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English, French, German Pages 345 [350] Year 2017
Wenchao Li / Hartmut Rudolph (Hg.)
Leibniz im Lichte der Theologien
Philosophie Franz Steiner Verlag
Studia Leibnitiana — Supplementa 40
Wenchao Li / Hartmut Rudolph (Hg.) Leibniz im Lichte der Theologien
studia leibnitiana supplementa Im Auftrage der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, Wenchao Li, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok In Verbindung mit Stefano di Bella, Francois Duchesneau, Michel Fichant, Emily Grosholz, Nicholas Jolley, Klaus Erich Kaehler, Eberhard Knobloch, Massimo Mugnai, Pauline Phemister, Hans Poser, Nicholas Rescher und Catherine Wilson Band 40
Wenchao Li / Hartmut Rudolph (Hg.)
Leibniz im Lichte der Theologien
Franz Steiner Verlag
Gedruckt mit Unterstützung der Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover und der Landeshauptstadt Hannover
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INHALTSVERZEICHNIS WENCHAO LI (Hannover/Potsdam) Vorwort ............................................................................................................. 7 HARTMUT RUDOLPH (Hannover) Einleitung .......................................................................................................... 9 KIYOSHI SAKAI (Tokio) Das thomistische Paradigma von ‚res-Ratio-nomen‘ bei Leibniz .................. 19 MARIA ROSA ANTOGNAZZA (London) Theory and Praxis in Leibniz’s Theological Thought .................................... 35 DANIEL J. COOK (Brooklyn, N.Y.) Leibniz’s Biblical Hermeneutics ................................................................... 59 BRIGITTE SAOUMA (Paris) Image et ressemblance chez G. W. Leibniz et Bernard de Clairvaux ............ 85 IRENA BACKUS (Geneva) Leibniz’s Quarrels on Necessity with Hobbes, Newton and Clarke............. 119 ULRICH BECKER (Hannover) Leibnizens Frömmigkeit und die Christologie ............................................. 137 MATTIA GERETTO (Venice) On Leibniz’s Christocentric Thought ........................................................... 149 PETER ANTES (Hannover) Leibnizens Stellung zu den nichtchristlichen Religionen und seine Lehre vom Heil .................................................................................... 163 JAIME DE SALAS (Madrid) Leibniz as a Theologian in the Context of His Irenic Correspondence between 1680 and 1694 ................................................................................ 171 JAN ROHLS (München) Leibniz und der lutherisch-reformierte Prädestinationsstreit........................ 185
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Inhaltsverzeichnis
CHRISTIAN LINK (Bochum) Leibniz’ Auseinandersetzung mit der reformierten Konfession ................... 209 JOHANNES WALLMANN (Berlin) Leibnizʼ Beziehungen zu Philipp Jakob Spener, dem Begründer des Pietismus ....................................................................................................... 227 LUCA BASSO (Padua) Beobachtungen zu Leibniz’ Ekklesiologie ................................................... 255 KLAUS UNTERBURGER (Regensburg) Umstrittene Ekklesiologie. Theologische Traditionen in Leibnizʼ Konzeption von Kirche, Papst und Konzil ..................................... 265 STEPHAN WALDHOFF (Potsdam) Leibniz und die Liturgie .............................................................................. 287 HARTMUT RUDOLPH (Hannover) Purgatorium und Auferstehung in Leibnizʼ Eschatologie ............................ 325
Personenverzeichnis...................................................................................... 341
VORWORT Wenchao Li (Hannover/Potsdam) Der vorliegende Band führt die Beiträge einer internationalen Fachtagung vom 26. bis 28. September 2013 im Leibnizhaus Hannover zusammen. Die Veranstalter waren die Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft (GWLG) und die LeibnizStiftungsprofessur der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover und der Landeshauptstadt Hannover (LSP). In seiner ein Jahr nach Gottfried Wilhelm Leibnizens Tod verfassten, wirkungsvollen „Éloge de M. Leibnitz“ hob Bernard de Fontenelle, Secrétaire perpétuel der Académie royale des sciences zu Paris, nachdrücklich hervor, dass der Hannoverʼsche Universalgelehrte, seit 1699 korrespondierendes Mitglied der Académie, ein bedeutender „Theologe“ gewesen sei und zwar „im eigentlichen Sinne des Wortes“: „Il étoit Theologien, non seulement entant que Philosophe ou Metaphysicien, mais Theologien dans le sens étroit“.1 Ein Nachweis hierfür ist bis heute, trotz Aloys Pichlers zweibändiger Theologie des Leibniz (1869)2, ausgeblieben. Verbreitet ist vielmehr ein anderes Verdikt: Leibniz sei „kein zünftiger Theologe“ gewesen3. Zuletzt hat der an der Freien Universität Berlin lehrende Philosophiehistoriker Wilhelm Schmidt-Biggemann die Diskussion nochmals verschärft, indem er die Rationalität der Leibniz’schen Theologie herausgearbeitet hat, um „unterm Strich“ in Leibniz einen „[c]hristlichen Theologe[n] […] in dem dogmatisch unzureichendem Sinne“ zu sehen4. Mit der fortschreitenden Edition der Korrespondenz, der philosophischen und der politischen Schriften in der Leibniz-Akademieausgabe, tritt dennoch die große Bedeutung, die Gottfried Wilhelm Leibniz der christlichen Theologie einschließlich der Vereinigung der getrennten christlichen Kirchen zeit seines Lebens bei1 2
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B. de Fontenelle: Œuvres complètes, T. 1, Paris 1818, S. 244. A. Pichler: Die Theologie des Leibniz aus sämmtlichen gedruckt und vielen noch ungedruckten Quellen mit besonderer Rücksicht auf die kirchlichen Zustände der Gegenwart und zum ersten Male vollständig dargestellt, erster Theil, München 1869, zweiter Theil, München 1870; Nachdruck: Hildesheim 1965. Siehe den Beitrag von Walter Sparn zu Leibnizʼ „Theologie“, in: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts, Das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Nord- und Ostmitteleuropa, Bd. 4, 2. Teilband, begründet von F. Ueberweg, völlig neubearbeitete Ausgabe, hrsg. von H. Holzhey und W. Schmidt-Biggemann, Basel 2001, S. 1079–1090, hier S. 1079. W. Schmidt-Biggemann: „Die Rationalität des Christentums: Leibniz als Theologe“, in: Der universale Leibniz, hrsg. v. Th. A. C. Reydon u. a., Stuttgart 2009, S. 61.
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Vorwort
gemessen hat, immer deutlicher zutage: Neben theologischen Passagen und Aussagen in Korrespondenz und Schriften liegen inzwischen zahlreiche theologische Schriftstücke hermeneutischer und exegetischer Art historisch-kritisch ediert vor. Nicht wenige davon sind in der Akademieausgabe enthalten Reihe IV (Politische Schriften), die an der Potsdamer Editionsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften bearbeitetet wird. Exemplarisch sei auf die im Band 7 edierten zahlreichen Schriften zur Kirchenpolitik verwiesen5. Die Tagung hatte zum Ziel, im Anschluss an die 2009 im Berliner Schloss Charlottenburg durchgeführte internationale Tagung über Leibniz und die Ökumene6, die anlässlich des 300-jährigen Erscheinens der Essais de Théodicée im Jahre 2010 veranstaltete Theodizee-Konferenz an der Freien Universität Berlin7, und anhand der in der Akademieausgabe neu erschlossenen Dokumente, G. W. Leibniz erstmals unter spezifisch theologischen, d. h. systematischen, theologieund kirchengeschichtlichen Gesichtspunkten einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Die Initiative der Tagung geht auf Dr. Hartmut Rudolph, bis 2007 langjähriger Leiter der Potsdamer Leibniz-Editionsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, zurück. Sein Mitherausgeber des vorliegenden Bandes und Nachfolger der Potsdamer Leitung, der Unterzeichnende dieses Vorwortes, hatte auf der Konferenz einen Vortrag über Leibnizʼ Missionstheologie frei gehalten. Eine Verschriftlichung des Beitrages ist ihm bis zum Redaktionsschluss nicht gegönnt. Dies sei hier mit Bedauern vermerkt. Für die großzügige Förderung sei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Leibniz-Stiftungsprofessur (LSP) gedankt. Den Autorinnen und Autoren danken die Herausgeber für ihre Bereitschaft, auf Anregungen der Herausgeber einzugehen, sich mit den ihnen zur Verfügung gestellten Dokumenten auseinanderzusetzen und diese auszuwerten. Für die geduldige redaktionelle Betreuung sei Helena Iwasinski (Hannover) gedankt. Ein besonderer Dank beider Herausgeber gilt Frau Prof. Irene Backus (Genf). Bei der Vorbereitung sowohl der Tagung als auch dieses Bandes haben wir von ihrer Sachkompetenz und Hilfsbereitschaft viel profitieren können. Wenchao Li Hannover/Potsdam/Berlin, am 3. November 2016.
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A IV, 7, N. 45–102. Alle Texte frei verfügbar unter www.leibniz-edition.de/bände. Siehe W. Li, H. Poser und H. Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 41), Stuttgart 2013. Siehe W. Li und W. Schmidt-Biggemann (Hrsg.): 300 Jahre Essais de Théodicée – Rezeption und Transformation (= Studia Leibnitiana Supplementa 36), Stuttgart 2013.
EINLEITUNG Hartmut Rudolph (Hannover) Je commence en philosophe, mais je finis en theologien. Un de mes grands principes est que rien ne se fait sans raison. C’est un principe de philosophie. Cependant dans le fonds n’est autre chose que l’aveu de la sagesse divine, quoyque je nʼen parle pas d’abord1.
Der Theologe Leibniz, der sich hier gewissermaßen als eine Endstufe in der Entwicklung des Philosophen zu erkennen gibt, hat sich entgegen dem im Zitat vermittelten Eindruck nahezu von Anfang seines reichen Schaffens an immer wieder zu Wort gemeldet. Erscheint die Theologie in der Reformschrift des 21jährigen als „Jurisprudenz der Herrschaft Gottes über die Menschen“2, so nennt der spätere Leibniz die immerwährende Glückseligkeit als ihren Gegenstand3. Beide Fakultäten gliedern sich in dieselben Disziplinen; beide Wissenschaften haben eine doppelte Quelle, zum einen die ratio, als das „Prinzip“ der natürlichen Theologie und Jurisprudenz, zum anderen die Heilige Schrift als positive göttliche Offenbarung, beziehungsweise die authentischen Schriften zum Recht sowie die positiven Gesetze für die Jurisprudenz4. Natürliche Theologie und Offenbarungstheologie bestehen nicht selbständig nebeneinander, sondern unterliegen beide dem Urteil der Vernunft, letztere insoweit, als die unsere Vernunft übersteigenden Mysterien des Christenglaubens nicht im Widerspruch zur Vernunft stehen dürfen. Denn auch die „sagesse divine“, um deren Anerkennung („aveu“) es Leibniz geht, steht im Einklang mit der Vernunft. Leibnizʼ theologische Äußerungen, die Zeugnisse seines lebenslangen Wirkens als Theologe, sind über sein Werk, eine Vielzahl von Schriften, Aufzeichnungen und Briefen, weit verstreut. Der englische Theologe George Jefferis Jordan spricht von der „scattered nature of his [= Leibnizʼs] theological utterances“5. Das erklärt sicherlich auch, warum so lange Zeit vergangen ist, bis der Theologe Leibniz zum Gegenstand einer gründlicheren Forschung wurde. Dies gilt jedoch 1 2 3 4 5
LH IV, 1, 4k, Bl. 39 (1714 ?); vgl. schon E. Holze: Gott als Grund der Welt im Denken von Gottfried Wilhelm Leibniz, Marburg 1991, S. 24. Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae (1667); A VI, 1, 294. A IV, 5, 597. Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae (1667); A VI, 1, 294. G. J. Jordan: The Reunion of the Churches. A Study of G. W. Leibnitz and His Great Attempt, London 1927, S. 33. Er verweist dabei auf Aloys Pichler, der schon 1869 festgestellt hatte, dass sich theologische Schriften von Leibniz nicht in derselben Weise sammeln ließen, wie etwa die mathematischen; Die Theologie des Leibniz aus sämtlichen gedruckten und vielen noch ungedruckten Quellen, Bd. 1, Nachdruck Hildesheim 1965, S. 166f.
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vornehmlich für den Teil der Theologie, dessen Inhalt sich nicht wie die natürliche Theologie der Vernunft erschließt, sondern der aus den Quellen der göttlichen Offenbarung schöpft. Die Quellen von Leibnizʼ natürlicher Theologie, bei ihm gleichbedeutend mit der Metaphysik, namentlich die Theodizee, und Quellen für seine theologische Hermeneutik lagen bereits dem 18. Jahrhundert großenteils vor und haben vor allem in modifizierter Gestalt des Wolffʼschen Rationalismus den damaligen theologischen Diskurs in großem Ausmaß bestimmt. Der 1768 erschienene 1. Band der von Louis Dutens edierten Opera omnia ist den Theologica gewidmet. Die lateinische Übersetzung der drei Teile der Theodizee und der Discours préliminaire nehmen fast genau die Hälfte der Leibnizschriften des Bandes ein. Die andere Hälfte speist sich vor allem aus antitrinitarischen Schriften und aus Briefen, die ebenfalls den Fragen der Theodizee gewidmet sind oder aber kontroverse Fragen der Kirchenunion betreffen. Nur letztere berühren zum Teil auch die Theologie, sofern diese sich mit den geoffenbarten Mysterien des Glaubens befasst. Für diesen Bereich gilt Jordans Feststellung in besonderem Maße. Wenn Leibniz über die positive Theologie oder die Mysterien der Offenbarung reflektiert, dann dient dies zum einen dem Nachweis der Widerspruchsfreiheit zur Vernunft, zum anderen dem Diskurs kontroverstheologischer Fragen mit dem Ziel, Voraussetzungen für eine Annäherung der getrennten Konfessionen zu schaffen. In den Beiträgen des vorliegenden Bandes wird immer wieder der Zusammenhang zwischen beiden Teilen der Theologie sichtbar, Ausdruck einer großen inneren Konsistenz aller theologischen Äußerungen des Juristen und Gelehrten Leibniz, der, wie Walter Sparn in einem Überblicksartikel zu Recht betont, kein „zünftiger Theologe“ war6, d. h. keinen akademischen Grad in dieser Disziplin erworben hat. Diese innere Stimmigkeit der einzelnen Bereiche der Theologie geht unausgesprochen bereits aus Aloys Pichlers großer und großartiger Untersuchung, in gewissem Maße auch aus der beachtlichen Studie, die der englische Theologe G. J. Jordan 1927 über die Kirchenunionsbemühungen von Leibniz vorgelegt hat, hervor. Sodann hat Walter Sparn darauf hingewiesen und Belege aus der Ekklesiologie, Soteriologie und der Gotteslehre hierfür vorgelegt7. Die im vorliegenden Band präsentierten Untersuchungen zu unterschiedlichen Themen der Theologie können unter anderem daraufhin gelesen werden, wie weit sich auch in der Analyse von Einzelaspekten jener von Leibniz postulierte innere Zusammenhang der natürlichen mit der offenbarungsabhängigen Theologie und damit die Konformität von Vernunft und Offenbarung widerspiegeln. In seinem die Herkunft der philosophischen Prinzipien der Theologie analysierenden Beitrag weist Kiyoshi Sakai bei Leibniz eine Parallelität der beiden für die mittelalterliche Philosophie grundlegenden Paradigmen nach, der augustinischen Verhältnisbestimmung von res und signum einerseits sowie der thomisti6
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W. Sparn: „Theologie“ [= § 31.4 des 9. Kapitels: „Gottfried Wilhelm Leibniz“], in: H. Holzey und W. Schmidt-Biggemann (Hrsg.): Das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Nordund Ostmitteleuropa (= Grundriss der Geschichte der Philosophie, begr. von Friedrich Ueberweg. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts 4), Hbd. 2, Basel 2001, S. 1079–1090, hier S. 1079. Ebd., S. 1081 und S. 1083–1088.
Einleitung
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schen Definition und Zuordnung von res, ratio und nomen andererseits, eine Parallelität von „realismus-nahem“ ‚ratio‘-Begriff und „nominalismus-nahem“ ‚signum‘-Begriff (S. 31), wobei letzterem insofern eine pragmatische Komponente innewohne, als ein weiser Mensch anders als der Nicht-Weise das Zeichen entbehren könne, weil er die ‚ratio rei‘ unmittelbar erkennen könne. Im Blick auf die Theologien enthalte Leibnizʼ ‚notion individuelle‘ im Sinne der thomistischen Tradition den ontologischen Status des ‚esse rationis‘, was der Theologie eine rationali-stische Grundlage verschaffe. Maria Rosa Antognazza weist auf den grundlegend pragmatischen Charakter in Leibnizʼ theologischer Argumentation hin, eine „theologische Emphase der Praxis“ (S. 37), deren soteriologisches Ziel darin bestehe, Gott über alle Dinge zu lieben. Das in den Demonstrationes catholicae entwickelte, alle Wissenschaft, die natürliche und die Offenbarungstheologie einschließende „titanische Projekt“ des jungen Leibniz gebe die Richtung vor, die alle späteren Bemühungen kennzeichnen, ein Projekt, das den Rahmen des intellektuellen Programms von Leibniz bildeten, nämlich die Ehre Gottes, gleichbedeutend mit dem Gemeinwohl, der ständigen Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. Dem diene auch Leibnizʼ christliche Theologie mit ihrem Nachweis, dass die christliche Lehre, gerade auch dort, wo sie sich auf die Mysterien der Offenbarung stützt und der menschliche Verstand eine nur „konfuse“ oder „blinde“ (S. 47) Erkenntnis erlaube, von der Vernunft als in sich widerspruchsfrei erkannt werden könne und ihr eine moralische Gewissheit zu eigen sei. Aufgrund eines der theologischen Erkenntnislehre von Leibniz eigenen Pragmatismus sei dem biblischen Verheißungswort oder auch der kanonisierten Lehre der Kirche ein höherer Grad der Glaubwürdigkeit und Gewißheit zuzubilligen als dem, was durch Erwägungen der Wahrscheinlichkeit nach strikt rationalen Gesichtspunkten plausibel sein mag. Dies diene Leibniz auch dem praktischen Zwecke einer politischen, religiösen und sozialen Stabilität in Europa. Denn es gehe Leibniz nicht um einen Glauben an bestimmte objektive Lehrsätze, sondern, wie bei nahezu allen Bemühungen auf den verschiedenen Feldern der Wissenschaft und Politik, um eine „praktische Haltung“ (S. 52), die auf die Glückseligkeit der Menschheit zielt. Insofern sei Leibnizʼ Theologie letztlich als Dienst am (ewigen) Leben konzipiert. Den damit aufgeworfenen Fragen nach den Grundlagen der theologischen Erkenntnis geht auch Daniel J. Cook in seinem Beitrag zur biblischen Hermeneutik nach. Beide Testamente der Heiligen Schrift habe Leibniz als besondere Gottesoffenbarung anerkannt. Die Authentizität gründe nicht in den dort geschilderten Wundern, sondern in der Entsprechung von Verheißung durch die Prophezeiungen der hebräischen Bibel und Erfüllung in den im Neuen Testament bezeugten Ereignissen. So werde Leibniz zu einem „Textualisten“ (S. 60), der auf dem historisch-philologisch zu erforschenden sensus literalis der Bibel besteht, zu einem Verteidiger der Heiligen Schrift als von Gott offenbarter Geschichte, wofür Cook eine Reihe von Beispielen anführt, und wodurch Leibniz sich von jeglicher fideistischen Sichtweise unterscheide. Im Blick auf die Glaubensmysterien, welche nicht vernunftwidrig seien, sondern über die Vernunft hinausreichen, erweise sich Leibniz gleichzeitig auch als Rationalist, dessen christlicher Glaube im Glauben an Gott als ein Vernunftwesen gründe und der sich deshalb kritisch gegen Deisten
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Hartmut Rudolph
und Skeptiker seiner Zeit wandte. In dem Zusammenhang greift Cook auch Antognazzas These einer pragmatischen Komponente in Leibnizʼ Offenbarungstheologie auf. Schließlich führt Cook eine Reihe von zeitgenössischen Bibelinterpreten an, deren Schriftverständnis von Leibniz zurückgewiesen wurde. Ausgehend von der Annahme, dass Leibniz, der über ein nahezu enzyklopädisches Wissen der mittelalterlichen Philosophie und Theologie verfügen konnte, direkt oder indirekt auch von den Ideen Bernhards von Clairvaux Kenntnis erlangt haben muss, untersucht Brigitte Saouma, inwieweit sich in Leibnizʼ Theologie inhaltliche Bezugspunkte zu diesem äußerst einflussreichen Theologen finden lassen, auch wenn die Akademieausgabe bislang kaum Referenzen auf den Zisterzienser-Abt aufweist. Leibniz habe Wert darauf gelegt, nicht als ein philosophischer oder theologischer Neuerer zu erscheinen, der den von den Älteren überkommenen Lehren keine Wertschätzung zukommen ließe. Vielmehr habe er sich von den mittelalterlichen Theologen inspirieren lassen, die ihrerseits die Ansichten der Kirchenväter bewahrt und vermittelt haben. Unter den Stichwörtern „image“ und „ressemblance“ werden Leibnizʼ Aussagen zum Verhältnis zwischen Gott und seiner Schöpfung vor dem Hintergrund der augustinisch-bernhardischen Tradition analysiert und dabei gerade im Blick auf die theologische Anthropologie diejenigen Vorstellungen benannt, die sich nur wenig von denen Bernhard von Clairvauxʼ unterscheiden, auch wenn sich die Wissenschaften im 17. Jahrhundert von den mittelalterlichen Vorgaben großenteils befreit haben. Nach den Beiträgen über mögliche Bezüge der Leibnizʼschen Theologie zur patristischen und mittelalterlichen Tradition und zur biblischen Offenbarung wendet sich Irena Backus Leibnizʼ Auseinandersetzungen mit den Deisten über die Fragen der Prädestination, des Determinismus bzw. der Willensfreiheit zu. Den ursprünglichen Deismus definiert sie (S. 119) als die Anerkennung einer universellen schöpferischen Macht, die das Vermögen der Menschheit übersteigt, eine Erkenntnis, die sich, gestützt auf eigene Beobachtungen der Gesetze und Grundlagen der Natur wie des Universums, unter Benutzung der angeborenen Fähigkeiten der menschlichen Vernunft als dauerhaft gültig erweist und bei der jegliche Berufung auf eine gesonderte göttliche Offenbarung seitens einer individuellen Religion oder einer Religionsgemeinschaft zurückgewiesen wird.
Hobbes und Newton, mit denen Leibniz sich auseinandersetzte, seien keine Deisten dieser Art, sondern ständen „irgendwo zwischen Deismus und Theismus“ (Ebd.), und Clarke sei in Wirklichkeit ein Antideist gewesen. Was Prädestination und Notwendigkeit betrifft, habe Leibniz für intelligente Wesen eine „hypothetische Notwendigkeit“ konstatiert, keineswegs aber eine mechanische, wie sie von Hobbes als Folge von notwendigen Wirkursachen auch im Fall intelligenter Substanzen und deren Willensentscheidung angesehen wurde. Die Frage nach dem unde malum, von Hobbes ausschließlich auf physische Ursachen zurückgeführt, werde von Leibniz mit der Notwendigkeit beantwortet, aus der heraus Gott in seiner Vollkommenheit die beste aller möglichen Welten erwählt habe. Die Differenz liege letztlich im unterschiedlichen Gottesbegriff. Gott als erster Beweger einer Kette von Ursachen erlaube Hobbes eine Position, die ihn unter Berufung auf die reformatorische Theologie zu einem anti-arminianischen Prädestinatianer
Einleitung
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werden lasse. Newtons Gottesvorstellung sei geprägt von der Relation zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung, in welche dieser, etwa als Autor der Schwerkraft, kontinuierlich eingreift – ein Unterschied zu Leibnizʼ Vorstellung einer präetablierten Harmonie, die wiederum für Samuel Clarke die Gefahr des Atheismus in sich barg. Im Blick auf die Frage nach dem freien Willen bzw. der Notwendigkeit habe Clarke irgendwo zwischen Newton und Leibniz gestanden. Mit Letzterem habe er zwar hinsichtlich des unde malum und und der moralischen Notwendigkeit übereingestimmt, jedoch Leibnizʼ Philosophie und Theologie integrierendes Konzept der Notwendigkeit nicht gebilligt. Ulrich Becker geht der Frage nach, wie der rationalistische Theologe Leibniz die gelebte Religion versteht und was davon in dessen Persönlichkeit erkennbar wird. Seine Unterscheidung von äußerer Gottesverehrung und wahrer Frömmigkeit (pieté veritable) deute auf den Einfluss pietistisch geprägter Frömmigkeitsbewegungen hin. Zu den wenigen bisher bekannt gewordenen Zeugnissen Leibnizʼscher Frömmigkeit zählen vor allem Gebete und ein Passionsgedicht aus dem Jahr 1684. Dieses ziele weniger auf die reformatorische theologia crucis als auf eine die Glückseligkeit der Menschen anstrebende nachahmenswerte Gottesliebe. Ein besonderes Zeugnis der Leibnizʼschen Frömmigkeit sei die Elegie auf den Tod der Königin Sophie Charlotte, in der eine Theologie sichtbar werde, in deren Mittelpunkt Gott als Inbegriff der höchsten Vernunft und des höchsten Gutes stehe. Christus erscheine nicht als der Mittler und Erlöser, sondern werde als Stifter „der reinsten und aufgeklärtesten Religion“ (S. 147) gesehen und so zum Lehrer einer neuen Frömmigkeit. Der so angesprochenen Christologie widmet sich Mattia Geretto in seiner Analyse von Aussagen zur Inkarnation und über Christus als den theánthroopos. Die Inkarnation sei für Leibniz letzter Grund der Schöpfung des im Vergleich zu allen anderen möglichen Welten mundus optimus, weshalb von einer „christozentrischen“ (S. 150) Antwort auf die Frage gesprochen werden könne, warum etwas ist und nicht nichts. Dabei komme dem Mysterium der Inkarnation bereits in De Persona Christi (1680–84) eine zentrale Bedeutung zu. Der theánthroopos Christus als „Haupt“ der Schöpfung bilde so den Eckstein in Leibnizʼ Theologie, wie dies für die präetablierte Harmonie in seiner Metaphysik gelte. Einem anderen Aspekt der Soteriologie, nämlich Leibnizʼ Stellung zum Heilsstand der nichtchristlichen Religionen, geht Peter Antes nach. Leibniz habe im Judentum keine Bedrohung für die Christen gesehen und in seiner Stellung gegenüber dem Islam habe er das Religiöse vom Politischen zu unterscheiden vermocht. Zur Botschaft des Propheten Mohammed habe Leibniz die zeitübliche christliche Position vertreten. Offener sei seine Einstellung gegenüber den Chinesen gewesen, deren natürliche Theologie er geschätzt habe. Nichtchristen habe Leibniz, vom Gedanken an Gottes Barmherzigkeit durchdrungen, unter Rekurs auf frühere Autoren durchaus die Möglichkeit der Errettung eingeräumt und die Vorstellung zurückgewiesen, dass ungetaufte Kinder und Heiden der ewigen Verdammnis anheimgegeben werden. Leibniz verband eine enge Freundschaft mit dem zum Katholizismus konvertierten Ernst von Hessen-Rheinfels, der wir eine über ein Jahrzehnt währende in-
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Hartmut Rudolph
tensive Korrespondenz verdanken, in der es vornehmlich um die Annäherung der katholischen und der lutherischen Konfession, namentlich der Öffnung von Verbindungen zum französischen Katholizismus, geht. Vor dem Hintergrund der irenischen und ökumenischen Bemühungen von Leibniz in ihren unterschiedlichen Phasen untersucht Jaime de Salas sowohl dessen Stellung zur offiziellen Religion wie auch zu dessen Theologie als Realisierung des christlichen Glaubens. Leibniz habe die Verständigung unter den Theologen für möglich gehalten, die Schwierigkeiten habe er in der politischen Umsetzung der Ergebnisse gesehen. Leibnizʼ eher auf das allgemeine Wohl zielende, auf Vernunftargumente gestützte Bemühungen, seien auf die Identifikation der Katholiken mit der katholischen Kirche als Institution und Zentrum ihres Glaubens gestoßen, während sein Projekt alle Christen in ihrer Unterschiedenheit einschließen sollte. So sei es Leibniz um einen „second order“ (S. 177) Diskurs mit praktischer Zielsetzung gegangen, in dessen Zusammenhang er die Begriffe „Liebe“ und „Gerechtigkeit“ neu definiert habe. So spiegele sich seine Interpretation der drei Grade des Naturrechts in der irenisch-ökumenischen Argumentation der Korrespondenz wie in den Verhandlungen wider, an denen er auf Grund seiner Stellung am Hof in Hannover beteiligt war. Seine dabei verfolgte Methode und Argumentation seien von Leibnizʼ lebenslanger Hingabe an die Theologie geprägt. In Leibnizʼ letzten beiden Lebensjahrzehnten rücken die Bemühungen um eine Annäherung der beiden protestantischen Konfessionen in den Vordergrund. Die Sakramentstheologie und die Erwählungslehre bilden die wesentlichen strittigen Themen zwischen Lutheranern und Calvinisten. Den zwischen den Lehrmeinungen auf beiden Seiten äußerst kontroversen Auffassungen über das Abendmahl, genauer, über die Frage der Realpräsenz Christi in den Elementen Brot und Wein, hatte sich Irena Backus bereits an früherer Stelle ausführlich zugewandt8, so dass im vorliegenden Band in zwei Beiträgen der Erwählungslehre und damit der Frage der Prädestination nachgegangen wird. Zunächst stellt Jan Rohls in seinem Aufsatz die historischen Anlässe dar, die 1697 sowohl am Hof des reformierten Kurfürsten in Berlin wie im lutherischen Hannover eine Annäherung der beiden protestantischen Konfessionen erstrebenswert erscheinen ließen. Die vom reformierten Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski 1697 verfasste Kurtze Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides, im Glauben beyder Evangelischen Kirchen und Leibniz’ gemeinsam mit dem Loccumer Abt Gerhard Wolter Molanus verfasste Antwortschrift Unvorgreiffliches Bedencken [. . .] (1699) werden als die „zwei wichtigsten Dokumente“ (S. 186) der Verhandlungen sodann analysiert. Die göttlichen Attribute, nämlich Gottes Allmacht, Gerechtigkeit, Weisheit und Güte, erkenne, so Leibniz’ Argument, die natürliche Vernunft als „ewige und notwendige Wahrheiten“. Leibniz versuche deren notwendige Harmonie aufzuzeigen. Sie haben wie das Gute und Gerechte ihren Grund in dem 8
Irena Backus: „Leibniz’s Conceptions of the Eucharist 1668–1699 and his Useof 16th Century Sources in the Religious Negotiations between Hanover and Brandenburg“, in: W. Li, H. Poser und H. Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 41, Stuttgart 2013, 171-214.
Einleitung
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ewigen Wesen Gottes. Das schließe die bei einigen reformierten Theologen vorhandene und schon aus der Spätscholastik überkommene Meinung aus, nach welcher Gott zu allem Recht habe, was ihm möglich sei, wenn er nur wolle, einschließlich der Verdammnis Unschuldiger. Ebenso sei es für Leibniz unmöglich, Gott zum Urheber der Sünde zu machen, weil Gottes Heiligkeit nicht von dessen Gerechtigkeit zu trennen sei. Einen Grund für den Dissens sieht Rohls im unterschiedlichen Verständnis dessen, was das Wort „Wille“ bedeute. Eingehend werden Jablonkis und Leibniz’ Positionen zur göttlichen Gnadenwahl und zur Soteriologie dargelegt. Letzterer habe sowohl die supralapsarische Vorstellung einer Prädestination zur Verdammnis als auch die vermeintliche Ausweglösung einer scientia media, eines mittleren Wissens, abgelehnt. Leibniz sei jedoch von einund demselben Beweggrund Gottes in dessen ewigen Ratschluss wie bei der zeitlichen Exekution, der Realisierung dieses Dekrets, durch Rechtfertigung, Erlösung etc. ausgegangen. Christian Link analysiert ebenfalls Leibnizʼ Beitrag zu einem Ausgleich in der Prädestinationsfrage, die nicht nur zwischen Lutheranern und Calvinisten, sondern auch innerhalb der reformierten Theologie heftig umstritten war. Dem, was die Reformatoren Luther und Calvin aufgrund strenger exegetischer Arbeit zu Gottes Prädestination und zur Willensfreiheit ausgesagt hatten, nämlich dass jegliche theologische Erkenntnis hierbei an ihre Grenzen stoße, werde durch Leibniz „eine folgenreiche philosophische Wendung“ hin zu einem „metaphysischen Gott der ‚ewigen Wahrheiten‘“ (S. 212) gegeben. Leibniz habe versucht, eine „philosophische Matrix“ (S. 214) bereitzustellen, um einen Ausgleich der theologischen Differenzen zu ermöglichen. Im Gegensatz zur theologischen Tradition von Augustinus bis hin zu den Reformatoren habe Leibniz bei der in dem Zusammenhang kruzialen Lehre von den göttlichen Eigenschaften mit logischen Argumenten gearbeitet und im Blick auf Sündenfall und das unde malum das voluntaristische Fundament, auf dem Gott letztlich ein tyrannischer Wille zugeschrieben werde, in eine rationale Argumentation zu überführen versucht. Bereits Leibnizʼ Discours de métaphysique enthalte das „philosophische Modell“ (S. 221) für Leibnizʼ Lösungsansatz, der allerdings die theologischen Gründe dafür nicht aufheben konnte, dass die reformierte Theologie an ihrer Prädestinationslehre als der Voraussetzung der ohne eigenes Verdienst zu erlangenden Rechtfertigung des Sünders festhalten musste. Ausführlich beschreibt Johannes Wallmann Leibnizʼ Beziehung zu Philipp Jakob Spener, die bereits 1667 einsetzt und in dessen Frankfurter Zeit Leibniz, der nun zu Speners Freundeskreis gezählt werden könne, eine Reihe neuer Kontakte eröffnet habe. Der Briefwechsel zwischen beiden wurde durch Leibnizʼ Aufenthalt in Paris unterbrochen. Beide, Spener wie Leibniz, dieser seit 1680, standen in engem Kontakt zum Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels. Dieser sei auch der (von Wallmann schon 1983 als solcher identifizierte) Auftraggeber des von Spener erstellten, „in der protestantischen Kirchengeschichte einzigartigen“ (S. 237) Toleranzgutachtens, das, erstmals 1683 anonym erschienen, 1699 von Spener in die Sammlung seiner ersten geistlichen Schriften aufgenommen wurde. 1684 sei Spener Royas y Spinola begegnet, Molans (und Leibnizʼ späterem) Verhand-
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lungspartner auf dem Unionskonvent 1683. Spener habe schon damals Rojasʼ Pläne einer Union der Lutheraner und Katholiken abgelehnt, da sie für ihn auf eine Unterwerfung der Protestanten hinausliefen. Erst 1687 nahm Leibniz zu dem inzwischen zum kursächsischen Oberhofprediger in Dresden avancierten Spener erneut Verbindung auf. Ein Brief von 1689 habe Leibniz verdeutlicht, dass Spener allen Reunionsbemühungen mit Rom ablehnend gegenüberstand. Die letzte Phase der Beziehung zwischen Leibniz und dem Begründer des Pietismus wird durch beider Engagement in Berlin bestimmt. Leibniz führt die Verbindung zur Kurfürstin Sophie Charlotte dorthin, deren Schloss Lietzenburg zu einem Zentrum des geistigen Lebens geworden war. Das Berlin des lutherischen Propstes, der als Prediger in der Nikolaikirche die Menschen anzuziehen vermochte, sei ein anderes gewesen als das kulturelle und wissenschaftliche Zentrum, in dem Leibniz sich bewegt habe. Spener, der Pufendorfs von Leibniz stark kritisierte Unionsschrift Ius divinum feciale positiv begutachtet habe, habe 1699 auf Leibnizʼ Unionsschrift Tentamen expositionis irenicae nicht ablehnend, aber auch nicht mit Zustimmung reagiert und sei in die zwischen Leibniz, Molanus und Daniel Ernst Jablonski 1698 aufgenommenen Verhandlungen sowie in das Collegium charitativum von 1703 über eine innerprotestantische Union nicht einbezogen worden. Von der anfänglichen Freundschaft zwischen Leibniz und Spener sei „wenig übrig geblieben“ (S. 255). Zwei Beiträge sind Leibnizʼ Ekklesiologie gewidmet. Luca Basso betrachtet sie zum einen in ihrem Verhältnis zur Leibnizʼschen Philosophie, zum anderen untersucht er deren politischen Implikate, wobei auch wiederum eine enge Verbindung zwischen Philosophie und Politik zu beachten sei. In diesen Zusammenhang einzubeziehen sei auch Leibnizʼ Konzeption des Naturrechts, das Gott wie Mensch derselben Gerechtigkeit unterziehe, wie dies auch für die ewigen Vernunftwahrheiten gelte. Die von Gott regierte respublica universalis und jede politische Republik verhalten sich nicht dualistisch zueinander, sondern stehen beide im Kontinuum, innerhalb dessen sich jede einzelne Republik in einem auf die respublica universalis gerichteten unendlichen progressus befinde. Das verbinde, wie Leibniz sagt, auch die auf ewige Glückseligkeit zielende „Kirche Gottes“ (S. 260) mit dem „ganzen menschlichen Geschlecht“. So wie der Glaube nicht von der Vernunft getrennt werden könne und auch die caritas mit dieser verbunden sei, bedeute „katholisch“ einen Einigungsversuch zwischen allen vernünftigen Menschen. Auch die unsichtbare ecclesia universalis sei durch die Nächstenliebe auf die „Einheit der Geister“ (S. 263) gegründet. Leibnizʼ ökumenische Idee sei insofern eine protestantische. In politischer Hinsicht dienen Leibniz ökumenische Bemühungen dazu, im Deutschen Reich zu einem Gleichgewicht zu gelangen als Voraussetzung einer Balance in Europa und damit eines dauerhaften Friedens. Klaus Unterburger stellt die Frage, ob Leibniz einen „vorkonfessionellen“ (S. 269) Begriff von Katholizität für sich beansprucht habe oder ob er „im wesentlichen“ (ebd.) als Katholik gesehen werden könne, welcher der Überzeugung gewesen sei, es gebe keinen Grund, sich von der universalen, vom Heiligen Geist geleiteten Kirche zu trennen, auch wenn er im Einzelnen nicht jedes Detail der Lehre oder der Bräuche akzeptiere. Durchgängig habe Leibniz einen Primat des
Einleitung
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Papstes jure divino anerkannt, weil die Kirche sichtbar rechtlich verfasst sein müsse und als eine einheitliche moralische Person eine oberste Instanz benötige. Dazu gehöre auch die äußere Rechtsform einer respublica, deren höchster Instanz, dem Papst, Gehorsam zu leisten sei. Nicht aber habe Leibniz dem Papst Unfehlbarkeit in Glaubensfragen zugestanden. Denn diese gehören einer anderen Ordnung an, in der es, gemäß Vinzenz von Lerinum, um das Zeugnis aller in Vergangenheit und Gegenwart gehe, über Glaubenswahrheiten könne deshalb nur das Konzil als unfehlbare Instanz entscheiden. So habe Leibniz auch die Berufung auf den vermeintlichen consensus quinquesaecularis, der für ihn eine Fiktion gewesen sei, als ungeeignet angesehen. In den Auseinandersetzungen mit dem französischen Bischof Bossuet werde sichtbar, wie Leibniz aus der alten Tradition des Notstandsrechts heraus die Ökumenizität des Konzils von Trient insofern bestreitet, als es Dogmen als kanonisch lehre und deren Bestreitung anathematisiere, die zu Unrecht als heilsnotwendig zu glauben angesehen werden. Der heilsnotwendige Glaube sei von Christus offenbart worden und so unveränderbar und als fides implicita in allen Konfessionen zu finden. Es war gleichfalls der ökumenische Diskurs, der Leibniz veranlasste, sich auch mit der Liturgiegeschichte und mit liturgischen Fragen zu beschäftigen, einem Gegenstand, dem Stephan Waldhoff in seinem Beitrag nachgeht. Die Liturgie gehöre zur Gestalt der ecclesia catholica etwa, sofern sie als Gemeinschaft „aller im Sakrament Verbundenen“ gesehen wird. Ungeachtet des als für die Kircheneinheit notwendig angesehenen Konsenses im Verständnis der Sakramente habe Leibniz sich im interkonfessionellen Diskurs auch mit liturgiegeschichtlichen Fragen befasst, so etwa 1691 in einem Entwurf zur Welfengeschichte. Im Dialog mit den Katholiken sei es ihm um den Hinweis auf Veränderungen liturgischer Riten im Laufe der Geschichte und auf Präzedenzfälle gegangen, um dadurch gegenwärtige Gültigkeitsansprüche relativieren zu können. Leibnizʼ detaillierte Untersuchungen zum Laienkelch bilden ein eindrucksvolles Beispiel für methodische Sorgfalt, die seine mit expliziten Wertungen sparsamen Ausführungen kennzeichne. Auch in seine Argumentation zur Annäherung der unter den beiden protestantischen Konfessionen kontroversen Sakramentsauffassungen seien liturgiegeschichtliche Beobachtungen eingeflossen. Allerdings habe Leibniz, wie vor allem auch Molanus, es abgelehnt, über die Einführung einer Liturgie, ohne eine Einigung in der Sakramentslehre, zur Kircheneinheit zu gelangen. Auf Grund der besonderen Situation in England 1716 hätte die anglikanische Liturgie doch noch eine gewisse Bedeutung für die Annäherung der Lutheraner und Calvinisten erlangen können, doch stand dem Leibnizʼ Tod entgegen. Einige wenige liturgierelevante Aufzeichnungen, wahrscheinlich aus der Zeit um 1708 im Vorfeld der Einführung einer neuen Kirchenordnung in Braunschweig-Wolfenbüttel, könnten auf einen Versuch von Leibniz deuten, im Sinne der Irenik deren Gestaltung zu beeinflussen. Den „letzten Dingen“ (S. 329), speziell dem Purgatorium und der leiblichen Auferstehung, ist der Beitrag von Hartmut Rudolph gewidmet. Nur die Auferstehung zähle Leibniz vollständig zu den Mysterien, also zur offenbarten Theologie, während das Purgatorium beiden Bereichen zuzurechnen sei. Im Blick auf die
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unterschiedlichen Vorstellungen in der Alten Kirche und im Mittelalter und angesichts eines klaren biblischen Zeugnisses falle Leibnizʼ Urteil über das Fegfeuer zurückhaltend aus, das ihm gleichwohl allein schon von der sana ratio her einsichtig gewesen sei. Nach dieser liege es nahe, das Purgatorium als eine reinigende Trübsal sowohl in diesem Leben, aber auch als Reinigung der von ihrem Körper getrennten Seele zu sehen. Hinsichtlich der leiblichen Auferstehung sei es Leibniz wie bei allen Mysterien nur um den Nachweis der Possibilität gegangen. Nicht die Masse aus Fleisch und Knochen, sondern „quidam substantiae flos“ sei es, eine Blume der Substanz, die sich mit der Seele wieder vereinige. Leibnizʼ Eschatologie sei mit einer dualistischen Apokalyptik unvereinbar. Walter Sparn ist zuzustimmen, wenn er feststellt: Leibniz war sowohl Philosoph als auch Theologe, beides nach den Regeln der Kunst und in wohlbedachter Verschiedenheit, doch in der Absicht, beiden Disziplinen die gleichen theoretischen und praktischen Aufgaben zu stellen und beiden gleiche theoretische und praktische Leistungen abzufordern.
Dazu bedurfte es, so Sparn, einer neuen Konzeption des Zusammenhangs von Philosophie und Theologie, von der noch die gegenwärtige systematische Theologie etwas lernen kann: dass es zwischen dem Rückzug auf die ‚doppelte Wahrheit‘ und der Flucht in den ‚Begriff‘, zwischen dogmatischer Selbstbehauptung und spekulativem Selbstverlust der Theologie einen gangbaren und sinnvollen Mittelweg gibt9.
Der vorliegende Band möge einerseits den Blick der heutigen Theologie jedweder Konfessionen auf einen solchen in ihrer Geschichte aufgewiesenen „Mittelweg“ lenken, andererseits die Philosophen, soweit sie sich der Geschichte ihres Fachs zu öffnen bereit sind, auf die Herausforderung hinweisen, die in dem von Leibniz beschriebenen Zusammenhang auch heute enthalten sein könnte.
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„Das Bekenntnis des Philosophen. Gottfried Wilhelm Leibniz als Philosoph und Theologe“, in: W. Sparn: Frömmigkeit, Bildung, Kultur. Theologische Aufsätze I: Lutherische Orthodoxie und christliche Aufklärung in der Frühen Neuzeit, Leipzig 2012, S. 187–232, hier S. 191f.
DAS THOMISTISCHE PARADIGMA VON ‚RES-RATIONOMEN‘ BEI LEIBNIZ* Von Kiyoshi Sakai (Tokio) […] nos modernes ne rendent pas assez de justice à S. Thomas et à d’autres grands hommes de ce temps là, et qu’il y a dans les sentimens des philosophes et theologiens scholastiques bien plus de solidité qu’on ne s’imagine […]1.
EINLEITUNG Bekanntlich versucht Leibniz, die scholastische Tradition der ‚forma substantialis‘ zugunsten der individuellen Substanz zu rehabilitieren. Sofern es um die Monade als den ohne Vermittlung von ‚genus‘ sowie ‚species‘ unmittelbar die Welt ausdrückenden Weltspiegel geht, kann man Leibniz leichter mit Augustinus verknüpfen. Allein zum Beispiel in den drei Philosophischen Bänden aus dem Zeitraum von 1677 bis 1690, A VI, 4 (A, B, C) taucht ‚Augustinus‘ 143-mal auf, somit häufiger als alle anderen Autoren. Leibniz scheut sich nicht zu sagen: „Je suis du sentiment de S. Augustin [...]“2. Aber in denselben Bänden der Akademieausgabe findet sich, dass Leibniz ebenso häufig Thomas von Aquin nennt. Das heißt wir finden in A VI, 4 (A, B, C) „Dr. (oder St.) Thomas“ 65-mal, und noch „Thomistae“ 14-mal. Er nennt Thomas im Zusammenhang mit so umfangreichen Themenbereichen wie Substanz, Individuum, principium individuationis, ontologischer Gottesbeweis, Ethik, Religion und Christologie. Die Texte des Aquinaten, die Leibniz dabei zur Kenntnis nahm, sind nicht nur die bekannten wie Summa theologiae, De ente et essentia, De Veritate, Summa contra gentiles, sondern sie erstrecken sich auch auf Texte wie Commentarius in quatuor libros sententiarum, Quaestiones disputatae de potentia Dei, Quaestiones disputatae de malo etc. Hieran lässt sich besonders Leibniz’ *
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Herzlich bedanke ich mich bei Herrn Dr. Hartmut Rudolph, der mich durch Arbeitsgespräche zu dieser Arbeit ermuntert hat, und bei Herrn Prof. Dr. Herbert Breger, der mein Manuskript durchgesehen und mir dann einige sprachliche Ratschläge gegeben hat. Discours de métaphysique § 11; A VI, 4 B, 1544, 17. Zur Augustinus – Rezeption bei Leibniz vgl. H. Rudolph: „‚Je suis du sentiment de S. Augustin […]‘. Leibniz’ (1646–1716) Nähe und Distanz zu Augustinus“, in: N. Fischer (Hrsg.): Augustinus. Spuren und Spiegelungen seines Denkens, Bd. 2, Hamburg 2009, S. 59–87 und I. Backus: „Leibniz and Augustine“, in: Augustinian Studies 43 1/2 (2012), S. 179–189.
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Interesse am Substanzbegriff bei Thomas bemerken. Leibniz schließt sich Thomas an, den ontologischen Status des Individuums als ‚species infima‘, d.h. ‚angelus ou intelligences‘, sicherzustellen. Er kritisiert zwar das scholastische ‚principium individuationis‘, aber er bejaht zugleich Thomas’ Gleichstellung der individuellen Substanz mit der untersten Spezies3. Die Hervorhebung des menschlichen Geistes als individueller Substanz, somit die Rückbindung an Thomas’ Texte, ist für Leibniz nicht nur wegen seiner nominalismusnahen Ontologie, sondern auch wegen seines theologischen, aber auch wegen seines ethischen Interesses an der Frage nach der Unsterblichkeit des individuellen Geistes sehr wichtig. Im Folgenden versuche ich zunächst zwei mittelalterliche Denktraditionen, nämlich Augustinus’ ‚res-signum‘ und Thomas ‚res-ratio-nomen‘, gegenüberstellend zu erläutern, wobei die eigentümliche Bedeutung des ‚ratio‘-Begriffs bei Thomas diskutiert werden soll. Diese zwei Traditionen sollen in Leibniz’ Texten nachgewiesen werden, um sie schließlich mit neuen Denkmotiven des Philosophen in Verbindung zu bringen. Es soll somit gefragt werden, welche positive, philosophisch-theologische Bedeutung Leibniz’ Bezugnahme auf die ‚ratio‘ impliziert, während, wie man feststellen muss, die ‚ratio‘ in der neuzeitlichen Philosophie, sowohl bei Descartes als auch bei Kant fast völlig übersehen worden ist. 1. ZUM THOMISTISCHEN PARADIGMA VON ‚RES-RATIO-NOMEN‘ Der Philosophie und Theologie von Thomas von Aquin liegt die Frage nach dem ‚ens‘ (Seienden) oder nach der ‚res‘ zugrunde4. Während der Begriff des Seins (‚esse‘) im Sinne von ‚Daß-sein‘ Verwendung findet, wird der Begriff der ‚res‘ bei Thomas vielmehr im Sinne von ‚Was-sein‘ betrachtet. ‚Oὐσία‘ wird im Sinne von ‚εἶναι‘, ‚τὸ ὄν‘ gedeutet, dagegen wird ‚res‘ so gesehen, dass das Seiende immer ‚als etwas‘ verstanden wird. ‚Res‘ sind nichts anderes als die Seienden, zu denen wir Menschen uns in unserer Lebenspraxis auf je verschiedene Weise verhalten5. Alle innerweltlichen Seienden wurden als ‚res creatae‘ gekennzeichnet. (Das Wort ‚res‘ ist die lateinische Übersetzung des aristotelischen Terminus ‚πρᾶγμα‘ und beruht somit auf einer Bedeutung, die an der menschlichen Praxis (‚πράττειν‘) wie Handeln oder Schaffen orientiert ist6). Aus welchem Grund bestimmt sich ‚Quid est‘ von der jeweiligen ‚res‘? Das bestimmt sich Thomas zufolge gerade durch die ‚ratio‘. Diese ‚ratio‘ des einzelnen Seienden wird im unendlichen ‚intellectus Dei‘ gedacht. Wenn Gott der ‚ratio‘ das ‚esse‘ gegeben hat, ergibt sich das wirkliche Einzelne (individuum). ‚Ratio‘ ist die lateinische Übersetzung von ‚λόγος‘ und ist prinzipiell einem Sinnkomplex zuzuordnen, der sich mit ‚Vernunft‘ oder ‚intellectus‘ verbindet. ‚Ratio‘ ist ‚conceptio rei‘, die durch 3 4 5 6
Discours de métaphysique, § 9; A VI, 4 B, 1541f. Th. von Aquin: De veritate, q. 1, a. 1, c. Ders.: Summa theologiae, I, q. 8, a. 1. (Utrum Deus sit in omnibus rebus); De ente et essentia, c. 1, n. 3. Aristoteles: De arte poetica. Das Wort, ‚res‘ wurde aber im weiteren Sinne auch als Synonym von ‚οὐσία‘ gebraucht. Vgl. Ders.: Metaphysica, IV, c. 2, 1003b, S. 16–19.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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‚intellectus‘ oder Vernunft (‚ratio‘)7 ergriffen wird8. Es ist sehr wichtig, zwischen der sozusagen (im übertragenen Sinne) ‚noetischen‘ Seite, durch die ‚intellectus‘ etwas denkt (‚conceptio quo‘), und der ‚noematischen Seite‘ zu unterscheiden, die als Gegenstand des ‚intellectus‘ vom ‚intellectus‘ gedacht wird (‚id quod intellectum est‘)9. Das hier gemeinte Denken ist keine bloße Sinnlichkeit, sondern es hat, sofern es dem Intellekt angehört, eine abstrahierte Allgemeinheit. ‚Conceptio quo‘ das heißt ‚id quo res intelligitur‘ ist Forschungsgegenstand der Psychologie; und sie liegt im ständigen Geschehen und Vergehen des Bewusstseins-inhalts. Dagegen ist das ‚conceptio quod‘ gerade die ‚ratio rei‘, genauer: die ‚ratio des Wasseins‘ (‚quid est‘); sie kann somit die zeitliche Sukzession des Bewusstseins transzendieren10. Bekanntlich teilt Thomas der ‚forma rei‘ das Allgemeine (‚genus‘, ‚species‘), und der ‚materia‘ das ‚principium individuationis‘ zu. Aber sowohl ‚genus‘ als auch ‚species‘ sind als Inhalt der ‚ratio‘ zu betrachten, d. h. beide subsistieren nicht. Der Inhalt der ‚ratio‘ macht unterschiedliche Wissenschaftsthemen aus, d. h., er besteht nach dem jeweiligen Gesichtspunkt (‚ratio‘), unter dem der Intellekt das Einzelne betrachtet, aus den jeweiligen Wahrheiten. So ist z. B. der ‚Mensch‘ (die ‚ratio‘ des Menschen) Gegenstand nicht nur von Theologie und Philosophie, sondern auch von Biologie, Wirtschaft, Jura usw.; und wir geben gerade dieser ‚ratio‘ jeweils einen Namen (‚nomen rei‘). Das Wort ‚nomen‘ ist ebenso die lateinische Übersetzung des griechischen Wortes ‚ὄνομα‘. Das besagt: Thomas’ Theorie von ‚res-ratio-nomen‘ übernimmt das Paradigma der aristotelischen Ontologie des ‚πρᾶγμα-λόγος-ὄνομα‘. Nur liegt Thomas’ Betonung auf der ‚res‘ und deren Grund, ‚ratio‘, während es Aristoteles eher darum ging, ob das ‚ὄνομα‘ dem ‚πρᾶγμα‘ jeweils richtig zuordnet wird. Das heißt: Thomas zufolge ist das Prinzip, durch das die ‚res‘ als ‚res‘ besteht, gerade der objektive Denkinhalt, der seinerseits weder vom Wirklich-sein der ‚res‘ noch vom psychischen zeitlichen Bewusstseinsakt abhängig ist.
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von Aquin: Summa theologiae, I, q.79, a. 8, c.: „[…] ratio et intellectus in homine non possunt esse diversae potentiae […]“. 8 Ebd., I, q. 13, a. 4, c.: „Ratio enim quam significat nomen, est conception intellectus de re significata per nomen […]“. 9 Ich bin der Ansicht, dass diese Unterscheidung von ‚noema‘ und ‚noesis‘ sowohl bei Descartes als auch bei Kant außer Acht gelassen oder zu Unrecht verwechselt worden war, um dann erst bei Husserl (Logische Untersuchungen, I–14, V–20) wieder richtig thematisiert zu werden. Diese Erkenntnis ist dem Meisterwerk von A. Yamada: Tomasu Akuinasu no resu kenkyu (Die Untersuchungen über die „res“ bei Thomas von Aquin), Tokio 1986, zu verdanken. 10 von Aquin: De veritate, q. 4, a. 2, ad. 3: „[…] conceptio intellectus est media inter intellectum et rem intellectam, quia ea mediante operatio intellectus pertingit ad rem. Et ideo conceptio intellectus non solum est id quod intellectum est, sed etiam id quo res intelligitur; ut sic id quod intelligitur, possit dici res ipsa, et conceptio intellectus […]“.
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2. DAS AUGUSTINISCHE PARADIGMA VON ‚RES-SIGNUM‘ Was der oben angezeigten Thomistischen Tradition gegenübersteht, war im Mittelalter diejenige, die mit Augustinus begann und über Lombardus bis hin zu Bonaventura ging, nämlich das Denkmuster von ‚res-signum‘. Auch der Grundbegriff der Augustinischen Theologie ist ‚res‘, jedoch kann dieser Begriff bei ihm am besten nur Gott, dem höchsten Seienden, durch den alles Seiende existiert, zugeordnet werden. Er wird also im primären Sinn als ‚res‘ bezeichnet. Das Verhältnis zwischen dieser ‚RES‘ und den übrigen geschaffenen Seienden als ‚signum‘ ist ein Hauptthema der Augustinischen Theologie11. ‚Res‘ und ‚signum‘ werden nicht durch ‚ratio‘ vermittelt wie bei Thomas, sondern beide stehen sich unmittelbar gegenüber. Das heißt, bei Augustinus werden alle sinnlich wahrnehmbaren Seienden (res sensibiles), wie Mensch, Körper, Individuum, Universum, usw., als das ‚signum‘ der ‚RES‘ (Zeichen, Bild, Schriftzeichen, Sprache, etc.) verstanden12. Sie bezeichnen (‚significare‘) in verschiedenen Weisen, die einzige ‚res‘, das ist Gott. Es gibt also im Augustinischen System drei Arten von Seiendem: die einzige ‚res significata‘(Gott), die ‚res creata‘, die jeweils als ‚signum‘ in einer bestimmten Weise Gott bezeichnen und ‚Christus‘, der Gott bezeichnet und zugleich selber durch die geschaffenen Dinge bezeichnet wird13. Augustinus fragt bezüglich der in dieser Welt existierenden Dingen nicht nach deren ‚ratio‘, sondern er denkt, dass jedes Seiende nichts anderes als das Gott bezeichnende ‚signum‘ ist, wie es sich in der Wirklichkeit (auch für die sinnliche Wahrnehmung) zeigt. Die Unterscheidung von ‚universalia-singularia‘ oder ‚substantia-attributus‘, die Aristoteles sowie Thomas durchführen, wurde bei Augustinus als unnötig betrachtet. Die sinnlich wahrnehmbare Welt (‚res sensibilis‘) ist zugleich das Zeichen Gottes; sie bezeichnet ohne Vermittlung unmittelbar den Inhalt Gottes. Anders gesagt, im Inhalt des Individuums werden alle betreffenden Prädikate, das heißt sowohl ‚denominatio intrinseca‘ als auch ‚denominatio extrinseca‘14 eingeschlossen und zwar ohne zwischen der Substanz und deren Akzidenz oder zwischen dem Subjekt und dem Objekt unterschieden zu werden. Und das solchen unendlichen Inhalt involvierende Individuum (‚L’individualité enve-
11 Unter den ‚signis‘ diskutiert Augustinus weniger über das natürliche signum, um vielmehr das konventionelle signum, das heißt verbum zu thematisieren. Zum ersteren gehören die Wahrsagung und die Medizin, die in der heidnischen Welt unter den antiken Griechen und Römern in Mode waren. Zum letzteren gehören Bibel und Bücher der Kirchenväter. Die Augustinische Logik stellt sich die Aufgabe, für die Auslegung des Signum (Bibel) verschiedene Techniken zu entwickeln. Sie versucht also anhand des signum unmittelbar res, das heißt ‚veritas dogmaticae‘ (Existenz Gottes, Trinitas, Incarnatio, Auferstehung, Himmelfahrt) auszulegen, und zwar in einem übertragenen Sinn. Dieses Vorgehen wurde zum Hauptstrom der mittelalterlichen Logik. Vgl. Augustinus: De doctorina Christiana, II, III. 12 Vgl. Ders.: De magistro, c. 1, n. 2, COL. 29, S. 159. 13 Zu Christus als das Seiende, das res und zugleich signum ist, vgl. Ders.: Confessiones, XIII, S. 15–18. 14 Vgl. Brief an Arnauld, Juni 1686; A II, 2, 57; vgl. auch Brief an Arnauld, 14. Juli 1686; A II, 2, 80 und Nouveaux essais, III, Kap.3: „Des Termes Generaux“.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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loppe l’infini‘15) ist Augustinus zufolge das ‚Zeichen‘ (‚signum‘) Gottes. Und die Erkenntnis des Verhältnisses zwischen dem ‚Zeichen‘ und ‚durch Zeichen zu bezeichnendem Gott‘ wird nur ermöglicht, wenn unser Intellekt durch Gottes Licht, Spiritus Sanctus, beleuchtet wird. Hier besteht eine dreifaltige Struktur von ‚RESsignum-Spiritus Sanctus‘. Somit werden Gott und alle Seienden auf der Erde, das heißt ‚signum‘, zum Inhalt der Theologie. Welche Stellung nimmt Leibniz nun gegenüber diesen beiden gegensätzlichen Traditionen des Mittelalters, d. h. dem Thomistischen ‚res-ratio-nomen‘ und dem Augustinischen ‚res-signum‘, ein? 3. DAS AUGUSTINISCHE PARADIGMA VON ‚RES-SIGNUM‘ BEI LEIBNIZ Es fällt uns wohl nicht so schwer, Leibniz’ philosophischen Schriften das augustinische Paradigma von ‚res-signum‘ zu entnehmen. Zwar hat man mit Recht darauf hingewiesen, dass Leibniz angesichts des sogenannten Universalienstreits im Mittelalter eine dem Nominalismus nahe Stellung einnimmt. Und Leibniz sagt, dass weder ‚genus‘ noch ‚species‘, sondern ausschließlich ‚individuum‘ könne subsistieren16. Aber er bemerkt zugleich, dass das allgemeine Wesen (‚universale‘) nicht einem bloß sinnlichen Zeichen gleichgestellt werden könne, obwohl es nicht als Substanz existiere. Die Möglichkeit der Realität eines Gegenstandes findet er in einer durch das Zeichen zu bezeichnenden Ähnlichkeit (‚similitude‘) oder in einer (nicht von Ähnlichkeit abhängigen, sondern formal-strukturellen) Entsprechung (‚correspondentia‘) mit dem Ding17. Im Folgenden bestätigen wir das augustinische Paradigma von ‚res-signum‘ bei Leibniz anhand von, zu seinen unterschiedlichen Phasen gehörenden, vier Texten. Disputatio metaphysica de principio individui, 166318 Unter dem Einfluss von Suarez äußert sich Leibniz: „Pono igitur: omne individuum sua tota entitate individuatur“19. Jedes Individuum schließt in sich dessen vollständigen wirklichen Inhalt ein. Quid sit idea, 167820 Die ‚idea‘ ist nach Leibniz kein bloß vorgestelltes Bild, sondern vielmehr ‚facultas cogitandi‘, die uns zum Gegenstand hinführt. Der Gegenstandsbezug ist bei 15 A VI, 6, 289. 16 Vgl. hierzu z. B.: B. Mates: The Philosophy of Leibniz, Oxford 1986, S. 170–173. 17 „Quid sit idea“: „[…] ex sola contemplatione habitudinum exprimentis, possumus venire in cognitionem proprietatum respondentium rei exprimendae. Unde patet non esse necessarium ut id quod exprimit simile sit rei expressae, modo habitudinum quaedam analogia servetur […]“. A VI, 4 B, 1370, Z. 23–26. 18 Ebd., 1, Z. 9–19. 19 Ebd., 11. 20 Ebd., 4 B, 1370f.
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Leibniz als ‚expressio‘ gekennzeichnet. Was ist also ‚exprimere‘? Hierzu behauptet Leibniz Folgendes: Das Eine exprimiert ein Anderes, heißt, das Exprimierende beinhaltet die Bedingungen (‚habitudines‘) des dadurch zu exprimierenden21, wobei Leibniz für die Expressio-Beziehung verschiedene Fälle für möglich befindet. Um dann zwischen zwei verschiedenen Seienden ein Expressio-Verhältniss bestehen zu lassen, bedarf es keiner ‚Ähnlichkeit‘; sondern, wenn zwischen ihnen nur eine gewisse ‚analogia‘ besteht, kann man da eine ‚Expressio‘ feststellen. Unde patet non esse necessarium ut id quod exprimit simile sit rei espressae, modo habitudinum quaedam analogia servetur22.
Die ‚res‘ als (das andere bezeichnete) ‚signum‘ braucht also der durch ‚signum‘ bezeichnenden ‚res‘ nicht unbedingt ähnlich zu sein. Es ist genug, wenn zwischen beiden Seienden nicht eine ‚similitudo‘, sondern nur eine ‚analogia‘23 besteht. Anders gesagt, jedes sinnlich wahrnehmbare Ding in dieser Welt drückt auf seine jeweilige Art (das heißt durch Verkleinerung, Projektion, Ausdruck, Zeichen, Funktion, etc.) in sich selbst Vielheit, Welt und Gott aus (‚exprimere‘) oder bezeichnet (‚significare‘) dies. Noch genauer gesagt, unterscheidet Leibniz in dem von ihm entworfenen Zeichensystem zwischen bloßem Zeichen und dem Wort. Zum ersteren gehören Bild, Muster, Hieroglyphe, etc., bei denen vielmehr eine gewisse Isomorphie des Zeichens mit dem durch das Zeichen zu bezeichnenden Gegenstand besteht. Das letztere, das heißt das Wort, wird in Kunstsprache und natürliche Sprache geteilt. Bei der natürlichen Sprache ist die Wortbedeutung nicht willkürlich, sondern real, so dass der Gegenstandsbezug in nicht wenigen Fällen auf einer gewissen Isomorphie beruhen kann (z. B.: bei dem chinesischen Schriftzeichen, oder bei der Onomatopöie). Aber in vielen Fällen verhält es sich so: Auch wenn man nämlich das Wort liest oder hört, kann man gleichwohl noch nicht dessen Bedeutung verstehen. Dagegen zeichnet sich die Kunstsprache dadurch aus, dass man sich der Adäquation des Zeichens zum Gegenstand bewusst ist. Wenn man die Grundlage der ‚characteristica universalis‘ erfasst hat, kann die Wortbedeutung im Wort selbst erkannt werden. Warum Leibniz an der oben erwähnten Stelle von Quid sit idea betont, „[…] non esse necessarium ut id quod exprimit simile sit rei espressae, […] quaedam analogia servetur […]“24, lässt sich dadurch erklären, dass Leibniz einen Bestandteil der im 17. Jahrhundert dominanten Isomorphie zu kriti21 „Exprimere aliquam rem dicitur illud, in quo habentur habitudines, quae habitudinibus rei exprimendae respondent. Sed eae expressiones variae sunt; […] ex sola contemplatione habitudinum exprimentis, possumus venire in cognitionem proprietatum respondentium rei exprimendae“. Ebd., Z. 18f., 23f. 22 Ebd. 23 Das hier eingesetzte Wort, ‚ἀναλογία‘, sollten wir dessen Wortherkunft (ανά+λόγος) gemäßes, nämlich im Sinne von ‚nach der Beziehung‘ verstehen, anstatt uns von der herkömmlichen Bedeutung von ‚similis‘ abhängig zu machen. Vgl. K. Sakai: „Leibnizens Chinologie und das Prinzip der analogia“, in: W. Li und H. Poser (Hrsg.): Das Neueste über China. G. W. Leibnizens Novissima Sinica von 1697 (= Studia Leibnitiana, Supplementa 33), Stuttgart 2000, S. 258–274. 24 A VI, 4 B, 1370, Z. 18f., 23f.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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sieren versucht, um auf eine neue Zeichentheorie abzuzielen, mit welcher man aufgrund einer Syntax durch das Zeichen als solches eine ‚adaequatio‘ in der Weltstruktur erkennen kann. Das besagt: Im Unterschied zu Augustinus, der das ‚lumen gratiae‘ benötigt hatte, um jede Entsprechung zwischen ‚signum‘ und ‚res‘ erkennen zu können, das heißt um von der Erkenntnis von ‚signum‘ zu der von ‚res significata‘ vorzugehen, versucht Leibniz eine ‚characteristica universalis‘ als ‚Zeug der Vernunft‘ aufzubauen. Leibniz braucht nur die ‚ratio naturalis‘ mit dem ‚lumen naturale‘25. Discours de métaphysique, 1686 Hier beschränken wir uns darauf daran zu erinnern, dass die ‚notion individuelle‘ eine ‚notion complète‘ ist, welche letztere alle Bestimmungen, das heißt nicht nur ‚dénominations intrinsèques‘, sondern auch ‚dénominations extrinsèques‘ vollständig enthält, während die ‚notion universelle‘ (‚genus et species‘) nur ‚notion uncomplète‘ ist. Solch (unendlicher) Inhalt drückt Leibniz zufolge in sich selbst die ganze Welt und Gott aus. Monadologie, 1714 Auch in dieser späten Schrift hat Leibniz’ Begriff der ‚expression‘ den Inhalt der einfachen Substanz als ‚res creata et significativa‘. Die Substanz wird nach deren Einfachheit noch als ‚Monade‘ bezeichnet, um somit sich von der traditionellen Unterscheidung von ‚substantia‘ und ‚accidentia‘ abzukoppeln und in sich selbst alle Inhalte zu involvieren. Das heißt jede Monade ‚significat‘ in ihrer jeweils bestimmten Weise alle innerweltlichen Seienden und Gott. Jede mit deren sämtlichen Inhalten begleitete Monade ist zugleich das Zeichen der Welt und sie ist darum des Wissens wert. Zusammenfassend lässt sich sagen: Sicherlich hat jede individuelle Monade bei Leibniz ebenso den Charakter des ‚signum‘ von Welt und Gott. Um aber zwischen ‚signum‘ und ‚res significata‘ die Relation der ‚expressio‘ erkennen zu können, ist die ‚gratia‘ nicht mehr erforderlich. Die Beziehung von ‚signum‘ auf ‚res significata‘ selbst ist keine zufällige, sondern sie kennzeichnet sich als ‚un rapport constant et reglé‘26 und kann somit auch gewisse mathematische Funktionen implizieren. Jedes Zeichen, durch welches die Welt und Gott sich bezeichnen, kann zum Gegenstand bzw. Thema der Wissenschaften der Vernunft werden, unabhängig davon, ob es dabei um ‚la verité de raisonnement‘ oder ‚la verité de fait‘ geht. Das Signum als sinnlich wahrnehmbares Zeichen bedeutet nicht nur eine ontologische Bezeichnung von Gott als ‚res‘. Leibniz beachtet auch die Rolle des ‚signum‘ als eines Zeuges: Erstens, um Schlussfolgerungen oder abstrahierte allgemeine Begriffe erkennen zu können, muss die Vernunft, mit Hilfe der Einbil25 Bezüglich der ‚Kunstsprache‘ und der ‚natürlichen Sprache‘ bei Leibniz vgl. A. Heinekamp: „Natürliche Sprache und allgemeine Characteristik bei Leibniz“, in: Ders. und F. Schupp (Hrsg.): Leibniz’ Logik und Metaphysik, Darmstadt 1988, S. 385ff. 26 A II, 2, 240, Z. 18 (an Antoine Arnauld, Oktober 1687).
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dungskraft, von Zeichen, das heißt von sinnlich wahrnehmbaren Bildern (‚species sensibiles‘) wie Naturdingen, Prophezeiungen, Wörtern, etc., Gebrauch machen, die den ersteren, allgemeinen Begriffen entsprechen. Wenn der Mensch kein Wort hätte, müsste er wohl eine andere Art allgemeiner Zeichen benutzen27. Zweitens, die Sprache ist bei Menschen zugleich sowohl Zeichen für seinen eigenen Zweck (z. B. Zahl, algebraisches Zeichen) als auch Zeichen für andere Menschen. Ebenso kommt der Gebrauch der Worte als Zeichen vor, wenn man in seinem praktischen Leben oder im Einzelnen die allgemeinen Vorstellungen verwendet (der praktische Gebrauch), oder wenn man allgemeine Vorstellungen sucht und diese verifiziert (der philosophische Gebrauch). 4. DAS THOMISTISCHE PARADIGMA VON ‚RES-RATIO-NOMEN‘ BEI LEIBNIZ Den Begriff der ‚ratio‘ bei Leibniz hat man bisher fast immer im Rahmen des ‚principium rationis (sufficientis reddendae)‘ betrachtet. Aber dieses ‚principium‘ heißt wortwörtlich ein ‚Prinzip der Ratio‘. Die ‚Ratio‘ der sinnlich wahrnehmbaren, einzelnen Seienden funktioniert gerade als die ‚ratio‘ dessen, dass das wirkliche Individuum so und so ist, vielmehr als anders. Im unendlichen Intellekt Gottes werden unendlich unterschiedliche, mögliche Individuen als ein Satz mit der Welt gedacht. Und Gott hat mit seinem freien Willen das Beste aus allem Möglichen ausgewählt und diesem das Wirklich-sein gegeben. Das besagt: Der Inhalt dessen, was das Individuum ist (‚quid est‘), liegt als ‚conceptio rei‘ apriorisch in Gottes Verstand. Der Begriff, ‚conceptio‘ ist eine ‚νόημα‘, welche unverändert objektiv in Gottes Verstand sich befindet, gleich ob der Mensch sich dessen bewusst ist oder nicht. Der Name des Individuums wird gerade dieser ‚ratio‘ als ‚conceptio rei‘, das heißt ‚id quod intellectum est‘, zugegeben. 24 Sätze28 Der erste Satz dieser unbetitelten Schrift von nur drei Seiten, die von Heidegger „24 Sätze (bez. Thesen)“ genannt worden ist29, lautet: Ratio est in Natura, cur aliquid potius existat quam nihil. Id consequens est magni illius principii, quod nihil fiat sine ratione, quemadmodum etiam cur hoc potius existat quam aliud rationem esse oportet.
Die ‚ratio‘ dessen, warum vielmehr etwas existiert als nichts, liegt in der Natur30. Das besagt, dass die ‚ratio‘ bei Leibniz wie bei Thomas zu keinen bloß immanenten Subjektmodi zugehörig ist. 27 GP IV, 541. 28 Ebd.,VII, 289ff.; Datierung 1687–1703. Sie werden in A VI, 5 gedruckt werden. 29 Vgl. K. Sakai: „Zum Wandel der Leibniz-Rezeption im Denken Heideggers“, in: Heideggers Studies 9 (1993), S. 97–124. 30 Bekanntlich denkt Heidegger, dass der von den Griechen ins Wort λέγειν, λόγος gesetzte Wortsinn von ‚Sehen lassen‘ dadurch verloren gegangen war, dass die Römer ihn als ‚ratio‘
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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Der zweite Satz lautet: Ea ratio debet esse in aliquo Ente Reali seu causa. Nihil aliud enim causa est, quam realis ratio, neque veritates possibilitatum et necessitatum (seu negatarum in opposito possibilitatum) aliquid efficerent nisi possibilitates fundarentur in re actu existente.
Die ‚ratio‘ ist kein bloß fiktives Ding, sondern sie liegt in ‚re‘ als deren sachhaltige Bestimmtheit. Jede in dieser Welt existierende ‚res‘ ist durch die von der Existenz unabhängig seiende ‚ratio‘ jeweils als ‚res‘ bestimmt. Man hat oft interpretiert, dass es sich in 24 Sätzen primär um die ‚ratio‘ für das ‚Dass-sein‘ der Welt oder der darin befindlichen Dinge handle. Aber wenn man in den Text noch tiefer hineingeht, zeigt sich, dass es um die ‚ratio‘ vom ‚Was-sein‘ des Dings geht (‚ratio rei‘). Hier findet sich das thomistische Paradigma ‚res-ratio‘. Diese ‚ratio‘ kann weder durch Sinnlichkeit noch durch Einbildungskraft, sondern nur durch den Intellekt bzw. die Vernunft erfasst werden, und sie ist somit ‚intelligibilis‘. Und sie trägt insofern eine Art allgemeinen Charakter, obwohl Leibniz angesichts des mittelalterlichen Universalienstreits eine dem Nominalisumus nahe Position einnimmt und nur die individuelle Substanz zulässt, die er nach 1695 auch ‚monadum‘ nennt31. Nouveaux essais sur l’entendement humain, III, „Des Mots“ Auch in diesem Text ist das, was Leibniz als ‚quidditas rei‘ (das ‚Was-sein‘ eines Dings) bezeichnet, die ‚ratio rei‘. Wie verhält sich dann die ‚ratio‘ zum ‚ὄνομα‘? Im dritten Teil der Nouveaux essais findet man einen Diskurs über den Ursprung des Namens und über dasjenige, was der Name bezeichnet32. Unter den dort vorgelegten vielfältigen, zum Teil auch etymologischen Argumenten Leibniz’ gegen den empiristischen Nominalismus John Lockes seien hier zwei Punkte bemerkt: Erstens, die Bedeutung des ‚Wortes‘ ist Leibniz zufolge nicht immer willkürlich-nominal; vor allem bei der natürlichen Sprache ist sie nicht selten ‚real‘ festzustellen. Zweitens, der Name kommt ursprünglich nicht von einem Eigennamen, sondern von einem Gattungsnamen33. Zuerst zum Punkt 1: Bekanntlich kritisiert Leibniz die ‚definitio nominalis‘ bei Hobbes, um zu behaupten, dass die Definition des Dings vielmehr die ‚definitio realis‘ sein muss und solche reale Definition uns gar nicht unmöglich ist. Denn die ‚definitio nominalis‘ ist zwar nützlich, um auf ein Ding von einem anderen unterscheidend zu verweisen, aber sie lehrt nicht, ob solch ein Ding wirklich existieren kann34. Dagegen kann die ‚definitio realis‘ als diejenige Definition ge-
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übersetzt hatten; vgl. M. Heidegger: Sein und Zeit, Tübingen 192006; Ders.: Der Ursprung des Kunstwerks, Ditzingen 1986; Ders.: Der Satz vom Grund, Stuttgart 2006. Aber auch wenn es der Fall gewesen wäre, lässt sich zwischen dem aristotelischen ‚λόγος‘ und der thomistischen ratio eine Überlieferung des Motivs finden. Insofern kann man die Realität des Begriffs als den die durch Vernunft zu erkennenden intelligiblen Inhalts (νόημα) betrachten. Die Gewichtigkeit ändert sich nicht. Vgl. G.W. Leibniz: Disputatio metaphysica de principio individui, 1663; A VI, 1, 11–19. Nouveaux essais, III, Kap. 1, 2. Ebd., Kap. 3, § 5. Meditationes de cognitione, veritate et ideis; A VI, 4 A, (N. 141), 585–592, bes. 589f.
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kennzeichnet werden, die zeigt, dass das damit gemeinte Ding möglich ist, das heißt in der Wirklichkeit sein kann. Die ‚definitio realis‘ ist also nichts anders als die von Thomas von Aquin thematisierte ‚ratio‘. Das, was diese ‚ratio‘ durch deren Verlautbarung sowie Verzeichnung verbildlicht und sinnlich wahrnehmbar gemacht hat, ist eben ‚ὄνομα‘ qua ‚nomen rei‘. Der Name kann nicht auf die Namensgebung als eine subjektive, psychische Handlung der Menschen zurückgeführt werden, sondern der Name besitzt dessen Objektivität. Wenn der Begriff einer ‚res‘ hinsichtlich dessen erkannt worden ist, dass er in sich selbst keinen Widerspruch enthält, dann ist diese ‚res‘ nicht mehr bloß ideell, sondern sie kann existieren. Zum Punkt 2: Wenn ein ‚nomen rei‘ auf solche Weise, wie Locke gemeint hatte, bloß von jeden anderen die betreffende ‚res‘ unterscheidend bezeichnete und mehr nicht, bräuchte der Name an sich keine Bedeutung zu haben. In diesem Fall wären jeder andere Laut oder jedes andere Zeichen ebenso zulässig. Von daher könnte man beim Entstehen eines Namens immer wieder einen anderen Namen geben. Um diese Unbequemlichkeit zu beseitigen, setzte man nachher in der Gesellschaft den Namen fest. So könnte auch der Gattungsname anschließend am Eigennamen gebildet werden. Soweit zu Lockes empiristischer Namentheorie35. Gegen Locke unterstreicht Leibniz, wie wir sahen, dass der zur ‚res‘ zu gebende, erste Name eben der Gattungsname ist. Wenn man eine ‚res‘ (z. B. Mensch) bezeichnen will, gibt man ihr einen Namen, gerade weil man mit einer bloßen Verweisung nicht genügend zurechtkommt. Aber ohne verstanden zu haben, dass ein Mensch eben anders als jeder andere so und so ist, kann man keinen Namen stiften. Zum Beispiel, wenn ein Mann in seiner Stadt den längsten Bart besitzt, wird er zuerst vor allem ‚Bart‘ genannt werden müssen, damit jeder weiß, wer das ist, und wie er ist, anders gesagt, damit jeder die ‚ratio‘ des betreffenden Menschen gemeinsam besitzen kann. Zusammengefasst lässt sich sagen: Bei Leibniz können wir nicht nur den Augustinischen, sondern auch den Thomistischen Theorierahmen finden. Nur müssen wir dabei Folgendes beachten: Leibniz ist einerseits der Meinung, dass die von uns erwähnte ‚ratio‘ über ‚genus‘ und ‚species‘ hinaus bis auf alle Prädikate, alle Bestimmungen (einschließlich der ‚denominatio extrinsequa‘) sich erstreckt. Insofern wäre das nicht unbedingt falsch, wenn man Leibniz’ Ontologie als einen Nominalismus bezeichnen würde. Aber andererseits setzt Leibniz in seiner Namentheorie voraus, dass der Anfang des Namens im Gattungsnamen zu finden ist, dass die ‚ratio‘ eine ‚intelligibilis‘ ist, und dass die Grenze der Gattung nicht künstlich, sondern natürlich bestimmt wird. Es lässt sich darum sagen: Zuerst gibt es die objektive ‚ratio‘, dann wird der Name zu dieser ‚ratio‘ hinzugegeben. Der mit dem Begriff ‚substance individuelle‘ aufgestellte Nominalismus Leibniz’ wird zugleich vom thomistischen Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ begleitet. Die ‚notion individuelle‘ ist nicht ein Begriff, den man erst durch die Sinnlichkeit der Außenwelt passiv empfangen hätte, sondern sie ist derjenige Begriff, der im Intel35 Nouveaux essais, III, Kap. 2, § 1, u. a.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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lekt durch dessen logische Verarbeitungen produziert wird. Die ‚notion individuelle‘ ist also kein bloßes subjektives Bild, welches im Bewusstsein unter ständigem Geschehen und Vergehen steht, sondern sie transzendiert den Bewusstseinsstrom, um somit eine unveränderliche Objektivität zu gewinnen. Kurz: Die ‚notion individuelle‘ ist, wenn es mindestens um ihren ontologischen Status geht, eben der thomistischen ‚ratio‘ (‚ratio essentiae‘) gleichzustellen. Als Leibniz 1686 in seiner Schrift, die aber erst 1846 von C. L. Grotefend posthum unter dem Titel Discours de métaphysique gedruckt wurde, seine Theorie der ‚notion individuelle‘ vorlegte, löste er bekanntlich damit die heftige Kritik von Antoine Arnauld aus, wobei es insbesondere um die Freiheit Gottes sowie die der Menschen ging. Aber wenn Leibniz dasjenige Moment noch stärker verdeutlicht hätte, dass seine ‚notion complète‘ des Individuums kein bloß von außen empfangenes, empirisches Bild, sondern einen durch den Intellekt logisch verarbeiteten, und insofern gewissermaßen abstrahierten Begriff bedeutet, dann hätte er sich wohl mit Arnauld verständigen können. 5. WIE LÄSST SICH DAS NEBENEINANDER DER PARADIGMEN ‚RESSIGNUM‘ UND ‚RES-RATIO-NOMEN‘ BEI LEIBNIZ VERSTEHEN? Wie verhalten sich bei Leibniz das Augustinische und das Thomistische Paradigma? Bezüglich dieses Verhältnisses hat Leibniz uns nichts Deutliches hinterlassen. Aber wie wir oben herausgearbeitet haben, lassen sich in Leibniz’ Texten zweifelsohne beide Paradigmen der mittelalterlichen Philosophie finden. Natürlich darf man nicht übersehen, dass es bei Leibniz auch neue Komponenten gibt. Dafür zwei Beispiele: Zum ‚signum‘ führt Leibniz noch das Argument über die konstante Regularität des Ausdrucksbezugs hinzu und zur ‚ratio‘ die Negierung von ‚genus und species‘ zugunsten eines sozusagen ontologischen Nominalismus. Leibniz benötigt keine Manipulation, wie etwa die eine These an die andere anzupassen, oder irgendein Drittes anzusetzen mit dem Zweck, den Gegensatz von beiden aufzuheben. Vielmehr scheint es bei Leibniz so zu sein, dass beide Thesen jeweils als solche anerkannt und vorgetragen werden. Bei Leibniz kann die Signum-Theorie zusammen mit seiner Aufstellung des ‚Expressio‘-Begriffs und mit seiner Erweiterung des ‚Zeichen‘-Begriffs, der im 17. Jahrhundert noch mit Isomorphie, Symbol, Metapher, Allegorie etc. verhaftet geblieben war, auf die Strukturalität oder Entsprechung hin erweitert werden. Dadurch wird das ‚signum‘ bei Leibniz zu einem durch die ‚ratio naturalis‘ zu erfassenden, epistemisch-wissenschaftlichen Thema werden36. Alle sinnlich wahrnehmbaren Dinge in dieser Naturwelt sind als System der Zeichen (als ‚res siginificans‘) zu verstehen, das Gott (als ‚res significata‘) zwar in mannigfaltiger Weise, doch immer durch eine bestimmte Gesetzmäßigkeit bezeichnet. 36 Leibniz’ Bemühungen um die characteristica universalis sowie seine Ideen, mit den Zeichen wie ‚ʄ‘, ‚ʃ‘, ‚dx‘ etc. die Infinitesimalrechnung zu vereinfachen, haben sicherlich damit viel zu tun.
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Hiermit wird die Wissenschaft der Natur als eine mathematische, exakte Wissenschaft wieder neu organisiert, welche durch die mathematischen Symbole und deren Gesetzmäßigkeit einheitlich bestimmt werden kann. Wenn diese Richtung betont wird, ergibt sich eine Auslegung wie bei Cassirer, dass der überlieferte ‚Substanz‘-Begriff bei Leibniz aufgelöst worden sei und sich die innerweltlich Seienden zu so etwas wie einer Funktion der Welt oder Gottes geändert haben37. Abgesehen von einer gewissen Einseitigkeit dieser Interpretationsweise kommt mit der Signum-Theorie eine Tendenz deutlich zum Vorschein, die lautet: Die sinnlich wahrnehmbaren Seienden werden jeweils als das Zeichen oder Wort (verbum) Gottes anerkannt, ohne dabei etwas Allgemeines heranzuziehen. Das heißt, dass hiermit die wirklich sinnlich wahrnehmbare Welt als solche zum durch die Wissenschaften zu erforschenden Gegenstand geworden ist. So findet man bei Leibniz, mindestens inhaltlich gesehen, sicherlich den ‚Funktions‘-Begriff. Jede Monade als ‚un miroir vivant perpétuel de l’univers‘ bezieht sich auf die Welt und sie ist nichts anderes als eine Funktion dieser. Dennoch denken wir nicht, dass der ‚Substanz‘-Begriff von Leibniz dafür preisgegeben bzw. aufgegeben worden wäre. Denn es gibt bei ihm zugleich seine ‚ratio‘Theorie. Das heißt erstens, durch das thomistische Paradigma von ‚res-rationomen‘ ist auch bei Leibniz der Begriff der ‚res‘, das ist ‚substantia‘, aufrechterhalten. Was er durch seine Erwägung über die Monade als ‚einfache Substanz‘ primär sieht, ist die ‚res cogitans‘, ‚mens‘, die ihrerseits die Subsistenz des individuellen Monaden-Geistes darstellt. Zweitens, diese ‚ratio‘ ist ‚conceptio rei‘ als ‚νόημα‘, die im Grunde nur durch die ‚ratio‘ als Vernunft erkannt wird. Damit gewinnt die ‚ratio‘ eine nicht in den Psychologismus aufzulösende Objektivität oder Rationalität, und sie kann jeweils zum Thema einer Wissenschaft als ‚scientia rerum‘ werden. Durch sein Aufrechterhalten des Substanzbegriffs gewinnt Leibniz für die Freiheit, Unabhängigkeit und Ewigkeit des individuellen Geistes eine unentbehrliche Voraussetzung, während er hinsichtlich des Körper-Begriffs als ‚phaenomenon‘, allerdings nicht ‚phaenomenon imaginarium‘, sondern ‚phaenomenon reale‘, das heißt ‚phaenomenon bene fundatum‘, bzw. ‚regulatum‘, sich durchgehend auf einen nominalistischen modernen „Funktionalismus”38 stützt. Wenn wir nach dieser Leibnizschen Parallelität, das heißt derjenigen vom realismus-nahen ‚ratio‘-Begriff einerseits und vom nominalismus-nahen ‚signum‘Begriff andererseits, in eine immanente, systematische Richtung weiterfragen, dann zeigt sich, dass diese Parallelität wieder mit dem folgenden Sachverhalt zusammenhängt, dass Leibniz’ ‚signum‘-Begriff selbst ebenso einen doppelten Charakter trägt. Das heißt, Leibniz sagt in einem deutlich, dass ‚Zeichen‘, ‚Wort‘, 37 E. Cassirer: Substanzbegriff und Funktionsbegriff. Untersuchungen über die Grundlagen der Erkenntnis, in: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. 6, Hamburg 2000, S. 220. H. Rombach: Substanz, System, Struktur. Die Ontologie des Funktionalismus und der philosophische Hintergrund der modernen Wissenschaft, Bd. 2, Freiburg 1966; 7. Kap: „Der Übergang zur reinen Strukturontologie (Leibniz)“. 38 De modo distinguendi phaenomena realia ab imaginariis; GP VII, 319–322; vgl. Rombach, 7. Kap.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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‚Name‘ jeweils gewissermaßen wie ein Fahrzeug zu betrachten sind, welches den Menschen dafür unentbehrlich ist, abstrakte Sachen zu denken, und zugleich anderen sein eigenes Denken mitteilen zu können. Sie sind darum wohl mit ‚Münzen‘ zu vergleichen. Man kann auch sagen, dass es um einen Pragmatismus gehe, wobei man das ‚signum‘ als Mittel (für die Lebenspraxis der Menschen) betrachtet. In der Tat denkt Leibniz auch, dass ein ‚weiser Mensch‘ kein Zeichen brauche, und dass das Zeichen ausschließlich dem ‚nicht-weisen Menschen‘ wertvoll sei39. Denn ein Weiser kann wohl unmittelbar die ‚ratio rei‘ erkennen, ohne sich von jeglichen Zeichen abhängig zu machen und es gebrauchen zu müssen. Die Metapher der ‚Münze‘ kann aber zugleich noch auf eine andere Seite verweisen. Das heißt, die Münze kann für nicht wenige Menschen nicht nur ein bloßes Mittel, sondern sie selbst kann ihnen sogar ein Zweck sein. Leibniz denkt nicht, dass das ‚signum‘ selbst hinsichtlich dessen, wie es von den Menschen genannt wird, gleichgültig wäre, wenn sich die menschliche Erkenntnis auf die ‚res‘ als deren Gegenstand nur ‚adäquat‘ bezöge. Leibniz war mit seinem früheren Entwurf der ‚Kunstsprache‘ sowie der ‚characteristica universalis‘ letztlich nicht zufrieden, die ihrerseits nur die Adäquatheit mit dem Gegenstand beabsichtigt. Deshalb hat er sich während seines ganzen Lebens (aber besonders in seiner mittleren sowie späteren Zeit) immer wieder der ‚natürlichen Sprache‘ und deren ‚Etymologie‘ zugewandt. Dieses Faktum zeigt uns, dass er also bezüglich der natürlichen Sprache nicht diejenige Willkür der Wortbedeutung sieht, von der man bei Entstehen der Kunstsprache ausgehen muss, sondern dass er die Realität jener bejaht. Zwischen dem Wort und dessen Bedeutung gibt es über Willkür oder Zufall hinaus noch weitere Elemente, die man im Auge haben muss. In diesen Elementen können sowohl eine direkte als auch eine indirekte Ähnlichkeit oder auch eine Symbolhaftigkeit impliziert sein. Jedenfalls ist das Wort mehr als ein bloßer Laut oder ein bloßes Schriftzeichen; das Wort ist an sich schon ‚vox signficativa‘, die auf die nicht subsistierende, aber durch die Vernunft gefasste ‚ratio‘ der einzelnen Dingen als die ‚νόημα‘ verweist40. SCHLUSS Wir haben oben herausgestellt, dass es in Leibniz’ Voraussetzungen zwei unterschiedliche bzw. gegenüberstehende Paradigmen, nämlich das Augustinische Paradigma von ‚res-signum‘ und das Thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ 39 Dieses stimmt damit überein, dass Leibniz’ Nominalismus stets durch seine ‚ratio‘-Theorie begleitet ist. Zum ‚Münzen‘-Gleichnis vgl. M. Dascal: Foundations of Semiotics. Language, Signs and Thought, Amsterdam und Philadelphia 1987, S. 12; ebenso siehe „Unvorgreiffliche Gedancken betreffend die Ausübung und Verbesserung der teutschen Sprache“, §7: „Daher braucht man offt die wort als zifern, oder als Rechen-pfennige an statt der Bildnisse und Sachen, bis man stufen weise zum Facit schreitet, und beym Vernunfft-Schlus zur Sache selbst gelanget […]“; A IV, 6, 534. 40 GP IV, 30, 315, 541; E. Bodemann (Hrsg.): Die Leibniz-Handschrift der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Hannover, Hannover 1899, S. 81.
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gibt. In diesem Sinne können wir Leibniz’ Paradigma, in dem er sowohl ‚signum‘ als auch ‚ratio‘ bejaht, vielleicht als dasjenige von ‚res-ratio/signum(-nomen)‘ kennzeichnen. Aber wenn wir das Thema unseres vorliegenden Bandes, Leibniz im Licht der Theologien erneut ins Auge fassen, und zwar hinsichtlich seiner Auseinandersetzung mit den Zeitgenossen, dann zeigt sich umso mehr, dass Leibniz inhaltlich zweifellos die thomistische Tradition der ‚ratio‘ aufgenommen hat, und zwar besonders in seinen Gedanken über die ‚notion individuelle‘, die im Discours de métaphysique41 sowie im Briefwechsel mit Arnauld von Februar bis Juli 1686 eine zentrale Rolle spielte. Die ‚notion individuelle‘ ist Leibniz zufolge kein bloß empirisch-psychologisches vorgestelltes Bild, sondern sie besitzt auch einen positiv zu verstehenden ontologischen Status vom ‚esse rationis‘, und zwar dadurch, dass sie über ihr dem Bewusstsein immanentes Sein hinaus im unendlichen Intellekt Gottes enthalten, das heißt durch diesen gedacht ist. Wir wissen, dass Spinoza in seiner Ethica ein solches ‚esse rationis‘ gänzlich auszuschließen versucht hatte. Die ‚ratio‘, gleich ob sie in der Wirklichkeit deren korrelative ‚res‘ hat und somit ‚realis‘ ist oder nicht, wurde von Spinoza mit dem Terminus ‚ens rationis‘ als unrealistisch und negativ verurteilt (wie etwa ein ‚viereckiges Dreieck‘ oder eine Chimäre)42. Zwar sieht Spinoza auch, dass der Geist nur insofern ‚affirmatio‘ oder ‚negatio‘ zu leisten vermag, als die im Geist enthaltene ‚idea‘ an und für sich selbst bejaht oder negiert43. Spinoza räumt ein, dass die ‚idea‘ nicht immer einem bloßen Phantasiebild gleichzusetzen ist, sondern als ‚ens‘, als ‚conceptio quod‘ ihre Realität haben könnte. Dieses ‚ens objectivum‘ unterscheidet sich auch bei Spinoza also vom ‚ens rationis‘, das bloß ‚esse abstractum‘ hat. Kann man aber somit Spinozas ‚ens objectivum‘ der Leibnizschen (zugleich auch thomistischen) ‚ratio‘ gleichstellen? Keineswegs. Zum einen nicht, weil das ‚ens objectivum‘ der ‚idea‘ bei Spinoza kein bloß vergehendes psychisches Bild ist und insofern der ‚ratio‘ gleichgestellt werden kann, zum anderen deshalb nicht, weil das ‚ens objectivum‘ der ‚idea‘ aber bei Spinoza noch nicht etwas ist, worauf der Name zugegeben werden könnte. Gegenüber dem ‚ens objectivum‘ hat die ‚ratio‘44 bei Spinoza nur einen negativen Charakter als ein abstraktes ‚ens rationis‘, anstatt zugunsten ihrer Realität irgendeine positive Rolle 41 Discours de métaphysique, §13; vgl. auch an Ernst von Hessen-Rheinfels vom 1. / 11. Februar 1686: „Comme la notion individuelle de chaque personne enferme une fois pour toutes ce qui luy arrivera à jamais, on y voit les preuves a priori ou raisons de la verité de chaque evenement, ou pourquoy l’un est arrivé plus tost que l’autre […]“. (Hervorhebung durch den Verfasser); „J’ai joint icy le sommaire des articles qu’il contient, car je ne l’ay pas encore pu faire metter au net“. A I, 4 N. 334, 399. 42 „Quare hic apprime venit notandum, quam facile decipimur, quando universalia cum singularibus, & entia rationis, & abstracta cum realibus confundimus“; Ethica, II, prοp. 49, Schol.; Gebhardt, II, S.135, Z. 21ff. 43 „In Mente nulla datur volitio, sive affirmatio, & negatio praeter illam, quam idea, quatenus idea est, involvit“; Ethica, II. prop. 49; Gebhardt, II, S. 130. 44 Diese ‚ratio‘ im Gebrauch als ‚ens rationis‘, ‚esse rationis‘ ist bei Spinoza etwas anderes als die ‚ratio‘, die zwischen der ersten Erkenntnisart (sensus, imaginatio) und der dritten (scientia intuitiva) eine mittlere, zweite Stelle einnimmt, mit der die ‚lex commune naturae‘ erkannt werden kann.
Das thomistische Paradigma von ‚res-ratio-nomen‘ bei Leibniz
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zu spielen. Dagegen versucht Leibniz, gerade durch diese ‚notion individuelle‘ als ‚ratio‘, sowohl die Schöpfung Gottes als auch die menschliche, zugleich göttliche Freiheit zu begründen, um somit gegenüber der Herausforderung des philosophischen Atheismus wie des Spinozismus durch eine nicht voluntaristische, sondern ratio-nalistische Grundlage die Theologie als solche wieder rehabilitieren zu können. Nachtrag: Thomas von Aquins Werke in Leibniz’ Privatbibliothek45 Im Inventar der Bibliothek, die Leibniz in seiner Hannoveraner Wohnung gesammelt hatte, findet man diesen Titel eingetragen: Thomae Summae totius46 Der Eintrag ist aber fehlerhaft (was keine Überraschung ist, da das Inventar sehr flüchtig zusammengestellt wurde), und wir sollen statt ‚1540‘, ‚1640‘ lesen. Es handelt sich daher um die Ausgabe der Summa, die 1640 in Köln von Arnold Hierat gedruckt worden war und als eine Standard-Ausgabe gilt. Die heutige GWLB-Signatur ist: T-A 10391. In dem Exemplar können keine Lesespuren nachgewiesen werden. In der Spezifikation der Bücher, die nach Leibniz’ Tode in seinem cabinet bei der Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel aufgefunden wurde, ist unter den Libri in octavo noch der Titel einer Ausgabe von Thomas aufgelistet: S. Thomae Aquin: Totius Summae Conclusiones47 Der Eintrag entspricht dem Exemplar mit der heutigen GWLB-Signatur: T-A 6238. Dieser Band wurde von Leibniz im Jahr 1710 erworben, anlässlich der Auktion der Bibliothek des Historikers Johann Reiske, die in jenem Jahr in Wolfenbüttel stattfand48. Dies ist ein treffender Beweis für Leibniz’ ständiges Interesse an Thomas, auch in seinen späteren Jahren.
45 Sehr herzlich danke ich Frau Dr. M. Palumbo für ihren Hinweis auf die Werke Thomas’ in der Leibnizschen Privatbibliothek. 46 Col. 1540. fol. (Katalog der Leibnizschen Privat-Bibliothek und der Dubia, GWLB, Bibliotheksakten, A8 (5), Bl. 42r, Nr. 55). 47 Lugd. 1613 (Specification derer zu Wolfenbüttel gewesenen Leibnitzischen Bücher, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover, Dep. 103 XXXV Nr. 3, Libri in octavo, Nr. 179. 48 Vgl. den entsprechenden Auktionskatalog, im Besitz der HAB, in Octavo, n. 225; in der GWLB ist Reiskes Katalog nicht vorhanden.
THEORY AND PRAXIS IN LEIBNIZ’S THEOLOGICAL THOUGHT By Maria Rosa Antognazza (London) INTRODUCTION The importance of properly theological concerns in Leibniz’s thought has long been underestimated1. A striking example is provided by the critical edition of Leibniz’s writings and correspondence planned at the beginning of the twentiethcentury Leibniz renaissance. In the catalogue of Leibniz’s manuscripts compiled by Eduard Bodemann and published in 1889, the first, substantial group of manuscripts is labelled “Theologie”2. Yet, in the Akademie Ausgabe there is no theological series. Alongside philosophy and mathematics, in the titles of the eight series we find listed politics, history, the natural sciences, technology, linguistics, and even medicine, but not theology. The editorial decision to leave theology out of the main thematic structure of the critical edition offers one of the most compelling illustrations of the dominant historiographical paradigm of the era before the outbreak of the Great War, which linked inevitable progress with irresistible secularisation. Theology in Leibniz was seen as reducible either to metaphysics or to Kirchenpolitik, that is, to the church politics related to Leibniz’s well known project of ecclesiastical reunification, which in turn was conceived as essentially instrumental to a broader political agenda of stability and pacification. In brief, when it came to theology, Leibniz was considered either a metaphysician or a political pragmatist. The metaphysician dealt with the classical debates of natural theology; the pragmatist dealt with revealed theology as a courtier who devoted needless attention to theological questions in order to please his patrons or, more sympathetically, to serve the political needs of his day: to keep the peace, re1
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I would like to thank H. Hotson for his helpful comments on a draft version of this paper. My discussion is indebted to R. M. Adams’s insightful studies of religion and theology in Leibniz, notably, R. M. Adams: “Justice, Happiness, and Perfection in Leibniz’s City of God”, in: L. M. Jorgensen and S. Newlands (eds.): New Essays on Leibniz’s Theodicy, Oxford 2014, pp. 197–217; Id.: “Leibniz’s Conception of Religion”, in: M. D. Gedney (ed.): The Proceedings of the Twentieth World Congress of Philosophy, vol. 7: Modern Philosophy, Bowling Green 2000, pp. 57–70; Id.: “Leibniz’s Examination of the Christian Religion”, in: Faith and Philosophy 11/4 (1994), pp. 517–546. Cf.: “I. Theologie“, in: E. Bodemann (ed.): Die Leibniz-Handschriften der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Hannover, Hannover und Leipzig 1895, pp. 1–25.
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establish a degree of ecclesiastical harmony, and thus prevent the re-occurrence of the horrors of the Thirty Years’ War3. As a result of this historiography, although the role of natural theology has at least been acknowledged in the context of Leibniz’s metaphysics and theodicy, the importance for Leibniz’s thought of theological issues pertaining specifically to Christian revealed theology was persistently underplayed throughout virtually the entire twentieth century. During the past twenty years or so, this situation has begun to change. As Fontenelle had already noted three hundred years ago, Leibniz “[…] was a theologian, not only as a philosopher or a metaphysician, but also in the strict sense”4. Thanks not least to the great advances in the critical edition of previously unpublished or difficult to access texts, an increasing number of studies have drawn attention to the sheer mass and sophistication of Leibniz’s writings on issues specific to Christian theology, and to their relevance to and impact on his philosophical views5. In the light of this recent scholarship, this paper will re-assess the place of theology in Leibniz’s thought focusing on the relationship between theory and praxis. Fontenelle had already seen that Leibniz the metaphysician did not capture the whole of Leibniz the theologian. But can one nevertheless conclude, in line with the thematic structure of the Akademie Ausgabe, that anything over and above metaphysics is adequately captured by Leibniz’s political agenda? It is beyond dispute that Leibniz’s theological views were shaped by his political context; but the question to be posed here is whether this political dimension justifies the reduction of Leibniz’s engagement with Christian theology to mere Kirchenpolitik. In a number of ways, Leibniz’s approach to revealed theology was profoundly pragmatic. But is this pragmatism irreducibly political? Or did it rest, in turn, on an emphasis on praxis which was theological? In answering these questions, this paper takes as its point of departure a general conclusion that I have tried to establish in extenso in previous work, namely that Leibniz’s key formulations of his overarching plan for the reform and advancement of all the sciences, from his youthful Demonstrationum Catholicarum Conspectus (1668–69) onward, are devoted to a set of objectives which is both shaped by broadly theological concerns and ultimately practical6. Against this backdrop, the discussion will then turn to an exploration of how Leibniz thought of theology as such. On the basis, once again, of my previous work and of a wave of recent research on Leibniz’s theological writings, I will argue that Leibniz was committed to the elaboration of a robust Christian dogmatic which was rationally 3
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See, for instance, the “Preface” to B. Russell: A Critical Exposition of the Philosophy of Leibniz, Cambridge 11900 and London 21937. And, more recently, the exuberant popular caricature of Leibniz by M. Stewart: The Courtier and the Heretic: Leibniz, Spinoza and the Fate of God in the Modern World, New Haven 2005, rehearsing all the usual stereotypes. B. le Bovier de Fontenelle: “Éloge de M. Leibnitz”, in: Histoire de l’Académie Royale des sciences. Année 1716, Paris 1718, pp. 94–128. Also in Dutens I, XIX–LIII (here XLIII). For examples of recent studies see below the section on Leibniz’s theoretical engagement with revealed theology and footnote 50. See M. R. Antognazza: Leibniz: An Intellectual Biography, Cambridge and New York 2009.
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defensible, and that this commitment resulted in a genuine engagement with Christian theology which took very seriously its theoretical content. The key additional thesis to be argued for in this paper is that this theoretical engagement was in the service of a science which he conceived as ultimately practical. For Leibniz, the ultimate aim of theology was to lead to the love of God above all things and, in so doing, to salvation and eternal happiness. It is in the light of this practical end that his theological pragmatism should be evaluated. When this is done, it becomes apparent that, beneath Leibniz’s efforts at theological reconciliation in the context of his Kirchenpolitik, there lies a deeper, fundamental and properly theological emphasis on praxis, grounded in Leibniz’s epistemology and driven by his conception of salvation as ultimately dependent on a practical attitude – the love of God above all things. The paper will conclude that this is very much in line with the whole thrust of Leibniz’s intellectual programme as expressed in the all-embracing plans discussed in the first section. These plans too were driven by a practical end: the promotion of the common good and of human happiness as the celebration of the glory of God in his creation. Leibniz’s writings on revealed as well as natural theology were therefore composed as part of an overarching set of purposes with a broadly theological inspiration and an ultimately practical aim. In conclusion, it will also be stressed that the end of happiness – whether worldly or eternal – should not be regarded as competing with Leibniz’s theoretical endeavours – whether in the sciences or in theology – but as directly supported by them. THE THEOLOGICAL INSPIRATION AND PRACTICAL AIM OF LEIBNIZ’S ALL-EMBRACING PROGRAMME Around 1668–69, a twenty-two-year old Leibniz penned the plan of an allencompassing intellectual programme which was to guide, to one extent or another, his entire intellectual journey. Theology, both in the form of natural theology and in the form of revealed theology, was at the heart of this youthful formulation of his life-long plan. Already carefully divided into parts and chapters, Leibniz’s plan foresaw the Demonstration of God’s existence (part 1); the “Demonstration of the Immortality and Incorporeity of the Soul” (part 2); the “Demonstration of the Possibility of the Mysteries of the Christian Faith” (part 3); and the “Demonstration of the Authority of the Catholic Church” and “of the Authority of Scripture” (part 4)7. In order to carry out successfully these catholic (that is, universal) demonstrations, Leibniz envisaged the need for a comprehensive reform and development of the “elements of philosophy”. As prolegomena to the demonstrations proper, the young man therefore took upon himself to rewrite, in due course, the first principles of metaphysics (de Ente), of logic (de Mente), of mathematics (de Spatio), of physics (de Corpore), and of ethics and politics or “practical phi7
Demonstrationum Catholicarum Conspectus, 1668–89* (A VI, 1, N. 14). A date accompanied by an asterisk indicates the period from which the text probably dates.
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losophy” (de Civitate). In other words, this plan as a whole represented the core of a systematic encyclopaedia of the sciences aimed at supporting the key tenets of natural and revealed theology. It embodied both a comprehensive theoretical project of reform and development of the sciences, and an equally ambitious practical project of political and ecclesiastical reconciliation. In a letter of the autumn 1679, having found in Johann Friedrich of Hanover a sympathetic patron, Leibniz presented to the duke his overarching plan of Demonstrationes Catholicae as “[…] a work of the greatest importance […]”8. This plan, Leibniz explained, embraced the whole of natural and revealed theology, including the demonstrations of the existence of God and of the immortality and incorporeity of the soul on the one hand9, and the defence of the mysteries of the Christian religion against the charge of absurdity on the other10. Moreover, it intended to show the authority of what Leibniz regarded as the two complementary sources of theological truth: Scripture and the catholic (that is, ‘universal’) church11. Most importantly, Leibniz clarified for the duke why these theological demonstrations had to be prepared by an inquiry into the foundations of the entire encyclopaedia of sciences, notably logic, metaphysics, physics, ethics, politics, and mathematics. First of all, it would not be sufficient merely to develop traditional logic. For the kind of demonstrations envisaged by Leibniz in the part of his plan devoted to the defence of the Christian mysteries, a new branch of logic capable of “[…] weighing probabilities was required […]”12. Moreover, a formal, universal language or characteristica universalis was urgently needed for solving religious controversies and propagating the Christian religion through the work of missionaries13. In turn, a development of metaphysics or scientia de ente was essential in order to reach true notions of “[…] God, the soul, person, substance, and accident […]”14, all of them fundamental for the planned demonstrations of the existence of God and the immortality of the soul, for the defence of mysteries such as the Trinity, the Incarnation, and the resurrection, and for the explanation of the Eucharist. A new doctrine of mind or elementa de mente, and a new doctrine of bodies (physics or the elementa de corpore), were also needed especially for the demonstrations of the existence of God, of the immortality and incorporeity of the soul, and of the possibility of the resurrection of bodies15. Finally, it was necessary to demonstrate “[…] the true ethics and politics” in order to know what “[…] justice, 8 9 10 11 12 13 14 15
A II, 1, 488 and ibid., 2, 225. See ibid., 1, 488; ibid., I, 2, 225; and parts I and II of the Demonstrationum Catholicarum Conspectus (A VI, 1, 494f.). See ibid., II, 1, 488; ibid., I, 2, 225; part III of the Demonstrationum Catholicarum Conspectus (Ibid., VI, 1, 495–499). See part IV of the Demonstrationum Catholicarum Conspectus (Ibid., 499f.) and Ibid. II, 1, 488f.; ibid., I, 2, 225. Ibid. and ibid., II, 1, 489. Cf.: Ibid., 490f. and Ibid., I, 2, 226f. Ibid., II, 1, 489 and ibid., I, 2, 225. See the Prolegomena to the Demonstrationum Catholicarum Conspectus (Ibid., VI, 1, 494) and the presentation of the plan to the duke (Ibid., II, 1, 226 and Ibid., I, 2, 489).
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justification, freedom, pleasure, beatitude, beatifical vision […]” are, and how to reach the “[…] happiness of the human kind also down here and in this life […]”16. It was with the aim of forging the rigorous way of thinking required by all these demonstrations, Leibniz concluded, that he had spent so much time studying mathematics in Paris. By his own lights, his interest in mathematics was not to be seen as an end in itself but as aimed in the last instance at the realisation of his grand plan17. In sum, one way to read Leibniz’s theoretical and practical endeavours in much of his life is as a tenacious attempt to realize his titanic youthful project18. Later formulations softened the early explicit emphasis on Christian theology while maintaining the fundamentally theological orientation of the plan. In 1688, for example, in the extensive notes prepared for an audience with the Holy Roman Emperor Leopold I., Leibniz introduced his wide-ranging proposals for political, administrative, economic, and social reform with the claim that the development and application of science was the activity which above all other worldly activities “[…] promotes the glory of God, unveils his power and wisdom, and ignites human beings with the love of God[…]” while fostering their welfare and temporal happiness. From the lack of temporal happiness, Leibniz went on to say, originates in fact disorder and lack of virtue which in turn produce not only temporal but eternal unhappiness19. In the mid-1690s, again, in a Mémoire pour des Personnes éclairées et de bonne intention (Memoir for Enlightened Persons of Good Intention) Leibniz offered one of the most rounded summaries of the vision guiding his intellectual life. The ultimate aim of all the various sciences and disciplines listed in the Mémoire was identified in the contribution “[…] to the glory of God, or (what is the same thing) to the common good […]”. According to Leibniz, “[…] the great principle of metaphysics as well as of morality […]” was that the world is a universal monarchy of spirits governed by God. This being established”, Leibniz continued, “every enlightened person must judge that the true means of guaranteeing forever his own individual happiness is to seek his satisfaction in occupations which tend toward the general good; for the love of God, above all, and the necessary enlightenment, will not be denied to a mind which is animated in this way, God never refusing his grace to those who seek it with a good heart. Now, this general good, in so far as we can contribute to it, is the advancement toward perfection of men, as much as by enlight-
16 Ibid., 226; ibid., II, 1, 489. 17 Cf.: Ibid., 490; ibid., I, 2, 226. See also Leibniz’s Selbstschilderung for Duke Johann Friedrich; autumn 1679∗, ibid., II, 1, 492f. 18 See H. Schepers: “Demonstrationes Catholicae: Leibniz’s großer Plan. Ein rationales Friedensprojekt für Europa”, in: F. Beiderbeck and St. Waldhoff (eds.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz, Berlin 2011, pp. 3–15; M. R. Antognazza: Leibniz on the Trinity and the Incarnation: Reason and Revelation in the Seventeenth Century, translated by G. Parks, New Haven 2007, pp. 3–15 (first published as Trinità e Incarnazione: Il rapporto tra filosofia e teologia rivelata nel pensiero di Leibniz, Milan 1999); ibid., esp. pp. 90–123. 19 Cf.: A IV, 4, 21. See also ibid., N. 1–11 and ibid., I, 5 N. 149.
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Maria Rosa Antognazza ening them so that they can know the marvels of the sovereign substance, as by helping them to remove the obstacles which stop the progress of our enlightenment20.
There followed a sweeping overview of all the sciences to be developed in order to advance human happiness and perfection – from logic to medicine and the natural sciences, to the study of human history including […] the universal history of time, the geography of places, the recovery of antiquities […] the knowledge of languages and what is called philology […],
and so on. Approaching the end of his life, Leibniz continued to maintain that his programme as a whole was intended to celebrate God’s glory through the improvement of the human condition, for which the advancement of the sciences was the key instrument. In a letter addressed to Peter the Great on 16. January 1712, he explained to the Czar: Although I have very frequently been employed in public affairs and also in the judiciary system and am consulted on such matters by great princes on an ongoing basis, I nevertheless regard the arts and sciences as a higher calling, since through them the glory of God and the best interests of the whole of human race is continuously promoted. For in the sciences and the knowledge of nature and art, the wonder of God, his power, wisdom, and goodness are especially manifest; and the arts and sciences are also the true treasury of the human race, through which art masters nature21.
In short, Leibniz’s own formula for pulling together the numerous threads of his extraordinary life’s work reveals a broadly theological inspiration. In a text of 1671, ending with a set of social and economic reform proposals in fields as disparate as medicine and coinage, we read: […] to practice charity, the love of God above all, [...] is in fact to love the common good (bonum publicum) and universal harmony; or, which is the same thing, the glory of God22.
And as he wrote to Duke Johann Friedrich of Hanover in 1678 […] all these things are connected and have to be directed to the same aim, which is the glory of God and the advancement of the public good by means of useful works and beautiful discoveries […]23.
In a way not uncommon to other architects of early modern science, Leibniz conceived of the development of science as a celebration of the glory of God in his creation due to the role played by science in the improvement of the human condi-
20 See Klopp X, 7–21 (esp., 9–21); in: G. W. Leibniz: Political Writings, translated by P. Riley, Cambridge 21988, pp. 103–110 (see esp. pp. 105–110) (here p. 105). 21 In: W. Guerrier: Leibniz in seinen Beziehungen zu Russland und Peter dem Grossen. Eine geschichtliche Darstellung dieses Verhältnisses nebst den darauf bezüglichen Briefen und Denkschriften, St. Petersburg and Leipzig 1873, N. 143, pp. 206ff. 22 A IV, 1, 532. Trans. by St. Waldhoff: “Political, administrative, economic, and social reform proposals”, in: M. R. Antognazza (ed.): The Oxford Handbook of Leibniz, Oxford and New York forthcoming. 23 A I, 2, 111.
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tion – that is to say, the improvement of the rational creatures which crowned creation through their ability to enter into society with God. The reference to God and the divine order as the framework in which Leibniz’s overarching intellectual programme is situated seems therefore beyond doubt. From these broadly theological concerns we turn now to a more specific investigation of his engagement with theology strictu senso. THEOLOGY AND THEORY: THE ENGAGEMENT WITH CHRISTIAN ORTHODOXY The breadth and depth of Leibniz’s theoretical engagement with theological matters is not difficult to show. Most obviously, theological issues can be found at the very heart of his metaphysical system, such as the concepts of God and of his attributes, with their immediate relevance for Leibniz’s theodicy24. More specifically linked to the tradition of natural theology is Leibniz’s original and fairly well known treatment of a priori and a posteriori arguments for the existence of God25. In brief, the fact that arguments relating to natural theology played an integral role in Leibniz’s thought has been acknowledged for some time. On the other hand, his theoretical engagement with issues of revealed theology is much less well known. Yet Leibniz wrote extensively on key doctrines of the Christian revelation such as the Trinity, the Incarnation, the Eucharist, Predestination, and (to a lesser extent) the resurrection26. On these doctrines he brought to bear the full weight of a formidable theological tradition of the highest theoretical sophistication, with which he was fully conversant. In this sphere of revealed theology, the truth of Fontenelle’s words becomes most apparent, namely that Leibniz also engaged with theology in the strict sense of the term and not merely as an aspect of metaphysics. It also becomes clear that a reduction of these texts to metaphysical or (at the other end of the spectrum) political interests does not do justice to their content. The issues discussed are of course closely linked to metaphysical or political concerns but this does not detract from their properly theological depth any more than the fact that Leibniz’s logic is linked to his metaphysics detracts from the originality of his logic per se. Rather, this is another case of the connection of everything with everything in Leibniz’s system of thought, so that a text is fully illuminated only if taken in its holistic context. 24 See especially the second part of R. M. Adams: Leibniz: Determinist, Theist, Idealist, Oxford and New York 1994; D. Rutherford: Leibniz and the Rational Order of Nature, Cambridge 1995; G. Grua: Jurisprudence universelle et Théodicée selon Leibniz, Paris 1953. 25 See especially D. Blumenfeld: “Leibniz’s Ontological and Cosmological Arguments”, in: N. Jolley (ed.): The Cambridge Companion to Leibniz, Cambridge 1995, pp. 353–381; M. Laerke: “Leibniz’s Cosmological Argument for the Existence of God”, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 93 (2011), pp. 58–84; B. C. Look: “Leibniz’s Arguments for the Existence of God”, in: The Oxford Handbook of Leibniz. 26 Amongst recent contributions see for instance Antognazza: Leibniz on the Trinity. And I. Backus: Leibniz: Protestant Theologian, Oxford and New York 2016.
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It is striking that with regard to central doctrines of Christian theology such as the Trinity and the Incarnation, Leibniz did not adopt a minimalist dogmatic attitude in the service of his irenicism and ecumenism. For instance, he did not embrace the controversial but (amongst protestants) well established doctrine of a distinction between fundamental and non-fundamental articles of faith according to which all fundamental articles of faith are to be found in terminis in Scripture, and only belief in such fundamental articles is required for salvation27. This doctrine had been proposed in protestant circles (notably by the Dutch Remostrants), and had been embraced by illustrious thinkers of the calibre of Hugo Grotius and John Locke, as a way to end bloody religious confrontations amongst Christians. Distinctive doctrines of the Christian revelation, such as the divinity of Christ and the doctrine of the Trinity, were typically underplayed or passed over in silence altogether by those pointing to sola Scriptura as the explicit source of all articles of faith necessary and sufficient to salvation28. Leibniz, however, acknowledged that, even on fundamental issues with a bearing on salvation, a correct interpretation of Scripture requires the mediation of the truly universal Christian tradition29. Moreover, in his own theological writings, far from marginalizing controversial dogmas (such as, above all, the Trinity), in favour of the promotion of a purely rational natural religion, Leibniz proposed his own distinctive and remarkably sophisticated doctrines De Deo Trino and De Persona Christi, in which he sided with certain specific theological positions while firmly opposing others30. For instance, with regard to his Christology, Leibniz was committed to rejecting doctrines which in his view imply contradiction, such as the communicatio idiomatum (that is, the communication of properties between the human and divine nature of Christ) despite the fact that this doctrine was widely accepted in Lutheran circles in the form of Ubiquitism31. This is, in my view, evidence that Leibniz, as a Christian theologian, was committed to the task of developing a robust and rationally defensible Christian dogmatic free of absurdities in the technical sense of not implying contraction. As any other theologian who takes the 27 See M. R. Antognazza: “Leibniz and Religious Toleration: the Correspondence with Paul Pellisson-Fontanier”, in: American Catholic Philosophical Quarterly 76/4 (2002), pp. 605– 612 and M. R. Antognazza: “Leibniz’s doctrine of toleration: philosophical, theological and pragmatic reasons”, in: J. Parkin and T. Stanton (eds.): Natural Law and Toleration in the Early Enlightenment, Oxford 2013, pp. 155f. 28 Cf.: H. Grotius: De Veritate Religionis Christianae, Leiden and Paris 1627; J. Locke: The Reasonableness of Christianity, as delivered in the Scriptures, London 1695. On Grotius see M. R. Antognazza: “Introduction”, in: H. Grotius: The Truth of the Christian Religion, Indianapolis 2012, pp. XV–XVIII. 29 On this issue see especially M. R. Antognazza: “Chap. 6. Sola Scriptura? The Interpretation of Scriptures and the Authority of Tradition”, in: id: Leibniz on the Trinity, pp. 74ff. 30 See M. R. Antognazza: “Chap. 7. On the Triune God and On the Person of Christ”, in: ibid., pp. 77–88. 31 See id.: Leibniz on the Trinity, esp. pp. 14, 77, 86ff., 181 note 105, 182 note 107; and id.: “Leibniz’s theory of substance and his metaphysics of the Incarnation”, in: P. Lodge and T. W. C. Stoneham (eds.): Locke and Leibniz on Substance and Identity, Abingdon and New York 2015, pp. 231f.
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theoretical content of Christianity seriously, Leibniz was very far from regarding Christian doctrines on the nature of God as poetical or mythological expressions, in which anything is acceptable as long as one is clear that they have no truth content beyond conveying in vivid and imaginative language what human reason is capable to know on its own about God. That is, for Leibniz the Bible was not some mythological epic that despite its centrality to Western culture was still in the same category as the Uranias to which he devoted time and effort at the end of his life32. Christian dogmatic had for him a genuine claim to expressing truths above human reason while at the same time still needing to be rationally defensible. In my view, Leibniz intended this rational defensibility in three main ways: there must be philological and historical support for the authenticity of the texts and the antiquity of the tradition; it must be possible to defend any given Christian doctrine from the charge of contradiction; and it must be possible to give a plausible explanation of how such doctrine could be true. This explanation, however, would not amount to a demonstration of truth but, as it were, to a provisional and incomplete explanatory hypothesis that allows for competing explanatory hypotheses33. This last point introduces the next aspect of Leibniz’s engagement with theology which I would like to explore, namely the ultimately practical end of theology according to Leibniz. THEOLOGY AND PRAXIS: THE ANALOGY WITH JURISPRUDENCE One way of appreciating Leibniz’s conception of the practical end of theology is via the strong analogy between theology and jurisprudence that he maintained from his youth. In the years in which he was awarded his Doctorate in Law from the University of Altdorf (November 1666), the young jurist wrote in the Nova Methodus Discendae Docendaeque Jurisprudentia (1667):
32 See id., Leibnizʼ, pp. 541f. 33 One could see here an interesting parallel with Aquinas’s attitude toward the Augustinian theory of divine illumination. In the Q. d. de spiritualibus creaturis (art. 10 ad octavum), Aquinas distances himself from the Augustinian-Platonic version of the theory, siding instead with what he regards as Aristotle’s view. Aquinas concludes, however, that it does not matter greatly [non multum autem refert] whether one follows one or the other theory – not because they are philosophically similar, but because their difference does not have an impact on any truth of faith. (See S. V. Rovighi: Introduzione a Tommaso D’Aquino, Roma and Bari 1981, pp. 106ff.). Mutando mutandis, as long as there is no proven inconsistency, for Leibniz it may well not matter for a rationally justifiable belief which philosophical theory one follows in providing a plausible explanation of the meaning of a mystery.
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Maria Rosa Antognazza Theology is a certain kind of Jurisprudence taken generally; it concerns in fact the Right and Laws [agit enim de Jure et Legibus] which obtain in the Republic or, rather, the reign of God over human beings34.
The analogy continues with the distinction in both theology and jurisprudence of a natural part, of which the principle is reason (grounding, respectively, natural theology and natural law), and a positive part, of which the principle is the authority of a text (“Scripturam seu librum”, grounding respectively divine positive law and human positive law)35. Basically, Leibniz proposed a framework in which theology was conceived as the jurisprudence regulating the association of God with “[…] all minds [esprits], that is substances capable of relations or society with God […]” in the universal republic headed by God as its monarch36. In the case of natural theology, one could count on the absolute certainty of rational demonstration, but in the case of positive or revealed theology, such certainty as human beings can attain is only moral – that is, a certainty based on the weight of reasons “verifying facts” like the authenticity of the text, the authority and trustworthiness of its author, and so on, rather than on the absolute necessity of logic. In other texts, Leibniz pointed again to jurisprudence as the field in which most progress had been made in this art of “weighting the strength of reasons” rather than counting them – an art, Leibniz claimed, still in its infancy but of key importance […] in the most serious and important matters of life, which regard justice, the tranquillity and wellbeing of the state, the health of human beings, and religion itself […]37.
In these areas – including religion and most fields which have a direct impact on “matters of life” – we typically lack the absolute certainty given by strict rational demonstrations and must instead rely on processes of rational decision-making guiding our action in uncertain situations38. According to Leibniz, the most promising way forward in these cases is often to adopt strategies inspired by the practice of jurisprudence.
34 Nova Methodus Discendae Docendaeque Jurisprudentia (A VI, 1, 294); see also the Dissertatio de Arte Combinatoria of 1666 (ibid., 168). 35 Nova Methodus Discendae Docendaeque Jurisprudentia (ibid., 294): “Utraque enim duplex principium habet, partim rationem, hinc Theologia Jurisprudentiaque naturalis […] partim Scripturam seu librum quendam Authenticum Leges positivas, illic Divinas, hîc Humanas continentem”. 36 “Mémoire pour des Personnes éclairées” (mid 1690s) (translated by P. Riley, in: Political Writings, p. 105). See also Grua 241: “Theology is a sort of divine jurisprudence, explicating the legal principles [jura] of our association with God” (trans. by R. M. Adams). 37 Leibniz to Thomas Burnett of Kemney, 11. February 1697 (A I, 13, 555). As we have seen, Leibniz advocated from early on the necessity of developing a new part of logic able to weight reasons as of great importance to revealed theology. See his letter to Duke Johann Friedrich of the autumn of 1679 (ibid., 2, 225 and A II, 1, 489). 38 Cf.: M. Roinila: Leibniz on Rational Decision Making, Helsinki 2007. And M. Dascal (ed.): Leibniz: What Kind of Rationalist, Berlin 2008.
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An illuminating example is provided by the way in which Leibniz proposed to defend the mysteries of the Christian religion, that is, traditional Christian doctrines which he acknowledged as belonging to a class of truths above human reason, and therefore beyond the realm of demonstration. Drawing attention to the notion of ‘presumption of truth’ employed by jurists, Leibniz pointed out that the burden of proof is on those who attack traditional Christian doctrines rather than on their defenders. Like the defendants in a law court, Christian believers can appeal to a presumption of truth of their beliefs until the opposite is proved. In other words, they are rationally justified in holding traditional doctrines as true until their impossibility (and therefore irrationality) is proved39. A few preliminary conclusions can be drawn from this brief account. By suggesting a conception of theology as the jurisprudence regulating the association between God and humankind, Leibniz is signalling that theology is ultimately practical: its ultimate purpose is to regulate our life in the City of God, providing the framework of the rightfulness or justice of our actions in relation to God and our fellow citizens. We saw above, that Leibniz embraces and upholds the traditional distinction between ‘natural’ and ‘revealed’ theology, corresponding respectively to the ‘natural’ and ‘positive’ law of the City of God. This is important. First of all, it confirms that the framework of justice regulating the relationship of God with rational creatures is not arbitrary but relies on something analogous to ‘natural law’. That is, it is grounded on the nature of God himself as it can be discovered rationally through natural theology and its investigations of the existence and attributes of God. Secondly, Leibniz also acknowledges the role of the will of God as expressed in the revealed part of theology. Just as positive laws are the result of the will of the legislators, the justice of which is ultimately grounded in the agreement of such positive laws with natural law, so revealed theology expounds the ways in which God willed to rescue and reshape his relationship with humankind after sin, crucially through the Incarnation40. The latter truth is not discoverable or provable by human reason; it is merely morally certain, hence the need to turn, once again, to the practices of jurisprudence to defend this and other doctrines of revealed theology. Leibniz’s analogy between natural and revealed theology, on the one hand, and natural and positive law, on the other, is therefore grounded in his epistemology, with its distinction between absolute and moral certainty. The next step in our argument is to appreciate how this distinction ultimately leads to Leibniz’s remarkably pragmatic stance regarding the doctrines of the Christian revelation.
39 Cf. M. R. Antognazza: “The Defence of the Mysteries of the Trinity and the Incarnation: An Example of Leibniz’s ‘Other’ Reason”, in: British Journal for the History of Philosophy 9/2 (2001), pp. 283–309. 40 See id.: Leibniz and the Trinity, esp. pp. 83f.
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ABSOLUTE CERTAINTY AND MORAL CERTAINTY Leibniz sharply distinguished between absolute and moral certainty both in theology and in philosophy. To begin with the former, in the letter to Duke Johann Friedrich from the autumn of 1679 in which his all-embracing project of the Demonstrationes Catholicae was presented, Leibniz explained: It should contain three sections: The first section is to demonstrate the existence of God, the immortality of the soul, and all natural theology; since in effect I have attained surprising demonstrations. The second section should be about the Christian religion, or revealed Theology; in it I would like to demonstrate the possibility of our mysteries of the faith and solve all the difficulties raised by those who claim to show there are absurdities and contradictions in the Trinity, in the Incarnation, in the Eucharist, and in the resurrection of bodies. For the proofs of the Christian religion are only moral, because it is not possible to give others in matters of fact; now all the proofs that carry only a moral certitude can be overturned by stronger contrary proofs, and therefore one must also answer the objections to satisfy oneself entirely, since a single proven impossibility in our mysteries would capsize the whole boat41.
As mentione above, the distinction between absolute or metaphysical certainty and moral certainty corresponds in theology to the distinction between natural and revealed theology. Whereas the former enjoys the absolute certainty given by strict demonstration of such truths as the existence of God and the immortality of the soul, the latter cannot but rely on moral certainty, that is, crucially, on the kind of certainty which is sufficient to rationally ground our action. Moral certainty (to use Leibniz’s beautiful metaphor) can be capsized by absolute certainty: what we reasonably held to be true on the basis of moral certainty can in principle be demonstrated to be false when a charge of inconsistency is proved with metaphysical certainty. However, as long as this does not happen, it is rational to act (and indeed we should act) on grounds of moral certainty. Recalling what was said above on the use of juridical practices to tackle issues which are theoretically uncertain, the distinction between moral and absolute certainty aligns with the practice of holding something as true until the opposite is proved. Some twenty years later Leibniz echoed these views in a letter of February 1697 to Thomas Burnet, where he explicitly extended the distinction between absolute and moral certainty to philosophy and linked moral certainty to the practical sphere: Theological truths and inferences are of two species; some have a metaphysical certainty and others have a moral certainty. […] Philosophy has two parts, the theoretical and the practical. Theoretical Philosophy is founded on true analysis, of which the Mathematicians give examples, but which ought also to be applied to Metaphysics and to natural theology, in giving definitions and solid axioms. But practical Philosophy is founded on the true Topics or Dialectics – that is to say, on the art of estimating the degrees of proofs, which is not yet found among authors who are Logicians, but of which the Jurists have given examples that are not to be despised and that can serve as a beginning for forming a science of proofs, suitable for verifying facts and for giving the meaning of texts42. 41 A II, 1, 488; see also ibid., I, 2, 225. 42 GP III, 193f.; translated by R. M. Adams.
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One may still wonder, however, holding as true highly theoretical doctrines of revealed theology (such as the Trinitarian nature of God or the real presence of the body of Christ in the Eucharist). To answer this question, we need to turn to Leibniz’s notion of confused cognition, and to its links with the notion of ‘safety’ and Leibniz’s doctrine of salvation. CONFUSED COGNITION In an early text, completely built on the analogy between theology and jurisprudence43, Leibniz claimed that, in order to believe in the Christian mysteries, […] it is necessary that the intellect should not fall nakedly over the words, like a parrot, but that some sense should appear before it, albeit a general and confused one, and almost disjunctive, as the country fellow, or other common man, has of nearly all theoretical things. […] so this faith will be disjunctive, inclining nevertheless to one side. And this is in fact, if you pay attention, what many Christians do in practice [ita fides ista erit disjunctiva, inclinans tamen in unam partem. Et hoc revera si attendas in praxi pleriqve Christiani faciunt]44.
After noting that this is a kind of “blind thinking [cogitationem caecam]” on which not only common people but also philosophers routinely rely when using words such as ‘matter’, ‘form’, ‘cause’, Leibniz concluded: To anyone who maintains that a distinct cognition of the meaning of the mysteries of faith is necessary to Salvation, it will be demonstrated by me that hardly the thousandth of Christians […] ever have had it. And as a consequence, it suffices for Salvation to hold onto the formula expressed in the Holy Scripture, with a confused cognition of the meaning by the intellect, and with a kind of disjunctive assent or belief45.
In my view, these passages are representative of Leibniz’s life-long attitude toward religious doctrines which fall outside the sphere of demonstrability, and therefore outside the sphere of absolute certainty. According to him, at least a confused cognition of the meaning of these doctrines is necessary for belief because the object of faith is not the words but the meaning of the words46. Crucially, however, provided there is no demonstrated contradiction, such confused and ‘disjunctive’ cognition is also sufficient for a prima facie rationally justifiable belief47. In other words, on the one hand, one cannot believe in the words of the Last 43 Commentatiuncula de Judice Controversiarum, 1669–1679*; A VI, 1, N. 22. The inquiry after the last instance of judgment in controversial issues (both religious and secular) was a locus communis in the controversist literature of the time. 44 Commentatiuncula de Judice Controversiarum; A VI, 1, 550f. 45 Ibid., 552. 46 Ibid., 550: “[…] faith regards the meaning, not the words; therefore it is not sufficient for us to believe that whoever said that ‘This is my body’ was saying the truth, unless we also know what he said. For indeed we do not know what he said if we keep only to the words, ignoring their force and power […]”. 47 Ibid., 550: “It is not always necessary for faith to know what sense of the words is true, as long as we understand it”. We find basically the same position in 1710 in the Theodicy (§ 54 of the Preliminary Discourse; GP VI, 80): “It is not necessary to require always what I call
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Supper, “This is my body”, unless one has some confuse grasp of what these words mean48. On the other hand, it does not matter whether the sense in which these words are taken corresponds to their true meaning as long as belief in this or that specific sense of the words has no practical consequences and, therefore, no impact on salvation: […] it is not always necessary for faith to know what sense of the words is true as long as we understand it, nor do we positively reject it, but rather leave it in doubt even though we might be inclined toward some other [sense]. Indeed, it suffices that we believe in the first place that whatever is contained in the meanings is true, and this first and foremost in the mysteries in which the practice does not change, whatever the meaning may finally be49.
I will come back later to the issue of the kind of soteriology unveiled by this stand. For now it suffices to note that, for instance, Leibniz devoted a remarkable amount of intellectual energy throughout his life to developing a sophisticated Eucharistic theology. Amongst his various attempts and intellectual experiments, arguably the most felicitous was a version of the doctrine which drew on his philosophical account of force and substance in order to propose an explanation capacious enough to accommodate Lutheran real presence while not being offensive to Calvinist views50. Developed as it was in the context of the negotiations between Lutherans and Calvinists, there is no doubt that Leibniz regarded as very important the possibility of reaching a theoretical understanding of this doctrine which could be intellectually satisfactory, theologically orthodox, and politically apt to remove one of the major stumbling blocks on the road to ecclesiastical reunification. Yet, as far as I can see, he continued to regard this proposal, as well as other theological theories, as acceptable explanatory hypotheses which did no more (but also no less) than contributing to the necessary task of providing a plausible sense to Christian doctrines. In other words, these theories could not claim to be true but only to be possible. I do not mean to underplay the fundamental importance for Leibniz of such a claim to possibility, since any proven impossibility would be equivalent to proving the falsity of an allegedly revealed doctrine. For present purposes, however, I adequate notions, which contain nothing that has not been explained, since even sensible qualities such as heat, light, sweetness, do not supply us with such notions. So we agree that the mysteries receive an explanation, but this explanation is imperfect. It suffices that we have some analogical understanding of a mystery, such as the Trinity or the Incarnation, so that in receiving them we do not pronounce words entirely devoid of meaning”. 48 See Ibid. It should be emphasized that confused cognition is far from being limited to the mysteries of revealed religion. As is already clear from the passages quoted above, Leibniz points out that it extends also to physical and metaphysical notions, and to the way in which the layman grasps complex mathematical concepts. 49 Ibid., 550f. 50 On Leibniz’s reflections on the Eucharist see R. M. Adams: Leibniz: Determinist, esp. pp. 349–360 and 389–393; B. C. Look and D. Rutherford: “Introduction”, in: B. Look and D. Rutherford (eds.): The Leibniz-Des Bosses Correspondence, New Haven and London 2007, pp. LVII–LXXII; I. Backus: “Leibniz’s concept of substance and his reception of John Calvin’s doctrine of the Eucharist”, in: British Journal for the History of Philosophy 19/5 (2011), pp. 617–633; id.: Leibniz: Protestant Theologian, vol. 1, New York 2016.
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merely wish to draw attention to this approach, grounded in his epistemological notions of confused cognition and moral certainty, as the underpinning of Leibniz’s strikingly pragmatic attitude when it comes to what is rational to hold as true in matters in which a great deal is at stake and absolute certainty is not available. PROBABILITY AND SAFETY In the Commentatiuncula de Judice Controversiarum, this strongly pragmatic thrust of Leibniz’s attitude toward controversial issues of revealed theology comes fully to the fore. A conflict between Sacred Text and reason arises, Leibniz explained, when the meaning of the text is unclear and reason cannot reach certainty. It seems clear to me that Leibniz is speaking here of the strong brand of rational certainty, that is, of the absolute certainty which is reached, for instance, in the case of a demonstrated impossibility. When there is no absolute rational certainty, but the probable meaning of the text is improbable according to reason, should we interpret the text in the light of what is probable according to reason or should we hold on to the text’s more literal meaning51? Leibniz tackled in particular the issue of the resurrection of bodies, asking whether priority should be given to Scripture, affirming it, or to reason, pointing to the intrinsic improbability of such a thing happening. Leibniz is clear: if there are historical and philological reasons strong enough to support the claim to authenticity of the text and the antiquity of the tradition, priority should be given to the text, provided that the doctrine does not involve any proven contradiction (“dummodo possibilis [as long as it is possible]”). The credit given to the words of the text, despite their improbability according to reason, rests on the peculiar characteristics of “the One who has promised”. Leibniz proposed the example of two men – Titius, rich and just, and Caius, poor and a born liar – who both promise a large sum of money. Although it is intrinsically improbable that anyone would give such a large sum of money to another person, Titius’s words (uttered, moreover, under oath) are worthy of trust, considering his reputation as a just man and the fact that he is both able and willing to keep his promise. On the contrary, it is not only improbable but actually impossible that Caius should keep his promise (supposing that he does not have,
51 A VI, 1, 552f.: “When the meaning of a text is doubtful, likewise when reason can determine nothing certain, as is the case in things of fact, and a conflict arises between the text and reason, it is indeed not absolute, but probable, in this way: The real presence of the body of Christ, likewise the Trinity in GOD, is probable according to the text (for from the text nothing except what is probable can be gathered) but improbable (N. B., although not impossible, for we certainly do not concede this to the Socinians and the Reformed) according to reason; then it is asked, whether it is better to side with reason or the words of the text”.
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and in the future will not have, so much money). One should therefore not trust in his words, unless one takes them metaphorically52. Leibniz concluded: Let us transfer this to God. God is obviously this Titius. Indeed, he is also very rich or rather very powerful, and very wise as well, so that his words outweigh all the words sworn by others. This God promises that our bodies will be resurrected, just as numerous as we now bear. Considering this in itself, without the promise, it is indeed not impossible, as all admit, but yet it is improbable ever to be, that the parts of a thing, scattered in thousands and thousands of places, should be gathered together again. Hence the Socinian concludes that it is improbable even if it is taken with the promise, and the words of the promise must be interpreted otherwise, indeed forcibly, metaphorically, figuratively; on the contrary, the Catholic concludes that, taken with the words of the promise, and adding the circumstances of the person speaking, it is probable and to be kept in practice, that God wants his words both to be understood in the proper sense and thus put into execution; and as he can he will do53.
I would like to draw attention to the penultimate statement that “it is probable and to be kept in practice” since in it surfaces the strong pragmatic component of Leibniz’s theological thought. It is clear that we are in the sphere of verum putare (holding something as true), based on reasons for credibility, and not in the sphere of demonstration54. To borrow an expression from a much later text, the evidentia is not in rebus but in personis55. That is to say, the grounds of probability that what has been promised will actually happen are not intrinsic but extrinsic: they are to be found in the authority, trustworthiness, and so on, of the person who has promised and not in the nature of what has been promised. All this considered, in practice one should do what is safer. (In this specific case, it is safer to hold the resurrection of bodies as true, given the biblical and traditional pedigree of this doctrine, and to act in consequence). Notwithstanding Leibniz’s robust theoretical engagement with abstract doctrines of revealed theology, this engagement appears to have been significantly driven by prudential considerations. Although it is debatable whether Scripture on its own provides a sufficient basis for the doctrine of the Trinity, the fact that a long and authoritative ecclesiastical tradition, as well as the three main Christian denominations, support this doctrine provided for Leibniz a decisive reason for holding on to it as the safest course of action as long as there is no proven absurdity56. 52 Ibid., 553. For a fuller discussion of the Commentatiuncula De Judice Controversiarum (including this passage) see Antognazza: Leibniz on the Trinity, pp. 50–59 and 201–209. 53 A VI, 1, 553f. 54 Cf. § 20 of the Commentatiuncula (Ibid., 550): “Fides est credere. Credere est verum putare”. 55 Annotatiunculae Subitaneae ad Tolandi Librum De Christianismo Mysteriis Carente (8. August 1701); Dutens V, 146: “even in human affairs we do not always need evidence in things […], provided it exists in persons, so that it is made sure by trust in them”. I discuss this text in M. R. Antognazza: “Natural and Supernatural Mysteries: Leibniz’s Annotatiunculae subitaneae on Toland’s Christianity not Mysterious”, in: W. Schröder (ed.): Gestalten des Deismus in Europa: Günter Gawlick zum 80. Geburtstag; [Beiträge eines Arbeitsgesprächs an der Herzog-August-Bibliothek im Juni 2010], Wiesbaden 2013, pp. 29–40. 56 Leibniz acknowledged, on the one hand, that without recourse to tradition the doctrine of the Trinity could at best be regarded as probable according to the text (A VI, 1, 552f. quoted
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This pragmatism is apparent also in Leibniz’s later texts. One should consider not only what is intrinsically most probable but also what is safest: Indeed I confess that we should regularly follow appearances, and hold them as truths; but since often many things appear contrary to one another, the rule necessarily is left aside, and one must try to discover which greater likelihood then is to be followed. In this we should not consider so much which opinion [sententia] is more probable, but also which is safer57.
Contrary to the supporters of the doctrine of fundamental and non-fundamental articles of faith briefly above, according to Leibniz, key issues relating discussed to the nature of God or the attribution of divine status could not be regarded as secondary doctrinal points to be safely left as ‘adiaphora’ or indifferent matters because not contained in terminis in Scripture. When neither the text nor reason can adjudicate these matters with sufficient certainty, one should do what is safer, namely, accept the ecclesiastical tradition: Anyhow, some think the Holy Trinity is a slight question, and whether the Christ we adore is an omnipotent and eternal GOD, or a mere man surrounded with the great glory of GOD, and yet the doubting of indifferent matters must be put forth also for this very controversy, where once it derived from the canon of the Church. Certainly it is most unsafe to waver and to play the sceptic in affairs of salvation, where every danger is to be held great for the very magnitude of the thing which we put in peril. Therefore, as far as I can see, one thing remains: after vain agitations of the soul, I think refuge should be sought in all matters in the haven of the Church, in which alone true tranquillity is to be had, when we are not safely indifferent, nor do we hope for security from a private examination after so many infelicitous examples in such difficulty of judging58.
Leibniz supported this stand with further considerations of a prudential flavour: divine providence would not permit the infiltration into the church of such errors as could compromise the salvation of those same human beings for whose redemption God chose to suffer and die on the cross.59 above). On the other hand, in his view, the doctrine of the Trinity was overwhelmingly supported by the ecclesiastical tradition (see Defensio Trinitatis, spring 1669* (ibid., 530): “[…] sententiam Orbi Christiano tot seculis receptam […]”). See De Scriptura, Ecclesia, Trinitate, 1680–1684* (ibid., 4, 2288f.; VE, 433): “I am afraid that we cannot satisfactorily evince the Holy Trinity from scriptures, without invoking the tradition, yet it is given much more clearly by joining Scripture with tradition. It is nonetheless certain that the Holy Scripture is much more in favor of the Trinity and is sometimes violently twisted by the Antitrinitarians”; Leibniz to Ernst von Hessen-Rheinfels, 4. / 14. August 1683 (ibid., I, 3, 318): “It is true, as V. A. remarks, together with many able Controversialists, that it is difficult to refute the Socinians with only the passages of the Holy Scripture. […] As for the rest, the replies of the Socinians to certain passages of the Holy Scripture, especially to the beginning of the Gospel of St. John, seem to me forced”; ibid., VI, 4, 2292f.: “The Antitrinitarian […] are compelled to force the words of the holy Scripture by a very constrained interpretation, and to stray from the old traditions of the Church”. 57 Annotatiunculae Subitaneae; Dutens V, 145. See also Leibniz to Lorenz Hertel, in: Alsted and Leibniz on God, the Magistrate and the Millennium, Texts edited with introduction and commentary by M. R. Antognazza and H. Hotson, Wiesbaden 1999, pp. 187f. 58 De Schismate, second half of 1683; A IV, 3, 236f. 59 Positiones, autumn 1685 February 1686* (ibid., VI, 4, 2352): “There are Dogmas, that have been accepted in the Church for so many centuries, especially as regards the Trinity and the
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SOTERIOLOGY In other words, in cases in which something of great importance is such as eternal salvation at stake, the rational course of action is to go with the safer rather than with the (intrinsically) probable. This view introduces us to Leibniz’s soteriology. As we read in the early Commentatiuncula de Judice Controversiarum, for the aim of salvation, a confused and disjunctive understanding of the meaning of believed doctrines suffices. Moreover, even if one were to believe objectively erroneous doctrines, salvation does not ultimately depend on believing what is objectively true but on a practical attitude: the sincere love of God above all things. Leibniz was in fact deeply committed to a ‘theology of love’ in which “[…] the love of God above all things […] is […] the principle of true religion […]”60. Once again, this is a theology which is ultimately practical. According to Leibniz, it would be against God’s justice and love to condemn people who sincerely search for the truth and strive toward a morally good life even if objectively in error61. As he remarked in 1690: Mr Arnauld […] finds it strange that so many millions of pagans have not been condemned; I would find it much stranger if they had been: I don’t know why we are so inclined to believe that people are damned or sunk in eternal miseries, even if they could not help it; but this leads to thoughts hardly compatible with the goodness and justice of God […] I don’t believe that the opinion of the eternal damnation of so many virtually innocent people is so edifying and so useful in preventing sin as is imagined. It leads to thoughts hardly compatible with the love of God62.
From very early on Leibniz maintained, in fact, that to be in error (that is, to believe something false) is to be sharply distinguished from acting against conscience. Since “[…] the penalty for one who is mistaken is to be taught […]” and “it is only the bad will, and not the error […] that can be punished”63, to be in error cannot be taken as a ground of condemnation. It is only acting against con-
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incarnation, that if they were false, they would be very dangerous, nor yet can they be evinced sufficiently from the holy books”. De Unitate Ecclesiae (ibid., 3, 220f.); Leibniz to Ernst von Hessen-Rheinfels (4. / 14 August 1683; ibid., I, 3, 318); Leibniz’s annotations of 1691 to his copy of the fourth part of Paul Pellisson-Fontanier’s Reflexions sur les différends de la religion (ibid., 6, 142). Grua 161; on Leibniz’s commitment to a theology of love see R. M.: Adams: “Leibniz’s Examination”, pp. 526–536. See my “Leibniz’s doctrine of toleration”, from which I am drawing in this section. A I, 6, 107f. It should be noted that Leibniz seems to have, if not embraced, at least not denied the doctrine of eternal damnation precisely for pragmatic reasons, that is, due to its ecclesiastical tradition and its possible contribution to preventing people from sinning (see R. M. Adams: “Justice, Happiness, and Perfection”, esp. pp. 216f.). At any rate, the emphasis in the passage quoted above is on the innocence of the people concerned. In this case, Leibniz seems to have no doubt that their eternal damnation should be rejected as against the love, goodness, and justice of God. “Lettre de Monsieur de Leibniz à l’auteur des Reflexions sur l’origine du Mahometisme”, 2. December 1706 (Dutens V, 483).
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science which should be punished64. In a letter responding to his strictly Lutheran half-brother, the twenty-three year old Leibniz wrote: To err against conscience [Errare contra conscientiam] implies contradiction. In fact, from the beginning of the world, nobody has erred against conscience. Someone errs who believes as true that which is false [Errat qui putat verum esse quod falsum est]. Whoever believes, this person is not otherwise convinced; whoever is not otherwise convinced, does not know better; who does not know better, does not feel against conscience. Or, in short, the contradiction could be shown as follows: to err against conscience is to err knowing the very thing in which one is in error. To err knowing the very thing in which one is in error is to err in the very thing in which one is not in error. In fact, who knows, to the extent in which he knows, does not err. Therefore, if someone errs against conscience, two contradictory things – to err and not to err – belong to him in the same respect, which is absurd. We can act against conscience but we cannot believe [sentire non possumus] against conscience. So you see that, if only those who err against conscience are to be damned, nobody is to be damned for his error65.
Nor,” Leibniz clarified in the Nouveaux Essais, are those who accord salvation to pagans, or to others who lack the ordinary aids, thereby obliged to rely for this on natural processes alone […]. One can, after all, maintain that, when God gives them grace sufficient to call forth an act of contrition, he also gives them before their death, even if only in the final moments, all the light of faith and all the fervour of love which they need for salvation; this being given to them either explicitly or dispositionally, but in any case supernaturally. […] Let me add that none of this gives this doctrine anything in common with the special views of the Pelagians and Semipelagians […] Contrary to the Pelagians, all three of the accepted religions […] agree in teaching that there is a supernatural grace in all who possess faith66.
For faith in the full sense of the term – that is, divine faith as opposed to a merely human faith based on explicable “[…] rational grounds for beliefs […]”67 – a supernatural light and “fervor of love” is necessary which can only be given by God’s grace. Precisely because these are “[…] inexplicable reasons […]” which […] consist only in our conscience or perception […]”, “[…] those who base themselves on this light, cannot demand another examination from others who base themselves on a contrary
64 See Leibniz to Ernst von Hessen-Rheinfels, 4. / 14. August 1683; A, II, 1, 535 “[…] it is against natural right [droit naturelle] to punish someone because he is of some opinion, no matter which, as opposed to punishing someone for some actions; for the penalty for one who is mistaken is to be taught [nam errantis poena est doceri]. And again, I do not believe that we have the right to punish someone with corporal pains for actions which he undertakes in accordance with his opinion, and which he believes his conscience obligates him to perform”. 65 Leibniz to Johann Friedrich Leibniz, 5 October* 1669, in: P. Schrecker (ed.): Lettres et fragments inédits sur les problèmes philosophiques, théologiques, politiques de la réconciliation des doctrines protestantes (1669–1704). Publiés avec une introduction historique et des notes, par Paul Schrecker, Paris 1934, here pp. 68f. 66 Nouveaux essais, IV. XVIII.9; translated by P. Remnant and J. Bennett, Cambridge 1996, p. 502. This position is already found in earlier texts. See Dialogue entre Poliandre and Theophile, mid–1679* (A VI, 4, 2220f.). 67 Nouveaux essais, IV.XVIII. 9; p. 497. See also A, I, 6, 76.
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Maria Rosa Antognazza light than the examination of one’s own individual conscience; namely whether one says the truth and really feels the light of which he boasts […]68.
The last instance of judgement regarding the salvation of any individual can therefore only be a judgement on the sincerity of his or her conscience, no matter how objectively erroneous his or her beliefs may be69. “People are not excommunicated for their error,” Leibniz wrote in 1691, but for their obstinacy or bad disposition of heart. One can be of bad faith and obstinate even if he asserts the truth, that is to say when this is maintained without foundation on the basis of a bad principle70.
According to Leibniz, someone who embraces in bad conscience (“malo animo”) a true doctrine can in fact be considered as a formal heretic. Unlike a material heretic (that is, someone who in good conscience believes a false doctrine), he is therefore worthy of punishment although he did not err71. In sum, it is the subjective sincerity or insincerity of conscience (together with God’s grace) which is, ultimately, the ground of salvation or condemnation72. Yet, since we cannot enter into the conscience of other people, only God can know who is saved or condemned. Moreover, Leibniz claimed that for the salvation of an individual […] no revealed article is absolutely necessary, and therefore it is possible to be saved in every Religion, provided that one truly loves God above all things […]73.
In the earlier Dialogue entre Poliandre and Theophile, written in the mid-1679, he had already maintained that “[…] those who love God above all things are in a condition [en estat] to be saved […]”, and in the Propositiones Theologicae of 1685 – 1686 he had added: “No one can be justified without a true love of God”74. It should be noted that the “love of God above all things” is not, for Leibniz, a super-fundamental article of faith which on its own could be sufficient for salvation. As we have seen, Leibniz explicitly distanced himself from the doctrine of 68 Leibniz to Duchess Sophie for Paul Pellisson-Fontanier, early August* 1690; ibid. 69 Cf. Leibniz’s marginal note on his copy of the fourth part of Pellisson’s Reflexions (A, I, 6, 94). 70 Ibid., 141. 71 De Haeresi formali et materiali, 1695*; A IV, 6, 337. On the distinction between formal and material heretics see M. R. Antognazza: “Leibniz’s doctrine of toleration”, pp. 151f. and Antognazza: “Leibniz and Religious Toleration”, pp. 612f. 72 In support of this thesis Leibniz quotes the sentence, “[…] facienti quod in se est Deus non denegat gratiam”. See Leibniz’s marginal note on his copy of the fourth part of Pellisson’s Reflexions (A I, 6, 144) and Theodicy, § 95 (GP VI, 155). As we saw above in the Mémoire pour des Personnes éclairées, according to Leibniz, “God never refuses his grace to those who seek it with a good heart” (trans. by P. Riley in: Political Writings, p. 105). 73 A I, 6, 78f. Cf. also Leibniz’s marginal note on his copy of the fourth part of Pellisson’s Reflexions (A I, 6, 101). These are texts of 1690–1691 written in the context of his epistolary exchange with the Catholic convert, P. Pellisson-Fontanier. 74 Respectively A VI, 4, 2220 and ibid., 2355. Trans. by Adams: “Justice, Happiness, and Perfection”, p. 205.
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fundamental and non-fundamental articles of faith75. In the passages quoted above, he is not proposing some sort of ‘single necessary and sufficient article of faith’, on which alone salvation depends. Instead he is reiterating that salvation, ultimately, does not rest on the correctness of one’s beliefs but on a practical attitude, namely, a sincere love of God. In some cases, Leibniz argued, a heterodox theology could positively enhance the moral stand of a person, and abstaining from intervention is definitely advisable when incorrect beliefs have a good practical effect. A telling example is Leibniz’s attitude toward Baron Franciscus Mercurius van Helmont. While distancing himself from dubious elements of van Helmont’s thought76, Leibniz appreciated the baron’s commitment to the common good which inspired a number of practical schemes for the improvement of the human condition. As Leibniz wrote on 20th December 1696 to Andreas Morell, “[…] the touchstone of true illumination is a great eagerness for contributing to the general good […]”. This was, in his view, what crucially distinguished van Helmont from other millenarians and promoters of controversial religious movements. “Among those who had extraordinary ideas,” Leibniz concluded, I have hardly found anyone beside van Helmont who shared this great principle of charity with me and who had a true eagerness for the general good, although in other respects we often had very different opinions about different matters77.
Despite its shaky support and its contrariety to ecclesiastical tradition, van Helmont’s radically optimistic eschatology, expecting a future millennium and a final restoration of all things, played an important role in inspiring his love of God and his commitment to the common good78. Leibniz acknowledged and admired this aspect of van Helmont’s thought notwithstanding his disagreement with many of the baron’s “extraordinary ideas”. CONCLUSION: THEORY AND PRAXIS IN LEIBNIZ’S THEOLOGY In theoretically uncertain matters with a bearing on salvation and, therefore, on eternal happiness, the criterion to follow was, for Leibniz, a prudential one. In such matters devoid of absolute (as opposed to moral) certainty, the most reasonable course of action is to do what is safer even when such action relies on what is intrinsically improbable from a strictly rational point of view. In a way, this is analogous to advising drivers to fasten their seat belt even when it is very improbable that an accident will happen. This course of action applies also to doctrinal (and hence theoretical) issues. According to Leibniz, when eternal life can be at stake, the safest thing is to hold on (that is, act on, endorse, accept, subscribe) to 75 I discuss this point in detail in Antognazza: “Leibniz and Religious Toleration”, pp. 605–612. 76 See for instance Leibniz’s entries in his Tagebuch of August 1696, in: Pertz I, 193 and 198. 77 A I, 13, 399f. Translated by H. Hotson in “Leibniz and millenarianism”, in: Alsted and Leibniz, pp. 187f. 78 Ibid., p. 189 and p. 192.
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doctrines which can claim a long ecclesiastical tradition in the main Christian denominations79, at least as long as they can be cleared from charges of absurdity. Holding on to traditional doctrines of revealed theology had for Leibniz also a further practical end, namely, fostering the stability of a political and social order in which Christian theology was inextricably interwoven in the religious, political, social, and cultural fabric which made up Europe. His sustained theoretical engagement with the fine points of complex and abstract theological positions was both aimed at ecclesiastical reunification and political pacification, and at ensuring that traditional doctrines met criteria of possibility (without which they could no longer be held as true). From what has been said above, however, I hope that it has now become clear that this theological pragmatism was no mere Kirchenpolitik. Rather, it was remarkably – perhaps even surprisingly – close to the family of prudential approaches to religious belief proposed by Pascal and later authors such as William James. In any case, ultimately salvation did not depend for Leibniz on believing a set of objectively true doctrines (such as, for him, at least some of the key doctrines of the Christian revelation) but on a practical attitude: the love of God above all things. In his view, such love was not different from seeking the common good and achieving happiness. Having an appropriate theoretical understanding of God and his creation was undoubtedly for Leibniz the high road leading to this love. But it was not the only road and what ultimately matters was to reach the final destination. The core of Leibniz’s theology, as a theology of love, is ultimately concerned with what to do rather than what to know. This is in line, I think, with the practical inspiration of Leibniz’s intellectual programme as a whole. Leibniz was a man who more than anything else wanted to do certain things. Even the most theoretical reflections on logic, mathematics, metaphysics, physics, and ethics were, ultimately, ad usum vitae (in the service of life) and aimed at the happiness of humankind. With this backdrop in place, it should come as no surprise that the highly sophisticated intellectual approach adopted by Leibniz in discussions of controversial theological issues, and his unrelenting theoretical defence of traditional doctrines, was combined with a highly pragmatic approach to theological belief. His theology was ultimately driven by soteriological considerations and was therefore conceived as in the service of life – in this case, eternal life. At the same time, this practical end should not be regarded as in competition with theoretical inquiries. Although Leibniz’s intellectual programme did have, ultimately, a practical end, this end was chiefly pursued by Leibniz through intellectual means, namely through theoretical advances in a variety of fields. Not only Leibniz’s personal gifts seem to have laid more on the ‘theory’ than on the ‘prax-
79 Leibniz to Lorenz Hertel, January 1695 (A I, 11, 21): “[…] it is safer not to advance opinions which are not soundly established and can be harmful since they are capable of keeping sinners in their security” (trans. by R. M. Adams: “Justice, Happiness, and Perfection”, pp. 216f.).
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is’ side of the Berlin Society motto80. More importantly, he saw the development of all the sciences as the principal mean to pursue the end of human happiness and, at the same time, to celebrate the glory of God in his creation. In Leibniz’s intellectual project as a whole, this accounts for the pivotal role played by theoretical inquiries. The same approach is reflected in Leibniz’s theoretical engagement with theology and his commitment to a robust Christian dogmatic which is rationally defensible. Knowing God and believing true doctrines is, for Leibniz, the safest road to salvation or eternal happiness. The aim of the journey, however, is practical. It consists in an eternal happiness which, ultimately, depends on love. Caritas is indeed the highest virtue in Leibniz’s theology81. This may sound somewhat more in tune with Paul’s Hymn to Charity than with Luther’s emphasis on faith. It is in any case well attuned with the Christian tradition which assigns pre-eminent place to charity amongst the three theological virtues, and indeed amongst all virtues. Leibniz’s view of theology as ultimately practical was far from unprecedented or unorthodox or of dubious theological pedigree. Amongst predecessors, Leibniz could count theologians of the stature of St Bonaventure who regarded the principal end of theology as our becoming good and our being moved to love God82. In conclusion, Leibniz’s theological pragmatism, apparent especially in his attitude towards revealed theology, should not be regarded as merely secular and political but as grounded in a practical orientation which was also genuinely and fundamentally theological.
80 Cf. the motto Theoria cum Praxi chosen by Leibniz for the Society of Sciences of Berlin as its regulative ideal. 81 As is well known, the “charity of the wise” as Leibniz’s definition of justice also takes central stage in Leibniz’s moral philosophy. 82 As noted by R. M. Adams, Leibniz follows Bonaventure rather than Thomas Aquinas in regarding theology as primarily a practical science, since its principal end is our becoming good and moved to love God. St. Bonaventure: In primum librum sententiarum, “Proeemium”, qu. 3, in: Bonaventure: Opera Omnia, vol. I. 1882, pp. 12ff., cited by R. M. Adams: “Justice, Happiness, and Perfection”, p. 215.
LEIBNIZ’S BIBLICAL HERMENEUTICS By Daniel J. Cook (Brooklyn, N.Y.) It is safer to hold that Holy Scripture contains nothing except the word of God, and that the authors of the books, even with regard to those which do not pertain to salvation, have not asserted a falsehood insofar as they are philosophical, chronological, and geographical. If there are errors, however, they have crept in because of the failings of the copyists, or have arisen from words that have been poorly understood1.
Many of the battles fought on the field of theology in the 17th century were waged over the interpretation of Holy Scriptures. Hermeneutics, or the principles used to interpret texts, enjoyed a revival in the early modern period because of the Protestant Reformation. The issues that this event engendered reached their climax during G. W. Leibniz’s lifetime, not only between Catholics and Protestants, but among the various Protestant sects, even though the latter agreed on the general hermeneutic principle: scriptura sui ipsius interpres. A close examination of how Leibniz understood and interpreted the Bible through his Auseinandersetzungen with some of the distinctive 17th century views of Scripture will demonstrate his biblical hermeneutics as well as throw further light on his philosophical theology. In dealing with religious and theological issues, Leibniz usually reverted to an analysis of the texts involved. This hyper-textual approach to the problem of biblical revelation is the key to his hermeneutics. For Leibniz, to understand a religion is first and foremost to understand it’s written “holy” sources. Leibniz’s principles of interpretation were determined by the unique nature of the text – the Holy Bible. While Leibniz at times dealt at some length or in some detail with biblical hermeneutics, there is no one work or even substantial parts of a work (e.g., the Theodicy) that encapsulated his views on the Bible. As in many instances, the latter were forged in his dialectical give-and-take with his interlocutors over a lifetime of extensive writings and correspondence.
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A special thanks goes to L. Strickland for his location and translation of some passages from Leibniz’s writings. Many appear in English translation on his website http://www.leibniztranslations.com (as of May 2014) or in his forthcoming anthology by L. Strickland: Leibniz on God and Religion: A Reader, London and New York 2016. The author also appreciates the suggestions, comments and corrections received from M. Lærke, H. Rudolph and L. Strickland. When available English-language translations are used, they immediately follow the original language source. A VI, 4 C, 2286.
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In the first section of this paper, Leibniz’s arguments for the authenticity and therefore the authority of biblical revelation will be detailed (I). We shall then examine the critical role that Leibniz, as an accomplished historian, granted to the ‘critical’ study of the ancient past (including its languages), in order to establish the historical plausibility of biblical texts (II)2. The third section will detail the various strategies Leibniz used to defend the “reasonable nature” of Scripture against deists and freethinking skeptics (III). He nevertheless argued for certain Christian mysteries against those believers who were skeptical of attempts to rationalize them (IV). In the final section we will examine several other hermeneutic approaches, proposed by contemporaries, but rejected by Leibniz (V). In conclusion, it can be shown that Leibniz was a ‘textualist’ (for purposes of salvation), a ‘rationalist’ (his terms3) as well as an empiricist in his biblical hermeneutics and exegesis. For these reasons, he can be considered a key theological figure in the Wirkungsgeschichte of the biblical hermeneutics. Leibniz played an important role in the transition from interpreting Scripture solely by a unique divinely inspired hermeneutics, to one that treated it as a secular classical text as well, which was the hallmark of the biblical exegesis of the Enlightenment, especially among Protestant interpreters of Scripture. 1. LEIBNIZ’S DEFENSE OF THE AUTHENTICITY OF BIBLICAL REVELATION Leibniz believed that the Christian Bible (i.e., the Hebrew Scriptures and the New Testament) is evidence of God’s particular revelation to a small part of mankind at specific times and places in history and is the only genuine such revelation. It follows that he cannot be called a ‘deist’ in any meaningful sense of the word4. Following the Protestant tradition5, the divine revelation of the Bible took place long past in human history for Leibniz. The core doctrines of Christianity have been long revealed and most of its prophecies fulfilled: “And as for the dogmas of 2 3
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Leibniz outlines the necessity for a critical approach in these first two stages in order to show that “[…] our sacred books […] have been sent from Heaven […]”. Ibid. II, 1², 641. See also ibid. IV, 3, 235. “Commentatiuncula […]”; Ibid., 1, 548–559; G. W. Leibniz: The Art of Controversies (=The New Synthese Historical Library: Texts and Studies in the History of Philosophy 60), edited and translated by M. Dascal, Dordrecht 2006, pp. 1–23. Early in his career, Leibniz laid out his general strategy in dealing with controversies concerning how to interpret Scripture in this seminal work entitled, Short Commentary on the Judge of Controversies: The Balance of Reason and the Textual Norm. For an excellent account of the various types of deism, see B. C. Klintberg: “On Samuel Clarke’s Four Types of Deists”, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 95 (2011), pp. 85– 99. “While Christians of the Protestant tradition hold that all revelation is sufficiently contained in Holy Scripture, Catholics commonly maintain that part of it is also to be found in the unwritten traditions of the Church”. N.N.: Art.: “Revelation”, in: The Oxford Dictionary of the Christian Church, London 1957, p. 1161.
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religion, we have no need for new revelations”6. Influenced by various hermetic and Kabbalistic sources, many of Leibniz’s contemporaries argued that there was a divine revelation before Moses (including for some, for example, of the core Christian mysteries7!). Leibniz questioned such claims on historical grounds, in effect denying those who believed in some version of prisca theologia.8 Thus the termini a quo and ad quem of God’s revelation were set for Leibniz, though he did allow for its later elaboration, confirmation and clarification from the post-biblical Christian tradition, as long as it was ‘proven by Scripture’ As for the reasons to believe in the authority of the Bible, I have already said elsewhere that the [Catholic] Church has contributed to proving it so, not as a judge, but as a witness over the centuries, quite like the republic of letters contributes to proving the authority of the books of Cicero and Virgil.
However, Leibniz immediately qualifies these remarks to his Catholic correspondent: The quality that one ascribes to the Church of being a judge of divine authority must itself be proven by Scripture […]9.
Leibniz’ distinction between natural and revealed theology is muddied and muddled at times because of the different audiences or correspondents he is addressing: at one time he may be making a purely scholarly point, while at another talking about the same doctrine in purely edifying (erbauliche) terms. For example in the Theodicy, which was meant for a more popular audience, the Creation of the world (ex-nihilo or not) is included as a Christian mystery10. The latter is indeed a supernatural event for Leibniz, but it is not ‘above reason’ as are the central Chris6
A VI, 6, 509; G. W. Leibniz: New Essays on Human Understanding, translated and edited by P. Remnant and J. Bennett, Cambridge 1993 (same pagination). 7 The best example is the “figurist” Joachim Bouvet, who found core doctrines of Christianity prefigured in classical Chinese writings. See Eine Wissenschaftliche Akademie für China. Briefe des Chinamissionars Joachim Bouvet S. J. an Gottfried Wilhelm Leibniz und JeanPaul Bigon Über die Erforschung der chinesischen Kultur, Sprache und Geschichte (= Studia Leibnitiana, Sonderheft 18), edited by C. von Collani, Wiesbaden 1989. On Leibniz’s skeptical attitude, see D. J. Cook and H. Rosemont, Jr.: “Leibniz, Bouvet, The Doctrine of Ancient Theology, and The Yijing”, in W. Li and H. Poser (eds.): Das Neueste über China: G. W. Leibnizens Novissima Sinica von 1697, Stuttgart 2000, pp. 135f. 8 For his skepticism concerning any pre-Mosaic revelation, see D. J. Cook: “Leibniz, China and the Problem of Pagan Wisdom”, in: Philosophy East and West 65/3 (2015), pp. 936–947. Leibniz allowed that pagans “[…] could have a solid morality and natural theology (une bonne morale et bonne Theologie), not unlike those of Job and others who lived before the Mosaic revelation thus not having any knowledge of it”. A I, 25, 17 (Vorausgabe); Leibniz Korrespondiert mit China: Der Briefwechsel mit den Jesuitenmission (1689–1714), edited by R. Widmaier, Frankfurt am Main 1990, p. 209. 9 A I, 21, 528f. These remarks reflect the influence of Georg Calixt, the irenic and syncretic theologian at the University of Helmstedt. He latter championed the principles of the Vincentian Canon (5th C.E.) regarding the authority of Scripture. On the intriguing story of Calixt’s early inspiration on Leibniz, see M. R. Antognazza: Leibniz: An Intellectual Biography, Cambridge 2009, pp. 47–50. 10 Théodicée, “Discours Preliminaire” §23.
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tian mysteries for him11. Leibniz gives many different ‘reasons’ for the biblical story of Creation12. Furthermore, virtually all versions of deism accept God as Creator13. Other examples are belief in the immortality of the human soul and the resurrection of the human body: Leibniz gives metaphysical arguments for both of these. Much of the knowledge attributed to the revealed word of God was not considered intrinsically so by Leibniz. Reason is the natural voice of God; the revealed voice of God should be vindicated only through it so that our imagination or some other illusion never deceives us. But since men misuse their reason, the proclaimed revelation of the Messiah has been necessarily unavoidable14.
Leibniz sincerely believed that many of us in the future would eventually, through reason and experience, grasp much of what we now ascribe to the ‘revealed light’ of God15. At times, Leibniz used the term ‘revealed theology’ rather loosely to refer to any ‘revelation’ through the superior use of reason, especially certain ‘wise men’ of ancient Greece: Plato, Aristotle and Pythagoras. He allowed that certain unwritten doctrines revealed directly to the Hebrews may have seeped down to the Greeks from some esoteric “tradition”16, but he expressly denied any direct divine revelation to them17. However, Leibniz did credit the Greeks with being the founders of rational or natural theology18. 11 See Section IV. 12 For a detailed treatment of Leibniz’s various arguments for Creation, see D. J. Cook: “Leibniz on Creation: A Contribution to His Philosophical Theology”, in: M. Dascal (ed.): Leibniz: What Kind of Rationalist? (=Logic, Epistemology, and the Unity of the Sciences, vol. 13), Dordrecht 2008, pp. 449–460. 13 See Klintberg: “On Samuel Clarke’s”, pp. 85–99. 14 A I, 16, 163 (on my emphasis, see section V below). 15 In a letter to Sophie Charlotte, he says, “And although we sometimes move backwards, the advance still ultimately prevails and wins. The natural light of reason is not sufficient [...], and our experiences are still too limited for us to catch a glimpse of the laws of this order. In the meantime the revealed light guides us through faith, although there are grounds to think that in time we will know more of this order by experience itself, and that there are minds which already know more of it than we do”. Ibid., 21, 345; Leibniz and the Two Sophies: The Philosophical Correspondence (= The Other Voice in Early Modern Europe: The Toronto Series 10), translated and edited by L. Strickland, Toronto 2011, p. 246. 16 “Revealed theology is that which has been drawn from the ancients to whom God had manifested himself more familiarly and has been propagated by tradition.” P. Riley: “An Unpublished Lecture by Leibniz on the Greeks as Founders of Rational Theology: Its Relation to His ‘Universal Jurisprudence’”, in: G. W. Leibniz: The Political Writings of Leibniz, translated and edited by P. Riley, Cambridge 21988, p. 236. A critical edition of the unpublished and unnumbered manuscript of the Latin original can be found in P. Riley: “Leibniz, Platonism, and Judaism: The 1714 Vienna Lecture on ‘The Greeks as Founders of a Sacred Philosophy’”, in: D. J. Cook, H. Rudolph and C. Schulte (eds.): Leibniz und das Judentum (= Studia Leibnitiana, Sonderheft 34), Stuttgart 2008, pp. 109–113. 17 “[…] it seems quite clear that the Greeks were not familiar with any divine revelations, not even to discuss them, by which they might be correctly taught or instructed in a matter of great importance”. Riley: “An Unpublished Lecture”, p. 239. 18 Ibid., p. 240.
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Given the narrow and narrowing scope of genuine revelation for Leibniz, how did he argue that the Bible is the authentic text revealed directly by God? Leibniz, in his own words (early in his career), set the bar quite high: But – you say – the Sacred Scripture, in the very least, cannot be the judge of its own authenticity. That is correct: indeed the text itself. […] cannot be the judge of its authenticity. Indeed, this must be proven by reason and history, just as the Sacred Scripture’s divinity cannot be, in general, gathered from itself, since in such cases its own testimony is not acceptable, even though it declares itself to be GOD’s word, this should be proven another way19.
In an even earlier work (1667), he said that if […] a writer is holy, it is certain that one should reject that interpretation which is inconsistent with reason and history, that is with truth […]20.
Throughout his lifetime, Leibniz argued for the authenticity and truth of the Bible on these two fronts: “[…] reason and history […]”21. His primary argument for the authenticity of Scripture – as the genuinely revealed word of God – was an empirical one, i.e., from history. Leibniz argued that only God – not even the devil22 or super-rational genii or angels23 – can accurately predict the future. Since history proves that the New Testament is the fulfillment of the prophecies of the Old Testament24, we can be certain that both are true products of divine revelation. Leibniz grounded the privileged status of the Bible as the sole authentic revelation of God on the fulfillment of its prophecies, even centuries later. In relying on fulfilled prophecies as the basis for the authenticity of the Scripture, Leibniz employed a line of defense common at the time25. In his words,
19 “Commentatiuncula. […]”; A VI, 1, 549f.; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 10 (my emphasis). 20 A VI, 1, 338. 21 For Leibniz, the so-called “motives of credibility” are, first of all, “[…] an analysis made in accordance with history and reason […]”. Ibid., 4, 2214. On the “motives”, see the end of Section IV below. 22 “Detailed prophecy is a miracle that the devil himself could not imitate”. Ibid., I, 7, 36. “It is true that the devil can counterfeit miracles. But there is one species of miracle which, enlightened as he is, he cannot imitate; that is prophecy”. Ibid., 3, 356. 23 Ibid., 35; “[…] so man’s nature […] sometimes imitates the divinatory powers of genii[…]”. Grua I, 147; www.leibniz-translations.com/divination.htm. 24 While there are many allusions and allegorical references used by Christians (e.g., “[…] the suffering servant of Israel […]” of Isaiah being Jesus, not the Jews), the standard ones include passages in Isaiah 7, 14, 42, 8 and 53, 4. 25 In this regard, Leibniz singles out in particular P. D. Huet’s Demonstratio Evangelica (1679): “Quite recently, M. Huet, now Bishop of Avranches, has undertaken, particularly in his Evangelical Demonstrations, to prove that the prophecies of the Old Testament have been precisely fulfilled in the person of Jesus Christ, and since God alone can tell us any details about the future – which surpasses even the power of angels – he concluded that the books of the two testaments are divine. His reasoning is solid and his book is quite erudite, […]” A I, 13, 552; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 364.
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Daniel J. Cook [O]ne cannot make a large number of correct and detailed predictions of the changes that will take place after several centuries, unless one is a prophet sent by God26.
Leibniz rejected miracles in the Bible as the primary evidence for the authenticity of Christian doctrine27. The fulfillment of prophecies of the Hebrew Bible in the New Testament28 is the evidentiary basis for the divine origin of Scripture. The proof for the existence of miracles in the Bible rested on accepting Scripture as of divine origin, and therefore authentic and true, and not vice versa, as many have argued. The only biblical miracle that Leibniz accepted as directly authored by God throughs were the prophets in the Bible itself. Since the biblical text is the authentic word of God there can be nothing in it that would lead people astray; any passage or text that would do so is the result of a faulty understanding of the text and must be interpreted properly29. Once the authenticity of the biblical text is established it entails that its authority is established as well. Being the word of God, the text itself cannot be impugned if the proper historical and linguistic research is undertaken; to do so would imply that God does not always speak the truth and could not deliver on his promises30. My opinion is that one should rather side with the meaning of the text, even if it improbable according to reason, provided it is possible, on account of its condition of being GOD’s saying. For he who is knowledgeable would not give us words through which we would be deceived. He would have done so, however, if the meaning which agrees most with the text according to the rules of interpretation […] were false. And since he is also powerful, he can accomplish whatever he promises31.
Since Leibniz viewed Scripture as literally the word of God on the basis of its genuinely prophetic nature, he must perforce treat it not only as the repository of moral instruction for mankind – as Hobbes and Spinoza essentially argued – but as an authoritative truth-bearing document – both historically and rationally. In other words, there could be no genuine contradictions, absurdities or falsities in the Bible. Leibniz saw the Bible in large part as a divinely revealed history. Before turning to his use of ‘reason’ in defense of Scripture, let us examine his defense of the historical plausibility of Scripture, though of course the two are inter26 A VI, 4 C, 2260; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 179. 27 “Misosophist: I concede that miracles are to be examined according to the standard of doctrine, but of revealed doctrine, I say, not natural. Theologian: Doesn’t that first revelation itself depend on miracles? Misosophist: Yes it does. Theologian: Then those first miracles at least should not be tested against another, earlier revelation. What do you say to that? Why do you hesitate? Misosophist: I don’t know how you have trapped me and backed me into a corner”. A VI, 4, 2214; Leibniz plays the role of the Theologian in this dialogue. On Leibniz’s reluctance to acknowledge the existence of miracles, see section III below. 28 For a full discussion of this topic, see D. J. Cook: “Leibniz on ‘prophets’ prophecy and revelation”, in: Religious Studies 45/3 (2009), pp. 269–287. 29 “[…] an authentic document is one which is officially considered capable of being safely read by the faithful, and contains no error from which danger may be able to arise to those who read it”. A VI, 4 C, 2288. 30 Leibniz relies here on his natural theology, which posits that God per definitionem always speaks the truth. 31 A VI, 1, 553; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 15.
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twined for him. Leibniz’s plaidoyer for developing an historical consciousness is never more apparent than in his biblical hermeneutics32. 2. LEIBNIZ’S DEFENSE OF THE BIBLE AS HISTORICAL TRUTH If we are to be textualists – i.e., “[…] those who affirm that the judge of controversies is the Sacred Scripture’s text itself […]”33, one had to understand its history since “[…] revealed religion is a history […]”34 – it is literally “[…] a point of fact […]” for Leibniz35. In order to understand the text properly and so validate its truth, one has to understand its historical background – chronological, geographical, and linguistic. Leibniz put much at stake in this endeavor, dealing with several extremes of belief that he clearly rejects: the non-believer, the ‘true’ believer and the ‘enthusiast’. First, he not warns us that there are those […] who doubt the authority of sacred scriptures and the truth of history and the historical record, thus bringing an unconcealed atheism into the world […]36.
Second, Leibniz rejected the view of the fideist, who believes the Bible simply because it is God’s word and therefore needs no defense of its truth, even if it contains passages that relate absurdities or physical impossibilities. Finally, he warned us against the Schwärmer or enthusiasts of his time, because they “[…] subvert our capacity to recognize truth […]”37. To validate the history of Scripture, Leibniz preferred the chronology of the Septuagint to that of the Vulgate, thus adding hundreds of years to the age of the world and consequently accommodating it to ancient Chinese sources38. In his devout effort to defend a literal reading of the Mosaic genealogy, he rejected the suggestion that the creation of mankind be pushed back even further and that […] the truth of religion could nevertheless be defended since it is not said that those who Moses names were fathered from one another without gaps [immediatement]. […] I have no fear that we should be reduced to such an unfortunate excuse, and the Septuagint can suffice39.
32 Leibniz’s plea for studying ancient history and philosophy has perhaps been best expressed in his letter to Huet, complimenting him on his historical research in defense of Christianity. A II, 1², 464–467. 33 Ibid., VI, 1, 548; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 8. 34 “([…] en effet la religion revelée est un Histoire)”. A IV, 2, 551. 35 Ibid., I, 20, 243. 36 Ibid., VI, 1, 489; G. W. Leibniz: Philosophical Papers and Letters, edited by L. Loemker, Dordrecht and Boston 1976, p. 110. 37 A VI, 6, 497; New Essays on Human Understanding, p. 497. 38 “[…] car j’ay tousjours jugé que Mons l’Abbé de la Charmoye avoit raison de croire que la chronologie des Chinois.[…] nous oblige a reculer l’antiquité des temps”. A I, 9, 487. He also attempted to reconcile his geological findings with the biblical creation story; see Théodicée § 245 as well as the citation in Section V, C 3 below. 39 A II, 3, 589; www.leibniz-translations.com/nicaise.htm.
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Leibniz also concluded that the extant text of the Hebrew Bible was more or less the one originally revealed by God. Learning that there was an ancient Jewish community in China, he asked his Jesuit correspondents there if the Jews there used the same Hebrew Bible as their counterparts in the West40, and never received any evidence to the contrary. He noted that “[…] the Hebrew text is occasionally doubtful […]”, but its “[…] exposition is supported by the Septuagint […]”41. While there may be “[…] equivocations in Hebrew, […] the original Greek text is only minimally obscure […]”42. While assured that the accepted biblical text was authentic, he did admit that “mistakes of the copyists” have crept in43. Leibniz knew that the Bible not only was a history, but was also part of ancient history. He believed that in order to confirm the superior truth of Christianity, a study of its ancient origins was essential44. Ancient history is the basis for proving the fides historica of the Christian religion and the divine authority of the Church – and indeed, for Leibniz, the prinicipal reason for studying it45. The Gospels […] are as certain among experts as it is that the chief books read under the names of Cicero and Virgil were actually written by these authors […] For it is evident that the better part of the holy books is acknowledged on the same grounds ordinarily applied to other ancient authors, even if it were not supplemented by any decree from the Church, and these authors can in turn support the authority of the Church with their testimonies […]46.
We first need solid knowledge […] of ancient history – which serves as the basis for demonstrating the truth of religion – in order to know the literal sense of Holy Scripture, which should not be mistrusted, although it in itself is not sufficient47.
Such an endeavor required knowledge of the relevant languages in order to understand, as far as humanly possible, the meaning of the biblical text. Leibniz reminds Burnet that one should “[…] avail oneself of history and languages for the proof of revealed theology […]”48. Truly understanding the Oriental mode of thought, especially in its Hebraic idiom49, entailed an expert knowledge of He-
40 41 42 43 44 45 46
Ibid. I, 18, 273. Ibid., VI, 4, 2287. Ibid., 1, 549; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 19. A I, 12, 369. Ibid., VI, 4, 688; ibid., I, 14, 551; ibid., II, 3, 8069 (Vorausgabe); GP II, 567. A II, 1², 641; GP III, 13. A VI, 4 C, 2348; 2350 (my emphasis). Leibniz also allowed that the biblical canon was set by the historical Church: “[…] on peut dire de même que la tradition de l’Eglise a distingué les livres de la Sainte Ecriture de tous les autres”. LH 1, 7, Bl. 117. 47 A I, 14, 551 (my emphasis); also New Essays on Human Understanding, p. 470. 48 A I, 20, 287. 49 For more details on Leibniz’s “Hebraism” see D. J. Cook: “Leibniz, The Hebrew Bible, Hebraism and Rationalism”, in: D. J. Cook, H. Rudolph and Christoph Schulte (eds.): Leibniz und das Judentum, Stuttgart 2008, pp. 135–153.
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brew and cognate languages (Arabic and Aramaic)50. This included properly understanding the New Testament, for as even Luther said: “Although it is written in Greek, it is full of Hebraisms”51. To pursue this avenue, he relied on the work of various Orientalists, such as Hermann von der Hardt, Hiob Ludolf, Edward Pococke, Sr., and Heinrich Sike. Leibniz staked much on the notion that many errors stemmed from not properly understanding the meaning of the biblical language. He warned his patroness, Electoress Sophie about this problem: As for the difficulties which seem to originate from some passages of Holy Scripture and our articles of faith, I would venture to say that if we find there something contrary to the rules of goodness and justice, we should thereby conclude that we do not employ the true sense of these passages from Scripture and of these articles of faith52.
Leibniz sought to understand the origins of various biblical commandments, not as authorized by ‘positive divine law’. But as originating from – if not necessitated by – the surroundings of the Israelites53. Thus, for example, he argued that male circumcision was common among the pagans of Abraham’s time and place for preventative medical reasons and so he adopted it and “[…] turned a useful rite into a form of contract [with the divine] […]”54. Leibniz thus essayed an historical explanation for this sacred and distinctive Jewish ritual. In his quest to interpret Scripture in a historically reasonable way, Leibniz dealt proactively with current chiliastic readings of The Revelation of John (‘The Apocalypse’)55. He offered his own version – chapter by chapter – of the events and prophecies in it, which was meant to counter the Schwärmer and millenarians of his time56. He related the ‘Apocalypse’ to past historical events (praeterism), dismissing any mystical, eschatological sense as “[…] still unfathomable to us
50 Like many of his contemporaries, Leibniz was under the mistaken belief that knowledge of Arabic would aid in understanding the Hebrew Bible: “[…] it is through Arabic that one should seek a perfect knowledge of Hebrew”. A I, 12, 368. In this light, the conflation of Jewish and Arabic – that is Muslim – thought becomes more understandable. For example, Leibniz genuinely believed that reading Maimonides – the premiere Rabbinic authority – was the portal for understanding Islam, which he saw as a kind of deistic offshoot of Judaism. For details on Leibniz’s attitude towards Islam, see D. J. Cook: “Leibniz and ‘Orientalism’”, in: Studia Leibnitiana 40/2 (2008), pp. 168–190. 51 See: Id.: “Leibniz, The Hebrew Bible, Hebraism and Rationalism”, in: Leibniz und das Judentum, p. 144. Spinoza and Newton echoed the same sentiments. 52 A I, 13, 12; Strickland: Leibniz and the Two Sophies, p. 124. 53 As he writes von der Hardt: “[…]I am wonderfully pleased by [those] […], who seek the causes of positive divine law in the rites of peoples, which themselves often have a basis in nature”. A I, 11, 410 54 Ibid. 55 Ibid., VI, 4, 2473f. 56 Ibid., 2475–2483. On his treatment of the Schwärmer, see D. J. Cook: “Leibniz on Enthusiasm”, in: A. P. Coudert, R. H. Popkin and G. M. Weiner (eds.): Leibniz, Mysticism and Religion, Dordrecht 1998, pp. 107–135.
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[…]”57. He thought that its visionary and symbolic language have led people astray: And the book in itself is written in a style so excellent, so florid, and so poetic, that people who do not understand it, or understand only the tiniest part of it, are filled with admiration for it. For if they understood it, their admiration would cease also58.
He occasionally resorted to mild ridicule to demonstrate his disdain for those who believed that the prophecies of the Apocalypse – in particular, Chap. 20 – are currently being fulfilled and that ‘the end of days’ is near59. Leibniz’s analysis of this controversial text followed Grotius in many respects and is a harbinger of what has been called the ‘contemporary-historical method’ that “[…] wished to assign different parts of the text to different historical settings […]”60. It is interesting to note that while Leibniz employed the notion of ‘fulfilled prophecy’ – as we have seen above – in order to justify the authenticity of Scripture, he was reluctant to extend this notion to purported prophecies made in the New Testament as did many millenarians in his day. At the other end of the historical spectrum, Leibniz allowed that the six days of Creation (the Hexaemeron) might refer to “[…] years or even much longer periods […]”61. He also accepted the traditional view of creatio ex-nihilo, but was not dogmatic about it. Whether or not the world was so created did not affect his philosophical position on Creation, since – given his Principle of Sufficient Reason – there still had to be a reason for God to create the world62. Other details that seem implausible can also be interpreted in a way that does not deviate too much from the literal text. In general, he is agnostic about taking large numbers in Scripture literally63. Leibniz summed up his whole approach to interpreting Scripture as one that ‘follows reason in a manner, that does not in any
57 A I, 4, 358; 405f.; ibid., 6, 203. It should be noted that Leibniz’s running commentary of the Book of Revelation was motivated more by political concerns than theological ones: “[…] knowing that false interpretations of prophecies have been potent tools for disturbing the masses, I would wish that one could destroy at the roots this pretext by demonstrating that the Apocalypse no longer concerned future matters as much as hitherto believed”. Ibid., 588. For a detailed look of Leibniz’s treatment of millenarianism, see D. J. Cook and L. Strickland: “Leibniz and Millenarianism”, in: F. Beiderbeck and St. Waldhoff (eds.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, pp. 77–90. 58 A IV, 7, 672. 59 GP III, 313; also, A I, 11, 369. 60 J. M. Court: Myth and History in the Book of Revelation, Atlanta 1979, pp. 13f. 61 GP III, 221; A I, 15, 489. See Section V, C 3 below. 62 For a more detailed discussion of Leibniz’s position on this issue, see D. J. Cook: “Leibniz on Creation: A Contribution to His Philosophical Theology”, in: M. Dascal (ed.): Leibniz: What Kind of Rationalist, Tel Aviv 2008, pp. 450–453. 63 A I, 22, 102. However, Leibniz is not completely at ease with “changing the numbers” in the Pentateuch, since it is difficult to determine them “unless definite marks are given by which one sense may be distinguished from another”. W. Brambach: G.W. Leibniz: Verfasser der Histoire de Bileam, Leipzig 1887, p. 19.
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way contradict Holy Scripture’, then emphatically concludes with his famous dictum: “[…] verum vero non dissonat […]”64. However, the defense of the Bible as an authentic historical document was constantly undermined by historical Pyrrhonism65; Leibniz was especially critical of anyone who was skeptical of gaining any valid historical knowledge from ancient documents (including coins, monuments and various inscriptions) to validate the truth and history of Scripture. His bête noire in this regard was the Jesuit Jean Hardouin. As an initially highly respected writer and editor of ancient Greek sources, Hardouin later devoted his life as an antiquarian to arguing that most of our ancient classical sources are later forgeries! Some of the harshest comments Leibniz ever made – highly uncharacteristic for him – are directed against him66. Even after Hardouin had to recant, Leibniz mistrusted his intentions67. One can understand Leibniz’s utter disdain for someone who later wrote, “[…] the thought of writing the Aenied never entered Vergil’s mind”68! 3. LEIBNIZ’S DEFENSE OF THE “REASONABLE NATURE” OF THE BIBLE However, whether or not the Bible is generally a true reflection of the history of its period is not the basis of many of the attacks on the truth of the biblical narrative. What pained and perplexed many enlightened people about the Bible in Leibniz’s time (and still does today) was that it was filled with all sorts of events that violated the laws of science and logic. Miracles and wonders scattered throughout the biblical text make the whole Bible rationally suspect. To defend the basic ‘truth-bearing’ nature of the Bible required from Leibniz and his like64 GP III, 221; A I, 15, 489. 65 Leibniz argued against this from the beginning of his career. See D. J. Cook, “The Young Leibniz and the Problem of Historical Truth”, in: S. Browen (ed.): The Young Leibniz, and his Philosophy (1646–1676), Dordrecht 1999, pp. 103–122. 66 “Wer gegen die Wahrheit selbsten fechten will, mit dem ist nicht zu sprechen: er weiss nicht, was er saget”. Elsewhere he talks of “Harduini delirationes”. W. Conze: Leibniz als Historiker, Berlin 1951, p. 54, n. 193; also A II, 2, 698; 793. Leibniz’s correspondent in Berlin, M. V. La Croze, a Prussian royal librarian, wrote extensively against Hardouin, e.g., his Vindiciae veterum scriptorum contra J. Harduinum, Rotterdam, 1708. Another correspondent, the famed numismatist, A. Morell, complained to Leibniz about Hardouin’s “[…] pure imagination and foolishness”. A I, 21, 252. 67 L. Davillé: Leibniz Historien: Essai sur L’Activité et la Méthod historique de Leibniz, Paris 1909; repr. 1986, p. 475 and n. 7. A. Grafton in his article, appropriately entitled: “J. Hardouin: “The Antiquary as Pariah”, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 62 (1999), pp. 241–267, detailed his career. 68 Ibid.: p. 250. It should be noted that, according to some leading 20th century scholars, the issue of historical Pyrrhonism in the early modern period has not been adequately addressed. In their Introduction, the editors admit that “[…] the implications of scepticism for valid historical knowledge […] have hardly been touched in the present volume”. E. de Olaso: “Leibniz and Scepticism”, in: R. H. Popkin and C. B. Schmidt (eds.): Scepticism from the Renaissance to the Enlightenment, Wiesbaden 1987, p. 11.
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thinking contemporaries a sophisticated analysis and interpretation of biblical events that otherwise appear incredible. If the Bible was the authentic document it purported to be, then it not only had to be historically plausible, but logically and scientifically acceptable as well. In this regard, Leibniz (and many of his coreligionists) turned to medieval (preferably non-Catholic) as well as contemporary sources – from Maimonides to the Lutheran oriental linguist, Hermann von der Hardt. Maimonides’ authority on the Hebrew Bible and ancient Israel was paramount for many Protestants in the early modern period69. In his intriguing article, “Newton and Maimonides”, Richard Popkin sees Maimonides as the patron scholastic saint, if you will, of much of the burgeoning 17th century Protestant biblical criticism and hermeneutics70. Von der Hardt recommended Maimonides to Leibniz71. Maimonides’ influence is apparent in the running commentary that Leibniz wrote on the Bileam episode – seeing the ‘miraculous’ events as occurring in a dream; both he and Spinoza drew upon him in this regard72. Leibniz profited from medieval Jewish commentators who argued that “Scripture spoke the language of (the common) man”: “ha-Torah debra k’ilshon b’nai adam”, “Scriptura humane loquitur”. The sun stopping at Gibeon is an example of Scripture speaking the language of pre-Copernican man73, as is the use of anthropomorphic attributes for God. But the greatest influence upon Leibniz’s efforts to explain (away) the miracles in the Bible came from his contact with the Lutheran orientalist, Hermann von der Hardt. He wrote to Nicaise that There is a man very knowledgeable in the Hebrew language, who persists in showing, by explanations based on the characteristics of the language, that we do not always have a true understanding of the meaning of Scripture, and the we at times seek out the marvelous and extraordinary where there is none;[…]74.
Thanks in large part to von der Hardt, virtually all the miracles in the Hebrew Bible are understood naturalistically by Leibniz – e.g., Lot’s wife was turned into a pillar of ash or tar, not salt75. Leibniz also accepted Hiob Ludolf’s argument that the ‘meat’ that God supplied to the Israelites in the Sinai desert were really lo69 “The true prophet was defined for Newton, as for other respectable Anglicans, by the writings of Maimonides, whose anti-mystical works were highly esteemed”. F. E. Manuel: The Religion of Isaac Newton, Oxford 1974, p. 87. 70 R. H. Popkin: “Newton and Maimonides”, in: R. Link-Salinger (ed.): A Straight Path: Studies in Medieval Philosophy and Culture. Essays in Honor of Arthur Hyman, Washington D.C. 1988, pp. 216–229. 71 His letter of 2 XI 1706; see L. Davillé: Leibniz Historien, Paris 1909, pp. 541f. 72 It is interesting to note that Leibniz “[…] outherods Herod […]” by going beyond von der Hardt’s treatment of the Bileam episode. While the latter was content to see it as a possible vision or (day) dream by Bileam, Leibniz in his running commentary concludes that it must have been “[…] dreamt while in bed at night […]”. Dutens II, 2, 275. 73 A II, 2, 281. 74 Ibid., 695. 75 Ibid.
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custs, not quails, which makes more sense76. Leibniz profited from von der Hardt’s and Ludolf’s sustained efforts to explain miracles in the Bible by an appeal to the laws of physics or other credible conditions of geography, biology, or whatever. Relying on their expertise as Oriental linguists along with his own metaphysics, Leibniz was confident that all the miracles and wonders of the Bible could be explained rationally. In this, his view of biblical miracles is quite close to that of Spinoza’s77. Leibniz also wished to rationalize – that is, demystify and demythologize – the Bible. While Leibniz rejected Spinoza’s view on the key issues of the nature and role of biblical prophecy, he agreed with many of the exegetical principles of someone who has been called “one of the fathers of the modern historical criticism of the Bible”78. If turning water into wine at Cana could not be explained in a conventional scientific manner, it nevertheless comported with the ability of higher created rational beings (‘angels’) to perform it in a strictly natural, causal fashion, that could be explained but is currently beyond our grasp: it is a “[…] transitory mystery […]”79 but nevertheless an accepted fact and part of history80. Leibniz rejected the notion that such miracles resulted from the temporary suspension of the laws of nature; such a view was quite problematic for him81. Thus instances of the Mystery of Grace are not miraculous events: “Nor is there any need of miracles to explain the grace of God, […] For God arranged all things from the beginning in this way”.82
76 Ibid I, 8, 288; 296. 77 “Leibniz, who prided himself on his religious orthodoxy, approaches miracles in a way little different from Spinoza’s […]. Though it may be intended as an alternative, Leibniz appears to be adopting a version of Spinoza’s own solution”. G. Hunter: “Spinoza on Miracles”, in: International Journal for Philosophy of Religion 56 (2004), p. 47. See also, D. Garber: Leibniz: Body, Substance, Monad, Oxford 2009, pp. 251ff. 78 N.N.: Art.: “Spinoza, Baruch (Benedikt de)”, in: The Oxford Dictionary of the Christian Church, p. 1281. 79 “Annontatiunculae Subitaneae”. Dutens V, 148. 80 “[…] miracula sunt historia; […] ” Ibid. (emphasis in original) 81 “If, […] the changing of the water into wine at Cana was a miracle of the highest kind, God would have thereby changed the whole course of the universe, because of the connection of bodies; or else he would have been bound to prevent this connection miraculously also, and cause the bodies not concerned in the miracle to act as if no miracle had happened. After the miracle was over, it would have been necessary to restore all things in those very bodies concerned to the state they would have reached without the miracle: whereafter all would have returned to its original course. Thus this miracle demanded more than it first appears”. T §249, in: G. W. Leibniz: Theodicy, edited and introduction by A. Farrer and translated by E. M. Hggard, La Salle and Illinois 1985. 82 A VI, 3, 477; G. W. Leibniz: De summa rerum: Metaphysical Papers, 1675–1676, translated and edited by G. H. R. Parkinson, London 1992, pp. 30f. For a more detailed treatment of grace as a non-miraculous event, see D. Rutherford: “Justice and Circumstances: Theodicy as Universal Religion”, in: L. Jorgensen and S. Newlands (eds.): New Essays in Leibniz’s Theodicy, Oxford 2014, pp. 71–91.
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Even Christ’s resurrection and ascension – one of the central events of the Christian faith – could be literally explained on (meta) physical grounds83. He did adopt the doctrine of eternal punishment, since it was based on a literal reading of Matthew 25,41–46, though he went to great lengths to defend it on moral grounds84. Leibniz even resorted to complicated mathematical calculations to demonstrate that all the people in the world – past, present and future – who will somehow be physically resurrected on the ‚day of judgment’ – could fit into the valley of Jehoshaphat (usually understood to refer to the Kidron valley, east of Jerusalem), as predicted by the prophet Joel85. Leibniz, in his hermeneutics (Hermeneuticae), allowed for a non-literal (Tropum) interpretation of biblical passages only as a last resort, when no other interpretation of the text (utilizing the various strategies here outlined) was probable, i.e., “[…] consistent with reason and history […]”86. Leibniz’s preference for explaining the text in some literal fashion can also be seen in his reluctance to rely on allegorical readings of the Bible. He therefore eschewed typological references: i.e., Christian efforts at seeing individuals and events of the New Testament pre-figured in the Hebrew Bible87. I believe that Leibniz did not entertain allegorical interpretations because they undercut his efforts to seek historical, linguistic and naturalistic explanations of the literal text by appealing to hidden or mystical meanings. There is an excellent example of this in his harsh and dismissive attack on any such ‘prophetic or mystical sense’, even when it came from St. Augustine, one of the greatest Church fathers. In an effort to condone “[…] false utterances […]” (falsiloquium) in the Bible by such venerated figures as Joseph, David, Elijah and even Jesus, Augustine resorts to various dodges that Leibniz found exasperating.
83 “[…] I think miracles can be reconciled with philosophy – if we understand miracle not as surpassing the nature of things, but as surpassing the nature of sensible bodies. For I do not see what prevents there being certain minds, more powerful than ours though clothed in some body, by whose agency things to be wondered at are accomplished. Therefore, I do not see what prevents Christ’s resurrection and ascension from being understood in a literal sense”. A VI, 3, 365, N. 5; E. Curley: “Homo audax: Leibniz, Oldenburg and the TTP”, in: I. Marchlewitz and A. Heinekamp (eds.): Leibniz’s Auseinandersetzung mit Vorgängern und Zeitgenossen, Stuttgart 1990, p. 302. For a detailed discussion of Leibniz treatment of miracles, see D. J. Cook: “Leibniz and the Problem of Miracles”, in: H. Breger, J. Herbst and S. Erdner (eds.): Einheit und Vielheit: Vorträge, VII. Internationaler Leibniz-Kongress, Hannover, 24. bis 29. Juli 2006, vol. 1, Hanover 2006, pp. 149–156. 84 For details on how Leibniz defended this doctrine, see L. Strickland: “Leibniz on Eternal Punishment”, in: British Journal for the History of Philosophy 17 (2009), pp. 307–331. 85 For Leibniz’s analysis and solution of the problem, see L. Strickland: “Taking Scripture Seriously: Leibniz and the Jehoshaphat Problem”, in: The Heythrop Journal 52/1 (2011), pp. 40– 51. 86 A VI, 1, 339. 87 To be sure, this traditional Christian hermeneutic is indeed invoked by Leibniz at least a half a dozen times in his Examination of the Christian Religion (the so-called System of Theology). However it must be remembered that this essay was written with the express purpose of appealing to the Roman Catholics of his day.
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Thus, Augustine in fact excuses false utterances associating to them I do not know what prophetic or mystical sense, and in this way it would be possible to excuse any false-saying whatsoever.[…] Here too Augustine attempts to dodge the objection by means of I don’t know what invented mystery88.
Leibniz adopts a literal reading of these events and allows that these revered figures did in fact engage in deception, but justifies it on utilitarian grounds, i.e., it prevented even greater harm89. In the Theodicy, Leibniz lists many examples in the Bible of such deceptions as well as other examples of God “[…] hardening hearts […]” or “[…] sending a lying spirit […]”, etc. However God, “[…] intending to use [them] for his ends […]” has – in his “[…] perfect wisdom […]” – “[…] superior reasons […]”, which “[…] have determined him to permit these evils, and to co-operate therein […]”90.
4. THE PROBLEM OF THE CHRISTIAN MYSTERIES However, in naturalizing biblical miracles Leibniz was in danger of treating the Christian mysteries in the same fashion. Leibniz needed a defense for these central Christian dogmas “[…] which reason could not see through […]”91. In the previous section, Leibniz was arguing primarily with essentially non-believing skeptics who ridiculed the biblical narrative because of its miracles, magic and appeals to the supernatural. The thornier problems, however, came from believing skeptics. These “[…] non-rational theologians […]”, as Pierre Bayle called them, thought that the core of the Christian religion was not amenable to a rational defense. Such a fideistic approach was rejected by Leibniz; his strongest opponent in this regard was Bayle. Interestingly enough, Bayle did not appear to attack naturalistic, historical or linguistic explanations of biblical miracles that Leibniz and others offered. His arguments are directed against a rational defense of the Christian Mysteries, with the Trinity and the Incarnation at the head of the list92. Leibniz had earlier hoped to give “[…] un beau mélange de Metaphysique, de Geometrie et de Physique […]” to support a rational possibility for the mysteries – based to be sure, on authoritative texts – as an answer to those who believe it impossible to give any rational explanations for them and so take refuge in figura-
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Falsiloquium non damnatum; A IV, 8, 384. Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 150. Ibid., pp. 151f.; Grua I, 702. Théodicée § 276. “[…] quas ratio perspicere non potest, […]”. Dutens V, 142. See P. Bayle: Historical and Critical Dictionary: Selections, edited and translated by R. H. Popkin, Indianapolis 1991, p. 280. It is no accident that Bayle was a Calvinist (though an unorthodox one), since there was a strong strain of historical Pyrrhonism among Calvinists (compared to other Protestants) concerning the manner that the Catholics accepted the Church Fathers. See R. H. Popkin: The History of Scepticism from Erasmus to Spinoza, Berkeley 1979, pp. 74 ff.
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tive, i.e., non-literal interpretations93. While they are anchored in the literal words of Scripture, belief in the Trinity and the Incarnation are grounded on a faithbased interpretation of various NT passages taken, as Leibniz has shown, to be genuine, on the “[…] condition of being GOD’s saying […]”94. Any dogma or doctrine necessary for salvation had to be “[…] expressly contained in the Sacred Scripture […]”95. Nevertheless, Leibniz admited: […] I am afraid that we cannot satisfactorily evince the Most Holy Trinity from Scriptures, without appeal to tradition, […] it is divulged far more clearly by joining Scripture with tradition96.
While Protestants argued that ‚Scripture is to be interpreted by itself’, the irony was that the Christian Mysteries – the core of the Christian faith – were not grounded solely on Scripture and therefore were among the greatest sources of disagreements between Protestants as well as vis-à-vis the Catholics. In defending the existence of the Christian mysteries against the deist, John Toland, he admits that the “[…] divine doctrines which reason cannot perceive were revealed to us by Christ […]”97. However, this does not mean that these two mysteries are absurd – Leibniz would never countenance such a possibility: they are not against reason, but above reason98. We cannot devise a direct argument for their truth, but we can defend them indirectly against possible objections99. Using the method of onus probandi, Leibniz allows for another kind of ‚reason’ – a form of legal reasoning that a good attorney uses in court to defend the presumption100 of his client’s innocence, or in this case, the possible truth of these two mysteries. This novel approach to rationality – to a ‚softer’ kind of reason – has been popularized by Marcelo Dascal and figures prominently in M. R. Antognazza’s able defense of these two Mysteries101. Leibniz develops the above argument as well as other ‚soft’ ones, in defense of the Mysteries, claiming that religion and reason are
93 94 95 96
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A II, 2, 435. Ibid., VI, 1, 553; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 15; original emphasis. A VI, 1, 549; Dascal (ed.): The Art of Controversies, p. 9; original emphasis. De Scriptura, Ecclesia, Trinitate, A VI, 4 C, 2288. One Christian theologian notes that “Scriptural language had already proved inadequate for the defence of the Trinity in the fourth century, as the ‘Nicene’ Creed demonstrates”. W. H. Trapnell: The Treatment of Christian doctrine by philosophers of the natural light from Descartes to Berkeley, Oxford 1988, p. 103. Dutens 5, 142; Antognazza: Leibniz, p. 253. Théodicée, “Discours Preliminaire”§ 23. Concerning the mystery of the Trinity, Leibniz claim: “We are not demonstrating this Mystery of Faith in accordance with reason, but simply illuminating it and defending it against objections”. A VI, 4, 2291. Théodicée, “Discours Preliminaire” § 33. M. R. Antognazza: “The Conformity of Faith with Reason in the ‘Discours Préliminaire’ of the Theodicy”, in: P. Rateau.: Lectures et interprétations des Essais de théodicée de G. W. Leibniz (= Studia Leibnitiana, Sonderheft 40), Stuttgart 2011, pp. 231–245.
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not adversaries as Bayle claims, but are in harmony – indeed in pre-established harmony102. One haunting point should be kept in mind, however, when dealing with Leibniz’s arguments in defense of Christianity and its mysteries. Robert Adams, the distinguished Leibniz scholar, raised it in his rave review of the original Italian version of Antognazza’s book on the Trinity and Incarnation in Leibniz. He said apropos the defense of these mysteries by her […] that there is an important strand of his thought about revealed theology that is not only juridical but profoundly pragmatist, and that may reasonably color our view of the way in which he holds such doctrinal beliefs103.
Antognazza admits there is a “[…] pragmatic component of Leibniz’s attitude towards revealed religion […]”104. In a word, should one believe in these mysteries as a sort of wager (à la Pascal?), because they will resolve the problem of the aporiae of our religion so that we can be saved from sin and damnation? It is clear that Leibniz did allow that for most individuals, this was the best strategy to follow in understanding Scripture and consequently accepting Christian doctrines. Only educated individuals could be expected to ratify Christian dogmas upon rational examination105. Leibniz regularly offers such a pragmatic defense of Scripture for purposes of salvation; for example, when he says – as I quote him in the citation below the title of my paper – “It is safer to hold that Holy Scripture contains nothing but the word of God. […]”. (Leibniz did not believe the biblical text had changed substantially since its ancient origins, but did allow ‚for possible revisions’ of the 102 T, “Preface”, pp. 39f. The bulk of the Theodicy is devoted to rationally explaining how evil can exist if there is a just God. Though not considered a Christian mystery – all theistic religions struggle with this problem – Bayle uses it to point up the absurdity of any rational explanation of God’s nature and purpose for human kind. He eggs Leibniz on with a reductio argument by suggesting that the only rational solution to this conundrum would be a belief in some sort of Manicheanism! 103 R. M. Adams: “Maria Rosa Antognazza’s Trintà e Incarnazione: Il rapporto tra filosofia a teologia rivelata nel pensiero di Leibniz”, in: The Leibniz Review X (2000), p. 55. (Emphasis mine.) 104 M. R. Antognazza: “Natural and Supernatural Mysteries: Leibniz’s Annotatiunculai subitaneae on Toland’s Christianity not Mysterious”, in: W. Schröder (ed.): Gestalten des Deismus in Europa, Günter Gawlick zum 80. Geburtstag; [Beiträge eines Arbeitsgesprächs an der Herzog-August-Bibliothek im Juni 2010], Wiesbaden 2013, p. 38, n. 35. 105 Leibniz adopted such a pragmatic strategy in the “Preliminary Dissertation” of the Theodicy when he cites Origen’s answer as to why so many people should and do accept Jesus Christ. It was not because of any sustained theoretical examination of Scripture – which is beyond most people – but because of his life, works and words. Leibniz then quotes Origen approvingly: “And I would fain ask with regard to the great number of those who believe, and who thereby have withdrawn themselves from the quagmire of vices wherein before they were plunged, which would be better: to have thus changed one’s life, believing without examination that there are punishments for sin and rewards for good actions; or to have waited for one’s conversion until one not only believed but had examined with care the foundation of these dogmas?” Théodicée, “Discours Preliminaire” §52.
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Hebrew Bible106 as well as for parts of the Gospels107.) Leibniz also offered ‚exfructibus’ arguments – the classic pragmatic argument – when dealing with positions where he preferred to remain agnostic. His comments about a local Schwärmerin that captured the interest of the Electress Sophie and others are an excellent example108. However, Leibniz was not above using pragmatic arguments even if he did not believe in the position it defended, if such a ‚pious deception’ had beneficial results, in this case furthering the conversion of the pagan Chinese. While Leibniz rejected Joachim Bouvet’s belief in prisca theologia, he nevertheless tells him: […] I find it strange that there has been so much commotion made against you fathers who have written that the ancient Chinese had the true religion. What harm is there in that? If it were false, is this an error that would give birth to dangerous consequences? Not at all109.
Nevertheless, whatever type of legal or pragmatic arguments Leibniz used in defense of the Mysteries, ultimately they all had an intrinsic rational basis: God […] never bestows faith unless what he is making one believe is grounded in reason – otherwise he would subvert our capacity to recognize truth, and open the door to enthusiasm […]110.
It is no exaggeration to say that Leibniz’s Christian faith is grounded in his faith in God’s purely rational nature. Therefore, when he says that reason must surrender to “[…] the authority of Holy Scripture […]”111, it is not because (authenticated) divine authority demands belief in the irrational. We currently lack the ability to explain our faith, but our faith itself is ultimately grounded in reason, or what Leibniz called “[…] the motives of credibility […]”112. These are ‚above reason’ in the sense discussed above. They […] can indeed be learned but cannot be understood by the methods and powers of created reason, of however great and exalted a kind. It is God’s unique privilege to understand it, as it is his sole prerogative to proclaim it113.
106 Leibniz does allow for possible revisions of the “[…] books of Moses and the prophets […]”, but gives no details (A VI, 4 C, 2287). 107 “For the chief part of these books which are attributed to the evangelists and the apostles is undoubtedly genuine, […]”. Ibid., 2353. 108 A II, 2, 452; A I, 7, N. 31; L. Strickland: Leibniz and the Two Sophies, 76f. 109 A I, 22, 364. 110 Ibid. VI, 6, 497; Nouveau essais, p. 497. 111 Théodicée, Discours Preliminaire, § 29. 112 Ibid. A VI, 6, 497; Nouveau essais, p. 497. Remnant and Bennett call these motives “[…] rational grounds for belief […]”. Ibid., LXIX. 113 A VI, 6, 493; Nouveau essais, p. 493. If such motives are insufficient, then “[…] inward grace will be making up for [their] absence”. Ibid., 510.
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5. “ROADS NOT TAKEN” There were other interpretations of Scripture that Leibniz refused to adopt in his biblical hermeneutics. Leibniz explicitly rejected certain approaches with various types of counter-arguments or objections as we have seen. But for some ideas, his opposition could be more implicit, not wanting to openly criticize or offend their proponents (easily done when dealing with matters of religion!) because he was agnostic or noncommittal about them. I will mention some interesting examples of Leibniz’s refusal or reluctance to deal with interpretations of the Bible that ran counter to his own hermeneutic principles. a) The first and most intriguing one is his rejection of several lines of biblical interpretation presented by – of all people – the one person who most influenced his biblical hermeneutics: Hermann von der Hardt. While the latter was resolute in attempting to give sober, naturalistic explanations of miracles in the Bible, at the same he entertained at least two other quite different hermeneutic strategies to Leibniz. 1. In a letter to von der Hardt, Leibniz wrote I wish you would start writing short [breves] commentaries on the complete Scriptures, not for immediate publication, but to have them ready, and to share them with an inner circle of friends114.
Von der Hardt, after complaining to Leibniz about the time it would take to write such “[…] short commentaries […]” – “[…] vita brevis est, et ars haec longa […]” – responded with a long letter in which he outlines the interpretation of Creation in the first chapter of Genesis, according to various Jewish mystical sources, including the Ma’aseh Bereshit, one of the earliest examples of pre-Kabbalistic Jewish mysticism. In this vein, von der Hardt also cites at length an allegorical interpretation of the first five verses of Genesis I that outlines the origins of the Jewish people through Abraham115. We have no written response from Leibniz to the above116, and there is no indication that he later forwarded such Kabbalistic cosmogonies in his interpretation of Scripture or otherwise117.
114 A I, 24, 478. 24 March 1705. I wish to thank Dr. N. Gädeke, one of the editors of the Academy edition, for the location of this passage as well as von der Hardt’s response to Leibniz’s request. I also benefited from her comments and documentation on this exchange. 115 A I, 24, 488–497; 30 March 1705, LBr 366, Bl. 221–228. 116 Leibniz would not have had to acknowledge it in his later correspondence with von der Hardt, since he could have discussed it directly with him while in Helmstedt during the first half of April, 1705. 117 There is a strong possibility that he learned of this Kabbalistic interpretation of Creation from van Helmont. Von der Hardt was a great admirer of van Helmont. He called him a “genius” and found in him “[…] not the traces but the very essence of the ancient first philosophy of Pythagoras, Plato and the Cabbala”. A I 12, 414. A. P. Coudert: Leibniz and the Kabbalah, Dordrecht 1995, p. 70.
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2. In this case, von der Hardt was simply a pipeline to Leibniz for various Rabbinic and Kabbalistic sources and not necessarily a proponent of them. However, he did initiate an interpretation of certain key passages in the Bible that had generated much emotion, especially among the Schwärmer and mystics of Leibniz’s day. Von der Hardt argued that these passages – such as the ones in Ezekiel 38 and 39 and the Book of Revelation – were meant to evoke strong emotions in its Christian readers or listeners. In affectively experiencing the biblical text in this immediate way and thus identifying with the biblical authors as well as the figures they portray, they would affirm their piety and hopefully gain salvation. This Affektenlehre of von der Hardt became central to l8th century pietistic hermeneutics and had a profound influence on later Protestant theologians who emphasized the importance of establishing an affective connection (cf. Friedrich Schleiermacher’s notion of dependence) with the divine through Scripture118. Leibniz’s rejection of von der Hardt’s theory of affects confirms our thesis that he was seeking from von der Hardt a “[…] short commentary […]” that would explain and corroborate, whenever possible, the literal meaning of the text by an appeal to “[…] reason and history […]”, not the emotions or the imagination. Von der Hardt’s theory stressed those factors – man’s overactive “[…] imagination […]” and “[…] misuse of reason […]”119 – that Leibniz sought to minimize, at least among his fellow intellectuals. He championed a rational understanding of Scripture, not one that appealed to the imagination and enthusiasm. Leibniz was well aware that such an approach was not in keeping with general Church policy – whether Catholic or Protestant – that saw appeals to imagination and emotion as the main vehicles for helping people gain salvation – though it may even entail painful martyrdom – by implanting in them a powerful image of “[…] the beauty of eternal life”. In a short piece entitled “On the imagination of the future life […]”, Leibniz wrote that “[…] the wise […]” in particular would do well to cultivate […] poems and allegories, and fables and sketches […] because […] no one needs them more than the wise, who are otherwise least of all accustomed to be prone to emotions, and hence not to be strengthened by a powerful imagination, and hence to resist pains with difficulty,[…] this imagination together with assent in which in [matters of] faith St. Thomas calls a pious affection, also includes the love of God above all things, and contrition, and hence certain salvation120.
For this reason, Leibniz thought that most people would likely read Scripture affectively, since it would be safer for them to do so for purposes of salvation. But 118 Dr. Rudolph is to be thanked for bringing this notion of an Affektenlehre in von der Hardt to the attention of the author. See, H. Rudolph: “Hinweise in Leibniz’ Korrespondenz mit Hermann von der Hardt”, in: Leibniz und das Judentum, pp. 217–220. 119 See his comments cited in section I. 120 A IV, 7, 661f. (emphasis mine).
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his primary strategy was to treat the Bible rationally as a secular document with all the contemporary philological and historical tools. Leibniz thought that it was essential that Christianity be rationally defensible, though such an effort would be restricted to those with “[…] logical skills […]”: […] we can also be saved without reasonings, and we are able to reason without syllogisms. Yet we are unable to comprehend and uphold the foundations of faith without reasonings; and we cannot easily elicit the truth in difficult matters or convince an obstinate opponent without logical skills121.
Let us not forget that in his charge to von der Hardt for “[…] short commentaries […]”, he informs him that it would not be for “[…] immediate publication […]” and that it would only be shared “[…] with an inner circle of friends […]”. Besides his substantive hermeneutic disagreement with von der Hardt’s interpretation of those evocative chapters122, Leibniz was also cautious about discussing controversial positions on religious issues especially when von der Hardt was already in trouble because of his confrontational attitude with more orthodox authorities123. b) Leibniz rejected Kabbalistic interpretations (such as F. M. van Helmont’s) on textual as well as historical grounds, claiming they […] are not supported on any foundation of reason or Holy Scripture, since the opinions and expressions of the ancient Hebrew Kabbalists could not serve as solid proof, although there are a few who imagine that these are the traditions of Moses and of ancient sages, since in effect ‘Kabbalah’ means ‘tradition’. […] it is only supported on fancies, and at the very most on some allegories which it is claimed are drawn from passages of holy scripture […]124.
His reluctance to adopt any Kabbalistic interpretations of Scripture is not to say that he was not interested in the Kabbalah (whether from its earlier classical sources or later Lurianic forms). There are those who claim he was influenced by it in other areas of his thought or in his terminology125, but there is no evidence that he took any form of Kabbalah (including so-called “Christian Kabbalah”) seriously in his biblical hermeneutics. Another candidate for Leibniz’s disdain in this regard was Robert Fludd who believed that the key to all science and true philosophy was to be found in the Pentateuch. Leibniz called his Philosophia mosaica “[…] a fallacious interpretation of the words of Sacred Scripture […]”126. 121 Ibid., VI, 4 C, 2217. 122 Dr. Rudolph argues that the substantive reason why Leibniz rejected von der Hardt’s Affektenlehre was that it was infected with a strong anti-Jewish spirit. Ibid., 218ff. 123 Dr. Rudolph talks of Leibniz’s “[…] Reserve gegenüber der schon einmal angedeuteten Bereitwilligkeit von der Hardts, den orthodoxen Kritikern öffentlich, das heißt in publizierten Schriften, und nicht ohne rhetorische Schärfe, entgegenzutreten”. H. Rudolph: “Hinweise in Leibniz’ Korrespondenz mit Hermann von der Hardt”, in: Leibniz und das Judentum, p. 215. 124 A I, 11, 20; 22; www.leibniz-translations.com/hertel.htm. 125 See Coudert: Leibniz and the Kabbalah. 126 GP IV, 391; G. W. Leibniz: Philosophical Papers and Letters, edited by L. Loemker, Dordrecht and Boston 1976. A fuller title of Fludd’s book is: Philosophia Moysaïca. In qua sapientia et scientia creationis et creaturarum sacra vereque Christiana […] explicatur, Gouda 1638. In the Preface to the New Essays, he calls this work “fanatical”, since it “[…] saves all
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c) While Leibniz rejected various mystical interpretations of Scripture whether their source was Bouvet, van Helmont or von der Hardt127, there were several others, including Kabbalistic ones, that affirmed certain ideas (not based on any literal reading of the biblical text) which were developed by some of Leibniz’s contemporaries. These all revolved around Adam and the nature of the Creation in Genesis. I will briefly discuss Leibniz’s responses to three of them. 1. One view – based primarily on Kabbalistic sources, especially later Lurianic ones – asserted that God could have created other worlds before this one […] that the Lord did not make known to Moses128.
Though this idea would seem to contradict Leibniz’s belief that God by definition created “the best of all possible worlds” without having to create earlier less perfect ones, he nevertheless did not “condemn absolutely” such a view. He stated this (but only in the unsent draft of a letter to Hertel) concerning van Helmont’s Seder Olam with his characteristic non-committal politeness: To say that God already created other creatures before this world is something that I would not dare to condemn absolutely. It seems to me that this is a problematic question which does not change anything in the system of our world, nor in the workings of salvation. Thus one can excuse those who imagine that it is in accordance with the divine perfection to have always worked outwardly to produce the most good as is possible129.
2. Another theory, also greatly influenced by neo-Platonism and Lurianic Kabbalah was the belief in a primordial link to the source (the ein-soph [the ‘infinite one’] in Hebrew) of all degrees of being, “[…] the ‘primum creatum,’ anthropologically described as Adam Kadmon, [Hebrew for] the Primordial Man”130. The main source for this emanation theory of Creation was Lady Anne Conway, whose work Leibniz read and acknowledged. In her form of mystical Christianity, she identified the Adam Kadmon as Christ or Messiah, following van Helmont, who “[…] had developed [it] with prolix and exhaustive biblical arguments”131.
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phenomena by ascribing them immediately and miraculously to God”, […]. Nouveau essais, p. 68. It should be mentioned here that Leibniz’s source for much of his own knowledge of Kabbalah was Knorr von Rosenroth: Kabbala Denudata, Sulzbach 1667. Leibniz’s knowledge of Hebrew was minimal. R. H. Popkin: “Leibniz and Vico on the pre-Adamite theory”, in: M. Dascal and E. Yakira: Leibniz and Adam, Tel Aviv 1993, p. 381. My discussion on the various forms of preAdamite theory is taken in part from this article. A I, 11, 22; www.leibniz-translations.com/hertel.htm. B. Orio de Miguel: “Adam Kadmon: Conway, Leibniz, and the Lurianic Kabbalah”, in: Leibniz and Adam, p. 267. Ibid., p. 271.
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These figures – Adam and Jesus Christ – are not to be understood as the historical figures we know from Scripture132. There have been those who have argued for the influence of Conway on Leibniz’s metaphysics, or at least a strong similarity in some of their views. Leibniz does mention this “Adam Kadmon”, an infinite mediator between God and the world several times, but clearly rejected it. This they [“the Cabalists”] usually call by various names, for example, Adam Cadmon, Messiah, Christ,[…] The author [J.-G. Wachter] cites these things, which lack all foundation, from Spinoza. God produces no infinite creature, nor can it be shown by any argument, nor can we specify how such an infinite creature would differ from God himself133.
3. Besides the notion of other worlds created before this one, there was the theory that other humans existed in this world before Adam. Richard Popkin notes that in Leibniz’s annotation of Maimonides Guide for the Perplexed, he […] showed no interest in the discussion in Book III, chaps. 32–33 on the Sabean preAdamite theory that contended that Adam had parents and that he came from India134.
Leibniz treated this view, supported by more sober thinkers, such as Isaac de La Peyrère135 as well as by geological evidence, more cautiously than those that invoked the Kabbalah. Given his belief that the Hexaemeron may have been much longer than six 24-hour days, he was comfortable with the notion that the earth existed many generations before man was created: For many things lead me to think that it is consistent with reason and with Holy Scripture itself, that the whole globe of the earth before the birth of man was at some point covered by the sea, at the time when God ordered the waters to withdraw from the land; and earlier still it was consumed by fire, at the time when he separated the light from the darkness; and afterwards other great changes followed, of which we suspect nothing today136.
However, he never denied (whether out of conviction or prudence) the traditional biblical chronology concerning the creation of man on the last day of Creation, 132 Ibid. 133 Ph. Beeley: “Leibniz on Wachter’s Elucidarius cabalisticus: A Critical Edition of the socalled ‘Réfutation de Spinoza’”, in: The Leibniz Review 12 (2002), p. 8; G. W. Leibniz: Philosophical Essays, translated and edited by R. Ariew and D. Gerber, Indianapolis and Cambridge 1989, p. 276. Popkin mentions that “Leibniz took note of this theory at least in the form in which it appeared in the Kabbala Denudata […]”. “The pre-amite theory”, p. 382. (He is referring to the passage cited by A. Foucher de Careil in his Leibniz: la philosophie juive et la Cabale, Paris 1861, p. 58.) 134 Ibid. 135 For more details on this fascinating figure, see R. H. Popkin: Isaac La Peyrère (1596–1676): his life, work, and influence, Leiden 1987. 136 D II, 2, 177; The Shorter Leibniz Texts: a collection of new translations, edited and translated by L. Strickland, London 2006, p. 142. A few years later, in a letter to Bourguet, Leibniz claims that human history “[…] is nothing [peu de chose] compared to what is not known to us. http://www.gwlb.de/Leibniz/Leibnizarchiv/Veroeffentlichungen/Transkriptionen1714.pdf (as of May 2014), p. 296.
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and so never entertained the pre-Adamite theory espoused by La Peyrère. Once again, following the literal text of the Bible, Leibniz never seriously questioned that Adam was the first human being created by God from whom all humanity descended137. The early chapters of Genesis are a history of the world, not just of the Jews as La Peyrère argued. Justin Smith notes that on this issue, “[…] Leibniz was a committed monogeneticist, […] For Leibniz, then, there is only one origin for human beings, and subsequently the boundaries of the human species remain rigidly fixed”138. d) I will close with the curious case of Leibniz’s complete avoidance of his French contemporary, Richard Simon (1638–1712). Simon’s studies of the Hebrew Bible have dubbed him ‘the founder of OT criticism’. Simon […] denied that Moses was the [sole] author of the Pentateuch, arguing from the existence of duplicate accounts of the same incident and variation of style […]139,
which he attributed to various accretions, and different writers and editors. His book, Histoire critique du Vieux Testament (1678), was such a scandal that he was expelled from his order. While the whole printing was destroyed, a list of chapter titles had been earlier circulated by the printer as an advertisement. When asked about it, Leibniz said that he had received it “[…] a long time ago […]”, but had not gotten around to reading it140. A little later, when asked about it again, he said he could not find it, claiming his papers were all disorganized141. He seems not to have read the list or a letter outlining its contents, though he indeed had purchased the latter for his patron’s library142. Copies (from a manuscript) of the English and Latin translations were available by the early 1680’s; there was also a Dutch edition of the original from 1685. His silence on Simon – compared to his revulsion of Hardouin’s work – can perhaps be explained by the fact that Leibniz was less concerned about Simon who at least accepted the Hebrew Bible – with all its revisions – as Holy Writ. Furthermore, for all his trenchant “critique”, Simon – even more than Leibniz – trumpeted the literal meaning of the text143.
137 Even though it would have corroborated his belief in the monogenesis of mankind from Adam (A I, 13, 545), Leibniz was skeptical that Hebrew was the Ursprache, the lingua Adamica, from which all later languages derive, as van Helmont and other Kabbalaists believed. See D. J. Cook: “Leibniz: The Hebrew Bible, Hebraism And Rationalism”, in: Leibniz und das Judentum, pp. 136f. 138 J. E. H. Smith: “Convergence or Genealogy? Leibniz and the Spectre of Pagan Rationality”, in: M. Dascal (ed.): Leibniz: What Kind of Rationalist? Dordrecht 2009, p. 418. 139 N.N.: Art.: “Simon, Richard”, in: The Oxford Dictionary of the Christian Church, p. 1258. 140 A I, 2, 444. 141 Ibid., 459. 142 Ibid., 4, 191. 143 For a detailed account of Simon’s groundbreaking approach, see P. Hazard: The European Mind: the Critical Years, 1680–1715, translated by J. L. May, New Heaven and London 1953, pp. 180–197. The original French title is more indicative of Hazard’s dramatic approach to this topic: La Crise de la Conscience Européene.
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CONCLUSION We have discussed the Bible as a sacred text, but by Leibniz’s time, scholars and theologians began to treat the Bible as a secular historical text as well. Leibniz adapted and adopted various hermeneutic methods (e.g., from Grotius and Spinoza) that pointed to such a treatment. In his Auseinandersetzungen with many of the theologians and philosophers of his day, he rejected those who adopted various allegorical, typological and mystical approaches that undermined a rational and historical approach to the literal biblical text. Notwithstanding, he was a staunch defender of Scripture – especially of the Mosaic authorship of the Pentateuch – as a divinely revealed text that held the key to salvation for mankind and rejected any approaches that would undermine Christian piety. While Leibniz viewed the Bible as a sacred, organic text that was basically true to its history, he nevertheless was a pioneering figure in developing “rules of interpretation” (as Leibniz called his hermeneutics), that integrated this traditional approach with the rational spirit of his times. We conclude with his words in this regard: [...] suppose that on the one hand we have the literal sense of a text from Holy Scripture, and that on the other we have a strong appearance of a logical impossibility or at least a recognized physical impossibility; then is it more reasonable to give up the literal sense or to give up the philosophical principle? There are certainly passages where there is no objection to abandoning the literal sense – for instance where Scripture gives God hands, or attributes to him anger, repentance and other human affects. [...] This is where the rules of interpretation come into play; but if they provide nothing which goes against the literal sense in deference to the philosophical maxim, and if furthermore the literal sense contains nothing imputing some imperfection to God or involving a threat to pious observances, it is safer and indeed more reasonable to keep to the letter144.
144 A VI, 6, 499f.; Nouveau essais, pp. 499f.
IMAGE ET RESSEMBLANCE CHEZ G. W. LEIBNIZ ET BERNARD DE CLAIRVAUX Par Brigitte Saouma (Paris) Les monastères cisterciens ont rapidement constitué, en Europe, un véritable empire économique, par le système des granges. La diffusion des manuscrits bernardins, a suivi cette expansion. Dom Jean Leclercq écrit à ce propos : […] Sur environ 1500 mss de s. Bernard que j’ai pu examiner, près de 450 viennent de la zone germanique [Allemagne, Autriche, Suisse alémanique] répartis en 67 villes ou monastères de cette région et dans les bibliothèques d’autres régions d’Europe, surtout en Angleterre, en France et en Belgique […]. Au point de vue de la recherche des mss, ces monastères peuvent se répartir en trois catégories. Un premier groupe comprend les monastères situés en Autriche qui, n’ayant jamais été supprimés, conservent leurs manuscrits depuis leur fondation. Ces fonds sont d’autant plus importants que ces monastères ont été presque tous fondés du vivant même de s. Bernard : ce sont par ordre chronologique, Rein fondé en 1130, puis Heiligenkreuz, Zwettl et Wilhering; seuls Lilienfeld et Stams ont été fondés plus tard, au XIIIe siècle. Les mss anciens conservés dans ces bibliothèques sont donc des témoins dont la provenance cistercienne est assurée, et dont on connaît même la généalogie, puisqu’on sait de quels monastères ces abbayes étaient filles et petites-filles. Pour Heiligenkreuz, nous possédons même un catalogue rédigé entre 1134 et 1147 […]. Un autre groupe de monastères est constitué par ceux dont les mss ne sont pas restés sur place, mais ont cependant évité la dispersion: ils ont été réunis dans une même bibliothèque publique. C’est le cas pour les mss de Heilsbronn à Erlangen, de Altenberg et de Heisterbach à Düsseldorf, de Baumgartenberg à Vienne, de Altzelle à Leipzig, de Heinrichau à Breslau, de Kaisheim, Raitenhaslach et Alderspach à Munich. […] Enfin un troisième groupe est celui des fonds bernardins qui sont dispersés dans diverses bibliothèques: ceux de Stams sont répartis entre Stams et Innsbrück. […] Les fonds bernardins provenant des monastères bénédictins de la zone germanique sont plus nombreux encore que ceux des monastères cisterciens. Leur nombre dépasse la quarantaine. […] Après les cisterciens et les bénédictins, un rôle important revient, dans la diffusion des textes bernardins aux chanoines réguliers […]. Il nous reste des mss venant de 18 de leurs monastères situés dans la zone germanique. Les fonds les plus importants sont ceux de Klosterneuburg et de Seckau […]. Ainsi, même en dépit des destructions causées par les suppressions de monastères, par les guerres et les autres calamités survenues depuis huit siècles, il apparaît que tout un réseau de lecteurs de S. Bernard s’est étendu sur les pays de langue allemande. À l’intérieur de cette vaste zone, on discerne des unités géographiques mineures dans lesquelles circulaient les mêmes textes: la Rhénanie constitue l’une de ces unités, la Bavière une autre, la Styrie et la Carinthie une autre […]. Au point de vue chronologique, les deux
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Brigitte Saouma époques où les textes de saint Bernard furent les plus copiés, donc les plus lus, sont aussi les deux grandes époques de l’histoire religieuse : le XIIe siècle et la fin du XVe siècle1.
Il précise, par ailleurs que : La littérature cistercienne du XIIe siècle ne consiste pas seulement dans les écrits de s. Bernard et de quelques abbés illustres, comme Aelred de Rievaulx, Isaac de Stella ou Guerric d’Igny, dont les textes furent publiés. Elle est aussi représentée par d’innombrables textes anonymes et inédits. Ceux-ci méritent également qu’on les interroge, si l’on veut s’informer du niveau moyen de la spiritualité. Parmi eux se trouvent surtout des sermons, qui se présentent généralement dans des manuscrits, en séries émanées probablement d’un même auteur […]2.
Ce foisonnement a incité les premiers éditeurs des textes imprimés à des recherches philologiques, linguistiques, et théologiques approfondies afin de distinguer les textes dictés et revus personnellement par Bernard, des textes qu’il a inspirés, sachant qu’il ne transcrivait pas lui-même, confiant ce soin à des secrétaires. Il leur a fallu écarter un nombre considérable de rédactions, inspirées ou imitées de l’œuvre de Bernard, avant d’établir le texte. Jean Mabillon cite l’édition d’Edmond Tiraqueau parue en 1601, puis la même, augmentée des notes de Jean Picard en 1609. Elle est suivie de l’édition partielle de Jacobus Merlo Horstius, insérée dans un recueil de textes patristiques, qui paraît en 1635. Ce dernier, curé de Notre-Dame in-Pasculo à Cologne, réalise l’édition de 1641, qui devient une référence3. Elle sera rééditée huit fois au cours du XVIIe siècle4. Celle d’Edmond Tiraqueau et de Jean Picard sera rééditée cinq fois en trente ans5. Mabillon précise, cependant, qu’il serait aussi long qu’inutile de citer toutes les éditions parues au cours du siècle. Les œuvres complètes de Bernard paraissent en 1690 dans la grande édition mauriste6 établie par Mabillon et ses correspondants. Les compilations ou flores circulent sous forme imprimée au XVIe siècle, trente-quatre, contre 1
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Dom J. Leclercq : Recueil d’études sur saint Bernard et ses écrits, t. II, Roma 1966, chap. II : « La diffusion des manuscrits bernardins dans les régions de langue allemande », pp. 19–33. On doit à dom Jean Leclercq et à ses collaborateurs, la dernière grande édition de référence des œuvres de Bernard de Clairvaux. Dom J. Leclercq : Recueil d’études sur saint Bernard et ses écrits, t. I, Roma 1962, chap. VII : « Sermons de l’école de s. Bernard dans un manuscrit d’Hauterive », pp. 133–158, p. 133. Simon Icard écrit à ce propos « Pour retrouver l’œuvre authentique de l’abbé de Clairvaux, les éditeurs se livrent à une analyse sévère et systématique des manuscrits, ce qui demande un travail considérable. Le réseau de correspondants qui collaborent avec Mabillon pour sa seconde édition est impressionnant: toute la famille érudite accompagne le mauriste dans son travail. C’est d’ailleurs sur ce point que porte la seule restriction que Mabillon apporte à l’éloge appuyé qu’il fait de son prédécesseur : On ne peut nier que Horstius eut le bonheur de conduire cette première édition à un degré de perfection aussi élevé que pouvait le souhaiter un homme instruit, soigneux et grand admirateur de saint Bernard, mais travaillant seul ». S. Icard: Port-Royal et Saint Bernard de Clairvaux (1608–1709) Saint-Cyran, Jansénius, Arnauld, Pascal, Nicole, Angélique de Saint-Jean, Paris 2010, p. 58. Ibid., p. 62. Ibid., p. 61. Ibid., p. 60.
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quarante Opera, Opera omnia ou considérées comme telles, selon Léopold Janauscheck7. Leibniz et Mabillon ont correspondu, le premier appréciant l’érudition du second8. Par conséquent, tant la diffusion des manuscrits bernardins, que celle des œuvres imprimées est très importante. L’abbé de Clairvaux est, au XVIIe siècle, considéré comme le dernier Père de l’Église. Il est donc fort probable que Leibniz ait eu entre les mains, les textes de Bernard, manuscrits ou imprimés, des copies anonymes ou l’une des nombreuses compilations. Cependant, l’influence de l’abbé de Clairvaux a été telle qu’il peut aussi s’agir de réminiscences. Néanmoins, les connaissances de Leibniz en matière de philosophie et de théologie médiévales sont souvent si précises qu’il s’inspirait vraisemblablement des sources, même s’il ne les citait pas toujours. Par ailleurs, la pensée de Bernard de Clairvaux a été très importante pour Luther, comme pour nombre de ses contemporains, catholiques et protestants9. Cette influence signifie que la pensée bernardine inspirait encore à cette époque, la théologie chrétienne, qu’elle soit traditionnelle ou réformatrice. Bernard de Clairvaux, dans l’élaboration de sa spiritualité, s’inscrit dans une longue tradition exégétique en s’inspirant, entre autres, du Commentaire sur le Cantique des Cantiques d’Origène10 et de la pensée augustinienne11. Il fait sienne cette tradition dont il reprend sans cesse les éléments. Sa pensée est profondément liée à celle de ses prédécesseurs. Étienne Gilson écrit à ce propos : 7 8
Ibid., p. 51. Pour M.-L. Babin : « Contrairement à son habitude de passer sous silence ses sources, Leibniz se réclame constamment de Mabillon pour son analyse des détails diplomatiques et paléographiques. Même sans le dialogue érudit permanent qu’il appréciait beaucoup et qui forme une partie constitutive de son œuvre, Leibniz a fait ample usage du De re diplomatica, et on pourra dire sans exagérer que, si Leibniz a préféré les diplômes à tous les autres documents historiques, il l’aura fait avant tout grâce à sa maîtrise méthodique de leur interprétation qui le distinguait et qu’il devait à Mabillon ». M.-L. Babin : « Mabillon et Leibniz », in : J. Leclan, A. Vauchez et D. O. Hurel (éds.): Dom Jean Mabillon figure majeure de l’Europe des lettres Actes des deux colloques du tricentenaire de la mort de dom Mabillon Abbaye de Solesmes, 18–19 mai 2007, Palais de l’Institut, Paris, 7–8 décembre 2007, Paris 2010, pp. 372–384, pp. 382sq. 9 Selon G. Constable : « Luther venerated Bernard ‹ above all other monks › and praised his sincerity, preaching, stress on experience and above all his faith. ‹ You see that these are the words of a most Christian breast ›, Luther said, citing two passages from Bernard’s life and his treatise On Consideration, ‹ that placed entire trust in Christ, utterly despairing of its [own] works ›. Some scholars have argued that Luther misinterpreted Bernard, but the fact remains that he and many of his contemporaries, both Protestants and Catholics, found in Bernardʼ works and example a spirituality that suited their own religious attitudes ». G. Constable: The Reformation of the Twelfth Century, Cambridge 1996, p. 326. 10 L. Brésard : Bernard et Origène commentent le Cantique, Abbaye Notre Dame de Scourmont 1983. 11 Dom J. Leclercq écrit à ce propos : « […] Une recherche minutieuse sur le De gratia et libero arbitrio a pu établir que Bernard s’y inspire de plusieurs passages du De correptione et gratia de saint Augustin, mais n’en reproduit aucun exactement ». Dom J. Leclercq : Recueil d’études sur saint Bernard et ses écrits, t. III, 1969, chap. I : « Aspects littéraires de l’œuvre de s. Bernard », pp. 13–104, p. 74.
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Brigitte Saouma La théologie mystique de saint Bernard est une création incontestablement originale, dont tous les éléments sont néanmoins traditionnels, et qui semble être née de la combinaison de plusieurs blocs doctrinaux, dont chacun garde, même dans la synthèse nouvelle, sa structure propre et la marque évidente de son origine. Tout se passe, en effet, comme si saint Bernard s’était posé un problème personnel, mais aussi comme s’il avait fait la gageure de résoudre ce problème à l’aide de données dont aucune ne fût étrangère à la tradition scripturaire et patristique. Ajoutons qu’il l’a tenue et qu’il a gagné la partie […]. Lui-même s’est souvent glorifié de n’avoir presque jamais avancé de doctrine qui n’eût été enseignée avant lui. Ce n’est pas là de sa part feinte humilité, mais l’expression sincère de ce qui fut toujours son attitude en présence de ces problèmes, parce qu’il était convaincu qu’elle devait être telle. On n’aura donc jamais fini de relever dans des écrits antérieurs aux siens des expressions ou des pensées analogues aux siennes […].12
Bernard a donc opéré une synthèse magistrale des données de la tradition exégétique tout en s’inscrivant pleinement dans l’héritage patristique qu’il fait sien. En ce sens, il reste l’une des figures majeure de la pensée médiévale. Son influence a été considérable du fait même qu’il a su intégrer dans cette synthèse des éléments qui présentaient des aspects communs, mais dont on n’avait pas encore établi clairement les liens. Citons simplement sa lecture et son interprétation des commentaires respectifs du Cantique des Cantiques par Origène et Bède le Vénérable. Par ailleurs, les références, implicites ou explicites de Leibniz à Augustin sont nombreuses13 et sa connaissance de la théologie médiévale est encyclopédique. Il accorde une place de choix à la théologie chrétienne, lorsqu’il écrit dans les Nouveaux Essais sur l’Entendement : La Theologie Chretienne, qui est la vraye Medecine des ames, est fondée sur la revelation, qui repond à l’experience, mais pour en faire un corps accompli, il faut y joindre la Theologie naturelle, qui est tirée des Axiomes de la Raison eternelle14.
En ce sens, il rejoint les théologiens médiévaux qui ont inlassablement cherché à concilier la foi et la raison, cette dernière faisant partie intrinsèque de l’âme humaine. Loin de rejeter la tradition et par conséquent les écrits des Pères de l’Église, tant grecs que latins, Leibniz la reconnaît et la reprend. Par ailleurs, dans une lettre au Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels, il reconnaît les dogmes fondamentaux du christianisme. Je puis asseurer VAS que les doutes de philosophie dont je parlois dans ma precedente n’ont rien de contraire aux Mysteres du Christianisme sçavoir à la Trinité, l’incarnation, l’Eucharistie et la [resurrection] des corps. Je conçois ces choses possibles, et puisque Dieu les a revélées je les tiens veritables15.
De ce fait, il s’inscrit dans un cadre de pensée qui inclut des textes, des réflexions, des méditations issues autant de la Révélation, que de l’Antiquité. Les textes an12 É. Gilson : La théologie mystique de saint Bernard, Paris 1969, p. 35, p.45. 13 H. Rudolph : « ‹ Je suis du sentiment de S. Augustin […] ›-Leibnizʼ (1646–1716) Nähe und Distanz zu Augustinus », in : N. Fischer (éd.) : Augustinus Spuren und Spiegelungen seines Denkens, Bd. 2 : Von Descartes bis in die Gegenwart, Hamburg 2009, pp. 59–87. I. Backus : « Leibniz and Augustine », in : Augustinian Studies 43 1/2 (2012), pp. 179–189. 14 A VI, 6, 415, lignes 27–30. 15 Leibniz à Landgraf von Hessen-Rheinfels; A II, 1, 855, lignes 4–7.
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tiques transmis et commentés en grande partie, par les penseurs arabes, sont copiés, analysés, interprétés tout au long du moyen-âge. Ils font partie intégrante de cette tradition. L’apport de la pensée médiévale est si important que Leibniz écrira même au Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels : Au reste, je desire aussi que M. Arnaud sçache que je pretends nullement à la gloire d’estre novateur, comme il semble qu’il a pris mes sentimens. Au contraire, je trouve ordinairement que les opinions les plus anciennes et les plus receues sont les meilleures. Et je ne croy pas qu’on puisse estre accusé d’estre novateur, quand on produit seulement quelques nouvelles verités, sans renverser les sentimens etablis. Car c’est ce que font les geometres, et tous ceux qui passent plus avant16.
Leibniz rejoint ainsi ses prédécesseurs médiévaux qui, tout en prétendant ne pas vouloir dépasser les Pères, ont renouvelé les modes de pensée et de réflexion dont ils étaient les dépositaires. C’est donc en s’inspirant de cette tradition que Leibniz pose le problème des relations de Dieu avec sa création. Problème qui a été celui des théologiens, mais aussi des philosophes. Quelque soit le nom attribué la divinité, les questions de son existence ou de sa non-existence, de sa relation réelle ou supposée à l’homme-considéré comme une créature divine ou non-restent encore posées à l’époque moderne. Leibniz énonce le problème en ces termes : Il y a mille difficultés chez les Philosophes à l’égard du concours de Dieu avec les creatures. Quelques uns ont crû que la creature n’agissoit point du tout, d’autres ont crû que l’action de Dieu devenoit celle des creatures par leur reception, et y trouvoit sa limitation. On a douté aussi quel Estre pouvoit estre l’action de Dieu, si c’estoit un Estre créé ou incréé ; ou si ce n’estoit pas l’action même de la creature, en tant qu’elle depend de Dieu. Et la difficulté devient encor plus grande lorsque Dieu concourt avec une creature qui luy est unie personnellement, et qui n’a qu’en luy sa subsistance ou son suppost17.
IMAGE Leibniz repense les grandes questions théologiques dans un contexte différent de celui de Bernard, mais il ne s’en appuie pas moins sur une tradition multiséculaire qui a permis paradoxalement la naissance d’une religion nouvelle avec le désir d’un retour aux sources scripturaires18. Dans cette tradition, la question de l’âme 16 Leibniz à Landgraf Ernst für Antoine Arnauld; A II, 2, 20, lignes 16–19. 17 Leibniz pour Jacques-Begnigne Bossuet; A II, 2, 592, lignes 18–24. 18 M. R. Antognazza écrit à ce propos : « Leibniz convinced that ‹ The Holy Scripture much more favors the Trinity and is sometimes violently twisted by the Anti-Trinitarians ›, first tackles the problem from a philological point of view. A preliminary question discussed is, in fact, that the authenticity of the scriptures, and the discussions of the Trinity are an eloquent exemple of how this is one of the decisives issues; one of the main arguments of the Antitrinitarians, in fact, is their rejection of the authenticity of the scriptural passages in wich the Trinity is most clearly asserted. It is therefore a question, first of all, of arriving at a philologically correct version of the biblical text, starting from some fixed points on wich all versions agree, and gradually reaching agreement on doubtful passages. In this context section 16 of the Comentatiuncula is particularly interesting, since it indicates a first important task of reason. The starting point is the admission that the scriptures cannot be the arbiter of their own au-
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humaine et de sa relation à Dieu est centrale, dans la mesure où selon la Genèse (I, 26–27), l’homme est créé par Dieu à son image, comme à sa ressemblance. Bernard reprend et commente ces versets19, à la suite d’Augustin, pour qui Dieu a fait l’homme à son image et à sa ressemblance, dans son âme. Cette dernière étant donc créée à l’image de Dieu, ne peut se comprendre elle-même20. L’évêque thenticity : although the Bible claims to be the Word of God, the veracity of this assertion must be proved from other sources. In fact, if a self-testimony of authenticity contained in the text were sufficient, there would be no way of distinguishing the divinely inspired Word of God from the numerous pseudo-revelations. It is at this point that reason intervenes: through historical research and philological analysis, it has the task of judging not the content of the revelation but the authenticity of the text. The question, however, is not limited to a correct historical-philological reconstruction. Providing the correct form of the text has been determined, there remains the problem of its interpretation, that is, the problem of the meaning to be assigned to the propositions contained in the text ». M. R. Antognazza : Leibniz on the Trinity and the Incarnation Reason and Revelation in the Seventeenth Century, London et New Haven 2008, p. 54. 19 « Sed dicit mihi aliquis : ‹ Quid tu duo ista coniungis ? Quid enim animae et Verbo ? › Multum per omnem modum. Primo quidem quod naturarum tanta cognatio est, ut hoc imago, illa ad imaginem sit. Deinde quod cognationem similitudo testetur. Nempe non ad imaginem tantum : et ad similitudinem facta est ». « Sermones super Cantica Canticorum (SC), 80, I, 2, l. 21–25 », in : J. Leclercq, C. H. Talbot et H. M. Rochais (éds.) : Sancti Bernardi Opera, Romae Editiones Cistercienses, t. I (1–35) (Lecl. I) 1957, t. II (36–86) (Lecl. II), 1958, p. 277. Ces deux termes ne sont pas toujours distingués de façon claire au XIIe siècle. En effet, selon Robert Javelet « [...] Nous avons vu que la plupart des auteurs du XIIe siècle situent cette image et ressemblance de l’unité et trinité de Dieu dans la ‹ mens ›, dans la partie éminente de l’âme. Nous pouvons donc, dès à présent, essayer un tableau de l’emploi de ces deux mots ‹ image › et ‹ ressemblance › qui sont soit confondus, soit distingués soigneusement-parfois par les mêmes auteurs [...] Si Hervé semble confondre les deux termes, nous pouvons constater que Bruno d’Asti tantôt les confond, tantôt les distingue. Anselme de Bury Saint-Edmunds les identifie, alors qu’Elmer de Canterbury les distingue; de même Aelred. Pierre le Vénérable les juxtapose avec ‹vel› ou ‹aut›, comme il arrive à Martin de Léon. Abélard, à plusieurs reprises, procède de la sorte, mais il donne ailleurs plus de force à ‹ imago › qu’à ‹ similitudo › : ‹ imago expressior similitudo ›. Ou bien, il fait des deux termes associés une redondance verbale. ‹ Faisons l’homme à notre image et ressemblance ! › équivaut à ‹ une ressemblance expresse ›. […] Par contre, on rencontre la formule augustinienne : ‹ imago similitudinis ›. La lumière du visage de Dieu-imago Dei recreans-réforme par la grâce de l’Esprit-Saint en s’imprimant dans notre esprit ( menti ). Or l’image est triple: image de la création, image de la recréation, image de la ressemblance. L’image de la création, c’est la raison; l’image de recréation c’est la grâce. L’image de ressemblance est celle ‹pour laquelle nous avons été faits, à savoir le Dieu Trinité : l’homme a été fait à la ressemblance, non seulement du Père ou du Fils ou du Saint-Esprit, mais de la Trinité: par la mémoire, il est semblable au Père, par l’intellect au Fils, par la dilection au Saint-Esprit; par cette trinité l’image créée est semblable à la Trinité incréée ». R. Javelet : Image et ressemblance au douzième siècle de saint Anselme à Alain de Lille, t. I, Paris 1967, pp. 212sq. 20 « Sermo ad catechumenos de symbolo, I, 2, l. 35–38 », in : R. Vander Plaetse et C. Beukers (éds.) : Sancti Aurelii Augustini Opera (= Corpus Christianorum 46), Turnhout 1969, pp. 179–199, p. 186. R. Jolivet écrit à ce propos : « Que faut-il pour que l’âme se connaisse vraiment? Simplement, puisqu’il n’y a rien qui soit autant dans l’âme que l’âme elle-même, que l’âme se détache des choses sensibles agglutinées, en quelque sorte, à sa substance, pour se voir elle seule. Il s’agit moins pour elle de se connaître, comme si elle s’ignorait, que de se
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d’Hippone précise, en se référant aux Épîtres de saint Paul, la deuxième grande référence scripturaire concernant cette question, qu’on ne lit nulle part dans ses lettres qu’il ait voulu parler de deux hommes distincts, l’homme extérieur et l’homme intérieur, en d’autres termes le corps et l’âme. Il n’en nomme qu’un, fait tout entier par Dieu. Mais c’est dans sa partie intérieure qu’il l’a fait à son image en le créant, non seulement incorporel, mais raisonnable, à la différence des animaux. Par conséquent, cet homme est créé à l’image de Dieu, non quant au corps et à la vie corporelle, mais en tant qu’il a une âme raisonnable, capable de connaître le Créateur et qui le place par le privilège même de la raison, au-dessus de tous les êtres qui en sont privés21. Dans le De anima et ejus origine, il distingue l’esprit de l’âme, tout en précisant qu’il est assez courant de considérer l’esprit comme l’âme tout entière. Celui-ci permet à l’homme de raisonner et de comprendre22. Il le distingue de l’animal qui, s’il ne possède ni intelligence ni raison,
distinguer de tout ce qu’elle n’est pas et qu’elle connaît comme autre que ce qu’elle est ». R. Jolivet : « La doctrine augustinienne de l’illumination », in : F. Cayré, R. Jolivet et C. Boyer : Mélanges augustiniens publiés à l’occasion du XVe centenaire de Saint Augustin, Paris 1931, pp. 107sq. 21 « Contra Faustum manichaeum libri triginta tres, 24, 2 », in : L. Alici, U. Pizzani, L. Alici, A. Di Pilla et F. Monteverde (éds.) : Contro Fausto manicheo, Roma 2004, p. 638. Dans ce texte Augustin s’oppose à l’idée manichéenne selon laquelle il y aurait une double création de l’homme, l’une du corps, l’autre de l’âme. Ses attaques s’adressent également aux hérétiques qui affirmaient que le corps de l’homme, et non son âme, est image de Dieu. « De haeresibus », LXXVI, l. 8–9, in : Vander Plaetse et Beukers (éds.) : Sancti Aurelii Augustini opera, p. 335. Sur la question de l’âme chez saint Augustin, voir R. Teske : « Augustine’s theory of soul », in : E. Stump et N. Kretzmann (éds.) : The Cambridge Companion to Augustine, Cambridge 2001, pp. 116–123. Cependant, la distinction entre l’homme terrestre et l’homme céleste appartenait aussi au judaïsme alexandrin, selon Paul Lamarche « Le judaïsme alexandrin, dont nous avons un écho dans Philon, distingue deux créations selon les deux récits de la Genèse : l’homme céleste, qui n’a pas de part à une substance corruptible, est seul créé selon l’image de Dieu, l’homme terrestre est tiré de la poussière ( cf. Philon: Legum allegoriae I, 31–32 ). Cette spéculation sur les deux Adam sera reprise et transformée par saint Paul qui intervertit l’ordre de leur apparition: l’Adam céleste qui est vraiment l’image de Dieu et qui donne l’incorruptibilité, c’est le Christ, « […] et de même que nous avons revêtu l’image du terrestre, il nous faut revêtir aussi l’image du céleste […] » (1 Cor, 15,49) ». « Image et ressemblance », in : M. Viller, F. Cavallera, J. de Guibert, A. Rayez, A. Derville et A. Solignac (éds.) : Dictionnaire de Spiritualité Ascétique et Mystique, Vol. 7, XLVII–XLIX, col. 1401– 1472, Paris 1970, col. 1404. 22 «De anima et ejus origine», in: J. P. Migne (éd.) : Sancti Aurelii Augustini, Hipponensis episcopi, opera omnia (= Patrologiae Latinae Cursus Completus 44), vol. 10/1, IV, XXII, 36, col. 477–550, Paris 1841, col. 544. R. Jolivet précise que « L’âme est désignée par saint Augustin par les mots d’anima et d’animus, la plupart du temps employés comme synonymes. Cependant, en rigueur de termes, anima désigne, en général, le principe vital et se dit à la fois de l’homme et de l’animal. Par contre s’il s’agit de végétaux, le terme d’anima serait improprement employé: il vaut mieux, dans ce cas, parler de vie (vita) simplement. Animus désigne le plus haut degré de l’anima : celui où se manifeste l’intelligence. En ce sens, on définit l’animus : une substance douée de raison, faite pour régir un corps ». R. Jolivet : « La doctrine augustinienne de l’illumination », in : F. Cayré, R. Jolivet et C. Boyer : Mélanges augustiniens publiés à l’occasion du XVe centenaire de Saint Augustin, Paris 1931, p. 167.
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possède, en revanche une âme23. L’esprit participe donc à tous les mouvements de l’âme. L’homme ne peut s’en défaire, même si son utilisation reste en veilleuse. En revanche, la conscience de posséder la raison est plus ou moins développée. Augustin affirme que nous sommes et ne pouvons nous comprendre, bien que nous ne soyons pas en dehors de nous-mêmes. Toute la science humaine doit avouer son impuissance et son infériorité par rapport à l’homme lui-même. Cependant, nous ne devons pas être comparés aux animaux, quoique nous ne sachions pas ce que nous sommes24. Si la connaissance complète de soi reste donc en deçà de la raison humaine, l’homme peut cependant y progresser, tout en sachant qu’il ne parviendra jamais à circonscrire son sujet. Le privilège de posséder une âme douée de raison, est unique dans le monde ici-bas et détermine la relation humaine avec le Créateur, dira Bernard de Clairvaux. Cependant, elle n’est pas cette image qui reste le Verbe25. En effet, le véritable modèle selon lequel l’homme est créé, est le Christ, selon les Épîtres de saint Paul26. Le Fils est indissociable du Père et du Saint-Esprit. Le Père, le Fils et le Saint-Esprit sont distincts tout en formant une parfaite unité. Ils composent une seule substance et une seule nature divine. On ne peut les distinguer ni par leur substance, ni par les propriétés attachées aux personnes27. Augustin affirmait déjà que les natures sont aussi 23 «De anima et ejus origine», in : J. P. Migne (éd.) : Sancti Aurelii Augustini, vol. 10/1, IV, XXIII, 37, col. 546. 24 Id.: IV, VI, 8, col. 527. 25 O. Boulnois précise que : « De nombreux Pères distinguent entre être ‹ l’image › et être ‹ à l’image › ( ad imaginem ). Pour la théologie des Alexandrins, ‹ être à l’image › signifie tendre vers l’image qu’est le Fils. Déjà, chez Philon, la distinction de l’Image et de ce qui est ‹ à l’image› est essentielle : l’homme concret, sensible, est l’image d’un modèle idéal et incorporel, mais lui-même est l’image d’un archétype, le Logos divin, Image adéquate de Dieu. L’intellect est donc image au second degré, il est ‹ à l’image › ». O. Boulnois : « L’image intelligible Augustin et l’origine des doctrines médiévales de l’image », in : Archives de Philosophie 72 2 (2009), pp. 271–291, p. 283. 26 P. Lamarche écrit à ce propos : « Saint Paul, nous l’avons vu, utilise pour l’homme l’expression ‹ image de Dieu ›, mais à propos de ce thème il insiste encore plus sur le rôle du Christ, Christ Adam céleste, Christ ‹ en forme de Dieu › ( dans cet hymne ‹ forme › a le sens d’image ) ( Phil. 2,6 ), enfin Christ image de Dieu. C’est sans doute à la lumière de la Sagesse, image parfaite, qu’il reconnaît d’abord au Christ le titre d’image de Dieu ( 2 Cor 3,18, à 4,4 ) ; tandis qu’en Rom. 8,29 c’est par filiation que le Christ est image ; selon Col. 3, 10, il préside en tant qu’image, à la création de l’homme nouveau; ainsi, bénéficiant de cette convergence d’éléments anciens et de données nouvelles, la notion d’image de Dieu, telle que Paul l’applique au Christ, spécialement en Col, 1,15, devient très complexe et très riche: ressemblance, mais ressemblance spirituelle et parfaite, par une filiation ‹ antérieure › à la création; représentation, dans son sens le plus fort, du Père invisible; souveraineté cosmique du Seigneur, qui marque de son empreinte le monde visible et le monde invisible ; image de Dieu selon l’immortalité: premier-né d’entre les morts; seule et unique image qui assure l’unité de tous les êtres et l’unité du plan divin: principe de la création et principe de la restauration par une nouvelle création ». P. Lamarche : « Image et ressemblance », in : M. Viller, F. Cavallera, J. de Guibert, A. Rayez, A. Derville et A. Solignac (éds.) : Dictionnaire de Spiritualité Ascétique et Mystique, XLVII–XLIX, Paris 1970, col. 1405. 27 « Personarum proprietates non aliud quam personas, ipsasque non aliud quam unum Deum, unam divinam substantiam, unam divinam naturam, unam divinam et summam maiestatem,
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nommées substances. Dieu est une certaine substance, car ce qui n’est pas substance n’est absolument rien. Être quelque chose, c’est être une substance28. En ce sens, Bernard rejoint Augustin pour lequel le Père, le Fils et le Saint-Esprit sont d’une même substance, et parfaitement égaux entre eux. Ce ne sont pas trois dieux, mais un seul et même Dieu. Bien que le Père ait engendré le Fils, ils sont distincts. Le Saint-Esprit n’est ni le Père, ni le Fils, mais l’Esprit du Père et du Fils. Il leur est égal et complète l’unité de la Trinité29. Les pères du quatrième concile du Latran, en 1215, rappellent la position de l’Église à cet égard. Position dont l’essentiel a été adopté au concile de Nicée en 325. Il y a un seul et unique vrai Dieu, éternel et immense, tout-puissant, immuable, qui ne peut être ni saisi, ni dit, Père et Fils et Saint-Esprit, trois Personnes, mais une seule essence, substance ou nature absolument simple. Ils ont consubstantiels, semblablement égaux, également tout-puissants, également éternels30. Par conséquent l’homme est créé à l’image de la Trinité et non à celle de l’une des substances. Leibniz, dans la lignée de ses prédécesseurs médiévaux, écrit à l’un de ses correspondants, qui serait Johann Friedrich von Hannover: Tout ce que Dieu a fait, il l’a fait à son image, c'est à dire selon l’image ou idée vivente qu’il en a. Car il a [fait] toutes choses par son fils, par son verbe, selon cette sagesse increée dans laquelle toutes choses vivent. Mais il n’a pas seulement fait l’homme selon sa sagesse, mais encor pour sa sagesse, pour contempler cette verité eternelle dans laquelle toutes choses vivent. Ainsi Dieu conserve même pour luy les damnés et les demons, à fin qu’ils le voyent en quelque maniere, sans cela, ils seroient aneantis31.
Toutes les perfections dont la créature est ornée sont dues à l’image divine qu’elle porte en elle32, précise-t-il dans l’Examen Religionis Christianae. Par conséquent, l’idée de perfection est inhérente à l’homme du fait même de sa création par Dieu. L’homme possède une parcelle de l’infinie perfection divine, sans pour autant le reconnaître, ni même le savoir. Cette parcelle le place au-dessus des autres créatures et lui confère le pouvoir de se tourner vers son Créateur, quelles que soient
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Catholica confitetur. Numera ergo, si potes, aut sine substantia personas, quae ipsa sunt, aut sine personis proprietates, quae ipsae sunt ». « De consideratione ad Eugenium papam », VIII, 18, l. 2–7, in : J. Leclercq et H. M. Rochais (éds.) : Sancti Bernardi Opera, Vol. III : Tractatus et opuscula, Rome 1963, pp. 381–493, p. 482. « Naturae ipsae, substantiae dicuntur. Deus est quaedam substantia; nam quod nulla substantia est, nihil omnino est. Substantia ergo aliquid esse est ». « Enarrationes in Psalmos », LI–C, LXVIII, s 1, 5, l. 9–12, in : D. Eligius Dekkers et I. Fraipont (éds.) : Sancti Aurelii Augustini Opera ( = Corpus Christianorum 39 ), Turnhout 1990, p. 905. « De Trinitate », I, IV, 7, in : W. J. Mountain et F. Glorie (éds.) : Sancti Aurelii Augustini Opera (= Corpus Christianorum 50/50 A), Turnhout 1968, l. 69, p. 34; l. 1–11, p. 35. « Concilium Lateranense IV », 1215, « Constitutiones 1 – De fide catholica », l. 1–15», in : G. Alberigo (dir.) : Les conciles œcuméniques, Vol. II/1 : Les décrets de Nicée à Latran, Paris 1994, pp. 494–577, p. 494. Leibniz pour Herzog Johann Friedrich von Hannover (?); A II, 1, 654, lignes 19–24. « In ‹quantum enim› creatura rationalis perfectione ornata est, hoc habet a Divina imagine, in quantum vero limitata est et quibusdam perfectionibus caret, eatenus de privatione seu nihilo partem capit ». Examen Religionis Christianae (systema theologicum); A VI, 4 C, 2358, lignes 18sq.
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les vicissitudes de son existence terrestre. Pour Bernard de Clairvaux, indescriptible et totalement esprit, Dieu est l’être de toutes choses, non pas qu’elles soient ce qu’Il est, mais parce que tout est de lui, par lui et en lui. Il est l’être causal et non l’être matériel de toutes les créatures. Sa majesté daigne être en chacune de ses créatures, cela même qu’elle est33. Il est donc le Créateur, l’Esprit et la Cause absolus de toutes choses, lui seul pouvant entrer dans l’âme humaine sans l’aide d’aucun sens. Il enseigne la science à l’ange comme à l’homme sans la médiation du corps et n’a besoin ni de l’oreille pour être entendu, ni d’une bouche pour parler. Il entre en nous et se fait connaître par lui-même. Pur esprit, il est accueilli par les âmes pures. Seul, il se suffit à lui-même et à tous par la seule volonté de sa toute-puissance34. Pour Leibniz, Dieu est une substance parfaite, unique, éternelle, omniprésente, omnisciente et omnipotente, qui a créé toutes choses selon un plan admirable et les garde dans une production continuelle35. Dans le Discours de Metaphysique, il affirme : Or dans la rigueur de la verité Metaphysique, il n’y a point de cause externe qui agisse sur nous, excepté Dieu seul, et luy seul communique avec nous immediatement en vertu de nostre dependence continuelle. D’où il s’ensuit qu’il n’y a point d’autre objet externe, qui touche nostre ame, et qui excite immediatement nostre perception. Aussi n’avons nous dans nostre ame les idées de toutes choses, qu’en vertu de l’action continuelle de Dieu sur nous, c’est à dire parce que tout effect exprime sa cause, et qu’ainsi l’essence de nostre ame est une cer-
33 « Sane esse Deum omnium dixerim, non quia illa sunt quod est ille, sed quia ex ipso et per ipsum et in ipso sunt omnia. Esse est ergo omnium quae facta sunt, ipse factor eorum, sed causale, non materiale. Tali proinde modo dignatur illa maiestas suis esse creaturis, omnibus quidem quod sunt, animantibus autem quod et vivunt, porro ratione utentibus lux, recte vero utentibus virtus, vincentibus gloria ». Sermones super Cantica Canticorum, 4, III, 4, l. 16–21, Lecl. I, p. 20. 34 « Sequestretur proinde praerogativa haec summo, atque incircumscripto Spiritui, qui solus, cum docet angelum sive hominem scientiam, instrumentum non quaerit nostrae corporeae auris, sicut nec sibi oris. Per se infunditur, per se innotescit, purus capitur a puris. Solus nullius indiget, solus et sibi et omnibus de sola omnipotenti voluntate sufficiens ». Sermones super Cantica Canticorum, 5, III, 8, l. 4–8, Lecl. I, p. 25. 35 « Primum ita sentio esse substantiam perfectissimam eamque unicam, aeternam, ubique praesentem, omnisciam et omnipotentem quam Deum vocamus, a qua omnia alia puchrerrima ratione creata sunt, et perpetua quadam productione conservantur». «Examen Religionis Christianae »; A VI, 4 C, 2357, 4sq. Dans le Rationale fidei Catholicae, Leibniz développe ces assertions, A VI, 4 C, 2313–2323. Pour A. Wiehart-Howaldt, « Gott ist, sind seine Attribute unlimitierte kreatürliche Vollkommenheiten, auch allwissend, weil ihm die Perfektion des Intellekts im höchsten Maße zukommt. Seine Omniszienz besteht darin, alles das, was prinzipiell erkennbar ist, auch tatsächlich vollständig zu erkennen. Folglich ist er sich auf einmal aller idées simples und der aus ihnen unter Wahrung der logischen Möglichkeit zusammensetzbaren ideae innatae und aller reinen Vernunftwahrheiten sowie aller widerspruchsfreien notions individuelles und damit auch der Tatsachenwahrheiten aller möglichen Welten nicht nur bewußt, sondern verfügt über ein adäquate Erkenntnis aller entia, das heißt, hat von allen notiones primitivae eine cogitio intuitiva und erkennt Inhalt, Konsistenz und Kompossibilität der atomaren Begriffsbestandteile jeder komplexen idea vera. Essenz, Perfektion, Existenz ». A. Wiehart-Howaldt : Zur Rationalität und dem systematischen Ort der leibnizschen Theologia Naturalis (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 25), Stuttgart 1996, p. 125.
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taine expression, imitation ou image de l’essence, pensée et volonté divine, et de toutes les idées qui y sont comprises36.
Par conséquent, comme chez Bernard, Dieu se fait connaître de sa créature, sans l’aide d’aucun sens, puisqu’il est cause de son âme et cela, dans une action continuelle. Leibniz en précisant que l’âme est l’expression, l’imitation ou l’image de l’essence divine, signifie qu’elle n’est pas cette essence qui est l’apanage de Dieu, incréé, alors que l’homme est créé. Comme ses prédécesseurs médiévaux, il admet que le Verbe de Dieu est l’image à partir de laquelle les âmes sont créées. La question est donc de savoir comment Dieu, totalement esprit, a-t-il pu créer l’homme, à la fois corps et esprit, à son image. La médiation du Christ, à la fois Verbe et homme, permet d’établir le lien entre Le Créateur et sa créature. L’adhésion à cette vérité fondamentale de la théologie chrétienne n’a pas été unanime, en témoignent les idées cathares d’inspiration gnostique sur la création du monde, comme on aura l’occasion de le voir. L’idée de Dieu est donc innée en l’homme. Mais chez Bernard il faudra un long cheminement spirituel, passant par l’exercice de la volonté, de la mémoire, du libre arbitre, et de la raison, pour connaître et reconnaître cette idée. Cet itinéraire spirituel, par son ascèse, conduira l’âme à aimer Dieu pour lui-même et non pour les bienfaits qu’elle en attend. Il s’agit pour l’âme humaine d’entrer dans la région de la ressemblance et donc d’abandonner peu à peu tout ce qui l’éloigne du Tout-Puissant. Chez Leibniz, l’idée de Dieu apparaît dans sa beauté suprême, alors qu’une attention moindre fait reconnaître l’imperfection et l’indignité de toutes choses. Par conséquent, L’amour pour Dieu ne saurait être impossible quand la loi ne demande que la force d’une volonté sincère pour l’aimer de toutes ses forces37. Leibniz décrit ainsi, dans l’Examen Religionis Christianae, les fondements de la relation de l’homme à Dieu, par la nature même de l’âme. Elle ne saurait ignorer totalement ce qui constitue son essence. Dans les Essais de Théodicée, il soutient que […] Toutes les Ames, Entelechies ou forces primitives, formes substantielles, substances simples, ou Monades de quelque nom qu’on les puisse appeler, ne sauroient naitre naturellement, ny perir38.
36 Discours de Metaphysique; A VI, 4 B, 1573, lignes 3–10. 37 « Dixit enim Christus jugum suum suave esse et onus leve, et manifesta est haec possibilitas ex eo, quod tota lex nihil aliud postulat, quam sincerae voluntatis serium conatum, sive ut Deum totis viribus diligamus, quid autem sit quod hanc dilectionem nobis impossibilem reddat, non apparet. Cum idea Dei nobis sit insita, qua summam ejus pulchritudinem agnoscimus, et aliarum rerum imperfectio et indignitas ab attentis facile perspiciatur ». Examen Religionis Christianae ; A VI, 4 C, 2383, lignes 13–18. J’ai comparé les positions leibniziennes et bernardines quant à l’amour pour Dieu, intéressé et désintéressé dans une communication intitulée. B. Saouma : « Quelques éléments de spiritualité médiévale chez Leibniz », in : H. Poser, C. Asmuth, U. Goldenbaum et W. Li (éds.) : Nihil sine ratione, VII. Internationaler Leibniz-Kongress, Vol. III, Berlin 2001, pp. 1115–1119. 38 Essais de Théodicée sur la Bonté de Dieu, la Liberté de l’homme et l’Origine du Mal; GP VI, 396, 352.
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L’image de Dieu est inaltérable et inaliénable malgré les vicissitudes de la vie. De ce fait, l’âme reste capable, même chez l’homme le plus dépravé, de le reconnaître et par conséquent de se tourner vers Dieu. Cette idée détermine de manière fondamentale la vie terrestre et la vie dans l’au-delà de toute créature humaine, car liée à celle de l’immortalité de l’âme, selon saint Augustin. L’âme est immortelle, précise-t-il, car quelle que soit sa vie, fut-elle malheureuse, elle ne cessera jamais de vivre. Bien que la raison ou l’intelligence paraisse tantôt assoupie, tantôt petite, tantôt grande, elle ne cessera jamais d’être une âme raisonnable ou intelligente. Par conséquent, si elle a été faite à l’image de Dieu au sens où elle peut utiliser sa raison ou son intelligence pour comprendre Dieu et le contempler, il est évident que dès l’instant qu’elle a commencé à être cette si grande et si merveilleuse nature, elle ne cessera pas de l’être, que cette image soit affaiblie et presque réduite à rien, qu’elle s’obscurcisse ou se déforme ou qu’elle reste pure et belle39. Nul ne peut donc rompre le lien qui l’unit à Dieu et se prévaloir d’une existence indépendante de son essence, quelle que soit sa vie terrestre. Leibniz affirme qu’il n’y a pas de créature plus élevée, dont la perfection soit plus agréable à Dieu40. Il écrit, en effet dans une lettre qui serait adressée à Johann Friedrich von Hannover : Dieu est sage, il aime donc ce qui est le plus aimable, c’est à dire il s’aime plus que toutes choses. Dieu est donc la fin de la creation, c’est pourquoy nostre esprit et nostre volonté sont faites pour aimer Dieu. Cela est plus certain que les principes les plus certains de la physique; la communication des mouvemens pourroit n’estre pas, elle cessera apparemment aprés la resurrection, à fin que nos corps soyent incorruptibles: mais Dieu ne cessera jamais de vouloir que nous le connoissions, et que nous l’aimions41.
Par conséquent, l’amour pour Dieu devrait être naturel, l’homme se tournant d’emblée vers son Créateur. Mais dans la plupart des cas, l’homme ignore ou veut ignorer cette idée de Dieu et cette image, dont il est constamment détourné par son infirmité, les combats de la chair et ses distractions continuelles. Peu d’hommes ont ainsi vécu sans péché mortel et personne n’a évité les erreurs vénielles42 déclare Leibniz dans l’Examen Religionis Christianae. La faiblesse humaine, liée à une volonté défaillante, est une constante qui entrave le désir de connaître l’idée de Dieu en soi. Bernard de Clairvaux accorde une place importante au désir de Dieu dans ses sermons. Mais il décrit à travers son exégèse du Cantique des Cantiques, l’expérience intérieure d’une âme touchée par la grâce. Il n’en est pas tout à fait de même pour Leibniz qui, a priori, ne relate pas un cheminement spirituel dans lequel il serait engagé. On peut néanmoins supposer que la volonté de se tourner vers Dieu serait également mue par le désir, tel qu’il est ex39 « De Trinitate libri XV », XIV, IV, l. 1–13, in : Mountain et Glorie (éds.) : Sancti Aurelii Augustini opera, pp. 427sq. 40 Examen Religionis Christianae; A VI, 4 C, 2358, lignes 4–9. 41 Leibniz pour Herzog Johann Friedrich von Hannover; A II, 1, 653, lignes 29–32 ; 654, lignes 1sq. 42 « Interim fatendum est in hac infirmitate et reluctatione carnis et distractionibus variis difficile esse semper conservare puritatem animi, paucosque adeo a mortali peccato immunes vixisse, a venialibus erratis nullum ». Examen Religionis Christianae; A VI, 4 C, 2383, lignes 19sqq.
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primé par Bernard. Leibniz ne lui aurait pas accordé la même place dans ses réflexions, bien que selon Jean Baruzi, [...] Se trouverait atteinte en un incontestable mysticisme la source de tous les efforts de Leibniz : conseils aux Souverains, construction du Bien général, union des Églises, dériveraient plus ou moins de cet Amour de Dieu qu’il travailla à produire en lui, de mieux en mieux pur et intense43.
La question des combats contre les tyrannies de la chair est récurrente chez Bernard, comme chez Augustin. Tous deux connaissent et reconnaissent la faiblesse humaine. Chez Bernard, l’oscillation de l’âme entre les convoitises charnelles et l’amour pour Dieu se poursuit tout au long de l’itinéraire spirituel de l’âmeépouse du Christ vers la béatitude. Le fait d’être entièrement tournée vers Dieu ne lui est jamais totalement acquis, tant qu’elle se trouve liée au corps. Cette situation explique sa difficulté à progresser de manière continue. L’inflexion et l’attirance de l’homme vers les plaisirs du monde est constante et durera tout le temps de sa vie terrestre. Bernard, n’élude pas cet aspect qui reste l’un des obstacles majeurs à la progression vers l’union avec Dieu. Pourtant, le Créateur, mérite d’être aimé en retour, même de l’infidèle. Car si ce dernier ignore le Christ, il peut se connaître lui-même et comprendre qu’il a été créé à l’image et à la ressemblance de Dieu. Par conséquent, tous ceux qui n’aiment pas Dieu de tout leur cœur, de toute leur âme et de toutes leurs forces, sont inexcusables. En effet, même au cœur de l’infidèle, une justice innée, qui est connue de la raison, crie qu’il doit aimer de tout son être celui auquel il se sait redevable de tout ce qu’il est44. Dans le Dialogue entre Poliandre et Theophile, Leibniz affirme de manière analogue uqu’un Philosophe payen peut aimer Dieu sur toutes choses, puisque la raison luy peut apprendre que Dieu est un estre infiniment parfait et souverainement aimable45.
La connaissance et la reconnaissance de l’image de Dieu en soi, peuvent être obscurcies, affaiblies, niées par la volonté et le désir des hommes oublieux de ce qui constitue leur être même, mais elles font partie de la condition humaine. Comment l’âme peut-elle, de ce fait, se détourner de son Créateur ? La question qui a longuement préoccupé les théologiens médiévaux, reste présente chez Leibniz. Elle rejoint celle du péché et plus particulièrement du péché originel qui ne lui a pas 43 J. Baruzi : « Trois dialogues mystiques de Leibniz », in : Revue de Métaphysique et de Morale XIII (1905), p. 12. À propos de l’influence des mystiques sur Leibniz, voir D. Rutherford : « Leibniz and Mysticism », in : A. P. Coudert, R. H. Popkin et G. M. Weiner (éds.) : Leibniz, Mysticism and Religion, Dordrecht 1998, pp. 22–46. É. Naert : Leibniz et la querelle du pur amour, Paris 1959, pp. 198–231. 44 « Meretur ergo amari propter seipsum Deus, et ab infideli, qui etsi nesciat Christum, scit tamen seipsum. Proinde inexcusabilis est omnis etiam infidelis, si non diligit Dominum Deum suum toto corde, tota anima, tota virtute sua. Clamat nempe intus ei innata, et non ignota rationi, iustitia, quia ex toto se illum diligere debeat, cui totum se debere non ignorat ». Liber de diligendo Deo, II, 6, l. 2–7, in : J. Leclercq et H. M. Rochais (éds.) : Sancti Bernardi Opera, vol. III, p. 124. 45 Dialogue entre Poliandre et Theophile; A VI, 4 C, 2220, lignes 23sq.
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été étrangère. Reprenant le livre V du Contre Julien46 de saint Augustin, il affirme que ce dernier explique la propagation du peché originel par l’exemple des maladies hereditaires, par exemple des peres goutteux qui engendront des enfans sujets à la goutte, et des arbres malades qui produisent une graine corrompue dont il ne [vient] que de mechans arbres. Car il sçavoit que le peché originel ne se peut propager que par le corps, et qu’il habite en un sens dans le corps comme dit S. Paul47.
Dieu n’a pas voulu le mal et le dévoiement de l’âme humaine qui, entachée du péché originel, se détourne de son Créateur. Leibniz rappelle dans l’Examen Religionis Christianae que certains anges ont failli par orgueil et ensuite sous l’influence des séductions de l’un d’entre eux, le premier homme a failli par concupiscence. L’orgueil est un péché diabolique, la concupiscence un péché animal. Le genre humain s’est trouvé tout entier atteint du péché originel dans la personne de son premier père, Adam. Le vice qui s’y est glissé rend tous les hommes lents au bien, prompts au mal. Il obscurcit l’intelligence et fait prédominer les sens. Par conséquent, alors que l’âme est sortie pure des mains de Dieu, son union au corps ainsi que le péché d’Adam l’ont altérée48. Écarter cette idée reviendrait plus ou moins à dire que Dieu a voulu le mal, ou tout au moins qu’il ne s’est pas opposé à sa naissance et à sa propagation49. Mais le péché originel qui est né dans le corps du premier homme, se propage par le corps. Ce qui pourrait signifier une dichotomie entre l’âme et le corps, ce dernier étant source des dévoiements de l’homme. Certains courants chrétiens d’obédience cathare qui ont essaimé non seulement dans le sud de la France, mais dans une grande partie de l’Europe, ont prôné une séparation radicale dans les créations respectives des âmes et des corps. En effet, le premier témoignage du catharisme en Occident serait une lettre écrite 46 « Contra secundam Iuliani responsionem imperfectum opus », in : I. Volpi, N. Cipriani et F. Monteverde (éds.) : Opere di Sant’Agostino, Vol. XIX/2 : Polemica con Giuliano, Roma 1994, pp. 852–1023 ( II/2 : Opera incompiuta [libri IV–VI] ). 47 Leibniz pour Herzog Johann Friedrich von Hannover (?); A II, 1, 657, lignes 14–17. 48 « Cum ergo Angeli quidam per superbiam, ut videtur, et malo angelo deinde seductore, etiam homo primus per concupiscentiam, quorum illud diabolicum, hoc bestiale peccatum est, lapsus esset, peccatum originale genus humanum in primo parente invasit, id est contracta est pravitas quaedam, quae facit ut homines sint ad bene agendum segnes, id est contracta est pravitas quaedam, quae facit ut homines sint ad bene agendum segnes, ad male agendum promti, obnubilato intellectu, sensibus vero praevalentibus ». Examen Religionis Christianae; A VI, 4 C, 2359, lignes 13–17. 49 E. Holze pose la question du mal dans la création divine en ces termes : « As the first recorded sinner or the prototype of the sinful humankind, Adam is the central human figure in the theodicy-problem. The question of theodicy is how God could be justified as a good creator in the face of all the evil in this world or, vice versa, how this world could be justified as a good creation in spite of all its evils? This question can be focused on Adam: considering Adam’s sin, how could God be justified as a good creator or, vice versa, how could Adam the sinner be justified as a good created being of God » ? E. Holze: « God’s creation and Adam’s fall », in: M. Dascal et E. Yakira (éds.) : Leibniz and Adam [International Colloqium […] held in Tel Aviv and Jerusalem, from December 29, 1991 to January 2, 1992], Tel Aviv 1993, pp. 259–265, p. 259.
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par Évervin, prévôt de Steinfeld à Bernard de Clairvaux. Dans cette missive50, le prévôt demande à l’abbé des arguments solides à opposer à des hérétiques découverts près de Cologne. Il ne parle pas encore de cathares. C’est Eckbert de Shönau qui les dénommera ainsi51. L’original médiéval de cette lettre a disparu. Mais Casimir Oudin y fait allusion dans une lettre à Leibniz. Lettre dans laquelle il précise qu’il a corrigé Jean Mabillon en plusieurs endroits. Entre autre, il lui a envoyé la missive d’Évervin, copiée de sa main52. Dans ce texte le prévôt fait allusion à un secret que les cathares se refusent à dévoiler. Ce secret, l’idée de la création de l’homme par le diable semble venir de l’Interrogatio Iohannis, évangile issu de la tradition gnostique, où saint Jean interroge le Christ sur l’organisation du monde53. Le contenu de ce texte, aurait longtemps fait partie de la tradition orale, 50 « Epistola Evervini Steinfeldensis Praepositi ad S. Bernardum De haereticis sui temporis », 1sq., in : P. Verdeyen et R. Fasseta (éds.) : Bernard de Clairvaux Sermons sur le Cantique ( 51–68 ) t. 4, Sources Chrétiennes 472, Paris 2003, pp. 413–425. 51 Uwe Brunn précise à ce propos : « […] Le texte d’Évervin est souvent considéré comme le premier témoignage du catharisme en Occident. Pourquoi ? Surtout parce que, vingt ans après le prévôt de Steinfeld, un autre auteur s’attaque aux groupes hérétiques, dans la région de Cologne, cette fois en utilisant un nom : celui de ‹ cathares ›. Comme nous le montrons dans la deuxième partie de ce livre, Évervin et Eckbert contribuent à la même mise en accusation d’hérétiques à la fin des années 1140. Mais le moine de Shönau conceptualisa beaucoup plus que le prévôt de Steinfeld l’hérésie découverte. Parmi les apports essentiels d’Eckbert, on compte un rapprochement net entre les hérétiques de Cologne et les manichéens dénoncés par Augustin, par conséquent leur définition comme dualistes, et l’effacement des distinctions entre différents groupes d’hérétiques. Dans l’œuvre du moine de Schönau, en effet, les doctrines qu’Évervin avaient attribuées à deux groupes sont toutes désignées comme déviances ‹cathares › ». U. Brunn : Des contestataires aux ‹cathares›: discours de réforme et propagande antihérétique dans les pays du Rhin et de la Meuse avant l'Inquisition, Paris 2006, p. 160. Augustin, parmi des mouvements hérétiques qu’il dénombre, évoque une secte de cathares, également appelés novatiens. Il leur reproche de condamner les secondes noces et de refuser l’absolution des pêcheurs. « De haeresibus », XXXVIII, in : R. V. Plaetse et C. Beukers (éds.) : Sancti Aurelii Augustini opera ( = Corpus Christianorum 46 ), Turnhout, 1969, pp. 283–343, pp. 306sq. Les reproches adressés au cathares par la suite seront beaucoup plus nombreux. 52 « Quoy que je sois amis depuis plus de 30 ans avec dom Jean Mabillon, je n’ay pas laissé de le corriger en plusieurs endroits, et si j’avois sceu quand il faisoit une derniere edition de son St Bernard, come je l’aime et estime, je l’aurois empesché de faire quelque lourde faute, que je scavois, et qu’il y a laissé. Ce ne seroit pas la première fois, que je l’ay faict. Car c’est moy qui lui a descouvert la faute qu’il avoit faict, en attribuant à St Bernard un commentaire in duo priora capita Cantici Canticorum, dans l’edition de 1667 et qu’il a rendu à son autheur, dans celle de 1690. C’est moy qui lui a envoyé l’Epitre d’Evervinus ad Bernardum qui eclaircit les sermons 64 et 65 in Cantica Canticorum qu’il a donné dans le 3 tome des Analectes, et reimprimé dans la derniere edition de st Bernard de 1690. Je la trouvay estant en l’Abbaye de Furnes en Flandre, et en cognoissant l’importance, je lui en envoiay une copie de ma main ». Casimire Oudin à Leibniz; A I, 18, 549, lignes 12–21. 53 E. Bozóky précise que : « L’apocryphe est connu par trois manuscrits et un texte imprimé. Le plus précieux des manuscrits est celui de Vienne qui constitue une rédaction particulière. Les deux autres manuscrits et le texte imprimé remontent à un document, perdu aujourd’hui, des archives de l’Inquisition de Carcassonne et forment la rédaction dite de Carcassonne ». E. Bozóky (éd) : Le livre secret des cathares Interrogatio Iohannis, Paris 2009, p. 17.
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avant d’être transcrit. Selon les deux versions, celle de Vienne et celle de Carcassonne, Dieu aurait autorisé Satan à créer le monde matériel pendant sept jours. Le diable a créé l’homme à partir du limon, à sa ressemblance, en demandant à l’ange du second ciel d’entrer dans ce corps de boue. Puis prenant une partie de cette boue, il a formé un autre corps en forme de femme. Les anges se voyant ainsi transformés, pleurèrent beaucoup en voyant sur eux cette enveloppe mortelle sous des formes différentes. Devant leur ignorance de l’acte de chair, qu’il leur ordonnait d’accomplir, Satan usa de ruse. Il planta un paradis à l’intérieur duquel il mit des hommes auxquels il défendit de manger les fruits qui s’y trouvaient. Puis entrant dans le paradis, il planta un roseau au milieu et créa un serpent avec sa salive; serpent qu’il plaça au milieu du roseau. Enfin il autorisa l’homme et la femme à manger de tous les fruits sauf de celui de l’arbre de la science du bien et du mal. Ensuite le diable entrant dans le corps du serpent séduisit l’ange qui était dans le corps de femme et versa sur sa tête la concupiscence du péché. Aussitôt le diable sortit du roseau sous l’apparence du serpent et accomplit l’acte de chair avec Ève en se servant de sa queue. C’est pourquoi les hommes ne sont pas appelés fils de Dieu, mais fils du diable et fils du serpent, puisqu’ils feront les volontés diaboliques de leur père. La version de Vienne précise jusqu’à la fin des siècles, celle de Carcassonne jusqu’à la fin de ce siècle. Puis le diable répandit sa concupiscence sur la tête de l’ange qui était en Adam. Le manuscrit de Carcassonne ajoute le poison diabolique54. Dans les gloses du manuscrit de Vienne, il est précisé que le serpent n’était pas un serpent, mais un homme qui se changea en beau jeune homme. Puis il trompa la femme et forniqua avec elle à l’aide de sa queue55. Par conséquent, Leibniz qui connaissait peut-être ce texte, mais plus vraisemblablement sa tradition, le conteste implicitement, comme l’on fait ses prédécesseurs médiévaux. Néanmoins, la frontière entre les deux conceptions n’est pas si marquée qu’on pourrait s’y attendre. Certes, pour les théologiens, l’origine du mal ne peut se trouver dans la matière, création divine. En aucun cas le corps ne peut être l’œuvre du diable. Par conséquent, il ne saurait être autonome et posséder une vie propre, en dehors de la loi divine. Il est indissolublement lié à l’âme, du fait même de sa création. Mais le péché originel se transmet par le corps, comme une maladie héréditaire et nul ne peut y être soustrait. Ce qui signifierait, dans une certaine mesure, une influence du corps sur l’âme, par ses exigences et ses pulsions, influence qu’elle domine difficilement. En effet, l’homme est tenté plus souvent qu’à son tour, par les séductions du monde. La réponse cathare impute au Créa54 E. Bozóky: Le livre secret des cathares Interrogatio Iohannis, V, l. 85–111, D, l. 79–88, p. 58 ; V, l. 95–107, D, 89–100, p. 60. Selon E. Bozóky : « D’après l’explicit de la rédaction de Carcassonne, l’apocryphe fut apporté de Bulgarie à l’évêque Nazaire de Concorezzo. Ce renseignement a été ajouté à la fin du texte de l’Interrogatio certainement par les inquisiteurs qui avaient l’apocryphe entre les mains. L’authenticité de cette donnée est confirmée par Anselme d’Alexandrie ( Alessandria, Piemont ) qui écrit son Tractatus de hereticis vers 1260– 1270. Dans son traité, il cite l’incipit de l’apocryphe, puis ajoute qu’il possède un autre exemplaire de ce ‹ secret › des hérétiques et trouve suffisant de citer son explicit, identique à celui contenu dans la rédaction de Carcassonne ». Id., p. 26. 55 Interrogatio Iohannis, 7, l. 31–34, p. 90.
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teur, de manière indirecte, la responsabilité du mal, puisqu’il a autorisé le diable à créer le monde matériel. Idée que les théologiens médiévaux ont inlassablement combattue et contre laquelle s’inscrit Leibniz. Dieu ne saurait être l’auteur du mal, bien qu’il l’ait prévu. Cependant, cette prescience ne l’a pas conduit à l’écarter de manière définitive. Par conséquent, les deux conceptions du monde ne sont pas si opposées qu’on pourrait le croire. Leibniz a critiqué les hérésies anciennes56, dénoncées par les théologiens tout au long du moyen-âge. Il en avait pris connaissance par Épiphane de Salamine et par Augustin qui les a combattues une bonne partie de sa vie. Le diable est pour Bernard de Clairvaux, le premier ange à avoir commis le péché d’orgueil57. L’orgueil est un vice, comme l’affirmait déjà saint Augustin. Ce n’est pas le vice de celui qui donne la puissance, ou même la puissance elle-même, mais c’est celui qui a une passion désordonnée pour sa propre puissance, au mépris d’une puissance plus juste58. Le problème ne se situe donc pas tant dans la nature des choses, mais dans la manière dont l’homme les perçoit, se contentant de ce que son imagination ou ses sens reçoivent au détriment de ce que la raison lui présente. Pour Bernard, l’orgueil est un mensonge qui éloigne l’âme, non seulement de Dieu, mais aussi d’elle-même, car elle ignore qu’elle possède une part de la divinité. Ce qui signifie une ignorance encore plus grave, celle de Dieu. En revanche, la concupiscence relevant du corps, n’est pas un vice à proprement parler. Il n’y a pas pour autant, de dichotomie entre le corps et l’âme. Leibniz se situe 56 Pour I. Backus : « Toute hérésie se fonde sur une confusion d’ordre conceptuel qui entraîne automatiquement une faute d’ordre éthique en ceci qu’il s’agit d’un système apte à désunir l’Église universelle. L’hérésie pour Leibniz est donc une faute logique et ecclésiologique, cette notion constituant sans doute sa contribution la plus originale à cette problématique. L’arianisme, note Leibniz dans l’Examen, aussi bien que le photinianisme et le socinianisme exhibent un degré de confusion plus important que l’islam et le manichéisme. Les Ariens confondent le Créateur et la créature, les Photiniens virent au paganisme en vénérant Jésus Christ comme s’il était un homme. Les Antitrinitaires contemporains de Leibniz tels Ferencz David sont proches de l’islam dans leur rejet d’une vénération du Christ ». I. Backus : « Leibniz et l’hérésie ancienne », in : I. Backus, P. Büttgen et B. Pouderon (éds.) : L’argument hérésiologique, l’Église ancienne et les Réformes XVIe–XVIIe siècles Actes du colloque de Tours, 10– 11 septembre 2010, Paris 2012, pp. 69–94, p. 73. Elle ajoute « Leibniz bien sûr n’est pas un hérésiologue dans le sens où l’est Épiphane de Salamine. Toutefois il connaît bien l’œuvre de ce dernier grâce à l’édition de Denis de Petau et s’en sert comme référence dans sa discussion des Controversiae de Bellarmin en 1678–1684, période marquée par l’intensification des projets de réunification des Églises luthérienne et catholique, que je viens d’évoquer. Son Examen christianae religionis rédigé en 1686 démontre une nette orientation pro-catholique. Leibniz veut y démontrer notamment que le catholicisme ne contredit pas les principes fondamentaux de sa propre philosophie, selon laquelle les doctrines révélées ne peuvent pas entrer en conflit avec les principes de la raison ». Id., pp. 75sq. 57 « Hoc quippe est superbia, hoc initium omnis peccati, cum maior in tuis es oculis quam apud Deum, quam in veritate. Et ideo qui prius peccavit hoc grande peccatum-diabolum loquor-de ipso dictum est quia in veritate non stetit, sed mendax est ab initio, quoniam quod in sua fuit cogitatione, non fuit in veritate ». Sermones super Cantica Canticorum, 37, II, 6, l. 16–20, Lecl. II, p. 12. 58 De Civitate Dei, XII, VIII, l. 20sqq., in : B. Dombart et A. Kalb (éds.) : Sancti Aurelii Augustini opera (= Corpus Christianorum 48), Turnhout 1955, p. 363.
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dans la droite ligne de la théologie médiévale, récusant implicitement tout ce qui pourrait attribuer l’origine du mal à une puissance extérieure à l’homme. Citant saint Augustin, il affirme que la source du mal n’est pas en Dieu, mais dans le néant, ne dérivant pas d’une cause positive, mais d’une simple privation, c’est-àdire de cette limitation imposée à toute créature59. La question de la présence du mal dans un monde créé par Dieu, n’en reste pas moins posée. Leibniz, tout en reconnaissant la création d’intelligences qui bien que faillibles, ne devraient jamais faillir, répond qu’il a plu à l’insondable sagesse divine de faire naître l’ordre des choses que nous connaissons. Il a donc choisi parmi les intelligences possibles, celles qui contenaient des actions libres, des secours divins, ainsi qu’une certaine mesure de foi, de charité, de béatitude éternelle, de toutes les grâces. Il prend en exemple les cas d’Adam, de Pierre et de Judas. Le premier devait être exilé, l’autre devenir le prince des Apôtres, renégat, confesseur et martyr, et le dernier traître. Dieu avait prévu le mal et permis le mal, sachant que c’était la condition indispensable d’où il pourrait tirer un plus grand bien. La chute d’Adam a ainsi été corrigée par l’Incarnation du Verbe, la trahison de Judas par la rédemption du genre humain60. L’idée que le mal cache un bien supérieur était présente dans la théologie médiévale, mais malgré les nombreuses prédications dont elle a fait l’objet, elle n’a pu écarter de manière définitive la croyance en un double principe du bien et du mal, constamment repris, revu, et réinterprété. Il semble, que ce soit dans une critique de ce dernier que Leibniz réaffirme la dépendance du corps vis-à-vis de l’esprit dans le Dialogue entre Theophile et Polidore. […] Les corps ne subsistent qu’à l’égard des esprits et par les esprits; et que chaque esprit est une certaine expression de l’univers, et ne sçauroit naturellement cesser de penser, ny perir qu’avec l’univers, vous ne demeureriés pas seulement d’accord de la providence et de l’immortalité des ames car vous en estes maintenant persuadé […].61
Leibniz s’oppose en ce sens à l’idée platonicienne de la participation des âmes à l’âme du monde, l’âme universelle. Idée qui a suscité nombre de controverses au moyen-âge. Dans les Essais de Théodicée, il affirme : 59 « Et huc redit S. Augustini sententia, quod causa mali non sit a Deo, sed a nihilo, hoc est non a positivo, sed a privativo, hoc est ab illa quam diximus limitatione creaturarum ». Examen Religionis Christianae; A VI, 4 C, 2358, lignes 20sqq. 60 « Quanquam autem possibile fuerit Deo eas solum mentes creare, que etsi labi possent, tamen non essent lapsurae, attamen placuit imperscrutabili sapientae ejus hunc quem experimur, producere ordinem rerum, in quo quaedam mentes possibiles, certam quandam seriem actionum liberarum et divinorum auxiliorum itemque fidei, caritatis, beatudinis aeternae, aut horum contrarii in notione sua possibili, seu existente de ipsis in Deo idea involventes, ex innumeris aliis aeque possibililus selectae, ad existentiam admitterentur, seu crearentur, ut Adamus futurus exul, Petrus Apostolorum princeps, abnegator, confessor et martyr, Judas proditor, etc. Idque haud dubie quia Deus malum quod in nonnullis intercurrere praevidebat permittebatque, vetere noverat in bonum multo majus, quam quod futurum erat sine hoc malo, ita ut series ista denique in summa perfectior futura esse aliis omnibus. Ita lapsus Adami per incarnationem Verbi, proditio Judae per redemtionem generis humani immenso perfectionis lucro correcta est ». Examen Religionis Christianae; A VI, 4 C, 2359, lignes 1–12. 61 Dialogue entre Theophile et Polidore; A VI, 4 C, 2236, lignes 15–19.
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[…] Les Ames ne sauroient naitre naturellement, ny être tirées les unes des autres ; et qu’il faut, ou que la nostre soit creée, ou qu’elle soit préexistante. J’ay même montré un certain milieu entre une creation et une préexistence entiere en trouvant convenable de dire que l’Ame, préexistante dans les semences depuis le commencement des choses n’étoit que sensitive, mais qu’elle a été elevée au degré supérieur, qui est la raison, lorsque l’homme, à qui cette ame doit appartenir, a eté conçû, et que le corps organisé accompagnant tousjours cette ame depuis le commencement, mais sous bien de changemens, a été determiné à former le corps humain. J’ay jugé aussi qu’on pouvoit attribuer cette elevation de l’âme sensitive (qui la fait parvenir à un degré essentiel plus sublime, c’est à dire à la raison) à l’operation extraordinaire de Dieu62.
Comme Bernard, Leibniz ne conçoit pas un corps indépendant de l’âme. En revanche, il évoque la création et la préexistence des âmes, là où l’abbé de Clairvaux privilégie la création. RESSEMBLANCE La ressemblance avec Dieu est la seconde caractéristique de l’âme humaine, chez Bernard. Cette ressemblance comporte trois caractères. Le premier consiste en le fait que l’être et le vivre sont pour elle la même chose. Sa substance est simple. Il s’agit du vivre et non du bien vivre ou du vivre heureux, car il y a ressemblance et non égalité63. Pour Dieu seul être et être heureux font un. C’est la simplicité absolue. Avoir un être qui est la même chose que le vivre est le propre de l’âme. Celleci peut s’élever non seulement au bien vivre, mais aussi au vivre heureux. C’est un privilège unique dans la création, que d’être la vie et de ne pas la recevoir d’ailleurs que d’elle-même, de par sa nature. Elle la donne au corps qui en devient vivant. Bernard établit une distinction et une hiérarchie entre la vie et le vivant et le non-vivant. La première se trouve au-dessus des autres. Le corps peut donc être, sans pour autant être vivant. Par ailleurs, il existe une gradation de la vie dans le vivant. La vie des animaux n’est pas celle des arbres. La première est douée de sensibilité, l’autre en est privée64. Ce privilège de l’âme humaine est 62 Essais de Théodicée sur la Bonté de Dieu, la Liberté de l’homme et l’Origine du Mal; GP VI, 352, 397. 63 « Advertat igitur ex haec divinae ingenuitate similitudinis inesse sibi illam suae substantiae naturalem simplicitatem, qua hoc est illi esse quod vivere, etsi non quod bene quodve beate vivere, ut sit similitudo, non aequalitas. Gradus .propinquus: gradus tamen. Neque enim unius excellentiae parisve fastigii sunt, hoc habere esse quod vivere, et item habere hoc esse quod beate vivere. Ergo si Verbi est illud propter sublimitatem, hoc animae propter similitudinem, salva quidem eminentia Verbi, palam est affinitas naturarum, palam animae praerogativa ». Sermones super Cantica Canticorum, 81, I, 2, Lecl. II, l. 25sq., p. 284; l. 1–6, p. 285. 64 « Sunt namque viventia, et horum genera duo, quae sentiunt et quae non sentiunt. Porro insensibilibus sensibilia praeferuntur, atque utrisque vita, qua vivitur et sentitur. Non stabunt pariter in gradu uno vita et vivens, multo minus vita et quae sunt sine vita. Vita anima est vivens quidem, sed non aliunde quam seipsa; ac per hoc non tam vivens quam vita, ut proprie de ea loquamur. Inde est quod infusa corpori vivificat illud, ut sit corpus de vitae praesentia, non vita sed vivens ». Sermones super Cantica Canticorum, 81, II, 3, l. 15–21, Lecl. II, p. 285.
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d’autant plus grand qu’il lui permet, non pas de se libérer des nécessités du corps, mais de s’en détacher progressivement, pour parvenir à l’union avec Dieu. Mais Bernard n’en rappelle pas moins que si la ressemblance existe entre Dieu et l’âme, il ne peut y avoir égalité. L’homme est créé par Dieu qui lui, est incréé. Le Créateur se donne la vie à lui-même. La créature, si éminente soit-elle ne peut donc égaler Dieu. Pour Leibniz, il n’y a pas non plus d’égalité entre la créature et son Créateur. Il réfute, en ce sens ceux, les anti-trinitaires en particulier, qui se représentent un Dieu corporel, fini, circonscrit dans un lieu déterminé, ignorant les futurs contingents, absolus ou conditionnels. Ils ne respectent pas ce point capital de la foi65. Le second caractère de cette ressemblance est l’immortalité de l’âme. En cela, elle est semblable au Verbe, sans lui être égale. Seul Dieu, étant immuable, possède la véritable immortalité, qui ne peut ni changer ni avoir de fin. Tout changement, en effet, est en quelque sorte une imitation de la mort. Car ce qui change passe d’un état à un autre, de ce qu’il est à ce qu’il n’est pas. L’âme est immortelle en ce sens qu’elle est à elle-même sa propre vie66. Déchoir de sa vie signifierait déchoir d’elle-même, ce qui est impossible, puisqu’elle tient son être de Dieu. Pour Leibniz, l’immortalité est également une propriété de l’âme. Il écrit, en effet à Malebranche : Car je croi pouvoir dire que l’ignorance où sont la plûpart des hommes à l’egard de leur ame, de sa distinction avec le corps, de sa spiritualité, immortalité et de ses autres proprietez, suffit pour prouver évidemment que l’on en a point d’idée claire et distincte67.
Leibniz a aussi évoqué cette immortalité dans un contexte spécifique, celui de la métempsychose. Cette question largement débattue par Augustin dans sa controverse avec les manichéens, n’a cessé d’être reprise sous différentes formes. […] Toutes les âmes sont imperissables ( morte carent animae ) sans qu’il y ait pourtant des metempsycoses à craindre, puisque non seulement les ames mais encore les animaux demeurent et demeureront vivans, sentans, agissans […]
65 « Itaque minime ferri debet eorum doctrina, qui Deum corporeum, finitum, loco circumscriptum, futurorum contingentium absolutorum vel conditionatorum ignarum, sibi fingunt. Et proinde Antitrinitarios quosdam et his vicinos valde improbo, qui ne hoc quidem caput fidei intactum reliquere, et de Deo sentiunt indignius ». Examen Religionis Christianae; A VI, 4, C, 6–10, 2357. 66 « Alias autem immortalis est anima, et in hoc nihilominus, Verbo similis quidem, sed non aequalis. Nam in tantum superexcellit immortalitas Deitatis, ut Apostolus dicat de Deo : Qui solus habet immortalitem. Quod ego reor pro eo dictum, quod solus sit natura incommutabilis Deus, qui ait : Ego Dominus, et non mutor. Vera namque et integra immortalitas tam non recipit mutationem, quam nec finem, quod omnis mutatio quaedam mortis imitatio sit. Omne etenim quod mutatur, dum de uno ad aliud transit esse, quodammodo necesse est moriatur quod est, ut esse incipiat quod non est. Quod si tot mortes quot mutationes, ubi immortalitas ? Et huic vanitati subiecta est ipsa creatura non volens, sed propter eum qui subiecit in spe. Attamen immortalis anima est, quoniam, cum ipsa sibi vita sit, sicut non est quo cadat a se, sic non est quo cadat a vita ». Sermones super Cantica Canticorum, 81, III, 5, l, Lecl. II, l. 27– 30, p. 286; 1–8, p. 287. 67 Aus und zu Malebranche; A VI, 4 B, 1926, lignes 15–19.
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écrit Leibniz dans les Nouveaux Essais sur l’Entendement Humain68. Il poursuit ainsi : Cependant la fiction d’une ame qui anime de differens corps tour à tour, sans que ce qui luy arrive dans l’un de ces corps, l’interesse dans l’autre; est une de ces fictions contraires à la nature des choses qui viennent des notions incompletes des philosophes, comme l’espace sans corps et le corps sans mouvement; et qui disparoissent quand on penetre un peu plus avant. Car il faut savoir que chaque ame garde toutes les impressions precedentes et ne sauroit se mypartir de la maniere qu’on vient de dire: l’avenir dans chaque substance a une parfaite liaison avec le passé, c’est ce qui fait l’identité de l’individu69.
Par conséquent, l’immortalité dont il est question est pensée dans un contexte chrétien qui rejette toute idée de transmigration des âmes. Cette dernière a été largement combattue par les théologiens médiévaux. Augustin, dans sa controverse avec les manichéens, la réfute. Les manichéens sont très préoccupés du sort des âmes animales, dit-il, car ils estiment que les âmes humaines, bien que raisonnables, reviennent dans les animaux. Le royaume des cieux leur sera donc fermé, s’il l’est à l’âme des bêtes70. Or ce qui distingue fondamentalement l’homme de l’animal, c’est la raison. Par conséquent, si les animaux ont une âme, celle-ci est différente de l’âme humaine, pour les chrétiens. Les manichéens pensaient qu’après la mort du corps, l’âme humaine pouvait rejoindre la patrie céleste ou être damnée. Mais elle pouvait également être condamnée à des réincarnations successives, avant d’être autorisée à rejoindre la patrie céleste. Cette question est encore débattue à l’époque moderne, avec ses détracteurs, ses apologistes et ses romanciers71. Que Leibniz l’aborde, est révélateur du «danger» que représentait une telle doctrine pour les chrétiens. Car le problème qui se pose est celui de l’équivalence entre l’âme humaine, créée à l’image et à la ressemblance de Dieu, douée de raison, et l’âme animale qui ne possède pas ce privilège. La différence est donc fondamentale. Admettre les réincarnations successives remet en cause le principe même de la création de l’âme humaine à l’image et à la ressemblance de Dieu, en ébranlant l’un des fondements de la Révélation. L’idée d’une âme humaine expiant ses péchés en se réincarnant dans des animaux entre en contradiction avec une métaphysique qui établit une hiérarchie entre l’homme, le monde animal, le monde végétal et le monde minéral. Dans la perspective de la métempsychose, une telle hiérarchie est renversée du fait même que l’âme humaine n’est plus une création supérieure, mais une création parmi d’autres. L’immortalité dont elle se prévaut, par ses réincarnations successives, n’a rien de comparable, selon les chrétiens, avec l’immortalité d’une âme créée à l’image et à la ressemblance de Dieu. Car cette âme, en se réincarnant, oublie ses vies antérieures. Elle est donc privée de mémoire, l’une des composantes de l’âme humaine. Elle ne peut donc 68 Nouveaux Essais sur l’Entendement Humain; A VI, 6, 72, lignes 16–20. 69 Id., p. 114, ligne 15–24 (liv. II, chap. 1, § 12). 70 Contra Adimentum, XII, 1, in : R. Jolivet et M. Jourjon (éds.) : Six traités anti-manichéens, Œuvres de Saint Augustin 17, Paris 1961, p. 268. 71 Montesquieu en a fait l’objet d’un court roman, rédigé avant 1738. R. Montesquieu : Histoire véritable, Edition critique par R. Caillois, Lille 1948.
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constituer son identité propre. En elle, le passé et le présent ne peuvent se rejoindre. Le troisième caractère de cette ressemblance, selon Bernard de Clairvaux, est le libre arbitre. Il resplendit en l’âme comme une pierre précieuse, enchâssée dans de l’or. Cette composante donne à l’âme le pouvoir de discerner et de choisir entre le bien et le mal, entre la vie et la mort, entre la lumière et les ténèbres et entre tous les contraires qui semblent s’opposer l’un à l’autre dans la vie de l’esprit. Cet œil de l’âme est comme un arbitre qui juge et discerne entre ces contraires. Il est arbitre dans son discernement et libre dans son choix72. Sans le libre arbitre et sans la grâce, l’homme ne peut être sauvé, car le salut ne saurait être réalisé sans l’intervention des deux. Seul Dieu peut donner le salut et seul l’homme peut le recevoir. Par conséquent, il ne peut y avoir de salut sans le consentement du libre arbitre. Ce n’est pas le cas d’un animal, auquel il manque le consentement volontaire, par lequel il se soumettrait à Dieu, soit en obéissant à ses ordres, soit en croyant à ses promesses, soit en lui rendant grâce pour ses dons73. Cette exclusivité de la relation à Dieu confère à l’homme l’exclusivité de la grâce en ce monde, ainsi que la liberté de choix. Le libre arbitre ne peut ni être altéré, ni être modifié. Celui qui pouvant ne pas faire le bien, l’a fait, est digne de louanges. Celui qui 72 « Arbitrii libertas haec est, plane divinum quiddam praefulgens in anima, tamquam gemma in auro. Ex hac nempe inest illi inter bonum quidem et malum, nec non inter vitam et mortem, sed et nihilominus inter lucem et tenebras, et cognitio iudicii, et optio eligendi, et si qua sunt alia quae similiter circa animi habitum sese e regione respicere videantur. Nihilominus inter ipsa censorius quidam arbiter, is animae oculus, diiudicat et discernit, sicut arbiter in discernendo, ita in eligendo liber. Unde et liberum nominatur arbitrium, quod liceat versari in his pro arbitrio voluntatis. Inde homo ad promerendum potis: omne etenim quod feceris bonum malumve, quod quidem non facere liberum fuit, merito ad meritum reputatur ». Sermones super Cantica Canticorum, 81, III, 6, 17–26, Lecl. II, p. 287. Pour Bernard McGinn, « Bernard understands freedom essentially as the absence of external coercion, defining liberum arbitrium as a ‹ selfdetermining habit of soul › (‹ Est enim habitus animi liber sui ›). This is not the pure autonomy of an individual subject which creates its own meaning, as in the case of some modern, particularly existentialist philosophies. Bernard’s conception of freedom, like Augustine’s is circumstantial ( that is, tied to particular historical situations ) and hierarchical, indeed theocentric (that is, centered on god’s freedom in which spontaneity and rectitude are so absolutely one that they can never be in conflict). B. McGinn : « Freedom, Formation and Reformation: The Anthropological Roots of Saint Bernard’s Spiritual Teaching », in: Analecta Cisterciensia 46 1/2 (1990), pp. 91–144, p. 94. 73 «‹ Quid igitur agit ›, ais, ‹ liberum arbitrium › ? Breviter respondeo: Salvatur. Tolle liberum arbitrium: non erit quod salvetur; tolle gratiam: non erit unde salvetur. Opus hoc sine duobus effici non potest: uno a quo fit, altero cui vel in quo fit. Deus auctor salutis est, liberum arbitrium tantum capax: nec dare illam nisi Deus, nec capere valet nisi liberum arbitrium. Quod ergo a solo Deo et soli datur libero arbitrio, tam absque consensu esse non potest accipientis, quam absque gratia dantis. Et ita gratiae operanti salutem cooperari dicitur liberum arbitrium, dum consentit, hoc est dum salvatur. Consentire enim salvari est. Proinde pecoris spiritus salutem huiuscemodi minime capit, quod illi voluntarius consensus desit, quo salvanti videlicet Deo placide optemperet, sive iubenti acquiescendo, sive pollicenti credendo, sive reddenti gratias agendo ». De Gratia et libero arbitrio, I, 2, in : J. Leclercq et H. M. Rochais (éds.) : Sancti Bernardi Opera III, Tractatus et opuscula, Rom 1963, p. 157–210; l. 19–25, p. 166 ; l. 1–5, p. 167.
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pouvant ne pas faire le mal, l’a quand même fait, mérite d’être puni. Car l’homme ayant la liberté de choix entre le bien et le mal, en retire le mérite et les sanctions. En revanche, les animaux, n’obéissant qu’à leur instinct et leurs impulsions, ne peuvent être tenus pour responsables de leurs actes. Le libre arbitre permet donc à l’âme de prendre conscience de sa ressemblance avec Dieu, mais aussi et surtout de sa dissemblance qui se trouve au début du processus de connaissance de soi, si important dans le cheminement spirituel. L’amour des choses terrestres masque à l’âme sa ressemblance avec Dieu qui lui sera peu à peu dévoilée. Le libre arbitre qui est chez Bernard l’une des composantes de cette ressemblance, est également pour Leibniz essentielle dans la relation de l’homme avec Dieu. Malgré sa chute l’homme n’a pas perdu tout libre arbitre74, même dans les choses divines qui concernent le salut. Tous les actes de sa volonté qu’ils soient bons du fait de la grâce, ou mauvais du fait de la corruption de la nature humaine, sont libres, car faits selon un choix. L’homme, est donc libre d’adhérer au bien, malgré le péché originel dont il est entaché. Le libre arbitre confère donc aux hommes la possibilité de choisir entre le bien et le mal. Mais ce choix n’est pas toujours guidé par la raison. Il écrit en effet : Ainsi je conclus, que la vraye liberté consiste dans le pouvoir que nous avons de raisonner meurement sur les choses et d’agir suivant ce que nous aurons jugé le meilleur. Et autant que nous sous servons de la raison dans les choses qui ne sont pas au dessus de nos forces, autant avons nous de franc arbitre, mais comme nos raisonnemens ont de la connexion avec les mouvemens du corps, qui se changent suivant les impressions exterieures ; il arrive souvent que des rencontres subites, des grandes passions, des prejugés et coutumes inveterées et tracées dans le cerveau, et enfin les maladies, nous font vouloir et agir, avant que nous ayons raisonné75.
Cette liberté est inaliénable et incontestable. Mais il ne s’agit pas de cultiver l’indifférence et l’ignorance. En effet, l’exercice du libre arbitre doit être conduit par la connaissance du bien et du mal, autant que par la raison. Plus le choix sera en conformité avec la raison et avec l’image de Dieu en l’homme, meilleur sera-til. En revanche, si l’homme agit en dépit de la raison et de cette image, il sera dans ce que Bernard appelle la région de la dissemblance. Mais Leibniz, pas plus que Bernard, n’écarte les influences du corps sur les décisions du libre arbitre. Elles sont constantes et le travail de la raison, qui permet à l’esprit d’aller au-delà de ce qui surgit de ces influences, doit être tout aussi constant. Néanmoins, il est entravé par les sensations, les représentations fausses, les sentiments, les exi74 « Ab altera tamen parte vicissim tenendum est, non esse sublatum hominis liberum arbitrium per lapsum, ne in divinis quidem et ad salutem pertinentibus, sed omnes actus voluntarios, licet a gratia excitentur, si boni sunt, aut a natura corrupta oriantur, si mali, tamen spontaneos cum electione, ac proinde liberos esse, quemadmodum nihil libertati actionum nostrarum in communi vita officit, quod per radios lucis oculorum officio transmissos ad agendum aliquid excitamur, et aliquando tam valide, ut non obstante deliberatione nostra, et superstite resistendi impressionibus facultate, tamen praevideri possit, actum certo esse secuturum; aliud enim est quid certum, aliud quid necessarium sit ». Examen religionis christianae; A VI, 4 C, 2369, lignes 10–19. 75 Du franc arbitre; A VI, 4 B, 1409, lignes 12–19.
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gences du corps. La ressemblance se distinguerait de l’image en ce sens qu’elle signifierait le progrès spirituel de l’homme dans sa volonté de se rapprocher du Verbe, donc de Dieu. Sa liberté lui permet de se tourner vers le bien et de rechercher en soi la connaissance de sa part de divinité. La question de l’immatérialité des âmes n’est pas une préoccupation majeure de l’abbé de Clairvaux, qui dans ses Sermons sur le Cantique des Cantiques décrit un itinéraire spirituel conduisant l’âme à la béatitude. Le fait qu’elle soit liée au corps ne lui enlève pas sa capacité à s’unir au Verbe. En revanche, Leibniz s’est interrogé sur cette immatérialité. La matière a des parties, donc une multitude de plusieurs substances. Les âmes sont des unités de substance ou Monades, et par conséquent, « […] immaterielles, indivisibles, indefectibles et immortelles […] »76, écrit-il à Sophie et à Sophie Charlotte. Or entre les Unités excellent les ames et entre les ames excellent les esprits, tels que sont les ames raisonnables. Ainsi les Unités [,] quoyque elle[s] soyent toutes indefectibles, ne sont pas toutes egalement nobles; et dans un corps organique il n’y a qu’une seule Unité dominante et principale qui est son ame. C’est le moy en nous qui est encor bien au dessus de la pluspart des autres ames, parce qu’il est un esprit, et qu’il raisonne par le moyen des verités universelles, necessaires et eternelles, non point fondées sur les sens, ny sur l’induction des exemples, mais sur la lumiere interne et divine des idées, qui constituent la droite raison77.
L’âme est non seulement immatérielle, mais constitue l’unité la plus importante chez l’homme. Elle reçoit la raison de Dieu. À l’instar des médiévaux, Leibniz la situe au-dessus du corps qui dépend d’elle. En revanche, ce qui vient des sens est matériel et ne saurait donc entrer dans cette unité sans trous ni portes, qu’est l’âme. Par conséquent, ce qui se trouve dans l’unité, […] n’est pas le materiel, mais la representation ou l’espece du materiel. Et cette representation des choses etendues n’a pas besoin d’estre etendue elle-même78.
Il précise dans la seconde version de sa lettre, […] Parmy les notions qui nous viennent avec celles des choses matérielles, il y a des idées des choses qui accompagnent la matiere, sans estre corporelles pour cela: comme par exemple les notions de la force, de l’action, du changement; du temps, du même, de l’un, du vray, du bon, et mille autres79.
76 Leibniz für die Kurfürstinnen Sophie und Sophie Charlotte; A I, 111, lignes 18–25. Lloyd Strickland : « When Leibniz discusses substance in these writings he invariably tries to show that all substances are indestructible, ant that our souls, being substances themselves, are immortal. And it is at this point where the first main thread of Leibniz’s philosophical writings for the two Sophies becomes entwined with the second, where the issue of substance links in with, and perhaps feed in to the issue of theodicy ». L. Strickland : « Introduction », in : Id. (éd.) : Leibniz and the Two Sophies: The philosophical Correspondence, Toronto 2011, p. 40. 77 Leibniz pour Sophie und Sophie Charlotte ; A I, 18, 114, lignes 19–26. 78 Id., p. 112, lignes 7sqq. 79 Id., p. 113, lignes 9–12.
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Dans la première version de sa lettre Leibniz appuie sa démonstration par la comparaison des angles80. Dans la seconde version, il y ajoute un exemple concernant les nombres, leurs carrés et la différence de ces carrés81. Il poursuit Les ames capables de ces raisonnemens sont appellées des Esprits, et on peut dire d’elles avec justice, qu’elles sont faites à l’image de Dieu, et qu’il y a une societé entre Dieu et elles ; de sorte que Dieu est à leur égard, non seulement ce qu’un Architecte est à son bastiment, mais encor ce qu’un Prince est à ses sujets82.
Leibniz raisonne en mathématicien, apportant donc une perspective différente à une question que les médiévaux ont étudiée à l’aide de concepts platoniciens et aristotéliciens confrontés à l’Écriture. Pour Bernard de Clairvaux, comme pour Augustin, l’âme est formée de la raison, la volonté, et la mémoire83. Quel que soit le pôle d’attraction de l’âme, ses composantes y sont attirées toutes ensemble. Bernard les distingue en fonction de leurs rôles respectifs et non d’une essence particulière à chacune. Comme Augustin, il est profondément convaincu de l’unité de l’âme humaine. Ce que réaffirme également Leibniz. L’évêque d’Hippone rappelle en effet, que la mémoire, l’intelligence et la volonté ne sont pas trois vies, mais une seule vie. Elles ne sont pas trois âmes, mais une seule âme. Elles ne sont pas trois substances, mais une seule substance84. La question de l’existence de deux âmes dont l’une serait, par nature, vouée au péché, s’est en effet, posée, dans sa controverse avec les manichéens. Il semble que ces derniers aient parlé de deux substances, plutôt que de deux âmes. Selon Fortunatus, l’adversaire manichéen d’Augustin, il n’y a pas de ressemblance entre la lumière et les ténèbres, entre la vérité et le mensonge, entre l’âme et le corps. Il est donc évident qu’il y a deux substances: l’une est la substance du corps, l’autre la substance éternelle, celle du Père tout-puissant85. Néanmoins, cette double substance impliquerait pour Augustin l’idée d’une âme bonne et d’une âme mauvaise, les âmes bonnes procédant directement de la substance divine, les autres ne dépendant de Dieu d’aucune façon. Les âmes de la première espèce seraient le souverain bien, les autres le mal suprême. Jadis séparées, ces espèces seraient maintenant mélangées86, selon les manichéens. Cette théorie, sévèrement combattue par l’évêque d’Hippone, même 80 81 82 83
Id., p. 112, lignes 10–25. et p. 113, lignes 1sq. Id., p. 115, lignes 6–14. Id., p. 115, lignes 14–18. « Ut de corpore taceam, in anima tria intueor, rationem, voluntatem, memoriam, et haec tria ipsam animam esse. Quantum cuique horum in praesenti saeculo desit de integritate sua et perfectione, sentit omnis qui ambulat in spiritu. Quare hoc, nisi quia Deus nondum est omnia in omnibus? Hinc et quod est ratio saepissime in iudiciis fallitur, et voluntas quadruplici pertubatione iactatur, et memoria multiplici oblivione confunditur ». Sermons sur le Cantique des Cantiques, 11, III, 5, l. 17–23, Lecl. I, p. 57. 84 De Trinitate, X, XI, 18, l. 29–32, in : Mountainet et Glorie (éds.) : Sancti Aurelii Augustini opera (= Corpus Christianorum 50/50 A), p. 330. 85 Acta seu disputatio contra Fortunatum Manichaeum, 14, in : R. Jolivet et M. Jourjon : Six traités anti-Manichéens Œuvres de Saint Augustin 17, Paris 1961, p. 148. 86 De duabus animabus, XII, 16, in : R. Jolivet et M. Jourjon : Six traités anti-Manichéens Œuvres de Saint Augustin 17, Paris 1961, pp. 41–115, pp. 94sqq.
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si elle ne serait pas le reflet exact de ce que prônaient les manichéens à son époque, est présente dans des textes qui ont profondément imprégné la pensée médiévale. Bernard ne reprend pas les termes du débat, mais il réaffirme l’unité de l’âme, même lorsque celle-ci est dans la région de la dissemblance. Du reste, aucune des composantes de l’âme n’est mauvaise en soi, seules leurs actions peuvent l’être, et cela de façon intermittente. Car si l’âme est immortelle, ses actions sont soumises au temps et au lieu. Un péché, comme une bonne action, est commis dans un temps et un lieu donnés. Par conséquent, l’âme ne saurait être définie par ses actions, mais par son immortalité. Pour Leibniz, l’esprit est composé du pouvoir, du savoir et du vouloir87. Il écrit à Andreas Morell : Comme tous les esprits sont des Unités, on peut dire que Dieu est l’unité primitive exprimée par toutes les autres suivant leur portée. Sa bonté l’a mû à agir, et il y a en luy trois primautés, pouvoir, sçavoir et vouloir […]88.
Il précise cependant Il est certain qu’il n’y a qu’un seul Dieu. C’est pourquoy ceux qui disent qu’il y a trois personnes divines n’entendent pas ou ne doivent pas entendre le mot de personne, comme on le prend parmy les hommes autrement il y auroit trois dieux. C’est pourquoy ils comparent les trois personnes d’une même substance divine avec trois facultés qui se trouvent dans une même ame, comme sont la puissance d’agir, la connoissance et la volonté89.
La division tripartite se retrouve donc dans la description de l’esprit en référence à la Trinité dont l’âme est l’image. Par conséquent, la raison humaine se rattache à la raison divine et n’existerait pas sans elle. Mais comme chez Bernard et Augustin, en ce qui concerne l’âme, l’esprit n’est pas scindé. Il constitue une entité dont les composantes se portent toutes entières vers le monde matériel ou vers Dieu. Les actes humains, bien que fragmentés selon le temps et l’espace ne sauraient diviser cette entité substantielle. Cette affirmation pourrait s’expliquer par le rejet d’un esprit qui aurait une partie mauvaise liée au corps, alors que la partie bonne serait création divine.
87 « Solita est autem antiquitas, et ut mihi videtur sapienter atque ad captum nostrum accommodate mysterium hoc illustrare analogia trium potissimarum Mentis facultatum, sive agendi requisitorum, quae sunt posse, scire, velle; […] ». Examen religionis christianae; A VI, 4 C, 2365, lignes 12sqq. 88 Leibniz à Andreas Morell; A I, 560, lignes 15, 18sqq. Dans le De Deo Trino, il précisera « Quod autem in Mente creata aliquo modo fit, in Deo locum habet perfectissima ratione. Tres vero divinitatis personas eleganter expressere Sancti patres, per tres primarias Mentis perfectiones: posse, scire, velle. Unde pater est principium omnium, filius dicitur Logos seu Verbum Mentis, sive sapientia patris; Spiritus Sanctus dicitur amor seu voluntas. Pater enim Divinitatis personam multiplicat, dum intelligit se ipsum, et dum amat se ipsum. Itaque Filius generatur a Patre, Spiritus Sanctus procedit a patre et filio, quia intellectus praesupponit agendi potentiam, voluntas autem et agendi potentiam et intelligendi, quanquam autem intelligere et intelligi, amare et amari, omnibus tribus personis communia sint ». A VI, 4 C, 2292, lignes 10–18. 89 « Il n’y a qu’un seul Dieu »; A VI, 4 C, 2211, lignes 1–11.
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Dans les deux représentations de l’âme, la raison est présente et joue un rôle fondamental. Chez Bernard, elle conduit la volonté, sans laquelle il ne saurait y avoir de cheminement spirituel. L’âme dénuée de volonté, continuerait à s’ignorer et à ignorer Dieu, au cours de sa vie terrestre. Mais une volonté qui ne serait pas conduite par la raison, entraînerait son possesseur dans des actes contraires à la volonté divine. La raison est donc essentielle et s’exerce tout au long du cheminement spirituel. Composante de l’âme humaine, elle distingue l’homme de la bête et constitue un privilège unique dans la création, puisque seul l’homme en est doué. Pour Leibniz, la raison préside à l’organisation du monde, autant qu’à la vie de l’âme. La question de son exercice se pose quant à l’ignorance de soi et des lois qui gouvernent l’univers. En d’autres termes, il importe de se connaître soimême et d’appréhender l’univers par la science. L’abbé de Clairvaux, bien que reconnaissant la valeur de la science, ne la mettait pas au premier rang des préoccupations chrétiennes. Pour Leibniz, en revanche, les études scientifiques sont prépondérantes et influent sur sa réflexion métaphysique. Sa démarche va donc au-delà de celle du spirituel qui s’appuie sur son expérience intérieure et la méditation des textes sacrés. Pour les médiévaux, la Bible contenait l’essentiel des connaissances, même si un savoir et une démarche scientifiques indépendants se développaient parallèlement aux réflexions théologiques90. La question ne se pose plus dans les mêmes termes pour le grand mathématicien qu’est Leibniz. La réflexion scientifique, au XVIIe siècle s’est, en grande partie, affranchie des présupposés médiévaux et se déploie dans tous les domaines, sans nécessairement faire référence aux textes scripturaires. Néanmoins, les positions de Leibniz quant à l’âme diffèrent peu de celles de Bernard de Clairvaux, dans la mesure où elles s’appuient sur la même tradition exégétique. Il écrira, du reste à Joachim Bouvet : Car de même que la Theologie est le plus haut point de la connoissance des choses qui regardent l’esprit, et qu’elle renferme en quelque façon la bonne morale et la bonne politique, on peut dire que la Medecine aussi est le plus haut point et comme le fruit principal des connoissances des corps, puisque c’est à la Medecine de considerer les corps par rapport au nostre. Mais toute la science physique et la Medecine même a pour dernier but la gloire de Dieu, et le
90 M. van der Lugt affirme à cet égard que « La moralisation de la nature est une constante de la culture médiévale, comme le montrent les encyclopédies, les bestiaires, les collections d’exempla et les sermons des derniers siècles du Moyen Âge. Cependant, à partir du XIIe siècle la nature n’est plus interprétée uniquement dans une finalité morale mais aussi comme une entité largement autonome, fonctionnant selon ses propres lois, et qui peut être étudiée indépendamment de Dieu. Le passage à une approche plus théorique et rationnelle du monde naturel, ainsi que le développement d’une véritable ‹science de la vie› doivent se replacer au sein des profonds changements intellectuels et institutionnels qui débutent à la fin du XIe siècle. Les piliers de ce renouveau sont, comme il est bien connu, l’importation d’un nouveau corpus de textes, traduits du grec et de l’arabe, ainsi que l’émergence des écoles urbaines, qui remplacent progressivement les monastères comme centres d’enseignement et de transmission du savoir ». M. van der Lugt : Le ver, le démon et la vierge. Les théories médiévales de la génération extraordinaire, Paris 2004, pp. 49sq.
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Brigitte Saouma bonheur supreme des hommes; car en les conservant elle leur donne le moyen de travailler à la gloire de Dieu91.
Les médiévaux plaçaient la théologie au-dessus de toutes les autres sciences. Pour eux, toute réflexion humaine, quel que soit son objet, devait concourir à la gloire de Dieu. Le bonheur des hommes devait se trouver dans leur rapprochement volontaire avec le Créateur, dans la reconnaissance de sa toute puissance. Cela pouvait se faire autant dans l’observation de la nature qu’à travers la lecture des textes scripturaires et de leurs commentaires. L’exégèse monastique n’était pas fermée au moyen-âge92. Elle tolérait et intégrait différents apports, plusieurs interprétations d’un même verset, des réflexions émanant d’esprits savants ou non. Il ne s’agissait pas pour les prédicateurs de dicter un commentaire, mais d’explorer le texte biblique, de le méditer et d’en dégager les diverses significations. Dans cette perspective, les textes des Pères intégrés au Canon93, font autorité. Les résultats de ces réflexions sont largement diffusés dans la prédication orale et écrite. Les traditions de la pensée médiévale perdurent et influent sur les spéculations ultérieures. Erasme, par exemple reprendra dans son exégèse les principes de l’exégèse monastique médiévale94. L’usage de la 91 Leibniz à Joachim Bouvet S. J. 1697, in : R. Widmaier et M. L. Babin (éds.) : Der Briefwechsel mit den Jesuiten in China (1689–1714), Hamburg 2006, pp. 137–157, p. 148. 92 G. Dahan décrit ainsi l’exégèse monastique : « […] Le premier caractère commun de l’exégèse monastique est, paradoxalement, l’absence de formes fixes ou plutôt de structures contraignantes. Si la forme du dialogue est parfois utilisée, elle est encore très libre et n’a rien de la rigueur de la questio scholastique. En réalité, la forme la plus utilisée est celle du commentaire suivi, rédigé : il se développe à partir d’un verset ou d’un mot du texte biblique, sans être soumis à des contraintes de dimension ou de thématique ( selon cependant des procédures précises que nous étudierons plus loin ). […]Un autre caractère remarquable de l’exégèse monastique est ce que l’on peut appeler son aspect anthologique : assez souvent, les commentaires sont constitués de morceaux divers pris aux Pères et aux exégètes antérieurs. C’est l’occasion d’insister sur le fait que le commentaire traditionnel ( les commentaires monastiques entrent éminemment dans ce cadre ) est moins une œuvre singulière qu’une contribution à une entreprise collective, l’élucidation d’un message divin, qui s’étend dans le temps et s’enrichit de l’apport de chaque génération, pierre posée sur l’édifice commencé au temps des Pères et jamais achevé ». G. Dahan : L’exégèse chrétienne de la Bible en Occident médiéval XIIe–XIVe siècle, Paris 1999, pp. 81sq. 93 Hugues de Saint Victor répartit les textes sacrés en trois groupes l’Ancien Testament, le Nouveau Testament ainsi que les écrits des pères et des docteurs de l’Église dont Jérôme, Augustin, Grégoire, Ambroise, Isodore, Origène et Bède sont les principaux. Les autres sont si nombreux qu’il ne peut les énumérer. Voir C. H. Buttimer (éd.) : Hugonis de Sancto Victore Didascalicon De studio legendi, IV, II, l. 9–14, 779 C, Washington DC 1939, p. 72. 94 Pour M. G. Mara : « Les œuvres comme les Préfaces du NT, le Paracelsis, ou Adhortatio ad christianae philosophiae studium, la Methodus, l’Apologia et la Ratio verae theologiae qui accompagnent les éditions du NT de 1516 et de 1518 sont en effet considérées comme « […] le manifeste le plus important de la nouvelle exégèse » critico-scientifique de la Bible. Toutefois, c’est en remontant d’une quinzaine d’années en arrière que nous trouvons pour la première fois, dans la Disputatiuncula, la proposition de l’interprétation polysémique de l’Écriture, à laquelle Erasme restera fidèle encore dans l’Ecclesiastes, quand il dira que l’usage vital des textes nous fait soumettre l’interprétation de l’histoire à la tropologie, à l’allégorie, à l’analogie ». M. G. Mara : « Colet et Erasme au sujet de l’exégèse de Mt. 26,
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disputatio n’a pas disparu à la fin du moyen-âge. Par ailleurs la critique textuelle de la Bible est pratiquée dès les premiers siècles chrétiens95. Si Leibniz ne remet pas en cause les dogmes chrétiens, ce serait du fait même de l’existence de la tradition exégétique. Cette tradition qui a enrichi le texte sacré par de longues et minutieuses études est en effet, l’expression même de la raison humaine telle qu’elle s’exerce à l’intérieur du christianisme, en Occident. Elle s’oppose aux illuminismes, aux visions et aux révélations plus ou moins crédibles, dans la mesure où les interprétations sont discutées, confrontées au texte sacré et aux écrits des Pères, reprises sous différents aspects, selon des méthodes d’exploration bien définies96. Origène, dans le prologue à son Commentaire sur le Cantique des Cantiques, rappelle que les Grecs ont appelé éthique, physique, époptique les trois disciplines par lesquelles on parvient à la science des choses. Les chrétiens les disent morale, naturelle, inspective. Certains Grecs y ont ajouté la logique, que les chrétiens appellent discipline rationnelle. Cette dernière semble concerner les définitions des paroles et des mots, leurs emplois propres et impropres, les genres et les espèces et enseigner les figures de chaque sorte de sentences. C’est ce que les Grecs ont emprunté à Salomon97. Par conséquent, l’étude et le commentaire de la Bible requiert un certain nombre de connaissances qui ne sont pas innées. Il ne s’agit pas de l’expression de sentiments plus ou moins confus, mais bien d’une recherche rationnelle fondée sur l’Écriture et cela au cœur même des monastères. Chaque mot du texte sacré est analysé, repris, discuté. La signification des termes est revue de manière très précise. Les champs sémantiques du latin sont vastes car enrichis de tout un lexique qui se développe au fur 39 », in : I. Backus et F. Higman (éds.) : Théorie et pratique de l’exégèse Actes du troisième colloque international sur l’histoire de l’exégèse biblique au XVIe siècle (Genève, 31 août–2 septembre 1988), Genève 1990, pp. 258–272, p. 260. Ce qui correspondait, grosso modo aux modes de l’exégèse médiévale décrite dans le Didascalicon de Hugues de Saint-Victor, « Primum ergo hunc ordinem qui quaeritur in disciplinis inter historiam, allegoriam, tropologiam, divinum lectorem considerare oportet, quae horum alia ordine legendi praecedant », in : C. H. Buttimer (éd) : Hugonis de Sancto Victore Didascalicon De studio legendi, VI, II, l. 15–17, 799 B, Washington DC 1939, p. 113. Elle poursuit : « […] Erasme, déclarant son accord avec Jérôme mais non (à regret) avec Colet, énonce le principe sur lequel se fonde son exégèse: rien n’empêche que l’Écriture à cause de sa richesse, puisse être correctement comprise avec des sens différents: ‹et unum locum non uno modo accipiamus›. Erasme déclare trouver la confirmation d’une telle polysémie biblique dans le livre de Job et dans l’épisode de la manne ». Idem : pp. 261sq. 95 G. Dahan écrit à ce propos : « La critique du texte biblique n’est pas une invention des philologues du XIXe siècle ni même des humanistes du XVIe siècle. Dès les premiers siècles chrétiens, des savants ont cherché à améliorer le texte de leurs saintes Écritures, par des moyens scientifiques et notamment par une comparaison des textes entre eux et des traductions avec les originaux. Une entreprise aussi remarquable que les Hexaples d’Origène, puis les nombreuses notes de critique textuelle de saint Jérôme suffiraient à nous convaincre amplement de la précocité de cette tradition scientifique ». G. Dahan : L’exégèse chrétienne de la Bible en Occident médiéval, Paris 1999, p. 161. 96 Voir: H. de Lubac : Les quatre sens de l’Écriture, Paris 1993. 97 Commentaire sur le Cantique des Cantiques I, (Livres I–II), Prologue 3, 1–2, Sources Chrétiennes 375, Paris 1991, pp. 128sqq.
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et à mesure des interrogations et des réponses apportées. Les latinisations du grec sont certes présentes, mais elles se complètent par les latinisations de termes émergeant des langues vernaculaires. Le latin étant devenu peu ou prou une langue savante, même pour les religieux98, les langues vernaculaires se développent et s’enrichissent de champs lexicaux de plus en plus diversifiés. Par ailleurs, malgré la réforme instituée par Alcuin qui tentait de revenir aux sources du latin classique99, les registres intermédiaires du latin se développent, ainsi que les interactions entre les langues vernaculaires et le latin100. L’Église médiévale préconi98 Dès la fin du VIIIe siècle, se pose le problème de la formation des prêtres. Michel Banniard précise à ce propos : « Alcuin déplore la lenteur des progrès accomplis par ses propres élèves. Que dut-il en être dans les lieux éloignés des principaux centres? On s’étonnera surtout de la méfiance sourcilleuse avec laquelle sont traités dans les instructions officielles les prêtres et les « curés » de paroisse. Tous les capitulaires insistent sur les efforts qu’ils doivent faire. Leurs évêques sont invités à vérifier qu’ils savent les formules de baptême, les prières de la messe et qu’ils sont capables de prêcher […] Or le niveau des connaissances requis d’eux semble extrêmement bas. Il est quand même stupéfiant qu’un concile soit obligé d’exiger qu’ils sachent par cœur le Credo et le Pater. Que savaient-ils donc auparavant ? La liste des questions qu’établit vers 803 un évêque, afin de soumettre les prêtres de son diocèse à un examen montre la faiblesse culturelle et cultuelle de ce personnel pastoral intermédiaire entre eux et leurs fidèles : savent-ils et comprennent-ils leur pénitentiel ? Savent–ils célébrer la messe selon le rite romain? Sont-ils capables de lire l’Évangile et de le commenter ? Comprennent-ils les homélies et savent-ils les communiquer aux fidèles ? » M. Banniard : Viva voce Communication écrite et communication orale du IVe au IXe siècle en Occident latin, Paris 1992, pp. 395sq. 99 La réforme carolingienne du latin, initiée par Alcuin, visait, en effet, à revenir à un latin classique, débarrassé de ses apports issus des langues vernaculaires. R. Wright déclare à ce propos : « La grammatica du latin médiéval, telle qu’elle fut institutionnalisée par les clercs carolingiens, dépendait pour la morphologie de l’Ars minor de Donat, qui était alors vieux de près de cinq siècles, et, pour la syntaxe, des Institutiones de Priscien compilés à Constantinople en 527 et donc vieux de près de trois siècles. Et comme aussi bien Donat que Priscien avaient tenté à l’origine de reconstituer la grammaire écrite du passé plutôt que de décrire la langue vernaculaire orale de leurs contemporains, leurs ouvrages étaient d’autant plus dépassés. Aussi, la morphologie et la syntaxe du latin enseigné aux scribes dans les écoles carolingiennes réformées étaient–elles volontairement archaïques, et, sur des points importants, bien différentes de la langue romane contemporaine ». R. Wright : « La période de transition du latin, de la lingua romana et du français », in : Médiévales Grammaires du vulgaire Normes et variations de la langue française 45 (2003), pp. 11–23, p. 16. 100 M. Banniard écrit à ce propos : « Ainsi à partir du IIIe siècle, le latin parlé tardif est devenu une langue du ‹ front ›, ses locuteurs réagissant de manière non pas mécanique, mais dynamique aux nouvelles conditions socio-linguistiques de la période; cette tendance se renforce au VIe siècle, lorsque les élites romaines et franques cherchent des compromis. La réaction, volontaire et inconsciente, des locuteurs latinophones s’efforçant de préserver à l’excès leur héritage phonologique latin au contact des nouveaux venus, expliquerait assez bien certains des traits originaux du domaine d’oïl. On pourrait parler à leur sujet de croisements entre les interférences mentales ( identitaires ) et langagières ( mimétiques ) jouant à double-sens. Cette zone d’interférences s’est établie d’autant plus facilement que d’un point de vue structural le LPT1 [ latin parlé tardif de phase 1 ( IIIe–Ve siècle ) ] et le VHA [ vieil haut allemand ] présentaient bien des points communs, la latinisation prompte des Francs ayant pour corollaire la mutation de l’anthroponymie latine qui se germanisa rapidement. Un des résultats les plus visibles de cette action a été du côté latin l’emprunt d’un nombre élevé de mots germa-
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sait la recherche de l’union avec Dieu en compagnie de personnes ayant les mêmes aspirations et sous la conduite d’un abbé ou d’une abbesse, connaissant la tradition exégétique et capable de l’enseigner. Au moyen-âge, les moines, les moniales et les convers, -souvent des paysans-, étaient parfois ignorants des notions les plus élémentaires du christianisme, lors de leur entrée en religion101. Si le premier recrutement de Clairvaux était composé d’ermites, par la suite, les futurs moines sont venus d’horizons divers : veufs et veuves, chevaliers, artisans, bourgeois, étudiants102. Leur vocation monastique n’était pas toujours avérée. Mais niques à isotopie forte, entendus sur les lèvres des Francs devenus eux-mêmes latinophones. Du côté germanique, entre autres effets, on ne peut que souligner les premières tentatives pour établir une orthographe spécifique des noms propres germaniques par le roi Chilpéric. Ce dernier, en composant ses hymnes a tenté, de manière complémentaire de mouler le vers latin sur le rythme du vers germanique archaïque. Dans ces conditions, la question de l’apparition des premiers textes soit en langue romane soit en langue germanique ne saurait se faire qu’en gardant sans cesse en considération ces caractères pluriséculaires. L’aspect transitionnel ( en diachronie ) et spéculaire à double sens ( en synchronie ) se trouve représenté de manière exemplaire par l’entité, elle-même transitoire, mais combien symbolique que fut l’Austrasie. C’est sur cet espace qu’émergent les premiers textes romans et germaniques, et également là que sont faits les premiers efforts pour promouvoir les langues naturelles au rang de langues littéraires ». M. Banniard : « Latinophones, romanophones, germanophones: interactions identitaires et construction langagière ( VIIIe–Xe siècle ) », in : Médiévales Grammaires du vulgaire Normes et variations de la langue française 45 (2003), pp. 25–42, pp. 27sq. 101 Rancé dans une lettre à Jean Mabillon, décrit ainsi les convers : « […] Les Convers étaient des gens grossiers, ignorans, ausquels il n’étoit pas permis d’avoir un livre, viri idiotae qui nesciebant litteras […] » D. J. Leclercq : Recueil d’études sur saint Bernard et ses écrits t. II, Roma 1966, chap. II : « Lettres de Mabillon et de Rancé sur saint Bernard », pp. 319–338, p. 322. Les pères du troisième concile du Latran, en 1179, recommandent de ne pas laisser les moines seuls dans une maison à la campagne, dans une place forte ou une paroisse, mais de les faire vivre dans un grand couvent ou avec quelques frères. Concilium Lateranense III, 10, l. 8–10, in : G. Alberigo (dir.) : Les conciles œcuméniques II–I, Les décrets de Nicée à Latran V, Paris 1994, p. 464. 102 C. H. Berman écrit à ce propos : « Il y eut, à l’origine, une impulsion érémitique dans la création de Cîteaux. Le développement de l’ordre du vivant de Bernard de Clairvaux se fit d’ailleurs essentiellement par l’affiliation ou l’incorporation de groupes d’ermites ou de moines érémitiques déjà existants. Ce processus d’affiliation contribua au succès rapide des cisterciens, dans la mesure où ces maisons étaient affiliées avec une dotation, un patronage et un personnel déjà établi. Bien que trouvant son origine dans la tradition érémitique, l’ordre commença très tôt à s’en distinguer. Nous pouvons en effet à peine percevoir la transformation de ces ermites, vivant de jardinage et d’élevage, en moines dont les supérieurs se souciaient du patrimoine ». C. H. Berman : « Les cisterciens et le tournant du XIIe siècle », in : G. Lobrichon et D. Bertrand (éds.) : Bernard de Clairvaux histoire mentalités spiritualité, Colloque de Lyon-Cîteaux-Dijon 1990, Paris 1992, pp. 157–177, pp. 157sq. Pour dom J. Leclercq, «Parmi ces adultes qui entraient dans les monastères, certains étaient à la fois chevaliers et nobles – de haute ou de basse noblesse –, et d’autres étaient des chevaliers sans être des gentilshommes. Mais tous avaient auparavant vécu dans des châteaux forts ou d’autres types de résidences seigneuriales, des habitations propres à l’aristocratie dans son ensemble. D’autres membres de ces nouveaux ordres étaient d’anciens étudiants des écoles urbaines qui avaient été créées par réaction contre les écoles monastiques […] Les monastères recrutaient encore d’autres catégories d’adultes. Les gentilshommes et les dames de la noblesse qui y en-
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l’exemple et les enseignements de leurs aînés en religion, ainsi que ceux de l’abbé et de l’abbesse devaient remédier à cet état de fait. La réalité était parfois fort différente, les uns et les autres transformant le monastère en un lieu séculier et s’adonnant à toutes sortes d’activités pécheresses. À l’extérieur des cloîtres, les prédicateurs s’employaient à instruire et à édifier les laïcs dans la foi, sans toujours y parvenir. Par conséquent, le langage de l’exégèse devait s’adapter à cette évolution, sous peine de devenir incompréhensible. Les traductions considérées d’abord comme des explications du texte sacré, se multiplient en incluant des termes latins. Les périphrases qui surgissent sont aussi l’occasion de développer le langage employé dans l’exégèse. La tradition orale, importante car perpétuée par la prédication, se densifie. Elle n’est pas négligeable, car portée en grande partie par ces langues vernaculaires qui peu à peu supplanteront le latin, pour l’écarter progressivement des langues parlées. Ce phénomène initié au moyen-âge, se développera à la Renaissance. Au XVIIe siècle, les langues vernaculaires ont déjà pris une importance et une autonomie telles que les réflexions et les échanges philosophiques et théologiques se font de moins en moins en latin. La tradition orale s’ajoute à la tradition écrite dans les enseignements de l’Église et cela jusqu’à l’époque contemporaine. Elle génère ainsi des conceptions et des interprétations plus ou moins exactes que les théologiens s’emploient inlassablement à reprendre et à réexaminer. Au moyen-âge, cette démarche aura ses détracteurs, certains voulant s’affranchir de cette tradition, pour revenir à la lettre du texte sacré, qui était prise en compte, dans l’exégèse monastique, mais pour être mieux dépassée par le sens spirituel. Le sens littéral était considéré comme obscur et parfois très éloigné des préoccupations spirituelles. Le Cantique des Cantiques en est l’un des exemples. Seule une lecture avertie permettait d’en dépasser les apparentes contradictions et les obscurités pour parvenir au sens spirituel. Il pouvait être considéré autant comme le magnifique récit d’un amour humain passionné que comme le témoignage de l’union de l’Église à Dieu. L’Église médiévale, de ce fait, s’est opposée aux hérétiques, aux ermites, aux prédicateurs itinérants, aux illuminés dont elle considérait qu’ils avaient une connaissance de l’Écriture parfois fort limitée ou inexacte. Elle s’est particulièrement opposée au manichéisme qui écartait une partie non négligeable de l’Ancien Testament et entendait dépasser le judaïsme qui ne reconnaissait pas le Nouveau Testament. Cependant, dès le moyenâge, le retour aux textes eux-mêmes s’avèrera nécessaire dans un contexte où les études théologiques, les enseignements et les prêches ne se feront plus seulement en latin. Le foisonnement des interprétations en diverses langues est considéré, en effet, à la fois comme une richesse et une source d’erreurs. Cette situation se perpétuera et s’intensifiera à l’époque moderne avec l’émergence de nouveaux lexiques philosophiques et théologiques dans les langues vernaculaires. Les textes de la métaphysique et les commentaires de la Bible ne s’énoncent, ni ne s’écrivent traient étaient des veufs ou veuves. D’autres, d’ailleurs abandonnaient purement et simplement leur femme ou leur époux pour aller au monastère. Quelquefois des couples mariés entraient avec leurs enfants dans des monastères jumelés ». J. Leclercq : L’amour vu par les moines au XIIe siècle, Paris 1983, pp. 19sq.
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plus seulement en latin. Cependant, quelle que soit la langue employée, la tradition exégétique, du fait des oppositions qui se sont manifestées à l’intérieur même du christianisme et par les tenants de différentes hérésies, est l’expression d’une longue élaboration rationnelle. Chaque remise en cause des commentaires précédents suscitait de nouvelles réflexions, des confrontations et des controverses qui s’enrichissaient d’apports nouveaux. Méconnaître les textes qui en sont issus, conduirait à méconnaître l’essence même du christianisme. Par conséquent, si Leibniz, avait ignoré cette tradition, il en aurait également ignoré ou tout au moins rejeté les dogmes. Cependant le nombre de ses références, ne serait-ce qu’à la pensée augustinienne, révèle qu’il avait une connaissance profonde de ses subtilités, de ses questionnements et de ses débats. Par ailleurs lorsqu’il déclare […] La Sainte Ecriture aussi bien que la Tradition nous fournissant certains termes, et ne nous donnant pas en même temps des definitions precises, cela fait qu’en voulant expliquer les choses nous sommes réduits à faire des hypotheses possibles, à peu pres comme on en fait dans l’Astronomie […]103,
il reconnaît implicitement la nécessité d’une explicitation du texte sacré et donc de cette tradition. Il précise par ailleurs, […] qu’il seroit bon que les Theologiens s’abstinissent de toutes les expressions, que l’écriture et la tradition perpetuelle de l’Eglise catholique n’autorise pas […]104.
Dans la lignée de ses prédécesseurs médiévaux, il dira à plusieurs reprises qu’il faut s’appuyer sur des définitions précises. On pourrait expliquer, en partie, sa volonté d’établir une langue universelle par le foisonnement lexical et sémantique apporté tant par les variations du latin, que par les langues vernaculaires, qu’il s’agisse de textes originaux, de traductions, ou de tradition orale. Connaissant sans doute cette dernière, autant que les écrits, il se contentait d’allusions qui devaient être comprises de nombre de ses interlocuteurs qui avaient peu ou prou la même culture. Ce qui pouvait signifier la présence encore très vivante de la pensée médiévale à l’époque moderne. Lorsque Leibniz évoque dans une lettre au Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels la Trinité, l’Eucharistie, l’Incarnation et la Résurrection des corps105, il ne précise pas de quoi il s’agit. Son interlocuteur n’a pas besoin de longs développements pour saisir le contenu de ces termes. Ce savoir fait partie d’une culture philosophique et théologique commune. Les citations précises des textes n’étaient pas toujours nécessaires dans la mesure où leurs auteurs faisaient partie de classiques connus. On peut comparer cela aux langages professionnels dans lesquels les sources ne sont pas citées. Les connaissances se transmettent aussi oralement. Les héritiers s’en servent, tout en ayant parfois oublié leur origine. En ce qui concerne la pensée médiévale, les sources autant grecques que latines, sont considérables après plus de mille ans de réflexions, de prédications et d’écrits. Par conséquent, elles ne peuvent être appréhendées par la seule lecture des textes. La tradition orale joue donc un rôle déterminant dans la 103 Remarques sur le livre d’un antitrinitaire anglois; A IV, 5, 515, lignes 19–22. 104 Il n’y a qu’un seul Dieu; A VI, 4 C, 2212, lignes 4sqq. 105 Leibniz à Landgraf von Hessen-Rheinfels; A, II, 1, 855, lignes 4–7.
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transmission des idées, dans les choix effectués, ainsi que dans l’acquisition des connaissances. Du fait de l’émergence des courants du protestantisme, les questions de théologie sont débattues autant sur la place publique que dans le secret des monastères. Pierre Bayle est, à cet égard, un exemple probant. Comme Leibniz, il possédait une connaissance encyclopédique de la théologie et de la philosophie médiévales. Leurs échanges témoignent de cette connaissance commune qui constitue le socle de leurs réflexions.
LEIBNIZ’S QUARRELS ON NECESSITY WITH HOBBES, NEWTON AND CLARKE By Irena Backus (Geneva) In this essay I shall examine the relationship between Leibniz’s concepts of predestination and necessity and his disputes about necessity with Hobbes, Newton and Samuel Clarke. The question of Leibniz’s position on this as compared with his British philosopher-contemporaries has occurred to me in the context of informal discussions with various colleagues on Leibniz and Deism. Leibniz himself was not a deist and firmly believed in the ultimate truth of revelation as something above human reason, not to be understood in this world unlike God’s decree of creation of the world which was fully in accord with rational data. His involvement with the major theological issues of the time and his interest in reconciling different religious Confessions is also well known. Moreover, seeing as Deism in its classic version is barely present in Leibniz’s work, this essay is devoted to Leibniz and three English philosophers two of whom (Hobbes and Newton) could qualify as deists and have been considered as such in the past1. My question is: are Hobbes and Newton deists any more than Clarke is? Regardless of the ultimate reply to this question, the second question I shall ask is what distinguishes Leibniz’s concept of necessity from those of Hobbes, Newton and Clarke? In fact, none of these three philosophers are really deists any more than Leibniz is. Deism is the recognition of a universal creative force greater than that demonstrated by mankind, supported by personal observation of laws and designs in nature and the universe, perpetuated and validated by the innate ability of human reason coupled with the rejection of claims made by individuals and organized religions of having received special divine revelation. Herbert of Cherbury’s De religionis paganorum errorumque apud eos causis (1645) is the first work to lay down the common marks by which religious truth is recognized. These are (1) a belief in the existence of the Deity, (2) the obligation to reverence such a power, (3) the identification of worship with practical morality, (4) the obligation to repent of sin and to abandon it, and, (5) divine recompense in this world and the next. These five essentials (the so-called ‚Five Articles’ of the English deists) constitute the nucleus of all religions and of Christianity in its primitive, uncor1
For Newton cf. J. E. Force and R. H. Popkin (eds.): Essays on the Context, Nature and Influence of Sir Isaac Newton’s Theology, Dordrecht 1990, p. 53. For Hobbes cf. e.g. http://www. sullivan-county.com/deism/ (accessed on 1st October 2013).
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rupted form. The variations between positive religions are explained as due partly to the allegorisation of nature, partly to self-deception, the workings of imagination, and priestly guile. Now, it is quite clear that none of our three thinkers are deists in the sense that Herbert of Cherbury is. In fact they are theists in the sense that they conceive of God as personal, present and active in the governance and organisation of the world and the universe. This as we shall see applies especially to Newton and Clarke and preeminently to Leibniz. Hobbes for his part represents something of a problematic case falling somewhere in between deism and theism. Rejection of theological supernaturalism stands out as the most conspicuous characteristic of Hobbes’s philosophical writings. The different religions are explained there as the product of human fear interpreting natural phenomena in anthropomorphic form, or, in their higher aspects, as the outcome of reflection on causal relation in the universe. Miracles and revelations are in themselves improbable according to Hobbes and may be most easily explained as the imaginings of the ignorant. Positive religion is to him the creation of the State, and the sovereign justly possesses unconditional power to enforce its prescriptions. Hobbes nonetheless does not exclude revealed religion completely; so as to bridge the gap between reason and revelation he proposes rational interpretation of miracles, the differentiation between the inner moral sense of Scripture and mere figurative expression, and the historical criticism of Biblical sources. Isaac Newton’s rationalistic God who sets up the laws of the cosmos is viewed by him as acting fully in consonance with the Bible. Clarke, who was something of a spokesman for Newton in his debate with Leibniz, was actually an anti-deist. I have chosen to discuss the issue of necessity as one specific aspect of these disagreements not to put any of these thinkers’ theism to the test of deism but to see to what extent their respective concepts of necessity are linked with an expression of God’s will through revelation and to what extent they touch on contemporary religious issues. LEIBNIZ, HOBBES AND BRAMHALL Leibniz’s concern with salvation and divine and human part in it throws considerable light on his dispute with Hobbes and his intervention in the Hobbes-Bramhall debate some 50 years after the event. Leibniz published his Refléxions sur l’ouvrage que M. Hobbes a publié en anglais, de la liberté, de la necessité et du hasard in 1710 as the second appendix to Théodicée2. The treatises to which it is a reply are Hobbes’s Of Liberty and Necessity published in 1655 and The Questions concerning Liberty, Necessity and Chance which had been published in London by Andrew Cook in 1656. As Luc Foisneau points out in his French translation of the latter, this is by far the most important of Hobbes’s publications in the debate which opposed him to Bramhall. As the dispute between these two men arose on a 2
Cf. G. W. Leibniz: Essais de Théodicée, edited by J. Brunschwig, Paris 1969, pp. 374–385: Refléxions sur l’ouvrage que M. Hobbes a publié en anglais de la liberté, de la necessité et du hazard.
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specific occasion at a particular point in British history, Leibniz’s intervention in the appendix to Théodicée over fifty years later, when both the original protagonists were long dead, may seem surprising3. However, the reasons for it become quite clear when we consider his late response to Hobbes in conjunction with the other appendixes to Théodicée, and especially in conjunction with the appendix De causa Dei which was not published in the first edition of Théodicée (although it constitutes its plan and summary) but which was as it were tacked on to the first edition by Leibniz’s publisher, Isaac Troyel of Amsterdam who published it initially at the same time as Théodicée but separately from it. However, still in Latin, it was joined onto the main text as one of the appendixes (with Leibniz’s approval) from the second edition (1712) onwards. The document is of some importance as it outlines clearly and succinctly Leibniz’s position on necessity and on the link between necessity and predestination already implied in his earlier works. It also contains some interesting divergences from the full text of the work4. Leibniz disagrees with Hobbes who thinks that only that which happens is in fact possible5 and maintains instead that necessity in God is moral necessity which inclines but which does not necessarily exclude God from changing his mind or exclude something other than what he foresaw from taking place. In other words, the necessity in God is not mechanical; he is not the great clockmaker in the sense of one who set in motion a series of incontrovertible physical causes issuing in incontrovertible physical effects. All he does is to impose a hypothetical and moral necessity inclining causes and effects in a certain way. Leibniz criticises Hobbes’ position at some length in his preface to the text. Of particular interest here is his criticism of Hobbes’ rejection of hypothetical necessity which Bramhall defended6. Although he does not reproach Hobbes overtly with conflating God and necessity while rejecting the transcendent God, he nonetheless suggests that his position, although not as extreme as that of Epicurus, Straton and Spinoza, nonetheless bears some resemblance to theirs7. In fact what Hobbes argues, according to Leibniz, is that divine prescience alone suffices to establish absolute necessity so that for example a Hobbesian would argue that if God knows in advance that Judas will betray Christ, Judas will necessarily betray Christ. Hobbes refuses moral necessity and conceives of all neces3
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See also V. Chappell (ed.): Hobbes and Bramhall on Liberty and Necessity, Cambridge 1999. Who focuses on the dispute between Hobbes and Bramhall without including Leibniz. On the appendixes to Essais de Théodicée cf. M. R. Antognazza: Leibniz. An Intellectual Biography, Cambridge 2009, p. 485 and p. 513 and the literature cited there. See M. Geretto’s contribution to the present volume. Essais de Théodicée, p. 428; La cause de Dieu, no. 22: This is why it is an error or at least a very incorrect way of speaking to say that only possible things are effective, that is that God has chosen them. This is the error of Diodorus the Stoic, Cicero and among Christians it is shared by Abelard, Wyclif and Hobbes. (C’est pourquoi l’on se trompe, ou du moins l’on parle très incorrectement, quand on dit que les seules choses possibles sont celles qui se produisent en acte, c’est-à-dire que Dieu a choisies; c’est l’erreur de Diodore le Stoïcien chez Cicéron, et parmi les chrétiens d’Abelard, de Wiclef et de Hobbes). Refléxions, no. 2f., in: Essais de Théodicée, p. 375f. Refléxions, no. 3, in: Essais de Théodicée, p. 376.
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sity as due only to physical causes which in Leibniz’s view makes for ‘blind necessity’ that does away with both piety and ethics8. As Leibniz puts it in the Causa Dei: 104. God’s prescience or preordination does not impose necessity either although it too is infallible. In fact, God saw things in the ideal series of possibles as they would be and among these he saw man sinning freely. And decreeing the existence of this series, he did not change the nature of things and did not render necessary that which was contingent9.
God to Leibniz is the sole absolutely necessary being who necessarily decides by virtue of his perfection to create the best possible world. This best possible world is only hypothetically necessary, in the sense of being dependent on the necessity of God and his necessary decision. Therefore the world as it is obeys the laws of hypothetical necessity. How then can Leibniz avoid rendering God inefficacious? His reply is that such and such contingent action or event (as e.g. Judas not betraying Christ) could have taken place but God knows that it will not, since otherwise this would not be the best of all possible worlds as divinely ordained. What about mechanical causation in this world? Leibniz says: 105. […] these determinations only incline and do not necessitate so that a certain indifference or contingency remains safeguarded at all times. There is never in us a passion or a desire so great that its effect must follow necessarily [in the sense of mechanical response of effect to cause]. For as long as man retains his self-possession, even if he is violently moved by anger, thirst or a similar cause, he can always find some reason to resist the impulse and sometimes it is enough for thought to exercise its freedom and its power with regard to the passions.
In other words, Leibniz goes on to say (106) predetermination via intermediate causes (anger, thirst etc.) does not introduce necessity in the sense that kicking a ball necessarily has the ball’s movement as its effect. There is according to him a fundamental difference between intelligent and non-intelligent substances in that the former can and do act spontaneously as they can either refuse to submit themselves to the causes (e.g. avoiding the cold so as not to shiver or fleeing the plague to avoid contagion) or control the effects such as anger at being provoked or thirst in extreme heat. There is thus no significant difference between the concepts of the theological salvation determinism and the philosophical ‘mechanical’ determinism in Leibniz’s system as regards intelligent substances. God knows very well what the substance in question will do but he does not mechanically cause it; he merely inclines it to the course of action compatible with this being the best of all possible worlds. God acts reasonably which means that the question of why something happens can always be given a rational answer as for example if we ask ‘why was Judas damned’, the answer to Leibniz will be ‘because he betrayed Christ and did not repent’. If we then ask: ‘why did he betray Christ and not repent’, Leibniz’s reply will be: ‘because this best of all possible worlds must contain some evil for the sake of the greatest overall good’. Had Leibniz opted for total contingency in the sense of God foreseeing what Judas would do without 8 9
Ibid. La cause de Dieu, no. 104, in: Essais de Théodicée, p. 444.
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inclining him, this would have meant substantially restricting divine hegemony, which is what Leibniz wanted to avoid. For Leibniz, only God and the propositions of logic and mathematics to which he too is subject are intrinsically or absolutely necessary10. All laws of nature are only hypothetical, for they depend on God’s necessary will to create the best possible world. Thus for Leibniz it does not follow that there is an absolute necessity governing the relations of different creatures to one another. This means that for man there is scope for freedom, whatever our doubts regarding the cogency of Leibniz’s compatibilism. Hobbes on the other hand saw all necessity as mechanical or physical, as we saw, and did not conceive of an inclining God11. As Yves Charles Zarka rightly pointed out, Hobbes did not deny the existence of moral or hypothetical necessity12 which implied transparency and answerability to the question ‘why x happened’ but he thought that this moral necessity could not determine an action unless it intervened as an efficient cause. In other words, he saw the individual as responding to a series of impulses and causes which made up necessity, of which moral necessity was just one aspect. Hobbes’ necessity was ‘blind’ which meant that there was ultimately no rational and reasonable answer to the question ‘why was Judas damned’? All or any of the sufficient causes for this (e.g. it was due to his upbringing, he betrayed Christ and did not repent etc.) were also necessary causes with God at the root of this necessitating chain. This difference between the two thinkers explains Leibniz’s reply to Hobbes in the appendix to Théodicée. Before tackling this, however, it is important to get clear on Hobbes’ argument. Hobbes points out in point number 3 in Of Liberty and Necessity that: The question therefore is not, whether a man be a free agent, that is to say, whether he can write or forbear, speak or be silent, according to his will; but whether the will to write, and the will to forbear, come upon him according to his will, or according to anything else in his own power.
Thus he does not deny that an intelligent substance functions by the will, what he does deny is the autonomy of the will. Hobbes is not primarily interested in contingency. What concerns him first and foremost is the relationship between freedom and necessity. The following statement Hobbes makes shows that he views the theological process in purely philosophical terms in Of Liberty and Necessity: This concourse of causes, whereof every one is determined to be such as it is by a like concourse of former causes, may well be called (in respect they were all set and ordered by the eternal cause of all things, God Almighty) the decree of God. But that the foreknowledge of
10 Cf. M. Griffin: Leibniz, God and Necessity, Cambridge 2012, p. 58. The case of ethical truths (no man can harm another) is exceptional as they are governed by the laws of this world and therefore subject to hypothetical necessity and at the same time remain true in all possible worlds like truths of logic and mathematics. 11 See Th. Hobbes: Les questions concernant la liberté, la nécessité et le hasard, edited by L. Foisneau, Paris 1999, pp. 20f. 12 See Y. C. Zarka: La décision métaphysique de Hobbes, Paris 1999, pp. 197ff.
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The impossibility of God’s foreknowledge being a cause of something will recur in Leibniz’s debate with Clarke with the latter arguing for the non necessitarian position which is contrary to Hobbes’. Be that as it may, to Hobbes, predestination is a decree of God who governs the chain of causation that determines everything that is. This automatically includes the salvation of some and the damnation of others as there is no question of man condemning himself by his own decisions or actions. The gap that Leibniz tries to leave so as to avoid making God being responsible for evil has no place in Hobbes’ system as he says: To the fifth argument from reason, which is, that if liberty be taken away, the nature and formal reason of sin is taken away; I answer by denying the consequence: the nature of sin consisteth in this that the action done proceed from our will and be against the law. A judge in judging whether it be sin or not, which is done against the law, looks at no higher cause of the action, than the will of the doer [regardless of whether the will was determined or not]. Now when I say the action was necessary, I do not say it was done against the will of the doer, but with his will, and so necessarily, because man's will, that is every volition, act or of the will and purpose of man had a sufficient and therefore a necessary cause, and consequently every voluntary action was necessitated.
As for God’s justice, Hobbes thinks that anything God wills is just simply by virtue of him willing it. This means implicitly that things are good, merciful etc. just by virtue of God decreeing them. His decisions are not transparent to us and we know nothing about the divine attributes as God is beyond our reason or, as Hobbes puts it in Of Liberty and Necessity13: That which men make amongst themselves here by pacts and covenants, and call by the name of justice, and according whereunto men are counted and termed rightly just or unjust, is not that by which God Almighty’s actions are to be measured or called just; no more than His counsels are to be measured by human wisdom. HOBBES AND REFORMED THEOLOGY To Hobbes, there is no such thing as a spontaneous action which has its source in the human agent. This argument obviously undermines most if not all of Leibniz’s theodicy for it presupposes that God, the ultimate cause, does not just condone a certain amount of evil for the sake of the greatest overall good, but that he causes evil for no other reason than because he is the ultimate necessitating cause of everything which also includes sin, the Fall and damnation. This of course, is akin to the very line of reasoning that Leibniz tries at all costs to evade and contradict throughout his writings. Although Hobbes is not arguing primarily as a theologian 13 All references to Hobbes’ English text here are taken from: http://www.informationphilosopher.com/solutions/philosophers/hobbes/of_liberty_and_necessity.html (consulted 8th March 2013).
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and therefore makes no mention of God’s double decree (to salvation and to damnation), he still refers to a large number of reformed theologians as backing his point of view against Arminianism, which, as we know, he considered the chief reason for the outbreak of the English Civil War14. The question we need to ask now is to do with Hobbes’s theology. Are his references to Calvin and other reformers simply tacked on while his overall argument for necessity is mechanically founded or does he show some sort of evidence of thinking theologically? His Question XX formulated in response to Bramhall contains supporting evidence from Zanchi, Bucer, Calvin, Pierre du Moulin and the synod of Dordt. In citing them Hobbes is not arguing for necessity but is reacting very sharply against Bramhall’s accusation that his theory of necessity and causation makes God the author and indeed the committer of sin15. He cites a variety of reformers to show that sinning necessarily – which is what man does – does not mean being constrained to sin in the sense of there being an immediate external cause, similar to a bank that stops the river from overflowing. He asserts: ‘Luther says: […] we act necessarily, necessarily by necessity of immutability not by necessity of constraint, […]’ that is in plain English, necessarily but not against our wills. Zanchius says: ‘the freedom of our will doth not consist in this that there is no necessity of our sinning but in this that there is no constraint.
Bucer (Liber de concordia) says: […] whereas the Catholics say man has free will, we must understand it of freedom from constraint and not freedom from necessity […].
Calvin Inst. Cap. II, sect. 6 says: […] and thus then shall man be said to have free will, not because he hath equal freedom to do good and evil, but because he does the evil he does not by constraint but willingly”.
Monsr. du Moulin on p. 299 of his Buckler of faith (art.ix) says: […] the necessity of sinning is not repugnant to this freedom of the will. Witness the devils who are necessarily wicked and yet sin freely without constraint […].
And the synod of Dordt: […] liberty is not opposite to all kinds of necessity and determination. It is indeed opposite to the necessity of constraint but standeth well enough with the necessity of infallibility […].
The use Hobbes makes of these theologians is scant and quite unlike the use Leibniz makes of theology. He is not fundamentally interested in taking a theological stance although the number and importance of biblical quotations in Of Liberty as a whole suggests that he does view the Bible and theology as a source of truths rather than as a mere political or polemical tool in so far as he acknowledges that its statements do not invariably bear out his position. But how does he view the
14 Cf. Hobbes: Les questions. 9 for the view that Hobbes, in replying to Bramhall, is putting himself forward as the defender of the Dordrecht doctrine of predestination and liberty. 15 Ibid., pp. 290–293.
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reformed theologians that he cites? According to Foisneau16, the debate between Hobbes and Bramhall had nothing whatsoever to do with the quarrels on predestination and free will which occurred in the context of the Reformation and which opposed notably the Orthodox Reformed and the Arminians in the late 16th and early 17th century. But Foisneau’s view cannot be right, as it was Bramhall’s espousal of Arminian positions and Hobbes’ dislike of them that was at the root of the dispute. Although Hobbes’ use of Reformation sources in Of Liberty is practically limited to the chain of quotations as cited above, it has an important theological subtext. Hobbes is appealing to Bramhall’s conscience and to the consciences of all Royalists and Laudians so as to show that their views on free will constitute a fundamental betrayal of the Reformation, in contrast with his own position. Leibniz’s response to Hobbes focuses on the nature of God and on the notion of freedom which he assimilates not to contingency but to freedom in this world, which is the only world Hobbes acknowledges and considers. Hobbes in fact maintains that all possibles exist and no particular reason for their existence such as the ultimate ordering of everything so as to maximise the overall good is necessary. As this position could do away with God as the ultimate cause of all things and reduce him to the status of a tool that sets causes in motion, Leibniz makes use of the plurality of possibles thesis. This as we said makes God the cause of all contingency in this world, the Creator and the incliner to the greatest good17. In this optic, the notions of freedom or contingency and the notion of moral necessity assume their full importance. As Leibniz puts it: We recognise nowadays that the sort of necessity that we call hypothetical which comes from prescience or other antecedent causes has nothing alarming about it; but things would be quite different if a thing were necessary by itself so that its contrary would imply contradiction18.
If Judas’ betrayal of Christ were necessary in itself and not performed in view of God’s ultimate purpose with regard to this world, it would not be possible to envisage Judas not betraying Christ without falling into logical contradiction of the same sort as affirming that 2 + 2 does not equal 4. As it is, to give an example, the sentence ‘Judas will betray Christ’ is contingent in the same way as a sentence such as ‘John has ginger hair’ is contingent, in other words, it is so for determinate reasons such as John’s parents, his genetic make-up, the race into which he is born, but it could have been otherwise in another world without that world (had it been actualised) falling into a logical contradiction Similarly ‘Judas will betray Christ’ is so for the determinate reason that God wants it so in view of his plan for maximising the good, but it could have been otherwise so that to say ‘Judas will not betray Christ’ does not land us or God in a logical contradiction. Leibniz’s view of freedom, necessity and contingency is as firmly grounded in his concept of God as the all-giving, all-knowing, all-powerful and all-wise creator and governor as it is in his logical and physical presuppositions. Hypothetical and moral necessity is as important theologically as it is philosophically. 16 Cf. Ibid., pp. 19f. 17 Cf. M. V. Griffin: Leibniz, God and Necessity, Cambridge 2005, pp. 68f. 18 Refléxions, no. 3, in: Théodicée, p. 376.
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Hobbes’ God by contrast seems included in the all-engrossing concept of necessity – which makes him as necessary as all of his creation although he precedes the rest of creation so that he can and does issue decrees about it as he sees fit. Hobbes states in Human Nature (1640): The effects we acknowledge naturally, do include a power of their producing, before they were produced; and that power presupposeth something existent that hath such power; and the thing so existing with power to produce, if it were not eternal, must needs have been produced by somewhat before it, and that again by something else before that, till we come to an eternal, that is to say, the first power of all powers and first cause of all causes; and this is it which all men conceive by the name of God, implying eternity, incomprehensibility, and omnipotency19.
Hobbes’ God does not exercise any continuous power over his creation in the sense of inclining or interfering with the order of creation on a continuous basis; God is the first in the chain of causes that must necessarily issue in a particular outcome, moral considerations notwithstanding. This is consonant with Hobbes’ insistence on the unknowability of God to whom we attribute certain qualities such as mercy, wisdom, goodness etc. like so many compliments according to purely human criteria20. To return to Hobbes’ dispute with Bramhall, its partly theological motivation is undeniable, given that Hobbes’ rational account of God allows for the extreme reformed position on double predestination and even Supralapsarianism while doing away with Arminianism which he considered responsible for all of Britain’s ills whereas Leibniz espoused the view that the civil wars in Britain and in the Low Countries were caused by the intolerance of the holders of rigid opinions, category in which he includes the upholders of the doctrine of the double decree21. The essence of the posthumous disagreement between Hobbes and Leibniz lies in their conceptions of God and of necessity and, most importantly, in their notions of will to Leibniz man’s free will in performing such and such an action is genuinely free although ultimately foreknown and ordered by God in this world so as to maximise the good. To Hobbes, on the other hand, the will is free in the purely legal sense of the term, that is, absence of immediate coercion. If I freely decide to commit a murder my action is still necessitated by God and a chain of intermediate causes (such as my upbringing, my environment etc.) although there is nothing and no-one coercing me into this action. This is more than a quarrel of emphasis, when we view it in terms of God who could have ultimately ordered things otherwise (in a different world) without falling into a contradiction. Hobbes’ God does not operate with different possibles but only with what is so that there is no question of me not committing a murder in a different world. 19 Th. Hobbes: “Human Nature”, in: The collected English Works of Thomas Hobbes, vol. 4, edited by W. Molesworth, London 1840, pp. 59f. 20 Cf. Ibid., p. 59. 21 Refléxions, no.7, in: Théodicée, p. 379. “[…] et l’on peut dire que les défenseurs du décret absolu ont été pour le moins aussi rigides que les autres, ayant opprimé leurs adversaires en Hollande par l’autorité du prince Maurice et ayant fomenté les révoltes en Angleterre contre le roi Charles I. […]”.
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Leibniz as we saw relies on the concept of hypothetical necessity with regard to philosophy and theology. Hobbes on the other hand aims to show that God as the ultimate, necessary and sufficient cause is primarily the object of reason and not of revelation. So what is ‘necessary’ to Leibniz? This is where an important distinction between necessity and certainty comes in, which I have mentioned obliquely above. Unfortunately, Leibniz appears to establish it clearly very late on in his career. As he put it in the letter to Pierre Coste, the French translator of Locke’s Essay, dated from 8th July 171122: I have the writings exchanged between Mr. Hobbes and doctor Bramhall the bishop of Derry on freedom and I have summarised them so to speak in my work [T]. Hobbes has all sorts of ideas that are good but he usually carries them to excess. I distinguish between certainty and necessity. Everything is certain in advance because of [God’s] foreknowledge and because of reasons that determine the existence of things. But only truths the contrary of which implies contradiction are necessary. Several thinkers have not made this distinction clearly.
Leibniz omits to say that Hobbes did not merely conflate the distinction but explicitly refused to make it. LEIBNIZ, CLARKE AND NEWTON One of the most interesting of Leibniz’s disputes with his English contemporaries was with Clarke who, although not merely Newton’s mouthpiece, did nonetheless echo and indeed inspire many of Newton’s views on the nature of God, freedom and necessity. In what follows, I shall examine Newton’s God as characterised in the definitive version of the Scholium Generale, and confront Leibniz’s attitude to predestination and necessity with Newton’s as mirrored in some of the latter’s religious writings and in the Leibniz-Clarke correspondence. By way of an introduction, it is worth mentioning that Newton was not primarily interested in man’s freedom. In part one of his Theological Notebook he has the following to say about predestination: All things work together for good to them that love God, to them who are the called according to his purpose. For whom he did foreknow he also did predestinate to be conformed to the Image of his son, that he might be the first born among many brethren. Moreover whom he
22 Cf. GP III, 419: “J’ay les écrits échangés entre M. Hobbes et le docteur Bramhall, évêque de Derry, sur la liberté et j’en ay donné une espece de recension dans mon ouvrage. Hobbes est plein de bonnes pensées mais il a coutume de les outrer. Je distingue le Certain du Nécessaire. Tout est certain par avance, par la prevision et par les raisons determinantes; mais necessaire est seulement une verite dont le contraire implique contradiction. Plusieurs n’ont guères bien distingués ces choses et M. Bayle lui-mesme, demandant pourquoy Dieu n’a pas fait moins ou plus que trois dimensions, comme il pouvait donner d’autres ordres à la nature, n’a point considéré que le premier est necessaire d’une necessité aveugle et géométrique mais que les loix de la nature ont été choisies par la sagesse et sont une suite de ce qui est le plus convenable. Ce choix est libre, quoyqu’il soit indispensable au plus sage: car le contraire qui n’a point esté trouvé convenable, ne laisse pas d’estre possible […]”.
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did predestinate, them also he called; & whom he called them he also justified: & whom he justified them he also glorified. Rom. 8.28. The children not being yet born, neither having done any good or evil, that the purpose of God according to election might stand not of works but of him that calleth, it was said unto her the elder shall serve the younger. As it is written Iacob have I loved, but Esau have I hated. What shall we say then? Is there unrighteousness with God? God forbid. For he saith to Moses, I will have mercy on whome I will have mercy, & I will have compassion on whom I will have compassion. So then it is not of him that willeth, or of him that runneth, but of God that sheweth mercy. For the scripture saith unto Pharoh: even for this same purpose have I raised thee up that I might shew my power in thee, & that my name might be declared throughout all the Earth. Therefore he hath mercy on whom he will have mercy, & whom he will he hardneth. Thou wilt say then unto me: why doth he yet find fault? For who hath resisted his will? Nay but O man, who art thou that repliest against God? Shall the thing formed say to him that formed it: why hast thou made me thus?
The passage above notwithstanding, Newton was not a Particularist in matters of predestination. His mention of God electing us before the creation of the world in Jesus Christ is no allusion to Supralapsarianism as there is no mention of condemnation of anyone before the foundation of the world. Election in Christ before the foundation of the world is obviously intended simply to exempt Newton from an overt accusation of Antitrinitarism (for which we have ample evidence) given that it could be read as implying Christ’s existence as the divine logos prior to his Incarnation23. His God emerges as one, the voluntarist, biblical God the Father. Thus it is not up to us as his creatures to question his will. This is perfectly consistent with what he says in paragraphs 3–4 of the Scholium generale a postscript he added to the second edition of the Principia in 1713 and which he maintained in 1726 with some additions: The supreme God is a Being eternal, infinite, absolutely perfect […] He is omnipresent, not virtually but also substantially; for virtue cannot subsist without substance. In him are all things contained and moved; yet neither affects the other; God suffers nothing from the motion of bodies; bodies find no resistance from the omnipresence of God. ‘Tis allowed by all that the supreme God exists necessarily; and by the same necessity he exists always and everywhere.
Reacting most probably against a certain conception of Spinoza’s system which was wrongly construed by some thinkers of the time (e.g. Pierre Bayle) as a sort
23 Cf. S. Ducheyne: “Antitrinitarianism in Newton’s General Scholium to the Principia”, in: European Journal of Science and Theology 5/1 (2009), pp. 1–11. S. Snobelen:‘God of gods and Lord of lords’. The theology of Isaac Newton in the General Scholium to the Principia, Osiris 2001, pp. 129–207. Id.: “Isaac Newton, Socinianism and ‘the one supreme God”, in: M. Muslow and J. Rohls (eds.): Socinianism and cultural exchange: the European dimension of Antitrinitarian and Arminian Networks, 1650–1720, Leiden 2005, pp. 241–293. On Clarke’s Socinianism see Id.: “Socinianism and Newtonianism. The case of Samuel Clarke”, in: M. Priarolo and E. Scribano (eds.): Fausto Sozzini e la philosophia in Europa, Siena 2005, pp. 251–302.
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of pananimism24, Newton saw God as the transcendent, personal, masterful creator whose existence was provable from the grandeur of all creation and who was always and everywhere present substantially although we had no idea as to the nature of this substance and could only view God’s final causes. Whether Newton’s comment on God’s substantial presence everywhere is aimed at Leibniz’s doctrine of substance being identifiable by its exertion of impact, which could be taken as virtual presence, is not clear. However, it is quite clear that, as Steffen Ducheyne pointed out recently in two papers25, Newton argued, as he does here, from God’s final causes to their source, that is, from the creation to the Creator, in other words, he was an empiricist like Locke and a priori an exponent of the rationalistic concept of the divinity. Equally importantly, he thought that the term ‘God’ did not refer to a substance but to a relation. For Newton there was no such being as God, the being or substance that he recognised as godly and transcendent was the supreme creator and ruler. The term ‘God’ in his view simply expresses the relation between the supreme creator and different aspects of his creation including humans his servants. We could thus speak of ‘God of x’ or ‘God of y’ but not of ‘God’ as denoting a substance. The relation is one of dominion as Newton put it, in other words, of the power and right to govern. His God of x or y […], like Leibniz’s God exists necessarily26 but unlike Leibniz’s God, he has not preordained anything resembling a pre-established harmony but and this is where Newton definitively parts company with deism – intervenes constantly in all aspects of his creation, including in the cosmos so that he keeps the planets at a sufficient distance to stop them from falling on one another and is in fact the source and the author of the force of gravity. As Newton says in the query 31 of his Optics: Now by the help of these Principles, all material Things seem to have been composed of the hard and solid Particles above-mention’d, variously associated in the first Creation by the Counsel of an intelligent Agent. For it became him who created them to set them in order. And if he did so, it’s unphilosophical to seek for any other Origin of the World, or to pretend that it might arise out of a Chaos by the mere Laws of Nature; though being once form’d, it may continue by those Laws for many Ages […]. For while comets move in very eccentric orbs in all manner of positions, blind fate could never make all the planets move one and the same way in orbs concentric, some inconsiderable irregularities excepted which may have arisen from the mutual actions of comets and planets on one another, and which will be apt to increase, till this system wants a reformation. And so 24 For contemporary discussion of this see M. Vassanyi: “Anima mundi. The Rise of the World Soul in Modern German Philosophy”, in: International Archive of the History of Ideas 202 (2011), pp. 187–327. 25 Cf. S. Ducheyne: “Antitrinitarianism in Newton’s General Scholium to the Principia”, in: European Journal of Science and Theology 5/1 (2009), pp. 1–11; Id.: “The General Scholium. Some notes on Newton’s Published and Unpublished Endeavours”, in: Lias: Sources and Documents Relating to the Early Modern History of Ideas 33/2 (2006), pp. 223–274. 26 See also I. Newton: Scholium generale, draft D, Cambridge University Library, Ms. Add. 3965, 12, fol. 363 r.: “Necessario existit et eadem necessitate est idem ideoque semper et ubique”. (“He exists necessarily and by the same necessity he is the same always and everywhere”).
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must the Uniformity in the Bodies of Animals, [be the] effect of nothing else than the Wisdom and Skill of a powerful ever-living Agent, who being in all Places, is more able by his Will to move the Bodies within his boundless uniform Sensorium, and thereby to form and reform the Parts of our own Bodies27.
We see thus that despite his apparent lack of interest in the issue of man’s freedom and his strong insistence on the creative role and the interfering nature of the pantokrator, Newton does not consider God to be synonymous with necessity in the world although in his view God as agent exists necessarily, otherwise the universe would make no sense, with planets falling on one another in the absence of ordered space, to give just one example. Given that God for Newton constantly intervenes in creation, the question of man’s freedom given his powerlessness to withstand God’s necessary intervention does nonetheless arise, especially as the Scholium is a particularly terse statement of his religious convictions. The passage cited above prompted an attack by Leibniz in a letter to his friend the Princess of Wales, Caroline von Ansbach: Sir Isaac Newton and his followers have also a very odd opinion concerning the work of God. According to their doctrine, God Almighty wants to wind up his watch from time to time: otherwise it would cease to move. He had not, it seems, sufficient foresight to make it a perpetual motion28.
Leibniz’ letter initiated the Leibniz-Clarke correspondence with Newton’s friend and disciple Samuel Clarke, whom Leibniz considered the astronomer’s spokesperson although in fact Clarke did not share Newton’s views to the letter, and the generally received opinion nowadays is that Clarke’s letters were partly and not wholly inspired by Newton. How many of them Newton had actually viewed has never been settled29. Clarke complained that Leibniz’ concept of God as a ‘supramundane intelligence’ who set up a ‘pre-established harmony’ was only a step from atheism: And as those men, who pretend that in an earthly government things may go on perfectly well without the king himself ordering or disposing of any thing, may reasonably be suspected that they would like very well to set the king aside: so, whosoever contends, that the beings of the world can go on without the continual direction of God [...] his doctrine does in effect tend to exclude God out of the world30.
The problem of necessity is first raised by Clarke in his correspondence with Leibniz à propos of Leibniz’s fourth letter where he raises the issue of things indifferent and the will: 27 See also I. Newton: Scholium generale, draft E, Cambridge University Library, Ms. Add. 3965, fol. 365 r.: “Consilio et dominio solo Entis intelligentis, elegantissima \hæcce/ Solis et Planetarum compages oriri potuit”. (“This most beautiful system of the sun, planets and comets could only proceed from the counsel and dominion of an intelligent and powerful being”.) 28 Cf. Letter from G. W. Leibniz to Caroline von Ansbach, princess of Wales, early November 1715, in: Correspondance Leibniz-Clarke, edited by A. Robinet, Paris 21991, p. 22. 29 See on this D. B. Meli: “Newton and the Leibniz-Clarke Correspondence”, in: I. B. Cohen and G. E. Smith (eds.): The Cambridge Companion to Newton, Cambridge 2002, p. 459f. 30 See Correspondance, Clarke’s first reply, mid-November 1715, p. 31.
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In things absolutely indifferent there is no choice and therefore neither election nor will because there must always be some reason or initiation for choice. A mere will with no motive is a chimera not only contrary to the perfection of God but chimerical and contradictory, incompatible with the definition of the will and one which I have refuted enough in the Theodicy31. Leibniz makes two important points here. Firstly, in matters where the choice of one option is on equal footing with the choice of a second option (‘either he comes or he does not’) we neither use the will nor exercise choice or judgement in the true sense of these terms as there is no room for either will or judgement. Secondly, a will not directed towards any object or goal is incompatible with the very definition of the term and with God’s nature. To will or want is not just to be possessed of the capacity to will nor is it to ‘want to will’ as this would simply engender infinite regress. In Leibniz’s view we can will to act with a view to x, (‘he wants to run into a burning building to save x’s life’ but not ‘he wants’ full stop) the latter being equivalent to what is in our view the greater good, allowing for the imperfection of human nature which sometimes mistakes the bad for the good, but we cannot just will. Moreover, in Leibniz’s view, in order to will purposefully, the soul which does the willing, was predetermined or rather preinclined by God to will for x or y or z when still in the state of possibility. Clarke replied as follows to these two points: 1 & 2. This notion leads to universal necessity and fate by supposing that motives have the same relation to the will of an intelligent agent as weights have to a balance so that of two things absolutely indifferent, an intelligent agent can no more choose either than a balance can move itself when the weights on both sides are equal. But the difference lies here. A balance is no agent but is merely passive and acted upon by the weights. But intelligent beings are agents, not passive in being moved by motives as a balance is by weights, but they have active power and do move themselves sometimes upon the view of strong motives, sometimes upon weak ones and sometimes where things are absolutely indifferent. In which latter case there may be very good reason to act though two or more ways of acting may be absolutely indifferent. This learned writer always supposes the contrary as a principle but gives no proof of it […]32.
The image of the scales as a representation of the will occurs in several passages in Théodicée. 31 Ibid., p. 82f.. Leibniz refuses the notion of will as an objectless operation in several passages in Théodicée. See e.g. Théodicée, 323: “It is true that the Form or the Soul has this advantage over matter, that it is the source of action, having within itself the principle of motion or of change, in a word, το αυτοκινητον, as Plato calls it; whereas matter is simply passive, and has need of being impelled to act, agitur, ut agat. But if the soul is active of itself (as it indeed is), for that very reason it is not of itself absolutely indifferent to the action, like matter, and it must find in itself a ground of determination. According to the System of Pre-established Harmony the soul finds in itself, and in its ideal nature anterior to existence, the reasons for its determinations, adjusted to all that shall surround it. That way it was determined from all eternity in its state of mere possibility to act freely, as it does, when it attains to existence.” (Translation by E. M. Huggard, http://www.gutenberg.org/files/17147/ 17147-h/17147-h.htm, accessed on 9th June 2013). 32 See ibid., p. 108.
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It is not clear that Clarke has understood the exact nature of Leibniz’s argument but he has seen well enough the point that the soul decides freely and spontaneously albeit according to the general principle of the best possible world determined by God when he was envisaging several possible worlds. Clarke will take the matter of necessity up again in his fifth Response to Leibniz’s fifth letter. As we saw above, according to Leibniz, human actions such as doing wrong in the face of a choice between two possibilities are free and spontaneous from man’s point of view although ultimately oriented by God’s decree for this best of all possible worlds as including a certain number of wrong and sinful human actions. In his fifth letter to Clarke33 (articles 4–12) Leibniz in consonance with his general principle states overtly that we have to grant that some kind of necessity obtains once we have distinguished between absolute and hypothetical necessity on the one hand and logical (as in: it is necessary that 2+2=4) and moral (inclining or being inclined to choose that which is best) necessity on the other hand. In points 5 and 6 of his fifth letter to Clarke, Leibniz defines hypothetical necessity as […] that [necessity] which the supposition or hypothesis of God’s foreknowledge and preordination imposes on future contingents […]34.
We note that he equates divine foreknowledge with divine preordination. He then goes on to say that “[…] neither this foreknowledge nor this preordination detract in any way from freedom […]“35. God, he continues, has managed to accord human free will and his predetermination when he actualised what he saw as the best possible world. Therefore, to cite Leibniz’s exact words: 9. To say that God chooses only the best and to want to infer from this that what he does not choose is impossible, is to confuse the terms, power and will, logical and moral necessity, essence and existence. For that which is necessary is so by its very essence as the contrary implies a [logical] contradiction but the existent contingent owes its existence to the principle of the best, the sufficient reason of things. And this is why I say that motives incline without necessitating and that there is certainty and infallibility but no necessity in things contingent36.
Clarke counters with an attack on Leibniz’s distinction between different kinds of necessity in his fifth Response, which Leibniz never actually saw before his death. In Clarke’s view, to any philosopher the only necessity is absolute necessity, whereas the concepts of moral and hypothetical necessity do not denote necessity at all and are “[…] only figurative ways of speaking and in philosophical strictness of truth no necessity at all […]”37. To Clarke it was philosophically beside the point to ask whether ‘a thing must be when it is supposed to be’ or whether ‘a good being continuing to be good cannot do evil’, which were as we saw the ques-
33 See ibid., pp. 123f. 34 Ibid., p. 124; La necessité hypothetique est celle que la supposition ou hypothese de la prevision et preordination de Dieu impose aux futurs contigents. 35 Ibid., p. 124; Mais ny cette prescience ny cette preordination ne derogent point à la liberté. 36 Ibid., p. 125. 37 Ibid., pp. 189f.
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tions central to Leibniz’s theodicean investigations, spanning his theology and his philosophy. All that mattered philosophically in Clarke’s view was […] whether the immediate physical cause or principle of action be indeed in Him whom we call the agent or whether it be some other reason sufficient which is the real cause of the action by operating upon the agent and making him to be not indeed an agent but a mere patient […]38.
Neither Newton nor Clarke at this stage tried or wanted to account for the existence of evil although Clarke was to do so later. Newton’s Deity, as his Scholium generale shows, is constantly and actively present in this universe and could logically be responsible for certain features of it, which humans found evil. Be that as it may, Clarke, his protestations to Leibniz notwithstanding, did believe in the distinction between absolute necessity on the one hand and moral or consequent necessity on the other hand and it is his Discourse concerning the Being and Attributes of God, the Obligations of Natural Religion and the Truth and Certainty of Christian Revelation first printed in 1705 and then revised up until 172839 that gives us a further insight into his viewpoint. What he disputed in Leibniz was not so much his distinction of necessity into different types but his adversary’s concept of the principle of sufficient reason. In short, Clarke thought that “mere will” of God was the sufficient cause of why x exists whereas Leibniz in his correspondence with Clarke attempted to derive the identity of indiscernibles from an application of the principle of sufficient reason to God’s act of creation, namely that God has a reason to create the world he creates. The crucial premise of Leibniz’s argument is that indiscernibles would force God to choose among equally good alternatives which is contrary to his principle of sufficient reason40. According to the latter God governs his act of creation by the principle of the best, so the reason he creates the world he creates is that it is the best possible world, other worlds with other principles regarding indiscernibles having been considered by God and abandoned as not the best possible. This naturally has repercussions on the differences between Leibniz and Clarke as regards the status of God and the questions of freedom and necessity. In short, for Leibniz the bestness principle excludes the hegemony of the ‘mere will’ of God just as it excludes a God who constantly intervenes in his universe for why should he want to improve on what is the best possible? It also makes God subject to certain necessities such as moral necessity to do only what is the best. While Clarke too argues that God cannot but do what is good, moral necessity which makes the Supreme being act thus is of an ethical order and coexists with his total freedom. This means that God could do 38 Ibid., p. 190. 39 I am relying here on S. Clarke: Discourse concerning the Being and Attributes of God, the Obligations of Natural Religion and the Truth and Certainty of Christian Revelation, London 1728. There is also a modernised English non-critical edition: Id.: Discourse concerning the Being and Attributes of God, the Obligations of Natural Religion and the Truth and Certainty of Christian Revelation, edited by E. Vailati, Cambridge 1998. To this day there is no critical edition containing the full variants apparatus. 40 Cf. G. Rodriguez-Pereira: “Leibniz’s argument of the identity of indiscernibles in his correspondence with Clarke”, in: Australasian Journal of Philosophy 77/4 (1999), pp. 429–438.
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evil were it not for the fact that he has moral principles and whatever we think of the validity of this argument, it puts Clarke somewhere half-way between Newton and Leibniz. Clarke in fact fills in the gap for the possibility of divine evildoing, a gap opened up by Newton’s contention that God can do anything he likes and it is not up to us his servants to question this. He also alters the Leibnizian conception of moral necessity by transferring it to the realm of operation of God’s free will. What is common to both Clarke and Leibniz and what distinguishes them from Newton is their common belief that God worked things for the ultimate good and this was why he created some creatures less perfect than others. However, Clarke has no safeguard such as necessity of this being the best possible world and his readers (even more so than Leibniz’s readers) could wonder why God’s conception of the creature involved evil at all and how exactly this apparently inbuilt feature co-existed with God’s and man’s perfect freedom, seeing as Clarke firmly refused to accept Leibniz’s concept of predestination or preinclination. One could also wonder why a totally free being, such as God, more or less had to produce another free being, man but similar necessity did not obtain when it came to the same totally good being producing a totally good creature. Clarke’s reply that this was fundamentally for the order and beauty of the whole inevitably gives his argument certain necessitarian overtones in that he seems to suggest that God, the entirely free being, builds the capacity for evil into man. After this brief examination of the quarrels over necessity between Leibniz and Hobbes, Newton and Clarke, we note firstly that all three had in common the fundamental preoccupation with freedom and necessity which led to a set of very different positions, none of which Leibniz agreed with. As we saw, Leibniz’s position was distinct from Hobbes in that he postulated that God, being what he was, necessarily had to actualise the best of all possible worlds in view of the overall good. He also thought that hypothetical necessity did not fundamentally interfere with the moral autonomy of an intelligent substance. Hobbes for his part identified this autonomy with the absence of immediate, physical coercion while considering that all actions of intelligent substances were determined by God through a series of intermediate causes. Leibniz’s position was also distinct from Clarke’s who tried to dispense with the notion of necessity in God by postulating God’s supreme and undoubted ethical code chosen by him freely. Moreover, Leibniz’s notion of hypothetical necessity and his concept of God deciding to create this best of all possible worlds and to interfere no more put him in fundamental disagreement with Newton and his conception of God as the ultimately free being who intervenes constantly in the universe he has created. However, as regards Clarke, there were more points of contact than his correspondence with Leibniz would lead us to believe. The Discourse shows that Clarke agreed with Leibniz on the issue of the origin of evil and that he acknowledged moral necessity as a byproduct of God’s perfect freedom which was accompanied by certain moral principles. However, as I stressed repeatedly, Clarke refused to call this necessity so as to leave God completely free. Furthermore, Clarke never makes it clear in the Discourse whether humans who are also free but who have an inbuilt capacity to do evil are predetermined that way by God, as Leibniz would have it or whether
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God inserts the capacity to do something evil into certain individuals on his active intervention in the universe. The first option is unlikely as Clarke did not grant the existence of possible worlds. The second option is left up in the air. Fundamentally the following aspects to Leibniz’s thought made him original: firstly his concept of hypothetical necessity which only made sense if understood in the context of his doctrine of possible worlds, secondly his principle of sufficient reason which accounted for the creation of this particular world and explained why God had discarded the other possibilities and, thirdly and most importantly, the way he integrated philosophy and theology so that the two were inseparable in his system. For Leibniz hypothetical necessity was as important for explaining free will in relation to determinism as it was for explaining why Judas betrayed Christ and the question of predestination generally. We could say that it laid the foundation for his compatibilism and his basic argument that the human was finally predestined to salvation conditional on the fact that this world as ordained by God was only the best possible and contained a certain number of evils including man’s intrinsic weakness. Leibniz’s theological involvement and correspondingly his theological thought was far more pronounced than that of any of the British philosophers, deist or not, contemporary with him, who also wrote on necessity41.
41 I should like to thank P. Rateau in particular for his comments on the oral version of this essay.
LEIBNIZENS FRÖMMIGKEIT UND DIE CHRISTOLOGIE Von Ulrich Becker (Hannover) Von der Frömmigkeit Leibnizens zu reden, ist nicht nur für die, die gelegentlich auf ihn aufmerksam werden, sondern gerade für manche Leibniz-Experten eine Herausforderung. Kann man, darf man wirklich von einem frommen Leibniz reden? Und in welchem Sinne kann man das tun? Viel eher ist es üblich geworden, von ihm als den ‚ungläubigen Filister‘ zu sprechen, wie er in Johann Heinrich Voß’ (1751–1826) Spottgedicht genannt wird1. Oder man zitiert seinen Sekretär und Nachfolger als Bibliothekar und Historiograph des Hauses Hannover, Johann Georg von Eckhart, der von ihm berichtete: […] ging aber wenig, oder gar nicht in die Kirche […]. Die gemeinen Leute hießen ihn daher insgemein auf Platdeutsch Lövenix, welches, qui ne croit rien heiset2.
Nicht nur Leibniz-Biographien greifen auf dieses ‚Lövenix‘ (Glöwʼ nix oder Lövenix) in dieser oder jener Form immer wieder gern zurück3. Wenn überhaupt, dann gilt er ihnen als ein sehr eigenwilliger Christ, der weder eine Erlösung noch einen Pfarrer am Sterbebette brauchte4. Ist es angesichts solcher Urteile nicht sehr gewagt, um nicht zu sagen befremdend, von Leibnizens Frömmigkeit zu reden? 1. EINE BEGRIFFSKLÄRUNG IM KONTEXT FRÖMMIGKEITSGESCHICHTLICHER UNTERSUCHUNGEN Frömmigkeit ist ein merkwürdig schwebender Begriff. Deshalb bedarf es einer Begriffsklärung. Wir greifen auf Klärungsversuche zurück, die Martin H. Jung in seinen Melanchthon-Studien als einen Beitrag zur frömmigkeitsgeschichtlichen
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Zitiert nach W. Li: Ein Weltbürger und seine Wahlheimat. G. W. Leibniz in Hannover, Hannover 2012, S. 10. Ebd., S. 10. 1737 wird in dem von Jesuiten herausgegebenen Journal de Trévoux zitiert: „Leibnitz Glaubt nitz; c’est-à-dire, Leibnitz ne croit rien“. Zitiert bei H. Busche: Leibnizʼ Weg ins perspektivische Universum: eine Harmonie im Zeitalter der Berechnung, Hamburg 1997, S. 210. E. C. Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie, München 2007, S. 626. „Eine Erlösung […] brauchte der eigenwillige Christ Gottfried Wilhelm Leibniz nicht, so wenig wie einen Pfarrer am Sterbebette“.
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Forschung angestellt hat5. Jung nimmt seinen Ausgangspunkt nicht, wie man meinen könnte, bei etymologischen, religionswissenschaftlichen oder theologischen Definitionen von Frömmigkeit, sondern er geht von unserer Alltagssprache aus, in der das Wort ‚fromm‘ fast ausschließlich für Menschen und ihre Verhaltensweisen gebraucht wird […] sowie als Attribut einiger weniger Dinge, die in ganz enger Beziehung zum geistigen Leben von Menschen stehen […] Mit ‚fromm‘ als einem Attribut von Menschen oder auch von Dingen […] wird immer eine innere Einstellung des Menschen bezeichnet, der ein äußeres Verhalten korrespondiert. ‚Fromme Taten‘ und ‚frommer Sinn‘ gehören untrennbar zusammen. Die innere Haltung, die gemeint ist, lässt sich mit den Worten ‚gläubig‘‚ ‚gottesfürchtig‘, ‚religiös‘ umschreiben6.
Und später resümiert der Autor: […] Frömmigkeit […] wird zusammenfassend für die innere fromme Einstellung und das äußere fromme Verhalten von Menschen verwendet. Frömmigkeit ist mithin – wie es Wolfgang Trillhaas formuliert hat – die ‚subjektive Seite der Religion‘. Da die innere Einstellung und das äußere Verhalten verschiedene Konkretisierungen annehmen können, ist Frömmigkeit – auch innerhalb einer bestimmten Religion – immer ein recht vielfältiges Phänomen. Die Frömmigkeit einer bestimmten Menschengruppe oder einer bestimmten Zeit hat also neben gemeinsamen Elementen auch viele individuelle Ausprägungen. Frömmigkeit ist, obwohl sie ethische Aspekte hat, nach heutigem Verständnis kein Teilbereich des ethischen Verhaltens, sondern eine selbständige Größe neben der Sittlichkeit7.
Frömmigkeit verstanden als die subjektive Seite der Religion – und […] konstitutiv für Frömmigkeit (‚pietas‘ oder ‚devotio‘) ist immer das Moment des aneignenden Vollzugs von Religion durch eine formgebende Gestaltung des Lebens […]8.
So einleuchtend solche Begriffsbestimmungen sind, sie allein werden der Leibnizschen Unterscheidung von einer inneren (echten, wahren) Frömmigkeit und einer äußeren Frömmigkeit noch nicht gerecht. Leibniz schreibt zu dieser Unterscheidung im Vorwort zur Theodizee: Zu allen Zeiten hat die große Masse der Menschen ihre Gottesverehrung (la devotion) in bloße äußere Formen verlegt; die echte Frömmigkeit (la solide pieté), das heißt: Licht und Tugend, sind niemals das Erbteil der Menge gewesen. Das ist auch nicht weiter erstaunlich, denn nichts entspricht besser der menschlichen Schwachheit. Das Äußere drängt sich uns auf, das Innerliche dagegen verlangt eine Erörterung, zu der nur wenige imstande sind. Da die wahre Frömmigkeit (la veritable pieté) in Empfindungen und der praktischen Ausübung besteht, so ahmen die äußeren Formen der Gottesverehrung (les Formalités de devotion) sie nach und bestehen aus zweierlei: sie kommen entweder auf zeremonielle Handlungen oder 5
6 7 8
M. H. Jung: Frömmigkeit und Theologie bei Philipp Melanchthon. Beiträge zur historischen Theologie, Bd. 102, Tübingen 1998. Vgl. auch P. Wulfleff: Die Freiheit der Gläubigen: Umstrittene Tendenzen der Frömmigkeit in den Anfängen von Chassidismus und Pietismus, Göttingen 2012, S. 13ff. Jung: Frömmigkeit, S. 2f. Ebd., S. 3. B. Hamm: „Was ist Frömmigkeitstheologie? Überlegungen zum 14. bis 16. Jahrhundert“, in: H.-J. Nieden und M. Nieden (Hrsg.): Praxis Pietatis. Festschrift für Wolfgang Sommer, Stuttgart 1999, S. 10f.
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auf Glaubensformeln hinaus. Die Zeremonien gleichen sich den tugendhaften Handlungen an und die Formeln sind gewissermaßen Schatten der Wahrheit und nähern sich mehr oder weniger der wahren Erleuchtung. Alle diese äußerern Formen wären zu loben, wenn die, welche sie erfunden haben, sie so eingerichtet hätten, dass sie geeignet wären, das zu bewahren und auszudrücken, was sie nachahmen; […] Aber es kommt nur zu oft vor, dass die Gottesverehrung (la devotion) in allerlei Äußerlichkeiten erstickt und dass das göttliche Licht durch menschliche Ansichten verdunkelt wird. […] Daraus folgt offenbar, dass die echte Frömmigkeit (la veritable pieté) und selbst das wahrhafte Glück in der Liebe zu Gott bestehen, freilich aber in einer aufgeklärten Liebe, deren Feuer vom Lichte der Erkenntnis durchglüht ist. […] Keine Frömmigkeit ohne mildtätige Liebe, und ohne Dienstfertigkeit und Wohltätigkeit kann man keine aufrichtige Frömmigkeit (une devotion sincére) zu erkennen geben9.
Wenn Leibniz auf diese Weise zwischen wahrer Frömmigkeit (veritable oder solide pieté) und äußerer Gottesverehrung (les formalités de devotion) unterscheidet, ist er sicher auch von den pietistisch geprägten Frömmigkeitsbewegungen seiner Zeit bestimmt, unter deren Einfluss Frömmigkeit, Gottseligkeit, pietas, in den Rang zentraler Begriffe erhoben werden. Sie sind […] nun das oberste Ziel des Lebens, der Hauptzweck der Predigt, die eigentliche Aufgabe der Theologie, ja, der Inhalt der Religion schlechthin“. Gleichzeitig beginnt „ […] eine Unterscheidung zwischen den Frommen und den anderen Christen und ein Auseinandertreten von Theologie und Frömmigkeit10.
Wir werden gegen Ende unserer Überlegungen auf diesen wichtigen Text aus dem Vorwort der Theodizee zurückkommen müssen. In den einschlägigen frömmigkeitsgeschichtlichen Untersuchungen kommt dem Gebet als dem „[…] zuverlässigsten Erkennungszeichen einer spezifischen Frömmigkeit […]“11 mit Recht eine zentrale Rolle zu. Von Leibniz sind uns einige wenige Gebete überliefert, dazu ein paar Schriften, die man religiöse Traktate nennen könnte – aufs Ganze gesehen aber nur wenige Zeugnisse mit sehr persönlichem Bekenntnischarakter. In ihnen taucht das Wort ‚Gebet‘, immer eher im Sinne von Anrufung (invocatio oder oratio) denn von Anbetung (adoratio) auf. Aber ob so oder so, bei der Interpretation dieser Zeugnisse müssen wir uns auf jeden Fall der von der Sache her gesetzten Grenzen bewusst bleiben: Die innere Einstellung fremder Menschen in vergangenen Zeiten ist nur sehr beschränkt erforschbar und darstellbar. Man ist dabei weitgehend auf Selbstzeugnisse der Betroffenen angewiesen, die zudem eher spärlich sind, und auf Rückschlüsse und Vermutungen, so dass konkrete Aussagen nur mit größter Vorsicht gemacht werden können. Dennoch wäre es verfehlt, die Möglichkeiten solcher Aussagen grundsätzlich zu bestreiten. Der Theologe zumindest wird den Versuch wagen, frommes Verhalten nicht nur äußerlich zu beschreiben, sondern auch einfühlend zu verstehen12.
Das soll im Folgenden geschehen, wenn wir uns einigen ausgewählten Zeugnissen von Leibnizens Frömmigkeit zuwenden. 9
G. W. Leibniz: „Vorrede“ zur Theodizee. GP VI, 25–28. Vgl. G. W. Leibniz: Die Theodizee, übersetzt von A. Buchenau, Hamburg 1968, S. 1–5. 10 Jung: Frömmigkeit, S. 4. 11 P. Althaus d. Ä.: Forschungen zur evangelischen Gebetsliteratur, Gütersloh 1927, S. 4. 12 Jung: Frömmigkeit, S. 15.
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2. AUSGEWÄHLTE ZEUGNISSE VON LEIBNIZENS FRÖMMIGKEIT Zu den Zeugnissen von Leibnizens Frömmigkeit gehören das 1684 von Leibniz geschriebene Passionsgedicht, das – so die Herausgeber der Akademie-Ausgabe – „[…] als eines der wenigen Zeugnisse mit persönlichem Bekenntnischarakter für uns einen besonderen Wert hat“13. Ferner die Gebete, die Leibniz, wie in seinem Examen Religionis Christianae (1686?), seinen Überlegungen voranstellt oder mit denen er sie, wie in der Declaratio Luccensis von 1698, abschließt. Zu diesen Frömmigkeitszeugnissen zählen wir auch die Elegie auf den Tod der Königin Sophie Charlotte von 1705. Schließlich kehren wir noch einmal zu Leibnizens Äußerungen zur wahren Frömmigkeit zurück, wie er sie in dem Vorwort zur Theodizee angestellt hat. Nicht aufgenommen haben wir in unsere Auswahl das sog. vollkommene Gebet – zuweilen auch das ‚Einheitsgebet für alle Religionen‘ genannt, das in der Leibniz-Literatur seit G. E. Guhrauer (1846)14 immer wieder Leibniz zugeschrieben wird und deshalb auch in die von C. H. Ratschow 1947 besorgte und viel benutzten Auswahl aus Leibnizens Werken aufgenommen worden ist15. Es spiegelt zweifellos Leibnizsches Denken wider, und es ist von daher sehr verständlich, dass es immer wieder gern auf ihn selbst zurückgeführt wird. Aber es stammt, wie man der Akademie-Ausgabe unschwer entnehmen kann16, aus der Feder des Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels und findet sich in einem Begleitschreiben wieder, das der Landgraf im Kontext der Auseinandersetzungen mit dem einflussreichen Jansenisten Antoine Arnauld an Leibniz 1686 gerichtet hat. Eine Korrektur ist hier angezeigt. 3. DAS GEDICHT JESUS AM KREUZ Um den Karfreitag 1684 (dem 8. April) schreibt Leibniz in Osterode das Gedicht ‚Jesus am Kreuz‘ und schickt es in Dankbarkeit seinem Halbbruder Johann Friedrich, der in Leipzig die Vermögensangelegenheiten der Familie regelt17. Lateinisch fügt er dem Text hinzu: „Du lachst vielleicht über mich deutschen Dichter, aber die Empfindungen der Seele sagen mir, du lachst nicht“18. Es ist ein Gedicht, das von den einen eher zu Leibnizens gelegentlichen Rückfällen in theologische 13 A I, 4, LV. 14 G. E. Guhrauer: Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz. Eine Biographie, Bd. 1, Breslau 1846, Nachdruck Hildesheim 1966, S. 118f. 15 G. W. Leibniz: Gott Geist Güte. Das Zeugnis – europäischer Denker, herausgegeben von C. H. Ratschow, Gütersloh 1947, S. 78f. Als Beispiel aus jüngster Zeit: W. Sparn: „Das Bekenntnis des Philosophen – Gottfried Wilhelm Leibniz als Philosoph und Theologe“, in: Ders. (Hrsg.): Frömmigkeit, Bildung, Kultur. Theologische Aufsätze, Bd. 1, Leipzig 2012, S. 215, Anm. 59. 16 A I, 4, 362. 17 Ebd., 667. 18 „Ridebis me fortasse Poetam Germanun, at sensa animi credo non ridebis”. Vgl. dazu auch Hirsch: Der berühmte Herr, S. 173.
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Sprechweise gerechnet wird (Ludwig Feuerbach) und das von anderen seiner ‚gläubigen Tiefe‘ und seines ‚Verständnisses für das Heilswerk Christi‘ wegen (so zum Beispiel Hanns Lilje) hoch gepriesen wird. Dieses Gedicht erlaubt es, so Hanns Lilje in seinen Randbemerkungen zu Leibnizʼ Theologie, allen Zweifel daran auszuschließen, dass Leibniz „[…] diese christliche Grundüberzeugung von Herzen geteilt hat“19. Um es vorwegzunehmen: Weder dem einen (Feuerbach) noch dem anderen (Lilje) vermögen wir zuzustimmen. Das Passionslied ist ein Gedicht, das im Versmaß einem zu Leibnizʼ Zeiten offensichtlich viel gesungenem (Passions-) Choral von Johann Flittner (1618–1678) („Ach, was soll ich Sünder machen“, 1661) folgt und das diesem Choral unterlegt Eingang in kirchliche Gesangbücher gefunden hat. Ob schon zu Leibnizens Lebzeiten, bedarf noch der weiteren Klärung. Jesus am Kreuze Jeßu, deßen Tod und Leiden Unßre Freud und Leben ißt, Der du abgeschieden bißt, Auf daß wir nicht von Dir ßcheiden, Sondern durch des Todes Thür Zu dem Leben folgen Dir. Als der ßcharfe Speer gedrungen In die Seite, da das Blut Und die reine Waßerflut, Die uns labet, hehr geßprungen, Läß’ßt du ßehen uns Dein Herz, Voll von Lieb und voll von Schmerz. Deine Arme ausgeßtrecket Zeigen deine Freundlichkeit, Zu empfangen die bereit, So Dein Kreuz zu Lieb erwecket; Wer nicht unempfindlich ißt, Sich in deine Arme schließt. Alß ßich, Herr, dein Haupt geneiget, War es um zu küßen mich, da der Geist schon lezet ßich, Noch ßich Deine Liebe zeiget. Selig wer auch Zeichen giebt, Daß er bis in Tod Dich liebt. Laß die matte Seel empfinden Deiner Liebe süßen Saft. 19 H. Lilje: „Randbemerkungen zu Leibnizʼ Theologie“, in: W. Totok und C. Haase (Hrsg.): Leibniz. Sein Leben – Sein Wirken – Seine Welt, Hannover 1966, S. 277–291, hier S. 279.
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Ulrich Becker Wem nicht Deines Leidens Kraft Kann ßein kaltes Herz entzünden, Jeßu, der muß wie ein Stein Ohne Lieb und Leben ßeyn.
Leibniz mit seinem unvergleichlichen Gedächtnis kannte, so berichtet sein Sekretär Johann Georg von Eckhart, viele Kirchenlieder bis ins hohe Alter hinein auswendig20. Von daher liegt es sehr nahe anzunehmen, dass er sich bei seinem Gedicht von der geistlichen Passionslyrik seiner Zeit mit ihrer Leidensmystik hat anregen lassen. Bei dieser Leidensmystik geht es in erster Linie nicht um eine Nacherzählung des Passionsgeschehens, sondern um die intensive Betrachtung und um die Anrede des am Kreuz mit ausgebreiteten Armen hängenden, leidenden, sterbenden Jesus. Sich in sein Leiden bis in viele Details hinein zu vertiefen, wird als der Weg verstanden, um der Liebe Gottes gewiss zu werden: Wem nicht deines Leidens Kraft kann sein kaltes Herz entzünden, Jesu, der muss wie ein Stein ohne Lieb und Leben sein. (V. 5)
Hier folgt Leibniz durchaus den zu einer mystischen Theologie neigenden Autoren – wir nennen hier als zwei Repräsentanten den Katholiken Friedrich Spee von Langenfeld (1591–1635), dessen Kirchenlieder Leibniz sicher gekannt hat und dessen Güldenes Tugend-Buch von ihm hochgeschätzt wird21, und den orthodoxen Lutheraner Paul Gerhardt (1607–1676), ohne allerdings nachweisen zu können, dass er von ihm Notiz genommen hat. Zieht man dennoch die damals schon viel gesungenen Passionslieder eines Paul Gerhard zu einem Vergleich heran, stößt man neben den vielen Gemeinsamkeiten, die die Sprache und die Bilder betreffen, auf einen wichtigen Unterschied: Der Leibnizsche Jesus stirbt nicht für die Sünden der Menschen und der Welt. Das Kreuzesgeschehen wird nicht als Akt der Erlösung von widergöttlichen Mächten oder als Akt der Versöhnung zwischen Gott und Mensch verstanden – um nur mit wenigen Worten die zwei soteriologischen Grundmodelle, die sich durch die Theologiegeschichte hindurch verfolgen lassen und die sich in den Passionsliedern wieder finden, anzudeuten. In Leibnizʼ Dichtung wird das Kreuz zum unüberbietbaren Ausdruck der Liebe Gottes. Im Leiden Jesu, dieser äußersten Konsequenz seiner Anstrengungen gegen das Leid, hat diese Liebe ihren stärksten Ausdruck gefunden. Sie drängt auf ein nachahmendes Verhalten „[…] durch des Todes Tür zum Leben[…]“ (V. 1). Zu „[…] Lieb und Leben […]“ (V. 5) erweckt werden, das ist Glaube, das ist pietas, das ist Frömmigkeit im Leibnizschen Sinne. Er hat kein besonderes Interesse an einem Glauben, wie er im Zentrum der lutherischen Soteriologie steht (sola fide), sondern bei ihm tritt an dessen Stelle die auf Glückseligkeit aller Menschen zielende 20 G. E. Guhrauer: Leibnitzʼs Deutsche Schriften, Bd. 1, Berlin 1838, S. 62. 21 Vgl. H. Rudolph: „Leibniz und Spee – Bemerkungen zu einer Geistesverwandtschaft“, in: G. Banse, H. Hörz und H. Liebscher (Hrsg.): Von Aufklärung und Zweifel. Beiträge zur Philosophie, Geschichte und Philosophiegeschichte. Festschrift Siegfried Wollgast, Berlin 2008, S. 279–292. Vgl. ferner U. Steiner: Poetische Theodizee. Philosophie und Poesie in der lehrhaften Dichtung im achtzehnten Jahrhundert, München 2000, S. 165f.
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Liebe der göttlichen Vollkommenheiten. In dem Gekreuzigten wird diese Liebe offenbar. Es gilt, sie nachzuahmen oder sich von ihr anstecken zu lassen. 4. GEBETE Von Friedrich Schleiermacher stammt der Satz: „Fromm sein und beten, das ist eigentlich eins und dasselbige“22. Gemessen an diesem Satz war Leibniz ein frommer Mann. Denn in einigen seiner Schriften, seiner Briefe und Traktate erwähnt er sein Gebet. Man kann Briefformeln wie „Ich befehle Sie inzwischen in Göttliche obhut und verbleibe […]“23 als ein Zugeständnis an die Frömmigkeit seiner Zeitgenossen betrachten. Er entspräche dann mit einer solchen Formel dem Umgangsstil frommer Kreise, mit denen er es oft zu tun hat. Aber trifft ein solches Urteil auch dann noch zu, wenn er zum Beispiel an den Jesuitenpater Giovanni Laureati, der vor seiner China-Reise steht, am 12.11.1689 von Rom aus schreibt: Ich hoffe, dass die große Reise, die Sie angetreten haben, sich glücklich angelassen hat. Aus persönlicher Frömmigkeit wie um des Interesses der Allgemeinheit willen begleite ich die großen Pläne Ihres Ordens durch häufiges Gebet […]?24
Dass Leibniz nicht nur Personen, sondern für ihn besonders wichtige theologische Schriftstücke mit seinem Gebet begleitete, dafür lassen sich immer wieder neu Belege finden. Seiner im Kontext der intensiven Reunionsbemühungen um 1686 entstandene Schrift Examen religionis christianae, von einem Bibliothekar später mit der Überschrift versehen ‚Systema Theologicum‘ – eine Überschrift, die bekanntlich zu mancherlei Missverständnissen führte – setzt er das Bekenntnis voran: Nachdem ich durch lange und inständige Gebete den göttlichen Beistand erfleht habe, habe ich, soweit Menschen möglich, jeden Parteigeist beiseite getan und über die religiösen Kontroversen so nachgesonnen, als ob ich aus einer neuen Welt käme […] so kam ich endlich nach reiflicher Überlegung zu dem Beschluss, die Punkte niederzulegen, die ich nun darlegen werde. Ich habe geglaubt, sie annehmen zu müssen, weil die Heilige Schrift, die Autorität des frommen Altertums, wie auch die aufrechte Vernunft und das zuverlässige Zeugnis der Tatsachen sich mir alle zu vereinigen scheinen, um jeden vorurteilsfreien Menschen von ihnen zu überzeugen25.
Entstanden ist auf diese Weise eine Schrift, in der „[…] Leibnizʼ Absichten im Umgang mit der dogmatischen Tradition[…]“ besonders klar hervortreten26. 22 F. Schleiermacher: Predigten, Bd. 1, Neue Ausgabe, Berlin 1843, S. 24. 23 G. W. Leibniz an Quintus Septimus Florens Rivinus am 29. März 1684, in: A I, 4, 668. 24 Übersetzung des Autors nach: „Leibniz an Giovanni Laureati S. J., Rom, 12. November 1698“, in: R. Widmayer (Hrsg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Briefwechsel mit den Jesuiten in China (1689–1714), Berlin 2006, S. 26. 25 A VI, 4 C, N. 420, Z. 2356. Übersetzung nach: G.W. Leibniz: Theologisches System, herausgegeben von C. Haas, Tübingen 1860, nachgedruckt Hildesheim 1966, S. 1. 26 W. Sparn: Das Bekenntnis des Philosophen: Gottfried Wilhelm Leibniz als Philosoph und Theologe, Berlin 1986, S. 205.
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In diesen Kontext gehört auch die im September 1698 entstandene Declaratio Luccensis, in der Leibniz und der Loccumer Abt Molanus angesichts der geplanten Wiederaufnahme von Reunionsgesprächen in großer gedanklicher Schärfe noch einmal das bisher erreichte Maß an Übereinstimmung in einzelnen dogmatischen Streitpunkten zwischen Lutheranern und Katholiken zusammenfassen. Das von beiden, von Molanus und von Leibniz, unterzeichnete und von Leibniz für den hannoverschen Kurfürsten ins Französische übersetzte Dokument endet mit dem Gebet: Deus pacis et veritatis illuminet corda hominum, ut agant, quae pacis sunt, et nos omnes porro in via salutis ad supernae civitatis communionem ducat! Amen27.
Von diesem inständigen Gebetswunsch her fällt meines Erachtens ein bezeichnendes Licht auf Leibnizens Reunions- und Unionsbemühungen, die – wenn auch nicht frei von kirchenpolitischen und politischen Beweggründen – letztlich von seiner philosophisch-theologischen Überzeugung getragen werden, dass nur die kommende Universalkirche die Wahrheit habe. Nur diese ecclesia universalis kann alle Formen des Lebens umfassen, übrigens auch die der nichtchristlichen Völker und Kulturen. 5. DIE ELEGIE AUF DEN TOD DER KÖNIGIN SOPHIE CHARLOTTE Im weiteren Sinne lässt sich zu den Frömmigkeitsäußerungen von Leibniz sicher die viel gerühmte, 29 Strophen umfassende Elegie auf den Tod der Königin Sophie Charlotte nennen, die er, tief erschüttert über ihr plötzliches Ableben, wohl noch im Februar 1705, kurz nach dem Eintreffen der Todesnachricht, geschrieben hat. Man hat sie eine poetische Theodizee genannt 28 – […] ganz barock in ihrer Form und Diktion, doch ganz leibnizisch in ihrem Anliegen, eine Harmonie auch dort zu finden, wo der Schmerz alles zu zerreißen droht. Das Gedicht war für niemanden bestimmt, es wurde gegen Leibnizens Gepflogenheit nirgends vorgetragen oder gar gedruckt – es galt allein Sophie Charlotte29.
Die abschließenden Verse dieser Elegie lauten: „Was ist die wahre Lieb’, als dass sein Ergezen In des Vollkommenheit, so man geliebt, muss sezen, Weil Liebe dann in Gott die stärkste Probe thut 27 A IV, 7, 316. Leibnizʼ französische Übersetzung liest: „Dieu, qui est un Dieu de la paix et de la verité veuille illumener les Coeurs des hommes, pour les rendre faciles à recevoir une veritables paix: et il veuille nous mener tous dans le chemin du salut à l’union de la cité d’en haut destinée à L’Eglise triomphante. Ainsi soit il!“, S. 317. 28 So U. Steiner: Poetische Theodizee, S. 138ff. Ferner: Ders.: „Glück im Unglück. Leibniz am Grab der Königin Sophie Charlotte“, in: G. Lotter, I.-M. DʼAprile (Hrsg.): Hofkultur und aufgeklärte Öffentlichkeit. Potsdam im 18. Jahrhundert, Berlin 2006, S. 197–212. 29 H. Poser: Königin Sophie Charlotte und Leibniz, Unveröffentlichtes Vortragsmanuskript von 1995, S. 13.
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Entsteht die gröste Freud’ auch aus dem höchsten Guth. Nun so erhebt euch, o ihr bedrückten Sinnen, Last eure Traurigkeit in dieser Freud verrinnen; Denckt, unverbesserlich sey dass so Gott gethan – Erkent mans gleich noch nicht, so soll mans doch beten an. Und zwar man kennt es schohn in kindlichem Vertrauen; Man sieht, dass Gott ist guth, eh man Ihn selbst kan schauen. Dass Lieb und Liecht und Recht ursprünglich aus Ihm fliest, Wie Wärm und Glanz die Sonn in Erd-Geschöpfe giest“30.
In seinen Leibniz-Studien kommentierte Jürgen Mittelstraß diese Verse: Leibniz fasst seine Erschütterung in eine metaphysische Zuversicht. Die Philosophie durchbricht das Konventionelle dieser Trauergeschichte und stellt die gemeinsame Erfahrung wieder her […]31.
Ist es wirklich die Philosophie, die hier das Konventionelle durchbricht, oder ist es nicht vielmehr eine Theologie, die allerdings ganz auf christologische Prämissen verzichten kann? Und ist die gemeinsame Erfahrung, an die die Elegie erinnert und von der Mittelstraß spricht, nicht gerade das, was man auch Frömmigkeit nennen könnte, wenn da vom Gebet und von kindlichem Vertrauen die Rede ist? Denckt, unverbesserlich sey dass so Gott gethan, erkent mans gleich noch nicht, soll mans doch beten an. Und zwar man kennt es schohn in kindlichem Vertrauen; man sieht, dass Gott ist guth, eh man Ihn selbst kan schauen32.
Das Gebet im kindlichen Vertrauen wird zu einer Form der Verehrung Gottes – des Gottes, der als Inbegriff der höchsten Vernunft und des höchsten Gutes verstanden wird. 6. DIE PIETAS Wir kehren nach diesem Durchgang durch einige ausgewählte Frömmigkeitsäußerungen Leibnizens noch einmal zu dem Vorwort der Theodizee33 zurück – zu einem Text, den man gut als eine Leibniz-Studie zum Thema Frömmigkeit lesen kann. Er dringt, so hatten wir festgestellt, auf eine Unterscheidung von innerer und äußerer Frömmigkeit. Die innere Frömmigkeit besteht in der Liebe zu Gott, aber – im Unterschied zu der äußeren Frömmigkeit, […] in einer erleuchteten Liebe, deren Feuer vom Lichte der Erkenntnis durchglüht ist“ = „une amour éclairé, dont l’ardeur soit accompagnée de lumiere34.
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Pertz I, 4, 109–112, hier 112. Klopp X, 291f. J. Mittelstraß: Leibniz und Kant. Erkenntnistheoretische Studien, Berlin 2011, S. 156. Pertz I, 4, 109–112. Klopp X, 291f. GP VI, 25–28. Übersetzung des Autors. GP VI, 27.
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Termini wie ‚Erleuchtung‘ und ‚Glut‘ erinnern an die im Zusammenhang mit dem Passionsgedicht schon in den Blick genommene mystische Theologie, für die bei Leibniz, so meinen manche Interpreten, auch unter Hinweis auf seine Schrift Von der wahren Theologia mystica (zwischen 1697–1700 entstanden) eine gewisse Offenheit zu konstatieren sei35. Hat Leibniz ähnlich wie vor ihm Jan Amos Comenius den einen oder anderen Anstoß aus der frühpietistischen Frömmigkeitsbewegung – hier wären Namen wie Johann Valentin Andreae oder gar Jakob Böhme zu nennen – bekommen? Zur Klarstellung genügt es, an den Brief zu erinnern, den Leibniz 1709 an Friedrich Wilhelm Bierling schreibt und in dem es heißt: Du hast völlig Recht: die wahre Frömmigkeit hebt den Vernunftgebrauch nicht auf, sondern bringt ihn zur Vollendung. Trotzdem will ich deshalb die mystische Theologie nicht gänzlich ablehnen. Sie verhält sich zum allgemeinen Verbindlichen wie die Dichtung zur vorgetragenen Rede und führt zu größerer Erregung, aber es gilt der Satz: Es ist ein Maß in allen Dingen36.
Das Maß in allen Dingen: das ist in unserem Kontext eine aufgeklärte, mit Einsicht verbundene Liebe (noch einmal: armour éclairé, wie Leibniz. sagen kann). Sie erwächst aus der Erkenntnis der Güte, Gerechtigkeit und Schönheit Gottes, und sie wird auch erfahrbar in der Liebe, die der in seiner Hingabe mit ausgebreiteten Armen am Kreuz hängende Jesus gezeigt, bewährt und vorgelebt hat (vgl. unsere Interpretation von Leibnizens Passionsgedicht). Darin hat Jesus gezeigt, „[…] wie Gottes Güte und Gerechtigkeit in dem, was er den Seelen zuteil werden lässt, sich vollkommen offenbart […]“. So habe er mit der ganzen Kraft eines Gesetzgebers das, was Mose einst begonnen hat, zur Vollendung gebracht, so dass nun […] die Gottheit nicht nur der Gegenstand unserer Furcht und Verehrung, sondern auch unserer Liebe und der seelischen Hingabe sei. Das hieß den Menschen schon hier auf Erden einen Vorgeschmack der Seligkeit geben und sie im voraus glücklich machen. Gibt es doch nichts angenehmeres als das zu lieben, was Liebe verdient. Ist doch die Liebe der Affekt, der uns Freude finden heißt an den Vollkommenheiten dessen, was man liebt, und es gibt nichts Vollkommeneres, nichts Herrlicheres als Gott“. Am Ende folgt daraus für Leibniz: „Keine Frömmigkeit ohne mildtätige Liebe, und ohne Dienstfertigkeit und Wohltätigkeit kann man keine aufrichtige Frömmigkeit zu erkennen geben37.
35 So z. B. O. Saame in seiner Edition von Leibnizʼ Confessio Philosophi, Frankfurt am Main 1967, S. 185. 36 Übersetzung des Autors. GP VII, 487, siehe auch bei H. Rudolph: „‚Res publica christiana‘ and ‚corpus mysticum‘: Some Remarks on their Meaning in the Political Thought of Leibniz“, in: Studia Leibnitiana 43/1 (2011), S. 24–35, hier S. 32, Anm. 39. Vgl. auch S. Edel, die die These von einer Rationalisierung der Mystik bei Leibniz aufgreift und verstärkt in: Die individuelle Substanz bei Böhme und Leibniz: Die Kabbala als tertium comparationis für eine rezeptionsgeschichtliche Untersuchung, (= Studia Leibnitiana Sonderheft 23), Stuttgart 1995, S. 118ff. 37 GP VI, 27ff. Vgl. auch G. W. Leibniz: in: Codex Juris Gentium Diplomaticus, Praefatio, sowie Fragment ohne Titel (G. Mollat: Rechtsphilosophisches aus Leibnizens Ungedruckten Schriften, Leipzig 1885, S .64. „[…] honeste, id est pie,vivere“. Zitiert bei H. Schiedermair:
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In diesem Kontext spricht Leibniz von Jesus als dem göttlichen Stifter „[…] der reinsten und aufgeklärtesten Religion“38. Er nähert sich damit einem christologischen Denkmodell, das vor ihm u.a. von dem schon genannten Comenius und dann nach ihm in der europäischen Aufklärung in immer neuen Anläufen weiter verfolgt worden ist und bis heute verfolgt wird. Christus der Lehrer, nicht der Mittler, der Erlöser. Diesem Denkmodell folgend ist der Christus natürlich auch der Lehrer einer neuen Frömmigkeit, eines neuen Lebensgefühls innerhalb von christlicher Gläubigkeit, wie Hanns Lilje das in Anschluss an Emanuel Hirsch sehr zutreffend beschreibt. Um Lilje abschließend noch einmal zu zitieren: Dieses Lebensgefühl durchdringt langsam von den geistig führenden Schichten her das Volk. Hier ist kein Zweifel: Leibniz steht in dem Wendepunkt von der Orthodoxie zur Aufklärung, der er wie kaum ein anderer geistig den Weg gebahnt hat. Aber […]“, so fährt er fort, „[…] er gehört trotz all seiner vermittelnden Neigungen nicht zu den ‚halbschlächtigen Apologeten‘, sondern ist ein Denker von Ernst und Kraft, und seine Theologie ist ein gedankliches Werk von großer Tiefe und Frömmigkeit39.
Wobei nach diesem Durchgang durch ausgewählte Frömmigkeitsäußerungen Leibnizens zusammenfassend hinzugefügt werden muss: von einer Frömmigkeit, die natürlich damals nicht, aber die auch heute nicht ohne Weiteres mit den herkömmlichen oder üblichen Frömmigkeitsvorstellungen kompatibel ist.
Das Phänomen der Macht und die Idee des Rechts bei Gottfried Wilhelm Leibniz, Wiesbaden 1970, S. 228, Anm. 103. Schiedermair widmet in seiner Untersuchung der Pietas ein ganzes Kapitel, S. 220. Vgl. dazu auch H. Busche: Leibnizʼ Weg ins perspektivische Universum: eine Harmonie im Zeitalter der Berechnung, Hamburg 1997, S. 210ff. 38 GP VI, 25. 39 Lilje: „Randbemerkungen“, S. 290.
ON LEIBNIZ’S CHRISTOCENTRIC THOUGHT By Mattia Geretto (Venice) In the first part of my paper I shall illustrate how the theological notion of creation is an inextricable component of Leibniz’s philosophy. Next, as the radical formulation of the ultimate why-question on creation and the question concerning Cur Deus Homo? include a further crucial reference to the concepts of ‘gloria Dei’ and ‘gloria Christi’, I shall also stress the importance of these two theological points of view (strictly related to the doctrine of creation in general and to the Incarnation of the Word in particular). In the second part I shall highlight Leibniz’s theological standpoint, which considers (1) Christus Θεάνθρωπος (Causa Dei, § 49) as ‘maxima ratio’ for the choice of ‘mundus optimus’ and (2) Incarnation of the Word as ‘complementum operum Dei’ (De Persona Christi). Although there is much evidence from a philosophical-methodological and historical-theological point of view to suggest the presence in Leibniz of a Christocentric system, after briefly discussing the doctrinal tradition of the Church Fathers and Medieval and Baroque Scholasticism, I shall conclude by arguing that such an indisputable Christocentricity could well dissatisfy ‘traditional theology’ that does not share the Leibnizian philosophical-methodological premises: indeed, although Leibniz’s Christocentric stance is drawn from a general orthodoxy, yet it seems not to develop issues concerning ‘guilt’ or Christ’s ‘atonement and redemption’, but rather appears to have served to establish an appropriate philosophical/theological theory of the ‘beginning’ and ‘ultimate end’ of creation. INTRODUCTION At the last International Congress my paper already focused on § 49 of the Causa Dei. The paper substantially provided a commentary to that particular section in the Causa Dei, although it obviously could not cover all the various problematic issues. The purpose of this paper is to re-examine § 49 in order to further investigate a theory only touched upon in my previous article, which states that Leibniz’s thought could be termed ‘Christocentric’1.
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See M. Geretto: “Christus Θεάνθρωπος [Causa Dei, § 49]. Principes leibnizienne de la christologie”, in: H. Breger, J. Herbst and S. Erdner (eds.): Natur und Subjekt. IX. Internationaler
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In consideration of the above, I would like to start by seeking some answers to a few preliminary questions, before going on with my paper. Before being able to speak of a theoretical Leibnizian Christocentrism, I would first ask if in fact there are sufficient documents available that provide concrete evidence that Leibniz actually wrote about Christ. In which work does Leibniz discuss Christ, under which circumstances, and to which extent would his discussion of the Son of God be important? We already know that our questions will not be fully answered until the critical edition has been issued; however, I believe that we already have sufficient, although not detailed, evidence to guide some of our answers, which can be found in an affirmative answer to our first question: yes, Leibniz certainly did discuss Christ in his works, as evident in his series of theological writings related to the Catholic Demonstrations – on the Eucharist, Transubstantiation, in defence of the Trinity and on Incarnation2 – and also in some of his short, extemporary works such as De Persona Christi3, or else in more complex, structural works such as his Examen Religionis Christianae4. Moreover, his thought on this subject is again clearly set out in his long treatise of international renown, the Theodicy, in which the Causa Dei appears. In all these works mentioned above Leibniz does in fact address the figure of Christ and related philosophical and theological issues, as well as the problems of revealed theology. A second important question is the following: Did Leibniz address the issues as a philosopher or as a theologian? Is it possible, and does it make any sense to make this distinction in Leibniz? This is a thorny question and a discriminating factor in the overall interpretation of Leibniz’s thought. It may be recalled that the philosopher who is universally recognised for his doctrine of monads always referred to ‘created’ monads. Leibniz’s monads are always and solely created5. Indeed, Leibniz’s philosophy would collapse without the concept of creation. Thus, we have to ask another question: Can we speak of the existence of ‘pure philosophy’ or ‘pure metaphysics’ in a thinker who makes constant and structural reference to the concept of creation? It is evident that here opinions will differ and so various interpretations will depend on the outcome of the question. As far as I am concerned I believe that it is worthwhile acknowledging the fact that, owing to Leibniz’s doctrine of creation present in his metaphysics, his philosophy also becomes ipso facto ‘theological’ and consequently Leibniz is both philosopher and theologian. I am not saying that Leibniz was not clear about the role or method in metaphysics compared to that in theology. This is well illustrated through Leibniz’s examination of Bayle’s ‘seven theological propositions’ at the beginning of
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Leibniz-Kongress, Hannover, 26. September – 1. Oktober 2011, vol. 1, Hanover 2011, pp. 378–387. See in particular p. 386. Cf.: A VI, 1, 500–549. Cf.: A 4 C, 2294–2297. Ibid., N. 420. Of course I am not including God, also named “Monad” by Leibniz (“[Monas] primitiva seu Deus”. – Cf.: G. W. Leibniz to Bierling, GP VII, 502).
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Part Two of the Theodicy (Théodicée, §§ 109–115). Here not only does Leibniz clearly distinguish between propositions belonging to philosophy and those related to theology, but he also makes a clear distinction between ʻnatural theology’, considered as ‘a part of philosophy’6, and revealed theology, clearly distinguishing between propositions established by philosophy compared to those where revelation is necessary7. I think that the whole philosophy of Leibniz offers in many cases, if not always, the possibility to be transposed into a dogmatic-theological perspective and this because, in building up his philosophy, he related to the principal mysteries of the Christian religion and, of course, with revelation. The only revealed expression that proves to be associated with the following considerations concerns one fundamental point, namely the testimony of the incarnation, largely shared by Catholics, Lutherans and Reformed, and also accepted by Leibniz in its usual meaning in the Christian tradition. As both philosopher and theologian, Leibniz acknowledges that the revealed expression “Et Verbum caro factum est”8 points to a ‘mystery’, the mystery of the Incarnation of the Son of God. Before proceeding further I would like to explain in more detail what I mean when I say that Leibniz accepts the mystery of Incarnation ‘as both philosopher and theologian’, and I shall take the opportunity to illustrate a method that is typical of Leibniz. He is firmly convinced that pure reason in philosophicis cannot be in conflict with revealed theology or, in other words, pure reason, being divine9, is 6
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“Cette proposition [in reference to Bayle’s second theological proposition] est aussi tres conforme à cette partie de la philosophie qui s’appelle la Theologie naturelle, tout comme la precedente. Il faut appuyer un peu sur ce qu’on dit icy, qu’il choisit les Etres possibles qu’il luy plut”. Cf.: Théodicée, § 115; GP VI, 167. “Cette these [in reference to Bayle’s seventh theological proposition] est encor du nombre de celles que la philosophie n’établit pas moins que la revelation; de même que trois autres des sept que nous venons de mettre icy, n’y ayant eu que la troisieme, la quatrieme et la cinquieme qui ayent eu besoin de la revelation”. Cf.: Théodicée, § 115; GP VI, 167. Although highly interesting, I shall not dwell on which exegetical method Leibniz adopted when commenting on a few passages from the Bible. Just one brief consideration. What occurred to me while examining unpublished theological manuscripts such as the Notatiucolae in Evangelia Domenicalia (aided by patient scholars like Hartmut Rudolph and Stephan Waldhoff) is that Leibniz was interested in a wide range of topics, and his extensive knowledge was extraordinary. He seemed to adhere to a simple, but extremely difficult guiding principle for one scholar alone, that is to say ‘[…] the more we know, the better […]”. In other words, the more information we are able to acquire on different peoples’ culture, the history of their customs, traditions and naturally their language, the more extensive our opportunity to understand the message of the Scriptures and the less likely we are to misinterpret it. In the method he used – but I am only speculating on some similarities that I have noticed – I believe he was greatly influenced by Grotius’ theological reflections (“the incomparable Grotius” – Cf.: Théodicee, Discours Preliminaire, § 6; GP VI, 53. John 1,14. See the contribution of M. Antognazza in this volume and my forthcoming publication “The Sanctity of Reason and Complementarity of Revelation in the Essais de Théodicée”, in: L. Perissinotto, M. Favaretti and M. Geretto (eds.): The Reasons of Theodicy. Logic, Metaphysics and Theology in Leibniz’s Essais de Théodicée (1710), in print.
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able to comprehend the Scriptures’ message independently. The only points that are not adequately explained through pure reason are the ‘mysteries’, which we can only understand through biblical revelation, such as Creation and Incarnation, the only explicitly mentioned cases in the Theodicy (together with ‘some other actions of God’ – most likely a reference to the Trinity and Eucharist, to which Leibniz refers to as ‘true miracles’ or ‘mysteries’10). As Leibniz explains in his ‘Preliminary Dissertation’, such mysteries prove to be ‘above reason’ but never ‘contrary to reason’; if reason were to find some explicit contradictions or impossible obstacles in these mysteries, then reason would have no choice but to reject them and not be tempted to believe them without question. Leibniz’s thought accepts faith but not unquestioning belief. As Leibniz asserts in § 41 of the ‘Preliminary Dissertation’, faith can triumph over reason in the presence of ‘incomprehensibility’ and ‘lack of probability’, but not when it is ‘indefensible’, because in this case faith itself would be destroyed11. Leibniz’s faith constantly requires sound reason as a support to triumph over false reasons. However, faith would not triumph if the contrary opinion had reasons that were invincible and conclusive objections against faith12. Thus, revealed theological truth cannot be ‘absurd’ even if seemingly ‘incomprehensible’ and ‘implausible’ in order to be accepted by faith. It is only by bearing this underlying methodological framework in mind that we may understand Leibniz’s attempt to reconcile reason with faith, nature with grace, and metaphysics with revelation. 1. THE FUNDAMENTAL ONTOLOGICAL QUESTION VERSUS THE FUNDAMENTAL THEOLOGICAL QUESTION If we are prepared to accept this underlying methodological framework, which Leibniz summarizes well in § 29 of the ‘Preliminary Dissertation’ when he says that ‘one truth cannot contradict another’ and that ‘the light of reason is no less a
10 “Mais la creation, l’incarnation, et quelques autres actions de Dieu passent toute la force des creatures, et sont veritablement des miracles, ou même des mysteres”. Cf.: Théodicee, § 249; GP VI, 265. 11 “Les passages des excellens Theologiens qui parlent de ce triomphe de la Foy, peuvent et doivent recevoir un sens convenable aux principes que je viens d’établir. Il se rencontre dans quelques objets de la foy, deux qualités capables de la faire triompher de la raison, l’une est l’incomprehensibilité, l’autre est le peu d’apparence. Mais il faut se bien donner de garde d’y joindre la troisieme qualité, dont M. Bayle parle, et de dire, que ce qu’on croit est insoûtenable: car ce seroit faire triompher la raison à son tour d’une maniere qui detruiroit la foy”. Cf.: Théodicee, Discours Preliminaire, § 41; GP VI, 73f. 12 “Ainsi la foy triomphe des fausses raisons par des raisons solides et superieures, qui nous l’ont fait embrasser: mais elle ne triompheroit pas, si le sentiment contraire avoit pour luy des raisons aussi fortes, ou même plus fortes que celles qui font le fondement de la foy, c’est à dire, s’il y avoit des objections invincibles et demonstratives contre la foy”. Cf.: Théodicee, Discours Preliminaire, § 42; GP VI, 74.
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gift of God than that of revelation’13, then it is reasonable to believe that the whole of his philosophy, and especially all his metaphysics, was originally developed with a view to reconcile all natural and revealed truths. The most important metaphysical questions in Leibniz provide the opportunity to find – so to say if one can use this term – an ‘application’ in theology and religion: a simple example can be seen in his whole, complex system of monads in relation to his own idea of matter and bodies, a system which Leibniz believed he could adopt in order to provide rational support to the mystery of the ‘true presence’ of Christ in the Eucharist (and thus at least reconcile the Lutherans and the Reformed14). I would like to give now an example of ‘theological interpretation’ in Leibniz’s metaphysics that concerns the famous supreme metaphysical question expressed by Leibniz in the terms: (0) “Pourquoi il y a plus tôt quelque chose que rien”15. If we agree with which has been said so far, then this famous question may also have a precise meaning or theological interpretation but with an added bonus: whereas Leibniz provides no immediate and straightforward answer to the question ‘Why is there something rather than nothing?’, restricting himself to stating rather ironically “Car le rien est plus simple et plus facile, que quelque chose”16, if the question is rephrased in theological terms, Leibniz provides a detailed answer. Let’s start at the beginning and first see if it is possible to transform this fundamental ontological question into a fundamental theological question. We may do this if we substitute the word ‘something’ [“quelque chose”] with the expression ‘creation’, since ‘something’ for Leibniz could be nothing else but the monads, which, according to him, are always and solely created things, as stated initially. In this case we would get first of all (i) “Pourquoi il y a plus tôt la creation que rien?” However, I am not fully convinced of this wording, because, technically speaking, ‘creation’ is only ‘ex nihilo’ and so the radical alternative to nothing – contained in the second part of the original question [“que rien”] –, would prove to be superfluous and included in the simple phrase (ii) “Pourquoi la creation?” If we wanted to keep the question in the original form of the alternative, the real alternative would no longer be with ‘nothing’ [“rien”], but with another creation, namely a series of created things which are different to the ones we know. In short, the famous fundamental metaphysical question (0) “Pourquoi il y a plus tôt 13 “Et c’est ainsi sans doute qu’on le doit entendre, quand la S. Ecriture nous avertit que la sagesse de Dieu est une folie devant les hommes, et quand S. Paul a remarqué que l’Evangile de Jesus Christ est une folie aux Grecs, aussi bien qu’un scandale aux Juifs; car au fond, une verité ne sauroit contredire à l’autre, et la lumière de la Raison n’est pas moins un don de Dieu que celle de la Revelation”. Cf.: Théodicee, Discours Preliminaire, § 29; GP VI, 67. 14 See on this topics the recent study by I. Backus: “Leibniz’s Conceptions of Eucharist 1668 – 1669 and His Use of 16th Century Sources in Religious Negotiations between Hanover and Brandenburg”, in: W. Li, H. Poser and H. Rudolph (eds.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana, Sonderhefte 41), Stuttgart 2013, pp. 171–214. 15 Cf.: Principes de la nature et de la grace fondés en raison, § 7; GP VI, 602. G. W. Leibniz: Principes de la nature et de la grace fondés en raison. Principes de la philosophie ou Monadologie, edited by A. Robinet, Paris 2002, p. 45. 16 Ibid.
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quelque chose que rien?”, could correspond to the theological question expressed as (iii) ‘Why is there this particular creation or sequence of things rather than another?’ or ‘Why did God decide to create this particular world and not another one?’ It is generally known that to a great extent theological tradition has placed ‘the Glory of God’ as ultimate meaning and purpose of creation17. We will not deal with all the problems underlying this issue in this paper, but just provide the Leibnizian answer to the ‘fundamental theological question’ (iii) hitherto formulated. Leibniz, as metaphysicist, provides a clear, well-known answer to this fundamental question, that is to say this sequence of things exists because it is the best alternative out of all possible alternatives. Nothing new so far. Besides, from the beginning of Part One of the Theodicy, Leibniz seeks ‘the reason for the existence of the world’18 and he immediately goes on to write about the best of all possible worlds (‘if there were not the best [optimum] among all possible worlds, God would not have produced any’19). However, Leibniz does supply another extremely important answer to question (iii) ʻWhy did God decide to create this particular world and not another one?’, a less well-known answer and to which little attention has been paid to date20. This answer lies in § 49 of the Causa Dei: Optimae autem seriei rerum (nempe hujus ipsius) eligendae maxima Ratio fuit Christus Θεάνθρωπος, sed qui, quatenus Creatura est ad summum provecta, in ea Serie nobilissima contineri debebat, tanquam Universi creati pars, imo caput; cui omnis tandem potestas data est in caelo et in terra, in quo benedici debuerunt omnes gentes, per quem omnis creatura liberabitur a servitute corruptionis, in libertatem gloriae filiorum Dei21.
I have already dealt with the scriptural features of this text and how at least four New Testament quotations are either explicitly or implicitly cited22. I shall devel17 On this issue, see M. Geretto: “The Importance of the Concept of ʻGlory of God’ in Leibniz’s Metaphysics“, in: H. Breger, J. Herbst and S. Erdner (eds.): Einheit in der Vielheit: Vorträge; VIII. Internationaler Leibniz-Kongress, Hannover 24–29 July, Hanover 2006, pp. 248–254. 18 “Il faut donc chercher la raison de l’existence du Monde, qui est l’assemblage entier des choses contingentes […]”. Cf.: Théodicee, ʻPremiere Partie’, § 7; GP VI, 106. 19 Cf.: Théodicee, Premiere Partie, § 8; GP VI, 107. 20 The only study I have found on this subject is the following by G. Tomasi: “Cristo come maxima ratio del mondo in G.W. Leibniz”, in: Studia Patavina 58 (2011), pp. 309–334. See also the note by G. Tognon in G. W. Leibniz: Monadologia. Causa Dei, edited by G. Tognon, Roma, 1991, p. 142, note 38. 21 Cf.: Causa Dei, § 49; GP VI, 446. ‘The strongest reason, nevertheless, for choosing this best sequence of things (namely, the one now existing) was Christ Θεάνθρωπος [Christ ‘GodMan’], who, however, as a creature at the highest degree of perfection, should be included in this sequence of things, even as its head. To Him all power in heaven and on earth has been given, in Him all peoples should be blessed, and through Him all created things are to be released from the bondage of corruption and brought into the freedom of the glory of the children of God’. (Translation mine). 22 The references, in order of appearance, are to the following passages: Colossians 1,15–18; Matthew 28,18; Galatians 3,14 and Romans 8,21. See Geretto: Christus Θεάνθρωπος, pp. 383f.
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op here only the ‘Christocentric approach’ and so deal with the parts of the text that are in line with this in-depth analysis. 2. ANALYSIS OF LEIBNIZ’S CHRISTOCENTRIC ANSWER The Incarnation of the Word is thus considered by Leibniz as the ultimate reason behind God’s creation of this particular sequence of things, namely precisely this world and no other. This is why this world is the mundus optimus and its existence, compared to all other possible worlds, is due to the discriminating factor that Christ came into this particular world, not only as part of the world but above all as head of the created world. This is truly a ‘Christocentric’ theory since ultimately the whole of creation, and so this whole world, is subject to the divine choice of the Incarnation. Moreover, it is precisely on the subject of the mystery of the Incarnation23, the “pulcherrimum mysterium”24 as Leibniz termed it, that we should focus our attention. The main point that should be stressed is that such a mystery – and only for this reason may we speak of Christocentrism – is viewed in absolute terms: the Incarnation of the Word is considered in itself and not only in relation to the fall. In addition, it is interesting to note that the idea of Christ as maxima ratio is not a unique case in the Causa Dei, as we may find a similar approach in what Gerhardt termed Beilage in the correspondence between Leibniz and Bayle25. This little known text covers a wide range of topics related to religious dogmas and is almost a sort of preliminary draft for the future Causa Dei. Thus, I would like to highlight the part in this preliminary text which deals with God’s choice, fruit of his ‘Wisdom’ and ‘Goodness’, which led to the wonderful harmony and περιχώρησις of all things: Nempe ex combinatione etiam Sapientiae et Bonitatis electio optimae rerum seriei nata est, adeoque harmonia mirifica et περιχώρησις omnium prodiit, quae facit ut omnia sint aptissime colligata […]26.
So, after having stated that the whole of God’s knowledge cannot not consider each thing and has chosen the existence of the best of all possible worlds, namely the existing one27, Leibniz uses the expression maxima ratio in reference to Christ, in order to indicate precisely the key reason behind God’s choice for the best among all possible sequences of things: 23 The expression ‘mystery of the Incarnation’ appears in the Preliminary Dissertation in §§ 16 and 54 (cf.: GP VI, 59 and 80). 24 Cf.: A VI, 4 C, 2295. 25 Cf.: Beilage; GP III, 28–38. 26 Cf.: Ibid., 34f. 27 “[…] [sint aptissime colligata], nec ordo quidem sit inter voluntates Dei antecedentes, pro gradu bonitatis in objecto, sed ut revera nullus sit ordo inter Dei decreta, aut potius ut revera decretum Dei unicum sit tantum si rem curatius expendas, nempe quo ex infinitis possibilibus Universi formulis optimam, id est hanc ipsam quae extitit, existere debere decrevit. Nam sapiens nihil statuit, nisi omnibus expensis […]”. Cf.: Ibid., 35.
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Mattia Geretto Optime autem seriei universi (id est hujus) admittendae, haud dubie maxima Ratio Christus fuit, nobilissima hujus universi pars, aeternus Dei filius incarnandus, in quo omnis humanae salutis cardo versari debebat28.
He immediately follows with the traditional expression of Adam’s ‘happy fault’ or ‘happy sin’ who merited Christ the Redeemer, that is to say the idea of a great evil, which became, however, the occasion for utmost good: Itaque felix Adae peccatum vetus Ecclesia dixit, quod talem Redemtorem meruisset, id est malum ingens multo maximi boni occasionem fuisse29.
CUR DEUS HOMO? This point enables us now to deal with an issue related to the primary goal of the Incarnation, on which theologians have often differed. The theological reflection on the question ʻCur deus homo?’ essentially divides a problem into two opposing elements that may be summarized as follows: is the final goal of the Incarnation the redemption of Adam’s sin – without which the Incarnation would have never taken place – or else can the Incarnation be considered in itself as a special manifestation of divine glory, so that even if there had been no original sin the Incarnation would have taken place in any case? Hence, in the history of theology there have been two main currents of thought, to which we could add a ‘middle ground’ which sought to bring the extreme positions together. These two positions owe their origins to Thomas Aquinas and Duns Scotus respectively. Although Aquinas considered the Incarnation as “miraculum omnium miraculorum”30, to the question ‘Utrum si homo non peccasset Deus incarnatus fuisset’ he considered the Incarnation as always subordinated to original sin: RESPONDEO dicendum quod aliqui circa hoc diversimode opinantur. Quidam [Albertus Magnus, Alexander Halensis, Rupertus, Honorius Augustodunensis] enim dicunt quod, etiam si homo non peccasset, Dei Filius fuisset incarnatus. Alii [Odo Rigaldus, Bonaventura] vero contrarium asserunt. Quorum assertioni magis assentiendum videtur. Ea enim quae ex sola Dei voluntate proveniunt, supra omne debitum creaturae, nobis innotescere non possunt nisi quatenus in sacra Scriptura traduntur, per quam divina voluntas innotescit. Unde, cum in sacra Scriptura ubique incarnationis ratio ex peccato primi hominis assignetur, convenientius dicitur incarnationis opus ordinatum esse a Deo in remedium peccati, ita quod, peccato non existente, incarnatio non fuisset. Quamvis potentia Dei ad hoc non limitetur: potuisset enim, etiam peccato non existente, Deus incarnari31.
Although in the conclusion of his solutio Thomas Aquinas is well aware of the danger of suggesting that divine omnipotence is subordinated to the creatures he
28 29 30 31
Ibid. Ibid. Cf.: Th. de Aquino: In III Sent., d. 3, q. 2, a. 2 (solutio). Cf.: Id.: Summa Theol., III, q. 1, a. 3 (solutio), in: Sancti Thomae de Aquino. Summa Theologiae (Ed. Paulinae), Rome 1962, p. 1867.
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states, in extremis, also that Incarnation could have taken place even without original sin, but it is clear that he opts for the first solution32. Duns Scotus’ position is different, as he argues for the absolute predestination of Christ, whose Incarnation was not subordinate to the fall of humanity: […] Christus non est electus propter peccatum primi hominis, sed fuisset etsi primus homo non peccasset33.
According to some scholars it was Duns Scotus who completed the doctrine of Christocentric thought, developing what other Church Fathers had already posited earlier, such as Irenaeus, Athanasius, and John Chrysostom34. (Other great Scholastic thinkers who upheld the same doctrine as Scotus were Alexander of Hales35 and Albertus Magnus36). As regards the middle ground, the clearest example is expressed in the position of Francisco Suárez, who seeks to combine the two conflicting theories, arguing that ʻthere was not only one, but two reasons or sufficient and adequate motives for the Incarnation, not only partial, making up one adequate motive, but whole and self-sufficient’37. It would be certainly worthwhile to further investigate some of the great Baroque scholars (such as Molina, Bañez, Alvarez, and Antonio Perez, who has been the subject of recent important studies), but for our purposes in this paper we can say that Leibniz was well aware of Christocentric thought at the simplest level through the Church Fathers or Scotus. Evidence of this is that in his Examen Religionis Christianae Leibniz refers to the Church Fathers when explaining how they sought to make clear the mystery of Incarnation – that is to say through the comparison with the union between body and soul. To conclude this brief historical excursus we cannot omit to mention Malebranche: In 1678 Leibniz took note of an important passage drawn from Conversations Chrestiennes, which displays a clear Christocentric stance: Peut estre même que le principal dessein de Dieu dans la creation est l’incarnation de son fils, et que l’ordre de la Nature ne sert que d’occasion à celuy de la grace, l’obeissance et le sacrifice du verbe incarné a plû d’avantage, que la rebellion de l’homme n’a deplû. O certe necessarium Adae peccatum […]. O felix culpa quae talem ac tantum meruit habere redemtorem. Dieu agit pour sa gloire, et le principal de ses desseins est celuy dont il en tire d’avantage, et il a plus de gloire de son fils, que de tout le reste de ses ouvrages38.
In this extract the presence of the topic of the ‘Glory of God’ immediately stands out, with the essential addition of the ‘Glory of Christ’, an issue which is naturally 32 33 34 35 36 37
This position is also shared by Bonaventure (In III Sent., d. 1, q. 2, a. 2) and others. Cf.: Lectura II, d. 20, q. 2, n. 25 (Editio Vaticana). See also Lectura III, d. 7, q. 3, n. 76. Cf.: A. G. Manno: Introduzione Al Pensiero di Giovanni Duns Scoto, Bari 1994, p. 207. Cf.: Summa Halensis, q. 2, titulus II. Cf.: In III Sent., d. 20, a. 4. “Dico tamen primo: ratio seu motivum sufficiens et adæquatum volendi incarnationem non fuit unicum tantum, sed plura, non tantum partialia, et quasi constituentia unum adæquatum motivum, sed totalia et per se sufficientia”. F. Suárez: De Incarnatione, disp. 5, s. 4, n. 7, in: Id.: Opera omnia (Ed. Vivès), vol. XVII, Paris 1860, p. 241. See also ibid., disp. 5, s. 5, n. 8, pp. 255–258). 38 Cf.: A II, 1, 447.
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related to our fundamental theological question. This example perfectly illustrates Leibniz’s interest in such theological discussions long before writing his Theodicy (and we could even say that the arguments themselves may have shaped his later writings). However, whereas in Malebranche the Christocentric theory underwent some mutations and was only fully set out following the Recherche de la Vérité – judging by Gabriele Tomasi’s research39 – Leibniz’s Christocentric position, namely the absolute central role of the mystery of the Incarnation, was well defined and remained unchanged at least from the De Persona Christi (1680–1684?) onwards. In the De Persona Christi Leibniz adopts a highly significant expression. In this work he maintains that the mystery of the Incarnation ‘complements’ the mystery of creation, so as to raise creatures to the highest level of perfection and so that the divinity may communicate with them fully: Pulcherrimum est Mysterium incarnationis./ Hoc mysterium a seculis absconditum ipsis Angelis admirabile visum esse innuit Apostolus. Certe in eo videtur contineri complementum operum Dei, ut creatura ad quantam maximam fieri potest attolleretur elevationem, et Deus se pro summa sua benignitate quantum possibile est demitteret et communicaret […]40.
However, the De Persona Christi provides another important point. Immediately following the passage quoted above, Leibniz mentions the Church Fathers, St. Justin, St. Athanasius and St. Augustine when dealing with the way to explain the union of the two natures in one person in the Word (which Leibniz also discusses in his Examen Religionis Christianae, without mentioning the Church Fathers, this time): Porro quemadmodum Mysterium Trinitatis optime illustratur similitudine Mentis in se reflexae, ita Mysterium incarnationis optime illustratur Unione Mentis et corporis, quod etiam agnovere Sancti Patres Justinus Martyr, Athanasius, Augustinus41.
For the sake of simplicity I shall not develop this line of thought in this paper, which leads to various issues regarding the history of heterodox doctrines on Jesus Christ, but it does serve to illustrate the fact that Leibniz is likely to have been influenced by the Church Fathers, even more so than by Duns Scotus or later scholastics when regarding the mystery of the Incarnation as an absolute purpose. For instance, Justin writes in his Prima Apologia that Jesus is ‘the first-born son of God [πρωτότοκον τοῦ Θεοῦ] […] the Logos of whom every race takes part’42, thus indirectly saying that humanity has always taken part in the divinity through Christ. Moreover, in the 4th century St. Athanasius of Alexandria devel-
39 Cf.: Tomasi, p. 313. 40 Cf: A VI, 4 C, 2295. 41 Cf.: Ibid., 2295f. Just to give an example of the question on the Fathers of the Church see E. Scano: Il cristocentrismo e i suoi fondamenti dogmatici in Sant’Agostino, Torino 1951. 42 Cfr: Justin: Apol. I, 46,2, in: Id.: Apologie Pour Les Chrétiens, Introduction, Texte Critique, Traduction et Notes par Charles Munier (= Sources Chrétiennes 507), Paris 2006, pp. 250f.
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oped the theory of the original relationship of the Logos ‘image of God’ with humanity, who in turn can only be the ‘second image’ [κατ’εἰκόνα] of the Word43. It must be acknowledged that this underlying Christocentric theory – before challenging Leibniz’s Christological orthodoxy – also guides us in the Examen Religionis Christianae: here Leibniz asserts above all the decision made in the eternal secrecy of divine council that one of the Persons of the Divinity would have assumed created nature and would have governed the republic of spirits. He also asserts that God’s action, akin to that of a king, having to become more familiar and more visible, has found it expedient to assign this task to the Son, since the Word contains in itself the ideas or nature of creatures: Cum igitur decretum fuisset in aeterno divini consilii arcano, ut persona divinitatis creaturae naturam superassumeret, atque Civitatem Dei sive mentium Rempublicam peculiari et ad captum creaturarum accommodata ratione familiarius manifestiusque ad Regis instar gubernaret, Filium patris unigenitum hoc in se recipere placuit, cum verbum divinae Mentis jam tum creaturarum ideas sive naturas in sese eminenter contineat44.
Thus, these assertions do in fact point to a Christocentric approach in which the Incarnation is an absolute fact, a primum to which the mission to redeem all creation, and especially humanity, is subordinated. Secondly, Leibniz claims that the Son of God took on human form ‘because Man is like the union between superior and inferior Nature, and because the redemption of humanity – God’s main concern – could not be achieved more worthily in any other manner’: Hominum autem naturam assumsit, tum quia in homine superiores atque inferiores naturae quasi in confinio quodam conjunguntur, tum vero quia expiatio generis humani, quae Deo inprimis curae fuit, non alia dignius ratione fieri poterat […]45.
Leibniz does not say that God planned the Incarnation following the fall. The redemption of man, God’s primary mission, had always been contemplated in the Incarnation itself. The way in which this redemption is achieved is through the primary example of humility and patience set by Christ, earning the incredible glory that crowned humanity: […] et placuerat ut Filius homo factus omnia virtutis exempla ederet, priusque summa humilitate ac patientia vinceret quam incredibili illa gloria homo coronaretur46.
The different stages of these assertions culminating in Leibniz’s final definition of Christus Θεάνθρωπος as maxima ratio of the created universe in Causa Dei § 49 seem perfectly consistent and logical. However, I would like to add that the Causa Dei is the conclusion of Leibniz’s philosophical parable, where the concept of ‘the Word became flesh’ has always played a role in the creation project, and it fits in 43 See the essay of Charles Kannengiesser in: Athanase d’Alexandrie: Sur l’Incarnation du Verbe (= Sources Chrétiennes 199), Introduction, Texte Critique, Traduction Notes et Index by Ch. Kannengiesser, Paris 2000, pp. 69–74. (Réimpression de la première édition revue et corrigée). 44 Cf.: A VI, 4 C, 2365f. 45 Cf.: Ibid. 46 Cf.: Ibid.
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perfectly with the key idea to be found throughout Leibniz’s mature metaphysics, namely pre-established harmony. Indeed, it can be understood how, among the various scriptural texts underlying § 49, when Leibniz refers to Christ as ‘head’ of all creation, some verses from the first chapter of the Letter to the Ephesians may be interpreted as some kind of ‘proof’ of Leibniz’s metaphysical intuitions. In particular, I am thinking of all the indications in the first chapter that allude to a sort of divine ‘pre-choice’, ‘pre-election’, ‘pre-arrangement’, and preestablishment in Christ, of creation: […] as He [God] chose us in Him [in Christ], before [ἐξελέξατο ἡμᾶς] (the) foundation of (the) world, to be us holy and unblemished before Him, in love predestinating us [προορίσας ἡμᾶς] to adoption through Jesus Christ to Himself, according to the good pleasure of the will of Him […]47.
And moreover: […] making known to us the mystery of the will of Him, according to the good pleasure of Him, which He purposed in Himself [προέθετο ἐν αὐτῷ] for a stewardship of the fullness of the times, to head up all things in Christ, the things both in the heavens and the things on the earth […]48.
So the main point of my paper is that in this manner, Christus Θεάνθρωπος, ‘head’ or at the top of creation is the cornerstone of Leibniz’s entire theological meditations, just as pre-established harmony is so in strictly theoretical/metaphysical terms. According to Leibniz, humanity has been saved not so much through the cross as ab aeterno through the pre-established Word became flesh, in line with Scotus and the Church Fathers who first dealt with the issue. Hence, Leibniz’s theologia crucis is part of the eternal plan to glorify and deify humanity, mysteriously decided within the Trinity since the beginning of time. Leibniz also in theologicis expresses triumphant optimism that has inevitably ended up dissatisfying those schools of theological thought, in which the key ideas are sin and salvation, privileging Christ’s passion and resurrection49. It is true that Leibniz seems to hold dear the general rational justification of all God’s plan of creation since the beginning; it is also true that without developing a systematic theology of the passion he seems to be utterly satisfied with a doctrine of salvation that has always been guaranteed through Christ. Further47 Cf.: Letter to the Ephesians, I,4–5 (italics mine): see The Interlinear Bible. Hebrew – Greek – English, vol. IV: New Testament, edited and translated by Jay P. Green, Sr., Lafayette, IN 1994, p. 519. 48 Cf.: Ibid., Letter to the Ephesians, I,9–10. 49 See for example this kind of criticism: “Erlösung ist der Zentralbegriff der theologia crucis und der Christologie. Alle Theologie, die den Begriff der Sünde minimalisiert, hat deshalb die größten Probleme mit der Erlösungschristologie. Ohne ein klares Konzept von Schuld sind die Erlösung der Menschheit durch den Kreuzestod Jesu und seine Auferstehung sinnlos. Leibniz – und mit ihm alle rationalistische Theologie – hat deshalb die größten Probleme mit der Erlösungschristologie”. Cf.: W. Schmidt-Biggemann: “Die Rationalität des Christentums: Leibniz als Theologe”, in: T. A. C. Reydon, H. Heit and P. Hoyningen-Huene (eds.): Der universale Leibniz. Denker, Forscher, Erfinder, Stuttgart 2009, p. 60.
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more, the words of the Ephesians provide substantial scriptural support to his theological vision that, paradoxically, remains Christocentric. This vision was perhaps his own personal way to live his faith and if it were really so, more than criticize him as being excessively ‘rationalist’, rather we should respect his theological choice.
LEIBNIZENS STELLUNG ZU DEN NICHTCHRISTLICHEN RELIGIONEN UND SEINE LEHRE VOM HEIL* Von Peter Antes (Hannover) Der berühmte protestantische Theologe Karl Barth (1886–1968) vertrat in seiner Kirchlichen Dogmatik (§ 17) bekanntlich die These, Religion im Allgemeinen sei – im Gegensatz zur christlichen Offenbarung – Unglaube. Als er daraufhin von D. T. Niles, einem christlichen Theologen aus Sri Lanka, gefragt wurde, ob er je einem Hindu begegnet sei, antwortete Karl Barth mit nein, worauf Niles nachhakte und fragte, woher er dann wisse, dass Hinduismus Unglaube sei. Barths spontane Antwort lautete: „A priori“.1 Solche ‚A prioris‘ haben in der Christentumsgeschichte eine lange Tradition. Dazu gehört auch der bekannte Satz: ‚Extra ecclesiam nulla salus‘ (‚Außerhalb der Kirche kein Heil‘), dessen Grundgedanke auf Bischof Cyprian von Karthago (um 200 oder 210–258) zurückgeht und der durch das Konzil von Florenz (1439– 1445) folgendermaßen ausgelegt wurde: [Die heilige römische Kirche, durch das Wort unseres Herrn und Erlösers gegründet,] glaubt fest, bekennt und verkündet, daß‚ niemand außerhalb der katholischen Kirche – weder Heide noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der Einheit Getrennter – des ewigen Lebens teilhaftig wird, vielmehr dem ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr (der Kirche) anschließt. So viel bedeutet die Einheit des Leibes der Kirche, daß die kirchlichen Sakramente nur denen zum Heil gereichen, die in ihr bleiben, und daß nur ihnen Fasten, Almosen, andere fromme Werke und der Kriegsdienst des Christenlebens den ewigen Lohn erwirbt. Mag einer noch so viele Almosen geben, ja selbst
*
1
Nachdruck meines Beitrages in: Wenchao Li (Hrsg.): „Für unser Glück oder das Glück Anderer“ – Vorträge des X. internationalen Leibniz-Kongresses, Band II, Hildesheim 2016, S. 571-580. Die Ausführungen waren nur möglich, dank der beratenden Unterstützung von Dr. Hartmut Rudolph, dem ich dafür sehr herzlich zu Dank verpflichtet bin. Ebenso danke ich Herrn Dr. Stephan Waldhoff für die Bereitstellung seines Beitrages zu St. Waldhoff: „Über die Errettung der Heiden. Ein Dossier von Leibniz in seinen wechselnden Kontexten”, in: A. Wagner, C. Asmuth und C. Roldán (Hrsg.): Harmonie, Toleranz, kulturelle Vielfalt. Aufklärerische Impulse von Leibniz bis zur Gegenwart (= Kultur – System – Geschichte, Bd. 10), Würzburg 2015/16, S. 71–90. Zitiert nach P. Schmidt-Leukel: „Buddhist Perspectives of Jesus: Introductory Remarks“, in: J. T. Götz, G. Köberlin und P. Schmidt-Leukel (Hrsg.): Buddhist Perspectives of Jesus. Papers of the Third Conference of the European Network of Buddhist-Christian Studies, St. Ottilien 2001, S. 9.
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Peter Antes sein Blut für den Namen Christi vergießen, so kann er doch nicht gerettet werden, wenn er nicht im Schoß und in der Einheit der katholischen Kirche bleibt‘ (Fulgentius)2.
Trotz dieser scheinbar eindeutigen Aussage, dass alle Nichtgetauften in die Hölle kommen, blieb diese Aussage als kirchliche Lehrmeinung immer umstritten und es gibt zahlreiche lehramtliche Äußerungen, die an der Verbindlichkeit dieser Aussage für den Glauben Zweifel aufkommen lassen. Vor allem in der Zeit der großen Entdeckungen und der neuzeitlichen Mission nehmen die Stimmen derer zu, die an dieser Grundposition zu zweifeln beginnen. Dazu gehört auch Leibniz, der sich positiv mit den Religionen: Judentum und chinesischer Kultur sowie etwas mit dem Islam auseinandersetzt und daher eine andere Sichtweise vertritt, ohne je die Frage ganz systematisch abzuhandeln. Deshalb soll zunächst seine Position zu Judentum, Islam und der chinesischen ‚natürlichen Theologie‘ kurz referiert und dann die Frage nach dem Heil der anderen angesprochen werden. 1. LEIBNIZENS SICHT DER ANDEREN Bezüglich des Judentums stellt Brigitte Saouma fest, dass Leibniz implizit auf die Juden als Volk, das vom Leben Jesu Zeugnis ablegt, Bezug nimmt, ohne darauf zu sprechen zu kommen, dass dieses Volk am Tode Jesu schuld sei oder gar seine Konversion zu fordern. Er legt Wert darauf festzustellen, dass die Urkirche sowohl den Sabbat einhielt als auch den Sonntag feierte und verficht von daher freie Religionsausübung (la liberté du culte) für die Juden. Das Judentum hat bei ihm seinen Platz unter den Religionen und stellt keinerlei Bedrohung für das Christentum dar3. Mit Blick auf den Islam ist Leibniz – wie Stephan Waldhoff gezeigt hat4 – unter die einzureihen, die nach einer positiven Einstellung suchen, obwohl er zunächst dem französischen König einen Kreuzzug gegen Ägypten empfohlen hatte und dabei vor allem politische Aspekte in den Vordergrund gestellt hat. Dies gilt auch – wie Brigitte Saouma betont – für den Kampf gegen die Türken, in dem Leibniz „[…] eine politische und militärische Aktion und nicht einen Akt des Glaubens […]“ sieht5. Auf diese Weise vollzieht Leibniz anders als die mittelalterlichen Prediger „[…] die Trennung zwischen dem Religiösen und dem Politischen […]“6 und nimmt so eine durchaus moderne Position ein. Ein Gleiches gilt 2 3 4 5
6
Siehe Glaubenssatz 350. In: J. Neuner, S.J. und H. Roos, S. J. (Hrsg.): Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, Regensburg 41954, S. 212f. Vgl. B. Saouma: „Les origines médiévales de la pensée de Leibniz sur les juifs et le judaïsme“, in: D. J. Cook, H. Rudolph und C. Schulte (Hrsg.): Leibniz und das Judentum (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 34), Stuttgart 2008, S. 115–125, hier S. 120f. Waldhoff: „Über die Errettung“. Wörtlich: „[…] une action politique et militaire et non un acte de foi“. Vgl. B. Saouma: „Leibniz et l’idée de croisade“, in: F. Beiderbeck und St. Waldhoff (Hrsg.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 103–119, hier S. 116f. Wörtlich: „[…] la séparation du religieux et du politique […]“, ebd., S. 119.
Leibnizens Stellung zu den nichtchristlichen Religionen
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nach Leibnizens Meinung für die Zurückdrängung des Islam durch militärische Aktionen insbesondere der Russen in Europa. Es betrifft die Entführung junger Christen mit dem Ziel, sie unter türkischer Herrschaft aufwachsen und ihres ursprünglichen christlichen Glaubens verlustig gehen zu lassen. Dies ist besonders relevant für den ‚Verlust des Heiligen Landes‘ (wörtlich: des Orients, also die ‚amissio Orientis‘), der für Leibniz Anlass zu einer ausführlicheren Erwähnung der islamischen Religion ist. In einer Stellungnahme zu der Kontroverse um die Heiligenverehrung nämlich schreibt er 1677: Das vierte Übel, das ich hier aufzähle, ist das Ärgernis der Ungläubigen und der Verlust des Orients, der daraus folgt. Es ist nämlich als sicher festzuhalten, dass Mahomet, als er einen Mischmasch aus Jüdischem, Halbchristlichem und Arabischem zusammenstellte, seine Blitze gegen die Christen als Bilderverehrer schleuderte und ihnen eine Verehrung vorwarf, die auf Geschaffenes übertragen wurde, aber [nur] dem einen Gott zusteht. Es ist bekannt, dass ihnen [sc. den Muslimen, P.A.] – je mehr sie [sc. die Christen, P.A.] die Bilderverehrung trotz des Hasses des Juden wie des Mahometaners jetzt fortsetzen – die Verehrung als verachtenswürdig erscheint, die in Form des Brotes durchgeführt wird. Gleichermaßen sage ich, dass sie [sc. die Muslime, P.A.] auch Gegner der Dreifaltigkeit und der Menschwerdung Gottes sind; dies aber hätte zur Auslöschung des Glaubens im Orient nicht ausgereicht, wäre nicht alles durch den schrecklichen Aberglauben des Sarazenen Beeinflusste hinzugekommen. Denn weder das Dogma der Dreifaltigkeit noch das der Menschwerdung Gottes verändert die Verehrung in großem Maße, weil mit Sicherheit immer der eine Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde an sich und vornehmlich durch den Gottesdienst von uns verehrt wird. In Wahrheit nämlich rennt die Verehrung der Bilder, der Heiligen und der Hostie gegen die Augen der Ungläubigen an und bringt sie aufs Heftigste gegen uns auf. Sehr bitter sind die Worte eines jeden Sultans, von denen ich mich erinnere sie irgendwann einmal gelesen zu haben. Solches und anderes von gelehrten Männern aus der Schriften der Orientalen Verfasstes könnte hier noch hinzugefügt werden7.
Damit sind die wesentlichen Argumente des Islam gegen das Christentum genannt: die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes und der Menschwerdung Gottes (das heißt der Inkarnation) im dogmatischen Bereich sowie die Idolatrie im Kult – bezogen auf die Verehrung der Heiligen und interessanterweise auch auf die Eucharistie, die Präsenz Christi in der Hostie. Die hier vorgetragene Darstellung des Koran als Mohammeds Aussagen über das Christentum wird als ‚colluvies‘ – ‚Mischmasch‘ bezeichnet. Dies entspricht den gängigen Interpretationsmustern 7
Wörtlich lautet der Text: „Quartum malum, quod hic numero est scandalum infidelium et quae inde secuta est, amissio Orientis. Illud enim pro certo habendum est, Mahometem, cum colluviem ex Judaeis, semichristianis, et Arabibus collegit, in Christianos velut idolatras fulminasse, iisque cultum qui uni Deo debetur ad creaturas translatum objecisse. Constat, quanto nunc etiam odio Judaei pariter et Mahometani imagines prosequantur, quam abominandus illis cultus videatur, qui speciei panis exhibetur. Equidem fateor etiam Trinitatis et Incarnationis eos esse hostes; sed hoc non suffecisset ad eversionem fidei in Oriente, nisi Saraceni omnia miseris superstitionibus infecta reperissent. Nam nec Trinitatis nec Incarnationis dogma cultum magnopere mutat, quia unum semper Deum coeli et terrae creatorem per se ac primario latria a nobis coli certum est. At vero cultus imaginum, Sanctorum et hostiae in oculos incurrit Infidelium, eosque in nos vehementissime concitat. Acerrima sint verba cujusdam Sultani, quae me aliquando legere memini; quem admodum et alia ex orientalium scriptis a viris doctis excerpta, in eam rem afferi possent“. In: A IV, 6, 679, Z. 8–20.
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der Botschaft Mohammeds, wie sie seit der Entstehung des Korans in jüdischen wie christlichen Kreisen üblich gewesen und von Leibniz ganz im Stile seiner Zeit übernommen worden ist. Wobei Leibniz durchaus positiv an anderer Stelle 1690 in der Schrift Sur Pellision. Reflexions sur les differends de la religion vermerkt, dass der Islam Jesus als großen Propheten anerkennt8. Der Vorwurf, dass der Koran von Mohammed aus anderen Quellen – jüdischen, christlich-häretischen (im Text „halbchristlichen“) und arabischen – als Konglomerat zusammengestellt worden sei, ist der Versuch, dem Propheten Mohammed seine prophetische Mission streitig zu machen und den von ihm vorgetragenen Koran nicht als Offenbarung anzuerkennen. Die christliche Apologetik gegen den Islam sprach deshalb vom Islam als christlicher Sekte. Sie bestritt damit dieser Religion jeglichen Offenbarungsanspruch, ordnete sie in die Häresiegeschichte des Christentums ein und verteidigte dadurch die klassisch-christliche Position, dass mit dem Tode des letzten Apostels Jesu die Offenbarung Gottes an die Menschen endgültig abgeschlossen sei und somit keine weitere Offenbarung von universaler Heilsbedeutung an die Menschen ergehen werde. Nach jüdischer Überzeugung ist dies schon vor Jesus geschehen, nämlich durch die Torah bzw. den TaNaCH, das heißt in christlicher Terminologie: das Alte Testament9. Die von Leibniz angesprochene klassisch-christliche Position findet sich u.a. in der christlich-theologischen Disziplin der Polemik, zu deren Themenkatalog der theologischen Kontroversen die Auseinandersetzungen […] mit den Atheisten, den Gottlosen, den Heiden, den Ungläubigen, (den Juden und Mahumetanern)[,], den verschiedenen Sekten und diesen untereinander […]10
gehören. Wesentlich offener und weniger durch dogmatische Diskussionen belastet erscheinen dagegen die Aussagen von Leibniz gegenüber den Chinesen. Seine Hochschätzung dieser Kultur bringt Leibniz 1699 in der Schrift: Novissima Sinica Historiam Nostri Temporis Illustratura in quibus De Christianismo publica nunc primum autoritate propagato missa in Europam relatio exhibetur zum Ausdruck. Leibnizens Wertschätzung ist nahezu grenzenlos, wenn es ihm […] notwendig zu sein scheint, dass Missionare der Chinesen zu uns gesandt werden, damit sie uns den Gebrauch und die Praxis einer natürlichen Theologie lehren, wie andererseits wir ihnen die schicken, die sie die geoffenbarte Theologie lehren sollen11.
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Leibniz beruft sich diesbezüglich auf den protestantischen Gelehrten Jaques Cappell, indem er schreibt: „Aussi Jaques Cappell sçavant homme parmy les reformés sembloit vouloir sauver les Mahometans parcequ’ils ne maudissent point nostre seigneur Comme font les juifs, et le croyent un grand prophete, sur le quel […] il falloit fonder son salut avant la venue de Mahomet“. In: A IV, 4, 513, Z. 28; ebd., 514, 2, Z. 8–20. 9 Vgl. dazu: J. Trebolle Barrera: The Jewish Bible and the Christian Bible. An introduction to the history of the Bible, Leiden 1998. 10 Wörtlich: „Polemica est Controversiarum Theologicarum in universum vel sigillatim cum Atheis, impiis, paganis, infidelibus, (Judaeis et Mahumetanis)[,] variis sectis, et his invicem“. In: A VI, 524, Z. 10ff.. In ähnlicher Weise werden um 1693 die Juden und Muslime unter den Ungläubigen (Increduli) aufgezählt in: A IV, 5, 604, Z. 12.
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Leibniz verwendet hier eine Unterscheidung, die seit der Zeit der Kirchenväter bis in die katholische Theologie unserer Tage hinein immer wieder gemacht wird: die Einteilung der Erkenntnisse in der Gotteslehre in eine natürliche Theologie und eine übernatürliche oder Offenbarungstheologie. So etwa heißt es im Grundriß der katholischen Dogmatik von Ludwig Ott zu dieser Thematik: Bezüglich des Formalobjektes [sc. der Theologie, P.A.] ist zu unterscheiden zwischen natürlicher und übernatürlicher Theologie. Die von Plato begründete natürliche Theologie (von Augustin im Anschluß an Varro theologia naturalis, seit dem 19. Jh. auch Theodizee genannt), die den Höhepunkt der Philosophie bildet, ist die wissenschaftliche Darlegung der Wahrheiten über Gott, soweit sie durch das Licht der natürlichen Vernunft erkannt werden. Die übernatürliche Theologie ist die wissenschaftliche Darstellung der Wahrheiten über Gott, soweit sie durch das Licht der göttlichen Offenbarung erkannt werden. Formalobjekt der natürlichen Theologie ist Gott, wie er durch die natürliche Vernunft aus der Schöpfung erkannt wird; Formalobjekt der übernatürlichen Theologie ist Gott, wie er durch den Glauben aus der Offenbarung erkannt wird12,
Auch der Koran kennt eine solche natürliche Theologie, wenn er darauf hinweist, dass die ganze Schöpfung als ‚Zeichen Gottes‘ gelesen werden kann13 und von daher dem Menschen durch die Vernunft ein Weg zu Gott offen steht. Besonders zahlreich sind dafür die entsprechenden Hinweise in der islamischen Mystik wie in der jüdischen Kabbala. Leibniz untermauert seine Wertschätzung der chinesischen Lehren zusätzlich dadurch, dass er in Anlehnung an den Jesuitenmissionar Ricci Xangti mit dem […] Herrn des Himmels und der Erde, und in einem Wort unserem Gott, den er auch Tienchu, den Herrn des Himmels nennt […],
gleichsetzt14. Angesichts solch überwältigenden Materials an natürlicher Theologie stellt sich die Frage nach der Heilsfähigkeit all dieser Menschen. 2. DAS HEIL FÜR DIE HEIDEN Leibniz hat sich indirekt zur Heilsfrage15 in einem kleinen Text De Salvatione Ethnicorum (nicht nach Frühjahr 1698) wie folgt geäußert: 11 Wörtlich: „[…] ut propemodum necessarium videatur Missionarios Sinensium ad nos mitti, qui Theologiae naturalis usum praxinque nos doceant, quemadmodum nos illis mittimus qui Theologiam eos doceant revelatam“. In: A IV, 6, 401, Z. 1–4. 12 L. Ott: Grundriß der katholischen Dogmatik, Freiburg, Basel, Wien 61963, S. 1. 13 Vgl. dazu A. Schimmel: Die Zeichen Gottes. Die religiöse Welt des Islam, München 1995. 14 Wörtlich: „[…] par ce Xangti on pourroit entendre le Seigneur du Ciel et de la Terre, et un un mot nostre dieu, qu’il appelloit aussi Tien-chu, le Seigneur du ciel […]“. Vgl. G. W. Leibniz: Discours sur la théologie naturelle des chinois, Veröffentlichungen des Leibniz-Archives, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von W. Li und H. Poser, Frankfurt am Main 2002, S. 57. 15 Leibniz scheint sich für diese Thematik erst später interessiert zu haben In: A IV, 1 fehlen im Sachverzeichnis die Stichwörter ‚Heil‘ und ‚Mohammedaner‘ (die unter den Stichwörtern
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Peter Antes Es ist glaubwürdig, dass die Heiden, wenn sie nicht in Todsünde, d.h. nicht im Zustand der Feindschaft gegenüber Gott oder des Wunsches, dem Universum schaden zu wollen, sterben, weder in den Himmel noch in die Hölle geschickt werden, sondern damit sie unter den Feinden nicht einfach keine Feinde werden, sondern sowohl Freunde als auch Verbündete, [geschieht] das aus reiner Gnade durch Christus. Das heißt nicht, Pelagius zu bestätigen, dass die Heiden aufgrund der eigenen Kräfte der Natur der Hölle entfliehen und wahrhaft in den Himmel gelangen können, das ist pelagianisch. Und ebenso leicht werden die Schwierigkeiten mit den Heiden beseitigt, die von gewissen wohlmeinenden Herrn vorgebracht werden, denn so glaubte auch der Jesuit Vasquez, dass jemand von den Heiden ohne Christus durch einen Akt der Liebe Gottes über alles gerettet werden könne, was falsch ist; im Gegenteil, es gibt keine Liebe Gottes über alles ohne Christus, weil nur der Gott über sich hinaus lieben kann, der erkennt, dass dies in sich und für ihn das höchste Gut ist, doch dies erkennt nur der Christ. Doch wenn wir, was ich nicht glaube, uns vorstellen, dass bei irgendeinem der Heiden die Liebe Gottes über allem stünde, wäre er dann gerettet? Ich glaube – bezweifle allerdings, dass dies beim Menschen aufgrund der Kräfte der Natur vorkommen kann – dass dafür eine – wie ich sagen möchte – hypothetische, aber keine absolute Möglichkeit besteht. Wer Gott über alles fürchtet, entgeht der Hölle, wer Gott liebt, hat den Himmel. Gott fürchten kann jemand aufgrund der Kräfte der Natur, [ihn] lieben kann man nur durch Christus aufgrund der Gnade. Im übrigen ist glaubhaft bei denen, die aufgrund ihrer Natur keine Todsünde begehen, dass dies genügt, der ewigen Strafe zu entgehen, nicht aber einer sehr großen zeitlichen [Strafe] zu entgehen, die sie sich selbst mangels der Tröstung durch Christus einhandeln. Aber wenn dies auch wahrscheinlich ist, so ist es dennoch höchst zweifelhaft, ob es je eine Aufhebung der Feindschaft außerhalb von Christus geben kann16.
Bezüglich der Frage des ewigen Lebens ist Leibniz somit eindeutig und offenbar ganz verhaftet im theologischen Denken seiner Zeit, wenn er vor dem 11. Februar 1699 schreibt:
‚Juden‘ und ‚Mekka‘ angegebenen Stellen enthalten keine heilsrelevanten Aussagen), in: A IV, 2 fehlen die Stichwörter ‚Heil‘, ‚Juden‘ und ‚Mohammedaner‘ und in: A IV, 3 gibt es die Stichwörter ‚Juden‘ und ‚Mohammedaner‘, die entsprechenden Texte aber enthalten keinen Bezug zur Heilsfrage, wobei auch hier das Stichwort ‚Heil‘ fehlt. 16 Wörtlich: „Credibile Ethnicos in mortali peccato non morientes, id est, non in statu hostilitatis erga Deum, seu voluntatis nocendi universo, eos neque coelo neque inferno deputari, sed ut fiant ex hostibus non solum non hostes, sed et amici et socii, id purae gratiae est per Christum. Pelagianum ergo non est statuere, Ethnicos propriis viribus naturae posse infernum effugere, posse vero coelum adipisci, id Pelagianum est. Et ita facile tolluntur difficultates de Ethnicis a bonis quibusdam viris motae; nam et Vasquez Jesuita credidit actu amoris Dei super omnia in Ethnico, posse aliquem salvari sine Christo, quod falsum; imo nec datur amor Dei super omnia sine Christo, quia amare Deum supra se nemo potest, nisi qui intelligit hoc ipsum et sibi esse summum bonum, hoc vero nemo intelligit nisi Christianus. Quod si tamen, quod non credo, fingamus in ullo Ethnicorum fuisse amorem Dei super omnia, an salvatus? Ego arbitror, sed naturae viribus nego hoc in homine fieri posse, potentia, ut sic dicam, hypothetica, non absoluta. Qui Deum timet super omnia, is vitat infernum, qui Deum amat, habet coelum. Deum timere potest aliquis viribus naturae, amare nonnisi gratia per Christum. Caeterum illud credibile est in iis, qui per naturam resipiscunt a peccato mortali, sufficere hoc quidem ad vitandam aeternam poenam, sed non ad vitandam maximam quandam temporalem, quam ipsi sibi inferent consolatione Christi carentes. Sed hoc etsi probabile, tamen maxime dubium, an ulla possit esse extra Christum hostilitatis abolitio“. In: A IV, 7, 666, Z. 15; 667, Z. 3.
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[...] das die göttliche verheißungen zweyerley sind. Etliche sein den gleubigen allein geschehen, v[erbi] g[ratia] die Rechtfertigung oder vergebung der sünden. Jst allein denjenigen versprochen, die durch [einen] thetigen glauben ihnen das verdienst Christi zueigenen, vnd werden demnach nur den glaubigen ihre sünde um Christi willen vergeben. Andere Verheißungen sint den gleubigen vnd ungleubigen, irrenden oder nicht irrenden, guten und bösen gemein. Uf die maß ist den Juden die Verheißung geschehen von dem zukunfftigen Messia, vnt dennoch erfüllet, ob schon die Meiste Juden diesen Messiam nicht annehmen oder an ihn gläuben wollen17.
Leibniz verweist bezüglich des Seelenheils für Nichtchristen auf eine ganze Reihe von Autoren aus der Geschichte des Christentums, für die klar war, dass auch nicht getaufte Menschen wie etwa Sokrates und Platon gerettet werden können18 bzw. er sagt in der nach der Mitte 1692–1693 verfassten Schrift De salvatione gentium, dass es für diese Menschen einen dritten Ort geben muss, der weder der Himmel noch die Hölle ist19. Dass dennoch für Leibniz damit weitere ungelöste Probleme verbunden sind, wird an einer anderen Stelle deutlich, wo er fragt: Warum v[erbi] g[ratia] Got den menschen so geschaffen, daß er sündigen können? Warum Got den fall Unser ersten Eltern geschehen lassen? Warum er beschlossen die sünde zu permittiren? Warum den Americanern, biß zu der Spanier ankunfft, das Evangelium nicht gepredigt worden? Warum ganze nationen, zum exempel, die so genannte Hottentots [...] nicht Leicht zur erkenntniß der Christlichen religion gebracht werden können? [...] Wer, sagen wir, sich mit diesen, unt tausent dergleichen fragen, zu bemengen lust findet, der wirt mit Luther den Deum absconditum annehmen, und sich entlich velit nolit, wie S. Paulus, mit der tieffe des reichthumß, beide der weisheit, [...] Erkänntnuß und Unbegreiflichen gerichte [...] Gottes, consoliren vnd genügen lassen müssen[.]20
Auf all dies gibt Leibniz in Die Theodizee eine unmissverständliche Antwort, wenn er die Meinung derer zurückweist, die ungetaufte Kinder und die Heiden der ewigen Verdammnis übereignen wollen, indem er schreibt: Und darum glaube ich, daß die sich jener Ansicht anschließende Partei sogar in der Römischen Kirche niemals ganz die Oberhand gewinnen wird. Die evangelischen Theologen pflegen maßvoll genug über diesen Gegenstand zu reden und diese Seelen dem Urteil und der Barmherzigkeit ihres Schöpfers zu überlassen. Wir wissen nicht, welch ungewöhnliche Wege Gott einschlägt, um die Seelen zu erleuchten21.
Und wenig weiter im selben Text: Es gab und gibt, so wendet man ein, noch heute unzählige Menschen aller Völker, der zivilisierten wie der barbarischen, die noch niemals etwas über Gott und Jesus Christus erfahren haben, was doch notwendig ist, damit sie auf richtige Weise gerettet werden. Ohne sie mit ei17 A IV, 7, 562, Z. 14–22 bzw. ebd., 563, Z. 13–21. 18 Vgl. A IV, 5, 459, Z.5–468, Z.3. 19 Diesbezüglich zitiert Leibniz den entsprechenden Passus aus der Schrift über die göttliche Vorsehung des erzbischofs Seysselius, der „[...] gentilibus qui virtutem coluere tertium locum tribuit distinctum a Paradiso et inferno [...]“. In: A IV, 5, 463, Z. 8, eine Position, die sich wohltuend abhebt von der römischen Verdammungstheologie, zitiert bei A IV, 5, 478, Z. 30; ebd., 479, Z. 16; 480, Z. 18 und Z. 22. 20 A IV, 7, 540, Z. 9–23 bzw. ebd., 541, Z. 10–24. 21 G. W. Leibniz: Die Theodizee, 1. Teil, § 93, Übersetzung von A. Buchenau, Hamburg 1968, S. 157.
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Peter Antes ner erdichteten rein philosophischen Sünde zu entschuldigen und an einer in bloßer Privation bestehenden Strafe festzuhalten, weil das Dinge sind, die augenblicklich für uns nicht zur Diskussion stehen, kann man jedoch einfach an dem Tatbestand zweifeln: wissen wir denn, ob sie nicht auf gewöhnlichem oder ungewöhnlichem Wege Hilfe erlangen, die uns unbekannt ist22?
Leibniz ist wohl tief durchdrungen vom Gedanken an die Barmherzigkeit Gottes. Davon ist – wenn ich richtig sehe – auch seine Vorstellung von der Nächstenliebe und deren Konsequenzen für den Umgang mit Menschen aus anderen christlichen Konfessionen geprägt. 1869 führt nämlich Aloys Pichler gegen die Verurteilungen der anderen christlichen Kirchen durch Rom Leibniz an, indem er zitiert: Man kann unmöglich die wahre Liebe zu Gott haben, wenn man seinen Nächsten nicht liebt. Und es heißt nicht, denselben lieben, wenn man sich erdreistet, zu urtheilen, er sei auf dem Wege zur Hölle23.
FAZIT Die voraufgehenden Ausführungen legen nahe, dass Leibniz sich zu einer positiven Sicht der Heilschancen für die Nichtchristen durchgerungen hat und diese Position mit der Barmherzigkeit Gottes begründet, […] da man sogar den Kindern, die die Taufe empfangen, den Glauben oder wenigstens Regungen, die ihm ähnlich sind, zuspricht, so ist es nicht sehr außerordentlich, ihn – wenigstens in der Todesstunde – Leuten von gutem Willen zuzugestehen, die nicht das Glück gehabt haben, auf die gewöhnliche Weise im Christentum unterrichtet zu werden. Das Vernünftigste aber ist, über so wenig bekannte Punkte nichts bestimmen zu wollen und sich im allgemeinen mit dem Urteil zu begnügen, daß Gott nichts tun könne, was nicht voller Güte und Gerechtigkeit ist24.
22 Ebd., S. 158f. 23 A. Pichler: Die Theologie des Leibniz aus sämtlichen gedruckten und vielen noch ungedruckten Quellen, Bd. 2, Nachdruck Hildesheim 1965, S. 17f. Auf S. 18. Anm. 1 wird das Original zitiert: „On ne saurait avoir le véritable amour de Dieu, quand on n’aime point son prochain, et ce n’est pas l’aimer que de se précipiter à juger qu’il est en passe d’aller bientôt dans l’enfer avec le diable“ (l. c. p. 92). 24 G. W. Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, übersetzt, eingeleitet und erläutert von E. Cassirer, Hamburg 1971, S. 614.
LEIBNIZ AS A THEOLOGIAN IN THE CONTEXT OF HIS IRENIC CORRESPONDENCE BETWEEN 1680 AND 1694 By Jaime de Salas (Madrid) 1. This paper attempts to study Leibniz as a theologian in the light of his irenic correspondence during a central period of his work. On the one hand his correspondence with the Landgrave Ernst of Hessen-Rheinfels which covers the period from 1680 until the Landgrave’s death in 16931. On the other, the participation of Leibniz in the irenic negotiations aimed at the reconciliation of Catholics and Lutherans, in which Bossuet and Pellisson took part on the Catholic side2. As will, we hope, become clear, the possible political scope of the negotiation is undoubted, but the friendship with the Landgrave brings to light the more personal commitment to theology. In fact, we should start by distinguishing two different though related meanings of the term ‘Theology’. It is a part of Metaphysics that has two different applications. On the one hand it denotes a matter of the interest to government in any 17th century court including, of course, the Duchy of Brunswick-Hannover. In this case, the term ‘Theology’ would cover the basic tenets of the official religion as far as they could be object of debate or negotiation. And so the negotiations that took place from 1690 onwards follow a personal decision of Duchess Sophie, the wife of Ernst August, and her sister Louisa Hollandine, the Abbess of Maubuisson in France3. The brief for the negotiators was the establishment of the terms of understanding between two differentiated religions that would enable them to unite. It involved a specialist knowledge of philosophy and canon law, without which a political decision would be open to all sorts of interpretations. The role of the theologians was to find the appropriate language that would enable the political authorities to move forward effectively in the same manner as lawyers would do nowadays in the context of business or even civil negotiations. In 1 2 3
1680 to 1692 in the case of the Landgrave of Hessen-Rheinfels, and basically from 1690 to 1694 for the correspondence with Madame de Brinon, Pellisson and Bossuet. We use the term irenic for the attempts at reconciliation of churches following the practice of some of the original libertarians in Hannover. See Oeuvres de Leibniz, par Alexandre Foucher de Careil, second edition, vol. 1, Paris 1867, p XVI. Cf.: “The Electress Sophia (1630–1699)”, in: H. W. Chapman: Privileged Persons. Four Seventeenth-Century Studies, London 1966.
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this sense, what was mostly an interpretative discussion on the internal compatibility of the two faiths which had a common Christian origin, depended on giving way to basically political decisions. The initiative for the debates and the enactment of agreements depended on the Duke of Hannover, the King of France and to a varying degree on the Emperor and the Pope. On the other hand, the term ‘Theology’ refers to a dimension of the current representation of reality which included the belief in God. Here the accent is put not so much on the institution but more on the object of faith that the institution supports. In the case of Leibniz, we find that he works with concepts that he inherited from tradition. We can contrast the theme of reconciliation, which is supported by the Duchy in certain historical circumstances, and the abiding interest in theology which is part of Leibniz’s interests since his precocious childhood. This duality of meanings of the term ‘Theology’ is parallel to that of politics. One aspect is the political agenda of the House of Hannover and another is that of Leibniz. At some point they can both coincide, and the more visionary agenda that Leibniz followed found its channel in the agreement of both sisters to act in favour of a reconciliation of the two churches. 2. We should start by examining the correspondence with the Landgrave Ernst von Hessen-Rheinfels. Well known through Rommel’s mid-nineteenth century edition, which includes a very interesting study of the Landgrave, the corresponding volumes of Reihe I of the Akademie edition present a very good picture of one of Leibniz’s most fruitful relationships. Despite the difference in age (HessenRheinfels was born in 1623, over twenty years before Leibniz) and social condition, the relationship is one of the most personal ones in Leibniz’s correspondence. One could speak of friendship due basically to the Landgrave’s open character. Though belonging to different religions, the explanation lies partly in the moderation of their views on religion and the need for tolerance as well as the acknowledgment of the limitations of their own churches. At the very outset of their relationship Leibniz states the importance of understanding between religions on the basis of the Protestants seeking reunion with the Catholic Church, and the Catholics undergoing the necessary reforms in their practices4. They agree also on the need for politics and political practice to be in accordance with principles5. Both parties had an interest in following the political and religious events of the day through the eyes of the other, though a negotiation in the sense of the other correspondence does not take place. One can find many examples of Hessen-Rheinfels’ admiration6 for Leibniz and his enjoyment of their relationship: 4 5 6
A I, 3, 246. A I, 3, 260. The Landgrave calls him a “living library” fit for an emperor or a king; ibid., A I, 8, 131.
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Que ne donnerois je de pouvoir jouir de vostre si utile at agreable conversation, comme me seroit un pregoust du Paradis7.
He treats Leibniz as an equal and even addresses him in the following fashion: “Suegliriano al mio tanto carissimo quanto capacisimo Signore Leibniz”. HessenRheinfels attempts several times to convert Leibniz, who does not follow his proposals but is not insensitive to the friendship of the Landgrave8. Leibniz uses the Landgrave to introduce him to Arnauld, which gave rise to the Discours de Metaphysique as well as one of the most important of Leibniz’s correspondences from the viewpoint of epistemology and metaphysics. Both friends help to keep the other in the picture on what is happening, and with their letters they send books and pamphlets they have happened to acquire. Their viewpoint on current political situation is similar. Both are conscious of the Empire’s weakness in the face of the Turkish armies that lay siege to Vienna in 1683 and of the presence of Louis XIV9. In this context, Cristóbal de Rojas Spínola’s initiatives in the name of the Pope to start a path of reconciliation make sense, though the Landgrave was suspicious of the overture from the very first. In 1678, before Leibniz’s arrival in Hannover, Rojas visited John Frederick, but Leibniz became practically involved probably in late 168710. Initially Leibniz speaks of the initiative in guarded terms, but from this date onwards he allows himself to appear identified with it11. 3. Leibniz’s direct participation in the initiative of Rojas took the form of leading the Hannoverian Lutheran party in the exchange of letters with Madame de Brinon, Pellisson and Bossuet. This is parallel to the exchange with Arnauld that Leibniz maintained between 1686 and 1690. Madame de Brinon was Louise Hollandine’s 7 8
A I, 6, 121. A I, 4, 392. The Landgrave’s letters frequently begin by “Mon plus que cher Monsieur Leibniz”; A I, 3, 291. 9 They were not always in complete agreement and the Landgrave could be more ambiguous than Leibniz as to French power. Leibniz reports the publication of Mars Christianissimus but does not mention that he is its author. 10 Foucher de Careil includes an introductory letter to Duke John Frederick by Innocent XI for Cristóbal de Rojas in the court of Hannover. Oeuvres de Leibniz, vol. 1, p. 57. Cf. also J. Baruzi: Leibniz et l’Organisation Religieuse de la terre d’après des documents inédits, Paris 1907, p. 246. Also the letter from Leibniz to Madame de Brinon where he enumerates different irenic initiatives in which he had taken part during his lifetime. Oeuvres de Leibniz, vol. 2, second edition, Paris 1869, p. 85. 11 Previously, in his correspondence Leibniz had commented on Rojas’s initiative in guarded and vague terms (A I, 3, 288, 316, 333) whereas the Landgrave’s reaction was one of suspicion (ibid., 297). The letter of November 1687 (A I, 5, 10/21) is, on the contrary, a full report and Rojas’s initiative is clearly endorsed by Leibniz. He was on his Italian journey in Munich, and would be in Vienna and met Cristóbal de Rojas shortly. Very probably he had knowledge of the initiative that Duchess Sophie was to take.
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secretary at the Abbey of Maubuisson and acted as go between with Pellisson and Bossuet, whereas Leibniz was in touch with Gerhard Molanus, who from the abbey at Loccum was the senior theologian of the Lutheran establishment in Hannover. It is important to stress that at that time the Duchy of Hannover was interested in acquiring an enhanced political status by becoming one of the electors of the emperor, which was achieved in 1692. Some years later, the Duchess Sophie, as grand-daughter of James I, became the heir to the British throne because of her Protestantism. It is very possible that the decision to follow Rojas’s initiative was not only due to the fact that the initiative was taken by two sisters of different religion, since Louise Hollandine had absconded and become Catholic, but also that is was congruent with the general political approach of Ernst August to the Empire. From 1707 Leibniz’s irenic activities would be restricted inside the Protestant camp, attempting to improve relations between Lutherans and Calvinists at the court of Berlin. 4. If we were to focus on the negotiation as such, the central question lies in the distinction between material and formal heresy and the validity of the Council of Trent. Only if the non-acceptance of the Council of Trent were deemed a material heresy would it be possible for the Protestants to re-enter the Catholic Church. A material heresy would be one that involved invincible ignorance but not rebellion as in the case of a formal heresy. Leibniz understood from Cristóbal de Rojas that the Catholic Church was prepared to concede such a possibility. Therefore, he thought it was possible for the Church of Hannover to be accepted, leaving the more vexed matters such as the status of the Pope for a future ecumenical council. The main issue of contention with Bossuet was Leibniz’s affirmation that the Council of Trent had not been acknowledged in France. Leibniz had a basis for this affirmation, but Bossuet was completely against an understanding that on questions of dogma the Council of Trent had been ignored12. There were many other issues including the celibacy of priests that appeared as secondary13. The main idea is that it would be possible for the reunification to take place leaving many issues defined at Trent for clarification in a future ecumenical council.
12 But Leibniz tends to belittle these issues taking into account some of the discussions taking place inside the Catholic Church at that time. “Car ces questions agitées entre Rome et Ausbourg sont plustost de speculation, a lieu que la première – si l’amour de Dieu est necessaire au salut – est incomparablement plus importante, que la question, si la substance du pain reste dans l’Eucharistie, ou si les ames avant que d’estre admises à la vüe de Dieu sont purgées”. A I, 7, 230. 13 Both Leibniz, A I, 7, 164, and Bossuet, A I, 7,236, are ready to prove flexible on many secondary issues.
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5. Leibniz felt that an understanding between theologians was feasible and that the difficulty lay in the politicians who had to enact the conclusions reached. In a letter of 1685 to Hessen-Rheinfels, before the start of negotiations, he explained: […] il fait separar les questions, et examiner premierment si la chose est faisable en théorie, c’est a dire, si les Theologiens de part et d’autre y peuvent donner les mains, salvis suis principiis, puis après il faut venir à ce qu’il est faisable en practique où a ce qu’on peut esperer, et pendant une telle consideration il faut mettre a part les prejugés, et meme il faut parler comme si on estoit neutre ou indiferent; puisqu’il ne s’agit point icy de la verité des sentimens de l’un ou l’autre party, ny si l’un a des avantages sur l’autre ou non; mais de ce qui peut etre proposé et écouté paisiblement, et même accordé ou relaché, sans se faire prejudice de part et d’autre14.
Initially he thought that the political situation was favourable and he would continue in this belief until the end of the negotiation15. However, as it appeared there was not going to be a concession on this main point by Bossuet, a certain despondency set in16: […] comme je n’ay pu trouver une necessité absolue qui nous oblige tous d’estre dans la communion Romaine à quelque prix que ce soit, je trouve qu’il suffit de faire pour le retablissement de cette communion tant en general, qu’en particulier, tout ce qu’on croit pouvoir faire suivant sa conscience17.
And he is not ready to concede on his side any more than that. Therefore, he concluded: L’union est exigée par la charité, mais icy elle est defendüe par la supreme loy qui est celle de l’amour de Dieu, dont la gloire est interessée dans ces connivences. Mais quand tous ces abus seroient levés d’une maniere capable de satisfaire les persones raisonnables, il reste encore le grand empechement, c’est que vos Messieurs exigent de nous la profession de certaines opi-
14 A I, 4, 387. “La question n’est pas, si la chose est practicable dans le temps ou nous sommes, ny méme si ella sera practiquée quelque jour, ce sont choses qui dependent des accidents, mais si elle n’est pas faisable et licite en elle méme, sçavoir, si non obstant de dissensions sur certains points qu’un parti tient pour vraíes et definis par l’eglise, et que l’autre ne tient pas pour tels, il seroit possible d’admettre ou restablir la communion Ecclesiastique, je dis possible, d’une possibilité de droit, sans examiner ce qu’est a espérer dans le temps ou dans les circonstances où nous sommes”. A I, 7, 164. 15 Oeuvres de Leibniz, vol. 2, p. 31: “Mais, comme par bonheur, ou plustost par un secret ménagement de la Providence, ces controverses, insurmontables pour le présent, ne sont pas de grande consequence en elles-mesmes, et n’ont guères influence sur la practique de la piété ny sur l’essentiel de la foy, il semble que le vray et unique moyen de vaincre cet obstacle est de travailler à la réunion en les laissant indécises jusqu’à ce qu’un jour l’eglise de Dieu, restablie dans son ancienne tranquilité, trouve a propos de les terminer, autant qu’il sera besoin, par un concile oecumenique dont l’authorité ne soit point sujecte à des dificultes essentielles”. 16 In fact the negotiations would founder in 1694 but would be continued in 1699 until Bossuet’s death. Madame de Brinon, Leibniz, Molanus y Bossuet would continue to take part. 17 A I, 8, 157; A I, 7, 270.
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Jaime de Salas nions, que nous ne trouvons ny dans la raison ny dans l’ecriture Sainte, ny dans la voix de l’eglise universelle18.
6. On the Catholic side, the prevailing opinion did not favour dealing with the Protestant churches on the basis of equality. Size and tradition made a difference whatever the sovereignty of each kingdom meant. In practice it seemed feasible to think in terms of convincing Leibniz to become a Catholic. Conversions among aristocrats in seventeenth century Europe were relatively frequent19, and in fact all the Catholic participants, including the Landgrave of Hessen-Rheinfels, at one time or another appealed to the German in this sense. However, in no way was Leibniz interested in converting them to Protestantism. As we shall see later, though logically intent on achieving terms that allowed the Protestants to be readmitted as a distinct church, in no way was he thinking of conversion or the triumph of Lutheranism as such, but rather he was governed by a sense of the general good, whereas his Catholic partners tended to take for granted that the sole path of salvation was through their Church. It is revealing to take the Catholic point of view seriously. The problem was not only that they felt that in a sense the dialogue was superfluous, but furthermore they could not recognise themselves and their church in the proposals of Leibniz. A comment by the German philosopher clearly illustrates Madame de Brinon’s discomfiture: Vous avés raison de dire, que de la maniere que nous nous y prenons, il semble, que les catholiques deviendroit aussi tost protestants, que les protestants deviendroient Catholiques. C’est ce que nous pretendons aussi, il en viendra un mixte, s’il plaist a Dieu, qui aura tout ce que vous reconnoissés de bon en nous, et tout ce que nous reconnoissons de bon en vous20.
This is certainly not a turn of thought that could sway a firm believer in the role of her church. In the Landgrave’s case, there is a certain sense of sufficiency in the knowledge of belonging to a church where when necessary it was easy to establish the truth. He is also critical of Leibniz’s ‘syncretism’. It would be much easier just to let the Protestants go their way. Laissons, pour le dire franchement, plutost aller les Protestants (puisque aussi bien ils le veulent ainsi et que s’en desja faict) là ou ils veulent que par un je ne scais quel plus mal que
18 A I, 9, 192. 19 In his introduction to the correspondence between the Landgrave of Hessen-Rheinfels and Leibniz, Rommel lists 17 cases of conversions to Catholicism amongst aristocrats of the Empire. Cf.: Leibniz und Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels. Ein ungedruckter Briefwechsel über religiöse und politische Gegenstände, vol. 2, edited by C. v. Rommel, Frankfurt am Main 1847, pp. 48–52. 20 A I, 8, 187.
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l’heresie mesme, maudict Syncretisme infecter ce que nous reste du debris et naufrage de la moitié de l’Europe21.
These adverse reactions are understandable when one thinks of the logical identification of a Catholic with his institution, which now appears as the object of a manipulation on the part of the other party. However, one must add that Leibniz was acting in good faith and convinced of the truth of the Roman religion. And he was also very conscious of the limitations of Lutheran Church. The issue is that the reconciliation of churches requires a second order discourse in which each religion is deemed to be acceptable. The real object of the exercise was not to impose with reason what had not been solved on the battlefields, but to create a context in which churches and peoples could work together. All doctrinal positions are contingent, and fallible, despite their partial truth, but what has to be established is a common ground where the participants can work together. This implies on Leibniz’s part a perspectivism that should be applied not only to individuals but also to institutions. In fact, the quality of the best possible world can be related to richness and variety as well as to the quantity of good to be found in it. And, for Leibniz, it behoves a truly universal Christian church to be able to accommodate different sensibilities and even theories without losing its internal coherence. Thus, the real problem lies not in the difference of religions but in the difference of religiosity to be found in Leibniz and in his Catholic partners. 7. It is possible to analyse some aspects of this second order discourse that Leibniz develops. Perhaps this more reasonable religiosity may not appear convincing even now, but it is important to recognise Leibniz’s originality in his ecumenical practice. There are two important points that uphold his practice and that he states clearly. An intellectual cannot follow arguments of authority or convention but should rely on reason. A very clear statement is to be found in the definitive version of De Obligatione Credendi22: “Nulla est obligatio credendi, sed tantum summo studio inquerendi”23, which was very present in his dealings with the Landgrave of Hessen-Rheinfels. This implies that the argument of authority of the church is simply not valid. To Bossuet’s consciousness of belonging to a church whose position had been maintained throughout history and which could tell those who approached it the following: “[…] on croyoit ainsi quand vous estes venus: 21 A I, 7, 220. The strongest objection on the Landgrave’s part refers to the internal division of the Protestant camp (A I, 8, 191). At the same time he was surprised to find that the renegades of yesterday feel that they have the same right as those who have maintained themselves inside the faith. He is also critical of Hannover’s possible political motives. 22 A VI, 4 C, 2149. 23 A VI, 4 C, 2154.
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donc à present vous croirez de mesme ou demeurerez separez de la tige de la sociéte Chretienne”24. Leibniz’s rationality has an answer: Il y a bien à dire a cecy: Hier on croyoit ainsi, donc aujourd’hui il en faurt croire de même. Car que dirons nous, s’il se trouve qu’on croyoit autrement avant hier25?
He gives the following explanation to the Landgrave of Hessen-Rheinfels: Mr l’Eveque de Meaux à mis deux grands Axiomes dans sa derniére lettre, dont je ne demeure point d’accord. En voicy le premier: Hier on croyoit ainsi, donc aujourd’hui il en faut croire de même. A quoy j’ay repondu: qu’en dira t-on, s’il se trouve qu’on en croyoit autrement avanthier? Faut il canoniser les opinions qui se trouvent les derniers? L’autre Axiome est: que l’Eglise a toujours autorisé ce qui se trouvoit deja etabli. Je crois qu’on trouveroit bien des instances contraires26.
It was for this reason that Leibniz could not identify with the visible Catholic Church. He thought that he was identifying with the internal church27 as he identified with its articles of faith but could not accept some of its opinions, for instance the thesis that the sun revolves around the earth, against the teaching of Copernicus28. It is impossible to abide with an institution that defends what one considers to be factually wrong29. On the other hand, his position relies on the certainty of progress. It does not really matter that he did not always defend the idea of progress. In ”his practice he relied on the principle that this is the best of all possible worlds, and that – which he cannot prove mathematically but he considers ‘more than a hypothesis’ – ensures the rationality of the created world and the probability of his perspectivism. The issue is not that the religiosity of Madame de Brinon or the Landgrave of Hessen-Rheinfels was greater or lesser. It was of a different kind. They understood the established church at the centre of their beliefs, whereas Leibniz was looking for a truly universal society and therefore he relied on principles completely alien to them. He was aware of the historical role of the church in creating,
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A I, 8, 164. A I, 8, 172. A I, 8, 163; 172 and 187. In a letter to Madame de Brinon he characterises the internal church in the following way: “Vous avez raison, Madame, de me juger catholique dans le coeur; je le suis même ouvertement: car il n’y a que l’opiniâtré qui fasse l’herétique; et c’est de quoi, grace á Dieu, ma conscience ne m’accuse point. L’essence de la catholicité n’est pas de communier extérieurement avec Rome; autrement ceux qui sont excommuniés injustement cesseroient d’être catholiques malgré eux et sans qu’il y eût de leur faute. La communion vraie et essentielle, qui fait que nous sommes du corps de Jésus-Christ, est la charité. Tous ceux que entretiennent le schisme par leur faute, en mettant obstacles à la reconciliation, contraires à la charité, sont veritablement des schismatics: au lieu que ceux qui sont prets à faire tout ce qui se peut pout entretenir encore la communion éxterieure, sont catholiques en effet”. A I, 6, 325. 28 A I, 4, 336. 29 A I, 4, 326; 377; and 343.
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preserving and handing down western culture30. But he felt that it must enact a project of salvation in which all Christians with their diversity must be included. Therefore, he can envisage uses for the church which must surprise and even alienate a more conventional believer. One wonders what the Landgrave thought of Leibniz’s proposal to rationalise the church’s many religious orders and give each the role that they could best carry out. The Benedictines with their large landownings would do research on animals, plants and minerals as well as run hospitals. The Franciscans would care for the poor in the cities and large towns and would learn surgery. The Dominicans and Jesuits would specialise in intellectual activities. The brothers of Mercy would specialise in missionary work while those who lived retired from the world would engage in mathematics. It is very clear that this division would be functional but equally clearly it did not take into account the traditions and sensibilities of the people concerned. All in all, Leibniz’s religiosity, leaving aside his extraordinary erudition in church history and his profound knowledge of theology, is basically orientated towards the furthering of the common good by appealing to reason. The accent is on reason both in its capacity to order and integrate past knowledge and in its necessary contribution towards planning. Ultimately, charity involves action. But in no way does he attempt to overcome traditional religiosity putting his version in the place of the previous visions. On the contrary, the components of the latter largely pass over to his synthesis – the attention to revelation, the ethical consequences of faith, the importance of rituals, the relevance of institutionalising religion. In this way he does not completely deny the validity of any of the previous versions of Christianity. However, the accent is now placed on political and administrative action on the part of authority and the creation of a framework where humanity can improve its communication and cooperation. 8. How does this religiosity work in Leibniz’s case? To be effective one has to take into account the real possibilities of a current situation. The feasibility of a negotiation such as that in which Leibniz participated, is conditioned by time and place. In 1690 it appeared to be in the interest of the House of Hannover, bent on acquiring the status of elector, to support Cristóbal de Rojas who was acting as representative both of the Pope and of the Emperor. After 1707 and the British Parliament’s Act of Succession, there was a real possibility of Duchess Sophie or George Louis, her son, becoming queen or king of England, which in fact took place in 1714. The crucial point that made the Hannoverians eligible was that they were Protestants. From this period onwards, Leibniz does not desert his irenic ideals but he channels them into supporting better understanding between Luther30 “[…] il est fort souhaittable que Dieu ait établi une Societé dont l’authorité soit capable de nous assurer. J’avoue mème qu’il y a bien des raisons que rendent probable l’opinion qu’il y en ait”. A I, 4, 367.
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ans and Calvinists, using his position in Berlin where Sophie’s daughter, Sophie Charlotte, became Queen of Prussia, and looking for openings in Britain31. In no way does Leibniz desert his original search for the unity of mankind, but the political circumstances lead him to where his work could be effective. The underlying philosophical principles did not change. Thus, one can speak of a second order discourse which integrates different religions looking for a practical understanding and respecting each of them in their differences. He was opposed to Deism or Socianism as alternatives to more traditional religions because his basic intent was to preserve what had been built over time and not substitute them by new versions32. He certainly did not understand his work as a form of overcoming traditional religions but rather, at the most, of making them more efficient and more intellectually explicit. It is clear that in the negotiations we are examining the two parties were not on equal ground. Catholicism had behind it size and tradition, but that was not really an obstacle to the effort to integrate the plurality of religions into a common framework. In this context, Leibniz redefined his notions of love and of justice. The real point is that love and justice are fused so that what is immanently good receives its practical and theoretical acknowledgement33. What has to be stressed is that love has to be adequate to the degree of perfection of its object. Thus, practical activity has to be ruled by a sense of justice. To Madame de Brinon he wrote: […] la charité n’est autre chose qu’une amitié generale qui s’etend a tous mais avec distinction, car elle doit estre reglée par la justice selon les degrés de perfection qui se peuvent trouverou introduire dans les objets. Plus on est porté par le bon naturel ou par habitude, a se faire plaisir du bonheur d’autruy, plus on a de la disposition à cette vertu sublime, qu’on appelle la justice, puisqu’elle n’est autre chose, qu’une charité conforme a la sagesse, et que le veritable sagesse est en effect la science de la felicité ou de la perfection34.
The subject according to his power is moved to do his best for the world. What is decisive is the vision of the individual’s action in society which is inspired by the perception of the power of politics and ruled by a sense of justice. At this point, I think it is important to try to define this Leibnizian concept of justice35 in more detail. In his dealings in religious matters, the idea of justice is present as a rule that must be followed by the individual, particularly if he has power. This rule, in turn, has to be applied to different circumstances. Leibniz’s first teaching on justice is the threefold reformulation of Aristotle’s teachings. A well-known passage is from the Preface of the Codex juris gentium diplomaticus: 31 Cf. Roesler-LeVan: D. E. Jablonski and G. W. Leibniz: Negotium Irenicum, L’union des Églises protestantes selon G. W. Leibniz et D. E. Jablonski, Paris 2013. 32 As I understand the issue this led him to criticise Socianism (A I, 6, 159). 33 “Ceux qui demandent pour la foy non seulement la creance qui est un acte d’entendement, mais encore fiduciam qui est un acte de volonté, font á mon avis un melange de la foi et de la charité. Car cette confiance bien prise est le veritable amour de Dieu”. A I, 3, 261. É. Naert: Leibniz et la querelle du pur amour, Paris 1959. It is useful for these subjects, particularly p. 156 where explicit mention is made of the practical character of faith. 34 A I, 6, 198. 35 Cf.: G. Gaston: La justice Humaine selon Leibniz, Paris 1956.
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Ex hoc jam fonte fluit jus naturae, cuius tres sunt gradus: jus strictum in justitia commutativa; aequitas (vel angustiore vocis sensu caritas) in justitia distributiva denique pietas (vel probitas) in justitia universali: unde neminem laedere, suum cuique tribuere, honeste (vel potius pie) vivere, totidem generalisima at pervulgata juris preacepta nascuntur36.
This division has to be applied taking into account the variety and complexity of real life. Perfection must be sought after in a practical way. One could, with reservations, speak of a dialectic in so far as the lower levels anticipate the higher ones, but in real life, more than this theoretical ascent we are faced by the struggle to impose these concepts piecemeal, according to the possibilities of the circumstances in which we find ourselves. And possible gains in one area may be accompanied by losses in another. Though Leibniz is guided by the idea of immanent force, his ethics and politics reflect a more realistic approach by which our actions have to be grounded in the knowledge of possibilities and consequentially the actor is faced not only with his contingency but also with the need to come to terms with reality. We should therefore study these degrees of justice, one by one. Leibniz understood that the love of God above all things, and the virtue of charity it involves, implied an acknowledgment of the unity of mankind and this was more than an agreement on religious tenets, it was a practical venture. “Neminem laedere”. This principle points towards the condition of the other two. It is the duty of authority to guarantee certain security without which it is impossible to arrive at a higher level of justice. This first level, however, can be enacted through prudential reasons, seeking peace in the realm without arriving at other considerations. The idea of tolerance should be differentiated from approval. The case in Germany was particularly complicated because the principle of ‘cuius regio, eius religio’ had to be applied in very different circumstances. Hannover, with Leibniz’s original employer John Frederick, was a case in point. His conversion to Catholicism did not imply a change in the official religion, which was Lutheran. There is an important distinction between civil and ecclesiastical tolerance. Leibniz was in favour of both, but the second was formally the object of the negotiation whereas the first should be considered as a prerequisite. He wrote, thinking of civil tolerance, to the Landgrave: […] il faudroit que les puissances s’accordassent premierement quant à la tolerance mutuelle, pour addoucir les esprits, avant que d’esperer une reunion37.
‘Suum cuique tribuere’. Possibly this is the most relevant level of justice in so far as the irenic negotiations go. By ‘most relevant’ I mean that it is that which is consciously invoked and used by both sides during the negotiation. Generally ‘suum cuique tribuere’ means that justice has to repair or compensate some fault or limitation. Thus, the just man takes on himself the needs of the other. One does not demand for oneself but accept and further the stated or unstated requirements of the other party. The implication is that each party must make 36 A I, 4, 5, Z. 61. 37 Ibid., 352.
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clear its position for the other to accept. In the case of an irenic negotiation such as the one in which Leibniz and Bossuet took part, the issues at the forefront are related to the mutual acknowledgement of the other as a member of the same community. Here the role of reason is extremely important. It appears as the mandate to acknowledge the other as a fellow-member of the same community. The resulting unity would be that of Christians, and to achieve this at an intellectual level Leibniz seeks to establish the common denominator of Lutherans and Catholics that would allow them to merge. Part of this is accomplished in writings of the period such as Sistema Theologicum and Discours de Metaphysique38. Leibniz in fact offers solutions that hopefully would be valid for the other side. His presentation wishes to be neutral, that is, valid for both parties in so far as it contains positions shared by both. Leibniz offers the incorporation of the Lutherans and their submission to the Catholic Church’s hierarchy, but on the other hand the condition would be that certain questions would be dealt with at a future council attended by the Protestants. The composition of the council remains central and the precedent of Trent showed how very difficult it can prove. There is also the need for both sides to accept the other, which is not only a formal requirement – that certain issues should be resolved later – but also implies deciding what should be dealt with at a council and what should be decided at the moment of reincorporation of the Lutherans. Beyond the general statements on the part of Leibniz as mentioned above, the negotiations never reached that stage. ‘Pie vivere’ or justice as the charity of the wise. In this case, Leibniz returned to a different point of view, understanding that an agreement between religions was in place and that the issue now would be to make use of the better possibilities allowed by the new situation. Working from inside a community and with the degree of power which this allows, it is possible to contribute to the best of all possible worlds. Aussi la charité n’est autre chose qu’une amitié generale, qui s’etend à tous mais avec distinction, car elle doit estre reglée par la justice selon les degrées de perfection qui se peuvent trouver ou introduire dans les objets. Plus on est porté par le bon naturel ou par l’habitude, a se faire plaisir du bonheur d’autruy, plus on a de la disposition à cette vertu sublime, qu’on appelle la justice, puisqu’elle n’est autre chose, qu’une charité conforme a la sagesse, et la veritable sagesse est en effect la science de la felicité oú de la perfection39.
It is from this point of view that politics emerges for mankind as the highest of all activities. Therefore, when Leibniz appeals to charity he is not only thinking of the love of God above all things but also of maintaining and reinforcing the unity of civilisation. The unity he conceives is basically a community in practice which is en-
38 Cf.: Oeuvres de Leibniz, vol. 1, p. XLI for the context in which the Sistema Theologicum was written. 39 A I, 6, 198.
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dangered by the schism between Protestants and Catholics. He could write to the Landgrave […] quelques Sçavans hommes trouvent bon, qu’on se contente de ce qu’il y a de plus essentiel dans la religion Chrestienne, et qu’on reconnoisse pour freres, ceux qui en demeurent d’accord, laissant la liberté de croire ou de ne pas croire plusieurs articles qui sont en contestation. Parce qu’ils sont persuadés, qu’autrement il n’y a point d’union fraternelle à esperer, à moins que l’un ou l’autre party ne soit renversé, ce qui ne se sçauroit faire sans user des grands violences40.
9. Leibniz’s position at the Hannover Court led him to take part in the negotiations between Catholics and Protestants, but his way of doing so, the intellectual positions he develops, the conclusions he arrives at, the methods he follows, go back to a life-long involvement in theology. The irony of this situation is that no seventeenth-century philosopher was nearer to the exercise of political power than Leibniz, and yet his position at the Court of Hannover was far distant from the higher echelons of civil servants in the service of the Duke41. The position he built up was the result of his personal relationships, in this case, Duchess Sophie, the great initiator of this bout of negotiations, and Gerhard Molanus who followed him in a negotiation, despite his important status as leading theologian of the Court of Hannover.
40 A I, 4, 380. 41 Cf.: N. Rescher: “Leibniz finds a Niche (1676–1677)”, in: Id.: On Leibniz. Expanded Edition, Pittsburgh 2003, pp. 219–256. “Step by step, Leibniz gradually succeeded in creating for himself the totally nonstandard niche as an intellectual factotum, an expert-in-residence on matters of learning, science, and technology in a way unprecedented before and unparalleled after”.
LEIBNIZ UND DER LUTHERISCH-REFORMIERTE PRÄDESTINATIONSSTREIT Von Jan Rohls (München) Das Interesse an einer innerprotestantischen Kircheneinheit wuchs Ende des 17. Jahrhunderts vor allem aus politischen Gründen. Zum einen enthielt der, den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendende, Friede von Rijswijk von 1697 eine für die Protestanten ungünstige Klausel. Frankreich hatte zwar auf seine pfälzischen Erbansprüche verzichtet und sich zur Herausgabe seiner nicht-elsässischen Reunionen verpflichtet, aber das Zugeständnis erreicht, dass die in diesen Gebieten durchgeführte Rekatholisierung nicht rückgängig gemacht werden durfte. Dieser Wechsel des Konfessionsstands in annähernd 2000 Orten bedeutete eine merkliche Schwächung des Protestantismus im Reich. Zum andern waren alle Bemühungen um eine Kircheneinheit zwischen Protestanten und Katholiken, an denen auch Leibniz beteiligt war, erfolglos geblieben, so dass man nun zumal nach dem Frieden von Rijswijk daran interessiert war, zumindest die kirchentrennenden Differenzen zwischen Lutheranern und Reformierten zu überwinden. Besonders groß war dieses Interesse traditionell in Brandenburg, wo das Herrscherhaus der Hohenzollern seit dem Konfessionswechsel Johann Sigismunds reformiert war, während die Bevölkerungsmehrheit von Lutheranern gestellt wurde, was immer wieder zu Konflikten zwischen den beiden Religionsparteien führte. Das Interesse an einer Kirchenunion hatte bereits in der Vergangenheit zu Kontakten zwischen dem reformierten Hof und der nicht auf dem nicht-konkordistischen Luthertum der braunschweigischen Landesuniversität Helmstedt geführt, wo Georg Calixt von einem Fundamentalkonsens zwischen Lutheranern und Reformierten ausging. Diese Auffassung teilte nicht nur Leibniz, sondern auch der Calixtschüler Gerhard Wolter Molanus, der Leiter der lutherischen Landeskirche in Hannover und Abt von Loccum, als sie in Unionsverhandlungen mit dem reformierten Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski traten; einem Enkel von Comenius, der 1699 zum Bischof der Bruderunität geweiht wurde. Als Vorbild für eine geeinte protestantische Kirche schwebte ihnen die bischöfliche Kirche von England vor, die Jablonski während seines Studiums in Oxford schätzen gelernt hatte. Die geheim geführten Unionsgespräche unter dem Titel ‚negotium irenicum‘ wurden sowohl von Kurfürst Ernst August von Hannoverals auch und vor allem von Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg unterstützt; zumal Brandenburg, nach der 1697 erfolgten Konversion Augusts des Starken zum Katholizismus, die Rolle als Haupt der protestantischen Stände im Regensburger Reichstag zugefallen war.
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Im Folgenden soll es nun nicht darum gehen, den Verlauf der Unionsverhandlungen im Einzelnen zu verfolgen. Vielmehr soll anhand der zwei wichtigsten Dokumente, die sie hervorgebracht haben, gezeigt werden, welche Stellung Leibniz zu einem zentralen theologischen Kontroverspunkt zwischen Lutheranern und Reformierten bezog, nämlich zur Prädestinationslehre. Bei dem ersten Dokument handelt es sich um Jablonskis Kurtze Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides, im Glauben beyder Evangelischen so genandten Lutherischen und Reformirten Kirchen: woraus zugleich erhellet, daß sothaner Unterscheid den Grund Christl[ichen] Glaubens keineswegs anfechte. Dieses Gutachten überbrachte der brandenburgische Gesandte Ezechiel von Spanheim Leibniz im Dezember 1697, und es bildete die Basis der weiteren Verhandlungen. Gemeinsam mit Molanus und in Rücksprache mit den Helmstedter Theologen Johann Fabricius und Johann Andreas Schmidt verfasste Leibniz daraufhin eine erste Fassung des Unvorgreifflichen Bedenckens über eine Schrift genandt ‚Kurtze Vorstellung der einigkeit und des unterscheids im glauben beeder protestirenden Kirchen’, eine Antwort auf Jablonskis Schrift, die im Januar 1699 fertiggestellt worden war. Es war aber nicht diese umfangreiche Abhandlung, die Leibniz bei seinem Berlinbesuch Anfang Februar desselben Jahres dem reformierten Hofprediger überreichte, sondern eine von ihm selbst stark gekürzte und umgearbeitete Fassung, die sich auf die hauptsächlichen theologischen Kontroverspunkte beschränkt. Und diese Fassung war es dann auch, die er in einer Audienz dem preußischen König Friedrich I. 1704 übergab. Jablonski ging davon aus, dass Lutheraner und Reformierte sich in ihrer Religion nicht nur auf die drei altkirchlichen Glaubensbekenntnisse und die vier ökumenischen Konzilien stützten, sondern auch auf die Confessio Augustana. Und zwar würden die Reformierten sich keineswegs nur zur Variata, sondern auch zur Invariata bekennen, als deren Erläuterung Melanchthon die Variata verstanden wissen wollte. Lutheraner und Reformierte verfügten also Jablonski zufolge über eine gemeinsame Bekenntnisbasis. Seine eigene Vorgehensweise bei dem Vergleich der lutherischen und der reformierten Position beschrieb er folgendermaßen: Erstens will man einen Artikul nach dem anderen durchgehen, und bey jedem Articul zuerst den Consensum, und worinn beyde Evangelische Theile einig sind, anzeigen. Zweytens, wann einiger Articul kommt, worinn man discrepiret, will man solchen Dissensum, und worinn selbiger besteht, ausführen: Und dann drittens will man darthun, daß solcher Dissensus nicht in fundamentalibus bestehe, oder den Grund Christlichen Evangelischen Glaubens umbstoße1.
Einen wirklichen oder vermeintlichen Dissens stellte Jablonski bei den Artikeln von der Person und vom Amt des Erlösers, von der Taufe und ihrer Notwendigkeit, vom Abendmahl, von der Beichte, bei der Buße und bei der Gnadenwahl fest. Leibniz ging in seiner Antwort ausschließlich auf die Artikel von den göttli1
H. Rudolph: „Zum Nutzen von Politik und Philosophie für die Kirchenunion. Die Aufnahme der innerprotestantischen Ausgleichsverhandlungen am Ende des 17. Jahrhunderts“, in: M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith (Hrsg.): Labora Diligenter (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29), Stuttgart 1999, S. 128-164, 130f.
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chen Eigenschaften, von der Person Christi, von der Gnadenwahl und vom heiligen Abendmahl ein. Ich selbst wiederum werde mich auf die Lehre von der Gnadenwahl beschränken und die Lehre von den Eigenschaften Gottes nur deshalb berücksichtigen, weil Leibniz einen engen Zusammenhang zwischen beiden Lehren hergestellt hat. GOTT UND SEINE EIGENSCHAFTEN BEI JABLONSKI UND LEIBNIZ Was den Artikel von den göttlichen Eigenschaften betrifft, so sah Jablonski hier überhaupt keinen Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten. Zwar warfen einige den Reformierten vor, als würden ihre Lehraussagen die göttliche Wahrheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit, Barmherzigkeit und Allmacht beleidigen. Aber in Wirklichkeit herrschte hier durchaus Einigkeit zwischen beiden Kirchen und die reformierte Kirche lehrte nichts, was diese Eigenschaften verletzte oder aufhob2. Leibniz, der die Lehre von den göttlichen Eigenschaften zur natürlichen Theologie rechnete, sah hier zwar gleichfalls keinen grundsätzlichen Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten. Aber er behandelte die Lehre gleichwohl in aller Ausführlichkeit, weil die Lutheraner der Auffassung waren, dass die Reformierten zwar nicht in der Lehre von den Eigenschaften selbst von den Lutheranern abwichen, dass sich aber aus anderen von ihnen vertretenen Lehren solche Abweichungen als Konsequenzen ergaben. Dabei stellte sich vor allem die Frage, ob die Lutheraner diese Auffassung zu Recht vertraten. Erstens ist von lutherischer Seite gegen die Reformierten der Vorwurf erhoben worden, dass sie die Allmacht Gottes leugneten, weil sie die bestritten, dass Gott die Gegenwart des Leibes Christi zur selben Zeit an vielen Orten bewirken könne. Das ist aber Leibniz zufolge nicht der Fall, was er an folgendem Syllogismus verdeutlichte: Alles, was keinen Widerspruch impliziert, ist Gott möglich; es impliziert keinen Widerspruch, dass ein Leib zugleich an vielen Orten gegenwärtig dargestellt wird; also ist es Gott möglich. Denn die Reformierten leugneten keineswegs den die Allmacht Gottes implizierenden Obersatz, sondern nur den Untersatz. Aber dass die Reformierten die Allmacht Gottes bestritten, war gar nicht der entscheidende Vorwurf der Lutheraner. Sondern Leibniz bemerkte zu Recht: Die meisten Klagen, so gegen die Reformirten wegen Götlicher eigenschafften von den Unserigen geführet werden, uns absonderlich deßen Heyligen willen, gerechtigkeit, güte und weißheit betreffen, rühren her von dem absoluto Electionis vel Reprobationis decreto3.
Weil die genannten Attribute Gottes durch die Lehre vom absoluten Dekret der Erwählung und Verwerfung aufgehoben würden, musste den Lutheranern zufolge diese Lehre selbst als gefährlich abgelehnt werden, während Leibniz um einen Ausgleich bemüht war. Er ging dabei von dem Grundsatz aus, dass alle göttlichen Attribute miteinander kompatibel sein müssten. Auch wenn Gott nicht nur barm2 3
Vgl. Ebd., S. 131. A IV, 7, 463.
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herzig, sondern die Barmherzigkeit selber ist, kann er nichts bewirken, was seiner Gerechtigkeit widerspricht. Ebenso müssen Wirkungen seiner Allmacht und Güte mit seiner Weisheit in Einklang stehen. So hätte Gott zwar aufgrund seiner Allmacht, kraft derer er alles tun kann, was keinen Widerspruch impliziert, viele Dinge erschaffen können, die er nicht erschaffen hat, und zwar weil seine Weisheit es nicht für nötig befunden hat. Auch hätte Gott aufgrund seiner Güte bewirken können, dass es keinem Geschöpf an irgendeinem Gut mangele. Weil aber die weißheit Gottes solches nicht vor diensahm gehalten, gibt es arme und reiche, kluge und einfältige, schon und heßliche, starck und schwache frölige und traurige. So gahr wan Gott, der allein guht, und die gühte selbst ist, das böse zu läßet, ob wihr schon die bewegende uhrsach, die Gott dazu veranlasset, nicht allemahl wißen, so müssen wir doch der höchsten Weißheit Gottes halber mit dem heyligen Augustino dafür halten, Deum non permittere malum nisi majus bonum faceret de malo.4
Ebenso muss schließlich die Wirkung der Gerechtigkeit Gottes mit der Weisheit und Güte Gottes harmonieren. An dieser Stelle taucht nun zweitens die Frage nach dem Recht Gottes auf, ob nämlich Gott das Recht zu allem hat, was ihm möglich ist, wenn er es nur will, so dass er rechtmäßig Unschuldige der ewigen Verdammnis überantworten kann. Eben dies ist die Frage, die sich im Hinblick auf die reformierte Prädestinationslehre stellt, die das Recht Gottes sich soweit erstrecken lässt. Beza, Zanchi, Piscator und andere Reformierte folgten hier nur Thomas Bradwardine, Pierre d’Ailly und anderen Spätscholastikern. Denn wenn Gott das Recht hat, alles zu tun, was er will, dann ist es auch kein Unrecht, wenn er einige als Gefäße des Zorns erschafft. Leibniz führt Moses Amyraut an, der diese Auffassung dadurch zu mildern versuchte, indem er erklärt, dass ‚Recht‘ hier so viel bedeute wie ‚Nichtstrafbarkeit‘. Dass Gott das Recht zu allem habe, bedeute danach nur, dass er, weil er keinem Gesetz eines übergeordneten Richters unterworfen ist, nichts Strafbares tun könne. Aber Leibniz zufolge lässt sich das Recht Gottes nicht auf die Nichtstrafbarkeit aller seiner Handlungen reduzieren, […] zumahlen alhier von einer solchen gerechtigkeit die frage ist, die mit der güte und weißheit gottes bestehen kann, ja in der that aus beeden entspringet […]5.
Denn die „[…] wahre justitz[…]“ besteht nicht in der Nichtstrafbarkeit, sondern in der der Weisheit entsprechenden allgemeinen Gutwilligkeit. Und sonderlich kann und muß sie bey Gott nichts anders seyn, alß die allgemeine guhtwilligkeit Gottes, kraft deren er geneigt ist, das guhte und böse seiner höchsten weisheit gemäß gegen andere zu dispensiren, und zwar das gute, so viel thunlich, das böse oder malum poenae aber, so viel zur erstattung des übels und zu erlangung eines größeren guhtes dienlich.6
Unter dieser Voraussetzung würde aber die Verdammung eines Unschuldigen kein mit der Gerechtigkeit Gottes vereinbarer Akt sein. Vielmehr habe ein unschuldiger Mensch umgekehrt das Recht, von Gott nicht bestraft zu werden. 4 5 6
A IV, 7, 463 und 465. A IV, 7, 467. A IV, 7, 467.
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Leibniz hielt es für eine Wahrheit der natürlichen Vernunft, dass Gott nicht nur die höchste Weisheit und Güte, sondern auch die vollkommenste Gerechtigkeit sei, so dass kein Grund bestünde, sich über Gott zu beklagen. Vielmehr resultierten alle Klagen über Gott aus der bloßen Unkenntnis und Verborgenheit der Beweggründe seines Handelns. Leibniz wand sich auch gegen die Vorstellung, dass der Wille Gottes das Recht mache. Danach wäre etwas gut und recht, weil Gott es wolle, und es verhält sich nicht umgekehrt, dass Gott etwas wolle, weil es an sich gut und recht sei. Manche gingen sogar so weit, dass sie es auf den Willen Gottes zurückführten, dass zwei mal zwei vier sind. Jene Vorstellung, dass der Wille Gottes das Recht mache, wie sie unter anderem von Piscator vertreten wurde, wurde allerdings von Voetius und Amyraut bestritten, denn ansonsten […] würden aeternae veritates keine gewisheit in sich haben, selbst bonitas et iustitia Dei würden nur denominationes extrinsecae, ja gahr in der that ohne grund seyn, wan ihre wahrheiten von gottes willen allein herrühreten7.
Wäre dem wirklich so, dann gäbe es keinen Grund, Gott wegen seiner Werke zu loben, da es keinen allgemeinen Maßstab der Güte gäbe. Seine Werke wären ja allein deshalb gut, weil er sie bewirken wollte. Auch gäbe es in diesem Fall keinen anderen Beweggrund für die ewigen Ratschlüsse Gottes als seinen Willen. Dagegen vertrat Leibniz die Auffassung, dass Gott nicht aufgrund seines bloßen Willens, sondern aufgrund seines Wesens der Ursprung von allem Wahren und Guten sei. Die ewigen Wahrheiten haben ebenso wie das Gute und Gerechte ihren Grund in dem ewigen Wesen Gottes und nicht in den Ratschlüssen seines Willens. Sonst mögte man endlich gahr sagen, wan alle wahrheiten aus gottes freyen willen entstanden, so wäre auch veritas Existentiae divinae eine würckung des freyen willen gottes, quod absurdissimum. Nun bestehen ja gerechtigkeit, gühte, Schönheit nicht weniger alß die Mathematische Dinge in gleichheit und proportion, und sind also nicht weniger aeternae et necessariae veritatis8.
Wir erkennen aber die ewigen Wahrheiten ebenso wie die Grundsätze der Güte und Gerechtigkeit dank der Gnade Gottes aus dem Licht der Natur, und aus ihnen können wir auf die Vollkommenheiten Gottes rückschließen. Der dritte Vorwurf der Lutheraner gegen die Reformierten traf die von der Gerechtigkeit unterschiedene Heiligkeit Gottes. Diese sahen die Lutheraner bei den Reformierten bedroht, weil sie Gott zum Urheber der Sünde machten. Allerdings meinte Leibniz auch in diesem Fall, dass dies innerhalb des reformierten Lagers durchaus bestritten würde. Die Heidelberger Theologen Paraeus und Sohnius hätten sich ausdrücklich gegen diese Auffassung verwahrt, die bei Calvin durchaus begegnete. Allerdings hätten sich die Reformierten bemüht, Calvins Aussage, dass Gott der Urheber der Sünde ist, so zu interpretieren, dass damit nur die Zulassung der Sünde gemeint ist. Danach ließe Gott die Sünde um eines größeren Gutes willen zu, eine Auffassung, der Leibniz seine Zustimmung erteilte. Es fragt sich aber, wer oder was, wenn nicht Gott, der wahre Urheber der Sünde oder 7 8
A IV, 7, 469/471. A IV, 7, 471.
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des Bösen sei. Die manichäische Rückführung des Bösen auf ein böses Prinzip neben einem guten wurde ebenso verworfen wie seine Erklärung aus der Materie. Stattdessen griff Leibniz Augustins Erklärung des Bösen aus der unvermeidlichen Beschränkung und natürlichen Unvollkommenheit der Geschöpfe auf. Daß aber die Creaturen mit solcher unvolkommenheit geschaffen, rühret daher, daß Gott creaturen, und nicht götter[,] welches ohnmüglich[,] schaffen wollen9.
Die Unvollkommenheit ist somit etwas, was den Menschen als Geschöpf, auch schon vor dem Fall, trotz seiner Gottebenbildlichkeit, auszeichnet, und sie tritt nach dem Fall des ersten Menschenpaares mit der Erbsünde nur umso deutlicher hervor. Das Böse in der sündigen Handlung beruht danach ausschließlich auf dem Ungehorsam, der Unwissenheit, Unbedachtsamkeit und Ohnmacht, also auf der natürlichen Beschränktheit des Menschen. Allerdings löst auch diese augustinische Erklärung des Bösen und der Sünde, Leibniz zufolge, nicht alle Probleme. Denn schließlich kann man fragen, ob es Gott, der doch seinem Wesen nach Barmherzigkeit ist, nicht möglich gewesen wäre, den Menschen so zu erschaffen, dass er trotz seiner geschöpflichen Unvollkommenheit wie die guten Engel nicht gefallen wäre oder sich nach dem Fall sofort bekehrt hätte. Doch Leibniz rechnet diese Fragen zu jenen, […] die aus mangel göttlicher Offenbarung im reich der gnaden nicht entschieden werden können, und daher zu ihrer erörterung ins reich der ewigen herligkeit verschoben werden müßen10.
Angesichts dessen, dass Gott den Fall der ersten Menschen und die Sünde des ganzen Menschengeschlechts ebenso vorausgesehen hat, wie die Sündentilgung seines Sohnes und die trotzdem erfolgte ewige Verdammnis der meisten Menschen, fragt es sich, wie der barmherzige Gott überhaupt eine so elende Kreatur wie den Menschen erschaffen haben konnte, da Gott doch überhaupt keiner Kreatur bedürfe. Die supralapsarische Antwort schied für Leibniz aus. Denn sagt man, Gott habe die Menschen […] erschaffen, und erhalte sie bloß umb die glori seiner gerechtigkeit an ihrem ewigen elend und verdamnis zu erweisen, was würde das das endlich anders seyn, als sagen Er habe seine lust und freude an dem tod und verderben des Sünders11.
Die Lust am Unglück ist aber Zeichen der Bosheit, das Gott in einen Tyrannen verwandelte. Wie jeder weise und gütige Regent müsste Gott stattdessen danach trachten, die bösen Taten möglichst zu verhüten, damit er keinen bestrafen müsste. Daher ist es ausgeschlossen, dass Gott den Menschen zur Sünde oder zur Strafe erschaffen hat, sondern man muss mit Luthers beim Deus absconditus Zuflucht nehmen
9 A IV, 7, 475. 10 A IV, 7, 477. 11 A IV, 7, 481.
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[…] und dafür halten, die zulaßung der sünde, und darauff gesetzter straffe habe in der höchsten weisheit und güte Gottes selbst ihre zwar tieff verborgene doch herliche uhrsachen gereichend zu einem höhern überschwencklichen guht12.
Es bleibt daher Leibniz zufolge, angesichts unserer Unwissenheit, nichts anderes übrig, als ein vollkommenes Vertrauen in Gottes Weisheit, Güte und Gerechtigkeit. Er begrüßte es, dass die Reformierten nach der Dordrechter Synode mehrheitlich vom Supralapsarismus und der Lehre von der doppelten absoluten Prädestination abgerückt waren und stattdessen einen Infralapsarismus vertraten, wonach sich die Gnadenwahl auf die Masse der gefallenen, sündigen Menschen bezog und […] in ordine ad Electionem Gott zwar ein decretum absolutum Electionis positivae, nicht aber reprobationis gemacht habe13.
Doch wenn das Erwählungsdekret absolut wäre, dann gäbe es keinen Beweggrund dafür, warum Gott den einen Sünder erwählt und den andern nicht, sodass er auch in diesem Fall so willkürlich handeln würde wie ein Tyrann, was seiner Weisheit widerspräche. Doch viele Reformierte bezogen sich an dieser Stelle auf Luthers Lehre vom Deus absconditus und erklärten, dass es zwar Beweggründe für das göttliche Erwählungsdekret gebe, diese uns aber unbekannt sind. Zwar stimmte Leibniz dem grundsätzlich zu, bestand aber darauf, dass der Wille des Deus absconditus dem Willen des Deus revelatus niemals widersprechen könne und man nicht zu früh beim Deus absconditus Zuflucht nehmen dürfe. Ein vierter und letzter Streitpunkt zwischen Lutheranern und Reformierten betraf die Wahrhaftigkeit Gottes, die die Lutheraner bei den Reformierten aufgehoben sahen, weil sie einen zweifachen Willen Gottes lehrten. Danach wolle Gott seinem geoffenbarten Willen nach, dass alle Menschen heilig sind, während er seinem geheimen Willen nach wolle, dass nicht alle Menschen, sondern nur die Erwählten heilig sind. Der geoffenbarte Wille ist die voluntas signi, der geheime Wille die voluntas beneplaciti. Diese Unterscheidung geht auf Petrus Lombardus und die Sentenzenkommentare der Scholastik zurück. Voluntas signi heißt bey ihnen soviel, alß signum voluntatis, wann nemblich dem effect oder objecto des göttlichen willens der Nahme des willens selbst beygeleget wird14.
Wenn etwa gebetet wird ‚Dein Wille geschehe‘, so ist damit gemeint, dass derjenige Akt geschehen soll, den Gott befohlen hat. Der Wille ist in diesem Fall die vorgeschriebene Handlung. Die voluntas beneplaciti Gottes ist hingegen das, was normalerweise als Wille bezeichnet wird, nämlich der Akt des göttlichen Willens, mit dem Gott etwas will. Leibniz vermochte in der Unterscheidung selbst zwar an sich nichts Unrechtes erblicken. Dahingegen die distinctio Reformatorum Voluntas divinae in signi et beneplaciti wie sie von vielen erkläret zu werden pflegt so gethan ist, dass ein will dem andern entgegen laufft, ja ei-
12 A IV, 7, 481 und 483. 13 A IV, 7, 485. 14 A IV, 7, 489.
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Deswegen bemühten sich zahlreiche Reformierte dann auch zu zeigen, dass ein solcher Widerspruch nicht vorlag. Leibniz verwies auf den in Dessau lehrenden Theologen Markus Friedrich Wendelin, der in seinem Christianae theologiae systema von 1656 folgende Erklärung vorgelegt hatte. Wenn Gott sagt: ‚Ich will, dass ihr alle heilig seid‘, so heißt das so viel wie ‚Ich will, dass ihr alle schuldig seid, heilig zu sein‘. Dem widerspricht es nicht, wenn Gott sagt: ‚Ich will nicht, dass ihr alle heilig seid‘, wenn sich der Wille hier auf den göttlichen Willensakt selbst bezieht. Denn wenn Gott in diesem Sinne wollte, dass alle heilig sind, dann würden ja alle kraft des göttlichen Willens heilig sein. Doch Leibniz zufolge gaben sich die Lutheraner mit einer derartigen Erklärung nicht zufrieden. Dann Gott will nicht allein Uns zur Heiligkeit verbinden, er will nicht allein, daß wihr entweder heilig oder straffbahr seyn sollen, sondern er will wahrhafftig, daß wihr alle sollen heilig und seelig seyn. [...] Dieser wille Gottes ist zwar ein wahrhaffter und ernstlicher wille, geschicht aber leider nicht allezeit16.
Wenn Wendelin hingegen leugnete, dass Gott alle Menschen heilig und selig haben wolle, so zeigt dies, […] daß er nur denjenigen willen vor einen rechten Willen ansiehet, der in der that geschicht, und seine volkommene erfüllung erreichet […]17.
Der Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten resultierte somit aus einer unterschiedlichen Bedeutung des Wortes ‚Wille‘. Die Reformierten verstanden unter dem Willen […] eine vernünfftige Neigung[,] dieses oder jenes zu thun, die so starck, daß, wann die Macht vorhanden, die that ohnfehlbar folgen müsse18.
Denn so gesehen will Gott nichts, was nicht auch wirklich geschieht, so dass er auf diese Weise nicht will, dass alle Menschen heilig sind. Die Lutheraner schlossen sich hingegen laut Leibniz dem gewöhnlichen und auch biblischen Sprachgebrauch an. Danach ist der Wille „[…] eine verständige neigung, woraus die that folget, wan keine hindernis verhanden“19. So gesehen hat der Wille verschiedene Stufen, und zwar „[…] nach gelegenheit der neigung, der hinderniße, des verstandes“20. So wandte auch die souveränste Obrigkeit nicht ständig ihre ganze Macht an, um ihren guten Willen durchzusetzen, sondern ließ aus Gründen der Weisheit um eines höheren Gutes bestimmte Übel zu. Entsprechend wolle zwar auch Gott, dass alle Menschen heilig werden, aber er wolle es nicht
15 16 17 18 19 20
A IV, 7, 491. A IV, 7, 493. A IV, 7, 493. A IV, 7, 493. A IV, 7, 495. A IV, 7, 495.
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[…] mit solchem trieb, daß Er seine höchste Macht brauche, der Menschlichen freyheit, gewalt anthue, oder sonst die auffs weißlichste gemachete ordnung und seriem rerum turbire21.
Daher lehnte Leibniz die Einschränkung des Willensbegriffs bei Wendelin und zahlreichen anderen Reformierten ab und begrüßte die Abkehr der reformierten Universalisten von ihm, weshalb er schließlich keinen ‚wahren erheblichen streit‘ zwischen Lutheranern und Reformierten in der Lehre von Gottes Attributen mehr sah22. DIE GNADENWAHL BEI JABLONSKI Am ausführlichsten geht Jablonski auf den lutherisch-reformierten Dissens in der Frage der Gnadenwahl ein, die in der Confessio Augustana gar nicht behandelt wird. Es handelte sich um diejenige Frage, über die […] die Bekenner derselben sich am meisten gezweyet; und davon der streit, zwar der zeit nach der letzte, aber der wichtigkeit nach der erste mag geachtet werden […]23.
Dabei unterschied Jablonski drei Systeme der Ratschlüsse Gottes. Das erste ist das von Luther und seinen Gehilfen bis um 1580 beibehaltene System des späten Augustin, das auch von Calvin und einigen Reformierten geteilt wurde. Danach hat Gott ewig vorhergesehen, dass das menschliche Geschlecht in Sünde und Strafe fallen wird, und er hat aus diesem Haufen gefallener Sünder aus freiem Wohlgefallen einige gnädig zur Seligkeit erwählt, andere hingegen rechtmäßig verworfen, um an den einen die Ehre seiner Barmherzigkeit und an den andern die Ehre seiner Gerechtigkeit zu beweisen. Um der Erwählten willen hat Gott Christus in die Welt gesandt, der nur für sie gestorben ist und sie durch seine Gnade bekehrt hat und zur Seligkeit erhält. Das zweite System, das das gegenwärtig in der ganzen lutherischen Kirche herrschende ist, führte Jablonski auf Aegidius Hunnius zurück. Auch in diesem System hat Gott zwar ewig vorhergesehen, dass das menschliche Geschlecht in Sünde und Strafe fallen wird. Aber er hat sich anders als im ersten System des ganzen Haufens der gefallenen Sünder erbarmt und ihnen allen den Erlöser Jesus geschenkt, der für die Sünde aller bezahlt und sie mit Gott versöhnt hat. Doch – und das ist nun das Entscheidende – Gott hat zugleich vorhergesehen, welche durch den besseren Gebrauch ihres durch die zuvorkommende Gnade unterstützten freien Willens der Gnade einen Platz einräumen, den Unglauben aufgeben, an Christus glauben und in diesem Glauben mit ihrem freien Willen beständig verharren und welche nicht. Die ersten hat er erwählt, die anderen hingegen verworfen. Die Erwählung beruht also diesem System zufolge auf dem von Gott vorhergesehenen und durch den freien Willen mitbedingten beständigen Glauben. Das von einigen Reformierten vertretene dritte 21 A IV, 7, 495. 22 A IV, 7, 497. 23 [D. E. Jablonski]: Kurtze Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides, Beilage in: M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith (Hrsg.): Labora Diligenter, S. 149.
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System bildet schließlich einen Mittelweg zwischen den ersten beiden. Es hält zwar im Unterschied zum ersten und in Übereinstimmung mit dem zweiten System an der Allgemeinheit der göttlichen Gnade fest, räumt aber wie das erste und anders als das zweite System dem freien Willen des Menschen nichts ein. Auch im dritten System hat, wie in den beiden anderen Systemen, Gott ewig vorhergesehen, dass das Menschengeschlecht in Sünde und Strafe fallen wird. Wie im zweiten System hat sich Gott des ganzen Haufens der gefallenen Sünder erbarmt und ihnen allen den Erlöser Jesus geschenkt, damit sie alle durch sein Blut erlöst und durch den Glauben an ihn selig werden. Zu diesem Zweck hat er beschlossen, allen das Evangelium zu predigen und ihnen genügend Gnade anzutragen, durch die sie zum Glauben und zur Seligkeit gebracht werden sollen. Weil Gott aber vorhergesehen hat, dass alle diese Gnade abweisen und in Unglauben und Bosheit verharren würden, habe er nach freiem Wohlgefallen eine bestimmte Zahl dieser Undankbaren zum Erweis seiner Barmherzigkeit von Ewigkeit her erwählt, um sie in der Zeit durch seine Gnade zu bekehren und zum Glauben und zur Seligkeit zu bringen. Die anderen habe er hingegen zum Erweis seiner Gerechtigkeit in ihrer Verstockung belassen. Dieses dritte System […] ist die Lehre dererjenigen Reformirten, die man etwa ins gemein Universalisten zu nennen gewohnet worden […]24.
Diese universalistisch genannte Lehre wurde Jablonski zufolge nicht nur in den reformierten Kirchen Englands, Frankreichs, Hollands, Polens und Deutschlands toleriert, sondern wurde in der märkischen reformierten Kirche auch kurfürstlich genehmigt. Der allgemeine Artikel von der Gnadenwahl impliziert vier besondere Artikel, nämlich erstens den vom Ratschluss der Gnadenwahl, zweitens den von Erlösung und Verdienst Christ, drittens den von der Bekehrung des gefallenen Menschen und viertens den von der Beharrung des Bekehrten im Glauben. Jablonski ging so vor, dass er zunächst die Übereinstimmung zwischen Lutheranern, reformierten Partikularisten und Universalisten in den einzelnen Artikeln festhielt. Was den ersten Artikel von dem Ratschluss, also dem Dekret der Gnadenwahl angeht, so stimmten alle drei Parteien darin überein, dass erstens allem zeitlichen Geschehen ein ewiger göttlicher Ratschluss zugrunde liegt. Zweitens ist Gott in allen Ratschlüssen vollkommen heilig, weise, gerecht und barmherzig, so dass er nicht die Ursache der Sünde sein kann. Vielmehr haben alle Menschen in Adam selbst gesündigt, so dass Gott ihnen kein Unrecht zugefügt hätte, wenn er sie dem ewigen Tod überlassen hätte. Dass er beschlossen hat, seinen Sohn hinzugeben, damit alle, die an ihn glauben, nicht im ewigen Tod bleiben, ist hingegen drittens ein Beweis seiner Barmherzigkeit. Viertens steht außer Frage, dass es eine Gnadenwahl bestimmter Menschen zum ewigen Leben und eine Verwerfung bestimmter Menschen zum ewigen Tod gibt, wobei die Zahl der namentlich nur Gott bekannten Auserwählten festliegt. Fünftens ist die Gnadenwahl nicht im Menschen, sondern ausschließlich in der freien Gnade Gottes in Christus begründet. Daher kann 24 A IV, 7, 151.
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sechstens aufgrund des göttlichen Ratschlusses kein Mensch selig werden, als nur durch den Glauben an Christus, so wie umgekehrt ein Mensch nur aufgrund seines Unglaubens wird verdammt wird. Der Glaube aber ist siebtens eine Gabe Gottes und stammt nicht vom Menschen. Achtens erlangt der Mensch Erwählungsgewissheit aus den Früchten des Heiligen Geistes, das heißt aus seinem Glauben an Christus, aus seiner Gottes- und Menschenliebe sowie aus seinem Hungern nach Gerechtigkeit. Die Lehre von der Gnadenwahl dient neuntens den Gläubigen zum Trost, den Ungläubigen hingegen zum Schrecken. Weil aber zehntens vieles im göttlichen Ratschluss unbegreiflich ist, muss man sich an die Schrift als Richtschnur halten25. Während in diesen zehn Punkten ein Konsens zwischen Lutheranern und den beiden reformierten Fraktionen bestand, stimmte die universalistische Fraktion der Reformierten noch in einem weiteren Punkt mit den Lutheranern überein, und zwar darin, dass Gott keinen gefallenen Menschen mit seiner Gnadenwahl übergehe, dem er nicht zuvor Christus als Erlöser angeboten hatte26. Der Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten bestand hingegen in folgendem Punkt. Den Lutheranern zufolge geschah die Erwählung wegen des vorhergesehenen Glaubens, den der Mensch aufgrund des freiwilligen Gebrauchs der Gnade hat. Die Reformierten waren demgegenüber der Meinung, dass die Erwählung nur aufgrund des freien Wohlgefallen Gottes geschehe, der keinen Glauben im Menschen vorhersehen kann als nur den, den er ihm zu geben aus Gnaden beschlossen hat. Auch beim zweiten Artikel, der die Erlösung und den Verdienst Christi betrifft, führte Jablonski zunächst die Punkte an, die zwischen Lutheranern und Reformierten unstrittig waren. Erstens verlange es die Gerechtigkeit Gottes, dass die Sünde gegen Gott die ewige Strafe zur Folge hat, der wir nur entgehen können, wenn der göttlichen Gerechtigkeit genug geschehe. In Aufnahme der Satisfaktionslehre Anselms von Canterbury heißt es dann zweitens, dass Gott aus unendlicher Barmherzigkeit seinen Sohn zum Sühnopfer und Lösegeld für unsere Sünde gegeben hat, weil kein Geschöpf Gottes Zorn ertragen und uns erlösen konnte. Das von Christus am Kreuz gezahlte Lösegeld ist aber drittens, weil Christus nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist, von unendlichem Wert und genügt daher zur Tilgung aller Sünden. Kraft dieses Verdienstes Christi werden viertens unzählige Menschen zum ewigen Leben erlöst, während die Tatsache, dass viele nicht selig werden, nicht aus einem Mangel des Lösegeldes, sondern aus deren eigener Schuld resultiert27. Schließlich stimmten die reformierten Universalisten mit den Lutheranern noch in einem fünften Punkt überein. Sie meinten nämlich, anders als die reformierten Partikularisten, dass Christi Verdienst und Sühnopfer nach Gottes Absicht für alle Menschen sei und nur derjenige von ihm ausgeschlossen sei, der sich selbst durch willentlichen Unglauben von ihm ausschließe28. Der Dissens zwischen Lutheranern und reformierten Partikularisten bestand hingegen darin, 25 26 27 28
Vgl. A IV, 7, 151f. Vgl. A IV, 7, 154. Vgl. A IV, 7, 152. Vgl. A IV, 7, 154.
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dass die Lutheraner der Auffassung waren, dass Christus die Sünden aller Menschen getragen und vom ewigen Tod erlöst hat, dass sie aber der Erlösung nur teilhaftig werden, wenn sie an Christus glauben. Gegenüber dieser universalistischen Position waren die reformierten Partikularisten der Meinung, dass Christus ausschließlich für die Erwählten gestorben ist29. Auch hinsichtlich des dritten Artikels, der die Bekehrung des Sünders betrifft, stimmten Lutheraner und Reformierte weitgehend überein. Erstens hat der Mensch, einschließlich seiner Nachkommen aufgrund des Falls, seine Gottebenbildlichkeit verloren und ist daher am Verstand blind und in seinem Willen verkehrt. Zweitens kann sich kein Mensch aus natürlichen Kräften bekehren, sondern der Widerstand gegen die göttliche Gnade wird drittens nur durch die Kraft des Heiligen Geistes mit Hilfe der Evangeliumspredigt gebrochen. Viertens hat Gott Gefallen an der Bekehrung des Sünders, und es wäre ihm angenehm, wenn alle fromm leben würden. Sechstens beruft Gott ernsthaft die Menschen durch das Evangelium und verspricht denen, die zu ihm kommen, ebenso ernsthaft die Seligkeit. Siebtens wirkt Gottes Geist im Menschen nicht wie in Steinen, sondern wie in verstandes- und willensbegabten Vernunftwesen. Daran, dass viele durch das Evangelium berufene Menschen nicht bekehrt würden, liegt achtens weder am Evangelium noch an Christus noch an Gott, sondern an den Menschen selbst. Neuntens zeichnen sich die Erwählten dadurch aus, dass sie der Gnade nicht bis ans Ende widerstreben, sondern bekehrt werden30. Auch hinsichtlich der Bekehrung gab es eine weitere Übereinstimmung zwischen den Lutheranern und den reformierten Universalisten. Denn beide nahmen an, dass Gott neben dem allgemeinen Erlöser den Menschen auch eine allgemeine Gnade schenke, dank derer sie das Evangelium annehmen können, wenn es ihnen gepredigt würde31. Während aber die Lutheraner meinten, dass die Menschen durch die allgemeine Gnade bekehrt würden, der sie mit ihrem freien Willen auch widerstehen könnten, vertraten die Reformierten die Auffassung, dass Gott seinen Erwählten noch eine besondere Gnade schenkte, durch die ihr Widerstand gegen die Gnade aufgehoben würde und sie aus Nichtwollenden zu Wollenden gemacht würden32. Der vierte Artikel schließlich betrifft die Perseveranz der Erwählten. Unstrittig war hier zwischen Lutheranern und Reformierten, dass erstens auch die Erwählten Sünden begehen und so den Heiligen Geist verlieren. Würden sie bis an ihr Lebensende sündigen, so würde ihnen zweitens der ewige Tod zuteil. Da sie aber drittens nicht bis zum Ende in der Sünde verharren, erlangen sie die ewige Seligkeit. Zwar können die Erwählten viertens schon in diesem Leben aus den Kennzeichen des Glaubens und der Wiedergeburt ihrer Erwählung gewiss sein. Aber sie können auch in so schwere Zweifel geraten, dass ihnen die Erwählungsgewissheit abgeht33. Der Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten bestand 29 30 31 32 33
Vgl. A IV, 7, 155. Vgl. A IV, 7, 153. Vgl. A IV, 7, 154. Vgl. A IV, 7, 155. Vgl. A IV, 7, 154.
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hingegen darin, dass die Lutheraner meinten, dass selbst die wahrhaft Gläubigen vom Glauben völlig abfallen können. Die Reformierten vertraten demgegenüber die Auffassung, dass die wahrhaft Gläubigen, auch wenn sie in grobe Sünden fallen, sie den Heiligen Geist dennoch nicht völlig verlieren würden, sondern von ihm zur Buße erneuert und schließlich zur Seligkeit gebracht würden. Zudem beruhe die Erwählung nach lutherischer Lehre auf dem göttlichen Vorherwissen des freiwilligen Verharrens der Menschen im Guten, nach reformierter Lehre hingegen ausschließlich auf der Erhaltungsgnade Gottes34. Nach der Feststellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Lutheranern und Reformierten in der Lehre von der Gnadenwahl wand sich Jablonski der Frage zu, ob und wie der Lehrdissens in diesem Punkt behoben werden könnte. Denn es ist […] dieser Punkt von der Gnadenwahl, in welchem die Evangelisch-Lutherischen die Reformierten mit der grösesten hefftigkeit, auch wohl mit dem grösesten Schein, eines gründlichen Irthums beschuldigen wollen[…]35.
Den Lutheranern zufolge beruhte der seligmachende Glaube in dem Satz, dass Christus für mich gestorben ist, dem der allgemeine Satz, dass Christus für alle Menschen gestorben ist, zugrunde liegt. Wenn dieser Satz nicht wahr wäre, sondern Christus – wie die Reformierten meinten – nur für einige Menschen gestorben wäre, wäre mir der erste Satz nicht gewiss und damit der seligmachende Glaube seines Fundaments beraubt. Nun traf dieser lutherische Einwand Jablonski zufolge zwar ohnehin nur die reformierten Partikularisten, nicht aber die Universalisten. Doch der reformierte Hofprediger wollte darüber hinaus zeigen, dass auch die Lehre der Partikularisten von der besonderen Gnade den Glaubensgrund nicht umstieße. Denn um eine individuelle Gewissheit zu erlangen […] wird zwar allezeit eine Propositio Universalis (allgemeiner Satz) erfordert; aber selbige Universalität, darff nicht eben Absoluta (ohne beding und Grentzen) sondern kann auch wohl Limitata (auf gewisse maas beschrenket) sein […]36.
Um dessen gewiss zu sein, dass der König auch mir eine bestimmte Gnade erweist, muss ich als Untertan nicht den absolut-allgemeinen Satz, dass der König allen seinen Untertanen diese Gnade erweisen will, zugrunde legen. Vielmehr genügt dazu der beschränkt-allgemeine Satz, dass der König allen seinen gehorsamen Untertanen, die um die Gnade nachsuchen, diese erweisen wolle. So legte auch der reformierte Partikularismus nicht den absolut-allgemeinen Satz, dass Gott alle Menschen selig machen will, sondern den beschränkt-allgemeinen Satz, dass er alle Gläubigen selig machen will, zugrunde, ohne dass dadurch die individuelle Zueignung des Evangeliums beeinträchtigt wird. Dabei müssen, was die Zueignung des Evangeliums betrifft, drei Arten von Personen unterschieden werden, nämlich die noch zu Bekehrenden, die bereits Bekehrten und die nach der Bekehrung Angefochtenen. Den noch zu Bekehrenden predigt man zuerst das 34 Vgl. A IV, 7, 155. 35 A IV, 7, 155. 36 A IV, 7, 156.
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Gesetz, um sie zur Buße zu führen, und dann das Evangelium, um Gottes Gnade zu verkünden und zum Glauben zu führen. Von der partikularen Gnadenwahl soll hier gar nicht die Rede sein. Anders steht es bei den bereits Bekehrten. Denn weil sie ihres Glaubens aus desselben früchten mögen gewis sein, so können sie, aus dem limitate-allgemeinen Satz gar wohl den Schluß auf sich machen: Alle die an den Sohn Gottes glauben, sollen nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben haben: Ich glaube an den Sohn Gottes: darumb soll ich nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben haben.37
Bei den nach der Bekehrung Angefochtenen und Zweifelnden, […] die keine Empfindung des Glaubens, und dahero auch kein Zeichen ihrer Erwehlung, oder der Gnade des Evangelii bey sich befinden […],
muss man zwischen zwei Gruppen unterscheiden. Für diejenigen, die überhaupt keine Reue über ihre Sünden verspüren und keinen Glauben begehren, sondern Gott lästern, hat die Lehre von der besonderen Gnade keinen Trost. Anders steht es hingegen um jene, die sich angesichts ihrer Sünden Gottes Zorn vorstellen und in Schwermut verfallen. Denn bei ihnen handelt es sich um die Mühseligen und Beladenen, denen das Evangelium Jesu gilt. Die geistliche Betrübnis ist bereits eine Wirkung der besonderen Gnade. Ein solcher klagender büßender Sünder, ob er wohl selbst die gewisheit seiner busse und Seeligkeit nicht empfindet, ist bey dem allen dennoch seiner Seeligkeit näher, als mancher der aus den allgemeinen Satz, Gott will alle Menschen seelig haben, Ich bin auch ein Mensch, sich stützende in sicherer ruhe einherwandelt, und an nichts weniger als an seinem Recht zum himmel zweiffelt.38
Jablonski beließ es aber nicht bei dieser Verteidigung des reformierten Partikularismus aus der Sache selbst, sondern er stützte sich darüber hinaus auch auf die Erfahrung, die nämlich zeigte, dass die Lehre von der besonderen Gnade den Glaubensgrund keineswegs aufhebe. Schließlich seien in den reformierten Gebieten Europas die Menschen genauso bekehrt und im Stand der Bekehrung erhalten worden, wie dort, wo man universalistisch gepredigt habe. Auch sei jene Lehre seit den Zeiten Augustins von den berühmtesten antiken und mittelalterlichen Kirchenlehrern sowie von den Lutheranern bis um 1580 vertreten worden, und erst Aegidius Hunnius hat die jetzige lutherische Lehre eingeführt, die die Gnadenwahl abhängig macht von dem göttlichen Vorherwissen des menschlichen Glaubens. Denn noch die Konkordienformel […] treibet die Artikel Vom freyen Willen, und der Gnadenwahl im grund dennoch nach S. Augustini Lehrsätzen, approbiret auch gar nachdenklich Lutheri Buch de Servo Arbitrio39.
Jablonski beschloss seine Verteidigung des reformierten Partikularismus mit entsprechenden Zeugnissen lutherischer Theologen wie Calixt, die sich für eine Tolerierung des Partikularismus neben dem Universalismus in der Gnadenlehre ausge-
37 A IV, 7, 158. 38 A IV, 7, 159. 39 A IV, 7, 161.
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sprochen haben, zumal sowohl im lutherischen wie im reformierten Lager eine Bewegung vom Partikularismus zum Universalismus hin stattgefunden hatte. DIE GNADENWAHL BEI LEIBNIZ In seiner Antwort an Jablonski rechnete Leibniz, wie der Berliner Hofprediger, den Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten in der Lehre von der ewigen Gnadenwahl zu jenen Streitpunkten, die zwar nicht bloß verbaler, sondern realer Natur waren, die aber den Glaubensgrund gleichwohl nicht aufhoben. Man kann daher die unterschiedlichen Meinungen tolerieren, da sie die Einheit der Kirche nicht tangierten, wenn man nur einige harte Reden vermied, die den Trost des Evangeliums schwächten. Weil aber einige reformierte Theologen gerade in dieser Hinsicht zu weit gegangen waren, wollte Leibniz die Sache näher untersuchen und alle gefährlichen Ansichten ausschließen. Dabei fällt sofort auf, dass er sich in einem ganz anderen Ausmaß als Jablonski mit den philosophischen Problemen befasste, die die Lehre von der Gnadenwahl enthielt. Als anstößig betrachtete er es, […] daß unter den Reformirten, und auch anders wo Doctores sich gefunden, die von der praedestination beynahe, wie die Stoici vom Fato gesprochen, gleich als ob alles, was geschicht, absolute nothwendig [...] geschehen müste40.
Dadurch würde aber Gott selbst dem Fatum unterworfen, was jedoch Leibniz zufolge kaum gemeint sein könnte. Er interpretierte die Aussage daher so, dass […]unter dem Nahmen der Necessität nichts anders alß certitudinem vel infallibilitatem verstanden[…]“ werden soll41. Dass alles, was geschieht, notwendig geschieht, heißt demnach, dass auch die zukünftigen kontingenten Ereignisse einen festen Wahrheitswert haben, und zwar „[…] aus gewisser doch nicht unüberwindlicher, noch gott selbst zwingender zusammenhangung der von Gott geschaffener Ursachen […]“42. Dieser von Gott geschaffene Kausalzusammenhang bewirke zwar im Menschen die Neigung, dieses lieber als jenes zu tun oder zu lassen, hebt aber den freien Willen nicht zugunsten des Zwangs der Notwendigkeit auf. Leibniz ging somit davon aus, dass sich die Annahme eines von Gott geschaffenen geschlossenen innerweltlichen Kausalzusammenhangs durchaus mit der menschlichen Freiheit vereinbar sei. In seinen Augen war es um der Rettung der menschlichen Freiheit willen weder notwendig, mit Conrad Vorstius und den Sozinianern die Allwissenheit und das Vorherwissen Gottes zu bestreiten, noch mit Durandus von Pourcain nur einen allgemeinen göttlichen concursus anzunehmen. Denn Durandus meinte, dass Gott dem Menschen und allen anderen Geschöpfen ein für alle Mal die Kräfte verliehen habe, die sie zu ihren Wirkungen benötigten, und bewirke danach nur noch die Erhaltung dieser Kräfte. Leibniz schloss sich hingegen der Mehrheitsmeinung 40 A IV, 7, 509. 41 A IV, 7, 509. 42 A IV, 7, 509.
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der Scholastiker an, wonach alle Geschöpfe sich durch eine wesentliche Abhängigkeit – essentialis dependentia – von Gott auszeichnen. Denn jede positive Realität – realitas positiva – in den Geschöpfen, und zwar sowohl in ihrem Wesen als auch in ihren Wirkungen, stamme von Gott. Daher ist die Erhaltung der Geschöpfe und ihrer Kräfte nicht bloß negativ eine Verhinderung ihres Untergangs, sondern positiv eine fortdauernde Erschaffung – continuata productio –, „[…] in dem alle dinge nicht weniger jetzo alß anfangs ihre dependentz von Gott haben müssen […]“43. Leibniz bezweifelte auch nicht, dass die Reformierten die Meinung des Durandus schon deshalb ablehnten, weil sie eher zu der gegenteiligen Auffassung neigten. Eine zentrale Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die nach der Mitwirkung Gottes an dem Übel, und zwar nicht nur an dem Übel der Sündenstrafe, sondern auch an dem Übel der Sündenschuld. Wie kann Gott an der Sündenschuld mitwirken, ohne sich der Sünden teilhaftig zu machen? Das Übel der Sündenschuld als das Böse in der Sünde ist aber überhaupt keine positive Realität, sondern eine reine Privation des Guten, so dass es nicht von Gott stammt, sondern seinen Grund in der Begrenztheit oder Endlichkeit der Geschöpfe hat. Leibniz bestritt somit jede positive Mitwirkung Gottes an der Sünde des Menschen und zeigte sich darüber befriedigt, […] daß soviel Uns wissend, unter den Reformirten jetzo keiner zu finden, der Gott zur Uhrsach der sünde mache, wie ehemalen Calvino, Bezae, Piscatori und andern hat vorgeworffen werden wollen […]44.
Was das Gnadenwirken Gottes betrifft, so begrüßte es Leibniz zunächst, dass die Reformierten – ‚einige leztere novatores außgenommen‘ – grundsätzlich Augustins Antipelagianismus zustimmten und die Notwendigkeit der Gnade für jede gute geistliche Regung betonten. Darin stimmten sie mit den Lutheranern überein, die sich gleichfalls der Verurteilung des Semipelagianismus durch die Synode von Orange im Jahre 529 angeschlossen hatten. Denn beide wandten sich gegen die Synergisten, die dem freien Willen zu viel beilegten. Allerdings stellte sich Leibniz zufolge hier die Frage, ob Gott durch sein Wort allen Menschen eine allgemeine innere und hinreichende Gnade verleihe, kraft derer jeder Mensch selig werden könnte, wenn er nur wollte. Diese Frage wurde nicht nur von den Lutheranern, sondern auch von den Thomisten und Jansenisten bejaht. Und was die Reformirten anlangt, will man auch hoffen, daß sie dem nicht entgegen, wie sie auch solches nicht nötig haben45.
Damit schien Leibniz sich auf Jablonskis Darlegung der Auffassung der reformierten Universalisten zu beziehen. Allerdings stellte sich dann die Frage, ob neben dieser allgemeinen Gnade […] Gott diesem und jenem eine gratiam specialem also und der gestalt erweise, daß die gnade der antragung des Lichts im Verstand, und [der] neigung im willen bey allen zwar gemein 43 A IV, 7, 511. 44 A IV, 7, 513. 45 A IV, 7, 515.
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sey, die gnade der durchdringung aber des Menschlichen Gemths, also dass ein würckliches licht und würckliche schliesliche neigung zum guhten im Verstand erfolge, sehr unterscheiden, und einem vor dem andern hierin eine sonderbahre Gnade verliehen werde, und zwar, welche per se efficax et victoriosa seyn müsse46.
Genau dies war aber die Meinung nicht nur der Reformierten, sondern auch der Thomisten und Jansenisten, und ihr stellte Leibniz die Auffassung der Lutheraner gegenüber. Danach ist zwar die allgemeine hinreichende Gnade Gottes allgemein und hängt das Nichteintreten ihrer Wirkung von dem Widerstand des Menschen ab. Aber auch die Lutheraner bestritten erstens nicht, […] daß die Gnaden und gaben des Heiligen Geistes in den hertzen der Menschen sehr unterschieden, ja zur Bekehrung selbst ein hertz von der Gnade Gottes empfindlicher und durchdringender alß das andere gerühret werde47.
Man muss also, was das Innere des Menschen betrifft, verschiedene Grade der Wirkung der Gnade ebenso wie eine unterschiedliche Disposition des menschlichen Herzens annehmen. Noch größere Unterschiede machte Leibniz bei der äußeren Gnadenvermittlung geltend. Wie mancher findet durch die Gebuhrt, erziehung, conversation und lebensahrt, ungeacht der innerlichen gratia sufficientis, nicht nur von gutem mehr abgehalten, sondern auch wegen fürkommender allerhand böser exempel und gefährlichen ärgernis zum bösen gereitzet wird, ob er gleich, solchen mit Göttlicher innerlicher, ihm in der that verliehener hülff woll hätte wiederstehen können.48
Aber so groß diese inneren und äußeren Unterschiede bei der Gnadenwirkung trotz der Allgemeinheit der hinreichenden Gnade auch sein mochten, die von den Reformierten mit den Thomisten und Jansenisten geteilte Annahme einer besonderen wirksamen Gnade, die ausschließlich denen zuteilwird, die sich wahrhaft bekehren, und die so stark ist, dass sie alle inneren und äußeren Widerstände überwindet, kurzum die Annahme einer unwiderstehlichen Gnade – gratia irresistibilis – lehnte Leibniz mit den Lutheranern ab. Zwar hielt er sie nicht für gefährlich, aber er lehnte sie ab, weil man für sie keinen Grund in der Schrift finde und sie so interpretiert werden könne, dass sie mit der menschlichen Freiheit unvereinbar sei. Erst nachdem er die unterschiedlichen Positionen hinsichtlich des Wirkens der Gnade dargestellt hatte, wand sich Leibniz vier strittigen Punkten der Erwählungslehre zu. Nur kurz, um den irenischen Charakter seiner Abhandlung nicht zu gefährden, erwähnte er als ersten Punkt die Auffassung einiger reformierter Theologen, „[…] Gott habe den Menschen nicht nur zur verdamnis, sondern gar zur sünde selbst geschaffen, und praedestinirt“49. Diese Auffassung lehnte Leibniz strikt ab, weil aus ihr folge, dass Gott die Sünde wolle. Zwar verteidigte man sie, indem man erklärte, dass Gott die Sünde nicht wolle, sondern um eines guten 46 47 48 49
A IV, 7, 517. A IV, 7, 517. A IV, 7, 517. A IV, 7, 519.
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Zwecks willen zulasse. Doch Leibniz sah sich auch deshalb nicht genötigt, sich näher mit der These von der Vorherbestimmung des Menschen zur Sünde zu befassen, weil „[…] die praedestinatio ad peccatum in der Reformirten kirch verlaßen worden […]“50. Länger setzte er sich mit dem zweiten Punkt auseinander, nämlich der Lehre der reformierten Supralapsarier, die eine Vorherbestimmung zur Verdammnis – praedestinatio as damnationem – oder eine absolute Verwerfung – rebrobatio absoluta – ohne Rücksicht auf die Bosheit oder den Unglauben der Menschen und folglich vor deren Sündenfall annahmen. Diese supralapsarische Lehre vom absoluten Dekret der Verwerfung führte Leibniz letztlich auf Beza zurück, der sie im Mömelgarder Kolloquium von 1587 gegenüber Jakob Andreae vertreten hatte. Er selbst hielt sie für „[…] unbegündet, dabey aber auch sehr hart und unleidlich[…]“51. Nicht nur hätten die Synoden von Arles und Orange die Annahme einer absoluten Verwerfung thematisiert. Auch die scholastischen Theologen hätten nur eine Prädestination der Erwählten gekannt und die Verwerfung mit dem Vorherwissen begründet. Zwar habe man dagegen auf reformierter Seite die Lehrer einer absoluten Verwerfung mit dem Hinweis verteidigt, dass das göttliche Vorherwissen immer mit einer Vorherordnung – praeordination – verbunden sei. Seye demnach dieser Lehrer meinung nicht gewesen, gottes güte und Barmhertzigkeit etwas dadurch zu detrahiren, sondern vielmehr dadurch den Anthropomorphismus zu verhüten; daß man sich Gott nicht wie einen Menschen einbilde, der otiosa permissione etwas dahin gestellet seyn, oder dahin gehen laße, so freylich bey Gott ohnmüglich, und seiner Alwißenheit krafft und Regierung wiederstreben würde52.
Doch Leibniz hielt es für unangemessen, um der Vermeidung eines Anthropomorphismus willen eine Auffassung zu vertreten, die so der Güte und anderen Eigenschaften Gottes widerspricht. Wie man sich Gott nicht als einen Menschen vorstellen darf, den etwas reut, oder der etwas ohne jeden Grund will, so darf man Leibniz zufolge Gott auch kein absolutes Verwerfungsdekret zuschreiben. Denn es […] wäre auch darin eine sichtbare ungerechtigkeit[,] dann es geschehe ein actus judicialis sine fundamento, ... nemlich eine condemnatio sine respectu ad culpam […]53.
Zudem entsprachen sich nach Meinung der reformierten Supralapsarier das absolute Erwählungs- und das absolute Verwerfungsdekret strukturell. Da aber beim Erwählungsdekret auf die Vorherbestimmung des Zwecks diejenige der Mittel folgt, muss dies daher auch beim Verwerfungsdekret der Fall sein. Wie auf die Vorherbestimmung zum Heil als Zweck des Erwählungsdekrets die Vorherbestimmung zum Glauben als Mittel folgte, musste deshalb auf die Vorherbestimmung zur Verdammnis als Zweck des Verwerfungsdekrets die Vorherbestimmung
50 51 52 53
A IV, 7, 519 A IV, 7, 521. A IV, 7, 523. A IV, 7, 523.
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zur Sünde als Mittel folgen. Die supralapsarische Prädestinationslehre implizierte somit die bereits eingangs abgelehnte Prädestination zur Sünde. Also man nehme es wie man wolle, so ist nicht abzusehen, wie Gott einen wolgefallen oder absolutum beneplacitum an der Menschen ewigen elend haben könne, sondern es muß dafür gehalten werden, dass er solches allein umd der sünden willen verhenge. Und hat man demnach den heutigen Reformirten billig zu gratuliren, daß sie sich dieses praedestinatianismi, nemlich as damnationem oder Absoluti Reprobationis decreti, wie man nicht anders weiß, abgethan.54
Doch auch wenn die Spielart des Reformiertentums, die Jablonski repräsentierte, kein absolutes Verwerfungsdekret annahm, markierte doch ein dritter Punkt den eigentlichen Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten. Denn alle Reformierten hielten an der Lehre vom absoluten Erwählungsdekret fest. Danach beruhte das Verwerfungsdekret auf der Sünde und Unbußfertigkeit der Menschen, während das Erwählungsdekret zum Grund nur hatte […] gottes bloßen gnädigen willen ohne einig bewegendes absehen auff des Menschen[,] so gewehlet worden, guhte beschaffenheiten, und also nicht propter fidem praevisam geschehen55.
Denn Gott hätte nach Adams Fall alle Menschen mit Recht in ihrem ewigen Verderben als ihrer Strafe lassen können. Aber er wollte an den Erwählten ohne einen bei ihnen zu entdeckenden Unterschied gegenüber den Nichterwählten seine Barmherzigkeit, an den Nichterwählten hingegen seine Gerechtigkeit offenbaren. Diese infralapsarische Erwählungslehre warf aber Leibniz zufolge drei Fragen auf. Die erste dieser Fragen betraf die Ordnung der göttlichen Ratschlüsse. Zwar behaupteten die Reformierten, dass nur die von Gott erwählt würden, die den lebendigen Glauben bis ans Ende haben. Und die Lutheraner behaupteten, dass der Glaube ein Gnadengeschenk Gottes sei, das nur die erhalten, denen es zu geben Gott von Ewigkeit her beschlossen hatte. Beide Konfessionen waren sich also einig, was den notwendigen Zusammenhang von Glaube und Erwählung anging. Aber sie unterschieden sich, was die logische Ordnung der Dekrete anging. Während nämlich die Lutheraner das Dekret, den lebendigen Glauben bis ans Ende zu verleihen, dem Erwählungsdekret vorordneten, ordneten die Reformierten es diesem nach. Die zweite Frage lautete, was Gott dazu bewogen hatte, etwas Bestimmtes zu beschließen. Die Lutheraner setzten […] den vorhergesehenen glauben zur Uhrsach, die gott von ewigkeit her bewogen aus denen gefallenen Menschen etliche zu erwehlen, und sie zu gnaden auffzunehmen. Hingegen reden einige der Reformirten davon also, dass man meinen sollte, sie glaubten, Gott hätte gewisse Menschen zur Seligkeit aus geschieden und verordnet, ohne einige bewegende uhrsache56.
Eine solche grundlose, auf dem bloßen Willen beruhende Entscheidung ließ sich aber Leibniz zufolge nicht mit der göttlichen Weisheit vereinbaren.
54 A IV, 7, 523 und 525. 55 A IV, 7, 525. 56 A IV, 7, 527.
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Leibniz selbst ging zwar davon aus, dass nur Gott von Ewigkeit her ist. Doch ebenso sind von Ewigkeit her im göttlichen Verstand die Ideen aller möglichen und wirklichen Dinge und im göttlichen Willen alle absoluten und bedingten Ratschlüsse. Die Ideen der wirklichen Dinge könnten aber nur dann im Verstande Gottes sein, wenn bestimmte Ratschlüsse des göttlichen Willens vorausgegangen sind. Der Grund, der bestimmte mögliche Dinge wirklich werden lässt, muss aber in den möglichen Dingen selbst liegen, so dass der Beweggrund, die causa impulsiva des göttlichen Willens nicht außerhalb Gottes, sondern in Gott selbst liegt. Was den göttlichen Verstand betraf, so unterschied Leibniz mit der lutherischen wie reformierten Orthodoxie zwei Arten von Wissen, scientia. Die simplex intelligentia bezieht sich auf die möglichen, die scientia visionis auf die wirklichen Dinge. Das von Molina und anderen spanischen Jesuiten eingeführte mittlere Wissen – scientia media – lehnte Leibniz hingegen ab. Bei ihm handelt es sich um dasjenige Wissen, durch das Gott weiß, was zukünftig geschehen würde, wenn etwas Bestimmtes wirklich wäre. Mit dem mittleren Wissen meinte man einen Beweggrund für die Gnadenwahl und damit eine Alternative zur absoluten Prädestination gefunden zu haben. Nemblich das Gott wisse, wie ein jeder dem er die gnade giebt, oder auch dem er sie nicht giebt, solche Gnade dafern sie gegeben werden sollte, bey so oder so bewandten [umbständen] auff nehmen würde. Derjenige nun, von welchem Gott vorher sehe, daß er die angebohtene gnade nicht so von sich stoßen, und also besser gebrauchen werde, dem gebe er mehr licht, mehr hülffe, auch mehr und beßere umbstände, den effect der Gnade zu erreichen.57
Doch diese Auffassung führte zur Frage nach dem Verhältnis von natürlichen Kräften des Menschen und helfender göttlicher Gnade, ob nämlich Gott dem allein die gnade zu geben sich entschließe, von dem Er vorher siehet, daß er aus eignen natürlichen kräfften sich deren am besten gebrauchen werde: oder ob solche Natürliche kräffte nicht allein, sondern mit einer ihnen helffenden Gnad conditionaliter vorher gesehen, das fundament der wahl seyn müßen58.
Nimmt man letzteres an, so fragt sich, welches der Beweggrund Gottes gewesen ist, die helfende Gnade zu verleihen. Will man hier nicht bloß auf den vorhergesehenen Gebrauch allein der natürlichen Kräfte des Menschen rekurrieren, so muss man wiederum eine helfende Gnade annehmen, die es dem Menschen ermöglicht, mit seinen natürlichen Kräften die helfende Gnade gut zu gebrauchen, was in einen unendlichen Regress führt. Nimmt man hingegen an, dass Gott nur dem die Gnade gibt, von dem er vorhersieht, dass er allein seine natürlichen Kräfte zum Gebrauch der Gnade bestens einsetzt, […] so ist sehr zu besorgen, man gebe dem libero arbitrio und natürlichen Menschen allzu viel, also dass er sich in ultima analysi aus seinen Natürlichen guten Beschaffenheiten selbst unterscheiden, und die Gnade dadurch gleichsahm verdienen, und an sich ziehen könnte59.
57 A IV, 7, 527. 58 A IV, 7, 529. 59 A IV, 7, 531.
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Da diese semipelagianische Auffassung jedoch Leibniz zufolge der Schrift widerspräche, plädierte er für eine völlige Preisgabe der Lehre vom mittleren Wissen zugunsten der schriftgemäßen Ansicht, […] daß Gott denjenigen die ewige seeligkeit zu geben beschlossen, von denen Er siehet, daß sie den seeligmachenden glauben haben werden, und daß dieser glaube selbst ein Gnaden Geschenck Gottes sey60.
Auch wenn wir die Beweggründe des göttlichen Willens und Ratschlusses nicht kennen, müssen wir doch annehmen, dass sie gut, gerecht und untadelhaft sind. Diese Beweggründe müssen zudem aus der Erkenntnis aller möglichen Dinge stammen, wodurch […] Gott bewogen wird, dasjenige zu wehlen, welches das beste ist, ob wihr es schon in dieser sterbligkeit zu verstehen und zu begreiffen nicht vermögen61.
Gott wählte somit aufgrund seiner Weisheit und Güte aus allen möglichen Konstellationen stets die beste aus, so dass auch der Beweggrund seiner Gnadenwahl nicht die reine Willkür und die Gnadenwahl selbst nicht bloßer Ausdruck seiner Allmacht sein könne. Da dies aber von den gegenwärtigen Reformierten zugestanden wird, besteht zwischen ihnen und den Lutheranern „[…] im haubtwerck […]“ der Erwählungslehre Einigkeit62. Ein vierter Punkt des Dissenses betraf schließlich die Universalität oder Partikularität der Gnade. Dass die Erwählung nicht universal, sondern partikular ist, wurde auch von den Lutheranern nicht bestritten, die ja Samuel Huber wegen seines Erwählungsuniversalismus entschieden kritisiert hatten. Kontrovers war hingegen die Frage, ob der göttliche Erlösungswille und der Verdienst Christi sich auf alle Menschen erstrecke. Doch in der Beantwortung dieser Frage gingen nicht nur Lutheraner und Reformierte auseinander, sondern in ihr waren sich die Reformierten selbst nicht einig. Denn die Partikularisten behaupteten, […] dass Gott wahrhafftig und ernstlich nur derjenigen seeligkeit wolle, die Er zur seeligkeit erwehlet ha(be), und daß diese allein das verdienst Christi angehe63.
Dagegen zählte Leibniz in Deutschland vor allem die Bremer Theologen, die englischen Episkopalisten, Amyrauld und die Schule von Saumur zu den Vertretern des reformierten Universalismus, der in den drei märkischen Bekenntnissen, der Confessio Sigismundi, dem Leipziger Kolloquium und der Thorner Deklaration, in Kurbrandenburg autoritative Geltung erlangt habe, Welches alles zu beruhigung und vereinigung der beeden protestirenden Kirchen ein großes beytragen kann64.
Wenn die Partikularisten es als eine Unvollkommenheit ansahen, wenn Gottes Heilswille zwar allgemein, aber seine Erfüllung nur partikular sei, so berief sich 60 61 62 63 64
A IV, 7, 531. A IV, 7, 531. A IV, 7, 533. A IV, 7, 535. A IV, 7, 535.
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Leibniz auf die deutlichen Aussagen der Schrift und der Alten Kirche, die bis auf Augustin einen Heilsuniversalismus vertreten hatte. Danach will Gott, dass alle Menschen gerettet werden, Christus ist für alle Menschen gestorben und er hat alle Menschen mit seinem Blut erlöst. Abschließend kommt Leibniz noch einmal auf den dritten Differenzpunkt zurück. Zwar räumten auch die Reformierten ein, dass es einen Beweggrund für die Erwählung und Nichterwählung bestimmter Personen gäbe, aber dieser Beweggrund ist ihrer Meinung nach unbekannt. Sie bezogen sich dabei auf die Tiefe der göttlichen Weisheit nach Röm. 11, 33 und auf Luthers Deus absconditus. Die von Leibniz geteilte lutherische Auffassung ging hingegen von der von beiden Konfessionen geteilten Annahme aus, dass die Prädestination ein ewiges Dekret ist und die Rechtfertigung, Verherrlichung und ewige Erlösung die zeitliche Exekution dieses Dekrets seien. Nun müssten aber das ewige Dekret selbst und seine zeitliche Exekution ein und denselben Beweggrund haben. Der Beweggrund, der Gott bewogen habe, Petrus in der Zeit zu rechtfertigen und ihm die Seligkeit zu verleihen, sei aber sein von Gott vorhergesehener Glaube, der das Verdienst Christi ergriff. Hieraus folget nun, daß man in der frage de causa impulsiva externa praedestinationis noch nicht nötig habe ad Deum absconditum zu recurriren, sondern nur auff die Execution dieses göttlichen Decreti zu sehe habe, so werde sich causa impulsiva des Decreti bald hervor thun65.
Man kann also Leibniz zufolge von dem Beweggrund der zeitlichen Realisierung des Dekrets rückschließen auf denselben Beweggrund des ewigen Dekrets. Allerdings erhalten wir auf diese Weise keine Antwort auf die Fragen, die sich stellen, wenn man alle Ratschlüsse Gottes erklären will. Denn wenn wir fragen, weshalb etwa Gott den Menschen so geschaffen hat, dass er sündigen kann, oder warum er wollte, dass den Amerikanern bis zur Ankunft der Spanier das Evangelium nicht gepredigt wurde, oder warum Millionen getaufter Christenkinder von Türken gefangen genommen, im islamischen Glauben erzogen und Janitscharen werden, die die Christen später schlimmer verfolgten als die geborenen Türken; wenn wir all das fragen, müssen wir uns tatsächlich mit dem Deus absconditus und der Tiefe der Weisheit Gottes begnügen. Leibniz gelangte, was den Dissens zwischen Lutheranern und Reformierten in der Erwählungslehre betraf, am Ende zu dem Schluss, dass die Differenzen so seien, dass „[…] man dabey nichts findet, so eine Condemnationem verdienen, oder auch unitatem hindern könne“66. SCHLUSS Auch wenn die Unionsverhandlungen zwischen Hannover und Berlin mit der Ehe der hannöverschen Prinzessin Sophie Charlotte mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm 1706 zum Erliegen kamen, hielt Leibniz gleichwohl an seiner 65 A IV, 7, 541. 66 A IV, 7, 543.
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Überzeugung fest, dass zwischen Lutheranern und Reformierten kein Dissens im Glaubensfundament bestünde. Dass er seine Auffassung zur Prädestinationskontroverse auch nach dem Scheitern der Unionsverhandlungen nicht mehr geändert hatte, belegt seine 1710 erschienene Theodizee. Dort heißt es, man müsse in der Prädestinationslehre […] auf der einen Seite die Unabhängigkeit Gottes und die Abhängigkeit der Kreaturen, auf der anderen Seite die Gerechtigkeit und die Güte Gottes festhalten, die ihn von sich selbst, von seinem Willen, seinem Verstande und seiner Weisheit abhängig macht67.
Gerade wenn man daraus, dass Gott unumschränkter Gebieter aller Dinge sei, schließt, dass er ohne jeden Grund beschließt, die einen glücklich, die anderen hingegen unglücklich zu machen, raube man ihm alle Weisheit und Güte. Selbst Calvin und die Verteidiger des unbedingten göttlichen Ratschlusses räumten schließlich ein, dass Gott bei der Prädestination große und gerechte Gründe gehabt habe, auch wenn wir sie nicht kennen. Leibniz selbst lehnte allerdings den Supralapsarismus ab, zumal […] die heut verbreitete Ansicht unter den sogenannten Reformierten, die auch von der Synode zu Dordrecht befürwortet worden ist, die der Infralapsarier[…]“ ist68. Die infralapsarische Position stimmte weitgehend mit derjenigen Augustins überein, […] daß Gott sich aus gerechten, aber uns verborgenen Gründen entschlossen habe, die Sünde Adams und das Verderben des Menschengeschlechts zuzulassen, daß ihn jedoch seine Barmherzigkeit einige aus dieser verdorbenen Masse herausgreifen ließ, um sie aus Gnade durch das Verdienst Christi zu erretten; und er sich aus Gerechtigkeit entschließen musste, die anderen mit der verdienten Verdammung zu bestrafen[…]69.
Da Leibniz eine unbedingte Verwerfung ablehnte, lehnte er es auch ab zu sagen, die Verworfenen seien zur Verdammnis vorherbestimmt. Sie seien vielmehr zur Verwerfung bestimmt, weil Gott sie als unbußfertig erkannt hatte. Ihre Verwerfung sei somit bedingt durch das Vorherwissen ihrer Unbußfertigkeit. Strittig unter Protestanten wie Katholiken war aber vor allem, ob die Erwählung unbedingt war oder bedingt war durch das Vorherwissen des lebendigen Glaubens. Die sogenannten Evangelischen, d h. die Anhänger der Augsburger Konfession, halten zu der letzten Partei und glauben, man habe keineswegs auf verborgene Ursachen der Auslese zurückzugreifen, während man in der Heiligen Schrift doch eine deutlich bezeichnete Ursache finden könne, und zwar den Glauben an Jesum Christum70.
Die Reformierten räumten demgegenüber zwar ein, dass das Heil aus dem Glauben an Jesus Christus erwachse. Aber der Glaube war für sie nur das Mittel, um das ewige Heil als das von Gott beschlossene Ziel zu erreichen. Der Dissens zwischen Supra- und Infralapsariern auf der einen und reformierten Infralapsariern und Lutheranern auf der anderen Seite betraf also letztlich die richtige Auffassung 67 68 69 70
G. W. Leibniz: Die Theodizee, übersetzt von Artur Buchenau, Hamburg 21968, S. 144. Ebd., S. 147f. Ebd., S. 148. Ebd., S. 148.
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der Ordnung in den göttlichen Ratschlüssen. Zwar verteidigte Leibniz die Kontraremonstranten grundsätzlich gegen den Vorwurf, die machten Gott zur Ursache des Übels und lehrten eine Art mohammedanischer Prädestination. Aber in seinen Augen […] gibt es allerdings unter ihnen einige Supralapsarier und andere, die sich über die göttliche Gerechtigkeit und über die Grundlagen der Frömmigkeit und der Moral des Menschen nur schwer ausdrücken können, da sie Gott zum Despoten machen71.
Doch – wie bereits gesagt – stellte Leibniz mit Zufriedenheit fest, dass der vor allem auf Theodor Beza zurückgehende Supralapsarismus „[…] heutzutage fast ganz aufgegeben“72 ist. Zwar glaubten manche, dass der Ratschluss der Erwählung und Verwerfung sich einer despotischen Gewalt Gottes verdanke. Aber ein […] solcher bedingungslos-unbedingter Entschluß (sozusagen) wäre zweifellos unerträglich: aber Luther und Calvin sind auch weit davon entfernt gewesen. Der erste hofft, im zukünftigen Leben werden wir die gerechten Gründe für die göttliche Wahl begreifen; der zweite versichert ausdrücklich, daß diese Gründe gerecht und heilig sind, mögen sie uns auch unbekannt sein.73.
Denn der wahre Gott war für Leibniz nicht nur durch Allmacht, sondern ebenso durch Güte und Weisheit gekennzeichnet. Und […] es widerspricht der Vernunft und Frömmigkeit kaum weniger, wenn man sagt, Gott handle ohne Erkenntnis, als wenn man eine solche Erkenntnis will, unter deren Gegenständen die ewigen Gesetze der Güte und Gerechtigkeit keinen Platz haben; oder endlich, wenn man einen Willen annimmt, der sich nach diesen Gesetzen nicht richtet74.
71 72 73 74
Ebd., S. 226. Ebd., S. 285. Ebd., S. 353. Ebd., S. 238.
LEIBNIZ’ AUSEINANDERSETZUNG MIT DER REFORMIERTEN KONFESSION DAS PROBLEM DER PRÄDESTINATION Von Christian Link (Bochum) Leibniz hat in der Theologiegeschichte eine breite Spur hinterlassen, die sich an zwei heute noch unvermindert aktuellen Problemfeldern nachzeichnen lässt. Dem Thema der Theodizee und den Bemühungen, die in der Reformation zerbrochene Einheit der Christenheit wieder herzustellen. Seine bedeutendsten religionsphilosophischen Entwürfe, neben den Essais de Theodicée (1710) das weit weniger bekannte Unvorgreiffliche Bedencken von 1698/99 – nur von ihm soll im Folgenden die Rede sein – sind diesen Themenkreisen gewidmet. Auch wenn sich die neuere Theologie von den metaphysischen Voraussetzungen des 17. Jahrhunderts längst getrennt und auf beiden Feldern Leibniz’ Lösungsvorschläge nicht übernommen hat, sondern nach neuen Wegen ihrer Bearbeitung sucht, hat Leibniz das Verdienst, die intellektuellen Probleme, denen sich der Versuch einer Rechtfertigung Gottes angesichts der Katastrophen unserer Welt und nicht weniger die ökumenischen Bemühungen um die Einheit der Kirche zu stellen hätten, mit großer Überzeugungskraft und Klarheit aufgezeigt zu haben. Das soll hier exemplarisch an einem kleinen Ausschnitt, den innerprotestantischen Unionsgesprächen zwischen den Lutheranern und den Reformierten im 17. Jahrhundert gezeigt werden, die Leibniz, inspiriert von dem Helmstädter Theologen Georg Calixt, unter das programmatische Zeichen eines negotium irenicum, das heißt eines friedfertigen Austrags bestehender Lehrunterschiede, gestellt hat. 1. DIE AUSGANGSLAGE Die historische Konstellation ist in neueren Arbeiten des Öfteren beschrieben worden. Wortführer der reformierten Seite war Daniel Ernst Jablonski, Prediger am Hof des Brandenburger Kurfürsten, eines reformierten Landesherrn über vornehmlich lutherische Untertanen. Mit seiner Kurtzen Vorstellung der Einigkeit und des Unterscheides im Glauben beyder […]Evangelischen Kirchen (1697)1, 1
Wieder abgedruckt in H. Rudolph: „Zum Nutzen von Politik und Philosophie für die Kirchenunion. Die Aufnahme der innerprotestantischen Ausgleichsverhandlungen am Ende des
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einem Gutachten, das sich inhaltlich und formal auf das Leipziger Kolloquium von 1631 bezog, hatte er eine wichtige Vorlage für die kommenden Ausgleichsverhandlungen erstellt. Ihm stand auf lutherischer Seite, obgleich als erklärter Gegner des unnachgiebigen orthodoxen Flügels, Leibniz gegenüber, unterstützt von Gerhard Walter Molanus, Leiter der Hannoverschen Landeskirche und Abt von Loccum, sowie von zwei Helmstädter Theologen aus der Schule Calixts. Von ihm sind mehrere Exzerpte und kürzere eigene Ausarbeitungen überliefert, die auf relevante Streitpunkte eingehen, dazu ein breit angelegter Auszug einschlägiger Calvin-Belege2, vor allem aber ein Tentamen Expositionis irenicae, das die notwendigen Klärungen auf drei Themen reduziert: das Abendmahl als den historischen Anlass der Trennung, die Person Christi (Ubiquität seiner menschlichen Natur) und schließlich die Prädestinationslehre mit ihrem doppelten Dekret, „[…] die als jüngste aus dem Streit der Parteien hinzugekommen ist“3. Es sei jedoch gleich hier notiert, dass sich die zitierten Gewährsleute der reformierten Position mitunter erheblich von Calvin selbst entfernt haben. Weit weniger bekannt – Irena Backus hat in einer höchst aufschlussreichen Studie anhand erst kürzlich publizierter Unionsschriften darauf hingewiesen4 – ist der Umstand, dass es in dieser Konstellation eine ‚dritte Seite‘ gibt, den anglikanischen Bischof von Salesbury, Gilbert Burnet, der im Herbst 1699 eine Exposition of the Thirty-Nine Articles of the Church of England veröffentlicht hatte. Um die von ihm propagierte Kirchenunion mit Hannover voran zu bringen, hatte Jablonski die Ausführungen zum Artikel XVII über die Prädestination ins Lateinische übersetzt, damit, wie er an Leibniz schrieb, […] die Gemüther mehr und mehr, auch in dieser spinosen Materie, welche in der Marck und Sachsen die meiste Verbitterung verursachet, möchten zur Moderation gelencket werden5.
Tatsächlich fand seine Ausgabe der Exposition in Hannover und Brandenburg ‚eine geradezu enthusiastische Aufnahme‘ (Backus) als Instrument, den von allen drei Seiten angemahnten, seit 1697 schwebenden Verhandlungen über die ersehnte Kirchenunion neuen Schwung zu geben. Leibniz hat Jablonskis Übersetzung der Erläuterungen zum Artikel XVII in seinen ‚bislang praktisch nicht bekannten‘ Meditationes pacatae de praedestinatione et gratia, fato et libero arbitrio seinerseits kommentiert und damit neben den christologischen Kontroverspunkten das Prädestinationsproblem erst zu einem zentralen Gegenstand der Unionsgespräche gemacht.
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17. Jahrhunderts“, in: M. Fontius, H. Rudolph und G. Schmidt (Hrsg.): Labora diligenter (= Studia Leibnitiana, Sonderhefte 29), Stuttgart 1999, S. 128–166. A IV, 6, bes. N. 124 (Liebesgebot Jesu verneint) und N. 161 (unter der Maske eines Katholiken), ebd., 7, N. 56 (De controversiis cum Reformatis), ebd., VI, 4 C, N. 428 (Calvin-Zitate). Ebd., IV, 7, N. 62 (Tentamen), hier 374. 33. I. Backus: Gilbert Burnet, Daniel Ernst Jablonski und die kirchliche Vereinigung der Reformierten, Anglikaner und Lutheraner [unveröffentlichtes Vortragsmanuskript]. Daniel Ernst Jablonski am 16. April 1701 an Leibniz, A I, 19, 602; vgl. hierzu auch Backus: Gilbert Burnet.
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Da Hartmut Rudolph in einer älteren Arbeit über die Aufnahme der innerprotestantischen Ausgleichsverhandlungen am Ende des 17. Jahrhunderts die einschlägigen christologischen Probleme – Realpräsenz und manducatio indignorum sowie Leibniz’ Lösungsvorschlag – bereits eingehend dargestellt und analysiert hat6, beschränke ich mich hier auf die zweite ‚prädestinatianische‘ Linie der Auseinandersetzungen. Warum konnte der Artikel XVII der anglikanischen Kirche von 1552 eine so prominente Rolle in den Lehrgesprächen des 17. Jahrhunderts spielen? Er lautet: Die Vorbestimmung zum Leben ist der ewige Vorsatz (propositum) Gottes, aufgrund dessen er vor Grundlegung der Welt nach seinem uns freilich verborgenen Ratschluss unverrückbar (constanter) beschlossen hat, diejenigen, die er in Christus aus dem Menschengeschlecht erwählt hat, vom Fluch der Verbannung zu befreien und sie, wie zur Ehre bereitete Gefäße, durch Christus dem ewigen Heil entgegenzuführen. […] Wie nun die fromme Betrachtung unserer Prädestination und Erwählung in Christus für wahre Christen (pii) süß, lieblich und voll unaussprechlichen Trostes ist […], weil sie unseren Glauben an das ewige, in Christus zu erlangende Heil in hohem Maße (plurimum) befestigt, gewiss macht und zugleich unsere Liebe zu Gott heftig entfacht: so ist der Entschluss (sententia) der Prädestination Gottes, der neugierigen, fleischlich gesinnten und vom Geist Christi verlassenen Menschen ständig vor Augen schwebt, ein höchst verderblicher Abgrund, aus dem der Teufel sie in Verzweiflung stürzt oder in die gleichermaßen verderbliche Sicherheit eines lasterhaften Lebens. Sodann müssen wir, obwohl uns die Beschlüsse (decreta) der Prädestination unbekannt sind, uns doch den göttlichen Verheißungen so anvertrauen, wie sie uns in den Heiligen Schriften allgemein [vor Augen] gestellt sind7.
In dieser Fassung, die in einer sonst ungewöhnlich deutlichen Weise Christus als Erkenntnisgrund der Erwählung akzentuiert, ist gemessen an Calvins Lehre der Stein des Anstoßes, die Prädestination ad mortem – Calvin selbst spricht gelegentlich von einem ‚decretum horribile‘ – herausgebrochen und als eine teuflische Versuchung des Satans denunziert worden. Ähnlich heißt es in Artikel XI der Konkordienformel: Demnach halten und glauben wir: Wer die Lehre von der gnädigen Wahl Gottes zum ewigen Leben also führt, dass sich die betrübten Christen derselben nicht trösten können, sondern dadurch zur Kleinmütigkeit oder Verzweiflung verursacht […] werden, dass solche Lehr nicht nach dem Wort und Willen Gottes, sondern nach der Vernunft und Anstiftung des leidigen Satans getrieben werde8.
Die Vorwürfe, die einst Pighius und andere gegen Calvin erhoben haben, kehren dann auch zum Teil in der lutherischen Polemik wieder: Wenn wir weder Gutes noch Böses tun können, und alles notwendig nach Gottes Willen geschieht: Warum dann überhaupt noch etwas tun? Warum soll man die Übeltäter strafen, wenn sie notwendig sündigen und noch dazu Gott selbst es durch sie tut, ja selber die Sünde und das Böse will? Doch hat nicht Luther in seiner Schrift Vom unfreien Willen den inkriminierten Satz, dass „[…] alles mit Notwendigkeit geschieht
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Rudolph: „Zum Nutzen“, S. 108–127. BSRK 511. 18–512.2. BSLK 820. 33–43.
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[…]“ (omnia necessitate fieri) mit noch größerer Härte eingehämmert und verteidigt als Calvin9? Wenn Gott vorausgewusst hat, dass Judas ein Verräter sein werde, so wurde er notwendigerweise ein Verräter, und es lag nicht in seiner Hand oder in der irgendeines Geschöpfes, anders zu handeln […]; sondern jenes zu wollen, war das Werk Gottes, das er durch seine Allmacht in Bewegung setzte wie auch alles andere10.
Doch auch auf reformierter Seite hat man vergessen, dass Calvin seine Thesen aus einer punktgenauen Exegese von Röm 9, namentlich aus einer Interpretation des von Paulus herangezogenen Gleichnisses von Jes. 45,9 (=Röm 9,20f.) gewonnen hat, das auf die Freiheit des Töpfers zielt, kraft eigenen Rechts (suo iure) über den Zweck seines Werkstücks zu entscheiden. Indessen liegt das theologische Problem dieser Argumentationen nicht dort, wo es die Unterhändler des frühen 18. Jahrhunderts gesucht haben, bei der Frage der Determination, sondern an einer anderen Stelle. Mit ihrem Rückgriff auf den vorzeitlichen Ratschluss und Willen Gottes übersehen sie, dass sich das Denken hier aus dem Bereich herausbewegt, in dem Gott sich fassbar gemacht hat und, wie Luther wohl wusste, an eine absolute theologische Schranke stößt. Wo es Auskunft bekommen möchte, da „[…] hat Gott sich selbst gar nicht definiert […]“11, da gibt es folglich auch nichts zu erkennen. An dieser Stelle hat Leibniz das Problem aufzunehmen versucht und ihm damit, wie zu zeigen sein wird, eine folgenreiche philosophische Wendung gegeben. In einer kurzen Notiz (1698), adressiert an Molanus, der gegen seine Berufung auf Luthers Schrift schwere Bedenken geltend gemacht hatte, erklärt er: Er (Luther) jedenfalls habe geschrieben, alles geschehe aus Notwendigkeit, und doch hinzugefügt, man müsse den offenbaren Gott berücksichtigen. Jene aber [die seine Schriften missbrauchten] reissen nur an sich, was auf die Seite des verborgenen [Gottes] gehört, wovor er gewarnt habe: das zu erforschen, sei nicht unsere Sache. Diese Worte aber sind kein Widerruf, sondern nur eine ernsthafte Mahnung zu ihrem rechten Gebrauch, weil jene Erforschung des geheimen göttlichen Ratschlusses vergeblich und nutzlos ist. Wenn wir nach unserem Heil fragen, müssen wir seinem offenbaren Willen folgen. Von einem Widerruf aber ist Luther so weit entfernt, dass er am gleichen Ort lehrt, denen, die den offenbaren Gott hören, müsse sich nach und nach auch der verborgene erschließen (patefaciendum). So haben wir mit dem offenbaren Gott auch den verborgenen. Wie sollte dem nicht große Freude widerfahren, der erkennt, dass Gott unwandelbar ist und ganz unvermeidbar aus Notwendigkeit handeln muss und sich weder verleugnen noch [uns] täuschen kann; mit einem Wort: wir sind wandelbar und müssen unsere Zuflucht zum unwandelbaren Gott nehmen12.
Hier ist das Problem gesehen, aber mit einer (exegetisch durch nichts zu rechtfertigenden) Identifizierung übersprungen. Denn der ‚unwandelbare‘ Gott wird nun zum metaphysischen Gott der ‚ewigen Wahrheiten‘, dem wir im Discours de métaphysique begegnen.
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M. Luther: De servo arbitrio, WA 18, 617.24. 716f. bes. 725.1. Ebd.,715. Ebd., 712. A IV,7, N. 73, 413, Z. 12–22.
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2. ZUR METHODE Von einem Konzept ökumenischer Einigung, wie es sich in der Reaktion auf Jablonskis Vorlage, die erste Fassung des Unvorgreifflichen Bedenckens (1699), abzeichnete, darf man verlangen, dass es einen Leitfaden entwickelt, wie mit kontroversen Auffassungen umzugehen sei. Im Geist Georg Calixts sollte dies im Zeichen des ‚amour de bienveuillance‘ geschehen, wozu als erste Bedingung die gegenseitige Toleranz gehört, die Bereitschaft, sich auf die Ebene des Partners einzulassen – ‚condescendance‘ (griech. Synkatabasis) heißt das Stichwort – und, wie die Loccumer Erklärung formuliert, „[…] sich nicht zu weigern, bis an die äußersten Grenzen solcher christlichen Entäußerung […]“ zu gehen“13. Wir kommen darin überein, schreibt Leibniz an Jaques B. Bossuet, […] dass man diese große Maxime zur Grundlage der gesamten Verhandlungen machen sollte: dass jeder hier von seiner Seite aus die äußerste Anstrengung machen muss […], ohne sein Gewissen zu verletzen, indem er den anderen gegenüber das größte Entgegenkommen erkennen lässt […], um das große Werk der Reunion möglichst voran zu bringen14.
Die bloße Aufnahme des Status controversiae, verbunden mit einer Bewertung der Konsensfähigkeit, wie es Jablonski in seinem Gutachten getan hatte, genügt noch nicht. Man muss vielmehr unterscheiden zwischen einem bloßen Streit um Worte und einem Dissens in der Sache, und selbst wenn sich zwischen beiden protestantischen Kirchen sachliche theologische Differenzen zeigen, über denen man zu keinem einvernehmlichen Ausgleich kommen sollte – so im Streit um die Prädestination –, bleibt immer noch die Frage, ob sie an das Fundament des Glaubens rühren, ob hier am Ende also nicht nur eine Tolerierung, sondern auch eine tatsächliche Vereinigung (unio actualis) möglich sei. Dennoch werden Grenzen dieser Methode erkennbar und zwar in zweifacher Hinsicht: 1. Man kann sich über die Fundamentalartikel einer Kirche nicht hinwegsetzen: „[…] obwohl es Punkte gibt, bei denen man Zugeständnisse machen könnte, gibt es andere, bei denen man nichts preisgeben kann“. Wollte man etwa auf der Basis der ersten ökumenischen Konzilien zu einer Einigung kommen, also Glaubensaussagen auf einen Kern (consensus quinquesaecularis) reduzieren, der vor oder unterhalb strittiger Lehrdifferenzen bleibt, so würde man gegen die Prinzipien sämtlicher Reformationskirchen verstoßen und würde nur „eine neue Sekte[…]“ gründen, „[…] was die Diskussionen vervielfachte, statt ihnen eine Ende zu machen[…]“15.
13 A IV, 7, N. 51, 283, Z. 14. 14 G. W. Leibniz am 8. Mai 1699 an Jean-Bénigne Bossuet; A I, 19, 168 (hier zitiert nach P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit, München 1975, S. 121). 15 G. W. Leibnizʼ Promemoria für Ernst von Hessen-Rheinfels, November 1687, in: A I, 5, N. 6, 11.
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Vollends kann von einer Unterwerfung unter das Diktat einer anderen Kirche keine Rede sein. Aus diesem Grund hat die Loccumer Erklärung für den Fall, dass die Protestanten Rom etwa mit der Anerkennung des Papstamtes entgegenkämen, ‚bestimmte Bedingungen bzw. notwendige Forderungen‘ aufgelistet, deren Einlösung man umgekehrt auch vom Papst erwarten müsse und, wie man in jenen Jahren glaubte, auch leichthin könne, etwa die Zulassung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, den Gebrauch der Landessprache, die Priesterehe oder die Anerkennung der eigenen Glaubensgemeinschaften als legitimer Kirchen16. 2. Von einer zweiten, allerdings anders bestimmten Grenze wird man auch dort sprechen müssen, wo Leibniz kraft eigener Kompetenz den Einigungsprozess meinte voranbringen zu können. Im innerprotestantischen Streit um die Realpräsenz Christi im Abendmahl – so diagnostizierte er das Scheitern aller bisherigen Verständigungsversuche – geht es offenbar nicht um die beiderseits anerkannte veritas rei, sondern um die Art und Weise, sich diese Wahrheit vorzustellen, also lediglich um den Modus dieser Präsenz. Strittig sei hier lediglich das Verständnis des gemeinsam vorausgesetzten Substanzbegriffs17, weshalb an dieser Stelle die Philosophie zur Klärung aufgerufen sei. Indem sie den metaphysischen Rahmen korrigiert, in dem sich ein Konsens als unmöglich erwiesen hat, in diesem Fall also die cartesische Bindung der Substanz an Räumlichkeit und Dimensionalität aufgibt, ist sie nicht länger genötigt, die fragliche Präsenz als lokale Anwesenheit zu denken, sondern kann sie, wie Calvin durch die Vermittlung des Heiligen Geistes vorgeschlagen hat, ‚hyperphysice‘ voraussetzen. Doch so hilfreich diese Überlegungen an Ort und Stelle erscheinen mögen: die Legitimität eines solchen philosophischen Angebots, von dem die Theologie immer wieder einmal Gebrauch gemacht hat, ist selbst ein mit Recht umstrittener Punkt. Jablonski jedenfalls meinte sich darauf nicht einlassen zu dürfen: Der mögliche Friede zwischen den Konfessionen und deren Vereinigung werde gefährdet, „[…] wenn sie auf die Vereinigung in der Philosophie und derselben Applikation zur Theologie gegründet werden müsse“18. Zu fragen ist demnach im Folgenden zunächst, ob es Leibniz auch im Falle der Prädestination gelungen ist, eine philosophische Matrix bereitzustellen, die einen Ausgleich zwischen reformierter und lutherischer Position denkbar macht, und sodann, ob dies gelingen kann, ohne die theologische Aussage dieser Lehrbildung abzuschwächen oder zu alterieren. Ich werde mich dabei an der zweiten, im Wesentlichen von Leibniz redigierten Fassung des Unvorgreifflichen Bedenckens orientieren, und im Gespräch mit der reformierten Tradition auf die damals weniger gravierend empfundenen Differenzen im Verständnis der göttlichen Attribute
16 A IV, 7, N. 51. 17 Rudolph: „Zum Nutzen“, S. 117 und 121ff. 18 D. E. Jablonski am 1. Januar 1699 an Leibniz; A I, 16, N. 228.
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eingehen, in deren Rahmen danach der Konflikt um die Prädestination dargestellt werden soll. 3. DIFFERENZEN IM VERSTÄNDNIS DER GÖTTLICHEN ATTRIBUTE Es versteht sich nach dieser knappen methodologischen Skizze von selbst, dass Leibniz, was immer er als überzeugter Lutheraner gegen reformierte Lehren einzuwenden hatte, sein Projekt eines friedlichen Ausgleichs nicht hätte durchführen können, ohne diese Lehren zugleich gegen den zentralen Vorwurf in Schutz zu nehmen, sie brächten in ihrer Konsequenz Gottes Allmacht, Weisheit, Gerechtigkeit, Güte und Heiligkeit ins Wanken – Attribute, ohne die man, wie es im Discours de métaphysique I (1686) und später in den Principes de la Nature et de la Grace fondés en Raison § 9 (1714)19 heißt, Gott als das ‚absolut vollkommene Wesen‘ gar nicht denken kann. Dieser Vorwurf hat sein sachliches Fundament vornehmlich in dem „[…] absoluten Dekret der Erwählung und Verwerfung […]“20 und wird dementsprechend fast durchweg im Kontext der reformierten Prädestinationslehre verhandelt. Inwiefern? 1. Allmacht. Göttliche Attribute müssen – so das Postulat der Harmonie – ‚notwendig kompatibel‘ sein. Die Allmacht muss mit der Weisheit Gottes sich vertragen; ihr muss ex definitione all das möglich sein, „[…] was keine contradiction impliziert […]“21. So hätte Gott ‚unzählbar viel Kreaturen schaffen können‘, die der Versuchung zur Sünde nicht erliegen. Damit hätte sich das umstrittene Verwerfungsdekret (decretum reprobationis), der Anlass der Kontroverse, erübrigt. Doch wäre der Streit mit der reformierten Seite damit erledigt? Leibniz – hier liegt der entscheidende Differenzpunkt – führt den Satz vom Widerspruch ins Feld; er arbeitet mit einem logischen Argument. Das hat die theologische Tradition auf der Linie von Augustin bis zu Luther und Calvin nicht getan. Sie beruft sich – ein Gegensatz, auf den wir im Folgenden immer wieder stoßen werden – auf den Willen Gottes als Quelle seiner Allmacht. Allmacht, so heißt es bei Joh. Heinrich Heidegger, einem älteren zeitgenössischen Repräsentanten reformierter Theologie, ist das Vermögen, „[…] seiner Natur entsprechend das, was er will, hinreichend [wirksam] durchzuführen“. Er kann also „[…] potentissime nicht, was seiner Natur widerspricht“22. Leibniz argumentiert an dieser Stelle mit der Weisheit Gottes, seinem uns überlegenen intellektuellen Wissen: Weil es Gottes Weisheit „[…]nicht für diensahm gehalten[…]“, gibt es arme und reiche, sündige und gerechte Menschen23. 19 A VI, 4, 1531 und GP VI, 602. 20 Die in ( ) stehenden Ziffern beziehen sich im Folgenden durchweg auf Seiten- und Zeilenzahl der zweiten Fassung des Bedenckens in: A IV, 7, N. 79, 463, Z. 5. 21 Ebd., Z. 20. 22 J. H. Heidegger: Corpus Theologiae, III, Zürich 1700, S. 104 und 107. 23 A IV, 7, N. 79, 463, Z. 26.
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2. Gerechtigkeit. Die Frage nach Gottes Recht und Gerechtigkeit hat die Konfessionen noch nachhaltiger getrennt. Die lutherischen Einwände hat Leibniz als Anwalt der Rationalität prägnant zusammengefasst und zwar so, dass der Konflikt mit dem Urteil des Verstandes in die Augen springt: Denn hat Gott zusätzlich zu seiner Allmacht wirklich das höchste Recht, „[…] auch Unschuldige ins Verderben zu stürzen […]“ derart, dass er sie „[…] zu gefäßen des Zorns und der Schmach […]“ erschaffen, also ohne Beleidigung der Gerechtigkeit verdammen kann24? Wie aber könnte das ein „Actus conformis iustitiae“ sein25, wie das „Licht der Natur“ es verlangen muss? Andernfalls hätten unsere Klagen in bloßer „unwißenheit und unverstand“ ihren Grund, die uns wie Hiob daran hindern könnten, die verborgene Tiefe der göttlichen Weisheit (Röm 11,33) zu erkennen. So läuft die Frage zuletzt auch hier darauf hinaus, „[…] ob der wille gottes eigentlich das Recht mache, und ob etwas deshalber allein guht und Recht sey, weil es gott wil, oder ob gott es deshalben wolle, weil es an sich guht und recht ist[…]“26. Es sei jedenfalls unerträglich, wenn es hier nach dem (bemerkenswert oft zitierten) ‚tyrannischen‘ Motto ginge: „Sic volo sic iubeo, stat pro ratione voluntas“27. Denn das hieße, auch die ewigen Wahrheiten zuletzt als aus freien Entscheidungen hervorgegangen, das heißt sie mitsamt ihrer „Wahrheit göttlicher Existenz“ als eine Wirkung des freien Willens Gottes zu begreifen, „was absurd ist“ (quod absurdissimum28) – eine metaphysisch konsequente Argumentation, die jedoch an dem Nerv der Prädestination vorbeigeht. Denn gerecht in seinem verdammenden Urteil – so Calvin auf den Spuren Augustins – ist Gott, weil wir de jure alle aus der Masse des Verderbens (massa perditionis) genommen sind, die nach seinem ewigen Gericht zum Tode bestimmt ist, zu dem wir „[…] nach unserer eigenen Natur ganz von selbst hingeführt werden […]“29, es sei denn, Gottes ungeschuldete Erwählung befreie uns von diesem Schicksal. Die spätere reformierte Theologie, die Leibniz vor Augen haben mochte, unterschied: Einiges ist gerecht, weil Gott es will, das nämlich, was ins positive Recht gehört; anderes will Gott, weil es gerecht ist, das nämlich, was Sache des Naturrechts ist30.
Die Prädestination aber lässt sich naturrechtlich nicht begründen. Leibniz hoffte immerhin, der Widerspruch Amyraults gegen die voluntaristische These werde „die heutigen Reformierten“ überzeugen31.
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Ebd., 467, Z. 4 Ebd., Z. 19. Ebd., 469, Z. 11. Ebd., 471, Z. 1. Ebd., Z. 15. J. Calvin: Institutio (1559) III, 23 ,11, sowie J. H. Heidegger: Corpus Theologiae, V, 56. P. van Mastricht: Theoretico-practica Theologia, Editio nova, Genf 1688, II.XVIII, S. 11. A IV, 7, N. 79, 469, Z. 19.
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3. Heiligkeit. Die Heiligkeit Gottes, so ein besonders gravierender Vorwurf gegen die reformierte Lehre, werde dadurch gefährdet, dass man aus dem Verwerfungsdekret den Schluss abgeleitet habe, Gott selbst sei der eigentliche Urheber des Bösen: er lasse es nicht nur zu, indem er es „[…] allezeit ad maius bonim dirigieret […]“32, sondern habe es nachgerade „[…] erschaffen[…]“ und habe „[…] seine lust und freude an dem tod und Verderben des Sünders […]“33. Leibniz führt als Beleg solcher ‚Redensarten‘, die ‚sich schwerlich entschuldigen lassen‘, die Interpretation des Hiob-Dramas in Calvins Providenzlehre an (die in der Institutio [1559] mit Bedacht freilich weit von dem Prädestinationstraktat abgerückt worden ist): Wir müssen schließen, dass diese Versuchung, als deren Diener der Satan und verruchte Räuber wirksam waren, tatsächlich Gott zum Urheber hatte34.
Und weiter: Ich habe deutlich genug gesagt, dass Gott nach der Schrift der Urheber von all dem ist, was nach Meinung seiner Kritiker bloß unter seiner müßigen Zulassung geschieht35.
Das Fazit aus dieser Erklärung – „Es geschieht eben auf wundersame Weise nicht ohne seinen Willen, was doch gegen seinen Willen geschieht[…]“36 – hat Leibniz jedoch nicht mehr zitiert. Er hat Calvin offenbar missverstanden, wie sich zuletzt auch daran zeigt, dass er in seiner Interpretation mit zwei Begriffen arbeitet, die Calvin expressis verbis aus seiner Prädestinationslehre ausgeschlossen hat, dem Begriff des Vorherwissens (praescientia, praevisio) und dem der Zulassung (permissio)37. Gott hätte die Sünde als Koeffizient seiner Weltordnung vorhergesehen, was zwar nicht unbedingt heißen müsse, er sei in einem Akt seines wirksamen und deshalb ‚erfolgreichen‘ Willens ihr Urheber38 – so ließe sich eine Verständigung mit den Lutheranern herbeiführen – dennoch aber habe er in einer Art „müßiger Zulassung“ in sie eingewilligt und sei deshalb Urheber all dessen, was seine Widersacher wollen und planen39. Was Calvin jedoch tatsächlich hat sagen wollen, ist dies: Das Böse (malum) kommt weder direkt noch indirekt von Gott, untersteht aber (wie man im Übrigen auch schon bei Luther lesen kann40) seiner souveränen Macht, indem es sich ohne seinen ausdrücklichen Willen nicht in und an der Welt auswirken kann. Gott stellt es in seinen Dienst. 32 33 34 35 36 37
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Ebd.,475, Z. 2. Ebd., 481, Z. 16. Ebd., 473, Z. 3. Das wörtliche Zitat stammt aus Calvin: Institutio; A I, 18, 1 (OS III, 220.12). Das ebenfalls wörtliche Zitat stammt aus Calvin: Institutio; A I, 18, 3 (OS III, 224. 14). A IV, 7, 473, Z. 6. Das ebenfalls wörtliche Zitat stammt aus Calvin: Institutio; A I, 18, 3 (OS III, 225.17). Vgl. hierzu Calvin: Institutio, 21,5 und 23.8 (OS IV, 374.2 und 402.12): Wenn Gott vorhergewusst hätte, dass wir gut oder böse sein werden, hingen Erwählung und Verwerfung von unseren Taten oder Untaten ab, nicht aber davon, dass er uns gut machen werde (so Calvin III, 22,8 im Anschluss an Augustin, In: Joh. tract. 86, 2, MSL 35, 1851). A IV, 7, 473, Z. 15ff. Ebd., 473, Z. 26 Luther: De servo arbitrio, WA 18, 709.40ff.
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4. Unde malum? Damit erhebt sich die ‚schwere Frage‘ nach den Ursachen des Bösen und der Sünde. Sie gehört zu den gleichsam negativen Voraussetzungen der Prädestination. Die reformierte Tradition hat sie mit dem Hinweis auf die „Wandelbarkeit“ der vernünftigen Kreatur beantwortet, die wegen der „[…] Unvollkommenheit ihrer aus Nichts geschaffenen Natur […] die Güte und Freiheit [ihres Willens] mit Bosheit und Knechtschaft hat vertauschen können“41.
Ihren Ursprung hat sie im Sündenfall Adams. Leibnizʼ Antwort findet sich der Sache nach bereits im Discours de métaphysique. Von der reformierten Lehrmeinung unterscheidet sie sich nur insofern, als sie – metaphysisch konsequent – hinter das theologische Datum des Sündenfalls zurückgreift. Die Nötigung zu sündigen war im göttlichen Entwurf des Menschen schon vor dem Fall vorhanden, weshalb der vom reformierten Hauptstrom vertretene Supralapsarismus ihn vor keine größere Schwierigkeit stellt als jede andere Anschauung: Auch schon vorher gab es eine allen Geschöpfen als solchen natürliche ursprüngliche Begrenztheit oder Unvollkommenheit, die sie zu sündigen und zu fehlen fähig macht, […] und darauf muss man meines Erachtens die Meinung des Hl. Augustin und anderer Autoren zurückführen, dass die Wurzel des Übels im Nichts liege, d.h. im Mangel oder in der Begrenztheit der Geschöpfe42.
Diese wiederum, so das Bedencken, „[…] rühret daher, dass Gott creaturen und nicht götter, welches ohnmöglich [ist, hat] schaffen wollen[…]“43. Hier stehen wir vor dem „malum metaphysicum“ der Theodizee (n. 21), das keine bewirkende Ursache hat, sondern nur eben in einem fundamentalen Mangel besteht (privatio boni). Damit erreicht Leibniz – in Übereinstimmung mit der Dordrechter Synode, die sich von dem „Deum velle mala“ getrennt hatte44 – sein Ziel, die Existenz des Bösen jedenfalls nicht einem tyrannischen Willen Gottes zu schreiben zu müssen. Vielmehr gelte es, sich von der Einbildung (sʼimaginer) zu verabschieden, „[…] es gäbe absolute Ratschlüsse [eines Deus absconditus], die überhaupt keinen vernünftigen Beweggrund hätten“45.
Sein Bemühen um einen Ausgleich mit den Reformierten besteht, wie bereits hier deutlich wird, in seinem Kern darin, das voluntaristische (und darum, wie er die Dinge sieht, der Weisheit Gottes widersprechende) Fundament der Erwählungslehre konsequent in einen rationalen, beiden Seiten einsichtig zu machenden Ansatz zu überführen. Dazu aber genügt die bloße Preisgabe eines VerwerfungsDekretes noch nicht; sie allein hätte den Dissens in der Lehre noch nicht bereinigt. Es bleibt die Schwierigkeit, folgt man Augustin, weshalb Gott bei seiner Erwäh41 J. H. Heidegger: Corpus Theologiae X, 10. S. Maresius: Collegium theologicum seu systema breve, IV, Genf 1662, 41: Peccatum originale „[…] non consistit in sola iustitiae orig. negatione et carentia, sed etiam in morbida quadam et habituali animae qualitate”. 42 Discours de métaphysique; A VI, 4, 1577. 43 Ebd., IV, 7, 475, Z. 29. 44 Ebd., 483, Z. 22. 45 Ebd., VI, 4 B, 1578.
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lung so viele Menschen übergeht, das heißt die Frage nach der causa praetereundi. Auch dafür müsse es nach dem Satz vom Grund vernünftige, einsichtig erklärbare Ursachen (causae impulsivae) geben. Man kann also nicht schon, „[…] was würcklich geschieht […]“, für Gottes Willen halten46, sondern muss in Analogie zum alltäglichen Sprachgebrauch auch diesen Willen als eine „verständige Neigung“ begreifbar machen47, „[…]irgendetwas in Entsprechung zu dem darin enthaltenen Guten zu tun, […]“48 oder, wenn es einen stärkeren Grund gibt, der ihn daran hindert, seine Richtung und sein Ziel zu ändern. In diesem Sinne unterscheidet Leibniz mit einer auf Johannes Damascenus zurückgehenden Differenz zwischen einem vorangehenden (antecedens), auf die Verwirklichung des Besten gerichteten, und einem nachfolgenden (consequens), der Unvollkommenheit und Sünde des Menschen Rechnung tragenden (und deshalb die „Zulassung“ ermöglichenden) Willen Gottes. Daraus folgt – ein nicht aufzuhebender Dissens gegenüber Calvin und Luther –, dass Gott seine höchste Gewalt nicht braucht, um der menschlichen Freiheit Gewalt anzutun49. 4. DIE PROBLEME DER PRÄDESTINATION Mit diesen Abgrenzungen und philosophischen Korrekturen ist der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich Leibniz Konsequenzen und Streitigkeiten zuwendet, die aus der Interpretation der ‚ewigen Gnadenwahl‘ hervorgegangen sind. Dabei handelt es sich seiner Einschätzung nach keineswegs nur um verbale, sondern um reale Differenzen, die jedoch […] den grund des Glaubens nicht auffheben […]“ können. Um das zu zeigen müsse man freilich „[…]die sach etwas höher herholen, und alles dasjenige, was einige merkliche gefahr nach sich ziehen würde, (…) ausschließen […]50.
Man darf in diesem Satz den Anspruch erkennen, die strittigen Fragen nach dem Beweggrund der göttlichen Dekrete sowie nach Universalität oder Partikularität der Gnade auf einer ‚höheren‘, nämlich philosophischen Ebene zur Klarheit zu bringen, sie jedenfalls plausibler zu beantworten als die Reformierten, die „[…] fast in diesem gantzen Articulo zu weit [ge]gangen[…]“ sind51. 1. Schicksal und Kontingenz. Leibniz richtet sich mit seinem Entwurf an vorderster Stelle gegen Theologen (er denkt insbesondere an Theodor Beza), die „[…] von der Prädestination wie die Stoiker vom Schicksal gesprochen […]“ hätten, und sucht mit äußerstem Nachdruck, die von diesen Doktoren unterstellte Verknüpfung von Zwang und Prädestination abzuschwächen. Dabei 46 47 48 49 50 51
A IV, 7, 495, Z. 27. Ebd., 495, Z. 8. Essais der Théodicee I, § 22; GP VI, 115f. A IV, 7, 495, Z. 19. Ebd., 507, Z. 21 Ebd., 507, Z. 18
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geht es um die eingangs erwähnte, von Luther und Calvin gleichermaßen vertretene These, „[…] alles, was geschieht, sei absolut notwendig und [so seine Zuspitzung] müsse mit schicksalhafter (fatalis) und unüberwindlicher Notwendigkeit geschehen […]“.Ein Irrtum sei vollends ihre quasi ontologische Verschärfung in der Form, dass Gott „[…] auch absolut, [das heißt] aus der Natur der Sache heraus ohne Widerspruch nur diese [bestimmte] Kette der Ursachen zulasse […]“ und damit zuletzt selber „[…] dem Schicksal unterworfen sein müsste […]“52. Die fällige Korrektur betrifft somit den Begriff der Notwendigkeit. Leibniz will darunter ‚nichts anderes‘ verstanden wissen – und das ist zweifellos eine Abschwächung – als eine Gewissheit (certitudo) oder Unfehlbarkeit (infallibilitas), die jedoch „[…] in dem Menschlichen gemüthe und freyen willen keinen Zwang der nohtwendigkeit, wohl aber eine Neigung, lieber und eher dieses als jenes zu thun oder zu laßen erwecket […]“, und somit die Freiheit des Willens weder antastet noch aufhebt53. Die hier nur angedeutete Korrektur wird in dem Dokument Beym Eingang ausführlich begründet und an der Person des Judas exemplarisch erläutert, wobei Leibniz für dieses bessere Verständnis die Reformierten gleich mit einbezieht: Wenn die Reformirten lehren, dass die wahl der Menschen selbst nothwendig also fallen müße, wie sie fallet, so verstehen sie durch solche nothwendigkeit nichts anderes als die gewißheit und unfehlbarkeit, deren sich auch vielleicht die Thomistae […] bedienen. Denn nach der eigentlichen philosophischen Definition ist nur das jenige nothwendig, dessen gegentheil eine unmuglichkeit oder contradiction implizieret. Auff solche weise aber wird die [determinierende] wahl nicht nothwendig, wenn Judas sich entschließet den Herrn zu verrathen, ob gleich gott solches vorhergesehen, und nach dem Rath seiner hochsten Weisheit zu zulaßen entschloß. Es bleibt doch wahr daß ers unterlaßen können […] Und obgleich man weiter gehet, und sagt, dass die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten, die sich einer determinierten Wahrheit verdanken, nicht nur aus der Zukünftigkeit oder dem Vorherwissen, sondern auch aus Gründen, die in die Zukünftigkeit einfließen und zum Teil aus göttlichen Entscheidungen, zum Teil aus dem Ablauf der Dinge und der Anordnung der Umstände bestehen […], [so beruht] die ursach worumb die wahl also fället, dermaßen in den umbständen, dass sonst, wenn solche [umstände] […] anders gewesen, sie wohl auch anders gefallen seyn würde. So bleibt dennoch wahr, daß die wahl auch bey gegenwärtigen umbständen dennoch nicht eigentlich nothwendig wird und aus den vorhergegangenen Ursachen mit notweniger Konsequenz nicht folget54.
Zweierlei wird hier gesagt: einmal, dass die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten (futura contingentia), die ein Mensch ergreift oder ungenutzt vorübergehen lässt, sich einer (von Gott stammenden) determinierenden Wahrheit verdanken. Zum andern, dass die konkrete Entscheidung eines Menschen, also die ‚Wahl‘, dies zu tun und jenes zu lassen, neben der göttlichen Determination zum Teil auch „[…] von dem Ablauf der Dinge und der Anordnung der Umstände […]“ abhängt, 52 A IV, 7, 509, Z. 6. 53 A IV, 7, 509, Z. 18–21. 54 A IV, 7, N. 54, 341, Z. 5–24. Die Übersetzung der lateinischen Phrasen stammt von Backus: Gilbert Burnet.
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die in die zukünftige Konstellation (futuritio) einfließen. Man muss den Discours de métaphysique hinzunehmen, der in diesen Ausführungen unverkennbar nachklingt, um die konzentrierte Argumentation zu verstehen. Dort heißt es, angewandt auf Judas, dass Gott in ihn einen bestimmten Begriff oder eine Idee hineingelegt hat. Diese Idee enthält und umschließt jene Fülle zukünftiger Möglichkeiten, deren Amplitude seinen Lebensweg vorzeichnet, aber auch begrenzt und ihn auf diese Weise determiniert. Es kommt darauf an, was er mit diesen Möglichkeiten anfängt, welche er realisiert. Deshalb erklärt Leibniz zweitens, dass die Idee, die Gott von ihm hat, zugleich seine „[…] künftige freie Handlung enthält […]“55. 2. Ein philosophisches Modell. Man sagt nicht zu viel, wenn man hinter den hier skizzierten Andeutungen ein im Grundriss ausgearbeitetes philosophisches Modell erblickt, das den von Leibniz gesuchten Begriff der Prädestination beschreibt. Es findet sich ebenfalls im Discours de métaphysique XIII und macht von einer ursprünglich mathematischen Erkenntnis Gebrauch: Alle Punkte, die eine Kreisbahn oder eine Ellipse durchläuft, sind durch die Funktionsgleichung dieser geometrischen Figuren eindeutig bestimmt. Sie sind virtuell in ihr enthalten, und umgekehrt lässt sich jede beliebige Anordnung von Punkten durch eine solche Funktionsgleichung beschreiben. Das Prädikat (die Punktfolge) – so lautet der philosophische Ausdruck – ist im Subjekt (der Bahngleichung) enthalten: „[…] praedicatum inesse subjecto […]“56. Diesen Gedanken wendet Leibniz – mutatis mutandis – auf individuelle Substanzen, also auch auf Personen, an: Das Wesen einer individuellen Substanz bzw. eines vollständigen Seienden besteht darin, dass ihm ein derart vollkommener Begriff eigen ist, der ausreicht, alle Prädikate des Subjekts, dem dieser Begriff zukommt, zu verstehen und aus ihm herzuleiten. Hingegen ist ein Akzidenz etwas, dessen Begriff nicht all das enthält, was man dem Subjekt zuschreibt. […] Wenn Gott den individuellen Begriff oder die Diesheit (la notion individuelle ou hecceité) Alexanders schaut, so sieht er darin zugleich die Grundlage oder den Grund (raison) für alle Prädikate, die sich von ihm wirklich aussagen lassen, wie zum Beispiel, dass er Darius und Poros besiegen wird57.
Er kommt im weiteren Verlauf der Abhandlung darauf zurück und fährt fort: Wir haben gesagt, der Begriff einer individuellen Substanz schließe ein für allemal alles ein, was ihr jemals widerfahren kann […], so wie wir aus der Natur des Kreises alle Eigenschaften ersehen können, die man daraus herleiten kann. Es scheint aber, dass dadurch der Unterschied zwischen zufälligen und notwendigen Wahrheiten aufgehoben wird, dass die menschliche Freiheit keinen Platz mehr hat und ein absolutes Fatum alle unsere Handlungen beherrscht wie alles übrige Weltgeschehen58. Darauf erwidere ich, dass man unterscheiden muss 55 Discours de métaphysique XXX; A VI, 4 B, 1575. 56 Leibniz an Antoine Arnauld, Juni 1686; A II, 2, 56; vgl. Discours de métaphysique VIII; A VI, 4 B, 1540. 57 Discours de métaphysique VIII, A VI, 4 B, 1535f. 58 Sein Korrespondent Antoine Arnauld, führender Theologe des Jansenismus, meinte ihn so verstehen zu müssen. In seinem Brief an Ernst von Hessen-Nassau (13. März 1686; A II, 2,
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Christian Link zwischen dem, was gewiss und dem, was notwendig ist. Alle Welt gibt zu, dass die künftigen zufälligen Ereignisse gewiss sind, weil Gott sie vorhersieht, aber damit gibt man nicht zu, dass sie notwendig sind. […] Um [diese Schwierigkeit] gründlich zu beheben, sage ich dass es zwei Arten der Verknüpfung oder Folge gibt, deren eine absolut notwendig ist. Ihr Gegenteil schließt einen Widerspruch ein. […] Die andere ist nur ex hypothesi und gewissermaßen per accidens notwendig, an sich aber zufällig, da ihr Gegenteil keinen Widerspruch enthält. Diese Verknüpfung gründet sich nicht allein auf die ganz reinen Ideen und auf den bloßen Verstand Gottes, sondern auch auf seine freien Ratschlüsse und auf den Weltenlauf59.
Am Beispiel Caesars erläutert Leibniz, dass dieser nicht kraft seines Begriffs oder seiner Idee so handeln musste, wie er es faktisch tat, denn anders als der „allwissende Gott“ kannte er diesen Begriff gar nicht, wohl aber habe ihm Gott diese und keine andere Persönlichkeit (personnage) verliehen, weshalb er sich fortan notwendig ihr gemäß verhalten musste. Respektiert man also die unterschiedliche Art der beschriebenen Verknüpfungen (einmal nach dem Satz vom Widerspruch, das andere Mal nach dem Satz vom Grund), dann wird man differenzierter urteilen müssen: Dass Caesar den Rubikon überschritt, war ‚begründet und daher gewiss‘, nicht jedoch ‚an sich notwendig‘ derart, dass das Gegenteil einen Widerspruch enthalten hätte. Durch Gottes prädestinatianische Entscheidung, ihn dieser Idee entsprechend zu erschaffen, wurde er nicht einem absoluten metaphysischen Zwang unterworfen: er handelte aus freiem Willen. „In ähnlicher Weise begründet und gewiss ist es […]“, folgert Leibniz, „[…] dass Gott allemal das Beste tun wird, wenngleich das minder Vollkommene keinen Widerspruch enthält“60. Angewandt auf Judas heißt das: Absolut notwendig war im Blick auf seinen Begriff und seine Idee nur Gottes Entscheidung, sie ohne Widerspruch in den Entwurf der bestmöglichen Welt einfügen zu können. Denn in diesem Entwurf sollte auch das ‚minder Vollkommene‘, das heißt ein Judas, Raum haben. Im Rahmen dieser Entscheidung war dessen Wille, seine ‚verständige Neigung‘, daher lediglich dazu disponiert, dafür empfänglich, so zu sündigen, wie er es getan hat. Die Notwendigkeit seiner Sünde war eine bloß hypothetische Notwendigkeit. Sie war einmal abhängig von der göttlichen Entscheidung für die beste aller möglichen Welten, zugleich aber von der gesamten Anordnung der für Judas und sein Umfeld spezifischen Umstände und Ursachen. So bleibt, schließt Leibniz, […] also nur die Frage, warum ein solcher Judas, der Verräter, der in der Idee Gottes nichts als möglich ist, wirklich existiert. Auf diese Frage aber […]“, entgegnet er, „[…] darf man auf Erden (icy bas) keine Antwort erwarten, man darf höchstens allgemein sagen, dass, da es Gott gefallen hat, ihn ungeachtet der vorhergesehenen Sünde existieren [zu lassen], dieses N. 7), der ihm auf Bitten von Leibniz ein Exemplar des Discours geschickt hatte, erwidert er: „[…] ich finde in diesen Gedanken so viele Dinge, die mich erschrecken und die, wenn ich mich nicht täusche, fast alle Menschen schockierend finden müssen, dass ich nicht sehe, welchen Nutzen eine Schrift haben könnte, die offensichtlich von jedermann zurückgewiesen werden wird“. Zum Beweis führt er den oben zitierten Eingangssatz von N. 13 an: „ Der Begriff einer individuellen Substanz […]“ usf. (A VI, 4 B, 1546; hier zitiert nach G. W. Leibniz: Discours de Métaphysique et Correspondance avec Arnauld, herausgegeben von G. de Roy, Paris 41984, S. 83.) 59 Discours de métaphysique VIII, A VI, 4 B, 1527f. 60 Discours de métaphysique XIII, A VI, 4 B, 1548.
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Übel sich im Universum mit Zinsen bezahlt machen muss, dass Gott daraus ein größeres Gut gewinnen und sich insgesamt zeigen wird, dass diese Folge der Dinge, worin die Existenz dieses Sünders einbegriffen ist, auch die vollkommenste unter allen anderen Möglichkeiten ist61.
Die Sünde ist diesem Entwurf zufolge sub specie Dei also ein Teil des höchsten uns erreichbaren Gutes, sie betrifft die Essenz der bestmöglichen Welt. Es bleibt dem Menschen vorbehalten, mit seinem freien Entschluss zu sündigen diesen Entwurf zur Existenz zu bringen, ihm seine Form und seine besondere Natur zu verleihen. Dieses relativ frühe Konzept, das (wie die spätere Theodizee) Gott von dem Vorwurf entlastet, Urheber der Sünde zu sein, hat keinen Eingang in das Unvorgreiffliche Bedenken gefunden. Dort findet sich, wie Irena Backus notiert, keine Andeutung, dass Gott „[…] den Menschen als eine für die Sünde anfällige Kreatur […]“ geschaffen hätte62. Insofern bleiben die reformierten Supralapsarier – anders als bei der Lösung der Abendmahlsprobleme – von diesem rationalen Angebot eines Ausgleichs der Lehrdifferenzen ausgeschlossen. 3. Concursus divinus: Mitwirkung Gottes beim Bösen? Der Mensch, so sieht es nach allem bisher Gesagten aus, ist allein für die Existenz der Sünde und ihrer Wurzel, das Böse in der Welt, verantwortlich. Doch da meldet sich ein weiteres Problem. Denn alle für sich bestehenden Substanzen sind von Gott abhängig (essentialis dependentia63) und verdanken ihm allein ihre positive Realität, wozu auch die Sünde gehört. Weil die Welt aus Nichts erschaffen ist, lehrt auch die reformierte Dogmatik, hat sie den Grund ihrer Fortdauer nicht in sich selbst, sondern bleibt auf die schöpferische Kraft Gottes angewiesen (creatio bzw. productio [Leibniz] continuata) und zwar in jedem Akt ihrer scheinbar selbständigen Existenz. Dann aber muss es eine Mitwirkung Gottes, einen concursus divinus, auch bei und mit dem Bösen geben, und so stellt sich die schwierige Frage, wie das möglich sein soll, ohne Gott der Teilhaber- oder Mittäterschaft an der Sünde zu beschuldigen. Andererseits müsste sich dieser Vorwurf schon deshalb erübrigen, weil das Böse in der Sünde lediglich als ein Mangel an Gutem, als ein mere privativum, bestimmt wurde, das als solches keine positive Ursache hat, das heißt nicht von Gott, sondern von der Unvollkommenheit der Kreaturen herrührt64 – ganz abgesehen davon, dass eine direkte Beeinflussung oder Einwirkung Gottes auf den menschlichen Willen dessen Freiheit zunichtemachen, eine schrankenlose Freiheit aber umgekehrt jede Abhängigkeit von Gott leugnen würde. Um diesen Knoten zu lösen, bedient sich Leibniz einer physikalischen Analogie, die man, wie er betont, jedoch nicht für eine „[…] vermeinte völlige erclärung 61 62 63 64
Discours de métaphysique XXX, A VI, 4 B, 1576. Backus: Gilbert Burnet. A IV, 7, 511, Z. 6. A IV, 7, 511, Z. 26.
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eines so hohen und schwehren Punktes[…]“ halten dürfe: Eine Anzahl Schiffe oder Flöße von gleicher Oberfläche und in jeder Hinsicht auf gleiche Weise schwimmtüchtig gemacht, werden von der Strömung eines Flusses erfasst. Sie müssten sich mit gleicher Geschwindigkeit vorwärts bewegen. Doch die schwerer beladenen leisten der Antriebskraft des Wassers Widerstand und bleiben weit hinter den anderen zurück65. Es ist leicht zu sehen, was dieses Bild illustrieren will: Die Strömung steht für die Kraft des auf das Gute gerichteten göttlichen Ratschlusses, die, wie es im Discours de métaphysique heißt, […] unseren Willen zur Wahl dessen bestimmt, was [uns] das Beste scheint, ohne ihn jedoch zu nötigen. Denn absolut gesprochen befindet er sich im Zustand der Gleichgültigkeit […], sofern er die Macht hat, auch anders zu handeln oder sein Handeln noch ganz in der Schwebe zu halten; beides ist und bleibt möglich66.
Die langsameren, schwerer beladenen Schiffe repräsentieren die Unvollkommenheit der Kreatur (die ineptitudo massae corporeae; das privativum67). Sie werden „[…] verhindert, dem guten trieb volkömlich zu folgen […]“. Ohne Bild: „[M]anche Seele wird sich dieser […] Macht nicht bedienen“. Doch hätte sie sich, „[…] bevor sie sündigte, über Gott beklagen dürfen, wie wenn er sie zur Sünde bestimmte […]“68? Es ist deutlich: Von einer Determination zur Sünde, wie man sie „[…] ehemalen Calvin, Beza, Piscator und anderen hat vorgeworffen69, kann hier keine Rede sein, offenbar aber auch nicht von einem göttlichen „concursus […]“ bei ihrem Zustandekommen. Nur so viel kann man sagen, dass Gott vorher wusste, dass eine bestimmte Anzahl von Schiffen untauglich sein würde. Es gibt also keinen speziellen göttlichen Beschluss, wonach ein bestimmter Mensch beeinflusst werden sollte, Böses zu tun; wohl aber hat Gott eine Ordnung des Universums beschlossen, die unter manch anderem auch die Existenz eines Judas und seiner Handlungen vorsieht. Anders als die im Bild des Stromes veranschaulichte „[…] allgemeine Gnade[…]“ hat Leibniz folgerichtig denn auch die Möglichkeit einer dem Einzelnen zugewandten, speziellen ‚unwiderstehlichen‘ Gnade, d.h. die für die verfolgten Hugenotten so wichtige „gratia irresistibilis“, die als eschatologische Gabe des Geistes das Standhalten bis zum Ende (perseverantia) verbürgt, als unvereinbar mit der Freiheit des Willens70 zurückgewiesen. Eine Kirchentrennung könne dieses Lehrstück jedoch nicht rechtfertigen. Über diesen Punkt hätten sich berühmte reformierte Theologen „[…] bereits zulänglich erkläret […]“71. 4. Das Verwerfungsdekret. Umso mehr beunruhigt ihn das von Beza auf dem Kolloquium von Montbéliard (1586/87) gegenüber Jakob Andreä noch einmal 65 66 67 68 69 70 71
Ebd., 511, Z. 27ff. Discours de métaphysique XXX, A VI, 4 B, 1575. A IV, 7, 513, Z. 13. Discours de métaphysique XXX, A VI, 4 B, 1576. A IV, 7, 513, Z. 19. Ebd., 519, Z. 2. Leibniz: „Ausführungen über die Beharrlichkeit in der Gnade“, ein Ergänzungsvorschlag zu seiner Antwort auf Jablonskis „Kurtze Vorstellung“, in: A IV, 7, N. 64, 390.22.
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verteidigte göttliche Dekret der Verwerfung72, das er rundweg „[…] unbegründet, dabey aber auch sehr hart und unleidlich […]“, ja geradezu eine „[…] unanständige Lehre[…]“ nennt73. Leibniz kennt und respektiert das theologische Argument der Reformierten: jeden Anthropomorphismus zu verhüten, „[…] dass man sich Gott nicht wie einen Menschen einbilde […]“74. Lehrhaft formuliert: Gott kennt kein Ansehen der Person, so dass er auf Glauben oder gute Werke Rücksicht nähme, die doch kein Verdienst begründen können75. Er zieht daraus jedoch eine andere „philosophische“ Konsequenz: Weil Gott (anders als wir Menschen) nichts ohne Grund und Ursache wollen, das Böse also nur um eines höheren Guten willen zulassen könne76: deshalb „[…] kann kein absolutum reprobandi Decretum bey Ihm stat haben […]“77. Es wäre ein Rechtsakt ohne Fundament. Es spricht für die Sorgfalt und die intellektuelle Redlichkeit Leibnizʼ, dass er sich mit derselben Fragestellung nach dem göttlichen Beweggrund nun auch dem Dekret der Erwählung zur Herrlichkeit (ad Gloriam) zuwendet und sie auf die Frage nach der ‚Ordnung‘, das heißt der Priorität der göttlichen Ratschlüsse zuspitzt: Geht es – so die Lutheraner – darum, einen Menschen in den Stand lebendigen Glaubens zu versetzen, oder – so die Reformierten – ihm die Herrlichkeit des ewigen Lebens zuzusichern78? Diese Standpunkte – darauf läuft die Abhandlung hinaus – lassen sich auf einer höheren Mitte zusammenführen, wenn man, so der Vorschlag des Reformierten Georg Sohnius zwischen dem Dekret und seiner Ausführung unterscheidet und nun von der Ausführung auf das Dekret zurückschließt79. Dann, konzediert Leibniz, müssen die Lutheraner, die den Glauben des Einzelnen als Grund der Erwählung ansehen, erkennen, dass der reformierte Standpunkt, wonach der Glaube ja bereits aufgrund der Gnade Gottes entstanden ist, eine logische Voraussetzung ihrer Position ist. In dieser Weise hintereinander angeordnet, schließen sich beide Standpunkte zu einem Kreis zusammen: Weil man erwählt ist, kann man glauben, und weil man glaubt, wird man erwählt80. So gesehen gibt es auf beiden Seiten nichts, was eine Verurteilung verdient oder eine Einheit hindern könnte.
72 73 74 75 76
77 78 79 80
Acta colloquii Montis Belligartensis, 1587, n.3 9, S. 532. A IV, 7, 521, Z. 24. Ebd., 523, Z. 5. So J. Braunius: Doctrina foederum sive systema theologiae, Amsterdam 1688, A I, 2, 9.21. Im Zusammenhang der Providenzlehre urteilt Calvin nicht anders. Er macht sich den Grundsatz Augustins zu Eigen: „[…] der größte Widersinn sei die Behauptung, es geschehe irgend etwas ohne Gottes Anordnung; denn dann geschehe es ja ohne jegliche Ursache“. (Inst I, 16, 8). Deshalb solle man bei einem Todesfall „[…] nicht zweifeln, dass Gottes Vorsehung dabei die Führung gehabt hat, um den ‚Zufall‘ zu ihrem Zweck zu leiten […]“. Ebd., 9. Die Logik der Prädestination aber würde mit diesem Argument verfehlt. A IV, 7, 523, Z. 21. Ebd., 525, Z. 25. Ebd., 541, Z. 3. Ebd., 543, Z. 8.
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Hinter diesem ‚Kompromiss‘ aber – davor hat Leibniz nicht die Augen verschlossen – verbirgt sich eine Fülle ungelöster Probleme – Fragen, um deretwillen nicht erst Calvin seine Prädestinationslehre entwickelt hat: Warum hat Gott […] den Menschen so geschaffen, dass er sündigen könne? Warum [hat] gott den fall Unserer ersten Eltern geschehen lassen? […] Warum ist den Americanern bis zu der Spanier ankunfft das Evangelium nicht gepredigt worden81?
Hier hat die von ihm so unnachgiebig gestellte Frage nach den Beweggründen (causae impulsivae) Gottes ihren unbequemen Haftpunkt, und hier zeigt sich, dass der Grundkonflikt keine Lösung gefunden hat. Auf der einen Seite steht die dem ‚Satz vom Grund‘ entsprechende Forderung nach „[…] gerechten, untadelhafften und unverbesserlichen […]“, also rational einsichtigen Motiven der Entscheidungen Gottes82, auf den anderen Seite die Anerkennung eines unserer Vernunft überlegenen göttlichen Willens. Es ist nicht zu sehen, auf welcher Basis dieser seit Augustin das theologische Denken bewegende Streit ausgetragen werden könnte. Die Philosophie ist sozusagen von Rechts wegen auf das vernünftige Argument verpflichtet. Dass in Gottes Verstand die Ideen möglicher und wirklicher Dinge und Ereignisketten ‚von Ewigkeit her‘ vorhanden sein müssen; dass sein Wille absolute und bedingte Beschlüsse (decreta) fasst, so dass ohne diesen Willen das Mögliche nicht Wirklichkeit werden kann; dass Gott eben deshalb in den Ideen möglicher Dinge die Gründe für die Wahl des zur Wirklichkeit Bestimmten findet83: diese Leibnizsche Argumentationskette ist metaphysisch unanfechtbar. Die Folgerung, dass Gott seine Gnade (als innere und äußere Hilfe) dem zuwendet, von dem er voraussieht, er werde sie zum Erreichen eines höheren Gutes eher nutzen als ein anderer, ist einleuchtend. Der theologische Grund aber, der auf reformierter Seite dazu geführt hat, den Prädestinations-Traktat als tragendes Fundament der Rechtfertigungslehre auszubauen, also sicher zu stellen, dass Gott den Menschen ohne Leistung und Verdienst annimmt; dass seine Gnade daher an keine Bedingung und darum an kein von Gott vorauszusehendes, von uns zu erreichendes höheres Ziel in der physischen oder moralischen Weltordnung gebunden ist: diese Erkenntnis kann in Leibnizʼ rationalem Kalkül nicht mehr zum Zuge kommen. Ohne ihr biblisches Fundament preiszugeben, konnte und kann die Theologie (und zwar auf beiden Seiten) hier keinen Kompromiss eingehen. Natürlich gibt es auch gute theologische Gründe, sich mit Leibniz vom Dekret der Verwerfung zu trennen. Die aber müssen dort gesucht und entfaltet werden, wo es um die weltliche Vermittlung der prädestinierenden Gnade geht: in der Christologie.
81 Ebd., 541, Z. 11. 82 Ebd., 531, Z. 25. 83 Ebd., 527, Z. 13.
LEIBNIZʼ BEZIEHUNGEN ZU PHILIPP JAKOB SPENER, DEM BEGRÜNDER DES PIETISMUS Von Johannes Wallmann (Berlin) ‚Leibniz und der Pietismus‘ – das ist ein weites und übrigens ein in der gegenwärtigen Pietismusforschung gänzlich unbeachtetes Thema1. Im Folgenden beschränke ich mich auf Leibniz und Philipp Jakob Spener, den Begründer des Pietismus. Ein erster Teil soll auf die Gemeinsamkeit zwischen beiden in Leibnizens Mainzer Zeit hinweisen, als sie Freunde wurden. In einem zweiten Teil gehe ich auf Speners zwanzigjährige Frankfurter Amtszeit ein, in der es keinen unmittelbaren Kontakt zwischen beiden gab, aber Spener mit dem Landgrafen Ernst von HessenRheinfels und durch ihn (ab 1680) indirekt mit Leibniz in Kontakt stand. Kurz wird hier auch die Dresdner Zeit Speners behandelt, in der Leibniz bei einem Besuch in Dresden den Briefkontakt mit Spener wieder aufnahm. Im Schlussteil gehe ich auf den wiedergewonnenen, aber von gegenseitiger Distanz geprägten Kontakt zwischen Leibniz und Spener in der Berliner Zeit ein. Das Thema ‚Leibniz und der Pietismus‘ weiter zu verfolgen, wozu seine Beziehung zu August Hermann Francke in Halle, zum Beispiel bei der Chinamission, oder zu Johann Wilhelm Petersen gehört, kann ich anderen überlassen. * Spener ist 1635 geboren worden, elf Jahre vor Leibniz. Er ist 1705 gestorben, wiederum elf Jahre vor Leibniz. Die Differenz von elf Jahren ist zu groß, um beide derselben Generation, andererseits zu klein, um sie unterschiedlichen Generationen zuzuzählen. Man wird beide im weiteren Sinn derjenigen Generation zurechnen können, die am Ende des Dreißigjährigen Krieges als erste Nachkriegsgeneration mit dem Neuaufbau des wissenschaftlichen und kulturellen Lebens 1
In der großen Geschichte des Pietismus, im Auftrag der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus herausgegeben von M. Brecht, K. Deppermann, U. Gäbler und H. Lehmann, Bd. I–IV, Göttingen 1993–2004, wird die Gestalt von Leibniz in der historischen Darstellung merkwürdigerweise ignoriert. Nur im Kapitel über den Hallischen Pietismus bei Chr. Wolff und im Zusammenhang von A. H. Franckes Missionsplänen wird Leibniz mit seinen Novissima Sinica, bei J. W. Petersen bei dem Hinweis auf seine Vranias erwähnt. Erst in dem systematisch geordneten Band IV wird Leibniz eingehender gewürdigt, besonders von W. Sparn in dem Philosophie-Kapitel.
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beschäftigt war, und durch die konfessionellen Streitigkeiten ermüdet, nach Toleranz, Kirchenfrieden und Wiedervereinigung der christlichen Konfessionen strebte. Als Leibniz sich im Herbst 1667 von Altdorf zur Fahrt nach Frankfurt rüstete, um in die Dienste Johann Christian von Boineburgs zu treten, gab ihm in Nürnberg Johann Michael Dilherr, zu dieser Zeit in Briefwechsel mit Spener stehend, den Rat, sich zum Erwerb guter Kontakte in Frankfurt an den Senior des Predigerministeriums zu wenden. Leibniz wandte sich brieflich an den frisch nach Frankfurt gekommenen Spener, redete den ihm fremden Senior mit Lobsprüchen (‚elogia honoris‘) an und bat, bei seinem Kommen, ihn bei den Vornehmen und Adligen der Stadt einzuführen. Spener antwortete ihm freundlich2. Wenn er doch mehr tun könne, was seine Bitte angehe. Aber es gebe unter den Vornehmen und Adligen der Stadt nur wenige, mit denen er schon bekannt sei. Er habe noch für keinen seiner Freunde etwas erreichen können, verspreche aber, sein Möglichstes zu tun. Wenn er zur Zeit der Messe käme, stünde der Weg zu Boineburg offen3. Johann Christian von Boineburg (1622–1672) ist die Person, durch die sich beide kennengelernt haben. Boineburg lebte, als Spener nach Frankfurt kam, einige Jahre privat in der Stadt, bis er nach seiner Aussöhnung mit Johann Philipp von Schönborn im Frühjahr 1668 wieder nach Mainz zurückkehrte. Spener lernte ihn in dieser Zeit kennen und berief sich im August 1667 gegenüber seinem Straßburger Lehrer Boecler auf die wiederholten Unterredungen mit Boineburg4. Als er Boineburg erzählte, sein Freund, der Theologe und Polyhistor Theophil Spizel in Augsburg, wolle eine Bibliotheca universalis herausgeben, erregte das Boineburgs, der ein großer Büchersammler war, lebhaftes Interesse. Im Frühjahr 1668 bekam Spener durch Boineburg ein Manuskript in die Hand, das sich Confessio Naturae contra Atheistas5 nannte. Spener wusste nicht, wer der Verfasser war, schickte aber seinem Freund Spizel, mit dem er sich brieflich über die Gefahr des Atheismus austauschte, die wenigen Seiten zu, die ihm zur Widerlegung des Atheismus äußerst nützlich schienen6. Spizel fügte diesen tatsächlich von Leibniz stammenden Text als Anhang seiner gerade zum Druck gegebenen Schrift De 2
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Vgl. Ph. J. Spener: Brief an einen Unbekannten, Frankfurt am Main [1667], in: Ph. J. Spener: Briefe aus der Frankfurter Zeit 1666–1686, Bd. 1: 1666–1674, herausgegeben von J. Wallmann, Tübingen 1992, Nr.16, S. 64f. Diesen Brief, der nicht in der Leibnizausgabe steht, haben wir in Band 1 der Frankfurter Briefe Speners aus den Spenerschen Briefsammlungen aufgenommen und Leibniz als Empfänger vermutet, was bis jetzt von niemandem bestritten worden ist. „Si ad nos nundinis proximis instituatur iter, ad illustrem Dn. Boyneburgium patebit liber accessus […]“, ebd., Nr. 16, S. 64 f. Vgl. Spener: Briefe aus der Frankfurter Zeit, Bd. 1, Nr. 15, S. 37. G. W. Leibniz: Confessio Naturae contra Atheistas, A VI, 1, 489–493; Vgl. dazu Leibniz[?] am 12. Dezember 1669 an Gottlieb Spi(t)zel; A I, 1, N. 38. Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel 30. März 1668: „Caeterum ad eundem finem [die literarische Bekämpfung des Atheismus] his diebus paucas pagellas nescio cuius cura conscriptas vidi. Non parum illarum lectio me adfecit: unde,cum primum, uti spes mihi facta est, illas adipisci potero, ad vos mittam“. In: Ph. J. Spener: Briefe aus der Frankfurter Zeit, Bd. 1, Nr. 19 (S. 75–80), S. 78, 91ff.).
Leibnizʼ Beziehungen zu Philipp Jakob Spener, dem Begründer des Pietismus
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Atheismo Eradicando bei7, mit der missverständlichen Quellenangabe, er habe diese ingeniös verfasste Schrift von Philipp Jakob Spener erhalten8. Spener musste nun in der Öffentlichkeit für den Autor einer kleinen Schrift von Leibniz gehalten werden. Um dieses Missverständnis auszuräumen, wandte sich Leibniz brieflich an Spizel, mit dem er bei dieser Gelegenheit in einen mehrjährigen engen Briefwechsel kam9. Die Schrift habe er an Boineburg gegeben und sie sei dadurch in die Hände Speners gekommen. Dieser habe sie für unwiderleglich gehalten und würdig, um sie Spizel zu schicken. So sei Spizel der Herausgeber. Vielleicht hätte er, wenn er das vorausgesehen hätte, einiges genauer begründet. Diesen Brief an Spizel zu schicken, bat Leibniz Spener bei einem Besuch in Frankfurt am Main. Spener sandte Spizel diesen Brief weiter und gab bei dieser Gelegenheit eine anschauliche Schilderung des neuen Bekannten. Er sei ein Mann im Alter von kaum mehr als 24 Jahren und in diesem Alter in der Gelehrsamkeit und Urteilsschärfe jedermann überlegen. „Vir est in hac aetate, nam vix 24 annos egressus modo, eruditione et iudicii ἁκριβεία nemine inferior“. Er habe eine überragende Kenntnis fast aller Bücher – „librorum pene omnium cognitio non perfunctoria“. Nichts begehre Boineburg mehr als seine Religion, also seine Konversion, denn er sei unser, auch wenn er sich in Mainz aufhalte10. Es begann nun eine Zeit häufigen Briefwechsels. Wie mit Spizel kam Leibniz auch mit anderen Briefpartnern Speners in Kontakt. So mit Speners Schwager Johann Heinrich Horb, der mit einer großen Arbeit über die Geschichte der Häresien eine Professur der theologischen Polemik in Straßburg anstrebte11. Leibniz suchte nach Kontakten, die Horb für ihn in Paris anknüpfen konnte und wollte nach Horbs Reise nach Amsterdam wissen, was er von Comenius erfahren hatte. Durch Horb wurde Leibniz auf den rappoltsteinschen Hofprediger Joachim Stoll aufmerksam, einen zweiten Schwager von Spener. Am dichtesten ist der Briefwechsel zwischen Leibniz und Spener. Zwischen dem 27. Oktober 1670 und dem 20. Februar 1672, also aus einem Zeitraum von
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Th. Spizel: De Atheismo Eradicando, Augsburg 1669. Vgl. Spizel: De Atheismo Eradicando, 25: „Quam haud adeo pridem à Celeberrimo D.D. Philippo Jacobo Spenero [...]accepi Naturae adversus Atheos confessionem, ingenioso admodum conscripta[m]“. Vgl. G. W. Leibniz an Gerhard Meier (Bremen), 20/10. Oktober 1693: „Spicelius quiddam meum breviculum a Boineburgio per Spenerum acceptum (sed autorem ignorans) suae Epistolae de Atheismo eradicando subjecit“. 9 Vgl. Th. Spizel an Leibniz, Januar 1670 (A I, 1, N. 41), 17. März 1671 (A I, 1, N. 74), 22. Februar 1672 (A I, 1, N. 123), 24. März 1672 (A I, 1, N. 128), 14. Mai 1672 (A I, 1, N. 132). 10 Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel, 17. Dezember 1669 (Briefe aus der Frankfurter Zeit, Bd. 1, Nr. 48, S. 189). 11 Vgl. Leibniz an J. H. Horb, 2. Januar 1671 (A I, 1, N. 63), J. H. Horb an Leibniz, 1. Juli 1670 (A I, 1, N. 49), 23. Dezember 1670 (A I, 1, N. 61), 27. Januar 1671 (A I, 1, N. 65), 2. März 1617 (A I, 1, N. 73), 19. Mai 1671 (A I, 1, N. 87). Leibniz erinnert sich, als Horb später nach seiner Berufung nach Hamburg wegen einer Übersetzung eines Schrift von Poiret in Konflikt mit Friedrich Wilhelm Mayer gekommen ist, Mitte 1693 an die gemeinsame Freundschaft in Jugendtagen (A I, 1, N. 247).
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16 Monaten, sind acht Briefe Speners an Leibniz überliefert12, anfangs alle vier Wochen ein Brief mit Neuigkeiten verschiedenster Art, ab März 1671 ist es ein dünner werdender Briefwechsel. Spener spricht ihn vom zweiten Brief als Freund, als ‚amicus honoratissimus‘ an13. Aus der gleichen Zeit sind fünf Briefe von Leibniz an Spener erhalten. Leibniz war also einer aus dem Freundeskreis von Spener geworden. Ein großes Thema war dort der Atheismus, der den auf die Religionskämpfe des Dreißigjährigen Krieg Zurückblickenden eine größere Gefahr gewesen zu sein scheint, als die konfessionellen Gegnerschaften. Doch Überlegungen zur Überwindung des Atheismus, wie im Briefwechsel zwischen Leibniz und Spizel, findet man im Briefwechsel zwischen Spener und Leibniz nicht. Auch spielte das Aufsehen, dass der ‚Monzambanus‘, also Pufendorfs Kritik an der Reichsverfassung, worüber im Kreis von Spener und Spizel häufig die Rede war, keine Rolle. Die zwischen Spener und Leibniz gewechselten Briefe enthalten überwiegend Mitteilungen über besondere Ereignisse, Personen, Bücher und literarische Projekte, erfüllen also, wie Gelehrtenbriefe dieser Zeit, die Funktion fehlender Zeitschriften. Ein Thema kehrte immer wieder. Die Nachrichten über Jean de Labadie, der zu dieser Zeit aus Amsterdam vertrieben und bei der reformierten Kurfürstin Elisabeth von der Pfalz in Herford Aufnahme gefunden hatte. Spener musste sich zu dieser Zeit gegen den Vorwurf der Straßburger Orthodoxie wehren, in Frankfurt am Main mit der Gründung des Collegium pietatis eine Separation von der Kirche im Sinne Jean de Labadies zu betreiben14. Leibniz war in hohem Maße an Labadie interessiert und sollte sich noch 50 Jahre später erinnern, dass Spener für die Bestrebungen Labadies in Frankfurt hohes Interesse hatte. Merkwürdigerweise findet das Frankfurter Collegium pietatis, dessen epochenmachende Gründungsphase in die Zeit der Freundschaft Speners mit Leibniz fiel, im Briefwechsel Speners mit Leibniz keine Erwähnung. Der plötzliche Aufbruch von Leibniz nach Paris im März 1672 traf Spener und den ganzen Freundeskreis tief. Noch am 5. März gab Spener an Spizel den Brief weiter, den Leibniz an ihn am 27. Februar geschrieben hatte15. Nach der Ostermesse erfuhr Spener von Boineburg, dass Leibniz, der noch kurz vor der Messe mit seinen Freunden zusammen war, nach Paris abgereist war. Er sollte wohl erst im August zurückkommen16. Im Oktober meldete Spener, dass Leibniz noch in Paris und dort mit mathematischen und mechanischen Studien so beschäftigt sei, dass er, gegen die Gewohnheit, die Briefe der Freunde ohne Antwort las12 Vgl. Ph. J. Spener an G. W. Leibniz, Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 82 (27. Oktober 1670), Nr. 85 (30. November 1670), Nr.87 (31. Dezember 1670), Nr. 90 (10. Januar 1671), Nr. 95 (16. Februar 1671), Nr. 96 (8. März 1671), Nr. 108 ([Oktober]1671), Nr. 119 (20. Februar 1672). 13 Ph. J. Spener an G. W. Leibniz, 30. November1670 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 85, S. 330). 14 Vgl. J. Wallmann: Philipp Jakob Spener und die Anfänge des Pietismus, Tübingen 1970, 2 1986, S. 264, 3. 15 Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel, 5. März 1672 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 123, S. 499). 16 Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel 1. Juni 1672 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 126, S. 509).
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se. Selbst Boineburg hatte von Leibniz nichts gehört. Wenn er wieder nach Deutschland zurückkehren sollte, was Boineburg für bald annahm, würde er nicht zögern, zum Dienst der Freunde zurückzukehren17. Ein Jahr später schrieb Spener an Spizel, ‚Leibnizius noster‘ halte sich schon über ein Jahr in Paris auf. Aus Frankreich hatte er nicht einmal einen Brief an ihn geschrieben und nur von anderen hörte er, was ihn betraf. Die Enttäuschung Speners über die Trennung von Leibniz ist nicht zu übersehen. In den nach vielen Jahren wieder aufgenommenen Briefen wurde die Anrede ‚Amice‘ noch von Leibniz gebraucht. Auch an Speners Schwager Horb erinnerte sich Leibniz noch als Freund seiner Jugend. Aber Spener sollte in späteren Briefen nicht mehr die Formel Freund gebrauchen und nicht mehr von ‚noster Leibnitius‘ reden. Spener und Leibniz waren sich in ihrer Distanz zur universitären Wissenschaft gleich. Spener hatte eine akademische Karriere an der Universität Straßburg ausgeschlagen und in Frankfurt ein leitendes Amt als Pfarrer angenommen. In seiner Straßburger philosophischen Magisterdissertation De Confirmatione creaturae rationalis ad creatorem, die 1653 in Straßburg gedruckt wurde und die Leibniz sicher gelesen hat, hatte sich Spener als einer der ersten ausführlich mit Thomas Hobbes De Cive auseinander gesetzt. Die Magisterdissertation war seine erste und für Jahre seine einzige Veröffentlichung. Spener erklärte schon 1673 gegenüber Theophil Spizel und wiederholte es in späteren Jahren, in seiner Jugend Thomas Hobbes nicht wirklich verstanden zu haben18. Man wird sein Eingeständnis auf die frühe Bekanntschaft mit Leibniz zurückführen dürfen. Die Bekanntschaft mit Leibniz wird ihn darin bestärkt haben, dass Philosophie nicht seine Sache war. Aber dass man bei einem Neuansatz in der Theologie die Hilfe einer den Aristotelismus überwindenden neuen Philosophie suchen müsse, wird ihn früh mit Leibniz verbunden haben. Eine Gestalt aus dem Freundeskreis Boineburgs, die sowohl für Spener wie auch für Leibniz von überragender Bedeutung wurde, ist der Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels (1623–1693). Der Landgraf, Urenkel Philipps des Großmütigen, war nach einer strengen calvinistischen Erziehung 1652 in Köln zum Katholizismus konvertiert. Seine Gründe für die Konversion legte der gern theologisch schriftstellernde Landgraf in einer Schrift Motiva conversionis ad fidem catholicam dar, die 1652 in Köln erschien. Obwohl nach seiner Konversion entschiedener Anhänger der katholischen Papstkirche und sein Leben lang um weitere Konversionen bemüht, war der Landgraf aus den Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges an einem friedlichen Zusammenleben der christlichen Konfessionen interessiert und ließ 1666 ein Rheinfelsisches Gesangbuch drucken, das sowohl römisch-katholische als auch lutherische und reformierte Lieder enthielt. Durch eine nur in 48 Exemplaren gedruckte Schrift Der so wahrhaffte / als gantz auffrichtigund discre- gesinnte Catholische / Das ist / Tractat oder Discurs von Einigen 17 Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel, 22. Oktober 1672 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 140, S. 562). 18 Vgl. Ph. J. Spener an Th. Spizel, 5. Dezember 1673 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 166, S. 672, 54 ff.).
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gantz raisonablen und freyen / als auch moderirten Gedancken / Sentimenten / Reflexionen und Concepten über den heutigen Zustand deß Religionswesens in der Welt (o.O. 1666)19 forderte er alle christliche Konfessionen zu größerer Toleranz und Gewährung von Gewissensfreiheit auf. Wir kommen damit zum zweiten Teil. Lange vor Leibniz, der erst 1680 den Briefverkehr mit ihm aufnahm, war Spener mit dem Landgrafen näher bekannt geworden. Der Landgraf hielt sich öfter im nahen Frankfurt auf und besuchte zuweilen den sonntäglichen Gottesdienst in der Barfüßerkirche, der evangelischen Hauptkirche. Mit Genuss hörte er sich Speners Predigten an, besuchte ihn anschließend in seinem Amtszimmer im Pfarrhaus und führte mit ihm ausgedehnte theologische und politische Unterhaltungen. Speners genealogische und heraldische Forschungen gaben zusätzliche Gesprächsthemen20. Im Juli 1669 dankte Spener brieflich dem Landgrafen für die durch den Frankfurter Patrizier von den Birghden ihm zugesandte Gratulationsschrift zur Hochzeit seiner beiden Söhne, was er als erneute Bezeugung seiner gnädigen Affektion empfand21. Gleichzeitig bat er um zusätzliche Erklärungen zum hessischen Wappen für sein geplantes heraldisches Werk. Schließlich wünschte er, dass der Landgraf den Privatdruck seiner Schrift Der discret Catholische in anderweitigem Druck herausgebe oder wenigstens einen Nachdruck zulasse. Diese Schrift hatte auch Leibniz bei Boyneburg gesehen und gelesen. Doch hat sie bei Leibniz offensichtlich lange Zeit kein besonderes Interesse gefunden. Spener hatte, als Leibniz noch in Mainz weilte, den Discret-Catholischen vom Landgrafen leihweise bekommen, mit seinen Freunden wiederholt über diese Schrift gesprochen und sie dem Landgrafen mit Dank zurückgegeben. Spener sprach von dieser universalkirchlichen Reformschrift des Landgrafen Ernst mit hohen Worten, die an die Erwartungen erinnern, die er Jahre später mit seinen Pia Desideria verband. Nur ging es dem Landgrafen um eine Reform der ganzen Christenheit, während Spener sich auf eine Reform der evangelischen Kirche beschränkte. Er schrieb dem Landgrafen, dass er […] der guten hoffnung gelebe, es werde der große und gewaltige Gott dieße wohlgemeinte Arbeit nicht ohnnuzlich oder vergebens laßen sein: sondern durch seinen kräftigen segen es dahin bringen, daß dermaleins ein ernstlicher anfang der reformation der […] über die ganze kirch den zorn und gericht Gottes täglich vermehrenden mißbräuche gemacht, und also soviel sünden verhütet werden möchten22.
Offensichtlich gab der Discret-Catholische Anlass für den engen Kontakt, der sich zwischen Spener und dem Landgrafen in der frühen Frankfurter Zeit gebildet und über die zwanzigjährige Frankfurter Amtstätigkeit Speners angehalten hat, bis in Speners Dresdner Zeit. Wenn Spener im Vorwort zu seiner ersten heraldischen 19 Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel TM 285. 20 Vgl. H. Lehmann: „Zum Briefwechsel zwischen Spener und Landgraf Ernst von HessenRheinfels“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 38 (1920), S. 95–119. 21 Vgl. Ph. J. Spener an Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels, 24. Juli 1669 (Frankfurter Briefe, Bd. 1, Nr. 40, S. 157ff.). 22 Ebd., S. 158, 34–159, 1.
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Schrift, die 1668 in Frankfurt gedruckt wurde, bekennt, von einem Jesuiten in einem Jesuitenkolleg in die heraldische Wissenschaft eingeführt worden zu sein, wird das sein Ansehen beim Landgrafen, der Spener bei seinen heraldischen Forschungen unterstützte, nur gehoben haben. Im Rückblick auf seine Frankfurter Amtszeit berichtet Spener einem kursächsischen Amtsbruder, es hätten […] die Päbstische in Frankfurt selbs mich weniger als die meiste meiner Collegen gehasset, ja, sogar die benachbarte Papistische hohe stands-personen, denen sonst ein evangelischer Pfarrherr ein greuel ist, haben ich oftmals ungewöhnlich gütig, gnädig und höflich gegen mich bezeuget23.
Es wird schon von den frühen Frankfurter Jahren Speners gelten, was ihm der der Landgraf 1684 schrieb, dass er ihn „[…] je und dann auch besuche und gerne mit Ihme conversire […]“24. Der Kontakt zwischen Spener und dem Landgrafen lief über den Frankfurter Patrizier und zeitweiligen jüngeren Bürgermeister Johann von den Birghden (1619–1680), mit dem der Landgraf in enger Beziehung stand25. Nach einer ausgestandenen schweren Erkrankung hatte der Landgraf philosophische Gedanken über den Tod zu Papier gebracht, die er Spener durch Johann von den Birgdhen übermitteln ließ26. Seinen Gedanken, sich mit Vernunftgründen gegen den Tod zu wappnen, hielt Spener entgegen, dadurch könne man sich nur in das Unvermeidliche fügen, den Tod aber nicht lieben. Den aus dem Licht der Vernunft entnommenen Gründen des Landgrafen stellte Spener drei Gründe gegenüber, […] welche aller menschlichen philosophiae zu hoch sind und dero krafft allein durch des H. Geistes wirckung uns ins Hertz gedrückt wird.
Der erste Grund: der heilige Wille Gottes, den wir mit der täglichen Bitte Dein Wille geschehe, anerkennen. Der zweite Grund: der Tod ist eine große Wohltat, weil er uns von dem Übel dieser Welt, vor allem der Sünde, erlöst. Schließlich der dritte Grund: durch den Tod werden wir wie eine Braut mit einem Bräutigam, mit Christus, vereint, wie Paulus im ersten Brief an die Philipper begehrte, aufgelöst und bei Christus zu sein (Spener gebraucht hier statt Luthers Übersetzung ‚abscheiden‘ die im Pietismus belebte Wendung vom Tod als ‚Auflösung‘). An der Ausführlichkeit, mit der Spener auf die Schrift des Landgrafen eingeht, kann man das Gewicht ermessen, das Spener seinem Kontakt zu dem Landgrafen beilegte. Schon in der Zeit vor der Aufhebung des Edikts von Nantes empörte sich der Landgraf über die gewaltsame Einquartierung von Katholiken in die Häuser von Hugenotten und verurteilte jede Gewalt bei der Gegenreformation. Er muss sich 23 An einen Amtsbruder, 1687 (Ph. J. Spener: Briefe aus der Dresdner Zeit, Bd. 1: 1686–1687, herausgegeben von J. Wallmann, Tübingen 2003, Nr. 191. S. 803, 57ff.). 24 Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels an Spener, Rheinfels, 24./14. Januar 1684, (Lehmann: „Zum Briefwechsel“, S. 98). 25 Vgl. Ph. J. Speners Leichenpredigt auf Johann von den Birgdhen vom 18. Mai 1680 (P. J. Spener: Zwölff Christliche Leichpredigten, Bd. 2, Frankfurt am Main 1685, S. 105–139). 26 Vgl. Ph. J. Spener an Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels, 30. November 1676, in: Briefe aus der Frankfurter Zeit, Bd. 2: 1675–1676, herausgegeben von J. Wallmann, Tübingen 1966, Nr. 116, S. 530–535).
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bei seinen Besuchen mit Spener hierüber mit ihm ausgetauscht haben, denn dem Kontakt mit dem Landgrafen verdankt sich das seltsame, für das konfessionelle Zeitalter in seiner Art einzigartige und in seiner kirchengeschichtlichen Bedeutung bis heute nicht erkannte Gutachten, mit dem Spener zur Toleranz in Glaubensdingen aufruft. 1683 erschien ohne Angabe des Druckorts anonym eine zweihundert Seiten in Duodezformat zählende Flugschrift: Abtruck eines Christlichen Bedenckens so über die fragen: I. Was eine Obrigkeit zur rettung ihres gewissens bey ihren unterthanen, so anderer religion sind, zu tun habe. II. Ob in religionssachen einige gewalt gebraucht und die freyheit der gewissen gekränket werden dörffe III. Ob die in solchen sachen auffgerichtete verträge, zusagungen und eydschwühre verkündlich seyen27. Verfasser dieser anonymen Schrift (in deren Titel bei III verbindlich statt verkündlich zu lesen ist) war Spener. Ein Jahr nach seinem Weggang nach Dresden teilte er einem Frankfurter Amtsbruder mit, er sei seit etlichen Jahren nicht mehr der Meinung, dass die weltliche Obrigkeit Herrschaft über die Gewissen habe und bleibe nun bei dem, […] was ich ohne beysetzung meines namens in einem bedencken von der pflicht der Obrigkeit, welche anderer religion unterthan hat, hoffentlich gründlich gezeuget habe28.
Als er 1699 dieses Toleranzgutachten in die Sammlung seiner ersten geistlichen Schriften aufnahm, hat sich Spener auch öffentlich als Verfasser dieses Toleranzgutachtens bekannt29. In der Vorrede erklärt Spener eine hohe Person, welche die Hoffnung hatte, dass dadurch bei einigen hohen Häuptern der römischen Kirche, in deren Gebieten einige von den Unsrigen als gedrückte Kirche lebten, damit etwas zu mehrerer Gewissensfreiheit ausgerichtet werden könne, habe ihm dieses Gutachten aufgetragen. Es sei ihm vorgeschrieben worden, in dem Bedenken sich keiner anderer als auf römischer Seite zugestandener Prinzipien zu gebrauchen. Er habe sich als katholischer Autor ausgegeben, habe Bibelstellen nicht nach der Version Luthers, sondern nach katholischen Bibelausgaben zitiert und überhaupt alle Zitate lutherischer Autoren vermieden30. 27 [Anonym], Abtruck eines Christlichen Bedenckens so über die fragen: I. Was eine Obrigkeit zur rettung ihres gewissens bey ihren unterthanen, so anderer religion sind, zu tun habe. II. Ob in religionssachen einige gewalt gebraucht und die freyheit der gewissen gekränket werden dörffe III. Ob die in solchen sachen auffgerichtete verträge, zusagungen und eydschwühre verbündlich seyen, o.O. 1683. [6] Bl. 201 S. 120. Vorhanden in SUB Göttingen. Die in HAB Wolfenbüttel und Staatsbibliothek Berlin vorhandenen Drucke geben 1684 als Erscheinungsjahr an. 28 Ph. J. Spener an Johann Christoph Holtzhausen, 10. Oktober 1687 (Briefe aus der Dresdner Zeit, Bd. 1, Nr. 148, S. 640, Z. 17–20). 29 Vgl. Ph. J. Spener: Erste Geistliche Schriften, Frankfurt am Main 1699, S. 1135–1240. 30 „Was anlangt den abtruck eines Christlichen bedenckens / da ich meinen namen nicht gesetzt / auch mich der versionis Lutheri und allegation aller unserer autorum enthalten / habe dessen ursach anzuzeigen / daß mir solche arbeit von hoher person / die hoffnung hatte/ bey auch hohen häuptern der Römischen Kirche vor einige unsere getrückte Kirchen / zu meherer gewissens-freyheit / etwas dadurch außzurichten auffgetragen / und obige conditiones zu solchem ende und auß der ursach vorgeschrieben worden / weil den zweck zu erhalten nöthig
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Wer die hohe römisch-katholische Standesperson war, die Spener zu diesem Toleranzgutachten veranlasst hat, ist von der Spenerforschung merkwürdigerweise nie gefragt worden. Der bis heute maßgebliche Spenerforscher Paul Grünberg erwähnt Speners Bekanntschaft mit Ernst von Hessen-Rheinfels nirgendwo31. Johannes Kühn, der in seinem großen Werk über den Toleranzgedanken im Protestantismus eine ganze Anzahl von Autoren auf ihren Beitrag zur Toleranz untersucht hat und dabei seine mit dem intoleranten Offenbarungsbegriff Luthers beginnende, über das Täufertum, die Spiritualisten, Mystiker und Rationalisten führende Darstellung mit einem Kapitel über Spener beendet hat, sieht in letzterem denjenigen Theologen, bei dem erstmals im Protestantismus der Toleranzgedanke durchbrach. Kühn, der akademische Lehrer von Hans-Ulrich Wehler, erblickt in Speners Toleranzgutachten von 1685 das erste eindrückliche Zeugnis für Toleranz im Protestantismus. Kühn hat diesem Gutachten große historische Bedeutung zugemessen, erblickt aber allein in Speners pietistischer Theologie den Grund für die Toleranz und erwähnt Speners Verbindung zu Ernst von HessenRheinsfels und dessen Beauftragung durch diesen nicht32. Dass Ernst von Hessen-Rheinfels Spener mit der Abfassung eines in der protestantischen Kirchengeschichte einzigartigen Toleranzgutachtens beauftragte, ist bis in die Gegenwart der Forschung unbekannt geblieben. Vor dreißig Jahren fragte der mit mir befreundete, seine Habilitationsschrift schreibende Hans Schneider mich als Spenerspezialisten, ob ich wisse, wer die hohe römische Standesperson sei, von der Spener für dieses Toleranzgutachten den Auftrag bekam. Es habe in der Geschichte des Pietismus der Grafschaft Waldeck eine besondere Rolle gespielt. Niemand in der bisherigen Forschung habe danach gefragt. Grünberg nenne nur die Nummer in seiner Spenerbibliographie ohne weitere Angabe. In der hessischen Literatur werde an einen katholischen Autor gedacht. Wenn ich ihm als Spenerspezialisten die Person nennen würde, würde er mich natürlich als Quelle seines Wissens in seiner Habilitationsschrift angeben33. Ich nannte ihm Ernst von Hessen-Rheinfels und verwies dabei auf die zwischen Spener und dem Landgrafen gewechselten Briefe. Doch käme ich bei der Herausgabe der Spenerbriefe vorerst noch nicht in diese Zeit, hätte allerdings in der Landesbibliothek Stuttgart noch weitere Exemplare zu den mir von Schneider angegebenen gefunden34. Schneider nannte daraufhin in seiner Arbeit über den Pietismus in der Grafschaft Waldeck den Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels als den Auftraggeber von Speners Toleranzgutachten und gab mich als Quelle seines Wissens an. Doch
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wäre / keine anderen als Römische seiten gestandener Principiorum sich zu gebrauchen“. (Vorwort Bl. (7)). Vgl. P. Grünberg: Philipp Jakob Spener, Bd. I–III, Göttingen 1803–1906. In Grünbergs Spenerbibliographie in Bd. 3 (S. 243) wird Speners Toleranzgutachten unter der Nr. 191 ohne nähere Angabe erwähnt. Vgl. J. Kühn: Toleranz und Offenbarung. Eine Untersuchung der Motive und Motivformen von Toleranz im offenbarungsgläubigen Protestantismus. Zugleich ein Versuch zur neueren Religion- und Geistesgeschichte, Leipzig 1923. Vgl. H. Schneider an J. Wallmann, 16. Mai 1983 (J. Wallmann, Briefarchiv). J. Wallmann an H. Schneider, 30. Mai 1983 (J. Wallmann, Briefarchiv).
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Schneider hat seine Habilitationsschrift nie zum Druck gegeben; sie liegt bis heute ungedruckt in der Theologischen Fakultät Göttingen35. Da ich bisher keine Veranlassung hatte, auf Speners Toleranzgutachten einzugehen, auch niemand sonst dem Toleranzgedanken des Pietismus Beachtung schenkte, ist Ernst von HessenRheinfels als der Auftraggeber von Speners Toleranzgutachten bis heute in der Forschung nicht bekannt36. Bei der hohen römisch-katholischen Standesperson handelt sich also um keinen anderen als den Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels. Dieser hat ungefähr zur gleichen Zeit, als er Leibniz aus Besorgnis, das Edikt von Nantes werde widerrufen, zu seiner gegen Ludwig XIV. gerichteten Flugschrift Mars Christianissimus anregte37, auch Spener zu einer umfangreichen kirchenpolitischen Toleranzschrift angeregt. Wie im Discret-Catholischen wird in Speners großem Toleranzbedenken mit dem biblischen Wort Gottes, mit dem von Calixt bei seinen Unionsplänen entwickelten ‚consensus quinquesaecularis‘ der frühen Kirche und mit der gesunden Vernunft argumentiert. Ausgehend vom Wort Gottes folgen ausführliche Zitate aus den Schriften der heiligen Väter, besonders von Tertullian, Hilarius von Poitiers, Athanasius, daneben von Cyprian, Hieronymus und Augustinus. Jegliches Recht zur Gewalt in Glaubenssachen wird der Obrigkeit als nicht Christi Ordnung gemäß abgesprochen. Dass der Glaube eine Sache der individuellen Gewissensfreiheit sei und keinen Zwang dulde, sei der frühen christlichen Kirche selbstverständlich gewesen und habe sie vom Islam, der sich nur durch staatliche Gewalt ausgebreitet habe, unterschieden. Auch sei mit Konstantin dem Großen nur der Gewissenszwang des heidnischen Staates beendet worden, jedoch kein staatlicher Zwang zum christlichen Glauben an die Stelle getreten. Konstantin habe nach seinem von Euseb berichteten Schreiben an die morgenländischen Länder die heidnischen Bewohner nur zum christlichen Glauben eingeladen, nicht aber ge35 Verzeichnet in der prospektiven Bibliographie von D. Blaufuß: „Forschungsprojekte und geplante Publikationen zum Pietismus“, in: Pietismus und Neuzeit. Jahrbuch 1975 zur Geschichte des neueren Protestantismus, Bd. 2, herausgegeben von A. Lindt und K. Deppermann, Bielefeld 1975, S. 191. 36 In dem 1999 veranstalteten Neudruck von Speners Geistlichen Schriften (Ph. J. Spener: Schriften. Erste geistliche Schriften 1699, Bd. 8, Hildesheim, Zürich, New York 2002) wird H. Schneider als Entdecker genannt und der Herausgeber des Neudrucks D. Blaufuß belegt das in der Einleitung durch einen mündlichen Vortrag, den Schneider über den Pietismus und die Toleranzfrage in Halle gehalten, aber niemals zum Druck gegeben hat. Als ich bei Ausarbeitung dieser Studie dies feststellte, habe ich H. Schneider gefragt, ob er nicht durch eine Miszelle in Pietismus und Neuzeit die Sache richtigstellen könne, damit ich nicht solche Details der Pietismusforschung in die Leibnizforschung tragen müsse. Er antwortete mir, er habe in einem Nebensatz den Landgrafen als Auftraggeber Ph. J. Speners angegeben, pflege aber bei Vorträgen seine Anmerkungen nicht vorzulesen. Wo käme er denn hin, wenn er alles ihm von anderen zugeschriebene korrigieren würde. Vermutlich hat er an den Ärger gedacht, den wir früher mit Blaufuß‘ Praxis, in Arbeit befindliche Projekte in die Pietismus-Bibliographie aufzunehmen, hatten. So muss ich selbst die notwendige Korrektur vornehmen. 37 E. C. Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie, München 2007, passim, besonders S. 179.
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zwungen. Als unter Theodosius das Christentum Staatsreligion wurde, seien die heidnischen Tempel nicht zerstört worden. Erst seit der Zeit Justinians hätten unterschiedliche der späteren Väter harte Gesetze gegen die Ketzer und Irrgläubige für richtig gehalten und die Kirche hätte angefangen, die weltliche Gewalt in die Dinge des Reiches Christi zu mischen. Der entscheidende Bruch in der kirchengeschichtlichen Entwicklung wird nicht einer Konstantinischen Wende, sondern, dem ‚consensus quinquesaecularis‘ entsprechend, einer Justitianischen Wende zugeschrieben. Der ‚consensus quinquesaecularis‘ enthalte, was der Kirche wesenseigentümlich sei. Dabei müsse es bleiben oder dahin müsse man wieder zurückkehren. Der dritte Teil der Schrift, dass die Obrigkeit auch die mit Irrgläubigen abgeschlossenen Verträge einzuhalten habe, liest sich wie ein beschwörender Appell zur Beibehaltung des Edikts von Nantes, das zwei Jahre später revoziert wurde. Spener spricht von den Kaisern als christlichen Regenten, von den Bischöfen und den Patriarchen zu Konstantinopel und Alexandria, erwähnt aber nirgendwo das römische Papsttum. Das ärgerte den Landgrafen und führte dazu, dass der Landgraf in den Folgejahren ausführlich mit Spener über das römische Papsttum stritt. Von seiner Offenheit für die Sehnsucht nach Wiedervereinigung der christlichen Konfessionen hatte sich Spener inzwischen, als er mit den Pia Desideria von 1675 das Programm des Pietismus verfasste, entfernt. Die Hoffnung besserer Zeiten, mit der er das orthodoxe Luthertum aus der Erwartung des nahen Jüngsten Tages herausriss, in der es bis in den Dreißigjährigen Krieg verharrte, und ihm eine sinnvolle Aufgabe für die Zukunft dieser Welt gab, gründete Spener neben der Hoffnung auf Bekehrung der Juden auf die Gewissheit des Falls des römischen Papsttums, das durch Luther nur einen Stoß bekommen habe, dessen endgültiger Fall aber in Apokalypse Kapitel 18 geweissagt sei. Der inzwischen in engem Briefkontakt mit Leibniz stehende Landgraf hatte von Leibniz im November 1683 Kopien von Briefen zugesandt bekommen, in denen sich Spener gegenüber dem hannoverschen Rat Otto Grote offen über seine Meinung vom Papsttum aussprach. Durch Leibniz erfuhr der Landgraf, dass Spener das Papsttum als gefährlichen Feind einschätze. Spener deute das Babel der Johannesapokalypse auf das römische Papsttum, während, so Leibniz, darunter doch nur das heidnische Rom zu verstehen sei. Ich erwähne nur kurz, wie der Landgraf Spener tadelte, dass er das Papsttum mit dem Reich des Antichristen gleichsetzte und […] kein respect sie davon abhält, (es) mit Stumpf und Stiel, ebenso wie das abgöttische Heidenthumb außzurotten […].
Er beklage von Herzen, dass Spener, der doch sonst ein sehr gelehrter, lieber und köstlicher Mann sei, als den er ihn je und dann auch besuchte und gern mit ihm conversire, gegen den Papst und unsere katholische Religion so verbittert sei. Mein Lieber Herr Spenner, Je mehr gaben Ihm GOTT der Herr verliehen, und Je mehr Er Credit bey den seinigen hat, eben je mehr wird GOTT auch von Ihme abfordern; Dieses habe
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Johannes Wallmann Ich dem Herrn in aller offenhertzigkeit nicht bergen wollen. Welchem Ich sonsten extra commercium Religionis mit affection wohl zugethan verbleibe38.
In den Januar 1684 fällt der Besuch, den Rojas von Spinola, Bischof von Tina und nachmaliger Bischof der Wiener Neustadt, bei Spener in Frankfurt am Main machte. Rojas wollte von Spener die Zustimmung zu seinen Vorschlägen für eine Reunion mit der katholischen Kirche, für die er auf dem hannoverschen Reunionskonvent vom Vorjahr breite Zustimmung lutherischer Theologen erhalten hatte. Einer der ersten, dem Spener von seinem Gespräch mit Rojas berichtete, war Gerhard Wolter Molanus, der Abt von Loccum und Kirchendirektor der hannoverschen lutherischen Kirche. Spener hatte an Molanus nach seinem Amtsantritt als Abt von Loccum 1678 das erste Mal geschrieben und die lutherische Kirche Hannovers für glücklich erklärt, weil Herzog Johann Friedrich nach seiner Konversion keine Rekatholisierungspolitik betrieben, sondern den Ständen den Erhalt des Luthertums zugesagt hatte39. Nach Erhalt des Briefes, den er von Molanus mit den Vorschlägen des Unionskonvents von Hannover im Jahr 1683 erhalten hatte, sprach Spener mit ihm in völlig verändertem Ton. Dass Molanus die Reunionspläne von Rojas unterstützte, bekümmerte ihn tief40. Obwohl er glaube, dass eine Reunion mit anderen sehr schwierig sei, sei sie mit niemanden so unmöglich wie mit Rom. Entweder verstünde er nichts oder es bliebe dabei, dass Rom unversöhnbar war (Roma nobis irreconciliabilis est). Die Evangelischen sollten in einem Konzil gehört werden, aber die Autorität des Papsttums zuvor anerkennen. Es gehe um nichts anderes als um Unterwerfung. Er freue sich, dass der Dresdner Kurfürst die Evangelischen nicht nur seines Hauses schriftlich ermahnt habe, keine Verhandlungen mit Bischof Rojas aufzunehmen und befürchte, dass wenn Molanus anders handele, es nur Streitigkeiten und zuletzt ein Schisma unter den Evangelischen gebe. Der Landgraf Ernst teile sein Urteil über die Pläne von Rojas. Sie seien unzeitgemäß, man könne wegen der vielen Ungerechtigkeiten in Religionsdingen keine Hoffnung auf den Erfolg von Reunionsbemühungen haben. Seine größte Anstrengung müsse man gegenwärtig darauf richten, dass für Religionsdinge die Gewissensfreiheit gewährleistet werde und zwar auf beiden Seiten (gegen die Evangelischen in Ungarn und anderswo, gegen die Katholiken in England und Schottland). Erst wenn die Geister durch Toleranz gemäßigt werden würden, könne man Überlegungen über eine Reunion anstellen. Bevor Leibniz von Molanus in die Reunionspläne von Bischof Rojas eingeweiht wurde, hatte sich Spener also grundsätzlich gegen Reunionspläne mit der katholischen Kirche ausgesprochen und es an Warnung vor den Braunschweigi38 Ernst von Hessen-Rheinfels an Ph. J. Spener, 24./14. Januar 1684 (Lehmann: „Zum Briefwechsel“, S. 100f.). 39 Vgl. Ph. J. Spener an Molanus, 14. März 1678 (Ph. J. Spener: Briefe aus der Frankfurter Zeit 1666–1686, Bd. 3: 1677–1678, herausgegeben von J. Wallmann, Tübingen 2000, Nr. 128). 40 Vgl. den ausführlichen Brief Ph. J. Spener an G. W. Molanus, 2. Januar 1684 (so richtig, statt im Druck 1681), in: Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina III, Frankfurt am Main 1709, S. 382–385.
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schen Theologen nicht fehlen lassen. Das ausführliche, zur vollständigen Ablehnung der Reunionspläne führende Gutachten Speners vom Januar 1684 ist sein letztes Wort gegenüber Molanus geblieben. Seitdem hat es keinen Kontakt zwischen Spener und Molanus gegeben. Molanus hat seitdem einen tiefen Widerwillen gegen die Pietisten gefasst und bei den späteren mit Jablonski und Leibniz betriebenen Reunionsverhandlungen den reformierten Berliner Hofprediger vor Spener gewarnt. War sich der Landgraf im kritischen Urteil über die Unionsversuche von Bischof Rojas mit Spener einig, so kritisiert er im Februar 1684 in einem außergewöhnlich langen Brief41 die Rolle, die von Spener Luther zugeschrieben wurde. In seiner Frankfurter Frühzeit, als sich Spener und Leibniz als Freunde verstanden, hatte Spener an Luther noch kein besonderes Interesse. Speners frühe Schriften bezeugen, dass er in seiner Straßburger und seiner frühen Frankfurter Zeit keine Kenntnis von Luthers Schriften besaß. Soweit er sich auf Luthers Schriften bezog, kannte er sie nur aus Luther anführenden Allegata der Sekundärliteratur. Als sein Lehrer Dannhauer nach Ende des Dreißigjährigen Krieges die lutherische Orthodoxie aufforderte, sich verstärkt den Schriften Luthers zuzuwenden, war Spener eher abgestoßen von der Lutherrenaissance der Straßburger Orthodoxie. Denn Dannhauer suchte durch das Lutherstudium dem Einfluss des wahren Christentums von Johann Arndt entgegenzuwirken, was Spener suspekt war. Auch war für Dannhauer, der sich bewusst war, in den letzten Zeiten zu leben, der alte Luther wichtig mit seinen Schriften gegen die Juden und die Täufer, aus denen er seitenlang exzerpierte. Spener hat erst 1669, also in der Zeit seiner Freundschaft mit Leibniz, mit dem Studium der Schriften Luthers begonnen. Anlass war, dass er 1669 den Auftrag übernahm, einen biblischen Kommentar aus den Schriften Luthers anzufertigen. Dieser Auftrag nötigte ihn, in den Folgejahren sämtliche Schriften Luthers gründlich durchzulesen, und beschäftigte ihn in den Jahren, in denen er seine Pia Desideria schrieb, mehr als alles andere. Dabei entdeckte er, dass nicht der alte, sondern der frühe Luther mit den Intentionen von Arndts wahrem Christentum konform war und dass man für die Anliegen der pietistischen Erneuerungsbewegung, wie lebendiger, tätiger Glaube und allgemeines Priestertum, keinen besseren Gewährsmann nennen konnte als Luther. Dass Speners in der Straßburger Zeit begonnenen heraldischen Arbeiten, an denen auch Leibniz interessiert war, in der Frankfurter Zeit nicht fortgesetzt worden waren, bis 1680 sein Opus heraldicum erschien, hat in Speners gründlichem Lutherstudium seinen Grund. Die Entstehung des Pietismus als eine die lutherische Orthodoxie überwindende Bewegung, ist nur die eine Seite einer von Spener und einigen seiner Mitarbeiter übernommenen intensiven Zuwendung zu den Schriften Luthers, an der Leibniz keinen Anteil genommen hat. Dieses Lutherstudium Speners hat eine für die Geschichte der evangelischen Kirche bis heute noch nicht voll erkannte Bedeutung. Indem Spener die frühe Schrift Luthers von 1523, Daß Jesus Christus ein geborener Jude sei, in den Vordergrund rückte und die von Dannhauer seiten41 Vgl. Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels an Spener, 11./21. Februar 1684 (Lehmann: „Zum Briefwechsel“, S. 107–119).
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lang ausgeschriebenen antijüdischen Spätschriften Luthers unbeachtet ließ, machte er Luther zum Kronzeugen für die vom Pietismus geforderte freundliche Zuwendung zu den Juden, was jahrhundertelang bis zu der von Adolf Stoecker erregten Gegenbewegung die Haltung der evangelischen Kirche zu den Juden geprägt hat. Bekanntlich hat Leibniz, obwohl er dem Konversionsbegehren des hessischen Landgrafen widerstand, es lebenslang vermieden, sich lutherisch zu nennen. Auch Spener hat sich in seiner Frankfurter Frühzeit nicht lutherisch genannt und seine Anhänger nicht als Lutherische bezeichnet. Aber die Beschäftigung mit den Schriften Luthers machte es ihm gewiss, dass die von ihm gewünschte Reform der evangelischen Kirche eine Weiterführung der Reformation Martin Luthers war. Zweifeln, ob man sich lutherisch nennen sollte, hat Spener später widersprochen. Zwar sei Luther ein Mensch gewesen, aber er sei doch von Gott gesandt, so dass man sich des von den Helmstedter Synkretisten gemiedenen Namens lutherisch nicht zu schämen hätte. So wurde es zu Speners Zeiten schließlich üblich, dass die bisher evangelisch Genannten in den Streitschriften lutherisch genannt wurden. Nachdem er fünfzehn Jahre mit Spener keinen Kontakt hatte und dessen zwanzigjährige Frankfurter Amtszeit, in der sich die Bewegung des Pietismus an vielen Orten Deutschlands gebildet hatte, an Leibniz gewissermaßen vorbei gelaufen war, nahm Leibniz 1686 – Spener war inzwischen von Frankfurt auf die Stelle eines kursächsischen Oberhofpredigers in Dresden und somit auf die höchste geistliche Stelle im lutherischen Deutschland aufgerückt – die briefliche Verbindung zu Spener wieder auf. Am 8. Juli 1687 schrieb er, nachdem er bei einem kurzen Aufenthalt in Dresden Spener zu seiner Freude wiedergesehen, aber nicht hatte sprechen können, ihm einen Brief, in dem er versicherte, dass sein ganzes Können, wenn auch in verschiedene Richtungen zerstreut, darauf ziele, dass die wahre Erkenntnis Gottes und seine Verehrung (vera Dei cognitio ejusque cultus) gefördert werde42. Auf die Fragen von Leibniz, die sich auf seine Forschungen über die Geschichte des Welfenhauses bezogen, konnte Spener erst im April 1689 antworten. Der ausführliche Antwortbrief Speners an Leibniz vom 13. April 1689 geht auf die Reunionspläne von Roja ausführlich ein und fasst sein Urteil über sie noch einmal zusammen43. Spener berichtet von dem dreistündigen Gespräch, das er mit Rojas von Spinola in seinem Frankfurter Amtszimmer geführt hatte44. Er habe die Mäßigung (moderatio) und die Lauterkeit (candor) von Rojas gelobt, seine Ratschläge zu einer Union aber keineswegs billigen können. Auch wenn man sich in einigen Dingen einigen könne, sei doch der päpstliche Primat das größte Hindernis. „Roma simpliciter irreconciliabilis est“. Auch wenn man uns die Freiheit zubillige, Missbräuche abzustellen, müsse doch die Autorität der Kirche, welche das Herz der römischen Religion ist, anerkannt werden. Es gebe nur 42 Vgl. G. W. Leibniz an Ph. J. Spener, Hannover, 8./18. Juli 1687 (A I, 4, N. 538, S. 642). 43 Vgl. Ph. J. Spener an G. W. Leibniz, 13./23. April 1689 (Ph. J. Spener: Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691, Bd. 3: 1689, herausgegeben von U. Sträter und J. Wallmann, Tübingen 2013, Nr. 42, S. 216–226). 44 Vgl. Ph. J. Spener berichtet G. W. Leibniz über das in Frankfurt mit dem Bischof von Wiener Neustadt geführte Gespräch, ebd., S. 219, 57, S. 220, 74.
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die Möglichkeit einer Unterwerfung der evangelischen Kirche unter die katholische. Deshalb habe er dem Bischof, als der ihn bei seinem Abschied fragte, welche Hoffnung ihm denn übrig bleibe, geantwortet: Keine. Vielmehr fürchte er eher die Gefahr, in die sich die evangelische Kirche begebe, wenn sie sich auf solche Unionsverhandlungen einlasse45. Jetzt war von Spener auch gegenüber Leibniz, wie zuvor gegen Molanus, das deutliche Nein gegenüber allen Reunionsversuchen mit Rom ausgesprochen. Die weiteren von Leibniz mit Bischof Rojas und mit Bossuet geführten Verhandlungen hat Spener unbeachtet gelassen. * Drittens und abschließend kommen wir zu der Endphase der Beziehungen zwischen Spener und Leibniz. Das sind die Jahre 1691 bis zum Tod Speners 1705, die Zeit, in der Spener vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., dem späteren König Friedrich I., als Propst an St. Nicolai und brandenburgischer Konsistorialrat nach Berlin berufen worden war. Das Amt eines Berliner Propstes und brandenburgischen Konsistorialrats war an Ansehen und Besoldung wesentlich niedriger gestuft als das eines kursächsischen Oberhofpredigers, gab ihm aber ein viel höheres Maß von kirchlichen Aufgaben und Einfluss. Spener hatte nicht nur sonntags, sondern wöchentlich mehrmals zu predigen, hatte vor allem einen viel größeren Einfluss auf das Leben der evangelischen Kirche. Er konnte in anderen Ländern als Pietisten verfolgte Theologen, wie Gottfried Arnold, in Brandenburg zu Pfarrstellen verhelfen und somit der pietistischen Bewegung in BrandenburgPreußen zu einer soliden ökonomischen Basis verhelfen. Seinen engsten Schülerkreis um August Hermann Francke konnte er beim Aufbau der Halleschen Stiftungen fördern und an der Theologischen Fakultät der neugegründeten Universität Halle einen akademischen Mittelpunkt des Pietismus schaffen. Die Beziehungen von Leibniz nach Berlin und nach Brandenburg liefen über seine Verbindung zur Kurfürstin Sophie Charlotte, die als Tochter des Kurfürsten Ernst August von Hannover über enge Beziehungen zum Hof in Hannover und zu Leibniz verfügte. Spener hatte zur Kurfürstin Sophie Charlotte, die transkonfessionell erzogen, aber bei ihrer Heirat mit dem brandenburgischen Kurprinzen Friedrich zur reformierten Konfession übergetreten war, keinerlei kirchliche Verbindung, wie sie der reformierte Hofprediger Daniel Ernst Jablonski besaß, der zwei Jahre nach Spener nach Berlin kam. Am 5. Juli 1691 konnte Spener in Oranienburg vor dem Kurfürsten und der Kurfürstin predigen. Im Dezember 1691 gab er auf Wunsch der Kurfürstin ein Gutachten über die Visionen der Rosamunde Juliane von der Asseburg ab, in dem er eher kritischer über sie urteilte als Leibniz, der sich intensiv mit dem Chiliasmus beschäftigt und ebenfalls über sie zu gutachten hatte. Dass Spener dem sich 1701 zum König krönenden Friedrich I Segenswünsche für ihn und seine Frau Gemahlin schickte, ist ein seltener Fall, dass er Sophie Charlottes gedenkt. Mehr als fünf Jahre will er, sagte er in diesem Jahr, nicht an 45 Vgl. Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina III, 450.
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sie geschrieben haben. Sophie Charlotte ihrerseits hielt mit ihrem Urteil nicht zurück, dass sie von Spener nichts halte. Schloss Lietzenburg, nach ihrem Tod Charlottenburg genannt, das durch die Kurfürstin nach 1695 ein Zentrum des geistigen und kulturellen Lebens Berlin wurde, hat Spener nie besucht, geschweige dass er jemals, wie die bekanntesten deutschen oder ausländischen Prediger aller Konfessionen, in der Schlosskapelle in Lietzenburg gepredigt hätte. An den Spanheimkonferenzen, an denen sich die reformierte Elite der Hauptstadt im Hause Ezechiel von Spanheims traf, hat Spener nie teilgenommen. Das Berlin, das Leibniz seit 1696 mehrmals aufsuchte, um mit der Kurfürstin Sophie Charlotte in Lietzenburg vertraute Gespräche zu führen und eigene Pläne zu entwickeln, und das Berlin, in dem Spener nahe der Nikolaikirche lebte, waren unterschiedliche Welten. Man ist überrascht, dass Leibniz in einem Brief vom Sommer 1700 an Spener, in dem er ihm eine Schrift von Tschirnhaus zurückgibt, schreibt, er würde vor seiner Abreise von ihm Abschied nehmen. Ganz anders die Welt von Spener. Seitdem Spener in Berlin war, gingen die Berliner Bürger, die zuvor die Predigten hugenottischer Theologen bevorzugt hatten, wieder in die Nikolaikirche, die durch Spener und seinen Diakon Johann Kaspar Schade zu einem Zentrum des Pietismus wurde. Spener hatte in Samuel von Pufendorf, bis dieser starb, seinen treuesten Zuhörer. Der wortgewaltige Johann Kaspar Schade verhalf vielen Menschen zu ihrer Bekehrung. Die Marienkirche blieb unter den Pfarrern Andreas Rittner und David Bandeco eine Bastion der Orthodoxie, die aber in Berlin durch kurfürstliche Verbote, gegen den Pietismus zu predigen, gemäßigt blieb. Ebenso blieb der neben Spener zweite Berliner Propst, Franz Julius Lütkens (1650–1712), Pfarrer an der Petrikirche in Cölln, ein gemäßigter und, nachdem sich Spener im Berliner Beichtstuhlstreit von seinem radikalen Anhänger Schade getrennt hatte, ein Spener wohlgesonnener und sogar den Pietismus fördender Repräsentant der Orthodoxie. Spener konnte sich in Berlin ungehindert der großen literarischen Auseinandersetzung widmen, die 1691 zwischen der lutherischen Orthodoxie und dem Pietismus ausbrach und ihn in den neunziger Jahren zu insgesamt siebzehn, mehrenteils umfangreichen Quartbänden gegen die Repräsentanten der lutherischen Orthodoxie in Wittenberg, Leipzig, Lübeck, Danzig und Kopenhagen gerichteten Streitschriften führte. Leibniz hat an dieser großen Auseinandersetzung zwischen Orthodoxie und Pietismus, die in den Jahren vor und nach dem Jahrhundertbeginn die Regale der Buchhändler füllte und deren bibliographische Erfassung noch heute ein Forschungsdesiderat ist, wenig Interesse gezeigt. Die „[…] Pietistische sonst fast ärgerliche Streitigkeiten unter den Evangelischen[…]“ waren für ihn, wie er einmal an Jablonski schrieb, ein Gottesgericht46.
46 J. E. Kapp: Sammlung einiger Vertrauten Briefe, welche zwischen Freyherrn Gottfried Wilhelm von Leibnitz und dem berühmten Daniel Ernst Jablonski gewechselt worden sind,[…], Leipzig 1745, S. 197; A IV, 8, N. 72, S. 411 (Bei der Datierung bei Kapp, „25. Mai 1700“, handelt es sich wohl, nach Herausgedern von A IV, 8, um einen Lesefehler von 25. März 1700 (A IV, 8, 406).
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Harnack nennt es in seiner Geschichte der Berliner Akademie rätselhaft, dass man im Zusammenhang der Gründung der Berliner Sozietät bei der Wahl der Mitglieder oder der Beratung über weitere Mitglieder niemals den Namen des wegen seiner genealogischen und heraldischen Werke weltberühmten Spener findet47. Rätselhaft war es aber nicht. Jablonski, der die wesentlichen Verhandlungen bei der Gründung der Berliner Sozietät führte, hatte an Spener, mit dem er als reformierter Hofprediger in keiner amtlichen Beziehung stand und mit dem er wohl erst im Zusammenhang der Unionspläne zu tun hatte, mit dem er aber nicht, wie Dalton in seiner Biographie Jablonskis schreibt48, befreundet war, niemals gedacht, weil er von Speners Desinteresse am wissenschaftlichen und kulturellen Leben, das in Lietzenburg gepflegt wurde, wusste. Damit kommen wir zu Speners Verhalten bei den Unionsverhandlungen zwischen lutherischer und reformierter Konfession am brandenburgisch-preußischen Hof, die nach Pufendorfs Tod von Jablonski betrieben und von Leibniz unterstützt wurden. Erinnern wir zunächst daran, wie Spener, als er nach Berlin kam, zu einer Union mit den Reformierten stand. Im Unterschied zu einer Reunion mit der katholischen Kirche, die er nach dem Programm seiner Pia Desideria und endgültig seit den Verhandlungen mit Rojas von Spinola für unmöglich hielt, war Spener für den Gedanken einer Union zwischen lutherischer und reformierter Kirche früh aufgeschlossen. Seine ursprüngliche Gegnerschaft zur reformierten Kirche hatte er schon in seiner Frankfurter Amtszeit aufgegeben. Noch nicht lange in Dresden schrieb er an seinen Nachfolger in Frankfurt, eine Union zwischen unserer und den reformierten Kirchen, allerdings nicht mit dem Calvinismus, halte er nicht für unmöglich49. Mit den Reformierten käme man in dem Schriftprinzip überein. Auch seien die Reformierten nicht so streng an die Dekrete der Synode von Dordrecht gebunden wie die Katholiken an die Beschlüsse des Konzils von Trient. Damit gab er zu verstehen, dass er nur in der Lehre von der partikularen Gnade einen ernsthaften Hinderungsgrund für eine Union erblicke. Im Jahre 1686 schrieb Spener einem Amtsbruder: Daß Chur-Brandenburg solte etwas wegen der vereinigung unser und der Reformirten tentiret haben, ist mir noch nicht wissend worden, ob mir wohl bekant, daß mans etwa nicht ungern sehe […] Denn ob ich mich wol versichere, daß es nicht einerley unmüglichkeit ist unsere vereinigung mit den reformirten Kirchen wie mit den päpstischen, so finden sich doch in betrachtung allerseits gemüther so viele hindernißen, die gewiß durch keine ander alß durch göttliche krafft aus dem wege mögen geräumet werden; und hat man billlig beyderseits diese wichtige sorge, daß nicht durch einen versuch auß zweyen Partheyen eine zu machen etwa eher drey oder vier drauß entstehen mögen und also der riß nur gefährlicher werde50.
47 Vgl. A. Harnack: Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 1 und 2, Berlin 1900, hier Bd. 1.1, S. 111. 48 Vgl. H. Dalton: Daniel Ernst Jablonski. Eine preußische Hofpredigergestalt in Berlin vor zweihundert Jahren, Berlin 1903. 49 Vgl. Ph. J. Spener an Johann Daniel Arcularius, 7. Dezember 1686 (Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691, Bd. 1, Nr. 47). 50 Ph. J. Spener an [einen Amtsbruder], 28. Dezember 1688 (Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691, Bd. 1, Nr. 54).
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Als der brandenburgische Hofprediger Anton Brunsenius ihm 1687 ein Buch des Schweizer Theologen Johann Heinrich Hottinger zur Union zwischen Lutheranern und Reformierten zusandte, besprach er die Argumente, bekräftigte, dass eine Union nicht ebenso unmöglich sei wie mit der katholischen Kirche, die die Beschlüsse des Konzils von Trient nicht zurücknehmen könne51. Doch 1688 erklärte Spener in Dresden, zu einer Zeit, als der Große Kurfürst dem sächsischen Kurfürsten eine Union zwischen Reformierten und Lutheranern vorschlug: Ich bleibe stäts dabey, es könte kaum der Evangelischen kirchen eine grössere glückseligkeit widerfahren, hingegen des papsttums böse anschläge kräfftiger zurückehalten, alß wo der Himmlische vater mittel und wege zeigte, unsre und die Reformierte kirche ohne verletzung seiner wahrheit mit einander zu vereinigen52.
Ebenso wie Landgraf Ernst gegenüber den Reunionsplänen von Bischof Rojas urteilte, hielt Spener jedoch den gegenwärtigen Zeitpunkt einer Union für unpassend und verfrüht. Zu viele Vorurteile und Missverständnisse, auch Feindschaften zwischen den Theologen, erklärte Spener, stünden einer Versöhnung entgegen. Es sei nicht Zeit, jetzt eine Vereinigung zu unternehmen, […] vielmehr stimme gern damit ein, daß wir erst beyderseits in unsern kirchen zu beßern haben, was wir jeglicher in der seinigen wahrhafftig sträfliches finden.
Zum jetzigen Zeitpunkt solle jede Kirche sich darum mühen, bei sich selbst für Besserung zu sorgen, dadurch würden wir durch göttliche Gnade näher zueinander geführt. Würden die Gemüter in der gegenseitigen Liebe eine Weile geübt, würden sie zu vielem weiter geführt und Gott selbst könne dann „[…] seine zurißene christenheit wieder vereinigen und der trennung ein ende machen“53. Um Speners in seine Berliner Zeit fallende Distanz, ja Ablehnung der von Jablonski, Molanus und Leibniz betriebenen Versuche einer Union zwischen der reformierten und der lutherischen Kirche zu verstehen, muss ein Blick auf die besondere Nähe Speners zu Samuel von Pufendorf, dem geheimen Gegenspieler von Leibniz, geworfen werden. Vermutlich liegt hier der Schlüssel zum Verständnis von Speners Verhalten gegenüber den am Berliner Hof betriebenen Unionsplänen. Der seit 1688 vom Hof Karl XI. von Schweden in Stockholm als kurbrandenburgischer Geheimer Rat und Hofhistoriograph nach Berlin berufene Samuel von Pufendorf war, wenn er in Berlin war, wie oben schon gesagt, ein regelmäßiger Besucher der von Spener in der Nicolaikirche gehaltenen Gottesdienste und in den vier Jahren, die er bis zu seinem Tod mit Spener in Berlin zusammen lebte, ein aufmerksamer Hörer seiner Predigten. Spener wusste, wie er in seiner Leichenpredigt nach Pufendorfs Tod sagt, 51 Vgl. Ph. J. Spener an [Anton Brunsenius in Potsdam], 25. Juli 1687 (Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691, Bd. 1, Nr. 113). 52 Ph. J. Spener an [Christian] Wildvogel in [Quedlinburg], 3. September 1688 (P. J. Spener: Briefe aus der Dresdner Zeit 1686–1691, Bd. 2: 1688, herausgegeben von J. Wallmann, Tübingen 2009, Nr. 88). 53 Ebd.
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[…] keinen dieser Gemeine zu nennen, der emsiger meine Predigt gehört hätte, so er meistens mit viel bewegung zu thun pflegte; auch das heilige Sacrament mit Andacht gebrauchte.
Spener und Samuel von Pufendorf haben, soweit wir erkennen können, niemals persönlich miteinander Briefe gewechselt54. Trotzdem standen sie schon, bevor Spener im Sommer 1691 nach Berlin kam, mittelbar in engem brieflichem Kontakt. Der Kontakt lief über Speners Schwiegersohn Adam Rechenberg (1642– 1721), Professor für Philologie und Geschichte, seit 1699 Professor für Theologie an der Universität Leipzig, der in vierter Ehe seit 1686 mit Speners ältester Tochter Susanne Catharina verheiratet war. Rechenberg war einer der engsten Freunde von Samuel von Pufendorf, mit dem er in engen, von Pufendorf in deutscher Sprache geführten Briefwechsel stand55. Pufendorf, der Speners genealogische und heraldische Schriften früh kannte und besaß, hielt Spener in seinen späteren Jahren, in denen sein Interesse an der Theologie erstarkte, für einen bedeutenden Theologen, den er hoch schätzte. Bereits im August 1687 ließ er durch Rechenberg von Stockholm aus Spener grüßen und ihm ausrichten, dass sein (an einen Unbekannten gerichtetes) Schreiben keinen Effekt haben könne, da er noch nicht in Berlin war56. Gern hätte er Spener an die deutsche lutherische Gemeinde in Stockholm geholt. Durch seinen Sekretär ließ er über Rechenberg die Anfrage an Spener ergehen, ob er das Pastorat an der deutschen Gemeinde in Stockholm antreten würde. Spener lehnte in einem an Rechenberg im Juni 1689 gerichteten Brief, der für die Weitersendung nach Schweden bestimmt war, die von Pufendorf veranlasste Anfrage wegen seines Alters und, weil er die Demission des Kurfürsten abwarten müsse, höflich ab57. Mit Sympathie erfuhr Pufendorf, als er in Berlin eingetroffen war, dass Spener mit seinen eine Reform der lutherischen Theologie betreibenden Anhängern mit der Leipziger Orthodoxie des von ihm verachteten Johann Benedikt Carpzov in Streit geraten sei. „Die Verfolger der Pietisten möchten sich schämen“, schrieb er im Februar 1689 an Rechenberg, den er in seinen Briefen regelmäßig Spener grüßen lässt58. Pufendorfs spätes Interesse an theologischen Fragen ist durch die pietistische Bewegung kaum hervorgerufen worden, jedoch hat er sie mit kräftiger Sympathie und Unterstützung begleitet. Pufendorf, als brandenburgischer Geheimer Rat und Hofhistoriograph mit den am Berliner Hof schon lange diskutierten Plan einer Union zwischen lutherischer und reformierter Konfession gut vertraut, schickte Ende 1690 ein Manuskript eines umfangreichen theologischen Werks an 54 Obwohl Spener in einem Postscriptum an Rechenberg vom 31. August 1686 schreibt, „Excell. Dn. Pufendorfio alias respondebo, cum prius praesentes collocuti fuerimus“. (UB Leipzig Ms 0337, Bl. 4v). 55 Der Briefwechsel zwischen Pufendorf und Rechenberg ist ediert in S. Pufendorf: Gesammelte Werke. Briefwechsel, Bd. 1, herausgegeben von D. Döring und W. Schmidt-Biggemann, Berlin 1996. 56 Vgl. S. Pufendorf an Rechenberg, 31. August 1687 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr. 121). Zu dem möglichen Inhalt des Briefes vgl. den Kommentar in Anm. 2. 57 Vgl. Ph. J. Spener an Rechenberg, 21. Juni 1689 (Briefe aus der Dresdner Zeit, Bd. 3, Nr.64). 58 Vgl. S. Pufendorf an Rechenberg, 16. Februar 1689 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr.168).
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Rechenberg zur Weitergabe an Spener59. Es handelte sich um seine Inquisitio de consensu et dissensu Protestantium, ein ausführliches, mehrere hundert Seiten zählendes Gutachten (später unter dem Titel Jus feciale veröffentlicht), in dem er ausführlich zu den kirchlichen Reunionsplänen, vor allem zu der am brandenburgischen Hof betriebenen Union zwischen lutherischer und reformierter Kirche, Stellung nimmt. Pufendorf unterscheidet darin zwischen der politischen und der kirchlichen Toleranz. Trotz seines entschiedenen Eintretens für die Toleranz verschiedener konfessioneller Kirchentümer in einem Staatswesen (politische Toleranz) zieht Pufendorf für eine kirchliche Toleranz, die zu einer Union führen kann, den Kreis sehr viel enger. Für ganz ausgeschlossen erklärt er eine Union der protestantischen Kirchen mit dem römischen Katholizismus. Über das Papsttum äußert sich Pufendorf mit einer Schärfe, die hinter Speners Urteilen über das Papsttum nicht zurücksteht. Für denkbar und möglich dagegen hält er eine innerprotestantische Toleranz zwischen lutherischer und reformierter Konfession. Vorurteile und persönlichen Hass hält er für die gefährlichsten Hindernisse. Über Glaubenswahrheiten, die keine fundamentalen Artikel betreffen, lasse sich für Verständige Übereinstimmung erzielen. Das eigentliche Problem seien die fundamentalen Glaubenswahrheiten. Um Übereinstimmung in den fundamentalen Glaubenswahrheiten zu erreichen, entwarf Pufendorf ein allein aus der biblischen Theologie geschöpftes, an der Föderaltheologie angelehntes Systema theologicum. Doch vollständige Einigkeit zu erreichen, sei schwierig. Während die Differenzen in der Abendmahlslehre und in der Christologie überbrückbar seien, hält er die Auflösung des Gegensatzes in der Erwählungs- und Gnadenlehre (allgemeine oder besondere Erwählung) zwar für möglich, vorerst aber nicht für praktikabel. Rechenberg erhielt Ende 1690 das Manuskript, um es durch Spener prüfen zu lassen und seine Meinung zu erfahren. Spener, noch in Dresden und ungewiss seines Wechsels nach Berlin, der ihn in die Nähe Pufendorfs bringen sollte, antwortet Rechenberg am 27. Januar 1691: Das Buch von Pufendorf habe er angefangen zu lesen und sei erst bis zur Mitte gedrungen. Was er bisher gelesen habe, gefalle ihm recht gut. Besonders habe er sich gefreut, dass Pufendorf mit ihm derselben ablehnenden Meinung sei bezüglich der Unionsverhandlungen, die die hannoverschen Theologen Molanus und Barckhausen (der mit Molanus zusammenarbeitende Oberhofprediger in Hannover) mit dem Bischof von Tina, also Rojas de Spinola, betrieben. Bis er nicht das ganze Buch gelesen habe, könne er kein Urteil fällen. Ende Februar 1691 hat er die Lektüre beendet, fürchtet aber, zu Pufendorfs nach der Föderaltheologie vorgestellten System der theologischen Fundamentallehren einige Kritik vorbringen zu müssen. In einem in der Forschung bisher unbeachtet gelassenen Iudicium disquisitionis de consensu et dissensu Protestantium, das ohne Datum und ohne Nennung des Empfängers in Speners nachgelassenen Consilia abgedruckt ist, gibt Spener ausführlich ein positives
59 Vgl. S. Pufendorf an Rechenberg, 6. Dezember 1690 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr.196).
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Gutachten über Pufendorfs Unionsschrift ab60. Bei diesem Gutachten muss es sich um das von Pufendorf bei der Übersendung seiner Schrift an Rechenberg von Spener erbetene Gutachten handeln. Rechenberg hat es wohl an Pufendorf weiter gesandt, weshalb es sich in dem Briefwechsel Spener-Rechenberg nicht findet. Spener lobt darin die Weisheit, die Kenntnis der Lehre (doctrinae sacrae peritia), die Umsicht bei der Vermeidung der verschiedenen Hindernisse (in vitandis variis impedimentis circumspectio) und die Gewandtheit bei der Erteilung von Ratschlägen (consiliorum dexteritas), überhaupt die Eleganz der Diktion (dictionis tersae elegantia), die Kunst der Kürze (in breve compendium compingendi artificio) und den Scharfsinn der Gedanken (rationum acumen) des Autors. Was den Erfolg betrifft, so wolle er ihn glücklich erhoffen und wünsche ihn. Spener empfahl den Druck. Doch er riet, den Namen des Autors zu verheimlichen, damit das Buch von allen ohne Vorurteil gelesen werde61. Kurz nach Pufendorfs Tod ist seine Unionsschrift, über die Spener so positiv geurteilt hat wie über keine der ihm bekannt gewordenen Unionsschriften, unter dem Titel Ius Divinum feciale seu Inquisitio de consensu et dissensu Protestantium mit der Angabe Lübeck als Druckort öffentlich erschienen62. Sie ist bald von mehreren, vor allem von Leibniz, bekämpft worden63. Bezüglich der am brandenburgischen Hof betriebenen Unionsverhandlungen stand also schon bevor Spener nach Berlin kam, die Übereinstimmung zwischen ihm und Pufendorf in den entscheidenden Hauptpunkten fest. Die Differenz beider zu Leibniz ist deutlich. Beide widersprechen grundsätzlich einer Union mit der römischen Kirche, wie sie Molanus und Leibniz in ihren Verhandlungen mit Rojas von Spinola suchten. Zugleich stimmen sie in ihrer Skepsis gegenüber Verhandlungen zu einer innerprotestantischen Union überein, wie sie von Jablonski unter Mithilfe von Leibniz und Molanus in den nächsten Jahren betrieben wurden. „Es ist auch lächerlich […]“, schreibt Pufendorf im August 1691 Rechenberg, also kurz nach Speners Ankunft in Berlin, […] daß H. von Seckendorf, Herr Dr. Spener und ich soll unionem inter Protestantes versuchen. […] Und wenn es geschehen solte, were es ja das herrlichste werck von der welt, wenn wir könten zuweg bringen, daß dissentientes salva veritate zu uns treten. Aber man darf nicht bange seyn, daß unsre Zeiten solche glückseligkeit sehen werden64.
60 „Iudicium disquisitionis de consensu et dissensu Protestantium“ (Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 98–100). In der sonst die Spenertexte sorgsam beachtenden Arbeit von Delius (W. Delius: „Berliner Kirchliche Unionsversuche im 17. und 18. Jahrhundert“, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 45 (1970), S. 7–121) wird dieses Gutachten Speners nicht erwähnt. 61 Vgl. Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 98–100. 62 Vgl. S. v. Pufendorf: Jus Divinum feciale seu Inquisitio de consensu et dissensu Protestantium, Lübeck 1695;S. v. Pufendorf: Gesammelte Werke, Jus feciale, Bd. 9, herausgegeben von D. Döring und W. Schmidt-Biggemann, Berlin 2004.). 63 Vgl. A IV, 6, N. 47; vgl. D. Döring: „Leibniz als Verfasser der Epistola ad amicum“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 104 (1993), S. 176–197. 64 S. Pufendorf an Rechenberg, 29. August 1691 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr. 206).
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Ob Pufendorf an der Berufung Speners nach Berlin unmittelbar beteiligt war, wissen wir nicht. Jedenfalls hat er sie befürwortet65. Pufendorf suchte in Berlin Kontakt mit einem lutherischen Theologen, fand aber zu Propst Lütkens keine Vertraulichkeit. Deshalb hatte er das Kommen Speners heiß gewünscht. Im Dezember 1690 schreibt er: Wer endlich hier wird Probst werden, höre noch nichts eigentliches davon. Möchte von hertzen wünschen das glück zu haben unter H. Dr. Spener zuhörern zuseyn zu können. Aber wo dieser Mann auch stehet, wird er gutes thun66.
Ende Januar 1691 schreibt er an Rechenberg: Noch wissen wir nicht […] ob wir das glück werden haben, H. Dr. Spener herzubringen oder ob wir uns mit iemand anderes werden behelfen müßen67.
Kaum war Spener in Berlin, berichtet Pufendorf, der sofort Speners Predigten hörte: „H. Dr. Spener hat die opinion so ich von ihm gehabt, durch seine gegenwart nicht wenig vermehret“68. Dass Pufendorf sonntags in die Nikolaikirche ging und aufmerksam die Predigten Speners hörte, wurde bereits erwähnt. Über das Miteinanderwirken von Spener und Pufendorf in Berlin haben wir, da sich beide unmittelbar besprachen und keine Briefe wechselten, nur wenige Zeugnisse. Ihre Übereinstimmung bei ihrem Zusammenwirken kann man sich nicht intensiv genug vorstellen, auch wenn Pufendorf nicht immer in Berlin war, vor seinem Tod noch eine längere Reise nach Schweden unternahm und in Rostock mit Studenten disputierte, denen er das Studium des kürzlich verstorben Justus Friedrich Schomerus (1648–1693) empfahl, Doktorvater von Johann Wilhelm Petersen und wegen seiner rechtlichen Begründung für die Collegia pietatis von Spener hochgeschätzt. Pufendorf starb am 26. Oktober 1694. Spener nennt in seiner am 7. November 1696 in der Berliner Nikolaikirche gehaltenen Leichenpredigt Pufendorf einen beispiellosen Laientheologen: Es manglete ihm aber nicht an der weißheit in göttlichen und geistlichen dingen, sondern er hatte […] ein stattliche erkäntniß der gantzen Theologie, und deß jenigen / was zu der wolfahrt der kirchen dienlich wäre /davon er mit stattlichem grund zureden und zuschreiben wuste / auch mit mir öfters vertraulich auß solchen materien redete: daß ich versichert bin / es um das Christenthum viel beser aller orten stehen würde / wo manches nach seinem verlangen und einsicht eingerichtet würde, darzu es gleichwohl auch noch einmal zukommen er göttlicher weißheit, güte und warheit gemäß erachtete69.
65 Vgl. S. v. Pufendorf: Gesammelte Werke. Briefwechsel, S. 285. 66 S. v. Pufendorf an Rechenberg, 6. Dezember 1690 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr. 196). 67 S. v. Pufendorf an Rechenberg, 29. August 1691 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr. 206). Vgl. P. Grünberg: Philipp Jakob Spener. Spener im Urteil der Nachwelt und seine Einwirkung auf die Folgezeit, Bd. 3, Göttingen 1906 und Hildesheim 1988, S. 405. 68 S. v. Pufendorf an Rechenberg, 27. Juni 1691 (Gesammelte Werke. Briefwechsel, Nr. 204). 69 Ph. J. Spener: Christlicher Leich-Predigten Sechste Abteilung, Frankfurt am Main 1696, S. 223f.
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Bei ihren vertraulichen Unterredungen werden sie auch ihre Meinungen zu dem am Brandenburgischen Hof betriebenen Unionsprojekt ausgetauscht haben, auch wenn das Projekt zeitweilig ruhte und erst mit dem Kommen Jablonskis wieder aktuell werden sollte. Spener und Pufendorf werden übereinstimmend ihre Distanz zu dem Projekt festgestellt haben. Es ist eine der empfindlichsten Lücken in der Überlieferung von Speners Berliner Zeit, dass wir über die vertraulichen, die Zukunft der Kirche betreffenden Gespräche zwischen Spener und Pufendorf so wenig wissen. Aus den Briefen Speners an Rechenberg erfahren wir, dass Pufendorf die Bemühungen von Bossuet um eine Union mit den Protestanten für gefährlich hielt und vorschlug, Johann Wilhelm Petersen für eine Antwort auf die letzte Schrift Bossuets zu gewinnen, was dieser aber ablehnte. In der Ablehnung der zwischen Bossuet und Leibniz geführten Unionsverhandlungen stimmten Spener und Pufendorf also wieder überein. Theologisch eng zusammen arbeiteten beide, als sie zusammen mit dem Propst Lütkens für Konflikte, die sich für die lutherische Kirche ergaben, Lösungen suchen mussten. So mussten Pufendorf, Spener und Lütkens den Katechismus des sich zum Katholizismus wendenden Königsberger Professor Johann Philipp Pfeiffer (1645–1695) überprüfen, der in Königsberg mit seiner Hinwendung zum römischen Katholizismus unter den Studenten Anhang fand, was Pufendorf und Spener gleichermaßen als eine große Gefahr ansahen und was zu Pfeiffers Entlassung führte70. Das ausführliche theologische Gutachten über Pfeiffers Katechismus zeigt eine weitgehende Übereinstimmung Pufendorfs und Speners in der Beurteilung des Papsttums, das nach dem 2. Thessalonicherbrief der Antichrist sei, was Pfeiffer, der darin mit Leibniz übereinstimmte, nicht lehrte71. Pufendorf und Spener hatten weiterhin über die des Atheismus verdächtigte Schrift des von den Gedanken Spinozas erfüllten Friedrich Wilhelm Stosch (1648–1704) Concordia Rationis et Fidei sive Harmonia Philosophiae Moralis et Religionis Christianae (1692)72 zu urteilen, der den Unterschied von Gott und Natur leugnete, was 1694 zur Konfiskation und zur Verbrennung des Buches von Stosch wegen Atheismus führte, der sein Buch widerrief73. Spener und Pufendorf stimmten in einem gemeinsamen Gutachten in ihrer Meinung völlig überein. Merkwürdig ist, dass Stosch, der später seinen Widerruf zurücknahm, 1701 bei der Königskrönung als Hofrat rehabilitiert wurde. Weitere Zeugnisse über ihr Zusammenwirken fehlen vorerst. Man wird fragen müssen, ob nicht eine noch weitergehende wechselseitige Beeinflussung zwischen 70 Vgl. Ph. J. Spener an A. H. Francke, 19. Mai 1694 (Ph. J. Spener: Briefwechsel mit August Hermann Francke 1689–1704, herausgegeben von U. Sträter und J. Wallmann, Tübingen 2006, Nr. 93). 71 Siehe das ausführliche, von Pufendorf, Spener und Lütkens unterschriebene Gutachten über den von Johann Philipp Pfeiffer verfassten Katechismus, wiedergegeben von D. Döring: Pufendorf-Studien, Berlin 1992, S. 194–204. 72 Vgl. D. Döring: Frühaufklärung und obrigkeitliche Zensur in Brandenburg. Friedrich Wilhelm Stosch und das Verfahren gegen sein Buch „Concordia rationis et fidei“, Berlin 1995. 73 Vgl. Ph. J. Spener an A. H. Francke, 23. Dezember 1693 (Briefwechsel mit August Hermann Francke, Nr. 87).
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beiden vorliegt, als wir bisher wissen. Die vom späten Luther so deutlich sich abkehrende Stellung Speners zu den Juden, wie sie sich in Speners Gutachten über die Toleranz der Juden und ihres Gottesdienstes von 1702 ausspricht, in dem er über frühere Äußerungen zur Judenfrage deutlich hinausgeht, ist nicht von Speners Toleranzgutachten von 1684 verständlich, in dem es nur um eine Toleranz zwischen den christlichen Konfessionen geht. Dass sich Spener hier erstmals für Toleranz im Sinne der politischen Toleranz Pufendorfs ausspricht, spricht dafür, dass er sich von der von Pufendorf geforderten politischen Toleranz, wie sie im brandenburgischen Staat verwirklicht wurde, überzeugt gefunden hat. Die von der Orthodoxie sich abwendende Offenheit gegenüber dem Judentum und ihrem Gottesdienst, die Spener in seinem Gutachten von 1702 dem Pietismus vorgeschrieben hat, wäre dann nicht nur eine Parallele zur aufklärerischen Toleranz, sondern tatsächlich Spener durch den Aufklärungsphilosophen Pufendorf vermittelt worden. Die schon in Dresden als kursächsischer Hofprediger in Dresden wiederholt geäußerte Haltung zur Unionsfrage hat Spener, als er an den brandenburgischen Hof in Berlin berufen wurde, gegenüber den dort angestrebten Reunionsplänen fest gehaltenen und nicht geändert. In die Verhandlungen, die Jablonski seit 1697 zusammen mit Molanus und Leibniz zum Zwecke einer Union der reformierten und der lutherischen Kirche unternahm, ist Spener nicht eingeweiht worden. Jablonski hielt die mit Molanus geführten Verhandlungen vor Spener geheim, und auch Leibniz und Molanus achteten auf strikte Geheimhaltung. Leibniz wie Molanus wussten zu gut, dass Spener für die von ihnen betriebenen weiteren Reunionspläne nicht zu gewinnen war. Es verwundert nicht, dass man in Speners Briefwechsel nichts von den Unionsversuchen findet, die Jablonski mit Leibniz und Molanus in den Jahren nach 1697 in Berlin und Hannover führten. Dass Spener von den von Jablonski verfassten Schriften, die eine bloße innerprotestantische Union unter Einschluss der anglikanischen Kirche zum Ziele hatten, überhaupt wusste, ist nicht bekannt. Ob er Jablonskis Denkschrift Kurze Vorstellung der Einigkeit und des Unterschiedes im Glauben beyder Evangelischen […] Kirchen74, die Jablonski am 29. November 1697 fertigstellte und über die Molanus und Leibniz kritisch urteilten75, überhaupt kannte, wissen wir nicht76. Speners Gutachten Iudicium disquisitonis de consensu et dissensu Protestantium77 ist kein Gutachten über die gleichnamige Schrift von Jablonski, sondern, wie bereits festgestellt, ein ausführliches Urteil über Pufendorfs 1698 postum veröffentlichte Unionsdenkschrift Ius feciale divinum. Die Unionsverhandlungen, die Molanus und Leibniz seit 1697 in Berlin und Hannover führten, wurden mit gutem Grund vor Spener geheim gehalten. Doch 74 Ediert in: M. Fontius, H. Rudolph und G. Smith (Hrsg.): Labora diligenter. Potsdamer Arbeitstagung zur Leibnizforschung vom 04. bis 06. Juli 1996 (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 29) Stuttgart 1999, S. 128–166. 75 Vgl. A IV, 7, N. 76–79. 76 Vgl. Delius: „Berliner Kirchliche Unionsversuche“, S. 27. 77 Ph. J. Spener (undatiert): „Judicium diquisitionis de consensu et dissensu Protestantium“, in: Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 98–100.
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wurde Spener, vermutlich mit Wissen und möglicherweise auf Veranlassung von Jablonski, an den Unionsbemühungen beteiligt, die der reformierte Theologe Jeremias Sterky (1656–1718), Professor in Lausanne, führte, der in der Gnadenlehre universalistisch lehrte, also entgegen der Confessio Helvetica und in Übereinstimmung mit den Lutherischen, und der von Jablonski in der ersten Phase der Unionsbestrebungen, in der es ihm um ein gesamteuropäisches Projekt unter Einschluss der Schweiz ging, als ein Collocutor eines Unionsgesprächs, an dem auch die Anglikaner teilnehmen sollten, vorgesehen war. Spener bekam 1698 Schriften und Überlegungen zu Pufendorfs Unionsschrift Jus feciale von Sterky zugesandt78. Spener gab die Überlegungen von Sterky an Daniel Severinus Scultetus (1645–1712) in Hamburg weiter, den am eifrigsten gegen jede Union mit den Reformierten schreibenden Theologen der lutherischen Orthodoxie. Die Gegenschrift gegen das Unionsangebot von Pierre Jurieu, die Scultetus veröffentlicht hatte, wurde von Spener hochgeschätzt. Speners Einbindung von Scultetus in die Unionsverhandlungen war also alles andere als deren Förderung. Die Antwort von Scultetus gab Spener an Sterky nach Lausanne weiter, enthielt sich aber einer eigenen Meinung in der Unionsfrage. Dass Sterky im Gegensatz zu Bénédict Pictet (1655–1724), Professor in Genf, der die in Brandenburg aufgenommenen Hugenotten aufrief, nicht von der partikularistischen Gnadenlehre der Synode von Dordrecht zu lassen, universalistisch lehrte, machte ihn im Blick auf die in Brandenburg aufgenommenen Hugenotten für Jablonski interessant. Zwei Jahre nach Speners Tod wurde Sterky von Lausanne nach Berlin berufen und wurde Prediger an der reformierten Parochialkirche. Wichtigstes Ergebnis der allein auf Deutschland beschränkten Unionsverhandlungen, die Jablonski mit Leibniz und Molanus führte, war die Schrift von Leibniz: Tentamen Expositionis Irenicae trium potissimarum inter Protestantes Controversiarum. Erstmals veröffentlicht in Speners postumen Consilia et Iudicia theologica latina79, ist sie erst jetzt in den Schriften von Leibniz gedruckt worden80. Leibniz schickte sie an Jablonski und Spener. Spener nahm sich, zum Unmut von Leibniz, für sein Gutachten über das Tentamen von Leibniz Zeit. Im Spätherbst, im November 1699, erschienen Speners Reflexiones super tentamen irenicae expositionis81. Während Leibniz nur ein Gutachten über die drei zwischen den Evangelischen und den Reformierten stehenden Differenzpunkten (Abendmahl, Person Christi und Gnadenwahl) gab, und die Union mit der römisch-katholischen Kirche gar nicht berührte, stellte Spener seine Reflexionen über das Tentamen ähnlich wie Pufendorf in seinem Jus feciale gleich am Anfang in den universalkirchlichen Zusammenhang. Die Vereinigung zwischen der von Spener anders als von Leibniz lutherisch genannten und der reformierten Kirche 78 Vgl. Ph. J. Spener an [Jeremias Sterky], 12. September 1698 (Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 100f.). 79 „Tentamen Expositionis Irenicae trium potissimarum inter Protestantes Controversiarum“, in: Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 105–110. 80 Vgl. A IV, 7, N. 62. 81 „Reflexiones super tentamen irenicae expositionis“, in: Ph. J. Spener: Consilia et Iudicia theologica latina I, S. 110–113.
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sei nicht in gleicher Weise unmöglich wie die mit der römischen Kirche. Speners Prüfung des Tentamens lief nicht auf einen Widerspruch zu den Argumenten von Leibniz oder auf eine Ablehnung hinaus. Zwar blieb er dabei, dass der hauptsächliche Kontroverspunkt, das Decretum absolutum, da er das Fundament des Glaubens berühre, keine Verständigung erlaube. Allerdings werde der Heilspartikularismus nur von einem Teil der reformierten Theologen geteilt und die meisten Reformierten lehrten heute wie wir. Spener erklärte sich also nicht gegen Leibniz, stimmte ihm aber auch nicht deutlich zu. Jablonski, der am 8. November Leibniz Speners Reflexiones über das Tentamen mitteilte82, gefielen sie überaus gut. Der scharfsinnige Spener habe die Klugheit und notwendige Umsicht dergestalt beibehalten, dass er eine besondere Neigung zur Einigkeit darin habe spüren lassen. Wenn er, Jablonski, das Tentamen von Leibniz mit den Reflexionen von Spener vergleiche, bete er die gnädige Providenz Gottes an, welche die beiden Schriften miteinander verbunden gebraucht, um die beiden schwersten Anstöße (die Kontroversen über die Prädestination und die über die Eucharistie) aus dem Wege zu räumen, da das Tentamen die erstere, die Reflexionen die zweitere so erklären, wie es zum Frieden dienen mag83. Speners abschließende Worte, nichts anderes schiene ihm aber für die die Einheit der Kirchen Suchenden wichtiger, als dass die Missstände beider Kirchen, die sowohl im Stande der Lehrenden und der Hörenden zu beklagen seien und die niemand verneinen könne, durch geeignete Heilsmittel beseitigt würden, beachtete Jablonski nicht. „Leibniz“ sah es anders. „Mein hochgeehrter Herr scheinet die Sache zu nehmen […]“, schreibt er am 28.11.1699 an Jablonski, […] als ob wir zwar gelinder als Herr Spener in materia der Gnaden-Wahl, er aber gelinder als wir in materia vom heiligen Abendmahl scheine. Ich kan aber nichts finden, wo er nachgäbe, wo wir nicht schon auch bewilliget84.
Als Friedrich I. im Sommer 1703 zu einem Collegium Charitativum nach Berlin einlud, das unter dem Vorsitz des reformierten Bischofs Ursinus tagte und an dem Jablonski teilnahm, während Leibniz und Molanus sich im Hintergrund hielten, wurde Spener, an dessen Beteiligung Jablonski ursprünglich wohl gedacht hatte, nicht hinzugezogen. Vermutlich hatte Spener, vorher vertraulich gefragt, seine Teilnahme mehr oder wenig deutlich abgesagt. An seiner statt wurde der unbedeutende Diakon am Magdeburger Dom Johann Josef Winkler (1670–1722) eingeladen, dazu der Propst zu Köln Lütkens, der aber nach der ersten Zusammenkunft nicht wieder erschien und dies damit begründete, dass man Spener exkludiert habe85. Das Collegium charitativum blieb ohne Erfolg. Eine der letzten Äußerungen Speners stammt aus dem Jahr 1704, ein Jahr vor seinem Tod. Aus einem ihm mitgeteilten Schreiben sehe er,
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Vgl. A I, 17, N. 382. Vgl.: Kapp: Sammlung, S. 76; A I, 17, 648; D. E. Jablonski an Leibniz, 8./18. Nov. 1699. A I, 17, N. 405, 685. Vgl. Ph. J. Speners undatiertes Schreiben aus dem Jahr 1704 in: Ph. J. Spener: Letzte Theologische Bedenken, und andere Brieffliche Antworten, Teil 3, Halle 1711, S. 72 und 472.
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[…] daß mir nachgeredet werde / ich hätte mich mit den Reformirten in tractaten eingelassen / die beide religionen zu vereinigen / auch viel nachgegeben / so gar daß auch concordatspuncten unter meiner hand vorhanden wären / wunderte mich nicht wenig / indem so gar keine anlaß darzu gegeben/wann ich nicht von vielen jahren gewohnt wäre / daß mir viel böses und gutes / beyderseits ohne grund / beygemessen werde. Darunter gehöret nun auch dieses neue. Was ich von der Sache halte / stehet hin und wider in meinen Bedenken. Ich wünschte die Vereinigung / die aber innerlich die seelen berühren und nicht in eusserlichen worten bestehen müßte / hertzlich / halte sie auch an sich selbs mit den Reformirten nicht so unmüglich / als einige gedencken / aber in jetzigem zustand und bey dieser bewandnüs der gemüther unmüglich / ja sorge / wo man die sache mit ernst angreiffen möchte […] eher böse als gute folgen. Diese meine Meinung ist hie bekannt86.
Deshalb sei er auch im letzten Jahr zu dem vom König einberufenen Collegium charitativum nicht zugezogen worden. Der Misserfolg des Collegium Charitativum beendete keineswegs die Unionsbemühungen von Leibniz und Jablonski. Die Veröffentlichung des fälschlich Johann Josef Winkler zugeschriebenen Arcanum Regium und die Veröffentlichung der Gedanken von der Vereinigung der beiden protestierenden Kirchen durch den orthodoxen Propst Lütkens vom Sommer 170387 ließen die Wellen der Erregung über die brandenburgische Unionsversuche anschwellen. Auch Valentin Ernst Loescher in Dresden mischte sich ein. Doch berührten diese Erregungen Spener nicht mehr, wie das völlige Übergehen dieser Dinge in seinem Briefwechsel, zum Beispiel mit August Hermann Francke, zeigt. Die weitere Beteiligung von Leibniz an den brandenburgischen Unionsversuchen Jablonskis wie auch seine weitere Beziehung zum Pietismus fällt nicht mehr in den Kreis seiner Beziehung zu Spener, auf den wir uns in der vorliegenden Studie beschränkt haben. Dass die von Leibniz zusammen mit Molanus und Jablonski seit Jahren betriebenen Unionsverhandlungen vor Spener bewusst geheim gehalten wurden und Spener zum Collegium charitativum nicht hinzugezogen wurde, zeigt wohl am deutlichsten, dass Speners Übereinstimmung in der Unionsfrage mit Pufendorf stärker war als sein Wohlwollen für die Unionspläne des preußischen Königs. Von der in der Jugend geschlossenen Freundschaft und Interessengemeinschaft zwischen Leibniz, dem Vater der deutschen Aufklärung, und Spener, dem Begründer des Pietismus, ist am Ende wenig übrig geblieben.
86 Ph. J. Spener: Letzte Theologische Bedenken III, S. 471. 87 Vgl. Kapp: Sammlung, S. 342–355.
BEOBACHTUNGEN ZU LEIBNIZ’ EKKLESIOLOGIE Von Luca Basso (Padua) […] on peut dire que toute la nature est pleine de miracles mais de miracles de raison, et qui deviennent miracles à force d’estre raisonnables, d’une manière que nous étonne […] Autrefois on admiroit la nature sans y rien entendre […] Mais le veritable temperament est d’admirer la nature avec connoissance, et d’y recoinnoistre, que plus on y avance, plus on decouvre de merveilles […]1.
Im Zentrum meiner Untersuchung steht die Leibnizsche Ekklesiologie. Zugleich geht es um ein theoretisch-philosophisches und um ein praktisch-politisches Problem2. Dieses Thema umfasst theologische, metaphysische, historische und politische Aspekte. Der Schwerpunkt des Aufsatzes liegt hierbei nicht auf der theologisch-dogmatischen Ebene. Vielmehr geht es um die Bedeutung der Kirche in der politischen Reflexion von Leibniz. Diese Untersuchung ist in zwei Abschnitte gegliedert. Zum einen werde ich das Verhältnis von Ekklesiologie und Philosophie behandeln, und zum anderen die Beziehung von Ekklesiologie und Politik analysieren. Dies geschieht unter zwei Vorannahmen. Die erste besteht darin, dass die Frage der Kirche bei Leibniz nicht unabhängig von der Philosophie und von
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G. W. Leibniz an Jacques-Bénigne Bossuet, 8./18. April 1692; A I, 7, N. 151. Die Leibnizsche Ekklesiologie kann in das allgemeinere Thema der Ökumene eingefügt werden. Zur Vertiefung dieser komplexen Frage: W. Li, H. Poser und H. Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 41), Stuttgart 2013. Einige Aspekte dieses Aufsatzes waren schon in meinem Aufsatzes da vorhanden: L. Basso: „Kirche als ‚res publica‘ – Leibniz’ Kirchenverständnis als Voraussetzung der Ökumenik“, in: ebd., S. 215– 225. In der „Einleitung” (S. 9–16) bemerkt H. Rudolph: „Leibniz und die Ökumene umschreibt ein Thema, das in der Forschung zwar nicht unbeachtet geblieben ist, das in seinem Gewicht für beides, das Verständnis des Leibnizschen Wirkens und die Geschichte der Ökumene, also des jahrhundertelangen Strebens nach Einigung der in Konfessionen und Kirchen getrennten Christenheit, in der Vergangenheit doch erheblich unterschätzt worden ist. […] In der Einleitung zu Band 4 der philosophischen Reihe […] hat Heinrich Schepers 1999 auf die grundlegende Bedeutung eines strategischen Planes hingewiesen, den Leibniz bereits als Zweiundzwanzigjähriger in Mainz entworfen hatte und der Philosophie und Wissenschaft wie das politische Wirken des späteren Hannoveraner Philosophen als Umsetzung eines universalen Projekts erscheinen lässt“, S. 9. Dazu ist ein sehr wichtig der Beitrag von H. Schepers: „Demonstrationes Catholicae – Leibnizʼ großer Plan. Ein rationales Friedensprojekt für Europa“, in: F. Beiderbeck und S. Waldhoff (Hrsg.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 3–14.
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der Politik verstanden werden kann3. Zugleich ist diese Vorstellung nur vor dem Hintergrund der konkreten politischen Situation des damaligen Europas (und insbesondere des Deutschen Reiches) verstehbar. Die zweite Annahme besteht darin, dass es eine enge Verbindung zwischen der Philosophie und der Politik gibt: es geht um eine politische Philosophie, aber auch um eine ‚philosophische‘ Politik4. Einerseits registriert die Leibnizsche Reflexion aufmerksam die innerhalb des damaligen Europas bestehenden verfassungsrechtlichen Strukturen, die auf ihre spezifischen Bestimmungen untersucht werden müssen, anderseits stützen sie sich auf das Verhältnis zwischen Metaphysik und Politik. Dabei können diese beiden Elemente unabhängig voreinander betrachtet werden. Übrigens wird in vielen politischen Werken von Leibniz ein klarer Bezug auf Begriffe und Fragen genommen, die über das politische Gebiet im engeren Sinne hinausgehen. Das Ziel ist, beide genannten Aspekte zu vereinigen, und dies bedeutet Politik als Sphäre der Kontingenz zu interpretieren, die nicht auf ein alles umfassendes Schema reduziert werden kann. Dabei spielt die Idee einer strukturellen, aber nicht unmittelbaren Verbindung zwischen Metaphysik und Politik eine wichtige Rolle. Diese Beobachtungen sind bedeutsam, um das Thema der Ekklesiologie zu betrachten. Im Unterschied zu der religion du coeur von Pascal, kommt Leibniz zu einer engen Verbindung zwischen Religion und Philosophie. Das Leibnizsche Motto ist pro voluntate ratio: auch Gott kann die Regeln der Geometrie nicht verändern. Es ist zu betonen, dass die Theologie bei Leibniz eine rationale Begründung besitzt. Die Vernunft wird von Leibniz nicht in einer nominalistischen Bedeutung, sondern in ihrem Zusammenhang mit der Wahrheit entwickelt. Leibniz unterlegt die theologischen Fragen mit einer philosophischen Begründung: Le vray Dieu est tousjours le même; la Religion naturelle même demande qu’il soit essentiellement bon et sage, autant que puissant […]“5. „M. Le Clerc a raison de traduire Logos plustost Ratio que Verbum6.
Hierbei wird eine Ambivalenz in der Leibnizschen Position deutlich. Einerseits kann man Leibniz als den letzten christlichen Klassiker der Philosophie (und in den Essais de Théodicée, als eine Art Rechtsanwalt Gottes) betrachten7, andererseits beginnt bei ihm ein Prozess, der in der Aufklärung münden wird. Man könnte Paul Hazards Diktum von der ‚crise de la conscience européenne‘, benutzen,
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Vgl. Basso: „Kirche als ‚res publica‘“, S. 215–225. Vgl. Ders.: Individuo e comunità nella filosofia politica di G. W. Leibniz, Soveria Mannelli 2005; Ders.: „The Republic in Leibniz: Between Philosophy and Politics“, in: Ders. (Hrsg.): Republic and Common Good in Leibniz’ Political Thought (= Studia Leibnitiana 1), Stuttgart 2012, S. 103–121. Essais de Théodicée, II, § 177; GP VI, 220. G. W. Leibniz an Thomas Burnett, 11. / 21. Juni 1695; A I, 11, 516. Vgl. W. Fritzemeyer: Christenheit und Europa. Zur Geschichte des europäischen Gemeinschaftsgefühls von Dante bis Leibniz, München und Berlin 1931, S. 136–165; P. Nitschke: „Gottfried Wilhelm Leibniz. Die Einheit in der Vielfalt: Zur Politologie der Staatenwelt“, in: J. Bellers (Hrsg.): Klassische Staatsentwürfe: außenpolitisches Denken von Aristoteles bis heute, Darmstadt 1996, S. 89–110, insbes. S. 107f.
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um diese ‚barocke‘ Koexistenz von ‚Altem‘ und ‚Neuem‘ zu beschreiben8. Auf jeden Fall wird die Religion immer mehr ‚rationalisiert‘ und ‚philosophiert‘. Entscheidend sind die ‚normae‘, das heißt die Regeln der Vernunft: nur ihre Anwendung können langen Debatten zu einem Ende verhelfen. Aussi n’y en at – il point à qvi le genre humain puisse avoir plus d’obligation. Car c’est icy le grand organe de la raison, et la raison est nostre tout, même en matiere de pieté; car il n’est de si raisonnable qve la vraye religion9.
Die Vernunft ist unser Alles, selbst in Sachen des Glaubens. Leibniz legt auf der Basis seiner Perspektive eine enge Verbindung von Theologie, Philosophie und Naturrecht nahe. Nach Leibniz ist Gott Urheber des Naturrechts, aber nicht durch seinen Willen, sondern aufgrund seines Wesens, aufgrund dessen er auch Urheber der Wahrheit ist. Das Naturrecht sei gültig, auch wenn Gott nicht existierte. Das Verhältnis von Theologie und Naturrecht hat aber eine vernünftige und wahrheitsgemäße Basis. Es handelt sich um einen Parallelismus zwischen der Lehre von natürlichem Gesetz und Gottesbegriff, aber, wie eine Stelle der Essais de Théodicée zeigt, in Bezug auf die Vernunft: „[…] l’empire de Dieu, l’empire du sage, c'est celuy de la raison“10. Das Element der Gerechtigkeit ist für Gott und die Menschen dasselbe. Nur handelt Gott in einem höchsten Grade vollkommen gerecht, während die menschliche Gerechtigkeit sich mit Ungerechtigkeiten vermischt. Deshalb ist den Menschen zwar nicht der Begriff der Gerechtigkeit unbekannt, wohl aber bleiben ihnen die einzelnen Gründe des gerechten Handelns Gottes zum Teil verborgen. Das gerechte Recht konstituiert den Ausdruck ewiger Vernunftwahrheiten. Für Leibniz besteht, im Gegensatz zu Hobbes, ein enges Verhältnis zwischen Theologie und Naturrecht. Es handelt sich um die jurisprudentia universalis, die sich nicht auf die juristische Ebene stricto sensu reduzieren lässt. Die dritte und höchste Stufe des Naturrechts ist die pietas oder die justitia universalis, die alle Menschen betrifft11. Gemäß der Verbindung der Naturrechtsidee mit dem Gerechtigkeitsprinzip umfasste die Jurisprudentia universalis für Leibniz in gleicher Weise auch die Lehre der göttlichen Gerechtig8 9
Vgl. P. Hazard: La crise de la conscience européenne: 1680–1715, Paris 1961. Leibniz’ Konzept eines Schreibens an Herzog Johann Friedrich, 8. April 1679; A I, 2, N. 127, 156. 10 Essais de Théodicée, III, § 327; GP VI, 310. 11 Zur allgemeinen Gerechtigkeit: G. Grua: La justice humaine selon Leibniz, Paris 1956, insbes. S. 125–144: „Est juste ce qui est utile au public, c’est-à-dire à tous les habitants de la Cité de Dieu ou république de l’univers“, S. 130. Vgl. E. Ruck: Die Leibniz’sche Staatsidee: aus den Quellen dargestellt, Tübingen 11909, 1969, insbes. S. 18f.; K. Herrmann: Das Staatsdenken bei Leibniz, Bonn 1958, S. 47f.; E. Wolf: „Leibniz als Rechtsphilosoph“, in: C. Haase und W. Totok (Hrsg.): Leibniz. Sein Leben, sein Wirken, seine Welt, Hannover 1966, S. 465–488, insbes. S. 472f.; H.-P. Schneider: Justitia universalis. Quellenstudien zur Geschichte des „Christlichen Naturrechts“ bei Leibniz, Frankfurt am Main 1967; R. J. Mulvaney: „The Early Development of Leibniz’s Concept of Justice“, in: Journal of the History of Ideas 29 (1968), S. 53–72; D. J. den Uyl: „Science and Justice in Leibniz’s Political Thought“, in: The New Scholasticism 3 (1978), S. 281–292; P. Riley: Leibniz’ Universal Jurisprudence. Justice as the Charity of Wise, Cambridge 1996.
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keit (Théodicée). In diesem Kontext kann Leibniz behaupten, dass sogar die Theologie als eine Art göttlicher Rechtswissenschaft zum Rahmen der Jurisprudentia universalis gehört. In diesem Kontext ist es zu bemerken, dass die Verbindung zwischen der von Gott regierten respublica universalis, in der die Gerechtigkeit und das Gemeinwohl sich im höchsten Grad realisieren, und jeder politischen Republik offengelassen wird. Dies führt jedoch zu keinem Dualismus zwischen der irdischen und der himmlischen Dimension (im Unterschied zur augustinischen Konzeption der zwei civitates), weil das Universum eine Einheit konstituiert, die durch das Gesetz der Kontinuität charakterisiert wird. Im continuum ist ein progressus in infinitum zwischen jeder einzelnen Republik und der respublica universalis vorhanden. Die respublica christiana zielt auf die respublica universalis, deren Monarch Gott ist, aber das erwähnte Vorbild kann nicht im irdischen Horizont, mit seiner Endlichkeit, verwirklicht werden. Nach der Leibnizschen Perspektive bildet die „Kirche Gottes, die „[…] Sechste natürliche Gemeinschafft, […] welche auch wohl ohne offenbahrung unter denen Menschen bestehen und durch fromme und heilige hätte erhalten und fortgepflanzet werden können; ihr absehen ist eine ewige glückseeligkeit. Und ist kein Wunder, daß ich sie eine Natürliche Gesellschafft nenne, maßen ja auch eine Natürliche Religion und begierde der unsterbligkeit uns eingepflanzet. Diese Gemeinschafft der Heiligen ist catholisch oder allgemein, und verbindet das ganze Menschliche Geschlecht zusammen. Kommet nun offenbahrung dazu, wird das vorige band nicht zerrißen sondern verstärcket12.
Im Rahmen dieser Jurisprudentia universalis entwickelte sich also die Leibnizsche Naturrechtslehre in zweierlei Gestalt: als Rechtsmetaphysik, sofern Leibniz das jus naturale als göttliches Gesetz im Universum konzipierte, und als Rechtsethik, soweit er das jus naturale auf die göttliche Gerechtigkeit in der Liebe bezog. „La veritable politique consiste dans la justice et dans la charité […]“13. Oft wird das Verhältnis zwischen dem Gemeinwohl, der Gottesliebe und der Ehre Gottes betont: […] la veritable pieté, et même la veritable felicité, consiste dans l’amour de Dieu, mais dans un amour éclairé […] On dirige toutes ses intentions au bien commun, qui n’est point different de la gloire de Dieu14.
Das bonum commune besteht in der theologischen Dimension15: es kommt gemäß dem Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis zur Nächstenliebe. So betrifft 12 Divisio societatum, 1680; A IV, 3, 910f. Vgl. Y. Belaval: „Religion et fondement du droit chez Leibniz“, in: Archives de Philosophie du droit 18 (1973), S. 85–92; H. Rudolph: „The Authority of the Bible and the Authority of Reason in Leibniz’s Ecumenical Argument“, in: M. Dascal (Hrsg.): Leibniz: What Kind of Rationalist?, Dordrecht 2008, S. 441–447. 13 Leibniz für Eberhard von Danckelmann. Vorschlag zur Errichtung einer Akademie der Wissenschaften und Künste, Januar 1695; A I, 11, 166. Zur ‚wahren Politik’ vgl. E. Naërt: La pensée politique de Leibniz, Paris 1964, S. 34f.; W. Schneiders: „Vera politica. Grundlagen der Politiktheorie bei Leibniz“, in: F. Kaulbach und W. Krawietz (Hrsg.): Recht und Gesellschaft. Festschrift für Helmut Schelsky zum 65. Geburtstag, Berlin 1978, S. 589–604. 14 Essais de Théodicée, Preface; GP VI, 27.
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die caritas alle Individuen und ist jenseits der Kirchenspaltungen angesiedelt. Nach Leibniz kann der Glaube nicht von der Nächstenliebe mit ihrem Universalismus getrennt werden. Der Bezug auf die allgemeine Gerechtigkeit und auf die Nächstenliebe konstituiert die Negation jeder schismatischen Position: L’essence de la catholicité n’est pas de communier extérieurement avec Rome […] La communion vraie et essentielle, qui fait que nous sommes du corps de Jésus-Christ, est la charité. Tous ceux qui entretiennent le schisme par leur faute, en mettant des obstacles à la réconciliation, contraires à la charité, sont véritablement des schismatiques […]16.
Das Wesen der ‚catholicité‘ besteht nicht aus dem ‚communier extérieurement avec Rome‘, sondern aus der ‚charité‘. Leibniz war katholikós, aber nicht im Sinne des Katholizismus im Gegensatz zum Protestantismus, sondern nach der ursprünglichen griechischen Bedeutung von katholikós als ‚allgemein‘. In der Tat konnten die Katholiken auf keinen Fall akzeptieren, dass das ‚communier extérieurement avec Rome‘ in Frage gestellt wird. Leibniz schreibt an M.me de Brinon: Vous avés raison de dire que, de la maniere que nous nous y prenons, il semble, que les catholiques deviendroient aussi tost protestans, que les protestans deviendroient Catholiques. C’est ce que nous pretendons aussi […] Il y a long temps que j’ay dit que, lorsqu’on aura fait tous les protestans catholiques, on trouvera que les catholiques seront devenus protestans17.
Von 1669 an beginnt er den Plan eines Werkes Demontrationes Catholicae, der als Basis für irenische Versuche dienen sollte. Leibniz hat diesen Plan nie aufgegeben, er hat vielmehr sein ganzes Lebenswerk dessen Realisierung gewidmet18. Schon vorher (1667) hatte Leibniz dieses Problem beschäftigt: in der Nova Methodus etwa werden mehrere ‚irenische‘ Autoren (z. B. Erasmus, Melanchton, Cassander, Grotius, Comenius[…]) erwähnt und positiv beurteilt. Einen besonders starken Einfluss übten Georg Calixt und die Helmstedt Schule mit ihrem ‚moderaten‘ Protestantismus im Allgemeinen auf Leibniz aus. Obwohl es also bei Leibniz mehrere Berührungspunkte mit Calixt gab, ist doch ein wichtiger Unterschied vorhanden. Calixt behandelte die Geschichte der Kirche. Dagegen formulierte Leibniz eine philosophische Frage. Außerdem findet sich bei Leibniz ein Synkretismus von unterschiedlichen irenischen Positionen. Leibnizʼ Reunionsbestrebungen sind nicht ohne die irenische Philosophie des 17. Jahrhunderts denkbar. In dieser Weise führte Leibniz zu einer ‚Relativierung‘ der Frage der Zugehörigkeit einer Konfession in Richtung einer rationalen und antidogmatischen Konzeption. 15 Zum Gemeinwohl: A. Heinekamp: „Leibniz und das Glück“, in: L. Berthold (Hrsg.): Zur Architektonik der Vernunft, Berlin 1990, S. 392–417, 409; H. H. Holz: „Leibniz und das ‘commune bonum’“, in: Leibniz und Europa. Kolloquium der Leibniz-Sozietät zum Leibniztag 1996. Sitzungsberichte der Leibniz-Societät, Bd. 13, Velten 1996, S. 5–25; P. Riley: „Leibniz and the Idea of the Common Good“, in: A. Andreu, J. Echeverrìa und C. Roldan (Hrsg.): Ciencia, tecnologia y bien comùn, Actas del congreso internacional – Universidad Politécnia de Valencia 21.–23. März 2001, Valencia 2002, S. 355–364. 16 G. W. Leibniz an Marie de Brinon, 16. Juli 1691; A I, 6, 235. 17 G. W. Leibniz an Marie de Brinon, September 1693; A I, 9, 187. 18 Vgl. Schepers: „Demonstrationes Catholicae“ (wie Anm. 2).
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Nach Leibniz kann der Glaube nicht von der Vernunft getrennt werden, und deswegen ist die caritas untrennbar mit der ratio verknüpft, als dem Kennzeichen aller Menschen. Wie bemerkt, soll bei Leibniz der ‚Katholizismus‘ nicht im Sinne einer Konfession (das heißt, der katholischen Konfession) gegen die anderen (das heißt, die protestantischen Konfessionen), sondern in der ursprünglichen, griechischen Bedeutung des katholikós als allgemein, als Einigungsversuch zwischen allen vernünftigen Menschen angesehen werden. In Leibniz et l’organisation religieuse de la terre schreibt Jean Baruzi: Leibniz […] travallait d’accord avec l’Europe protestante, quand il voulait unir, non seulement l’Eglise romaine e les Protestants, mais aussi les Protestants entre eux19.
In der Tat ist das Adjektiv irenicum am Ende des 16. Jahrhunderts aufgekommen, einerseits in Bezug auf eine Wiedervereinigung der Protestanten mit den Katholiken, andererseits in der Richtung einer Vereinigung der Protestanten untereinander20. Die Leibnizsche Irenik hat ihre Wurzeln in einer dynamischen und universalistischen Metaphysik. Die Union konstituiert kein Zusammenfließen: vielfältige und dynamische Formen der Einigung sind vorhanden. Zum Verständnis des Problems ist besonders der Briefwechsel zwischen Leibniz und Bossuet relevant. In Bezug auf diesen Briefwechsel betont Emilienne Naërt: Est vraiment une et universelle, l’Eglise invisible fondée, non sur la communauté des rites, non pas même sur l’identité des formules de foi, mais sur l’union des esprits dans la charité21.
Zur Interpretation der Kategorie der allgemeinen Kirche ist der Bezug auf die Nächstenliebe entscheidend und nicht eine dogmatische Position. Leibniz sagt: La guerre Theologienne entre les Pietistes et Antipietistes dure tousjours et ne sert point à l’accroissement de la pieté […] Il faut attaquer les vices, sans marquer trop d’animosité contre les personnes. Il me semble qu’on pourroit travailler à la propagation de la verité et de la pieté avec une douceur digne d’une veritable charité, au lieu que l’esprit sectaire et schismatique de ceux qui dechainent contre les abus semble marquer qu’il y a un peu d’ambition dans leur fait22.
Wie aus dem Briefwechsel zwischen Bossuet und Leibniz ersichtlich, spricht der Katholik Bossuet von einer sichtbaren Kirche, während der Protestant Leibniz von
19 J. Baruzi: Leibniz et l’organisation religieuse de la terre, Aalen 1907 und 1975, S. 352. Vgl. J. de Salas: „Jean Baruzi’s Ecumenical Vision of Leibniz“, in: Leibniz und die Ökumene, S. 275–290, hier S. 288: „Leibniz had in mind the ideal of a new situation for both Catholics and Protestants, which would overcome the division that the reform had introduced […]. In so doing he is pointing toward a form of natural religion which at the same time in no case ignores the importance of ritual and dogma and therefore does not attempt to transcend the everyday life of the believer“. 20 Vgl. C. Rösler: „‚Negotium irenicum‘ – Versuche eines innerprotestantischen Ausgleichs von G. W. Leibniz und D. E. Jablonski“, in: Ebd., S. 137–157. 21 Vgl. Naërt: La pensée, S. 89f. 22 G.W. Leibniz an Andreas Morell, 1. September 1699; A I, 17, 473f.
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einer unsichtbaren Kirche spricht23. Aber die Relevanz der Nächstenliebe bedeutet nicht, dass Leibniz sic et simpliciter eine ‚spiritualistische‘ Konzeption der Kirche vertreten hätte24. Zudem wird sein Bezug auf die ‚Geister‘ (esprits) nie von einer rationalen Basis getrennt und steht nicht im Gegensatz zu den Körpern. Auch konstituiert die Nächstenliebe eine Praxis im Sinne der Idee von theoria cum praxi. Nach Leibniz gibt es keine sichtbare allgemeine Kirche. Seiner Meinung nach sind nur besondere Kirchen vorhanden. Im Gegensatz dazu bildet die unsichtbare Kirche die Ecclesia universalis, die nicht auf die Liturgie (wie bei den Katholiken) sondern auf die Einheit der Geister durch die Nächstenliebe begründet ist. Die Einheit der Kirche ist latent vorhanden und braucht nur noch realisiert zu werden. Auch wenn Leibniz von der Unfehlbarkeit der Kirche spricht, so wird von Kiefl behauptet, dass „[…] die prinzipiellen Voraussetzungen des Leibniz mit der Unfehlbarkeit der Kirche unvereinbar“25 sind. Und nach dem Katholiken Jean Guitton gilt, Leibniz n’était pas un vrai conciliateur. Il faisait évanouir les differences des essences […] Leibniz, au contact de Bossuet, prit conscience de son attrait pour le caractère évolutif des dogmes. Irrité, il écrivait à Bossuet: ‚Il nous plait d’etre de cette Eglise toujours mouvante et toujours variable‘26.
Bossuet kritisiert die philosophische Begründung der Frage. Nach Leibniz ist bei Bossuet umgekehrt eine dogmatische, ‚anti-philosophische‘ Position vorhanden. Es gebe im Grunde keinen Glaubensartikel, so Leibniz, der absolut notwendig sei; es genüge die Voraussetzung, dass man Gott über alles liebe, und dieses Element sei in allen Religionen zu finden. Es geht um eine Reduktion aller Kontroversen auf den ‚amor Die‘: Es ist ohne Zweifel sehr viel leichter, die Dogmen zu verteidigen als die in der römischen Kirche gebräuchlichen Praktiken. Alle Dogmen erscheinen mir dort tolerabel, aber es gibt Praktiken, die es kaum sind27. Cultus non tam in ritibus, quam in animo consistit28.
So kommentiert Naërt:
23 Vgl. E. Ortigues: „Le débat oecuménique entre Leibniz et Bossuet“, in: D. Berlioz und F. Nef (Hrsg.): L’actualité de Leibniz: les deux labyrinthes (= Studia Leibnitiana, Supplementa 34), Stuttgart 1999, S. 223–233. 24 In dieser Hinsicht sind die Beobachtungen von H. Rudolph sehr aufschlussreich: H. Rudolph: „‚Res publica christiana‘ and ‚corpus mysticum‘: Some Remarks on their Meaning in the Political Thought of Leibniz“, in: Republic and Common, S. 24–35. 25 F. X. Kiefl: Leibniz und die religiöse Wiedervereinigung Deutschlands, München und Regensburg 21925, S. 103. 26 J. Guitton: „La pensée oecuménique de Leibniz“, in: K. Müller und W. Totok (Hrsg.): Akten des II. Internationalen Leibniz-Kongresses, Hannover 14.–19. November 1966 (= Studia Leibnitiana, Sonderheft Bd. 4), Wiesbaden 1969, S. 38–51, hier S. 45ff. 27 G. W. Leibniz an Ernst von Hessel-Rheinfels, 4. März 1684; A I, 4, 357. 28 G. W. Leibniz an Barthélemy Des Bosses, 18. August 1709, Beilage; GP II, 382.
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Luca Basso Si les hommes accédaient à la pureté de la philosophie étérnelle – couche originaire de la religion naturelle – alors s’évanoueraient les oppositions entre les sectes, les controverses théologiques […] Cette religion naturelle est seule premise à un authentique oecuménisme29.
Aus den erklärten Gründen ist die Frage der Ecclesia universalis mit dem Ziel der Nächstenliebe eng verbunden und es kommt zu einer engen Verbindung zwischen ratio, caritas und ecclesia universalis30. So kann die ecclesia universalis als Negation jedes Partikularismus angesehen werden. Die politische Relevanz der Frage der Kirche erscheint auch terminologisch in der Definition der Kirche als einer Republik: „Ecclesia universalis pro una Republica habenda est […]“31. Die allgemeine Kirche hat eine politische Struktur mit ihrer summa potestas, und bildet nicht eine multitudo dissoluta, sondern eine respublica sacra. Aber es könnte fragwürdig sein, die Kirche als respublica zu betrachten, weil das Wort respublica normalerweise im Zusammenhang mit politischen Gemeinschaften verwendet wird. Hier muss betont werden, dass der Begriff von respublica in der modernen Naturrechtslehre normalerweise den gesamten politischen Körper umfasst und dass sie deshalb auch die Monarchie einschließen kann. Auf jeden Fall – hier kann die Definition der ecclesia universalis als sacra respublica in Reunion der Kirchen angeführt werden – ist zu bemerken, dass die zwei Kennzeichen der Kirche communis spiritus und hierarchia sind32. Einerseits ist dieser Parallelismus zwischen den Figuren Papst und Monarch problematisch. Auf der anderen Seite wird die Frage komplexer, weil Leibniz eine protestantische Perspektive auf die Kirchenspaltung verteidigt. Leibniz’ Ziel besteht in einer Wiedervereinigung der Kirchen nach einer Art von concordia Sacerdotii et Imperii, die jedoch nicht als Idee einer Wiederherstellung der mittelalterlichen Situation zu verstehen ist. In den frühen Schriften von Leibniz (bis zum Caesarinus Fuerstenerius) ist noch ein starker mittelalterlicher Einfluss in seinem Denken bemerkbar, mit der Zeit entfernt sich die Leibnizsche Position aber von einer Restaurierung der Vergangenheit und bewegt sich in Richtung eines Versuches der ‚Balancierung‘ der Kräfte und einer Nicht-Gleichstellung zwischen Staat und Kirche: Mon sentiment a tousjours esté, que les droits de l’Eglise et de l’Etat ne se peuvent mieux separer, qu’en disant qu’on doit plustost obeir à Dieu qu’aux hommes, mais qu’on ne doit jamais rebeller contre les souverains, sous pretexte de l’interest de Dieu33.
29 E. Naërt: „L’idée de religion naturelle chez Leibniz“, in: Leibniz (1646–1716). Aspects de l’homme et de l‘oeuvre, hrsg. vom Centre International de Synthèse, Paris 1968, S. 97–104, hier S. 103. 30 Cogitationes de externae religionis professionis mutatione, 1686–1687; A IV, 3, 308. Vgl. G. Grua: Jurisprudence universelle et Théodicée selon Leibniz, Paris 1953, S. 374; P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche, München, Paderborn, Wien 1975, S. 5–51; S. Wollgast: Vergessene und Verkannte. Zur Philosophie und Geistesentwicklung in Deutschland zwischen Reformation und Frühaufklärung, Berlin 1993, S. 108–135. 31 Caesarini Fuerstenerii de Jure Suprematus ac Legationis Principum Germaniae, 1677; A IV, 2, 132. 32 Vgl. Reunion der Kirchen, 1683; A IV, 3, 287. 33 G. W. Leibniz an Daniel Larroque, Mai 1692; A I, 8, 272.
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Es finden sich aber auch andere Aspekte. Insgesamt scheint es, dass Leibniz die dogmatischen Unterschiede zwischen Katholiken und Protestanten (und auch zwischen Lutheranern und Reformierten) zu minimalisieren versucht. Im Vordergrund der Ökumene steht das Ziel, im Deutschen Reich ein Gleichgewicht als conditio sine qua non einer balance de l’Europe zu erreichen. Leibniz meinte die Einigung der christlichen Religionen sei die wesentliche Voraussetzung eines dauerhaften Friedens: Toute personne bien intentionné demeurera sans doute d’accord, qu’il n’y a rien de plus important pour la gloire de Dieu et pour le bien des hommes; pour la Chrestienté et pour la Patrie, que le rétablissement de l’unité de l’Eglise et la reconciliation des protestans, où l’Empire est intéressé particulierement34.
Es geht ihm um eine Art von Einheit in der Vielfalt in Europa, die durch ein föderalistisches System erreicht werden soll. Und nach dem Frieden von Ryswick (1697) treten diese ökumenischen Elemente in Leibniz’ Denken immer deutlicher hervor. Wie es in zahlreichen Texten betont wird, handelt es sich um den Versuch zu einer Wiedervereinigung zwischen den verschiedenen protestantischen Kirchen und der römischen Kirche zu kommen. Die Reunion der Kirchen bedeutet keine Restauratio der Situation vor der Reformation und, im Gegensatz zur katholischen Position, bleibt die Ecclesia universalis eine unsichtbare Kirche. Am Ende dieses Aufsatzes soll ein Blick auf die Frage nach den Konzilen und dem Papsttum geworfen werden. Nach Leibniz ist das Element des Konzils entscheidend. Leibniz behauptet auch unter Verwendung von juristischen Argumenten, dass die römische Kirche bestimmte Vereinbarungsverfahren etablieren sollte. Unter Bezug auf Molanus betont Leibniz, dass es prinzipiell noch möglich wäre, dem Tridentinischen Konzil eine ökumenische Weiterentwicklung zu geben. Obwohl die Idee eines allgemeinen Konzils auch im Gallikanismus Anhänger hatte, mochte Bossuet diesem Vorschlag nicht folgen. In der Tat dachten die Katholiken, ohne Rückkehr der Protestanten sei eine Einigung nicht möglich. Leibniz sagte dagegen: […] les Églises d’Italie ou de France n’ont aucun avantage sur celles d’Allemagne ou d’Angleterre, et n’ont aucune raison de se croire plus dans l’Église qu’elles35.
Denn die ökumenische Idee war eine protestantische Idee. Zugleich ist sie aber auch älter als die Reformation, war sie etwa schon auf dem Konzil von Konstanz wahrzunehmen. Sie besitzt außerdem einen klaren Bezug zur Confessio Augustana. In diesem Sinne ist das ökumenische Streben eng mit der konziliaristischen Idee verbunden, nach der das ökumenische Konzil, das die allgemeine Kirche repräsentiert, die höchste Autorität für den Glauben ist: „Concilium Episcoporum repraesentat Ecclesiam Catholicam“36. Leibniz‘ allgemeine Betrachtung der Kirche, mit deren Wurzel in der caritas, bedeutet allerdings nicht, dass für ihn jegli34 Ingrediens d’une Relation pour la Cour Imperiale (1700); A I, 19, 239. 35 Bemerkungen von Leibniz in einem Handexemplar, in: P. Pellisson-Fontanier an Marie de Brinon für Leibniz, Dezember 1690; A I, 6, 147. 36 Demonstrationum Catholicarum Conspectus, 1668–1669(?); A VI, 1, 499.
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che Ordnungsstrukturen verloren gingen. Bei Leibniz besitzt der Papst als ‚vicarius Christi‘ eine Art von Suprematie (die episcopi dürfen nicht kontinuierlich ein Konzil einberufen), aber keine juristische Macht, die unabhängig vom Konzil ist. So wird die Rolle des Papstes anders als bei Katholiken wie etwa Bossuet konzipiert. Einerseits sollen die Protestanten die Autorität des Papstes anerkennen, andererseits soll der Papst die Protestanten annehmen: in dieser Perspektive spielen die Bischöfe eine sehr wichtige Rolle. Angedacht wird eine Art von ‚Kirche der Kirchen‘, im Sinne der Aufhebung der religiösen Kontroversen und Spaltungen. Die Leibnizsche Position konnte aber weder von den ‚orthodoxen‘ Protestanten noch von den Katholiken angenommen werden, weil sie als zu ‚katholisch‘ für die Protestanten und zu ‚protestantisch‘ für die Katholiken erschien. In der Epoche von Leibniz scheiterte das ökumenische Streben sowohl an den Widerständen der Kirchen als auch wegen der politischen Situation im Reich. In seiner Eloge scheint Bernard de Fontenelle Leibniz sogar als eine Art von Rechtsanwalt der Kirche beschreiben. Aber Fontenelle konnte nicht erklären, als welchen Anwalt welcher Kirche er Leibniz sah.
UMSTRITTENE EKKLESIOLOGIE. THEOLOGISCHE TRADITIONEN IN LEIBNIZʼ KONZEPTION VON KIRCHE, PAPST UND KONZIL Von Klaus Unterburger (Regensburg) Leibniz hat fast sein gesamtes Leben für die Wiedervereinigung der christlichen Kirchen gearbeitet. Wir wissen heute, dass diese Beschäftigung mit Theologie und Kirche nicht nur ein sekundäres, ungeliebtes Nebenprodukt der praktischpolitischen Tätigkeit eines großen Philosophen ist, sondern eines der zentralen Anliegen seines Lebens1. Zentralste metaphysische Einsichten Leibnizʼ verdanken sich seinem Streben seit der Mainzer Zeit, die Mysterien des christlichen Glaubens gegen Angriffe zu verteidigen. Vor allem die Verteidigung der Trinitätslehre und die antimechanistischen Implikationen, die sich in seinen Augen aus der Abendmahlslehre ergeben, wirkten in zentralen Feldern seiner Philosophie einsichtsgenerierend2. So kann Walter Sparn zusammenfassend konstatieren: Die im engeren Sinne theologische Charakterisierung Leibnizʼ hat ein klares Recht in dem Tatbestand, dass er sich zeitlebens ausdrücklich auf die positive christliche Religion bezogen hat, d. h. auf den Glauben, auf die Kirche und auf die geoffenbarte Theologie3.
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Dieses Problem habe, so Hartmut Rudolph, „[…] einen bedeutenden Teil der Schaffenskraft einer der größten Gestalten der Frühaufklärung in Deutschland gebunden, und zwar von Jugend an bis in die letzten Lebensjahre. […] Man könnte versucht sein, […] von einer regelrechten Obsession zu sprechen“. H. Rudolph: „Leibnizʼ Bemühungen um eine Reunion der Kirchen“, in: H. Otte und R. Schenk (Hrsg.): Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Rojas y Spinola – Molan – Leibniz (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens, 37), Göttingen 1999, S. 156–172, hier S. 158; vgl. auch: Ders.: „Bemerkungen zu Leibnizʼ Reunionskonzept“, in: H. Durchardt und G. May (Hrsg.): Union-KonversionToleranz. Dimensionen der Annäherung zwischen den christlichen Konfessionen im 17. und 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 50), Mainz 2000, S. 227–242, hier S. 227. U. Goldenbaum: „Ein Lutheraner am katholischen Kurmainzischen Hof“, in: W. Li, H. Poser und H. Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 41), Stuttgart 2013, S. 17–32. W. Sparn: „Gottfried Wilhelm Leibniz. Lehre und Wirkung. 4 Theologie“, in: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 4: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation, Schweiz, Nord- und Osteuropa, Basel 2001, S. 1079–1090, hier S. 1080.
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Wie seinen vielfältigen theologischen Entwürfen und Exzerpten insgesamt ist auch seiner Ekklesiologie noch immer nicht jene umfassende verstehende Aufmerksamkeit zu Teil geworden, die sie verdient. Dabei hatte Paul Eisenkopf in seiner grundlegenden Studie zu Leibniz und der Einigung der Kirchen gezeigt, dass der eigentliche Grund für das Scheitern der Unionen auf dem Gebiet der Ekklesiologie zu suchen sei4. Tatsächlich hatte Leibniz noch 1694 gegenüber Bischof Cristóbal de Rojas y Spinola (ca. 1626–1695) die These aufgestellt, dass er als Fundament des ganzen Unternehmens des Religionsvergleichs die wahre Doktrin von der katholischen Kirche halte5. Doch gerade hier sind zentrale Knotenpunkte und Argumentationsstrukturen bislang nur unzureichend durchdrungen: So ist es fraglich, ob man bei ihm wirklich ohne weiteres von einer „[…] naturrechtlichen Revision der traditionellen Theologie […]“ sprechen kann6. Denn so sehr die Philosophie mit ihren Methoden für ihn und seine Argumentation in den Reunionsbemühungen zentral war7, so wichtig waren stets auch positivhistorische Argumente, war das Christentum doch eine Offenbarungsreligion. Ja, das Zueinander von philosophischer und positiv-theologischer Argumentation ist gerade eines der zentralen, noch nicht umfassend geklärten Probleme für die Forschung. Vor allem drei Thesen sind hier im Wesentlichen vertreten worden: 1. Sein Kirchenbegriff sei letztlich a priori aus seiner philosophischen Position ableitbar, sei in Theologie gekleidete Philosophie8. 2. Im Kirchenbegriff Leibnizʼ ringen positive Offenbarungsgläubigkeit mit einer frühaufgeklärten, im letzten unchristlichen Philosophie9. 4 5 6 7
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P. Eisenkopf: Leibniz und die Einigung der Christenheit. Überlegungen zur Reunion der evangelischen und katholischen Kirche (= Beiträge zur ökumenischen Theologie 11), München 1975, S. 222. „Puto autem totius Negotii fundamentum esse veram doctrinam de Ecclesia Catholica“. Judicium Doctoris Catholici, A I, 10, 156–169, hier 158, Z. 21f. Sparn: „Gottfried Wilhelm Leibniz“, S. 1082. „Wie hier standen für Leibniz die Vernunftgründe (‚rationes‘) an erster Stelle, Beispiele und Autoritäten aus der Kirchen- und Theologiegeschichte konnten zu ihrer Unterstützung hinzutreten, ihnen räumte er jedoch nie die Hauptrolle ein“. St. Waldhoff: „Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen in Leibnizʼ ökumenischen Schriften“, in: Leibniz und die Ökumene, S. 95–135, hier S. 134. „Der ordo-Gedanke weist uns jedoch darauf, daß die von der Aussage ecclesia = res publica abgeleitete Argumentation in der Papstfrage bei Leibniz nicht bloß in seiner politischen Philosophie, sondern letztlich in der Metaphysik gründet“. H. Rudolph: „Kirchenbegriff und päpstlicher Primat bei Leibniz“, in: H. Breger und Friedrich Niewöhner (Hrsg.): Leibniz und Niedersachsen (= Studia Leibnitiana Sonderhefte 28), Stuttgart 1999, S. 76–86, hier S. 86. – Beide Aufsätze sind für die zu behandelnde Thematik grundlegend. E. Herbrich: „Die Leibnizische Unionspolitik im Lichte seiner Metaphysik“, in: Salzburger Jahrbuch für Philosophie und Psychologie 3 (1959), S. 113–136. „Der Mann, welcher mit einem verborgenen Schatz christlicher Gesinnung an den Hof Johann Friedrichs kam, gelangte in der unheilvollen religiösen Atmosphäre bald unbewußt zu einem radikalen Abfall vom positiven Christentum und ist der eigentliche Vater jener fürstlichen Aufklärung, welche in der Philosophie Friedrichs des Großen ihre klassische Verkörperung fand. So ist es in der Tat das tiefste Geheimnis der großen Verhandlungen, daß hier nicht eigentlich Leibniz und Bossuet […] miteinander gekämpft hatten […], [sondern] Auktorität
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3. Der philosophische Anteil habe ihn umgekehrt zu katholisierenden Positionen geführt, die dann sukzessive durch historische Erkenntnisse aber korrigiert wurden10. Fundamentale Fragen der Deutung der im Nachlass überlieferten theologischen Schriften hängen mit diesem Problem zusammen. Wenn Leibniz die katholische Lehre entfaltet und sich als katholisch bezeichnet, andererseits sich weigert, zur katholischen Kirche zu konvertieren11, wie lässt sich dies vereinbaren. Natürlich ist klar, dass er einen vorkonfessionellen, weiten Begriff von Katholizität für sich beansprucht. Dennoch sind offenbar etwa im Examen religionis christianae zentrale Stücke des Glaubens eher pro-katholisch im konfessionellen Sinn erklärt, was Anlass gegeben hat, ihn als Kryptokatholiken zu bezeichnen12. Ist dies durch eine Art Rollenwechsel zu verstehen, in dem Leibniz die Sichtweise des anderen einnimmt und sich so gleichsam in die Sicht seines katholischen Gesprächspartners versetzt, wenn er diese Schrift verfasst13? Wollte er nur eine günstige Auslegung des katholischen Glaubens herausarbeiten, mit der er als Protestant dann verhandeln konnte14? Oder aber war Leibniz im wesentlichen Katholik, wenn auch nicht im nachtridentinisch konfessionellen Sinn, lebte diesen katholischen Glauben aber
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und Vernunft in Glaubenssachen“. F. X. Kiefl: Der Friedensplan des Leibniz zur Wiedervereinigung der getrennten christlichen Kirchen. Aus seinen Verhandlungen mit dem Hofe Ludwigs XIV., Leopolds I. und Peters des Grossen, Paderborn 21903, [Vorwort 5]. „Was wir gleich Eingangs dieses Kapitels von dem doppelten Standpunkte des Leibniz als Juristen und als Historiker bemerkt haben, das gilt ganz besonders von seinen Ansichten über die kirchliche Verfassung. So lange er nur in streng juridischem Sinne den praktischen, festgegliederten Mechanismus der gesammten Hierarchie ins Auge faßte, hielt er es für möglich, wenn auch nicht für nöthig, die ganze Verfassung der römischen Kirche mit der Gliederung der verschiedenen Gewalten als göttliches Recht anzuerkennen“. A. Pichler: Die Theologie des Leibniz aus sämtlichen gedruckten und vielen noch ungedruckten Quellen, Teil II, München 1870, S. 65; „Völlig mit sich ins Reine kam er, wie es scheint, erst in den letzten zwanzig Jahren seines Lebens. Erst ein gründliches und umfassendes Studium der Kirchengeschichte Deutschlands hat ihn zu einer vollkommen klaren und bestimmten Ansicht über Begriff und Wesen der Kirche, die dem jüngeren, vorherrschend mit Jurisprudenz und Mathematik beschäftigten Gelehrten zu gewinnen erschwert war, gebracht“. Ebd., S. 6. Vgl. auch ebd., S. 11, S. 89f. und S. 115. G. W. Leibniz an Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels, 1. Januar 1684, A I, 4, 319–322, Nr. 285, hier 320; ders. an dens., Anfang April 1684, A II, 1, 539–541, Nr. 246; ders. an dens., 8. Mai 1685, A I, 4, 366f., Nr. 313 u.ö. Leibnitzens System der Theologie, nach dem Manuskripte von Hannover (den lateinischen Text zur Seite) ins Deutsche übersetzt von A. Räß und N. Weis, mit einer Vorrede von L. Doller, Mainz 31825. „Dieser methodische Standpunkt des Denkers Leibniz war der Standpunkt des Anderen – ‚la place d’autruy‘. In der Mitte der 1680er Jahre hat Leibnit im ‚Examen religionis christianae‘ (traditionell als Systema theologicum bekannt) sowie in einer ganzen Reihe von vorangehenden und begleitenden Skizzen und Ausarbeitungen den Platz eines konfessionell Anderen, nämlich den eines moderaten Katholiken eingenommen, um aus dieser Perspektive zu erkunden, was für die Gegenseite im ökumenischen Gespräch möglich sei“. St. Waldhoff: „Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen“, S. 113f. – Eine ähnliche Sicht vertrat etwa auch A. Pichler: Die Theologie, S. 11f. Kiefl: Der Friedensplan, S. 237–240.
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seiner Meinung nach ungeschmälerter in einem protestantischen Territorium? Schließlich erklärte er ja, dass das Prinzip des Katholiken ganz einfach in der Überzeugung bestehe, die universale Kirche werde vom Hl. Geist geleitet, so dass es keinen gerechten Grund gebe, sich von ihr zu trennen; vielmehr ist jeder Christ katholisch, der den guten und rechten Willen hat, in der katholischen Kirche zu sein, auch wenn er bestimmte Lehren oder Bräuche der konkreten katholischen Kirche nicht annimmt15. Daran schließt sich dann auch noch die Frage an, ob Leibniz eine derartige Position beibehalten oder später revidiert hat. Der immer weitgehender erschlossene Nachlass hält zur Beantwortung dieser Fragen ein sehr viel reicheres Material bereit, als es Generationen von früheren Forschern zur Verfügung stand. Eine umfassende Auswertung kann hier natürlich nicht geleistet werden. Immerhin soll aber an zentralen Elementen seine Deutung von Kirchenverfassung und Jurisdiktion auf der einen, heilsnotwendigem Glauben auf der anderen Seite skizziert werden. Beide Bereiche folgen unterschiedlichen Logiken; mit diesen ist das Problem des Verhältnisses von Faktizität und Autorität auf der einen, Apodiktizität und Einsicht auf der anderen Seite verbunden. Während sich die Kirchenverfassung historisch ausbilden konnte und musste, ist der Glaube stets derselbe. Eine ganz spezifische Sicht auf die Theologiegeschichte liegt dieser Konzeption des Leibniz zu Grunde, eine katholische, aber, so wird zu zeigen sein, eine alt-, keine neukatholische Sichtweise16. KIRCHENVERFASSUNG UND AUTORITATIVER GEHORSAMSANSPRUCH Für Leibniz reicht die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Kirche in seine frühe Zeit zurück, als er sich vor allem mit verfassungsrechtlichen Fragen auseinander setzte. Als Jurist sah er so vor allem die Analogien zwischen dem „kirchlichen und dem zivilen Zusammenleben“, die Kirche also in Entsprechung zum Staat17. Beide integrieren eine Vielheit zur Einheit. In seiner frühen unter dem Pseudonym Caesarinus Fürstenerius verfassten staatstheoretischen Schrift führte er aus, dass eine Vielheit von Territorien nur mit einer einzigen obersten Instanz an der Spitze ein geordnetes Gemeinwesen sein könne; ohne eine solche oberste Instanz herrsche Chaos18. Der Kaiser an der Spitze des „imperium Christianum“ korrespondiere so dem Papst, dem der Primat in kirchlichen Dingen zukomme 15 „Principium Catholicorum, ut paucis dicam in hoc uno consistit, Ecclesiam Universalem ita DEI spiritu regi, ut nulla justa causa sit ab ejus communione discendi“. De schismata, A IV, 3, 234–259, Nr. 18, hier 238, Z. 1f.; De unitate ecclesiae, A IV, 3, 220–224, Nr. 16, hier 222, 8–25. 1677 Vgl. auch: Quid sit esse aut non esse in Ecclesia Romana, A VI, 4 C, 2168–2174, Nr. 390. 16 Zum Begriff: R. Sohm: Das altkatholische Kirchenrecht und das Dekret Gratiani, München und Leipzig 1918. 17 R. M. Lehmann: Die Transformation des Kirchenbegriffs in der Frühaufklärung (= Jus ecclesiasticum 106), Tübingen 2013, S. 108. 18 Caesarinus Fürstenerius, A IV, 2, 58, Z. 15–20.
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und zukommen müsse19. Es entspreche also den Erfordernissen des Gemeinwohls, dass die Kirche von einer einheitlichen, päpstlichen Instanz, der der Jurisdiktionsprimat zukomme, geleitet werde. Die ganze Kirche müsse wie eine „Respublica“ angesehen werden mit dem Papst als geistlichem Stellvertreter Gottes auf Erden und dem Kaiser als weltlichem20. Fraglich sei es lediglich, ob der Papst tatsächlich Fürsten und weltliche Herrscher absetzen könne21. Schon in seiner Mainzer Zeit bekannte sich Leibniz zur ‚katholischen Kirche‘. In den Demonstrationes catholicae zeigt er, dass diese notwendigerweise einen Papst an der Spitze haben muss. Zwar repräsentiere das Konzil der Bischöfe die katholische Kirche. Es müsse aber eine Instanz geben, die dieses Konzil zusammenruft und leitet und dies sei der römische Papst22. Die Kirche habe die Bindeund Lösegewalt; sie habe also die höchste Gewalt („summa potestas“) und sei deshalb selbst eine bürgerliche Person mit einem Willen. Damit dieser Wille aber ein einziger sein könne, brauche sie eine oberste Instanz, die eindeutig entscheidet und Recht spricht, den Papst23. Zu beachten ist, dass die oberste Gewalt des Papstes freilich eine „praesumtive“ sei; bei Rechtsentscheidungen ist Gehorsam zu leisten. Es wird aber zu zeigen sein, dass sie faktisch das Konzil und die Gesamtkirche repräsentiert und an deren Glauben eine Grenze findet. In einem Schreiben an den Konvertiten Ernst von Hessen-Rheinfels vom 4. März 1685 behandelt Leibniz an mehreren Punkten die Lehre vom päpstlichen Primat. Auch hier stellte Leibniz klar, dass man dem Papst in geistlichen Angelegenheiten gehorchen müsse, mehr noch als den Fürsten in weltlichen Dingen24. Die Frage, ob der Primat iure divino sei, könne letztlich dahingestellt bleiben. Denn es reiche ja für die Verbindlichkeit des Gehorsamsanspruchs des Papstes, wenn die kirchliche Hierarchie grundsätzlich von Gott gewollt sei, die dann eben faktisch eine ganz bestimmte Form angenommen habe25. Eine andere Unterschei19 „[…] maior autoritas contineat, quae in Ecclesia universali sive sacro Imperio et Capitibus ejus Caesare ac Pontifice legitimo et potestate recte utente quodammodo residere debet“. A IV, 2, 16, Z. 16ff. 20 Ebd. und A IV, 2, 126, Z. 26–127, Z. 2. 21 Ebd., 131, Z. 8–19. 22 „Ius convocandi Concilii et in eo proponendi habet Papa Romanus. Quod non solum congregatione eius in unum locum, sed et circummissione literarum Encyclicarum fieri potest. Seu Papa Romanus habet jus directorii“. Demonstrationum catholicarum conspectus, A VI, 1, 500, Z. 1ff. 23 „Papa Romanus habet in Mundo summam potestatem activam praesumtivam: seu est vicarius Christi; id sic confit: Ecclesiae data est summa potestas circa peccata, absolvendi et ligandi. Ergo Ecclesia Universalis habet summam potestatem activam. Quisquis habet summam potestatem est una persona civilis. Una persona civilis est, quae habet unam Voluntatem. Unam voluntatem habet qui potest facere conclusionem in omnem eventum. Nullius coetus voluntas certa esse potest, nisi sit qui proponat, sit jus sententiae dicendae“. Ebd., Z. 4–9. 24 „La question de l’autorité du Pape est tres important sans doute, et touche les principes des Catholiques. S’il m’estoit permis de dire mon sentiment, je croy, qu’on doit à ceux qui representent l’Eglise, tout autant d’obeissance et même plus dans les matieres directement ou indirectement spirituelles, qu’on en doit aux princes dans les matieres temporelles“. G. W. Leibniz an Ernst von Rheinfels, 4. März 1685, A I, 10, 355, Z. 15–19. 25 Ebd., Z. 20ff.
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dung ist hingegen zentral: Die Unterscheidung zwischen Jurisdiktionsprimat und Unfehlbarkeit, also zwischen Gehorsam und Glauben: Der Gehorsam gegenüber dem Papst ist vernünftig, denn Autorität sei aber etwas anderes als Infallibilität26. Zwar zweifle Leibniz an der Unfehlbarkeit der römischen Kirche in Glaubensfragen; ihre Autorität, die Rechtsgehorsam beanspruche, sei aber zu bejahen und könne ohne Sünde nicht abgelehnt werden27. In diesem Schreiben scheint hinter der ordentlichen Hierarchie mit ihrem ordentlichen Gehorsamsanspruch die Möglichkeit eines Notstands auf, näherhin in der Frage, ob nicht nach dem Beispiel der alten Kirche im Fall der Not jeder Christ die sakramentalen Vollzüge des Priesters ausüben könne, da es ja hier um das Seelenheil gehe28. Zur selben Zeit hatte Leibniz vielleicht den Höhepunkt zahlreicher theologischer Entwürfe, sein Examen religionis christianae, verfasst. In dieser Gesamtdarstellung des christlichen Glaubens geht er auch auf die Ämter in der Kirche ein. Priesteramt, Bischofsamt und Papstamt seien alle drei göttlichen Rechts. Dass eine Differenz zwischen Bischöfen und Priestern bereits von Jesus eingesetzt sei, möchte Leibniz annehmen. Doch auch das Papstamt habe dieser eingesetzt. Erneut der Beweis des Papstprimats aus dem einheitlichen Willen der respublica Kirche. Die Kirche sei, wie der Staat, eine moralische Person und müsse deshalb auch einen einzigen Willen haben. Deshalb stehe eine Person als Garant des einen Willens an der Spitze der Kirche, Petrus und seine Nachfolger. Er könne und müsse das Konzil zusammenrufen, das die Gesamtkirche repräsentiere, aber eben nicht zu allen Zeiten tagen könne. In allen Dingen, die dem Seelenheil nicht nachteilig sind, müsse man deshalb dem römischen Bischof gehorchen. Eine Differenz zwischen ordentlicher hierarchischer Kirchenverfassung und Notstandsrecht tut sich hier auf, ähnlich wie bei der Frage, ob im Notfall nicht auch jeder andere Christ (Laie) die Eucharistie feiern und die Weihen spenden könne. Auch wenn Leibniz diese Fragen hier nicht entscheidet, verweist er auf das Beispiel der alten Kirche und auf eine Dimension hinter der äußeren Hierarchie, die ihre Ämter in Sukzession durch Handauflegung weitergibt. Leibniz hat diesen Standpunkt auch später nicht verlassen. Dem Papst komme die oberste kirchenrechtliche Autorität zu. Welcher Anteil an der gegenwärtigen Papstgewalt iure divino und welcher lediglich iure mere humano bestehe, sei gar nicht wichtig, da der Gehorsamsanspruch so oder so verpflichte. 1694 verfasste Leibniz sein Judicium Doctoris Catholici als Beilage zu einem Schreiben an Bischof Rojas y Spinola29. Die wahre Lehre von der katholischen Kirche bezeichne26 „Au reste la clause de la profession de foy du Pape Pie IVme, de l’obessiance due au Pape me paroist fort raisonnable, car autre chose est l’autorité, et autre chose est l’infallibilité“. Ebd., 357, Z. 24ff. 27 „Et quoyque je doute de leur infallibilité, je ne doute point de leur autorité, et je croy qu’on ne sçauroit la mepriser sans peché“. Ebd., 355, Z. 19f. 28 „Et mêmes dans la primitive Eglise il semble qu’on a crû que tout Chrestien pourroit faire quelques fonctions de prestre en cas de necessité, de quoy j’ay écrit plus amplement une autre fois“. Ebd., 358, Z. 1f. 29 Judicium Doctoris Catholici, Beilage zum Schreiben G. W. Leibnizʼ an Rojas y Spinola, 5. Oktober 1694, A I, 10, 156–169.
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te Leibniz hier als das Fundament der gesamten ökumenischen Verhandlungen. Nach der Erkenntnis des dreieinigen Gottes und der Inkarnation sei nichts so wichtig, als dass die Protestanten diese Lehre richtig verstünden und sich der katholischen Wahrheit unterwürfen30. Erneut der Vergleich mit dem Staat, dem weltlichen Gemeinwesen: Auch die Kirche brauche, damit sie eine Körperschaft, eine einzige moralische Person und nicht nur die Menge von Einzelnen sei, eine einheitliche, von Gott eingesetzte Verfassung (Forma autem regiminis constat legibus fundamentalibus divino jure praescriptis)31. Da sie sichtbar sei, müsse sie von einer höchsten Instanz geleitet werden, damit die Kirche die Gläubigen zum ewigen Heil führen könne; ihr schulden alle Glieder Gehorsam32. Die oberste unfehlbare Instanz in Glaubensfragen sei das Konzil33. Neben der Schrift, dem Grundgesetz der Kirche, bedarf es eines lebendigen Richters in Glaubensfragen, eines wahrhaften ökumenischen Konzils, zu dem auch die Protestanten, die die kirchliche Einheit lieben, beitreten müssen34. Da es einer Instanz bedarf, die das Konzil einberuft und leitet, komme dies dem römischen Papst zu, der den Primat über die Kirche hat35. Dem Papst müsse überall Folge geleistet werden, wo er sich nicht gegen das Naturrecht oder das göttliche Recht stelle36. Dieses Unionskonzept verfolgte Leibniz auch noch einmal 1697/98, als er erreichte, dass die Helmstädter theologische Fakultät ein Gutachten für das Unionsprojekt verfasste und die „Requisita“ für eine präliminare Union benannte37. Als dieses Gutachten nicht ganz wunschgemäß ausfiel und man auch nur bereit war, den Primat der des Papstes ordinis absque iurisdictione und nur jure humano, keinesfalls jure divino, zuzugestehen38, besprach sich Leibniz lange mit dem führenden Helmstedter Theologen Friedrich Ulrich Calixt (1622–1701) in Braunschweig. Er erreichte nun, dass Calixt in seine bekannte Auffassung einwilligte, dass in der Kirche notwendig eine oberste Instanz iure divino sei. Dass diese sich dann gerade in Rom entwickelt habe, sei historisch zu klären, gründe sich also im 30 31 32 33 34 35
Ebd., 158, Z. 21–159, Z. 5. Ebd., 159, Z. 6–20. Ebd., 159, Z. 21–160, Z. 5. Ebd., 160, Z. 19f. Ebd., 163, Z. 5–18. „Secundo quod es infallibilitas reperitur in Concilio Oecumenico, cui praeest Papa Romanus. Tertio quod papa Romanus jure divino habet super alios non ordinis, tantum, sed et potestatis primatum“. Ebd., 160, Z. 18ff. 36 Ebd., 167, Z. 15ff. 37 G. Utermöhlen: „Die irenische Politik der Welfenhöfe und Leibnizʼ Schlichtungsversuch der Kontroverse um den päpstlichen Primat“, in: D. Breuer (Hrsg.): Religion und Religiosität im Zeitalter des Barock, Teil I (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung), Wiesbaden 1995, S. 191–200, hier S. 194f. 38 „Ich habe H. Calixti brief erwogen darinn er entschuldigen will, daß der Punct de jure divino außgestellet worden. Stelle dahin, ob E. Durchl. Darauff in gnaden zur antwort ihn wißen zu laßen belieben möchten [:] Weilen ohnstreitg wahr, daß ein directorium in Ecclesia ein reqvisitum necessarium boni ordinis ist, in dem ohne directorio kein Corpus bestehen kan; und bonus ac necessarius ordo in Ecclesia ja juris divini: so ist es folglich auch das directorium“. G. W. Leibniz an Herzog Anton Ulrich, 5. April 1698, A I, 15, 67–70, hier 68, Z. 20ff.
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menschlichen Recht39. Dies entsprach genau und präzisierte die Konzeption Leibnizʼ vom päpstlichen Primat, wie er sie seit seinen frühen Jahren vertreten hatte. Zwar ging Calixt und den übrigen Helmstedtern Leibnizʼ Formulierung dann zu weit; zur Neufassung der Theologen, die den Primat unter den Vorbehalt der Schriftgemäßheit stellten, verfasste Leibniz aber umgehend ein Additionale Responsum40: Da Gott ein Gott der Ordnung sei und die Kirche als ein Leib eine Regierung brauche, sei eine einheitliche Direktion in ihr notwendig und diese folglich iuris divini41. Als Fazit kann festgehalten werden: Leibniz ist sich in seiner Konzeption der Kirche treu geblieben. Diese müsse 1. sichtbar rechtlich verfasst sein; damit sie eine einheitliche moralische Person sein könne, brauche sie eine oberste Instanz, die den einheitlichen Willen garantiere. In diesem Sinn ist das Papsttum göttlichen Rechts, eben weil die Kirche nach dem Willen Gottes diese oberste Instanz besitze. 2. Dem widerspricht nicht, dass vieles historisch erst allmählich, aufgrund kontingenter Umstände, entstanden ist. So wurde gerade der Bischof von Rom Papst, weil er seinen Sitz in der Hauptstadt des römischen Reichs hatte. Dass die Kirche die äußere Rechtsform einer respublica annehmen müsse, sei göttlicher Wille. Deshalb müsse dann auch der konkreten Gestalt, die in diesem Imitationsprozess sich ausgebildet habe, Gehorsam geleistet werden. 3. Damit ist nicht gesagt, dass dem Papst die Unfehlbarkeit in Glaubensfragen zukomme. Der Glaube der Kirche folgt einer anderen Logik; hier fin-
39 „Man gestehet dadurch zwar, daß der Pabst etwas, so juris divini sey, besize, wie denn ein ieder Bischoff und Priester ja eine iede obrigkeit geist- und weltlich etwas dergleichen besitzen muß, aber man gestehet deswegen ganz nicht, daß sein patriarchat in Occidente und viel andere ihm eingeräumte dinge juris divini seyn. Ja was noch mehr, so gestehet man dergestalt nicht einmahl de directorio vel primatu autoritatis, das solche sedi Romanae jure divino zu kommen, sondern ob schohn ein directorium juris divini an sich selbsten ist, so ist und bleibt doch deßen collatio in sedem Romanam, vel sedes fixa in Romano Episcopatu, allerdings juris humani und ist von menschlichen considerationen hergefloßen […]“. Ebd., 68, Z. 27– 69, Z. 6. Zu Calixts Einwilligung vgl. ebd., S. 69, Anm. 20. 40 Utermöhlen: „Die irenische Politik“, S. 197f. 41 „Cum vero Papa consentientibus Ecclesiis in Romana nunc communione existentibus primatum quendam autoritatis in tota Ecclesia Universali sibi divino jure attribuat: id si ex eo fiat capite ac fundamento, quod Deus sit Deus ordinis, et corpus unius Ecclesiae Catholicae et Apostolicae uno regimine et Hierarchia universali continendum juris sit divini; et ejusdem per consequens juris supremus in eo spiritualis Magistratus, terminis se justis continens, directoria potestate, omniaque necessaria ad explendum munus pro salute Ecclesiae agendi facultate instructus: nos utique possumus assentiri sed ita, ut auctoritatem quidem istam ex natura Ecclesiae eiusque divina institutione consequi atque ita divini juris esse agnoscamus quia in omni corpore directione aliqua opus est ne sit inordinatum; potestatis tamen hujus sive primatus sedem et fixum locum Romae non nisi ex humanis considerationibus constitutum arbitremur, tamquam in urbe quae habita est metropolis christiani orbis. Atque hoc sensu et hac modificatione adhibita non sumus reluctaturi“. G. W. Leibniz an Johann Fabritius, 31. März 1698, A I, 15, 459–463, hier 461, Z. 8–20.
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det die oberste Autorität des Papstes auch ihre Grenze. Dies soll im Folgenden noch genauer analysiert werden. GLAUBE, ANCIENNITÄT UND UBIQUITÄT Leibniz war also Anhänger einer papalen Kirchenverfassung; diese habe sich in Analogie zum Staat (imitatio Imperii der Kirche) historisch konkret herausgebildet, sei aber an sich von Christus selbst eingesetzt worden42. Die Päpste hatten näherhin zunächst die Privilegien der Kaiser im römischen Reich für sich in Anspruch genommen; diese wurden mit der Zeit als Privilegien des Petrus interpretiert, dann, als sich niemand mehr an deren konkreten Ursprung erinnern konnte, wurden sie zum ius divinum erklärt43. Da die Kirche aber a priori ein sichtbares Haupt brauche, sei dieser Prozess dennoch göttlich gerechtfertigt gewesen. Obwohl die sichtbare juridische Kirche Gehorsam beanspruchen kann, gibt es aber Grenzen desselben. Der Papst und das Kirchenrecht haben dem Heil der Gläubigen und dem Glauben zu dienen. Beiden ist zu gehorchen, es sei denn, sie fordern Ungerechtes. Dem müsste man sich, gerade aus Liebe zur Einheit der Kirche, widersetzen44. Es gibt also eine zweifache Ordnung in der Kirche: die sichtbare juridische und die unsichtbare des Glaubens. Beide folgen je eigenen Gesetzen, auch in einer Kirche ohne die Hierarchie würde Gott die Sakramentengnade anwesend sein lassen45. Wahres Christsein ist also im Notfall, falls man dazu gezwungen ist, auch gegen und ohne Papst und Bischöfe möglich46. Dem Gewissen sei im Zwei-
42 De ecclesia catholica, A IV, C, 2330, Z. 6–14. 43 „Romani pontifices, jam olim erecti spendore primariae Urbis, unde in omnia regimen, cuncta ecclesiae munia in se traxere. Nam Petro summam in sacris auctoritatem, et sibi (quasi successoribus) potestatem Petri tribuentes, quod synodorum privilegiis et imperatorum delegation habebant, paulatim in jus divinum verterunt; et labescente sacrae vetustatis memoria, quae cupiebant, sibi aliisque persuaserunt“. Annales Imperii occidentis Brusvicenses ex codicibus Bibliothecae Regiae Hannoveranae, Pertz: I, 1, 647 (ad a. 865, § 33). 44 „Obedienta quae Ecclesiasticae potestati debetur, duobus constat membris, uno ordinarii juris ut credamus vera esse quae credenda ab Ecclesia proponuntur, et facienda esse quae ab ea jubentur, altero extraordinarii, ut etiamsi injuriam nobis judicio eorum qui in Ecclesia autoritatem habent fieri, aut injusta a nobis exigi credamus, non ideo tamen Unionem abrumpamus, aut si sine nostra culpa abrupta sit, semper animum serium reintegrandi vinculi habeamus; et quicquid sine periculo salutis aeternae potest, indulgeamus“. Sententia de natura ac potestate ecclesiae catholicae, A VI, 4 C, 2335, 18–24. 45 „Nam an Ecclesia casu aliquo erecta, ubi pastores aut saltem Episcopi non sunt, ideo Sacramentorum gratia carere debeat, definire non ausim“. Ebd., Z. 17f. 46 „La question de la vocation et mission des Protestants a esté souvent disputée, le point est, sil les ceremonies de l’Eglise à l’egard de l’ordination des prestres sont de jure divino, tellement ques ans estre ordonné par un Evêque on ne sçauroit administrer validement les Sacremens. Cela se peut accorder peut estre à l’egard du droit orinaire, mais on peut disputer sur le cas de necessité, comme si un peupe Chrétien se trouvoit dans une Isle detachée, comme étoit l’Isle imaginaire de Pines, faudroit il le priver entierement du secours des Sacremens“? G. W. Leibniz an Ernst von Rheinfels, 10./21. Mai 1691, A I, 6, 200–205, hier 204, Z. 1–7.
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felsfall mehr zu gehorchen als der Kirche, der man im Normalfall durchaus Folge leisten müsse47. Bereits seit frühester Zeit steht für Leibniz eine folgenschwere These fest: Obwohl dem Papst der Primat über die Kirche zukomme, sei die wahre Einheit der katholischen Kirche anders zu fassen, als es die römische Kirche tue. Glaube und Rechtsgehorsam gehören zwei völlig differenten Ordnungen an. Die gegenwärtige römische Kirche verkenne dies: sie beansprucht in Glaubensfragen denselben Gehorsam, den sie in Rechtsfragen tatsächlich verlangen könne. Aus der frühen Mainzer Zeit findet sich ein Konzept De unitate Ecclesiae Romanae48. Bereits hier konstatiert Leibniz, dass die Einheit der römischen Kirche keine wahre sei, sondern eine, die dem römischen Kaiserreich nachgeahmt wurde49. Folgte nämlich die wahre Glaubenseinheit der Kirche derselben Logik wie der Jurisdiktionsprimat, müssten die Gläubigen deshalb die heilsnotwendigen Glaubensartikel glauben, weil der Papst sie definiert habe. Die allermeisten Katholiken selbst aber glauben die Heilswahrheiten nicht deshalb, sondern weil sie in der alten Kirche geglaubt wurden, weil sie sie also aus der kirchlichen Überlieferung empfangen haben. Hätte der papalistische Anspruch also Recht, dann wären paradoxerweise die meisten Katholiken gar nicht katholisch50. Leibniz berief sich hier auch auf den Glauben der französischen (gallikanischen) Kirche. Dem Papst und der römischen Kirche komme der Primat zu, die oberste gesetzgeberische51 Gewalt, so Leibniz in seiner Auseinandersetzung mit der Professio fidei tridentina, die er 1679 niederschrieb. Es sei aber etwas völlig anderes, einen kirchenrechtlichen Kanon aufzustellen, als einen Glaubensartikel für unfehlbar zu definieren52. Glaubensgehorsam folgt grundsätzlich anderen Gesetzen als die Jurisdiktion. In Glaubensdingen sei die römische Kirche seiner Meinung nach auch nicht heiliger als die übrigen Kirchen53. Den Glauben haben alle Christen; deshalb ist es Aufgabe der Gesamtkirche oder des dieselbe repräsentierenden 47 „[…] obéïr aux Superieurs tant qu’on le peut sans blesser la conscience […]“. G. W. Leibniz für Paul Pellisson-Fontainier, Ende Oktober 1690, A I, 6, 115–121 Nr. 65, hier 119, Z. 13f. 48 De unitate Ecclesiae Romanae, A VI, 1, 547f. 49 „Ego vero tueri ausim illam unionem non esse veram, sed tantum exteriore aliquo Politico Syncretismo simulatam“. Ebd., Z. 3f. 50 „Magna Pars Romanensium non credit articulos fidei in Romana Ecclesia definitos quia Papa definivit, sed quia ita in antiquitate Ecclesiastica se reperiri putat. Qui autem non credit aliquid verum, quia Papa definivit, is secundum Romanam Ecclesiam non est vere Catholicus. Ergo Magna Pars Romanensium non est vere Catholica“. Ebd., Z. 5–9. 51 „[…] autoritas Episcopi Christianorum primarii, quae nunquam Romano Pontifici negata est, modo ea legitime, et secundum divina jura atque Ecclesiasticos Canones utatur“. Annotationes ad professionem fidei a Pio IV. praescriptam, A IV, 3, 197, Z. 30ff. „Si tamen ita explicemus, ut Romana Ecclesia quondam habeat potestatem legislatoriam in Christianos, haec assertion sine periculo admitti potest“. Ebd., 198, Z. 11f. 52 „Diversa enim longe est potestas ferendi leges a potestate declarandi quod assertio aliqua sit articulus fidei“. Ebd., Z. 12f. 53 „A doctrina non puto prae aliis sanctam vocari posse. Nam illud non constat etiam apud eos qui cum Ecclesia Romana communicant, quod Romanus Pontifex per se, sine Ecclesiae Catholicae Synodo sit infallibilis“. Ebd., 197, Z. 32–198, Z. 2.
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Konzils, bei Streitfragen über die Glaubensartikel zu urteilen. Beim Glauben und der Schriftauslegung geht es nicht um eine autoritative Entscheidung, sondern um das Zeugnis aller in Vergangenheit und Gegenwart, die den Heilsglauben ja bereits besitzen54. Das Alte wird bezeugt, nicht eine neue Sache entschieden55. Das Konzil ist jene unfehlbare Instanz, die letztverbindlich Glaubenswahrheiten in der Kirche entscheidet56. Dem entspricht, dass der Glaube stets derselbe ist. Der heilsnotwendige Glaube ist immer in der Kirche, er entwickelt sich nicht. Anders die kirchlichen Ämter und das Recht, das sich stets verändert. Bischof Jacques Bénigne Bossuet (1627– 1704) hatte den Protestanten vorgehalten, ihren Irrtum erkenne man daran, dass sich ihre Lehre ständig verändere, unter ihnen entsprechend ständig Streit und neue Spaltungen entstünden. Die katholische Lehre hingegen sei stets und zu allen Zeiten immer ein- und dieselbe57. Leibniz kritisierte dieses Argument: Was, wenn man heute etwas anderes glaubte, als früher? Hatte der Erlöser doch den Pharisäern schon erklärt: olim erat non sic58. Dass Parteiungen und Abspaltungen entstünden, sei kein Indiz für die Falschheit einer Lehre, sondern ganz natürlich dort, wo freie Menschen zusammen sind. Dennoch bejahte Leibniz interessanterweise das Kriterium Bossuets für den katholischen Glauben, das er mit dem christlichen Altertum konform wusste. Katholische Lehre könne nur sein, quod semper, quod ubique, quod ab omnibus geglaubt werde, so das berühmte Kriterium des Vinzenz von Lérins59. Dies ließ sich jedoch gegen Bossuet umdrehen: Was er und die gegenwärtige römische Kirche als Glaubenssatz hinstellten, sei vielfach eine Neue54 „Ecclesiae Universalis haud dubie est judicare de controversiis et explicatione Scripturae[,] alioquin non video quid sibi velit qui in symbolo sanctam Catholicam Ecclesiam credit. Per judicium autem Ecclesiae Universalis hoc loco intelligi videtur traditione continuata sive consensus perpetuus. Dicitur enim, juxta sensum quem tenet et tenuit Ecclesiae interpretandam esse scripturam, et Paulo post dicitur explicandam esse juxtra unanimem partum consensum“. Ebd., 198, Z. 21–199, Z. 2. 55 „Mais pour venir au detail de vos lettres, dont la premiere donne les principes, qui peuvent servir à distinguer ce qui est de foy, de ce qui ne l’est pas, et dont la seconde explique les degrés de ce qui est de foy; je m’arresteray principalment à la première: Où vous accordés d’abord, Monseigneur, que Dieu re revele point de nouvelles verités qui appartiennent à la foy Catholique, que la regle de la perpetuité est aussi celle de la catholicité, que les conciles Oecumeniques ne proposent point de nouveaux dogmes, Enfin que la regle infallible des verités de la foy est le consentement unanime et perpetuel de toute l’Eglise“. Leibniz bejaht diese Maxime Bossuets, konstatiert dann aber, dass viele katholische Gelehrte leider anderer Meinung seien, als ob die Kirche neue Entscheidungen treffen könne und damit im Vorfeld neue Offenbarungen empfangen haben müsse. G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 14. Mai 1700, A I, 18, 625–649, Nr. 368, hier 631. 56 Judicium Doctoris Catholici, Beilage zum Schreiben Leibnizʼ an Rojas y Spinola, 5. Oktober 1694, A I, 10, 156–169, hier 160, Z. 19f. 57 „Il y a bien à dire à cecy: Hier on croyoit ainsi, donc aujourd’huy il en faut croire de même. Car que dirons nous, s’il se trouve qu’on croyoit autrement avanthier? Faut il toujours canoniser les opinions qui se trouvent les dernieres“? G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 1. Oktober 1692, A I, 8, 171–174, Nr. 102, hier 172, Z. 14f. 58 Ebd., Z. 16f. 59 von Lérins: Comm. 2.
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rung und dem Altertum unbekannt gewesen60. Noch in seinen letzten Lebensjahren lehnte Leibniz deshalb die Konversion zur römisch-katholischen Kirche, im Gegensatz zu Herzog Anton Ulrich (1633–1714), entschieden ab. Noch einmal kam er auf seine Diskussion mit Bossuet 1712 zurück, und bekräftigte entschieden sein Argument, dass die gegenwärtige katholische Kirche in vielem dem klaren und eindeutigen Zeugnis des christlichen Altertums widerspreche61. Selbst wenn sich zeigen ließe, dass die Menschen in früheren Zeiten die gegenwärtigen katholischen Lehren auch schon geglaubt hätten, müsste man überdies noch nachweisen, dass sie diese auch schon als göttlich geoffenbarte Lehren bejaht hätten, um sie auch heute dann als verbindliche Offenbarungslehren aufstellen zu können62. Damit ist auch klar, dass Leibniz, anders als Georg Calixt (1586–1656) und die Helmstädter Tradition, auch nicht im Consensus quinquesaecularis das Kriterium für eine Reunion der Kirchen sehen konnte. Abt Gerhard Wolter Molanus (1633–1722) hatte sich bekanntlich zu diesem Prinzip bekannt63. Für Leibniz barg dieses Prinzip schon in methodisch-logischer Hinsicht zu viele Ungereimtheiten. Wieso sollten gerade die ersten vier Konzilien oder die ersten 500 Jahre Norm sein, weshalb nicht eine kürzere oder eine längere Periode? Will man eine bestimmte Zeit als einzige normative festlegen, entstehe eine neue Parteiung bzw. Sekte64. Für die ersten Jahrhunderte müsse wegen des Mangels an Quellen vieles 60 „Et si nous nous tenons à la regle de Vincent de Lerins touchant ce qu’on doit appeller Catholique ou même à ce que dit la profession de Pie IV. Qu’il ne faut jamais interpreter l’ecriture que iuxta unaninem consensum Patrum; et enfinà ce qu’un Henry Holden [,] Anglois Docteur Sorbonniste (si je m’en souviens bien) a ecrit de l’Analyse de la foy contre les sentiments du Père Gretser Jesuite, toutes ces decisions seront en danger de perdre leur autorité“. G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 15. Juni 1693, A I, 9, 114–145, Nr. 96, hier 137, Z. 12–17; ders. an dens., 14. Mai 1700, A I, 18, 625–649, Nr. 368, hier 641, Z. 27–643, Z. 10. 61 „Quaedam etiam revera justo sunt acriora, ut quod putat, virum probe eruditum bona conscientia extra Rom. Ecclesiam permanere non posse; quum contra potius ipsa rerum cognitione maximum obstaculum accesionis ad Romanos objiciat. Exempli loco esto, quod etiam Episcopo Meldensi, (frustra in refutatione laboranti) objeci, neminem satis versatum in antiquitate, & ad rem attentendem, ut par est, nec per alia distractum, posse salva conscientia accedere Concilio Tridentino, sub anathemate jubenti, ut libri V.T quos nos Apocryphos credimus, divina auctoritate praediti & ceteris aequales censeantur, contra manifestissimas declarationes primavae antiquitatis Christianae. Si concilium Tridentium seponeretur, facilior schismatis sublatio, sed hoc stante, nisi per vim, non obtinebitur“. Leibniz an Fabritius, 17. März 1712, Dutens V, 298f., hier 299, Z. 2–13. 62 „Enfin on peut demander, si pour decider qu’une doctrine est de foy il suffit qu’elle a êté simplement cru ou receue auparavant et s’il ne faut pas aussi qu’elle ait êté receue comme de foy? Car à moins qu’on ne veuille se fonder sur de nouvelles revelations il semble, que pour faire qu’une doctrine soit un article de foy, il faut que Dieu l’ait revelée comme telle, et que l’Eglise depositaire de ses revelations, l’ait toujours receue comme êtant partie de la foy: puisqu’on ne sçauroit sçavoir que par revelation si une doctrine est de foy ou non“. G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 14. Mai 1700, A I, 18, 625–649, Nr. 368, hier 635, Z. 3–9. 63 H. Weidemann: Gerard Molanus. Abt zu Loccum. Eine Biographie, Teil I (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 3), Göttingen 1925, S. 7ff. 64 G. W. Leibniz an Ernst von Hessen Rheinfels, Promemoria, November 1687, A I, 5, 10–21, hier 11, Z. 32–12, Z. 4. – Zum ganzen vgl. St. Waldhoff: „Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen“, S. 121–128.
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dunkel bleiben65. Vor allem aber forderte dieses Prinzip zugleich zu viel und zu wenig. Einerseits habe doch auch die spätere Theologie berechtigte Fortschritte gemacht und sei zu legitimen Präzisierungen zumindest begrifflicher Art gekommen66. Andererseits seien aber in den ersten Jahrhunderten schon erhebliche Veränderungen an der ursprünglichen Lehre vorgenommen worden. Ja, die Einmütigkeit der Väter in der Antike sei weitestgehend ein bloßes Konstrukt, eine Fiktion. Vielfach widersprachen die Väter sich gegenseitig67. Kirchliche Glaubenslehre im strengen Sinn könne aber nur das sein, was geoffenbart und deshalb schon immer als heilsnotwendig geglaubt worden ist68. NOTSTANDSRECHT UND FAKTISCHE TÄUSCHUNGSMÖGLICHKEITEN Leibniz erkannte die Wahrheit und Unfehlbarkeit des christlichen Glaubens und damit die Wahrheit des Glaubens der Kirche an. Die Frage war aber auch: welches ist dieser unfehlbare christliche Glaube? Woran kann man ihn erkennen. Die Mehrheit als Kriterium des wahren Glaubens allein ist unzureichend: Woran früher die Mehrheit glaubte, daran glaubt sie heute nicht mehr; was heute die meisten Christen glaubten, daran glaubte sie einstmals nicht69. Auf ökumenischen Konzilien spricht sich hingegen der wahre Glaube als unfehlbar aus70. Die Kontingenz aller Faktizität71 stellt aber auch diese Instanz für uns in gewisser Weise in Frage: 65 G. W. Leibniz an Ernst von Hessen-Rheinfels, 4. August 1683, A I 3, 303–320, Nr. 247, hier 308, Z. 35–309, Z. 4. 66 „Patres de Trinitate obscure locuti sunt et usi verbis incommodes. Scholastici hoc dogma explicatius tradiderunt“. De dogmate Trinitatis apud Patres et Scholasticos, A IV, 7, 823, Z. 19f. 67 „Concilium Tridentium vel professio Pii IV. (si bene memini) si provocant ad unanimem consensum partum; is si haberetur, magni utique momenti foret, praesertim si id quod sentient pro articulo fidei a se haberi ostendant, sed in iis quae intra nos controversa sunt, plerumque difficile est hunc unanimem consensum probare, et saepe antiquiores in alia omnia eunt“. G. W. Leibniz an Johann Fabricius, 13. Dezember 1699, A I, 17, 711–715 Nr. 419, hier 714, Z. 5–9. 68 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 14. Mai 1700, A I, 18, 625–649, Nr. 368, hier 631, Z. 5–17. 69 „Il semble que vous même, Monsegnieur, laissés quelque porte de derriere ouverte, en disant que les Conciles Oecumèniques lorsqu’ ils decident quelque verité, ne proposent point de nouveaux dogmes, mais ne font que declarer ceux qui ont toujours êté crûs, et les expliquer seulement en termes plus clairs et plus precis. Car si la declaration contient quelque proposition, qui ne peu pas être tirée par une consequence legitime et certaine de ce qui etoit deja reçu auparavant, et par consequent n’y est point compris virtuellement; il faudra avouer que la decision nouvelle êtablit en effet un article nouveau, quoyqu’on veuille couvrir la chose sous le nom de declaration“. Ebd., 633, Z. 1–10; vgl. auch die folgenden Beispiele. 70 „Secundo quod es infallibilitas reperitur in Concilio Oecumenico, cui praeest Papa Romanus“. Judicium Doctoris Catholici, A I, 10, 156–169, hier 161, Z. 18f. 71 „En effet ce la beau et magnifique à dire, tant qu’on demeure en termes generaux; mais quand on vient au fait, on se trouve loin de son compte, comme il paroitra dans l’exemple de la controverse des livres canoniques“. G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 14. Mai 1700, A I, 18, 625– 649, Nr. 368, hier 634, Z. 18–635, Z. 2.
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Zwar definiert ein wahres ökumenisches Konzil unfehlbar die Wahrheit. Aber woran konnte man erkennen, dass ein konkretes, historisches Konzil wahrhaft ökumenisch ist; schließlich gab es ja auch in der Kirchengeschichte Latrozinien, ‚Räubersynoden‘, welche zwar für sich diese Ökumenizität beanspruchten, aber eben zu Unrecht? In Rom erkenne man Konstanz und Basel nicht als ökumenisch an, in Frankreich nicht die fünfte Lateransynode72. Ökumenische Konzilien repräsentieren die Gesamtkirche; sie sprechen de iure den Glauben der Kirche also unfehlbar aus. Für uns Menschen bleibt aber die Problematizität des Faktischen: Welche Konzilien sind de facto wirklich ökumenisch gewesen? Leibniz ist in dieser Frage kein Neuerer. Noch das Mittelalter rechnete mit der prinzipiellen Möglichkeit, dass ein Papst Häretiker werden oder ein Konzil in Irrtum fallen könne. Es entwickelte ein Notstandsrecht mit Lösungsszenarien73. Erst die katholische Ekklesiologie der Neuzeit wollte dieses Einfallstor des antihierarchischen Widerspruchs schließen und Sicherheit generieren, indem diese Notfallregelungen eliminiert oder zumindest restringiert wurden74. Die Frage, ob und wie man den Anspruch einer Synode auf ökumenische Geltung beurteilen könne, war von Leibniz von Beginn an in der Perspektive der Unionsverhandlungen und der damit zusammenhängenden Frage nach der Geltung des Trienter Konzils für die Protestanten gestanden. Molanus hatte ja in der Antwortschrift Methodus reducendae unionis an Rojas y Spinola sich mit dessen Sichtweise auseinanderzusetzen, dass die öffentliche Schriftauslegung eines ökumenischen Konzils derjenigen des Einzelnen vorzuziehen sei75. Die Antwort, mit der Molanus die Konzilsidee aufgriff, gab auch den Unionsverhandlungen des Leibniz dann die Richtung vor: Das Konzil soll jene Instanz sein, auf der alle verbleibenden Kontroversen zum Ausgleich gebracht werden sollen. Da hier die Protestanten gleichberechtigt teilnehmen können müssen, setzt dies die vorherige Anerkennung ihrer Ämter voraus. Zudem könne kein vorangegangenes Konzil, das wie Trient antiprotestantische Verurteilungen ausgesprochen habe, Grundlage der zu führenden Verhandlungen sein. Obwohl das Tridentinum von den Katholiken als ökumenisches Konzil betrachtet wurde, musste dessen Geltung suspen-
72 „De sort que, si le nord de l’Europe estoir réuny avec le reste sous la hierarchie romaine, aussi bien que l’Italie et la France le sont déjà, les différentes opinions de ces deux grands partis sur le concile de Trente et sur ses décisions ne seroient pas moins compatibles avec l’unité ecclésiastique , que nous voyons ester celles qu’on a en France et en Italie sur les decisions des conciles de Constance, de Basle, du dernier [de] Lateran, et mesme d’autres“. G. W. Leibniz an Madame Brinon, 30. Mai 1694, A I, 10, 124–131, Nr. 85, hier 128, Z. 10–15. Vgl. auch ebd., 129, Z. 4ff. 73 R. Bäumer: Nachwirkungen des konziliaren Gedankens in der Theologie und Kanonistik des frühen 16. Jahrhunderts (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 100), Münster 1971; U. Horst: Juan de Torquemada und Thomas de Vio Cajetan. Zwei Protagonisten der päpstlichen Gewaltenfülle (= Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens, NF 19), Berlin 2012, v. a. S. 184–187. 74 K. Unterburger: „Lehramt der Päpste und Lehramt der Theologen im konfessionellen Streit des 16. Jahrhunderts“, in: Historisches Jahrbuch 133 (2013), S. 34–56. 75 Weidemann: Gerard Molanus, S. 46.
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diert werden76. War das legitim? Wie musste der Anspruch auf Ökumenizität, den ein Konzil erhob, beurteilt werden. Mit diesen Fragen war Leibniz insbesondere konfrontiert, als Bossuet 1691 um nochmalige Sendung der Hannoveranischen Unionsverhandlungen bat77 und dann, nach Übersendung der Cogitationes privatae78, die unumstößliche Geltung des Trienter Konzils für die Katholiken gegenüber Leibniz erklärte. Würde man Trient suspendieren können, dann auch alle mittelalterlichen ökumenischen Konzilien (Molanus wollte als Grundlage die Konzilien der ersten fünf Jahrhunderte annehmen). Dies würde die Unfehlbarkeit eines Konzils grundsätzlich untergraben, ja man müsse auch die Frage stellen, ob dann dem künftigen Unionskonzil unumstößliche Verbindlichkeit zukommen könne79. Bossuet sah die Unfehlbarkeit primär in der Kirche selbst liegend; diese werde von den Konzilien repräsentiert80. In Bezug auf den Papst musste er von seinem gallikanischen Standpunkt aus in gewisse Probleme kommen. Entscheidend war auf alle Fälle die Übereinstimmung mit und die Rezeption durch die Gesamtkirche. Hier knüpfte der Bischof von Meaux also die prinzipielle Unfehlbarkeit doch an faktische Bedingungen, die es erst zu überprüfen galt. Der Gallikanismus stand hier in der alten kanonistischen Tradition des Notstandsdenkens, in der Leibniz ebenfalls stand. Ja das Problem der faktischen Kautelen konnte Bossuet von seinem Standpunkt aus auch in Bezug auf die Konzilien nicht wirklich lösen, denn er musste sich ja fragen lassen, ob es nicht möglich sei, dass eine sich als Konzil bezeichnende Versammlung die Gesamtkirche eben nicht repräsentiere; dass deren Glaubensentscheidungen eben nicht angenommen wurden. Neben dieser prinzipiellen Frage ging es natürlich, gerade im sich anschließenden Briefwechsel mit Leibniz, dann um das Problem, ob insbesondere Trient ein ökumenisches Konzil sei81 und ob es in Frankreich als solches rezipiert worden sei82. Hier machte sich die Hauptdifferenz zwischen Bossuet und Leibniz inhaltlich fest: Lehnt man Trient ab, ist man dann, wie der Franzose meinte, notwendigerweise formeller Häretiker, da man die Grundinstitution der Kirche dann hartnäckig ablehne? Oder, so Leibniz, ist der Glaube selbst dadurch eigentlich nicht berührt, da es nur um eine faktisch-historische Erkenntnis gehe, die man so 76 Ebd., S. 54. 77 J. B. Bossuet an Marie de Brinon, 29. September 1691, A I, 7, 155–158, hier 156, Z. 1–5. 78 K. Masser: Christóbal de Gentil de Rojas y Spinola O.F.M. und der lutherische Abt Gerardus Wolterius Molanus. Ein Beitrag zur Geschichte der Unionsbestrebungen der katholischen und evangelischen Kirche im 17. Jahrhundert (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 145), Münster 2002, S. 356–384. 79 J. B. Bossuet an G. W. Leibniz, 10. Januar 1692, A I, 7, 235ff., Nr. 124, hier 235, Z. 9–26. 80 „[…] premierement si vous croyez que l‘Infallibilité soit tellement dans le Concile oecuménique, qu’elle ne soit pas encore d’avantage, s’il se peut, dans tout le corps de l’Eglise sans qu’elle soit assemblée“. Ebd., Z. 7–9; ders. an dens., 15. August 1693, A I, 9, 154–166, hier 155, Z. 1ff. 81 Eisenkopf: Leibniz und die Einigung, S. 173–191. 82 H. J. Sieben: Die katholische Konzilsidee von der Reformation bis zur Aufklärung (= Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen), Paderborn, München, Wien und Zürich 1988, S. 350–402. – Zur Streitfrage vgl. H. Weber: „Die Annahme des Konzils von Trient durch Frankreich“, in: Historisches Jahrbuch 99 (1979), S. 196–212.
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lange nicht annehmen dürfe, bis man deren Berechtigung mit der (historischen) Vernunft eingesehen habe. Wenn Bossuet, Paul Pellisson (1624–1693) und Edmonde Pirot (1631–1681) erklärten, der in Trient deklarierte Glaube sei in Frankreich sehr wohl rezipiert, nur einige disziplinarische Bestimmungen stießen auf Vorbehalte83, so konnte Leibniz kontern, es sei eben gerade entscheidend, ob dieser Glaube wirklich gerade deshalb angenommen wurde, weil er von einem ökumenischen, unfehlbaren Konzil definiert worden sei84. Hierzu müsste erst der Protest formell zurückgenommen werden85. Flankiert wird jene Argumentation dadurch, dass Leibniz konstatierte, eine solche Suspension sei in der Kirchengeschichte häufiger vorgekommen; besonders die Suspension des Konstanzer Kelchdekrets für die Calixtiner auf dem Baseler Konzil könne als Prototyp gelten86. Er verweist aber auch auf die Unionsverhandlungen mit den orthodoxen Griechen87. Leibniz kritisierte die Ökumenizität des Trienter Konzils auch auf eine zweite, materielle Weise. Wenn ein ökumenisches Konzil unfehlbar den geoffenbarten Glauben ausspreche, dann müsse es jener Glaube sein, der schon immer in der Kirche geglaubt wurde. Dies war ja gerade die Grundüberzeugung von Bossuet88. Nun ließ sich aber zeigen, dass Trient davon abgewichen ist: Lehren, bei denen das christliche Altertum noch anders dachte, wurden definiert. Lehren, in denen Freiheit herrschte, die also nicht heilsnotwendig zu glauben waren, wurden nunmehr für göttliche, heilsentscheidende Offenbarungen angesehen. Aus seinen Annotata (um 1690) zu den Trienter Beschlüssen lässt sich ein gewisser Überblick über seine Sichtweise zu den Bestimmungen dieses Konzils gewinnen; viele Bestimmungen legte Leibniz als Bestätigung seiner theologischen Ansichten aus, an manchen Beschlüssen übte er aber auch entschieden Kritik89: Für Leibniz ist die Kanonfrage hier ein entscheidendes Beispiel. Indem Trient die Kanonizität der alttestamentlichen Apokryphen als Dogma lehre, stelle es sich gegen die Mehrheit des christlichen Altertums und erkläre eine Frage als heilsnotwendig, die es in Wahrheit gar nicht war90. Auch andere Anathematismen kritisierte er deshalb, weil sie Dinge als heilsnotwendig zu glauben vorlegten, über die man doch keine eindeutige Offenbarung empfangen hat und über die man deshalb nichts Sicheres wissen könne, etwa das Dogma von der Siebenzahl der Sakramente, von der Un83 Kiefl: Der Friedensplan, S. 109–124. 84 „Autre chose est approuver ses decisions en matiere de foy, et autre chose est les recevoir comme emanés d’un Concile Oecumenique“. G. W. Leibniz an Marie de Brinon, 7. Juni 1691, A I, 6, 214f., Nr. 95, hier 215, Z. 3f. 85 G. W. Leibniz an Marie de Brinon, 16. Juli 1691, A I, 6, 234–237, Nr. 102, hier 237, Z. 7–10. 86 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 29. März 1693, A I, 9, 83–89, hier 86, Z. 18–87, Z. 7. 87 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 15. Juni 1693, A I, 9, 114–145, hier 134, Z. 13–21. 88 J. B. Bossuet an G. W. Leibniz, 28. August 1692, A I, 8, 162–165, Nr. 98; G. W. Leibniz an J. . Bossuet, 1. Oktober 1692, A I, 8, 171–174, Nr. 102, hier 172, Z. 14f. 89 Annotata quaedam ad Concilium Tridentinum, A IV, 4, 527–541, Nr. 95. Vgl. auch: Expendenda in Tridentino, A IV, 579–582, Nr. 111. 90 „Certum est sanctos patres complures, et imprimis S. Hieronymum, nonnullos ex libris hic nominates pro Canonicis non continua successione in Ecclesia Catholica conservatam esse, perinde ac si ab ipso Spiritu S. dictati essent“. Ebd., (Annotata) 528, Z. 11–14.
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möglichkeit der Heilsgewissheit91, der Notwendigkeit der rechten Intention bei der Sakramentenspendung92, dass man beim Kelch Wasser beimischen müsse93; auch sei die Behauptung falsch, dass die Kirche immer, also bereits in den ersten Zeiten, die Eucharistie angebetet habe94 oder die gegenwärtige Form des Bußsakramentes praktiziert habe95. Zu wenig grundsätzlich tadle das Konzil zudem die Missbräuche bei der Heiligen- und Bilderverehrung, die die wahre Verehrung Gottes gefährden96. Leibniz ist sich nicht sicher, ob die Bestätigung der Bilderverehrung durch das II. Nizänum wirklich mit der Tradition der frühen Kirche übereinstimmt. Diese Frage war für ihn eines der zentralen Beispiele für eine ‚katholische‘ Tradition, bei der es zu einem fundamentalen Wandel gekommen sei97; ein etwas anders gelagertes Beispiel war ihm die Verurteilung des Monotheletismus98. Wo jedenfalls ein solcher Wandel, der dem Perpetuitätsprinzip widerspreche, festgestellt werden kann, handle es sich sicher nicht um eine geoffenbarte, heilsnotwendige Glaubenslehre. Man kann nun die Frage stellen, ob die prinzipielle Irrtumsmöglichkeit der kirchlichen Hierarchie und der Kirche nicht in der Konsequenz zu einem Individualismus hätte führen müssen, nach dem jeder einfach das glaubt, was ihm als plausibel erscheint. Bossuet hatte ja Leibniz gefragt, ob es denn bei seiner Position wirklich Gründe gebe, auch an den ersten Konzilien des Altertums festzuhalten, oder ob damit die Institution der Konzilien insgesamt falle99. Dies würde aber nach Leibniz das Prinzip der Erlösung und der Kirche auflösen. Dieser und ihrem heilsschaffenden Glauben müsse vielmehr die verheißene Indefektibilität tatsächlich zukommen100. Dies gilt aber, und dies ist der entscheidende Streitpunkt, nur von jenen Gegenständen, die wirklich heilsnotwendig zu glauben sind. Den heilsnotwendigen Glauben von Nicäa oder Chalcedon könne man nicht legitimerweise hinterfragen; habe man diesen Glauben aber, könne dieser auch nicht erschüttert werden, falls man die faktische Ökumenizität dieser beiden Konzilien dennoch
91 92 93 94 95 96 97
Ebd., 531. Ebd., 532. Ebd., 537. Ebd., 534. Ebd. Ebd., 540f. „Que dirons nous du second Concile de Nicée, que vos Messieurs veulent faire passer pour oecumenique? At-il trouvé le cultre des Images établi? Il s’en faut beaucoup. Irene venoit de l’établir par la force, les Iconodules et les Iconoclastes prevaloient tour à tour, et le Concil de Francfort, qui tenoit le milieu, s’opposa formellement à celuy de Nicée de la part de la France, de l’Allemage et de la Bretagne“. G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 1. Oktober 1692, A I, 8, 171–174, Nr. 102, hier 172, Z. 28–173, Z. 1; ders. an dens., 29. März 1693, A I, 9, 83– 89, Nr. 72, hier 85, Z. 14–86, Z. 5. 98 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 1. Oktober 1692, A I, 8, 171–174, Nr. 102, hier 172, Z. 21– 28; ders. an dens., 29. März 1693, A I, 9, 83–89, Nr. 72, hier 86, Z. 6–17. 99 J. B. Bossuet an G. W. Leibniz, 10. Januar 1692, A I, 7, 235ff., Nr. 123, hier 236, Z. 9–12. 100 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 8. Februar 1692, A I, 7, 266–272, Nr. 135, hier 268, Z. 1–7.
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bezweifeln würde101. Bei den nicht heilsnotwendigen Lehren müsse für die Kirche zwar ebenso eine Wahrheitsvermutung gelten. Es gibt aber keinen Legitimationsgrund, für diese ebenfalls Unfehlbarkeit beanspruchen zu können. Hierzu gehören Rechts- und Vernunftwahrheiten ohne wirkliche Relevanz für das Heil der Seele, vor allem aber auch das Wissen um historische, faktische Dinge102. „Die Kirche erklärt“ Leibniz „an hundert Stellen nur im Heilsnotwendigen für unfehlbar“103. HEILSNOTWENDIGER GLAUBE Leibniz hat sich selbst durchaus als Katholik verstanden. Er bejahte die Ausbildung der Hierarchie und die wesentliche Identität des christlichen Glaubens; dass sich alle wesentlichen Elemente bereits im 5. Jahrhundert ausgebildet haben, sehe man etwa am Beispiel der äthiopischen Kirche, deren Bräuche seither gleichsam eingefroren gewesen seien und sich deshalb aus dieser Zeit erhalten hätten104. In welcher konkreten Kirche ist der wahre katholische Glaube zu finden? Sicherlich nicht einfach in der römisch-katholischen, wo es viele abergläubische Missbräuche und die Verurteilung wahrer naturwissenschaftlicher und philosophischer Erkenntnisse gebe105. Andererseits wäre es unvernünftig zu glauben, dass Gott seine Kirche tatsächlich in so schwerwiegende Irrtümer fallen lasse, dass der heilsschaffende Glaube dort gar nicht mehr zu finden sei106; auch in der römischkatholischen Kirche konnte man also Katholik sein und selig werden, wenn auch schwerer. Was genau aber gehört nun zu diesem Heilsglauben, den man als Christ haben muss, um zum Heil zu gelangen, der unfehlbar ist und der der Kirche durch Gottes Vorsehung nicht verloren gehen kann? Dieser Glaube ist als fides implicita in allen christlichen Konfessionen zu finden107. 101 „Secondement posons le cas, qu’un homme de bonne foy y trouve des grandes apparances à l’encont[re;] la question sera, si les choses definies par ces Conciles estoient déja auparavant necessaires au salut ou non. Si elles l’estoient, il faut dire, que les apparences contraires à la forme legitime du Concile ne sauveront pas cet homme. Mais si les points definis n’estoient point necessaires avant la definition, je dirois que la Consciencee de cet homme est en seureté“. Ebd., Z. 7–12. 102 „Itaque infallibiltas Ecclesiae in iis quidem quae ad salutem necessaria sunt, pro certa habenda est, credendumque non permissurum esse Deum, ut dogma damnabile, credendum fidelibus ab Ecclesia caeteras Catholicae notas [habente] injungantur. In rebus tamen facti, ad quas pertinent sententiae et judicia de negotiis personisque singularibus, quae a Synodis aliisque judicibus Ecclesiasticis profiscuntur; in rebus item juris et rationis, ubi salva saluti errari potest, non video cur necesse sit infallibilitatem a Deo Ecclesiae datam esse. Agnosco tamen et in his rebus Ecclesiam habere veri praesumtionem et omnino autoritatem tantam quantam maximam homines habere possunt, nec temere ab ejus iudiciis esse dissentiendum“. Sententia de natura ac potestate Ecclesiae Catholicae, A VI, 4, 2336, Z. 4–12. 103 Kiefl: Der Friedensplan, S. 103. 104 De unitate eccleiae, A IV, 3, 220–224, Nr. 16, hier 220, Z. 20–24. 105 Ebd., 224, Z. 1–8. 106 Ebd., Z. 17–25. 107 Ebd., 223, Z. 18f.
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Die Kirche muss notwendig in allen Dingen, die zum Seelenheil gehören, unfehlbar sein108. Überall, wo dieser Glaube lebt, ist die eine, ungeteilte katholische Kirche. Hierbei mögen sich spezifische partikulare Einzellehren und Normen ausbilden, was durchaus legitim ist. Die große Gefahr besteht aber darin, dass diese Partikularismen als Offenbarungen mit heilsentscheidender Bedeutung gesehen werden und dann Schismen entstehen lassen. Eine Differenz an Lehren und Bräuchen wird faktisch auch in der römischen Kirche bereits toleriert109. Abzulehnen aber ist jede Form von Absolutsetzung eines Partikularismus, die diesen als heilsnotwendig erklärt und damit ein Schisma hervorbringt. Wenn es in irgendeiner Frage einen Väterkonsens gab, dann in dieser110. Hierin sah Leibniz letztlich seine Mission, unbegründete, nicht geoffenbarte, kontingente Partikularismen als solche zu entlarven und so die eigentlich ohnehin in den Einzelkirchen vorhandene katholische Universalität explizit sichtbar zu machen. Dogmengeschichtlich exzerpierte Leibniz deshalb Stellen, an denen die Väter und die späteren Theologen von der Heilsmöglichkeit der Nichtchristen sprachen. Er wollte nachweisen, dass Gott das Heil aller Menschen wolle111. Da aber die Menschen ganz unterschiedlichen Glaubensvorstellungen anhängen, stellt sich die Frage, was sie inhaltlich glauben müssen, um gerettet werden zu können. Gibt es einen iudex controversiarum? Die römisch-katholische Kirche greift zu kurz, wenn sie die Unfehlbarkeit des Papstes aus der Notwendigkeit einer derartigen letztentscheidenden Instanz begründet; denn auch der Papst muss sich vor der Vernunft des einzelnen erst ausweisen. Die Vernunft jedes einzelnen muss also letztendlich selbst letzter Richter sein. Einsicht und guter Wille des Einzelnen sind immer vorausgesetzt und können nie übersprungen werden112. Leibniz interessiert sich vor allem für die Theorie vom unüberwindlichen Irrtum, der seine Ursache gerade nicht im Willen bzw. der willentlichen Ablehnung der Wahrheit hat, sondern in einem faktischen, verstandesmäßigen Hindernis, durch das man diese nicht erkennen könne. Denkt man diese Position konsequent zu Ende, dann ist derjenige Mensch, der Gott und die Nächsten um der Wahrheit willen wirklich liebt, wirklich katholisch, da er ja die Wahrheit erkennen will; er will also implizit katholisch sein. Wirkliche Liebe will den geoffenbarten Willen Gottes also wirklich erkennen113. Pellisson hat sich gegen diese Auffassung ge108 „Scilicet, qui vult Catholicus esse, hos articulos de Ecclesia mente sincera suscipere debet: primo quod Ecclesia Catholica est infallibilis in omnibus pertinentibus ad fidem salutarem“. Judicium Doctoris Catholici, A I, 10, 156–169, hier 161, Z. 16ff. 109 G. W. Leibniz an J. B. Bossuet, 8. April 1692, A I, 7, 310–315, Nr. 151, hier 312, Z. 5–10. 110 „Schisma ideo malum est, quia laedit caritatem, quod communi Sanctorum Patrum consensus ostendi potest“. De utilitate controversiarum, A VI 4, 2160, Nr. 388(4). Vgl. auch: De Schisma, A IV, 3, 234–259. 111 De salvatione gentium, A IV, 5, 453–468, Nr. 48. Nouveaux essais, A VI, 6, 500, Z. 15–502, Z. 24. 112 De judice controversiarum, A VI, 4, 2155–2167, Nr. 388 (1–6). 113 „Je viens au dernier point, sçavoir si un veritable amour de Dieu sur toutes choses suffit au salut, je n’ose pas le decider, et je n’ay garde de le dire dans les termes couchet par M. Pellisson, comme si celuy qui aime Dieu, puisse estre sauvé sans se mettre en peine des Disputes ou Controverses. Je diray plûtost tout le contraire, et j’avouë que le plus seur est de ne rien
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wandt114. Tatsächlich scheint sie ja auf den ersten Blick den gesamten Inhalt des christlichen Glaubens in eine praktische Haltung aufzulösen. Doch darf Leibniz eben nicht auf triviale Weise missverstanden werden: die Liebe, die Leibniz meint, ist eine inhaltlich qualifizierte Liebe, zu der der Mensch erst befähigt werden muss und die die Offenbarung gerade bedingungslos erkennen will. Was Leibniz spekulativ begründet, das sucht er ebenso historisch-positiv wie die altkatholische, vorkonfessionelle Tradition zu erweisen115. Durch die Unterscheidung von materialer und formaler Häresie und die Betonung der wahren Gottesliebe als implizitem Christusglauben ist Leibniz nur scheinbar aufgeklärter Rationalist, wie Kiefl meinte116. Ein historisch konkreter Glaube ist stets durch kontingente Bedingungen bestimmt; wer unter ungünstigen Konditionen lebt, kann ihn vielleicht nicht besitzen. Will man aber am allgemeinen Heilswillen Gottes festhalten, so muss auch den Menschen außerhalb der sichtbaren Kirche das Heil offenstehen. Anders formuliert tut sich hier der „garstig tiefe Graben“ Lessings auf117; wie können überhaupt konkrete Geschichtswahrheiten jene Sicherheit generieren, die für Heilswahrheiten nötig ist. Die Lösung des Leibniz überwindet diese Dichotomie: Gerade indem der Mensch Gott um seiner selbst willen liebt, zielt er auf den Glauben an Christus; die Liebe zu Gott ist dem Menschen selbst erst gnadenhaft ermöglicht, sie ist auf der einen Seite die Essenz des katholischen Christentums, auf der anderen Seite aber universal. „Universal“, „allgemein“ ist ja die wörtliche Übersetzung von „katholisch“118. Auf der einen Seite ist inhaltlich gesehen der christliche Glaube wahr; wenn der Mensch aber den Willen zur Wahrheit hat und diese liebt, liebt er unthematisch Christus und zielt auf das Christentum, auch wenn er dies selbst nicht weiß. FAZIT Leibniz hat eine hierarchisch gegliederte Kirchenverfassung mit einer monarchischen Spitze bejaht. Er wusste, dass diese sich historisch erst ausgebildet hat, in
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negliger, et que l’amour veritable mesme le commdande. Il faut chercher la veritable Eglise, et l’écouter quand on la connoist […]“. G. W. Leibniz für Paul Pellisson-Fontainier, Ende Oktober 1690, A I, 6, 115–121 Nr. 65, hier 119, Z. 8–13. Paul Pellisson-Fontainier an Marie de Brinon für Leibniz, 4. September 1690, A I, 6, 83–104, Nr. 61. Vgl. etwa: De abruptione communionis ecclesiasticae, A VI, 4 C, 2147f., Nr. 386. Kiefl: Der Friedensplan, S. 104f. G. E. Lessing: „Ueber den Beweis des Geistes und der Kraft (1777)“, in: Ders.: Werke und Briefe, Bd. VIII: Werke 1774–1778, hrsg. von Wilfried Barner, Frankfurt am Main 1989, S. 439–445, hier S. 443. „Ex his Ecclesiae definitionibus statim habebitur definitio Ecclesiae Catholicae, si modo ubique adjiciamus vocem: omnium. Nempe erit multitude vel societas omnium praedestinatorum, omnium sanctorum, omnium fidelium, omnium fraternitatem colentium, omnium sacramento junctorum“. Varia definitions Ecclesiae, A VI, 4 C, 2174–2179, Ne. 391, hier 2176, Z. 1–4.
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Wechselwirkung mit und in Nachahmung der weltlichen Staaten. Diese Entwicklung vollzog sich zu Recht, da sie den Bedürfnissen der kirchlichen Gemeinschaften zweckdienlich war. Klar unterschied er davon aber den Glauben, der von Christus geoffenbart ist und sich seiner Substanz nach gerade nicht entwickeln kann. Die juridische Verfassungsebene kann sich verändern, hier kommt es auf Entscheidungen an; die Ebene der Offenbarung und des Glaubens aber bleibt stets dieselbe, hier geht es um das Zeugnis der Kirche, näher, der Bischöfe, die auf Konzilien diesen Glauben bezeugen. Die kirchliche Hierarchie kann Gehorsam beanspruchen, unfehlbar ist sie aber nicht. Gegenstand des unfehlbaren Heilsglaubens kann nur die Offenbarung sein; dem zufälligen Wissen um Faktisches, das so oder anders sein könnte, kann aber keine absolute Heilsbedeutung zukommen. Die Liebe zur Wahrheit kann im Menschen bestehen, auch wenn er sich wegen faktisch-kontingenter Umstände in zahlreichen Irrtümern befindet. Dies schließt nicht aus, dass diese Liebe historisch durch Christus ermöglicht ist und dann auch kirchlich ermöglicht wurde. Es war sicherlich kein Zufall, dass Leibniz in den Unionsverhandlungen gerade auf die französische Kirche als die ‚geborene Mittlerin‘ setzte. Im Gallikanismus war das traditionelle Verständnis von Glauben, Kirche und Geschichte im Vergleich zum neuzeitlichen Systematisierungs- und Sicherheitsinteresse der nachtridentinisch-papalistischen Theologen eingefroren. Die Tradition ermöglichte hinter einer grundsätzlichen bejahten hierarchischen Kirchenverfassung ein Notstandsrecht, das eine von der sichtbaren Kirche ein Stück weit abgehobene unsichtbare, heilsgenerierende Kirche voraussetzte. Genau dies entsprach der spezifischen Katholizität des Leibniz. Deshalb besteht wohl kein Grund anzunehmen, dass Leibniz im sog. Systema theologicum in die Sichtweise eines anderen geschlüpft ist. Es ist vielmehr seine eigene Theologie, seine eigene Katholizität, die darin zum Ausdruck kommt. Durch die Unterscheidungen zwischen Regelfall und Notstand, Jurisdiktion und Glauben, Heilswahrheit und faktischer Erkenntnis aber unterscheidet sich diese Katholizität vom Anspruch der römisch-katholischen Theologie seiner Zeit. Leibniz versteht sich als Katholik, so wie man in jeder christlichen Konfessionskirche Katholik sein kann. Diese Sichtweise besteht prinzipiell konstant bei ihm, auch wenn er später, nach dem Scheitern der Unionsverhandlungen, die konkreten Fehlentwicklungen innerhalb der römischen Konfessionskirche vielleicht stärker betont hat. Leibniz hat so eine eigene Lösung entwickelt für die in der Aufklärung formulierte Dichotomie zwischen faktisch unsicherem Geschichtswissen und unbedingt geltender Heilswahrheit; die Liebe zur Wahrheit rechtfertigt den Menschen, die prinzipiell mit jeder kontingent-ungünstigen Standortgebundenheit der Erkenntnis einhergehen kann, auch wenn wir faktisch dazu doch des gnadenhaften Anstoßes von außen bedürfen. Diese Wahrheitsliebe findet ihre Erfüllung im Christentum. Wer Gott wahrhaft liebt und sich für aufrichtig für das allgemeine Wohl einsetzt, der ist in der katholischen Kirche119. So ist das Christentum die wahre Religion, 119 „Quisiquis Deum vere amat, quisquis bonum publicum sincero affectu quaerit, is vere in Ecclesia Catholica est, reliqui omnes schismatici sunt. Nam schisma est quod laedit illud cari-
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die gerade offenbar macht, dass Gott jedem seine Liebe und die nötige Heilskenntnis gibt, so dass jeder, der diese Liebe auch praktiziert, weder Häretiker noch Schismatiker ist120. Seine theologische Position ist von der einen Seite durch das eigene vernünftige Nachdenken bestimmt. Leibniz hat sich aber wohl ebenso intensiv mit theologischen Werken anderer und auch der theologiegeschichtlichen Tradition auseinandergesetzt, seine nachgelassenen Papiere dokumentieren dies. Was sich philosophisch-spekulativ als wahr erwies, fand er in der vorkonfessionell-altkatholischen Tradition bezeugt und vorgedacht.
tatis vinculum generale“. De utilissimo controversiarum genere, A VI, 4 C, 2160f., hier 2161, Z. 18ff. 120 Sententia de natura ac potestate ecclesiae catholicae, A VI, 4 C, 2332–2340 Nr. 413, hier 2338, Z. 22ff.
LEIBNIZ UND DIE LITURGIE Von Stephan Waldhoff (Potsdam) „Leibniz und die Liturgie“ – dieser Titel mag irritieren, wird man die Liturgie doch nicht zu jenen Gebieten kirchlicher Praxis und theologischer Reflexion rechnen, für die man ein Interesse des Universalgelehrten erwarten möchte. Sollte „der weltliche Glanz und äußere Pomp“, wie Aloys Pichler den christlichen Kult, nachdem dieser die ursprüngliche Einfachheit verloren hatte, charakterisierte1, den hochfliegenden Geist eines Leibniz tatsächlich beeindruckt haben? Müsste man ihn nicht vielmehr, um den einflussreichen Titel der bekannten Untersuchung Paul Graffs zu zitieren, in die „Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands“2 einordnen? Diese Gedanken mögen naheliegen, aber sie verkennen, dass sich Leibnizʼ Denken durchaus nicht durch die plumpe Gegenüberstellung von abstraktem Geist und grobsinnlichem Zeremoniell fassen lässt. Davor sollte bereits die Erkenntnis warnen, dass er die Bedeutung der Institution Kirche für den einzelnen Gläubigen sehr hoch eingeschätzt hat3. Davor sollte weiterhin das Interesse des Juristen Leibniz warnen, das allen Formen des Zeremoniells galt4, das sich in seiner Zeit ja 1 2
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A. Pichler: Die Theologie des Leibniz aus sämtlichen gedruckten und vielen ungedruckten Quellen, Bd. 2, München 1869–1870, ND Hildesheim 1965, S. 370. P. Graff: Geschichte der Auflösung der alten gottesdienstlichen Formen in der evangelischen Kirche Deutschlands, Bd. 1: Bis zum Eintritt der Aufklärung und des Rationalismus, Göttingen 21937; Bd. 2: Die Zeit der Aufklärung und des Rationalismus, Göttingen 1939; ND des Gesamtwerks Waltrop 1994. Vgl. etwa seine Ausführungen zum Thema: „[...] ut qui sunt extra Ecclesiam sint in magno salutis periculo“, in einer der im Vorfeld seines „Examen religionis christianae“ entstandenen Schriften, in denen Leibniz in die Maske eines irenisch gesinnten Katholiken schlüpfte (A IV, 3, 290, Z. 8–24; Zitat ebd., Z. 8). In einer wohl etwas späteren Schrift heißt es: „In vita praesenti major est perfectio in Ecclesia, hoc probari generatim potest autoritatibus; exemplis et rationibus“. (A IV, 4, 545, Z. 19f.); vgl. auch A VI, 4, 2353, Z. 16–20. Nicht zuletzt dem kirchlichen, besonders päpstlichen Zeremoniell. Bereits bei seinem Aufenthalt in Rom zeigte er großes Interesse an Letzterem. Nach dem Tod des regierenden Papstes Innozenz XI. im August 1689 hat er nicht nur seinen Romaufenthalt über die Zeit der Sedisvakanz, das Konklave und die Inthronisation des neuen Papstes hinaus verlängert, sondern auch ein Dossier mit Aufzeichnungen und Abschriften besonders zur Sedisvakanz angelegt; zu diesem vgl. A. Robinet: G. W. Leibniz. Iter Italicum (mars 1689–mars 1690). La dynamique de la République des Lettres. (= Accademia Toscana di Scienze e lettere „La Colombaria“. Studi 90), Florenz 1988, S. 184. Was Leibniz 1696 veranlasste, einen Auszug aus dem (Dienst-)Tagebuch des Johannes Burchard, der päpstlicher Zeremonienmeister unter Innozenz
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keineswegs bloß in weltlichem Glanz und äußerem Pomp erschöpfte, sondern mit juristischer politischer oder eben auch kirchenpolitischer und theologischer Bedeutung aufgeladen war5. Fragt man nach der Bedeutung, welche die Beschäftigung mit der Liturgie in Leibnizʼ Œuvre einnimmt, muss man allerdings das ceterum censeo dieses Tagungsbandes ein weiteres Mal anstimmen: Leibniz war „kein zünftiger Theologe“6. Er war erst recht kein amtierender Liturge. Ja, man wird auch die theoretische Beschäftigung mit der Liturgie nicht zu Leibnizʼ theologischen Interessensschwerpunkten rechnen können. Entsprechend lassen sich keine systematischen Abhandlungen benennen, die er liturgischen Fragen gewidmet hätte. Vielmehr ist das einschlägige Material vereinzelt und verstreut und häufig in seiner Intention nur schwer zu deuten. Und selbst wenn man alle Notizen, Exzerpte und Gedanken zu diesem Thema zusammenbrächte (was beim derzeitigen Stand der Edition seiner Schriften und Briefe nicht möglich ist), ließe sich aus ihnen dennoch nicht ein liturgiewissenschaftliches Handbuch zusammenfügen7. Vielmehr gilt es zu fragen, in welchen Kontexten, zu welchen Zwecken und auf welche Art sich Leibniz li-
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VIII. und Alexander VI. gewesen war, zu veröffentlichen, war dasselbe Interesse am Zeremoniell, nicht jenes am Skandalleben des letztgenannten Papstes. (Allerdings hat man zu Rom Leibnizʼ Interesse nicht richtig einschätzen können, so dass seine Veröffentlichung nicht nur indiziert wurde, sondern er danach von dort auch keine Unterstützung für seine Quellensuche mehr erwarten konnte; vgl. M. Palumbo: „Sed quis locus orbis nobis plura dare posset et meliora, quam Roma? Die Römische Kurie und Leibnizʼ Editionen“, in: N. Gädeke (Hrsg.): Leibniz als Sammler und Herausgeber historischer Quellen [= Wolfenbütteler Forschungen 129], Wiesbaden 2012, S. 155–187). Aus derselben Quelle hat er in seiner 1700 erschienenen Mantissa codicis juris gentium, einem Supplement zu seinem Codex juris gentium diplomatici (1693), einem Urkundenbuch zum Völkerrecht, die rund 60 Folioseiten einnehmende minutiöse Schilderung des Zeremoniells bei der Sedisvakanz abgedruckt; s. auch seine Bemerkungen dazu in der Vorrede der Mantissa (A IV, 8, 61, Z. 5–13). Wie die Betrachtung liturgischer Riten aus der Perspektive des weltlichen Zeremoniells deren Interpretation beeinflusste, hat eindrücklich M. Twellmann: „Das andere Zeremoniell. Gottesdienst im Zeitalter der Aufklärung“, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 61 (2009), S. 48–69, gezeigt. Allerdings setzt sein Untersuchungszeitraum erst mit Christian Wolff ein. Das im besonderen Fall liturgische Riten auch als staatsrechtliche Argumente dienen konnten, zeigt u. Anm. 64. W. Sparn: „Theologie“ [= § 31.4 des 9. Kapitels: „Gottfried Wilhelm Leibniz“], in: H. Holzey und W. Schmidt-Biggemann (Hrsg.): Das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Nordund Ostmitteleuropa (= Grundriss der Geschichte der Philosophie, begr. von Friedrich Ueberweg. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts 4), Hbd. 2, Basel 2001, S. 1079–1090, hier S. 1079. Den Charakter des Quellenmaterials und seine Methode ihrer Auswertung nicht nur für die Liturgie im Besonderen, sondern für die Theologie im allgemeinen, hat Pichler: Theologie des Leibniz, S. III, beschrieben: „Denn es sind größtentheils solche gelegentliche Apercüʼs, welche bisher fast ganz unbeachtet geblieben, und die ich sämmtlich mit wahrer Ameisenarbeit gesammelt und zu einem wissenschaftlichen Ganzen, soweit es nur immer möglich gewesen, zu gestalten bemüht war“. Der gewisse Drang zum ‚System‘, der am Ende des Zitats zum Ausdruck kommt – und der natürlich zeittypisch war – zeigt eine methodisch problematische Seite von Pichlers sehr materialreichem Werk.
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turgischen Fragen widmete und etwa liturgiegeschichtliche Beobachtungen als Argumente verwandte. Die einleitend formulierten Überlegungen und Fragen legen die Ausrichtung der vorliegenden Untersuchung fest und stecken ihren Rahmen ab. In einem ersten Schritt soll Leibnizʼ Interesse an der Liturgie aus seinem ökumenischen Engagement erklärt werden. Aus diesem Grund galt es besonders der Feier der Eucharistie, in der sich idealiter die Einheit der Kirche verwirklicht, wie sich realiter in den unterschiedlichen Ausgestaltungen der Abendmahlsfeiern die konfessionelle Spaltung besonders sichtbar manifestiert (1.)8. Dabei geht es nicht um Leibnizʼ bereits häufiger behandelte sakramententheologische Anschauungen9, sondern um seine Sicht auf die liturgischen Riten. Diese waren mit den theologischen Positionen sehr eng verbunden, weshalb sie nicht weniger als die dogmatischen Lehrsätze zu Streitfragen der kontroverstheologischen Polemik wurden. In einem Zwischenschritt wird deshalb der Blick auf das konfessionell bestimmte Interesse seiner Zeit an der Liturgiegeschichte gerichtet, um den Kontext zu skizzieren, in dem Leibnizʼ Auseinandersetzungen mit liturgischen Fragen standen (2.). Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um seinen Einsatz liturgischer und liturgiehistorischer Argumente im Gespräch mit Katholiken (3.) wie in den Bemühungen um eine innerprotestantische Union (4.) zu behandeln. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Frage der Riten und Zeremonien gelegt werden, gerade weil deren Bedeutsamkeit aus heutiger Sicht so schwer verständlich erscheint. Abschließend sollen zwei kürzere Aufzeichnungen vorgestellt werden, welche die Frage aufwerfen, ob Leibniz sich mit der Gestaltung der Liturgie nicht nur auseinandergesetzt hat, sondern möglicherweise auch aus konkretem Anlass in ihre Gestaltung eingreifen, also auch praktisch auf dem Gebiet der Liturgie wirksam werden wollte (5.).
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„Gerade weil das Verständnis (und damit auch die äußere Form) des Abendmahls seit dem 16. Jahrhundert so stark divergierte, spielte dieses Sakrament eine so zentrale Rolle bei der Herausbildung voneinander abgegrenzter Konfessionsgruppen“. (B. Stollberg-Rilinger: Rituale [= Historische Einführungen 16], Frankfurt am Main und New York 2013, S. 84f.). Aus verschiedenen Perspektiven ist dieses Thema behandelt worden von U. Goldenbaum: „Ein Lutheraner am katholischen Kurmainzischen Hof“, in: W. Li, H. Poser und H. Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene (= Studia Leibnitiana. Sonderheft 41), Stuttgart 2013, S. 17–32, hier S. 22–32. W. Hübener: „Negotium irenicum – Leibnizʼ Bemühungen um die brandenburgische Union“, in: H. Poser und A. Heinekamp (Hrsg.): Leibniz in Berlin. Symposion der Leibniz-Gesellschaft und des Instituts für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin in Verbindung mit dem Bezirksamt Charlottenburg und der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin im Schloß Charlottenburg, Berlin, 10. bis 12 Juni 1987 (= Studia Leibnitiana. Sonderheft 16), Stuttgart 1990, S. 120–169, hier S. 137–147. S. Ertz: „Die Oberflächen der Substanz: Descartes, Leibniz und die Eucharistie“, in: Dies., H. Schlie und D. Weidner: Sakramentale Repräsentation. Substanz, Zeichen und Präsenz in der Frühen Neuzeit (= Trajekte), München 2012, S. 275–293. Zu Irena Backus s. u. Anm. 18, zu Claire Rösler s. u. Anm. 19.
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1. EINE HERDE – EIN ALTAR: ZU LEIBNIZʼ INTERESSE AN DER LITURGIE In Leibnizʼ theologischen Überzeugungen und seinem kirchenpolitischen Handeln, seien sie nun auf die Reunion mit der katholischen Kirche oder die Union zwischen Lutheranern und Reformierten ausgerichtet, war die Toleranz – und zwar nicht nur die bloß staatsrechtliche, sondern auch die theologische – niemals der Endzweck seiner Bemühungen. Diesen bildete stets die tatsächliche Vereinigung der getrennten Kirchen. Die ecclesia catholica, die Idealgestalt der einen christlichen Kirche10, war für ihn nicht als unsichtbare, rein geistige Kirche wahrer Christen denkbar jenseits und über den tatsächlich existierenden Kirchentümern, sondern musste institutionell Gestalt gewinnen11. Die ideale ecclesia catholica, die er auch mit dem ehrwürdigen, in seiner ursprünglichen Bedeutung den Zusammenhang von Eucharistie und Kirche herausstellenden Wort vom corpus mysticum bezeichnen konnte12, bildete in seiner Anschauung eine brüderliche Gemeinschaft, die sich im gemeinsamen Abendmahl realisieren musste. In einer Aufzeichnung über „verschiedene Definitionen der Kirche“ hat er diese denn auch – unter anderem – als Gemeinschaft „aller im Sakrament verbundenen“13 bestimmt14: 10 H. Rudolph: „‚Res publica christiana‘ and ‚corpus mysticum‘: Some Remarks on their Meaning in the Political Thought of Leibniz“, in: Studia Leibnitiana 43 (2011), S. 24–35, hier S. 33f. St. Waldhoff: „Kirche - Konfession - Sekte. Begriffsgeschichtliche Beobachtungen zu Leibnizʼ Auseinandersetzung mit der konfessionellen Spaltung“, in: F. Beiderbeck, I. Dingel und W. Li (Hrsg.): Umwelt und Weltgestaltung. Leibnizʼ politisches Denken in seiner Zeit (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft 105), Göttingen 2015, S. 613–640, hier S. 615–620. 11 Rudolph: „Res publica christiana“, S. 33–35. Ders.: „Kirchenbegriff und päpstlicher Primat bei Leibniz“, in: H. Breger und F. Niewöhner (Hrsg.): Leibniz und Niedersachsen. Tagung anläßlich des 350. Geburtstages von G. W. Leibniz, Wolfenbüttel 1996 (= Studia Leibnitiana. Sonderhefte 28), Stuttgart 1999, S. 76–86, hier S. 82f. 12 Rudolph: „Res publica christiana“, S. 30–33. Waldhoff: „Kirche - Konfession - Sekte“, S. 619. Zum ursprünglichen Gehalt der Wendung s. H. de Lubac: Corpus mysticum. Kirche und Eucharisti im Mittelalter. Eine historische Studie, Einsiedeln 21995, bes. S. 97–147 und S. 305–321. Y. M.-J. Congar: Die Lehre von der Kirche. Von Augustinus bis zum Abendländischen Schisma (= Handbuch der Dogmengeschichte III, 3c), Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 1971, S. 30–32. 13 A VI, 4 C, 2175, Z. 1 (erstes Zitat); 2176, Z. 4 (zweites Zitat); vgl. zu dem Text, der wohl in der ersten Hälfte des Jahres 1677 entstanden ist, Rudolph: „Res publica christiana“, S. 25f. 14 „5) Ecclesia est multitudo fidelium communicantium, sive se fratres agnoscentium, fratres inquam, id est socios salutis, tales nempe, ut neque fides, neque vita impediant salutem. Hoc sensu excommunicati impoenitentes non sunt in Ecclesia, tales enim esse judicantur, ut pro sociis salutis haberi nequeant“. (A VI, 4 C, 2175, Z. 14–18; die Hervorhebungen in den Zitaten stammen hier und im folgenden, soweit nichts anderes angegeben ist, von Leibniz, Sperrungen werden kursiv gesetzt). In der folgenden Definition: „6) Ecclesia est multitudo de Sacramentis omnibus comparticipare paratorum“. (ebd., Z. 19f.), bezeichnet Leibniz die Sakramente als Kennzeichen der kirchlichen Gemeinschaft: „Sunt enim sacramenta, tesserae communionis“. (ebd., Z. 20f.).
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5) Die Kirche ist die Menge der die Kommunion empfangenden Gläubigen oder der sich als Brüder Anerkennenden. Brüder, sage ich, das heißt Teilhaber des Heils, solche nämlich, dass weder der Glaube noch die Lebensführung das Heil verwirken. In diesem Sinne sind die unbußfertigen Exkommunizierten nicht in der Kirche, so nämlich sind sie beurteilt worden, dass sie nicht für Teilhaber des Heils gehalten werden können.
Dieser Gedankengang kommt besonders gut im „Unvorgreifflichen Bedencken“ zum Ausdruck, einer Unionsschrift, mit der Leibniz und sein Freund und Mitautor, der hannoversche Kirchendirektor und Abt von Loccum, Gerhard Wolter Molanus, auf die „Kurtze Vorstellung“ des Berliner reformierten Hofpredigers Daniel Ernst Jablonski antworteten. Mit der Übermittlung dieser „Kurtzen Vorstellung“ an den Hannoveraner Hof Ende des Jahres 1697 hatten die Unionsverhandlungen zwischen Hannover auf lutherischer und Brandenburg-Preußen auf reformierter Seite begonnen. Leibniz konnte das „Unvorgreiffliche Bedencken“ ein gutes Jahr später, im Februar 1699, in Berlin Jablonski überreichen. Allerdings handelte es sich bei dem Exemplar, das nach Berlin ging, um eine nicht unerheblich gekürzte, in der Argumentation an einigen Stellen gestraffte und insgesamt klarere und stringentere Überarbeitung, die Leibniz wohl in alleiniger Verantwortung aus der gemeinsam mit Molanus formulierten ursprünglichen Fassung erstellt hat15. In mehrfacher Hinsicht ist die erste Fassung für unsere Fragestellung aber interessanter, so dass wir sie bevorzugt heranziehen. So ist auch das Motiv der einen Herde, die sich um den einen Altar versammelt, in der ersten Fassung prominenter vertreten. Dort wird einleitend als Ziel der Unionsverhandlungen formuliert16: Also und dergestalt daß die bisherige trennung nicht palliative, nicht per cothurnos verborum oder zweydeutige redenßarten, sondern aus dem grunde gehoben ein theil zu deß andern altar mit gutem gewißen gelaßen, Vnd also aus beiden, durch die bloße nahmen und ceremonien bis hiher unterschiedenen theilen, eine herde, V[nd] aus beiderseitß kirchen ein schaffstall hin wieder gemachet werden könte.
Unter Rückgriff auf dieselben Metaphern greift der Epilog der Schrift dasselbe Ziel wieder auf, nämlich in der Frage17, ob nicht ein mittel zu erdencken, dadurch eine Actualis vnt zwar solche union vorgestellet und eingeführet werden könne, krafft derer ein Evangelischer [= lutherischer] Christ zum reformirtem Altar vnd ein Reformirter Christ zum Evangelischem [= lutherischen] altar, ohne den geringsten anstoß des gewißenß, treten, und auß diesen beiden herden, ohne revocation oder enderung seiner Etwa habenden Meinung ein schaffstall und eine kirche hinwieder angerichtet werden könnte?
15 Beide Fassungen sind synoptisch ediert in A IV, 7, 424–648. Zur Genese s. ebd., S. 424–431. 433. 16 A IV, 7, 434, Z. 5–9. 17 A IV, 7, 576, Z. 13–16. Zu Leibnizʼ ‚Wortgebrauchspolitik‘ (Hermann Lübbe), welche die Bezeichnung ‚lutherisch‘ und das ganze Wortfeld vermeidet und dafür ‚evangelisch‘ einsetzt, vgl. Waldhoff: „Kirche - Konfession - Sekte“, S. 628–638.
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Das Motiv der anzustrebenden vollen Abendmahlsgemeinschaft bildet also gewissermaßen die Klammer um die unionstheologischen Argumentationen18. 18 Allerdings stimmt das Bild von der Klammer nicht ganz, denn auf eigenartige Weise und nicht sicher zu bestimmenden Gründen befinden sich zwei umfangreiche Argumentationsstränge, die sich gerade mit dem Abendmahl und seiner Deutung befassen, außerhalb dieser Klammer. Sie folgen nämlich am Ende des merkwürdig weitläufigen Epilogs (dass es sich um einen solchen handelt, zeigt A I, 16, 454, Z. 6f.). Nachdem die vierte Klasse der Streitfragen, in der die erste Fassung die Realpräsenz im Abendmahl abhandelt, mit einer Art Gebetsschluss („[...] dazu Uns beiderseit Got verhelfen wolle, üm seines lieben sohnß willen. Amen“; A IV, 7, 568, Z. 6) beginnt der Epilog, der allerdings im Manuskript nicht als solcher gekennzeichnet oder abgesetzt ist, mit der Frage: „Alhie fraget sich nun, waß die Unß communicirte Ku rtz e Vo rs te llung , vnd die daruf itz gestellete Unsere Antwort für nutz haben solle“? (ebd., 568, Z. 7f.). Auf die Antwort, nämlich nicht die bloße Toleranz, sondern eine wahre Union, ist noch zurückzukommen (s. u. bei Anm. 19 und 90). Die antwortenden Ausführungen enden in der soeben zitierten Aussage. Damit endet jedoch nicht das „Unvorgreiffliche Bedencken“, vielmehr folgen die beiden bereits angesprochenen Argumentationsstränge, welche die Akzeptanz der Realpräsens Christi im Abendmahl seitens der Reformierten ermöglichen wollen einmal durch eine philosophische Beweisführung (ebd., 576, Z. 21; 596, Z. 19) und zum anderen mittels eines Autoritätsbeweises (v. a.) aus Calvin und den calvinistischen Bekenntnisschriften (ebd., 596, Z. 20; 646, Z 11). Diese eigenartige Anordnung, welche die Argumentation zur Realpräsenz in zwei Teile zertrennt, verlangt nach einer Erklärung. Da über die Intention der Autoren in diesem Punkt nichts überliefert ist (außer indirekt dadurch, dass Leibniz in der zweiten Fassung die Einheit der Argumentation hergestellt hat, indem er die dazwischen liegenden Partien strich), muss es allerdings bei Vermutungen bleiben. Drei Erklärungsansätze seien vorgestellt: 1. Könnte es sich um eine Art Nachtrag handeln. Die für seine Zwecke günstigen Aussagen Calvins und verschiedener calvinistischer Bekenntnisschriften scheint Leibniz erst im Herbst 1698, also zu einem recht späten Zeitpunkt wahrgenommen zu haben (vgl. ebd., 428, Z. 19–23). Allerdings wäre wohl immer noch genügend Zeit für ihren Einbau an früherer Stelle gewesen, da, wie ein Brief über die Verteilung der Abschreib-Arbeit vom 3. (13.) Januar 1699 zeigt (A I, 16, N, 278), die ‚Reinschrift‘ der ersten Fassung erst Anfang 1699 erstellt wurde. 2. Könnte die eigenartige Stellung der wohl weitestgehend von Leibniz allein formulierten Partien (so auch I Backus: „Leibnizʼs Conceptions of the Eucharist 1668–1699 and his Use of 16th Century Sources in the Religious Negotiations between Hanover and Brandenburg“, in: Li, Poser und Rudolph [Hrsg.]: Leibniz und die Ökumene, S. 171–214, hier S. 172) einen gewissen Dissens mit seinem Koautor dokumentieren: Molanus wäre demnach nicht vollständig einverstanden gewesen und hätte Leibnizʼ Argumentation nur als eine Art Appendix akzeptiert. Allerdings ist ein derartiger Dissens weder zu belegen, noch wahrscheinlich zu machen. 3. Könnte diese Stellung im Gegenteil als Hervorhebung verstanden werden. Dafür spricht die Art, wie diese beiden Argumentationsstränge an das Vorangehende angeschlossen sind. Auf die eben zitierte Frage, ob nicht eine Union geschaffen werden könne, die lutherische und reformierte Christen um einen Altar versammelt, antwortet das „Unvorgreiffliche Bedencken“: „Wir sagen Jn Gotteß nahmen Ja. Mit dem articul de persona Christi et praedestinatione una cum annexis, hatt eß, aus obigen, nun mehr seine gewiesene wege, vnd also die bloße frage übrig de substantiali corporis et sanguinis Christi praesentia in S. Caena. Wen dieseß gehoben, so were alles gehoben“. (A IV, 7, 576, Z. 17–20). – Und hier schließt Leibniz mit seiner Argumentation an, um zu zeigen, wie dieser letzte Dissens (soweit er nach den zitierten calvinischen und calvinistischen Aussagen ein solcher ist) schließlich zu heben wäre. Wenn der Dissens über die theologische Interpretation des Abendmahls gehoben ist, dann wird das Abendmahl von einem hauptsächlichen Grund der Trennung zum Zeichen der brüderlichen Einheit. Allerdings hat Leibniz in der zweiten Fassung die so entstandene Unterbrechung der Ausführungen zum
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Um dieses Ziel zu erreichen, war zunächst eine Einmütigkeit in der Lehre zu schaffen, die zwar nicht sämtliche dogmatischen Differenzen ausräumen, aber doch zur übereinstimmenden Erkenntnis führen musste, dass etwaige noch bestehende Unterschiede das Fundament des Glaubens nicht tangierten und deshalb nicht kirchentrennend sein müssten. Wenn dieses Ziel erreicht worden wäre, hätten in einem weiteren Schritt liturgische Formeln geschaffen werden müssen, die es Christen aus beiden Konfessionen erlaubt hätten, zum nun gemeinsamen Altar „ohne den geringsten anstoß des gewißenß“ zu treten. Leibniz wie Molanus lehnten nämlich, wie sie an diesen Stellen erklären, eine bloße gegenseitige Duldung (unio virtualis) ab, vielmehr strebten sie entschieden eine unio actualis an, eine „gentzliche und zwar würckliche vereinigung“19. Auf den Weg zur Einheit in der Lehre sollte das „Unvorgreiffliche Bedencken“ führen. Hier galt es, im Blick auf die Abendmahlsgemeinschaft vor allem, einen Grundkonsens in der Abendmahlslehre zu erzielen. Dogmatische und liturgische Fragen waren dadurch unlösbar miteinander verknüpft20. Das gilt es im Gedächtnis zu behalten, auch wenn hier Leibnizʼ Verständnis der Sakramente im Allgemeinen und des Abendmahls im Besonderen nicht untersucht werden kann. Der Folgeschritt in die liturgische Gestaltung ist dann allerdings unterblieben, nicht allein, weil die Verständigung über die Lehre schon nicht gelungen ist, sondern auch aus Gründen, die auf paradoxe Weise mit dem Beharren auf der unio actualis zusammenhängen. Darauf wird im vierten Abschnitt zurückzukommen sein. Im Gespräch mit den Katholiken war die Frage der Liturgie nicht weniger bedeutend. In die Rolle eines Katholiken geschlüpft hat Leibniz die Kircheneinheit dahingehend beschrieben, dass die Teilhabe am eucharistischen corpus Christi verum Zeichen der Teilhabe am corpus mysticum der Kirche sei21. Bevor darauf der dritte Abschnitt eingehen kann, müssen einige allgemeine Beobachtungen Abendmahl durch den Epilog beseitigt, indem er diesen gestrichten hat. Ob er dadurch die Konsistenz der Argumentation zum Abendmahl verbessern wollte (vgl. Backus: „Leibnizʼs Conceptions“, S. 184f.) oder ob er andere Gründe für die Streichung gehabt hat, kann hier nicht diskutiert werden. 19 A IV, 7, 434, Z. 1–5; Zitat: Z. 3f. Die entsprechende Stelle im Epilog: ebd., 576, Z. 11f. Zum Beharren auf der wahren Union vgl. Backus: „Leibnizʼs Conceptions“, S. 181–183, und C. Rösler: „Negotium irenicum – Versuche eines innerprotestantischen Ausgleichs von G. W. Leibniz und D. E. Jablonski“, in: Li, Poser und Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene, S. 137–157, hier S. 142. 20 Zum Zusammenhang von wahrer Union, Abendmahlsgemeinschaft, Lösung der mit der Realpräsenz verbundenen theologisch-philosophischen Probleme und der Frage des Ritus vgl. ebd. 21 „Notissimum est Sacramentum veri corporis Christi etiam ad mystici corporis hoc est Ecclesiae catholicae Unitatem agnoscendam semper valuisse, nec nisi illum in Ecclesia catholica esse censeri, qui cum illis Ecclesiis communicat, [...]“ (A IV, 6, 719, Z. 5–7.) Die Aufzeichnung ist wohl um 1685, im Vorfeld des „Examen religionis christianae“ entstanden. Rudolph: „Res publica christiana“, S. 30f., macht darauf aufmerksam, dass sich bisher Belege für Leibnizʼ Bezeichnung der Kirche als corpus mysticum nur in diesem Kontext finden lassen. Zum Zusammenhang von Eucharistie und Kirche in der Wendung corpus mysticum s. o. Anm. 12.
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zum theologischen Interesse an der Liturgie im konfessionellen Zeitalter eingeschoben werden. 2. ASPEKTE DES KONFESSIONELLEN BLICKS AUF DIE LITURGIE Wie kein anderes Element des christlichen Lebens war in der Reformation der Gottesdienst Gegenstand der theologischen Rückbesinnung und der Reform, damit auch der Kritik und der Auseinandersetzung22.
Die Auseinandersetzung um den rechten Gottesdienst wurde in der Überzeugung (jedenfalls auf reformatorischer Seite), in einem apokalyptischen Konflikt zu stehen, geradezu „als Kampf um Leben und Tod begriffen und dementsprechend kompromißlos geführt“23. Die zentrale Bedeutung der Liturgie beschränkte die Auseinandersetzungen nicht auf ihre theologische Grundlegung und ihren religiösen Kern, sondern erstreckte sich auch auf die liturgischen Zeremonien. Selbst dort, wo überkommene Riten bekämpft, lächerlich gemacht und schließlich abgeschafft wurden, geschah dies häufig in ritualisierten Formen24. Vor allem aber mussten die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen ihnen angemessene Liturgien schaffen, entweder indem ihnen eher konservativ „die Normativität des Evangeliums [...] als kritischer Maßstab“ zur Reform des überkommenen Gottesdienstes diente (wie bei Lutheranern und Anglikanern) oder radikaler zur Schaffung neuer Formen führte (vor allem bei Zwingli und den radikalen Reformatoren)25. So erklärt Marcus Twellmann die Ansicht, „die Ablehnung des Zeremoniellen sei auf die Reformation zurückzuführen“, als Vorurteil einer nachaufklärerischen, reduktionistischen Interpretation26. Die Bedeutung der Liturgie im konfessionellen Zeitalter liegt ebenso auf der Hand: „Es ist unbestreitbar, dass liturgische Praktiken in der Moderne eine wichtige Rolle bei der Bildung konfessioneller Identitäten gespielt haben“27. Diese 22 D. Wendebourg: Art.: „Gottesdienst. 2. Evangelisch“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 4, Stuttgart und Weimar 2006, Sp. 1040–1043, hier Sp. 1040. 23 P. Cornehl: Art.: „Gottesdienst VIII. Evangelischer Gottesdienst von der Reformation bis zur Gegenwart“, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 14, Berlin und New York 1985, S. 54– 85, hier S. 54. 24 Dies hat zuerst R. W. Scribner: „Ritual und Reformation“, in: R. Po-chia Hsia (Hrsg.): The German People and the Reformation, Ithaca, London 1988, S. 122–144, herausgestellt. Er bezeichnet die Reformation (in Anlehnung an Victor Turner) geradezu als „ritual process“ (ebd., S. 126 u. ö.), ein Begriff, der von E. Muir: Ritual in Early Modern Europe (= New Approaches to European History 33), Cambridge 22005, S. 202, aufgegriffen wird, um die einschneidende Wirkung der Reformation in der europäischen rituellen Praxis zu benennen. 25 Wendebourg: Art.: „Gottesdienst“, Sp. 1041. 26 Twellmann: „Das andere Zeremoniell“, S. 49. 27 Ch. Grosse: „Liturgische Praktiken und die Konfessionalisierung des kollektiven Bewusstseins der Reformierten. Das Beispiel Genf“, in: J. Brademann und K. Thies (Hrsg.): Liturgisches Handeln als soziale Praxis. Kirchliche Rituale in der Frühen Neuzeit (= Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme 47), Münster 2014, S. 207–234, hier S. 208. Ähnlich betonen J. J. Schmid: „‚No bishops, no King‘ – die ‚religio monarchica‘ als
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Funktion konnten sie nicht nur deshalb übernehmen, weil “die Institutionen des Gottesdienstes keinen separaten kirchlichen Bereich für sich“ bildeten, vielmehr „insgesamt das öffentliche wie das private Leben, [...] Alltag und Sonntag, die Woche und das Jahr, die Feste der Familie und die Feiertage des Staates“ prägten28 Die Liturgie war für die Ausbildung, Verfestigung und Schärfung des jeweiligen konfessionellen Profils nicht zuletzt deshalb besonders hilfreich, weil sie in ihrer äußeren Gestalt und ihrem Vollzug unmittelbar sinnenfällig war29. Sie bot (je nach Konfession in abgestuftem Umfang) mannigfache sinnliche Reize und zugleich Unterscheidungsmerkmale – im katholischen Maximalfall akustischer (Gebet, Predigt, Lied, Instrumentalmusik, Glocken), optischer (Zeremoniell, künstlerische Kirchenausstattung) und olfaktorischer (Weihrauch) Art30. Kurz: An der unterschiedlichen Sakramentspraxis ließen sich die entstehenden Konfessionsgemeinschaften rein äußerlich am besten erkennen31.
Zugleich musste ihre Veränderung heftige Proteste vor allem im Kirchenvolk provozieren, wie auch Leibniz wusste:
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unbeachtetes Element der Konfessionalisierungsdebatte“, in: Th. Brockmann und D. J. Weiß (Hrsg.): Das Konfessionalisierungsparadigma – Leistungen, Probleme, Grenzen (= Bayreuther Historische Kolloquien 18), Münster 2013, S. 165–181, hier S. 169, dass „Liturgie und Gottesdienst Hauptausweise jeder ‚Konfession‘“ waren, und K. G. Sander: „Lex orandi – lex credendi? Systematische Reflexion auf unterschiedliche theologische Verhältnisbestimmungen von Liturgie, Glaube und Leben“, in: J. Bärsch und B. Schneider (Hrsg.): Liturgie und Lebenswelt. Studien zur Gottesdienst- und Frömmigkeitsgeschichte zwischen Tridentinum und Vatikanum II (= Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 95), Münster 2006, S. 33–46, hier S. 42, „dass die Konfessionalisierung oft gleichermaßen liturgisch wie theologisch betrieben wurde“. Cornehl: Art.: „Gottesdienst“, S. 59. „Bei der Breite der Bevölkerung ist der gesamte Bereich dessen, was Auge und Ohr unmittelbar erreicht, für die Orientierung des Glaubens entscheidend. [...] Deshalb sind die Konflikte an den Details so schnell entflammbar gewesen“. (R. Volp: Liturgik. Die Kunst, Gott zu feiern, Bd. 2: Theorien und Gestaltung, Gütersloh 1994, S. 766f.). Zur Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung für die Religion und speziell die Liturgie s. M. Milner: „The Senses in Religion: Towards the Reformation of the Senses“, in: H. Roodenburg (Hrsg.): A Cultural History of the Senses in the Renaissance (= A Cultural History of the Senses 3), London 2014, S. 87–105. Stollberg-Rilinger: Rituale, S. 238. Vgl. auch ebd., S. 58: „Die Entstehung der verschiedenen christlichen Konfessionskirchen lässt sich daher als Geschichte eines tiefgreifenden Ritualwandels schreiben [...]“; vgl. aber relativierend u. bei Anm. 45. Dabei ist zu beachten, dass die drei im Reich offiziell zugelassenen Konfessionen, Katholiken, Lutheraner und Reformierte, in ihren Liturgien noch deutlicher abgrenzbarer waren als heute, besonders die beiden protestantischen Konfessionen, da der lutherische Gottesdienst im äußeren Eindruck häufig dem katholischen noch recht ähnlich war (u. a. in der Benutzung von Messgewändern in der Abendmahlsfeier, Elevation der Hostie, Niederknien bei der Konsekration); vgl. W. Brückner: „Konvergenzen und Divergenzen der Konfessionalisierung in vergleichendem Blick auf die populäre praxis pietatis“, in: Brockmann und Weiß (Hrsg.): Das Konfessionalisierungsparadigma, S. 87–99, hier S. 93–97.
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Stephan Waldhoff Die Kirchen-Gebräuche fallen freylich mehr in die Augen, aber eben deswegen würde die Aenderung, die man darinn aufdringen wollte, die Gemüther desto mehr erregen32.
So ist es auch kein Zufall, dass die eigentliche liturgiewissenschaftliche – und das hieß vor allem: liturgiehistorische – Forschung in der Zeit der konfessionellen Konflikte einsetzte33. Wie die kontroverstheologischen Auseinandersetzungen einen fruchtbaren Nährboden für die Erforschung der Kirchen- und Dogmengeschichte boten, so auch für die Erforschung der Liturgiegeschichte. Noch der – irenisch gesinnte – Christoph Matthäus Pfaff (1686–1760) konnte von der Lehre der Liturgie sagen: „Überhaupt dient dieses Studium am meisten einer solideren Behandlung der Kontroverstheologie“34. Der theologischen Befestigung und Verteidigung der Orthodoxie musste eine solche der Orthopraxis zur Seite treten35. Nicht allein die theologische Lehre galt den protestantischen Theologen als durch Menschensatzung von den reinen Anfängen entfremdet und verderbt, sondern auch das gottesdienstliche Handeln und das fromme Tun. Dementsprechend suchte man in der Geschichte nach Überlieferungen des ursprünglichen Gottesdienstes wie nach Belegen für seine spätere Deformation. Umgekehrt waren katholische Theologen bemüht die überkommene Liturgie, jedenfalls in ihren wichtigsten Zügen, möglichst bis in die apostolische Zeit zurück zu verfolgen36. 32 Sammlung einiger Vertrauten Briefe, welche zwischen Gottfried Wilhelm von Leibnitz, und [...] Daniel Ernst Jablonski, auch andern Gelehrten [...] gewechselt worden sind, hrsg. von J. E. Kapp, Leipzig 1745, S. 398. Das Zitat stammt aus einer Stellungnahme zu einer 1703 unter dem Titel Entwurf Evangelischer und sehr leichter Mittel zur Vereinigung der Protestirenden erschienen Flugschrift. 33 L. Eisenhofer: Handbuch der katholischen Liturgik, Bd. 1: Allgemeine Liturgik, Freiburg im Breisgau 21941, S. 134–136. 34 „Denique ad theologiam polemicam solidius tractandam hoc studium vel maxime pertinet“. (Zitiert in: L. Fendt: Einführung in die Liturgiewissenschaft [= Sammlung Töpelmann. Zweite Reihe 5], Berlin 1958, S. 8f.). 35 Entsprechend stellt Leibniz in dem Entwurf eines Vorworts zu der von ihm geplanten lateinischen Übersetzung von Jacques-Bénigne Bossuets Lʼexposition de la doctrine catholique (1671) unter den Punkten, in denen Bossuets Erklärungen die Protestanten nicht zufriedenstellen könne, nicht zuletzt Aspekte der liturgischen Praxis, die Kommunion unter einer Gestalt (A IV, 3, 195, Z. 20f.) und die Verehrung der konsekrierten Hostie (ebd., Z. 12f.), heraus. In einer anderen Aufzeichnung, die wiederum die katholische Perspektive einnimmt, zählt er zunächst Aspekte des Kultes auf, die den Anstoß der Protestanten erregen (A IV, 7, 827, Z. 2–21), um dann erst mit der Bemerkung: „Hactenus de illis dixi aliquid qui Praxin Ecclesiae potissimum improbant, venio ad eos qui se Dogmata ejus approbare posse negant, [...]“ (ebd., S. 828, Z. 1f.), zur Lehre überzuleiten. 36 Wie S. Ditchfield: Liturgy, Sanctity and History in Tridentine Italy. Pietro Maria Campi and the Preservation of the Particular (= Cambridge Studies in Italian History and Culture), Cambridge 1995, S. 6, mit Blick auf das prominenteste katholische kirchengeschichtliche Werk der Zeit, die Annales ecclesiastici des Caesar Baronius bemerkt: „In it, some 14,000 columns of text published in twelve folio-sized volumes were organized with painstaking chronological thoroughness in support of a two-word thesis: semper eadem – ever the same; that is to say, to demonstrate the continuity the Roman Church had always professed with its apostolic origins“. Ditchfields sehr anregendes Buch arbeitet den engen Zusammenhang von erneuerter kirchlicher Historiographie und liturgischer Reform klar heraus, allerdings auf dem Gebiet der Heiligenverehrung, die hier im Folgenden keine Rolle spielen wird.
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Dem entsprach die Berücksichtigung der Liturgiegeschichte in der allgemeinen Kirchengeschichte, die keineswegs so marginal war, wie sie heute ist. Dies zeigt ein prototypisches Werk frühneuzeitlicher kirchlicher Historiographie, die Magdeburger Zenturien. Zu den 16 Themen (loci), in die der behandelte Stoff unterhalb der namengebenden Gliederung nach Jahrhunderten geordnet ist, gehört auch die Behandlung der Zeremonien und Riten der Kirche (De caeremoniis seu ritibus ecclesiae)37. Bereits bei der Konzeption des großen Geschichtswerks war die Bedeutung dieses Themas verschiedentlich betont worden38. Im Interesse seines kontroverstheologischen Beweisziels, das späte – und also als Menschensatzung zu qualifizierende – Auftauchen des Messkanons zu belegen, hat Matthias Flacius Illyricus, der Hauptinitiator der Zenturien, zudem 1557 eine Ausgabe mittelalterlicher Gebete veranstaltet, mit denen der Zelebrant die Messfeier begleiten sollte und die Flacius als ein frühes Ordinarium missae missverstanden hat. Diese Texte sollten später nach ihrem ersten Editor als Missa Illyrica benannt und berühmt werden39. Gegen die traditionelle Sicht, die das neu erwachte Interesse an der Kirchenund damit auch der Liturgiegeschichtsschreibung allein mit kontroverstheologischen Motivationen erklärte40, hat allerdings Simon Ditchfield die innerkirchliche Bedeutung der historia sacra betont. In der katholischen Kirche spielte die Historiographie eine wichtige Rolle in der Erneuerung der Liturgie, die das Konzil von Trient angestoßen hatte: Bevor Caesar Baronius die Annales ecclesiastici verfasste, arbeitete er an der Reform des Martyrologs, die ihren Niederschlag in dem 1586 promulgierten Martyrologium Romanum fand41. In der katholischen Kirche 37 H. Scheible: Die Entstehung der Magdeburger Zenturien. Ein Beitrag zur Geschichte der historiographischen Methode (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 183), Gütersloh 1966, S. 9f. Vgl. auch Scheibles Charakterisierung: „Der Inhalt ist jedoch schon vor allem dogmen- und liturgiegeschichtlicher Art; die wichtigsten Quellen sind die alten Agenden“. (S. 62). Nach Ditchfield: Liturgy, S. 276, nimmt der einschlägige vierte locus bis zu einem Drittel der Zenturien ein. Nicht nur viel knapper als in den Zenturien selbst, sondern enttäuschend unergiebig wird das Thema abgehandelt von H. Bollbuck: Wahrheitszeugnis, Gottes Auftrag und Zeitkritik. Die Kirchengeschichte der Magdeburger Zenturien und ihre Arbeitstechnik (= Wolfenbütteler Forschungen 138), Wiesbaden 2014, S. 364–366. 38 Scheible: Die Entstehung der Magdeburger Zenturien, S. 19 (Caspar von Niedbruck); S. 48 (François Baudouin). 39 M. Flacius Illyricus: Missa Latina, quae olim ante Romanam circa 700. Domini annum in usu fuit, bona fide ex vetusto authenticoque codice descripta, Straßburg 1557. Zur Benutzung durch Leibniz s. u. bei Anm. 137. 40 Beispielhaft etwa: „Die protestantische Kirchengeschichtsschreibung ist ausschließlich durch die Bedürfnisse der konfessionellen Polemik hervorgerufen worden“. (E. Fueter: Geschichte der Neueren Historiographie [= Handbuch der Mittelalterlichen und Neueren Geschichte Abt. 1], München und Berlin 1911, S. 246). 41 S. Ditchfield: „‚Historia magistra sanctitatis‘? The Relationship between Historiography and Hagiography in Italy after the Council of Trent (ca. 1564–1742)“, in: Studies in Medieval and Renaissance History. Third Series 3 (2006), S. 159–184, hier S. 160. Zur protestantischen Seite bemerkt der Autor ebd.: „Before the Magdeburg Centuries were published (1562–74), four major Protestant martyrologies were issued within the space of a single decade (1552– 1559) by Ludwig Rabus, Jean Crespin, Adriaen van Haemstede, and John Foxe“. Allerdings
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konnten sowohl Reformimpulse die liturgiegeschichtliche Forschung motivieren, wie bereits in ihren Anfänge der bei Georg Cassander42, als auch die Verteidigung regionaler43 oder nationaler Traditionen44 angesichts der Vereinheitlichungstendenzen der Liturgiereform nach dem Trienter Konzil. Freilich hatte sich in der und durch die Reformation das Verhältnis von Lehre und Liturgie verschoben. Das altkirchliche Theologumenon lex orandi – lex credendi, „das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens“, sah in der Liturgie eine Glaubensnorm, aus der theologische Erkenntnis gewonnen werden konnte45. Zwar war bereits in der Scholastik die tatsächliche Bedeutung dieses Axioms erheblich gesunken46, aber vor allem durch den anderen „Ansatzpunkt der reformatorischen Theologie“ kam es zu einer Umwertung, weil sich der reformatorische Gottesdienst infolge des Ursprungsanliegens der Reformation schon anfänglich gegenüber der theologischen (exegetischen und dogmatischen) Interpretation der Erlösungs- und Kirchenlehre auszuweisen hatte47.
Man könnte demnach die Wendung geradezu umkehren: lex credendi – lex orandi48. Ohnehin musste das ursprüngliche Axiom an argumentativer Kraft verlieren in dem Maße, in dem sich die überkommene Liturgie als historisch gewordene erweisen ließ. Leibnizʼ theologisches Interesse an der Liturgie war nun nicht von der Abgrenzung und Befestigung der Konfessionen, sondern von dem Wunsch nach ihrer Vereinigung geprägt. Gleichwohl folgte seine Beschäftigung mit der Liturgiege-
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waren diese protestantischen Werke keine liturgischen Bücher wie das Martyrologium Romanum, sie dienten vielmehr dem Trost und der Erbauung. A IV, 6, 366, Z. 19–24. Dies ist das Thema von Ditchfield: Liturgy. Vgl. B. Neveu: „Mabillon et lʼhistoriographie gallicane vers 1700: Érudition ecclésiastique et recherche historique au XVIIe siècle“, in: Ders.: Érudition et religion aux XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1994, S. 175–233, hier S. 195–202. A. Schilson: Art.: „Lex orandi – lex credendi“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 31997, Sp. 871f. Es ist symptomatisch, dass in den wegweisenden De locis theologici libri XII (1563) des Melchior Cano die Liturgie unter den Quellen, aus denen sich die theologische Erkenntnis speist, nicht mehr angeführt wird; vgl. Schilson: Art.: „Lex orandi – lex credendi“, Sp. 871, und Sander: „Lex orandi – lex credendi“, S. 34. Ebd., S. 39f. Entsprechend hat Leibniz den Autor der in Anm. 32 genannten anonymen Flugschrift kritisiert: „Der Herr Autor, so sich zu den Reformirten bekennet, vermeynet auch, man habe übel gethan, daß man von Vereinigung der streitigen Meynungen der Theologen angefangen, sey eben als wenn man ein Haus zu bauen vom Dach anfangen wollte, meynet man solle von der Gleichförmigkeit des Gottesdienstes und der Geistlichen Interesse den Anfang machen pag. 45. Allein die Lehre ist ja mehr dem Grund und die Kirchen-Gebräuche dem Dach zu vergleichen“ (Kapp: Sammlung einiger Vetrauten Briefe, S. 398). So hat ein heutiger evangelischer Systematiker in seine Darstellung der „Elemente theologischer Urteilsbildung“ zwar einen Abschnitt „Lex orandi – lex credendi“ aufgenommen, aber den Sinn der Formel geradezu umgedreht, wenn er erklärt: „Die Gebetsregel gibt Glaubensgründe zu erkennen – das heißt: ohne Klarheit des Glaubens läßt sich nicht recht beten“. (G. Sauter: Zugänge zur Dogmatik. Elemente theologischer Urteilsbildung, Göttingen 1998, S. 160).
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schichte ähnlichen Mustern – und das nicht nur, weil sie in großen Teilen von der kontroverstheologisch motivierten Literatur abhängig war. Leibniz hat, wie das seinerzeit üblich war, einen guten Teil seiner theologiegeschichtlichen Quellenkenntnis aus zweiter Hand erworben und somit zumeist aus Werken, in denen die herangezogenen Quellenzitate kontroverstheologischen Argumentationen dienstbar gemacht wurden49. Wenn er gleichwohl nicht einfach in diesen Schemata befangen blieb, sondern durchaus neue und eigenständige Überlegungen entwickelte, hatte dies wohl hauptsächlich zwei Gründe. Zum einen bot seine dreißigjährige Arbeit an der Geschichte des Welfenhauses die Chance, immer wieder auf Quellenaussagen zu stoßen, die er in ihrem ursprünglichen Kontext vorfand ohne Einpassung in ein dogmatisches System oder ein polemisches Argument. Zum anderen verhinderte seine Bereitschaft, sich in die Position seines Gegenübers zu versetzen, die Gefahr, die kontroverstheologischen Implikationen unbesehen zu übernehmen. Ein beträchtlicher Teil seiner Schriften und Aufzeichnungen, die der Reunion mit der katholischen Kirche gewidmet sind, hat er denn auch unter der Maske eines irenisch gesinnten Katholiken verfasst50. Dass sein Interesse nicht nur an theologie-, sondern auch an liturgiegeschichtlichen Themen groß war, zeigen sogar einschlägig interessierte Stellen, die Aloys Pichler in Leibnizʼ historiographischem Hauptwerk, den Annales imperii occidentis Brunsvicenses, sammeln konnte51. Dabei hat dieses Werk mit liturgischen Fragestellungen an sich nicht zu tun, vielmehr handelt es sich um einen Teil seiner groß angelegten Geschichte des Welfenhauses und ihrer niedersächsischen Territorien. Das hat Leibniz freilich nicht gehindert, seinem liturgiegeschichtlichen Interesse freien Lauf zu lassen. Schon in einem frühen, Anfang 1691 entstandenen Entwurf des Geschichtswerkes erwähnte er in den wenigen – und fast ausschließlich kirchengeschichtlich interessierten – Zeilen, die er der Geschichte des Welfenhauses im 16. Jahrhundert widmete, „wie der Pabst Herzog Heinrichen dem jüngern erlaubt das Heilige abendmahl unter beyder gestalt einführen zu laßen“52. Gegenüber seinen an der Geschichte ihrer Dynastie interessierten Auftraggebern 49 Zu den Praktiken und Problemen seiner kirchen- und theologiegeschichtlichen Arbeit vgl. St. Waldhoff: „Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen in Leibnizʼ ökumenischen Schriften“, in: Li, Poser und Rudolph (Hrsg.): Leibniz und die Ökumene, S. 95–135, hier S. 100–114. 50 Dies gilt vor allem für das „Examen religionis christianae“ (A VI, 4 C, 2355–2455; früher als Systema theologicum bekannt) und die in seinem Vorfeld entstandenen umfangreichen Entwürfe (A IV, 3, 225–233; 260–298; A IV, 6, 713–763; A IV, 7, 824–830; A VI, 4 C, 2298– 2355). Rösler: „Negotium irenicum“, S. 150, hat im Blick auf Leibnizʼ Bemühen, den Standpunkt des anderen einzunehmen, von einem „hypothetischen Imperativ“ gesprochen, „den man so formulieren könnte: ‚Handle so, dass du, um Rückschläge zu vermeiden, den Standpunkt des andern berücksichtigst‘“. Im Anschluss daran nennt sie dieses Prinzip „Leibnizʼ diplomatischen Perspektivismus“. 51 Vgl. die Nachweise in Pichler: Die Theologie des Leibniz, S. 377, Anm. 2; S. 386, Anm. 4 (s. u. Anm. 78); S. 389, Anm. 2 (s. u. Anm. 71). 3; S. 390, Anm. 2 (s. u. Anm. 79). Pichler führt in dem der Liturgie gewidmeten Kapitel weitere Stellen aus den Annales imperii an, die sich jedoch nicht direkt auf liturgiegeschichtliche Beobachtungen beziehen. 52 A I, 6, 29, Z. 18f.
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nahm er sich die Lizenz zur Behandlung derartiger, zur Haus- und Landesgeschichte nicht oder bestenfalls am Rande gehörender Themen mit der Erklärung, er wolle sich „nicht alzu sehr in Landsparticularitäten und minutien“ verlieren, vielmehr sei es nötig, ein und anders vorzubringen und zu entdecken, so auff die Universalia gehet, und andern zum exempel, und dem werck zur zierde dienen kann53.
Dem Bollandisten Daniel Papebroch erklärte er: Weil jedoch die Rechte der Fürsten häufig aus der Geschichte das rechte Licht erhalten, ist mir nicht selten von daher ein Vorwand und ein Grund gegeben, zu unserer Vergnügen zurückzukehren54.
Auch wenn diese „Vergnügen“ sicher nicht speziell die Geschichte der Liturgie meint, haben die vorangehenden Belege doch gezeigt, dass Leibnizʼ historisches Interesse stark auf die Kirchengeschichte und hier insbesondere auf die Geschichte der theologischen Lehrmeinungen und des kirchlichen Lebens, weniger auf die bestimmter kirchlicher Institutionen wie Bistümer oder Klöster ausgerichtet war. Dieses Interesse war – wie auch das seines Briefpartners Papebroch – nicht selbstgenügsam, sondern zielte auf kirchenpolitische Fragen der Gegenwart und besonders der (Wieder-)Vereinigung der getrennten Kirchen55. Hier kam der Liturgie, wie gezeigt worden ist, große Bedeutung zu. 3. RITENGENESE UND PRÄZEDENZFÄLLE: ZU LEIBNIZʼ EINSATZ LITURGIEGESCHICHTLICHER ARGUMENTE IM GESPRÄCH MIT KATHOLIKEN Im Gespräch mit Katholiken lassen sich vor allem zwei, eng miteinander verknüpfte Argumentationsmuster herausarbeiten, die Leibniz ins Spiel zu bringen gedachte. Zum einen konnte der Nachweis abweichender liturgischer Praktiken in früheren Zeiten das Gewordensein der derzeitig gültigen Riten belegen und sie somit in ihrem Anspruch relativieren, die ungebrochene Tradition zu repräsentieren. Zum anderen boten Beispiele eines von der aktuellen Praxis abweichenden, aber akzeptierten oder jedenfalls tolerierten Brauches Präzedenzfälle, die zeigten, dass die rubrizistischen Normen56 der katholischen Kirche keineswegs so uniform 53 A I, 8, 17, Z.16–19. 54 „Quia tamen saepe jura Principum ex Historia lucem capiunt, inde mihi non raro praetextus ac ratio datur ad delicias nostras redeundi“. (Vom 10. Sept. 1696; A I, 13, 250, Z. 1–3.) 55 Dies dürfte selbst für Leibnizʼ (sehr sporadische) Marginalien in dem von Antoine Arnaud anonym veröffentlichten Werk La perpetuité de la foy de lʼéglise catholique touchant lʼeucharistie, deffendue contre le livre du sieur Claude, ministre de Charenton, Paris 1669 (GWLB, Leibn. Marg. 209) gelten, obwohl sie auf den ersten Blick eher selbstgenügsamantiquarisch wirken. 56 Die Rubrizistik verstand (um eine pointierte Formulierung zu zitieren) „die Liturgie als ein zeremonielles und dekoratives Protokoll“ (L. van Tongeren: „Eine gemeinsame Zielrichtung: Die Ritual Studies und die Entwicklungen in der Liturgiegeschichtsforschung“, in: B. Krane-
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und starr sein mussten, wie mancher katholische Gesprächspartner es darstellen mochte. Zudem konnte unter Hinweis auf derartige Präzedenzfälle die Akzeptanz oder jedenfalls Tolerierung entsprechender, in den protestantischen Kirchen geübter Bräuche gefordert werden. Beide Argumentationsmuster, der Verweis auf die historische Aus- und Umbildung der liturgischen Riten und die Berufung auf Präzedenzfälle, sollen im Folgenden beispielhaft an der Frage des Laienkelchs dargestellt werden. Dabei beginnen wir mit dem zweiten Argumentationsmuster, der Berufung auf Präzedenzfälle. Der klassische Präzedenzfall war in Leibnizʼ Augen der Kompromiss des Konzils von Basel mit dem gemäßigten Flügel der Hussiten, der ihnen den Laienkelch gewährte, weshalb sie, da sie die Laienkommunion sub utraque specie empfangen durften, als Utraquisten bezeichnet wurden (oder nach dem Kelch Calixtiner). Dieser Präzedenzfall war für ihn deshalb so interessant, weil er eine Erlaubnis erteilte gegen einen Beschluss des vorausgegangenen Konzils von Konstanz, das in seinem Dekret Cum in nonnullis die Laien auf die Kommunion unter einer Gestalt, nämlich nur der des Brotes, festgelegt hatte57. Wenn die Basler Konzilsväter gegen das Konstanzer Dekret entscheiden konnten und diese Entscheidung von Papst Eugen IV. akzeptiert wurde, müsse es auch möglich sein, von Bestimmungen des Konzils von Trient zugunsten einer Einigung mit den Protestanten abzuweichen, wie er gegenüber Jacques-Bénigne Bossuet argumentierte58. Zumal, wie er einem weiteren katholischen Gesprächspartner aus Frankreich, Paul Pellisson-Fontanier, erklärte, das Ereignis „umso mehr Betrachtung“ verdiene, als es scheint, dass es der offensichtlichste Weg ist, den die Vorsehung offengelassen hat, um das Schisma ohne Blutvergießen zu beenden59.
Die Gewährung der Kelchkommunion für die gemäßigten Hussiten war Leibnizʼ prominentester, aber nicht sein einziger Präzedenzfall. Sein Hinweis, dass der Papst Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg erlaubt habe, mann und P. Post [Hrsg.]: Die modernen „Ritual Studies“ als Herausforderung für die Liturgiewissenschaft – Modern Ritual Studies as a Challenge for Liturgical Studies [= Liturgia condenda 20], Löwen 2009, S. 111–132, hier S. 115). Vor allem suchte die Rubrizistik in Zweifelsfragen die Klärung in einem normativen System statt in der historischen Genese der Liturgie, was sie zur Zielscheibe der Kritik der historisch-genetisch arbeitenden Liturgiewissenschaft im 20. Jh. gemacht hat. – In den ebenfalls pointierten Worten eines Kritikers dieser Kritik: „This last term [= rubricism] in particular, has become a value-laden symbol – perhaps second only to Inquisition – of all that was reactionary and wrong with the Tridentine Church“. (Ditchfield: Liturgy, S. 19). 57 Vgl. H. Denzinger: Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, verb., erw., ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von H. Hoping hrsg. von P. Hünermann, Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 371991, Nr. 1198–1200, S. 436-438. 58 Am 8./18. April 1692; A I, 7, 310, Z. 31; 312, Z. 15. Mit demselben Brief schickte Leibniz einen die Kelchkommunion betreffenden Auszug aus den Iglauer Kompaktaten zwischen den Vertretern des Basler Konzils und den Utraquisten (5. Juli 1436); vgl. ebd., 315-317. 59 „Cela merite dʼautant plus de reflexion, quʼil semble, que cʼest la voye la plus apparente, que la providence a laissé ouverte, pour éteindre le Schisme sans effusion de sang“. (Vom 6. Mai 1692; A I, 7, 327, Z. 16f.).
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die Kommunion unter beiderlei Gestalt einzuführen, ist schon angeführt worden60. Auch bei anderen Gelegenheiten hat sich Leibniz entsprechende Präzedenzfälle notiert. Nur noch in einer Abschrift von Heinrich Julius Friedrich Busch ist eine Aufzeichnung erhalten, die Busch unter die Überschrift „Leibnizʼ Kollektaneen von der Kommunion unter beiderlei [Gestalt] in der päpstlichen Kirche selbst“ gestellt hat61. Als erstes Beispiel erwähnt Leibniz die Mönche von Cluny, die auch, wenn sie nicht selbst zelebriert hatten, die Kommunion unter beiderlei Gestalt empfingen62. – Ein Beispiel, das für den Laienkelch freilich nur bedingt Präzedenzcharakter besitzt. Zwei weitere Notizen beziehen sich auf die Krönung des französischen Königs, der in der Krönungsmesse unter beiderlei Gestalt kommunizierte. Leibniz nennt nicht nur den König, sondern auch die Königin, setzt aber relativierend hinzu, ob der Brauch für sie noch gelte wisse er nicht, da die auf beide bezogene Aussage frühere Zeiten im Blick habe. Abschließend zitiert er dazu die Schilderung der Krönung Ludwigs XIII. (1610), in der nur von der Kommunion des Königs berichtet wird63. Auch dieses Beispiel war für den gedachten Zweck nicht einwandfrei zu gebrauchen, hatte man doch seit dem späteren Mittelalter aus der Kommunion des französischen Königs sub utraque specie den umgekehrten Schluss gezogen: Sie sei ein Beleg, dass der Herrscher an der priesterlichen Würde teilhabe64.
60 A I, 6, 29, Z. 18f. 61 „Leibnitii Collectanea de communione sub utraque in ipsa Ecclesia Pontificia“ (A IV, 4, 541, Z. 15). Wie die Erwähnung der Acta eruditorum vom April 1691 (ebd., Z. 18f.) zeigt, muss die Aufzeichnung danach entstanden sein. Busch hatte eine Quellensammlung zusammengetragen zu den Reunionsverhandlungen des Cristobal de Rojas y Spinola im Reich, zu dessen wichtigsten Gesprächspartnern Molanus und Leibniz gehörten. Wegen kirchenpolitische Bedenken wurde der Druck der weitgehend fertiggestellten Ausgabe untersagt; vgl. G. Utermöhlen: „Handschriftliches Material von und über Christoph de Rojas y Spinola in der hannoverschen Landesbibliothek“, in: H. Otte und R. Schenk (Hrsg.): Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Rojas y Spinola – Molan – Leibniz (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 37), Göttingen 1999, S. 120–132, hier S. 124–129. 62 A IV, 4, 541, Z. 16–19. 63 Ebd., 541, Z. 20; 542, Z. 2. 64 Dabei ist es in der Tat so gewesen, dass die ursprünglich übliche Kelchkommunion der Laien im Falle des Königs einfach beibehalten wurde – und dadurch ihren Charakter änderte: „Auf den ‚Ordo von Reims‘ gehen wörtlich alle folgenden französischen Krönungsordnungen zurück; so blieben auch die Worte über die Kommunion unangetastet, die jetzt als Fremdkörper in eine gewandelte Welt hineinragten. Und gern hielt man sich an sie, denn nun hatte man eine weitere Begründung für die Sonderstellung des Königs unter den Herrschern, und zwar wiederum ein Argument, das ihn den Priestern näherte. [...] Die Geschichte des Privilegs besteht also einfach darin, daß der französische König – wie bei der Salbung – im Zustand des 12. Jahrhunderts verharrte und die Kirche das hinnahm“. (P. E. Schramm: Der König von Frankreich. Das Wesen der Monarchie vom 9. zum 16. Jahrhundert. Ein Kapitel aus der Geschichte des abendländischen Staates, Bd. 1, Darmstadt 21960, S. 159; vgl. auch ebd., S. 254). Allerdings ging der Wandel, der die Kelchkommunion zum konfessionellen Differenzmerkmal machte, nicht spurlos an dem Privileg vorüber. Kaiser Friedrich III. verzichtete 1452 bei der Kaiserkrönung auf sie, um nicht den Anschein zu erwecken, mit den Hussiten zu sympathisieren, und Heinrich IV. von Frankreich nahm sie nur bei seiner Krönung, aber nicht
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Ohnehin scheinen diese Präzedenzfälle nicht zum argumentativen Einsatz gekommen zu sein. Dasselbe trifft auf ein schönes Beispiel für das erstgenannte Argumentationsmuster zu, den Aufweis der historischen Genese der liturgischen Riten. Es bezieht sich ebenfalls auf die Kelchkommunion der Laien, auch wenn der Ausgangspunkt der Überlegungen ziemlich fern davon liegt. Leibniz geht nämlich von hölzernen Löffeln aus, die der Kirchenreformer Petrus Damiani dem Papst geschenkt hatte. Unter dem Gesichtspunkt des einfachen, wertlosen Materials kommt Leibniz auf die Materialität des Abendmahlkelches zu sprechen: Für den Kelch habe es ursprünglich keine Vorschriften gegeben, aber später habe man hölzerne Gefäße verboten, weil man Sorge hatte, etwas von dem konsekrierten Wein könne in das Holz ziehen und so verloren gehen. Dieser Gesichtspunkt führt ihn auf die Kelchkommunion der Laien: Mehr und mehr habe man befürchtet, es könne auch nur ein Tropfen vergossen werden und deshalb die Laien zuerst durch ein kleines Röhrchen, die fistula, aus dem Kelch trinken lassen, und schließlich, als die Lehre sich durchgesetzte, Leib und Blut Christi seien in beiden Abendmahlselementen vollständig gegenwärtig, den Laien die Kelchkommunion ganz verboten65. Diese Argumentation ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zunächst, weil sie den weiten geistigen Horizont aufscheinen lässt, vor dem Leibniz von banalen Informationen auf wichtige Fragen geführt werden und diesen aus unerwarteter Perspektive neue Aspekte abgewinnen konnte. Dann, weil seine historische Herleitung des Verbots des Laienkelches im Großen und Ganzen auch heute noch Bestand hat, und zwar sowohl, was die Gründe für die Ablehnung des Materials Holz66, als auch das Schwinden der Kelchkommunion bei den Laien und deren schließliches Verbot (allerdings erst auf dem Konstanzer Konzil 1415) betrifft67. Schließlich, weil sie eine kausal-historische Erklärung des Verbots anbietet und damit dessen Interpretation als antichristlichen Abfall von der Orthopraxis der Alten Kirche implizit verwirft. Leibnizʼ methodische Position lässt sich mit
(wie seine Vorgänger) auch sonst, um keinen Zweifel an seiner Konversion aufkommen zu lassen; vgl. M. Bloch: Die wundertätigen Könige, München 1998, S. 231. 65 Die Aufzeichnung ist bei J. F. Feller: Otium Hanoveranum sive miscellanea, ex ore et schedis ... Leibnitii, Leipzig 1718, S.205f., Nr. CXXXII, überliefert (danach abgedruckt in: Dutens 6,1, 322). 66 „Was dazu führte und führen mußte, Kelche aus Holz zu verbieten, war abgesehen von der Geringwertigkeit desselben namentlich auch der Umstand, daß eine genügende Ablution desselben nach Gebrauch kaum möglich war, weil das in ihnen befindliche heilige Blut notwendig mehr oder weniger in die Poren der Wandungen eindrang“. (J. Braun: Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner geschichtlichen Entwicklung, München 1932, S. 30. Vgl. auch ebd., S. 32f., 37, 39f., 45, 47f., zur sehr seltenen Bezeugung und zum häufigen Verbot hölzerner Kelche). Zu Konstanz s. u. Anm. 57. 67 R. Kaczynski: Art.: „Kelchkommunion“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 5, Freiburg im Breisgau, Basel, Wien 31996, Sp. 1385. K. Ganzer: Art. „Laienkelch. I. Historischtheologisch“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 31997, Sp. 600f. J. A. Jungmann: Missarum sollemnia. Eine genetische Erklärung der Römischen Messe, Bd. 2, Freiburg im Breisgau, Basel und Wien 51962, S. 474–481.
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einer Formulierung charakterisieren, mit der Walter Sparn die aufgeklärte Kirchengeschichtsschreibung der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschreibt68: An die Stelle der apokalyptischen Darstellung der Geschichte unter dem Gegensatz von Gottesreich und Teufelsreich, von Gnade und Sünde, von Orthodoxie und Häresie, trat daher eine ‚pragmatische‘ Darstellung des Zusammenhanges der menschlichen Meinungen, Absichten und Taten, die im ganzen von der göttlichen Vorsehung bestimmt, im einzelnen aber von menschlichen Tätern verantwortet waren.
Diese nüchterne – man möchte fast sagen: religionswissenschaftliche – Argumentation hebt sich gegen zwei andere Interpretationsansätze ab. Zum einen gegen jenen, von Sparn als apokalyptisch bezeichneten, der in den von ihm als Abfall von der ursprünglichen Reinheit der Lehre und des Kultes verstandenen historischen Entwicklungen das Werk des (päpstlichen) Antichrist sah. Dies war die Interpretation des Flacius und der Magdeburger Zenturien69. Leibniz hat das Verschwinden und schließliche Verbot des Laienkelchs zwar durchaus kritisch gesehen (auch wenn er sich an dieser Stelle eines Urteils enthält), die dazu führende historische Entwicklung aber eben nüchtern-immanent ohne Rückgriff auf finstere Mächte gedeutet. Entsprechend konnte er zugleich katholische (Miss-)Bräuche tadeln und die Aufgabe anderer Riten durch die Protestanten bedauern70: Vieles haben die Protestanten fahren lassen, das durch die Alten geübt wurde, wie den Gebrauch des Kreuzzeichens, die Weihe der Priester durch die Bischöfe und andere gute Riten. Aber die Römischen haben vieles Neue in den religiösen Kult eingeführt, wie die Verehrung der Bilder und der heiligen Eucharistie und ein gläubiges Vertrauen auf die Heiligen, das die Grenzen der Anrufung überschreitet.
Zum Schluss hat er ergänzend angefügt: Von ihnen ist auch die Kommunion unter beiderlei Gestalt abgeschafft worden, die von Christus und den Aposteln eingerichtet worden war.
Zum anderen hat er sich aber auch durchgängig von der gewissermaßen aufgeklärt-säkularisierten Variante der erstgenannten Interpretation distanziert, nämlich dem Ansatz, derartige Entwicklungen zurückzuführen auf Priestertrug, die Herrschsucht des Klerus oder wie derartige Interpretamente auch immer lauten71. 68 W. Sparn: „Von der ‚fides historica‘ zur ‚historischen Religion‘. Die Zweideutigkeit des Geschichtsbewußtseins der theologischen Aufklärung“, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 8 (1985), S. 147–160, hier S. 150. Zur Rezeption der pragmatischen Geschichtsschreibung in der Kirchengeschichte s. auch E. Stöve: Art.: „Kirchengeschichtsschreibung“, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 18, Berlin und New York 1989, S. 535–560, hier S. 544. 69 Zu Leibnizʼ Kritik an der Polemik der Zenturiatoren s. u. Anm. 77. 70 „Multa protestantes dimisere quae veteribus usurpabantur, ut usum signirucis, ordinationem presbyterorum per Episcopos aliosque bonos ritus. Sed Romanenses multa nova in cultum religiosum introduxere, ut venerationes imaginum, et sacrae Eucharistiae; et fiduciam in sanctos, invocationis limites excedentem. Abolita etiam ab illis est Communio sub utraque a Christo et Apostolis instituta[.]“ (LH I 7,5 Bl. 121r). 71 Allerdings war Leibniz der ‚politische‘ Blick auf die Liturgie, die ihre Riten im Sinne einer Zivilreligion avant la lettre unter dem Aspekt ihrer politischen Nützlichkeit bewertete (vgl. dazu in Verbindung mit dem höfischen Zeremoniell und der Zeremonialwissenschaft Twell-
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So erklärte er in seiner Stellungnahme zu John Tolands Christianity non mysterious: Wenigstens müssen die Irrtümer und Missbräuche, die sich in die Kirche eingeschlichen haben, nicht sowohl den Künsten des Klerus, als vielmehr dem Gebrechen der Zeiten angerechnet werden72.
In die Maske eines irenisch gesinnten Katholiken geschlüpft wies Leibniz derartige Vorwürfe, wie sie speziell gegen katholische Lehren (etwa jene vom Fegefeuer und dem unausschöpflichen, von der Kirche verwalteten Gnadenschatz) oder (kirchen-)rechtliche Bestimmungen (wie die Immunität der Geistlichen) erhoben wurden, zurück mit Hinweisen auf ihre Unhaltbarkeit und der Erklärung, derartige Vorwürfe würden gerne von weltlicher Seite aus Neid auf die kirchlichen Vorrechte vorgebracht73. Eine derartige Argumentation lässt sich als „ritengenetische Methode“ beschreiben. Damit greifen wir einen Begriff auf, den Rudolf Pacik zur Charakterisierung der Arbeitsweise des wohl bedeutendsten deutschsprachigen katholischen Liturgiewissenschaftlers des 20. Jahrhunderts, Josef Andreas Jungmann SJ, benutzt hat74. Mit ihr konnte die „unantastbare Fixierung der Gegenwart durch historische Erforschung der Quellen gleichsam hinterlaufen und aufgelöst werden“75. Jungmann hat, nachdem ein Buch, in dem er die aktuelle Glaubenspraxis kritisch behandelt hatte, aus dem Handel zurückgezogen werden musste, sich darauf verlegt, auf explizite Folgerungen zu verzichten und nur die historischen Tatsachen
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mann: „Das andere Zeremoniell“, S. 57–62), nicht völlig fremd: Nach zunächst dogmengeschichtlichen Ausführungen über die Eucharistielehre des Hrabanus Maurus (mit Ausblick auf die Scholastik und bis zu Melanchthon und der Augsburger Konfession) leitet er das in diese Zeit gesetzte Aufkommen der Hostienverehrung aus dem Verlust der antiken theologischen Bildung im Frühmittelalter her. Dieser Ableitung fügt er allerdings noch an: „Neque id negaverim, ad civiles rationes respicientibus utilem aliquando videri posse hanc persuasionem, retinendis in officio populis, objecta re, quam summopere venerentur. Sed vera religio officiis turpari non debet, in qua, si modo sincera sit, semper solida bona praeponderabunt“. (G. W. Leibniz: Annales imperii occidentis Brunsvicenses, hrsg. von G. H. Pertz [= G. W. Leibniz: Gesammelte Werke, I: Geschichte 1–3], Hannover 1843–1846, Bd. 1, S. 522 [ad annum 844, § 37]). „Certe errores et abusus, qui irripsere in ecclesiam, non tam cleri artibus, quam temporum vitio tribui debent; [...]“ („Annotatiunculae subitaneae ad Librum de Christianismo Mysteriis carente: conscripta 8. Augusti 1701“, in: J. Toland: Christianity not mysterious (Christentum ohne Geheimnis) 1696, hrsg. von L. Zscharnack [= Studien zur Geschichte des neueren Protestantismus, 3. Quellenheft], Gießen 1908, S. 141–148, hier S. 141). A IV, 4, 524, Z. 22; 525, Z. 7. In dieser Hinsicht hätte Leibniz selbst entsprechenden Ausführungen in Pichler: Die Theologie des Leibniz, S. 370–372, wohl abgelehnt. R. Pacik: „Josef Andreas Jungmann SJ (1889–1975)“, in: Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Deutschsprachige Liturgiewissenschaft in Einzelporträts (= Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen 98), Bd. 1, hrsg. von B. Kranemann und K. Raschzok, Münster 2011, S. 538–555, hier S. 544. Ebd., S. 540, spricht er von der „genetischen Methode der Liturgiewissenschaft“. Die Begriffsbildung knüpft unverkennbar an den Untertitel von Jungmanns Hauptwerk an; s. o. Anm. 67. Max Seckler, zitiert in Pacik: „Josef Andreas Jungmann“, S. 546.
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für sich sprechen zu lassen76. Ähnlich hat Leibniz dem Helmstedter Theologen Johann Andreas Schmidt in einem Gutachten aus dem März 1700 über eine von diesem geplante Neubearbeitung der Magdeburger Zenturien im Gegensatz zur konfessionellen Polemik der Zenturiatoren eine sachlich-ruhige Darstellung der Fakten empfohlen77: Am sichersten wird es überdies sein, sich im Urteil zu mäßigen, soweit es ohne Schaden der Wahrheit und der Kirche getan werden kann (was die Magdeburger nicht getan haben), und die Tatsachen vollzählig und treu darzustellen, nämlich durch ausgewählte Worte der Alten selbst. Das Vortragen von Mutmaßungen möchte ich jedoch nicht verbieten, bloß dass wir nicht nachdrücklicher schreiben als es die Beweise erlauben.
Freilich mag man hier einwenden, dass die methodische Ähnlichkeit zwischen Leibniz und Jungmann in diesem Punkt möglicherweise nur eine scheinbare ist. Hatte Jungmann den geschilderten Weg gewählt, um seine Veröffentlichungen vor Zensurierung und Verbot zu bewahren, war die vorgestellte Notiz, die von den hölzernen Löffeln zum Laienkelch führte, sicher nicht für den Druck vorgesehen. Wie Leibniz derartige Notizen argumentativ eingesetzt hätte, ob er in einer Publikation auch nur die Fakten hätte sprechen lassen, muss zumeist offen bleiben. Allerdings erlauben die in die Annales imperii eingestreuten liturgiegeschichtlichen Beobachtungen eine Überprüfung an dem Material, das zur Veröffentlichung bestimmt war. Hier hielt er sich mit expliziten Wertungen zurück, auch wenn für den Leser kein Zweifel bestehen kann, wie Leibniz die Entwicklung der liturgischen Praxis einschätzte, etwa im Fall der Messhäufigkeit78: Hier sind die Messen jedoch nicht vielfältig, wie sie heute an einem Tag in derselben Kirche sogar an mehreren Altären zugleich gelesen zu werden pflegen, sondern eine einfache Ausführung des göttlichen Offiziums, ausgedrückt durch mehrere Benennungen, auf welche die ganze Versammlung Geist und Augen wandte.
Die Kritik hat er an dieser und ähnlichen Stellen weniger durch eine explizite Beurteilung, erst recht nicht durch Polemik zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr indem er der geschilderten historischen die zeitgenössische katholische Praxis gegenüberstellte79. Letztere sollte ja nicht denunziert und verworfen, sondern (zurückhaltend) kritisiert und dann gereinigt werden.
76 Er notierte in sein Tagebuch: „Ich muß mich [...] auf die Feststellung von Prämissen verlegen und auf die Herausstellung der Konklusionen verzichten, also: liturgiegeschichtliche Tatsachenforschung“ (ebd., S. 544). 77 „Tutissimum praeterea esset temperare sibi a judicando, quoad ejus fieri sine veritatis et Ecclesiae detrimento potest (qod non fecere Magdeburgici), et res gestae plene ac fideliter repraesentare; ipsis scilicet veterum verbis selectis. Nec tamen conjecturis proponendis interdixerim, modo ne asseverantius scribamus quam pro argumentis“. (A I, 18, 500, Z. 6–10). 78 „Missae autem hic sunt non multiplices, ut hodie una die in eodem templo etiam ad diversa simul altaria peragi solent; sed una simplex divini officii peractio, plurali nomine expressa, in quam tota concio mentem atque oculos vertebat“. (Leibniz: Annales imperii, S. 44 [ad annum 774, § 7]). 79 Ebd., S. 182 (ad annum 794, § 53) ist er allerdings etwas expliziter. Doch handelt es sich hier mit dem Frankfurter Konzil von 794 um ein Thema, das in der konfessionellen Kirchenge-
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4. ZWISCHEN BEKENNTNIS UND ADIAPHORON: DIE LITURGIE IN DEN VERHANDLUNGEN MIT DEN REFORMIERTEN Nicht allein in Leibnizʼ Bemühungen um eine Reunion mit der katholischen Kirche, sondern auch für die Union der Lutheraner und Reformierten war die Frage der Liturgie und besonders die des Abendmahlsritus von Bedeutung. Das haben schon die im ersten Abschnitt zitierten Aussagen aus dem „Unvorgreifflichen Bedencken“ gezeigt. Aber bereits zuvor, noch bevor in den letzten Tagen des Jahres 1697 die „Kurtze Vorstellung“, Jablonskis Unionsschrift, auf die Molanus und Leibniz mit dem „Unvorgreifflichen Bedencken“ antworteten, den Hannoveraner Hof erreichte, hatte Leibniz sich mit dieser Frage beschäftigt. Am Karfreitag desselben Jahres hatte der reformierte Graf Friedrich Christian von SchaumburgLippe, der sich zu dieser Zeit in Hannover aufhielt, Leibniz zu einem Gottesdienst in seine Unterkunft eingeladen. Dazu gehörte eine Abendmahlsfeier, über die sich Leibniz notierte, die reformierte Liturgie ermahne die Gläubigen, den Geist nicht auf die Elemente, sondern zum Himmel zu erheben, wo der Herr zu suchen sei80. Diesen Passus kommentierte er: „was mir im Widerspruch mit den unsrigen zu sein scheint, welche die Gegenwart des Leibes Christi auch unter den Elementen statuieren“81.
Nach dem Gottesdienst fragte Leibniz den reformierten Geistlichen, ob die Nationalsynode von Charenton im Jahre 1631 nicht die Anhänger der Augsburger Kon-
schichtsschreibung (auch noch lange über Leibnizʼ Zeit hinaus) höchst kontrovers behandelt wurde. 80 „[...] audivi Liturgiae Reformatae formulam notavique in ea inculcari sursum elevata per fidem mente non in elementis visibilibus, sed in coelo quaerendum esse dominum; [...]“ (A IV, 6, 369, Z. 18f.). Es ist nicht klar, ob der französische Prediger des deutschen Grafen die Liturgie auf Französisch oder auf Deutsch gehalten hat. Im ersteren Fall hätte er, falls er die Ordnung Calvins von 1542 benutzte, erklärt: „Pour ce faire eslevons noz espritz et noz coeurs en hault, ou est JESUS Christ en la gloire de son Pere, et dont nous lʼattendons en nostre redemption. et ne nous amusons point à ces elemens terriens et corruptibles, que nous voyons à lʼoeil, et touchons à la main, pour le chercher là, comme sʼil estoit encloz au pain ou au vin“. („La sainte cène selon lʼordre de Jean Calvin 1542“, ed. von B. Bürki, in: I. Pahl [Hrsg.]: Coena Domini I. Die Abendmahmahlsliturgie der Reformationskirchen im 16./17. Jahrhundert [= Spicilegium Friburgense 29], Fribourg 1983, S. 347–367, hier S. 360). Eine entsprechende Ermahnung findet sich ebenso in der kurpfälzischen Ordnung von 1563, die den Ordnungen der meisten reformierten Landeskirchen zugrundelag, so auch der lippischen von 1686: „Auf daß wir nun mit dem waren himmelbrodt Christo [an unsern Seelen erg. Lippe 1686] gespeiset werden, so laßt uns mit unsern hertzen nicht an dem eusserlichen brodt und wein haften, sonder unsere hertzen und glauben uber sich in den himel erheben, da Christus Jesus ist, unser fürsprecher zur rechten seins himlischen vaters, dahin uns auch die artickel unsers christlichen glaubens weisen, [...]“ („Das Abendmahl nach der kurpfälzischen Ordnung“, ed. von F. Schulz, in: Ebd., S. 495–523, hier S. 519f.). 81 „[...] quod cum nostris etiam praesentiam corporis Christi sub elementis statuentibus, oppositum videretur; [...]“ (A IV, 6, 369, Z. 19–21.)
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fession ohne weitere Bedingungen zum Abendmahl zugelassen habe82. Derartige Worte stießen diese jedoch zweifellos zurück. Der reformierte Prediger habe den Einwand anerkannt und hinzugefügt, diese Worte richteten sich gegen die Päpstlichen, er zweifle nicht, dass das, was den Lutheranern an jenen Worten missfiele, ausgelassen oder gemildert werde, wenn sie es begehrten83. Hier maß Leibniz die calvinistische Abendmahlsformel an den Ansprüchen der lutherischen Abendmahlslehre. Ihr Wortlaut konnte nicht nach dem Axiom lex orandi – lex credendi als Richtschnur sakramententheologischer Lehraussagen dienen, sondern wurde umgekehrt – also: lex credendi – lex orandi – an der kontroverstheologisch abgesicherten Lehre gemessen. Im Übrigen hat dies Leibniz nicht daran gehindert, in Fällen, in denen ihm der Wortlaut seine Interpretation des Abendmahls zu favorisieren schien, sich nicht allein auf Schriften und Briefe Calvins und die Bekenntnisse verschiedener calvinistischer Kirchen zu berufen84, sondern auch auf Formeln der Liturgie. Etwa, wenn er in einer kleinen, wahrscheinlich nicht abgeschlossenen Schrift, deren Argumentation die Reformierten von der wahren Nießung des Leibes und Blutes Christi überzeugen sollte, die neue französische Bearbeitung der Genfer Liturgie mit der Aussage zitierte, dass die Gläubigen im Abendmahl mit der Substanz Jesu Christi genährt werden – „de la substance de Jesus Christ“85. Zwar hat Leibniz in diesem Fall die liturgische Formel den Aussagen der Bekenntnisschriften und der führenden Theologen gleichgesetzt, aber um eine eigentliche Argumentation nach dem Muster lex orandi – lex credendi handelt es sich auch hier nicht, vielmehr ging es ihm um einen weiteren Beleg, wie prominent und weit verbreitet die Rede von der substanzhaften Gegenwart Christi im Abendmahl in diesen calvinistischen Texten sei. Dass liturgische Texte sich im Gegenteil einer kritischen Prüfung auf ihre dogmatische Vertretbarkeit und gegebenenfalls einer korrigierenden Exegese zu unterziehen hatten, zeigt ein ehrwürdiges lutherisches Kirchenlied, das im „Unvorgreifflichen Bedencken“ zitiert und interpretiert wird86:
82 Gemeint ist die 26. Nationalsynode der französischen Calvinisten. Der von Leibniz angesprochene Passus findet sich in ch. 22, art. 1; vgl. J. Aymon: Tous les synodes nationaux des églises reformées de France, Bd. 2, Den Haag 1710, S. 500f. 83 A IV, 6, 369, Z. 21–26. 84 A VI, 4, N. 428; A IV, 7, N. 61; ebd., 596, Z. 20; 646, Z. 11. Zu Leibnizʼ Argumentation mit diesen Testimonien s. Backus: „Leibnizʼs Conceptions“, S. 178–200. 85 A IV, 8, 380, Z. 4–6. Die o. angeführte französische Wendung ist Zitat aus „La liturgie de sainte cène des Eglises réformées de France 1689, révisée par M. A. de la Bastide“, in: I. Pahl (Hrsg.): Coena Domini I, S. 363–367, hier S. 367. 86 A IV, 7, 624, Z. 16ff; 25–29. Es handelt sich um den 3. Vers der 2. Strophe von Luthers Lied „Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gottes zorn wandt“, das seit seinem ersten Druck im Jahr 1524 die Überschrift „S. Johannis Hussen Lied gebessert“ trägt. Tatsächlich handelt es sich um eine sehr freie Bearbeitung eines Hussʼ zugeschriebenen lateinischen Hymnus, der seit dem 15. Jh. auch anonym überliefert ist. Das Calvin-Zitat stammt aus J. Calvin: Institutio christianae religionis (1559) (= Corpus Reformatorum 30. Ioannis Calvini Opera quae supersunt omnia 2), Braunschweig 1864, lib. IV, c. 17, § 16; Sp. 1015.
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Daß einige der Unsrigen die particulas in et sub gebrauchet, auch so gar in dem alten böhmischen kirchengesang die worth: Verborgen im brodt so klein, eingefloßen, daß läßet man dahin gestellet seyn. [...] Den alten psalm betreffend, darauff es scheinen möchte als ob Calvinus ziele; wenn er schreibt: addendo autem sub pane, illic occultum latere volunt: So kan besagter gesang so ercläret werden, daß das worth verborgen, kein participium, sondern ein adverbium sey, und soviel heiße als abscondite verborgener weise, modo inexplicabili.
Ohnehin fehlte dem volkssprachlichen Kirchengesang, mochte er vergleichsweise noch so altehrwürdig sein, die Autorität liturgischer Formeln, die uralte Tradition für sich in Anspruch nahmen87. Für eine Argumentation nach dem Schema lex orandi – lex credendi waren da eher die Zeugnisse der orientalischen Kirchen geeignet, deren Ursprünge bis in die Zeit des christlichen Altertums hinaufreichen mochten. Sie waren zudem von besonderem Interesse, weil sie einer Tradition außerhalb des römisch-päpstlichen Macht- und Einflussbereichs entstammten und damit eine die ersten Anfänge reiner bewahrende Überlieferung zu bieten schienen88. Die Zusendung des von Guillaume Bonjour 1699 veröffentlichten Büchleins In monumenta Coptica seu Aegyptiaca bibliothecae Vaticanae brevis exercitatio, das er erhalten hatte, um es an den bekannten Orientalisten Hiob Ludolf weiterzuleiten, bot Leibniz die Gelegenheit, eine koptische Spendeformel für die Kommunion und ein ebensolches Bekenntnis zur Realpräsenz zu exzerpieren, das die Identität der eucharistischen Gestalten mit dem menschlichen Fleisch Jesu massiv formuliert89. Interessierten ihn die Aussagen der koptischen Liturgie, weil er in ihnen ein Bekenntnis zur substantiellen Gegenwart des Herrenleibes in der Eucharistie fand, das kaum durch papistische Irrlehren entstellt sein konnte? Doch zurück zum Karfreitag des Jahres 1697: Der reformierte Prediger, mit dem Leibniz diskutierte, war offenbar ähnlich irenisch gesinnt wie er selbst. Er verwahrte sich nicht nur nicht gegen Leibnizʼ Bedenken, sondern hielt eine Änderung des Wortlauts für möglich, um die für lutherische Ohren anstößige Aussage abzumildern. Das, was in der katholischen Liturgie als ein Bruch mit der altüberkommenen, vermeintlich aus den Anfängen der Kirche heraufreichenden Tradition erschien – so lange, wie man nicht auf Präzedenzfälle verweisen konnte – erwies sich zwischen den protestantischen Bekenntnissen als unkomplizierter: die 87 Auch in einem anderen Fall hat Leibniz ein Kirchenlied unter dem Gesichtspunkt dogmatischer Korrektheit kritisiert: Mit Recht hat er sich über eine Umdichtung einer Strophe des spätmittelalterlichen Weihnachtslieds In dulci jubilo aus einem katholischen Gesangbuch empört, die Maria geradezu zur Erlöserin macht: „Mater et filia / Ist jungfrau Maria / Wir waren all verdorben / Per nostra crimina / So hat S ie uns erworben / Coelorum gaudia / Maria hilff uns da, Maria hilff uns da“ (LH I 20 Bl. 291r). 88 Zum kontroverstheologisch geprägten Interesse am christlichen Orient s. J. Loop: „Die Bedeutung arabischer Manuskripte in den konfessionellen Auseinandersetzungen des 17. Jahrhunderts: John Selden, Johann Heinrich Hottinger und Abraham Ecchellensis“, in: M. Friedrich und A. Schunka (Hrsg.): Orientbegegnungen deutscher Protestanten in der Frühen Neuzeit (= Zeitsprünge 16), Frankfurt am Main 2012, S. 75–91. 89 A IV, 8, 387f. Das Bekenntnis lautet: „Corpus et sanguis Emmanuel dei nostri hoc est in veritate Amen[.] Credo credo credo et confiteor usque ad halitum extremum quod haec est caro vivifica quam unigenitus Tuus filius dominus noster [...] et Salvator noster Jesus Christus assumsit ex domina omnium nostrum sancta DEi genitrice [...] Maria“ (ebd., 388, Z. 5–8).
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Anpassung der liturgischen Texte an gewandelte Ansprüche. – Vorausgesetzt jedenfalls, zwischen den Gesprächspartnern herrschte eher der Wunsch nach Vereinigung als nach Abgrenzung. Demnach sollte man erwarten, dass die Liturgie in den Unionsverhandlungen zwischen Hannover und Berlin eine prominente Rolle gespielt haben müsste. Zumal nachdem das „Unvorgreiffliche Bedencken“ das Ziel der vollen Abendmahlsgemeinschaft so klar formuliert hatte, bedurfte es nicht nur einer theoretischtheologischen Beilegung des Abendmahlsstreits, sondern auch einer entsprechend angepassten liturgischen Praxis, um jenes Sakrament, in dem die Einheit der Kirche wie sonst nirgends zum Ausdruck kommt, gemeinsam feiern zu können. Dies war jedoch keineswegs der Fall. Vielmehr blieb die Liturgie zunächst aus den Überlegungen und Verhandlungen weitgehend ausgeklammert. Das lag nicht allein daran, dass die „Kurtze Vorstellung“ wie das ihr antwortende „Unvorgreiffliche Bedencken“ die theologischen Streitpunkte vergleichen und nicht die unterschiedlichen kirchlichen Gebräuche vereinheitlichen sollten, sondern nicht zuletzt an der ablehnenden Haltung von Leibnizʼ Mitstreiter und Mitautor Gerhard Wolter Molanus. Während er als Ziel der Unionsverhandlungen – ebenso wie Leibniz – nur die vollgültige Kirchenunion akzeptierte, die sich in der Abendmahlsgemeinschaft verwirklichen sollte, und jede politische oder kirchliche bloße Tolerierung der anderen Konfession ausschloss90, wandte er sich zugleich vehement gegen die Vereinheitlichung der liturgischen Riten als einen vorbereitenden Schritt zu dieser Union. Diese Position ist in die erste Fassung des „Unvorgreifflichen Bedenckens“ vermutlich auf Veranlassung von Molanus aufgenommen worden. Ein eigener Punkt in der Einleitung kritisiert an der „Kurtzen Vorstellung“, aß unter der rubric, Dissensus, bisweilen bloße consuetudines oder ceremoniae mit angeführet werden, darin wir von den Reformirten oder die von Unß dissentiren91,
um dagegen zu empfehlen, daß bey dieser vorhabenden religions vergleichung solche kleinigkeit vorbeyzugehen, vnt das dissensus circa caeremonias aut adiaphora kaum zu gedenken, zu gesweigen, daß Man wehrender solcher tractaten, unter waßerley praetext Es auch sein möge, die geringste enderung in solchen sachen vornehmen oder veranlaßen solle.
Vorerst solle 90 So berichtete Leibniz am 23. Jan. (3. Febr.) 1700 über Molanus an Jablonski: „Er hält nichts von negotiatione tolerantiae, hält sie mehr vor schädlich als nützlich, wie mein hochgeehrter Herr so wohl vor dem, als letztens aus seinem Schreiben an mich wird vermercket haben. Er verlanget, daß man extinctionem schismatis suche, welches ich auch wünsche, aber wohl begreiffe, daß man schrittweise gehen, und die Gemüther allmählig stimmen muß“. (A I, 18, 321, Z. 10–14); vgl. auch K.-V. Selge: „Das Konfessionsproblem in Brandenburg und Leibnizʼ Bedeutung für die Unionsverhandlungen in Berlin“, in: Poser und Heinekamp (Hrsg.): Leibniz in Berlin, S. 170–185, hier S. 181; Backus: „Leibniz’s Conceptions“, S. 181–183, und Rösler: „Negotium irenicum“, S. 142. 91 Dieses und die folgenden Zitate: A IV, 7, 448, Z. 7–9; 450, Z. 2–6; 448, Z. 24; 450, Z. 1; vgl. auch das Zitat in Anm. 97.
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circa adiaphora niemand gesetz gegeben, sondern jedem theil frey vnt bevor bleiben [...], diejenige adiaphora, so in einer kirche bestandig herbracht so lange beyzubehalten, bis mit der zeit, wen nemlich die Erhitzte gemühter durch die union in einen ruhigeren stand gesetzet[,] auf einige conformitet, auch in diesem stück algemach bruderlich gedacht werden könne.
Beide Aspekte, das Beharren auf einer vollständigen Union einerseits und die Ablehnung vorangehender liturgischer Vereinheitlichungen andererseits, waren bei Molanus auf spezifische Weise miteinander verknüpft – nicht systematisch, sondern aus historischer Reflexion und mehr noch aus persönlicher Erfahrung92. Für den ersten Punkt, dem Beharren auf einer vollständigen Union, konnte er sich auf sein eigenes leidvolles Erleben berufen und hat dies auch mehrfach getan. Im Jahre 1661 hatte der hessische Landgraf zwischen den reformierten Theologen seiner oberhessischen Landesuniversität Marburg und ihren lutherischen Kollegen von der schaumburgischen Universität Rinteln, die zwei Jahrzehnte zuvor an HessenKassel gefallen war, das Kasseler Religionsgespräch einberufen, das nach Molans eigenen Worten in einem irenischen Geist wie kein anderes Kolloquium seit der Reformation verlaufen war93. Der Landgraf hatte jedoch nach Molans Bericht, der diese Ereignisse als junger Rintelner Professor miterlebt hatte, die Bereitschaft der Kolloquenten zur gegenseitigen Toleranz zum Anlass genommen, den Calvinismus in Stadt und Universität Rinteln zu etablieren94. Deshalb lehnte das „Unvorgreiffliche Bedencken“ 92 Das wollte Leibniz in einem dann doch nicht abgesandten Brief vom Februar 1700 Jablonski erklären: „Es liegen ihm [= Molanus] die zu Rinteln vormahls paßirte Sachen, quorum pars magna fuit, noch sehr im frischen Gedächtniß. Und wer einmal gebranndt, fürchtet hernach auch das blosse warme Wasser“. (A I, 18, 324, Z. 1–3. Die Editoren halten dieses Schreiben für eine andere Fassung des in Anm. 90 zitierten Briefes. Aus mehreren Gründen, die hier nicht erläutert werden können, scheint es jedoch überzeugender, mit der Editio princeps einen eigenständigen Briefentwurf anzunehmen.) Zu den „zu Rinteln vormahls paßirte Sachen“ s. im Folgenden. 93 „Jst Jemahlß von Anfang der reformation biß auf diese stunde, in einem colloqvio Jrenico, von beiden theilen candide, aufrichtig undt redlich procediret worden, so ist eß gewiß zu Cassel geschehen, da beiderseitß Menner von ungemeiner erudition vnd aufrichtigkeit zusammen kommen, amicabiliter mit einander anfangß de controversijs ipsis, letzlich de momento illarum controversiarum disputiret, vnt sich entlich dahin bruderlich verglichen, daß die qvaestiones controversae das fundamentum fidei Nicht berührten, vnd man demnach, stante qvamlibet et durante dissensu Einer den andern nicht nur toleriren, sondern pro fratre in Christo halten könne v[nd] müße“: (A IV, 7, 572, Z. 10–17). Ähnlich positiv urteilte lange auch die moderne Forschung; vgl. C. Mirbt: Art.: „Casseler Religionsgespräch 1661“, in: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. 3, Leipzig 31897, S. 744f. 94 A IV, 7, 574, Z. 1; 576, Z. 3. Die von Molanus geschilderten Folgen für Stadt und Universität Rinteln werden durch G. Schormann: Academia Ernestina. Die schaumburgische Universität zu Rinteln an der Weser (1610/12–1810) (= Academia Marburgensis 4), Marburg 1982, S. 170–178, bestätigt, wenngleich sie wohl nicht allein auf das Religionsgespräch zurückzuführen sind, sondern eine rigorose Politik der Bevorzugung von Reformierten in Rinteln erst nach dem Tod des Landgrafen (1663) unter seiner Witwe durchgesetzt wurde. Aus der Rintelner Perspektive urteilt Schormann, ebd., S. 170, das Kasseler Kolloquium sei zwar „in der Literatur eingehend gewürdigt worden, allerdings meist etwas einseitig, nämlich einseitig positiv“.
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Stephan Waldhoff eine solche per declarationem publicam einzufuhrende tolerantz“ ab, „weil die conditio der Evangelischen kirchen dadurch immer slimmer worden, Je vnd alle Mahl zum wenigsten eine heimliche verfolgung vnd Unterdruckung, Mehrmahlß eine offentliche reformation vnt persecution der Unserigen darauff erfolgete95.
Die Verknüpfung mit dem zweiten Punkt, der Ablehnung vorangehender liturgischer Vereinheitlichungen, geschieht an dieser Stelle, indem die Argumentation fortfährt: „Wozu man aber, welches woll zu observiren[,] gemeiniglich per Adiaphora den anfang gemacht“96. Als Beleg hierfür kann Molanus nicht auf die eigene Erfahrung rekurrieren. Vielmehr soll der Verweis auf die Kirchengeschichte seit dem Adiaphoristenstreit um die Mitte des 16. Jahrhunderts erweisen, dass die Frage der Adiaphora schon immer den Konflikt geschürt habe, zuerst zwischen Gnesiolutheranern und Philippisten, dann zwischen Reformierten und Lutheranern97. Besonders das Vorgehen des hessischen Landgrafen Moritz der Gelehrte, der mittels der sogenannten drei Verbesserungspunkte, zu denen das Brotbrechen im Abendmahl gehörte, im Jahre 1605 Oberhessen zum reformierten Bekenntnis führen wollte, und der Übergang Anhalts und der Pfalz zum Calvinismus dienen als historische Belege. Zu letzterem Beispiel bemerkt das „Unvorgreiffliche Bedencken“, „daß auch in der Pfaltz occasione adiaphori deß brottbrechenß der Anfang zur reformation gemacht worden“98. Die liturgischen Zeremonien, die eigentlich als Adiaphora charakterisiert wurden, das heißt, als „Mitteldinge“, die „von Gott weder geboten noch verboten“ sind, um die Konkordienformel von 1577 zu zitieren99, besaßen für Molanus, wie im Adiaphoristenstreit 150 Jahre zuvor, eine Bedeutung, die ihrer Bezeichnung hohnspricht. Allerdings stand hier nicht mehr die Sorge im Vordergrund, die eigene Bekenntnistreue zu gefährden, indem man die in der Reformation als abergläubisch verworfenen und bekämpften überkommenen Riten um des lieben Friedens willen erneut akzeptiere, sondern die Angst des Lutheraners Molanus, mittels einer Tolerierung reformierter Zeremonien werde dem Calvinismus gewissermaßen eine Hintertür geöffnet, durch die er sich in das Luthertum einschleichen könne. Daher die entschiedene Opposition dagegen, daß Man wehrender solcher tractaten, unter waßerley praetext Es auch sein möge, die geringste enderung in solchen sachen vornehmen oder veranlaßen solle100.
95 Beide Zitate: A IV, 7, 570, Z. 11–15. 96 Ebd., Z. 15f. 97 „Weil aber auß der kirchen histori vorigen seculi bekant, waß der streit über die Adiaphora, welchen Anfangß daß Interim veranlaßet, zwischen denen Ehmaligen Wittebergischen Crypto-Reformatis et Protestantibus Evangelicis, nachmahlß zwischen den Reformatis selbst und denen Evangelicis vor Unheil gestifftet, so würde, unserß Unmasgeblichen davorhaltens, dinsamer sein, bey diesen friedenß gedanken, so vil Müglich davon zu abstrahiren“. (Ebd., S. 448, Z. 9–14). 98 Ebd., 570, Z. 17; 572, Z. 7; Zitat: 572, Z. 6f. 99 Konkordienformel, Epitome, c. 10, in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Göttingen 81979, S. 814, Z. 14–16. 100 A IV, 7, 450, Z. 4–6.
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Tatsächlich hätte ein zufälliges zeitliches Aufeinandertreffen, das Molans Befürchtungen auf das eindrücklichste zu bestätigen schien, wohl fast dazu geführt, dass die Unionsbemühungen bereits vor der Vollendung des „Unvorgreifflichen Bedenckens“ gescheitert wären. In der brandenburgischen Hauptstadt war nämlich 1697 der sogenannte Berliner Beichtstuhlstreit ausgebrochen101. Anlass waren die Gewissensskrupel eines pietisischen Diakons an der Nikolaikirche namens Johann Caspar Schade. Er wollte unbußfertige Sünder nicht mehr einfach gewohnheitsgemäß vor dem Abendmahlsempfang absolvieren und hatte in einer Flugschrift die Abschaffung des Beichtzwangs gefordert. Seine Initiative hatte zu Unruhen unter der lutherischen Bevölkerung geführt und den Kurfürsten im Juni 1698 zur Aufhebung des Beichtzwangs veranlasst. Molanus, der wohl im Herbst des Jahres von dem Streit gehört hatte, aber die tatsächlichen Zusammenhänge sicherlich nicht kannte, witterte die Umtriebe der Reformierten, die nun, kaum dass die Unionsverhandlungen mit den Lutheranern angelaufen waren, mit Rückendeckung der Obrigkeit daran gingen, die lutherischen Riten zu unterminieren und abzuschaffen. Der Briefwechsel zwischen Leibniz und Jablonski aus den letzten Monaten des Jahres 1698 spiegelt wider, dass es die beiden einige Mühe kostete, Molanus von dem schlimmen Verdacht abzubringen102. Leibniz konnte Jablonski schließlich mitteilen, es sei ihm gelungen, Molanus zu beruhigen, aber er schloss: Er [= Molanus] wündschet sehr daß man in po Adiaphororum so viel müglich an sich halte, umb der Hauptsach durch dergleichen Nebenwerck nicht zu praejudiciren103 .
Leibniz mag nicht zuletzt seinen Mitstreiter im Sinn gehabt haben, als er der Einschätzung eines anonymen Flugschriftenautors widersprach104: Daß der Autor vermeynet, das müsten Wiedertäufer, Independenten und Quacker seyn, die circa adiaphora Schwürigkeit machen wolten, das werden ihm so viel Evangelische Theologi, die davon geschrieben, nicht gestehen.
Leibniz selbst hat in Stellungnahmen zu Unionsvorschlägen von dritter Seite, die den Weg zur Vereinigung vordringlich über die Liturgie gehen wollten, diesen Ansatz allerdings kaum weniger entschieden abgelehnt als Molanus105. Es ist da-
101 Dazu H. Obst: Der Berliner Beichtstuhlstreit. Die Kritik des Pietismus an der Beichtpraxis der lutherischen Orthodoxie (= Arbeiten zur Geschichte des Pietismus 11), Witten 1972. 102 Vgl. dazu die Aussagen in der Leibniz-Jablonski-Korrespondenz zwischen dem 16. (26.) Nov. 1698 und dem 1. (11.) Juli 1699: A I, 16, 292, Z. 19; 294, Z. 1; 327, Z. 10; 328, Z. 1; 344, Z. 18; 346, Z. 3; 364, Z. 13–17; 371, Z. 19–22; 445, Z. 18–21 und A I, 17, 320, Z. 28; 321, Z. 3. 103 A I, 16, 364, Z. 17–19. 104 Kapp, S. 398f. 105 „Man achtet aber noch weniger nöthig, was der Herr Auctor §. 13 erfordert, daß auch in minutissimis externis gleichmäßige Kirchen-Gebräuche einzuführen, da doch die Reformirten solche selbst untereinander nicht haben, und wann dadurch die Gemüther ohne Noth turbiret würden“. (Ebd., S. 324). Es handelt sich um eine Stellungnahme zu der anonymen Flugschrift Das eintzige wahre Mittel zur Vereinigung der beyden Evangelischen Religionen in Teutschland (1702). Zur Uneinheitlichkeit des reformierten Abendmahlbrauchs s. u. bei Anm. 121.
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her kaum erstaunlich, dass die Frage der liturgischen Riten aus den Diskussionen vorerst ausgeklammert werden sollte. Allerdings hat es gegen Ende der Verhandlungen, im Jahr 1706, doch noch einen Ansatz auf diesem Gebiet gegeben. Anlässlich der Verbindung zwischen dem brandenburgisch-preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, einem Reformierten, und der hannoverschen Prinzessin Sophie Dorothea, einer Lutheranerin, reifte bei Jablonski und Leibniz der Gedanke, den Vermählungsgottesdienst nach anglikanischer Liturgie feiern und den Frischvermählten das Abendmahl gemeinsam nach anglikanischem Ritus reichen zu lassen106. Bei der Entscheidung für die Liturgie der Kirche von England spielten nicht nur kirchenpolitische Erwägungen eine Rolle, vielmehr hatte Jablonski, der im Gegensatz zu Leibniz und Molanus auf eine schnelle Vereinheitlichung der Liturgie drängte107, ihre Übernahme durch die dann unierten Lutheraner und Reformierten schon im Herbst 1698 ins Spiel gebracht. Ihren Vorteil sah er darin, daß sie eine andächtige mittelstrasse halte, zwischen der Papisten Aberglauben, vnd der Calvinisten Kaltsinnigkeit108.
Während Jablonski mit dieser Einschätzung vor allem auf die emotionale Seite der Liturgie abhob, war Leibniz trotz seines Interesses am ökumenischen Einsatz der anglikanischen Liturgie nicht bereit, auf eine Prüfung ihrer dogmatischen Aussagen zu verzichten. Auf der Rückseite des Konzepts eines Briefes an Molanus, das auf den 27. Juni 1706 datiert ist, hat Leibniz Exzerpte und Bemerkungen zu einer deutschen Übersetzung des Book of Common Prayer notiert109. Hermann Dalton hat die anonyme, 1704 in Frankfurt an der Oder gedruckte Übersetzung Jablonski zugeschrieben110. Leibniz hat ihren Veranlasser in dem reformierten Bischof Benjamin Ursinus von Bär gesehen111, was freilich Jablonskis Autor106 W. Delius: „Berliner kirchliche Unionsversuche im 17. und 18. Jahrhundert“, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 45 (1970), S. 7–121, hier S. 49f. A. Schunka: „Brüderliche Korrespondenz, unanständige Korrespondenz. Konfession und Politik zwischen Brandenburg-Preußen, Hannover und England im Wendejahr 1706“, in: J. Bahlcke/W. Korthaase (Hrsg.): Daniel Ernst Jablonski. Religion Wissenschaft und Politik um 1700 (= Jabloniana. Quellen und Forschungen zur europäischen Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit 1), Wiesbaden 2008, S. 123–150, hier S. 137–146. 107 Vgl. etwa ebd., S. 142. 108 A I, 16, 224, Z. 19–21. [25. Oktober 1698]. Schunka: „Brüderliche Korrespondenz, unanständige Korrespondenz“, passim, hebt die Bedeutung der Liturgie für Jablonskis Unionskonzeption hervor. Zu Jablonskis Beziehungen zur und Hochschätzung der Anglikanischen Kirche s. C. Podmore: „Daniel Ernst Jablonski, die Böhmischen Brüder und die Kirche von England“, in: Bahlcke und Korthaase (Hrsg.): Daniel Ernst Jablonski, S. 319–329. Er urteilt einleitend: „Grundlegend für die Bestrebungen Daniel Ernst Jablonskis für eine innerprotestantische Union in Preußen waren seine emotionale Bindung an Liturgie und Verfassung der Kirche von England [...]“ (ebd., S. 319). 109 LBr 655 Bl. 111v. 110 H. Dalton: Daniel Ernst Jablonski. Eine preußische Hofpredigergestalt in Berlin vor zweihundert Jahren, Berlin 1903, S. 260f. 111 „Liturgiam Anglicanam jussu Dni Episcopi Germanice editam, [...]“ (An Johann Fabricius, 29. Nov. 1704; A I, 24, 170, Z. 15).
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schaft für die Übersetzung nicht ausschließt. Jedenfalls hatte Leibniz von Ursinus ein Exemplar des Drucks erhalten, um es an Johann Fabricius weiterzuleiten112. In dem umseitigen Briefkonzept äußert sich Leibniz gegenüber Molanus über die geplante Verwendung des anglikanischen Ritus in einer Art, die zeigt, dass er jedenfalls nicht bereit war, ihn unbesehen zu übernehmen. Er habe, so berichtet er Molanus, in seinem Brief an Jablonski mehreres erwogen, was irgendeine Schwierigkeit bereiten könnte113. In diesem Brief an den Berliner Hofprediger war seine Einschätzung freilich positiver als in der Aufzeichnung auf der Rückseite des Briefkonzepts114. Was er gegenüber Jablonski nicht erwähnt hatte, waren Bedenken vor allem gegen bestimmte Erklärungen, welche die Kniebeuge beim Kommunionempfang davor schützen sollte, als Anbetung materieller, geschaffener Dinge missverstanden zu werden. Wenn der Zelebrant erläutern solle, daß solche verehrung geschehen müsse den Sacramenten als brodt und Wein so mit dem Munde empfangen werden oder auch einiger leiblichen gegenwart Christi natürlichen fleisches und bluths denn das sacramentliche brodt und Wein bleibt allezeit in seinem natürlichen wesen, und muß dasselbe nicht angebethet werden ... und der naturliche leib und das blut unsers heilands Jesu Christi ist oben in dem Himmel ((+ verstehe nach seiner naturlichen gegenwart +)) und nicht hier auff Erden[.] Es streitet wieder die wahrheit und mit der Natur des leibes Christi, daß derselbe zu einer zeit an mehr als einem orth ((+ verstehe auff Naturliche oder orthliche weise +)) gegenwartig seyn konne,
musste er Formulierungen gebrauchen, die mit dem lutherischen Verständnis der eucharistischen Realpräsenz kaum in Einklang zu bringen waren115. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Leibniz in seinem Brief Jablonski nur die rituelle Seite des Abendmahls angesprochen hat116. Demnach hätte noch Verhandlungsbedarf bestanden. – Hätte, denn der kühne Vorstoß, von dem sich Jablonski und Leibniz einen Aufschwung für die Kirchenunion versprochen hatten, bewirkte das Gegen-
112 An Fabricius, 21. Okt. 1704; A I, 24, 46, Z. 4. 113 „Pleraque in mea ad dn. Jablonskium Epistola expendi quae aliquam in Anglicano ritu difficultatem facere possint“. (LBr 655 Bl. 111r). 114 Es muss sich um den Brief vom 26. Juni 1704 handeln; vgl. Neue Beiträge zum Briefwechsel zwischen D. E. Jablonsky und G. W. Leibniz, hrsg. von J. Kvačala, Jurjew 1899, S. 97–101. 115 LBr 655 Bl. 111v. Die kursiven Partien sind wörtliche Zitate aus: Die Englische Liturgie, Oder Das allgemeine Gebeth-Buch wie auch die Handlungen der H. Sacramenten und anderer Kirchen-Ceremonien Sambt denen XXXIX. Glaubens-Articuln der Englischen Kirchen, 1704, S. 244. Die doppelten runden Klammern geben Leibnizʼ eckige Klammern wieder. Die erste der von Leibniz kommentierten Aussagen erinnert nicht nur an entsprechende reformierte Erklärungen im Kontext des Abendmahlsgottesdienstes (vgl. o. Anm. 80), sondern auch an den Consensus Tigurinus, bes. §§ 21 und 25 (vgl. „Consensus Tigurinus 1549“, ed. von E. Busch, in: H. Faulenbach und E. Busch (Hrsg.): Reformierte Bekenntnisschriften, Bd. 1/2: 1535–1549, Neukirchen und Vluyn 2006, S. 467–490, hier S. 487), den Leibniz im „Unvorgreifflichen Bedencken“ bekämpft hat, weil er in ihm Calvins Position einer substantiellen Realpräsenz aufgegeben sah (vgl. A IV, 7, 598, Z. 5–26; 636, Z. 17; 638, Z. 12). Die zweite kommentierte Formulierung wendet sich gegen die lutherische Ubiquitätslehre. 116 Kvačala: Neue Beiträge zum Briefwechsel, S. 99.
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teil des Erhofften, nämlich das von ihren beiden Landesherren explizit ausgesprochene Verbot, in der Unionssache weiter zu verhandeln117. Erst in seinem Todesjahr schien sich die Chance für einen zweiten Anlauf zur Einführung des gemeinsamen anglikanischen Ritus zu bieten. Leibniz baute seine Hoffnung auf die Beobachtung, dass der zum englischen König gewordene hannoversche Kurfürst Georg Ludwig bei seiner Krönung das Abendmahl anstandslos nach anglikanischem Ritus genommen hatte, obwohl er nicht förmlich zur Kirche von England, der er nun vorstand, konvertiert war. Die Princess of Wales, Caroline von Brandenburg-Ansbach, mit der er bereits seit einem Jahrzehnt in engem Kontakt und in Korrespondenz stand, wollte er als Fürsprecherin am englischen Hof gewinnen. In Berlin konnte er an die alte Verbindung zu Jablonski anknüpfen. Dort schien man – im Gegensatz zu den eher zurückhaltenden Reaktionen aus London – sogleich stark interessiert. Dieser zweite Anlauf, der recht hoffnungsvoll begann, fand durch Leibnizʼ Tod am 14. November 1716 ein Ende118. 5. VON DER LITURGIEGESCHICHTE ZUR LITURGISCHEN PRAXIS? Mit Blick auf die Hindernisse, die einer Behandlung der Liturgie in den Unionsverhandlungen entgegenstanden, mag es verwundern, dass es im Leibniznachlass mehrere, bisher nicht edierte kürzere Aufzeichnungen gibt, die Beobachtungen zu und Kritik an liturgischen Riten in protestantischen Kirchen zusammenstellen, und zwar unter einer irenischen Perspektive, wie es scheint, und die sicherlich aus diesem Grund bei der detaillierten Katalogisierung von Leibnizʼ hinterlassenen Papieren durch den ersten Leiter der Leibniz-Edition, Paul Ritter, in die Zeit der Arbeit an einer Antwort auf Jablonskis „Kurtze Vorstellung“ datiert worden sind. Molans Ablehnung, liturgische Fragen zu diesem Zeitpunkt zum Gegenstand der Unionsgespräche zu machen, lassen jedoch an der Datierung zweifeln. Eine nähere Untersuchung zeigt zudem, dass eine der Aufzeichnungen nicht vor 1708 entstanden sein kann, also erst, nachdem Leibniz und Jablonski weitere Verhandlungen untersagt worden waren. Zunächst sei jedoch ein kurzes Manuskript vorgestellt, das sich leider nur sehr grob zeitlich eingrenzen lässt. Da Leibniz in ihm die Lutheraner als ‚Evangelische‘ bezeichnet, kann man immerhin schließen, dass es nicht vor der Mitte der 1690er Jahre entstanden ist, denn erst seit dieser Zeit hat es Leibniz vermieden, von ‚Lutheranern‘ zu reden, und statt dessen den Begriff ‚Evangelische‘ in dieser 117 Vor allem zur Berliner Seite des Verbots vgl. Schunka: „Brüderliche Korrespondenz, unanständige Korrespondenz“, S. 144–148. Hübener: „Negotium irenicum“, S. 136f., vermutet mit guten Gründen, dass nicht zuletzt Molanus gegen den Plan opponiert haben könnte; skeptisch gegenüber dieser Vermutung (aber ohne Angabe von Gründen) ebd., S. 145. 118 Vgl. M. Meier: „Leibnizʼ Briefwechsel mit Caroline von Ansbach, Princess of Wales – ‚Leibniz‘ in Großbritannien und neue ökumenische Initiativen“, in: M. Kempe (Hrsg.): 1716 – Leibnizʼ letztes Lebensjahr. Unbekanntes zu einem bekannten Universalgelehrten (= Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. Forschungen 2), Hannover 2016, S. 355–399, hier S. 279– 288.
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engen konfessionellen Bedeutung gebraucht119. Diese Aufzeichnung befasst sich allgemeiner mit liturgischen Bräuchen um das Abendmahl, vor allem in Kirchen des niedersächsischen Raumes120. Sie beginnt mit der für die Unionsbemühungen nicht irrelevanten Beobachtung, dass die Schweizer – obwohl Reformierte – beim Abendmahl Oblaten gebrauchen wie die Lutheraner („Evangelicos“) und nicht etwa gewöhnliches Brot wie die Reformierten sonst121. Auch der letzte Fall betrifft diese Differenz zwischen den beiden großen aus der Reformation hervorgegangenen Konfessionen. Es geht um eine lippische Gräfin (also eine Reformierte), die bei einem Landpfarrer im Calenbergischen (also einem Lutheraner) das Abendmahl zu empfangen pflegte, bis sie in Gewissensnöte geriet wegen der Zweifel, ob die Hostie denn wahres Brot sei, und sich darauf gewöhnliches Brot für die Kommunion ausbat. Dem Pfarrer, der deshalb beim Konsistorium nachfragte, wurde beschieden, dass er ihr zunächst erklären solle, dass es sich um wahres Brot handele, falls sie dennoch auf gewöhnlichem Brot beharre, könne er ihr dies reichen, da es sich um ein Adiaphoron handele122. Auch Leibniz dürfte diese Frage entsprechend eingeschätzt haben, womit er sich, wie schon das Urteil des Konsistoriums zeigt, nicht vom Boden der lutherischen Lehre entfernt hätte123. Allerdings scheint er durchaus eine gewisse Sympathie für die Verwendung von alltäglichem Brot empfunden zu haben. Darauf deutet jedenfalls eine weitere kurze Notiz hin. Dort hatte Leibniz aus den Liturgica des katholischen Reformhumanisten Georg Cassander († 1566) die Erklärungen mittelalterlicher Autoren zum Wechsel vom alltäglichen Brot zur Hostie exzerpiert124. Die ausgezogenen Stellen enthalten allerdings ebenso viel humanistische Interpretation wie mittelalterlichen Wortlaut. Cassander hatte seine Gewährsmänner nämlich – durchaus im Sinne der ritengenetischen Methode – zuspitzend interpretiert, indem er den Wechsel vom gewöhnlichen Brot zur Hostie negativ konnotiert und unter Zitation von Honorius Augustodunensis mit der stark zurückgegangenen Kommunionfrequenz erklärt hatte, so dass der ganze Prozess als Degeneration erscheint125. Doch zurück zu der Aufzeichnung über die Kommunionriten: Eine zweite Bemerkung gilt der Beichtpraxis vor dem Empfang des Abendmahls, ein Thema, 119 Vgl. Waldhoff: „Kirche - Konfession - Serkte“, S. 628–638. 120 LH I 9, Bl. 380. 121 „Apud Helvetios oblatae quas vocant in celebratione Eucharistiae dantur quales apud Evangelicos non panis usualis, ut alibi apud reformatos“. (LH I 9, Bl. 380r). Auf die Uneinheitlichkeit der Abendmahlsbräuche bei den Reformierten hat Leibniz auch sonst hingewiesen; s. o. Anm. 105. 122 „Quaedam Lippiae Comitissa vicina nobis solebat apud quendam pastorem ruralem ducatus Calenbergici [communionem] accipere. Tandem scrupulus ei injectus est, oblatas non esse panem verum. Itaque usualem panem petebat[.] Pastor consistorii sententiam quaesivit. Responsum est, primum esse demonstrandum Comitissae oblatas verum esse panem, quod si illa nihilominus usualem mallet, in re adiaphora ipsi morem geri posse[.]“ (Ebd., Bl. 380v). 123 Vgl. auch Graff: Geschichte der Auflösung, S. 182–184. 124 A IV, 6, 366, Z. 19–24. 125 Dazu (etwas) detaillierter Waldhoff: „Aspekte kirchengeschichtlicher Argumentationen“, S. 109f.
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das, wie wir bereits gesehen hatten126, geeignet war, Irritationen zwischen den protestantischen Konfessionen hervorzurufen. Hier bemerkt Leibniz, dass im lutherischen Schweden, ebenso wie in den lutherischen Städten Straßburg und Frankfurt die Absolution vor dem Abendmahl ohne vorangehende Ohrenbeichte gewährt werde127. Die beiden ersten und die letzte Nachricht relativieren also die Differenzen in der Abendmahlspraxis zwischen Lutheranern und Reformierten. Sie rahmen zwei weitere Beobachtungen ein, die nun weniger auf Fragen der Kirchenunion, aber enger auf das braunschweigisch-lüneburgische Gebiet bezogen sind. Diese beginnen mit der Feststellung: „In den braunschweigischen Landen verwendet fast jede Stadt ihre eigenen Zeremonien“128. Die erste berichtet aus Göttingen, dass dort, während der Pfarrer die Einsetzungsworte spricht, mehrere, besonders gekleidete (Chor[?]-) Knaben kniend Jes 6,3 ausrufen129. Die zweite beschreibt den Gebrauch der fistula bei der Kelchkommunion in der Stadtkirche von Celle. Auf deren Nutzung bei der mittelalterlichen Kommunion der Laien war bereits hinzuweisen130. Auch in Leibnizʼ Aufzeichnung fehlt dieser Hinweis nicht131. In den Beobachtungen aus Göttingen und Celle stehen nicht mehr die konfessionellen Unterschiede im Fokus, sondern es kommen Differenzen in den Abendmahlsbräuchen innerhalb des Luthertums zur Sprache – und das auch noch beschränkt auf die braunschweigisch-lüneburgischen Territorien. Sind auch diese
126 S.o. bei Anm. 101. 127 „Contra in Svedia generalis absolutio datur, nulla praecedente confessione auriculari, prorsus ut Argentorati et Francofurti[.]“ (LH I 9, Bl. 380r). Das einleitende „Contra“, das direkt an die o. Anm. 121 zitierten Ausführungen anschließt, muss wohl so verstanden werden, dass, wie die reformierten Schweizer im Gebrauch der Hostie den Lutheranern gleichen, die lutherischen Schweden usw. im Verzicht auf die Ohrenbeichte den Reformierten. 128 „In Brunsvicensibus terris quaeque propemodum urbs suis ceremoniis utitur“ (LH I 9, Bl. 380r). 129 Diese Paraphrase ist etwas unsicher, weil Leibnizʼ Bericht in mancher Hinsicht nicht präzise ist: „Gottingae cum in liturgia pastor ait: hoc est corpus meum aliquot pueri in lineo amictu prostrati clamant Sanctus sanctus dominus deus Sabaoth[.]“ (Ebd.). Amictus bezeichnet unter den katholischen Paramenten das Schultertuch aus weißem Leinen. Dass hier ein derartiges Kleidungsstück gemeint ist, scheint zweifelhaft. Vielleicht ist an einen weißen Kragen oder einen Chorrock gedacht, der jedenfalls von Chorknaben wohl häufiger getragen wurde; vgl. Graff: Geschichte der Auflösung, S. 107 und 109. Zweifelhaft bleibt auch, ob es um sich bei „Sanctus sanctus dominus deus Sabaoth“ nur um den Vers Jes 6,3 handelt oder um das Incipit des Sanctus. Im letzteren Falle hätte aber wohl ein einfaches „Sanctus“ gereicht und man möchte zudem dessen Gesang (also „cantant“ statt „clamant“) erwarten. 130 Feller: Otium Hanoveranum. 131 „Cellis in templo urbis communicantes ad Mensam domini sugunt vinum ex vase fistulato, ut olim faciebant alicubi in Ecclesiis, quando adhuc in papatu altera species laicis concedebatur“. Leibniz fügt noch an: „Cancellarius Schuzius qui sic communicare nolebat privatim accipiebat corpus et sanguinem domini“[.] (LH I 9, Bl. 380r). Der genannte Kanzler ist Johann Helwig Sinold gen. Schütz (1623–1677). Der Gebrauch der fistula war freilich keine cellische Besonderheit, sondern im Luthertum zunächst weit verbreitet, wenngleich er im ausgehenden 17. Jh. u. a. in Lüneburg abgeschafft wurde; vgl. Graff: Geschichte der Auflösung, S. 101f., der aber darauf hinweist, dass die Trinkröhrchen „in Celle noch sehr lange“ benutzt wurden, „obwohl sich Molan die größte Mühe gab, sie zu beseitigen“.
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Notizen durch die Unionsverhandlungen motiviert oder stehen andere Interessen im Hintergrund? Um der Beantwortung dieser Frage etwas näher zu kommen, sei eine zweite Aufzeichnung, die sich speziell mit den Spendeformeln der Kommunion beschäftigt, in den Blick genommen. Das besagte Manuskript sollte ursprünglich wohl ein Brief werden, denn Leibniz hat auf Französisch mit der Anrede „Monsieur“ begonnen, um dann fortzufahren: „il y a sans doute de la faute dans la nouvelle ordonance Ecclesiastique ...“132. Nach der Streichung dieses Beginns setzt er inhaltsgleich, diesmal ohne Anrede und auf Deutsch nochmals ein133: Es ist zweifels ohne ein fehler in der Neuen Mecklenburg[ischen] Kirchen Agende wenn der Priester bey reichung des gesegneten brodts sagt: nehmet hin und eßet, dieß ist der [...] Leib [...] Christi der für euch gegeben wird. Und mag solcher fehler von übeler anbringung der worte der Einsezung hehrgerühret seyn, alwo Christus vom gegenwartigen redet[,] dahingegen alhier von einer vergangenen sach, und deren gedachtniß die Red ist[.]
Warum Leibniz die Formulierung der Mecklenburgischen Kirchenordnung für theologisch verfehlt hält, erläutert er kurz darauf134: Ich will hoffen man werde aus Versehen und übereilung, und nicht aus absehen wird anstatt ist gesezet haben. Denn wenn man ein gegenwartiges dargeben andeuten wollte, würde man auff ein Päbstliches opfer fallen, gleich als ob der leib Christi bey iedem Meß-amt von neuen dargegeben und geopfert würde. Welches die alten Väter von einem Vorstellungs-[,] Erinnerungs- und lob-opfer (sacrificio repraesentationis, commemorationis et laudis) verstanden haben wollen[.]
Die theologische Kritik stützt Leibniz mit einem Durchgang durch die Liturgiegeschichte. Schon zuvor, zwischen den beiden eben zitierten Stellen, hatte er die kursächsische Agenda herangezogen, die bei weitgehender Ähnlichkeit der Spendeformel „gegeben ist“ statt „gegeben wird“ sagt135. Die eigentliche Testimoniensammlung beschränkt sich auf Beispiele aus der katholischen und der griechisch-orthodoxen Kirche und geht vom damals gültigen Missale Romanum in die Liturgiegeschichte zurück, um zu zeigen, dass weder Katholiken noch Orthodoxe eine derartige Formulierung wie die kritisierte jemals gebraucht hätten136. Es ist ein breites Quellenspektrum, das Leibniz anführen kann: Er beginnt mit der von Johannes Diaconus verfassten Vita Gregors des Großen (spätes 9. Jahrhundert), schließt die schon erwähnte137, von Matthias Flacius Illyricus veröffentlichte sog. Missa Illyrica an und zitiert danach mit dem Sendhandbuch des Regino von Prüm eine frühmittelalterliche kirchenrechtliche Quelle. Dann schiebt er den zeitgenössischen, allerdings bis auf Johannes Chrysostomus zurückgeführten griechischen Brauch ein, um schließlich bei den Anfängen der
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LH I 7,5 Bl. 15f., hier Bl. 15r. Ebd. Ebd., Bl. 15r–v. Ebd., Bl. 15r. Ebd., Bl. 15v–16v. S. o. Anm. 39.
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Kirche zu enden, deren schlichte Spendeformeln er in den Apostolischen Konstitutionen und in Ambrosiusʼ De sacramentis zu finden meint. Der kurze Durchgang durch die Liturgiegeschichte dient, wie die zitierten Stellen zeigen, einem aktuellen Zweck. Die Formulierungen zu Beginn der Aufzeichnung legen nahe, dass Leibniz hier auf einen bereits vorgebrachten Einwand Bezug nimmt, der sicherlich aus einem konkreten Anlass formuliert worden war. Dafür spricht auch die ursprüngliche Anrede der Aufzeichnung. Diese Ausführungen können nicht vor dem Jahre 1708 entstanden sein, weil die Erläuterung der Fürstl. Mecklenburgischen Kirchen-Ordnung, der die kritisierte Spendeformel entnommen ist, in diesem Jahr publiziert wurde138. Lässt sich in dieser Zeit in Leibnizʼ Umfeld ein Anlass erkennen, der Auslöser der hier aufscheinenden Diskussion gewesen sein könnte? Es gibt allerdings ein Datum, das sich durch zeitliche wie geographische – aber nicht nur geographische – Nähe anbietet: Die Verkündigung einer neuen Kirchenordnung im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahre 1709. Leider scheinen die Vorarbeiten für die neue Kirchenordnung keine Spuren in der amtlichen Aktenüberlieferung, weder auf kirchlicher noch auf staatlicher Seite hinterlassen zu haben139. Auch Leibnizʼ Korrespondenz mit dem Herzog Anton Ulrich enthält keine einschlägigen Hinweise140. Aber geht eine Suche, die auf Nachweis einer direkten Beteiligung an der Ausarbeitung der Kirchenordnung zielt, nicht vielleicht von falschen Voraussetzungen aus? Klaus Jürgens hat geurteilt, die neue Kirchenordnung trage „weithin, besonders im zweiten Teil, der die verschiedensten Gottesdienstordnungen samt Gebeten enthält“, die „Handschrift“ Gottlieb Treuers141. Treuer (1657–1729), den der Herzog 1706 zum Kirchen- und Konsistorialrat, Generalsuperintendenten, Pastor primarius an der Wolfenbütteler Hauptkirche und Abt von Riddagshausen berufen hatte, war zuvor Domprediger in Magdeburg gewesen und hatte sein Studium an der orthodox-lutherischen Universität Leipzig absolviert142. Von seiner theologi138 Erläuterung der Fürstl. Mecklenburgischen Kirchen-Ordnung, Schwerin 1708, Bl. D3v. 139 Und zwar weder im Landeskirchlichen Archiv Wolfenbüttel (nach freundlicher Auskunft von Frau Landeskirchenarchivrätin Birgit Hoffmann), noch im Niedersächsischen Landesarchiv Standort Wolfenbüttel (laut freundlicher Auskunft von Frau Dr. Roxane Berwinkel). 140 Sie liegt gedruckt vor: E. Bodemann: „Leibnizens Briefwechsel mit dem Herzoge Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel“, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen (1888), S. 73–244. Auf LH I 7,5 Bl. 16v findet sich allerdings der Entwurf eines Billets (?): „Durchleuchtigster Herzog Gnadigster Herr ersuche S[eine] durchl[auch]t unterthanigst, Sie wollen in gnaden geruhen, den lezten brief mit der beylage mir wieder zustellen zu laßen, [...]“. Wenn man das Datum der Aufzeichnung nicht allzu weit weg von ihrem Terminus post quem in Leibnizʼ letzte Lebensjahre hinein verschieben möchte, kommt als Adressat eigentlich nur Anton Ulrich in Frage. 141 K. Jürgens: Lutherische Erneuerung unter Herzog August Wilhelm und Abt Gottlieb Treuer (= Quellen und Beiträge zur geschichte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig 3), Wolfenbüttel 1996, S. 18. 142 Ebd., S. 16. Jürgens charakterisiert ihn als „im Sinne eines bekenntnistreuen Luthertums geprägt und [...] dem Calixtinismus, besonders in der Entartung, in der sich dieser in den letzten Jahren gezeigt hatte, kritisch gegenüber“ stehend (ebd.).
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schen Herkunft her nahm er also so ziemlich den Kontrapart zu Leibnizʼ Position ein, der immer seinen Einfluss geltend gemacht hatte, um in Helmstedt, der Universität des welfischen Samthauses, die Berufung irenisch gesinnter Theologen in der Tradition des Georg Calixt (1586–1641) zu sichern143. Behält man Wolfenbüttel im Auge144, lässt sich ausgehend von dem verworfenen französischen Briefanfang unserer Aufzeichnung fragen, mit wem in Wolfenbüttel Leibniz französisch korrespondiert hat. Da wegen der schlichten Anrede „Monsieur“ ein Mitglied des Welfenhauses nicht in Frage kommt, bleiben, soweit wir sehen, nur zwei Adressaten übrig: Lorenz Hertel und Philipp Ludwig Probst von Wendhausen. Hertel, ein Wolfenbütteler Diplomat und seit 1705 Bibliothekar, gehörte schon seit den frühen 1690er Jahren zu Leibnizʼ wichtigen Korrespondenten. Die Korrespondenz intensivierte sich noch wegen der Übernahme des Bibliothekarsamtes, die ihn in ein direktes amtliches Verhältnis zu Leibniz brachte, war allerdings im hier interessierenden Jahr 1708 nur schmal und ist für unsere Fragestellung nicht aussagekräftig. Anders sieht es im Falle des Kanzlers und Ersten Ministers Philipp Ludwig Probst von Wendhausen aus. Die Korrespondenz mit ihm ist ohnehin sehr schmal, man kann sie nach dem derzeitigen Stand der Kenntnis an den Fingern einer Hand abzählen. Von großem Interesse ist jedoch ein kurzes Briefkonzept von Leibnizʼ Hand145. Es ist auf den 3. September 1708 datiert, fällt also in den hier interessie143 So auch in einem Brief an Anton Ulrich vom 20. April 1708, in dem Leibniz seiner Befürchtung Ausdruck verleiht, „daß die Theologia moderata, die durch Calixtum und Hornejum bey der Universität Helmstadt u. in den Braunschweigischen Landen in schwang kommen, ganz zu grunde gehen u. die falsch genante Orthodoxie einreißen werde“ (Bodemann: „Leibnizens Briefwechsel mit dem Herzoge Anton Ulrich“, S. 180f.). Man muss diesen Brief wohl als Reaktion auf Treuers Wirken in Wolfenbüttel lesen. 144 In den Wolfenbütteler Kontext gehört vielleicht auch eine recht umfangreiche Schrift (LH I 6,10 Bl. 1–8). Sie ist überschrieben: „Notatiunculae in Evangelia dominicalia“. In der Tat handelt es sich um kurze kommentierende Beobachtungen zu den sonntäglichen Evangelienlesungen. Der Text beginnt mit dem Anfang des bürgerlichen Jahres, dem 1. Januar, liturgisch gesprochen: dem Fest der Beschneidung des Herrn. Er bricht, offensichtlich unvollendet, mit dem ersten Adventssonntag ab. Der Inhalt erlaubt es, die Entstehung des nicht datierten Manuskripts auf vier Zeiträume einzugrenzen. Die Reihe der Sonn- und Feiertage macht nämlich schnell klar, dass Leibniz nicht sämtliche für jeden beliebigen Jahreslauf notwendigen Sonntage berücksichtigt, sondern ein konkretes Jahr im Auge hatte. Kalendarisch sind in seiner Lebenszeit vier Jahre möglich: 1683, 1694, 1703 und 1708. Die ersten beiden Jahre scheiden aus, weil im Text das sog. Arabische Kindheitsevangelium erwähnt wird, dessen editio princeps erst 1697 erschienen ist. Ohnehin erregt natürlich das zuletzt genannte Jahr die Aufmerksamkeit. Zur Erneuerung der Kirchenordnung könnte es zudem eine inhaltliche Verbindung geben. Die Kirchenordnung von 1709 beendete nämlich eine bis dahin geltende Wolfenbütteler Eigenart. Ihre Vorgängerin, die 1657 von Herzog August dem Jüngeren publiziert worden war, hatte die traditionellen Epistel- und Evangelienlesungen durch Paraphrasen ersetzt, die der Herzog selbst zum besseren Verständnis der Lesungstexte formuliert und 1646 als Evangelische Kirchen-Harmonie veröffentlicht hatte. Es dürfte sich also lohnen, Leibnizens „Notatiunculae“ einmal mit diesem Werk zu vergleichen. 145 LBr 990. Der größte Teil des Textes ist gedruckt in Der Briefwechsel des Gottfried Wilhelm Leibniz in der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Hannover, beschrieben von E. Bode-
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renden Zeitraum. Auch inhaltlich lassen sich Bezüge zur Kirchenordnung herstellen, geht es doch um die Frage der Neuausgabe der braunschweig-lüneburgischen Sammlung der Bekenntnisschriften, des Corpus Julium. Wie der verworfene französische Briefanfang steht dieses Schreiben wohl kaum am Beginn des Austausches über dieses Thema, denn es setzt – nach der Anrede „Monsieur“ – ein: Ich habe mit dem Herrn Abt Molanus über den Plan gesprochen, das Corpus Julium in Braunschweig neu drucken zu lassen146.
Bemerkenswert ist auch, was Leibniz über Molans Reaktion berichtet: Dieser habe den Vorschlag sehr begrüßt, aber eine Korrektur der Übersetzung der Apologia Confessionis Augustanae als notwendig angesehen, da seinerzeit Justus Jonas die moderaten Formulierungen Melanchthons zu frei und zu scharf übersetzt habe147. Wenn die Vermutung richtig ist, dass dieser Brief im Kontext der Arbeit an der neuen Kirchenordnung steht, und wenn sich der verworfene französische Briefanfang und damit die Diskussion um die Spendeformel bei der Kommunion ebenfalls an von Wendland richten sollten, dann müsste man Leibniz eher in Opposition zu Gottlieb Treuer, dem Hauptautor der neuen Kirchenordnung, sehen. Mit dem wolfenbüttelschen Kanzler und Ersten Minister hätte er die traditionelle calixtinisch-irenische Linie der Kirchenpolitik des Herzogtums gegen einen durch Treuer vertretenen orthodox-lutherischen Kurs retten wollen. Ob diese Position jenseits der Korrespondenz und des Gesprächs mit von Wendland und teilweise auch Herzog Anton Ulrich148 sichtbar und wirksam geworden ist, bleibt allerdings fraglich149.
mann, Hannover 1889, ND mit Ergänzungen und Register von G. Krönert und H. Lackmann, sowie einem Vorwort von K.-H. Weimann, Hildesheim 1966, S. 384. 146 „Jʼay parlé à Mr. lʼAbbé Molanus du dessein de faire reimprimer le Corpus Julium à Bronsvic“. (ebd., S. 384). 147 „Il lʼapprouve fort, et il trouve necessaire, quʼon y corrige la version de lʼApologie de la Confession dʼAugsburg faite par Justus Jonas, quʼil trouve tres éloignée de lʼoriginal en beaucoup dʼendroits et tres violente, lorsque le texte Latin de Melanchthon est moderé“. (ebd.). 148 Dieses zeigt auch der o. Anm. 143 zitierte Brief an Anton Ulrich. Nach dem o. gegebenen Zitat setzt er fort: „Denn bey den Höfen, in den Consistoriis, bey den fürnehmsten Superintendenturen wird fast niemand befördert, der nicht ex schola Saxonum kommen, und sollte der Abt Molanus abgehen, würde das gegentheil ganz praevaliren“. (Bodemann: „Leibnizens Briefwechsel mit dem Herzoge Anton Ulrich“, S. 181). Unter den Gegenmaßnahmen empfiehlt Leibniz übrigens den Neudruck des Corpus Julium (ebd., S. 181f.). 149 Allerdings scheint Jürgens: Lutherische Erneuerung, S. 18, den orthodox-lutherischen Einfluss Treuers auf die Kirchenordnung zu überschätzen. Jedenfalls hat ein früher, etwa zeitgenössischer Leser des von uns benutzten Exemplars der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin (Signatur: Dr 8760) dort, wo nach der Erwähnung des Corpus Julium als Bekenntnisgrundlage die Kirchenordnung fortfährt, dass die Prediger „[...] keines weges aber sich zu denen dero Zeit denen Reformatoribus ex justo dolore in die Feder gefallen und gegen die Widersacher gebrauchte herbe expressiones obligiret [...]“ seien, handschriftlich annotiert: „Spiritus Syncretisticus“. (Erneuerte Kirchen-Ordnung unser von GOttes Gnaden Anthon Ulrichs Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg, Braunschweig 1709, 1. Teil, Kap. 1, § 2, S. 9).
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Ob sich hinter diesen Aufzeichnungen tatsächlich der Versuch verbirgt, im ökumenischen Geist Einfluss auf die Erarbeitung der neuen Wolfenbütteler Kirchenordnung zu nehmen, kann beim derartigen Kenntnisstand nur vermutet werden. Ein derartiger Interventionsversuch entspräche allerdings sowohl in der Motivation, als auch in der Methode dem, was wir in dieser Hinsicht bisher bei Leibniz beobachtet haben. In der Motivation: nämlich in dem Bemühen, den Weg der getrennten Konfessionen zum gemeinsamen Altar nicht nur nicht durch liturgische Riten und Formeln zu verbauen, sondern ihn im Gegenteil nach Möglichkeit zu bereiten. In der Methode: durch den – keineswegs selbstgenügsamantiquarischen – Blick in die Liturgiegeschichte, um einerseits durch Gegenbeispiele die angeblich nicht verhandelbaren Positionen zu relativieren und andererseits Präzedenzfälle für eine größere Offenheit und Toleranz aufzuzeigen. Freilich hat, darauf war eingangs schon hinzuweisen, für Leibniz die Liturgie in diesem Kontext nie die Hauptrolle gespielt150. Zweifellos war er sich ihrer Bedeutung bewusst, gerade für die Fragen von Union und Reunion – bewusster als dies bei vielen späteren Leibniz-Forschern der Fall gewesen ist. Allerdings war seine Bereitschaft, vieles von ihr als Adiaphoron einzuschätzen, größer als die seines lutherischen Mitstreiters Gerhard Wolter Molanus und als die seines reformierten Berliner Gesprächspartners Daniel Ernst Jablonski. Gegenüber Letzterem äußerte Leibniz Bedenken gegen eine zu schnelle und zu rigide Vereinheitlichung der liturgischen Riten, denn der gemeinsame Altar könne steinern sein, wie die Altäre in den lutherischen Kirchen, oder ein einfacher hölzerner Tisch wie bei den Reformierten151 – „da ja unitas Ecclesiae nicht eben in einem ritu, sondern in mutua communione bestehet“152.
150 Überhaupt wollte er die religiösen Zeremonien daran messen, inwieweit sie mit der wahren, auf Erleuchtung und Tugend beruhenden Frömmigkeit übereinstimmten, wie er an prominenter Stelle, zu Beginn des Vorworts der Theodizee erklärt hat; vgl. GP VI, 25; vgl. hierzu den Beitrag von Ulrich Becker in diesem Band. 151 „Zwar der Zweck ist dass man komme zu einer Kirche und einem Altar, wie MHHr redet, aber das geschieht, ob man schohn in einer steinern Kirche und bey einem steinern oder holzern altar oder tische sich findet, zumahl da man auch bey solchen in Zeiten zusammentrifft“. (An Jablonski, 7. August 1706; Kvačala [Hrsg.]: Neue Beiträge zum Briefwechsel, S. 111). 152 Ebd., S. 112.
PURGATORIUM UND AUFERSTEHUNG IN LEIBNIZʼ ESCHATOLOGIE Von Hartmut Rudolph (Hannover) Zunächst seien einige wenige, nur vermeintlich außerhalb des Themas liegende Bemerkungen zur Genese der leibnizschen Theologie erlaubt. Schon aus den von Paul Schrecker 1934 edierten Briefen an den Halbbruder und den Schwager von 1669 wissen wir um Leibnizʼ theologische Interessen, besonders seine irenische Einstellung und die Befürwortung einer gegenseitigen Annäherung der getrennten christlichen Kirchen. Leibniz bekannte sich damals als einen ‚Synkretisten‘ und gab damit seine geistige Nähe zur Helmstedter Theologie des Georg Calixt1 zu erkennen2. DER ORT DER THEOLOGIE IN LEIBNIZʼ GESAMTWERK Bereits in seiner Reformschrift von 1667, der Nova methodus discendae docendaeque jurisprudentiae, hatte Leibniz eine klare Zuordnung der Theologie im Wissenschaftssystem vorgenommen. Die Jurisprudenz wird nach dem Beispiel der Theologie strukturiert und portioniert3. Die Theologie ist gewissermaßen die das gesamte Universum umfassende Jurisprudenz, sie behandelt das Recht und die Gesetze, wie sie in der respublica dei oder eher im regnum dei super homines gültig sind, sie ist die Wissenschaft von der felicitas aeterna im Gegensatz zur felicitas temporalis, um die es der weltlichen Jurisprudenz gehe; auch die Unterscheidung des positiv gesetzten Rechts, das sich auf die schriftlich fixierten Gesetze gründet, vom natürlichen Recht, das durch die Vernunft erschlossen wird,
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Vgl. hierzu J. Wallmann: „Die Unionsideen Georg Calixts und ihre Rezeption in der katholischen und protestantischen Theologie des 17. Jahrhunderts“, in: H. Otte und R. Schenk (Hrsg.): Die Reunionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Rojas y Spinola – Molan – Leibniz, Göttingen 1999, S. 39–55. Vgl. G. W. Leibniz: „Lettres et fragments inédits“, in: P. Schrecker (Hrsg.): Revue Philosophique de la France et de l'Ètranger, CXVIII, Paris 1934, S. 57–83; vgl. S. 57: „[…] non vereor dicere, me [...] Syncretistam esse“. Vgl. auch die wahrscheinlich um 1693 entstandenen Bibliotheksstücke, besonders die Tabula de ordinanda bibliotheca; A IV, 5 N. 79, in der die Parallelität beider Disziplinen auch graphisch demonstriert wird.
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belegt diese Parallelität zwischen Theologie und Jurisprudenz4. Sodann räumt Leibniz innerhalb der juristischen Ausbildung der Kirchen- und Dogmengeschichte noch einen weiteren Platz ein. Die historische Theologie sollte als Quelle für das kanonische Recht dienen, und innerhalb dieser fordert er als eigene Abteilung die ‚Historia Irenica‘, die es wert wäre, von Anfang an bis in die Gegenwart geschrieben zu werden, und durch welche die Juristen lernen sollten, in verständnisvoller Weise mit kontroversen Positionen umzugehen5. Der 21-jährige Jurist erweist sich hier bereits als ein Kenner der Geschichte der Alten Kirche und des Mittelalters; vor allem aber auch der Literatur, die seit der Reformation und der Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts für die vielfältigen Ausgleichsversuche der Ireniker in Europa in allen Parteien Zeugnis gibt, von Erasmus, Melanchthon, Martin Bucer, Julius Pflug, über Jean Bodin bis hin zu Hugo Grotius und eben Georg Calixt. Die wichtigen Religionsgespräche und damit auch die Details der theologischen Kontroversen waren ihm bereits bekannt6. Vier Jahre später, 1671, finden wir ihn, wie der Beginn seiner Korrespondenz mit Antoine Arnauld7 zeigt, selbst involviert in diesen ökumenischen Prozess. Neben diesem schon früh ausgeprägten Interesse an der Theologie war es, wie Leibniz im März 1679 berichtete, Johann Christian von Boineburg, der seinen Schützling immer wieder ermahnt hat, sich außer der Jurisprudenz und den politischen Affären der Theologie zu widmen: „Feu Mons. le Baron de Boinebourg m’exhortoit tousjours à mediter en théologie“.8 Darüber hinaus entwarf Leibniz als Folge des kritischen Austausches mit Johann Christian von Boineburg mit dem Demonstrationum catholicarum conspectus ein Konzept, oder besser gesagt, einen Leitfaden und Wegweiser für die am Hofe Philipp von Schönborns angestrebte Annäherung und Reunion der Kirchen. Dass dieses Konzept ein grundlegender Bestandteil des Leibnizschen Lebensprojekts bildete, das er in den folgenden Jahrzehnten abzuarbeiten versuchte, dafür haben wir zwei gewichtige Zeugen, zum einen den Nestor der Leibniz-Edition und -forschung, Heinrich Schepers, der die Leibnizforschung erstmals 1994 und zuletzt 20149 auf diesen für das Verständnis des Gesamtwerkes und der Biogra4
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Vgl. A VI, 1 N. 10, 294; vgl. auch A IV, 6 N. 69, 501. „Facultates sunt systemata notitiarum ad Bonorum genus aliquod relatarum Bona universalia: Facultatum Superiorum, particularia[:] inferiorum. Universalia Bona, sunt: 1) Felicitatis aeternae Theologia, 2) temporalis quoad animum Politico-jurisprudentia 3) temporalis quoad [corpus] huc 〈 – 〉 Medicina particularia bona 1) pro Mente, huc Philosophico-philologica huc Historia civilis 2) pro corpore huc Mathematico-Technica[.]“ Vgl. H. Rudolph: „Leibniz’ Bemühungen um eine Reunion der Kirchen“, in: Die Reunionsgespräche, S. 156–172, hier S. 158f. So finden sich bei Leibniz z. B. schon Hinweise auf M. Bucers, C. Hedios und P. Melanchthons frühe, an den französischen König Franz I. gerichtete Einigungsbemühung 1534, auf das Regensburger Buch 1541, das Regensburger Religionsgespräch von 1601; vgl. hierzu H. Rudolph: „Leibniz’ Bemühungen“, S. 159. Vgl. G.W. Leibniz an Antoine Arnauld, Anfang November 1671; A II, 1² N. 87. G. W. Leibniz am 29. März 1679 an Herzog Johann Friedrich; A I, 2, 155. Hierzu: H. Schepers: „Demonstrationes Catholicae – Leibnizʼ großer Plan. Ein rationales Friedensprojekt für Europa“, in: F. Beiderbeck und St. Waldhoff (Hrsg.): Pluralität der Per-
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phie grundlegenden Tatbestand hingewiesen hat, und zum anderen Gottfried Wilhelm Leibniz selbst, etwa in einem Brief, den er im Herbst 1679 an Herzog Johann Friedrich schrieb10. Darin erinnert Leibniz den Herzog an seine gründlichen Erörterungen mit Boineburg, die zu dem Schluss geführt haben, dass die Lehraussagen des Konzils von Trient ohne Schwierigkeiten von den Protestanten gebilligt werden könnten. Es waren nur drei oder vier Punkte, bei denen Leibniz es damals für erforderlich hielt, sie so zu interpretieren, dass diese Interpretation weder dem Wortlaut der Aussagen noch der dahinter stehenden Meinung der katholischen Kirche widerspräche. Eine solche Deutung würde sich genügend weit von den üblichen Meinungen entfernen, wie sie manche Schultheologen und vor allem die Mönche kolportierten. Leibniz war sich damals dessen bewusst, welchen Einfluss diese Leute auf die Geister ausübten und verwies gegenüber Boineburg auf den Fall Galilei als Beweis hierfür. Leibniz schlug vor, dass man ihn Deklarationen nach Rom bringen lasse, in denen dargelegt werde, dass seine Deutung der Konzilsbeschlüsse von Trient zumindest tolerabel sei und nichts Häretisches oder dem Glauben Zuwiderlaufendes an sich habe. Boineburg, so berichtet Leibniz weiter, sei entzückt gewesen von diesem Vorschlag und habe ihm für die bevorstehende Reise nach Frankreich Briefe für Antoine Arnauld mitgegeben, weil dessen Meinung dort großes Gewicht besäße. Leibniz sei mit größter Umsicht an das Vorhaben herangegangen. Boineburgs plötzlicher Tod Ende des Jahres 1672 hat diesen Plänen ein vorläufiges Ende gesetzt, genauer gesagt, den 26-jährigen bewogen, die Bemühungen um eine Aussöhnung der christlichen Konfessionen als Teil seines universellen Plans nun ohne die Mainzer Unterstützung mit großer Vor- und Umsicht weiterzuverfolgen. Der Hinweis auf diese Wurzeln der Theologie im Wirken von Leibniz möge veranschaulichen, dass die Theologie einen keineswegs marginalen Bereich des Leibnizschen Werkes betrifft, sondern dass der Blick auf den Theologen in einen Kernbereich seines Wirkens und seiner Lebensplanung führt. DER ORT DER ESCHATOLOGIE INNERHALB DER LEIBNIZSCHEN METAPHYSIK UND THEOLOGIE Die Eschatologie als Lehre von den letzten Dingen lebt in der Spannung des ‚Schon‘ und ‚Noch nicht‘ des im christlichen Glauben vermittelten Heils. Das Noch nicht, also die Zukunft, das noch Ausstehende, die letzten Dinge, hatte die Schultheologie etwa unter der Überschrift De novissimis, finis theologiae formalis oder De debitis finibus abgehandelt. Letzterer Begriff war dem augustinischen Werk De civitate dei entnommen worden. Nachdem der Kirchenvater in den erspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinem philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 3–15. Heinrich Schepers hat diesen Aufsatz in auch in: H. Schepers: Leibniz. Wege zu seiner reifen Metaphysik, Berlin 2014, S. 82–94, publiziert. 10 Vgl. A II, 1², 750f.
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sten 18 Kapiteln das Hervorgehen und den Verlauf (exortus und procursus) der die Geschichte der Menschheit bestimmenden zwei civitates beschrieben hatte, wand er sich vom 19. Kapitel an den noch ausstehenden Ereignissen (debiti fines) zu, dem Ziel und Ende dieser Geschichte der beiden Herrschaftsbereiche, des irdischen und des himmlischen. Auch in den Beiträgen zur Propädeutik oder Hermeneutik und Soteriologie sowie zur Ekklesiologie ist insofern bereits Eschatologie präsent, als allen diesen Themen die Spannung des ‚Noch nicht‘, also ein eschatologischer Vorbehalt, innewohnt. Wie umgekehrt die genießende Anschauung Gottes (‚fruitio dei‘) nicht erst im ewigen Leben, sondern ansatzweise (‚fruitio inchoata‘) schon in diesem Leben im Glauben erfahren werden kann (präsentische Eschatologie). In der lutherischen Schultheologie finden wir im Zusammenhang der Eschatologie die folgenden loci, wie diese zum Beispiel in Leonhard Hutters Compendium locorum theologicorum (1610) enthalten sind: Der leibliche Tod und die Unsterblichkeit der Seele Die Vollendung oder das Ende der Welt Die Totenauferstehung Das Jüngste Gericht Die Hölle Das ewige Leben Bei genauerem Zusehen differenziert sich dieses Bild erheblich je nach der Stellung des jeweiligen Dogmatikers zu der von Melanchthon in seinen Loci communes, der ersten Dogmatik des Protestantismus, gelieferten Vorlage. Die schon benannte fruitio dei als dem finis theologiae wird in den lutherischen Dogmatiken als ein Teil der Lehre von Gott und damit am Anfang behandelt, kann aber auch am Schluss der Dogmatiken erscheinen und entfaltet sich dort in die eben genannten Themen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, sei hier nur bemerkt, dass uns der Blick auf die Eschatologie den ganzen Reichtum der lutherischen Schultheologie von Melanchthon über Johann Wigand, Johann Gerhard, Georg Calixt, Abraham Calov, Johann Andreas Quenstedt, Johannes Musäus und Johann Friedrich König bis in das 18. Jahrhundert zu Johann Franz Buddeus eröffnet11. Bevor wir uns aber den Loci des Purgatoriums und der leiblichen Auferstehung (resurrectio corporum) in der Sache zuwenden, sollte danach gefragt werden, wie Leibniz diese beiden theologisch-dogmatischen Themen erörtert. Das ‚erörtern‘ ist hier im wörtlichen Sinne gemeint, nämlich als die Bestimmung des Ortes, an dem Leibniz diese Themen innerhalb des Spektrums von Vernunft und Offenbarung, von natürlicher und ‚mystischer‘ Theologie abhandelt. Mystische Theologie, theologia mystica, verwendet Leibniz als Begriff für diejenigen Aussagen, deren Affirmation sich nicht der natürlichen Theologie erschließt, also aus dem bloßen Gebrauch der Vernunft erkannt werden kann, sondern für die Teile 11 Einen Einblick in diese Vielfalt bietet seit langem C. H. Ratschows: Lutherische Dogmatik zwischen Reformation und Aufklärung, Teil II, Gütersloh 1966, S. 248–270.
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der Theologie, die ihren Grund im übernatürlichen Bereich der offenbarten Wahrheiten finden; und diese Aussagen sind nur insoweit dem Urteil der Vernunft ausgesetzt, als sie sich vor dem Gerichtshof der Vernunft ihre Possibilität bestätigen lassen müssen, wenn anders sie ihre Geltung behalten wollen12. Im eben bereits herangezogenen Brief vom Herbst 1679 beschreibt Leibniz seinem Herzog detailliert den Plan, nämlich die Demonstrationes Catholicae, die uns einen ersten Aufschluss darüber geben, welchen Ort innerhalb der Theologie er den Themen der Eschatologie zuweist. Die Demonstrationes Catholicae verteilen das gesamte Gebiet der Kontroverstheologie bekanntlich auf vier Teile, 1. den Beweis der Existenz Gottes, 2. den Beweis der Unsterblichkeit der Seele, 3. den Beweis der Possibilität der Geheimnisse des christlichen Glaubens und 4. den Beweis der Autorität der katholischen Kirche sowie der Heiligen Schrift. In dem Brief an den Herzog kennt Leibnizʼ Reminiszenz jedoch nur 3 Teile, weil er Teil 1 und 2, also die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit der Seele, zum Teil 1 zusammennimmt und hinzufügt: ‚[…] et [les demonstrations] de toute la Theologie naturelle […]‘. Teil 2 betrifft die offenbarte Theologie und Teil 3 die Ekklesiologie. In diesen drei Bereichen hielt er die inhaltliche Aufarbeitung für erforderlich, um seiner ökumenischen Mission gerecht werden zu können. Für die Geheimnisse (mystères) der christlichen Religion oder der offenbarten Theologie ließen sich, wie Leibniz damals schrieb, keine Tatsachen-, sondern nur moralische Beweise beibringen. Und schon hier, 1679, finden wir das entscheidende Argument der Einleitenden Abhandlung zur Theodizee: Die Mysterien der christlichen Religion behalten so lange ihre Gültigkeit, wie sie nicht durch Beweise widerlegt worden seien. Ihm, Leibniz, sei es deshalb darum gegangen, deren Possibilität zu beweisen und denjenigen argumentativ entgegenzutreten, die in diesen offenbarten Wahrheiten eine Absurdität oder Widersprüchlichkeit wahrzunehmen meinen. Ein solcher Beweis müsse vollständig, also im Blick auf alle diese Glaubenswahrheiten erbracht werden. Denn ließe sich auch nur eine einzige Unmöglichkeit beweisen, würde das ganze Gebäude der christlichen Religion zusammenstürzen („[…] car une seule impossibilité prouvée dans nos mysteres, renverseroit tout le bastiment […]“13). Wir können auch umgekehrt sagen, gegen die Einwände der Kritiker 12 Vgl. hierzu: H. Rudolph: „‚Res publica christiana‘ and ‚corpus mysticum‘. Some Remarks on their Meaning in the Political Thought of Leibniz“, in: L. Basso (Hrsg.): Republic and Common Good in Leibnizʼ Political Thought (= Studia Leibnitiana 43), Stuttgart 2011, S. 24–35, hier S. 30–33. 13 A II, 1, 751f.: „Il devoit contenir trois parties: la premiere des Demonstrations de l’existence de Dieu, de l’immortalite´ de l’ame, et de toute la Theologie naturelle; comme en effect j’en ay de surprenantes. La seconde partie devoit estre de la religion Chrestienne, ou Theologie revelée, où je voulois demonstrer la possibilité de nos mysteres et satisfaire à toutes les difficultés de ceux qui pretendent de monstrer des absurdités et contradictions dans la Trinité, dans l’incarnation, dans l’Eucaristie, et dans la resurrection des corps. Car les preuves de la religion chrestienne ne sont que morales, puisqu’il n’est pas possible d’en donner d’autres en matieres de fait, or toutes les preuves qui n’importent qu’une certitude morale peuvent estre renversées par des preuves contraires plus fortes, et par consequent il faut aussi répondre aux objections pour se satisfaire entierement, car une seule impossibilité prouvée dans nos my-
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reiche es völlig, die Impossibilität auszuschließen, der Beweis der Unmöglichkeit auch nur eines einzigen christlichen Mysteriums brächte jedoch das gesamte Gebäude der christlichen Religion zum Einsturz. Nach diesem frühen, aber doch schon sehr klaren wissenschaftstheoretischen Aufriss, zählte von den eschatologischen Loci nur die resurrectio corporum, die leibliche Auferstehung, zur offenbarten Theologie, zu den mystères, zur theologia mystica, wie sie von Leibniz definiert wurde. Die Lehre vom Fegfeuer oder Purgatorium lässt sich dagegen, wie auch andere Bereiche der Eschatologie mit der natürlichen Vernunft erfassen14 oder sie oszilliert zwischen beiden Erkenntnisebenen. Vom Oszillieren ist deshalb zu sprechen, weil Leibniz schon in den Demonstrationes catholicae auf das Purgatorium, das Jüngste Gericht und die ewige Verdammnis in der pars tertia, also dem der offenbarten Theologie gewidmeten Teil, eingeht. LEIBNIZ DEUTUNG DES PURGATORIUMS UND DER LEIBLICHEN AUFERSTEHUNG Schon die Antike kannte eine Bestrafung nach dem Tod für Vergehen, die im Leben des Menschen begangen wurden. In seinen Bemerkungen zur Bulle Pius’ IV. In-iunctum nobis 167915 sagte Leibniz deshalb, von der ratio et traditio vetustissmima her gehöre das Purgatorium zum geistigen Allgemeingut, es erschließe sich allein schon aus dem gesunden Menschenverstand (modo sana ratione intelligatur16).
steres, renverseroit tout le bastiment. La troisieme partie traitoit de l’Eglise [...]“. – Hinsichtlich dieser frühen Ortsbestimmung der Auferstehung vgl. auch die dem nicht widersprechende Zuordnung in den Nouveaux essais VII, §§ 23 und 24, wo allerdings im Blick auf die offenbarten Wahrheiten die Notwendigkeit des vernunftbegründeten Glaubens an eben diese in einer bereits die Terminologie des Discours préliminaire vorwegnehmenden Weise ausgesagt wird; A VI, 6, 492–495 (zu letzterem vgl. auch den Beitrag von M. Antognazza in diesem Band). 14 Diese Zuordnung begegnet einem insoweit auch in der protestantischen Dogmatik, als es um die der natürlichen Vernunft zugängliche ‚promissio legis‘ geht. So erfasst diese, dass Gott den Menschen, die rein und ohne Sünde sind, barmherzig ist, doch die Erkenntnis der Erlösung des Sünders und Unwürdigen ‚gratis propter Christum‘ bleibt dem Glauben an das gepredigte Evangelium vorbehalten, so etwa P. Melanchthon in den Loci von 1559, CR Mel 21, 414ff. 15 Vgl. Pius IV: „Bulla Iniunctum nobis vom 13. November 1564“, in: H. Denzinger: Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum fidei et morum, hrsg. von P. Hünermann, Freiburg 371991, S. 1862–1870, hier S. 1867. „Constanter teneo purgatorium esse, animasque ibi detentas fidelium suffragiis iuvari; similiter et Sanctos una cum Christo regnantes venerandos atque invocandos esse, eosque orationes Deo pro nobis offerre, atque eorum reliquias esse venerandas“. 16 Annotationes ad Professionem Fidei a Pio IV. praescriptam (1679); A IV, 3, 201.
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In der Alten Kirche17 waren die Vorstellungen des Purgatoriums äußerst vielfältig und zum Teil konträr. Leibniz wusste darum. Hier seien nur einige für ihn wichtige Stationen genannt, Differenzierungen, die sich durch die Unterscheidungen der Bußpraxis und der Sündenarten ergeben, seien dabei übergangen. Für Tertullian (150 – nach 220) hatte das Purgatorium lediglich im Aufschub der Auferstehung und aus einer Art Kerkerhaft für die Seelen bestanden. Cyprian von Karthago († 258) sprach dagegen bereits von einem langanhaltenden quälenden Schmerz als Reinigung von den Sünden und einem lange brennenden Feuer18. Im Blick auf Leibnizʼ Position erscheint mir Clemens von Alexandriens Unterscheidung der ‚erleuchtend-reinigenden‘ von der ‚brennend-strafende[n] Funktion‘ des jenseitigen Feuers erwähnenswert. Ernst Koch fasst diese alexandrinische Position so zusammen: Die postmortale Läuterung ist die Fortsetzung des Erziehungsprozesses durch den Logos vor dem Tode. Für den Leibnizschen Zusammenhang ist natürlich auch Origenes zur Kenntnis zu nehmen: Nach ihm bedurfte jeder Gestorbene der Reinigung, der Katharsis. Er kannte auch den Strafaspekt (Matth. 5,25–26). Aber es ist ein pneumatisch-logoshaftes Läuterungsfeuer, „[…] dem Gerechte zur Prüfung von Restsünden, Befleckte zur Reinigung und Böse zur Bestrafung ausgesetzt sind19.
Basilius von Caesarea († 379) verband den Gedanken der Reinigung und Läuterung mit einem Gericht, was Leibniz allerdings so verstehen möchte, dass damit nicht ein ‚purgatorium resurrectionis‘ gemeint sei, eine mit der Auferstehung einsetzende Reinigung, sondern eher ein der vom Körper getrennten Seele vorbehaltener Läuterungsprozess20. Durch Ambrosius von Mailand († 397) war die alexandrinische Auffassung in den Westen gelangt. Von Origenes übernahm er die Einteilung in Klassen, wobei den schweren Sündern das Gerichtsfeuer zum ewigen Höllenfeuer wird. Intensiv studierte Leibniz mehrere Schriften des Augustinus († 430)21 und bemerkte dessen Zurückhaltung den Fragen des Purgatoriums gegenüber. Der Kirchenvater kannte, wie Ernst Koch schreibt, […] schmerzhafte Erfahrungen, die der ethischen Läuterung dienen und die er mit dem Brennen des Feuers vergleichen kann; auf die Frage, ob sie sich auch nach dem Tode noch fortsetzen, antwortet er: incredibile non est22.
Und „[m]it Augustin beginnt [andererseits] die Deutung von Psalm 38,2 [Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm] auf
17 Vgl. hierzu: G. W. Leibniz: Consideratio locorum quae pro purgatorio adducuntur (1677); A VI, 4 C N. 385 und E. Koch: Art.: „Fegfeuer“, in: TRE, Bd. 11, Berlin 1983, S. 69–78. 18 Vgl. Ep. 55,20 mit Bezug auf Matth. 5,25–26. 19 Koch: Art.: „Fegfeuer“, S. 71. 20 Vgl. G. W. Leibniz: Consideratio; A VI, 4 C, 2128f.; vgl. auch A VI, 4 V N. 429. 21 Vgl. G. W. Leibniz: Consideratio, 2135ff. und die Zusammenstellung in dem äußerst instruktiven Aufsatz von L. Strickland: „Leibniz’s Philosophy of Purgatory“, in: American Catholic Philosophical Quarterly, 84, 3 (2010), S. 531–548, hier S. 534. 22 Augustinus: Enchiridion ad Laurentium, cap. LXIX; vgl. auch Koch: Art.: „Fegfeuer“, S. 71.
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die Läuterung vor dem Endgericht“23, das heißt zwischen Tod und dem Endgericht. Einen weiteren Schritt ging Gregor der Große († 604), wenn er die reinigende Funktion des Fegfeuers auf sehr leichte Sünden beschränkte. Er wies auch bereits auf den Nutzen des eucharistischen Opfers für den Verstorbenen hin. Das war eine wesentliche Voraussetzung für den entscheidenden Ausbau dieses Topos durch Cluny im 11. Jahrhundert und in der Scholastik: Es entwickelte sich die Vorstellung einer Läuterung nach dem Tode im Feuer und der Möglichkeit für die Lebenden, den Verstorbenen hierbei zu Hilfe zu kommen. Hatte Petrus Lombardus († 1160) im 4. Buch seiner Sentenzen24 schon die vollkommene Liebe als ein Tilgungsmittel für lässliche Sünden neben dem Fegefeuer benannt, so verband Thomas von Aquin († 1274) das Thema mit der Höllenfahrt Christi (descensus ad infernum) und befürwortet die „[…] aus dem Fegfeuer erlösende Kraft von Fürbitte, Meßopfer, Ablass und Begräbnisriten […]“25. Mit der Bulle Salvator noster verknüpfte Sixtus IV 1476 das Fegfeuer mit dem Ablasshandel26 so untrennbar und auf eine so unmittelbare Weise, dass die nicht zuletzt dadurch provozierte Reformation über die „[…] kindischen närrischen Werke […]“ und den „[…] recht genießliche[n] reiche[n] Kauf und große[n] Jahrmarkt […]“ spottete27. Die Reformation, wie Ernst Koch28 schreibt, kannte keine „[…] Reinigung von Sünden [...] jenseits des Todes […]“, sondern eine solche nur im Bußprozess in diesem Leben. Das Tridentinum reagierte auf die Reformation mit dem Eingeständnis, dass die nötige Differenziertheit der Frage in der Predigt für die ‚rudis plebs‘ nicht erreicht werden konnte und dass deshalb Aberglaube und eine der Frömmigkeit nicht dienliche gewisse ‚curiositas‘ und ‚superstitio‘ aufgekommen seien. Es hielt aber an den Aussagen über das Fegfeuer fest, wie sie sich auf die eben skizzierte Weise in der Scholastik herausgebildet hatten29. Wir haben es also mit einem, im Blick auf Frömmigkeit und Kirchenpraxis, nicht unwesentlichen kontroverstheologischen Thema zu tun, zu dem sich Leibniz 23 Ebd., S. 71f. 24 P. Lombardus: Sententiarum liber IV, distinctio XXI, caput 118; vgl. auch E. Koch: Art.: „Fegfeuer“, S. 72. 25 Ebd., S. 73. T. von Aquin: Summa theologica pars III, quaestio 53, art. 2, resp.: „[…] oportuit moram esse inter mortem et resurrectionem […]“; ad 2: „Christus [...] erat inter mortuos liber“. Durch den descensus ad inferos seien aber nicht alle aus dem Fegfeuer befreit worden, die Kraft des Leidens Christi wirke aber in den Sakramenten, besonders der Eucharistie, von der Thomas sagt, „[…] liberat homines a Purgatorio inquantum est quoddam sacrificium satisfactorium pro peccato“; pars III, quaestio 52, art. 8; vgl. auch Koch: Art.: „Fegfeuer“, S. 73. 26 Pius IV: „Bulla Iniunctum nobis vom 13. November 1564“, in: H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, Nr. 1398. 27 „Apologie der Augsburger Konfession (1531) XII“, in: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 51963, S. 255; vgl. auch Koch: Art.: „Fegfeuer“, S. 74. 28 Vgl. ebd., S. 75. 29 „Tridentinum, sess. XXV“, 1563, in: H. Denzinger: Enchiridion symbolorum, N. 1820 und Pius IV: „Bulla Iniunctum nobis vom 13. November 1564“, in: Denzinger: Enchiridion symbolorum.
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deshalb an mehreren Stellen geäußert hat. Dabei ist es bemerkenswert, dass Leibniz offensichtlich auch abseits dieser Kontroverse vom purgatorium sprechen konnte. Er kannte schon, wie die Elementa juris naturalis (1671) zeigen, ein purgatorium im Bereich des Naturrechts, wir können auch sagen, der natürlichen Theologie oder Jurisprudenz und zwar in seiner modallogischen Untersuchung des „Gerechten“30. Dieser wurde, entsprechend der bereits in der Mainzer Zeit bestehenden Bildung der Gerechtigkeit an das Gute, als derjenige definiert, der gegenüber jedermann Liebe übt, als amans omnes. Für einen solchen Gerechten bedurfte es keines positiv gesetzten Rechts (‚justo legem positam non esse‘), er ist auch unfähig, ein Verbrechen zu begehen. Theologisch bedeutete dies, wer die caritas, die geschwisterliche Liebe besitzt, ist impeccabilis, unfähig zur Sünde. Zugleich, so fügte Leibniz hinzu, werde der Mensch durch Liebe und aufrichtige Reue rein (‚expiari‘), die Sünden werden zunichtegemacht (‚deleri‘). In der Liebe seien Buße und Genugtuung enthalten, so bereite sich die Liebe ein purgatorium. Der Liebe wohnt der Glaube inne, in der Liebe ahmen wir Gott nach, vereinen uns mit ihm und werden selig. Dies ist ein Gedanke, der am ehesten der alexandrinischen Vorstellung des Purgatoriums nahekommt, als einer schon in diesem Leben zu vollziehenden erleuchtend-reinigenden Läuterung des Gerechten. In derselben Zeit wie auch in den späteren Schriften war es dann das kontroverstheologische oder ökumenische Interesse, das Leibniz zu dem Thema trieb. Die entscheidenden Gesichtspunkte hatte bereits Aloys Pichler31 erfasst. Leibniz stritt wesentlichen Aussagen der Alten Kirche eine gewisse von der Vernunft gebotene Stringenz nicht ab. Das Fehlen klarer Zeugnisse der Offenbarung hielt ihn von dogmatischen Festlegungen zurück, alles bliebe im Bereich des Hypothetischen oder des augustinischen incredibile non est32. Seine Zurückhaltung hielt ihn nicht davon ab, sondern ermöglichte es ihm im Gegenteil, sich der römischen Position ein Stück weit anzunähern. Dies wurde schon in einem, wohl für Johann Friedrich vor dessen Italienreise im Herbst 1679 abgefassten Gutachten zu dem bereits erwähnten33 tridentinischen Glaubensbekenntnis Pius IV. deutlich: Der Gedanke an ein Purgatorium schien ihm nicht der Heiligen Schrift fremd, doch allein schon von der sana ratio her einsichtig zu sein. Zugleich mit dieser Annahme ließe sich auch kaum etwas gegen Gebete für die Verstorbenen einwenden. Da zudem feststehe, dass die Heiligen mit Christus zusammen regieren und sich auf irgendeine Weise um die Menschen kümmern, widerspreche es auch nicht der Vernunft, sie anzurufen und um Beistand zu bitten, sofern es um die Äußerung des Wunsches in Worten gehe. Dafür gebe es seelsorgerliche Gründe. 30 A VI, 1 N. 12, 470–480, hier 473. 31 Vgl. A. Pichler: Die Theologie des Leibniz: aus sämmtlichen gedruckten und vielen ungedruckten Quellen mit besonderer Rücksicht auf die kirchlichen Zustände der Gegenwart zum ersten Male vollständig dargestellt, Zweiter Teil, München 1870, S. 417–421. 32 1700 spricht er von der „res [...] obscura, nec satis a Deo relevata“; am 2. Februar 1700 an Johann Fabricius; A I, 18, 390. 33 Vgl. Pius IV: „Bulla Iniunctum nobis vom 13. November 1564“, in: H. Denzinger: Enchiridion symbolorum.
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Gleichwohl hielt er angesichts des vielfachen Missbrauchs, der sich eingeschlichen hatte, eine Reformation für wünschenswert. Wenn die römische Kirche sich hierzu ernsthaft bereitfände, wäre das größte Hindernis der Einheit beseitigt34. Dies entsprach im Wesentlichen dem Examen religionis christianae von 1686, das mit der Frage nach dem Purgatorium endet und in dem Leibniz die verschiedenen Deutungen Revue passieren ließ. Er fasste sie so zusammen: […] daß nach diesem Leben eine väterliche Züchtigung oder Reinigung, wie sie auch beschaffen seyn mag, statt habe, welche die Seelen, die nach dem Hinscheiden aus dem Körper erleuchtet, und dann ganz beim Anblick der Unvollkommenheit des verflossenen Lebens, und über die Schändlichkeit der Sünde von der größten Traurigkeit gerührt sich wünschen, und nicht anders zur höchsten Seligkeit gelangen wollten. Denn viele Männer haben bemerkt, daß diese reinigende Trübsal der über ihre Handlungen nachdenkenden Seele freiwillig seye35.
Hinter diesen beiden Texten standen, wie oben bereits erwähnt, akribische Studien der Theologiegeschichte zum Thema, wie sie sich in der Consideratio von 1677 niedergeschlagen haben36. Leitmotiv dieser gründlichsten Auseinandersetzung mit den Aussagen der Bibel und der Kirchenväter war die Lokalisierung des Purgatoriums in der Zeit vor der Auferstehung des Fleisches. Soweit es dabei nicht um dieses Leben, sondern um die Zeit nach dem Tode geht, geschieht das Purgatorium oder auch das reinigende Feuer im Höllenkerker (carcer infernus37) der vom Körper getrennten Seele zur Versöhnung oder Genugtuung der göttlichen Gerechtigkeit. Denn um eben diese Vorstellung ging es ja in der Kontroverse der Protestanten mit der römischen Kirche. Das Feuer am Jüngsten Tag, von dem im biblischen locus classicus, 1. Kor. 3,11–15, gesprochen wird, durch welches alle Menschen hindurchschreiten müssen zum Gericht über jedes ihrer Werke und das Leibniz in der Consideratio ‚purgatorium resurrectionis‘ nennt, blieb ja zwischen den getrennten Kirchen unstrittig. Ihm geht es aber darum, viele Aussagen der Kirchenväter, selbst solche, die dem ersten Anschein nach auf dieses abzielten, doch der vom Körper separierten Seele vor der Auferstehung zuordnen. Leibniz 34 Vgl. Annotationes ad Professionem Fidei a Pio IV, praescriptam; A IV, 3 N. 12. „Purgatorium mihi videtur res et rationi et traditioni vetustissimae consentanea, nec a Scriptura aliena, modo sana ratione intelligatur. suffragiis) Hoc facile est admisso semel purgatorio, quis enim neget fidelium preces aliquid apud Deum posse? invocandos) Quoniam constat Sanctos cum Christo regnare, eosque credibile est aliquam rerum humanarum notitiam atque curam habere, rationi consentaneum est, ut eorum preces desideremus, quoniam haud dubie efficaces sunt. Hoc autem desiderium verbis ad ipsos directis testari possumus; neque aliud quicquam continet invocatio, quae si intra hos limites coerceatur, non toleranda tantum, sed et suadenda est. Haud dubie enim fidelium mentes tenerrime afficiuntur, cum cogitant sanctos qui coram DEO stant pro Ecclesia in terris orare, et sui quoque singulatim meminisse et nostrorum malorum atque desideriorum notitiam aliquam habere. Verum quia multi abusus inepti atque periculosi irrepsere, ideo si ullo alio in loco hic certe optanda reformatio est. Quam si sincere ac serio suscipiet Ecclesia Romana maximum Unitatis obstaculum tollet“; A IV, 3, 201f. 35 A VI, 4 C, N. 420, 2454f. hier zitiert nach der Übersetzung von A. Räß und N. Weis: Leibnitzens System der Theologie, Mainz 1820, S. 347 und S. 349. 36 Vgl. Koch: Art.: „Fegfeuer“ und vgl. G. W. Leibniz: Consideratio. 37 G. W. Leibniz: Consideratio; A VI, 4 C, 2130.
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kommt sogar zu dem Schluss, alle haben darin übereingestimmt, dass die Seelen nicht sofort gerettet oder verdammt würden, sondern diejenigen, um deren Rettung es gehe, nach dem Tod gewisse Strafen für ihre Sünden abzubüßen haben und folgerichtig auch Gebete für die Verstorbenen nicht unnütz seien. Und das meine bei reiflicher Betrachtung das Purgatorium, wie es in der römischen Kirche gelehrt wurde38. Unverkennbar bleibt, dass Leibniz sich selbst in dieser ‚res obscura‘ zwar nicht festlegen wollte, ihm aber doch daran lag, den Gedanken des Purgatoriums als einer ‚reinigenden Trübsal‘ schon in diesem Leben sowie als einer Reinigung der von ihrem Körper getrennten Seele zu festigen. So verlegte er mit den Griechen und mit Augustinus die Vorstellung des Fegefeuers weitestmöglich in die Trübsal und Angst des jetzigen Lebens, ohne die Möglichkeit einer postmortalen Fortsetzung dieses Purgatoriums auszuschließen. Nach der Leibnizschen Substanzmetaphysik, seiner Auffassung der Seele, kann es ja auch gar keinen grundlegenden Unterschied in der Wahrnehmung der Unvollkommenheit geben wie auch der Bereitschaft, sich von der labes materialis zu lösen – vor oder nach dem Tod. Doch damit ist ein weiterer Punkt erreicht, nämlich wie Leibniz den Tod und die Auferstehung des Fleisches deutete. Noch in der Mainzer Zeit hatte Leibniz, wohl für Boineburg, eine terminologisch noch von der später ausgearbeiteten Metaphysik entfernte Abhandlung über die Unsterblichkeit der Seele und einen Appendix zur Auferstehung verfasst und im Mai 1671 an Johann Friedrich geschickt39, in der hinsichtlich der Auferstehung schon die wesentlichen Elemente der späteren Argumentation, etwa 1686 im Examen religionis christianae (seit dem 19. Jahrhundert auch Systema theologicum genannt), enthalten sind. Er wusste um die Schwierigkeiten, welche die Vorstellung bei den christlichen Peripatetikern und deren Hylemorphismus oder auch bei den Anhängern Demokrits und dessen Atomismus erwecken musste. Die Frühaufklärung bot dann weitere, schwer zu widerlegende, Argumente gegen diesen Glaubensartikel, etwa das Beispiel des Kannibalen, der sich lebenslang von Menschenfleisch ernährt oder dessen Mutter, so der einen Extremfall konstruierende Leibniz, sich bereits ausschließlich durch Menschenfleisch ernährt habe40. Leibniz vermochte diese Argumente philosophice zu entkräften, d. h. die Possibilität der Leibesauferstehung metaphysisch zu begründen. Nicht das Fleisch und die Knochen des sich ständig in einem durch Fließen und Neuherstellung verursachten, nicht als solcher wahrnehmbaren Wandel befindlichen Körpers machen uns zu dem, was wir selbst sind, sondern der Geist und die Erinnerung an vergangenes Geschehen sind die Träger unserer körperlichen Identität. Zur Bekräftigung dieser Sichtweise zog Leibniz, was sonst äußerst selten bei ihm zu beobachten ist, mit Hiob 19,25 und Ezechiel 37,1–14 auch biblische Aussagen heran. Doch sei es gleichwohl nicht nötig, so 38 Vgl. G. W. Leibniz: Consideratio; A VI, 4 C, 2140. 39 Vgl. A II,1² N. 59, 183ff. 40 Vgl. A II, 1² N. 59, Appendix, A II, 1², 183 und G. W. Leibniz: Examen religionis christianae; A VI, 4 C, 2453.
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extrem zu argumentieren. Knochen und Fleisch können durchaus bestehen bleiben, sofern sie von dem in ihnen befindlichen samenhaften Zentrum her verstanden werden, das gleichsam eine ‚Tinktur‘ enthält und der jeweiligen Sache die Kraft der Bewegung verleiht. Es ist dieses Zentrum, Leibniz sprach hier erstmals von dem ‚flos substantiae‘, von der durch kein Feuer zerstörbaren, durch keine Verdauung auflösbaren ‚Blume der Substanz‘. Das, was sich mit der Seele wiedervereint, ist nicht die Masse, die sich durch Nahrung vermehrt oder durch Ausdünstung vermindert, sondern eben, wie Leibniz auch später noch in dem Zusammenhang der Auferstehungsargumentation im Examen religionis christianae sagt, „[…] quidam substantiae flos[…]“ 41, eine Blume oder eine „[…] jugendliche Kraft […]“42 der Substanz, welche trotz vieler Veränderungen erhalten bleibt. So wird auch jedem das Seine zurückgegeben, selbst ungeachtet dessen, ob ein Menschenfresser sich an Fleisch und Knochen desselben irgendwann gütlich getan hat. Bereits Emanuel Hirsch hat Leibnizʼ Konzept der Seele angesichts des Todes in seiner Geschichte der neuern evangelischen Theologie nachgezeichnet43. Für Leibniz – Hirsch nannte ihn den ‚Urheber alles rationalen Unsterblichkeitsglaubens neuerer Zeit‘ – verliere die Seele des Menschen durch den Tod als die Loslösung von ihrem körperlichen Aggregat nicht den ‚Zusammenhang des Ichbewußtseins‘, wenn anders die Monade als ihrer selbst bewusste Einheit erhalten bleiben soll, was ja notwendig mit ihrer Unzerstörbarkeit gedacht werden muss. Im Gegensatz zur ‚bloß physischen Unsterblichkeit der übrigen Monaden‘ besteht jener Zusammenhang bei der menschlichen Seele in der, wie Hirsch an dieser Stelle Leibniz meines Erachtens zutreffend interpretiert, ‚Aufnahme alles Denkens und Erfahrens, Wirkens und Leidens in den allumfassenden Reflexionszusammenhang eines persönlichen Bewußtseins‘. Man kann sagen, dass Leibniz den Auferstehungsgedanken damit bewahrte, ähnlich wie es Thomas von Aquin getan hat, für den sich „[…] die Seele als formgebendes Prinzip der Materie nach dem Tode wieder verwirklicht“44. Leibniz deutete von seiner natürlichen Theologie her den Tod zumindest nicht stärker um als etwa Luther, wenn dieser vom Todesschlaf sprach. Die heutige protestantische Theologie unter dem Einfluss der theologischen Wende im 20. Jahrhundert hin zur dialektischen Theologie wird jegliche Zusammenführung des philosophischen Unsterblichkeitsgedankens mit der leiblichen Auferstehung ablehnen, weil sie im Bereich des Anthropologischen eine Kontinuität nicht billigen kann. Sie kann die Auferstehungshoffnung, sofern sie daran festhält, nur im Sinne einer eschatologi41 Ebd., und vgl. L. Strickland: „Leibniz, the Flower of Substance, and the Resurrection of the Same Body“, in: The Philosophical Forum 40 (2009), S. 391–410. 42 Übersetzung von A. Räß und N. Weis, in: Leibnitzens System der Theologie, S. 343f. 43 E. Hirsch: Geschichte der neuern evangelischen Theologie im Zusammenhang mit den allgemeinen Bewegungen des europäischen Denkens, Bd. 2, Gütersloh 1951, S. 30. Die Belege, auf die sich Hirsch stützt, hat er in der Anthologie Die Umformung des christlichen Denkens in der Neuzeit: Ein Lesebuch, Tübingen 1938, S. 1–8, aufgeführt. 44 C. Schwöbel: Art.: „Auferstehung. Dogmatisch“, In: RGG, Bd. 1, Tübingen 41998, Sp. 919– 922, hier Sp. 920.
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schen Neuschöpfung verstehen gegründet auf, wie Christoph Schwöbel schreibt, “[…] die Kontinuität der Treue Gottes in seiner schöpferischen Beziehung zum Menschen“45. Aber dies letztere nun ist wiederum den Lesern des Discours de métaphysique, der Theodicée oder der Monadologie doch nicht so unvertraut, wenn dort von der Emanation, bzw. ‚fulguration‘ die Rede ist46 als der Art, wie Gott die von ihm geschaffene Substanz „[…] erhält und mehr noch, sie kontinuierlich hervorbringt […]“ (Discours XIV), nach dem Maß der Vervollkommnung der Substanzen ist Gott mit ihnen innerlich vereinigt („[…] uni intimement […]“, Discours XXXII) und Gott ist insofern, wie es in § XXXII heißt, alles in allem. Dieses Wort steht am Ende der apokalyptischen Tagmata im 1. Korintherbrief 15 (V. 28), und gewiss ist der Zusammenhang dort ein anderer als im Discours de métaphysique. WEITERE BEOBACHTUNGEN ZUR LEIBNIZSCHEN ESCHATOLOGIE Hier sollen nur noch mit wenigen Stichworten weitere damit zusammenhängende Beobachtungen zur Leibnizschen Eschatologie vorgetragen werden. Für die individuelle Substanz, für die Seele des Menschen und den ihr aggregierten Körper gilt, wie zuletzt gesagt, die Kontinuität der erhaltenden Handlung Gottes, die Leibniz in § 385 und 386 des III. Teils der Essais de theodicée als eine nicht notwendige, sondern freie Handlung sowie als beständige Schöpfung bezeichnet. Für die Eschatologie führt dies zu grundlegenden Konsequenzen. Leibnizʼ Theologie ist unvereinbar mit einer Apokalyptik des Dualismus von Gott und Teufel, von Licht und Finsternis als kosmischen oder universalgeschichtlichen Mächten, eines apokalyptischen Endkampfes, eines Weltenbrandes und der Erschaffung einer neuen Welt. So teilte er auch nicht die bis in sein Jahrhundert auch in der lutherischen Orthodoxie lebendige Naherwartung des Jüngsten Gerichts und lehnte entschieden jeden Chiliasmus crassus47ab, also den Gedanken eines noch ausstehen45 Ebd. 46 Vgl. H. Poser: Gottfried Wilhelm Leibniz zur Einführung, Hamburg 2005, S. 145. Und vgl. M. Fichant: Discours de métaphysique suivi de Monadologie et autres textes, Paris 2004, S. 451f. 47 „Weil ich sehe daß viel gottesfürchtige und wohlmeinende Leute sich durch falsche oder doch sehr ungewiße erclärungen der offenbahrung Johannis verführen laßen, so gar daß auch empöhrungen, meutereyen und allerhand weit aussehende anschläge daher entstanden; auch einige unterm schein göttlichen befehls sich erkühnet Königen und Fürsten vorzuschreiben was sie thun solten, und auf den weigerungsfall oder sonst die gemeine gegen sie zu erregen. So will ich eine sonderbare erclärung der offenbahrung alhier mit wenigen beybringen, welche diesen gefahrlichen gedancken auf einmahl alle gelegenheit abschneidet. Nicht daß ich diese erclärung vor die gewißeste und beste halte; sondern damit man sehe wie so gar leicht sey, wenn man belesen, und hurtige einfalle hat [...]. Ob die offenbahrung von Johanne dem Evangelisten und Apostel, oder Johanne Presbytero hehrrühre, ist bereits vor alters gezweifelt worden, wie dann auch Lutherus solchen streit nicht erörtern wollen. Es sey aber dieses buch von wem es wolle, so ists auf eine herrliche und ganz entzückende weise geschrieben; sonder-
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den oder gegenwärtigen 1000 jährigen Reiches der Herrschaft Christi. Dies konnte er sich ebenso wenig vorstellen wie eine Hölle oder ein Purgatorium als separat auffindbare Lokalitäten. Stattdessen sah er die Möglichkeit eines innergeschichtlichen Fortschrittes der Menschheit im Sinne der perfectio als Teil einer asymptotisch sich der Vervollkommnung im Unendlichen annähernden Schöpfung48. Selbst von einem Chiliasmus subtilis, wie ihn die ‚Hoffnung besserer Zeiten‘ in Speners Pia desideria (43, 32) beinhaltet49, unterschied sich Leibnizʼ Zukunftserwartung; denn Speners Hoffnung richtete sich auf einen endzeitlichen göttlichen Eingriff in den Geschichtsverlauf zugunsten der Kirche im Sinne der Gesamtheit der Gläubigen, während Leibniz den Prozess der Vervollkommnung als kontinuierliches Werk des göttlichen Monarchen sah, der sich dazu des Reiches oder der Republik der Geister bediente50. Im Sinne dieser kontinuierlichen Mitarbeit in jenem Reich der Geister hatte, wie oben erwähnt51, bereits der junge Leibniz sein Lebenswerk geplant. Wenn anfangs die fruitio dei als Ziel der individuellen Eschatologie in den lutherischen Dogmatiken benannt wurde, so teilte Leibniz deren Vorstellung, dass uns unser Verstand über die visio beatifica, wir könnten auch sagen, über den Himmel, nur gebrochene Einsichten ermöglicht, die allesamt unter eschatologi-
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lich zu trost der Christen, welche verfolget wurden von den Heyden; wie es dann auch zweifels ohne ein großes vermocht sie zu stärcken und freudig zur marter gehen zu machen. Ich seze demnach zum fundament das was man füglich von denen zeiten[,] so Johanni am nächsten[,] verstehen kan auff die dinge nicht zu ziehen so sehr weit davon entfernet. Vors andere durch Babylon sey Rom zu verstehen [...]. Was nun vom fall der babylonischen huhre prophezeyet wird haben die ersten Christen von zerstörung des Heydnischen Roms verstanden“. Sonderbare Erklärung der Offenbarung (1677), A VI, 4, 2473f. Vgl. auch D. J. Cook und L. Strickland: „Leibniz and Millenarianism“, in: F. Beiderbeck und St. Waldhoff (Hrsg.): Pluralität der Perspektiven und Einheit der Wahrheit im Werk von G. W. Leibniz. Beiträge zu seinen philosophischen, theologischen und politischen Denken, Berlin 2011, S. 77–90. Zur Asymptotik in diesem Zusammenhang vgl. etwa Essais de theodicée III., § 272. Auch die Verdammten erfahren nach Augustinus trotz der ewigen Dauer ihrer Strafe eine Milderung. („Sed poenas damnatorum certis temporum intervallis existiment si hoc eis placet, aliquatenus mitigari“; Enchiridion ad Laurentium cap. CXII). Dem stimmt Leibniz mit folgendem Argument zu: „Si le texte alloit à cela, la diminution iroit à l'infini quant à la durée; et neantmoins elle auroit un non plus ultra, quant à la grandeur de la diminution; comme il y a des figures asymptotes dans la Geometrie, où une longueur infinie ne fait qu'un espace fini“); GP VI, 279. Vgl. hierzu etwa J. Wallmann: Der Pietismus, Göttingen 2005, S. 85ff. Und vgl. Ders.: „Pietismus und Chiliasmus (1981)“, in: Ders. (Hrsg.): Theologie und Frömmigkeit im Zeitalter des Barock. Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1995, S. 390–422. Für ihn geht es um die eine Monarchie unter dem einen Monarchen. Dessen ‚république‘, wie es im Discours de métaphysique (XXXVI) heißt, setzt sich aus allen Geistern zusammen, denen ein solcher Grad an Vollkommenheit eignet, wie sie die universelle Harmonie zulassen kann. Neben dieser ‚cité de Dieu‘ gibt es keine zweite, also etwa eine cité du diable. Fragt man nach dem Ziel dieser Herrschaft Gottes, so ist es die fortschreitende Vervollkommnung des Universums, die im Blick auf die ‚Personen‘, also die Menschenwesen, auch als felicitas bezeichnet werden kann. Vgl. H. Schepers: „Demonstrationes Catholicae“, S. 3–15. Und vgl. H. Schepers: Leibniz, S. 82–94.
Purgatorium und Auferstehung in Leibnizʼ Eschatologie
339
schem Vorbehalt stehen. 1. Korintherbrief 13,22 („wie in einem Spiegel“) gilt auch für Leibniz, der wie die Schultheologie nur anthropologice52 oder wie bei Johann Gerhard ainigmatikoos53 von der himmlischen beatitudo sprechen möchte. Und doch ermöglicht ihm seine natürliche Theologie doch erstaunlich konkrete Aussagen über das Reich der Gnade. Leibniz zeichnet ein Bild des jenseitigen Lebens, das sich nur graduell von den Erkenntnissen, die wir in diesem Leben gewinnen, unterscheidet. Auch die lutherische Schuldogmatik (etwa Johann Friedrich Königs Theologia positiva acroamatica, 166454) kennt eine fruitio dei inchoativa als Element präsentischer Eschatologie in diesem Leben, als das Schon des Noch nicht. Während König und andere jedoch den jenseitigen Zustand des ewigen Lebens der Seligen in einem statischen Sinne beschreiben55, hat Leibnizʼ visio beatifica mit dem Erkenntnisvermögen in diesem Leben darüber hinaus etwas Weiteres gemeinsam: Sie möchte und wird sich nie mit dem einmal erreichten Erkenntnisstand begnügen, sondern auch im Himmel, in der vita aeterna, weiter danach streben, sich zu vervollkommnen56, denn „[…] une pleine jouissance, où il n’y aurait plus rien à désirer [...] rendrait notre esprit stupide[…]“. Das Glück besteht für Leibniz vielmehr „[…] dans un progrès perpétuel à de nouveaux plaisirs et de nouvelles perfections […]“57 also auch hier eine asymptotische Vorstellung der Freuden in einem Himmel, der dem Leibnizschen Alltag vor dem 14. November 1716 verdächtig nahe kommt (weshalb der kluge Aloys Pichler auch von einem „Philosophen-Himmel“58 spricht). Sodann sind Spontaneität und Freiheit der Monaden im Jenseits nicht aufgehoben – wie sollte dies auch nach der streng rationalen Beweisführung der Theodizee möglich sein! Sie bestimmt die Vorstellung des Jüngsten Gerichts und, was theologisch noch bedeutender ist, ermöglicht den Gedanken einer ewigen Strafe derer, die Gott hassen und ständig in ihren Entscheidungen für das Böse fortfahren. Solche Seelen wird es geben und in dem Sinne auch eine Art Hölle und ewiger Pein; ist es doch möglich, dass es Seelen gibt, die sich nicht irgendwann dem Guten der Gottesliebe zuwenden, sondern die fortwährend und immer wieder neu den Weg vom Üblen zum noch Übleren beschreiten. Nur diesen wird die ewige Pein widerfahren, als eine ewig andauernde endliche Bestrafung endlicher Sünden, womit Leibniz die Möglichkeit ausschloss, dass Gott eine endliche Tat mit einer ewigen Bestrafung bedenke59. Wie zur Ewigkeit der Höllenstrafe nötigt die Theodizee auch zur Ablehnung der origenistischen apokatastasis pantoon genau52 53 54 55 56
Pichler: Theologie des Leibniz, S. 431. Ratschow: Lutherische Dogmatik, S. 267. Ebd., S. 253. Vgl. §§ 299–307 in Königs theologia bei Ratschow, S. 248f. „Ainsi notre bonheur ne consistera jamais, et ne doit point consister dans une pleine jouissance, où il n’y auroit plus rien à desirer, et qui rendroit notre esprit stupide, mais dans un progrès perpetuel à de nouveaux plaisirs et de nouvelles perfections“; GP VI, 606 – vgl. A. Pichler: Theologie des Leibniz, S. 430. 57 Principes de la nature et de la grâce (1714), vgl. Pichler: Theologie des Leibniz, S. 430. 58 Ebd., S. 429. 59 Vgl. Ebd., S. 424f.
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Hartmut Rudolph
so wie der stoischen Wiederkehr des Gleichen, worauf Walter Sparn60 in seinen Arbeiten schon vor Jahren überzeugend hingewiesen hat. Im Blick auf Leibnizʼ Verständnis von Purgatorium, Auferstehung, Himmel und Hölle können wir eine Art vinculum morale konstatieren, dass die Kontinuität der Persönlichkeit vor und nach dem Tode, vor und nach dem Jüngsten Gericht kennzeichnet. Leibniz hat, so ließe sich zusammenfassen, die Artikel der christlichen Symbole und die eschatologischen Loci der Dogmatik so interpretiert, dass personale Identität und Freiheit des Menschen wie die Gerechtigkeit Gottes und die universale Harmonie der Schöpfung als der besten aller möglichen Welten bewahrt bleiben.
60 W. Sparn: Frömmigkeit, Bildung, Kultur. Theologische Aufsätze I: Lutherische Orthodoxie und christliche Aufklärung in der Frühen Neuzeit (Marburger Theologische Studien 103), Leipzig 2012, S. 249.
PERSONENVERZEICHNIS Abaelard, Petrus 90 Abraham (Stammvater Israels) 67, 77 Adam 80, 81, 82, 91, 92, 98, 100, 102, 156, 203, 218 Adams, Robert 75 Aegidius Hunnius der Ältere 193, 198 Albertus Magnus (Kirchenlehrer) 156, 157 Alexander der Große 221 Alexander von Hales 156, 157 Alvarez, Diego (Erzbischof von Trani) 157 Ambrosius von Mailand (Bischof und Kirchenlehrer) 112, 320, 331 Amyraut, Moses 188, 189, 205, 216 Andrea, Johann Valentin 146 Andreae, Jakob 202, 224 Anselm von San Saba 90 Anselms von Canterbury, Kirchenlehrer 195 Antes, Peter 13 Antognazza, Maria Rosa 11, 12, 74 Anton Ulrich von BraunschweigWolfenbüttel (Herzog) 276, 320, 322 Aristoteles 21, 22, 62 Arnauld, Antoine 29, 32, 52, 140, 173, 221, 326, 327 Arndt, Johann 239 Arnold, Gottfried 241 Asseburg, Rosamunde Juliane von der 241 Athanasius der Große (Bischof und Kirchenvater) 157, 158, 236 August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen 185 August II. von Braunschweig-Wolfenbüttel (Fürst, genannt der Jüngere) 321 Augustinus von Hippo (Bischof und Kirchenvater) 19, 20, 22, 23, 25, 72, 88, 90, 92, 96, 97, 98, 99, 101, 104, 106, 109, 110, 158, 190, 198, 200, 207, 215, 216, 217, 218, 225, 236, 327, 331, 335, 338 Augustodunensis, Honorius 156, 317 Backus, Irena 8, 12, 14, 210, 223 Bandeco, David 242 Banez, Domingo 157 Banniard, Michel 114
Baronio, Cesare (Kardinal) 296, 297 Barth, Karl 163 Baruzi, Jean 97, 260 Basilius der Große (Bischof und Kirchenlehrer) 331 Basso, Luca 16 Bayle, Pierre 73, 75, 118, 128, 129, 151, 152, 155 Becker, Ulrich 13 Beda Venerabilis 88, 112 Benjamin Ursinus von Bär (Bischof) 314 Bèze, Théodore de 188, 200, 202, 208, 219, 224 Bierling, Friedrich Wilhelm 146 Birghden, Johann von den 232, 233 Bodemann, Eduard 35 Bodin, Jean 326 Boeckler, Johann Heinrich 228 Böhme, Jakob 146 Boineburg, Johann Christian von 228, 229, 231, 326, 327, 335 Bonaventura 22, 57, 156 Bonjour, Guillaume 309 Bossuet, Jacques Bénigne 17, 171, 173, 174, 175, 177, 182, 213, 241, 249, 260, 261, 263, 264, 275, 279, 280, 281, 296, 301 Bouvet, Joachim 61, 76, 80, 111 Bramhall, John 120, 125, 126, 127, 128 Brinon, Marie de (Madame) 171, 173, 175, 176, 178, 180, 259 Brunsenius, Anton 244 Bucer, Martin (Reformator) 125, 326 Buddeus, Johann Franz 328 Burnet, Gilbert (Bischof von Salisbury) 66, 210 Busch, Heinrich Julius Friedrich 302 Caesar, Gaius Julius 222 Calixt, Friedrich Ulrich 271 Calixt, Georg 61, 185, 198, 209, 210, 213, 259, 271, 272, 276, 321, 325, 326, 328 Calov, Abraham 328 Calvin, Johannes (Reformator) 15, 48, 125, 189, 193, 200, 207, 208, 210, 211, 212,
342
Personenverzeichnis
214, 215, 216, 217, 219, 220, 224, 225, 226, 292, 307, 308, 309, 315 Caroline von Ansbach (Prinzessin von Wales) 131, 316 Carpzov, Johann Benedikt 245 Cassander, Georg 259, 298, 317 Cassirer, Ernst Alfred 30 Cherbury, Herbert Edward of 119, 120 Chrysostomos, Johannes (Erzbischof) 157, 319 Cicero, Marcus Tullius 61, 66, 121 Clairvaux, Bernhard von 12, 86, 87, 88, 89, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 99, 101, 103, 104, 106, 107, 109, 110, 111, 115 Clarke, Samuel 12, 13, 119, 120, 124, 128, 131, 132, 133, 134, 135, 136 Clemens von Alexandria 331 Comenius, Johann Amos 146, 147, 185, 229, 259 Conway, Anne (Lady und Viscountess, geb. Finch) 80 Cook, Andrew 120 Cook, Daniel J. 11, 12 Coste, Pierre 128 Crespin, Jean 297 Cyprian von Karthago (Bischof) 163, 236, 331 Dalton, Hermann 314 Damiani, Petrus (Bischof und Kirchenlehrer) 303 Dannhauer, Johann Conrad 239 Dareios III. (letzter persischer König) 221 Dascal, Marcelo 74 David (König von Juda) 72 Demokrit von Abdera 335 Descartes, René 20, 21 Dilherr, Johann Michael 228 Ditchfield, Simon 296, 297 Ducheyne, Steffen 130 Duns Scotus, Johannes 156, 157, 158, 160 Durandus von St. Pourçain 199 Dutens, Louis 10 Eckhart, Johann Georg von 137, 142 Eisenkopf, Paul 266 Elija (Prophet) 72 Elisabeth von der Pfalz (Äbtissin von Herford) 230 Epikur 121 Epiphanios von Salamis (Bischof von Konstantia) 101 Erasmus von Rotterdam 259, 326
Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (Kurfürst, Herzog und Fürstbischof von Osnabrück) 144, 171, 174, 185, 241 Ernst von Hessen-Rheinfels-Rotenburg (Landgraf) 13, 15, 88, 89, 117, 140, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 178, 227, 231, 232, 235, 238, 244, 269 Esau (alttestamentliche Person) 129 Eugen IV. (Papst) 301 Eusebius von Caesarea (Kirchenvater) 236 Ezechiel (Prophet) 78, 335 Fabricius, Johann 186 Feuerbach, Ludwig 141 Flacius, Matthias (genannt Illyricus) 297, 304, 319 Flittner, Johann 141 Foisneau, Luc 120, 126 Fontenelle, Bernard le Bovier de 7, 36, 41, 264 Foxe, John 297 Francke, August Hermann 227, 241, 253 Friedrich Christian zu Schaumburg-Lippe (Graf) 307 Friedrich I., Kurfürst von Brandenburg und König von Preußen 185, 186, 206, 241, 252 Friedrich II. (König von Preußen und Kurfürst, genannt der Große) 266 Friedrich III., Kaiser 302 Friedrich Wilhelm I. (König in Preußen, Markgraf von Brandenburg und Kurfürst) 314 Galilei, Galileo 327 Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (König von England und Kurfürst von Hannover) 179, 316 Geretto, Mattia 13 Gerhard, Johann 328, 339 Gerhardt, Paul 142 Gilson, Étienne 87 Gregor I. (Papst und Kirchenvater, genannt der Große) 112, 319, 332 Grote, Otto 237 Grotefend, Karl Ludwig 29 Grotius, Hugo 42, 68, 83, 151, 259, 326 Grünberg, Paul 235 Guhrauer, Gottschalk Eduard 140 Guitton, Jean 261 Haemstede, Adriaen van 297 Hardouin, Jean 69, 82 Hardt, Hermann von der 67, 70, 77, 78, 79, 80
Personenverzeichnis Harnack, Karl Gustav Adolf von 243 Hazard, Paul 82, 256 Hedio, Kasper (Reformator) 326 Heidegger, Johann Heinrich 215 Heidegger, Martin 26 Heinrich IV. (König von Frankreich) 302 Helmont, Franciscus Mercurius van 55, 77, 79, 80, 82 Hertel, Lorenz 80, 321 Herzog Heinrich von BraunschweigWolfenbüttel (Herzog, genannt der Jüngere) 299, 301 Hierat, Arnold 33 Hieronymus (Kirchenvater) 113, 236 Hilarius von Poitiers (Bischof und Kirchenlehrer) 236 Hiob 216, 335 Hirsch, Emanuel 147, 336 Hobbes, Thomas 12, 27, 64, 119, 120, 121, 123, 124, 126, 127, 128, 135, 231, 257 Horb, Johann Heinrich 229, 231 Hotson, Howard 35 Hottinger, Johann Heinrich 244 Huber, Samuel 205 Huet, Pierre Daniel (Bischof von Soissons und Avaranches) 63, 65 Husserl, Edmund 21 Hutter, Leonhard 328 Hymmonides, Johannes (Johannes Diaconus) 319 Icard, Simon 86 Igny, Guerric von 86 Irenäus von Lyon (Bischof und Kirchenvater) 157 Isaac, de Stella 86 Isidor von Sevilla 112 Jablonski, Daniel Ernst 14, 185, 186, 193, 194, 197, 198, 200, 209, 210, 213, 214, 241, 242, 243, 244, 247, 249, 250, 251, 252, 253, 291, 307, 310, 311, 313, 314, 315, 316, 323 Jakob (Altes Testament) 129 Jakob I. (König von England) 174 Janauscheck, Léopold 87 Jesaja (Prophet) 63 Joel (Prophet) 72 Johann Friedrich von BraunschweigLüneburg (Herzog) 38, 39, 40, 44, 46, 93, 96, 173, 181, 238, 266, 327, 329, 333, 335 Johannes (Evangelist) 99, 337 Johannes der Presbyter 337
343
Johannes von Damaskus (Kirchenvater) 219 Jordan, George Jefferis 9, 10 Joschafat (König von Juda) 72 Joseph (Sohn Jakobs) 72 Judas Ischariot 102, 121, 122, 126, 136, 212, 220, 222, 224 Jung, Martin Herbert 137 Jungmann, Josef Andreas (SJ) 305 Jürgens, Klaus 320, 322 Jurieu, Pierre 251 Justin der Märtyrer (Kirchenvater) 158 Justinian I. (römischer Kaiser, genannt der Große) 237 Kannengiesser, Charles 159 Kant, Immanuel 20, 21 Karl XI. (König von Schweden) 244 Kiefl, Franz Xaver 261, 284 Koch, Ernst 331, 332 König, Johann Friedrich 328, 339 Kühn, Johannes 235 La Peyrère, Isaac de 81 Labadie, Jean de 230 Lærke, Mogens 59 Langenfeld, Friedrich Spee von 142 Laureati, Giovanni 143 Leclercq, Jean 85, 86, 87 Leibniz, Johann Friedrich 140 Léon, Martin von 90 Leopold I. (Kaiser HRR) 39 Lilje, Hanns 141, 147 Link, Christian 15 Locke, John 27, 28, 42, 128, 130 Loescher, Valentin Ernst 253 Lombardus, Petrus 191 Lombardus, Petrus (Bischof von Paris) 22, 332 Ludolf, Hiob 67, 70, 309 Ludwig XIII. (König von Frankreich) 302 Ludwig XIV. (König von Frankreich) 173, 236 Luise Hollandine von der Pfalz (Äbtissin von Maubuisson) 171, 173 Luther, Martin (Reformator) 15, 57, 67, 87, 125, 169, 190, 193, 198, 211, 212, 215, 217, 219, 220, 233, 235, 237, 239, 250, 336, 337 Lütkens, Franz Julius 242, 248, 249, 252 Mabillon, Jean 86, 87, 99 Maimonides, Moses 67, 70, 81 Matthäus (Evangelist) 72 Maurus, Rabanus (Abt) 305 McGinn, Bernard 106
344
Personenverzeichnis
Melanchthon, Philipp (Reformator) 137, 259, 305, 322, 326, 328, 330 Merlo Horstius, Jacob 86 Mittelstraß, Jürgen 145 Mohammed (Prophet) 13, 165, 166 Molanus, Gerhard Wolter 14, 15, 17, 144, 174, 175, 183, 185, 210, 212, 238, 241, 244, 246, 247, 250, 251, 252, 253, 263, 276, 278, 279, 291, 292, 293, 302, 307, 310, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 318, 322, 323 Molina, Luis de 157 Montesquieu, Charles Louis de Secondat de 105 Morell, Andreas 55, 69, 110 Moritz von Hessen-Kassel (Landgraf, genannt der Gelehrte) 312 Mose (Prophet) 61, 65, 79, 80, 82, 129, 146 Moulin, Pierre du 125 Musaeus, Johannes 328 Naërt, Emilienne 260 Newton, Isaac Sir 12, 13, 67, 70, 119, 120, 128, 130, 131, 134, 135 Nicaise, Claude 70 Niles, Daniel Thambyrajah 163 Origenes (Kirchenvater) 75, 88, 112, 113, 331 Ott, Ludwig 167 Oudin, Casimir 99 Pacik, Rudolf 305 Palumbo, Margherita 33 Papebroch, Daniel 300 Paraeus, Ambrosius 189 Paulus von Tarsus (Apostel) 57, 91, 92, 169, 212, 233 Pelagius 168 Pellisson, Paul 171, 173, 174, 280, 283, 301 Pérez, Antonio 157 Pétau, Denis 101 Peter I. (Zar, genannt der Große) 40 Petersen, Johann Wilhelm 227, 248, 249 Petrus (Apostel) 102, 270, 273 Petrus Venerabilis 90 Pfaff, Christoph Matthäus 296 Pfeiffer, Johann Philipp 249 Pflug, Julius 326 Philipp I. von Hessen (Landgraf, genannt der Großmütige) 231 Philon von Alexandria 91, 92 Picard, Jean 86 Pichler, Aloys 7, 170, 287, 288, 299, 333, 339
Pictet, Bénédict 251 Pighius, Stephanus Vinandus 211 Pirot, Edmonde 280 Piscator, Johannes 188, 200, 224 Pius IV. (Papst) 330, 333 Platon 62, 132, 169 Pococke, Edward 67 Popkin, Richard 70, 81 Poros 221 Probst, Philipp Ludwig (auch von Wendhausen) 321 Pufendorf, Samuel von 230, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 253 Pythagoras 62 Quenstedt, Johann Andreas 328 Rabus, Ludwig 297 Rateau, Paul 136 Ratschow, Carl Heinz 140 Rechenberg, Adam 245, 246, 247, 248, 249 Rechenberg, Susanne Catharina (geb. Spener) 245 Regino von Prüm (Abt) 319 Reiske, Johann 33 Ricci, Matteo 167 Rievaulx, Aelred von 86 Rigaldus, Odo 156 Ritter, Paul 316 Rittner, Andreas 242 Rohls, Jan 14, 15 Royas y Spinola, Christoph de 15, 173, 174, 179, 238, 240, 243, 244, 246, 247, 266, 270, 278, 302 Rudolph, Hartmut 8, 17, 19, 59, 78, 79, 151, 163, 211, 255, 265 Rupertus Meldenius 156 Sakai, Kiyoshi 10 Salas, Jaime de 14 Salomo (König) 113 Sankt Viktor, Hugo von 112 Saouma, Brigitte 12, 164 Schepers, Heinrich 255, 326 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 78, 143 Schmidt, Johann Andreas 186, 306 Schmidt-Biggemann, Wilhelm 7 Schneider, Hans 235, 236 Schomerus, Justus Friedrich 248 Schönau, Eckbert von 99 Schönborn, Johann Philipp von (Bischof) 228, 326 Schrecker, Paul 325 Scultetus, Daniel Severin 251
Personenverzeichnis Segni, Bruno von (Bischof) 90 Sike, Heinrich 67 Simon, Richard 82 Sixtus IV. (Papst) 332 Smith, Justin 82 Sohnius, Georg 189, 225 Sokrates 169 Sophie Charlotte von BraunschweigLüneburg (Königin in Preußen) 16, 62, 108, 140, 144, 180, 241, 242 Sophie Charlotte, Herzogin von Braunschweig und Lüneburg und Königin von Preußen 206 Sophie Dorothea von BraunschweigLüneburg (Königin in Preußen) 314 Sophie von der Pfalz (Kurfürstin von Hannover und Herzogin) 67, 76, 108, 171, 174, 179, 183 Spanheim, Ezechiel von 186 Sparn, Walter 10, 18, 265, 340 Spener, Philipp Jakob 15, 227–53, 338 Spinoza, Baruch de 32, 64, 67, 70, 71, 81, 83, 121, 129, 249 Spitzel, Gottlieb 228, 229, 230, 231 Steinfeld, Hermann Joseph von 99 Sterky, Jeremias 251 Stoecker, Adolf 240 Stoll, Joachim 229 Stosch, Friedrich Wilhelm 249
345
Straton von Lampsakos 121 Strickland, Lloyd 59, 108, 331 Suárez, Francisco 23, 157 Tertullian 236, 331 Theodosius I. (römischer Kaiser, genannt der Große) 237 Thomas von Aquin (Kirchenlehrer) 19, 20, 21, 26, 28, 33, 43, 57, 156, 332, 336 Tiraqueau, Edmond-Lancelot 86 Toland, John 74, 305 Tomasi, Gabriele 158 Treuer, Gottlieb 320, 321, 322 Troyel, Isaac 121 Twellmann, Marcus 288, 294, 305 Unterburger, Klaus 16 Varro, Marcus Terentius 167 Vásquez, Gabriel 168 Vergil 61, 66, 69 Voetius, Gisbert 189 Vorst, Konrad von der 199 Voß, Johann Heinrich 137 Waldhoff, Stephan 17, 151, 163, 164 Wallmann, Johannes 15 Wendelin, Markus Friedrich 192, 193 Wigand, Johann 328 Winkler, Johann Josef 252 Zanchi, Girolamo 125, 188 Zarka, Yves Charles 123
studia leibnitiana
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s u p p l e m e n ta
Im Auftrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. herausgegeben von Herbert Breger, Wenchao Li, Heinrich Schepers und Wilhelm Totok.
Franz Steiner Verlag
ISSN 0303–5980
1.–5. Akten des Internationalen LeibnizKongresses vom 14.–19. November 1966 in Hannover 5 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-02883-7 6. Hans Poser Zur Theorie der Modalbegriffe bei G. W. Leibniz 1969. VIII, 171 S., Ln. ISBN 978-3-515-00279-0 7. Hartmut Schiedermair Das Phänomen der Macht und die Idee des Rechts bei G. W. Leibniz 1970. VIII, 363 S., Ln. ISBN 978-3-515-00280-6 8. Jürgen Nieraad Standpunktbewußtsein und Weltzusammenhang Das Bild vom lebendigen Spiegel bei Leibniz und seine Bedeutung für das Alterswerk Goethes 1970. VIII, 140 S., Ln. ISBN 978-3-515-00281-3 9. Ursula Franke Kunst als Erkenntnis Die Rolle der Sinnlichkeit in der Ästhetik des Alexander Gottlieb Baumgarten 1973. VI, 126 S., Ln. ISBN 978-3-515-00282-0 10. Beate Monika Dreike Herders Naturauffassung in ihrer Beeinflussung durch Leibniz’ Philosophie 1973. VIII, 137 S., Ln. ISBN 978-3-515-00283-7 11. Eberhard Knobloch Die mathematischen Studien von G. W. Leibniz zur Kombinatorik Auf Grund fast ausschließlich handschriftlicher Aufzeichnungen dargelegt und kommentiert 1973. XVI, 277 S. mit 2 Faks., zahlr. Tab. und 2 Falttaf., Ln. ISBN 978-3-515-01208-9 12.–15. Akten des II. Internationalen
Leibniz-Kongresses vom 17.–22. Juli 1972 in Hannover 4 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-02884-4 12. Band 1: Geschichte – Recht – Gesellschaftstheorie – Historische Wirkung 1973. VI, 331 S. mit 12 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-01216-4 13. Band 2: Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte 1974. VI, 326 S., Ln. ISBN 978-3-515-01848-7 14. Band 3: Metaphysik – Ethik – Ästhetik – Monadenlehre 1975. VI, 415 S., Ln. ISBN 978-3-515-01924-8 15. Band 4: Logik – Erkenntnistheorie – Methodologie – Sprachphilosophie 1975. VI, 302 S., Ln. ISBN 978-3-515-01925-5 16. Eberhard Knobloch (Hg.) Die mathematischen Studien von G. W. Leibniz zur Kombinatorik Textband, im Anschluß an den gleichnamigen Abhandlungsband zum ersten Mal nach den Originalhandschriften herausgegeben 1976. XII, 339 S. mit 2 Faks., zahlr. Tab. und 3 Falttaf. ISBN 978-3-515-02111-1 17.–18. Leibniz à Paris (1672–1676) Symposion de la Gottfried-WilhelmLeibniz-Gesellschaft (Hannover) et du Centre National de la Recherche Scientifique (Paris) à Chantilly (France) du 14–18 Novembre 1976 17. Band 1: Les Sciences 1978. VI, 242 S., Ln. ISBN 978-3-515-02838-7 18. Band 2: La Philosophie de Leibniz 1978. VI, 171 S., Ln. ISBN 978-3-515-02839-4 19.–22. Theoria cum praxi Zum Verhältnis von Theorie und Praxis im 17. und 18. Jahrhundert. Akten des III. Internationalen Leibniz-Kongresses vom
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12.–17. November 1977 in Hannover 4 Bde., Ln. ISBN 978-3-515-03432-6 Band 1: Theorie und Praxis, Politik, Rechtsund Staatsphilosophie 1981. VII, 284 S., Ln. ISBN 978-3-515-03419-7 Band 2: Spinoza 1981. VI, 202 S., Ln. ISBN 978-3-515-03429-6 Band 3: Logik, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Metaphysik, Theologie 1980. VII, 259 S., Ln. ISBN 978-3-515-03430-2 Band 4: Naturwissenschaft, Technik, Medizin, Mathematik 1982. VI, 191 S. mit 7 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-03431-9 Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz et la Renaissance Colloque du Centre National de la Recherche Scientifique (Paris), du Centre d’Etudes Supérieures de la Renaissance (Tours) et de la Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft (Hannover), Domaine de Seillac (France) du 17–21 Juin 1981 1983. VIII, 242 S. mit 3 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-03751-8 Rita Widmaier Die Rolle der chinesischen Schrift in Leibniz’ Zeichentheorie 1983. XVI, 328 S., Ln. ISBN 978-3-515-03785-3 David E. Mungello Curious Land Jesuit Accommodation and the Origins of Sinology 1985. 405 S. mit 20 Abb., Ln. ISBN 978-3-515-04331-1 Albert Heinekamp (Hg.) Beiträge zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte von Gottfried Wilhelm Leibniz IV. Internationaler Leibniz-Kongreß der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft vom 14.–19. November 1983 in Hannover 1986. XIX, 385 S., Ln. ISBN 978-3-515-04350-2 Ingrid Marchlewitz / Albert Heinekamp (Hg.) Leibniz’ Auseinandersetzung mit Vorgängern und Zeitgenossen 1990. XX, 358 S., Ln. ISBN 978-3-515-05419-5 Massimo Mugnai
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Leibniz’s Theory of Relations 1992. 291 S., geb. ISBN 978-3-515-05895-7 Martin Schneider Das mechanistische Denken in der Kontroverse 1993. X, 522 S., geb. ISBN 978-3-515-06013-4 Philip Beeley Kontinuität und Mechanismus 1996. 398 S., geb. ISBN 978-3-515-06393-7 Stefan Lorenz De Mundo Optimo Studien zu Leibniz’ Theodizee und ihrer Rezeption in Deutschland (1710–1791) 1997. 260 S., geb. ISBN 978-3-515-07122-2 Wenchao Li Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert Verständnis, Unverständnis, Mißverständnis. Eine geistesgeschichtliche Studie zum Christentum, Buddhismus und Konfuzianismus 2000. 648 S., geb. ISBN 978-3-515-07452-x Wenchao Li / Hans Poser (Hg.) Das Neueste über China G. W. Leibnizens Novissima Sinica von 1697. Internationales Symposium vom 4.–7. Oktober 1997 in Berlin 2000. 390 S., geb. ISBN 978-3-515-07448-3 Dominique Berlioz / Frédéric Nef (Hg.) L’actualité de Leibniz Les deux labyrinthes. Décade de Cerisy la Salle, 15–22 Juin 1995 1999. 668 S., geb. ISBN 978-3-515-07626-5 Jan Palkoska Substance and intelligibility in Leibniz’s metaphysics 2010. 171 S., geb. ISBN 978-3-515-09405-4 Wenchao Li / Wilhelm Schmidt-Biggemann (Hg.) 300 Jahre Essais de Théodicée – Rezeption und Transformation 2013. 476 S., geb. ISBN 978-3-515-10310-7 Hanns-Peter Neumann Monaden im Diskurs Monas, Monaden, Monadologien (1600 bis 1770)
2013. 559 S., geb. ISBN 978-3-515-10152-3 38. Wenchao Li (Hg.) Einheit der Vernunft und Vielfalt der Sprachen Beiträge zu Leibniz’ Sprachforschung und Zeichentheorie 2014. 437 S. mit 2 sw-Abb. und 2 farbigen Abbildungen, geb. ISBN 978-3-515-10884-3
39. Wenchao Li (Hg.) 300 Jahre Monadologie Interpretation, Rezeption und Trans formation 2017. 313 S. mit 44 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11466-0
War Gottfried Wilhelm Leibniz (1646– 1716) auch ein Theologe? Mit der fortschreitenden Edition von Leibniz’ Korrespondenz sowie seiner philosophischen und politischen Schriften in der Leibniz-Akademieausgabe tritt ein Umstand immer deutlicher zutage: die große Bedeutung, die Leibniz der christlichen Theologie einschließlich der Vereinigung der getrennten christlichen Kirchen zeit seines Lebens beigemessen hat. Neben theologischen Passa-
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gen und Aussagen in Korrespondenz und Schriften liegen inzwischen auch zahlreiche theologische Schriftstücke hermeneutischer und exegetischer Art historischkritisch ediert vor. Anhand der neu erschlossenen Dokumente unterziehen die Beiträge dieses Bandes G. W. Leibniz erstmals unter spezifisch theologischen Gesichtspunkten einer genaueren Betrachtung.
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