassische Form von Lebenswelt, definiert als die Vorgängigkeit der Selbstverständlichkeiten der Sozialwelt und der Welt der Dinge. Es ist demnach ein Phänomen der Alltäglichkeit des Alltags521 und ihrer Sorgestruktur (Kosik 1967). Was hier fehlt oder verloren gegangen ist, ist jene Kraft, die Leo Kofler (1982)522 als revolutionären Eros im Alltag bezeichnet hat. Der erste Pfad (oben: Pf 1) ist ein eidgenössischer Bund der Liebe. Der zweite Pfad (oben: Pf 2) ist im besten unvollkomme nen Fall ein strategischer Vertrag intentionaler Art im Modus des 521 522
Heller 1981; Lefebvre 1972; 1987. Jünke 2007. Vgl. auch in Schulz-Nieswandt 2021c.
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16.2 Idealtypen der geschichtlichen Weichenstellungen
hybriden Nebeneinanders des liberal-ignoranten Haben-Wollens. Im schlimmsten Fall kippt die Kollektivpsychodynamik um in eine kultu relle Grammatik des Gegeneinanders, des Hassens und der Gewalt. Insofern ist die Gabe tatsächlich, in der Tradition von Marcel Mauss (Moebius 2006) gedacht, eine »totale soziale Tatsache«. Begreift man sie (als Kern der existenzialontologisch bedeutsamen Sorgekultur523) und ihren sozialen Formen, dann verstehen wir die Totalität der Gesellschaft in ihrer zeitgeschichtlich konkretisierten Epoche. Denn in der cartesianischen Gabe generöser Moral oder auch in der appropriativen Gabe zeigt sich der Wahn der neuzeit lichen und nunmehr modernen/postmodernen Idee der Verfügbar keit des Subjekts über die ganze Welt. Verloren gegangen ist das antike Schicksalsverständnis (Ahrens 2004), zu verstehen als Teil der Paideia, die die Hybris zu vermeiden trachtete524. Gewiss, es sind nicht mehr die Götter (Berti 2017), die hier wirksam sind. Aber die transzendentale Obdachlosigkeit als soziale Entwicklungsaufgabe – Friedrich Nietzsche hat dies zentral, fundamental und radikal zum Thema gemacht – kann nicht übergangen werden. In vielen meinen Abhandlungen (u. a. Schulz-Nieswandt 2015b) habe ich mit Bezug auf die existenzialen Werke von Peter Wust und Romano Guardini, auch mit Bezug auf Gabriel Marcel, vom Leben als ein »Wagnis« (vgl. auch Betz 1969) gesprochen und die Antwort bei Paul Tillich gefunden: Man bräuchte daher »Mut zum Sein«. Ich will das hier nicht vertiefen. Der Mythos von der technischen Verfügbarkeit der Welt seitens souveräner Subjekte ist eigentlich eine Verschiebungsleistung in Bezug auf die Existenzängste. Dieser Wahn des Ikarus ist die verstiegene Antwort, die aber in Sand gesetzt ist.525 Es ist der haltlose Mensch, der sich individualistisch versteht. Kulturkritische (vor allem christliche) Sozialkonservative fragten nach 1945 an, ob der Mensch noch ein Mensch sei (Bodamer 1966). Tisa von der Schulenburg (1983)526 fragte – mit ihren Skizzen aus den Jahren 1945 bis 1947 zum Ausdruck bringend – »Was ist aus uns geworden?« Und hatte nicht auch Richard Seewald geschrieben, man zähle die Zeit nach Kriegen (vgl. in Schulz-Nieswandt 2018d)? Die Bilder von Tisa von Schulenburg erinnern mich an Käthe Kollwitz 523 524 525 526
Schulz-Nieswandt/Köster/Mann 2021a. Schadewaldt 1975. Aktuell dazu auch Strenger 2017. Dazu auch Schulenburg 1988. Ferner: Kösters u. a. 2003.
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
(Krahmer 1981). Heinrich Böll fragt in einem Vorwort zu der Skizzen sammlung von Tisa von der Schulenburg »Barlach, Kollwitz, Moore«? 527 Wie auch immer. Diese Skizzen bringen die Nachkriegszeit im Lichte des ganzen 20. Jahrhunderts und seine »schrecklichen Kinder der Neuzeit« (Sloterdijk 2015) bzw. als »Raubtier« (Gray 2015) zur Reflexion. Dieses anthropologische Bemühen um die Diagnostik der Kultur nach 1945 als »Wiedergeburt der europäischen Zivilisation« (Betts 2022) – ich verweise z. B. auf Lewis Mumford528 (1956), Theodor Haecker529 (1959) oder auch Alfred Döblin (1959) – war ein großes Thema530, eine Reflexionsarbeit, die heute in einem solchen kraftvol len Duktus kaum noch zu finden ist.531 Wenn der Mensch in der Massengesellschaft sein Ich verliere (Bodamer 1959) bzw. atomisiert werden würde (Picard 1958a), so verweist dies nicht auf einen normativen Individualismus, sondern auf die Probleme der Reifung auf dem Weg zur Personalisierung im sog. personalen Zeitalter (Oppen 1960), das dergestalt sich nicht entfalten kann und das Ernst Michel (1951) mit Blick auf »Rettung und Erneuerung« diskutierte.532 Ist Freiheit überhaupt noch möglich, fragte Max Picard (1955). Allerdings wird diese sozialkritische Dia gnose letztendlich als Problem der »Flucht vor Gott« ausgelegt (Picard 1958b), ohne schlicht säkularisiert zu argumentieren, dass es beim Heiligen Geist nur um die richtige Werte-orientierte Sozialisation und Erziehung als Paideia in der Polis geht. Es handelt sich also um Fragen der Differenz in den Subjektver ständnissen. Quo vadis – »Ich → Du → Wir «?533
527 Zu Ernst Barlach: Decker 2019; Krahmer 1984. Zu Moore vgl. Arnhold/Westfä lisches Landesmuseum, Münster, LWL-Museum für Kunst und Kultur 2016. 528 Shuxue 2009. 529 Masser 1986; Blessing 1959. 530 Auch in hoch problematischen Gestalten: z.B. Carrel 1957. 531 Vgl. aber Hondrich 2001. 532 Zu Max Picard wäre irgendwann mehr zu sagen, um ihn nicht nur »nebenbei« abzuhandeln. Vgl. etwa bei Stamm 2019. So z. B. in Pleger (1960) und in Hausen stein/Reifenberg 1959. Auch andere Figuren sozialkonservativer Kulturkritik verdien ten eine aktualisierte Rezeption, nicht nur z. B. der zitierte Bodamer, auch z. B. Richard Hausenstein oder der zitierte Egon Vietta u.v.a. 533 Lotz 1968.
200 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
16.2 Idealtypen der geschichtlichen Weichenstellungen
So ist der anthropologische und sozialpsychologische Bezugsrahmen der sozialkonservativen Kulturkritik durchbuchstabiert. Dies gilt auch in Bezug auf das sozialontologische Theorem der transzendentalen Obdachlosigkeit.534 Theodor W. Adorno fragte eigentlich struktura nalog. Mit der christlichen Soziallehre535 neigte dieser Sozialkonser vatismus keineswegs elitär zum nihilistische Eskapismus.536 Und die Kritische Theorie entwarf eine Negative Dialektik und Ästhetische Theorie, um die endogenen Chancen modallogisch aufzuweisen in Richtung auf das, was Ernst Bloch als Spuren in die konkrete Utopie des Noch-Nicht bezeichnete: quasi als Rückkehr aus der transzen dentalen Obdachlosigkeit in die Heimat537, was entwicklungspsycho logisch auf psychodynamischer Grundlage in der humanistischen Psychologie der Bindungsforschung fundiert ist.538 In dieser Theoriekonstruktion der Polaritätsordnung zweier Idealtypen ist sodann Platz für die erfahrungswissenschaftlichen Erkundungen der vielen Übergangserscheinungen in der sozialen Wirklichkeit im sozialen Wandel in der Zeitlichkeitsstruktur der Geschichte, die sich in den figurativen Feldern der sozialen Räume der Kultur abspielt. Die mantischen539 Fähigkeiten meiner soziologischen Prognosekompetenz sind zu sehr begrenzt. Ich übe mich nicht in Prophetie (Kratz 2022). Die Universität zu Köln ist nicht Delphi (Maaß 2007). Es wäre am Ende meiner Abhandlung billige Rhetorik, darauf hinzuweisen, zu welchem Pol ich normativ im Namen der ontologischen Gestaltwahrheit neige. Die Genossenschaft, von der Immanuel Kant in weltbürgerlicher Absicht im Modus einer Weltordnung träumte, verkörpert nicht einfach die Vernunft, sondern die Liebe, denn das Herz540 organisiert vernünftige Tätigkeiten des Verstandes als Kraftquelle des sittlich geordneten Miteinanders. Mag sein, dass man dieses Herz als das Vgl. z. B. Holthusen 1955; ferner Kienecker 1970. Als Klassiker hebe ich Johannes Messner (1891 bis 1984) und auch Dietrich von Hildebrand (1889 bis 1977) hervor. Vgl. auch Klüber 1971, 1979. 536 Schulz-Nieswandt 2018d im Gegensatz zu Schulz-Nieswandt 2017c. 537 Dazu – u. a. mit Bezug auch auf Rilke – Urbich 2020. Psychoanalytisch: Höll rigl 2020. 538 Vgl. auch Naumann/Krause-Girth 2017. 539 Maul 2013; Hogrebe 2005. 540 In anderen Publikationen lege ich an dieser Stelle meist den Beitrag von Antoine Saint-Exupéry aus. Hier will ich auf Bergengruen (1956) – vgl. auch Bergmann (2022) – verweisen: Die Zahl 2 hatte für ihn »immer den Charakter der Zugehörigkeit mir gegenüber, nie den eines Gegensatzes innerhalb der Paare.« (S. 155). 534 535
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
leibliches Regie-Zentrum in der Strukturschichtung von Geist, Seele und Körper, von Ideen als orientierende Sterne, Leidenschaften der Imagination und Interessen der Begierde verstehen kann. Das Herz hält diese Teilstrukturen in diesem Schichtungsgefüge – mehr oder weniger kohärent – als Gleichgewicht zusammen. Die andere Alternative kreist um den Pol des homo abyssus, von dem schon die Kritische Theorie der ersten Generation als »Dialektik der Aufklärung«, als Problem der »autoritären Persönlichkeit«, als Frage nach der Möglichkeit der Poesie nach Auschwitz, als Suche nach der Ordnung einer »minima moralia«, als Frage nach der Möglichkeit von Wahrheit der Lebensform in einer unwahren Welt handelte. Im Sinne der angeführten methodologischen Idee der »totalen sozialen Tatsache« kann man im Sinne der sozialen Morphologie an der Gestaltqualität der Gaben den Typus der Gesellschaft als Totalität erkennen. Die strukturalistische Typologie spiegelt hermeneutisch die kulturtheoretische Dichotomie »Genossenschaft versus Herrschaft« (u. a. Schulz-Nieswandt 2003) wider. Epistemologisch betrachtet, erweist sich die hier skizzierte responsive Phänomenologie als eine strukturale (oder gar struktu ralistische) Phänomenologie541, allerdings in prozessdynamischer Sicht, weil auf Generativität und Performativität skript-gesteuerter sozialer Praktiken abgestellt wird, und weil in dem transaktionalen Modell des figurativen Feldes die Sinn-Motiv-Konstellationen der mimetischen Produktion des homo respondens wie auch die Rezep tion seitens des anderen im Sinne einer Ordnung des personalen Erlebniserfahrungsgeschehens von Bedeutung sind. Merken im Sinne von Spüren und Wirken im Sinne kreativer Mimesis stellen die dynamischen Vektoren in diesem transaktionalen Feld sozialer Figu rationsordnung dar. In epistemologischer und sodann methodologischer Perspektive ist diese Phänomenologie eine Philosophie des homo respondens, zugleich aber auch das heuristische Paradigma rekonstruktiver Sozi alforschung praxeologischer Art und damit nutzbar für die soziologi sche Phantasie in ihren erfahrungswissenschaftlichen Entdeckungs reisen und Beobachtungen in der sozialen Wirklichkeit. Nichts ist – bekanntlich – nützlicher als eine gute Theorie. Doch muss diese Theo rie gebildet werden, fundiert gesättigt aus den Erkundungen heraus. Dazu bedarf es jedoch einer philosophischen Grundlegung. Hierzu 541
Dazu auch Frank 1984.
202 https://doi.org/10.5771/9783495997680 .
16.4 Grammatik sozialer Formen
ist es die Inversion hin zur responsiven Phänomenologie, der diese Aufgabe zukommt und diese Rolle auch spielen kann. Sie ermöglicht es, die Gabe-Forschung (mit Blick auf nicht hinreichend reflektierte Narrative) gegen den Strich zu bürsten. Dies ist eine dekonstruktive Leistung. Dadurch werden die Scheinwerfer zur Durchleuchtung der zunächst noch verschlossenen sozialen Wirklichkeit neu aufgestellt. Der objektiv selbe Raum wird so in Abhängigkeit von den epis temischen Scheinwerfern sehr unterschiedlich rekonstruiert, nicht konstruiert, sondern im Rahmen eines rekonstruktiven Realismus verstehbar und erklärbar gemacht.
16.3 Grammatik der Sozialität Antoine de Saint-Exupéry handelte über die (Bedürftigkeit des Men schen zur) Freundschaft, aber er thematisiert dabei implizit auch das Wesen der Gabe, wenn er fragt: »Wie baut denn das Leben jene Kraft felder auf, von denen wir leben?« (Saint-Exupéry 1955: S. 21). Denn damit fragt der Autor nach der Grammatik des Lebens, die als ein System von Grundformen von Regeln, wie es Josef Pieper (1962) einst nannte, es ermöglichen soll, aus Respekt und Achtung heraus die Ehrfurcht vor dem Leben zum Wesenskern der Zivilisation zu machen (Saint-Exupéry 1955: S. 34 f.). Dies veranlasst mich, nochmals die Idee einer Grammatik der sozialen Formen als morphologisches Thema auf den Punkt zu bringen.
16.4 Grammatik sozialer Formen Den Begriff der Grammatik (des Zusammenlebens) finden wir u. a. auch bei Honneth (1994). Letztendlich teilt sein Theoriebemühen (zusammen mit dem Werk von Jürgen Habermas) das Schicksal dieser zweiten Generation kritischer Theorie, die jede Metaphysik (auch die des modernen Naturrechts) negiert, in der Intersubjektivität als Praxis die demiurgische Maschine der Erzeugung gegenseitiger Anerkennung auf der Grundlage kommunikativer Verständigung als Diskursordnungsvernunft zu stipulieren (Schulz-Nieswandt 2022b), und die nicht versteht, dass ein kulturelles System sozialer Regeln der Erzeugung von Tun- und Sprechakten nur dann eine humangerechte soziale Wirklichkeit gewährleisten kann, wenn sie ihre Verankerung
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16. Fazit: Eine strukturalistische Zusammenfassung
in einem eidgenössischen Bund über die heiligen Ordnung der per sonalen Würde sicherstellen kann.
16.5 Bausteine und ihr Gefüge der conditio humana Der Mensch besteht in seiner conditio humana aus zwei Teilen, die weiter oben als die Pole P1 und P2 Idealtypus-bildend bezeichnet worden sind. Die Realtypen hängen nun von dem Weichen-stellenden Ergebnis des geschichtlichen Ringens zwischen P1 und P2 ab. Die hoffnungsvolle Frage ist: Dominiert P1? Formal: P1 > P2. Dynamisch: ∂ P1 > 0 → ∂ P2 < 0. Wenn also die Bedeutung von Realtypen von P1 wachsen, sinkt die Kraft der Realtypen von P2: (P1 ↑) → (P2 ↓). Die Frage, was die zentralen konstitutiven Elemente der conditio humana ausmachen, wissen wir eigentlich im Zuge der Rekonstruk tion alter Ursprünge (u. a.542 im Gilgamesch-Epos543 ebenso wie in der biblischen Genesis544). Im Lichte moderner politischer Philosophie spannt sich die conditio humana auf zwischen den Polen der Freiheit der Entscheidung im Lichte der Offenheit der Entwicklung der Gestalt-Gebung, die aus dem Prinzip der Natalität resultiert, einerseits und andererseits der Endlichkeit, die die Zeitstruktur des Daseins ontologisch prägt. Innerhalb dieses Spannungsbogen siedeln sich – interdependent – die Phänomene der Freiheit und der Verantwortung, der Verletzbar keit545, der Endlichkeit, der Liebe und des Fehlverhaltens (Paul Tillich
542 543 544 545
Gerhards 2013. Dazu Maul 2020. Bäumlin 2021; Greenblatt 2018. Janssen 2018.
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16.5 Bausteine und ihr Gefüge der conditio humana
sprach lieber von Entfremdung als von Sünde546), der Schuld und die Kontingenz im geschichtlichen Schicksalszusammenhang, die Endlichkeit an.
546
Dalferth 2020.
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Nachwort
Worum ging es in der vorliegenden Abhandlung? Es ging um die Skizze einer Phänomenologie der responsiven Gabe, die innerlich verbunden ist mit der zu »problematisierenden« Problematik der Identität und um die daraus resultierende Möglichkeit, die genossen schaftliche Form der Sozialität zu denken. Diese Gebildeform der Sozialität ist meine Vorstellung von Humanität der sozialen Gesel lung. Für mich ist Humanismus die Idee, das Potenzial an Personalität auszuschöpfen, das die condiditio humana bereitstellt. Die Personali sierung wäre dabei auch der Sinn-Kern einer Philosophie der Geschichte. Anthropologie als universale Klammer der Einzelwissen schaften ist die Wissenschaft dieser conditio humana. Die Gabe ist eine fundamentale Kategorie einer solchen universalen Anthropolo gie. Ihre Formen und konkreten Motivkonstellationen sowie die daraus resultierenden sozialen Praktiken sind Gegenstand der Erfah rungswissenschaften und somit einer Historischen Anthropologie als Synthese von Historischer Soziologie und Historischer Psychologie. Dabei kann es keine reine Soziologie geben. Ohne Tiefenpsychologie kommt sie nicht aus. Zentrale Einsichten bzw. Sichtweisen möchte ich nochmals in den Abschnitten a) bis f) aufgreifen.
a) Verteidigung des Humanismus gegen den Verlust der »personalen Mitte« im radikalen Postmodernismus Der fundamentaldekonstruktivistische radikale Postmodernismus wird bereits in der binären Fragestellung der Weichenstellung ange sichts der großen Gegensatzpaare547 der strukturalen Analyse den von ihm favorisierten Werterelativismus vermissen, der das Korre lat der Überwindung des neo-kolonialen Antirassismus der weißen 547
Guardini 2019.
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Nachwort
Rasse – das mit hoher mythologischer Verdichtung548 konstruierte Werk »Herr der Ringe« von John Ronald Reuel Tolkien549 stünde hier paradigmatisch Pate550, was einer zynischen Aporie gleichkommt551 – darstellt.
b) Die Haltung der Demut der responsiven Phänomenologie Doch dieses große Ringen zwischen Würde und Demütigung basiert ja auf einer humanen Demut, die sich in der Figur des homo respon dens als Gegenstand der inversen Phänomenologie verdichtet zum Ausdruck bringt. Es geht also um eine Konstellation: Demut statt Demütigung, ungeachtet der Beobachtung, dass Kirchentheologie der Demut und die entsprechende Kultur sozialer und psychotechnologischer Prakti ken oftmals und lange Zeit in der Geschichte durchgängig Demut als Demütigung auslegten. Daraus resultiert eine verantwortungsvolle und in diesem Lichte achtsam bedingte Freiheit auf dem Weg zur sozialen (und nicht egologisch verengten) Freiheit als Miteinander freiheit in Miteinanderverantwortung, eine Ordnung, die den »Geist« des genossenschaftkichen Formprinzips zum Audruck bringt. Damit basiert die responsive Phänomenologie nach meiner Lesart auf einem post-strukturalistischen Bauelement: der Idee des de-zentrierten post-cartesianische Subjekts. Aber ich übernehme nicht das ganze Schnittflächenkonstrukt von breiten Strömungen des Post-Strukturalismus, Anti-Humanismus und Postmodernismus, die die Suche nach einer Ontologie der Gestaltwahrheit des personalen Menschen aufgegeben hat. Damit gibt sie die Idee der natürlichen Würde der menschlichen Person, die uns im Rahmen eines eidgenös sischen Bundes heilig sein sollte, auf: Der Relativismus droht, in den Nihilismus abzustürzen. Day 2013. Vgl. ferner Hatzenbichler 2019. Shippey 2002; Geier 2009; Coren 2012; Carpenter 2022. 550 Schwarz 2003. Vgl. dagegen Chance 2019. Die Debatte geht weiter: Ferner Stuart 2022. Auch das Verhältnis von Tolkien zum Feminismus wird kontrovers diskutiert. 551 Tolkien verarbeitet in »Mittelerde« das abgründige Grauen des Ersten Weltkrie ges: Grath 2014. 548
549
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d) Metaphysik der Form
c) Onto-Poetik der responsiven Gabe im Lichte der Dialektik von Identität und Alterität Im Vorwort endete ich mit einem Abschnitt, indem ich Bezug nahm auf die Onto-Poetik von Rainer Maria Rilke. Es ging mir mit diesem »Themenraum-öffnenden Scheinwerfer« um die Logik der responsiven Gabe, die im Lichte der Dialektik von Identität und Alterität dekonstruktiv gegenüber einem egologischen Verständ nis der generösen Gabe verstanden werden soll. Dies habe ich zu skizzieren versucht. Zum Abschluss will ich dies nochmals als das Zusammenspiel von Grammatik und Form rekonstruieren. Die Idee einer kulturellen Grammatik sozialer Praktiken – hier der Gabe und das daraus resultierende Geben sowie der Rezeptions weise – ist von der Sprachwissenschaft auf die Sozialtheorie zu über tragen (Köller 1988). Und auch der kunsttheoretische Form-Begriff (Burdorf 2001) ist auf die soziale Morphologie zu übertragen. Vor dem Hintergrund einer Grammatik sozialer Regeln (sozR) der Generierung von Performativität einer sozialen Ausdrucksgestalt kommt der Form eine doppelte (funktionale und zugleich eidetisch begreifbare) Bedeutung zu: Sie ist in Bezug auf die Performativität expressiv (exF) und generativ (genF) zugleich. D. h.: Sie drückt einen Inhalt – hier eine Daseinsthematik (D) – in der Ausdrucksform aus, ist als Form aber eben auch der generative Modus, die Performativität zur sozialen Wirklichkeit (sozW) zu bringen552: sozW ← exF [D] ←genF [sozR].
d) Metaphysik der Form In diesem Sinne schrieb Henri Focillon (1954: S. 7) im Modus klassi scher Metaphysik: Werke (z. B. der Kunst) sind »Materie sowohl als Geist, es ist Form und es ist Inhalt.« Balzac zitierend überträgt er: »das Leben selbst ist eine Form.« (S. 8) Und: »Das Leben ist Form, und die Form ist die Art und Weise, wie sich das Leben abspielt.« (S. 9) Doch dann nähert sich Focillon dem Doppelcharakter der Form (S. 10 f.), die nämlich eine eigene Bedeutung hat und für sich selbst steht, hat Sinn und einen eigenen Wert. Sie ist nicht einfach nur Zeichen für ein 552
Dazu auch Hobuß/Tams 2014.
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Nachwort
inhaltliches Etwas. Das Zeichen repräsentiert. Die Form »erschafft seinen eigenen neuen Sinn« (S. 14). Die Form ist Ausdruck des Inhalts, indem es den Inhalt überhaupt erst ermöglicht, wenn man diese Metaphysik der Form transzendentallogisch interpretiert. Die Form selbst ist somit ein Thema einer Gestalt-bildenden Ästhetik, die zugleich die Ästhetik der Seins-gewissen Wahrheit ihres zum Ausdruck kommenden daseinsthematischen Sinns verkörpert. Der Stil, der hier die Form-Inhalts-Dynamik transportiert, hat eine eigene Syntax (S. 19). Die Form lebt von einer »innern Logik« (S. 20) bzw. einer Dialektik« (S. 21). Die Form – und dies ist eine Übertragung auf das Kulturleben im geschichtlichen Raum – ist Ord nung des Schöpferischen (S. 30 ff.). In einem solchen Sinne verstehe ich die »Magie der Form«, die Menninghaus (1980) in Bezug auf das Werk von Paul Celan553 kon statiert, sicherlich analog auf Rainer Maria Rilke554 oder auf Friedrich Hölderlin555 bezogen werden kann. Denken wir an den Impressionis mus und Expressionismus in der Geschichte der Malerei, und dies mit der These, beide Stilrichtungen wären komplemenär in einem daseinsthematischen Sinne. Sie würden demnach die beiden Pole der menschlichen Existenz verkörpern: Freud und Leid. Somit sind beide Stilrichtungen empirische Ausdrucksgestalten einer Gestalt-wahren Seinserfassung, verweisen aber auf die reziproke Bedürftigkeit nach dem jeweils anderen: Impressionismus und Expresionismus bedingen sich gegenseitig im Sinne einer Dialektik von Identität und Alterität, von Morgenröte und Abdendämmerung, von Licht und Dunkel, Tag und Nacht. Ich könnte noch das ganze Buch von Focillon (und weitere Publi kationen556 von ihm heranziehen): Es wäre das Thema einer eigenen Abhandlung. Und zum Ende seiner kleinen (aber komplexen, dichten und innerlich hoch verästelten) Monographie überträgt er die Meta physik des Doppelcharakters der Form – anti-rassistisch – auf den Menschen selbst: »Der Mensch ist nicht eingesiedelt in eine ewige Bestimmung, er ist im Austausch und den Übereinstimmungen zugänglich.« (S. 103) Alles ist als »recht eigentlich historische Gege benheiten« (S. 111) zu verstehen. Und trotz aller Mechanismen, die Focillon aufdeckt: Das Spiel der Formen ist ein solches der Wandlun 553 554 555 556
Vgl. insbesondere auch Sparr 2020. Martens/Post-Martens 2008; Leppmann 2016. Burdorf 2011; Safranski 2019. Focillon 2017.
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e) Kunst und Gabe
gen, schöpferischer Natur, ohne Determinimus, mit Ereignissen des Augenblicks, geprägt »von ihrer Gebundenheit zu ihrer Freiheit.« (S. 115) Für mich hat auch Johannes Pfeiffer (1962) das Formproblem auf den Begriff gebracht: »jene Mitte fühlbar und sichtbar zu machen, wo Wesen und Wort sich decken und im Zauber der Form eine Weise der Wahrheit verwirklicht ist.« (S. 7) Es geht um »die läuternde Macht der Form«, indem »das Erlebnis emporgehoben ist« »ins Gültige« (S. 85). Der Formausdruck verkörpert die Idee, so die Wesensbestimmung des Bild-Verständnisses von Moschner (1955: S. 3). In dieser Verkörpe rung wird das Bild zum Sinn-Bild, hat also Sinn, der in der Form und eben auch durch die Form als Bildung zum Ausdruck kommt. Soweit, so gut. Das Bändchen vom Moschner lautet im Titel »Bild und Ewig keit«. Hier wird die Abhandlung zur Apologetik der Offenbarungs theologie der Kunst. Doch diesen Pfad will ich eben nicht beschreiten.
e) Kunst und Gabe, die Geburt des Bösen aus dem Geist der Liebe und die dunkle Seite der Macht der Gabe Nehmen wir einen berühmten Satz von Susanne K. Langer557 zum Ausgangspunkt: »Kunst ist das Erschaffen von Formen, die mensch liches Fühlen symbolisieren.« (Langer 2018: S. 120) Und ersetzen wir nun den Begriff der Kunst mit dem Begriff der Gabe, was ohnehin nicht schwerfällt, da die Kunst in den Kunstwerken selbst Gaben an die Menschen sind, so ist der Symbolisierungsprozess in der Form verkörpert, die die Gabe annimmt. Doch welches Fühlen und welches Gefühl geht in der Form als Symbolisierung – wonach die Gabe in ihrer Form dergestalt zum objektiven Geist (der Einfluss des Denkens von Ernst Cassirer auf Susanne L. Langer ist bekannt) wird – wie Pneuma ein? Fühlen setzt voraus, dass man etwas fühlt, was da ist: also das andere oder der andere, also Dinge und Menschen. Die Kunst in der Gabe558 ist demnach Formwerdung der Responsivität in Bezug auf die Gegebenheiten, die es zu verarbeiten gilt. Kunst ist daher immer eine Arbeit an den ewig gleichen Daseinsthemen in ihrer Formbestimmtheit der Epoche. Das Fühlen setzt das Er-Fühlen der 557 558
Vgl. u. a. Lachmann 2000; Brömßer 2019. Dazu auch Hentschel 2019.
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Nachwort
Welt voraus. Kunst – und insofern auch die Gabe schlechthin – ist im Modus ihrer Form-bildenden Kreativität immer eine reaktive Verar beitung der Herausforderungen der Welt, in der man steht. Und diese Herausforderungen559 stellen sich als Entwicklungsaufgaben dar, denen sich das Subjekt der Kunst bzw. der Gabe selbstkonzeptionell und potentiell transformativ in Richtung auf Selbsttranszendenz öff nen muss. Die Magie, die auch nach Theodor W. Adorno in der Kunst steckt, ist eine schöpferische Praxis der Wahrheit, die im Modus ihrer wahren Form eine Onto-Poetik ist, also das Sein des menschlichen Daseins in der Geschichte zum Thema macht: In diesem Sinne kann der Begriff vom Menschen als Hirte seines Seins in das Zentrum der Betrachtung gerückt werden. In der Form der Gabe wird der Mensch zum Hirten seines Seins-wahren Mit-Seins als ein Selbst-Sein in sozialen Beziehungen. Die Gabe symbolisiert als Form eine solche Hin-Wendung. Wir thematisierten die mögliche Weichenstellung zur Destruktivität dieser Hin-Wendung: Mitunter Elias Canetti stand uns hier gedanklich Pate. Doch argumentierte ich früh schon in der vorliegenden Abhandlung: Die dekonstruktive Selbstreflexion dominanter Narrative der solidarischen Gabe muss nicht grundsätz lich aufgegeben werden. Sie muss jedoch angemessen differenziert auf ihre Ambivalenzen und eben auch malignen Mutationen hin problematisiert werden. In der Gabe liegt eine gewisse magische Kraft, aber diese Macht hat bekanntlich auch ihre dunkle Seite, dort, wo die Paideia scheiterte. Paul Tillich stellte die Macht in den Dienst der Demokratie, die sich an der Idee der Gerechtigkeit orientieren soll und dies im Lichte der Liebe als Kraftquelle für diesen Mut zur Daseinsgestaltung560. Der Umkipp-Effekt zur dunklen Seite dieser Daseinsgestaltung ist in der conditio humana in Relation zur Liebe gleichursprünglich angelegt. Das Böse ist aber genealogisch nicht in der Dualität zum Guten das ganz andere einer selbstständigen Gleichursprünglichkeit: Das Böse (B) ist eine endogene Mutation des Guten, eine Pathologie des Guten (G), eine Fehlentwicklung. Als solche verselbstständigt, tritt sie sodann in den Gegensatz zur 559 Dies spricht für die Notwendigkeit einer Ikonographie/Ikonologie im Sinne einer sozial- und kulturgeschichtlichen Sinn-Hermeneutik der Kunst unter Beachtung biographischer Kenntnisse oder gar psychodynamischer Diagnostikbefunde zum konkreten schöpferischen Menschen als Tiefenstrukturen der inskritiven Faltung von Geschichte und Subjekt in der sozialen Wirklichkeit der Kunst. 560 Zu Begriff und Auslegung auch Spranger 1955.
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f) Besinnung und Wandlung
Liebe (L) ein. Am Anfang stand also das Gute mit dem Kraftpotenzial der Liebe: G = f (K). Das Böse ist eine mutative Derivation des Guten: G = (G + [G → B]). Theodor Reik (1975 130 ff.) hat 1923 zu dieser Sicht der Zusammen hänge auch eine grundlegende und faszinierende psychoanalytische Auslegung vorgelegt. In diesem Sinne darf mythologisch bzw. religionsgeschichtlich in Erinnerung gerufen werden, dass Luzifer561 einst der Licht-bringende Morgenstern und somit der Morgenröte war. Doch war er ikarischer Neigung und dies würde zum Fall als Abtrennung im Modus des Engelfallmythos. Im Mythos des Prometheus562 – mit dem Feuer563 als Metapher des zivilisatorischer Fortschritts technischer Moderni sierung – finden wir eine Strukturanalogie dieser Erzählung.
f) Besinnung und Wandlung Reflektieren wir im Lichte unserer Rezeption der Metaphysik der Form bei Focillon diesen vorausgegangenen Abschnitt der genealo gischen Derivation des Bösen aus dem Guten heraus. Dazu öffne ich mich wiederum einer völlig anachronistisch anmutenden Abhand lung von Friedrich E. Freiherr von Gagern (1951). Ich tue dies, weil es mir um die personalisierende Selbsttranszendenz geht, die jedoch immer im Kontext einer Ethik der Responsivität zu begreifen ist: »Wer suchet, der findet, und wer klopft, dem wird aufgetan«564.
Diesen Satz wird man zwischenmenschlich – also ohne das schicksals hafte Walten des in diesem Satz involvierten Gott – verstehen müssen und in diesem Lichte rezipieren können. Im Prinzip ist die Abhandlung von Freiherr von Gagern eine wunderbare Darlegung des Prinzips der Selbsttranszendenz aus einer 561 Vgl. zur weiteren Geschichte der Metamorphosen Flasch 2021; Rees 2017; Weinrich 2017. 562 Pankow/Peters 1999; Möller 2015; Schöberl 2019. 563 Dazu Goudsblom 2016. 564 Sertillanges 1951: S. 222 (kursiv auch im Original).
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Nachwort
charakterneurotischen Individualität heraus hin zum DU, zum WIR und sodann – und die zwingende Notwendigkeit dieses letzten Schrit tes ist (||) problematisierbar – zu GOTT: Ich → Du → Wir || → Gott. Solche theologischen Anthropologien versuchen, die von mir heraus gearbeitete Horizontalisierung der Vertikalbeziehung von Gott (G) und Mensch (M), also die säkulare Profanisierung der Beziehung von Mensch und Mitmensch (MM), demnach somit die Transformation einer L-Konfiguration mit den Eckpunkten G, M und MM zur Linie M – MM, rückgängig zu machen. Dazu kann 1) die L-Konfiguration zur Spiegel-L-Konfiguration (M – MM – G) gedreht werden oder 2) eine U-förmige Synthese zwischen der ur-typischen L-Konfiguration mit der Spiegel-L-Konfiguration (G – M – MM -G) angestrebt werden. Im Fall von 2) wäre Gott sowohl Alpha als auch Omega, die MMM-Beziehung wäre das endliche Zwischenspiel des gottähnlichen Menschen. Fall 1) könnte die Selbsttranszendenzdynamik zwischen M und MM erweitern um eine spirituelle Dimension, die z. B. auch den Allzusammenhang als Einbettung der zwischenmenschlichen Liebe denkt. Sofern der Allzusammenhang mit der Figur Gott verknüpft wird, wird die Restitution (durchaus anknüpfend an die Definition der Restitution als Akt der Rückerstattung verloren gegangener Kul turgüter) der Achsendrehung (V → H) zur Spiegel-Achsendrehung (H → V) gebahnt. Aus Respekt gegenüber dem homo religiosus565 (eventuell im Modus als homo spiritualis) könnte man den Sinn dieser letzten Selbsttranszendenz-Etappe noch wie folgt verstehen: GOTT (0der andere religiöse Symbole566) ist (sind) eine begriffllich wie auch unbe grifflich fassbare symbolische567 Repräsentation der generalisierten Idee der Liebe, definiert als »die Kraft der Kräfte« (Huch 1946: S. 156), die als Kraftquelle pneumatischer568 Art die Selbsttranszendent-Etap pen vom ICH über das DU zum WIR (als Gemeinschaft personali sierter Individuen) ermöglicht. Es ist nicht schwer, eher einfach, hierzu den »Heiligen Geist« – die Lebens- und Unfallversicherungen haben ja die Engel auch schon im Kontext von Marketing und Vertrieb 565 566 567 568
James 1997. Baudouin 1962 sowie Wisse 1963. Betz 1990. Danz/Murrmann-Kahl 2014.
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f) Besinnung und Wandlung
profanisiert, so wie auch die Logistik der postalischen Sendungen sich den Namen des polyvalenten griechischen Gottes der Wegebegleitung angeeignet hat – zu säkularisieren: Er verkörpert dass, was wir in der griechischen Antike die »Paideia« nannten, und was wir heute als Sozialisation und Erziehung erforschen.569 Wenn die Idee der uni versalen Liebe diese Vergesellschaftung prägt, dann handelt es sich um eine tugendethische Pädagogik der Subjektivierungsform der Per sonalität, die positiv als humanistisch auszulegen ist. Hier erinnere ich an meine ontologisch-ontische Differenz zwischen der gouverne mentalen Subjektivierung als onto-anthropologisches Apriori einer seits und andererseits der repressiven, regressiven, destruktiven For men der Subjektivierung. Nach 1945 eine angesichts zurückliegender ideologischer Ver strickungen eigene geistig-morlaische Wende570 zur befreienden Spritualität findend, hat in diesem Sinne auch Graf Dürkheim (1983) von der Wandlung gehandelt, aber eben in der Alltäglichkeit des All tags, nicht mit Blick auf eine Transzendenz der (von einem Denken der Diastase codierten) dialektischen Theologie. Dort – in der Dog matik von Karl Barth – ist die Theologie angesichts der radikalen Alterität des einen Gotts als »das Ganz Andere« responsiv. Mir geht es aber um die Phänomenologie der Gabe im Kontext der mitmensch lichen Zwischenmenschlichkeit. Und diese ist eingebettet in eine von sequenziellen Asymmetrien geprägte soziale Geometrie der Hori zontalität, nicht von einer autoritären Vertikalität von »oben« und unten«, von Hirte und Herde571, von Herr und Knecht572. Es geht nicht um – wohlmöglich Angst-machende dämonische573 – (Ur-)VaterBilder574 im Kontext der Kinder Gottes.575 Es geht um das genossen schaftliche Formprinzip als konstruktive Blaupause der sozialen Beziehungen im Lichte des Integrals des Miteinander. Deshalb konnte Das wäre ein Thema der Religionspsychologie: Pöll 1965. Zur älteren, aber instruktiven Literatur vgl. auch in Schulz-Nieswandt 2016d. Dabei geht es mir aber nicht um Praktische Theologie und Religionspädagogik, sondern um grundlagenwis senschaftliche Verarbeitung des Themas. Vgl. auch Allolio-Näcke 2021. Ferner auch Wunn/Urban/Klein 2014. 570 Was ja möglich ist: Deecke 2016; ferner Raguse 2022. 571 Darauf war ich ja schon eingegangen. 572 Wohl wissend um die breite Forschungsliteratur zur Figur des Gottesknechtes im Alten Testament. 573 Frielingsdorf 1992 sowie Gagern 1990. Ferner Röhl 2015. 574 Vgl. u. a. Romankiewicz 1998. Ferner: Zoja 2018. 575 Dazu auch Rüttgers 2019. 569
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Nachwort
auch die Selbsttranszendenz-Dynamik des vom anderen affizierten ICH über das DU zum WIR nicht als Mutation des Individualismus zum Kollektivismus falsch verstanden werden, sondern nur richtig verstanden werden als Transformation zum Personalismus. Nur im Personalismus bekommt die Ausdrucksgestalt – definiert als »das innere Aufeinanderbezogensein von seelischem und leiblichem Voll zug (…) als polaren koexistenzialen Zusammenhang« (Ginters 1976: S. 117) – die Qualität der Daseinswahrheit.
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