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German Pages [288] Year 2017
Herta Neiß und Klaus Landa (Hg.)
2017 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR
GEFÖRDERT MIT FREUNDLICHER FINANZIELLER UNTERSTÜTZUNG durch das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung – Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung • das Frauenreferat des Landes Oberösterreich • das Land Niederösterreich • das Amt der Kärntner Landesregierung – Unterabteilung Kunst und Kultur • das Magistrat der Stadt Linz – Abteilung Kunst, Kultur- und Projektförderung • das Oberösterreichische Landesmuseum. den Verbund Oberösterreichischer Museen • den Landesverband Salzburger Museen und Sammlungen • das Land Salzburg – Abteilung 2 Kultur, Bildung und Gesellschaft, Referat Volkskultur und Erhaltung des kulturellen Erbes • die Wirtschaftskammer Österreich – Fachverband Hotellerie sowie die Wirtschaftskammer Oberösterreich – Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Oberösterreichisches Landesmuseum – Schlossmuseum Linz, Südtrakt, Dauerausstellung Natur Oberösterreich (Foto: Andreas Neiß, Linz) © 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Elisabeth Kreuzwieser, Leonding Umschlaggestaltung: Atelier Fasekasch, Gmunden Satz: Atelier Fasekasch, Gmunden Druck und Bindung: Finidr, Cesky Tesin Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-20489-3
Vorwort Kultureinrichtungen und hier vor allem auch Museen tun sich mit Touristen immer noch schwer und die Zusammenarbeit zwischen Museen und der Tourismusund Freizeitwirtschaft kommt erst zögerlich in die Gänge. Doch liegt indes klar auf der Hand, dass man sich auf beiden Seiten um dieselbe Zielgruppe bemüht. Vermehrte Besucherorientierung und qualitativ hochwertige Zusatzangebote sind nur als ein Aspekt in diesem Zusammenhang zu sehen. Und die Kooperationen mit touristischen Leistungsträgern einerseits sowie professionell arbeitenden Kulturpartnern andererseits sind ebenfalls Teil einer neuen, auf den nationalen und internationalen Gast ausgerichteten Akquise-Strategie. Wie sehen erfolgreiche Konzepte und Strategien zur Gewinnung und Bindung dieser Besucher aus? Müssen andere Bedürfnisse als beim regional ansässigen Gast berücksichtigt werden? Wie ist mit kleinem Budget durchaus Großes zu erreichen? Und welchen Mehrwert hat es überhaupt für Museen, kulturtouristische Strategien in ihre Arbeit einzubeziehen? Diese Fragen versucht das vorliegende Handbuch zu beantworten. Es vermittelt die Grundlagen für eine fundierte Herangehensweise an das Thema des Kulturtourismus und zeigt die Möglichkeit zur Strategieentwicklung für das eigene Museum unter vielerlei Gesichtspunkten auf. Nach einer allgemeinen Einführung zum Thema erläutern einzelne Expertenbeiträge mögliche Erfolgsfaktoren für Museen zur Nutzung touristischer Potenziale. Der dritte Teil widmet sich erfolgreichen Beispielen aus der kulturtouristischen Praxis in Österreich, welche die Möglichkeiten für Museen bei der Zusammenarbeit mit touristischen Anbietern anschaulich aufzeigen. Besonders gedankt sei an dieser Stelle allen Autoren für ihre Beiträge sowie allen Unterstützern, welche die Publikation des vorliegenden Handbuches ermöglicht haben. Die verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen. Auf die durchgängige Verwendung der weiblichen und männlichen Form wurde aus stilistischen Gründen verzichtet. Herta Neiß
Klaus Landa
Leiterin MBA-Tourismusmanagement JKU
Geschäftsführer Verbund OÖ. Museen
Inhaltsverzeichnis I. Allgemeine Einführung 1. Museum und Tourismus. Die Bedeutung der Museumslandschaften in Österreich Roman Sandgruber 2. Gebäude aus der Habsburgermonarchie und ihre kulturtouristische Öffnung Eva B. Ottillinger 3. Museen und Tourismus – viel Potenzial für eine erfolgreiche Zusammenarbeit Klaus Landa 4. Von Kultur und Tourismus zum erfolgreichen Museumstourismus Herta Neiß
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II. Mögliche Erfolgsfaktoren zur touristischen Nutzung 1. Nicht mehr nur „von allem ein bisschen“. Perspektiven und Herausforderungen für die Museumsarbeit der Zukunft Reinhold Kräter 2. Erfolgreiche Strategien zur Positionierung von Museen Christiane Steinlechner-Marschner 3. Public Relations – Klassische und neue Medien im Museum Carmen Löw 4. Der erfolgreiche Museumsshop als Schaufenster für das Museum Annika Hampel 5. Fokus Besucherforschung. Das Oberösterreichische Landesmuseum setzt Akzente Dagmar Fetz-Lugmayr 6. Erfolgreiche Kooperationen und Netzwerke zur Besuchersteigerung Walter Putschögl 7. Neue Wege einer zeitgemäßen Museumsarbeit als Voraussetzung für barrierefreien (Kultur-) Tourismus Doris Prenn 8. Mehrdimensionale Kulturfinanzierung als Zukunftstrend Karina Lochner 9. Reden wir miteinander! Voraussetzungen und Anforderungen für die Zusammenarbeit zwischen Museen und Tourismus Doris Rom
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III. Erfolgeiche Beispiele 1. Oberösterreich 1.1. In Aspach dem Leben über Kunst begegnen Rita Atzwanger, Engelbert Fellner 1.2. UNECSO Welterbe Blaudruck in Gutau Alfred Atteneder 1.3. Textiles Zentrum Haslach – Mehr als ein Museum Christina Leitner 1.4. Appetit auf Raum. Assoziationen zur Gastronomie Gernot Hertl
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2. Niederösterreich 2.1. Betty Bernstein und die Bernsteinstraße in Niederösterreich Elisabeth Schiller 2.2. Museumsdorf Niedersulz. Ein idealtypisches Weinviertler Dorf als größtes volkskundliches Freilichtmuseum in Niederösterreich Veronika Plöckinger-Walenta 2.3. Stift Klosterneuburg – Vergangenheit in der Zukunft Gottfried Fragner
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3. Salzburg 3.1. Denkmalhof Rauchhaus Mühlgrub. Museum und Veranstaltungsort Christiane Knoll 3.2. „Stille Nacht, Heilige Nacht!“ Carola Marie Schmidt 3.3. Vom Kulturverein Blaues Fenster bis Karl Heinrich Waggerl Carola Marie Schmidt
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4. Kärnten 4.1. Künstlerstadt Gmünd. Eine ganze Stadt lebt die Kunst Erika Schuster 4.2. Werner Berg Museum Bleiburg / Pliberk Arthur Ottowitz
IV. Literatur- und Quellenverzeichnis V. Bildnachweis VI. Biographien der Autoren
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I. Allgemeine Einführung 1. MUSEUM UND TOURISMUS. DIE BEDEUTUNG DER MUSEUMSLANDSCHAFTEN IN ÖSTERREICH Roman Sandgruber
Österreich zählte 2013 laut Statistik Austria 380 Museen, 25 Ausstellungshäuser und 324 weitere mit Museen verwandte Einrichtungen. Insgesamt 723 registrierte Museen sind im Herbst 2016 auf der Homepage des Österreichischen Museumsbundes www.museen-in-oesterreich.at verzeichnet. In Wahrheit ist die Zahl der Museen noch weitaus größer. ICOM (International Council of Museums) Österreich, die größte heimische Museumsorganisation, hat 1.900 Mitglieder. Oberösterreich allein besitzt etwa 280 verschiedene Museen und Sammlungen, Niederösterreich etwa 700 öffentlich zugängliche Museen und Sammlungen, Gedenkstätten und Ausstellungshäuser, Themenwege und Lehrpfade, die Steiermark etwa 390, Tirol etwa 180. Über 2.000 Museen sind es österreichweit: große und kleine, Universalmuseen und Spezialsammlungen, Freilichtmuseen und Kunsthäuser, Erlebnismuseen und Gedenkstätten, Heimatmuseen und Firmenmuseen, in kleinen Gemeinden und in den zentralen Orten. Allesamt sind sie liebenswert und mit viel Liebe gemacht. Der Großteil wird ehrenamtlich, aber dennoch höchst professionell betreut. Alle kämpfen sie, wie könnte es anders sein, mit Geldmangel. Alle leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Sicherung, Erforschung und Vermittlung unseres kulturellen Erbes. Und für den Tourismus stellen sie ein unschätzbares und in Wahrheit auch sehr kostengünstiges Potenzial dar. Seit 1970 hat Österreich einen Museumsboom erlebt. Zwischen 1970 und 1995 hat sich die Zahl der Museen mehr als verdoppelt. Und der Zuwachs hat auch seither weiter angehalten. Jede dritte österreichische Gemeinde weist zumindest ein Museum in ihrem Gemeindegebiet auf. Niederösterreich hat die größte Museumsdichte innerhalb Österreichs. Und Österreich hat die höchste Museumsdichte Europas.
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Die Gesamtbesucherzahl der österreichischen Museen und museumsverwandten Einrichtungen, wiederum auf Basis der deutlich restriktiveren Daten der Statistik Austria, wird für das Jahr 2013 mit 31,4 Millionen angegeben. Auf die eigentlichen Museen entfielen 12,3 Millionen Besuche, auf museumsverwandte Einrichtungen 17,9 Millionen Besuche, darunter 11,1 Millionen an historischen Stätten und 4 Millionen in Einrichtungen, die lebende Spezien beherbergen (zoologische und botanische Gärten usw.). Die eigentlichen Museumsbesuche verteilten sich zu 51 Prozent auf „Kunstmuseen, archäologische und historische Museen“, zu 28 Prozent auf „Andere Museen“ (allgemeine Museen, Regionalmuseen und kulturgeschichtliche Spezialmuseen) und zu 17 Prozent auf „Wissenschaftliche, technische und ethnologische Museen“. Die restlichen 4 Prozent entfielen im Wesentlichen auf historische Stätten und Denkmäler, die organisatorisch gesehen Teil eines Museums sind. Die im Jahr 2013 durchgeführten Landesausstellungen (Niederösterreich und Oberösterreich) erreichten fast 591.000 Besuche, die Ausstellungshäuser verzeichneten 587.000 Besuche.
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Die Mehrzahl unserer Museen sind kulturgeschichtliche oder gemischte Museen, der Rest verteilt sich auf naturhistorische, technische und explizite Kunstmuseen. Dabei sind die Grenzen zu Technik- und Wirtschaftsmuseen recht fließend. Naturhistorische Museen bilden eine eigene, aber von der Besucherzahl wichtige Kategorie. Und nicht zuletzt gibt es die zahlenmäßig kleine, aber zentrale Kategorie der Kunstmuseen, die für den Tourismus wohl die wichtigste Gruppe darstellen. Den Eigentumsverhältnissen nach hatte mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Museen 2013 einen öffentlichen Eigentümer bzw. Erhalter. Die Zahl der privaten Museen betrug 179. Bei den verwandten Einrichtungen gaben 154 (48 Prozent) einen öffentlichen Eigentümer bzw. Erhalter an, 170 einen privaten. Der Rechtsform nach war der Träger jedoch nur bei 41 Prozent der Museen ein öffentlicher; dies beinhaltet z. B. Ausgliederungen in Form einer GmbH. Ausgegliederte Einrichtungen, die nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden, weiterhin aber mit substanziellen Zuwendungen der öffentlichen Hand rechnen können, finden sich ferner auch unter der Kategorie „Anstalt öffentlichen Rechts“ (4 Prozent) – was den Anteil öffentlicher Einrichtungen jedoch nicht berührt. Zwei Drittel unserer Museen sind Vereins- und Gemeindemuseen, 12 Prozent privat, 6 Prozent kirchlich, bei 6 Prozent sind die Träger die Länder, bei 4,3
Prozent Firmen und nur bei 3,8 Prozent der Bund. Von der kulturellen Bedeutung und der Relevanz der Sammlungen aus gesehen dominieren hingegen die Bundesmuseen das Geschehen deutlich. Dort ist höchste Professionalität gegeben. Aber der Großteil der Museen wird ehrenamtlich geführt und betrieben. Der Betrieb der Museen wäre ohne diese unermüdliche Arbeit so vieler ehrenamtlich tätiger Menschen nicht möglich. Ihrem Engagement und ihren Leistungen ist es zu verdanken, dass die Sicherung und Dokumentation vieler wichtiger Kulturgüter erfolgt ist. Aber rein ehrenamtlich, ohne haupt- und nebenerwerbliche Tätigkeit wäre der Großteil nicht mehr zu führen. Und man braucht die Infrastruktur. Die dafür notwendigen Mittel lassen sich nur zum kleineren Teil aus der Museumstätigkeit erwirtschaften. Ein Teil kommt von Sponsoren. Doch ohne die Hilfe und das Mitwirken der öffentlichen Hand geht es nicht. Die Gemeinden und das Land und die verschiedenen sonstigen Träger und Förderer leisten hier einen wichtigen Beitrag, der ihnen allerdings in vielfacher Weise rückerstattet wird: in der Attraktivität des Landes als Tourismusdestination, im Bildungs- und Forschungsbereich, vor allem aber durch die Bewahrung, Sicherung und Weiterentwicklung der kulturellen Identität unseres Landes. Die Museen waren einst Schatzkammern und Wunderkammern des Kaiserhauses und einzelner großer Adelsfamilien. Die Museen wurden im 19. Jahrhundert zu Institutionen des Bürgertums und sind Museen des kleinen Manns geworden (gegendert sind sie noch wenig). Das Museum ist ins Dorf gegangen. Inzwischen ist die Alltagskultur wichtiger Bestandteil der Museumsarbeit. Virtuelle Ausstellungen und Museen nehmen zu, werden aber in keiner Weise das reale Museum ersetzen können. Das Museum der Zukunft wird zwar computerunterstützt sein, wird aber weiterhin die traditionelle Welt der Dinge in ihrer Dreidimensionalität und Dinghaftigkeit präsentieren. Das Museum ist immer wieder kritisch hinterfragt worden. Joseph Beuys lehnte das Museum leidenschaftlich ab, was aber nicht verhinderte, dass er in die Museen Einzug hielt. Ist das Museum tot? Bringt es die Kreativität um? Ist es ein Instrument der Eliten (Bourdieu)? Kann man das Museum demokratisieren? Viele Einwände sind gegen das Museum vorgebracht worden. Aber keiner hat sich als stichhaltig erwiesen. Das griechische „Mouseion“ war der Tempel der neun Musen. Das seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Wort „Museum“ bedeutete zunächst Studierzimmer. Erst im 17. Jahrhundert wurde es immer mehr für eine
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Sammlung gebraucht. ICOM definiert ein Museum als eine nicht Gewinn bringende, ständige Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist und materielle Belege des Menschen und seiner Umwelt zum Zwecke des Studiums, der Erziehung und der Freude erwirbt, erhält, erforscht, vermittelt und ausstellt. Man muss diese Definition zweifellos kritisch hinterfragen. Ist sie nicht viel zu eng und einseitig? Warum darf ein Museum nicht gewinnbringend sein, auch wenn man zugeben muss, dass es der weitaus überwiegende Teil nicht ist? Und auch der Tourismus bzw. die touristische Nutzung und Bedeutung kommen in dieser Definition nur sehr vermittelt vor, im Ziel der „Freude“.
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Die Aufgaben der Museen sind Sammeln, Bewahren, Forschen, Präsentieren, Bilden und Unterhalten. Die Grenzen zwischen Erlebniswelten, Science-Centern, Lehrpfaden und Museen sind unscharf und müssen immer wieder neu definiert werden. Eine Reihe von Museen zeichnen sich durch innovative Bauten aus, das Linzer Kunstmuseum Lentos und das Ars Electronica Center, das MUMOK in Wien, das Kunsthaus Graz, das Haus der inzwischen leider geschlossenen Sammlung Essl in Klosterneuburg etc. Nicht immer ist das allerdings Garantie für den Erfolg. Der Erfolg resultiert aus einem Mix aus einer attraktiven Sammlung, einer guten Präsentation und einem geeigneten, anziehenden Gebäude. Die Sammlung ist das Herz eines Museums. Sie ist die eigentliche Identitätsstifterin eines Museums, ist Trägerin und Speicher von Wissen, schafft Authentizität und Legitimität und ermöglicht die Präsentation authentischer Objekte. In diesem Sinne sind die Museen ein begehbares Gedächtnis des Landes. Als Bildungs- und Forschungseinrichtungen konkurrieren die Museen mit zahlreichen anderen Institutionen, zuvorderst natürlich mit Universitäten und Schulen, aber auch mit vielen anderen öffentlichen und privaten Forschungsund Bildungseinrichtungen. Die Museen haben den Schatz ihrer Sammlungen, die als Forschungsobjekte zur Verfügung stehen, die aber auch eine Erforschung brauchen. Hier ist eine entsprechende Kooperation notwendig. Denn die Forschungskompetenz der Museen wird angesichts ihrer finanziellen und personellen Dotierung immer mehr eingeschränkt. Auch haben sich die Forschungsinhalte und Forschungsziele stark gewandelt, nicht nur in den Naturwissenschaften und den technischen Wissenschaften, sondern auch in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Das lexikalische bzw. systematische Wissen,
das in den Museumssammlungen zwangsläufig dominiert, tritt gegenüber der analytischen und funktionellen Auswertung immer stärker in den Hintergrund. Das wird am stärksten in den naturwissenschaftlichen Sammlungen deutlich, gilt aber ebenso für die kulturwissenschaftlichen. Was allerdings in der Museumsarbeit und Museumsbeurteilung gerne übersehen wird, ist die Unterhaltungsfunktion der Museen. Diese ist im touristischen Kontext die zentrale Funktion. Menschen, wenn es sich nicht gerade um Schüler oder Forschende handelt, gehen primär in ihrer Freizeit ins Museum. Und das bedeutet, dass sie dort auch ein freizeitadäquates Ambiente und Programm erwarten. Sie wollen sich unterhalten, wollen Freude haben, Interessantes sehen und erleben und erholt nach Hause gehen oder fahren. Daran muss sich nicht nur das Museumsambiente orientieren, die Gastronomie, die Möglichkeit für Rast und Ruhe, der Shop, sondern auch die Präsentation der Objekte. Museen sammeln und präsentieren Objekte. Das ist in doppelter Weise Gegenstand der Sozialgeschichte. Einerseits ist Sammeln in hohem Maße historisch bedingt: Der Sammler tritt als soziales Phänomen auf, der seine Objekte aus sehr unterschiedlichen Motiven erwirbt und präsentiert: seien die Objekte nun gekauft, geerbt, geraubt, zum Zwecke der Repräsentation, der Belehrung, der bloßen Sammlerfreude oder Sammlergier halber etc. Anderseits gelangen die gesammelten Objekte nicht von selbst zum Sprechen. Erst durch eine sozialgeschichtliche Einordnung und Interpretation werden sie verständlich, zumindest für die Nichtfachleute. Das gilt für die klassischen Kunstmuseen, gilt natürlich sehr viel stärker für ethnographische Museen aller Art, aber auch für sozialwissenschaftliche, technische und naturwissenschaftliche Sammlungen unterschiedlichster Zielrichtung. Während die sozialhistorischen Informationen über das Zustandekommen von Sammlungen seit langem zur Grundinformation jedes Museums gehören und jetzt auch, insbesondere im Kontext unterschiedlichster Raubkunstauseinandersetzungen, auch problematische Fälle einbezogen werden, führt die sozialgeschichtliche Einbindung in den meisten Museumspräsentationen immer noch ein stiefmütterliches Dasein. Auch die kritische Hinterfragung muss in der Präsentation Platz finden. Technikhistorische Museen dürfen sich nicht mehr auf die Aneinanderreihung von Objekten und die Erklärung ihrer innertechnischen
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Funktionalität beschränken. Die Diskussion um die Generierung von technischem Fortschritt, auf der anderen Seite die Technikfolgenabschätzung müssen einbezogen werden. Und auch kunst- und kulturhistorische Museen können sich schon lange nicht mehr auf die selbsterklärende Stärke der Kunst oder des Objekts verlassen. Die Institution Museum erlebt einen Aufschwung wie kaum zuvor in ihrer Geschichte. Trotz der Bedeutung und Akzeptanz des geschichtlichen Museums besteht bei Historikern und Museumswissenschaftlern Uneinigkeit darüber, ob sich Geschichte im Museum überhaupt darstellen lasse, wie eine historische Ausstellung oder Schausammlung zu gestalten sei und welcher Stellenwert den Exponaten und den begleitenden Medien zukommt. Ausstellungen, die das in Büchern oder Datenbanken vorhandene Wissen bloß an die Wände schreiben, sind sinnlos, ebenso Bildschirme, die bloß das bieten, was im eigenen Heim vor dem Fernsehapparat gemütlicher zu konsumieren ist. Auch die Aura des Originals schwindet im Zeitalter der gänzlich oder nahezu exakten Reproduzierbarkeit immer mehr. 14
Man kann sich fragen, ob wir genug Museen haben, oder nicht doch zu viele, wo es noch Potenzial gibt und wo ein Veränderungsbedarf besteht. Denn der Drang zu neuen Museen und Museumsgründungen ist noch immer ungebrochen. Eine Neugründung ist für die Politik allemal attraktiv, um sich erfolgreich zu präsentieren. Anschubfinanzierungen werden bereitwillig zur Verfügung gestellt. Im Dauerbetrieb sind die Museen dann allein gelassen und können sich schwer behaupten. Themen, die noch Potenzial haben bzw. museal neu formuliert werden könnten, gibt es durchaus: Die Archäologie hat noch immer Charme, vor allem weil sich hier zahlreiche innovative Möglichkeiten der Verbindung modernster Analyseund Forschungstechniken mit historischem Material bieten: Vom Bodenradar über gentechnische, chemische und physikalische Analysen bis zu virtuellen Rekonstruktionen und experimenteller Archäologie. Eine Stärkung der archäologischen Schwerpunkte auf Grund der Bedeutung Oberösterreichs in der Hallstattzeit, Römerzeit und bei den Pfahlbausiedlungen erfolgt auf dem Wege der derzeit geplanten Oberösterreichischen Landesausstellungen. Allerdings ist gerade in diesem Kontext die Nachhaltigkeit der getätigten Investitionen zu sichern.
Niederösterreich ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen. Natur und Umwelt sind besonders für junge Zielgruppen auf Grund der vielfältigen Vermittlungsmöglichkeiten interessant – hier könnten auch Regionalmuseen neue Schwerpunkte ausbilden: Einbettung in Naturlandschaften, Geologie usw. Die Zeitgeschichte ist eine besondere Herausforderung für die Museen: nicht nur in Hinsicht auf Darstellung bzw. Aufbereitung der Thematik der NS-Zeit im regionalen bzw. lokalen Bereich, sondern vor allem wegen der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Anreicherung und Ausweitung der Sammlungen mit Objekten der jüngsten Geschichte und Alltagskultur. Österreich erhält ein neues „Haus der Geschichte Österreich“. Man darf gespannt sein, wie es den Spagat zwischen dem gar nicht museumsadäquaten Standort in der Neuen Hofburg, den wahrlich sehr beschränkten Geldmitteln, der bislang nicht vorhandenen Sammlung und den hohen Erwartungen, die an diese Institution geknüpft sind, schaffen wird. Wie sehr hier parteipolitisches und regionales Konkurrenzdenken eine Rolle spielt, wird aus dem Umstand deutlich, dass plötzlich nahezu zeitgleich und mit geringem räumlichem Abstand zwischen Wien und St. Pölten zwei Museen mit sehr ähnlicher Zielsetzung und Konzeption entstehen werden. Sozialgeschichte wird aber auch als solche immer mehr zum Thema neuer Museen: Bei Frauenmuseen, Kindermuseen, Migrationsmuseen, Museen der Arbeitswelt gibt es durchaus noch Nachholbedarf. Die Migration gehört zwar zu den traditionellen Bereichen der Museumsarbeit. Man denke nur an die zahlreichen Auswanderer- und Vertriebenenmuseen und die doch zahlreichen Museen und Sammlungen, die sich mit Minderheiten beschäftigen. Aber die Migrations- und Flüchtlingsbewegungen der neuesten Zeit stellen hier ganz neue Herausforderungen: nicht nur diese Entwicklungen zu dokumentieren und zu präsentieren, sondern diese Gruppen überhaupt in die Museen zu holen und ihnen die vorhandenen, ihnen in der Regel ganz fremden Thematiken verständlich zu machen: einem Moslem auch die christliche Kultur zu erklären und den Einheimischen die Kulturen der Neuzuwanderer zu vermitteln. Auch die Freilichtmuseen brauchen einen zeitlichen Anschub: nämlich die Ausweitung ihrer Sammlungs- und Präsentationsschwerpunkte auf den Bereich Bau- und Sachkultur nach 1950. Im Bereich der Religion ist insbesondere dem Verlust der „Lesbarkeit“ bzw. Ikonographie von Objekten der Volksfrömmigkeit
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entgegenzusteuern. Die Frauen- bzw. Genderproblematik ist zwar inzwischen hinlänglich bekannt. Doch gibt es noch kaum explizite Gendermuseen. Ähnliches gilt für die Friedensthematik und Gewaltprävention. Was den Tourismus, sowohl den Freizeit- wie vor allem auch den Geschäftstourismus betrifft, dürfen auch die Wirtschaftsmuseen nicht übersehen werden. Firmenmuseen, besonders jene der Industrie- und Bankenunternehmen, können nicht nur für die Kundenbindung interessant und relevant sein, sondern auch die öffentliche Akzeptanz und das Verständnis der Bedeutung und Funktion der jeweiligen Branchen und Unternehmungen fördern. Das gilt für Brauereien genauso wie für Stahlwerke, Pharmabetriebe oder Kommerzbanken. Aber auch Tourismusbetriebe und Tourismusorte können hier mit kleinen, feinen Privatausstellungen durchaus punkten. Sie sind gut beraten, ihre touristische Kompetenz auch mit Verweisen auf eine entsprechende Erfahrung und Kontinuität zu unterstreichen.
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Österreich hat viele und großartige Museen. Einige zählen zu den bedeutendsten der Welt, das Kunsthistorische Museum mit den zugehörigen Dependancen – der Schatzkammer, der Musiksammlung, der Waffensammlung, dem Ephesos Museum, dem Völkerkundemuseum (Weltmuseum), dem Theatermuseum und der Ambraser Sammlung –, die Albertina, das Belvedere, das Naturhistorische Museum, das Technische Museum, das MAK und das MUMOK. Aber sind sie auch gut besucht? Die Wien-Besucher merken es schon beim Eingang: keine langen Schlangen und Wartezeiten, wie sie es in Paris, Rom, Florenz oder auch Dresden zu bewältigen hätten. Das ist für die Besucher recht angenehm, wirft aber doch ein bezeichnendes Licht auf die österreichische Museumssituation. Der Louvre hat mehr als 10 Millionen Besucher, die Vatikanischen Museen fast 6 Millionen, die Eremitage 3,2 Millionen, das Kunsthistorische Museum Wien nur 840.000. Ganz an der Spitze steht das Palastmuseum in Peking mit 14 Millionen Besuchern, das aber wohl außer Konkurrenz. Das gegenüber dem Kunsthistorischen Museum vergleichsweise viel kleinere Belvedere kam auf fast 1,3 Millionen Besucher, das sehr spezialisierte Leopold Museum immerhin auf 368.000.
Inklusive der angegliederten Museen (Schatzkammer, Völkerkundemuseum, Wagenburg, Theatermuseum etc.) erreichte das Kunsthistorische Museum etwa 1,4 Millionen Besucher und alle Bundesmuseen zusammen im Jahr 2015 nur 4,9 Millionen Besucher. In einem internationalen Ranking der besucherstärksten Museen rangiert das Belvedere an 69. Stelle, das Kunsthistorische Museum nur an 90. Stelle. Man sieht, das Museumsgeschehen in Österreich ist im Sinne seiner touristischen Attraktivität noch durchaus ausbaufähig. Das Tourismusland Österreich könnte von seinen Museen noch sehr viel stärker profitieren. Und die Museen nutzen das Gästepotential Österreichs bzw. Wiens immer noch viel zu wenig.
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2. GEBÄUDE AUS DER ZEIT DER HABSBURGERMONARCHIE UND IHRE KULTURTOURISTISCHE ÖFFNUNG Eva B. Ottillinger
Um das Thema „Museum und Tourismus“ umfassend beleuchten zu können, ist ein Blick auf die historischen Gebäude aus der Zeit der Habsburgermonarchie, die sich heute im Bundesbesitz befinden, gerade aus Sicht des Kulturtourismus sehr aufschlussreich. Dazu stellen sich zunächst folgende Fragen: Was möchten die Besucher aus dem In- und Ausland gerne sehen? Welchen Stellenwert haben historische Gebäude und Museen für unsere Gäste? Auf diese Fragen gibt die „Wienkultur-Information“ für die Bundeshauptstadt eine klare Antwort, die für den Städte- und Kulturtourismus im Allgemeinen beispielhaft sein dürfte. Denn zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Wien gehören das Schloss Schönbrunn mit dem Tiergarten, der Stephansdom, der Rathausplatz, der Prater, das Belvedere, das Kunsthistorische Museum, die Wiener Hofburg mit den Kaiserappartements und der Silberkammer, das Naturhistorische Museum und die Albertina.1 Ein Blick auf diese Liste lässt rasch erkennen, dass es sich bei den Wiener Top-Sehenswürdigkeiten durchwegs um historische Gebäude und Plätze handelt. Als jüngstes Einzelbauwerk ist das 1897 errichtete Riesenrad im Prater zu nennen. Bei näherer Betrachtung sehen wir zudem, dass sechs Wiener Top-Attraktionen – nämlich das Schloss Schönbrunn, das Belvedere, das Kunsthistorische Museum, die Wiener Hofburg, das Naturhistorische Museum und die Albertina – ehemals kaiserliche und heute im Bundesbesitz befindliche Anlagen sind. Rechnet man den 1766 von Kaiser Joseph II. für das Volk geöffneten Prater hinzu, der heute teilweise unter der Obhut der Stadt Wien steht, wären es sogar sieben. Allein im Bereich der Hofburg sind vier der Wiener Top-Sehenswürdigkeiten zu finden: das Kunsthistorische Museum, die Kaiserappartements, das Naturhistorische Museum und die Albertina.
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Kulturbauten aus der Zeit der Monarchie Eine solche kulturtouristische Erfolgsgeschichte kommt nicht von ungefähr. Bereits in der Habsburgermonarchie wurden vom Wiener Hof ganz bewusst reine Kulturbauten errichtet oder erworben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So ließ Kaiser Karl VI. in der Wiener Hofburg 1722 bis 1726 nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach und seinem Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach die Hofbibliothek mit ihrem monumentalen Prunksaal errichten, der heute als Ausstellungsraum genutzt wird.
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Seine Tochter Maria Theresia hatte nach dem Tod von Prinz Eugen dessen ebenfalls von Fischer von Erlach geplantes Stadtpalais in der Wiener Himmelpfortgasse, das von Lukas von Hildebrand erbaute Gartenpalais Belvedere sowie seine Jagdschlösser im Marchfeld erworben. Im Oberen Belvedere wurde dann in den 1770er Jahren die kaiserliche Gemäldesammlung nach Kunstschulen geordnet präsentiert. Die kaiserliche Gemäldegalerie war zuvor räumlich beengt in der Stallburg untergebracht. Ab der Zeit des Wiener Kongresses wurde im Unteren Belvedere auch die Ambraser Sammlung gezeigt, die während der Napoleonischen Kriege aus Innsbruck nach Wien gebracht worden war. Die beiden kaiserlichen Sammlungen verblieben bis 1891 im Belvedere. Kaiser Franz Joseph I. hatte 1857 mit einem kaiserlichen Handschreiben die Schleifung der Basteien und den Bau der Wiener Ringstraße angeordnet. An dieser neuen Prachtstraße sollten auch mehrere neue Museumsbauten entstehen. Den Anfang machte das 1863 / 1864 unter kaiserlicher Protektion gegründete Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst). Diese kunstgewerbliche Mustersammlung wurde zunächst provisorisch im Ballhaus bei der Hofburg untergebracht. 1871 erfolgte die Fertigstellung des neuen Museumsgebäudes am Stubenring nach Plänen von Heinrich von Ferstel. Im Zuge des Ringstraßenbaus war auch eine großzügige Erweiterung der Wiener Hofburg geplant, die neue Museumsbauten zur Unterbringung der kaiserlichen Sammlungen umfassen sollte. Grundlage der Planung stellte der Entwurf eines „Kaiserforums“ von Architekt Gottfried Semper dar. Nach den Plänen von Semper und Gottfried von Hasenauer wurden das Kunsthistorische Museum und das Naturhistorische Museum errichtet. Im bereits 1889 fertig gestellten Naturhistorischen Museum fanden die Sammlungen der
kaiserlichen Naturalienkabinette, die zuvor im Augustinergang der Wiener Hofburg auf beengtem Raum untergebracht waren, ihren Platz. Im Kunsthistorischen Museum, das 1891 feierlich eröffnet werden konnte, wurden die kaiserliche Gemäldegalerie, die Ambraser Sammlung und die Antikensammlung gezeigt. Kaiser Franz Joseph hatte damit alle kaiserlichen Sammlungen in neu gebauten und mit großem Aufwand ausgestatteten Museumsgebäuden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Veränderungen in der Republik Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gelangten sämtliche hofärarischen – d. h. bereits während der Monarchie im Staatsbesitz befindlichen und zur Repräsentation des Kaiserhauses dienenden – Gebäude in den Besitz der neu gegründeten Republik Österreich. Daraufhin wurden die ehemaligen Wohn- und Repräsentationsräume des Kaisers in der Wiener Hofburg und im Schloss Schönbrunn für Besucher geöffnet. Die Betreuung der Gebäude selbst und der neue Schauraumbetrieb erfolgten durch die Burghauptmannschaft bzw. die Schlosshauptmannschaft. Die ebenfalls zum Hofärar gehörenden Möbel und Beleuchtungskörper, Porzellanservice, Bestecke und Trinkgläser aus dem kaiserlichen Haushalt gingen gleichfalls in den Besitz der Republik über. Ein Teil der Einrichtungsgegenstände verblieb in den nun öffentlich zugänglichen Kaiserappartements. Darüber hinaus wurden in den Räumlichkeiten der ehemaligen Hofsilber- und Tafelkammer in der Wiener Hofburg und im ehemaligen k. k. Hofmobilien- und Materialdepot „Schausammlungen“ eingerichtet, die ab nun ebenfalls besichtigt werden konnten. Das Hofmobiliendepot hatte Kaiser Franz Joseph 1899 bis 1901 als zentrales Lager für den gerade nicht in Gebrauch befindlichen Teil der hofärarischen Möbel auf der Mariahilfer Straße, auf halbem Weg zwischen der Hofburg und Schloss Schönbrunn, errichten lassen. Der im Zuge des „Kaiserforum“-Projekts begonnene neue Flügel der Hofburg wurde erst 1923 fertiggestellt. Diese so genannte Neue Burg sollte ursprünglich die neuen Wohn- und Repräsentationsräume des Kaiserpaares beherbergen. Nach dem tragischen Tod von Kronprinz Rudolf 1889 in Mayerling betreute Thronfolger Franz Ferdinand den Neubau mit großem Engagement. Nach dem
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Ende der Monarchie wurde für diesen monumentalen Bauteil eine neue Nutzung gesucht, die sich im Kultur- und Bildungsbereich fand. In der Neuen Burg fanden die Österreichische Nationalbibliothek und das 1928 eröffnete „Museum für Völkerkunde“ (heute: Weltmuseum) seinen Platz. Darüber hinaus wurde im ehemaligen Palais von Albert von Sachsen-Teschen auf der Augustiner Bastei die umfangreiche Graphiksammlung des Herzogs unter dem Namen „Graphische Sammlung Albertina“ als neues Museum eröffnet. Im Belvedere, dem ehemaligen Gartenpalais von Prinz Eugen, richtete man nach der Übersiedlung der kaiserlichen Gemäldegalerie in das Kunsthistorische Museum eine „Österreichische Galerie“ ein, in der österreichische Kunst ab dem Mittelalter gezeigt wird.
Die Museumsmilliarde(n)
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Da die Bausubstanz der Bundesmuseen durchwegs aus der Monarchie stammt, war es nicht verwunderlich, dass in den 1980er Jahren an vielen Stellen ein substanzieller Sanierungsbedarf bemerkbar wurde. Es gab damals undichte Dächer, unter denen bei Regen Eimer aufgestellt werden mussten, Ausstellungssäle ohne ausreichende Beleuchtung, die im Winter aus Lichtmangel mitunter frühzeitig geschlossen werden mussten und mangelhafte Depoträumlichkeiten. Auf Grund der Dringlichkeit der Lage wurde 1987 auf Initiative der damaligen Hochbau-Sektion des Wirtschaftsministeriums, das für die Museumsgebäude zuständig war (und ist), in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, welches für die Sammlungen und ihre Verwaltung zuständig gewesen ist, ein Museumsgipfel einberufen und ein Investitionspaket beschlossen, die so genannte „Museumsmilliarde“. Letztendlich umfasste der Inventionsrahmen weit über eine Milliarde Schilling, die in zwei Inventionsprogrammen 1987 bis 1992 und 1992 bis 1995 umgesetzt werden sollten.2 Im Rahmen der „Museumsmilliarde“ wurden umfassende Generalsanierungen in Angriff genommen, wie jene im Technischen Museum, das einen neuen Eingangsbereich und eine neue Dachkonstruktion erhielt, oder jene im Österreichischen Theatermuseum, für dessen Neueinrichtung das Palais Lobkowitz zunächst restauriert werden musste. Die historischen Museumsgebäude erhielten aber nicht nur eine bauliche Sanierung, es wurden auch moderne Depoträume, wie der
neue Tiefspeicher im MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, errichtet. Darüber hinaus erfolgte für ganze Sammlungsbereiche, wie die Hofjagd- und Rüstkammer und die Sammlung alter Musikinstrumente in der Neuen Burg, eine Neugestaltung der Räume. Die Maßnahmen dienten der Erhaltung der Bausubstanz, der Verbesserung der teilweise veralteten oder unzureichenden Haustechnik (Brandschutz, Klimatisierung, Einbau von Liften etc.) und der Optimierung der Depots ebenso wie der zeitgemäßen Neugestaltung von Ausstellungsräumen. Ziel war es, die kulturtouristische Attraktivität der Museen zu steigern. Im „Memorandum“ vom Juli 1987 wurde dies so formuliert: „Im Bereich der Museen und Schausammlungen des Bundes sind unbestritten eine Reihe dringend notwendiger Sanierungsmaßnahmen als Mindestprogramm erforderlich, die einerseits zum Schutz der dort verwalteten Kulturgüter unabdingbar geworden sind; andererseits es den Einrichtungen erlauben, ihren Aufgaben nachzukommen, um die durch sie gegebene Attraktion namentlich auch im Fremdenverkehr optimal zu nutzen.“ 3 Im Wirtschaftsministerium wurde damals – strategisch wohl überlegt – stets vom Sanierungsbedarf in den „Museen und Schausammlungen des Bundes“ gesprochen. Dies eröffnete dem Ressort die Möglichkeit, die Finanzmittel nicht nur für die Bundesmuseen, sondern auch für Investitionen im Schloss und Tiergarten von Schönbrunn einzusetzen. Darüber hinaus kam es im Zuge der „Museumsmilliarde“unter dem Titel einer Generalsanierung zur vollständigen Neupositionierung der beiden aus dem kaiserlichen Haushalt stammenden und dem Ressort zugehörigen Bundessammlungen, der „Silberkammer“ in der Wiener Hofburg und der „Bundessammlung alter Stilmöbel“ im Gebäude des ehemaligen Hofmobiliendepots in der Mariahilfer Straße. Die historischen Räumlichkeiten der ehemaligen Hofsilber- und Tafelkammer im Michaelertrakt der Wiener Hofburg wurden saniert und um angrenzende Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Reichskanzleitrakts erweitert. So entstand 1995 mit der „Silberkammer – Hofburg Wien“, ein modernes Museum für die Geschichte der kaiserlichen Tafelkultur, das gemeinsam mit den Kaiserappartements besichtigt werden kann.
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Bild 1: Hofmobiliendepot Wien. Historisches Depot- und Werkstättengebäude
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Zum historischen Gebäude des ehemaligen Hofmobiliendepots in der Mariahilfer Straße wurden in der benachbarten Andreasgasse ein angrenzendes Biedermeierhaus sowie ein ehemaliges Fabrikgebäude hinzugekauft. Dies erlaubte eine großzügige Erweiterung und grundlegende museale Neukonzeption der alten „Schausammlung“. Im Hof zwischen den drei Gebäuden wurde eine neue, großzügige Eingangs- und Kassenhalle errichtet, die zur zentralen Erschließung der Gebäudeteile dienen sollte. Den Zugang zum Museum verlegte man in den schönen Biedermeierhof in der Andreasgasse, wo den Besuchern auch ein Museumscafé und Räume für Sonderausstellungen zur Verfügung stehen. Das 1998 eröffnete „Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien“ erzählt die Geschichte der kaiserlichen Wohnkultur. Darüber hinaus dokumentiert die weiter wachsende Sammlung die Entwicklung des österreichischen Möbeldesigns bis zur Gegenwart.
Die neuen Betriebsstrukturen Die im Rahmen der „Museumsmilliarde“ durchgeführten Maßnahmen zur baulichen Erhaltung, Modernisierung und Attraktivitätssteigerung der historischen Gebäude aus Kaisers Zeiten gingen auch mit der Entwicklung neuer Betriebsstrukturen einher. Bereits 1991 erhielt der Tiergarten mit dem „Schönbrunner Tiergartengesetz“4 größere Selbstständigkeit in der Betriebsführung. Damit wurde vor allem auch der Neubau von modernen, artgerechten und bautechnisch anspruchsvollen Tiergehegen ermöglicht. Hervorzuheben sind das Aquarium / Terrarium und das Regenwaldhaus, die großzügigen Anlagen für die Eisbären und die Elefanten sowie das gerade im Bau befindliche Giraffenhaus.5 1992 wurde mit dem „Schönbrunner Schloßgesetz“6 die „Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft m. b. H.“ gegründet. Diese zu 100 Prozent im Eigentum der Republik stehende Gesellschaft übernahm von der Schlosshauptmannschaft die bauliche Betreuung der Schlossanlagen ebenso wie die Führung des Besucherbetriebs. Diese Rechtsform ermöglichte die Verwendung der Gewinne aus den Eintrittsgeldern für wichtige Restaurierungsvorhaben. So wurden in den letzten Jahren die beiden Galerien im Zentrum des Schlosses restauriert. Derzeit läuft die anspruchsvolle Restaurierung der beiden seitlich der Kleinen Galerie gelegenen Lackkabinette. Neben diesen wichtigen Maßnahmen zur Substanzerhaltung wurden die Besucherleitsysteme und das Ticketing modernisiert. Darüber hinaus erfolgte die Ausrichtung der Bereiche „Sales und Marketing“ auf einen digital kommunizierenden internationalen Tourismusmarkt. Um Synergien optimal nutzen zu können, übernahm die „Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft“ im Rahmen eines Pachtvertrags 1994 auch die Führung des Publikumsbetriebs in den Kaiserappartements der Wiener Hofburg. Dazu kamen die 1995 eröffnete „Silberkammer Hofburg Wien“ und das 1998 eröffnete „Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien“. Die bauliche Betreuung der Hofburg und des Hofmobiliendepots verblieb bei der Burghauptmannschaft, die wissenschaftliche Leitung der Sammlungen erfolgt durch die Fachabteilung für „Kustodische Angelegenheiten“ im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.
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Bild 2: Spielsalon im Schloss Hof
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Die Konservierung und Restaurierung der Exponate gehört zu den Aufgaben der Bundesmobilienverwaltung. Nach dem Vorbild des „Schönbrunner Schloßgesetzes“ wurde 2002 mit dem „Marchfeldschlösser-Gesetz“7 die „Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m. b. H.“ mit folgendem kulturpolitischen Auftrag gegründet: Die beiden einst von Maria Theresia aus dem Nachlass von Prinz Eugen erworbenen „bundeseigenen Schlösser des Marchfeldes Schloßhof und Niederweiden sind ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes Österreichs. Deren Restaurierung, Erhaltung, Öffnung und Belebung unter Bedachtnahme auf deren historische Konzeption und auf Grundlage kunsthistorischer und denkmalpflegerischer Erkenntnisse, zählen daher zu den kulturellen Aufgaben des Staates.“ 8 Die Tätigkeit der „Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft“ begann in Schloss Hof daher mit einer aufwendigen und anspruchsvollen Sanierung und Restaurierung des Schlosses, des Meierhofes und des barocken Gartens. Nach diesen vom Wirtschaftsressort ausgehenden Initiativen zur Erhaltung und Öffnung der bundeseigenen Kulturbauten aus der Zeit der Habsburgermonarchie
Bild 3: Stiegenhaus im Winterpalais in der Himmelpfortgasse, Wien
kam es auch im Bereich der Bundesmuseen, die bislang „nachgeordnete Dienststellen“ des Bildungs- bzw. Kunstressorts waren, zu Veränderungen in der Betriebsstruktur. Mit dem 2002 erlassenen „Bundesmuseen-Gesetz“9 wurden die Albertina, das Kunsthistorische Museum, die Österreichische Galerie Belvedere, das MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, das MUMOK – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, das Naturhistorische Museum, das TMW Technisches Museum Wien und die Österreichische Nationalbibliothek zu „wissenschaftlichen Anstalten öffentlichen Rechts des Bundes“.10 Die neuen „wissenschaftlichen Anstalten“ erhalten eine Basisabgeltung vom Bund und sind darüber hinaus wirtschaftlich vollrechtsfähig. Die Direktoren der Museen können nun als Geschäftsführer unter Aufsicht eines Kuratoriums und des Rechnungshofes weitgehend selbstständig agieren. Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit zu Kooperationen. So übernahm das Kunsthistorische Museum (KHM) das Theatermuseum Wien und das derzeit in Neugestaltung befindliche Weltmuseum Wien mit in den „KHM-Verbund“.
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Bild 4: Neuer Ausstellungsraum, Literaturmuseum im ehemaligen Hofkammerarchiv, Wien
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Die Österreichische Galerie Belvedere zeichnet seit der Generalsanierung 2011 auch für den Museumsbetrieb des „21er Hauses“ verantwortlich und seit 2013 für die zuvor restaurierten Museumsräume im ehemaligen Winterpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse. Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) führt neben dem Prunksaal, der ehemaligen Hofbibliothek am Josefsplatz, auch das 2005 eröffnete Globenmuseum im zuvor restaurierten Palais MollardClary in der Herrengasse und das 2015 neu eröffnete Literaturmuseum. Dieses neue Museum ist im dafür generalsanierten ehemaligen Hofkammerarchiv in der Johannesgasse untergebracht, der Wirkungsstätte Franz Grillparzers.
Die Burghauptmannschaft Österreich und der Museumsbau Für die bauliche Betreuung der Bundesmuseen und ihrer zahlreichen Nebenstellen war und ist nach dem Bundesmuseen-Gesetz die Burghauptmannschaft Österreich (BHÖ) zuständig. In den Bereich der BHÖ gehört der Komplex der Wiener Hofburg, deren weitläufiges Gelände vom Burggarten bis zum Volksgarten und vom Museumsquartier,
den ehemaligen kaiserlichen Stallungen, bis zum Michaelerplatz reicht. Um den Besuchern die historischen Dimensionen des Ortes bewusst zu machen, werden hier auf Initiative der BHÖ Installationen zum „GeschichtenOrt Hofburg“ gezeigt.11 Zum Verantwortungsbereich der BHÖ gehören neben den Bundesmuseen auch zahlreiche weitere historische Gebäude innerhalb und außerhalb Wiens. Zu nennen sind etwa die Hofburg Innsbruck mit den Kaiserappartements, die durch die BHÖ selbst betrieben werden, und das Schloss Ambras, dessen Museumsbetrieb durch das KHM erfolgt, aber auch die KZ-Gedenkstätte in Mauthausen, deren Besucherbetreuung in den Verantwortungsbereich des Innenministeriums fällt. Die zuvor genannten Generalsanierungen, Restaurierungen und Neugestaltungen der letzten Jahre – vom Globenmuseum im Palais Mollard-Clary und dem „21er Haus“, über das Winterpalais in der Himmelpfortgasse und das 2015 eröffnete Literaturmuseum in der Johannesgasse bis zu der gerade in Umsetzung befindlichen Neugestaltung des Weltmuseums – geschahen unter der Obhut der BHÖ.12 Die Burghauptmannschaft Österreich ist damit zu einem grundlegenden Faktor im Museumsbau der Republik geworden. Sie verfügt über bundesweites Know-how bei der Erhaltung, Restaurierung und Revitalisierung von historischen (Museums-) Gebäuden. Dabei werden auch aktuelle Themen wie Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz offensiv aufgegriffen.
Vernetzung als Zukunftsstrategie Zusammenfassend betrachtet ist im Bundesbereich seit der Habsburgermonarchie ein klarer Trend zur Öffnung von historischen Gebäuden für vielfältige kulturelle Nutzungen zu erkennen. Um im Zeitalter der Digitalisierung interessierte Besucher aus dem In- und Ausland mit diesem vielfältigen kulturtouristischen Angebot direkt erreichen zu können, war 2009 die Schaffung der gemeinsamen kulturtouristischen Marketingplattform „Imperial Austria“ ein wichtiger Schritt. Zunächst umfasste der imperiale Kreis die Wiener Hofburg mit der Silberkammer und den Kaiserappartements, das Schloss Schönbrunn mit dem Tiergarten, Schloss Hof und das Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien. Nach der aufwendigen Generalsanierung kam 2010 die Hofburg Innsbruck hinzu.
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Bild 5: Riesensaal während der Restaurierung, Hofburg Innsbruck
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Heute gehören auch die Kaiservilla in Bad Ischl, das Kaiserhaus in Baden, Schloss Artstetten und das Stift Klosterneuburg, wo der österreichische Erzherzogshut aufbewahrt ist, zum Netzwerk „Imperial Austria“.13 Damit die historischen Bauten aus der Zeit der Habsburgermonarchie für die Besucher aus dem In- und Ausland weiter Top-Destinationen bleiben, lautet die Strategie für historische Objekte des Bundes: bewahren & revitalisieren, öffnen & vernetzen. Um diese Strategie umsetzen zu können, braucht es allerdings langjähriges Engagement und die nötigen Ressourcen. Grundlegend sind folgende Aspekte: • Ein geeignetes historisches Gebäude oder Ensemble, dessen historische Bausubstanz fachgerecht generalsaniert wurde und das baulich weiterhin professionell betreut bzw. auf zeitgemäßem Stand (z. B.: barrierefrei) gehalten wird. • Eine interessante Sammlung mit klarem Sammlungsprofil oder eine geschlossen erhaltene historische Raumausstattung (z. B. Kaiserappartements in den Hofburgen von Wien und Innsbruck, Schloss Schönbrunn, Schloss Hof), die auf aktuell gestaltete und museologisch fundierte Weise präsentiert wird.
Bild 6: Riesensaal nach der Restaurierung, Hofburg Innsbruck
• Eine Betriebsstruktur mit klaren rechtlichen Grundlagen und Verantwortungen sowie ausreichenden Finanzmitteln. • Eine professionelle Vernetzung im PR-, Sales- und Marketing-Bereich, um Besucher zum Kommen motivieren zu können sowie attraktive Vermittlungsprogramme, um den Gästen bei Museums- oder Schloss-Besichtigungen ein persönliches Erlebnis bieten zu können, das zum Wiederkommen einlädt. Die Basis eines nachhaltigen kulturtouristischen Erfolgs liegt jedoch in der ständigen Weiterentwicklung und Innovationsbereitschaft. Denn wie heißt es in Guiseppe Tomasi di Lampedusas Roman der „Der Leopard“: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert.“ 14
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1 www.wienkultur.info/wien_top 10.html [7. 7. 2016]. 2 Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Geschäftszahl 608.030/33-V/81/1987 und Geschäftszahl 608.030/23-V/12/1990; Dank für die Akteneinsicht an Siegfried Litschauer. 3 „Memorandum“. In: Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Geschäftszahl 608.030/33-V/8a/1987. 4 Bundesgesetzblatt Nr. 420/1991. 5 Dank für Informationen über den Tiergarten an Ing. Wilhelm Kovacs. 6 Bundesgesetzblatt Nr. 1/1992. 7 Bundesgesetzblatt Nr. 83/2002. 8 Bundesgesetzblatt Nr. 83/2002, § 1. 9 Bundesgesetzblatt Nr. 14/2002. 10 Bundesgesetzblatt Nr. 14/2002, § 1. und § 2. 11 GeschichtenOrt Hofburg. 20 Installationen – 1 öffentlicher Raum. Eine Ausstellung im Stadtraum zwischen Josefsplatz und Museumsquartier, vom 30. Juni bis 26. Oktober 2016; http://geschichtenort.eu/de [20. 7. 2016]. 12 Dank für die Baufolder zu den Museumsprojekten der BHÖ an DI Roland Lehner. Weiterer Dank gilt Viktoria Hammer von der Hofburg Innsbruck und Mag. Florian Müller aus Schloss Schönbrunn sowie allen Fotografen. Ingrid Blümel und Renate Schmid vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft danken wir für die große Hilfe bei der Bildredaktion. 13 www.imperial-austria.at [28. 6. 2016]. 14 Vgl. Tomasi di Lampedusa, Giuseppe: Der Leopard, München 2004, 33.
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3. MUSEEN UND TOURISMUS – VIEL POTENZIAL FÜR EINE ERFOLGREICHE ZUSAMMENARBEIT Klaus Landa
Als Pfeiler der Museumsarbeit werden das Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln angesehen. All diese Bereiche erfordern von den Mitarbeitern ihre volle Aufmerksamkeit und gerade die primär oder ausschließlich ehrenamtlich geführten Häuser, die in Österreich den überwiegenden Teil in der Museumslandschaft ausmachen, sind mit diesem breiten Aufgabenspektrum mehr als ausgefüllt. Und auch wenn in wiederholtem Maße darauf hingewiesen wird, dass Museen und touristische Einrichtungen viel Potenzial für eine erfolgreiche Zusammenarbeit haben und dass hierbei noch vieles brachliegt, scheint dieses Aufgabenfeld allein schon auf Grund der begrenzten zeitlichen Ressourcen in den Museen ein weiterhin großteils unbearbeitetes Thema zu sein. Dazu kommt, dass in der Praxis wenige Berührungspunkte zwischen beiden „Welten“ evident zu sein scheinen. Weit schwerer wiegt aber offensichtlich der Umstand, dass nach landläufiger Meinung Museen und touristische Einrichtungen per se nicht konstruktiv zusammenarbeiten können. Zu unterschiedlich sind augenscheinlich die Herangehensweisen an die Themen und die Grundlagen der jeweiligen Arbeitsbereiche: Museen und Tourismus scheinen „Paralleluniversen“ 1 zu sein. Während Museumsleute sich häufig mit fachspezifischen Themen auseinandersetzen, welche die breite Öffentlichkeit im besten Falle lediglich am Rande interessieren, schielen Touristiker vielfach nur nach einem Event, das sich gut verkaufen lässt, und verfolgen somit primär kommerzielle Ziele – so das mancherorts noch immer vorhandene Vorurteil auf beiden Seiten. Die Kommunikation zwischen Museen und Tourismus ist also immer noch von Missverständnissen, aber auch von falschen Erwartungen geprägt, attestiert Zehentmeier-Lang.2 Sieht man allerdings genauer hin, so wird offensichtlich, dass beide Bereiche mehr gemeinsam haben, als man auf den ersten Blick vermeint. Der vorliegende Beitrag bringt einige Assoziationen zu diesem Feld der Gemeinsamkeiten zwischen Museen und touristischen Einrichtungen, ohne einen An-
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spruch auf Vollständigkeit zu erheben. Viele der erwähnten Aspekte werden in der vorliegenden Publikation in einzelnen Expertenbeiträgen entsprechend vertieft und diese sollen Hilfestellungen für die konkrete Museumsarbeit bieten. Klar ist nämlich jedenfalls: Ohne Engagement und das Erledigen von „Hausaufgaben“ wird Museen der Eintritt und die dauerhafte Etablierung auf dem Tourismusmarkt nicht gelingen.3 Und: Es ist unerlässlich, die touristischen Rahmenbedingungen in einer Region ausreichend zu kennen und zu prüfen, denn nur wer den Markt kennt, kann sich dort sicher bewegen und Erfolge erzielen.4
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Zuerst gilt es festzustellen, dass Museen und touristische Einrichtungen weitgehend ähnliche Zielgruppen bedienen. Touristen – sowohl Urlauber als auch Ausflugs- bzw. Tagesgäste – zählen zu einer festen Größe bei den Museumsgästen, besuchen sie doch im Zuge eines mehrtägigen Aufenthaltes oder im Rahmen einer Tagestour gerne auch ein Museum. Und sie sind außerhalb ihrer angestammten Region in der Regel leichter dazu bereit als im eigenen Ort, denn nicht selten sind Klagen von Museumsleitern zu hören, dass Gäste zwar aus dem weiteren Umkreis das Museum besuchen, die Einheimischen aber oftmals ausbleiben. Kulturelles Sightseeing ist durchaus ein fester und wesentlicher Bestandteil von touristischen Aktivitäten,5 auch bei jenen, die nicht per se zu den Kulturinteressierten zählen. Mit der Zielgruppe der Touristen ist also eine potenziell große Gruppe an Museumsbesuchern vorhanden. Dafür ist es allerdings erforderlich, diese Zielgruppe im Hinblick auf unterschiedliche Besuchertypen differenziert zu betrachten und das Publikum seines Museums zu kennen. Generell wäre es aber ein kapitaler Fehler, würden Museen es ablehnen, die touristische Klientel bei ihrer Arbeit stärker in den Fokus zu nehmen. Abschied nehmen müssen Museen dabei aber wohl von der Vorstellung, Gäste würden primär gezielt wegen eines Museums einen Ort oder eine Region aufsuchen. Das trifft nur auf das schmale Segment der passionierten Spezialisten bzw. jenes der Kulturtouristen im engeren Sinn zu, die auch zu den häufigen Konsumenten von (Hoch-) Kultur – Museen, Theater, Konzerte usw. – zu zählen sind.6 Der Großteil der Gäste dagegen möchte in der Freizeit etwas Schönes erleben,7 er betrachtet Kultur als einen (wesentlichen) Teil eines umfassenden Erlebnisses, zu dem aber auch eine schöne Landschaft, eine gepflegte Gastronomie und Hotellerie sowie gute Einkaufsmöglichkeiten genauso gehören wie vielfältige Angebote zu sportlicher Betätigung. Kultur, Natur, Kulinarik – diese drei Bausteine ergeben daher gemeinsam auch ein ausgewogenes kulturtouris-
tisches Angebot. Wir gehen also zusehends von einem weitgefassten und auch relativ indifferenten oder vielmehr einem stark erweiterten Kulturbegriff aus.8 Museen stehen in diesem Kontext im Wettbewerb mit verschiedensten Angeboten der Kultur- und Kreativwirtschaft ebenso wie der Freizeit- und Tourismusindustrie und wer ausschließlich ein elitäres Nischenpublikum bedienen will, wird in der Angebotsvielfalt zwangsläufig untergehen.9 Somit haben Museen und touristische Anbieter wie etwa Hotels aber auch grundsätzlich ähnliche Voraussetzungen vorzuweisen, wenn es um das Gewinnen von Besuchern geht. Doch das ist nur ein Aspekt, denn das, was sich Gäste etwa von einem Abend im Restaurant erwarten, lässt sich durchaus auch auf einen Museumsbesuch übertragen. Hier spielt z. B. der Wunsch nach einem möglichst breiten Serviceangebot und einem hohen Maß an Besucherorientierung10 eine Rolle, bei dem auch die Museumsbesucher vor allem als Gäste gesehen werden. Zu den verständlichen Ansprüchen wie freundliches Personal, kompetente Auskunft, die Möglichkeit einer leichten Orientierung in den Räumlichkeiten und einem gepflegten Ambiente, in dem sich der Gast wohlfühlt, kommen aber weitere Wünsche dazu, die vor allem regionale Museen oft nicht oder nur bedingt erfüllen können. Denn ein Museum muss für den Tourismus als Gesamtangebot ansprechend sein bzw. sich in ein Package sinnvoll einfügen lassen, das Museumsthema ist dabei nur ein, wenngleich zentraler Teil. Es kommt vor allem auf den „authentischen Mix für den pozentiellen Gast aus Brauchtum und Hochkultur, aus Religion und auch lokaler Kulinarik“ 11 an. Allein schon aus diesem Grund sind Museen – vor allem abseits urbaner Destinationen – dazu angehalten, mit touristischen Einrichtungen oder Wirtschaftsbetrieben in der Region zu kooperieren, um etwa die Wünsche ihrer Gäste nach einer gepflegten Museumsgastronomie, guten Einkaufsmöglichkeiten oder großzügigen Aufenthaltsbereichen, die zum längeren Verweilen einladen, stillen zu können.12 Museen sind also eingeladen, sich potenzieller Partner zu bedienen, um genau dieses gewünschte Gesamtpaket gemeinsam mit anderen Anbietern offerieren zu können. Derartige Partnerschaften sind dann von gegenseitigem Nutzen sowohl für die Museen als etwa auch für die örtliche Gastronomie und Hotellerie. Dennoch soll dies nicht zu der Annahme verleiten, Kulturtourismus konzentriere sich vermehrt auf die Städte, wo Gäste aus einem ungleich größeren Kultur- und Freizeitangebot und vielfältigsten kulinarischen Möglichkeiten wählen können,
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vielmehr sieht etwa Spanting den Trend, dass gerade am Land viel kulturtouristisches Potenzial liegt, wenn er attestiert, dass Kulturtourismus in Zukunft „nicht mehr nur ausschließlich im urbanen Raum“ stattfinden wird. Er prognostiziert sogar, dass der vermehrte Zug hin zu den Städten gleichzeitig den Wunsch nach den ländlichen Regionen vor allem im Urlaub fördern wird.13 Hier wiederum liegt großes Potenzial für die zahlreichen Regionalmuseen mit ihrer breiten Themenvielfalt.
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Einzelne Museen können allerdings allein schon unter finanziellen Gesichtspunkten, aber auch im Hinblick auf ihre personelle Ausstattung zielführende Marketingaktivitäten oft schwer umsetzen. Auch aus diesem Grund schließen sich immer wieder Museen in einer Region unter einem Dach zusammen. Die bekanntesten Beispiele sind dabei die so genannten Museumstraßen. Genau solche regionalen Museumsnetzwerke bergen – auch als „verlängerte Arme“ der Museumsbetreuungsstellen in den Bundesländern – per se ein enormes Potenzial, etwa bei einer koordinierten Sammlungstätigkeit, Absprachen bei inhaltlichen Schwerpunktsetzungen oder einem internen fachlichen Austausch zu museumsspezifischen Fragen wie Inventarisierung und Sammlungspflege, aber eben auch im Bereich eines gemeinsamen Werbeauftritts, aufeinander abgestimmter Vermittlungsprogramme sowie einer inhaltlichen und zeitlichen Koordination eines jährlichen Veranstaltungsangebots. Gerade im Kulturbereich sind derartige Kooperationen auch einem generellen „vernetzungsfreundlichen Milieu“ in einer Region sehr zuträglich.14 Dennoch haben es solche regionalen Zusammenschlüsse schwer, vermehrt Besucher anzusprechen, wenn sie keine touristischen Partner in ihr Netzwerk einbeziehen. Denn im Hinblick auf eine zielführende Einbindung der Museen in die touristische Angebotspalette einer Region muss das Spektrum der Partner erweitert werden, dürfen Museen nicht nur „unter sich“ bleiben, wenn sie ihren Aktionsradius ausweiten wollen. Touristiker setzen eben auf eine Destination und sie haben dabei unterschiedlichste Akteure im Fokus – Museen sind ein (gewichtiger) Teil davon,15 es gibt aber noch eine Reihe weiterer potenzieller Partner. Eine regelmäßige Kontaktpflege mit touristischen Anbietern ist für die Vertreter regionaler Zusammenschlüsse von Museen daher unerlässlich. Zudem können Museen ihr Angebot zielgerichtet auf touristischen Plattformen bewerben, was die Tourismusbranche zu einem wichtigen Multiplikator macht. Und ganz konkret sind für
Museen auch Förderungen bzw. finanzielle Unterstützungen aus dem Bereich des Tourismus etwa für bestimme Veranstaltungsformate oder Vermittlungsprogramme möglich. Gerade bei der Etablierung oder Weiterentwicklung von solchen regionalen Museumsverbünden ist in Zukunft also vermehrt auf die Einbindung touristischer Partner zu achten – hier muss über den Bereich einer klassischen Museumsstraße hinausgedacht werden, in deren Kontext Anknüpfungspunkte zu weiteren Sehenswürdigkeiten, Naturschauplätzen sowie Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben und Unternehmen gefunden werden können. Beim Aufbau solcher Netzwerke können und sollen Museen allerdings durchaus einen sehr aktiven Part übernehmen.16 Zudem stärkt die touristische Relevanz von Museen und Sammlungen auch die politische Legitimation, was in Zeiten rückläufiger Förderungen der öffentlichen Hand ein nicht unwesentlicher Aspekt ist. Allerdings gelingt es mehreren Museen in einer Region meist schwer, einen gemeinsamen Spannungsbogen mit bestimmten Höhepunkten zu kreieren, doch ist gerade ein solcher für die Bewerbung im touristischen Kontext beinahe unerlässlich. Einen solchen Spannungsbogen zu etablieren kann aber nur dann gut funktionieren, wenn inhaltliche Schwerpunktsetzungen in den jeweiligen Museen und Sammlungen erfolgen und mehrere Häuser in einer Destination auch gemeinsam ein Alleinstellungsmerkmal darstellen können,17 was sich auf Grund der oft über die Jahrzehnte gewachsenen und oftmals ähnlichen Sammlungen aber als nicht einfaches Unterfangen herausstellt. Huber weist für den Kulturbereich auf diesen Umstand hin, wenn er bemerkt, dass die größte Herausforderung bei der Kooperation von zwei oder mehreren Kultureinrichtungen darin liegt, sich gegenseitig abzustimmen, besonders wenn es um Inhalte geht. Als Grund dafür merkt er die im Kulturbereich evidente besonders intensive Beziehung der Mitarbeiter zu „ihrer“ Einrichtung, „ihrem“ Stil und „ihren“ Produkten an. Keiner weicht gerne von seinen Prinzipien ab und diese kulturelle Identität sowie das häufig zu findende persönliche Engagement sind nun einmal die besonderen Kennzeichen des Sektors.18 Auch aus diesem Grund können Kooperationen von Museen, die nicht zwingend in einer Region liegen müssen, aber sich einem großen übergeordneten Thema widmen, auch touristisch interessant sein. So widmen sich etwa das Webereimuseum im Textilen Zentrum Haslach und das Färbermuseum Gutau dem „textilen Thema“, allerdings mit
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klaren Fokussierungen auf Weberei einerseits und Färben bzw. Blaudruck andererseits. Gegenseitige Absprachen und ein Aufeinander-Verweisen sind wesentlicher Bestandteil dieser Zusammenarbeit. Damit eine solche Kooperation zwischen Museen funktioniert, braucht es aber ein klar herausgestelltes Thema für jedes Haus. Dies ist, auch abseits touristischer Positionierungen, unerlässlich, um in der Museumslandschaft bzw. im großen Reigen konkurrierender Freizeitangebote weiterhin als Einzelner noch wahrgenommen zu werden. Das dabei eingebrachte Schlagwort – gerade im Zuge von Neukonzeptionen und Neugestaltungen von Häusern oder beim Erarbeiten von Sammlungskonzepten für die weitere Sammlungstätigkeit – ist jenes des schon erwähnten Alleinstellungsmerkmals (unique selling proposition). Das Herausarbeiten eines solchen USP ist zweifelsohne unerlässlich, wenn es um die Profilschärfung eines Hauses geht, gerade im Hinblick auf die doch manchmal sehr ähnlichen Sammlungsbestände in der regionalen Museumslandschaft. Museen sind dazu angehalten, inhaltliche Schwerpunkte bei den Themen ihrer Ausstellungen und den Vermittlungsangeboten zu setzen. Doch wird dieser USP als eine Art „rettender Strohhalm“ 19 manchmal auch schon ein wenig überstrapaziert. Sicher, die Möglichkeiten der inhaltlich-thematischen Fokussierung für Museen sind beinahe unbegrenzt, dennoch ist immer kritisch zu hinterfragen, wer mit diesem USP auch tatsächlich anzusprechen ist, ja vielmehr angesprochen werden kann: Ist mit einem gefundenen USP auch ein Publikum abseits dezidierter Fachkreise zu begeistern und welche Ansätze sind dafür in der Vermittlung erforderlich? Das ist nur eine von vielen damit in Zusammenhang stehenden Fragen. Maßgeblich ist zudem die Überlegung, in welchem geographischen Umkreis ein USP von Interesse ist bzw. als solcher gilt. Sind die herausgeschälten Themen eines Museums von Bedeutung für den Ort, die Region oder das Bundesland oder gilt das Alleinstellungsmerkmal vielleicht sogar österreichweit? Viele der so genannten Alleinstellungsmerkmale werden, realistisch betrachtet, kaum über einen Radius von rund 50 Kilometer hinausstrahlen. So kann man ein in den Sammlungen eines Museums inhaltlich besonders gewichtetes, einstmals vielleicht sogar weit verbreitetes Handwerk in der Region wohl schwer als (überregionalen) USP bezeichnen. Pellengahr verweist auf diesen Umstand, wenn sie etwa am Beispiel der Reformation aufzeigt, dass diese in vielen Stadtmuseen in Bayern – auch anhand von Sondersammlungen – thematisiert wird, sie aber klar verneint, dass es sich hierbei ein Alleinstellungsmerkmal handeln kann. Dafür ist dieses
Thema zu häufig in den bayerischen Stadtmuseen vertreten. Doch muss es – auch im touristischen Kontext – einem Museum nicht unbedingt zum Nachteil gereichen, wenn in einem Haus etwa die Geschichte eines Ortes und des unmittelbaren Umlandes anschaulich und ansprechend präsentiert und vermittelt wird20 und das örtliche Museum somit keine große Strahlkraft für einen weiteres Umfeld besitzt, wenn das Haus fixer Bestandteil in einem gut abgestimmten touristischen Gesamtpaket ist. Entscheidend ist aber auch die Überlegung, wie bei den Schwerpunktthemen eines Museums Anknüpfungspunkte zur Erfahrungswelt der heutigen Museumsbesucher zu finden sind, sowohl was das Thema an sich als auch was die Art der Vermittlung betrifft. Ohne Bezug zum Hier und Heute werden die präsentierten und vermittelten Themen trotz USP nicht greifbar. Dies gilt für Kulturanbieter genauso wie für die Touristiker, denn sie alle „müssen die Distanz zum kulturellen Objekt auflösen.“ 21 Dies erfordert aber ein regelmäßiges Evaluieren der bestehenden Angebote. Professionelle Kulturvermittlung etwa muss sich – genauso wie der touristische Anbieter – immer wieder die Frage stellen, ob ihr Selbstverständnis und ihre Perspektiven noch aktuell sind. Es gilt, immer wieder neue Themen, Formate und Orte kultureller Auseinandersetzung zu finden.22 Dies ist aber nur gut möglich, wenn Museumsleute mehr über ihr Publikum in Erfahrung bringen. „Mehr Wissen über das Kulturpublikum hilft den Kulturvermittlern“,23 meint Keuchel. Dieser Bereich gestaltet sich aber immer herausfordernder, denn die Rezeption von kulturellen Produkten und Erzeugnissen wird heterogener, es tun sich immer größere Differenzen auf.24 Mandel attestiert allerdings, dass „nicht das Interesse an klassischen Kunst- und Kulturformen per se nachlässt, sondern viel mehr neue Präsentationsformate gewünscht werden.“ 25 Besucherforschung ist daher ein wesentliches Zukunftsthema für Museen. Eines ist bei all dem wichtig: Es geht bei der Überlegung, wie Themen für unsere Zeitgenossen aufbereitet, präsentiert und vermittelt werden, nicht um ein Anbiedern an die „breite Masse“, nicht um eine Banalisierung oder eine gnadenlose Simplifizierung der Inhalte, sondern vielmehr um eine Zuspitzung des Themas auf präzise und nachvollziehbare Aussagen. Dies kann wiederum wesentlich zur Schärfung des Profils eines Hauses beitragen. Der Besucher sollte erkennen können, warum der Museumsbesuch für ihn persönlich gewinn-
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bringend sein kann. In diesem Zusammenhang muss einem aber auch bewusst sein: Die meisten Besucher kommen nicht wegen des fachlichen Inputs oder wegen des möglichen Erkenntnisgewinns, aber sie wünschen sich persönlich bereichernde Momente und genau diese können Museen in reichem Maße bieten. Dieses Bereichernde hängt sehr oft auch mit dem Moment der Authentizität zusammen. Und hier wiederum haben Museen und Sammlungen auch eine besondere Chance, ihr ganzes Gewicht in die Waagschale zu werfen, denn genau diese Authentizität ist es, welche der Gast sucht und die folglich im touristischen Marketing auch gerne bedient wird. Museen können hier also von den touristischen Marketingkampagnen profitieren oder mehr noch, sie können zu unerlässlichen Partnern dabei oder sogar zum Ausgangspunkt solcher Kampagnen werden – dann nämlich, wenn ein Museum zum Branding eines Ortes, einer Region umfassend beitragen kann oder wenn ein Haus das Profil einer Gemeinde maßgeblich prägt, wie etwa das Färbermuseum Gutau zeigt. Allerdings darf die Authentizität nicht nur Behauptung bleiben, sie darf nicht zur Folklore verkommen, die für den touristischen Kontext „eingefroren“ wird – etwa wenn es um die Vermittlung von Bräuchen oder „traditionelles“ Handwerk geht –, oder als aufgesetztes Event daherkommen. Gelebte Traditionen unterliegen einem Wandel26 und das muss sich auch im Museum widerspiegeln. Wenn Museen nur mehr zeigen, wie es früher einmal war und nostalgisch schwelgen, werden sie über kurz oder lang kein neues Publikum mehr anziehen können, da der Bezug zum Heute verlorengeht. Der Moment der Authentizität ist auch das große Plus eines Museums an sich, denn Museen als Institutionen wird in der Regel großes Vertrauen entgegengebracht, sowohl was den Umgang mit den dort bewahrten und präsentieren Objekten als auch was die Korrektheit der vermittelten Inhalte und Erkenntnisse anlangt. Dies muss allerdings nicht in Widerspruch zur oft geäußerten Forderung stehen, ein Museum sollte darüber hinaus ein Ort der Unterhaltung und der Überraschung sein, an dem auch Berührendes zu erleben ist,27 denn das wiederum sind letztlich die ausschlaggebenden Punkte, warum das Gros der Gäste überhaupt ein Museum besucht. Gerade hier kann auch der große Pluspunkt der Museen liegen, die einen Kontrapunkt zur „allgegenwärtigen Digitalisierung des Alltags“ setzen können.28
Allerdings sollten Museen nicht daraus den Schluss ziehen, auf digitale Angebote gänzlich verzichten zu können, denn Digitales und Analoges stehen in unmittelbarem Wechselspiel. Girst meint vielmehr: „Je mehr das Angebot eines Museums digital zugänglich ist, desto mehr Besucher kommen letztlich auch real ins Museum – das Digitale treibt somit das Analoge.“ 29 Unerlässliche Basis ist ein ansprechend gestalteter und regelmäßig gewarteter Internetauftrifft. Das Museum wird aber – trotz aller virtuellen Angebote – der Ort für die „Originalbegegnung“ bleiben.30 Unterhaltung, Überraschung, Erlebnis, Anrühren lassen – das ist in einem Museum dann möglich, wenn es gelingt, spannende, auf- und anregende Geschichten zu erzählen.31 Das Schlagwort des Story telling kommt hier ins Spiel, das in Museen langsam, aber nachhaltig Fuß fasst. Story telling ist eine wirksame Methode, wenn es darum geht, das Museumsangebot im emotionalen Gedächtnis zu verankern,32 denn Menschen – egal welchen Alters und welcher Herkunft – hören gerne Geschichten. Wenn es nun gelingt, diesen Erzählstrang bei touristischen Kooperationen in einer Region als Leitfaden durchzuziehen, stärkt das wesentlich die Ausstrahlung und Wirkung einer Kulturmarke,33 und Museen können sich hierbei eine wesentliche Position erarbeiten. Manch einer wird dabei skeptisch sein, aber: „Man sollte über die Verbindung von Erlebniswelten und den im Museum erfahrbar gemachten Bildungsinhalten nicht die Nase rümpfen. In einem solchen erlebnisorientierten Museumsbesuch steckt mehr Wissensvermittlung als in Computerspielen und seichter Fernsehunterhaltung […].“ 34 Voraussetzung dafür, dass eine „Erzählung“ aufgeht, ist allerdings, dass Story telling nicht als „Draufgabe“, sondern als Dreh- und Angelpunkt der Angebotsgestaltung zu sehen.35 Eine solche Geschichte zu entwickeln, ist alles andere als leicht, sondern überaus herausfordernd, denn Fakten bilden zwar den Kern der Geschichte, aber diese allein sind nicht ausreichend, um eine „Story“ zu entwickeln – vielmehr geht es um eine Zuspitzung der Inhalte auf eine Kernbotschaft. Als Idealfall gilt es, wenn mit dieser Geschichte Kunden involviert und soweit aktiviert werden, dass sie diese auch weitererzählen.36 Museen und touristische Einrichtungen tun also gut daran, in einen intensiven wechselseitigen Austausch zu treten. Zahlreiche touristische Destinationen
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setzen (auch) auf starke Kulturmarken.37 Und der Kulturbereich zählt zu den so genannten weichen Standortfaktoren, die das Lebensgefüge einer ganzen Region ganz entscheidend mitprägen.38 Museen können hierbei eine wichtige Rolle einnehmen. Unter den weichen Standortfaktoren sind aber auch so wenig greifbare, aber gerade im touristischen Kontext nicht unwesentliche Aspekte wie Charme zu subsumieren.39 Und auch hier können Museen durchaus punkten. Die zentrale Gemeinsamkeit von Museen und Tourismus bzw. das ureigene Metier beider „Branchen“ ist allerdings das Zeigen von Schätzen: Schätzen aus den eigenen Sammlungen bzw. Schätzen einer Stadt, einer Region. Dieses Zeigen ist aber kein Selbstzweck. Denn jedes Museum verfolgt mit dem Ausstellen und Vermitteln eine bestimmte Intention, es will den Besuchern etwas weitergeben, und auch das tut der Tourismus.40
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Somit zeigt sich: Museen und Tourismus haben viele Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten. Und zahlreiche Maßnahmen, die für Museen im touristischen Kontext essentiell erscheinen, können die Qualität der Museumsarbeit generell fördern, vor allem in den Bereichen des Ausstellens und Vermittelns, aber auch bei der Positionierung und Profilschärfung eines Hauses sowie in der Folge bei einer zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit. Museen tun also gut daran, wenn sie konsequent touristische Strategien in ihre Arbeit einfließen lassen und diese bei einer Neugestaltung oder Neupositionierung von Anfang an Berücksichtigung finden. Viele Aspekte dazu greifen wir von Seiten des Verbundes Oberösterreichsicher Museen in Kooperation mit dem MBA-Tourismusmanagement an der Johannes Kepler Universität Linz bei unserem alljährlichen Qualifizierungsseminar „Museum und Tourismus“ auf. Erster und essentieller Schritt allerdings, wenn es darum geht, als Museen die Zusammenarbeit mit touristischen Einrichtungen aufzunehmen, ist das Gespräch zu suchen, denn gerade im gemeinsamen Austausch kann es auch zu einem besseren Verständnis für die Arbeit und die Anliegen der jeweils anderen „Branche“ kommen und das ist wohl die Grundlage für eine kontinuierliche und qualitätvolle Zusammenarbeit.
1 Spanting, Martin: Erfolgsfaktor Kooperation. Museen und touristische Destinationen. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 21. 2 Vgl. Zehentmeier-Lang, Sabine: Im Gespräch bleiben! Chancen des Tourismusmarketings für ein Regionalmuseum. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, 63. 3 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 31. 4 Vgl. Zehentmeier-Lang, Sabine: Im Gespräch bleiben! Chancen des Tourismusmarketings für ein Regionalmuseum. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 63. 5 Vgl. Mandel, Birgit: (Massen-) Tourismus als Chance für Audience Development und Kulturelle Bildung? In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 42. www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 6 Vgl. Pröbstle, Yvonne: Kulturtouristen. Eine Typologie, Wiesbaden 2014, 319–323. 7 Vgl. Mandel, Birgit: PR für Kunst und Kultur. Handbuch für Theorie und Praxis. 2., komplett überarb. Aufl., Bielefeld 2009, 23. 8 Vgl. Mandel, Birgit: (Massen-) Tourismus als Chance für Audience Development und Kulturelle Bildung? In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 32. www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 9 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 12–13. 10 Reussner plädiert dafür, den Begriff der Besucherorientierung mit jenem der Publikumsorientierung zu ersetzen, da hiermit unterstrichen wird, dass es „nicht nur um den optimierten Umgang mit bereits erreichten Besuchern geht, sondern sich die Frage nach dem Verhältnis von Museum und Publikum auch auf der Ebene der gesamten Öffentlichkeit einschließlich der bisher museumsfernen Bevölkerung stellt.“ (Reussner, Eva M.: Publikumsforschung für Museen. Internationale Erfolgsbeispiele, Bielefeld 2010, 5–6.). 11 Spanting, Martin: Wie reisen wir in Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 5, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 12 Hier kann zwischen dem Kernnutzen des Museums – u. a. eine ansprechende Ausstellung und eine Führung – vom Randnutzen, also Museumsshop, Museumsgastronomie usw., unterschieden werden (Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 42. 13 Vgl. Spanting, Martin: Wie reisen wir in Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 3– 4, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 14 Huber, Andreas: Akteursnetzwerke und Dialogstrukturen regionaler Kooperationen im Kulturbereich. In: Föhl, Patrick S. / Neisener, Iken (Hg.): Regionale Kooperationen im Kulturbereich. Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele, Bielefeld 2009, 159.
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15 Vgl. Scheytt, Oliver: Nicht nur wenn es regnet. Plädoyer für ein neues Selbstbewusstsein der Museen als professionelle Tourismuspartner. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 25. 16 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 45. 17 Vgl. Spanting, Martin: Erfolgsfaktor Kooperation. Museen und touristische Destinationen. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 24. 18 Vgl. Huber, Andreas: Akteursnetzwerke und Dialogstrukturen regionaler Kooperationen im Kulturbereich. In: Föhl, Patrick S. / Neisener, Iken (Hg.): Regionale Kooperationen im Kulturbereich. Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele, Bielefeld 2009, 161. 19 Pellengahr, Astrid: Stadtmuseen in der Dynamikfalle? Der mühsame Weg vom Hort eines bildungsbürgerlichen Geschichtsgedächtnisses zum Ort diskursiver Vielfalt. In: Die Stadt und ihre Identität(en). Über Potential und Zukunft der Stadtmuseen. 23. Internationale Fachtagung bayerischer, böhmischer, oberösterreichischer und sächsischer Museumsfachleute, 21.–23. September 2014 in Ried im Innkreis, Leonding 2016 (Museum Bulletin Muzeum), 34. 20 Ebd. 19, 34–35. 21 Spanting, Martin: Wie reisen wir in Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 5. www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 22 Vgl. Schnell, Uta: „Lücken schließen“ – oder Bedingungen und Kriterien professioneller Kulturvermittlung. In: Mandel, Birgit (Hg.): Kulturvermittlung zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing. Eine Profession mit Zukunft, Bielefeld 2005, 119. 23 Keuchel, Susanne: Das Kulturpublikum in einer gesellschaftlichen Dimension. Ergebnisse empirischer Studien. In: Mandel, Birgit (Hg.): Kulturvermittlung zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing. Eine Profession mit Zukunft, Bielefeld 2005, 59. 24 Vgl. Spanting, Martin: Wie reisen wir in Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 6, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 25 Mandel, Birgit: (Massen-) Tourismus als Chance für Audience Development und Kulturelle Bildung? In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 33. 26 Vgl. Wiegand, Guido: Von erkennbaren Trends profitieren. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 23, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 27 Vgl. Padberg, Martina / Schmitt, Martin: Die Magie der Geschichte. Zur Einführung. In: Padberg, Martina / Schmitt, Martin (Hg.): Die Magie der Geschichte. Geschichte und Geschichtskultur im Museum, Bielefeld 2010 (Schriften des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler 3), 21. 28 Vgl. Spanting, Martin: Wie reisen wir in Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 6, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 29 Girst, Thomas: Rückkehr des Realen. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 17, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016].
30 Vgl. Maaz, Bernard: Das Museum der Zukunft. In: Kulturtourismus 2030 neu denken. 13. April 2015 im Literaturhaus München, München 2015, 22, www.kulturgipfel.de/kulturtourismus-neu-denken/ [17. 7. 2016]. 31 Vgl. Scheytt, Oliver: Nicht nur wenn es regnet. Plädoyer für ein neues Selbstbewusstsein der Museen als professionelle Tourismuspartner. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 26. 32 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 33. 33 Vgl. Scheytt, Oliver: Nicht nur wenn es regnet. Plädoyer für ein neues Selbstbewusstsein der Museen als professionelle Tourismuspartner. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 28. 34 Magdowski, Iris: Jenseits der Leuchttürme. Museumsentwicklung als Gesellschaftspolitik. In: John, Hartmut / Dauschek, Anja (Hg.): Museen neu denken. Perspektiven der Kulturvermittlung und Zielgruppenarbeit, Bielefeld 2008, 216. 35 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut / Schild, Hans-Helmut / Hieke, Katrin (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 35. 36 Vgl. Schumacher, Marc: Was ist eine gelungene Dramaturgie und wie entsteht eine gute Geschichte? Einblicke in andere Disziplinen – Werbung. In: Stapferhaus Lenzburg: Lichtensteiger, Sibylle / Minder, Aline / Vögeli, Detlef (Hg.): Dramaturgie in der Ausstellung. Begriffe und Konzepte für die Praxis, Bielefeld 2014, 43. 37 Vgl. Scheytt, Oliver: Nicht nur wenn es regnet. Plädoyer für ein neues Selbstbewusstsein der Museen als professionelle Tourismuspartner. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 26. 38 Vgl. Huber, Andreas: Akteursnetzwerke und Dialogstrukturen regionaler Kooperationen im Kulturbereich. In: Föhl, Patrick S . / Neisener, Iken (Hg.): Regionale Kooperationen im Kulturbereich. Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele, Bielefeld 2009, 166–167. 39 Vgl. Puhan-Schulz, Franziska: Museen und Stadtimagebildung. Amsterdam – Frankfurt / Main – Prag. Ein Vergleich. Bielefeld 2015, 20. 40 Vgl. Spanting, Martin: Erfolgsfaktor Kooperation. Museen und touristische Destinationen. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag, 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 21–22.
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4. VON KULTUR UND TOURISMUS ZUM ERFOLGREICHEN MUSEUMSTOURISMUS Herta Neiß
Der Besucher oder, touristisch bezeichnet, der Gast sucht sich seine Urlaubs- und Freizeiterlebnisse ganz gezielt nach seinen eigenen Wünschen und Vorlieben aus. Dabei verschwimmt die Wahrnehmung zwischen Hochkultur und Alltagskultur immer mehr. Die Tourismusforschung trägt dem seit geraumer Zeit Rechnung, was zahlreiche Studien belegen, die sich mit dem geänderten Freizeitverhalten und Gästebedürfnissen hin zur Erlebnisorientierung beschäftigen.1 Allgemein betrachtet, geht im Sektor Tourismus- und Freizeitwirtschaft der Trend in Richtung: • anspruchsvollerer Angebote, • kürzerer, aber häufigerer Erlebnisse, • spontanerer Entscheidungen und • vielfältiger Variationen an Reisemotiven. Ein anhaltender Trend zeigt sich auch bei kulturtouristischen Urlauben wie Städte-, Studien-, Sprach- und auch Themenreisen. Diese sind nicht mehr ausschließlich auf Städte beschränkt, sondern beziehen den ländlichen Raum zunehmend mit ein.2 Dies stellt ein Potenzial dar, das Heimathäuser und im ländlichen Raum situierte Museen und Kulturbetriebe für sich nutzen sollten. Ein Museumsbesuch ist für den Kulturreisenden ein klarer Programmfixpunkt. Der Städtetourist kann dabei idealerweise aus einem reichhaltigen, abwechslungsreichen, hochwertigen Portfolio aus interessanten Shoppingmöglichkeiten, guter Unterhaltung, kultureller Highlights und kulinarischer Genüsse wählen.3 Der kulturtouristische Markt in Österreich ist längst gesättigt und das Angebot übersteigt vielerorts die Nachfrage, sodass die Besucher meist die Qual der Wahl haben, aus einem Überangebot zu wählen.4 Museen zählen dabei zur „kulturellen Grundausstattung“ einer Stadt. Aber auch hier vollzieht sich ein deutlicher
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Wandel, was Präsentationstechniken, die Spezialisierung auf Themenschwerpunkte oder die Auswahl von Sonderausstellungen betrifft. Schlagworte wie Erlebnisorientierung, Storylines, Authentizität des Gezeigten und Inszenierungen werden immer wesentlicher im Werben um Besucher. Dabei zeigt sich jedoch eine überwiegend schwach ausgebildete ökonomische und vielfach auch konzeptionelle Basis der Museen. Das schwächt sie in ihrer Eigenständigkeit gegenüber den Interessen der Politik und von privaten Personen, die über Kapital oder Schenkungen Einfluss ausüben und Mitsprache einfordern.5 Eine erhöhte Aufwandsdeckung durch selbst generierte Einnahmen reduziert diese externe Einflussnahme. Eine stärkere Eigenständigkeit zu erreichen, stellt auch eines der maßgeblichen Argumente für Partnerschaften von Museen und Tourismusbetrieben dar.6 Dabei bedarf es neben der gegenseitigen Wahrnehmung vor allem den gesteigerten Qualitätsansprüchen beider Seiten zu entsprechen und zugleich für ein zukünftiges „Enjoying without Destroying“, im Sinne der Nachhaltigkeit und im Dienste der Gesellschaft einzutreten.7 Experten sind sich einig, dass es längst schon keine exakte Abgrenzung von Kulturangeboten zu Unterhaltungsangeboten mehr gibt. Der Übergang ist fließend, so erfolgt vom Gast ebenso keine klare Unterscheidung mehr zwischen Kultururlaub oder Erholungs- bzw. Vergnügungsurlaub.8 Das Vorurteil, Museen vielerorts lediglich als Schlechtwetterprogramm zu betrachten, entwickelt sich in Richtung bewusst gebuchtes Erlebnis. Dafür bedarf es, die kulturtouristische Zielgruppe zeitgemäß und vor allem ihren Bedürfnissen konform anzusprechen. Eine einmalige Neuausrichtung alleine wird nachhaltig nicht ausreichen. Es braucht konkret entwickelte Strategien und Partnerschaften im Werben um Besucher. Dabei zeigt sich klar, dass die Gruppe von Museumsbetrieben, die Touristen generell ablehnen bzw. auch keine Zusammenarbeit mit Tourismusbetrieben anstreben, immer kleiner wird. Nicht außer Acht gelassen werden darf dabei, dass sich Museen in einer Wettbewerbssituation zueinander, aber auch zu anderen privaten Kultur-, Bildungs- und Unterhaltungseinrichtungen sowie Freizeitanbietern im Werben um ihre Besucher befinden. Zudem wird das kulturelle Angebot stetig erweitert, was letztlich zu einem Spannungsfeld zwischen zwingend notwendiger Marktorientierung und kulturellem Bildungsauftrag führt.9 Fällt die Entscheidung für eine Kooperation, so gilt es, nach innovativen Lösungen zu suchen, um Besucher nicht nur einmalig zu begeistern, sondern sie
auch zu binden und als Multiplikatoren zu gewinnen. Voraussetzung dafür ist, dass die Zusammenarbeit für beide Partner langfristig Wettbewerbsvorteile bringt und die gewählte Kooperationsstrategie nachhaltig fortgesetzt wird.10
Begriffsdefinition und divergierende Interessen Wie bereits ausgeführt, liegt es auf der Hand, dass die Zusammenarbeit zwischen Museums- und Tourismusverantwortlichen zu beiderseitigem Vorteil führt. Doch unter welchen Voraussetzungen ist dies so zu sehen? Dazu bedarf es vorerst einer näheren Betrachtung beider Standpunkte. Im deutschsprachigen Raum widmet sich die Fachliteratur dem Thema Museum und Tourismus seit rund 40 Jahren. Der Begriff Kulturtourismus scheint in einem Förderprogramm der Europäischen Union erstmals in den 1980er Jahren auf und fand seither im Tourismus und der Tourismusforschung weitere Verbreitung.11
„Als Kulturtourismus bezeichnet man alle Reisen von Personen, die ihren Wohnort temporär verlassen, um sich vorrangig über materielle und/oder nichtmaterielle Elemente der Hoch- und Alltagskultur des Zielgebiets zu informieren, sie zu erfahren und/oder zu erleben.“ 12 Eines seiner historischen Vorbilder findet diese Form des Reisens in der Grand Tour (Kavalierstour).13 Denn bereits im 15. / 16. Jahrhundert reisten junge Adelige auf kulturtouristischen Spuren durch Mitteleuropa mit dem Reiseziel Italien, um dort neben antiken Kulturstätten, Sehenswürdigkeiten wie Kirchen, Klöster, Schatz- und Kunstkammern zu besichtigen. Darüber hinaus dienten diese Reisen dafür, den letzten Schliff an Etikette, die an den europäischen Höfen üblich war, sozusagen den Abschluss der Erziehung, zu erhalten.14 Neben der Definition des Begriffes Kulturtourismus bietet sich die Untergliederung in einzelne Themenfelder an, die sich an Urlaubs- bzw. Ausflugsmotiven orientieren:
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Abb. 1: Mögliche Ausprägungsformen des Kulturtourismus15
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Der Städtetourismus kann einerseits durch kulturbezogene Aspekte wie den Besuch eines bestimmten Museums, aber auch dem Bedürfnis nach Shopping, Gastronomiebesuch oder etwa Freunde zu treffen ausgelöst werden. Thementourismus beinhaltet die Vermarktung einer Region auf Basis eines bestimmten Themas wie beispielsweise Salzburg mit Mozart. Pilgertourismus greift Wünsche nach Spiritualität, Entschleunigung und Zu-sich-Finden auf. Studienreisen sprechen ein klassisch an Hochkultur interessiertes Publikum an. Eventtourismus orientiert sich an Besuchern, die nach spektakulären und außergewöhnlichen Ereignissen suchen wie etwa die Lange Nacht der Museen. Darüber hinaus gibt es eine vielfältige, weiterführende Aufgliederung des Themas in Kunst-, Architektur- und Festivaltourismus, Schlösserreisen, Denkmal- und Weltkulturerbetourismus etc.16
„Das Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt sammelt, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.“ 17
Stellt man die vorangegangenen Definitionen einander gegenüber, so zeigt sich klar die unterschiedliche Interessenlage von Kultur- und Tourismusorganisationen. Nachstehende Abbildung verdeutlicht, welche Vorbehalte es auf beiden Seiten zu überwinden gilt, um auf Augenhöhe zusammenarbeiten zu können:
Abb. 2: Divergierende Interessen von Kultur und Tourismus18
Kulturtourismus stellt die Interaktion zwischen Kultur und Tourismus dar. Die Kultur eines Ortes bzw. einer Region kann sich jedoch auch durch den Tourismus verändern sowie auch den Gast beeinflussen. Kultur wertet das touristische Angebot deutlich auf. Dabei wird der Kulturtourismus von verschiedenen Bereichen und Verantwortungen wie beispielsweise der lokalen Politik tangiert. Die touristische Nutzung von Kultur bietet die Möglichkeit, die Attraktivität eines Standortes zu erhöhen ebenso wie seine Potenziale auszuschöpfen und Vorzüge herauszustreichen.19 Kulturtourismus kann neben dem monetären Faktor auch ein positives Image erzeugen und als zusätzlicher Standortfaktor punkten, sowohl in der Innen- als auch Außenwahrnehmung einer Stadt oder Region. Die sich ergebenden Chancen bergen jedoch auch Risiken in sich wie erhöhte Infrastruktur- und Investitionskosten oder Kosten für die spezifische Ausbildung höher qualifizierter Mitarbeiter, die gegebenenfalls auf Grund der Saisonalität wieder abwandern.20
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Gefragt nach den Potenzialen in der Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Museen und Tourismus, sehen Experten beider Seiten primär das Verteilen und den Austausch von Informationsmaterialien sowie die Überlappung der Interessen bei der „Vermarktung“. Museen wünschen sich eine verstärkte Kooperation mit dem Tourismus, um ihre Bekanntheit zu erhöhen und die Besucherzahlen zu steigern. Darunter fällt z. B. auch die Unterstützung bei der Gestaltung von Ausstellungen, dem Vermittlungskonzept sowie einer attraktiven Angebotsgestaltung, wodurch man sich gegenseitig als Wirtschaftsfaktor und Partner anerkennt. Im Gegenzug erwartet der Tourismus von Museen ein an Kundenbedürfnisse angepasstes Vermittlungsprogramm („Edutainment“), mehr Flexibilität bei Öffnungszeiten und auch, dass sie selbst bei der Vermarktung aktiv werden.21 Nicht außer Acht gelassen werden soll, dass es einer beiderseitigen Bereitschaft für ein gemeinsames Arbeiten bedarf, um in einem fruchtbringenden Dialog Barrieren und Vorurteile nachhaltig abzubauen.
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Ein Leitfaden, der sich konkret mit der Zusammenarbeit von Museen und dem Tourismus befasst, erschien österreichweit erstmals 2006 in Kooperation zwischen dem Verbund Oberösterreichsicher Museen, dem Oberösterreichischen Landesmuseum und Oberösterreich Tourismus.22
Der Kulturtourist Kulturtouristen werden von der Tourismus- und Freizeitwirtschaft als äußerst attraktive Zielgruppe betrachtet. Sie verweilen länger, geben im Urlaub mehr Geld aus, sind besser gebildet und verfügen über ein höheres Einkommen. Neben diesen soziodemographischen Merkmalen lassen sich drei Typen an Kulturtouristen unterscheiden:23 • Kulturtouristen im engeren Sinn, für die der Besuch von Kultureinrichtungen das Hauptreisemotiv ist. • Gelegenheitskulturtouristen, die mehrere Reisemotive miteinander verknüpfen, etwa Erholung, Shopping, Wellness und Kultur.
• Zufallskulturtouristen, die Kulturangebote als eine von vielen Attraktionen sehen und spontan entscheiden, wie beispielsweise bei Schlechtwetter ein Museum zu besuchen. In einem ersten Schritt gilt es zu unterscheiden, ob es sich um einheimische Besucher (Ausflugsgäste) oder Touristen handelt, denn im Vergleich zum Ausflugsgast verfügt der Tourist meist über ein knapperes Zeitbudget. Er befindet sich für kurze Zeit an dem gewählten Urlaubsort und möchte diese effizient nutzen – hier besonders auch das Einzigartige erleben –, wozu vor allem die Kultur zählt. Er ist es gewohnt, Information im Internet zu recherchieren und nützt Reservierungs- und Buchungsmöglichkeit zur Reisevorbereitung. Das knappe Zeitbudget im Urlaub führt vielfach zu einem Ranking im Kulturangebot, wobei die jeweilige Auswahl schwerpunktmäßig auf die „Highlights“ fällt.24 Dazu verfügen Touristen heute über vielfältigste Reiseerfahrungen und ihre Reisemotive weisen nach Steinecke folgende Merkmale auf:25 • Anspruchsvoll und preissensibel: Auf Grund umfassender Reiseerfahrung gelten die hochwertige Unterkunft, die gepflegte Gastlichkeit als auch das Kultur- und Unterhaltungsangebot als Basis und man erwartet Ergänzendes – das ganz Besondere – als Zusatzleistung. Dabei wird das Preis-LeistungsVerhältnis genau abgewogen und über zahlreiche Buchungs- und Bewertungsplattformen abgeglichen. • Individualisiert und privilegiert: Im Zeitalter des Massentourismus wünscht sich der Kulturgast Individuelles und auf ihn einzigartig Zugeschnittenes, d. h. ganz besondere und exklusive Erlebnisse, die nicht jedem zugänglich sind. • Kurzfristig und flexibel: Reisen werden immer kurzfristiger gebucht und Tickets für Ausstellungen bereits vor Reiseantritt im Internet gekauft, um so vor Ort Wartezeiten zu vermeiden. • Komplexe Urlaubs- und Freizeitmotive: Aus einer nahezu unüberschaubaren Anzahl an Motiven bündelt sich das Urlaubs- und Freizeitverhalten, die zu der Erwartung führen, am Urlaubsziel aus einer Vielzahl von Optionen wählen zu können.
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Der kulturellen Einstellung von Kulturtouristen ging Pöbstle aktuell in einer qualitativen Studie nach und fand heraus, dass sich in diesem Marktsegment unterschiedliche Zielgruppentypen definieren lassen. Damit wird eine fokussierte Erarbeitung neuer Angebote und Strategien begünstigt. Die einzelnen Typen sind dabei nicht als in sich homogene Gruppen, sondern als Querschnitte zu sehen:26 • Der unterhaltungsorientierte Ausflügler: Kunst und Kultur spielen allenfalls als Reiseaktivität eine Rolle, um einen Aufenthalt abwechslungsreicher zu gestalten und um zu besuchen, was man unbedingt gesehen haben muss. Im Alltag zeigt er kaum Interesse an Kultur mit Ausnahme unterhaltungsorientierter Angebote wie Kabarett, Operetten oder auch Volksmusik. Er nimmt an Vermittlungsprogrammen in Museen und Ausstellungen nicht teil. Seine Vorbereitung beschränkt sich auf Öffnungszeiten, Anfahrt und darauf, was nach dem Besuch noch „erlebt“ werden kann.
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• Der pflichtbewusste „Sightseeker“ nimmt sowohl Kulturangebote auf Reisen als auch im Alltag wahr. Das gesellige Erleben steht im Mittelpunkt. Er besucht Kinovorstellungen, Kleinkunstbühnen und auch populäre Musikveranstaltungen ebenso wie gelegentlich Museen und Ausstellungen, sofern betont Klassisches geboten wird. Zeitgenössisches lehnt er ab, da ihm hier die Erfahrung fehlt. Auf Reisen sieht es der „Sightseeker“ als Verpflichtung an, bekannte Sehenswürdigkeiten zu besichtigen und gezielt besonders bedeutende Orte aufzusuchen. • Der aufgeschlossene Entdecker strebt im Alltag als auch im Urlaub nach kultureller Selbsterfahrung. Kunst und Kultur zählen auf Reisen zur Selbstverständlichkeit. Er ist aufgeschlossen und neugierig und besucht nicht vordergründig die kulturellen Highlights, wo Massentouristen zu finden sind. Bildende und zeitgenössische Kunst, Schauspiel, spezielle Museen, Architektur und Design zählen zu seinen Interessen. Bei Museumsbesuchen nutzt er Audioguides, liest sich im Vorfeld ein und kauft Ausstellungskataloge.
• Der kenntnisreiche Traditionalist ist stark an traditionellen Inhalten der Hochkultur interessiert und geht diesen mit der Intensität eines Kenners nach. Er verfügt über Abonnements und Mitgliedschaften in Freundes- und Förderkreisen von Kunst- und Kulturvereinen, besucht Konzerte, Kunstausstellungen, Schauspiel- und Operninszenierungen ebenso wie Lesungen und nimmt eine distanzierte Haltung gegenüber neuen Strömungen (z. B. zeitgenössische Musik und Ausstellungen) ein. Kunstwerken tritt er andächtig gegenüber und bestätigt sich im Betrachten sein Wissen. Er bereitet Reisen intensiv vor, nützt Vermittlungsangebote und zählt zu den klassischen Wiederholungsbesuchern, um Wissen zu vertiefen bzw. erworbenes Wissen abzurufen. • Der passionierte Spezialist zählt Kunst und Kultur zu seinen Grundbedürfnissen – Leidenschaften – und besucht mehrmals wöchentlich Kultureinrichtungen und -veranstaltungen. Dabei erfolgt eine gewisse Spezialisierung wie beispielsweise auf Opern, Schauspiel oder Festspiele. Namen von Autoren, Schauspielern, Dirigenten, Sängern etc. sind ihm geläufig. Als Spezialist setzt er auf eigenständige Vor- und Nachbereitung. So liest er sich auf Ausstellungen, Opern- und Theaterbesuche intensiv ein. 55
Tendenziell werden die Kauf- und Buchungsentscheidungen der Touristen immer komplexer. Damit ist die klassische Einteilung der Gäste nach Herkunftsmärkten und ihren soziodemographischen Merkmalen nicht mehr ausreichend. An deren Stelle setzte sich in der Tourismuswirtschaft die Einteilung mittels Typologisierungen nach Zugehörigkeit zu sozialen Milieus sowie gesellschaftlichen Trends, den so genannten Sinus-Milieus, durch.27 Dabei wird die gesamte Bevölkerung eines Landes in Milieus untergliedert. Je höher die entsprechende Ausprägung ist, umso gehobener sind die Bildung, das Einkommen und die Berufsgruppe. Und je stärker die Ausprägung in Richtung Neuorientierung geht, desto moderner ist man in seiner Grundorientierung.
Die Gästestruktur der Kulturtouristen, erhoben nach Sinus-Milieus28, zeigt einen ausgeprägten Anteil an „Etablierten Postmateriellen“. Als „Etabliert“ bezeichnet sich die leistungsorientierte Elite, die in einem starken Traditionsbewusstsein verhaftet ist, mit deutlicher Ausprägung zu Exklusivitäts- und Führungsanspruch, hohem Standesbewusstsein und ausgeprägtem Verantwortungsethos. Zu den „Postmateriellen“ zählen weltoffene Gesellschaftskritiker, die gebildet und vielfältig kulturinteressiert, kosmopolitisch orientiert, aber kritisch gegenüber Globalisierung und sozial engagiert sind.29
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Mehr als zwei Drittel der Kultururlauber in Österrreich informiert sich über das Internet. 13 Prozent lesen Reiseliteratur und nur 14 Prozent verzichten darauf, sich zu informieren. Ein knappes Viertel der Kulturgäste entscheidet sich bereits vier bis sechs Monate vor der Reise für seine Destination. Im Vergleich dazu macht dies bei den Nicht-Kultururlaubern nur jeder Zehnte so frühzeitig und nur neun Prozent entscheiden sich spontan für einen Kultururlaub. Auf die Frage, warum man sich für die speziell gewählte Region entschieden hat, nennen mit 45 Prozent der Befragten die Landschaft und Natur, gefolgt an zweiter Stelle mit 40 Prozent, die das Kunst- und Kulturangebot und 27 Prozent, die Sehenswürdigkeiten anführen. Knapp ein Viertel bucht seinen Urlaub über ein Internetportal. Der Großteil (61 Prozent) bucht direkt in der Unterkunft und nur wenige (4 Prozent) im Reisebüro oder beim Reiseveranstalter.30 Gefragt nach den geplanten Urlaubsaktivitäten im Rahmen des Kultururlaubes steht bei mehr als zwei Dritteln die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten auf dem Programm und 39 Prozent planen den Besuch eines Museums oder einer Ausstellung. Klar zeigt hier die Grafik, dass der Begriff Kultur sehr weit gefasst betrachtet wird, denn immerhin 32 Prozent der als Kultururlauber ausgewiesenen Gäste planen eine Wanderung. Mit durchschnittlichen Gesamtausgaben von täglich 142 Euro pro Person gibt der Kulturgast im Vergleich zum Nicht-Kulturgast mit 121 Euro auch deutlich mehr aus.31
Abb. 3: Urlaubsaktivitäten der Kultur-Urlauber 2013 / 2014 in Österreich32
Die Einzigartigkeit ihrer Objekte verleitet Museen oftmals dazu, sich in Sicherheit zu wiegen, dass die im eigenen Haus gezeigten Sammlungen konkurrenzlos sind und schon deshalb Besucher angezogen werden. Das mag im museumsbasierten Kontext zutreffen, doch der potenzielle Besucher trifft seine Entscheidung anhand einer Vielzahl von Kriterien. So entscheidet er sich für andere Kultureinrichtungen oder aber auch für Anbieter im Bildungs-, Freizeit-, Unterhaltungs- oder sozialen Bereich. Dazu wiegt er etwa auch noch ab: • den Kostenfaktor (Eintritt, Kosten für Anreise, Verpflegung etc.) • wie er seine knappe Freizeit verbringen möchte (Soll man sie für den Museumsbesuch verwenden?) • ob es eine Weiterempfehlung gibt (durch Freunde, Bekannte oder aber auch deren Abraten) • ob er andere Engagements in der Freizeit vorzieht (Freundeskreis, ehrenamtliche Tätigkeit, politisches Engagement etc.).33
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Kulturlaub in Österreich
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Tendenziell kommen in der Sommersaison mehr Kultururlauber nach Österreich als im Winter. Sie unterscheiden sich je nach Herkunftsland dabei in ihren kulturaffinen Motiven zum Teil stark, so bezeichnen sich beispielsweise im aktuellen Kulturanalysebericht 6 Prozent der niederländischen bis hin zu 39 Prozent der russischen Gäste als Kulturreisende. Seit 2004 werden dafür im Zwei-JahresIntervall im Rahmen von T-MONA (Tourismus Monitor Austria34) die Urlaubsgäste zu ihrem Urlaub in Österreich befragt. Zu den explizit aus kulturbezogenen Motiven reisenden Gästen kommen auch noch jene, die sich erst vor Ort für kulturelle Aktivitäten entscheiden. Als sehr kulturaffin bei Österreichurlauben sind hier zu nennen: Italiener, Briten, Franzosen, Amerikaner und Japaner. Im Durchschnitt sind die Kulturtouristen 46 Jahre alt, überwiegend Angestellte oder leitende Angestellte. Sie bleiben im Durchschnitt 5,8 Nächte (überwiegend in Betrieben mit vier bis fünf Sternen) und geben mehr aus als der klassische Urlaubsgast.35 47 Prozent der Kultururlauber verreisen als Paar und nur 12 Prozent als Familie mit Kindern.36 Die Studie zeigt auch, dass Touristen unterschiedliche Erwartungen an einzelne Regionen und Destinationen haben. In Oberösterreich beispielsweise suchen die Gäste vor allem Erholung, aber nur jeder zehnte gibt hier Kultur als Reisemotiv an.37
Abb. 4: Urlaubsarten in Oberösterreich 2013 / 201438
Auf gesamtösterreichischer Ebene geben Kultururlauber als Reisemotive an, „etwas lernen / sich bilden“, „etwas Neues und Spannendes sehen“ zu wollen, denn der Urlaub soll nicht nur der Seele gut tun, sondern vor allem auch dem Geist. Der Top-Entscheidungsfaktor für die Österreichreise sind bei den Kultururlaubern die Sehenswürdigkeiten, die man unbedingt gesehen haben muss, gefolgt von Flanieren und Bummeln, Spazieren und landestypische Speisen und Getränke zu konsumieren. Erst an vierter Stelle wird der Besuch eines Museums, einer Ausstellung genannt. Unangefochten an Platz eins führt jedes Jahr die Liste der Sehenswürdigkeiten das Schloss Schönbrunn mit mehr als 2,8 Millionen Besuchern an.39 (Siehe Abb. 3). Das Thema Kulturtourismus ist in den verschiedensten Herkunftsländern unterschiedlich ausgeprägt und zwischen Sommer und Winter stark unterschiedlich gewichtet. Für den Kulturgast zählt Österreich überwiegend zu den gewählten Sommerdestinationen. Auf der Ebene Gesamtösterreichs ist der wichtigste Herkunftsmarkt Deutschland mit mehr als 12 Millionen Ankünften im Jahr 2015 und 50,1 Millionen Nächtigungen, Tendenz steigend.40 Für Österreich assoziiert der deutsche Gast mit dem Begriff Kultur eine Vielzahl an Themen und Inhalten. Die klassische Hochkultur nimmt darunter aber nur einen kleinen Teil ein. Wichtiger sind ihm Sehenswürdigkeiten, das Eintauchen in regionale Wesensarten, Bräuche und der Kontakt zu Einheimischen. Dabei ist er preissensibel und zeigt nur geringes Interesse an „künstlichen“ Geschichten und standardisierten Angeboten. Der deutsche Gast unterscheidet bei Kultur in Österreich folgende Bereiche:41 • Kultur der regionalen Natur (Berge, Seen, Wälder, Wiesen und Berglandschaften) • Kultur der regionalen Kulinarik (Spezialitäten wie Spätzle, Germknödel, Kaiserschmarren, regionale Schnäpse, Bier und Wein) • Kultur der regionalen Tradition und Traditionspflege (Brauchtum, Trachten, Jodeln, Blasmusik, Almabtrieb, Dialekte)
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Unter österreichischer Kultur versteht diese Zielgruppe auch die Gemütlichkeit und Herzlichkeit des Gastlandes, wohingegen Österreicher unter dem Kulturbegriff nahezu ausschließlich die Hochkultur verstehen. Zudem schätzen deutsche Gäste an Österreich nicht zuletzt die hohen Sicherheitsstandards, authentische Gastgeber und das Eintauchen in Erlebnisse abseits des Alltags.42
Resümee und Zukunftstrends Der Kulturtourismus stellt ein ideales Instrument dar, das Image von Regionen und Destinationen zu verbessern und so der fortschreitenden Uniformität von Städten durch standardisierte „Kettenbetriebe“ im Einzelhandel wie auch der Hotellerie und Gastronomie einen Gegentrend zu setzen.
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Die klassische Hochkultur wie der Besuch eines Museums, eines Theaters, einer Oper oder von Konzerten etc. macht heute nur mehr einen kleinen Teil des Kulturinteresses aus. Es sind Gesamterlebnisse, die gefragt sind, wie beispielsweise der Museumsbesuch, ergänzt um Kulinarik oder einzigartige, vor allem einmalige Erlebnisse, wie das Eintauchen in die Lebenswelt und die Mentalität der Menschen vor Ort. Ist für den einen der klassische Opernbesuch Kultur, so kann dies ein anderer ganz anders sehen und empfindet den Besuch eines Handwerksmarktes für sich als Kultur. Wesentlich dabei ist, die Zielgruppe jeweils genau zu definieren und die Motive des Besuchs mit einzubeziehen. Die aktuelle Kulturstudie der Österreich Werbung fasst im Hinblick auf die kulturtouristische Sicht folgende Gästebedürfnisse zusammen und geht auf Trends dabei ein:43 • Kultur ist nicht gleich Hochkultur. Auch die Kulinarik, die Natur und das Brauchtum, die Tradition sind stark für den Gast im Kulturbegriff verwurzelt. • Die Authentizität und Regionalität der Angebote werden wichtiger. • Kultururlaub ist nicht länger nur Städteurlaub in Großstädten, auch ländliche Regionen und kleine Städte haben Potenzial. Besonders beim deutschen Gast steht der Kultururlaub am Land hoch im Kurs.
• Zukünftig besteht die Herausforderung darin, Gästen zu ermöglichen, in die einzigartige Kulturalität Österreichs einzutauchen. Ganz besonders der Besuch von Sehenswürdigkeiten steht im Zentrum des Interesses. Alte Traditionen und altes Handwerk kennen zu lernen und sich mit den Menschen auszutauschen, um mehr ihrer Lebenskultur zu erfahren, zählt hier ebenfalls dazu. Ein klares Potenzial zeichnet sich in Österreich im Bereich „Urban Exploration“ ab. Hierbei handelt es sich um Stadterkundungstouren, organisiert auf privater Basis mit dem Ziel, Lost Places, Industrieruinen etc. zu besichtigen. Es geht somit um einzigartige Besichtigungstouren abseits des touristischen Mainstreams, etwa den Besuch der Kanalisation, der Dachlandschaften, verlassener Fabriksgebäude, um nur einiges zu nennen. Wichtig dabei sind die Atmosphäre und die Authentizität.44 Wesentlich wird es zukünftig auch sein, sich den massiv ändernden Mobilitätsaspekten zu widmen. Der zukünftige Mobilitätskonsument fasst etwa den Besitz eines eigenen Automobils nicht mehr als Statussymbol auf bzw. besitzt kein eigenes Auto mehr. Im Bedarfsfall wird es geliehen (z. B. shared community). Die Extremvariante dieser Mobilitätseinstellung ist der Verzicht auf einen Führerschein und die ausschließliche Konzentration auf öffentliche Verkehrsmittel bzw. E-Mobilität. Vor dieser Herausforderung stehen vor allem ländliche Regionen sowie der gesamte Tourismus und die Kultureinrichtungen außerhalb der Stadtzentren. Sind diese Orte öffentlich nicht erreichbar, fallen sie für diese Mobilitätskonsumenten als Reise- und Ausflugsziel aus.45 Besucher erwarten heute nicht mehr nur eine hochwertige Ausstellung, sondern ein umfassendes Servicepaket vor Ort. Diese Erwartungen werden noch nicht vollständig erfüllt. Negativbeispiele wie Öffnungszeiten, die nicht eingehalten werden oder sich nicht den Wünschen der Besucher anpassen, Zahlungsmodalitäten, die beispielsweise nur Barzahlung erlauben, Homepages, die nicht aktuell gehalten werden, avisierte Führungen, die kurzfristig nicht zustandekommen, oder aber auch das Stehen vor einer verschlossenen Museumstür, obwohl geöffnet sein sollte, wären hier zu nennen. Sind diese Basics an Besucherorientierung nicht erfüllt, werden enttäuschte Gäste nicht mehr wiederkommen. Die Zukunft liegt zweifelsohne in der stärkeren Ausrichtung an den Bedürfnissen und Vorstellungen der potenziellen Gäste.46
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Ziel muss jedenfalls sein, den Fachbereich Kulturtourismus in der touristischen Aus- und Weiterbildung zu verankern, um die traditionell vorhandenen Barrieren abzubauen, Verständnis und Interesse und Know-how zu vermitteln. Dass hier Handlungsbedarf besteht, zeigen beispielsweise die österreichischen Lehrpläne für Höhere Lehranstalten für Tourismus, die zwar das Thema Kulturtourismus beinhalten, doch stehen dafür kaum Unterrichtsmaterialen zur Verfügung. Pädagogen müssen deshalb auf selbst erstellte Unterlagen zurückgreifen, wodurch eine stark individuell geprägte Behandlung des Themas erfolgt bzw. dieses unter Umständen nur sehr eingeschränkt vorgetragen wird.47
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In der heutigen Tourismus- und Freizeitwirtschaft stellt das Thema Erlebnisorientierung zweifelsohne einen wesentlichen Angebotsbaustein dar. Diese auf Kulturthemen zu adaptieren, wird ein wichtiges Element für die nachhaltig und vor allem erfolgreiche Steigerung der Besucherzahlen sein. Kulturthemen, ergänzt um erlebnisorientierte Konzepte, sollen eine qualitative Bereicherung des kulturtouristischen Angebotes darstellen und damit einen Gegenpol zu den weit verbreiteten wie Potemkin’sche Dörfer ausgestalteten Shopping-Malls, erlebnisgastronomischen Betrieben und Eventveranstaltungen darstellen. Ein in der Form neu ausgerichtetes kulturtouristisches Angebot kann den potenziellen Besuchern die Barriere vor Kultur nehmen und ihr Interesse wecken. Zukunftsorientierte Konzepte können nur ausgearbeitet und nachhaltig erfolgreich implementiert werden, wenn die Verantwortlichen auf Seiten des Tourismus und der Kultureinrichtungen mit gezielten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Kulturtourismus sich diesen Themen widmen. Die Kulturverantwortlichen stehen heute vor der großen Herausforderung, das kulturelle Angebot auf die zukünftigen Anforderungen auszurichten. Ein Verharren in traditionellem Denken, was Kultur darstellt oder welche Themen nicht dazuzuzählen sind, wird nicht ausreichen, um Kultureinrichtungen positiv weiterzuentwickeln. Es bedarf der Kooperationen von Kultureinrichtungen untereinander als auch mit dem Tourismus- und der Freizeitwirtschaft. Denn letztlich definiert sich der Gast – der Besucher – der Tourist seinen Kulturbegriff selbst!
1 Siehe dazu die aktuelle Studie der Österreich Werbung (Hg.): Kultururlaub Analysebericht. Kultur ist mehr als Kultur, Wien Dezember 2013 (Tourismusforschung der Österreich Werbung). 2 Vgl. Dreyer, Axel: Einführung in die Thematik des Kulturtourismus. In: Dreyer, Axel (Hg.), Kulturtourismus, 2. Aufl., München 2000, 25–27. 3 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut [u. a.] (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 16–19. 4 Ebd. 3, 17–35. 5 Vgl. Becker, Christoph / Höcklin, Susanne: Museumsmanagement. In: Dreyer, Axel (Hg.): Kulturtourismus. 2. Aufl, München 2000, 300. 6 Vgl. John, Hartmut: Museen und Tourismus – Partner einer (fast) idealen Allianz. In: John, Hartmut [u. a.] (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert, Bielefeld 2010, 50. 7 Vgl. Hinz, Hans-Martin: Museum und Touristen: Enjoying without Destroying. In: Museen und Denkmäler – Historisches Erbe und Kulturtourismus (Internationales Bodensee-Symposium ICOM Deutschland), (Bd. 2), Berlin 2010, 11–22. 8 Vgl. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.): Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 15. 9 Ebd. 8, 10. 10 Vgl. Sekowsky-Hilgers, Julia: Besucherorientierung durch Marketing-Kooperationen von Museen. In: Hausmann, Andrea / Helm, Sabrina (Hg.): Kundenorientierung im Kulturbetrieb. Grundlagen – Innovative Konzepte – Praktische Umsetzung, Wiesbaden 2006, 185–198. 11 Vgl. Becker, Christoph: Kulturtourismus: Eine Einführung. In: Kulturtourismus in Europa – Wachstum ohne Grenzen, (ETI-Studien Bd. 2) Trier 1993, 7–9. 12 Vgl. Steinecke, Albert: Kulturtourismus in der Erlebnisgesellschaft. Trends – Strategien – Erfolgsfaktoren. In: Geographie und Schule, 24 / 135, Hallbergmoos 2002, 10–14. 13 Ebenso zu nennen wären hier Wahlfahrten und Pilgerreisen. 14 Vgl. Hachtmann, Rüdiger: Tourismus-Geschichte. In: Hettling, Manfred [u. a.] (Hg.): Grundkurs neue Geschichte. Göttingen 2007, 43–47. 15 Vgl. Hausmann, Andrea: Kunst- und Kulturmanagement, Wiesbaden 2011, 115. 16 Ebd. 15, 113–115. 17 Definition nach ICOM – International Council of Museum, Ethische Richtlinien für Museen, http://museumspraxis.at/?p=305 [17. 8. 2016] 18 Vgl. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.): Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 34. 19 Ebd. 18, 9–40. 20 Vgl. Steinecke, Albert: Kulturtourismus. Marktstrukturen, Fallstudien, Perspektiven, Wien / München 2007, 16–17. 21 Vgl. Kriegner, Edith: Kooperationen zwischen Museen und Tourismus. Status, Ziele und Potentiale – am Beispiel ausgewählter Museen in Oberösterreich, Dissertation, Linz 2004, 149–155. 22 Vgl. Verbund Oberösterreichischer Museen: Leitfaden für Museum & Tourismus. (Hg.) Leonding 2006. 23 Vgl. Hausmann, Andrea: Kultur und Tourismus – Marketingimplikationen für eine erfolgreiche strategische Allianz. In: John, Hartmut [u. a.]: Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert. Bielefeld 2010, 76–77. Siehe dazu auch die Definition der Typen von Kulturtouristen nach Steinecke. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.): Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 24.
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24 Vgl. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.): Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 34. 25 Vgl. Steinecke, Albert: Was sollten Museen über Touristen wissen? Strukturen, Einflussfaktoren und Trends des bundesdeutschen Tourismusmarktes In: John, Hartmut [u. a.] (Hg.): Museen und Tourismus. Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert. Bielefeld 2010, 60–61. 26 Vgl. Pöbstle, Yvonne: Kulturtouristen. Eine Typologie, Wiesbaden 2014, 303–323. 27 Benannt nach dem Deutschen Sinus Institut in Heidelberg. 28 Es handelt sich um definierte Typologisierungen von Zielgruppen, die das Markt- und Sozialforschungsunternehmen SINUS entwickelt hat. Dabei werden Menschen nach ähnlichen Auffassungs-, Lebens-, Konsum-und Arbeitsweisen geclustert. In der Tourismus- und Freizeitwirtschaft findet diese Kategorisierung vermehrt ihre Anwendung, www.sinus-institut.de/ [25. 8. 2016]. 29 www.sinus-institut.de/sinus-loesungen/sinus-milieus-oesterreich/ [25. 8. 2016]. 30 Vgl. Der Kultur-Urlauber. Ergebnisse der T-Mona Gästebefragung 2013 / 2014, Linz 2014, 12–16. 31 Ebd. 30, 16–17. 32 Ebd. 30, 16. 33 Vgl. Günter, Bernd; Hausmann Andrea (Hg.): Kulturmarketing, Wiesbaden 2009, 11–12. 34 T-MONA ist ein Kooperationsprojekt der Österreich Werbung und aller neun Landestourismusorganisationen, dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft sowie der Wirtschafskammer Österreich und dem Markforschungsunternehmen Manova. Seit 2004 wurden dabei inklusive Erhebung 2013 / 14 rund 135.00 Gäste nach ihrem Urlaub befragt. www.austriatourism.com/tourismusforschung/t-mona-urlauberbefragung/ [25. 8 .2016]. 35 Vgl. Kultururlaub Analysebericht. Kultur ist mehr als Kultur, Wien Dezember 2013 (Tourismusforschung der Österreich Werbung), 5–6. 36 Vgl. Hausmann, Andrea: Kultur-und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, Wiesbaden 2011, 113–115. 37 Vgl. Jelinek, Rainer: Der Kultur-Urlauber. Ergebnisse der T-MONA Gästebefragung 2013 / 2014, Linz 2014, 3–15. 38 Ebd. 38, 3. 39 Vgl. Kultururlaub Analysebericht. Kultur ist mehr als Kultur, Wien Dezember 2013 (Tourismusforschung der Österreich Werbung), 5–6. 40 Vgl. Märkte und Marktstrategien. Märkte mit dem größten Potenzial für „Urlaub in Österreich“. Handbuch 2016 (Österreich Werbung), Wien 2016, 8. 41 Vgl. Kultururlaub Analysebericht. Kultur ist mehr als Kultur, Wien Dezember 2013 (Tourismusforschung der Österreich Werbung), 15. 42 Vgl. Märkte und Marktstrategien. Märkte mit dem größten Potenzial für „Urlaub in Österreich“. Handbuch 2016 (Österreich Werbung), Wien 2016, 8–9. 43 Vgl. Kultururlaub Analysebericht. Kultur ist mehr als Kultur, Wien Dezember 2013 (Tourismusforschung der Österreich Werbung), 3–9. 44 Ebd. 43, 12. 45 Vgl. Zukunft der Mobilität 2020. Die Automobilindustrie im Umbruch? (Studie Arthur D. Little), o. O. 2009, 26. 46 Vgl. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 2. 47 Vgl. Schmölzer-Kroiß, Beate: Kulturtourismus in Österreich erlebbar gemacht – ein Unterrichtskonzept für PädagogInnen an der Höheren Lehranstalt für Tourismus, Masterarbeit Linz 2015, die im Rahmen ihrer Masterarbeit ein detailliertes kulturtouristisches Unterrichtskonzept für Tourismusschulen erarbeitet hat.
II. Mögliche Erfolgsfaktoren zur touristischen Nutzung 1. NICHT MEHR NUR „VON ALLEM EIN BISSCHEN“. PERSPEKTIVEN UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE MUSEUMSARBEIT DER ZUKUNFT Reinhold Kräter
In Oberösterreich gibt es zurzeit mehr als 300 Sammlungen, Spezialmuseen und museumsähnliche Einrichtungen mit unterschiedlicher Betreiberstruktur – von der Leitung durch Einzelpersonen bis hin zu Vereinen und Betrieben gewerblicher Art. Diese Museen sind quasi über das ganze Land, die Städte und Gemeinden verteilt und leisten – ganz im Sinne des ureigenen Museumsgedankens von Sammeln, Bewahren und Vermitteln – eine wichtige Grundlagenarbeit bei der Dokumentation der heimischen Kultur-, Wirtschafts-, Sozial- und Naturgeschichte. Viele dieser Heimat- und Regionalmuseen widmen sich inhaltlich überwiegend ganz konkreten Themenstellungen, die dort in einer Tiefe dokumentiert und anhand von Objekten illustriert werden, wie dies oft größere Universalmuseen – auf Grund der Fülle an der von ihnen zu behandelnden Themen und ihrer begrenzten räumlichen Ressourcen – gar nicht können.
Universalmuseen Universalmuseen, zu denen beispielsweise das Oberösterreichische Landesmuseum mit seinen elf Außenstellen zählt, ist – neben dem Joanneum in Graz – eines der nach Exponaten größten und bedeutendsten Universalmuseen in Österreich. Seine Geschichte geht zurück auf das Jahr 1833, mit der Gründung eines Musealvereins, die auf Initiative des Linzer Landrats Anton Reichsritter von Spaun erfolgte. Den ersten bedeutenden Innovationsschub erfuhr das Oberösterreichische Landesmuseum, als 1895 das so genannte Francisco Carolinum in der Museumstraße eröffnet wurde, was die Anzahl der gesammelten und gezeigten Exponate deutlich emporschnellen ließ. Weitere Meilensteine in der Geschichte des Hauses
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Bild 7: Schlossmuseum Linz, Südflügelansicht
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bildeten die Eröffnung des Schlossmuseums als „Haus der Kulturgeschichte“ im Jahr 1966, die Fertigstellung des Biologiezentrums im Jahr 1993 und nicht zuletzt – als Leitprojekt zur Proklamation von Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009 – die Eröffnung und museale sowie veranstaltungstechnische Nutzung des neu, oder eigentlich wiedererrichteten, weil 1800 abgebrannten, Südtrakts im Linzer Schloss unter Landeshauptmann Josef Pühringer.
Museum quo vadis in Austria Alta? Museen und Sammlungen sind kulturelle Einrichtungen, die, wenn sie erfolgreich sein wollen, sich dem gesellschaftlichen Wandel nicht verschließen können und dürfen. Umfassende touristische Freizeitangebote im Land, die Konkurrenz durch mittlerweile nahezu in jedem Haushalt vorhandene Unterhaltungsmedien für Kinder- und Jugendliche und die Hinwendung vieler Menschen zu einer „actiongeladenen“ Erlebniskultur sind wichtige „Mitbewerber“, wenn es darum geht, Menschen in ihrer Freizeit in ein Museum zu locken. In ihren internen Prozessen müssen sich Museen auch damit auseinandersetzen, dass nicht zuletzt der demographische Wandel dazu führt, dass viele der oft ehrenamtlichen Mitarbeiter
Bild 8: Landesgalerie Linz
in den Museen immer älter werden und es gleichermaßen zunehmend schwieriger ist, junge Menschen für die Museumsarbeit zu begeistern. Daher ist es notwendig, dass seitens der Kulturverantwortlichen im Land, aber auch in den Städten und Gemeinden, immer wieder Initiativen gesetzt werden, die die Attraktivität dieser Häuser als Zentren zeitgemäßer Sammlungen und deren Vermittlung von Kulturgut aufrechterhalten. Die laufende Attraktivierung der in den Museen vorhandenen Ausstellungs- und Präsentationstechnik, insbesondere in älteren und traditionsreichen Museen, ist dabei ein wichtiger Ansatz, dem – in investiver und marketingtechnischer Hinsicht – daher auch beispielsweise im Umfeld von Landesausstellungen immer wieder Beachtung geschenkt werden soll. Landesausstellungen sind zudem schon längst nicht mehr bloß Ausstellungen im herkömmlichen Sinn, sondern sie stellen umfassende kulturelle Regionalentwicklungsprojekte dar, bei denen naturgemäß die Zusammenarbeit mit Regional- und Heimatmuseen – nicht nur auf der Ebene des Exponatleihverkehrs, sondern auch im Sinne einer gegenseitigen Bewerbung und Abstimmung zu präsentierender Inhalte – im Mittelpunkt steht. Dies macht es aus der Sicht der Kulturverantwort-
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lichen der Bundesländer sinnvoll, flankierend zu den Investitionen in die großteils denkmalgeschützten Gebäude, in denen Landesausstellungen untergebracht werden, auch in die Heimat- und Regionalmuseen am Ausstellungsstandort zu investieren, wenn die Rahmenbedingungen dies erfordern und sinnvoll erscheinen lassen. Das Schärdinger Heimathaus, umgestaltet im Rahmen der grenzüberschreitenden Landesausstellung im Jahr 2004, das Schlossmuseum in Freistadt, ebenfalls im Rahmen der grenzüberschreitenden Landesausstellung 2013 adaptiert, oder aber auch die Neuaufstellung des Innerberger Stadls als künftiges Stadt- und Regionalmuseum von Steyr, auch im Hinblick auf die Landesausstellung 2021 in der Eisenstadt, sind als Best-practice-Beispiele anzuführen.
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Natürlich wird bei der Neugründung von Museen künftig verstärkt darauf zu achten sein, dass eine klare thematische Abgrenzung der jeweiligen Häuser zueinander erfolgt. Die Museumsbesucher von heute erwarten bei Museen gleichsam „Kompetenzzentren“, die unter Verwendung moderner Präsentationstechniken und Vermittlungsprogrammen auch komplexe Themen anschaulich präsentieren. Eine Beliebigkeit unter dem Motto „von allem ein bisschen“ erscheint dabei nicht mehr zeitgemäß, auch wenn die einzelne Häuser oft über viele Jahrzehnte gewachsene Sammlungen haben und so mancher Museumsverantwortliche zu dieser Arbeitsdoktrin verleitet sein möge. Zudem ist das Sammeln beliebter denn je: „Sammeln ist zum Massenphänomen geworden. Fast jeder und bald auch jede sammelt irgendetwas. […] Nach überschlägigen Schätzungen sammeln, je nach Lesart und je nach Definition, bis zu 95 Prozent der Bevölkerung“, führt Konrad Köstlin dazu in seinem Beitrag zum Sammeln aus.1 Ausweg aus diesem Dilemma, dass das Vorhandensein von überbordenden (Universal-) Sammlungen in kleineren Museen bisweilen verursachen kann, sind wohl am ehesten Sonderausstellungen, die es möglich machen, immer wieder neue Exponate aus dem eigenen Fundus zu präsentieren und damit das Haus – auch auf lange Sicht hin – attraktiv für Mehrfachbesuche zu machen. Zudem eröffnen Sonderausstellungen gerade in Heimat- und Regionalmuseen die Möglichkeit, im Sinne einer Abstimmung mit übergeordneten Tourismusstrategien, auch auf jeweils aktuelle Fragestellungen besser eingehen zu können.
Über allem steht natürlich – wie bereits mehrfach angeführt – die zeitgemäße Präsentation der Objekte, die laufend eine Gratwanderung zwischen einer die Besonderheit und den Wert des jeweiligen Kulturguts akzentuierenden Singularstellung – z. B. in Vitrinen – und einer die Phantasie und das sinnliche Erlebnis des Publikums ansprechenden Inszenierung ist. Denn: „Die Art, wie mit den Dingen und Sammlungen insgesamt umgegangen wird, ist bereits Teil ihrer Interpretation, weist auf ihre Bedeutung im Identitätskurs“, betont der international anerkannte Volkskundler Konrad Köstlin.2 In jedem Fall aber müssen auch notwendige konservatorische Rahmenbedingungen eingehalten werden. Auch soll die Anzahl der präsentierten Objekte und Texte nicht zur Reizüberflutung beim Besucher führen. Wie so oft im Leben gilt auch hier der Grundsatz: Weniger ist manchmal mehr. Entscheidend im Hinblick auf positive Zukunftsperspektiven der Museen erscheint dem Autor wie gesagt auch das Anbieten altersgerechter Vermittlungsprogramme. Nur die wenigsten Museen weltweit könnten es sich theoretisch erlauben, auf Grund des außerordentlichen kulturgeschichtlichen Werts einzelner dort gezeigter Objekte (etwa die Mona Lisa im Louvre von Paris) auf Vermittlungsprogramme gänzlich zu verzichten und dennoch laufend neue Besucherschichten zu generieren. Denn es sind die Hintergrundgeschichten, die Zusatzinformationen zu den Objekten – und oft auch der persönliche Charme des Vermittlungspersonals –, die letztlich den Museumsbesuch zu einem Erlebnis machen, der den Besuchern nachhaltig im Gedächtnis bleibt und damit zur Weiterempfehlung des Hauses im Sinne des bekannten Schneeballeffekts führt. Oder wie könnte etwa ein im Jahre 2007 errichtetes Apothekenmuseum in Mauthausen sonst erfolgreich funktionieren, wo sich doch zu den präsentierten Substanzen, Wirkstoffen und Geräten aus dem Bereich der Pharmazie nicht jedem Besucher – vor allem wenn er nicht vom Fach ist – von vornherein ein konkreter inhaltlicher Zugang erschließt. Darüber hinaus gilt es auch zu bedenken, dass es – vor dem Hintergrund des vorhin geschilderten demographischen Wandels – gerade für Heimat- und Regionalmuseen künftig nicht einfacher wird, die Herausforderungen in der Betriebsführung zu bewältigen. Der Wissenstransfer spielt in diesem Zusammenhang genauso eine entscheidende Rolle wie die Tatsache, dass es auf Grund
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Bild 9: Apothekenmuseum Mauthausen
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finanzieller Rahmenbedingungen immer schwieriger wird, geeignetes Personal zur Verfügung zu haben, auch wenn glücklicherweise in vielen Bereichen der heimischen Museumsarbeit immer noch viele ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet werden. Doch da viele Menschen auf Grund ihrer beruflichen und familiären Herausforderungen nur mehr über ein knappes freies Zeitbudget verfügen, wird es forthin wichtiger, die Betriebsführung der einzelnen Häuser noch synergistischer und effizienter aufzubauen. Dies stellt beispielsweise auch eine Herausforderung für den Verbund Oberösterreichischer Museen und die zuständigen Förderstellen des Landes dar, wenn es gilt, bestehende und künftige Museumsbetreiber im Hinblick darauf zu beraten, dass bei der Einreichung von Förderansuchen auf schlüssige Betriebskonzepte zu achten ist. Vor allem aber wird zu überlegen sein, ob und wie weit es möglich ist, eine Synergie zwischen dem Betrieb von Tourismusinformationseinrichtungen (Tourismusverbände) und dem Betrieb von Museen herzustellen, da sich hier sowohl die funktionale Ausrichtung – Weitergabe von kompetenter Information an den Gast – als auch die strukturelle Ausrichtung – synchrone Öffnungszeiten beider Einrichtungen innerhalb der Saison – decken.
Freilich, die Prämisse der Authentizität des Museums gilt es bei dieser Zusammenarbeit immer zu wahren: Denn: „Authentizität ist im Grunde eine Art des Erfahrens, Erlebens oder Seins, der man einen hohen spirituellen Wert zuspricht. Es fällt uns Menschen jedoch schwer, etwas rein Mentales als Wert zu erfassen, und wir suchen deshalb nach Symbolen oder Verdinglichungen für das Authentische“, schreibt Regina Bendix in ihrem Aufsatz „Zur Problematik des Echtheitserlebnisses.“3 Die Stadtgemeinde Bad Leonfelden hat diesen Weg der Zusammenarbeit von Kultur und Tourismus unter Wahrung des Authentizitätsanspruchs bereits aufgegriffen, indem sie ihr künftiges Stadtmuseum in einem Gebäudeverbund mit dem örtlichen Tourismusbüro untergebracht hat, wobei auch der Festsaal der Landesmusikschule, Räumlichkeiten für die städtische Bürgergarde und Räume für Sonderausstellungen dort untergebracht sind. Es ist dies übrigens ein Raumkonzept, das zu weiten Teilen auf das Nachnutzungskonzept des Leonfeldener Beitrags zur böhmisch-oberösterreichischen Landesausstellung 2013 zurückgeht und sich in der Praxis sehr bewährt hat.
Das „Zwiebelschalenprinzip“ im Verbund zwischen dem Oberösterreichischen Landesmuseum sowie Heimat-, Regionalund Spezialmuseen Eine weitere Herausforderung in der Museumsarbeit in Oberösterreich wird es sein, künftig auch die Zusammenarbeit zwischen dem Oberösterreichischen Landesmuseum, seinen elf Außenstellen und den Heimat- sowie Regional- und Spezialmuseen noch weiter zu stärken. Dies bedeutet u. a., dass die Beratungsleistungen zwischen der „Zentralstelle“ in Linz und den Museen in der Region noch weiter ausgebaut werden sollen, wobei dem Verbund Oberösterreichischer Museen als Bindeglied ein besonderer Stellenwert zukommt. Der Verbund Oberösterreichischer Museen ist einerseits als Interessensanwalt regionaler und örtlicher Museen zu verstehen, der die Anliegen dezentraler Häuser vertritt bzw. diese zu den Förderstellen kommuniziert. Andererseits kommt dem Verbund Oberösterreichischer Museen aber auch eine wichtige, und künftig noch wichtigere inhaltliche und organisatorische Clearingfunktion
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Bild 10: Freilichtmuseum Sumerauerhof, St. Florian
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zu, wenn es gilt, neue Museumsprojekte zu verwirklichen und diese mit dem vorhandenen Angebot abzustimmen oder darauf zu achten, dass es regional zu keinem kontraproduktiven Überangebot kommt. In Summe sollte das Museumsangebot in Oberösterreich künftig nach einer Art „Zwiebelschalenprinzip“ funktionieren: Im Kern steht das Oberösterreichische Landesmuseum, als eines der größten Universalmuseen Österreichs, das aber gleichzeitig auch den Bedarf nach einem Universalmuseum hierzulande deckt. Über seine elf Außenstellen, die schon eine klare inhaltliche Spezifizierung zeigen (z. B. das Freilichtmuseum Sumerauerhof in St. Florian), steht es in inhaltlicher und organisatorischer Verbindung mit den Regionalmuseen (z. B. dem Schlossmuseum in Freistadt), die wiederum in engem inhaltlichem Kontakt zu den jeweiligen Heimat- oder Spezialmuseen in den Bezirken stehen. Damit dieses Prinzip, das organisatorisch leicht nachvollziehbar ist, aber auch für die Gäste und Besucher stringenter und künftig besser konsumierbar wird, bedarf es einer Reihe von Anstrengungen im Bereich des Marketings und des Ticketings im Sinne der Einbettung in überregionale Tourismusstrategien. Denn Gäste von heute schätzen nicht nur die Möglichkeiten eines weitestgehend
individuell konsumierbaren Freizeit- und Kulturangebots, sie wollen umgekehrt auch thematisch und geographisch kongruente, im Vorhinein buchbare Packages, die verschiedene Segmente der Kultur (z. B. ein Erlebnis-Wochenende, vom Konzert- oder Theaterbesuch über eine Museumsbesichtigung bis hin zum Shopping- oder Naturerlebnis) beinhalten. Mit der Neuausrichtung des Tourismus in Oberösterreich, zu deren Konzeption dankenswerterweise auch Kulturschaffende eingeladen wurden, aber auch mit der Hebung weiterer Synergien in der Kulturarbeit des Landes, der Städte und der Gemeinden, sollte die Ausarbeitung dieser Packages innerhalb eines vernünftigen Zeitraums möglich sein. Damit werden Strukturen geschaffen, die für die heimischen Museumsbetreiber Anreize bilden, ihre wertvolle Arbeit im Sinne der Bewahrung und Vermittlung von Kulturgut sowie der Bildung auch künftig erfolgreich weiterzuführen.
1 Köstlin, Konrad: Die Sammlervitrine und das Lebensmuseum. In: Innovation und Wandel. Festschrift für Oskar Moser zum 80. Geburtstag, Graz 1994, 202. 2 Ebd. 1, 207. 3 Bendix, Regina: Zur Problematik des Echtheitserlebnisses in Tourismus und Tourismustheorie. In: Tourismus und Regionalkultur. Volkskundetagung in Salzburg 1992, Wien 1994, 59.
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2. ERFOLGREICHE STRATEGIEN ZUR POSITIONIERUNG VON MUSEEN Christiane Steinlechner-Marschner
Wie kann ich mich im zunehmenden Wettbewerbsumfeld profilieren? Was nützt meiner Kulturorganisation eine Marke? Was bedeutet überhaupt Branding im musealen Umfeld? Wie kann das Konzept von der USP – unique selling proposition – auf kulturelle Organisationen übertragen werden? Fragestellungen, die vor einem zunehmend kompetitiven Umfeld auftauchen. Was bringen Konzepte, die aus dem kommerziellen Bereich stammen und von denen Lösungen für das sich zunehmend schwieriger gestaltende Umfeld von Museen und Ausstellungsorganisationen erwartet werden? Im vorliegenden Beitrag soll diskutiert werden, wie sich oben genannte Schlagworte – die im strategischen Kanon der Marketing-Literatur zur Basis gehören – in das Marketing von kulturellen Organisation integrieren lassen. Zudem soll die Notwendigkeit dieser Einbindung erörtert werden, indem aufgezeigt wird, dass eine strategische Ausrichtung im Mittelpunkt aller zukünftigen Überlegungen von Kulturorganisationen stehen muss. Diese ist nicht nur unabdingbare Voraussetzung für die Legitimation der Kultureinrichtung und in weiterer Folge für Subventionen aus dem öffentlichen Bereich, sondern auch wichtiger Orientierungsfaktor für die vielfach von „Ehrenamt“ betriebene Ausstellungsorganisation.
Museen und Ausstellungsorganisationen – Strategische Grundausrichtung Per Definition der ICOM (International Council of Museums) ist ein Museum „eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.“ 1
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Nur solche Ausstellungsorganisationen, die sich dieser Definition „unterwerfen“ und somit alle fünf geforderten Aufgaben – Beschaffen, Bewahren, Erforschen, Bekanntmachen und Ausstellen – erfüllen, können dem International Council of Museums beitreten. Der Rahmen der Aktivitäten wird dadurch gespannt. Für das strategische und operative Marketing hat dieses Bekenntnis weitgehende Auswirkungen: • Durch die oben stehende Definition wird der Handlungsrahmen zwingend gespannt. Diese Eckpunkte müssen daher in die strategische Grundausrichtung der musealen Einrichtung fließen, wie z. B. in die Formulierung eines Leitbildes. • Das Museum muss über eine Sammlung verfügen und in diesem Bereich „bewahrend“ und „forschend“ tätig sein. Eine Schwerpunktsetzung ist – zunehmend vor dem Hintergrund beschränkter Ressourcen auf vielen Funktionsebenen (u. a. Ankaufsbudgets, Personal, Räumlichkeiten) – notwendig und muss aus übergeordneten strategischen Zielen abgeleitet werden.
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• Das museale Angebot muss ausgestellt und bekannt gemacht werden. Die Auswahl potenzieller Zielgruppen – oftmals von Vorgaben des Eigentümers, wie z. B. der Kulturpolitik, abhängig – muss zu Beginn jeglicher Positionierungsüberlegungen getroffen werden. • Jede Marketingstrategie leitet sich aus diesen Vorgaben ab und muss auf operative Maßnahmen heruntergebrochen werden. Diese gilt es auf deren Wirksamkeit zur Erreichung der übergeordneten Organisationsziele zu überprüfen. Eine Vielzahl von musealen Ausstellungsorganisationen gehört ICOM nicht an. Die oben angeführten fünf Grundaufgaben werden von diesen entweder zu Gänze oder teilweise ausgeführt. Die Frage „Wer bin ich?“ – also die strategische Grundausrichtung – muss jedoch auch hier an den Anfang jeder Strategie gestellt werden. Nicht zwingend jedoch ist die Ansprache externer Zielgruppen. Betrachtet man allerdings die Richtlinien der einzelnen öffentlichen Subventionsgeber, wird deutlich, dass eine Vermittlung musealer Inhalte an die respektive Bevölkerung für eine Förderung unabdingbar ist. Auch im Sinne der Ressourcenoptimierung muss das Konzept des STP-Marketing – Segmenting, Targeting, Positioning – in die strategische Grundlagenarbeit von musealen Organisationen fließen.
Das Leitbild – Wer sind wir? In einem Leitbild ist der grundsätzliche Organisationszweck zusammengefasst. Dieses richtet sich an externe als auch an interne Beziehungsgruppen und erfüllt damit unterschiedliche Funktionen. Das Leitbild funktioniert nach innen als Orientierung und Motivation – gibt also die Marschrichtung vor –, nach außen verdeutlicht dieses die Legitimation der musealen Organisation. Die Erstellung des Leitbildes ist meist ein längerer mühevoller Diskussionsprozess, da unterschiedliche Perspektiven und Meinungen der einzelnen involvierten Personen aufeinandertreffen. Doch auch wenn über die zu integrierenden Inhalte Einigkeit herrscht, kann die konkrete Formulierung, also das „Wording“, zu einem zähen Ringen werden. Das Leitbild des Oberösterreichischen Landesmuseums (Abb. 5) legt das aktuelle Selbstverständnis der Institution fest und gibt den Aktionsrahmen vor. Zwar wird ein Blick rückwärts auf das langjährige Bestehen geworfen – ein Zeichen für die Kontinuität und Intensität der Beschäftigung mit den spezifischen Inhalten –, der Schwerpunkt der Formulierung liegt jedoch auf aktuellen und zukünftigen Entwicklungen und Vernetzungspotenzialen. Das Museum sieht sich selbst – weg von einer reinen Orientierung auf das Kulturprodukt – als Dienstleistungsorganisation mit Blick auf den Besucher. Mit diesem Bekenntnis steuert das Oberösterreichische Landesmuseum nach innen das Verhalten seiner Mitarbeiter – weg von einer bewahrenden Institution hin zu einer offenen vermittelnden Organisation. Nach außen werden dadurch Barrieren zu potenziellen Besuchern abgebaut und Schwellenängste verringert. Mit einem Leitbild gelingt es einer musealen Einrichtung grundsätzlich, sich zu positionieren, indem Aussagen zum generellen Selbstverständnis, zu Organisation und Organisationskultur, Programmatik und Aktivitäten, dem geographischen Geltungsbereich und Zielgruppen getroffen werden.
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1833 gegründet, ist das Oberösterreichische Landesmuseum (OÖLM) heute die größte und bedeutendste Museumseinrichtung des Landes Oberösterreich. Das OÖLM betreut umfangreiche Sammlungen und wissenschaftliche Archive sowie Dauer- und Sonderausstellungen aus den Bereichen Natur-, Kulturund Kunstgeschichte. Die Institution des OÖLM führt zahlreiche Standorte mit unterschiedlichsten Schwerpunkten: das Schlossmuseum, die Landesgalerie und das Biologiezentrum in Linz sowie eine Reihe von Museumseinrichtungen im Bundesland Oberösterreich. Ausgangspunkt aller Aufgaben des Museums sind seine Objekte. Diese stehen im Zentrum seiner Forschungs- und Vermittlungsagenden. Ziel ist, den Menschen historisch und gegenwärtig relevante Objekte konkret erfahrbar zu machen und deren Bedeutung zu vermitteln – so kann das Museum auch seinem Bildungsauftrag gerecht werden.
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Im Sinne der internationalen Definition eines Museums nimmt auch das OÖLM die Aufgabenfelder Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln für die gesamte Breite der Natur,- Kultur- und Kunstgeschichte wahr: Sammlungs- und Archivbestände werden ausgebaut, gepflegt und systematisch sowie nach konservatorisch / wissenschaftlichen Standards betreut. Von Bedeutung ist auch die landeskundliche Forschung: Eigenleistung, Arbeitsgemeinschaften und die Vernetzung mit anderen wissenschaftlichen Institutionen ermöglichen ein hohes Niveau und internationale Orientierung auch im Bereich der Landeskunde. Ein umfangreiches Angebot von Vermittlungsaktivitäten adressiert sich an unterschiedlichste Besuchergruppen. Dauer- und Sonderausstellungen zählen ebenso dazu wie wissenschaftliche, kulturelle und pädagogische Spezialveranstaltungen. Zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit und Marketingaktivitäten sollen die Leistungen des Museums in allen gesellschaftlichen Bereichen kommunizieren und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Partnern, u. a. aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft intensivieren. Nicht zuletzt publiziert das Oberösterreichische Landesmuseum regelmäßig, um die wissenschaftliche Arbeit mit den umfangreichen Sammlungen unterschiedlichen Zielgruppen zu präsentieren.
Das OÖLM versteht sich zudem als Beratungs- und Betreuungsstelle des Landes Oberösterreich für fachspezifische Fragenstellungen. Das OÖLM ist bestrebt, seine traditionellen und gegenwärtigen Aufgabenfelder kritisch zu reflektieren und in Richtung Erneuerung zu entwickeln. Ein hoher Grad an Identifizierung der Gesellschaft mit der Institution Museum soll erreicht werden. Letztlich geht es darum, eine nachhaltige Resonanz auf Inhalte und Aktivitäten des Museums zu schaffen und eine größere Sorgfalt im Umgang mit Kultur und Natur zu ermöglichen. Das OÖLM versteht sich als dienstleistungsorientierte Kulturinstitution und reflektiert sein Angebot im Spiegel bestmöglicher Besucherorientierung. Abb. 5: Leitbild des Oberösterreichischen Landesmuseums2
Strategische Ziele – Was streben wir an? Die Festlegung von strategischen Zielen erfolgt auf Basis von übergeordneten Unternehmenszielen (im Leitbild definiert) sowie der strategischen Ausgangsanalyse. In der Analysephase gilt es herauszufiltern, welche externen Faktoren und welche internen Gegebenheiten genutzt werden können, um strategische Erfolgspotentiale aufzubauen. Verschiedene Methoden können hierzu herangezogen werden, wie z. B. die PESTEL-Analyse als makroökonomische Umfeldanalyse, die Branchenanalyse nach Porter3 (Five Forces) zur Definition externer Bedrohungen, die Chancen-Risiken-Analyse, das Erstellen eines internen Organisationsprofils (meist in Relation zum stärksten Mitbewerber), um Stärken / Schwächen aufzudecken. Schlussendlich ergeben diese Informationen, aus der Gegenüberstellung von organisationsexternen und -internen Faktoren (oftmals als SWOT4-Analyse bezeichnet), einen Blick auf strategische Möglichkeiten. Inhaltlich gilt es folgende Bereiche abzudecken – die im Folgenden kurz angerissen sind – das Marktumfeld, den Besucher, die Mitbewerber, die Partner sowie die museale Ausstellungsorganisation. Im Hinblick auf das externe Marktumfeld müssen folgende Entwicklungen beobachtet werden:
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ÖKONOMISCHE UMWELT Steigende Strukturkosten Geringe Ausstellungs- und Ankaufsbudgets Spar- und Restrukturierungsauflagen (Rechtfertigungsdruck) Stagnierende öffentliche Finanzmittel für den Kulturbereich Sinkende Sponsorbereitschaften – Wirtschaftskrise POLITISCH-RECHTLICHE UMWELT Europäisierung Globalisierung Kulturpolitik – Förderungsprioritäten
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SOZIOKULTURELLE UMWELT Wandel zur Freizeitgesellschaft Kultur als „sinnstiftendes“ Element Vereinsamung des Individuums Wachsender Akademikeranteil in den Städten Bevölkerungszuwachs durch Migration Warnsignal: Junge Menschen (4 – 14 Jahre) und Migranten sind unterrepräsentiert als Museumspublikum TECHNOLOGISCHE UMWELT Interaktive Ausstellungsgestaltung Digitalisierung Kommunikation – Social Media Abb. 6: Veränderungen im externen Marktumfeld von Museen
Das engere Aufgabenumfeld wird im Rahmen einer Situationsanalyse beleuchtet – dabei müssen folgende Bereiche berücksichtigt werden: • Stakeholder und Besucheranalyse: Neben dem Besucher, den wir untenstehend im Rahmen der Marktsegmentierung noch weiter betrachten, hat das Museum Kontakte zu verschiedenen Anspruchsgruppen. Dies können Eigentümervertreter, wie z. B. die öffentliche Hand, Fördergeber, Sponsoren, Künstler, Kunsthistoriker,
Wissenschaftler u. v. m., sein.5 Nicht alle von diesen denken, mit dem Museum in Kontakt zu treten oder auf Grund von Erwartungen in Bezug auf das Museum aktiv zu werden. Es gilt jedoch aufzudecken, welche dieser Gruppierungen seitens des Museums aktiv bearbeitet werden müssen, um Möglichkeiten zu ergreifen oder aber auch negative Stimmungen abzufangen. • Konkurrenzanalyse: Der Wettbewerb für die museale Ausstellungsorganisation gestaltet sich zunehmend intensiver. Hatten Museen bislang vermutet, dass es auf Grund der Einzigartigkeit ihrer Sammlungen keine Konkurrenz gibt, müssen diese nun erkennen, dass viele unterschiedliche kulturelle Institutionen, privat oder öffentlich sowie Privatpersonen, um Aufmerksamkeit und Ressourcen miteinander konkurrieren. Der Blickwinkel muss weiter aufgespannt werden: Neben Konkurrenten im Kernbereich bzw. in derselben Sparte, müssen andere Kulturorganisationen, aber auch die so genannte Freizeitkonkurrenz im Auge behalten werden. Es gilt für die museale Ausstellungsorganisation, sich eindeutig zu differenzieren bzw. zu positionieren. Darüber hinaus müssen aber Kräfte gebündelt und Kooperationsstrategien eingegangen werden. • Beschaffungsmarktanalyse: Ein Museum muss sich darüber im Klaren sein, dass Input für die Erbringung der vielfältigen Aufgaben von verschiedensten „Lieferanten“ kommt. Auch hier muss der Kreis weiter gespannt werden als bisher, um zusätzliche Zugänge zu wichtigen Ressourcen zu haben. In einem Fall ist das Museum Kunde, wie z. B. bei einer Druckerei für Kataloge, Plakate oder Einladungskarten, in einem anderen Fall ist das Museum „Nutznießer“, indem von Partnern unentgeltlich Sachleistungen erbracht werden. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um Austauschbeziehungen, die von beiden Partnern im Sinne einer Win-Win-Situation als positiv gewertet werden müssen. Unabdingbar ist, dass sich die museale Ausstellungsorganisation zeitgerecht darüber Gedanken macht, welche Leistungen von welchen Partnern bezogen werden können und ob es, neben dem Zukauf dieser Leistungen, unentgeltliche Möglichkeiten gibt. Aus der Analyse der externen als auch internen Beeinflussungsfaktoren ergeben sich strategische Handlungsfelder, die konkretisiert und als Ziele formuliert
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werden müssen. Wichtig ist dabei, um ein solches Ziel auch tatsächlich zu einem umsetzbaren „Strategischen Arbeitsvorhaben“ zu machen, dass diese in Inhalt (Was?), Zielausmaß (Wie viel?) und Zeitrahmen (Wann?) definiert werden. Nur dann ist es auch möglich zu messen, ob in weiterer Folge die gesetzten Maßnahmen tatsächlich zur Zielerreichung beitragen. Untenstehende Abbildung zeigt den Überblick über mögliche Ziele von musealen Organisationen: LEISTUNGSZIELE Sammeln, Bewahren, Forschen, Präsentieren, Vermitteln Darstellung der Region, regionaler Künstler etc. Diskussionsforum sein Weiterbildung der Bevölkerung / Zielgruppen BEEINFLUSSUNGSZIELE Emotionale Bindung der regionalen Zielgruppen Identifikation mit der Kultureinrichtung / Künstlern
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WIRTSCHAFTLICHE ZIELE Besucherzahlen (demographische Schwerpunkte) Einnahmen (Vollzahler, Ermäßigung, Museumskartenbesitzer etc.) Budgeterfüllung POTENZIALORIENTIERTE ZIELE Inhaltlich qualifiziertes, serviceorientiertes und motiviertes Personal Technik, Medieninstallationen, Vermittlungsschienen auf dem modernsten Stand MARKTSTELLUNGSZIELE Etablierung- und Positionierungsziele SOZIALE ZIELE Mitarbeiterzufriedenheit Einbindung neuer Zielgruppen IMAGEZIELE Wahrnehmung des Museums Bekanntheitsgrad des Museums Abb. 7: Zielkategorien und exemplarische strategische Ziele von Museen
Marketingstrategien – Wen sprechen wir wie an? Die Zieldefinition und die Festlegung auf spezifische Marketingstrategien gehen Hand in Hand. Allerdings sollte dabei nicht der Fokus alleine auf dem kulturellen Produkt liegen. Ein qualitativ einzigartiges Ausstellungs- und Vermittlungsangebot ist allerdings die Basis, um interessierte und potenziell interessierte Besucherschichten anzusprechen und deren Bedürfnisse zu decken. Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis des Publikums. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass zwar oftmals in ausformulierten Kulturentwicklungsplänen (KEPs) von der „breiten Öffentlichkeit“ oder von der „lokalen Bevölkerung“ gesprochen wird – für die einzelne Kulturorganisation jedoch ist eine solche Zielgruppendefinition ungenügend. Um effektiv an verschiedene Besucherschichten herantreten zu können und bedürfnisgerechte Angebotsbündel zu schnüren, müssen: • im Rahmen der Marktsegmentierung potenzielle Besuchergruppen aufgespürt und charakterisiert werden (S = Segmenting), • einzelne vor dem Hintergrund der Bearbeitbarkeit und deren Beitrag zur nachhaltigen Erreichung übergeordneter Organisationsziele ausgewählt werden (T = Targeting) und • die Leistungen des Museums diesen gegenüber positioniert werden (P = Positioning). Wichtige Ansatzpunkte hierzu liefert die Besucherforschung, ein Bereich, der in den letzten Jahren in Museen zunehmend institutionalisiert, in der Vergangenheit jedoch bereits durch eine Vielzahl von Besucherbefragungen und -studien berücksichtigt wurde.6 Als Segmentierungsmerkmale können die in der Marketingliteratur hinlänglich diskutierten und in das Kulturmarketing7 transferierten Kriterien herangezogen werden: • Geographische Kriterien: Nation, Region, Stadt, Stadtteil – Infrastruktur • Soziodemographische Kriterien: persönliche objektive Eigenschaften des Besuchers, wie Alter, Geschlecht, Kinder, Beruf, Einkommen • Psychographische Kriterien: subjektive Eigenschaften des Besuchers, wie Einstellungen, Lebensstil, soziale Orientierung, Risikobereitschaft
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• Verhaltensorientierte Kriterien: Involvement, Besuchshäufigkeit, Informationsund Kommunikationsverhalten, Kauf- bzw. Konsumverhalten (Besuchsanlass) • Nutzenorientierte Kriterien: Gründe für den Besuch einer Ausstellung / eines Museums – Qualität des Kernproduktes, Zusatzleistungen – Serviceleistungen, sozialer Nutzen, symbolischer Nutzen (Image) Sinnvoll ist jedoch, nur solche Informationen zu erheben, von denen man berechtigt vermutet, dass diese einen Unterschied im Reaktionsverhalten auf Aktivitäten ausmachen, die vom Museum gesetzt werden. Da sich die Grenzen verschieben, Besucher als „Chamäleons“ agieren und sich nicht mehr eindeutig einer „Schublade“ in Hochkulturschema versus Trivialschema zuordnen lassen, kommen verstärkt Verhaltens- und Nutzenorientierung in Bezug auf das konkrete Ausstellungserlebnis bzw. die Ausstellungsorganisation zum Tragen. Die Kenntnis über die Besuchsgründe als auch den Besuchsanlass sind wichtige Informationen für weitere Positionierungsüberlegungen und eine daraus abgeleitete bedürfnisorientierte Zielgruppenansprache. 84
Positionierung – Wie machen wir uns gegenüber unseren Besuchern bekannt? Die Überlegung, welches konkrete Angebotspaket einem potenziellen Besucher angeboten und kommuniziert wird, betrifft auf einer langfristig strategischen Ebene alle vier Elemente des Marketing-Mix: • die Produkt- und Programmpolitik, • die Preispolitik, • die Distributionspolitik und • die Kommunikationspolitik. Es gilt gegenüber dem Besucher ein Gesamtpaket zusammenzustellen, das zusätzlich zu einem qualitativ hochwertigen Kernprodukt (Sammlung, Ausstellungsexponate, Ausstellung etc.) verschiedene nachgefragte Zusatzleistungen anbietet (u. a. Wissens- und Erlebnisvermittlung, Bibliothek, Shop, Restaurant). Dieses Gesamtpaket muss auf Basis von Nutzenwerten bepreist
(abhängig von der Besuchsfrequenz und Interesse – Unterschiede u. a. bei Dauer- / Sonderausstellungen oder Einzelbesuch / Jahrestickets), dem Besucher zugänglich gemacht (z. B. im Hinblick auf Öffnungszeiten, Ticketing, Zufahrt / Öffentlicher Verkehr) und dieses mittels verschiedener Kommunikationsmaßnahmen bekannt gemacht werden. Die Positionierungsstrategie ist demnach: das Bestreben der Organisation8 ihr Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein des Zielkunden einen besonderen, geschätzten und von Wettbewerbern abgesetzten Platz einnimmt.9 Möglichkeiten ergeben sich hierzu durch zwei Ansätze: Die klassische Positionierung orientiert sich an den Eindrücken, Wünschen und Bewertungen der Besucher über bereits Erlebtes und Vorhandenes. Das eigene museale Angebot wird dabei in Kontext mit vorhandenen Angeboten der Mitbewerber gesetzt. Der Besucher definiert zudem sein Ideal-Angebot, für das er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ausstellungs- / Museumsbesuch entscheiden würde. Für Museen empfiehlt sich jedoch eine solche reaktive Herangehensweise nur bedingt. Erstens kommt dadurch der Besucher in die Rolle des Innovators, dessen Wünsche unmittelbar in die Formulierung des Kernproduktes einfließen – ein No-Go für Ausstellungsmacher, Kunsthistoriker und Künstler, die der Einbeziehung von marktwirtschaftlich erprobten Konzepten in die Ausstellungsorganisation ohnehin mit Skepsis gegenüberstehen. Zweitens ist daraus nicht ersichtlich, wodurch sich die museale Ausstellungsorganisation vom Mitbewerber differenzieren kann. Vielmehr geeignet erscheint daher die aktive Positionierung, bei der aus der Organisation heraus festgelegt wird, welche Nutzenelemente des Gesamtpakets für den potenziellen Besucher relevant sind. Wird ein einziger ausschlaggebender Produktnutzen herausgestellt, spricht man dabei von unique selling proposition. Die Entscheidung, welche und wie viele Nutzendimensionen gegenüber der Zielgruppe in den Mittelpunkt gestellt werden, ist Kernpunkt der Positionierung.
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Exkurs: Branding Der Aufbau einer Marke kann für ein Museum in mehrfacher Hinsicht sinnvoll sein. Aus dem Management kommerzieller Marken ist bekannt, dass durch die „Markierung eines Produktes“ Funktionen generiert werden, die die Vereinfachung des Entscheidungsverhaltens bewirken und zur Kundenbindung führen.10 Auf das Kulturmarketing übertragen, sind folgende Funktionen für den Kulturnutzer abzuleiten:
• Risikoreduktion- und Vertrauensfunktion: Museen, wie oben definiert, müssen einen in die Zukunft gerichteten Blickwinkel haben, um attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ausstellungsprojekte, Sammlungspräsentationen, Wege der Kunstvermittlungen mögen daher noch wenig gegangene Pfade beschreiten. Der Besucher wird zur Interaktion aufgefordert und wird Teil der Kulturproduktion. Eine bekannte, mit positiven bzw. interessanten Inhalten belegte Museumsmarke dient in diesem Kontext als Qualitätssiegel, das es dem Besucher erleichtert, sich auf das Experiment einzulassen. 86
• Orientierungs- und Entlastungsfunktion: Das Angebot an kulturellen Inhalten ist groß. Für den Besucher bedeutet dies, sich mit den Inhalten vertraut zu machen, um zu entscheiden, welche Ausstellung bzw. welches Museum dieser besucht. Museen, die mit einer starken Marke belegt sind, spannen dadurch den inhaltlichen Bogen für den Besucher. Besucher der Albertina in Wien, des MOMA in New York oder der Tate Modern in London wissen, was sie dort erwartet. Diese Institutionen werden automatisch mit einer inhaltlichen Ausrichtung assoziiert – die Marke liefert dafür die Anhaltspunkte und bietet Entscheidungshilfe. • Prestigeeffekt und Identitätsstiftung: Bekannte Museumsmarken sind denjenigen Institutionen zu eigen, über die medial berichtet wird, die bekannte Direktoren- und Kuratorenpersönlichkeiten in ihren Reihen haben, die bei ihren Pre-Openings und Vernissagen bekannte Personen aus Politik, Wirtschaft und Kultur versammeln. Der Besucher, der vorwiegend solche Institutionen besucht, möchte von diesem Prestigeeffekt profitieren. Auch das sichtbare Tragen von Merchandising-Artikeln soll dazu beitragen. Hinzu kommt die Identität stiftende Wirkung. Der Besucher einer solcherart gebrandeten Institution fühlt sich im Zentrum der kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung und somit ungleich gebildeter als die unwissende Außenwelt.
Aus der Sicht des Museums bieten sich ebenso Möglichkeiten durch die Etablierung einer Marke – Funktionen für den Kulturanbieter:
• Differenzierung vom Mitbewerb – Legitimation: Eine starke Marke wird als Zeichen für die Legitimation dieser Kultureinrichtung gesehen. Diese ist wichtig, wenn es darum geht, sich rechtzeitig an den „Fördertöpfen“ anzustellen, Wirtschaftskooperationen einzugehen, als Besuchermagnet zu neuen Zielgruppen hinauszugreifen. • Präferenzbildung und Schaffung von Besucherloyalität: Gegenüber einer starken Marke fühlt sich der Besucher verbunden. Er fühlt sich über die aktuellen Geschehnisse des Ausstellungsbetriebes informiert und involviert. Die Marke bestimmt die Erwartungshaltung und wirkt somit der Überforderung des Besuchers entgegen. Das Museum kann dadurch an sein „Stammklientel“ herantreten und wichtige Begeisterungsfaktoren auf Ebene der Zusatzleistungen auf diese abstimmen. • Schaffen eines preispolitischen Spielraumes: Durch die Marke, die als Qualitätssiegel fungiert, ist der Besucher bereit, einen Preisaufschlag zu zahlen. Auf der anderen Seite kann es jedoch auch sein, dass der Besucher bei öffentlichen Institutionen, wie den „Smithsonians“ in Washington automatisch davon ausgeht, keine Eintrittsgelder zu bezahlen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, wie die Marke im Hinblick auf das gesetzte Preisniveau gegenüber dem Besucher positioniert wurde. • Ausgangspunkt für Markentransfer: Beinahe alle großen Museen, die über eine starke „Brand“ verfügen, vertreiben in eigenen Museumshops oder auch Online-Merchandising-Artikel. Diese Aktivitäten stellen wesentliche Einkünfte für die Institutionen dar. Im Annual Report der Tate Gallery (2014 / 2015) wird explizit darauf hingewiesen, dass die Aktivitäten der Tate Enterprises Limited, die sich mit Merchandising, Publikationen und Verwertung von Urheberrechten beschäftigt, für die Institution mittlerweile unverzichtbar sind und bereits 16 Prozent des selbst generierten Einkommens darstellen.11 Die Festlegung einer Markenidentität, die konkrete Ausgestaltung der Markenarchitektur (Einzelmarke versus Dachmarke für Museen mit mehreren Häusern), das laufende Management der Marke ist analog zur oben dargestellten Strategie-
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festlegung zu erarbeiten und kontinuierlich zu überprüfen. Ressourcen müssen dafür bereitgestellt werden. Die Überlegung, was mit dem Branding der musealen Ausstellungsorganisation tatsächlich erreicht werden soll, muss daher am Anfang jeglicher Überlegungen stehen. Die Zielerreichung ist in weiterer Folge in wiederkehrenden Abständen im Rahmen von Marken-Audits festzustellen und zu optimieren.12
Weitere Strategische Überlegungen – Fazit
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In der Marketingliteratur finden sich noch eine Reihe von strategischen Ansätzen, die für das Strategische Marketing von Museen relevant wären. So könnte das Strategieraster nach Becker13 abgearbeitet werden – zu den Segmentierungsstrategien würden hierbei noch Strategien der Marktbeeinflussung, Marktarealstrategien oder Wettbewerbs- und Konkurrenzstrategien treten. Wie oben jedoch erwähnt, gilt es gerade für Museen, die meist im Hinblick auf die Personalausstattung ohnehin schlank besetzt sind, nicht in ein „Overdoing“ zu kommen. Die Aufgaben, die sich in den letzten Jahren neben den hier diskutierten strategischen, gerade in der operativen Umsetzung angehäuft haben, würden nach einer massiven Aufstockung von Marketingressourcen rufen. Aktuelle Konzepte, wie das Beschwerdemanagement und die Servicepolitik, das Entwickeln neuer Value-Added-Services und vor allem die Anwendung der Möglichkeiten im Bereich der Social Media sind unabdingbar, wenn es darum geht, neue Zielgruppen mit neuen Methoden zu erreichen, ohne jedoch das „Stammpublikum“ durch das Beschreiten dieser neuen Wege zu vergrämen. Kritisch betrachtet sind die in diesem Beitrag diskutierten strategischen Überlegungen für das Selbstverständnis und die Zukunftsfähigkeit von Museen unabdingbar. Nutzen stiftend ist diese strategische Basis jedoch nur dann, wenn operative Taten folgen!
1 Vgl. Ethische Richtlinien ICOM 2010. 2 Vgl. Website Oberösterreichisches Landesmuseum. www.landesmuseum.at [1. 10. 2016] 3 Michael E. Porter entwickelte 1980 im Rahmen seiner Wettbewerbsstrategien dieses Instrument zur Analyse von Branchen und Wettbewerbern. 4 Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Bedrohungen). 5 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn, Sigrid / Trommershausen, Anke: Kulturbranding. Lassen sich Kulturinstitutionen zu Marken aufbauen? In: Strebinger, Andreas [u. a.] (Hg.): Werbe- und Markenforschung, Wiesbaden 2006, 220–221. 6 Vgl. Wegner, Nora: Besucherforschung und Evaluation in Museen: Forschungsstand, Befunde und Perspektiven. In: Glogner-Pilz, Patrick / Föhl, Patrick S. (Hg.): Das Kulturpublikum. Fragestellungen und Befunde der empirischen Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden 2011, 127–181. 7 Vgl. Kotler, Neil / Kotler, Philip: Museum Strategy and Marketing. Designing Missions – Building audiences – Generating revenue and resources, San Franciso 1998, 125–133; Klein, Amin: Kulturmarketing: Das Marketingkonzept für Kulturbetriebe, 3. Aufl., München 2011, 110–138; Günter, Bernd / Hausmann, Andrea (Hg.): Kulturmarketing, 2. Aufl., Wiesbaden 2012, 42. 8 Anmerkung: An dieser Stelle wurde das im Original stehende Wort Unternehmen durch Organisation ersetzt. 9 Vgl. Kotler, Philip [u. a.]: Marketing Management. Strategien für wertschaffendes Handeln. 12 Aufl., München 2007, 423. 10 Vgl. Meffert, Heribert [u. a.]: Markenmanagement, Wiesbaden 2002, 9. 11 Vgl. The Board of the Trustees of the Tate Gallery, 2015, 18. 12 Vgl. Baumgarth, Carsten [u. a.]: Markenaudit für Kulturorganisationen. Ganzheitliches Tool zur Analyse und Professionalisierung der Markenführung im Kultursektor, Wiesbaden 2014, 54–106. 13 Anmerkung. Das Strategie-Raster wurde von Jochen Becker bereits in den Anfängen der 1980er Jahre entwickelt und ist auch in der aktuellen Ausgabe seiner Marketing-Konzeption (2013) enthalten.
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3. PUBLIC RELATIONS – KLASSISCHE UND NEUE MEDIEN IM MUSEUM Carmen Löw
Unter der Bezeichnung „Public Relations“ (PR) oder „Öffentlichkeitsarbeit“ wird ein weites Tätigkeitsfeld zusammengefasst, das im Wesentlichen Aufgaben der Kommunikation beinhaltet. Dazu gehören in kleineren Museen vor allem das Aussenden von Pressemitteilungen, die Gestaltung der eigenen Website oder die Pflege des museumseigenen Facebook-Accounts. Im deutschen Sprachraum wird für Public Relations oder Öffentlichkeitsarbeit häufig eine Definition von Albert Oeckl aus dem Jahr 1964 angeführt,1 nach der Public Relations Arbeit mit der Öffentlichkeit, für die Öffentlichkeit und in der Öffentlichkeit sei. Diese Arbeit sei zu verstehen als das bewusste, geplante und dauernde Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen und zu pflegen. Diese Definition vermag nicht alles abzudecken, eine allgemein akzeptierte Definition von PR gibt es jedoch noch nicht.2 Eine der Ursachen dafür dürfte sein, dass PR-Arbeit sehr unterschiedliche Ausprägungen hat, je nachdem, in welchem Kontext sie stattfindet. Auch eine Abgrenzung zum klassischen Marketing kann je nach Branche, Ziel, eingesetztem Mittel usw. manchmal nur schwer getroffen werden. Im Wesentlichen jedoch ist PR immer ein Beziehungsmanagement, bei dem es darum geht, Beziehungen zu Menschen, die in unterschiedlichster Weise mit einer Organisation in Berührung kommen (Stakeholder), aufzubauen, zu festigen und positiv zu gestalten sowie drohende Konflikte möglichst schon im Vorfeld abzuwenden, professionell auszutragen und etwaige entstandene Schäden zu beheben.
Stakeholder und Stakeholder-Analyse Der Begriff „Stakeholder“3 stammt aus dem Englischen und kann übersetzt werden mit „Anteilhabende“. Er scheint etwas neutraler als die deutschsprachigen Bezeichnungen wie etwa „Zielgruppen“, „Dialoggruppen“, „Interessensgruppen“ oder „Anspruchsgruppen“, die oft eine gewünschte Funktion oder Interaktionen mit diesen aufzeigen.
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Stakeholder können aus den unterschiedlichsten Gründen am Tun oder der schlichten Existenz eines Museums Anteil haben. Dies muss dabei weder von ihnen gewollt sein noch müssen sich diese Menschen zwingend für das Museum interessieren. Es sind jedoch die Beziehungen zu allen Stakeholdern, welche die Rahmenbedingungen für das Arbeiten im Museumsbetrieb prägen. Eine Stakeholder-Analyse4 bietet eine solide Basis für die PR-Arbeit. Dazu werden zunächst die Stakeholder der Organisation identifiziert. Dies geschieht z. B. durch eine Umfeld-Recherche und eine Befragung von Schlüsselpersonen. Dabei wird ermittelt, wer genau aktuell direkt oder indirekt von der Existenz des Museums betroffen ist, wer dies in der Vergangenheit war oder es in Zukunft sein könnte. Wichtig dabei ist, die Personen möglichst namentlich zu erfassen, da niemals eine Organisation mit einer Organisation kommunizieren kann, sondern immer ein Mensch mit einem anderen Menschen in Kontakt tritt. Beide haben dabei eine jeweils eigene Persönlichkeit, eigene Wünsche und Ängste und in der Regel auch – innerhalb der potenziell vorhandenen Richtlinien einer Organisation – einen individuellen Handlungsspielraum.
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Nachdem die Stakeholder identifiziert wurden, können sie nach unterschiedlichen Aspekten gruppiert oder geclustert werden, z. B. kann man Stakeholder nach dem Grad der Erreichbarkeit durch Maßnahmen der Kommunikation gruppieren. Oder man fragt nach ihrer Grundhaltung gegenüber dem Museum. Am wichtigsten ist in der Regel jenes Cluster, das Einfluss auf die Organisation und Entscheidungskompetenzen innerhalb der Organisation aufzeigt. Bei diesem Cluster unterscheidet man oft zwischen primären, sekundären und tertiären Stakeholdern. Zu den primären Stakeholdern zählen dabei jene Entscheidungsträger, die den Bestand des Museums gewähren oder beenden können, Fördergelder bewilligen usw. Sekundäre Stakeholder sind direkt vom Tun des Museums betroffene Menschen. Sie sind notwendig für den Erfolg, aber sie selbst treffen keine Grundsatzentscheidungen. Zu dieser Gruppe zählen u. a. die Museumsmitarbeiter bzw. die aktiven Vereinsmitglieder. Tertiäre Stakeholder sind nicht direkt in die Arbeitsprozesse rund um das Museum involviert, aber sie können einen positiven oder negativen Einfluss auf diese haben. Meist werden z. B. die Vertreter der Medien dieser Gruppe zugeordnet. Es ist hilfreich, klar herauszuarbeiten, welcher Nutzen (Stakeholder-Value) den einzelnen Stakeholdern aus der Existenz des Museums entsteht. Daraus lässt sich ihre Erwartungshaltung ableiten.
Grundlagen der Kommunikation Zum Aufbau der Beziehungen zwischen einer Organisation und ihren Stakeholdern dient meistens – wenn auch nicht ausschließlich – Kommunikation. Das Wort Kommunikation stammt vom Lateinischen „communicare“ ab und bezeichnet im Wesentlichen den Austausch von Informationen. Im SenderEmpfänger-Modell, das von den Begründern der Informationstheorie Warren Weaver und Claude Elwood Shannon stammt, ist der Prozess dieses Austausches auf das Wesentlichste reduziert.5 Beim Kommunizieren wird Information von einem Sender zu einem Empfänger weitergeleitet. Dabei gibt es mehrere mögliche Gefahren, die Fehler bei der Übermittlung verursachen können. Um die Information zu übertragen, muss der Sender sie zunächst encodieren. Das bedeutet, er übersetzt sie in Zeichen, z. B. in Worte oder Bilder. Dieser Code wird dann über einen Kanal an den Empfänger gesendet, der das vom Sender gewählte Zeichensystem entschlüsseln muss, um die Information zu erhalten. Die Decodierung durch den Empfänger kann nur dann gelingen, wenn das gewählte Zeichensystem für diesen überhaupt verständlich ist. Das sicherzustellen obliegt dem Sender, der dazu den Kenntnisstand des Empfängers beim Encodieren berücksichtigt und daher zunächst kennen muss. Störungen während der Übertragung – im Modell als Kanal dargestellt – können die Informationsübertragung ebenfalls scheitern lassen.
Abb. 8: Das Shannon-Weaver-Modell
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Verhaltensändernde Kommunikationsprozesse
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In der Regel soll mit Kommunikationsmaßnahmen etwas ganz Bestimmtes erreicht werden: Wir wollen beispielsweise, dass Besucher zu einem bestimmten Ereignis, wie etwa einer Ausstellungseröffnung, in unser Museum kommen. Um die Komplexität dieses Vorhabens aufzuzeigen, wird in der Kommunikation gerne auf eine Informationskaskade zurückgegriffen, wie sie Abb. 9 zeigt. Der Ausspruch, der ihr zu Grunde liegt – „Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht einverstanden, einverstanden ist nicht umgesetzt und umgesetzt ist nicht beibehalten“ –, wird dem österreichischen Verhaltensforscher Konrad Lorenz zugeschrieben.6 Die Kaskade illustriert die einzelnen Schritte zwischen einem Gedanken oder Wunsch bis hin zur dauerhaften Beibehaltung des gewünschten Verhaltens. Wenn die Mitarbeiter eines Museums möchten, dass Besucher zu einer Ausstellungseröffnung kommen, müssen sie diesen Wunsch zunächst äußern. Dies kann geschehen in Form von Presseaussendungen und entspricht der Stufe „gesagt“. Die Pressemeldungen sollten in den Medien erscheinen, die von jenen Menschen, die tatsächlich kommen könnten, auch gelesen werden. Die Mitarbeiter des Museums müssen also auch hier wieder wissen, wen genau sie erreichen wollen, um den passenden „Ort“ für ihre Botschaft wählen zu können. Das entspricht der Stufe „gehört“. Die Botschaft sollte außerdem klar verständlich sein. Wenn die Ausstellung also einen vielleicht sehr schönen Titel trägt, aus dem aber nicht ersichtlich wird, worum es tatsächlich geht, sollte dieser zumindest mit einem erklärenden Untertitel versehen sein. Auch Ort, Datum, Uhrzeit usw. müssen möglichst eindeutig ersichtlich sein, damit die Information verstanden werden kann. Hat die Zielgruppe die Information klar verstanden, muss sie noch lange nicht damit einverstanden sein, an der Ausstellungseröffnung im Museum teilzunehmen. Aber auch jene, die gerne kommen würden, müssen am Ende nicht alle tatsächlich erscheinen. Durch Anreiseschwierigkeiten oder fehlende Barrierefreiheit könnte das Vorhaben für sie nicht umsetzbar sein. Abschließend ist nicht garantiert, dass Besucher, die bei der letzten Eröffnung gekommen sind, auch beim nächsten Mal wieder teilnehmen. Diese Kaskade macht deutlich, dass das Beziehungsmanagement nicht ausschließlich mit Hilfe kommunikativer Maßnahmen gestaltet werden kann und sie zeigt, wie sehr die einzelnen Arbeitsfelder
in einem Museum ineinander übergreifen. Von Veranstaltungsmanagement über das Marketing bis hin zur Besucherforschung – alle Bereiche müssen zusammenwirken, um ein gutes Ergebnis erzielen zu können. Die Kaskade zeigt auch, wie wichtig es ist, mit den Besuchern persönlich ins Gespräch zu kommen, um Fehler in der eigenen Planung entdecken und ausschalten zu können.
Abb. 9: Informationskaskade
Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit und rechtliche Grundlagen PR-Arbeit – egal wie gut sie gemacht ist – kann und darf immer nur das nach außen tragen, was es tatsächlich gibt. Ebenso wie andere internationale Verbände hat auch der Public Relations Verband Austria nicht ohne Grund (und schwerlich ohne Anlass) dazu einen Ehrenkodex verfasst. Nach diesem verpflichten sich die Mitglieder des Verbandes u. a. dazu, keine Falschinformationen in Umlauf zu bringen und andere nicht zu diffamieren.7 Ein derartiges Handeln ist jedoch nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, um tragfähige und nachhaltige Beziehungen mit der Öffentlichkeit aufzubauen. Diese setzen nämlich – im Kleinen wie im Großen – Vertrauen voraus. Damit ist das wichtigste Gut, das eine Organisation besitzen kann, die eigene Glaubwürdigkeit. Ein Museum kann daher also nur durch das, was es wirklich ist – durch seine Sammlung, sein Angebot, seine Mitarbeiter – überzeugen. Die Werkzeuge der PR sind dazu da, dieses nach außen zu tragen und sichtbar zu machen. Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für die PR-Arbeit sind in Österreich neben dem Urheberrecht8 vor allem die Paragraphen 24, 25 und 26 des Mediengesetzes.9 Die Impressumspflicht ist geregelt in Paragraph 24. Sie gilt z. B. für alle
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Druckwerke wie Bücher oder Zeitschriften. Die Offenlegung der Medieninhaber regelt Paragraph 25 und die verpflichtende Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen ist in Paragraph 26 festgehalten.
Außendarstellung der Organisation
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Wesentlich für das Wiedererkennen einer Organisation ist das Corporate Design, der optisch einheitliche Auftritt nach außen. Das Corporate Design10 regelt ein einheitliches Layout in allen visuellen Gestaltungen, vom Briefpapier über die Visitenkarte bis hin zur Website. Es ist ein Teil der Corporate Identity (CI).11 Mit diesem Begriff wird die Gesamtheit jener Merkmale beschrieben, die eine Organisation kennzeichnen und durch die sie sich von anderen unterscheidet. Dazu gehören etwa eine bestimmte Tonalität der Sprache oder Bestimmungen darüber, ob beispielsweise die Fans der eigenen Facebook-Seite geduzt oder gesiezt werden. Teil einer umfassenden CI sind auch ein Leitbild und ein Code of Conduct.12 Leitbilder definieren, welches Bild eine Organisation von sich selbst nach außen, aber auch nach innen tragen möchte. Sie beantworten im Wesentlichen die Fragen: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Was wollen wir erreichen? Wie arbeiten wir? Wie gehen wir miteinander um? Insbesondere bei der Arbeit mit Freiwilligen, wie es bei kleineren Museen oft der Fall ist, ist ein Leitbild ein wirkungsvolles Instrument, das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Dies gelingt aber nur dann, wenn es bottom-up entwickelt ist, d. h., wenn die Mitarbeiter aller Ebenen gemeinsam mit den Entscheidungsträgern daran mitwirken können. Ein in der Chefetage festgelegtes Leitbild kann die Organisation nicht umfassend widerspiegeln und wird in der Regel auch nicht ausreichend von den Mitarbeitern getragen, um eine Wirkung entfalten zu können. Der Code of Conduct ist eine freiwillige Selbstverpflichtung einer Organisation zu einer bestimmten, in der Regel auf ethischen Überlegungen basierenden Handlungsweise. Es ist ein Verhaltenskodex, in dem vom Umgang mit Bestechungsversuchen bis hin zu den Arbeitszeiten die unterschiedlichsten Dinge geregelt sein können. Auch dies kann in der gemeinsamen Arbeit mit Freiwilligen ein nützliches Regelwerk sein, das ein einheitliches Handeln unterstützt.
Kommunikationsbereiche, Themen und Nachrichtenwerte Heutige PR ist noch immer stark geprägt von der Arbeit mit klassischen Medien, bei denen Journalisten als Mittler zwischen einer Organisation und der Zielgruppe fungieren. Zunehmend wichtiger wird jedoch der Online-Bereich, für den sich inzwischen erste verlässliche Regeln etabliert haben. Das Internet hat in der Kommunikation viel verändert. Eine Organisation kann ihre Botschaften nun online ohne Mittelsperson an ihre Zielgruppe richten und diese kann darauf erstmals unmittelbar und öffentlich sichtbar reagieren. Ein Dialog mit der Zielgruppe wird dadurch ungefiltert möglich – mit allen Vor- und Nachteilen. On- und offline braucht eine Nachricht einen Inhalt, der sie berichtenswert macht. Diesen Inhalt nennt man Nachrichtenwert oder Newsfaktor. Klassische Nachrichtenwerte können u. a. sein: Neues, räumliche Nähe, Aktualität, Stärke der Quelle, bereits Bekanntes, Außergewöhnliches, Emotionales, Prominenz, Konflikt u. v. m. Hinweise auf die spezifischen Nachrichtenwerte im eigenen Themenfeld lassen sich anhand bereits erschienener Pressebeiträge ergänzen. Der Begriff „Sensation“ findet sich in dieser Auflistung bewusst nicht. Zum einen ist das ständige Herausstellen einer oftmals gar nicht vorliegenden Sensation der Glaubwürdigkeit einer Organisation nicht zuträglich. Zum anderen liegt eine Sensation meist dann vor, wenn gleich mehrere Nachrichtenwerte zusammenkommen oder einer der Nachrichtenwerte besonders stark ist. Der Begriff ist also unspezifisch und daher nicht dazu geeignet, den Kern der Information klar an Dritte weiterzuleiten.
Klassische Medien Für kleinere Museen sind vor allem die regionalen Zeitungen wichtig. In Oberösterreich sind das beispielsweise die Oberösterreichischen Nachrichten, die Bezirksrundschau und die Tips, in Kärnten unter anderem auch die Kleine Zeitung. Die Auflagenhöhe fast aller österreichischen Zeitungen – auch in den einzelnen Bundesländern – kann man auf der Website der Österreichischen Auflagenkontrolle kostenlos einsehen.13 Über die Zusammensetzung ihrer Leserschaft geben Zeitungen und Magazine meist auf ihren Websites Auskunft. Diese Informationen werden für Anzeigenkunden bereitgestellt, sind aber ebenso nützlich für PR-Zwecke.14 Nicht vergessen sollte man im lokalen Raum auch
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die Gemeindezeitungen. Diese haben oft unregelmäßige Erscheinungstermine, welche ebenso wie die Redaktion über die jeweilige Gemeinde zu erfragen sind.
Presseverteiler Auf Basis von Auflagenhöhen, Verbreitungsgebieten und Leserschaft kann ein erster Presseverteiler erstellt werden. Festgehalten werden darin z. B. folgende Informationen: Name des Mediums, E-Mail-Adresse der Redaktion, Name des / der zuständigen Journalisten, E-Mail-Adresse des / der Journalisten, Telefonnummer der Redaktion, Telefonnummer des / der Journalisten, letzter Kontakt und letzter Bericht. Für welche Journalisten eines Mediums das Themenfeld interessant ist, lässt sich nicht selten über deren Website erfahren. So listet z. B. die Bezirksrundschau ihre Lokalredakteure namentlich.15 Eine andere Möglichkeit besteht darin, in der Online-Version des Mediums zu recherchieren, welcher Journalist zuletzt über das betreffende Themenfeld geschrieben hat. So lässt sich oft ein Name ermitteln, zu dem sich dann meist auch eine Mailadresse findet. 98
Presseaussendungen Das wichtigste Werkzeug in der Zusammenarbeit mit den Vertretern der klassischen Medien ist eine korrekt verfasste Presseaussendung. Diese umfasst einen möglichst einseitigen Text im Word-Format und in der Regel ein bis zwei aussagekräftige und druckfähige Fotos. Beim Textaufbau ist zu beachten, dass aus der Überschrift gegebenenfalls mit Untertitel der Kern der Nachricht hervorgeht. Darauf folgt ein Lead-Absatz. Titel, eventuell ein Untertitel und erster Absatz bilden den Lead des Textes. Darin sind alle Antworten auf die fünf wesentlichsten Fragen: Wer, Was, Wo, Wann, Warum bereits enthalten. Der nachfolgende Text der Aussendung enthält idealerweise maximal zwei weitere Absätze. In denen wird die Information vertieft. Es sollte möglich sein, jeden einzelnen Absatz bis auf den Lead wegzulassen, ohne dass der Text dadurch unverständlich wird. Das Aussehen der Presseaussendungen sollte dem üblichen Schema entsprechen. Oben links steht dabei das Wort „Presseaussendung“. Darunter folgen Ort und Datum. Fett und etwas größer als der restliche Text sollte die Überschrift sein.
Ebenfalls fett, aber so groß wie der restliche Text (12 Punkt) sollte der Lead-Absatz sein. Dann folgen die beiden Absätze mit Detailinformationen. Unter dem Text stehen die Hintergrundinformationen zur Organisation. Alles sollte im Flattersatz ausgerichtet sein, also linksbündig.16 Darunter finden sich die Informationen zum Bildmaterial. Zu jedem Bild sollen der exakte Dateiname, eine mögliche Bildunterschrift und der Bildnachweis angegeben werden. Der Bildnachweis kennzeichnet den Rechteinhaber in der von ihm gewünschten Weise. Es darf nur Bildmaterial an die Presse weitergeleitet werden, zu dessen freier Verwendung die Organisation berechtigt ist. Unter dem Bildmaterial folgen Informationen zu einem Ansprechpartner für die Journalisten in der Organisation. Dies kann z. B. überschrieben sein mit „Rückfragenhinweis“ oder mit „Rückfragen und Kontakt“.
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Abb. 10: Aufbau einer Presseaussendung
Pressemappe Für generelle Presseanfragen sollte eine Pressemappe angefertigt werden, die in ausgedruckter Form, vor allem aber digital jederzeit griffbereit sein sollte und ständig aktualisiert werden muss. Die Pressemappe eines Museums sollte eine Übersicht zu allen wichtigen Kontaktdaten in der Organisation beinhalten sowie Informationen zu Öffnungszeiten, Saisondauer und Preisen. Außerdem sind
ein Kurztext zur Organisation sinnvoll und eine Übersicht zu den wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten. Bild- und gegebenenfalls Videomaterial in ansprechender Qualität runden die Pressemappe ab.
Kommunikation im Internet
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Laut Statistik Austria hatten im Jahr 2015 82 Prozent der österreichischen Haushalte einen Internetzugang.17 Fast 100 Prozent der Menschen unter 34 Jahren nutzten das Internet regelmäßig. Auch in den beiden Altersgruppen darüber, 35 bis 44 und 45 bis 54 Jahren, liegt die Nutzung noch bei rund 94 Prozent bzw. 87 Prozent. Die Altersgruppe bis 64 Jahre nutzt das Internet fast zu 70 Prozent regelmäßig und selbst die 65- bis 74-Jährigen noch zu 46 Prozent.18 Somit sind prinzipiell über dieses Medium alle Altersgruppen gut erreichbar. Außerdem steigt die Zahl der mobilen Internetnutzung seit Jahren kontinuierlich.19 Es empfiehlt sich diese Entwicklungen beim Erstellen von Websites und Weblogs zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass es auch eine ansehnliche mobile Variante gibt. Da das Internet ein relativ junges Medium ist, gibt es für vieles noch keinen Standard, auf den in konzeptionellen Fragen zurückgegriffen werden kann. Erste Parameter einer professionellen Kommunikation haben sich inzwischen aber zumindest für die Bereiche PR und Marketing auch im Web herausgebildet.20 Im Bereich der Wissensvermittlung, die ein Museum auch online betreiben kann, wird aktuell noch viel experimentiert.
Website und Webauftritte im Rahmen der Gemeindewebsite Nicht alle Museen verfügen über eine eigene Website. Oft sind die Webpräsenzen von Heimatmuseen auch auf den Websites von Gemeinden als Unterseiten angelegt. Dies hat den Vorteil, dass damit die Wartung ausgelagert werden kann und den Nachteil, dass die Seite meist umständlicher zu aktualisieren ist und weniger umfangreich ausfallen muss. Zumindest ein minimaler Webauftritt dieser Art sollte jedoch für jede Einrichtung vorhanden sein. Dort sollten Besucher vor allem Kontakt, Saisondauer und Öffnungszeiten finden können. Darüber hinaus ist auch ein Kurztext zum thematischen Schwerpunkt der Sammlung mit einigen Bildern aus dem Museum empfehlenswert. Auch die Pressemappe dort einzustellen ist sinnvoll.
Museen können darüber hinaus auch umfassender mit dem Medium arbeiten und eine Online-Variante der Einrichtung im Netz etablieren. Hier ist unbegrenzt Raum für unzählige Hintergrundinformationen und Sammlungsstücke, für die in den Ausstellungsräumen kein Platz ist. Damit eine Website mit vielen Informationen aber nicht verwirrend wirkt, muss sie sehr übersichtlich gegliedert und vor allem optisch scannbar sein.21 Das ist gerade hinsichtlich des Leseverhaltens der Internet-User wichtig: Im Internet ist es immer denkbar, dass die User nur einen rudimentären Überblick wollen oder auf der Suche nach einer ganz bestimmten Information über diverse Links auf die Website gelangt sind, auf der sie die gesuchte Information nicht zwingend finden müssen. Auf Grund der Vielzahl der Seiten im Netz neigen deshalb viele User dazu, rasch weiterzuklicken, wenn sie nicht auf den ersten Blick erkennen können, ob die Seite den gewünschten Content enthält. Wichtig beim Aufbau der Website ist deshalb eine klare Struktur, bei der Hauptinformationen in der Seitenhierarchie oben angelegt sind und Detailinformationen entsprechend in den tieferen Hierarchieebenen wiedergegeben werden. Auf der Homepage selbst, wie man die Startseite einer Website nennt, sollten die Adresse und die Öffnungszeiten zu sehen sein, sowie aktuelle Veranstaltungen. Die gesamte Website sollte sich möglichst in nicht mehr als fünf Rubriken gliedern. Sinnvoll ist eine Rubrik zum Themenkomplex der Einrichtung selbst, wo dann auch Teammitglieder, Trägerverein, Geschichte des Hauses usw. zu sehen sein können. Eine zweite Rubrik sollte sich mit der Sammlung befassen. Die unterschiedlichen Sammlungsschwerpunkte können darunter als eigene Unterseiten angelegt werden. Eine weitere Rubrik sollte das Angebot des Museums beinhalten. Hier ist Platz für die Eintrittspreise, Führungsangebote, das Schulprogramm und Workshops, die ebenfalls zunächst in der Übersicht gezeigt werden und in einer Ebene darunter, auf einer Unterseite, dann im Detail beschrieben werden können. Schließlich sollte es noch eine Rubrik zum Kontakt geben. Dort sollte möglichst neben der Adresse und Anfahrtsbeschreibungen auch ein Lageplan eingestellt sein. Der Aufbau der Website, bei dem die wesentlichen Informationen oben angeordnet sind, die tiefergehenden immer weiter darunter, sollte auch im Aufbau der Texte selbst berücksichtigt werden. Ebenso wie bei den Presseaussendungen sollte es (Abb. 10) klare Überschriften geben und einen Lead-Absatz, aus denen die wesentlichen Informationen des gesamten Textes bereits hervorgehen.
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Texte aus Büchern, etwa Museumsführern oder Publikationen zur Sammlung, können daher in der Regel nicht eins zu eins übernommen werden.22 Für die Website der Hallstatt-Forschung wurden beispielsweise vor allem Texte der Publikation „Salz-Reich“23 genutzt. Trotzdem die Texte des „Salz-Reichs“ populärwissenschaftlicher Natur sind, mussten sie für den Gebrauch im Netz mit einem Lead-Absatz versehen und mit Zwischenüberschriften gegliedert werden. Zum Teil war auch ein neues Zusammensetzen einzelner Textteile notwendig. Die Zwischenüberschriften wurden als seiteninterne Links unter dem Lead aufgelistet, sodass sie beim Öffnen der Seite sofort sichtbar waren. Dadurch können die User nicht nur rasch erkennen, ob die Seite für sie relevante Informationen enthält, sondern diese auch rasch ansteuern.24
Weblog
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Eine andere Möglichkeit, im Internet präsent zu sein, ist ein Weblog. Dieser lässt sich im Prinzip recht ähnlich gestalten wie eine Website, weil er neben der ständig zu aktualisierenden Seiten mit den Blogeinträgen auch statische Seiten haben kann, auf denen man die Informationen zum Museum ähnlich anlegen kann wie auf einer Website. Das Wort „Weblog“ bzw. „Blog“ wurde aus den Begriffen „World Wide Web“ und „Logbuch“ gebildet. Es bezeichnet ein im Internet meist öffentlich einsehbares Tagebuch, in dem ein oder mehrere Blogger Texte, Bildmaterial und Sonstiges publizieren und ihre Meinung und Gedanken äußern.25 Ein Blog kann, muss aber nicht immer Informationen von großer Tragweite beinhalten. Ziel darf es auch sein, z. B. die Atmosphäre im Museum zu vermitteln. Da Blogbeiträge möglichst persönlich sein sollen, werden sie in der ersten Person geschrieben. Ihr Ton ist nicht werblich. Weblogs sind besonders dazu geeignet zu zeigen, was die Mitwirkenden im Museum motiviert, sich dort zu engagieren und wie viel Zeit und Mühe sie dafür aufwenden. Grundsätzlich sind Blogs eine Einladung zur Diskussion an die Leser. Deshalb gibt es unter den Postings in der Regel Kommentarfelder. Von diesen macht allerdings nur ein Bruchteil der Leser Gebrauch. Im Netz gilt vereinfacht gesagt, eine 90-9-1-Regel, d. h. auf einen, der einen Content einstellt, kommen neun Menschen, die damit interagieren, und 90 Konsumenten, die den Content lediglich konsumieren.26 Es ist empfehlenswert, die Kommentare an eine Moderation zu binden. D. h. die Kommentare der User werden nicht
automatisch auf der Seite eingestellt, sondern müssen erst von einem Administrator geprüft und dann freigeschaltet werden. Die Zahl der Spams unter den Kommentaren ist enorm und diese lassen sich selbst vom besten IT-Team nicht lückenlos ausschließen. Zweitens ist es das „Hausrecht“ der Bloginhaber zu prüfen, welcher Content auf der von ihnen gepflegten Seite eingestellt wird. Zwar sollten auch kritische Kommentare grundsätzlich freigeschaltet und höflich beantwortet werden. Beleidigendes und Anstößiges aber darf selbstverständlich gelöscht werden. Gerade Einrichtungen zur Wissensvermittlung sind hier in einer besonderen Verantwortung. Es ist sinnvoll für einen Weblog einen Redaktionsplan zu erstellen, aus dem hervorgeht, zu welchem Thema wer wann ein Posting schreiben und veröffentlichen soll. Postings sollten möglichst regelmäßig, idealerweise immer an den gleichen Wochentagen veröffentlicht werden, da die Regelmäßigkeit von Postings zu gesteigerten Zugriffszahlen führt.27 Daneben ist es sinnvoll, im Blog ein Tool einzubauen, das es den Lesern ermöglicht, sich bei neuen Postings benachrichtigen zu lassen, den Blog also zu abonnieren. Selbst damit aber wird nur ein Bruchteil der neuen Texte tatsächlich bemerkt. Am wirkungsvollsten ist das Verbreiten neuer Postings im eigenen Netzwerk über andere Social Media wie Twitter und vor allem Facebook.28 Zur Gestaltung eines idealen Blogtextes gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Eine Textlänge von etwa einer halben bis einer DIN-A4-Seite scheint jedoch von vielen als angenehm empfunden zu werden. Längere Texte, die sich sinnvoll unterteilen lassen, können auch als Reihen gepostet werden. Der Weblog selbst kann, wenn ein Anlegen auf der eigenen Website zu aufwendig scheint oder eine solche nicht existiert, auf diversen Blogging-Plattformen angelegt werden, wie z. B. auf blogger.com von Google. Das Einrichten ist recht simpel und setzt nur wenige Fachkenntnisse voraus.
Social-Media-Kanäle Facebook und Twitter Es gibt noch zahlreiche Social Media, die je nach Zielgruppe unterschiedlich interessant für Heimatmuseen sein können.29 Am wichtigsten für kleinere Museen sind Facebook und Twitter. Zwar ist die eigene Präsenz dort meist kostenlos, aber damit natürlich noch lange nicht kostenfrei für die Organisationen, denn die Betreuung der einzelnen Accounts benötigt Zeit und bindet Ressourcen.
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Facebook ist ein soziales Netzwerk, in dem man neben privaten Accounts u. a. auch Fanseiten für Organisationen, Unternehmensseiten, einrichten kann. Private Accounts, die für Organisationen eingerichtet worden sind, hat Facebook in den letzten Jahren immer wieder gelöscht. Tatsächlich ist der UnternehmensAccount für die Zwecke eines Museums auch deutlich besser geeignet, da er z. B. einen Einblick in die Nutzerdaten gewährt und zeigt, wie die eigenen Fans auf bestimmte Arten von Postings reagieren, wo sie herkommen usw.
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Anders als beim privaten Account befreunden sich die User nicht mit einer Unternehmensseite, sondern liken sie. Daraufhin werden neue Postings auf dem Unternehmens-Account in der persönlichen Neuigkeiten-Seite der Nutzer angezeigt. Die Unternehmens-Accounts sind kostenlos, ob es sich aber lohnt, einen solchen zu haben, hängt vor allem davon ab, wie regelmäßig er betreut werden kann. Facebook ermittelt nämlich durch einen Newsfeed-Algorithmus, welche Inhalte nun tatsächlich für die Nutzer relevant sind30 und zeigt sie ihnen dementsprechend an. Wenn nicht regelmäßig gepostet wird, werden auch die wenigen Postings, die es gibt, nur sehr kurz oder gar nicht für die Nutzer im Newsfeed sichtbar sein. Damit der Account auf Facebook wirklich funktioniert und die hineingesteckte Arbeit nicht ungesehen bleibt, sollte möglichst täglich gepostet werden. Die Postings selbst sollten dabei Inhalte haben, die wirklich für die Zielgruppe spannend sind und sie zum Liken, Teilen oder Kommentieren animieren. In Österreich existieren im Jahr 201631 3.700.000 Accounts. Davon werden rund 600.000 von der Gruppe 50+ unterhalten. Die Tendenz ist weiter steigend. Twitter ist ein Mikroblogging-Dienst, bei dem ein Posting, Tweet genannt, in der Regel maximal 140 Zeichen umfassen darf. Versuche von Twitter, die Zeichenzahl zu erweitern, stoßen immer wieder auf Widerstand bei den Twitter-Nutzern. Man kann über Twitter auch Bilder und kurze Videos posten. Genutzt wird Twitter von den meisten Usern in der Art eines Nachrichtenkanals, über den oft Kurzinfos mit einem Link zu ausführlicheren Texten im Netz versendet werden. Im Newsfeed sieht man, so wie bei Facebook, die Postings von jenen Accounts, die man abonniert hat. Twitter dürfte aktuell der schnellste Medienkanal der Welt sein. In Österreich wird er vor allem von Journalisten genutzt, weshalb die Nutzung des nicht pflegeintensiven Kanals sich durchaus auch für kleine Einrichtungen empfiehlt. Die wichtigsten Begriffe in einem Posting, z. B. einen
Veranstaltungsort, sollten mit einem # Hashtag versehen werden, da danach viele Nutzer gezielt suchen. Die größeren Museen haben inzwischen fast alle einen mehr oder weniger aktiven Account.
1 Vgl. Oeckl, Albert: Handbuch der Public Relations Theorie und Praxis der Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und der Welt, München 1964, 31. 2 Vgl. Fröhlich, Romy: Zur Problematik der PR-Definition(en). In: Fröhlich, Romy / Szyska, Peter / Bentele, Günter: Handbuch der Public Relations: Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, 3. Aufl., Berlin 2015, 103–120. 3 Vgl. Karmasin, Matthias: PR im Stakeholder-Ansatz. In: Fröhlich, Romy / Szyska, Peter / Bentele, Günter: Handbuch der Public Relations: Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, 3. Aufl., Berlin 2015, 341–356. Die auch von Karmasin verwendete Übersetzung durch „Anspruchsgruppen“ (siehe ebd. 2) hält die Autorin für problematisch, weil sie nicht neutral ist, sondern einen (formulierten) Anspruch zumindest impliziert. Tatsächlich müssen aber nicht alle Stakeholder einen wie auch immer gearteten Anspruch haben. 4 Ein Beispiel für eine Stakeholder-Analyse im Kontext von Kultur und Denkmalpflege siehe Löw, Carmen: Die Stakeholder-Values der Hallstatt-Forschung. Archäologie aus der Perspektive von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik. In: Archäologische Informationen 39, Heidelberg 2016, 69–76. Online abrufbar unter www.dguf.de/fileadmin/AI/ArchInf-EV_Loew.pdf [8. 10. 2016]. 5 Vgl. Shannon, Claude Elwood: A Mathematical Theory of Communication. In: The Bell System Technical Journal 27, 1948, 379–423, 623–656. 6 Ein schriftliches Zitat ist bislang nicht bekannt. 7 http://prva.at/itrfile/_1_/24d8bd178253ca3b098ae695b8241454/ Ehrenkodex%20des%20PRVA.pdf [7. 10. 2016]. 8 Das österreichische Urheberecht ist online abrufbar unter www.ris.bka.gv.at/ GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001848 [8. 10. 2016]. 9 www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bundesnormen/NOR40134353/ NOR40134353.pdf [8. 10. 2016]. 10 Vgl. Wiedmann, Klaus-Peter: Corporate Identity und Corporate Design. In: Bruhn, Manfred / Esch, Franz-Rudolf / Langer, Tobias (Hg.): Handbuch Kommunikation. Grundlagen – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzungen, Wiesbaden 2009, 329–358, sowie: Seebohn, Joachim: Corporate Design. Gabler Kompakt-Lexikon Werbepraxis: 1.400 Begriffe nachschlagen, verstehen, anwenden, 3. Aufl., Wiesbaden 2005, 39. 11 Vgl. Wiedmann, Klaus-Peter: Corporate Identity und Corporate Design. In: Bruhn, Manfred / Esch, Franz-Rudolf / Langer, Tobias (Hg.): Handbuch Kommunikation. Grundlagen – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzungen, Wiesbaden 2009, 337–358. 12 Vgl. Lin-Hi, Nick: Code of Conduct. In: Winter, Eggert (Hg.): Gabler Wirtschaftslexikon, Wiesbaden, ohne Jahr, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/18000/code-of-conduct-v7.html [8. 10. 2016]. 13 www.oeak.at/ [7. 10. 2016]. 14 Mediadaten der Verlagsgruppe News können eingesehen werden unter www.vgn.at/a/ werbung-print-tarifemediadaten [7. 10. 2016]. 15 www.meinbezirk.at/oberoesterreich/ueber-uns-oberoesterreich/ [7. 10. 2016].
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16 Beispiele für Presseaussendungen sind online auf der Website der APA, der Austria Presse Agentur, unter www.ots.at/ zu finden. [8. 10. 2016]. 17 www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/ informationsgesellschaft/ikt-einsatz_in_haushalten/022213.html [7. 10. 2016]. 18 Die Angaben zu sämtlichen Altersgruppe stammen von Statistik Austria. www.statistik.at/ web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/informationsgesellschaft/ ikt-einsatz_in_haushalten/073636.html [7. 10. 2016]. 19 Diese Beobachtung wurde auch beim Stiegenblog der Hallstatt-Forschung gemacht. Dazu Löw, Carmen / Poppenwimmer, Fiona / Reschreiter, Hans: Der Stiegenblog – Ein Weblog der Hallstatt-Forschung. In: Archäologie Österreichs 27 / 2016, Heft 1, 36–43. Die Entwicklung der mobilen Internetnutzung in Deutschland kann unter folgendem Link eingesehen werden: www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php? id=524 [7. 10. 2016]. 20 Vgl. Schindler, Marie-Christine / Liller, Tapio: PR im Social Web. Das Handbuch für Kommunikationsprofis. 2. Aufl., Köln 2012. Reschreiter, Hans [u. a.]: Hallstatt goes online – Die Website der Hallstatt Forschung. In: Archäologie Österreichs 26 / 2015, Heft 1, 23. 21 Zur Verweildauer der User auf Websites und ihrem Leseverhalten siehe: Weinreich, Harald / Obendorf, Hartmut / Herder EElco / Mayer, Matthias: Not quite the average: An empirical study of Web use. ACM Transactions on the Web 2, 1, Article 5 (February 2008), 19. http://ccit.college.columbia.edu/sites/ccit/files/weinreich-web-use-study.pdf [07.10.2016]. Ebd. 20. 22 Ebd. 21. 23 Vgl. Kern, Anton / Kowarik Kerstin / Rausch, Andreas / Reschreiter, Hans (Hg.): Salz-Reich – 7000 Jahre Hallstatt. Veröffentlichungen der Prähistorischen Abteilung 2, Wien 2008. 24 www.nhm-wien.ac.at/hallstatt [8. 10. 2016]. 25 Vgl. Könneker, Carsten: Wissenschaft kommunizieren. Ein Handbuch mit vielen praktischen Beispielen, Weinheim 2012, 180. 26 Vgl. Schindler, Marie-Christine / Liller, Tapio: PR im Social Web. Das Handbuch für Kommunikationsprofis. 2. Aufl., Köln 2012. Reschreiter, Hans [u. a.]: Hallstatt goes online – Die Website der Hallstatt Forschung. In: Archäologie Österreichs 26 / 2015, Heft 1, 23. 27 Vgl. Löw, Carmen: Die Stakeholder-Values der Hallstatt-Forschung. Archäologie aus der Perspektive von Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik. In: Archäologische Informationen 39, Heidelberg 2016, 69–76. 28 Der größte Teil der nachvollziehbaren Zugriffe erfolgte beim Stiegenblog der Hallstatt-Forschung trotz der Möglichkeit des Abonnierens über Facebook. 29 Einen Überblick über die Nutzer in Österreich bietet http://socialmediaradar.at/ [8. 10. 2016]. 30 Übersichtlich erklärt wird der Facebook Newsfeed Algorithmus auf http://allfacebook.de/pages/ facebook-newsfeed-algorithmus-faktoren [8. 10. 2016]. 31 Stand 1. 8. 2016. Auch die folgenden Zahlen stammen von Social Media Radar Austria http://socialmediaradar.at/facebook [8. 10. 2016].
4. DER ERFOLGREICH MUSEUMSSHOP ALS SCHAUFENSTER FÜR DAS MUSEUM Annika Hampel
„Der Eingang des Museums [...] sollte wie ein Schaufenster reizen und verführen [mit] einem schön dekorierten Museumsshop [...].“ 1 Wann ist ein Museumsshop erfolgreich? Wie messe ich in diesem spezifischen Fall Erfolg? Anhand der Besucher- und Umsatzzahlen oder anhand der Verweildauer der Besucher im Shop? Ist ein „erfolgreicher“ Museumsshop, ein Museumsshop, der selbst ein Museum ist, wie der Shop des Jüdischen Museums in Berlin, oder ist er erfolgreich, wenn er sich abhebt von dem regulären Sortiment, welches fast jeder Shop zu bieten hat: Bücher, Schreibwaren und Geschenkartikel? Manchmal gehe ich in einen Museumsshop, ohne das Museum selbst zu besuchen, vornehmlich in anderen Ländern, auf Dienstreisen, wenn wenig Zeit bleibt und ich schöne Souvenirs kaufen möchte. Manchmal gehe ich nach einem Museumsbesuch in den dazugehörigen Museumsshop und suche erfolglos die Verbindung zwischen der Ausstellung und dem Shop-Sortiment oder ich verweile länger im Shop als im Museum. Manchmal ist es der Museumsshop, der mich entscheiden lässt, ob ich mir die Ausstellung anschaue oder nicht. Der Museumsshop kann den Museumsbesucher anlocken.2 Diese Funktion des Shops ist wünschenswert, denn die Ergebnisse der Besucherforschung in Museen zeigen, dass die Museen nach wie vor nur einen kleinen Teil der Bevölkerung erreichen.3 Der Museumsshop, der meist dem Museum vorgelagert und öffentlich zugänglich ist,4 entscheidet demnach über die Besucherzahl des Museums. Der Museumsshop ist Aushängeschild und damit Türöffner oder Türsteher des Museums. Das Phänomen „Museumsshop“ untersuchte die Verfasserin dieses Beitrags in den Jahren 2005 bis 2008 anhand von Museumsshops in Deutschland inklusive eines Vergleichs mit US-amerikanischen Modellen.5 In diese Analyse flossen eigene Beobachtungen aus den Shops der Kunsthallen Bremen und Hamburg sowie diverser großer Museen in Berlin (beispielsweise Pergamonmuseum,
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Deutsches Historisches Museum, Jüdisches Museum) ein. Des Weiteren wurden Shop-Inhaber oder -Verantwortliche sowie Shop-Besucher der genannten Museen interviewt. Unter Einbeziehung der Motivationen von sowohl Anbietern als auch Nachfragern der Museumsshops und deren Produkten steht fest: Museumsshops sind in deutschsprachigen Museen angekommen. Doch mit Blick auf die USA ist ersichtlich: Die Anzahl deutschsprachiger Museen mit erfolgreich geführten Museumsshops ist noch gering. Weniger finanzielle Beweggründe als vielmehr der Grund eines „added value“ des Museumsbesuches scheint in Europa von Bedeutung für den Aufbau von Museumsshops zu sein, wobei das Sortiment – über die traditionellen Bücher hinaus – in vielen Shops weiter gefasst sein müsste.
Die Entwicklung der Museumsshops
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In den USA haben kommerziell geführte Museumsshops eine lange Tradition und gelten als etablierter Bestandteil der Museumswelt. Entstanden sind sie aus der Notwendigkeit, finanzielle Mittel zu beschaffen, auf die die privatwirtschaftlich geführten, US-amerikanischen Museen ohne staatliche Hilfe angewiesen sind. Eintrittsgelder und Einnahmen aus dem Shop sind ein wesentlicher Grundstock des Gesamteinkommens US-amerikanischer Museen.6 Als Begründer für das Angebot von museumsbezogener Ware kann das Metropolitan Museum of Art (MET) in New York gelten, welches bereits im Jahr 1872 eröffnet wurde und seit Beginn des 20. Jahrhunderts einen Museumsshop inklusive Versandhandel führt.7 Im Jahr 1955 wurde in Denver die Museum Store Association (MSA) als Interessenvertretung gegründet, die heute in den USA rund 1.650 Museen bei der Entwicklung und im Vertrieb von Museumsshop-Produkten hilft und selbst ein umfangreiches Sortiment anbietet, dessen sich die Museen bedienen können.8 In Europa gibt es seit den 1990er Jahren ebenfalls Versuche, Produzenten, Händler und Museen zusammenzubringen, um gemeinsame Ziele zu formulieren und kostengünstig bzw. zielorientiert zu produzieren und anzubieten.9 Die Entwicklung der Museumsshops in Europa haben die Städte London und Paris vorangetrieben. In professionell geführten und intelligent sortierten Shops arbeitet ein gut geschultes Personal: Die jeweiligen Museen wie z. B. der Louvre
Bild 11: Museumsshop Tate Modern, London
stehen hinter dem Shop-Konzept und treiben so die Wirtschaftlichkeit der Shops voran. Paradebeispiel für einen äußerst lukrativen und modernen Museumsshop ist jener in der Londoner Tate Modern: Hier werden neben einer Vielzahl von Büchern, Katalogen und Zeitschriften verschiedenste Merchandising-Artikel angeboten, die allesamt den Stempel „Tate“ tragen. In diesem Shop gibt es nur hauseigen hergestellte Produkte zu erwerben. Diese decken fast alle Preisklassen ab und bedienen Besucher quer durch alle Alters- und Gesellschaftsklassen. In Deutschland entstanden die ersten Museumsshops erst Ende der 1980er Jahre. Hütter schreibt im Kontext der Geschichte des Museumsshops: „Ein Blick in die USA zeigt, dass Deutschland mindestens 40 Jahre Entwicklung nachzuholen hat [...].“ 10 Der Hauptgrund ist die Hemmung, Kunst und Kommerz zu vermischen, in der Befürchtung, dass darunter die Qualität von Museen und Ausstellungen leiden könnte.11 Hinzu kommt, dass für eine professionelle Gestaltung mit einem sorgfältig ausgewählten Sortiment fachliches Know-how, wirtschaftliches Denken und Fingerspitzengefühl von den Shop-Inhabern und -Verantwortlichen benötigt werden, denn die Eins-zu-Eins-Übertragung der Museumsshops
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aus den USA nach Deutschland ist aus steuerrechtlichen Gründen, dem Subsidiaritätsprinzip und der Einbindung der Museen in die öffentliche Verwaltung nicht möglich.
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Pantos12 stellte im Jahr 2002 empirisch fest: „Die Zahl der Museumsshops hat deutlich zugenommen.“ Ungefähr 76 Prozent der rund 100 befragten Museen in Deutschland verfügten zu diesem Zeitpunkt bereits über einen oder mehrere Museumsshops. Die Gründe für die Einrichtung eines Shops im Museum sind vielfältig. Als eine von 7 Thesen für die zukünftige Ausrichtung des Museumsmarketings hält Pantos fest: Museen werden „Kunst-Verkäufer“,13 was beinhaltet, dass das Merchandising, respektive die Shop-Ware, von den Museen zukünftig noch aktiver genutzt wird. Im Jahr 2004 führten Hütter und Schulenburg erneut eine Studie zu den Museumsshops in Deutschland durch.14 Diese war im Vergleich zu der Arbeit von Pantos weitaus größer angelegt, da insgesamt 1.146 deutsche Museen inklusive der jeweiligen Museums- und Shop-Leitung (wenn diese nicht gleichzeitig die Museumsleitung war) befragt wurden. Bei den angeschriebenen Museen handelte es sich um Kunstmuseen, historische Museen, Museen mit komplexen Beständen, mehrere Museen in einem Museumskomplex sowie Ausstellungshäuser. Von den befragten Museen besaßen nur 17 Prozent keine Verkaufsstelle, die Mehrzahl der Museen (über 83 Prozent) hatte mindestens eine. Die Untersuchungsergebnisse werden final wie folgt zusammengefasst:
„Die Studie hat aufgezeigt, dass Verkaufsstellen an deutschen Museen durchaus etabliert sind. Lediglich kleinste und kleine Museen weisen kaum kommerzielle Warenangebote auf, ansonsten ist der Verkauf von Museumsprodukten grundsätzlich Bestandteil des Museumsangebots.“ 15 Dass Museumsshops erfolgreich und bedeutend sind, lässt sich auch anhand der Legitimation und Anerkennung der Museumsshops durch eine Vielzahl neu entstandener Berufsbilder16 erkennen sowie an einer Fülle von Artikeln über Museumsshops in der deutschen Presse zwischen den Jahren 1991 bis 2008 Die öffentliche Wahrnehmung von Museumsshops in Deutschland diente als Spiegel für die vorliegende Analyse.
Motive für Museumsshops: Finanzierung, Vermittlung und Besucherbindung Den Museumsshop nur als Notlösung der deutschen Museumslandschaft zu sehen, um den Kürzungen der öffentlichen Gelder entgegenzuwirken,17 ist eine sehr einseitige Perspektive, die dem Phänomen des Museumsshops bei weitem nicht gerecht wird. Allein aus diesen finanzpolitischen Gründen kann sich der Museumsshop in Deutschland nicht so entwickelt haben, wie er sich tatsächlich entwickelt hat. Was hat die Entwicklung faktisch vorangetrieben? Welche Ursachen stecken dahinter? Und welche Funktionen, die die Museumsshops in unserer heutigen Gesellschaft übernehmen (können), sind dabei von besonderer Bedeutung? Die Wertschätzung für Museumsshops als besonderer Einkaufsort aus Sicht der Konsumenten ist groß. Gottschalk hat herausgefunden, wie wichtig die Möglichkeit für die Museumsbesucher ist, im Museum einkaufen zu können.18 Terlutter geht sogar einen Schritt weiter und spricht in seiner Studie von Museumsshops, „[deren] Vorhandensein [von den Museumsbesuchern, die Autorin] schon als Selbstverständlichkeit hingenommen [wird]“.19 Die benannte Selbstverständlichkeit hat zum einen ihre Begründung in der erlebnis- und konsumorientierten Gesellschaft Deutschlands. Museen müssen sich diesem Wandel der Zeit anpassen.20 Koch stellt in Bezug auf die Museen fest: „Um ihre heutige Mission zu erfüllen, müssen Museen sowohl Vergnügungen und Anregungen vermitteln.“ 21 Dafür wird ein außenorientiertes bzw. publikumswirksames Marketing benötigt. Museen können sich durch professionelle Vermarktung mit emotional ansprechenden Produkten an den Wünschen des Publikums orientieren. Besucherorientierung bedeutet, sich von der Objektorientierung des Museums abzuwenden und dem Publikum (neue) Zugänge zu Kultur und Kunst anzubieten. Versucht das Museum sowohl qualitativ als auch quantitativ die Besucherorientierung zu vergrößern, d. h. die Kunst bzw. Kultur und die Rezipienten vermehrt zusammenzubringen, spricht man von Audience Development (deutsch: Publikumsentwicklung). Schneede bezeichnet die Besucherorientierung als „Dienst am Publikum“, womit das Museum zum Dienstleister avanciert.22
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Neben den Kernaufgaben des Museums – das Sammeln, Bewahren und Forschen – treten somit die Kundenzufriedenheit und die Vermittlung kultureller Werte durch zeitgemäße Formen wie Interaktion, Animation, Virtualität und Info- / Edutainment in den Vordergrund.23 Grundlage dieses Dienstleistungscharakters sind Essen, Shopping, Unterhaltung und geselliges Beisammensein in Museen in Form von Museumsshops, Museumscafés, Museumsnächten, Museumskonzerten und -lesungen.24 Dieses Angebot beinhaltet die Chance, sich von der Konkurrenz anderer Freizeitangebote abzugrenzen, die Aufmerksamkeit, die Zeit und das Geld der Besucher und Kulturkonsumenten zu gewinnen und sich somit am Markt erfolgreich zu platzieren.25 Der Service eines intelligent sortierten Museumsshops mit gutem Service und geschultem Personal hat maßgeblich Einfluss auf die Attraktivität der Museen:26 „Museumsshops können zur Vorziehenswürdigkeit, zur Einzigartigkeit, zur Unverwechselbarkeit, also zu Wettbewerbsvorteilen von Museen beitragen – und sei es als »trojanisches Pferd«, wenn Besucher vorzugsweise Shop-Angebote wahrnehmen [...], dabei aber zum Besuch des Museums veranlasst werden können.“ 27
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In Hinblick auf die Vermittlung kann die Ware des Museumsshops eine stärkere inhaltliche und emotionale Bindung an das Museum erreichen, in dem die Museums- und Ausstellungsinhalte aufgegriffen, nachvollzogen, nachbearbeitet und vertieft werden.28 Besonders in den USA wird der Beitrag der Museumsshops zur Förderung des Bildungs- und Vermittlungsziels der Museen betont: „The museum store is primarily an extension of the educational aspect of the museum.“ 29 Dieser Mehrwert setzt jedoch voraus, dass die Waren des Museumsshops einen Bezug zu den Exponaten und den Inhalten des Museums haben, denn sonst wäre der Museumsshop nicht viel mehr als ein Geschenkeladen. Diese Verbundwirkung zwischen der Verkaufsstelle und der Museumsleistung zeigt sich nicht nur an den Produkten und deren Bezug zur Sammlung, sondern auch an der Lage des Shops, an den Öffnungszeiten oder an der angesprochenen Kundschaft.30 Die Unterstützung der Shops zur Erweiterung des Kunst- und Kulturverständnisses wird von den Konsumenten als größter Vorteil eines Museumsshops geschätzt, wie Gottschalk empirisch nachwies.31 Somit kann folgende Wirkungskette aufgestellt werden: „Die Vermittlung zu beachten, heißt die Qualität in den Mittelpunkt zu stellen, somit die Zufriedenheit der Kunden zu fokussieren und dann langfristige Geschäftserfolge zu erzielen.“32
Bild 12: Museumsshop Tate Modern, London
Ein weiteres Motiv für den Museumsshop ist das „Imageziel“.33 Sie fungieren als „Visitenkarte“ des Museums. Günter umschreibt ähnlich dem Zitat eingangs: „Ein Museumsshop [ist] ein Schaufenster des Museums, das den Gesamteindruck von einem Museum und das Gesamterlebnis des Besuchers mitprägt.“ 34 Durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln – ausgezeichnet mit Namen, Sonderausstellung oder Credo des jeweiligen Museums – die wiederum an Dritte verschenkt werden oder öffentlich getragen bzw. zur Schau gestellt werden, kommt es zu einem Multiplikationsfaktor, sodass die Marke Museum – im Ideal überregional – verbreitet bzw. etabliert wird.35 Diese Artikel, die imageprägende und multiplikatorische Funktionen haben, werden als „korporative Produkte“ bezeichnet. Daraus lässt sich schließen, dass der Museumsshop eine gute Möglichkeit bietet, auch als Werbeträger für andere Shops, Museen, touristische Einrichtungen etc. zu werben. Dies bestätigt empirisch die Studie von Pantos, die herausfand, dass rund 95 Prozent der Museumsleiter angaben, ganz oder teilweise mit anderen Kultureinrichtungen zu kooperieren.36
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Museumsshops, in Konzeption und Architektur den Museen idealerweise integriert wie beispielsweise im Jüdischen Museum in Berlin oder in der Pinakothek der Moderne in München, sind mit diesen Zielsetzungen folglich nicht nur „added value“, sondern integraler Bestandteil eines ganzheitlichen, zeitgemäßen, besucherorientierten Museumskonzeptes, indem sie das Museum bei der Öffentlichkeitsarbeit, bei der Kundenzufriedenheit und bei der Vermittlung von Inhalten unterstützen.37
Die Shop-Ware
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Was Waren des Museumsshops so erfolgreich macht, ist die Ästhetisierung und Emotionalisierung der Konsumgüter. Dies ist heute wesentlicher Bestandteil des Marketings weltweit und unserer Konsumgesellschaft: Die Werbung wird zur Kunst, Konsumgüter haben einen massiven Symbolgehalt, als Ausdruck eines gewissen Lebensstils oder als Distinktionsmittel. Dingen wird heute dieselbe Fähigkeit nachgesagt wie seit zweihundert Jahren den Werken der Kunst: „Sie [die Dinge] bahnen Zugänge zu Erinnerungen, fiktionalisieren die Alltagswelt, transformieren Identitäten, eröffnen Zukunftsperspektiven.“ 38 Die Inszenierungen der Museumsshops, die sich einer solchen Entmaterialisierung des Konsums verschrieben haben, präsentieren ihre Waren wie Exponate im Museum: In Vitrinen stehen kostbare Produkte zum Verkauf „einzeln freigestellt, angestrahlt wie in einer Schatzkammer, dargeboten als Unikate“.39 Die Frage von Kindern „Was kostet das?“ muss im Museum nicht mehr irritieren.40 Zwar ist das Exponat an sich nicht käuflich, doch mit Sicherheit Objekte in Anlehnung an dieses Kunstwerk und zur Erinnerung an den Museumsbesuch. Die Unverfügbarkeit des Museumsgutes, worunter der Besucher so sehr gelitten hat, erfährt einen „Befreiungsschlag“, so Keim.41 Die Shop-Ware, angereichert mit dem symbolischen Inhalt des Museums und einem Teil der Aura des Originals, wird käuflich, was den Museumsbesuch konserviert und es möglich macht, den Museumsbesuch in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen. Die Gestaltung der Sortimente von Museumsshops ist ein „kritisches“ Instrument des Marketings in Museen und ihren Museumsshops – kritisch, weil sich daran der Erfolg eines Shops maßgeblich entscheidet. Durch die „richtigen“ oder „falschen“ Sortimente werden die Arbeit des Museums und dessen Erscheinungsbild nach
außen positiv oder negativ bestimmt. Unter „falsch“ sind beispielweise wertund geschmackloser sowie oberflächlicher Kitsch zu verstehen.42 Als wohl prominentestes Beispiel gilt die aufblasbare Gummipuppe, welche die auf der Brücke stehende Frau von Munchs „Der Schrei“ darstellen soll und die die Kunst, so viele Kritiker, gedanken- und gnadenlos verflacht.43 „Positive“ Produktangebote werden vor allem auf Basis der Zielgruppenanalyse entwickelt und den museumsspezifischen Belangen, insbesondere der thematischen Nähe zur Ausstellung, den Vermittlungsabsichten und PR-Zielen angepasst.44 Trotz des Ziels, über Merchandising-Produkte Museumsideen und -inhalte zu transportieren, gelten grundsätzlich auch für Museumsshops die Gesetze des Marktes, speziell die des Einzelhandels. Wie die Kultureinrichtungen selbst, stehen auch die Waren im Museumsshop in unmittelbarer Konkurrenz zu den Produktangeboten des regulären Einzelhandels.45 Den ähnlichen Sortimenten in Fachbuchhandlungen, Art-Shops und hochwertigen Geschenkboutiquen ist der Museumsshop überlegen, wenn er seine Produkte auf eine für den Kunden nachvollziehbare Art und Weise durch die Verbindung zum Museumsbesuch bzw. durch den Bezug zu museums- und ausstellungsbezogenen Inhalten Exklusivität und Individualität verleiht, was die Neugier des Kunden anregt. Die Exklusivität der Verkaufsartikel entsteht durch von Designern entworfene Produkte und deren Kaufmöglichkeit in lediglich einer Verkaufsstelle. Da sich die Shop-Produkte so am Hauptprodukt Museum inklusive Stamm- und Sonder- bzw. Wechselausstellungen anlehnen, werden sie auch als „abgeleitete“ Produkte bezeichnet und sind zu differenzieren von „ergänzenden“ Produkten, die beispielsweise auf die regionalen Besonderheiten des Museumsstandortes verweisen. Der Museumsshop und seine Produkte leben demnach insbesondere von ihrer künstlerischen Exklusivität sowie ihrer hohen Qualität. Doch was genau wird im Museumsshop verkauft – und gekauft?46 Das Sortiment eines Museumsshops ist teilbar in drei Bereiche: Books, Non-Books und Merchandising. In Museumsshops mit sehr heterogener Zielgruppe liegt der Anteil des Buchsortiments noch immer bei rund 50 Prozent des Gesamtumsatzes. Neben Büchern werden museale Originalobjekte, die künstlerisches und kulturelles Denken und Bilden ansprechen, verkauft. Zu den Non-Book-Produkten zählen jegliche Merchandisingprodukte in allen erdenklichen Formen, die Objekte bzw. Bilder der Sammlung oder der jeweiligen Ausstellung aufgreifen und diese nachbilden oder z. B. auf Gebrauchsgegenständen oder Kleidungsstücken abbilden.
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Insbesondere die mit dem Logo des Museums, dem Museumsemblem bzw. dem charakteristischen Schriftzug des Museums versehenen Artikel gehören dem Merchandising an.47 Klassische Verkaufsartikel sind der Ausstellungskatalog sowie der Museumsführer und weitere wissenschaftliche Publikationen des Museums.48 Sie rangieren auf Platz eins der erwarteten und gewünschten Shop-Artikel.49 Der Nachfrage nach den Ausstellungskatalogen folgen der Wunsch nach Repliken und Produkten, die die Corporate Identity des Hauses widerspiegeln. Diese Merchandising-Artikel, die durch das (Museums-) Logo zu Markenartikel avancieren, stellen die Kategorie der Prestigeobjekte dar. Doch die Museumsmarke als Prestigeleiter funktioniert nur dann, wenn die Kulturinstitution einen guten und etablierten Ruf genießt.50 Neben exklusiver und prestigewirksamer Ware sollte die Produktpalette genügend Diversifikation zeigen und auch Niedrigpreisartikel – so genannte „Mitnahme-Artikel“ – wie Postkarten, Bleistifte oder Schlüsselanhänger anbieten. Denn Käufe in Museumsshops gelten als Impuls- bzw. Spontankäufe, die durch das unmittelbare Besuchserlebnis im Museum und das vor Ort vorhandene Produktangebot ausgelöst werden.51 116
Zwei Produktphänomene sind für Museumsshops sehr spezifisch: die limitierten Auflagen und die Reproduktionen. Sie greifen die Vermischung von Ware und Exponat, von Konsum und Kunst auf. Der Kunde kann sich mit den ShopProdukten, die stellvertretend für die Kunstobjekte des Museums stehen, sein eigenes „Musée imaginaire“ zusammenstellen. Er wird zum Sammler und Kurator, insbesondere wenn die Produkte künstlich limitiert werden („Limited Editions“), sodass sie zu wertvollen Objekten werden und somit der der Kunst inhärenten Exklusivität des Museums sehr nahe kommen.52 Der Verkauf von Reproduktionen als Grafiken oder auch als Gebrauchsgegenstände erfreut sich großer Beliebtheit.53 Reproduktionen sind preisgünstige, serienmäßig produzierte Nachbildungen von berühmten Kunstwerken, die den Faktor Wiedererkennbarkeit in sich tragen.54 Aus dieser „Ware Kunst“ ist eine neue Klasse von Objekten entstanden: Repliken, Gadgets (Aufmerksamkeit erregendes, anormales Ding), Gimmicks (witziges Gerät, dessen Funktion Aufmerksamkeit und Aufsehen erzeugt), Modelle, Designobjekte, Souvenirs, Miniaturen und Adaptionen.55
Bezüglich der Preisgestaltung haben Untersuchungen folgende Wechselwirkungen zwischen der Eintrittspreisgestaltung und dem Ausgabeverhalten der Besucher im Museumsshop festgestellt: Ist der Eintrittspreis bereits hoch, ist die Ausgabebereitschaft der Besucher im Museumsshop geringer, was dennoch bedient werden sollte, selbst wenn es sich nur geringfügig auf den Umsatz auswirkt.56 Jeder zweite der rund 100 Millionen Museumsbesucher in Deutschland kauft nach dem Ausstellungsbesuch im Museumsshop für durchschnittlich 7 Euro ein.57 Hütter und Schulenburg zufolge erreichen Museumsshops renommierter großer Museen in den USA und im europäischen Ausland gemessen an der Gesamtbesucherzahl 20 Prozent Käufer.58 Ende der 1990er Jahre war in Deutschland das Ziel, dass mindestens 10 Prozent der Museumsbesucher zu einem Kauf im Haus veranlasst werden,59 wobei herausragende Einzelausstellungen sowie besondere Events einen deutlich höheren Anteil erzielen können. Fakt ist, dass sich Museumsshop-Betreiber noch viel mehr Zustrom und Verkaufsaktivität wünschen und dass es das Potenzial von Museumsshops noch weiter auszuschöpfen gilt. 1 Tuyl, Gijs van: Eine Kollektion muss frisch auf den Tisch. In: Prager, Heinz-Günter [u. a.]: Das Museum der Zukunft. Eine Artikelserie. Museumskunde, Jg. 64, Heft 2, 1999, 98. 2 Vgl. auch Kirchberg, Volker: Gesellschaftliche Funktionen von Museen. Makro-, meso- und mikrosoziologische Perspektiven, Wiesbaden 2005, 259 und Gottschalk, Ingrid: Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden 2006, 134. 3 Vgl. Kirchberg, Volker: Gesellschaftliche Funktionen von Museen. Makro-, meso- und mikrosoziologische Perspektiven, Wiesbaden 2005, 35. 4 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 40. Der weitaus größte Teil der Museumsshops liegt im Ausgangsbereich der Museen (vgl. Betts, Raymond F.: A history of popular culture. More of everything, faster, and brighter, New York 2004, 120). So führt kein Weg am Shop vorbei und die Besucher erreichen den Museumsshop zwangsläufig. Dies haben sowohl Hoffmeister (vgl. Hoffmeister, Eva: Museumsläden in NRW. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 46) als auch Hütter und Schulenburg (vgl. Hütter, Hans Walter/Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 11–14, 39–40, 67) empirisch nachgewiesen. Während im Jahr 1997 erst 50 Prozent aller Einrichtungen den Zwang, dass Museumsbesucher den museumseigenen Shop betreten müssen, bejahten, waren es im Jahr 2004 bereits 72,5 Prozent. Schulenburg und Hütter stellen mit den Shops des Louvre in Paris und des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn mustergültige Positionierungen vor: Der Besucher wird sowohl vor als auch nach dem Museumsbesuch von einem offen angelegten, zum Stöbern einladenden Shop angezogen.
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5 Basis dieses Artikels ist meine Veröffentlichung „Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur“, erschienen im Jahr 2010 im Diplomica Verlag: http://tinyurl.com/jo89744 [7. 9. 2016]. Unter Verwendung sozial-, kultur- und wirtschaftswissenschaftlicher Theorien wird der Museumsshop hier als nicht mehr wegzudenkende Institution im Dienstleistungsunternehmen Museum facettenreich analysiert und interpretiert. Zahlreiche Beispiele, die in diesem Kurzartikel leider nicht alle beschrieben werden können, unterstreichen die Analyse anschaulich. Der in meiner Arbeit verwendete Begriff „Museumsshop“ umfasst im weitesten Sinn eine Räumlichkeit oder einen Bereich im oder in der Nähe des Museums, der dem kommerziellen Angebot von Waren und Dienstleistungen gewidmet ist. Dieses allgemeine Begriffsverständnis legt den Fokus vor allem auf die räumliche Konkretisierung des kommerziellen Verkaufsangebots und schließt neben professionell eingerichteten Museumsläden auch kleine Verkaufsgelegenheiten oder Verkaufstheken mit ein. So variieren die Verkaufsstellen erheblich in Bezug auf Größe, Ausstattung oder das bereitgestellte Sortiment (vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 13). Ich gehe folglich von der höchsten Ausprägung eines Museumshops aus, einem „professionellen Museumsladen als eigenständiges, räumlich abgegrenztes Leistungsangebot des Museums“ (Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 103). 6 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 13. 7 Vgl. Gottschalk, Ingrid: Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden 2006, 116. 8 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 9. 9 Siehe Kap. 5.8.2.3 in: Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. 10 Hütter, Hans-Walter: Kultur und Kommerz – Chance oder Widerspruch? In: Bendixen, Peter: Handbuch Kultur-Management. Die Kunst, Kultur zu ermöglichen, Düsseldorf 1997, 4. 11 Vgl. Voswinkel, Brigitte: Erfolgreiche Museumsshops. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 59–68. Auf den Diskurs über den Ausverkauf der Kultur gehe ich hier nicht ein. Zur vertiefenden Lektüre siehe Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. 12 PANTOS ist eine Werbeagentur in München, die in den Jahren 1997 und 2002 eine empirische Studie mit dem Titel „Museum und Marketing“ durchgeführt hat. Dabei wurden insgesamt 157 Museen in Deutschland zu ihrem Marketing in eigener Sache anhand von 35 Aussagen schriftlich befragt. Die Rücklaufquote dieser Befragung betrug 91 Prozent. Die Ergebnisse wurden in 7 Thesen für ein zukünftiges, erfolgreiches Museumsmarketing zusammengefasst. Besagte Studie liefert interessante Ergebnisse und wird in dieser Arbeit mehrmals herangezogen, um Aussagen zu belegen. 13 PANTOS Werbeagentur GmbH GWA: Museum und Marketing. Die Ergebnisse der Pantos-Studie, unveröffentlicht, München 2002, 16.
14 Auf die Befragung der Studie antworteten 560 Häuser, was eine Rücklaufquote von 48,9 Prozent ausmachte (vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 52). 15 Schulenburg, Sophie: Museumsshops als Marketinginstrument für Museen – eine Bestandsaufnahme. In: Museum aktuell Februar 2005, 26. Unter: http://tinyurl.com/h6lqla6 [15. 9. 2016]. 16 Zu den spezifischen Berufsbildern in einem Museumsshop siehe Kap. 5. 8. in: Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. 17 Das Museum ist aus finanzpolitischer Sicht auf 4 Säulen gestellt: staatliche oder kommunale Förderung, Fördervereine, Sponsoring und eigene Dienstleistungsangebote (vgl. Simm, Cornelia: Besucherorientiertes Museumsmarketing. Hintergründe und Finanzierung, Saarbrücken 2006, 109), sodass Museen generell zwischen den Mechanismen des ökonomischen Marktes und der staatlichen Förderung existieren. In den frühen 1990er Jahren begannen in Deutschland erste Sparmaßnahmen im Kulturbereich. Museen waren zunehmend aufgefordert, durch ein effizientes Management, Eigenmittelerwirtschaftung und Verselbstständigung der Museen in neuen Rechtsformen wirtschaftlicher zu handeln. Für viele Museen ist es kein leichtes Unterfangen, Finanzierungsalternativen zu finden und Drittmittel zu akquirieren (vgl. Schneede, Uwe M.: Museum 2000 – Erlebnispark oder Bildungsstätte? Köln 2000, 107 und Lenk, Carsten: Museum, Kaufhaus, Freizeitpark – Die gesellschaftliche Konstruktion von Erlebnisräumen. In: Kleindorfer-Marx, Bärbel / Löffler, Klara: Museum und Kaufhaus. Warenwelten im Vergleich, Regensburg 2000, 60). In meiner Studie frage ich, wozu die Einkünfte des Shops dienen. Die Einnahmen des Shops unterstützen auf Grund der neuartigen Ausrichtung der Mittelaufwendung die Unterhaltung und Verwaltung des Museums. Gerade seit Museen selbst Geld einnehmen und für ihre eigenen Zwecke verwenden dürfen, erleben die Shops einen Boom (vgl. Gajek, Esther: Museum und Kaufhaus. Ein weites Feld. In: Kleindorfer-Marx, Bärbel / Löffler, Klara: Museum und Kaufhaus. Warenwelten im Vergleich, Regensburg 2000, 10). Mit dem Gewinn des Shops können sie Ausstellungen realisieren, da durch den Shop-Erlös neue Sammlungsstücke angekauft und Kataloge erstellt werden können. Beispielsweise berichtet Fath, Leiter der Kunsthalle Mannheim, von zwanzig neuen Kunstwerken im Wert einer halben Million Euro, die er im Zeitraum von 1990 bis 1999 dank der Gewinne des Museumsshops erwerben konnte. Dem Shop an sich kommen die selbst erzeugten Einnahmen für die Produktion und den Einkauf neuer Verkaufsartikel zugute (vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 80–81). 18 Vgl. Gottschalk, Ingrid: Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden 2006: 6. - 7., 11, 117. 19 Terlutter, Ralf: Lebensstilorientiertes Kulturmarketing. Besucherorientierung bei Ausstellungen und Museen, Wiesbaden 2000, 272. 20 Vgl. Kirchberg, Volker: Gesellschaftliche Funktionen von Museen. Makro-, meso- und mikrosoziologische Perspektiven, Wiesbaden 2005, 38–42. 21 Koch, Anne: Museumsmarketing. Ziele – Strategien – Maßnahmen; mit einer Analyse der Hamburger Kunsthalle, Bielefeld 2002, 15. 22 Schneede, Uwe M.: Es ist notwendig, sich vom Staat zu lösen. In: Prager, Heinz-Günter [u. a.]: Das Museum der Zukunft. Eine Artikelserie. Museumskunde, Jg. 64, Heft 2, 1999, 101. 23 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 61–64, 104–105. 24 Vgl. Wiese, Rolf: Marktchancen für Museen. Rosengarten-Ehestorf: Freilichtmuseum am Kiekeberg 2000, 19–20. Je besucherorientierter und publikumswirksamer Museen arbeiten,
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desto eher werden Politik und Öffentlichkeit bereit sein, zusätzlich zu den Eintrittseinnahmen, Finanzmittel bereitzustellen, denn Eigenfinanzierungen des Museums (etwa durch Marketing und Eintrittseinnahmen) und staatliche Zuschüsse stehen in Wechselwirkung zueinander. Gleichzeitig ist festzuhalten: Der heutige Kulturkonsument ist mit seinen Wünschen und Bedürfnissen sehr anspruchsvoll und multidimensional (vgl. bspw. Staudenmayer, Ruth: Die strategische Perspektive: Zielgruppenorientiertes Museumsmanagement. In: Dreyer, Matthias / Wiese, Rolf (Hg.): Zielgruppen von Museen. Mit Erfolg erkennen, ansprechen und binden. Ehestorf: Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg 2004, 47. 25 Vgl. Hollein, Max: Unternehmen Kunst. Entwicklungen und Verwicklungen, Regensburg 2006, 42. 26 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 105. 27 Günter, Bernd: Integration von Museumsshops in das Marketingkonzept von Museen. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 71. 28 Der Museumsshop mit seiner verkäuflichen Ware macht den Museumsbesuch als Erinnerung konservierbar und überhaupt „fassbar“. 29 Gutbrod, Jochen: Management von Kunstmuseen in Deutschland. Von der objektbezogenen Verwaltung zum besuchsorientierten Museum, Bamberg 1994, 135. 30 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 36. 31 Vgl. Gottschalk, Ingrid: Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden 2006, 117. 32 Wall, Tobias: Das unmögliche Museum. Zum Verhältnis von Kunst und Kunstmuseen der Gegenwart, Bielefeld 2006, 17. 33 Vgl. Hoffmeister, Eva: Museumsläden und Marketing. Organisationsformen und Wirtschaftsdaten ausgewählter Museumsläden vor dem Hintergrund der Marketingtheorie, Köln 1998, 61. 34 Günter, Bernd: Integration von Museumsshops in das Marketingkonzept von Museen. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 74. 35 Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 20 und PANTOS Werbeagentur GmbH GWA: Museum und Marketing. Die Ergebnisse der PANTOS-Studie, unveröffentlicht, München 2002, 17–18. 36 PANTOS Werbeagentur GmbH GWA: Museum und Marketing. Die Ergebnisse der Studie, unveröffentlicht, München 2002, 31. 37 Vgl. Hütter, Hans-Walter: Merchandising als Bestandteil eines integrierten Museumskonzeptes. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 15–16. Voraussetzung hierfür ist: Einerseits dürfen die Museumsshops nicht als singuläre Einrichtungen „links liegen gelassen“ von den Museen geführt werden, andererseits muss das Shop-Management gewisse Regeln in der
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Sortimentsgestaltung einhalten, um einen verträglichen Auftritt mit den Inhalten des Museums gewährleisten zu können (vgl. Hoffmeister, Eva: Museumsläden in NRW. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archiv- und Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 54 und Günter, Bernd: Integration von Museumsshops in das Marketingkonzept von Museen. In: John, Hartmut: Shops und kommerzielle Warenangebote. Publikumsorientierte Instrumente zur Steigerung der Museumsattraktivität. Tagungsband zur gleichnamigen Veranstaltung des Fortbildungszentrums Abtei Brauweiler Rheinisches Archivund Museumsamt im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal, am 17. und 18. September 1998, Bielefeld 2000, 71. Ullrich, Wolfgang: Habenwollen. Wie funktioniert die Konsumkultur? Frankfurt a. M. 2006, 193. Ebd. 38, 193. Vgl. Sünwoldt, Sabine: Museum und Kaufhaus. Position des Museums. In: Kleindorfer-Marx, Bärbel / Löffler, Klara: Museum und Kaufhaus. Warenwelten im Vergleich, Regensburg 2000, 38. Keim, Gerhard: Magic moments. Ethnographische Gänge in die Konsumwelt, Frankfurt a. M. 1999, 130. Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 43. Vgl. Brock, Bazon: Die Warenwunder tut die Madonna erst im Museum. In: Fliedl, Gottfried [u. a.] (Hg.): Wa(h)re Kunst: Der Museumsshop als Wunderkammer: Theoretische Objekte, Fakes und Souvenirs, Frankfurt a. M. 1997, 81. Die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe / den Zielgruppen ist wesentlicher Bestandteil bei der Bestückung eines Museumsshops, siehe hierzu ausführlich Kap. 5. 6. In: Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 19. Mittlerweile gibt es zahlreiche Museumsshops, die ihr Produktangebot im Internet und / oder über einen Katalog (Versandhandel) vermarkten. Zwar fehlt am heimischen PC die komplette Anbindung an das Museum durch das Besuchserlebnis, doch wenn die Konsumenten auch ohne Museumsbesuch kaufen, ist dies eine relativ einfache Methode, bei geringem Kostenaufwand viele Menschen mit den Produkten „rund um das Museum“ zu versorgen. Zu Merchandising als Kombination von Gebrauchsnutzen, sinnlicher Ausstrahlung und Imagewert siehe ausführlich Kap. 5. 5. 1. 3. in: Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. Vgl. Terlutter, Ralf: Lebensstilorientiertes Kulturmarketing. Besucherorientierung bei Ausstellungen und Museen, Wiesbaden 2000, 278–280. Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 76. Vgl. Terlutter, Ralf: Lebensstilorientiertes Kulturmarketing. Besucherorientierung bei Ausstellungen und Museen, Wiesbaden 2000, 65–68, 126–128, 266. Als Beispiel prestigewertiger Shop-Artikel gilt der zur Museum of Modern Art (MoMA)-Ausstellung im Sommer / Herbst 2007 in Berlin angebotene MoMA-Schal, dessen Exklusivität als Designerstück eine entscheidende Rolle spielt: Der Schal wurde nur in kleinen Mengen produziert, sodass ein Schal für 150 Euro verkauft werden konnte. Das führte dazu, dass ein gewisses Image um das Objekt kreiste. Museumsshop-Manager Klambt: „Der Schal ist drauf und dran, das VIP-Geschenk für Berlin-Besucher zu werden. Inzwischen fragen
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internationale Firmen danach, als Berlin-Präsent für ihre Manager.“ (Berliner Morgenpost vom 8. 3. 2004). Weiteres interessantes Beispiel ist die rote Papiertragetasche vom MET, in die der Einkauf im Museumsshop gegen ein entsprechendes Entgelt eingepackt wird. Neben der Funktion als Werbeträger für Waren oder Konsumorte zielt das ästhetisch-spezifische Design der Tragetasche mit dem Image, den Logos und Labels des Museums darauf ab, ein prestigeträchtiges Identitäts- und Distinktionsobjekt in der US-amerikanischen Konsum- und Kulturgesellschaft zu sein. Vgl. Jäckel, Michael: Einführung in die Konsumsoziologie, Wiesbaden 2004, 157. Vgl. Ullrich, Wolfgang: Habenwollen. Wie funktioniert die Konsumkultur? Frankfurt a. M. 2006, 190. Vgl. Gottschalk, Ingrid: Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden 2006, 116. Vgl. ebd., 119. Ausführlich zu Reproduktionen und limitierten Auflagen als Shop-Ware siehe Kap. 5. 5. 3. 1. und 5. 5. 3. 2. in: Hampel, Annika: Der Museumsshop als Schnittstelle von Konsum und Kultur, Hamburg 2010. Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 47. Vgl. A.T. Kearney: Die Kunst, Kultur zu managen. Kulturinstitutionen brauchen neue Strategien für lukrative Einnahmequellen, Düsseldorf 2006, 3 und PANTOS Werbeagentur GmbH GWA: Museum und Marketing. Die Ergebnisse der Pantos-Studie, unveröffentlicht, München 2002, 3. Vgl. Hütter, Hans-Walter / Schulenburg, Sophie: Museumsshops – ein Marketinginstrument von Museen, Berlin 2004, 21. Vgl. Hütter, Hans-Walter: Kultur und Kommerz - Chance oder Widerspruch? In: Bendixen, Peter: Handbuch Kultur-Management. Die Kunst, Kultur zu ermöglichen, Düsseldorf 1997, 28.
5. FOKUS BESUCHERFORSCHUNG. DAS OBERÖSTERREICHISCHE LANDESMUSEUM SETZT AKZENTE Dagmar Fetz-Lugmayr
Zum Selbstverständnis der wissenschaftlichen Ausrichtung von Museen zählt auch die professionelle Evaluierung des eigenen Angebotes und der Besucherorientierung.1 Der viel gebrauchte Begriff „Evaluation“ hat vom ursprünglichen Wortstamm ausgehend bis zur aktuellen Verwendung eine weite Begriffsbedeutung.2 Aus dem Englischen wurde dieser in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ins Deutsche mit den Bedeutungen „Auswertung, Bewertung, Beurteilung“ 3 übernommen. Die Zielrichtung jeder Evaluation gibt ihr den konkreten Fokus.4 Die Motivationen „Transparenz zu schaffen und einen Dialog zu ermöglichen“ sind darunter nur zwei wesentliche Ausrichtungen.5 Auch Museen bestehen nicht als Selbstzweck, sondern in der Interaktion mit der kunst-, kultur- und naturinteressierten Öffentlichkeit. Im Bedeutungszuwachs der Publikumsorientierung für Museen wird auch der Publikumsforschung zunehmend Relevanz zuerkannt.6 Besucherforschung und Evaluation werden häufig synonym verwendet und bedürfen doch nuancierter Blickwinkel.7 Ersteres rückt die Struktur der (Nicht-) Nutzer, Zweiteres das Angebot in den Mittelpunkt. In der Praxis greifen beide Aspekte oftmals eng ineinander und ergänzen sich in ihrer methodischen Verknüpfung. Die Kernbereiche Ausstellen und Vermitteln stellen als ausgewählte Grundpfeiler der Museumsarbeit besonders intensive Schnittpunkte zum Publikum dar. Doch das Publikum gibt es nicht. Besucher sind unterschiedlich. Erwartungen, Motive, Konstellationen variieren ebenso wie die subjektiven und objektiven Barrieren im Hinblick auf potenzielle Museumsbesuche. Es ist der kultur- und bildungspolitische Auftrag, möglichst vielen Menschen den Zugang zu den umfassenden Angeboten zu ermöglichen, Interaktion zu fördern und Barrieren – auch im Sinne des Interesses, der Zugänglichkeit und der Aufmerksamkeit – zu reduzieren. Der Faktor „Zufriedenheit“ als Resümee des Abgleichs von Erwartungen8 und tatsächlich Erlebtem stellt dabei einen zentralen Forschungsgegenstand dar.
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Die Zufriedenheit des Publikums zu sichern, zu erhalten bzw. zu steigern und damit Wiederbesuchsabsicht und Weiterempfehlungsbereitschaft zu erhöhen, sind wesentliche Erfolgsfaktoren. Für die strategische Ausrichtung eines Museums ist es notwendig, mehr über Besucher zu erfahren und jene Faktoren zu erforschen, die dem Ausstellungsbesuch vorangehen bzw. diesen positiv nachhaltig prägen. Mit der Überzeugung, dass Besucherforschung großes Potenzial als Instrument für die Verbesserung publikumsorientierter Museumsarbeit birgt und die strategische Ausrichtung9 einer Kulturinstitution fundiert unterstützt, setzt das Oberösterreichische Landesmuseum mit der Stabstelle Besucherforschung und wissenschaftliche Projekte ein deutliches Zeichen. Die Zuordnung zur wissenschaftlichen Direktion unterstreicht die Bedeutung für die strategische Ausrichtung des Museums.
Besucherforschung – wozu? 124
Das Museum als interdisziplinäre Kultureinrichtung vereint eine Vielzahl an Berufsgruppen unter einem Dach und fordert deren professionelles Zusammenwirken. Ausstellungen und Vermittlungsaktivitäten sind wesentliche Schnittpunkte zum Publikum und prägen die Wahrnehmung, das Image und die Inanspruchnahme des vielfältigen Angebots. Gezielt eingesetzte empirische und statistische Methoden leisten einen großen Beitrag,10 die Schnittstelle zum Publikum zu beleuchten und den Faktor Interaktion zu erfassen. Weil das Museum kein Depot ist und seine Daseinsberechtigung keinen Eigenzweck darstellt. Weil öffentliche Gelder11 begrenzt und auch im Kulturbereich verantwortungsbewusst verwendet werden müssen.12 Weil Personalressourcen erschöpft und daher punktgenau zum Einsatz kommen sollen. Weil Mitarbeiter gerne in einem Museum arbeiten, das öffentlich positiv wahrgenommen wird und dieser Aspekt bei politischen Entscheidungsträgern nicht unerheblich ist. Weil Museumsverantwortliche ihr Angebot im Sinne bestmöglicher Besucherorientierung reflektieren.
Dabei genießt „Statistik“ oftmals einen schlechten Ruf; kompliziert und langweilig sind nur einige der Assoziationen, die ihr nicht unbedingt sofort begeistert Türen öffnet. Gerade mit dem kreativen Tätigsein im Kulturbetrieb eines Museums scheint dies auf den ersten Blick unvereinbar. Doch der zweite Blick lohnt sich: „Hinter den Zahlen das Leben zu sehen“, bringt es die Soziologie treffsicher auf den Punkt. Es ist die Statistik, die uns richtig angewandt aus einem auf den ersten Blick endlosen Zahlenmeer mit geeigneter Methodik Antworten zu Fragen wie besucherorientierte Öffnungszeiten, ausstellungsadäquate Besucherströme, Resonanz der Angebotspräsentation etc. gibt. Der zweite Blick lohnt sich immer: vor allem mit der professionellen Neugierde, interessante Zusammenhänge aufzuspüren und der Offenheit, neue Blickwinkel zuzulassen. Der zweite Blick ist kreativ! „Aha-Erlebnisse“ garantiert sind.
Interesse ist Wertschätzung Interesse steht im Gegensatz zum Begriff des „Gleichgültigen“ und drückt im Positiven einen großen Wert der Aufmerksamkeit aus. Interesse ist Wertschätzung. Diese Definition steht in Einklang mit der sprachlichen Herkunft des Wortes (lateinisch: mea interest = mir liegt an der Sache, ich lege Wert darauf).13 Auch Besucherforschung ist kein Selbstzweck, kein Ausreizen der Zahlenjonglage und statistischer Spielereien. Besucherforschung rückt die Verbindung des Museums mit der Öffentlichkeit in den Fokus;14 die messbare Interaktion der Besucher und die Motive der Nichtbesucher. Interesse bedeutet Wertschätzung dem Publikum, aber auch den eigenen Mitarbeitern gegenüber. Wodurch werden Besucher auf das Museum und dessen Ausstellungen aufmerksam? Welche Besucherprofile kennzeichnen die Standorte, wie bewerten Gäste die Vielfalt des Museums und welchen Einfluss haben soziodemographische Daten wie z. B. die Schulbildung auf die Motive des Besuchs? Interesse, Offenheit und Kreativität sind erste wesentliche Schritte. Die professionelle Herangehensweise ist Kernstück des Erfolgs.15 Der etymologische Ursprung des Begriffes „Partizipation“ (lateinisch: pars = Teil, capere = fangen, sich aneignen) spricht den aktiven Aspekt der Teilhabe an. Dieses Verständnis entspricht keinem passiven „Anwesend-Sein“, sondern betont die persönliche Aktivität. Auf diesem Verständnis basiert das vertiefende Spektrum der Besucherforschung, die somit
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qualitativ weit über die quantitative Erfassung der Museumsbesucher hinausgeht. Während die Messung der reinen Anwesenheit der Gäste ein statistisches Merkmal darstellt, welches z. B. über den Ticketverkauf erfasst wird, entgehen darüber hinausgehende Informationen (wie z. B. Motivation, Bildungsabschluss, etc.) dem Kassensystem. Dafür steht der empirischen Sozialforschung ein umfangreicher Werkzeugkoffer zur Verfügung, dessen Kenntnise und Erfahrungen im Umgang mit Besuchern eine große Bereicherung darstellen.
Datenschätze erkennen, heben und nutzen! Ticketverkauf, Kassensystem, Stammkundenkartei sowie Buchungen von Führungen sind nur einige der wertvollen Datenschätze, die es zu erheben lohnt. Besucherforschung und Besucherbefragung werden gedanklich gerne gleichgesetzt. Denkt man bei Besucherforschung zuerst an die klassische Besucherbefragung, die auf jeden Fall das Spektrum bereichert, stellt der analytische Rundumblick auf vorhandene Datenpools allerdings den notwendigen Grundstein im Aufbau standardisierter Datenanalysen dar. 126
Das Oberösterreichische Landesmuseum nutzt seit vielen Jahren ein elektronisches Kassensystem mit Ticketverkauf, Shopverwaltung und Koordination der Vermittlungsangebote. Je nach Besucherstrom entstehen damit Datensätze, deren „Schatz“ es für Museen es zu heben gilt: Besuchszeiten, Preisgruppen im Sinne von Besuchsgruppen, Stoßzeiten, Inanspruchnahme des Kulturvermittlungsangebotes und vieles mehr. Sinnvollerweise ergänzt wird die Datenerfassung durch die Eingabe der Postleitzahlen der Wohnorte der Besucher, die wertvolle Informationen über die Herkunft der Besucher, die Reichweite der Angebote und die Resonanz in punkto Marketing und Öffentlichkeitsarbeit geben. Um genaue Kenntnis über seine Besucher zu erlangen, stehen dem Oberösterreichischen Landesmuseum durch den Aufbau einer standardisierten Datenanalyse (Besucherstatistik) u. a. flexible Evaluierungsinstrumente wie Besucheranalysen, Besucherherkunftsberichte, Verlaufsstatistiken für relevante Zeiträume (jährlich, monatlich etc.) bzw. konkrete Ausstellungsprojekte oder Verlaufsgrafiken zur Verfügung. Ergänzt wird die quantitative Auswertung durch qualitative Datenerhebungen, z. B. durch Besucherbefragungen. Aber auch weitere Instrumente aus der empirischen Sozialforschung sind geplant, wie Leit-
fadeninterviews, teilnehmende Beobachtung und Ähnliches. Last but not least sind eine der wertvollsten Datenquellen als Basis erfolgreicher Besucherforschung die Mitarbeiter eines Museums, vor allem jene, die mit der Datenerfassung betraut sind. Besucherorientierung ist ebenso Mitarbeiterorientierung und die beste Auswertung nur so gut wie deren Datengrundlage. Mitarbeiterschulung, Wertschätzung und begleitende Miteinbeziehung sind wesentliche Erfolgsfaktoren, besonders im Aufbau einer professionellen Besucherforschung.
Einblicke in ausgewählte Ergebnisse der Besucheranalyse Den bereits erwähnten und weitern Fragestellungen ging das Oberösterreichische Landesmuseum in einer groß angelegten Besucherstudie16 nach, an der – zwischen September 2015 und Februar 2016 – 1.027 Gäste an den drei Linzer Standorten – Schlossmuseum, Landesgalerie und Biologiezentrum – teilnahmen. Die große Fallzahl ermöglichte detaillierte Auswertungen, Vergleichbarkeit der Standorte und gezielte Schwerpunktsetzungen, bei gleichzeitiger Flexibilität, die auf Grund unterschiedlicher Standorte gefordert ist. Zusätzlich stellte diese umfangreiche Datenerfassung und -analyse eine qualitative Ausgangsbasis für weiterführende Studien dar. Im Zeitverlauf bzw. mit ausgewählten und veränderbaren Schwerpunktsetzungen können Maßnahmen, deren Umsetzung und Wirkung in Zukunft mit Hilfe dieses Datenpools evaluiert wird, gesetzt werden. Der modulare Aufbau ermöglicht wiederkehrende Erhebungen und damit Analysen im Zeitverlauf bei gleichzeitig größtmöglicher Flexibilität. Im Folgenden dazu ausgewählte Ergebnisse: • VIELFALT HÄLT STAMMGÄSTE UND ZIEHT ERSTBESUCHER AN Mehr als jeder zweite Gast hat im Untersuchungszeitraum den jeweiligen Standort des Oberösterreichischen Landesmuseums bereits zum wiederholten Male besucht (59,3 Prozent). Das abwechslungsreiche Ausstellungsangebot und die vielfältigen Sammlungen laden zu regelmäßigen Besuchen ein. Auf der anderen Seite zeigt die Analyse einen hohen Anteil an so genannten Erstbesuchern. Jeder fünfte Befragte (22,9 Prozent) war beim Befragungszeitpunkt zum ersten Mal an diesem Standort des Oberösterreichischen Landesmuseums. In der Landesgalerie stieg der Anteil während er Laufzeit der Kubin-Ausstellung auf 29,5 Prozent. 97,3 Prozent der Gäste, die das erste Mal einen Standort des Oberösterreichischen Landesmuseums besuchen, geben an, diesen weiterzu-
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empfehlen. Die Motivationsgründe, warum das Oberösterreichische Landesmuseum besucht wird, variieren mit den soziodemographischen Daten der Besucher deutlich. Der Hauptgrund „Interesse am Ausstellungsthema“ (75,8 Prozent)17 dominiert bei allen Altersgruppen, zeigt aber eine mit dem Alter ansteigende Tendenz. Für Besucher bis 30 Jahren stellt der Museumsbesuch auch eine wesentliche Freizeitaktivität dar. Die Motivation „Weiterbildung“ erreicht ebenfalls in dieser Altersgruppe ihren höchsten Wert.
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Abb. 11: Altersspezifische Hauptgründe für den Besuch des Oö. Landesmuseums 2016
Um das breite Ausstellungsangebot nutzen zu können, sind Informationsquellen wichtige Brücken. Das Plakat ist mit einem Anteil von 34,1 Prozent wesentlichste Informationsquelle, gefolgt von der persönlichen Empfehlung. Jeder vierte Besuch (25 Prozent) basiert auf dieser Informationsquelle. Sehr deutlich prägen die Lebensabschnitte die Wahrnehmung der Information. Während bei jungen Besuchergruppen Plakate, Empfehlungen und das Internet dominieren, nimmt die Zeitung bei den über 50-jährigen Besuchern einen großen Stellenwert ein.
Abb. 12: Hauptinformationsquellen nach Altersgruppen
• MOTIVE DES INDIVIDUELLEN KULTURGENUSSES Die Hauptmotive als Triebfeder des Museumsbesuchs sind vom Alter und der Wahl der Begleitperson bzw. des Einzelbesuchs abhängig. Die Besuchsform „Familie“ ist besonders bei den Altersgruppen bis zu den 40-Jährigen ausgeprägt und sinkt danach kontinuierlich ab. Mit „Freunden“ wird das Museum vor allem von den 21- bis 30-Jährigen besucht (39,5 Prozent). Der Anteil der Einzelbesucher steigt mit dem Alter kontinuierlich an und erreicht bei der Gruppe der Über-60-Jährigen mit 20 Prozent den höchsten Anteil. Selbstverständlich hängen die Motivation des Museumsbesuchs und die gewählte Besuchsformen eng zusammen. Dies zeigt sich auch aus den Detailanalysen. Während Einzelbesucher als Hauptgrund mit einem Anteil von 84,9 Prozent das „Interesse am Ausstellungsthema“ angeben, sinkt dieser Wert bei Familien auf 65,8 Prozent, da in dieser Gruppe das Hauptmotiv „Ausflug“ (44,1 Prozent) dominiert und ebenso das Motiv „Freizeitaktivität“ (18 Prozent) deutlich ausgeprägt ist.
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Abb. 13: Besuchsformen nach Altersgruppen
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Die Motivationsgründe und Besuchsformen sind eng miteinander verknüpft. Sie prägen die Erwartungen an den Museumsbesuch und sind Ausgangspunkt für dessen Bewertung. Die unterschiedlichen Einflussfaktoren und Ausprägungen zu kennen, sind demnach wesentliche Voraussetzung, die Interaktion mit dem Museumspublikum strategisch zu gestalten. Zentrales Qualitätsmerkmal eines modernen Museums ist die Besucherorientierung. Im Anspruch kontinuierlicher Verbesserung lohnt sich die fundierte Herangehensweise, die Faktoren erfolgreicher Besucherorientierung im gefächerten Spektrum abzufragen. Gerade in diesem Bereich zeugt eine theoretische Fundierung vom professionellen Anspruch, mit den Ergebnissen auch konsequent arbeiten zu können. Das Oberösterreichische Landesmuseum hat diesen Schritt aktiv umgesetzt, mit dem Ergebnis, dass alle erfragten Faktoren der Besucherorientierung mit Höchstwerten bestätigt wurden. Der Aussage „Der Empfang im Haus war freundlich“ stimmen 99,5 Prozent der Befragten zu. Im Oberösterreichischen Landesmuseum fühlen sich Besucher willkommen (99,1 Prozent), erhielten nach eigenen Angaben alle für sie wichtigen Informationen (98,7 Prozent) und haben das Gefühl, die Mitarbeiter sind für sie da
(96,9 Prozent). 97,7 Prozent der Gäste empfanden die Atmosphäre im Museum angenehm. Zusätzlich brachten die Befragten die Bedeutung dieser Qualität durch zusätzliche Anmerkungen, Unterstreichungen des Themas oder Betonung durch handschriftliche Rufzeichen zum Ausdruck. • ANZIEHUNGSKRAFT STRAHLT AUS Die regionale Herkunft der Besucher gibt Aufschluss auf die Anziehungskraft des Angebotes sowie auf die Erreichbarkeit. Sie unterstützt den ressourcenoptimierten Einsatz von Maßnahmen des Marketings bzw. der Öffentlichkeitsarbeit. Bei empirischen Erhebungen kann diese in für das Museum relevanten Kategorien abgefragt werden. Im Oberösterreichischen Landesmuseum werden beim Ticketverkauf zusätzlich die Postleitzahlen erhoben. Im Vergleich der Abbildungen zur regionalen Herkunft wird die Anziehungskraft der aktuellen Sonderausstellungen im Jahresverlauf deutlich sichtbar.
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Abb. 14: Besuche nach regionaler Zuordnung, Österreich
Die Abbildung zeigt das österreichische Einzugsgebiet der Einzelbesucher des Schlossmuseums Linz im Jahr 2015 (exklusive Gruppen, Veranstaltungen sowie Gäste aus dem Ausland). Der Oberösterreich-Schwerpunkt ist gut erkennbar,
ebenso die Ausstrahlung Richtung Bundeshauptstadt. Die graphische Darstellung zeigt aber auch die Anziehungskraft und das Besuchsinteresse aus ganz Österreich. Vergleiche im Zeitverlauf zeigen besonders interessante Entwicklungen ebenso wie die Auswertung unterschiedlicher Standorte. Auch thematische Schwerpunktsetzungen des Ausstellungsprogrammes spiegeln sich deutlich am jeweils charakteristischen Bild des regionalen Einzugsgebietes wider.
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• WER SIND UNSERE NICHT-BESUCHER? Ein besonders wichtiger Aspekt in der Besucherforschung ist die Frage nach jenen, die das Museum nicht besuchen.18 Nicht-Besucherforschung im Blickwinkel auf die Barriereforschung bietet ein spannendes Forschungsfeld und viel theorieübergreifenden Spielraum.19 Selbst die grobe Annäherung im Sinne bipolarer Systematik im Verständnis von objektiven Barrieren, in Bezug auf die Kultureinrichtung, und subjektiven Barrieren, bezogen auf potenzielle Besucher, zeigt sich in soziologischen Analysen vielschichtiger. Man denke nur an die soziodemographischen Einflussfaktoren auf subjektive Teilhabechancen.20 Doch in einem sind sich auch unterschiedliche Annäherungen einig. Die Gründe der Nicht-Besucher, Motive und Kenntnis potenzieller Hemmnisse sind eine unverzichtbare Rückmeldung zur Reflexion des bestehenden Angebotes; im Besonderen auf die besucherorientierte Gestaltung zukünftiger Ausstellungen und in der Ausrichtung zielgerichteter bzw. ressourcenoptimierter Marketingmaßnahmen. Doch hier stellt sich die zentrale Frage, wie die Nicht-Besucher zu erreichen sind. Eine repräsentative Meinungsbefragung in einem professionellen Meinungsforschungsinstitut in Auftrag zu geben ist ein gangbarer, allerdings kostenintensiver Schritt. Zahlreiche, auf kulturelle Fragestellungen spezialisierte Anbieter sind bereits am Markt. Das Oberösterreichische Landesmuseum sucht kreative Lösungen und findet diese in Kooperationen. In Zusammenarbeit mit Naturschauspiel.at und der Abteilung Statistik des Landes Oberösterreich wurden parallele Befragungen zeitlich und modular aufeinander abgestimmt und jeweils ein Modul kreuzweise der jeweils anderen Institution gewidmet. Damit ist es gelungen, NichtBesucher zu erreichen. Als zusätzliche Win-Win-Situation ermöglichte diese Vorgangsweise auch die wertvolle Analyse wechselseitiger Einflussfaktoren.
Ausblick – Besucherforschung verändert! Die anfänglichen Fragen „Wozu braucht man das?“ sind verflogen, die ersten Ergebnisse überzeugten. Begeisterung ist eben ansteckend und eine gut aufbereitete Analyse, die interessante Ergebnisse auf den Punkt bringt und für das Museum relevante Zusammenhänge auf einen Blick erkennen lässt,21 spricht für sich. Die Politik schätzt prägnante Berichte, die Landeskulturdirektion das professionelle Monitoring und Kooperationspartner freuen sich über die Win-Win-Situation des gemeinsamen Methodenkoffers. Das Oberösterreichische Landesmuseum als größtes Museum Oberösterreichs zeichnet sich durch seine umfangreichen Sammlungen, die Vielfalt an Ausstellungs- und Vermittlungsprogrammen, spezielle Angebote für unterschiedlichste Besuchergruppen und durch klare Weichenstellungen in Richtung professionelle Besucherforschung aus.22 Durch die methodische Verknüpfung standardisierter Auswertungen vorhandener Datenquellen und punktuelle Verknüpfung empirischer Erhebungen gelingt ein fundiertes Monitoring. Die Ergebnisse der großen Besucheranalyse zeigen die unterschiedlichen Erwartungshaltungen, die den individuellen Museumsbesuch prägen. Die im Detail erhobenen Zufriedenheitsfaktoren erreichen in der Analyse Höchstwerte und bestätigen damit die programmatische Treffsicherheit des Oberösterreichischen Landesmuseums. Die umfassenden Ergebnisse sind nicht nur Bestätigung, sondern auch Auftrag, das hohe Niveau und das umfangreiche Angebot nicht nur beizubehalten, sondern reflektiert zu verbessern. Gerade in Zeiten begrenzter Ressourcen bieten genaue Datenanalysen und das Erkennen von relevanten Zusammenhängen eine wichtige Entscheidungsgrundlage, um im Engagement, in der Steuerung23 und zukünftigen Ausrichtung eines Museums den Ressourceneinsatz verantwortungsvoll zu gestalten. Mit frischem Wind, kreativen Ideen und professionellem Methodenkoffer setzt das Oberösterreichische Landesmuseum klare Impulse und neue Akzente in diesem zukunftsorientierten Entwicklungsfeld der Museumslandschaft. Als junge Säule der Ausrichtung von Museen hat Besucherforschung noch großes Entwicklungspotential.24
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www.museumsbund.de/de/das_museum/themen/besucherforschung [6. 12. 2016]. Vgl. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 292. Ebd. 2, 292. Vgl. Munro, Patricia [u. a.]: Wegweiser Evaluation. Von der Projektidee zum bleibenden Ausstellungserlebnis, München 2009, 9. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 294–295. Vgl. Reussner, Eva Maria: Die Öffnung von Museen für ihr Publikum: Erfolgsfaktoren wirksamer Publikumsforschung, Berlin 2009, 1–4. Vgl. Glogner-Pilz, Patrick, Föhl / Patrick S. (Hg.): Das Kulturpublikum. Fragestellungen und Befunde empirischer Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden 2011,129. Vgl. Fetz-Lugmayr, Dagmar: Kundinnen- und Kundenorientierung – vom Ziel zur Wirkung –. Eine soziologische Analyse im Kontext der öffentlichen Verwaltung. Linz 2007, 135–136. Vgl. Knava, Irene: Warum, wen, was, wie und wann fragen? Besucherforschung als Grundlage strategischer Management-Entscheidungen. In: Neues museum, 1 / 2012, Linz, 23. Vgl. Glogner-Pilz, Patrick / Föhl, Patrick S. (Hg.): Das Kulturpublikum. Fragestellungen und Befunde empirischer Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden 2011, 167–168. Vgl. Waltl, Christian: Besucherforschung als Management Tool. In: Neues museum, 1 / 2012, Linz, 6. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 61–62. Vgl. Reussner, Eva Maria: Die Öffnung von Museen für ihr Publikum: Erfolgsfaktoren wirksamer Publikumsforschung, Berlin 2009, 1–4. Vgl. Ostermann, Wilhelm: Das Interesse. Eine psychologische Untersuchung. Paderborn 1907, 9. Vgl. Aulinger, Barbara: Kunstgeschichte und Soziologie. Eine Einführung. Berlin 1992, 84. Vgl. Glogner-Pilz, Patrick / Föhl, Patrick S. (Hg.): Das Kulturpublikum. Fragestellungen und Befunde empirischer Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden 2011, 134. Vgl. Pressekonferenz, 28. 4. 2016 / Land Oberösterreich, Landeskorrespondenz, www.land-oberoesterreich.gv.at/174310.htm [6. 12. 2016]. Vgl. Glogner-Pilz, Patrick / Föhl, Patrick S. (Hg.): Das Kulturpublikum. Fragestellungen und Befunde empirischer Forschung, 2. Aufl., Wiesbaden 2011,157. Ebd., 17, 161–162. Vgl. Renz, Thomas: Nicht-Besucherforschung. Die Förderung kultureller Teilhabe durch Audience Development. Bielfeld 2016, 136. Ebd. 19, 166–167. Vgl. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb, 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 79. Vgl. www.landesmuseum.at [6. 12. 2016]. Vgl. Munro, Patricia [u. a.]: Wegweiser Evaluation. Von der Projektidee zum bleibenden Ausstellungserlebnis. München 2009, 25. Vgl. Reussner, Eva Maria: Die Öffnung von Museen für ihr Publikum: Erfolgsfaktoren wirksamer Publikumsforschung, Berlin 2009, 7–10.
6. ERFOLGREICHE KOOPERATIONEN UND NETZWERKE ZUR BESUCHERSTEIGERUNG Walter Putschögl
Ein immer wiederkehrendes Thema für Betreiber von Museen ist die Frage, wie die Besucherzahlen in den Museen bzw. Ausstellungen gesteigert werden können. Abgesehen von einer für Besucher thematisch spannenden und vor allem ansprechend gestalteten Ausstellung als Grundvoraussetzung um das Publikumsinteresse zu gewinnen, gilt als wesentliches Instrument und Erfolgsfaktor die Kooperation mit Partnern oder bestehenden „Netzwerken“. Diese können aus dem Bereich der Kultur und Kunst schaffenden Institutionen oder Organisationen, aber auch aus völlig „artfremden“ Bereichen, wie z. B. dem Handel, der Wirtschaft und Industrie oder aber auch aus dem Tourismus stammen. Bevor auf das Thema „Kooperationen zur Besuchersteigerung“ näher eingegangen wird, sei eine generelle Anmerkung zum Thema „Kultur und Tourismus“ vorgestellt. „Kultur und Tourismus – das ist aus Sicht vieler Kulturakteure keine Liebe auf den ersten Blick. Sie tun sich immer noch recht schwer mit den Touristen, die als oberflächlich interessierte Besucher gelten, und sind skeptisch gegenüber den touristischen Unternehmen, die angeblich kein Verständnis für kulturelle Belange aufbringen“.1 Dieses Zitat verweist auf eine wesentliche Problemstellung. Es betrifft Berührungsängste und eine generelle Skepsis von Seiten kultureller Einrichtungen und Institutionen gegenüber touristisch-kommerziellen Anbietern. Gerade aber die touristischen Organisationen – ob lokal, regional, überregional oder international – sind wesentliche Partner für Museumsbetreiber im Bemühen, die Frequenz der Besucher zu steigern. Welchen Erfolg eine enge Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichsten „Playern“ bringen kann, zeigt das Beispiel von Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009. Wesentliche Erfahrungen für die Möglichkeiten von Kooperationen und die Zusammenarbeit mit Netzwerken lassen sich aus der Arbeit der Linz 2009 Kulturhauptstadt Europa Organisations GmbH (in der Folge Linz09 GmbH) ableiten. Zum Gelingen dieses Projektes hat u. a. eine intensive
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Bild 13: Schaurausch: Bücherwasserfall, Buchhandlung Thalia, Linz
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Zusammenarbeit der Linz09 GmbH mit Partnern und Netzwerken auf regionaler und überregionaler Ebene beigetragen. Im Abschlussbericht der Linz09 GmbH wird dies sehr anschaulich dargestellt und erläutert, insbesondere unter dem Kapitel „Netzwerke“ ausgeführt:2 Hierbei unterschied man in weiterer Folge in „Beziehungs- und und Expertennetzwerke“. Unter dem Begriff Beziehungsnetzwerke wurden nach dem Verständnis der Linz09 GmbH Kontakte zu örtlichen und regionalen Persönlichkeiten, Organisationen, Institutionen etc. verstanden. Unter Expertennetzwerke fielen Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe, Taxidienste, Handel etc. Als markante Beispiele für Kooperationen im Kulturhauptstadtjahr seien hier die „Kulturtaxis“ oder der „Schaurausch“ als eine der ersten Ausstellungen bereits zwei Jahre vor Beginn der Kulturhauptstadt im Jahr 2007 genannt. Letzterer war eine Kooperation des OÖ. Kulturquartiers und der Linz09 GmbH mit dem Linzer City Ring. Auch im Tourismus gab es in vielen Bereichen des Marketings und der Informationsarbeit eine sehr enge Kooperation, sowohl auf örtlicher (Tourismusverband Linz), regionaler (Oberösterreich Tourismus) als auch nationaler (Österreich Werbung) Ebene. Die Zusammenarbeit der Linz09 GmbH mit den genannten touristischen Organisationen wurde dabei
Bild 14: Info-Center Linz09 am Hauptplatz, Linz
zentral koordiniert und abgestimmt. Die Maßnahmen betrafen insbesondere Insertionen in Broschüren und Katalogen der Tourismusorganisationen, Messeauftritte im In- und Ausland, Standortpräsentationen in angrenzenden Ländern, aber auch generelle Marketingaktivitäten wie Newsletter, Pressefahrten u. v. m. Ein wesentlicher Bestandteil waren u. a. auch die Errichtung und der gemeinsame Betrieb von Informationsstellen in Linz. Auch mit Wirtschaftsbetrieben in anderen Bereichen wie der Gastronomie – Stichwort „Hotspots3“– oder dem Lebensmittelhandel hat es sehr gut angenommene Modelle der gegenseitigen Zusammenarbeit gegeben. Es gilt jedoch festzuhalten, dass die dargelegten Aktivitäten bei Großprojekten wie einer Kulturhauptstadt nicht automatisch auf die Ebene von Landesmuseen oder Regionalmuseen umgelegt werden können, sondern nur als Beispiele für unterschiedlichste Möglichkeiten dienen sollen. Davon abgeleitet er fordert dies konkret, sich die Frage zu stellen, welche Möglichkeiten der Bildung von Kooperationen oder Partnerschaften es auf der jeweiligen Ebene gibt und welche Ressourcen finanzieller und personeller Art geleistet werden können. Folgende Möglichkeiten bieten sich an:
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In der Kultur Auf Grund der Erfahrungen in Linz mit der engen Zusammenarbeit der Kultureinrichtungen und dem Tourismus im Kulturhauptstadtjahr 2009 hat man begonnen, neue gemeinsame Wege zu beschreiten. Es wurden und werden auch weiterhin so genannte Jahrestehmen gemeinsam entwickelt und auch gemeinsam beworben. Dazu hier beispielhaft: 2011 – Natur 2012 – Architektur und Technik 2013 – Musik 2014 – Donau 2015 – Donau 2016 – UNESCO City of Media Arts
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Die Bewerbung erfolgt unter einem gemeinsamen Dach – einer Marke – , unter dem Begriff „Museum Total“. 2017 wird diese Initiative bereits zum vierten Mal stattfinden und dazu neun Museen und Kulturbetriebe unter einem gemeinsamen Ticket in Linz einbeziehen.4 Die am Standort Linz befindlichen Museen stimmen sich bei den Ausstellungen – soweit als möglich – zum Jahresthema ab. Die Aktivitäten zur Bewerbung werden aus einem gemeinsamen Budgetansatz getragen.
Im Tourismus In den Vermarktungsaktivitäten der Tourismusorganisationen wie auch sonstiger Anbieter touristischer Leistungen nimmt der Kulturtourismus einen hohen Stellenwert ein. Deshalb ist es für Museen wichtig, enge Kooperationen mit den jeweiligen touristischen Organisationen und Anbietern einzugehen. Bei der Zusammenarbeit bzw. Vernetzung gibt es zahlreiche Möglichkeiten: • Schaffung gemeinsamer Werbemittel für den „Markt“ (Stichwort Zielgruppenspezifizierung, Zielmärkte) • Konzentration der Information für Gäste und Besucher in einer Einheit (idealerweise eine gemeinsame Informationsstelle)
• Gemeinsame Entwicklung von vermarktbaren Packages und Leistungsangeboten • Integration des Eintritts in Besucherkarten (z. B. Linz Card): Der Gast erfährt damit einen „Mehrwert“ und die Wahrscheinlichkeit eines Museumsbesuches steigt. • Schaffung von gemeinsamen Aktionen. Als Beispiel sei hier das Kooperationsprojekt „Museum Total“ der Linzer Museen genannt. Die vom Linz Tourismus unterstützte und koordinierte Aktion hat zum Ziel, Ausstellungen und Begleitveranstaltungen in mehreren Museen für einige Tage zu bündeln und gemeinsam zu bewerben.
In der Wirtschaft Die örtliche oder regionale Wirtschaft (Handel, Gewerbetreibende) hat in der Regel ein vitales Interesse an einer Zusammenarbeit mit Museen, sofern diese Nutzen für beide Seiten bringt. So ist das Oberösterreichische Landesmuseum beispielsweise eine enge Zusammenarbeit mit dem Handel (konkret Linzer City Ring) eingegangen, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und die öffentliche Aufmerksamkeit auf einzelne Ausstellungen zu lenken. Im Jahr 2013 wurden zur intensiveren Bewerbung der Ausstellung „Marco Polo“ im Schlossmuseum Linz des Oberösterreichischen Landesmuseums die Schaufenster der Partner, d. h. engagierter Mitglieder des Linzer City Rings, dem Thema entsprechend dekoriert und begleitende, ebenfalls themenbezogene Promotionaktionen durchgeführt. Eine ähnlich gelagerte Aktion wurde auch im Rahmen der Sonderausstellung „Mythos Schönheit“ im Jahr 2015 organisiert. Dazu wurde an mehreren Tagen in der Innenstadt, insbesondere auch vor und teilweise in den Geschäften der Partnerbetriebe selbst, Aufmerksamkeit für die Ausstellung geweckt. Die Aktion fand entsprechend mediales Interesse und Begleitung. Bei dieser Ausstellung wurden, dem Thema entsprechend, gezielt Geschäfte ausgesucht, die sich speziell dem Thema „Schönheit“ widmen.
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Bild 15: Ausstellung „Marco Polo“: Promotion in der Linzer Innenstadt
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Bei Events und Veranstaltungen Auch in diesem Bereich gibt es – entsprechend der finanziellen und / oder personellen Ausstattung der Institution – zahlreiche Möglichkeiten, Aktivitäten zu entwickeln, die eine große Ausstrahlung auf das Umfeld haben und auch geeignet sind, Besucher für Museeen und für Ausstellungen zu interessieren. Dabei ist die Grundvoraussetzung, ein entsprechendes Programm zu entwickeln, in dem sich auch das Museum, die Ausstellung (oder Ausstellungen) bzw. seine präsentierten Objekte wiederfinden sollen und ein entsprechender Zusammenhang hergestellt werden kann. Es ist daher sinnvoll, mögliche Themen zu diesen Events oder Veranstaltungen gemeinsam zu kreiieren. Ein überregionales Beispiel für eine wichtige Veranstaltung – man kann das auch eine konzertierte Aktion nennen – wäre die österreichweit an einem bestimmten Tag stattfindende „Lange Nacht der Museen“. Diese Aktion wird medial (TV, Zeitung etc.) intensiv beworben und bietet somit eine gute Möglichkeit, sich als Museum zu präsentieren. Wie bereits ausgeführt, ist allerdings das bloße „Öffnen“ des Hauses an diesem Termin kein Garant für einen entsprechenden Besuch. Flankierende Programmpunkte sind empfehlenswert.
Bild 16: Ausstellung Mythos Schönheit: „Walking Roses“ in der Linzer Innenstadt
Auf regionaler oder örtlicher Ebene gibt es im Jahreslauf zahlreiche Veranstaltungen, die sich prinzipiell für eine Kooperation eignen würden. Wie weit und in welchem Umfang spezielle Kooperationen sinnvoll und zweckmäßig bzw. auch für den Veranstalter von Interesse sind, muss früh genug im Vorfeld abgeklärt werden.
Bei Präsentationen Abgesehen von den herkömmlichen Instrumenten der Präsentation eines Ausstellungsprogrammes oder einer Veranstaltung wie Inserate, Pressekonferenzen und e-Marketing besteht die Möglichkeit, sich anderer, im Kulturbereich noch unüblicher Formate zu bedienen, z. B. auf einer regionalen Messe. Das Oberösterreichische Landesmuseum hat seit einigen Jahren diesen Weg beschritten und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Das potenzielle Besucherpublikum konnte direkt angesprochen werden, die Rückmeldungen darauf waren sehr positiv.
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Mit Medien Die Zusammenarbeit mit Medien ist sicherlich eine Grundvoraussetzung für die Verbreitung einer Veranstaltung oder Ausstellung. Diese sollte über die übliche Medienarbeit mit Inseraten, Berichten etc. hinausgehen. Überlegenswert ist, gezielt mit einem Print- oder elektronischen Medium eine enge Partnerschaft einzugehen, gemeinsame Aktionen zu planen und umzusetzen. So kann mit abgestimmten Aktionen, z. B. Medienpartnerschaften mit einer regionalen oder überörtlichen Zeitung, eine Steigerung bei den Besuchern erzielt werden. Bei diesen Events können nicht nur „neue“ Besucher angesprochen, sondern auch die bisherigen Besucherschichten durch spezielle Aktionen stärker an das Museum gebunden werden (Stichwort „Interesse neu geweckt“). So begeisterte im Sommer 2014 Interessierte und Schaulustige eine Oldtimertraktorenparade durch die Linzer Innenstadt zum Schlossmuseum, die Bezug auf die technikgeschichtliche Sammlung des Oberösterreichischen Landesmuseums genommen hat.
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Diese Beispiele sollen aufzeigen, dass es vielfältige Möglichkeiten von Kooperationen in allen Bereichen der Kultur und der Wirtschaft, auch auf örtlicher Ebene, gibt, die man zum gegenseitigen Nutzen eingehen kann.
1 Steinecke, Albert / Hausmann, Andrea (Hg.): Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 5. 2 Vgl. Abschlussbericht 2005-2009 der Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH, 44–45. 3 „Hotspots“ ist eine Gastronomie- und Hotel-Kooperation von Linzer Betrieben, die 2008 im Rahmen der Kulturhauptstadt gegründet wurde. Mit über 40 Hotels, Restaurants, Cafés und Bars, Vinotheken und Event-Locations zählen die Hotspots heute zu den erfolgreichsten Kooperationen. www.hotspots-linz.at/ [22. 11. 2016]. 4 www.museum-total.at/ [22. 11. 2016].
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7. NEUE WEGE EINER ZEITGEMÄSSEN MUSEUMSARBEIT ALS VORAUSSETZUNG FÜR BARRIEREFREIEN (KULTUR-) TOURISMUS Doris Prenn
Barrierefreiheit, Inklusion, Partizipation, Migration, Interkultur – diese Begriffe begegnen uns heute nahezu überall und haben – oft als Synonyme verwendet – auch Einzug in unsere Museen gehalten. Viele Worte für das Gleiche? Oder doch ganz unterschiedliche Ansätze für zeitgemäße Museumsarbeit? Und welche Auswirkungen hat das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG), das mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist und dessen zehnjährige Übergangsfrist am 1. Jänner 2016 endete, auf die zukünftige Museumsarbeit? Dieser Beitrag soll die verschiedenen Begriffe und ihre Definitionen erläutern, ihre Umsetzung anhand praktischer Beispiele aus dem Museumsalltag illustrieren, einen kurzen Überblick ihrer gesetzlichen Verankerung geben sowie die wichtigsten Aspekte eines barrierefreien (Kultur-) Tourismus aufzeigen. 145
Gesetzliche Grundlagen der Inklusion in Österreich Bereits in der Novelle Art. 7 Abs. 1 B-VG vom 13.08.1997 wurde in Österreich die Gleichstellung behinderter und nicht behinderter Menschen Staatszielbestimmung: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“ 1 Im Jahr 2007 trat Österreich der UN-Behindertenrechtskonvention bei, einem internationalen Vertrag, in dem sich die Unterzeichnerstaaten verpflichten, die Menschenrechte von Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.2 Österreich hat dieses Übereinkommen 2008 ratifiziert und verpflichtete sich damit völkerrechtlich, die in der UN-Konvention festgelegten Standards durch österreichische Gesetze umzusetzen und sicherzustellen.3 Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz koordiniert die Angelegenheiten dieser Konvention.
Bild 17: OÖ. Landesausstellung 2012, barrierefreie Raumtexte
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Im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG), das mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist, wurden der Diskriminierungsschutz und die Überprüfung der Zumutbarkeit bei Geltendmachung geregelt. Für die im Gesetz vorgeschriebene Beseitigung von Barrieren in bereits bestehenden Bauwerken galt eine zehnjährige Übergangsfrist. In vollem Umfang ist das Gesetz somit mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten. Die Vorschriften zu seiner Umsetzung werden in den Bauordnungen der einzelnen Länder geregelt: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“ 4 Der – gerade für die oft in historischen und denkmalgeschützten Gebäuden untergebrachten Museen – relevante Passus der Zumutbarkeit sagt folgendes aus: „Erweist sich die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, als unverhältnismäßige Belastung im Sinne des Abs. 1, liegt dann
Bild 18: WunderWeltWald Ulrichsberg, Obmann des OÖ. Blindenverbands Ferdinand Kühtreiber vor einem taktilen Originalobjekt
eine Diskriminierung vor, wenn verabsäumt wurde, durch zumutbare Maßnahmen zumindest eine maßgebliche Verbesserung der Situation der betroffenen Person im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung zu bewirken.“ 5
Gleichwertige barrierefreie Zugänge für alle als Grundhaltung Barrierefreiheit bedeutet per gesetzlicher Definition daher die gleichwertige Gestaltung der baulichen Umwelt sowie die gleichwertige Gestaltung von Information und Kommunikation für alle Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung. Nach der letzten Erhebung der Statistik Austria haben bereits 20 Prozent der Bevölkerung eine oder mehrere Beeinträchtigungen.6 Dabei handelt es sich keineswegs um eine homogene Gruppe von Menschen, sondern um heterogene Zielgruppen – mobilitätseingeschränkte Personen, blinde Personen, sehbeeinträchtigte Personen, gehörlose Personen, hörbeeinträchtigte Personen, Personen mit Lernschwierigkeiten – mit unterschiedlichsten Bedürfnissen. Für alle diese Zielgruppen ist Inklusion, d. h. Teilhabe, eine Voraussetzung für eine gleichwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
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Inklusion – das Recht des Individuums auf Teilhabe Inklusion steht für die Akzeptanz jedes Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religionszugehörigkeit, Bildung, eventuellen Beeinträchtigungen oder sonstigen individuellen Merkmalen.7 Inklusion geht also nicht von einer definierten Normalität aus, die der einzelne erfüllen muss, sondern sieht nur die Tatsache als normal an, dass Unterschiede vorhanden sind. Diese Unterschiede werden als Bereicherung verstanden und haben keinerlei Auswirkungen auf das selbstverständliche Recht der Individuen auf gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft. Aufgabe der Gesellschaft ist es, in allen Lebensbereichen Strukturen zu schaffen, die es den Mitgliedern dieser Gesellschaft ermöglichen, sich barrierefrei zu bewegen. Denn: „Barrierefreiheit beginnt im Kopf“ – Inklusion ist eine Grundhaltung! Um ein Museum / eine Ausstellung inklusiv zu gestalten, ist – ebenso wie bei der Entwicklung von Konzepten für einen barrierefreien Tourismus – partizipatives Arbeiten und Einbinden der Zielgruppen in Arbeits- und Entscheidungsprozesse eine Grundvoraussetzung. 148
Partizipation und unterschiedliche Partizipationsmodelle Partizipatives Arbeiten gilt daher als Schlüssel für eine zeitgemäße besucherorientierte Museumstätigkeit. Übersetzt wird Partizipation mit Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Einbeziehung – im Idealfall also die Teilhabe aller an allen Entscheidungsprozessen. Die Museumsberaterin und Ausstellungsdesignerin Nina Simon nennt in ihrem Buch „The Participatory Museum“ vier verschiedene Partizipationsmodelle, die abhängig vom Ziel des Museums oder des Projekts angewandt werden können:8 • Contribution, also Mitarbeit, z. B. durch das Einbringen eigener Objekte, Dokumente oder Fotografien, versteht Simon als die gängigste Methode, Besucher ins Museum einzubinden. • Während Contribution die eher beiläufige Mitarbeit der Besucher meint, werden unter Collaboration, also Zusammenarbeit, Museumsprojekte verstanden, die auf einer Bindung zwischen Besuchern und Museum beruhen, die gemeinsam die Planung und Durchführung eines Projekts erarbeiten. Dabei geht die Initiative zum Projekt vom Museum aus.
• Co-creation, d. h. Mitbegründung, bedeutet laut Simon Projekte, die sowohl von Museen als auch von Communities initiiert sein können und die im Arbeitsprozess einem kollaborativen Projekt sehr ähnlich sein können, sich aber dadurch unterscheiden, dass sie den Community-Prozess stärker in den Vordergrund rücken. Es geht darum, lokalen Communities eine Stimme zu geben und den Teilnehmern dabei zu helfen, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Institution und Community sollen voneinander profitieren. • Und schließlich nennt Simon als viertes Partizipationsmodell Hosting, also Beherbergung. Die Beteiligung des Museums ist dabei minimal. Es stellt einen Teil seiner Räumlichkeiten und / oder Ressourcen zur Verfügung, um Projekte zu präsentieren, die von Gruppen oder Besuchern entwickelt und durchgeführt werden. Diese können die Institution und deren Inhalte so auf kreative Weise nutzen und das Museum neue Zielgruppen erreichen.
Exkurs: Partizipationsmodelle in der Praxis Die folgende Auswahl an Beispielen soll die praktische Anwendung der diversen Partizipationsmodelle an oberösterreichischen Beispielen zeigen: Ein gelungenes Beispiel für den Einsatz gleich mehrerer Partizipationsmodelle ist das Museum Innviertler Volkskundehaus in Ried im Innkreis. Der dort integrierte Sonderausstellungsbereich zur Stadtgeschichte wurde von Anfang an im Sinne der Contribution geplant: Für den rechteckigen Museumssaal wurde ein in konzentrischen Kreisen angelegtes Ausstellungskonzept entwickelt. Im Sinne der Identifikation der Bevölkerung mit dem Projekt hat man Einwohner aufgerufen, an einem Fotoprojekt teilzunehmen. Im Rahmen eines Workshops wurden professionelle Fotografien der Teilnehmer gemacht – die Ergebnisse empfangen Museumsbesucher nun als als Stahlschnitt ausgeführte Silhouetten von typischen Rieder „Bürgern“. Zudem wurde gemeinsam eine Klangcollage aufgenommen, die den typischen Stadtalltag akustisch dokumentiert und den Raum atmosphärisch definiert. Gemeinsam mit einer Focusgroup wurde die Stadtgeschichteausstellung auch inhaltlich barrierefrei zugänglich gemacht: An zwei Seiten kann der unter dem Erdgeschoß-Niveau liegende Stadtgeschichtesaal über Stufen betreten werden, entlang der dritten Wand führt eine Rampe in den Raum.
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Bild 19: Stadtgeschichte Ried, physische Zugänglichkeit
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Historische Rieder Persönlichkeiten geben Besuchern Einblick in ihr Leben. Die jeweiligen Porträts sind mittels Thermofolie taktil überlagert, alle Texte in Brailleschrift und Schwarzschrift. Wo immer es möglich war, sind tastbare Objekte – etwa eine Schwanthaler-Skulptur oder ein Reliefporträt des Dichters Franz Stelzhamer – in den Ausstellungsverlauf integriert, akustische Module wie die gesungene Landeshymne Stelzhamers bieten einen Mehrwert für alle Besucher. Zeitgenössische Bilder dienen als lebensgroße Fenster in die Vergangenheit und werden mittels Arbeitsgeräuschen und Interwiews mit Zeitzeugen auch für blinde und sehbeeinträchtigte Besucher erfahrbar. 18 tastbare oder taktil überlagerte Meilensteine markieren die Rieder Stadtgeschichte für alle Besucher, auf einem 34 Meter langen Zeitband werden 900 Jahre Stadtentwicklung komprimiert dargestellt und gewähren Barrierefreiheit mittels Brailletexten und taktilen Elementen. Alle barrierefreien Module sind harmonisch in die Ausstellung integriert. So werden auf interessante Weise auch Sehende und Hörende angesprochen und zugleich für die Bedürfnisse von Menschen mit eingeschränkten Sinnesleistungen sensibilisiert.9
Bild 20: Stadtgeschichte Ried, historische Fotografie mittels 3D-Objekten und Audiodeskription taktil erfassbar
Als collaboratives Projekt kann der vom Museum Innviertler Volkskundehaus initiierte Lern- und Gedenkort „Charlotte Taitl Haus“ begriffen werden.10 Die Ausstellungskonzeption erfolgte in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe M.U.T. (Mut und Toleranz).11 Der Lern- und Gedenkort stellt eine Dependance des Museums dar. In einem „white cube“ wird der Rieder Opfer des Nationalsozialismus gedacht, Biographiestelen zeigen die Menschen hinter den Namen und Zahlen. Eine Infoflutbox liefert geballt die entsprechenden Hintergrundinformationen. Auf Grund einer Förderung des Bundeskanzleramts konnte auch hier eine umfassende inhaltliche Zugänglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigung etabliert werden. Gebärdensprachvideos für gehörlose Menschen via Monitor oder per QR-Code abrufbar, Leichter-Lesen-Texte für Menschen mit Lernbeeinträchtigung und taktile und akustische Informationen für blinde und sehbeeinträchtigte Personen erlauben allen Menschen einen gleichwertigen Informationszugang. Selbstverständlich ist der Lern- und Gedenkort physisch barrierefrei.
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Ein gelungenes Hosting-Beispiel zeigt das Stadtmuseum Leonding – Turm 9.12 Hier ist ein multifunktionaler Raum für Sonderausstellungen und Veranstaltungen integriert. Schüler der Bundesbildungsanstalt für Kindergartenpädagogik erarbeiteten ein Projekt zum Thema Nationalsozialismus. Die entstandenen Ergebnisse konnten in einer Ausstellung im Stadtmuseum öffentlich präsentiert werden und wurden mit einer Auszeichnung des Bundes geehrt. Die Schüler erhielten einen repräsentativen Ausstellungsort, das Museum konnte neue Zielgruppen erschließen.
Migration bedarf der kulturellen Barrierefreiheit
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Migration ist ein in unseren Museen noch sehr seltenes Thema – im Gegensatz zu anglo-amerikanischen Ländern, wie den USA, Kanada oder Australien, wo Immigration (Teil der) Nationalgeschichte ist.13 Unsere Gesellschaft ist geprägt von einer Vielfalt von Kulturen und Menschen unterschiedlichster Herkunft. Migration ist ein Thema, das uns alle tagtäglich betrifft. Museen müssen – gerade in Zeiten der Globalisierung – interkulturelle Kompetenz erwerben, um für den Umgang mit Individuen einer Gesellschaft der Vielheit befähigt zu sein und damit auch kulturelle Barrierefreiheit zu bieten.14
Universal Design – Design für alle Menschen Eine besondere Form der kulturellen Barrierefreiheit im Sinne der Partizipation und Inklusion bilden Universal-Design-Projekte.15 In der Geschichte der Institution Museum ist seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine schrittweise Entwicklung von der exklusiven Sammlungspräsentation für einige wenige zum Museum als öffentlichen Raum, der kulturelle Teilhabe für alle Interessierten bietet, zu beobachten. „Design for all“ gewährleistet Zugänglichkeit, Nutzbarkeit und Erlebbarkeit für möglichst alle Menschen und berücksichtigt die Bandbreite menschlicher Fähigkeiten, Fertigkeiten, Bedürfnisse und Vorlieben, ohne Nutzer durch Speziallösungen zu stigmatisieren. Was zunächst selbstverständlich klingt, wird schnell zur Herausforderung, besonders wenn es um Menschen mit besonderen Bedürfnissen geht. Gerade im Bereich der Barrierefreiheit ist es wichtig, Angebote niemals für sondern
immer mit der Zielgruppe zu entwickeln. Gemeinsam mit Focusgroups, deren Mitglieder je nach Projekt unterschiedlich zusammengesetzt sind, kann die optimale Lösung entwickelt werden. So ermöglicht etwa die gemeinsam mit Mitgliedern des Oberösterreichischen Blinden- und Gehörlosenverbands entwickelte Ausstellung „WunderWeltWald“ in der Böhmerwaldarena Ulrichsberg mit tastbaren Orientierungsplänen, taktilen Bildern, Audiodeskriptionen, Übersetzungen in Gebärdensprache sowie tastbaren Objekten optische, akustische, taktile und olfaktorische Eindrücke und bietet allen Besuchern mit allen Sinnen Zugang zu den Inhalten. Einige Museen und kulturelle Institutionen wie die Stadtpfarrkirche Eferding16 oder das Kunsthistorische Museum Wien17 entwickelten – immer in enger Verbindung mit der dafür bestellten Focusgroup – taktile Kataloge für Sehende und Menschen mit Sehbeeinträchtigung. Besonderes Augenmerk bei der Konzeption wurde dabei darauf gelegt, einen gleichwertigen Informationszugang für alle Menschen zu bieten. Die Umsetzung der Gesamtkomposition in eine taktile Relieffolie, um die Inhalte sinnstiftend erfahrbar zu machen, erfolgt hier mittels einer aus der Verpackungsindustrie kopierten Methode, dem Tiefziehverfahren. Ein deutlicher Pfeil ermöglicht das sofortige Erkennen von Hoch- oder Querformat und gibt die Leserichtung vor. Durch die Überlagerung der farbigen der transparenten taktilen Folie lesen sehende, blinde und sehbeeinträchtigte Menschen – mit Augen oder Händen – das Gleiche. Die Wahrnehmung durch Nicht-Sehbeeinträchtigte ist dabei in keiner Weise gestört. Im Gegenteil: Das Hilfsmittel zur Vermittlung ist bewusst in die herkömmliche Buchpräsentation integriert, sodass eine Vermittlung für Menschen mit Sehbeeinträchtigung nicht „exklusiv“ und außerhalb des eigentlichen Buches erfolgt. Gleichzeitig werden auch jene Leser, die diese zusätzlichen Angebote selbst nicht benötigen, ihnen aber erfahrungsgemäß mit großem Interesse begegnen und sie auch gerne in Anspruch nehmen, für die besonderen Bedürfnisse ihrer Mitmenschen sensibilisiert. So können blinde, sehbeeinträchtigte und sehende Menschen gleichermaßen von ein und demselben Angebot profitieren. Für die Umsetzung der Detailansichten wurde bei diesen Pilotprojekten gemeinsam mit einer Focusgroup in vielen Teilschritten die optimale Lösung erarbeitet und im Laufe des Umsetzungsprozesses immer weiter verfeinert. Erstmals
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wurden dabei neue Methoden und neue technische Umsetzungsmöglichkeiten angewandt, die eine unterschiedliche Linienstärke in Höhe und Breite sowie eine exakte Realisierung von offenen und geschlossenen Linien ermöglichen. Die taktilen Linien sind optimal tastbar und erlauben ein schnelles Verfolgen der einzelnen Bilddetails. Zudem bieten die unterschiedlichen Linienstärken eine Hilfestellung zur Erfassung von Tiefenräumlichkeit. Selbstverständlich sind alle Schwarzschrifttexte auch in Brailleschrift transkribiert, eine Audiodeskription liegt auch im DAISY Format bei (= Digital Accessible Information System), das blinden und sehbeeinträchtigten Menschen klar strukturierte hierarchische Navigationsfunktionen bietet. In diesem Sinn erfüllen die Publikationen den Anspruch der Inklusion. Sie sprechen nicht nur alle Sinne an, sondern erfüllen im optisch eleganten und zugleich praktischen Layout die Bedürfnisse der sehenden, schwach sehenden und nicht sehenden Menschen und ermöglichen ihnen einen neuen Zugang zu Kunst und Kulturgeschichte. 154
Barrierefreier Informationszugang Nach wie vor gibt es für die barrierefreie Gestaltung von Websites keine verbindlichen Standards. Als internationale Richtlinie, jedoch ohne rechtlich verbindlichen Charakter, gelten die WAI-Richtlinien (Web Accessibility Initiative). Die WCAG 2.0, d. h. die Web Content Accessibility Guidelines, regeln die Zugänglichkeit von Informationen auf einer Website. Für Österreich hat die WKO in ihrer Broschüre „Barrierefreie Websites“ im Juni 2015 Empfehlungen ausgesprochen.18 Überprüft werden barrierefrei gestaltete Websites entweder manuell oder automatisiert mittels eines Validator Programmes. Im Museumsbereich sind barrierefrei gestaltete Websites noch immer die Ausnahme. Im Tourismusbereich bietet etwa die Website nohandicap.at vom Oberösterreich Tourismus Informationen für barrierefreie Urlaubsangebote vor allem für mobilitätseingeschränkte Personen, einzelne Oberösterreichische Museen – etwa Lentos und Nordico – haben ihre Website bereits barrierefrei gestaltet. Ein vorbildliches Beispiel barrierenfreien Informationszugangs findet sich unter www.noemuseen.at.
Interkultur als zeitgemäße Museumsarbeit Die zunehmende Alterung, der steigende Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund und die interregionalen Wanderungsbewegungen verändern auch die Aufgaben von Museen: Neue kulturelle Bedürfnisse entstehen – welche Auswirkungen hat das auf das Selbstverständnis und die Arbeit von Museen?19 In der zeitgemäßen Museumsarbeit wird mittlerweile mit dem Begriff „Interkultur“ gearbeitet. Man geht davon aus, dass die ursprünglich als barrierefreie Zugänglichkeit verstandene Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung sehr viel weiter zu fassen ist und Menschen jeden Alters, jeder Herkunft, jeder Religion etc. umfassen muss. Der Begriff Interkultur beschreibt daher jene Politik, die – im Gegensatz zu den normativen Vorstellungen des veralteten Begriffes Integration – kulturelle Barrierefreiheit für die Individuen einer Gesellschaft der Vielheit schaffen und „institutionelle Diskriminierung“ vermeiden will. Interkultur ist damit die Herstellung eines Rahmens, in dem sich Individuen entfalten können.20 Kultureinrichtungen müssen sich Migranten gegenüber stärker öffnen und sie in konzeptionelle Arbeit einbeziehen.21 Nur so wird den veränderten demographischen Rahmenbedingungen Rechnung getragen. 155
Die barrierefreie touristische Servicekette Um sinnvolle touristische Produkte für diese veränderten Ansprüche entwickeln und anbieten zu können, reicht es nicht aus, die Anforderungen nur eines touristischen Bereiches zu berücksichtigen. Attraktive und zugängliche Angebote müssen entlang der gesamten touristischen Servicekette entwickelt, ausgebaut und vermarktet werden. Dabei besteht jede touristische Nutzung in der Regel aus mehreren Teilkomponenten, wird jedoch von den Nutzern als Gesamtprodukt wahrgenommen. Die Gesamtheit dieser touristischen Leistungen wird als touristische Leistungsoder Servicekette bezeichnet. Ziel eines barrierefreien „Tourismus für alle“ muss eine geschlossene touristische Servicekette sein.22 Diese umfasst u. a. Vorab-Information zu Hause, Transport zum (und vom) Zielort sowie die Vielzahl der Leistungen am Zielort wie Beherbergung, Gastronomie, verschiedene Kulturund Freizeitangebote, Fortbewegungsmöglichkeiten vor Ort und in der Umgebung sowie eventuell notwendige medizinische Versorgung.
Die Servicekette ist dabei nicht nur als Zusammenspiel von Anbietern aus verschiedenen Bereichen zu verstehen, sondern kann auch in die einzelne Institution übertragen werden. Für das Museum bedeutet das, dass von der Information im Vorfeld über die Website, Telefon und / oder E-Mail, Anreise, Ankommen und Willkommen im Haus, vorhandene Infrastruktur, physische und inhaltliche Zugänglichkeit aller Bereiche bis hin zur Abreise alle Elemente eines Museumsbesuchs von den Besuchern als zusammengehörende Einheit wahrgenommen werden. Eine barrierefreie Servicekette mit entsprechenden Zusatzleistungen ist für Besucher mit Beeinträchtigung oft der ausschlaggebende Punkt bei der Wahl ihres Zieles. Dabei ist die touristische Leistungsträgerkette für alle Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung grundsätzlich gleich:23 Personen mit Beeinträchtigung möchten lediglich an vorhandenen Angeboten partizipieren und stellen daher in der Regel höhere Anforderungen an diese Servicekette. Es geht also nicht um eine bestimmte Personengruppe mit speziellen Anforderungen, sondern um die Gesamtbevölkerung. Produkte, Dienstleistungen und Umwelt müssen so gestaltet werden, dass alle Menschen in der Lage sind, gleichberechtigt an allen Aktivitäten teilzunehmen. 156
Wichtig ist, Besuchern nicht nur ein barrierefreies Angebot, sondern eine möglichst lückenlose barrierefreie touristische Servicekette zur Verfügung zu stellen. Einem auf Kulturtourismus angewiesenen Museum beispielsweise nützt es nur wenig, optimale barrierefreie Angebote bereitzuhalten, wenn gleichzeitig das gesamte touristische Umfeld nicht abgestimmt ist. Denn wirklich barrierefrei ist das Museum nur, wenn zumindest auch die Anreise barrierefrei erfolgen kann. Optimal ist die Einbeziehung von Gastronomie und Beherbergungsbetrieben, Sport- und sonstigen Freizeitangeboten vor Ort. So hat etwa der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) 2005 mit dem Hotelverband Deutschland e. V. (IHA) sowie mehreren Verbänden behinderter Menschen eine Zielvereinbarung unterzeichnet, um „die Schaffung und Umsetzung verlässlicher Standards für die Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote in Hotellerie und Gastronomie“ zu ereichen.24 Die Vertragspartner erarbeiteten „Mindeststandards für die Kategorisierung barrierefreier Hotels und Gastronomiebetriebe in Deutschland“ in Form einer Checkliste für jede Beeinträchtigung, die die einzelnen Unternehmen in die Lage versetzen, eigenständig überprüfen zu können, ob ihr Betrieb die Standards erfüllt.
2010 wurde ein überarbeitetes Handbuch herausgegeben. Klare Piktogramme erlauben nun allen Interessierten, sich sofort ein Bild von der jeweils vorhandenen barrierefreien Zugänglichkeit zu machen. So wird die Information vorab und die daraus resultierende Wahl eines geeigneten Ziels für die Nutzer wesentlich erleichtert.
ES WURDEN PIKTOGRAMME FÜR FOLGENDE KATEGORIEN ENTWICKELT • Kategorie A: für Gäste mit einer Gehbehinderung, die zeitweise auch auf einen nicht-motorisierten Rollstuhl oder eine Gehhilfe angewiesen sein können • Kategorie B: für Gäste, die gehunfähig und ständig auf einen Rollstuhl angewiesen sind • Kategorie C: für Gäste, die sehbehindert oder blind sind • Kategorie D: für Gäste, die schwerhörig oder gehörlos sind Sowie ein ergänzendes Piktogramm, wenn alle Anforderungen der Kategorien A bis D erfüllt sind
Abb. 15: Piktogramme für den barrierefreien Zugang
In Österreich ist dies leider noch keineswegs Standard. 2013 vergab die Europäische Kommission den vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und der Österreich Werbung ausgelobten „European Excellence Award for Accessible Tourism“ an vorbildhafte Initiativen rund um das Thema „Tourismus für Alle“ in Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben. Das Siegerprojekt wirbt mit einer umfassenden Barrierefreiheit für alle Gäste. Beim Betrachten der Website scheint sich diese Barrierefreiheit aber auf Menschen mit Mobilitätseinschränkung zu beschränken, auch das auf der Website angeführte Piktogramm lässt keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob etwa blinde und sehbeeinträchtigte Personen, gehörlose und hörbeeinträchtigte Personen oder lernbeeinträchtigte Personen ebenfalls auf sie zugeschnittene Angebote finden.
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Resumee – Museen als Teilbereich der touristischen Servicekette Zusammenfassend ist im Hinblick auf Museen zu sagen, dass sich Museumsbesucher heute nicht nur einen passiven Zugang zu Informationen erwarten, sondern aktiv an Museumsprozessen beteiligt sein wollen. Leider zeigen sich in der Praxis aber nach wie vor einige Trends: Wenn barrierefreie Angebote vorhanden sind, betreffen sie meist den physischen Zugang und sind am ehesten für Rollstuhlfahrer gedacht. Weitere barrierefreie Angebote, die eine Inklusion erst ermöglichen, sind nur ansatzweise vorhanden. Sehr häufig fehlt auch das Wissen darüber. Die wenigsten Museen bieten ein taktiles Bodeninformationssystem, eine korrekte visuelle Kennzeichnung und taktile Pläne für blinde und sehbeeinträchtigte Besucher oder eine induktive Höranlage im Kassabereich für gehörlose Personen an. Bei vielen Museen fehlt ein gekennzeichneter Behindertenparkplatz, auch wenn der Platz vorhanden wäre. Ein barrierefreies WC ist keineswegs Standard – und selbst wenn es vorhanden ist, wird es oft als Lager oder Abstellraum zweckentfremdet.
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Beim Großteil der Museen fehlt eine barrierefreie Website. Informationen zur Barrierefreiheit sind oft wenig aussagekräftig, da kaum unterschiedliche Beeinträchtigungen berücksichtigt werden. So ist es in der Regel für Besucher nur erschwert möglich, Auskünfte über die für sie im Einzelfall notwendige tatsächliche barrierefreie Zugänglichkeit zu erhalten. Inhaltliche Zugänge zu Informationen für blinde, sehbeeinträchtigte, gehörlose, hörbeeinträchtigte oder lernbeeinträchtigte Menschen sind nach wie vor eine Ausnahme. Wenn es sie gibt, sind die entsprechenden Materialien wie Leichter-Lesen-Texte oder Braillebroschüren meist versteckt und nur auf Anfrage z. B. an der Kassa erhältlich – von einer gleichwertigen Zugänglichkeit kann daher keine Rede sein. Eine geschlossene touristische Servicekette sowohl innerhalb der Institution Museum als auch innerhalb der Einbettung des Museums in sein touristisches Umfeld ist leider noch nicht selbstverständlich.
Ausblick, Visionen und Forderungen für die Zukunft Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwicklung von barrierefreien Angeboten zu touristischen Zielen ist eine strategische Vorgehensweise, verbunden mit einer koordinierten Zusammenarbeit der Interessenvertretungen vor Ort, um eine Vernetzung der Angebote, eine einheitliche Vermarktung, eine strategische Planung und eine ständige Weiterentwicklung der barrierefreien Angebote zu gewährleisten. Investitionen in einzelne Elemente der Servicekette – also in ein inklusives Museum – haben daher nur Sinn, wenn auch komplementäre Investitionen erfolgen, etwa im Bereich des barrierefreien Informationszugangs, der Verpflegung, der Unterkunft und der Infrastruktur. Nur dann wird Interkultur von einem oft gebrauchten Schlagwort zu einer gelebten Kultur – im Hinblick auf die demographische Entwicklung eine Kernforderung für die Zukunft!
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BGBl. I Nr. 87/1997. www.un.org [28. 11. 2016]. BGBl. III Nr. 155/2008. BGBl. I Nr. 82/2005. BGStG I Nr. 82/2005 §6. Vgl. Statistik Austria, Mikrozensus 2007 / 2008. 4th IASSIDD Europe Congress “Pathways to inclusion”, 14.–17. July 2014, Vienna. Detailliert ausgeführt bei: Simon, Nina: The Participatory Museum, Santo Cruz 2010, online unter: www.participatorymuseum.org [28. 11. 2016]. Vgl. Prenn, Doris: Barrierefrei in Ausstellungen und Museen, 36–37. In: Museum heute Nr. 26. Fakten, Tendenzen, Hilfen: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen beim Bayerischen Landesamt für Denkmalplege, München 2004. Als weiterführende Literatur bietet sich an: Gansinger, Gottfried: Nationalsozialismus im Bezirk Ried i. I.: Widerstand und Verfolgung 1938–1945, Innsbruck / Wien / Bozen 2016. www.mut-innviertel.at/ [28. 11. 2016]. www.leonding.at/de/freizeit/kultur/turm-9-stadtmuseum-leonding [28. 11. 2016]. IFADE: Insider – Outsider. Bilder, ethnisierte Räume und Partizipation im Migrationsprozess. Bielefeld 2005. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Baur, Joachim: Die Musealisierung der Migration, Bielefeld 2009. Yildiz, Erol / Hill, Marc (Hg.): Nach der Migration. Postmigrantische Perspektiven jenseits der Parallelgesellschaft, Bielefeld 2014. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Herwig, Oliver: Universal Design. Lösungen für einen Barrierefreien Alltag, Basel / Boston / Berlin 2008. Vgl. Prenn, Doris: Kultur- und Kunstgeschichte als Erlebnis für ALLE – taktiler Eferdinger Kirchenführer, In: Neues Museum 2006 / 2, Linz, 47–48. Vgl. Krall, Rotraut / Prenn, Doris: Mit Händen Bilder sehen. In: Neues Museum 15-1 / 2, 2015, Graz, 72–75. Vgl. Wirtschaftskammer Österreich: Barrierefreie Websites. Rechtliche Grundlagen und vorhandene Empfehlungen. Wien, Juni 2015. www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/sparte_iuc/ Werbung-und-Marktkommunikation/Barrierefreie-Websites.html [28. 11. 2016]. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Gander, Robert / Rudigier, Andreas: Museum und Gegenwart. Verhandlungsorte und Aktionsfelder für soziale Verantwortung und gesellschaftlichen Wandel, Bielefeld 2015. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Keuchel, Susanne / Kelb, Viola: Diversität in der Kulturellen Bildung, Bielefeld 2015. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Ackermann, Felix [u. a.]: Partizipative Erinnerungsräume. Dialogische Wissensbildung in Museen und Ausstellungen, Bielefeld 2013. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Ranegger, Rudolf: Barrierefreier Tourismus in Österreich. Analyse des Reiseverhaltens und den dabei auftretenden Problemen entlang der touristischen Servicekette von Menschen im Rollstuhl aus Österreich, Diplomarbeit, Krems 2006. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Allgemeiner Deutscher Automobil Club E. V. (Hg.): Barrierefreier Tourismus für Alle. Eine Planungshilfe für Tourismuspraktiker zur erfolgreichen Entwicklung barrierefreier Angebote, München 2003. Als vertiefende Lektüre dazu bietet sich an: Barrierefreiheit in Hotellerie und Gastronomie: Handbuch zur Zielvereinbarung für die Standardisierte Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote in Hotellerie und Gastronomie. Berlin 2010.
8. MEHRDIMENSIONALE KULTURFINANZIERUNG ALS ZUKUNFTSTREND Karina Lochner
In Österreich stellt die öffentliche Förderung die wesentliche Finanzquelle der Kulturszene dar. Allerdings kommt es in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder gar Rezession und angespannter öffentlicher Haushalte immer wieder zu Diskussionen über die damit zusammenhängenden öffentlichen Ausgaben. Dies treibt die Kunst- und Kulturszene zum Aufsuchen alternativer, privater Geldquellen und bringt so neue „mehrdimensionale“ Finanzierungskonzepte hervor. Neben diesem Trend bleibt die öffentliche Finanzierung nach wie vor die stabile, krisenfeste Säule und Basis für die diversen Kultureinrichtungen: einerseits weil sich das Engagement aus privaten Quellen hinsichtlich der allgemeinen volkswirtschaftlichen Entwicklung als ausgesprochen sensitiv gezeigt hat und dazu vermehrte Einmischung in künstlerische Belange zu erwarten ist,1 andererseits weil Ausgaben der öffentlichen Hand niemals nur Kosten sind, sondern wichtige Impulse in einer Region setzen.2 Sie sind damit eine Investition in die Zukunft und Fundament wirtschaftlicher Prosperität.3 Die von Touristen getätigten Ausgaben im Bereich Handel sowie Beherbergung und Gastronomie sichern dort etwa Beschäftigung und Einkommen.4 Zusätzlich heben Kunst und Kultur als Teil der Lebensqualität die Attraktivität einer Region und ziehen hochqualifizierte und begabte Arbeitskräfte an. Die Unternehmen ihrerseits folgen diesen Arbeitskräften auf der Suche nach entsprechenden Fachkräften („jobs follow people“).5 Ein Merkmal attraktiver Regionen ist die Vernetzung von kreativen und begabten Individuen und Unternehmen zwischen Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Technologie. Als Paradebeispiel für einen derartigen kreativwirtschaftlichen „Think Tank“ kann die Ars Electronica genannt werden, die mittlerweile weit über Linz und die Region hinaus für ihre kreativen Ideen bekannt ist.6 Neben den öffentlichen Förderungen der drei Staatsebenen Bund, Länder und Gemeinden bietet auch die Europäische Union eine Vielzahl von Programmen an, über die kulturelle Projekte gefördert werden. Das Fördersystem erscheint zuweilen dabei so ausdifferenziert, dass man bereits bei der Suche nach dem richtigen Programm scheitern kann. Abhilfe schaffen dabei Förderagenturen, die hier
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unterstützend angefragt werden können.7 Einen sehr guten Wegweiser durch die Förderlandschaft in Österreich und die Förderprogramme der EU bietet die Kreativwirtschaft Austria in ihrem Handbuch über das „Kapital der Kreativen“.8
Herausforderung Museumsfinanzierung
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Museen decken ihren Finanzbedarf nur zum Teil aus erwirtschafteten eigenen Einkünften. Nach gängigen betriebswirtschaftlichen Maßstäben produzieren sie zumeist nicht kostendeckend.9 Allein die Personalkosten machen oft zwischen 50 Prozent und 75 Prozent der Gesamtkosten aus.10 Ein weiterer sehr großer Kostenpunkt, mit dem Museen zu kämpfen haben, ist die Gebäudeerhaltung. Zu den kleineren Kostenpositionen gehören etwa Transportkosten, Verpackungskosten, Leihgebühren, Versicherungen, Sicherheitsvorkehrungen, Kataloge, Werbung, Pressearbeit etc.11 Der Großteil der Personalkosten sowie die Gebäudeerhaltung sind Fixkosten, womit im Museumsbereich gesamthaft gesehen sehr hohe Fixkosten sehr geringen variablen Kosten gegenüberstehen. Diese Tatsache macht Museen finanziell unflexibel, da nur die variablen projektbezogenen Kosten kurzfristig steuerbar und leistungsabhängig sind.12 Bei allgemein steigendem Pro-Kopf-Einkommen steigen auch die Personalkosten der Museen, die aber nur in geringem Ausmaß auf die Konsumenten übertragen werden können.13 Ein weiteres Problem ist die Eigenkapitalaufbringung. Gerade Kulturschaffende – ob mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht – verfügen in der Regel nur über geringe Eigenmittel. Dabei kann Eigenkapital zum einen in der Gründungsphase von privatrechtlichen Kulturbetrieben erforderlich, zum anderen häufig für die Vorfinanzierung des kulturellen Betriebes oder einzelner Projekte nötig sein.14 Auch bei der Beantragung öffentlicher oder privater Förderung wird zum Teil eine erhebliche Eigenleistung verlangt. Sogar bei bewilligter EU-Förderung erfolgt die vollständige Zahlung oft erst nach Abschluss des Projekts.15 Oft mangelt es dabei an einem gut vorbereiteten Businessplan. Dieser ist zwar kein Muss, aber je professioneller ein Konzept ausformuliert ist, desto eher schafft es klare Verhältnisse und damit eine gute Verhandlungsbasis mit potenziellen Geldgebern.16 Die Aufnahme von Fremdkapital gestaltet sich ebenfalls schwierig, da das so genannte Basel II und III EU-Regelwerk darauf abzielt, die Eigenkapitalvorschriften für Banken anzuheben, um damit die Liquiditäts-
und Verschuldungsquoten des Banken- und Finanzsystems zu stabilisieren.17 Das wirkt sich wiederum negativ auf die Kreditvergabe aus. Die Erste Bank hat dafür ein spezielles Team mit Know-how für die Kreativwirtschaft aufgebaut, das auf deren spezielle Bedürfnisse eingeht und Unterstützung bei der finanziellen Realisierung kreativer Geschäftsideen bietet.18 Eine Vereinbarung mit dem Europäischen Investmentfonds ermöglicht es NGOs und Social Entrepreneurs19 geförderte Mikrokredite (Kleinstkredite) zu erhalten.20
Mögliche Finanzierungsquellen Allgemeine Aussagen über Museen zu treffen ist wegen ihrer Vielfalt problematisch. Sie weisen in ihrer Rechtsform, ihrer Besucherzahl und ihrer Ausrichtung erhebliche Unterschiede auf. So bedarf es einer Unterscheidung, ob es sich um Finanzierung öffentlich-rechtlicher Kulturbetriebe, privatrechtlich-gemeinnütziger Kulturbetriebe oder privatrechtlich-kommerzieller Kulturbetriebe handelt. Dennoch stehen unabhängig von Trägerschaft und Rechtsform alle Kulturanbieter gleichzeitig im Wettbewerb um Drittmittel und die Einnahmen von potenziellen Geldgebern.21 Wenn öffentliche Förderungen, Eigenkapital und Betriebseinnahmen zur Finanzierung einer Kulturinstitution nicht mehr ausreichen, ist die Erschließung neuer Geldquellen sinnvoll. Dabei ist zuerst danach zu trachten, die Betriebseinnahmen zu erhöhen. Ist diese Möglichkeit ausgeschöpft, schließt unmittelbar ein Wettstreit um öffentliche und private Drittmittel zwischen den Kunst- und Kulturinstitutionen an.22 Unternehmerisches Denken und Handeln gepaart mit Kreativität wird angesichts der begrenzten öffentlichen Mittel in Kunst und Kultur künftig unabdingbar sein.23
Abb. 16: Kulturfinanzierung24
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Konsumenten – Betriebseinnahmen Primäreinkommen (Betriebseinnahmen im engen Sinn), also Einnahmen aus der eigentlichen Kernaktivität wie z. B. Erlöse aus dem Kartenverkauf oder Gebühren, stehen dabei dem Sekundäreinkommen gegenüber. Dieses umfasst Einnahmen aus zusätzlichen Aktivitäten wie Merchandising, Café-, Restaurantund Barbetrieb, Licensing oder Vermietung von Räumlichkeiten.25 Durch eine effiziente Preispolitik lassen sich dabei Einnahmen erhöhen. Aus der Verpachtung oder dem Selbstbetrieb von Museumsshop und Museumscafé können neue Einnahmequellen entstehen. Für eine effiziente Preispolitik ist Marktforschung unerlässlich. Sie ermöglicht eine Abstimmung von Nachfragebedürfnissen und Angebotsleistungen, die eine Anpassung der Preise erleichtern können. Eine der möglichen Strategien in der Preispolitik ist die Segmentierung. Diese kann nach mehreren Gesichtspunkten erfolgen:
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Sie kann sich nach demographischen Kriterien wie Alter, Geschlecht, Beruf oder Familienstand richten26 oder nach geographischen Kriterien wie „ortsansässig“, „Tagesausflug“ und „Tourist“. Weitere Segmentierungsmöglichkeiten beruhen auf Bildungsstand oder Einkommensgruppe. Eine behavioristische Segmentierung etwa richtet sich nach speziellen Interessen oder psychographischen Kriterien wie „Lifestyle“, Meinungen oder Einstellungen zu bestimmten Themen. Neben der Segmentierung gibt es andere Techniken der Preisdifferenzierung wie etwa die Preisentbündelung, die insbesondere bei Sonderausstellungen genutzt wird. Für den Eintritt in das Museum wird ein Preis bestimmt, während für weitere Leistungen im Angebot Einzelpreise verlangt werden. Bei der internen Preisbündelung wird dagegen für alle eigentlichen Museumsangebote ein Einheitspreis entrichtet.27 Bei der externen Preisbündelung wird ein Einheitspreis für mehrere Häuser festgesetzt,28 denn auch die Austauschbeziehungen zu anderen Kultureinrichtungen, speziell zu anderen Museen, sind nicht durch Konkurrenz allein bestimmt. Gemeinsame Öffnungszeiten, zeitlich gestaffelte Eröffnungsveranstaltungen, gegenseitige Eintrittspreisreduktionen, sich ergänzende Ausstellungen zu einem gemeinsamen Thema oder gemeinsame Bewerbung der ähnlich gelagerten Zielgruppen können ebenso positive Synergieeffekte erzielen.29 Möglich ist auch eine zeitliche Differenzierung. Dabei werden zu bestimmten
Uhrzeiten, an bestimmten Wochentagen oder abhängig von der Saison unterschiedliche Eintrittspreise verlangt.30 Im Fall der Nachfragedifferenzierung gibt es Ermäßigungen für bestimmte Besuchergruppen, von denen eine niedrige Zahlungsbereitschaft angenommen wird (z. B. Schüler, Studenten, Pensionisten).31 Einem Mengenrabatt entspricht die Mengendifferenzierung, bei der Besucher im Gruppenverband ab einer gewissen Gruppengröße einen geringeren Eintrittspreis bezahlen. Sonderausstellungen erwecken ein Medieninteresse, das Museen mit ihren Dauerausstellungen in diesem Ausmaß nicht bekommen. Die beschränkte Zeit erhöht den Anreiz, die Ausstellung wirklich zu besuchen. Auch der Anteil an Touristen ist bei Sonderausstellungen relativ hoch. So können Museen dafür etwas höhere Preise ansetzen.32 Für eine erfolgreiche und effiziente Preispolitik ist die Vernetzung von Marketing, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Als Merchandising wird die Vermarktung des Images eines Kulturanbieters im Allgemeinen, einer bestimmten Veranstaltung oder eines bestimmten Exponates über selbst entwickelte oder zugekaufte Produkte im Besonderen verstanden.33 Museumsläden werden dabei als Einnahmequelle häufig unterschätzt. Das Sortiment reicht von Büchern, Postkarten, CDs, Souvenirs und Geschenken bis zu vielfältigen anderen Artikeln. Auf den Artikeln werden in der Regel entweder Objekte der Ausstellung dargestellt oder die Artikel stehen in gewissem Zusammenhang mit dem Museum und seiner Sammlung.34 Ebenfalls eine Möglichkeit, die Sekundäreinnahmen zu erhöhen sind Gastronomieeinrichtungen. Hinsichtlich der sekundären Betriebseinnahmen sind allerdings zusätzliche Rechtsfragen zu klären – wie etwa Gewerbeberechtigungen, Brand-, Umwelt- und Gesundheitsschutz, Nutzungsrechte von Marken sowie steuerrechtliche Fragen.35 Vom Merchandising zu unterscheiden ist das Licensing, bei dem die Vermarktung eines Kulturbetriebes bzw. eines seiner Produkte über die Vergabe von Urheber- bzw. Nutzungsrechten (Lizenz) gegen eine Gebühr an Dritte erfolgt. Ziel dabei ist es gleichfalls, das vermarktete Produkt und den dahinterstehenden Kulturanbieter stärker bekannt zu machen und sowohl aus der Lizenzgebühr als auch über die Vermarktung insgesamt Einnahmen zu erzielen.36 Da es für Unternehmen vielfach attraktiv ist, das Ambiente einer kulturellen Einrichtung für eigene Veranstaltungen oder Events zu nutzen, stellt auch die Vermietung von Räumen oder Technik eine Möglichkeit zur Generierung neuer Einnahmequellen dar.37
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Private Kulturförderung – Fundraising als „Friendraising“
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Unter Fundraising im weiten Sinn kann das gezielte und planmäßige Einwerben von jeglichen finanziellen und sonstigen Mitteln verstanden werden, die nicht Eigeneinnahmen und institutionelle Zuschüsse des oder der Träger sind (bei öffentlich-rechtlichen Kulturbetrieben) – also Sponsoring, Spenden, Vereine, Stiftungen etc. Unter Fundraising im engen Sinn hingegen wird zumeist lediglich das systematische Sammeln von Spenden (Mäzenatentum) verstanden.38 Dabei gehen Mäzenatentum und Sponsoring häufig fließend ineinander über. Die beiden Unterstützungsformen unterscheidet allerdings das Motiv des Förderers und das Zielobjekt der Förderung: Während das Mäzenatentum mit altruistischen Motiven des Förderers oder individueller Künstlerförderung gleichgesetzt wird, knüpft das Sponsoring an unternehmerische Ziele und das Prinzip von Leistung und Gegenleistung an.39 Spenden umfassen demnach freiwillige, monetäre oder nicht-monetäre (z. B. Zeitspende, ehrenamtliche Mitarbeit) Leistungen, denen keine direkten marktadäquaten Gegenleistungen gegenüberstehen. Natürlich werden auch Spender gewisse Gegenwerte erwarten (insbesondere immaterieller Natur wie etwa ein freundliches Dankeschön, ein Brief, eine Einladung zum Tag der offenen Tür, Spendenbescheinigungen zur steuerlichen Absetzbarkeit etc.).40 Jegliches erfolgreiche Fundraising – ob im weiten oder im engen Sinn – sollte systematisch durchgeführt und die dafür erforderlichen personellen Ressourcen geschaffen werden. Der Organisationszweck, die primären Aufgaben und das Profil des Kulturanbieters müssen dabei für Externe eindeutig erkennbar sein. Fundraising ist als „Friendraising“ nie auf einmalige Beschaffung von Geld- und Sachmittel zu reduzieren. Im Mittelpunkt steht damit die Entwicklung einer langfristigen Beziehung zwischen Geldgeber und Kulturanbieter. Ein typisches Beispiel sind so genannte Fördervereine und Freundeskreise.41 Idealerweise werden damit nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Beratungs-und Unterstützungsleistungen bereitgestellt.
Sponsoring Richtiges Sponsoring schafft eine Win-Win-Situation für beide Parteien. Während der Kulturanbieter an der Beschaffung von finanziellen und diversen sonstigen Mitteln (z. B. betriebswirtschaftliche Beratung) interessiert ist,
verfolgen die Unternehmen in erster Linie Kommunikationsziele. Mit dem Sponsoring kann ein differenziertes und positives Image bei der Zielgruppe, der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern geschaffen werden. Neben Imagepflege und Imageverbesserung geht es den Unternehmen insbesondere um Kontaktpflege, Kundenbindung, Erhöhung des Bekanntheitsgrades, Demonstration gesellschaftlicher Verantwortung und Mitarbeitermotivation.42 Für den Erfolg des Sponsorings ist es wichtig, sich mit der Interessenlage des Sponsors auseinanderzusetzen und seine Motive für das Eingehen von Sponsorships zu berücksichtigen. Bei der Auswahl möglicher Sponsoren ist auch darauf zu achten, dass hinsichtlich Image, Zielgruppen und Produkten eine Schnittmenge zwischen Kultur und Wirtschaft vorhanden ist. Es gilt, Anknüpfungspunkte zwischen der eigenen Kulturinstitution oder des jeweiligen Projektes mit dem Unternehmen herzustellen.43 An der Spitze der Kultursponsoren stehen in Österreich Energieversorger, Banken und Versicherungen. Die Initiative „Wirtschaft für Kunst“ zollt Unternehmen Anerkennung für die Unterstützung von Kunstprojekten, die ohne deren Hilfe nie zustande gekommen wären. So wird etwa der Österreichische Kunstsponsoringpreis MAECENAS jährlich vergeben.44
Spenden Der demographische Wandel in unserer Gesellschaft verändert die Form der Finanzierung im Kunst- und Kulturbereich. So ist einerseits davon auszugehen, dass durch das rasante Anwachsen der Gruppe wohlhabender Industrieller diese mit zunehmendem Alter vor die Wahl der Überlassung ihres Vermögens stehen. Hier mögen eventuell auch Kunst- und Kulturinstitutionen vermehrt zum Zug kommen. Neben einer Vermehrung des Mäzenatentums sehr Wohlhabender wird im Sinne einer partizipativen Demokratie auch eine sehr wünschenswerte Zunahme an ehrenamtlicher Mitarbeit (Zeitspende) im Kunst- und Kulturbereich zu erwarten sein.45 Mit dem neuen Gesetz zur Spendenabsetzbarkeit geförderter Kultureinrichtungen macht Österreich einen wichtigen Schritt zum Antrieb privater Investitionen. Dabei ist allerdings nicht zu vergessen, dass steuerliche Begünstigungen nicht als Spendengrund per se angesehen werden, sondern nur als Zusatzanreiz gelten können.46 Zudem sind nur ausgewählte Institutionen begünstigt, nämlich gemeinnützige Kultureinrichtungen, die vom Land oder Bund
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gefördert werden. Initiativen, die über private Mittel, Gemeindesubventionen oder EU-Mittel finanziert werden, sind somit von der neuen Spendenregelung ausgeschlossen. Hier sieht die Interessengemeinschaft Kultur (IG Kultur) eine Benachteiligung einzelner Gruppen durch das neue Gemeinnützigkeitsgesetz.47 Eine Art Club für Mäzene bildet der philanthropische „Verein Phileas“, der das Motiv verfolgt, aus privaten Geldern Kunst und Kultur ideell und finanziell zu fördern.48
Stiftung Die Steuerreform in Österreich soll in Zukunft auch Erleichterungen für gemeinnützige Stiftungen bringen. So prognostiziert der Fundraising Verband Austria das Entstehen zahlreicher neuer Stiftungen zur Kulturförderung.49 Stiftungen können dabei einerseits Adressaten von Fundraising im weiten Sinn sein, also Ansprechpartner für Kulturbetriebe, die „private Drittmittel“ akquirieren möchten. Eine zweite Möglichkeit ist, als Kulturbetrieb selber die Umwandlung in eine Stiftung als Rechts- und Organisationsform anzustreben, um zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen zu können.50 168
Public-Private-Partnership Ein problematischer Aspekt des Kultursponsorings ist seine Kurzfristigkeit. Die Mittel aus der Wirtschaft sind abhängig von unternehmenspolitischen Entscheidungen und vor allem vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Bei schlechter Konjunktur wird in der Regel zuerst beim Sponsoring gekürzt. Bei mittel- oder langfristigen Projekten ist daher eine vertragliche Absicherung nötig.51 Als relativ neue Form der Finanzierung und Organisation von Kulturbetrieben werden „Public Private Partnerships“ (PPP) umgesetzt.52 Beim Kultur-PPP handelt es sich also um eine langfristige vertragliche Bindung mindestens zweier Partner, die ein gemeinsames Interesse an der Sache Kultur haben sowie sich daraus einen eigenen Nutzen erwarten: Der öffentliche Kulturbetrieb erwartet sich u. a. eine Finanzierungsentlastung, Effizienzsteigerung durch eine Professionalisierung und betriebswirtschaftliches Know-how. Der private Partner verfolgt mit dem PPP die Erschließung neuer Märkte, langfristig sichere und kalkulierbare Umsätze und Gewinne, eine Imageverbesserung und den Erhalt finanzieller Unterstützung.53 Eine Risikoabsicherung erfolgt dabei regelmäßig durch Fördergelder des öffentlichen Partners.
Ein weiteres PPP-Kennzeichen ist die gleichberechtigte partnerschaftliche Zusammenarbeit in allen Phasen von Planung, Realisierung und Betrieb einer kulturellen Einrichtung. PPPs können nur erfolgreich zustande kommen, wenn die gemeinsamen Vorteile und Chancen (Synergieeffekte, Wissenstransfer, Risikoverteilung etc.) die potenziellen Nachteile (Informationsasymmetrie, Kommunikationsprobleme, fehlendes Vertrauen etc.) übersteigen.
Crowdfunding-Plattformen Beim Crowdfunding finanzieren viele Online-User (die „Crowd“) mit kleinen oder größeren Beträgen gemeinsam eine Idee, ein Projekt oder ein neues Unternehmen. Mit dem Alternativfinanzierungsgesetz sollte 2015 in Österreich Crowdfunding auf rechtssichere Beine gestellt und die Kreditklemme, die durch die strengen Vorschriften von Basel II und III entstanden ist, etwas gelockert werden.54 In den letzten Jahren haben sich je nach Branche und Einsatzgebiet die unterschiedlichsten Formen von Crowdfunding entwickelt. Eine gute Übersicht über die verschiedenen Crowdfunding-Konzepte in Wissenschaft und Praxis liefern dazu einige aktuelle Studien.55 Grundsätzlich kann man jedoch den Kategorisierungen drei Crowdfunding Archetypen zuordnen: Altruismus: Hierunter fallen Modelle, bei denen die Motive der Crowd auf Uneigennützigkeit oder Selbstlosigkeit beruhen, wie z. B. bei Schenkungen oder Spenden. Unter Hedonismus werden Crowdfunding-Konzepte eingeordnet, bei welchen sich die Unterstützer über eine Anerkennung verschiedenster Art freuen. Unter Gewinnorientierung fallen Crowdfunding-Konzepte, bei welchen Investoren eine monetäre Gegenleistung erhalten können.56
Abb. 17: Kategorien des Crowdfunding57
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Die hohe Beteiligung an Kulturprojekten auf der Crowdfunding-Plattform „Startnext“ lässt sich zum einen damit erklären, dass mehr Zahlungsbereitschaft für Kultur da ist, als angenommen wurde, und zum anderen, dass die Tatsache, neue Ideen verwirklichen zu können, genug Anreiz zum Spenden bietet. Studien zufolge lassen sich folgende Erfolgsfaktoren beim Crowdfunding zusammenfassen:
170 Abb. 18: Erfolgsfaktoren beim Crowdfunding 58
Die frühzeitige Einbindung der potenziellen Kunden oder des Publikums in die Entwicklung von Projekten und Produkten eröffnet dabei die Möglichkeit zur Potenzial- und Marktanalyse.
Erfolgskonzept Mehrdimensionalität Ob Fundraising im weiteren Sinn oder Fundraising im engeren Sinn, jedes „Einwerben“ von Drittmitteln erfordert eine intensive Öffentlichkeitsarbeit der Museen. Enge Vernetzung der Finanz-, Marketing-, und Öffentlichkeitsabteilung ist dafür eine wichtige Erfolgsstrategie. Studien erachten eine intelligente Kombination von Fördermechanismen mit anderen Geldquellen als interessant.59
Abschließend kann festgehalten werden, dass in Zukunft das größte Potenzial in der Kombination von klassischen und alternativen Finanzierungsinstrumenten zu sehen sein wird.60 Im Sinne der „Freiheit der Kunst“ wird dabei allerdings von versteckter Privatisierung gesprochen und die damit einhergehende Gefahr der Kommerzialisierung von Kunst und Kultur diskutiert, die zu Lasten des öffentlichen Interesses gehen könnte. Das geläufige Ziel für Unternehmen, der Imagegewinn, ist dabei meist schwieriger zu vereinbaren mit provokanter Kunst, als mit so genannten Leuchtturmprojekten.61 Die Angst vor zu großer Mitsprache privater Eigentümer in „kulturpolitische und kulturelle Grundsatzentscheidungen“ ist dabei ein wichtiger Punkt.
Exkurs: Ohne Kommunikation ist alles nichts – Die Stimme als Erfolgsfaktor In Dienstleistungsunternehmen wie Museen sind Qualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit, Ausstrahlungskraft, Argumentationssicherheit, ein ausgeprägtes Sprach- und Sprechvermögen sowie eine einheitliche, unverwechselbare Außendarstellung mehr denn je gefragt.62 Richtiges Kommunizieren wird immer mehr zur Erfolgsstrategie, gerade auch hinsichtlich Öffentlichkeitsarbeit, Social Media und alternativer Finanzierungsstrategien. Denn die Firmenphilosophie sowie die Marketingstrategie werden ausschließlich von kommunizierenden Menschen getragen. Überzeugungskraft, Motivationsvermögen, Konfliktbeherrschung und Menschenkenntnis sind dabei essentiell. Auch hinter dem Produktionsfaktor Arbeitsleistung verbergen sich Individuen, deren Arbeitsmotivation ganz wesentlich vom Verhalten der Vorgesetzten abhängig ist.63 Öffentlichkeitsarbeit beginnt daher innerhalb des Museums, denn jeder Mitarbeiter ist ein „Botschafter“ seines Kulturbetriebes und er trägt dazu bei, dass dieser in der Öffentlichkeit Wertschätzung erfährt. In der Kommunikation ist dabei die emotionale Seite ein oft unterschätzter Aspekt. Kaum ein Mensch lässt sich jedoch von einem anderen allein durch Fakten überzeugen, also durch Argumentation auf der Inhaltsebene. Ein Gutteil unseres Denkens läuft unbewusst ab64 und Fakten werden in der Regel sogar nur dann übernommen, wenn auf der emotionalen Ebene Akzeptanz herrscht.65 Wissenschaftlich zu belegen ist dies auch durch die von Gehirnforschern entdeckten Spiegelneuronen.
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Kurz gesagt: Die Emotionen unseres Gegenübers empfinden wir durch neuronale Imitation physisch nach.66 Dabei sind es besonders die Stimme und Atmung, die Emotionen und Körperspannung übertragen, beruhigen und Vertrauen schaffen. Nicht was wir sagen, sondern wie wir es sagen ist also für die zwischenmenschlichen Beziehungen von allergrößter Bedeutung.67 Die Studien „Wirtschaftsfaktor Stimme“ und „Karrierefaktor Stimme“ belegen eindeutig die Wirkung einer „guten“ Stimme für den Wirtschaftsbereich: Ob bei öffentlichen Auftritten, im Verkauf, bei Erstkontakten, Präsentationen, Überzeugungsversuchen, Ausübung von Autorität, Vorträgen, Bewerbungsgesprächen, Durchsetzung in Teams oder generell im zwischenmenschlichen Kontakt im Berufsleben. Selbst ein direkter Zusammenhang zwischen Stimmklang und Sprechweise der Mitarbeiter und dem Unternehmensimage konnte nachgewiesen werden.68 Eine „gute“ Stimme soll dabei Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen ausstrahlen, indem sie kräftig, klar, deutlich und motivierend ist. So hilft eine kraftvolle und klare Stimme, selbstbewusst aufzutreten und Durchsetzungskraft auszustrahlen. Mit der optimalen Stimmlage wirken Sie kompetent und authentisch. 172
Untersuchungen bestätigen, dass ein klarer, wenig gehauchter Stimmklang mit mittlerer Sprechstimmlage und Resonanz der Erwartung des Hörers entspricht, unauffällig erlebt wird und attraktiv und sympathiefördernd wirkt. Hier setzen Stimm- und Sprechseminare an. Richtige Stimm- und Atemtechnik gepaart mit entsprechender Körpersprache sind somit wichtige Erfolgsfaktoren für jede Kommunikationssituation. Gerade Museen und sonstige Kulturbetriebe, in denen sich täglich unterschiedlichste Menschen begegnen, sollten diesem Aspekt in Zukunft mehr Bedeutung zukommen lassen.
1 Vgl. Hummel, Marlies / Berger, Manfred: Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur, Berlin 1988, 51. 2 Vgl. hierzu ausführlich Jenewein, Stefan / Schneider, Friedrich [u. a.]: Regionalwirtschaftliche Analyse der Umwegrentabilität der Ausgaben im Kulturbereich – Eine Studie im Auftrag des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Innsbruck 2016, 3. 3 Ebd. 2, 20. 4 Ebd. 2, 3. 5 Ebd. 2, 4. 6 Ebd. 2, 18. 7 So z. B. Amann, Sylivia: www.inforelais.org [22. 9. 2016]. 8 Vgl. Kreativwirtschaft Austria: Das Kapital der Kreativen. Ein Handbuch der Kreativwirtschaft Austria. Für dich und deine Ideen! 37–151. www.kreativwirtschaft.at/kapitalderkreativen/ [22. 9. 2016]. 9 Vgl. Benkert, Wolfgang: Kulturfinanzierung. In: Rauhe, Hermann / Demmer, Christine [u. a.] (Hg.): Kulturmanagement. Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin 1994, 75. 10 Vgl. Matt, Gerald / Flatz, Thomas [u. a.]: Kultur und Geld, Wien 2001, 128. 11 Ebd. 10, 126. 12 Ebd. 10, 127. 13 Vgl. Schenker, Philipp: Ökonomie und Management von Kunstinstitutionen, Basel 1990, 19. 14 Vgl. Kreativwirtschaft Austria: Das Kapital der Kreativen. Ein Handbuch der Kreativwirtschaft Austria. Für dich und deine Ideen! 23–27. www.kreativwirtschaft.at/kapitalderkreativen/ [22. 9. 2016]. Vgl. auch Gerlach-March, Rita: Kulturfinanzierung. In: Hausmann, Andrea (Hg.): Kunst und Kulturmanagement, Wiesbaden 2010, 13. 15 Ebd. 14, 45–46. 16 Vgl. Kreativwirtschaft Austria: Das Kapital der Kreativen. Ein Handbuch der Kreativwirtschaft Austria. Für dich und deine Ideen! 12–18. www.kreativwirtschaft.at/kapitalderkreativen/ [22. 9. 2016]. 17 Vgl. Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich, 19. www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/ Studie_Crowdfunding%20mit%20Deckblatt.pdf [22. 9. 2016]. 18 Vgl. Kreativwirtschaft Austria: Das Kapital der Kreativen. Ein Handbuch der Kreativwirtschaft Austria. Für dich und deine Ideen! 20. www.kreativwirtschaft.at/kapitalderkreativen/ [22. 9. 2016]. 19 Social Entrepreneurs sind Unternehmen, deren Produkte, Services oder Beschäftigungsangebot gesellschaftlich wichtige Grundbedürfnisse in den Bereichen Arbeit, Gesundheit, Bildung, Umwelt und Kultur abdecken. 20 Vgl. www.erstegroup.com/de/news-media/presseaussendungen/2016/08/11/ mikrokreditprogramm-2016 [28. 9. 2016]. 21 Vgl. Hausmann, Andrea: Kunst- und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, Wiesbaden 2011, 83. 22 Vgl. Benkert, Wolfgang: Kulturfinanzierung. In: Rauhe, Hermann / Demmer, Christine [u. a.] (Hg.): Kulturmanagement. Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin 1994, 247. 23 Vgl. Klein, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb. 3. Aufl., Wiesbaden 2011, 212. 24 Gerlach-March, Rita: Kulturfinanzierung. In: Hausmann, Andrea (Hg.): Kunst und Kulturmanagement, Wiesbaden 2010, 12. 25 Ebd. 24, 97–98. 26 Vgl. Black, Graham: The Engaging Museum – Developing Museums for Visitor Envolvement. London und New York 2005, 11–12.
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27 Vgl. Rump, Oliver: Preispolitik und Zielgruppenorientierung von Museen. In: Dreyer, Matthias / Wiese, Rolf (Hg.): Zielgruppen von Museen: Mit Erfolg erkennen, ansprechen und binden. Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg. Rosengarten-Ehesdorf 2004, 604–605. 28 Ebd. 27, 604–605. 29 Vgl. Matt, Gerald / Flatz, Thomas [u. a.]: Kultur und Geld. Wien 2001, 20. 30 Ebd. 29, 44. 31 Vgl. Rump, Oliver: Preispolitik und Zielgruppenorientierung von Museen. In: Dreyer, Matthias / Wiese, Rolf (Hg.): Zielgruppen von Museen: Mit Erfolg erkennen, ansprechen und binden. Stiftung Freilichtmuseum am Kiekeberg. Rosengarten-Ehesdorf 2004, 604. 32 Ebd. 31, 78. 33 Vgl. Hausmann, Andrea: Kunst- und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, Wiesbaden 2011, 92. 34 Vgl. Schuck-Wersig, Petra / Wersig, Gernot: Museen und Marketing: Marketingkonzeptionen amerikanischer Großstadtmuseen als Anregung und Herausforderung. Institut für Museumskunde. Berlin 1988, 65. 35 Vgl. Gerlach-March, Rita: Kulturfinanzierung. In: Hausmann, Andrea (Hg.): Kunst und Kulturmanagement, Wiesbaden 2010, 110. 36 Vgl. Hausmann, Andrea: Kunst- und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, Wiesbaden 2011, 93. 37 Ebd. 36, 93. 38 Ebd. 36, 102. 39 Vgl. Schwab, Lilian: Wer und wohin steuert die lokale Kulturpolitik? Public Private Partnerships in der Kulturfinanzierung. In: Klein, Ansgar / Rohweder, Jan [u. a.] (Hg.): Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Jahrgang 18, Heft 3, Stuttgart 2005, 53. 40 Vgl. Hausmann, Andrea: Kunst- und Kulturmanagement. Kompaktwissen für Studium und Praxis, Wiesbaden 2011, 103. 41 Ebd. 40, 104. 42 Ebd. 40, 97–98. 43 Ebd. 40, 98. 44 Vgl. IWK: www.maecenas.at/content.aspx?i=38 [6. 4. 2016]. 45 Vgl. Hoppe, Bernhard M. / Heinze, Thomas: Einführung in das Kulturmanagement – Themen – Kooperationen – Gesellschaftliche Bezüge, Wiesbaden 2016, 132. 46 Vgl. Schober, Christian / Pervan, Ena / Greiner, Stefanie: Evaluierung der ausgeweiteten steuerlichen Spendenabsetzbarkeit in Österreich. Effekte auf das Privatspendenvolumen. Wirkungen auf das Unternehmensspendenverhalten, Wien 2015, 92. 47 Vgl. IG Kultur: http://igkultur.at/kulturpolitik/kommentare/gemeinnuetzigkeitspaket-2015und-kultur, 2015 [30.3.2016]. 48 www.phileasprojects.org/partners-and-junior-partners.html [4. 4 .2016]. 49 Vgl. Nussmayr, Katrin: Das Match um die Kulturspende. In: Die Presse. 10. 1. 2016. http://diepresse.com/home/kultur/kunst/4901526/Das-Match-um-die-Kulturspenden [3. 4. 2016]. 50 Gerlach-March, Rita: Kulturfinanzierung. In: Hausmann, Andrea (Hg.): Kunst und Kulturmanagement, Wiesbaden 2010, 77. 51 Vgl. Eschenbach, Rolf: Museums-Management: Ein Weg aus der Museumskrise, dargestellt am Beispiel des Technischen Museums Wien, Wien 1991, 130. 52 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/fundraising.html [30. 3. 2016].
53 Vgl. Gerlach-March, Rita: Kulturfinanzierung. In: Hausmann, Andrea (Hg.): Kunst und Kulturmanagement, Wiesbaden 2010, 87 54 Vgl. Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich, 31. www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/ Studie_Crowdfunding%20mit%20Deckblatt.pdf [22. 9. 2016]. 55 Ebd. 45. Vgl. auch: Blohm, Ivo / Sieber, Eva [u. a.] Delphi-Studie Crowdfunding 2020 – Komplement oder Substitut für die Finanzindustrie. (2015): Norderstedt: BoD – Books on Demand. Aktuell ist derzeit eine EU-Studie „Crowdfunding für die Kultur- und Kreativsektoren“ in Arbeit, vgl. dazu Sylvia Aman, www.inforelais.org/index.php/de/ [22. 9. 2016]. 56 Vgl. Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich, 45. www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/ Studie_Crowdfunding%20mit%20Deckblatt.pdf [22. 9. 2016]. 57 Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich, 45. www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/ Studie_Crowdfunding%20mit%20Deckblatt.pdf [22. 9. 2016]. 58 Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich, 70. www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/ Studie_Crowdfunding%20mit%20Deckblatt.pdf [22. 9. 2016]. 59 Ebd. 58, 90. 60 Ebd. 58, 108–109. 61 Vgl. Schwab, Lilian: Wer und wohin steuert die lokale Kulturpolitik? Public Private Partnerships in der Kulturfinanzierung. In: Klein, Ansgar / Rohweder, Jan [u. a.] (Hg.): Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Jahrgang 18, Heft 3, Stuttgart 2005, 49. 62 Vgl. Richter, Günter: Erfolgreich kommunizieren im Tourismus. So treffen Sie immer den richtigen Ton! Berlin 2007, 47–57. 63 Ebd. 62, 58–59. 64 Vgl. Lakoff, George / Wehling, Elisabeth: Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Politische Sprache und ihre heimliche Macht. 4. Aufl., Heidelberg 2016, 71. 65 Vgl. Richter, Günter: Erfolgreich kommunizieren im Tourismus. So treffen Sie immer den richtigen Ton!, Berlin 2007, 65. 66 Vgl. Lakoff, George / Wehling, Elisabeth: Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Politische Sprache und ihre heimliche Macht. 4. Aufl., Heidelberg 2016, 60. 67 Vgl. Amon, Ingrid: Die Macht der Stimme. Persönlichkeit durch Klang, Volumen und Dynamik. 6. Aufl., München 2011, 18–21. 68 Ebd. 67, 22–23. Richter, Günter: Erfolgreich kommunizieren im Tourismus. So treffen Sie immer den richtigen Ton! Berlin 2007, 67.
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9. REDEN WIR MITEINANDER! VORAUSSETZUNGEN UND ANFORDERUNGEN FÜR DIE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN MUSEEN UND TOURISMUS Doris Rom
Wollen Museum und Tourismus sich in einer erfolgreichen Zusammenarbeit finden, gilt es zunächst den jeweiligen Standort zu bestimmen und daraus eine tragfähige Schnittmenge zu bilden.
Was trennt – was verbindet Tourismus ist im Bereich der Wirtschaft angesiedelt, geprägt von marktorientiertem Denken. Die Arbeit ist darauf ausgerichtet, durch möglichst lange Ortswechsel möglichst vieler Menschen ein Optimum an Wertschöpfung zu generieren. Museen hingegen wenden sich vorrangig wissenschaftlichen Aufgaben zu. Sammeln, Bewahren und Forschen bilden hier den Kern der Aufgabe, Präsentation und Vermittlung sind lediglich ein Teilbereich.1 Angesichts dieser unterschiedlichen Zugänge bedarf es zunächst einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Und gerade vor diesem Hintergrund ist auch zu betonen, dass es für beide Seiten gut und förderlich sein kann, das Miteinander zu suchen, dass es aber nicht immer notwendig oder möglich ist. Als kulturelle Einrichtung haben Museen auch einen Bildungsauftrag. Dieser steht manchmal durchaus im Widerspruch zu ökonomischen Überlegungen. Allerdings liegt hier auch die grundlegende Verbindung zwischen Museen und Tourismus: die Zuwendung zu Besuchern.2 Martin Spantig postuliert dazu einen zunächst durchaus überraschenden Begriff: Exhibitionismus – „Exhibitionismus, der einfach notwendig ist, damit beide Systeme in der Gegenwart erfolgreich funktionieren können. Ein gesunder Exhibitionismus, der auch das Arbeiten prägt.“ 3 Grundsätzlich zeigen also beide, was sie haben, und bemühen sich in ihrer Zuwendung zum Gast, insbesondere ihre hervorragenden Schätze in den Vordergrund zu rücken. Darüber hinaus bedarf es auch in der Zusammenarbeit eines offensiven Zeigens und Kommunizierens der eigenen Schwerpunkte.
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Unser Gast Um in der Zuwendung die Besucher tatsächlich zu erreichen, bedarf es zunächst eines Perspektivenwechsels: Wer ist und was will der (gemeinsame) Gast?
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Nur rund 9 Prozent der Gäste in Österreich definieren ihren Aufenthalt als Kultururlaub.4 Unter ihnen befindet sich eine noch kleinere Gruppe von kenntnisreichen Spezialisten, die einschlägiges kulturelles Wissen und Verständnis mitbringen. Den überwiegenden Teil bilden Gelegenheits-Kulturtouristen, die sich als interessierte Neugierige im Rahmen ihres Urlaubs (oder Ausflugs) neben zahlreichen anderen Aktivitäten bewusst auch auf kulturelle Eindrücke und Erlebnisse einlassen. Eine weitere Gruppe bilden zufällige Besucher, die sich auf Grund einer spezifischen Situation vor Ort spontan für ein kulturelles Angebot entscheiden. Wendet man sich bewusst den Bedürfnissen touristischer Gäste zu, gilt es einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Touristen, die im Rahmen eines Urlaubs oder Ausflugs unterwegs sind, streben nach Entspannung und suchen Abstand vom Alltag. Daher erwarten sie primär Abwechslung und neue Eindrücke, das Erlebnis steht im Vordergrund. Sie sind zum überwiegenden Teil kulturelle Laien, die selten einschlägige Vorkenntnisse mitbringen. Vor einer Vielzahl von Daten und Fakten bewegt sie eine lebendige Präsentation, die emotional zu berühren vermag und eine Verbindung zu ihrer Lebenswelt herstellt. Auf Grund knapper Ressourcen an Zeit, Geld und / oder Aufmerksamkeit machen sie sich mit selektivem Blick auf die Suche nach Superlativen, sind also primär am Herausragenden und Einzigartigen interessiert.5
Voraussetzungen für die erfolgreiche Zusammenarbeit Auf diesem Verständnis bauen die Voraussetzungen auf, die Museen aus touristischer Sicht für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mitbringen müssen. Dabei handelt es sich um Erfahrungswerte der Autorin, die sich aus der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Touristikern und Kulturverantwortlichen abgezeichnet haben:
• BEKENNTNIS ZUR ÖFFENTLICHKEIT Das Museum trifft für sich bewusst die Entscheidung, dass es touristische Gäste ansprechen und in sein Haus einladen möchte. Diese Entscheidung verlangt im nächsten Schritt Empathie für deren Bedürfnisse und die Bereitschaft, sich im Rahmen des Möglichen darauf einzulassen. • KENNTNIS DES EIGENEN ANGEBOTS Thema und Inhalt des Museums mit seinen Besonderheiten und Stärken sowie die Ziele der Arbeit sind klar definiert. Mit einem Alleinstellungsmerkmal empfiehlt sich das Haus potenziellen Gästen als besuchenswert. • KENNTNIS DER EIGENEN ZIELGRUPPE Wen möchte und kann das Museum ansprechen? Für welche Altersgruppe, Personenanzahl, Interessen und Bedürfnisse eignen sich Inhalt und Präsentation? Bei näherer Analyse stellt sich die Annahme, dass sich ein Angebot für „alle“ eignet, rasch als Irrtum heraus. Jede Zielgruppe braucht ihre spezifische Ansprache in Gestaltung, Vermittlung, Rahmenbedingungen und Kommunikation. Diese ist nicht für „alle“ gleichermaßen gut und erfolgreich möglich. • AUSRICHTUNG VON GESTALTUNG UND VERMITTLUNG AN DER ZIELGRUPPE Sowohl die Gestaltung einer Ausstellung als auch die Vermittlungsprogramme gehen auf die Bedürfnisse und Erwartungen der zuvor definierten Zielgruppen ein. • INFRASTRUKTUR Rund um die Ausstellung selbst gibt es die für externe Besucher notwendige Infrastruktur (Beschilderung, Parkplätze, Toiletten, Eingangs- und Kassengestaltung etc.). Abb. 19: Voraussetzungen für die erfolgreiche Zusammenarbeit
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Aufgaben einer erfolgreichen Zusammenarbeit In weiterer Folge bedarf es der Klärung der Frage, welche Aufgaben zu erfüllen sind, um eine erfolgreiche und vor allem nachhaltige Zusammenarbeit zu ermöglichen:6 1. KENNENLERNEN Zu Beginn jeder Partnerschaft steht das Kennenlernen. Beginnend im örtlichen und regionalen Bereich bieten sich für ein Museum verschiedene Möglichkeiten zur Vernetzung an. Um diese aufzuspüren, helfen Tourismusverbände oder örtliche Tourismusvertreter in der Gemeinde als erste Ansprechpartner weiter. Sie kennen die regionalen Angebote und Strukturen und unterstützen beim ersten Schritt ins touristische Umfeld. Um hier voranzukommen und erfolgreiche Verbindungen aufzubauen, braucht es offensives Vorgehen. Wenn das Museum als potenzieller Partner wahrgenommen werden soll, muss es von sich aus danach streben, sich ins Bewusstsein der unmittelbaren Umgebung zu bringen. Eine erfolgreiche Teilhabe am touristischen Leben erfordert eine aktive persönliche Beteiligung innerhalb der touristischen Strukturen vor Ort. 180
2. VEREINBARUNG ZUM REGELMÄSSIGEN AUSTAUSCH Ist die erste Verbindung hergestellt, so gilt es im Gespräch zu bleiben. Um nicht in Vergessenheit zu geraten oder aktuelle Informationen zu versäumen, hilft eine festgelegte Form des regelmäßigen Austausches. Neben automatisierten, allgemein verfügbaren Varianten (von Newsletter bis Informationsveranstaltung) dient insbesondere ein persönliches Gespräch der Evaluierung und Aktualisierung in einer Partnerschaft. Der Blick über den eigenen Tellerrand hilft außerdem dabei, den eigenen Standpunkt (durchaus im wörtlichen Sinn) zu hinterfragen und das gegenseitige Verständnis zu vertiefen. Und nicht zuletzt kann ein guter Dialog die Basis für neue Ideen jedes einzelnen sowie in der Zusammenarbeit bilden. 3. INFORMATION UND MATERIAL Der Tourismus kann einem Museum als Kommunikator wertvolle Unterstützung bieten. In verschiedenen Formen über unterschiedliche Kanäle tritt er mit potenziellen Gästen in Verbindung. Um das Angebot des Museums hier integrieren zu können, braucht es aktuelle Informationen über das Museum sowie Basismaterialien, das verwendet werden kann. Führt ein Museum Sonderausstellungen durch
oder setzt es punktuelle bzw. temporäre Aktivitäten wie beispielsweise Veranstaltungen, soll der touristische Partner darüber bereits mit Planungsbeginn informiert werden. Auch wenn die Details noch nicht fixiert und Vorbereitungen erst im Anlaufen sind, hilft eine frühzeitige Kommunikation der kommenden Aktivitäten des Museums. Die Vorlaufzeiten einzelner touristischer Kanäle sind sehr lange (teilweise über ein Jahr), daher ist es wichtig, Angebote frühzeitig inhaltlich mitdenken zu können. In der konkreten Umsetzung von Maßnahmen benötigen Touristiker vor allem gutes Basismaterial, d. h. Texte oder Textbausteine und aktuelle, qualitativ hochwertige Bilder inklusive der nötigen Bildrechte. Gerade auf gute Bildwelten wird ein besonderes Augenmerk gelegt. Wer hier über Material zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, Innen- und Außenaufnahmen, vielleicht noch spezifiziert nach Zielgruppen, verfügt, kann sich dem Gast leichter und besser präsentieren. 4. ONLINE-PRÄSENZ In den letzten Jahren hat die Online-Kommunikation andere Kanäle in vielen Bereichen überholt und auch im Tourismus einen zentralen Stellenwert eingenommen. Daher ist es unabdingbar, das Museum auch hier in Szene zu setzen. Schon eine kleine, feine Homepage kann eine gute Visitenkarte für das eigene Haus sein. Für den touristischen Erfolg eines kleinen Museums ist allerdings das Einbringen in die Plattformen des Tourismus noch entscheidender. Die dafür verwendeten Systeme sind heute vielfältig, Nachfrage bei den örtlichen und regionalen Tourismusverantwortlichen also wiederum unabdingbar. Oberösterreich geht hier beispielsweise den Weg einer gemeinsamen TourismusOnlinedatenbank, TOURDATA.7 In diesem System sind umfangreiche Informationen rund um das gesamte touristische Angebot sowie für Gäste relevante Infrastruktur erfasst. Tourismusverbände und Gemeinden sowie Einzelbetriebe und weitere touristische Partner geben die Daten selbst in das System ein. Diese Datenbank bildet die Basis für zahlreiche touristische Homepages und speist auch Seiten externer Partner in und außerhalb von Oberösterreich. „Dabeisein ist alles“ gilt hier also auch für Museen mit Tourismusinteresse. Umgekehrt erwarten sich die Besucher auf der Website des Museums ein Mindestmaß an Informationen (oder Verlinkungen) zu den Möglichkeiten in der näheren Umgebung. Damit zeigt sich das Museum als Teil des touristischen Angebots einer Region. Seit einigen Jahren wird von touristischer Seite auch
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ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Sozialen Medien im Internet gelegt. Diese Kanäle bieten geeignete Plattformen, um flexibel und kreativ gemeinsame Aktivitäten auszuprobieren. 5. PRÄSENTATION DES MUSEUMS BEI TOURISTISCHEN PARTNERN Nach dem ersten Kennenlernen im touristischen Umfeld lädt das Museum zu sich ins Haus ein, um den Partnern das eigene Erleben des musealen Angebots möglich zu machen. Dies geschieht am besten in einer eigenen Veranstaltung zu einer Zeit, die auch für Touristiker möglich ist: außerhalb der Hauptsaison, die Tageszeit den örtlichen Gegebenheiten angepasst.
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Im Mittelpunkt stehen Ausstellungspräsentation und offenes Gespräch zu den gemeinsamen Möglichkeiten. Die Teilnehmer einer solchen Veranstaltung sind wesentliche Multiplikatoren für das Museum, daher werden auch gerade jene eingeladen, die unmittelbaren Kontakt zu möglichen Gästen haben. Kreativität bei solchen Gelegenheiten zahlt sich doppelt aus: Überraschte und begeisterte Multiplikatoren geben ihr Museumserlebnis umso häufiger und lebendiger weiter. Eine solche Einladung kann und soll in regelmäßigen Intervallen erfolgen, zumindest immer am Beginn einer neuen Sonderausstellung. Alternativ oder ergänzend sind auch Freikarten für touristische Mitarbeiter zum Kennenlernen des Museums eine gute Option. 6. AUSTAUSCH VON INFORMATIONSMATERIALIEN Auch kleine Museen produzieren in der Regel eigenes Informationsmaterial. Flyer, Broschüren, Plakate, Karten etc. laden zum Besuch ein. Diese Unterlagen benötigen die touristischen Partner, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf das Museum aufmerksam zu machen. Umgekehrt eröffnet ein eigener Informationsbereich im Museum mit Materialien aus dem touristischen Umfeld dem Besucher noch weitere Angebote und vermittelt damit das Bild einer lebendigen Region. Mit dem ersten Verteilen und Einholen ist es jedoch nicht getan. Die Herausforderung liegt wie so oft in der Regelmäßigkeit: Wer mit seinen Partnern im Gespräch bleibt, kann auch diesen Materialaustausch leichter zur gewohnten Selbstverständlichkeit machen.
7. ERARBEITEN VON KOOPERATIONSMÖGLICHKEITEN Sind mit den vorangegangenen Punkten die absolut notwendigen Grundlagen initiiert, so folgt nun das Aufspüren von konkreten Einzelkooperationen. Eine gute Möglichkeit dabei bilden touristische Produkte der Region, in die sich auch ein Museum integrieren kann. Dazu zählen beispielsweise Gästekarten bzw. Regionskarten oder touristische Packages, die mehrere Leistungen für den Gast beinhalten. Des Weiteren führen Tourismusverbände umfangreiche Marketingmaßnahmen durch. Klassische Werbekampagnen, Journalistenbetreuung, Video-oder TV-Produktionen sind nur einige Möglichkeiten, die für ihren Erfolg herausragende Angebote mit guten Geschichten benötigen. Wer mit seinem Museum etwas Überraschendes, Spannendes oder Berührendes zu erzählen vermag und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit offen zu kommunizieren weiß, ist gerade in diesen Bereichen willkommener Partner. Mit dem Kennenlernen des touristischen Umfelds tut sich eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Partnern auf. Wo sich konkrete Anknüpfungspunkte finden oder ganz einfach die Resonanz vielversprechend ist, wird der Austausch vertieft. Je besser die Partner die Ziele und Bedürfnisse des jeweils anderen kennen, umso leichter fällt es, Ideen mit Vorteilen für beide Seiten zu entwickeln. Im Zentrum der Überlegungen muss dabei stets der Gast stehen – jede touristische Kooperation zielt letztendlich darauf ab, gemeinsam Gäste besser erreichen und bewegen zu können. Im Idealfall entsteht aus dem Zusammenspiel verschiedener Partner eine Kette gut funktionierender und immer wieder positiv überraschender Einzelmomente, die beim Gast in einem Gesamterlebnis (Customer-Experience) mündet, das er wiederholen würde und von dem er gerne und immer wieder weitererzählt. Eine solche Customer-Experience reicht im Tourismus von der ersten (Urlaubs-) Idee über Informationseinholung und Buchung zum Aufenthalt und darüber hinaus bis zur Heimkehr und Reflexion. Gute Kooperationen trachten danach, sich in diesen Prozess einzugliedern und Begeisterungsmomente für den Gast beizutragen.
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Checkliste zu den Aufgaben oder „Jetzt geht’s ums Tun!“ Die folgenden Fragen und Denkanstöße zu den zuvor erörterten Punkten verstehen sich als praktische Hilfestellung in der täglichen Umsetzung. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sind als Anregungen und Hilfe für die Zusammenarbeit mit touristischen Partnern zu verstehen:
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Ad 1. KENNENLERNEN • Gibt es im Ort / in der Region einen Tourismusverband? • Gibt es in der Gemeinde eine Ansprechperson für Tourismus? • Gibt es touristische Strukturen und Netzwerke, an denen ich teilnehmen kann? (z. B. Vollversammlung des Tourismusverbandes, Stammtisch für Touristiker) • Kenne ich die Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe in meinem Umfeld? • Kenne ich die Freizeiteinrichtungen (kulturelle als auch nicht-kulturelle) in meinem Umfeld? • Kenne ich die tourismusrelevante Infrastruktur in meinem Umfeld (Handel etc.)? • Kenne ich Unternehmen, zu denen es einen thematischen Bezug gibt oder die kulturell aktiv sind? • Kennen alle diese potenziellen Partner auch mein Museum? Ad 2. VEREINBARUNG ZUM REGELMÄSSIGEN AUSTAUSCH • Gibt es regelmäßige Informationsmedien mit touristischen Inhalten in der Region oder auch überregional? (etwa Newsletter, Ortszeitung, Gästemagazin) • Kann ich mein Museum hier (regelmäßig mit Neuigkeiten) einbringen? • Mit wem ist ein regelmäßiger persönlicher Austausch sinnvoll, wie oft und in welcher Form? Ad 3. INFORMATION UND MATERIAL • Sind alle wichtigen Basisinformationen zusammengefasst vorhanden? - vollständige Kontaktdaten - Öffnungszeiten - Preise - Führungen und Vermittlungsprogramme - Eignung (Erwachsene, Kinder, Gruppen, besondere Zielgruppen) - Sprachen (Beschriftungen im Museum, Führungen / Audioguides / Apps, Infomaterial)
• Verfüge ich über Texte zum Museum, die ich jederzeit aktuell zur Verfügung stellen kann? - Bausteinsystem mit verschiedenen Textlängen - Schwerpunkttexte für unterschiedliche Zielgruppen (z. B. für Journalisten, für Fachpublikum, für Familien, für Schulen, für Ausflugsgäste) - eigene Texte für Sonderausstellungen • Verfüge ich über geeignetes Bildmaterial mit den entsprechenden Bildrechten? - gute Qualität, hohe Auflösung, verschiedene Formate (hoch, quer) - Außen- und Innenaufnahmen - Außenaufnahmen zu verschiedenen Jahreszeiten - Aufnahmen der besonderen Höhepunkte des Museums - Aufnahmen ohne und mit Menschen (verschiedene Zielgruppen) • Steht auch Videomaterial (inkl. Rechten) zur Verfügung? • Kann ich das gesamte Material digital zur Verfügung stellen? • Wie gelingt eine zeitgerechte Information bei Sonderausstellungen? - Erstinformation mit Planungsbeginn - inhaltlicher Überblick, Texte und Bilder gestaffelt nach Verfügbarkeit - Information zu Veranstaltungen und Vermittlungsprogrammen rund um die Ausstellung - Einbindung in die Planung der Eröffnung Ad 4. ONLINE-PRÄSENZ • Gibt es eine eigene Museumshomepage? • Ist diese Homepage mit touristischen Informationen verbunden? (z. B. Verlinkung zum Tourismusverband und / oder zur örtlichen Gastronomie, zu Beherbergungsbetrieben etc.) • Welches Online-System verwendet der örtliche / regionale / überregionale Tourismusverband? • Ist das Museum dort in Bild und Text zu finden? • Wie oft werden die Daten auf der eigenen Homepage sowie in Fremdsystemen auf Aktualität überprüft? • Sind das Museum und / oder seine Mitarbeiter in Social-Media-Kanälen aktiv? Wie regelmäßig? • Können Social-Media-Aktivitäten gezielt mit touristischen Partnern verknüpft werden?
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Ad 5. PRÄSENTATION DES MUSEUMS BEI TOURISTISCHEN PARTNERN • Kennen die örtlichen / regionalen Tourismusmitarbeiter das Museum persönlich? • Kennen die Mitarbeiter der Gastronomie, Beherbergung, Freizeiteinrichtungen und weiterer Multiplikatoren im Umfeld das Museum persönlich? • Welche Veranstaltung für touristische Partner kann ich im Museum anbieten, damit sie das Haus mit seinen Vorzügen und Möglichkeiten kennenlernen? • Werden neue Ausstellungen den touristischen Partnern gleich zu Beginn präsentiert? • Wie kann ich Tourismusmitarbeiter und Multiplikatoren zu „Botschaftern“ des Hauses machen?
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Ad 6. AUSTAUSCH VON INFORMATIONSMATERIAL • Welche Informationsmaterialien (in welcher Stückzahl) stellt das Museum zur Verfügung? • Mögliche Partner zur Auflage von Informationsmaterial: - Tourismusverband und / oder Gemeinde - Gastronomie, Beherbergungsbetriebe, Freizeiteinrichtungen - Handel, Banken, Betriebe • Wie oft wird nachgefragt bzw. das Material nachgelegt? • Gibt es im Museum einen geeigneten Platz für touristische Informationen? • Sind Materialien über das Umfeld zur Auflage im Museum gesammelt beim Tourismusverband erhältlich oder erfolgt der Austausch mit jedem Partner einzeln? Ad 7. ERARBEITEN VON KOOPERATIONSMÖGLICHKEITEN • Welche Marketingaktivitäten setzt das Museum selbst? Gibt es einen jährlichen Marketingplan? • Welche Marketingaktivitäten planen potenzielle Partner? • Wo können Verbindungen hergestellt werden bzw. sind Beteiligungen möglich? • Gibt es kreative Ideen, die man gemeinsam initiieren kann? Können diese über inhaltliche Verbindungen, Themen, besondere Anlässe (z. B. Jubiläen) etc. zustande kommen? • Zielen die Kooperationsideen auf eine geglückte Customer-Experience ab?
1 Vgl. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.) : Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 33–34. 2 Vgl. Scheytt, Oliver: Nicht nur wenn es regnet. Plädoyer für ein neues Selbstbewusstsein der Museen als professionelle Tourismuspartner. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 25–26. 3 Spantig, Martin: Erfolgsfaktor Kooperation: Museen und touristische Destinationen. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 21. 4 Vgl. Österreich Werbung (Hg.): T-Mona Gesamtbericht Kultururlauber in Österreich. T-Mona Urlauberbefragung 2013 / 14. 5 Vgl. Steinecke, Albrecht / Hausmann, Andrea (Hg.) : Management und Marketing im Kulturtourismus. Basiswissen – Praxisbeispiele – Checklisten, Wiesbaden 2013, 16–24. 6 Vgl. Pellengahr, Astrid / Spantig, Martin: Checkliste. In: Sehenswert! Museen als touristisches Angebot. 18. Bayerischer Museumstag 8.–10. Juli 2015 in Kulmbach, München 2015, 12–13. 7 http://www.tourdata.at/ [22. 11. 2016].
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III. Erfolgeiche Beispiele 1. OBERÖSTERREICH 1.1. IN ASPACH DEM LEBEN ÜBER KUNST BEGEGNEN Rita Atzwanger / Engelbert Fellner
Urlaub „im Grünen“ ist in Aspach kein leeres Versprechen. In dem Innviertler Kneipp- und Luftkurort sind Entspannung, Erholung und Inspiration auch bei den Schätzen der Kunst zu finden. Die bildende Kunst ist in der Region untrennbar mit der Familie Daringer verbunden. Drei Generationen von Malern und Bildhauern haben die Ortschaft geprägt: Vor vielen öffentlichen Gebäuden und in der Pfarrkirche Aspach begegnet man ihren Kunstwerken. Im Jahr 2013 öffnete schließlich das DARINGER Kunstmuseum seine Pforten, das vielfältige Kooperationen unterhält. Im nachstehenden Beitrag werden zahlreiche Möglichkeiten einer positiven Zusammenarbeit zwischen Museen und Tourismus aufgezeigt. Am Beginn steht eine kurze Einführung, die das Kunstmuseum allgemein beschreibt und die Ausgangssituation skizziert. Daran schließt sich eine detailliertere Betrachtung der Kooperationen mit Tourismuspartnern anhand ausgewählter Beispiele an. Auf welche Weise profitieren Tourismus und Museen von der Zusammenarbeit? Welche Maßnahmen bewähren sich? Fragen dieser Art soll dezidiert nachgegangen werden. Wesentliche Grundgedanken bei der Konzeption des DARINGER Kunstmuseums in Aspach waren ein klarer Aufbau des Museumsrundgangs und ein ansprechendes Ambiente. Der Rundgang durch das DARINGER Kunstmuseum in Aspach beginnt bei den älteren Mitgliedern der Künstlerfamilie Daringer: Professor Engelbert Daringer (1882–1966), der u. a. das Bild der Schutzmantelmadonna am Herz-Mariae-Altar im Neuen Dom in Linz schuf, dessen Neffe Franz Daringer (1908–1999), ein Kirchenmaler und Restaurator, und Franz‘ Bruder Otto (1913–1998), Holzbildhauer und Sonnenuhrenbauer. An Pulten im Eingangs-
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Bild 21 links: Tagesausflug nach Aspach, Kneipp-Wassertreten und anschließende Führung im DARINGER Kunstmuseum Bild 22 rechts: Das Berühren und Fotografieren der Skulpturen ist im DARINGER Kunstmuseum Aspach ausdrücklich erlaubt
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bereich des Museums können Besucher in biographischen Informationen blättern. Das Herzstück des Museums bilden allerdings Skulpturen des Bildhauers Manfred Daringer (1942–2009): Werke aus verschiedenen Themenkreisen und Materialien verdeutlichen seine Schaffensperioden. Als Absolvent der Meisterklasse bei Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste in Wien wäre ihm wahrscheinlich der Weg in die internationale Kunstszene offen gestanden – doch die Heimat war ihm wichtiger und Manfred Daringer kehrte nach Aspach zurück. Das Außergewöhnliche im DARINGER Kunstmuseum ist, dass die klaren und aussagekräftigen Werke Manfred Daringers berührt und fotografiert werden dürfen! Eine weitere Besonderheit stellt der Film dar, der im Medienraum des Museums gezeigt wird. In diesen Originalaufnahmen erklärt Manfred Daringer selbst anschaulich den Weg von der Skizze bis zur fertigen Skulptur. Zum DARINGER Kunstmuseum gehören des Weiteren die im Originalzustand erhaltenen Bildhauerwerkstätten und die Ateliers von Otto und Manfred Daringer unweit des eigentlichen Museums. Dort lässt sich ein Blick hinter die Kulissen werfen, um auch die Ideen und Visionen der Künstler aufzuzeigen. Außerdem führt der so genannte „Lebensweg der Kunst“ mit insgesamt zwölf Stationen durch das Ortszentrum von Aspach: Dieser verbindet aussagekräftige Werke
der Künstlerfamilie Daringer, die an verschiedenen Plätzen im Ort und in der Pfarrkirche zu sehen sind. Mit Hilfe von QR-Codes, die bei diesen Objekten angebracht sind, können mit dem Smartphone weiterführende Informationen abgerufen werden. Analog dazu gibt es einen Folder, welcher am Marktgemeindeamt, im Gesundheitszentrum Revital, im Kneipp Kurhaus und im Kunstmuseum kostenlos erhältlich ist. Ausschlaggebend für die Gesamtinszenierung des Aspacher Museums war weiters die Aussagekraft der Exponate Manfred Daringers. Mit seinen in Marmor geformten Körperlandschaften hat er seinen Lebensraum, die sanfthügelige Landschaft des Inviertels, mit den menschlich weichen Formen verbunden. Der Künstler setzte sich in seinen Werken aber auch mit den existentiellen Themen wie Liebe, Gemeinschaft und Leid auseinander und so ist es möglich, einen realistischen Bezug zum Alltagserleben der Museumsgäste herzustellen. Um das auch zu erreichen, wurden für die Führungen klare Botschaften herausgearbeitet: Griffige Zitate stellen das Einzigartige und Einmalige der Kunstwerke in den Mittelpunkt. In dem Zusammenhang wurde bedacht, dass Erlebnisorientierung ein Erfordernis unserer Zeit ist. Diesem Bedürfnis der Museumsgäste will man dezent begegnen. Die Botschaft erreicht auch die Besucher, die immer wieder wertschätzend feststellen: „Hier begegnet man einer Kunst, die man spürt, einer Kunst, die berührt.“ Wesentlich ist den Verantworlichen auch eine entsprechende Aufbereitung der Besucherinformationen. Neben dem gezielten Einsatz diverser Medien dient auch das Internet als wichtige Informationsquelle, um schnell und einfach Auskünfte rund um das Kunstmuseum abrufen zu können. Nicht zuletzt werden auf diesem Weg erste Eindrücke gesammelt, die durchaus ausschlaggebend für einen Museumsbesuch sein können. (www.daringer.at) Neben Führungen für angemeldete Gruppen wird für die Gäste im Ort jeden Samstag eine 90-minütige Führung am Lebensweg der Kunst und im DARINGER Kunstmuseum angeboten. Interessierte werden persönlich beim Gesundheitszentrum Revital und beim Kurhaus Aspach von Museumsmitarbeitern zum Rundgang abgeholt. Um die Gäste für diese Führungen zu interessieren, versuchen wir, sie mit allen Sinnen anzusprechen, beispielsweise mit prägnanten und knappen Aussagen: „Zu mir finden. Das Leben spüren. Eintauchen in die eigene Gefühlswelt beim Betrachten der Skulpturen des Bildhauers Manfred Daringer.“
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Zielgruppen richtig ansprechen Eine wesentliche Aufgabe ist es, über zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit und Weiterempfehlungen einen großen Bekanntheitsgrad aufzubauen. Von Anfang an wurde deshalb darauf geachtet, dass die Positionierung individuell und unverwechselbar ist. Die bedarfsorientierte Zielgruppenarbeit orientiert sich an Fragen wie: Was interessiert den Besucher? Was erwartet sich der Gast?
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So wurden beispielsweise gemeinsam mit dem Tourismusverband „s’Innviertel“ die regionalen Möglichkeiten einer Kooperation erörtert, die u. a. zu einer engen Zusammenarbeit bei der Herausgabe von Drucksorten und Katalogen führte. Durch persönliche Gespräche mit einzelnen Medienvertretern gelingt es, in der regionalen Presse regelmäßig Berichte über Inhalte und Aktivitäten des Kunstmuseums zu präsentieren. Die guten Kontakte zur regionalen Kunstszene schätzt das Museum, da hier wiederum auch Meinungsbildner und treue Multiplikatoren gewonnen werden. Kunstinteressierte werden über deren Fachmedien angesprochen, beispielsweise durch die Publikation fachlich relevanter Artikel in Magazinen wie „vernissage“ oder „Museum aktuell“. Für den Aufbau von wertvollen Kontakten zu Interessenten sowie eines dichten Netzwerkes von Weiterempfehlern ist es essentiell, die richtigen Berührungspunkte für die verschiedensten Zielgruppen zu finden. Eine wichtige Zielgruppe sind Kulturvereine und Busunternehmen. Sie erhalten regelmäßig Direct Mailings und E-Mails mit aktuellen Informationen. Man ist laufend bemüht, Tagesausflugsangebote für kulturell interessierte Vereine zu erstellen. In Zukunft werden zusammen mit diesen Gruppen Netzwerke im Sinne von Weiterempfehlungsmarketing angestrebt. Beim ORF-Sommerradio im September 2015 konnte sich der Kneipp- und Luftkurort Aspach im DARINGER Kunstmuseum präsentieren. Im Zentrum standen dabei die Themen Gesundheit und Kultur. Ziel dieser Kooperation mit Radio Oberösterreich war, den Bekanntheitsgrad des Museums auch über das Innviertel hinaus zu steigern. Als ein sehr wirksames Medium, um möglichst breite Interessensgebiete abzudecken, werden verschiedene Veranstaltungsformate eingesetzt. Mit seinem ansprechenden Ambiente ist das DARINGER Kunstmuseum Aspach nämlich auch eine kleine, aber feine Stätte kultureller Begegnungen. Die Räumlichkeiten sind
so ausgerichtet, dass jederzeit Lesungen, Vorträge, Empfänge, kleinere Konzerte oder Sonderausstellungen veranstaltet werden können. Zahlreiche gut besuchte Buchpräsentationen, Kabaretts, Kunstausstellungen und Workshops mit Schulklassen zeigen, wie vielseitig der Museumsraum genutzt werden kann. Eine wichtige Prämisse bei den Veranstaltungen lautet Qualität vor Quantität, um das Image einer hochwertigen Veranstaltungsschiene zu erreichen. Denn die Art und Weise der Veranstaltung soll dem Profil des DARINGER Kunstmuseums entsprechen.
Tourismuskooperationen Eine positive Ausgangsbasis bildet die Tatsache, dass die Innviertler Marktgemeinde Aspach jährlich fast 90.000 Nächtigungen verzeichnet. Als Zielgruppen in der Tourismusbranche kristallisierten sich primär die örtlichen und regionalen Kur- und Feriengäste heraus. Außerdem sollen die Wellness-Kurgäste der nahen Thermen in Geinberg sowie des bayerischen Bäderdreiecks rund um Bad Füssing angesprochen werden. Das Museumsteam stellt laufend Überlegungen an, wie diese Touristen zu einem Museumsbesuch animiert werden können. Eine wichtige Anfangsmaßnahme war, die Therapeuten, Rezeptionisten und Gästebetreuer der örtlichen Tourismus- und Kurbetriebe im Rahmen einer Führung mit dem Thema des Museums vertraut zu machen. Diese Beziehung wird nachhaltig gepflegt, damit das Museum regelmäßig weiterempfohlen wird. In Zusammenarbeit mit interessanten Partnern aus der unmittelbaren Umgebung des Museums entstand auch eine besondere Symbiose von Kunst, Kultur und Kulinarik: Nach Führungen im DARINGER Kunstmuseum Aspach steht der Besuch der regionalen Gastronomie oder einer Gesundheits- bzw. Freizeiteinrichtung in der Region auf dem Programm. Beispielsweise organisierte das DARINGER Kunstmuseum einen zweitägigen Ausflug für 30 Personen, wovon zahlreiche Unternehmen in der Region profitierten, u. a. eine Gesundheitseinrichtung mit Führung und Mittagessen, ein Hotel mit Nächtigung und Abendessen, zwei Gasthäuser mit Einkehrkonsum sowie ein Gastronomiebetrieb mit Mittagessen. Diese Erfahrungen werden laufend in Kooperationen mit Gastronomie-, Gesundheitsund Gewerbebetrieben der Umgebung einbezogen, um kompakte Packages für Tagesausflüge zu schnüren. Ein Beispiel für ein besonders Angebot ergab sich
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durch die Zusammenarbeit mit dem regionalen Tourismusverband„s’Innviertel“. Dieser lädt alljährlich zu Veranstaltungen im Rahmen des „Innviertler Biermärz“ ein, an denen sich auch das DARINGER Kunstmuseum beteiligt. Einer Führung durch die Welt der Daringer-Kunst folgt eine genussvolle Bierverkostung in der Villa Vitalis unter dem Motto: „Nach Kunst ein Bier, das gönn‘ ich mir.“
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Auch die Zusammenarbeit mit Bildungshäusern und öffentlichen wie sozialen Institutionen wird laufend gehegt und gepflegt. Bei jedem Partner wird anfangs konkret überlegt, wie und mit wem der Austausch stattfindet. Im Speziellen versuchen die Beteiligten gemeinsam herauszufiltern, wo sich Win-WinSituationen ergeben, aus denen alle einen Nutzen ziehen. Auf diese Weise werden auch umliegende Firmen und Institutionen als Werbepartner des Museums gewonnen. Bei vielen dieser Kooperationen ergab sich in weiterer Folge die Gelegenheit, ansprechend gestaltete Vitrinen mit Daringer-Originalskulpturen an stark frequentierten Plätzen aufzustellen, etwa in Hotels oder Gesundheitsbetrieben. Zudem fanden bereits drei besondere Ausstellungen außerhalb des Museums großen Anklang: Die erste Sonderausstellung bei der Langen Nacht der Kirchen 2015 in Amstetten ermöglichte es, wertvolle Kunst vom Land auch in der Stadt zu zeigen. In diesem Sinne wurde auch die zweite Ausstellung im Bildungshaus Sankt Magdalena bei Linz präsentiert. Im Rahmen einer mehrwöchigen Ausstellung konnten die Gäste des Bildungshauses die aussagekräftigen Skulpturen des Bildhauers Manfred Daringers betrachten. Und bei der Jahrestagung des Katholischen Bildungswerkes der Diözese Linz im April 2016 im Bildungshaus Schloss Puchberg bei Wels konnte im Foyer und Veranstaltungssaal die Kunst von Manfred Daringer präsentiert werden. In den nächsten Jahren ist geplant, das Aspacher Kunstmuseum auch in Zusammenarbeit mit dem regionalen Tourismus bei Fachmessen vorzustellen.
Ziele Quantitativ betrachtet arbeitet das DARINGER Kunstmuseum erfolgreich darauf hin, möglichst viele Besucher aus verschiedenen Zielgruppen zu lukrieren. Jährlich wird eine Besucherzahl von 2.000 Personen inklusive aller kulturellen Sonderveranstaltungen angestrebt. Im September 2016 wurde auf Initiative des DARINGER Kunstmuseums Aspach zudem die ARGE „Kunst und Kultur – Mitten im Innviertel“ gegründet. Durch ein gemeinsames Auftreten mit dem Kunsthaus Obernberg und dem Römer-Erlebnismuseum Altheim können künstlerische und kulturelle Potenziale der jeweiligen Standorte gebündelt und effizienter an die Zielgruppen herangebracht werden. Auch Kunst- und Kulturprojekte der Region werden kompetent und innovativ eingebunden und begleitet. Besonders in den Bereichen Marketing, Werbung, PR, Innovation und Organisation wird konzentriert zusammengearbeitet. Die Arbeitsgemeinschaft „Kunst und Kultur – Mitten im Innviertel“ bemüht sich verstärkt um einen gemeinsamen, öffentlichkeitswirksamen Auftritt. Die Museen, die Kulturgüter und die Sehenswürdigkeiten der Region sollen regional und im angrenzenden Bayern besser präsentiert werden. Die einheimische Bevölkerung wie auch die touristischen Gäste sollen so auf Einmaliges, Einzigartiges und Interessantes aufmerksam gemacht werden. Gemeinsame Veranstaltungen sowie der Aufbau von Netzwerken in den Bereichen Museen, Kultur und Kunst werden von einer zentralen Anlaufstelle in Abstimmung mit dem Tourismus der Region gezielt bearbeitet. Das DARINGER Kunstmuseum Aspach verspricht sich von der aktiven Mitarbeit in der ARGE „Kunst und Kultur – Mitten im Innviertel“ auch entsprechende positive Auswirkungen auf Bekanntheitsgrad, Image und Besucherzahlen. Denn Gäste aus nah und fern können in Aspach dem Leben über Kunst begegnen.
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1. OBERÖSTERREICH 1.2. UNECSO WELTERBE BLAUDRUCK IN GUTAU Alfred Atteneder
Begünstigt durch die klimatischen Bedingungen, hatte der Flachsanbau seit dem 13. Jahrhundert im Mühlviertel eine große Bedeutung. Eng verbunden mit der Leinenerzeugung war die Färberei. Wegen der fortschreitenden Industrialisierung musste im Laufe der Zeit aber eine Weberei nach der anderen schließen und in Folge starben auch die Färbereien – nicht so allerdings die Färberei Zötl in der Marktgemeinde Gutau. Hier wurde noch bis ins Jahr 1968 gefärbt und von Margarethe Krennbauer, der letzten geprüften Färbermeisterin Österreichs, eine Blaufärberei betrieben. Nach der Pensionierung von Frau Krennbauer sollte in dem Färberhaus mit der vorhandenen Gerätschaft ein Museum eingerichtet werden. Im August 1982 konnte vom Verein Färbermuseum Gutau das einzige Färbermuseum Österreichs eröffnet werden, welches seither von knapp 100.000 Besuchern besichtigt wurde. Das Museum beschäftigt sich primär mit dem Blaudruck.
Der Blaudruck Unter Blaudruck versteht man eine Färbemethode im so genannten Reservierdruckverfahren mit Indigo-Farbstoff. Dabei wird mit Modeln – Druckstempeln – oder Walzen ein Reserviermittel, nämlich Papp, auf die Textilien aufgedruckt. Anschließend werden die Stoffe mehrmals in einen mit Indigo gefüllten Bottich, die so genannte Küppe, getaucht und gänzlich blau gefärbt. Der Papp wird dann mit verdünnter Säure und viel Wasser ausgewaschen, dadurch kommen die weißen Muster zum Vorschein. Beim „echten“ Blaudruck sind die weißen Muster also nicht aufgedruckt, sondern ausgespart, das Weiß der Muster ist die Grundfarbe der Textilien. Wie Funde beweisen, war in unserer Gegend schon zur Hallstattzeit die Kleidung der Bauern und Arbeiter einfärbig mit Indigo blau gefärbt.
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Bild 23 links: Färbermuseum Gutau Bild 24 rechts: Alfred Atteneder bei einer Führung im Färbermuseum
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Über die Entstehung des Blaudrucks gibt es mehrere Theorien. Tatsache ist, dass sich in Europa Mitte des 18. Jahrhunderts – ausgehend von Sachsen in Deutschland – der Blaudruck sehr rasch über Mitteleuropa bis Rumänien verbreitet hat. Jede Bäuerin wollte eine Schürze mit weißen Mustern haben und der Blaudruck ersetzte die einfärbige Arbeitskleidung.
Blaudruck – UNESCO Kulturerbe Die Technik des Blaufärbens wird nur mehr von ganz wenigen Färbern angewandt, in Österreich gibt es noch zwei Färber, die sich mit der Herstellung des Blaudrucks beschäftigen. Um dieses Wissen über die Herstellung zu schützen, wurde der Blaudruck in die Liste der immateriellen Kulturgüter Österreichs eingetragen. Beim Färbermarkt in Gutau wurde von Blaufärbern aus fünf Nationen bei der UNESCO auch ein Antrag eingebracht, dass der Blaudruck auf die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ gesetzt wird.
Gutauer Färbergeheimnis Die vielen Rezepturen, die man zur Herstellung des Papps braucht, sind streng geheim und werden als „Färbergeheimnis“ bezeichnet. Früher mussten die Färbergesellen auf Wanderschaft gehen, so war Josef Zötl, der Färbermeister aus Gutau, auf der „Walz“ in halb Europa unterwegs und er kam auf diese Weise bis London. Im Museum finden wir noch seinen Wanderpass und die Briefe, die er seinen Eltern von der Wanderschaft geschrieben hat. Mit einem großen Schatz an Lebenserfahrung und Rezepturen kehrte er nach eineinhalb Jahren Wanderschaft nach Hause zurück, das „Färbergeheimnis“ bewahrte er streng bei sich. Dieses Färbergeheimnis finden wir in einer anderer Form auch heute wieder in Gutau. Der findige Schnapsbrenner Florian Prückl brennt einen Obstcuvee, den er aus lauter blauen Früchten – Heidelbeere, Zwetschke, Holunder usw. – destilliert. Diesen glasklaren Edelbrand nennt er „Färbergeheimnis“ und er ist im Museumsshop des Färbermuseums erhältlich.
Tourismusgemeinde Gutau Die Marktgemeinde Gutau im oberösterreichischen Mühlviertel mit knapp 2.800 Einwohnern hat eine lange Tradition als Fremdenverkehrsgemeinde. Bereits in der Zwischenkriegszeit warb man mit der „Sommerfrische Gutau“ und sprach damit vor allem wohlhabende Gäste aus Wien an. In den 1970er Jahren kam es durch Kooperationen mit Billigreiseanbietern und der PVA Wien zu einem Höhepunkt mit bis zu 25.000 Nächtigungen pro Jahr. In den letzten Jahrzehnten hat sich dieser Trend allerdings nicht fortgesetzt, die Beherbergungsbetriebe konnten den Qualitätsansprüchen nicht mehr nachkommen und man setzte auf den Tagestourismus. Wegen der günstigen geographischen Lage – 36 km nördlich der Landeshauptstadt Linz und schnell erreichbar über die S10 – ist Gutau ein ideales Ziel für einen Tagesausflug. Dazu kommt ein großes Angebot an Gaststätten, gibt es doch in der Marktgemeinde noch sieben Gasthäuser und damit zählt Gutau zu den Gemeinden Oberösterreichs mit der größten Dichte an Gastronomiebetrieben. Fünf Gasthäuser liegen im Ortskern, vier davon direkt am Marktplatz und in allen Betrieben hat bereits eine Betriebsübernahme von gut ausgebildeten, jungen Gastronomen stattgefunden.
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Mit dem Färbermuseum und dem Blaudruck wurde ein Thema gefunden, das die Basis für das Ortsmarketing darstellt. Der Färbermarkt in Gutau, jährlich veranstaltet am ersten Sonntag im Mai, stellt einen weit über die Grenzen Oberösterreichs hinaus bekannten Kunsthandwerksmarkt dar, der außerordentlich gut besucht wird.
Färbermarkt Gutau In der Tourismusregion „Mühlviertler Kernland“ wurde die Idee geboren, in jeder Gemeinde einen für den Ort typischen Markt zu veranstalten. Für die Marktgemeinde Gutau lag wegen des Färbermuseums das Thema Färbermarkt auf der Hand und im Jahr 2000 wurde erstmalig der Versuch unternommen, einen Handwerksmarkt in Gutau zu veranstalten. Aus einer kleinen Veranstaltung am Marktplatz hat sich ein anspruchsvoller Kunsthandwerksmarkt mit über 80 Ausstellern aus fünf europäischen Ländern entwickelt, der sich auf das gesamte Ortszentrum ausgeweitet hat und der zu den schönsten Handwerksmärkten Österreichs zählt. Das Organisationsteam freut sich jedes Jahr über 5.000 bis 7.000 Besucher. 200
Der Färbermarkt Gutau zählt inzwischen auch zu den touristischen Highlights Oberösterreichs und viele Reiseanbieter haben einen Tagesausflug zum Färbermarkt nach Gutau in ihren Katalogen und Angeboten. Mit einem attraktiven Begleitprogramm – von Modeschau und Volkstanz über musikalische Darbietungen bis hin zu Kirchenführung und Turmbesteigung – bietet man den Besuchern Abwechslung und Unterhaltung. Gemeinsam sorgen die Gutauer Gastwirte, unterstützt von den Biobauern der Region, für eine bunte kulinarische Vielfalt. Dass für die Gäste neben einem breiten Angebot an wertvollem internationalem Kunsthandwerk vor allem der gastronomische Bereich zu einem Erlebnis wird, ist oberstes Ziel der Veranstalter. Die Gäste des Färbermarktes sollen sich gerne an den Besuch in Gutau erinnern und so kann eine langfristige, nachhaltige Beziehung zur Färbergemeinde entstehen.
ZAHLEN UND FAKTEN – FÄRBERMARKT GUTAU • Touristischer und gesellschaftlicher Höhepunkt der Färbergemeinde seit dem Jahr 2000 • Kleines Organisationsteam, bestehend aus nur acht Personen, darunter ein Gastwirt • Mehr als 350 ehrenamtliche Helfer • Jährlich zwischen 5.000 und 7.000 Besucher • 2.000 Besucher im musealen Bereich, der Sonderausstellung und der Druckwerkstatt des Färbermuseums • 1.370 Besucher nützen das Kulturangebot in der Pfarrkirche • 304 Turmbesteigungen • ca. 5.000 Stück Bauernkrapfen werden an diesem Tag von der Goldhaubengruppe und der Ortsbauernschaft gebacken • Parkplatzorganisation für bis zu 1.000 Fahrzeuge • 500 km Shuttledienst von den Parkplätzen zum Ortszentrum durch ein Taxiunternehmen • Besucher aus Österreich, Bayern und Tschechien (Quelle: Autonummern) 84 Prozent Besucher aus Oberösterreich, davon 32 Prozent aus Linz (Quelle: Gewinnspiel) • 20.000 Flyer, 30.000 Visitenkarten und 200 Plakate werden zur Bewerbung für den Markt das ganze Jahr über verteilt (Die erste Visitenkarte mit dem Datum des nächsten Färbermarktes bekommen die Besucher bereits beim Verlassen des Marktgeländes) • Medienkooperation mit den Oberösterreichischen Nachrichten, den „Tips“, „Rundschau“ und anderen Lokalzeitungen • Redaktioneller Beitrag im ORF – Sendung „heute leben“, Radio Oberösterreich – Gestaltung der Sendung „Arcimboldo“ am Samstag vor dem Färbermarkt gemeinsam mit einem Gastwirt aus Gutau • • • •
APA-Aussendung durch die Tourismusorganisation „Mühlviertler Kernland“ Bewerbung in den Social-Media-Kanälen wie Facebook und im Internet Gewinnspiel als Datenquelle für die Besucherstatistik Fragebogen an alle Aussteller zur Zufriedenheit mit der Organisation und Anregungen für weitere Verbesserungen
Abb. 20: Fakten zum Färbermarkt
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Blaudruckwerkstatt – Zeugfärberei Um den Erwartungen der Gäste bei einem Besuch in der Färbergemeinde nachzukommen, ist den Museumsverantwortlichen klar, dass neben dem musealen Teil im Färbermuseum ein attraktives, lebendiges Angebot entwickelt werden muss, um den Aufenthalt in Gutau zu einem Erlebnis werden zu lassen. So wurde direkt gegenüber dem Färbermuseum in der so genannten Alten Schule eine Blaudruckwerkstatt eingerichtet, in der eine Gruppe engagierter, kreativer Leute auf experimentelle Weise die Zeugfärberei betreibt. Hier können Besucher die vielen Geheimnisse der Färberei mit Indigo lüften und selbst Textilien bedrucken und färben. Jeweils am letzten Sonntag im Monat ist nachmittags im Rahmen von OTELO (offenes Technologielabor) die Färberei als Experimentalwerkstatt geöffnet. Alle sind herzlich eingeladen, einmal „blau zu machen“ und das Färben selbst zu probieren. Darüber hinaus werden Kurse angeboten, bei denen man mehr über den Blaudruck erfährt und lernt, wie man mit Indigo, Papp und Modeln richtig umgeht.
Färbergemeinde Gutau 202
Der Bekanntheitsgrad des Färbermuseums und des Färbermarktes wird als Basis für das Ortsmarketing genützt und unter der Dachmarke „Färbergemeinde Gutau“ in der Werbung und beim Außenauftritt eingesetzt. Gastronomiebetriebe und die örtliche Wirtschaft nützen dieses Thema als Alleinstellungsmerkmal. So gibt es beim Bäcker in Gutau ein „Färberbrot“, das Angebot der Wirte reicht vom „Färberpfandl“ bis zur „Blaudrucktorte“ und ein Transportunternehmer schmückt die Bordwände seiner Lastkraftwagen mit Blaudruckmustern. Der Blaudruck hat auch im gesellschaftlichen Leben Einzug gefunden: Die Ortsmusikkapelle trägt eine Blaudrucktracht, der Pfarrer hat eine Stola aus Blaudruckstoff und der Kirchenchor schmückt sich einheitlich mit Blaudrucktüchern. Im Design der Gutauer Gastronomie hat der Blaudruck längst Einzug gehalten, von der Tischwäsche über Servietten bis hin zur Dekoration und den Werbemitteln. Im Landgasthof „Zum Edi“ findet man eine Färberstube, vornehm tapeziert mit Blaudruckleinen. Bei den vielen Auftritten des Färbermuseums bei Weihnachtsund Ostermärkten, Tourismusveranstaltungen, Messen und Ausstellungen wirbt das Museumsteam für die regionale Gastronomie. Bei jeder Anfrage oder
Buchung von Reisegruppen im Färbermuseum wird gleichzeitig auf das gastronomische Angebot im Ort verwiesen – etwa 40 Prozent der Busgruppen, die das Färbermuseum besuchen, nützen in der Folge auch die örtliche Gastronomie.
Zukunft(s-) Vision Blaudruck und Tourismus Im Jahr 2015 wurde – gefördert von der „agenda 21 des Landes Oberösterreich“ unter professioneller Begleitung durch die „SPES Zukunftsakademie“ – ein Projekt gestartet, mit dem eine klare Positionierung der Gemeinde Gutau als Produktions-, Lern- und Erlebnisort zum Thema Blaudrucken und Färben gefunden wurde. Sowohl baulich als auch inhaltlich wird das alte Wissen rund um das Färben und Drucken in Gutau neu belebt, weiterentwickelt und erlebbar gemacht. Dazu wird die so genannte Doktorvilla neben dem Museum baulich adaptiert und mit dem Färbermuseum und der Alten Schule zu einem Ensemble entwickelt. Die Aufnahme des Projektes in die Programme der LEADER-Region ist zugesagt. Gespräche mit Vertretern und dem Rektor der Linzer Kunstuniversität zeugen von großem Interesse an einer Zusammenarbeit, wenn die notwendige Infrastruktur geschaffen wird. 203
Durch die Vernetzung und Kooperation mit Schulen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Kunst- und Kulturschaffenden sowie internationalen Experten etabliert sich Gutau als Lernort für Färben und Blaudruck. Es entstehen Produkte, Bildungsund Tourismusangebote rund um das Thema Blaudruck und Färben, wobei der Schwerpunkt auf Qualität und Einzigartigkeit liegt. Ein wichtiges Moment dabei ist auch die Entschleunigung. Durch die Weiterentwicklung der Färbergemeinde Gutau stärken wir die örtliche Identität, werden wir interessant für Gäste und auch für neue Bewohner des Ortes, erhalten und schaffen Arbeitsplätze und steigern die lokale Wertschöpfung. Es siedeln sich Künstler und Handwerksbetriebe an, leerstehende Geschäfte leben wieder auf und finden eine neue Nutzung. Neben der musealen Präsentation des Blaudrucks im Färbermuseum wird in der Alten Schule Blaudruck produziert. Hier wird auch an neuen Techniken im Hinblick auf ökologische Verträglichkeit geforscht und in der Experimentalwerkstatt werden eigene Kompetenzen und Techniken durch Probieren und Tun aufgebaut.
Die Doktorvilla wird erste Anlaufstelle für Gäste und Besucher, hier gibt es auch touristische Informationen und eine Trachtenmanufaktur mit Schulungsräumen, Schauräumen und Flächen für Sonderausstellungen und Modepräsentationen. Somit entsteht auch zusätzlicher Bedarf an Nächtigungsmöglichkeiten für Gäste und Studierende. Die örtlichen Gastronomiebetriebe, die das Thema Blaudruck und Färben in ihrem Erscheinungsbild und ihren Angeboten transportieren, profitieren somit auch von dieser Kooperation.
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1. OBERÖSTERREICH 1.3. TEXTILES ZENTRUM HASLACH – MEHR ALS EIN MUSEUM Christina Leitner
Ein Ort spinnt aus den Fäden der Vergangenheit einen Stoff für die Zukunft, ist doch die Identität Haslachs seit jeher eng mit textilen Inhalten verbunden. Über Jahrhunderte befand sich im Mühlviertler Markt ein Zentrum der Leinenweberei, das das wirtschaftliche und soziale Leben der Menschen in diesem Landstrich nahe der Grenze zu Bayern und Böhmen bestimmte. Grundlage für die Leinenweberei war der Anbau von Flachs, der auf dem wenig ertragreichen Granitboden des Mühlviertels hervorragend gedieh. Das weiche, kalkarme Wasser der Mühlviertler Flüsse bot außerdem die ideale Voraussetzung für das Weißbleichen der fertigen Stoffe. Auf Grund dieser geographischen Gegebenheiten begannen die Mühlviertler Bauern schon im 13. Jahrhundert Flachs zu kultivieren und in den Wintermonaten in Heimarbeit von Hand zu verspinnen und anschließend zu Stoffen zu verweben. Aus der anfänglich bescheidenen Produktion für den Eigengebrauch entwickelten sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts vollerwerbstätige Weber und Leinenhändler, die in Zünften organisiert waren und ihre Ware weit über die regionalen Grenzen hinweg verkauften. Haslach nahm, direkt im Dreiländereck am Handelsknotenpunkt zwischen Linz, Passau und Krumau gelegen, dabei schon früh eine bedeutende Rolle ein. Stoffe, die auf den Wochenmärkten in Haslach gehandelt wurden, exportierte man in ferne Länder. Sie führten auch immer wieder weitgereiste Händler nach Haslach, die neue Impulse von außen einbrachten. Auch nach dem relativ späten Einsetzen der Industrialisierung, mit der die Textilerzeugung vor allem in klein- und mittelbetriebliche Strukturen verlagert wurde, blieben die Mühlviertler Webwaren die bedeutendsten Exportartikel der Region. 1950 gab es in Haslach noch 23 Webereien, außerdem befand sich hier seit 1883 die Oberösterreichische Textilfachschule, sodass das Image Haslachs als „historischer Webermarkt“ lange Zeit gepflegt werden konnte.
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Bild 25 links: Im Garten des Textilen Zentrums Haslach Bild 26 rechts: Shuttle-Lehrgang in der mechanischen Weberei Haslach
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Obwohl es im Mühlviertel auch heute noch einige gut situierte Webereien gibt, hat in den letzten 30 Jahren der globale Strukturwandel in der Textilwirtschaft auch vor Haslach nicht Halt gemacht und viele Betriebe mussten schließen. Bereits 1970 wurde vom Heimatverein Haslach das Webereimuseum im alten Schulgebäude eingerichtet, das die lokale Textilgeschichte dokumentierte. Nach 40 Jahren sollte das Museum an einen neuen Standort übersiedelt und neu aufbereitet werden. Ein wichtiger Motor dabei war der Verein „Textile Kultur Haslach“. Die Aktivitäten dieses Vereins haben maßgeblich dazu beigetragen, dass sich Haslach neben der gewachsenen Tradition als Leinenwebermarkt in den letzten 25 Jahren auch auf einer anderen Ebene einen Namen als Textilort machen konnte. Bereits 1990 schloss sich nämlich eine Gruppe Textilbegeisterter mit der Vision zusammen, eine Plattform für die zeitgemäße Auseinandersetzung mit verschiedensten textilen Welten zu schaffen und den internationalen Austausch zu fördern. Die Grundidee bestand darin, dem Betriebssterben dieser Zeit etwas Positives entgegenzusetzen und an einem Ort mit textilen Wurzeln durch das Einladen hoch qualifizierter Textilgestalter und -künstler aus dem In- und Ausland neue Impulse anzuregen. Ein Brückenschlag zwischen Kunst
und heimischer Industrie sollte geschaffen und durch verschiedene Aktionen im öffentlichen Raum der Diskussionsprozess in der Bevölkerung angeregt werden. Unter dem Titel „Textile Kultur Haslach“ findet seither jedes Jahr im Juli ein großes internationales Symposium statt, das Workshops, Ausstellungen, Fachvorträge und Experimentierwerkstätten beinhaltet. Der weithin bekannte Webermarkt wird mittlerweile jährlich an einem Wochenende im Juli von 10.000 Besuchern frequentiert. Was anfangs jahrelang im Ort bestenfalls belächelt wurde, hat sich mittlerweile zu einer anerkannten Veranstaltung etabliert. Haslach identifiziert sich heute in neuer Form wieder mehr mit seinen textilen Wurzeln, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil der wirtschaftliche Nutzen der Veranstaltung für den Ort nicht mehr zu übersehen ist. Das dichte Veranstaltungsangebot, das sich an Fachpublikum und Laien wendet, hat Haslach über die Landesgrenzen hinweg wieder bekannt gemacht. Der Verein Textile Kultur Haslach trieb aber auch die Neupositionierung des örtlichen Webereimuseums voran. Als neuer Standort dafür empfahl sich die ehemals renommierte Textilfabrik Vonwiller. Die bekannte Firma produzierte Stoffe, die nahezu in die ganze Welt exportiert wurden. Musterbücher mit kostbaren Jacquardgeweben aus der Zeit um 1900 zeugen noch heute von der hohen Qualität der damals hergestellten Gewebe. 1999 stand schließlich fest, dass das Unternehmen Vonwiller in Konkurs gehen würde. Die Gemeinde kaufte den Betriebskomplex und konnte ihn mittels EU- und Landesgeldern grundlegend revitalisieren und sukzessive in ein Kultur- und Dienstleistungszentrum umwandeln. Heute beherbergt die Fabrik verschiedene Sozial- und Kultureinrichtungen, Veranstaltungssäle, die Musikschule, eine Gastronomie und verschiedene Firmen. Mit dem Großprojekt TuK-Vonwiller (Tourismus-und Kulturzentrum) konnte Haslach seinem Ruf als reiner Museumsort, der sich mehr der Vergangenheit als der Zukunft verschrieben hat, entgegenwirken und neue Impulse setzen. Es wurde der Verein „Kultur in der Fabrik“ gegründet, der für das kulturelle Leben in der ehemaligen Textilfabrik verantwortlich ist. Die Eröffnung des Museums Mechanische Klangfabrik in diesen Räumlichkeiten stellte 2007 einen ersten kulturellen Höhepunkt dar. Dieses Museum beherbergt eine einzigartige Sammlung voll funktionstüchtiger mechanischer Musikinstrumente des Haslacher Sammlers Erwin Rechberger.
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Seit 2012 ist in den historischen Gemäuern auch das Textile Zentrum Haslach untergebracht. Die Intention dieses Zentrums ist es, die Geschichte und Gegenwart der reichen textilen Kultur zu verbinden und den Faden der Webtradition auf vielfältige Weise weiterzuspinnen. Das Textile Zentrum besteht aus fünf Kooperationspartnern mit unterschiedlichen textilen Schwerpunkten, durch deren Zusammenspiel vielfältige Synergien zwischen Museum, Produktion, Ausbildung und Kunst entstehen.
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Neben dem Webereimuseum, das die Verarbeitungsschritte von der Flachsaufbereitung bis zur fertigen Leinwand sowie die Entwicklung der Handwebstühle bis hin zur Jacquardmaschine aufzeigt und zahlreiche Vermittlungsformate anbietet, gehört zu den Partnern der Verein „Textile Kultur Haslach“, der hier internationale Workshops, Experimentierwerkstätten und Sonderausstellungen organisiert. Weiters gehören zu den Partnern die „Manufaktur Haslach“ als lebendiger Betrieb. Hier wird im Rahmen von Führungen für die Besucher erlebbar, wie aus den regionalen Wollen von Mühlviertler Merino-Schafen und anderen mitteleuropäischen Schafrassen Garne, Stoffe und hochwertige Filzprodukte entstehen. Die „Weberie“ wiederum versteht sich als kreativer Ort für die kleinserielle Entwicklung hochwertiger Gewebe und textiler Konzepte zur Herstellung einer kleinen, hauseigenen Produktlinie sowie zum Durchführen von Kooperationen mit Künstlern, Modelabels, Architekten und allen, die an der Entwicklung individueller Gewebe interessiert sind. Schließlich findet im Textilen Zentrum auch der einjährige Lehrgang „Shuttle“ Platz, der in Kooperation mit der Kunstuniversität Linz angeboten wird. Daneben finden Fortbildungsseminare im Fachbereich Weberei statt, die sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Gestaltung sowie Technik und maschineller Fertigung bewegen. Das Textile Zentrum Haslach bietet als offenes Haus somit Besuchern die Möglichkeit, in textile Herstellungs- und Gestaltungsprozesse einzutauchen und in einem außergewöhnlichen Ambiente Einblicke in komplexe Zusammenhänge zu erhalten. Das Zusammenwirken der einzelnen Partner bündelt regionale Kräfte, zieht aber auch internationale Fachpersonen an. Somit trägt das Textile Zentrum Haslach auch dazu bei, dass das reiche textile Wissen und Kulturgut nicht verloren gehen. Mit der Vernetzung dieser Bereiche untereinander und mit den historischen Objekten aus dem Museum kann das Textile als ein Kulturgut mit reichhaltiger
Tradition, aber auch mit aktueller Relevanz für die Besucher erlebbar gemacht werden, denn im Vergleich zu anderen historischen Textilorten ist Haslach noch verhältnismäßig reich an Einrichtungen, die jeweils einen bestimmten textilen Teilaspekt abdecken. Das Textile Zentrum Haslach kann somit als eine Art Keimzelle der allgemeinen Abwanderungstendenz aus ländlichen Gebieten textiles Wissen und Kulturbewusstsein entgegensetzen, indem historisches Kulturgut, technisches Equipment und fachliches Wissen an einem Ort verdichtet, konserviert und aktiv weitertradiert werden. Im hauseigenen Museumsshop werden auch vielfältige Produkte zum Kauf angeboten, die alle vor Ort erzeugt werden: hochwertige Geschirrtücher mit einem original Mühlviertler Muster, exklusive Schals, Tischsets, Kissen und vieles mehr. 2014 wurde dem Webereimuseum im Textilen Zentrum Haslach auch vom Österreichischen Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien der Hauptpreis des Österreichischen Museumspreises 2014 für das innovative Gesamtkonzept verliehen. Seit November 2016 ist das Zentrum als Bestpractice-Beispiel auch auf der internationalen Liste der UNESCO für Immaterielles Kulturerbe zu finden. Haslach hat aber noch weitere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Um diese besser zu präsentieren, wurde im Frühjahr 2015 eine Idee realisiert, die schon lange in der Luft lag: Die Einführung der Haslach-Erleben-Card und die damit verbundene Gründung einer Plattform, auf der sich mehrere Haslacher Museen und Schaubetriebe gemeinsam präsentieren. Dank der Aktivitäten eines äußerst engagierten Heimatvereins entstanden in den 1970er und 1980er Jahren gleich mehrere Museen mit interessanten Sammlungen im Ort. Mit den Jahren etablierte sich Haslach als „der Museumsort im Oberen Mühlviertel“ – manchmal auch mit dem Vorwurf behaftet, sich vor allem seiner Geschichte zu widmen und die Gegenwart eher außer Acht zu lassen. Mit der Plattform „Haslach erleben“ wird diesem Geist nun ein neues Forum gegeben, das ermöglicht, auch andere „an der Hand zu nehmen“ und durch einen Ort zu führen, der voller Geschichten, charmanter Plätze und liebenswerter Menschen ist. Mit der Card können innerhalb einer Saison insgesamt sieben Sehenswürdigkeiten zu einem vergünstigten Preis besichtigt werden. In jedem teilnehmenden Museum bzw. Schaubetrieb wird mindestens einmal pro Woche zu einem fixen
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Zeitpunkt eine Führung für Einzelbesucher angeboten. Die Karte richtet sich somit sowohl an Urlauber, die einige Tage im Ort verbringen, als auch an Personen aus der Region, die immer wieder neue Seiten von Haslach entdecken wollen. Die Card ist ihrer Form nach alten Lochkarten nachempfunden, so wie sie auch im Webereimuseum zu finden sind. Sie enthält bunte, vorgestanzte Kreise für jeden Partner, die zur Entwertung herausgedrückt werden. Dadurch ergibt sich im Umgang ein eher spielerischer Charakter.
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Gemeinsam mit der Karte wurden auch ein Folder und ein Internetauftritt entwickelt, bei denen einerseits die sieben Partner vorgestellt werden, die mit der Card besichtigt werden können, andererseits findet man auch einen detaillierten Ortsplan, auf dem unterschiedliche Punkte für individuelle Entdecker markiert und beschrieben werden: historisch interessante Häuser, Denkmäler oder Straßenzüge, Werkstätten von Instrumentenbauern, Künstlerateliers, Galerien usw. Ziel der Initiative „Haslach erleben“ ist es somit, einen kompakten Überblick über das attraktive Angebot im Ort zu bieten, den Individualtourismus und das sanfte, fundierte Erkunden des Marktes zu fördern sowie die Verweildauer im Ort zu erhöhen. Gleichzeitig werden kleinere, weniger bekannte oder besuchte Sehenswürdigkeiten vor den Vorhang geholt und deren Außenauftritt wird professionalisiert. So kann ein positives Bild eines lebendigen Orts skizziert werden, das nicht nur nach außen, sondern auch nach innen wirkt. Vor allem das letzte Ziel, das die Wirkung dieser Initiative auf die Haslacher Bevölkerung im Blickfeld hat, erscheint besonders wichtig, denn die Plattform soll mehr sein, als ein reines Marketinginstrument. Und die Bemühungen scheinen aufzugehen.
1. OBERÖSTERREICH 1.4. APPETIT AUF RAUM. ASSOZIATIONEN ZUR GASTRONOMIE AM BEISPIEL SCHLOSS LAMBERG STEYR Gernot Hertl
Museen und Ausstellungsorte brauchen eine kulinarische Ergänzung – klar, das stellt niemand in Frage. Doch in welcher Form und für welches Publikum? Sind es Touristen, die in entspannter Atmosphäre Kraft tanken wollen? Oder Kunstinteressierte, die keine Zeit verlieren möchten? Ausflügler, die am Sonntag im Museumscafé sitzen, tratschen und Leute beobachten wollen? Oder soll eine Schulklasse günstig im Bistro abgespeist werden? Schier unvereinbar erscheinen die Anforderungen, Gastronomen können kein spezielles Konzept definieren, nichts „maßschneidern“. Die gewünschte Einzigartigkeit ist woanders zu suchen. Die Antworten liegen aus meiner Sicht in der atmosphärischen Anmutung des Raumes. Daraus können Flexibilität und Vereinbarkeit unterschiedlichster Anforderungen generiert werden. Räume, welche wenig Funktion vorgeben und Lust auf ein Benutzen, ein „Sich-Aneignen“ machen und dadurch einfach erobert werden wollen, strahlen stets auch Zeitlosigkeit und Gelassenheit aus. Der entscheidende Punkt ist die Atmosphäre. Eine Reduktion auf wenige raumprägende Elemente stärkt deren Wirkung auf unser Gemüt. Und darauf gründen Identität und Wiedererkennbarkeit. Raumstimmungen lassen sich aus vielen haptischen Elementen komponieren: aus dem Tageslicht, das aus unterschiedlichsten Richtungen in den Raum dringen kann, aus Helligkeitskontrasten, die das Auge beleben, aus Kunstlicht, das Oberflächen streift oder Farben betont, aus Weichheit und Härte oder aus dem Raumklang, der die Dimension des Ortes begreifbar macht und Geruch, der Erinnerungen zu wecken vermag.
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Bild 27 links: Lambergsaal, Schloss Lamberg Steyr Bild 28 rechts: Fürstensalon, Schloss Lamberg Steyr
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Auch die Raumproportion spielt dabei eine wesentliche Rolle. Schon klassizistische und gründerzeitliche Bauten setzten bewusst auf hohe Räume, um möglichst viele Nutzungen und Veränderungen zu ermöglichen, aber auch einfach des Wohlbefindens willen. Die unterbewusst gespürte Raumhöhe sorgt in Abhängigkeit von Offenheit und Weite für die typische Stimmung des Ortes. Natürlich drängt sich auch die Aufnahme des Inhalts auf, welcher dem jeweiligen Museum oder der Kulturstätte seine Identität verleiht und womit ganz generell die Neugierde der Besucher erweckt wird. Vernünftigerweise spiegeln sich schon Branding und Name des Hauses in Shop, Café oder Bistro wider. Allerdings ist es durchaus eine Gratwanderung, nicht ins rein Plakative zu kippen. Das gilt jedoch auch für die Ausstellung selbst. Ein Blick auf prominente Beispiele zeigt auch die Vielfalt an jeweils bestimmten Qualitäten, auf welche Entwurfskonzepte erfolgreich fokussieren. Im Wiener Museumsquartier sind die gastronomischen Funktionen folgerichtig nach dem Konzept einer „Stadt im Kleinen“ organisiert. Sie besetzen analog zu den Ausstellungsbauten einzelne Punkte im stadträumlichen Gefüge, wodurch die Bewegung über die Plätze zum lustvollen Aneignen des Freiraumes wird. Differierende Architekturen und Preisniveaus der Lokale werden dadurch ganz selbstverständlich.
Bei der Tate Modern in London wird die Gastronomie zum von außen sichtbaren Zeichen. Der auf das Dach gesetzte Glaskubus macht das alte Kraftwerk erst zum Kulturbau, er sorgt für eine intuitive Lesbarkeit der neuen Nutzung. Von innen erlebt, zelebriert die Situation den erhabenen Ausblick auf die Stadt und verankert damit das Museum eindeutig im urbanen Kontext. Im Schloss Lamberg in Steyr, einem von Hertl Architekten realisierten Projekt, ist die Gastronomie im Gegensatz dazu völlig nach innen gekehrt. Umgebaut werden sollte der Trakt der alten Stallungen: einerseits angeregt, um hier während der Oberösterreichischen Landesausstellung ein Café einrichten zu können, andererseits um langfristig die Räumlichkeiten mit großen Veranstaltungen in Form von Festen, Vorträgen, Kongressen und Ausstellungen zu bespielen. Der Raum soll also alles „können“. Auch hier begegnet der Entwurf mit Großzügigkeit und Gelassenheit den sich wandelnden Anforderungen. Die Atmosphäre bestimmt stets das prägende Raumgefühl, das auf barocke Imposanz in neuem, ungewohntem Licht aufbaut. So entstand eine radikale Neuorganisation und doch für denjenigen, der heute die Räumlichkeiten betritt, das Gefühl: Was wurde eigentlich verändert? Die Beispiele ließen sich natürlich beliebig fortsetzen, den drei im Ansatz erwähnten so unterschiedlichen Projekten ist jedoch gemein, dass sie durch das Weglassen vieler Gestaltungsmöglichkeiten auf ein wesentliches Konzept reduziert sind – und jenes stark spürbar wird. Sie regen uns an.
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2. NIEDERÖSTERREICH 2.1. BETTY BERNSTEIN UND DIE BERNSTEINSTRASSE IN NIEDERÖSTERREICH Elisabeth Schiller
Bernstein fasziniert die Menschen seit Urzeiten. Der auch „Gold des Meeres“, „Gold des Nordens“ oder „Tränen der Götter“ genannte goldgelbe Stein ist eigentlich gar kein Mineral, sondern uraltes fossiles Harz. Die darin manchmal zu findenden Einschlüsse von Pflanzen oder Insekten werden „Inklusen“ genannt und können bis zu 300 Millionen Jahre alt sein. Der wahre Wert des Bernsteins liegt daher in seinem Inneren. Bernstein gab aber auch der wichtigsten NordSüd-Handelsverbindung Europas seinen Namen. Mehrere Routen verbanden die Ostsee mit dem Mittelmeer, die bedeutendste von allen führte von den Fundund Abbaustätten an der baltischen Ostsee über die baltischen Staaten, Polen, Tschechien, Österreich, Ungarn, Slowenien nach Aquileia in Italien. Zur Römerzeit befand sich hier das größte Bernstein-Verarbeitungszentrum und die kostenbaren Schmuckstücke wurden von dort in das gesamte Römische Imperium weiter verteilt. Der Handel an der Bernsteinstraße begann allerdings lange vor den Römern. In der mittleren Steinzeit vor etwa 26.000 Jahren gab es Siedlungen, Warenlager voller Bernsteinobjekte und Grabhügel entlang der Bernsteinpfade. Beim heutigen Wroclaw (deutsch: Breslau) in Polen entdeckte man einen 3.000 Jahre alten Bernsteinspeicher mit 500 Kilogramm Bernstein. Im niederösterreichischen Weinviertel fand man Bernsteinperlen aus der Kupferzeit um 2000 v. Chr. – heute im Museum für Urgeschichte Asparn an der Zaya zu sehen. Nach den Wirren der Völkerwanderungszeit erreichte der Handel zwischen Nord und Süd im Mittelalter wieder einen neuen Höhepunkt. Der alte Handelsweg führte nun nicht mehr nach Carnuntum, jener Stadt, die zur Römerzeit ein wichtiges Handelszentrum, Zivilstadt und Militärlager war, sondern überquerte als Schlesische Straße bei Wien die Donau. 1722 ließ Kaiser Karl VI. diesen zur
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Bild 29 links: Felsenmuseum Bernstein, Bernstein-Inkluse Abb. 21: Betty Bernstein
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„Kaiserstraße“ ausbauen, die noch heute Wien mit Brünn („Brünner Straße“) und Polen verbindet. Im tschechischen Südmähren, nahe an der Grenze zu Niederösterreich, streift die Bernsteinstraße den größten Landschaftsgarten Europas. Hier ließen die Fürsten von Liechtenstein Anfang des 19. Jahrhunderts die ca. 200 Quadratkilometer große Anlage rund um die Residenzschlösser Valtice und Lednice errichten. Die Teiche, Tempel, Mustergüter und die Allee des Parkareals zählen zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Die Bernsteinstraße in Niederösterreich Der Verlauf der Bernsteinstraße durch Niederösterreich kann nicht exakt nachgewiesen werden, die Handelsroute verläuft aber im Großen und Ganzen entlang des Grenzflusses March und quert die Donau bei Carnuntum. Stillfried an der March war eine der wichtigsten urzeitlichen Siedlungen entlang der Bernsteinstraße. Hier wurden auch die mit 3.000 Jahren ältesten kultivierten Weinkerne Österreichs gefunden, ein deutlicher Beweis für den damals regen Handel. Im Mittelalter verlor Bernstein zwar an Bedeutung, die historischen Handelswege aber wurden weiter genutzt. Entlang der neu entstandenen Nord-Süd-Handelswege wurden Burgen wie Falkenstein und Forch-
tenstein, die Schlösser in Wilfersdorf und Marchegg, Dürnkrut und Jedenspeigen sowie mauerbewehrte Städte wie Hainburg errichtet, die der Trasse der alten Bernsteinstraße Schutz gaben. Der Wehrturm von Palterndorf im Weinviertel erinnert an die Deutschordensritter, die „Herren des Bernstein“ im Mittelalter. Das Stammschloss der Liechtenstein in Wilfersdorf erzählt von der Familiengeschichte der Fürsten. An der Bernsteinstraße entschied sich auch das Schicksal Mitteleuropas. Hier begann 1278 mit der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen die Herrschaft der Habsburger. Sie regierten fast 650 Jahre Österreich. Im historischen Kernland der Habsburgermonarchie zeugen prächtige Schlossanlagen und weitläufige Gärten von großer Vergangenheit. Schloss Hof etwa, einst Residenz von Prinz Eugen und Maria Theresia, wurde komplett revitalisiert. Die Bernsteinstraße führt zudem durch fruchtbares Land, die Kultur der Bauern prägte die Dörfer Jahrhunderte lang. Im Museumsdorf Niedersulz ist auch ein Dorf aus früherer Zeit wiedererstanden. Ein wichtiges Handelsgut war darüber hinaus einst der Wein – kein Zufall, denn entlang der Bernsteinstraße liegen die besten Weinregionen Österreichs. Die einzigartigen Kellergassen des Weinviertels, die Weinerlebniswelt in Poysdorf oder die noch heute bestehenden Hofkellereien der Liechtenstein in Wilfersdorf und der Esterhazy in Eisenstadt bezeugen, wie sehr hier der Wein die Kultur und Geschichte prägten. Der typische goldgelbe baltische Bernstein erfuhr den Gipfel der Bewunderung mit dem Bau des Bernsteinzimmers. Das Original – seit dem Verlust des Königsberger Schlosses in der Bombennacht während des Zweiten Weltkrieges am 27. August 1944 noch immer verschollen – galt als das Achte Weltwunder. Die Rekonstruktion des Bernsteinzimmers hat heute sowohl dem Bernstein-Abbau als auch der barocken Handwerkskunst eine Renaissance verschafft.
Der Verein „Die Österreichische Bernsteinstraße“ Der Verein wurde 2001 gegründet. Aber schon viel früher, nämlich 1997, entstand die Idee eines weinviertel-weiten Museumsnetzwerkes, bei dem die Bernsteinstraße das Verbindende in der Region sein sollte. Im April 1998 genehmigte das Land Niederösterreich eine Machbarkeitsstudie (Feasibility-Studie) zur Bernsteinstraße. Dazu führten Richard Resch und Ulrike Vitovec eine umfassende Analyse des kulturtouristischen Potenzials durch und erstellten ein
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Konzept zur kulturtouristischen Entwicklung und Belebung der Region. Im Juni 1999 wurden das Projekt „Die Bernsteinstraße im Weinviertel“ und der erste Folder auf Schloss Jedenspeigen präsentiert. Es folgten weitere Präsentationen und Projekteinreichungen. Das Projekt „Österreichische Bernsteinstraße“ selbst war damals beim Weinviertel-Management in Zistersdorf angesiedelt.
Projekte zur Weiterentwicklung des Netzwerkes und der Attraktivierung von Mitglieder-Standorten 2001 bis 2007
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2003 wurde das INTERREG-Projekt „R.O.M.E.“ mit maßgeblicher Beteiligung Österreichs und einer Co-Finanzierung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie ecplus der Niederösterreichischen Kulturwirtschaft GmbH. eingereicht und genehmigt. Auf diese Weise konnten bis Ende 2007 nationale Strategieansätze, die Qualifizierung der Marke „Betty Bernstein“ und die Vernetzung auf internationaler Ebene fortgesetzt und verstärkt werden. Die wichtigsten Projekte, die initiiert wurden, waren die Unterstützung und Begleitung einer Oldtimer-Traktorfahrt von Poysdorf nach St. Petersburg, die Neugestaltung des Weinstadtmuseums Poysdorf, die Bernsteinausstellung in Groß Schweinbarth sowie die Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien bei der Ausstellung „Bernstein für Thron und Altar“.
LEADER-geförderte Projekte ab 2008 Die Maßnahmen unter der neuen Geschäftsführerin Elisabeth Schiller wurden ab 2008 von LEADER – einem EU-Förderprogramm – bzw. der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich finanziert. Neben der Mitgliederbetreuung, Verwaltung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie verschiedenen Marketingmaßnahmen spielen die laufende Angebotsentwicklung (Führungen, MerchandisingProdukte, interaktive Programme usw.) eine wichtige Rolle. Seit 2008 wurden verschiedene Vorhaben umgesetzt: Entwicklung und Qualifizierung durch die Tourismusberatung von „Conos“, Kreieren von Merchandising-Produkten, der Relaunch des Maskottchens Betty Bernstein, Attraktivierungsmaßnahmen bei den Mitgliedern, eine Info-Ausstellung im Landgut Wien Cobenzl, die Unterstützung des künstlerischen Projektes „Die Wieder-Entdeckung der Bernsteinstraße“ – eine Fußwanderung des Künstlers Markus Zohner mit anschließender
Buchpräsentation, eine Fotoausstellung auf Schloss Jedenspeigen, der ORF-Film „Von den Tränen der Götter“ und die Beteiligung bei den Niederösterreichischen Landesausstellungen „Erobern – Entdecken – Erleben“ in Carnuntum 2011 sowie „Brot & Wein“ in Schloss Wolkersdorf 2013. Parallel dazu erfolgte die Beteiligung mit einer Fotoausstellung von Markus Zohner bei der Ausstellung „Gold des Nordens“ auf Schloss Halbturn 2013. 2016 wurde außerdem ein BettyBernstein-Musical aufgeführt.
Das Familienmaskottchen Betty Bernstein Das rothaarige Maskottchen der Österreichischen Bernsteinstraße ist mittlerweile bekannter als der Verein selbst. 2012 wurde Betty einer Runderneuerung unterzogen. Hatte zuerst jedes der über 30 Mitglieder eine „Betty-Mutation“, so einigte man sich darauf, dass ein einheitliches Maskottchen mehr Chance auf Wiedererkennbarkeit und damit auf vermehrte Bekanntheit hat als die vielen verschiedenen „Bettys“. Die neue Betty Bernstein des Grafikers Kimmo Grabherr überzeugte die Jury. Seitdem sieht sie frischer, fröhlicher und moderner aus. Es gibt das Maskottchen nur mehr im mittelalterlichen Gewand mit „Zauberbernstein“, dafür in fünf verschiedenen Posen. Seine Aufgabe ist gleichgeblieben: Sie begleitet Familien und Kinder durch Ausstellungen in Mitgliedsmuseen. Zurzeit sind 33 Museen und Ausflugsziele Mitglied des Vereines.
„Betty everywhere“ Schon vor dem Betreten von einem der Mitgliedsbetriebe der Bernsteinstraße, die Betty-Bernstein-Programme anbieten, stößt man auf eine Übersichtstafel, auf der alle Mitglieder auf einer Karte eingezeichnet sind. Im Ausflugsziel bzw. Museum wird einem der Betty-Bernstein-Willkommensbrief überreicht. Darin wird selbsterklärend das Angebot für Kinder und Familien im Haus bzw. im Outdoor-Bereich dargestellt: Manchmal handelt es sich dabei um einen Aussichtspunkt, oftmals wird auch eine Rätselrallye angeboten. Außerdem gibt es für Betty Bernstein eine eigene Homepage und einen Auftritt bei Facebook. Und alle Termine rund um Betty Bernstein findet man auf der jährlich herausgegebenen Schatzkarte.
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Betty-Bernstein-Angebote Viele der Mitglieder bieten regelmäßige Kinder- und Familienführungen an. Neben den Individualführungen kann man auch Gruppenführungen buchen. Immer mehr erfreut sich auch der „Betty-Bernstein-Kindergeburtstag“ allgemeiner Beliebtheit. Dieser hat zwei Teile: einen abenteuerlichen, der durch das jeweilige Ausflugsziel führt und bei dem spielerisch Wissen und Geschichte vermittelt werden, und einen „feierlichen“ mit einer Party.
Betty-Bernstein-Produkte Aus vielen Weinviertler Gasthäusern nicht mehr wegzudenken ist das Kindermenü „Betty Bernstein“, es besteht aus zwei Gängen, hat überall den gleichen Preis und wird mit einer Betty-Bernstein-Menüunterlage – mit Rätsel und Ausmalbildern – serviert. Kulinarisch gut macht sich der Betty-BernsteinTraubensaft-Frizzante von Familie Autrith aus Haugsdorf.
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Da Betty lange Zeit aus dem „Nichts“ zu kommen schien, entschloss sich der Verein 2012 parallel zum Relauch der Figur Betty Bernstein ihre Geschichte zu schreiben. Walpurga Antl-Weiser, im Verein ehrenamtlich aktiv und beruflich im Naturhistorischen Museum in Wien tätig, schrieb diese. Die Grafik dazu stammt vom Wiener Autor Harald Havas. Das Abenteuerbuch „Betty Bernstein“ ist um 5,90 Euro beim Verein sowie in ausgesuchten Museumsshops erhältlich. Betty Bernstein gibt es außerdem auch als Stoffpuppe mit echtem BernsteinAnhänger.
Betty Bernstein „on tour“ Gottfried Erger, vormals Direktor des Weinstadtmuseum Poysdorf, hat das mobile Einsatzteam „Betty Bernstein“ mit zahlreichen engagierten jungen Menschen ins Leben gerufen. Unter dem Verein „History 4 U“ ist er mit dem Team von „Betty Bernstein on tour“ im In- und angrenzenden Ausland bei Festen und Festivals im Einsatz. Die Angebotspalette reicht von Runenbemalen, Hands-on wie Fossilien, Bogenschießen und einem Gewinnspielrad bis hin zu einer Rätselrallye. Im September 2016 konnte der Verein beim Kinderfest
„Hits for kids“ im Eisenbahnmuseum „Das Heizhaus“ in Straßhof den 100.000 Besucher bei „Betty Bernstein on tour“ begrüßen.
Betty Bernstein – das Musical Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums hat sich der Verein entschlossen, ein umfangreiches Musicalprojekt im Weinviertel durchzuführen. Alexander Blach-Marius hatte bereits im Herbst 2010 im Hinblick auf die Niederösterreichische Landesausstellung „Brot & Wein“ 2013 die Idee zu einem Musical. Ein Standort der Landesausstellung war das Schloss Wolkersdorf, das auf Grund des Schaffens und Wirkens von „Bernstein-Magier“ Otto Potsch auch „Bernstein-Schloss“ genannt wird. Aber gut Ding braucht Weile: 2015 wurde das Musical „Betty Bernstein“ entwickelt und 2016 zehn Mal im Weinviertel aufgeführt. Bei diesem Musical führt die bereits überregional bekannte Figur Betty Bernstein gleichsam im Zuge einer Zeitreise durch die Epochen und Regionen der Bernsteinstraße – natürlich mit Schwerpunkt Weinviertel – und erlebt gemeinsam mit teils historischen und teils frei erfundenen Figuren zahlreiche Abenteuer. Das Engagement rund um das Thema Bernstein und vor allem die zielgerichtete Ansprache der Besucher über „Betty Bernstein“ veranlassten eine unabhängige Jury dazu, dem Verein „Die Österreichische Bernsteinstraße“ 2016 im Rahmen einer Gala den Würdigungspreis des Franz-StanglerGedächtnispreises der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich zu überreichen: eine ganz besondere Auszeichnung und Ansporn zugleich!
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2. NIEDERÖSTERREICH 2.2. MUSEUMSDORF NIEDERSULZ. EIN IDEALTYPISCHES WEINVIERTLER DORF ALS GRÖSSTES VOLKSKUNDLICHES FREILICHTMUSEUM IN NIEDERÖSTERREICH Veronika Plöckinger-Walenta
Die Geschichte des mittlerweile 22 Hektar umfassenden Museumsdorfs Niedersulz begann wie so oft mit der privaten Sammelleidenschaft eines Einzelnen – in diesem Fall von Josef Geissler. Geboren 1949 in Niedersulz, interessierte er sich von Jugend an für immobile Kulturgüter wie Schlösser und Kirchen der Region und begann früh, Möbel, sakrale Objekte und Gebrauchsgegenstände sowie landwirtschaftliche Geräte zu sammeln. 1970 richtete er im Pfarrpresshaus ein kleines Heimatmuseum ein, das 1976 in die leerstehende Volksschule von Niedersulz übersiedelte. 1979 erfolgte die Grundsteinlegung des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz am Sulzbach, das auf Grund der regen Bau- und Sammeltätigkeit des Museumsgründers und seiner ehrenamtlichen Helfer rasch anwuchs. Deshalb übertrug der Verein als Eigentümer und Träger 2007 die Sammlung und Gebäude der Stiftung Weinviertler Museumsdorf Niedersulz als neuer Eigentümerin und die operativen Geschäfte der Weinviertler Museumsdorf Niedersulz Errichtungs- und BetriebsGmbH (heute Weinviertler Museumsdorf Niedersulz GmbH), einem Betrieb der Kultur.Region.Niederösterreich, als neuer Trägerin. Die BetriebsGmbH wird von einem Fachbeirat mit Mitgliedern aus Wissenschaft, Denkmalschutz, Kultur, Politik und Tourismus unterstützt. Der ehemalige Trägerverein unterstützt als „Verein der Freunde des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz“ das Museum weiterhin aktiv in vielen Bereichen. Als inhaltliches Konzept für das Weinviertler Museumsdorf Niedersulz wurde die Form eines im Weinviertel typischen Zeilendorfes entlang eines Baches gewählt. Die einzelnen Gebäude aus verschiedenen Herkunftsorten wurden in Baugruppen aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie kommunalen Einrichtungen zusammengefasst. Hier finden sich alle dörflichen Strukturelemente wie die zentrale Dorfzeile mit Dorfplatz, Hintausgasse, Kellergasse und Stadelzeile.
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Bild 30 links: Schaufenster Österreichisches Volksliedwerk, Operngasse Wien Bild 31 rechts: „Weinviertler Ausflugsziele mit Pfeffer“, Bezirkswinzerfest Poysdorf
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Seit einigen Jahren verfolgt das Museumsdorf einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt zum Thema Lehmbau: Eine Ausstellung bringt eine Einführung in die historischen Bautechniken und zeigt ein Stück 250 Jahre alte Lehmwand, die als Ganzteil und Original ins Museumsdorf transloziert wurde. Das zweite wichtige Standbein des Weinviertler Freilichtmuseums ist der Grünraum: Einerseits sind die Hausgärten entweder als Blumenvorgärten oder als Nutzgärten mit Kräutern und Gemüse nach historischen Quellen bepflanzt. Andererseits wachsen auf dem Gelände des Museumsdorfs rund 400 verschiedene historische, regionale Obstbaumsorten und andere pflanzliche Raritäten. Die Pflanzen für die Gärten werden nach Möglichkeit vom Gartenteam biologisch vorgezogen, die Pflege erfolgt ebenfalls rein biologisch.
Gemeinsam stark sein – touristische Kooperationen Die vielseitigen touristischen Kooperationen des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz umfassen einerseits Mitgliedschaften in diversen Organisationen ebenso wie gemeinsame Marketing-Aktivitäten mit anderen Ausflugsdestinationen in der Region, andererseits klassische Gruppenangebote in Form von Packages.
Das Museumsdorf ist Mitglied bei Organisationen im Gartenbereich, die stark inhaltlich orientiert sind, allen voran die Aktion „Natur im Garten“, die 1997 mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, die Ökologisierung von Gärten und Grünräumen in Niederösterreich und über die Landesgrenzen hinaus voranzutreiben. Die Kernkriterien der Aktion „Natur im Garten“ legen fest, dass Gärten und Grünräume ohne Pestizide, ohne chemisch-synthetische Dünger und ohne Torf gestaltet und gepflegt werden. Es wird großer Wert auf biologische Vielfalt und Gestaltung mit heimischen und ökologisch wertvollen Pflanzen gelegt. Für die Einhaltung aller vorgegebenen Kriterien bekam das Museumsdorf Niedersulz seit dessen Einführung 2012 das Qualitätssiegel „Goldener Igel“ verliehen. Bereits seit 2002 zählt es zu den Schaugärten von „Natur im Garten“. Unterstrichen wird die Bedeutung dieser Aktion für das Museumsdorf und umgekehrt die Rolle des Museumsdorfs als vorbildlicher Schaugarten durch die Installierung des Museumsdorfs als einer von fünf Bildungsstandorten von „Natur im Garten“ mit dem Bürostandort der Regionalberaterin für das Weinviertel, Anna Leithner, direkt im Museumsdorf. So ist es möglich, bei Veranstaltungen des Museumsdorfs, aber auch gegen Voranmeldung, Vorträge, Workshops und individuelle Beratung im Rahmen von „Natur im Garten“ anzubieten – ein positiver Synergieeffekt, durch welchen den Museumsbesuchern ein attraktives Zusatzprogramm geboten wird und vice versa Garteninteressierte noch intensiver für das Museumsdorf begeistert werden können. Eng damit verbunden ist der Marketing-Verbund „Die Gärten Niederösterreichs“, der unter dem Motto „Garten Sommer“ verschiedene Veranstaltungen wie die „Gartensommer-Vollmondnacht“ koordiniert und bewirbt. Besonders der Benchmark-Club der Gärten Niederösterreichs hat sich für das Museumsdorf bewährt. Dabei werden Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse der beteiligten Partnerbetriebe in qualitativer und / oder quantitativer Hinsicht in Form von anonymisierten Daten verglichen. Der systematische Vergleich von beispielsweise Eintrittspreisen, Kosten oder Abläufen im Bereich der Gastronomie oder des Shops kann als wertvolle Orientierungshilfe zur Betriebsführung dienen. Selbstverständlich sind Mitgliedschaften bei der touristischen Destination Weinviertel Tourismus Gesellschaft, aber auch bei der Kulturvernetzung NÖ und verschiedenen Karten wie NÖ CARD, NÖ Familienpass bzw. „Oma / Opa-Karte“ und Family Extra Card Wien. Das Museumsdorf Niedersulz ist außerdem eines
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von derzeit 49 TOP-Ausflugszielen in Niederösterreich: Allein zur Aufnahme in diesen Qualitäts- und Marketingverbund müssen über 60 Kriterien zu einem genormten Prozentsatz erfüllt werden und die Mitglieder unterziehen sich jährlich einem Mystery-Check nach zahlreichen selbst auferlegten Kriterien. Dieser Blick von außen bietet eine wertvolle Unterstützung bei der ständigen Qualitätskontrolle und -verbesserung eines jeden Ausflugsziels.
Marketingaktivitäten und Kooperationen
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Beim Besuch von gezielt ausgewählten Messen (z. B. Ferienmesse Wien oder „Blühendes Österreich“ in Wels) – unter dem Dach der Destination Weinviertel Tourismus bzw. gemeinsam mit Marketingverbünden oder anderen Ausflugszielen – wird je nach Möglichkeit ein Vorgeschmack auf die inhaltlichen Schwerpunkte des Museumsdorfs z. B. in Form von Obstverkostung oder Butterherstellung geboten. Zusätzlich setzt das Museumsdorf auf qualitätvolle und verbindende Kooperationen. So wurde 2014 eine regionale Partnervernetzung von mittlerweile neun kulturellen Leitbetrieben im Weinviertel ins Leben gerufen. Die Aktivitäten des informellen Zusammenschlusses „Weinviertler Ausflugsziele mit Pfeffer“ reichen vom gemeinsamen Folder über die gemeinschaftliche Teilnahme an Veranstaltungen wie „Weinviertel am Graben“ oder dem Bezirkswinzerfest Poysdorf bis hin zum unkomplizierten Austausch von Vermittlungsaktivitäten bei Veranstaltungen in den einzelnen Institutionen. Eine besonders zum Ambiente des Museumsdorfs passende Marketingkooperation ist in Form von zwei „Ja-natürlich-Schweinderln“ gelungen: Die mittlerweile rund 200 kg schweren Schweinedamen können neben weiteren typischen Nutztierrassen am „Lebenden Bauernhof“ bewundert werden. Die beiden ehemaligen „Fernsehstars“ aus der bekannten TV-Werbung, die 2010 und 2014 im Museumsdorf gedreht wurde, dürfen hier ihren verdienten Ruhestand, also ihr gesamtes Schweineleben verbringen, und fühlen sich im Museumsdorf Niedersulz „sauwohl“. Ebenfalls direkt im Museumsdorf findet einmal jährlich die „Lesersafari“ der Zeitschrift „Biorama“ statt, bei der ein exklusives Vermittlungs- und AktivProgramm zusammengestellt wird, das in Wechselwirkung inhaltliche Schwer-
punkte der dörflichen Gärten und Landwirtschaft aufgreift. Weitere Maßnahmen im Sinne von Marketingkooperationen finden außerhalb des Museumsdorfs statt: Die Gestaltung eines Schaufensters im Österreichischen Volksliedwerk in der Operngasse im ersten Wiener Gemeindebezirk soll Wiener Publikum ebenso ansprechen wie die Teilnahme an DAC-Präsentationen in der Wiener Hofburg und anderen Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt.
Vermittlung Zu einem professionellen Museumsbetrieb gehört selbstverständlich auch ein vielfältiges Angebot von Vermittlungsprogrammen für Kinder und Erwachsene. Empfehlenswert ist es dabei, die einzigartigen und besonderen inhaltlichen Schwerpunkte des jeweiligen Museums in den Vordergrund zu stellen: Im Fall des Museumsdorfs Niedersulz sind es die geschlossene Dorfstruktur – als ob die Bewohner das Dorf gerade verlassen hätten –, der dörfliche Grünraum mit den blühenden Vorgärten sowie der neue Themenschwerpunkt historischer Lehmbau. Bei Gruppenpaketen konzentriert sich das Museumsdorf auf Kooperationen mit kulturellen Institutionen und Ausflugszielen in der Umgebung. Gemeinsam mit einer zweiten Destination sowie einem kulinarischen Angebot wie Mittagessen oder einer süßen Jause im Dorfwirtshaus oder einer Weinverkostung in der Museumsvinothek, betrieben von den Winzern der Gemeinde Sulz im Weinviertel, wird den Gästen ein erlebnisreicher, informativer Tag im Weinviertel geboten. Reisebüros, Vereinsobleute oder Betriebsräte schätzen dabei, dass ihnen das Museumsdorf als exklusiver Ansprechpartner für das gesamte Tagesprogramm zur Verfügung steht und sie nur mehr die Busfahrt organisieren müssen. Eine Mischung aus Mitgliedschaft und Vermittlungsangebot stellt die Kooperation mit der Österreichischen Bernsteinstraße dar: Die Mitglieder werden gemeinsam beworben und manche bieten unter dem Namen des Maskottchens Betty Bernstein Vermittlungsprogramme an. Die Betty-Bernstein-Familienführung „Rätsel zu den Schätzen eines Weinviertler Dorfes um 1900“ bietet jeden zweiten Sonntag im Monat spielerischen interaktiven Rätselspaß im Museumsdorf Niedersulz. Der Fokus auf das gemeinsame (Erfolgs-) Erlebnis von Kindern und Eltern oder Großeltern wird gerne angenommen.
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Für Individualbesucher bietet das Museumsdorf seit der Saison 2016 ein neues Vermittlungsformat: Unter dem Titel „Alltag im Dorf – wie war das damals?“ gibt es jeden Sonntag- und Feiertagnachmittag, in den Sommerferien auch am Samstagnachmittag, in einzelnen Häusern, Höfen und Werkstätten des Museumsdorfs die Möglichkeit zum aktiven Erleben. Kulturvermittler und Handwerker erzählen vom dörflichen Leben und dem Arbeiten anno dazumal, stehen für Fragen zur Verfügung, zeigen vergessene Handwerkstechniken und bieten manchmal die Möglichkeit zum Mitmachen. Das neue Vermittlungsangebot ist Teil der aktuellen Marketingstrategie, das Zielpublikum Kinder bzw. Familien noch mehr in den Vordergrund zu stellen. Seit drei Jahren bietet das Museumsdorf auch ein Kinder-Ferienprogramm unter dem Motto „Basteln mit Naturmaterialien“ an, bei dem die Eltern oder Großeltern bequem vom Dorfwirtshaus am Dorfplatz aus die Aktivitäten ihrer Sprösslinge verfolgen können.
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Die Publikation „Mein kleines Museumsdorf“ präsentiert sich als unterhaltsamer und informativer Museumskatalog für die ganze Familie mit viel Wissenswertem, aber auch Bastelbögen und -anleitungen sowie bunten Aufklebern mit Tieren des „Lebenden Bauernhofes“. Außerdem gewährt das Museumsdorf seit 2016 Kindern und Jugendlichen bis zum 19. Geburtstag freien Eintritt, was sich auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht bewährt. Bei allen Vermittlungsaktivitäten und Marketingmaßnahmen setzt das Museumsdorf Niedersulz auf seine Alleinstellungsmerkmale „authentisches Dorfambiente“, „dörflicher Grünraum“ und das Thema historischer Lehmbau.
2. NIEDERÖSTERREICH 2.3. STIFT KLOSTERNEUBURG – VERGANGENHEIT IN DER ZUKUNFT. EIN TOURISTISCHER LEITBETRIEB IM ZEICHEN DER MODERNITÄT Gottfried Fragner
Seit über 900 Jahren ist das Stift Klosterneuburg ein Zentrum gelebten Glaubens und wichtiger Kulturgüter. Das Stift versteht sich seit der Stiftung durch den Babenberger Markgraf Leopold III., den späteren Landespatron von Österreich, als ein lebendiges Zentrum des Landes, des gelebten Glaubens und als Zentrum des Miteinanders, als ein Zentrum der Kunst und Kultur. So blickt das Stift im 21. Jahrhundert auf eine lange Sammlungstätigkeit zurück. Diese Sammlung des Stiftes konnte durch all die Wirrnisse der Geschichte erhalten werden und es ist eine Verpflichtung, diesen Schatz jedermann zugänglich zu machen. Heute bietet Klosterneuburg Spiritualität, Kunst, Kultur und Geschichte für alle. Es ist ein Zeichen der Öffnung für Österreich, Europa und die Welt.
Barrierefreiheit – eine Verpflichtung für alle Auch wenn es in einem Gebäude aus verschiedenen Epochen – die ältesten Gebäudeteile stammen aus dem 14. Jahrhundert – nicht zu erwarten wäre, wurden in den letzten 20 Jahren große Anstrengungen unternommen, um das Stift als Vorreiter auch beeinträchtigten Besuchern zugänglich zu machen. So wurde mit großem finanziellem Aufwand und in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Behindertenorganisationen ein Konzept entwickelt und umgesetzt, um nicht nur Besuchern mit Gehbehinderung, sondern auch für Blinde und Gehörlose ein Erlebnis der besonderen Art bieten zu können. Dadurch ist das Stift Klosterneuburg mit allen Sinnen erlebbar: Die weiten Raumdimensionen des Barock, die rhythmische Architektur des mittelalterlichen Kreuzgangs, das besondere Klima und der Geruch des Weinkellers. Für blinde und sehbehinderte Menschen bieten wir Tastführungen an, unter dem Motto „Geschichte und Geschichten zum Greifen nah“. Zum „Begreifen“ findet sich im ganzen Stift jede Menge: Die Gäste können glatten Marmor und gemeißelten Sandstein,
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Bild 32 links: Außenansicht des Stifts Klosterneuburg Bild 33 rechts: Besucher vor einer Kasel
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kunstvolle Holzschnitzereien und Schmiedeeisenarbeiten sowie ornamentale Glasfenster mit bloßer Hand berühren und spüren. Ein transportables Architekturmodell im Maßstab 1:500 lässt die Stiftsanlage dreidimensional begreifen. Zur Nachbereitung erhält jeder Führungsgast eine Mappe: Das zusammen mit einem blinden Experten ausgearbeitete Set umfasst einen Orientierungsplan der Stiftsanlage und eine Abbildung des Österreichischen Erzherzogshuts in Form eines Tastdiagramms, eine Planlegende sowie einen Abriss der Stiftsgeschichte. Alle Texte sind in Schwarzschrift-Großdruck und in Brailleschrift eingesetzt. So wird die Orientierung unterstützt und zur Nachbereitung des Kulturausflugs zu Hause angeregt. Der „Materialitätensekretär“ ist eine interaktive Erlebnisstation für Kinder und Erwachsene, der sich im Gang zur Schatzkammer befindet. Die Hands-on-Station dient als praktische Vertiefungsebene zu den kostbaren Artefakten in der Schatzkammer. Die Gestaltung vom Designbüro Toledo i Dertschei macht neugierig, unterschiedliche Materialqualitäten zu erspüren. Beschriftungen in Braille erweitern dieses Vermittlungstool und machen es für einen möglichst großen Besucherkreis zugänglich. Dieser inklusive Ansatz ist für uns wesentlich. Die Schatzkammer selbst kann mittels eines für blinde Menschen entwickelten Audioguide-Textes erforscht werden, dessen
präzise Beschreibung der Räumlichkeiten und Kunstwerke ein Bild in der Vorstellung entstehen lässt. Unser Audioguide ermöglicht dem Benutzer, selbstständig zwischen verschiedenen Spuren zu wechseln und etwa auch den Kindertext zu einem Objekt zu hören. Für gehörlose Menschen bietet der Multimediaguide eine Videospur in österreichischer Gebärdensprache für die Sakrale Tour, die Habsburger Tour und für die Schatzkammer. Selbstverständlich sind mittlerweile Führungen für gehbehinderte Menschen sowie Rollstuhlgruppen. Auch Individualgäste im Rollstuhl werden bei den stündlich angebotenen Führungen betreut. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es möglich, sinnvoll und sehr wichtig ist, ein Museum des 21. Jahrhunderts allen interessierten Menschen zugänglich zu machen.
Stift Klosterneuburg vor den Toren Wiens – eine Chance? Oder doch nicht? Auf Grund der besonderen Lage des Stiftes an der Landesgrenze zu Wien entsteht natürlich auch eine besondere Beziehung zur Bundeshauptstadt. Das Stift Klosterneuburg versteht sich in erster Linie als niederösterreichische Institution, von vielen wird es als niederösterreichisches Landesheiligtum gesehen. Schon allein deshalb, weil der Landesheilige Leopold hier seine letzte Ruhe gefunden hat und das Stift der Hüter der Landeskrone – des Erzherzoghutes – ist, besteht eine tiefe Bindung zwischen unserem Haus und dem Land Niederösterreich. Die Lage stellt aber auch eine spezielle Herausforderung dar, was sich in der Zugehörigkeit zu verschiedenen Tourismusorganisationen widerspiegelt. So gehört das Stift dem Wienerwald Tourismus, Donau Niederösterreich und Wien Tourismus an. Das bringt ganz besondere Herausforderungen, aber auch Chancen im Tourismus mit sich. So beziehen sich die niederösterreichischen Tourismusorganisationen vor allem auf den heimischen und auf den Tourismus der Nachbarländer, Wien Tourismus hat jedoch auch einen weltweiten Fokus. Auf Grund der Nähe zu Wien wird das Stift mehr als andere Stifte und Klöster in Österreich mit den hochkarätigen Museen der Bundeshauptstadt verglichen. Dadurch entstehen Chancen, mit diesen zu kooperieren genauso wie das Risiko, mit ihnen in Konkurrenz treten zu müssen. Mit großen Bundesmuseen und deren Budgets verglichen zu werden kann für einen verhältnismäßig kleineren Betrieb zur
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Gefahr werden. So ist es das besondere Anliegen der Jahresausstellungen des Stiftes, nicht in Konkurrenz zu treten, sondern eine Bereicherung zum Angebot der Museumslandschaft Wiens zu sein und eine Nische zu finden, die in großen Museumsbetrieben nicht bedient werden kann. Jahresausstellungen im Stift Klosterneuburg sind immer auch Ausstellungen, die vor allem mit dem Stift und seiner Geschichte, aber auch mit der Geschichte des Landes Niederösterreichs und folglich mit der Geschichte Österreichs in Verbindung stehen. Das beste Beispiel ist die Jahresausstellung 2017: Zum 300. Geburtstag der Herrscherin Maria Theresia wird eine Ausstellung mit dem Titel „Kirche, Kloster, Kaiserin – Maria Theresia und das sakrale Österreich“gezeigt. Die Zusammenarbeit mit verschiedensten Institutionen ist besonders bei Ausstellungen dieser Größe und Bedeutung essentiell. So konnten vor allem mit der Schönbrunn GmbH bezüglich der Themen in den Ausstellungen Absprachen getroffen werden. Auch im Marketing werden gemeinsame Auftritte mit dem größten touristischen Anbieter am nationalen und internationalen Markt getroffen, gemeinsame Verkaufsreisen runden das Bild ab. 232
Miteinander zu arbeiten anstatt zu konkurrieren, lautet die Devise. Ein gemeinsames Angebot an interessierte Besucher im Speziellen für die Ausstellungsorte in Niederösterreich – Schloss Hof, Schloss Niederweiden und Stift Klosterneuburg – wurde am Markt angeboten. Erstmals werden in Deutschland diese wichtigen touristischen Häuser Niederösterreichs gemeinsam angeboten und es wird auch angenommen. Die Nähe zu Wien ist also eine Chance, die genutzt werden will. Eine weitere Besonderheit der Zusammenarbeit mit Wien besteht seit 2014. 2014 wurde von Vienna Sightseeing die „Green Line“ eingerichtet – eine Hop-on-Hop-off-Linie von der Innenstadt Wiens über den Kahlenberg, Leopoldsberg ins Stift Klosterneuburg. Diese Kooperation sehen wir als eine der wichtigsten der letzten Jahre. Vor allem seit das Produkt „Vienna Pass“ auf den Markt kam, ist dies ein wichtiger touristischer Motor des Stiftes, um Touristen den Besuch im Stift möglichst einfach zu gestalten. Eine Verdoppelung der „Vienna-Pass-Kunden“ von 2015 auf 2016 gibt dem Projekt Recht – ein Erfolgsprojekt der Zusammenarbeit mit Wien und seinem touristischen Angebot.
Touristische Kooperationen – mehr als nur Marketing? Seit 2014 wurde von Seiten des Stiftes mit den verschiedensten touristischen Partnern an Programmen gearbeitet, welche es Reisebüros erleichtern sollen, das Stift zu besuchen. Auch wenn auf Grund der Vielseitigkeit des Angebotes unser Stift für einen Ganztagesausflug prädestiniert wäre, so sind die meisten Gruppenreisenden daran interessiert, an einem Tag mehrere Ausflugsziele zu erleben. So wurden Pakete mit Kollegen anderer Ausflugsziele erarbeitet, die es den Kunden der Reisebüros weltweit erleichtern sollen, das Stift in die Kataloge zu bringen. Die Vielzahl an touristischen Angeboten im Umkreis des Stiftes erlaubt es, eine größere Anzahl solcher Packages an solchen Angeboten zu erstellen. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus den anderen Betrieben ist eine besonders freundschaftlich geprägte, ein Miteinander, keinesfalls ein von Konkurrenz geprägtes Gegeneinander. So wurden Pakete geschnürt mit großen Mitbewerbern wie Schloss Hof, dem Donauturm Wien, der Kunstmeile Krems oder auch der Weinerlebniswelt Loisium, jedoch auch mit kleineren Anbietern, die das Angebot des Stiftes beträchtlich erweitern, wie Augarten Porzellan oder auch dem Schloss Artstetten. Zum Teil gut angenommen, zum Teil vorrangig als gegenseitige Marketingzusammenarbeit zu sehen, erweitert dieser Bereich das touristische Angebot des Stiftes Klosterneuburg beträchtlich. Durch die unterschiedlichen touristischen Kontakte der Kollegen kann so das Stift in Bereichen aufscheinen, in welchen es sonst nicht vertreten wäre.
Tourismus im Zeichen des Internet – funktioniert Tourismus im 21. Jahrhundert? Die Veränderungen der letzten Jahre und das immer schneller werdende Arbeiten im Zeichen der modernen Medien haben auch das Stift Klosterneuburg erreicht. So wurde eine neue Website erarbeitet und auf den Markt gebracht – natürlich in Deutsch und Englisch – und diese wird nun noch in weiteren zwölf Sprachen ausgebaut. Essentiell ist der Auftritt nach außen, jeder Markt der touristisch bearbeitet wird, muss sich auch sprachlich auf der Website wiederfinden. Das Social-Media-Angebot wurde ausgebaut – Facebook, Instagram, Twitter und Youtube sollten heutzutage für jeden touristischen Betrieb eine Selbstverständlichkeit sein. Jedoch ist dies auch mit entsprechendem perso-
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nellem Aufwand verbunden. Eine Balance zwischen „Vertreten-Sein“ und „überzogen“ muss gefunden werden. Eine spezielle Aufgabe für ein Stift, welches sich vor allem als Zentrum des Glaubens und der Seelsorge sieht, muss es auch sein, diese modernen Medien zu nutzen, um die Kernaussagen des Hauses nach außen an interessierte Menschen zu bringen. Jedoch – reicht es heutzutage, Kunden im touristischen Markt mit den modernen Medien zu betreuen, Newsletter zu schreiben, touristisches Programm vom Büro aus zu veröffentlichen? „Das persönliche Gespräch ist das essentiell Wichtige, das Wesentliche in der Seelsorge und damit auch mit den Menschen, die wir erreichen wollen.“ Dieser Leitsatz von Hwst. Abtprimas Propst Bernhard Backovsky gilt auch für die touristische Arbeit des Stiftes Klosterneuburg. So wird seit dem Jahr 2014 die touristische Arbeit des Stiftes vor allem durch persönliche Gespräche mit Kunden geprägt.
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Das Stift Klosterneuburg ist seither in Europa, seit 2016 in Asien und ab 2017 auch in den USA vertreten durch Verkaufsreisen, Workshops und touristische Messen. Wir sind der Überzeugung, dass dies auch in Zeiten der modernen Kommunikation der beste Weg ist, um im Dickicht der überbordenden Newsletter, Social Media und anderer moderner Medien zu überleben. Um neue Kunden zu erreichen ist das persönliche Gespräch mit den Geschäftsführern und den Bearbeitern der Reisebüros, der Incomer der einzige Weg, um wirksam auf sich aufmerksam zu machen. Die Zeit der Inserate in Fachzeitschriften hat sich überholt. Die Zeit der Newsletter ist auf Grund der Masse vergangen. In den Gesprächen der letzten Jahre wurde immer wieder betont, dass vor allem in den großen Unternehmen bis zu 200 Newsletter täglich einlangen. Wie soll diese Flut an Information noch bewältigt werden? So werden jedes Jahr um die 800 bis 900 persönliche Kontakte gesucht und zwar auf verschiedenen Kontinenten.
Die Suche nach Neukunden wird dabei genauso wichtig gesehen wie die Betreuung der bestehenden und der „Stammkunden“, die seit Jahren dem Stift die Treue halten. Es ist uns durchaus bewusst, dass diese Art der touristischen Bearbeitung Mitarbeiter bedarf, die viele Wochen des Jahres auf Reisen sind, ebenso wie dies einen entsprechend hohen finanziellen Aufwand bedeutet. Jedoch zeigt die Erfahrung, dass diese Art der Betreuung von den Kunden sehr positiv aufgenommen wird. Mit wichtigen Partnern – wie Schloss Hof und der Weinerlebniswelt Loisium – unser Angebot von Niederösterreich in die Welt zu tragen, ist unser großes Anliegen. Natürlich wäre es ohne touristische Partner bei der Organisation – wie Busreisen CC, Wien Tourismus oder auch der Österreich Werbung – nicht möglich, die Länder persönlich zu bearbeiten. Aber es gibt diese Strukturen in Österreich und wir als Touristiker sollten sie dringendst nutzen.
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3. SALZBURG 3.1. DENKMALHOF RAUCHHAUS MÜHLGRUB MUSEUM UND VERANSTALTUNGSORT IN DER FUSCHLSEEREGION Christiane Knoll
Das Rauchhaus Mühlgrub liegt abgelegen auf einem Höhenrücken zwischen Hof bei Salzburg und Thalgau. Es wurde 1461 im Lehensprotokoll des Erzbischofs Burkhard von Weißbriach als Ritterlehen „Mulgrub“ erstmals erwähnt und eine dendrochronologische Altersbestimmung ergab, dass das Rauchhaus Mühlgrub um 1560 errichtet wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten immer wieder die Besitzer. 1884 gelangte das Haus durch Kauf in den Besitz der Familie Schöndorfer. 1968 erwarb schließlich der Salzburger Museumsverein das Rauchhaus von der Familie Schöndorfer, um es als Denkmalhof der Nachwelt zu erhalten. Nach einigen Renovierungs- und Umbaumaßnahmen wurde es 1971 als Museum eröffnet. Zu den bestehenden bäuerlichen Gerätschaften wurden in der Vorbereitungszeit noch weitere alte Arbeits- und Fahrgeräte aus der Umgebung erworben und im Haus ausgestellt. Die jährlichen Besucherzahlen stiegen bis 1980 auf über 3.000 an, darunter befanden sich etwa ein Viertel Schüler. Der große Vorteil dabei war, dass die Besichtigung während des ganzen Jahres an allen Wochentagen möglich gewesen ist, da die Geschwister Maria und Florian Schöndorfer noch bis 1983 im Haus wohnten und jederzeit Besucher durchs Haus führten: ein „lebendiges“ Museum! 1983 übersiedelten die Geschwister auf Grund ihres hohen Alters allerdings ins Seniorenheim Thalgau, im Sommer 1984 betreute Frau Ebner, geborene Schöndorfer, dankenswerterweise das Rauchhaus und führte die Gäste durchs Haus. Als nach der Übersiedlung der Geschwister Maria und Florian Schöndorfer in das Seniorenheim die Besuchszeiten ganz entscheidend eingeschränkt werden mussten, der offene Herd erloschen und das „Ruckhaus“ jetzt zum „unbelebten“ Museum geworden war, gingen die Besucherzahlen entscheidend zurück.
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Bild 34 links: Rauchhaus Mühlgrub Abb. 22: „Via Culinaria 4 Kids“
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Im Zuge der Suche nach einer Lösung dieser wenig zufriedenstellenden Lage wurde die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hof bei Salzburg verstärkt. So übernahm ab 1985 die Gemeinde Hof die Hälfte der anfallenden Kosten, die durch die sinkenden Eintrittsgelder nicht mehr gedeckt werden konnten. Es war auch jene Zeit, in der der Tourismusverband begonnen hat, passende Abendveranstaltungen zu organisieren, um Gästen und Einheimischen gleichermaßen das Rauchhaus mehr ins Bewusstsein zu rücken. Um den Erhalt des Rauchhauses sicherzustellen, veranlasste der Museumsverein, dass das Gebäude und der Grund als Ganzes unter Denkmalschutz gestellt wurden. Im Jahre 1988 pachtete die Gemeinde Hof bei Salzburg schließlich das Rauchhaus auf 99 Jahre vom Salzburger Museumsverein, da der allgemeine Wunsch vorhanden war, dieses Kulturgut auch weiterhin für die Allgemeinheit zugänglich zu halten.
Museum und Veranstaltungsort Nunmehr wurden Rauchhausabende in der Stube veranstaltet, die maximal 40 Personen fasst. Bei diesen Veranstaltungen, die regen Anklang fanden, gab es Kasnock‘n vom offenen Feuer und Musik. Deshalb wurden 1996 Wasser und Strom ins Haus eingeleitet, um bessere Rahmenbedingungen für derartige Veranstaltungen zu schaffen.
2006 kaufte die Gemeinde Hof bei Salzburg vor Ablauf der Pacht das Rauchhaus dem Museumsverein ab. Die Vermarktung des Hauses blieb aber in der Hand des örtlichen Tourismusverbandes. Im Zuge der Dachrenovierung 2009 wurde der Heuboden als Veranstaltungsraum inklusive sanitärer Anlagen adaptiert. Nunmehr ist es möglich, Veranstaltungen für bis zu 100 Personen im Rauchhaus abzuhalten. Bis dato mussten noch alle Gäste aufs Plumpsklo vor dem Haus gehen. Nicht nur in die Infrastruktur für Veranstaltungen wurde investiert. Im Mai 2014 wurde die Dauerausstellung „Alltagsleben im Rauchhaus – ohne Strom durchs 20. Jahrhundert“ eröffnet. Diese Ausstellung ist von Juni bis September immer am Freitag von 14.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. Sonderführungen ab zehn Personen sind jederzeit möglich. Das Rauchhaus Mühlgrub ist gleichzeitig Museum und Veranstaltungsort, was für den musealen Betrieb eine Herausforderung darstellt. Jedoch wirken sich die Veranstaltungen sehr positiv auf die Besucherzahlen im etwas abgeschieden gelegenen Museum aus.
Bunter Reigen an Eigenveranstaltungen Wie bereits erwähnt, sind Veranstaltungen ein wichtiges Instrument, Besucher ins Rauchhaus zu „locken“ bzw. auch Einnahmen zu lukrieren. Durch den Umbau des Heubodens und den Einbau einer Küche vollzog sich auch ein Wandel bei den Veranstaltungen. Bewährte Veranstaltungen wie der „Advent im Rauchhaus“ wurden fortgeführt und sie finden heute noch regen Anklang. Bereits seit den 1980er Jahren wird es jeweils am Freitag und Samstag des dritten Adventwochenendes in der Stube bei Kerzenlicht besinnlich. Weihnachtliche Lieder und Texte stimmen die jeweils rund 40 Besucher auf Weihnachten ein. Dank der Kooperation „Advent der Dörfer“ in der Fuschlseeregion ist die Bewerbung überregional möglich und dementsprechend hat sich auch das Einzugsgebiet unserer Gäste ausgedehnt. Allerdings kamen neue Veranstaltungsformate dazu. So steht das zweite Wochenende im Juni rund um den Vatertag ganz im Zeichen von „Kunst*Kultur*Kulinarik“. Dabei handelt es sich um eine Drei-Tages-Veranstaltung. Der Freitagabend ist der Kunst gewidmet. Hofer Künstlern steht das Rauchhaus offen, um hier ihre Kunstwerke zu präsentieren. Am Samstag besteht tagsüber die Möglichkeit, seiner eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen und sich selbst künstlerisch
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zu betätigen. Der Abend steht im Zeichen der Kulinarik und / oder des Theaters. Am Vatertag wird es schließlich jazzig, wenn die Hofer Bäuerinnen zum Vatertags-Frühschoppen einladen. Nach sieben Jahren ist dieses Veranstaltungswochenende zu einem Fixpunkt für Einheimische und Gäste geworden. Besonders der Vatertags-Frühschoppen findet regen Anklang. Kooperationspartner ist dabei das Bildungswerk Salzburg, das die Kosten für Folder und Plakate übernimmt. An diesem Wochenende besuchen ca. 150 Gäste das Rauchhaus. Nachdem der Vatertags-Frühschoppen immer mehr Besucher ins Rauchhaus lockte, entschloss sich der Tourismusverband Hof bei Salzburg weitere Musikveranstaltungen zu organisieren. Im Sommer 2016 wurden zwei Jazzabende und eine Vollmondmärchenlesung veranstaltet. Alle drei Abende waren ausverkauft. Neben der Bewerbung im Ort und durch die ausführenden Künstler selbst, ist der Erfolg auch auf die Medienkooperation mit den Salzburger Nachrichten (SN) zurückzuführen. Die Veranstaltungen wurden in der Samstagausgabe im Rahmen der SN-Card beworben, SN-Card Besitzer bekamen die Karten um 20 Prozent vergünstigt. Diesen Service nutzte etwa die Hälfte der Veranstaltungsbesucher. Die Bewerbung erfolgte somit überregional. 240
Erfolgreiche Gastveranstaltungen Im Zuge der Umbautätigkeiten wurde auch eine moderne Küche installiert. Dahinter stand das Konzept, auch Kochworkshops für maximal 15 Personen zu veranstalten. Diese Organisation konnte personell vom Tourismusverband jedoch nicht mehr abgedeckt werden. Es ergab sich allerdings, dass seit dem Jahr 2014 Regina Jungmayr von März bis November Kochworkshops unter dem Titel „Wilde Weiber Küche“ veranstaltet. Ziel ist es, den Teilnehmern das Gespür für die Naturküche näher zu bringen, d. h. saisonale und regionale Lebensmittel zu verwenden. Frau Jungmayr organisiert diese Workshops in Eigenregie und sie finden mittlerweile regen Anklang. Örtliche Vereine können jederzeit nach Absprache mit dem Tourismusverband das Rauchhaus kostenlos nutzen. In den letzten Jahren veranstalteten hier etwa die „Gesunde Gemeinde“ oder das Bildungswerk Vorträge z. B. über Naturheilkunde. Dagegen tritt die Vermietung der Räumlichkeiten zunehmend in den Hintergrund, da die Rahmenbedingungen mit der Auflage, dass um 23.00 Uhr Sperrstunde ist, viele Veranstaltungen wie Hochzeiten und Geburtstage ausschließen.
Verschiedene Kooperationen Nachdem, wie bereits erwähnt, die Vermarktung des Rauchhauses dem örtlichen Tourismusverband obliegt, ergeben sich daraus ideale Marketingkooperationen. Hof bei Salzburg ist der Fuschlseeregion angeschlossen und diese wiederum dem Salzkammergut sowie der Salzburgerland TourismusGmbH. So wurde im Zuge eines Workshops mit der Salzburgerland TourismusGmbH die „Via Culinaria 4 Kids“ in der Fuschlseeregion entwickelt. Das bestehende Familienprogramm in der Region wurde neu „verpackt“ und adaptiert. In Hof bei Salzburg bot sich als idealer Ort für das Programm das Rauchhaus Mühlgrub an. So entstand die Geschichte vom kleinen Kuhnibert, der die Kinder auf seiner Reise auch ins Rauchhaus Mühlgrub führt – zum Pofesenmachen! Die Besucher werden nicht nur im Haus bzw. in der Ausstellung in eine andere Zeit versetzt, sie erleben quasi authentisch, wie aufwendig es war, ohne Strom und Wasser Speisen zuzubereiten. Zum Abschluss folgt der kulinarische Genuss, wenn die selbstgemachten Pofesen verkostet werden. Ein weiterer Werbeträger ist die Salzkammergut Card. Gäste, welche länger als drei Nächte in der Fuschlseeregion übernachten, erhalten die Karte gratis. Im Jahr 2016 wurden 9.400 Karten in der Fuschlseeregion ausgegeben. Der Eintrag in den entsprechenden Werbematerialien ist kostenlos, der Museumsbesuch ist für die Kartenbesitzer um 30 Prozent ermäßigt – leider nutzen aber nur sehr wenige diesen Service. Nachdem die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in der Sommersaison nur mehr 3,5 Tage beträgt und insgesamt 120 Attraktionen, darunter z. B. die Wolfgangseeschifffahrt oder die Schafbergbahn, ermäßigt besichtigt werden können, werden wohl eher diese Hauptattraktionen genutzt anstatt das Rauchhaus zu besuchen. Das Salzkammergut erstreckt sich – im touristischen Kontext betrachtet – über drei Bundesländer: Salzburg, Oberösterreich und Steiermark. Somit ergibt sich auch eine entsprechende Werbemöglichkeit in Oberösterreich. So ist das Rauchhaus im Mitarbeiterheft für die oberösterreichischen Touristiker eingetragen. Dieses Heft erhalten alle Touristiker in Oberösterreich und im Salzkammergut. Außerdem besteht die Möglichkeit, bei entsprechenden Mailings Flyer beizugeben. Die Mitgliedschaft beim Salzburger Museumsverein ermöglicht wiederum eine Bewerbung des Rauchhauses auf dessen Homepage sowie im entsprechenden Museumsführer.
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Verschiedene Marketingmaßnahmen
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Das verspielte Logo wurde durch ein schlichtes ersetzt, mit dem Hinweis, dass es sich beim Rauchhaus nicht nur um ein Museum handelt, sondern auch um eine Stätte für Veranstaltungen und Kunst. Zudem wurden die Flyer und Plakate neu produziert. Auch neue Medien sind zu beachten. Derzeit wird das Rauchhaus Mühlgrub auf der Homepage der Fuschlseeregion bzw. auf jener der Gemeinde Hof bei Salzburg beworben. Eine weitere digitale Bewerbung erfolgt über die Facebook-Seite des Rauchhauses. Wichtig ist die regelmäßige Imagepflege vor allem zu Saisonbeginn bei entscheidenden Multiplikatoren wie Mitarbeitern in den Hotels, Informationsbüros, Gastgebern bzw. Vermietern in der Region sowie bei den Austria Guides, um das Rauchhaus immer wieder in Erinnerung zu rufen. Dies ist eine wichtige Maßnahme unter dem Motto: Nur was ich kenne, kann ich auch gut bewerben und weiterempfehlen. Für diese Personengruppen werden eigene Informationsnachmittage mit Führung angeboten. Ein wichtiger Multiplikator ist auch eine gute Pressearbeit. Es genügt nicht, nur Medieninformationen zu versenden, hier zählt der persönliche Kontakt. Dank der Einzigartigkeit des Rauchhauses ist die mediale Präsenz in der Lokalpresse aber durchaus zufriedenstellend. Im Rauchhaus Mühlgrub wird man ins vorige Jahrhundert zurückversetzt. In unserer Zeit, die von der Virtualität bestimmt ist, wird es immer wichtiger, dieses Juwel für die Nachkommen zu erhalten, zu pflegen und zu hegen. Es ist zum Glück im Interesse der Gemeinde und des Tourismusverbandes Hof bei Salzburg, die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass das Haus auch in Zukunft Interessierten offensteht. Veranstaltungen und der gute Kontakt zur Presse sind dabei wichtige Werkzeuge, damit das Rauchhaus nicht in Vergessenheit gerät!
3. SALZBURG 3.2. „STILLE NACHT, HEILIGE NACHT!“ Carola Marie Schmidt
Im Jahr 2018 sind es zweihundert Jahre, dass „Stille Nacht, Heilige Nacht!“ erstmals in Oberndorf erklang. Die Stille-Nacht-Gemeinden bereiten sich intensiv auf das Jubiläumsjahr vor und werden zahlreiche und vielfältige Impulse setzen. Das bedeutet aber auch, dass es viele Protagonisten mit unterschiedlichen Ansprüchen und eine ebenso differenziert gestaltete Zielgruppe gibt. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die handelnden Personen – vereinfacht gesagt – aus Museen, aus dem Tourismus und der Wissenschaft kommen. Schon daraus wird deutlich, dass sich in der Folge auch unterschiedliche Ziele und Auffassungen von „Stille Nacht“ ergeben. Zur Veranschaulichung sei das Wort „Gast“ verwendet: für den Touristiker meist eine Person von auswärts, die eventuell im örtlichen Hotel übernachtet, für den Museumsmenschen ein Besucher seines Hauses, der durchaus ein Einheimischer sein kann. Als Basis für jede Zusammenarbeit ist also zunächst zu klären, wovon und worüber der jeweilige Gesprächspartner spricht. Gerade beim Punkt des Worüber greift nun die wissenschaftliche Betrachtung des Liedes ein, denn schnell erweist sich, dass in fast jedem Ort und in sehr vielen Publikationen höchst unreflektierte Erzählungen über die damalige Zeit tradiert werden. Neben einzelnen Wissenschaftlern ist es vor allem die Stille-Nacht-Gesellschaft, die sich um einen korrekten Umgang mit dem Lied bemüht. Ihr Ziel hat der Präsident der Gesellschaft, Michael Neureiter, einmal so zusammengefasst: „Wir wollen das Lied, seine Herkunft und seine Botschaft in den Herzen und in den Köpfen der Einheimischen und der Besucherinnen und Besucher aus aller Welt zum Klingen bringen.“
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Solche und ähnliche Statements stehen sinnbildlich dafür, dass das Thema „Stille Nacht“ mehrere Ebenen hat: Das Lied als musikalisches Werk ist Materie der Musikwissenschaft, seine Herkunft jedoch ein historisches Thema, während die enthaltene Botschaft die religiöse Ebene darstellt. In diesem „Schmelztiegel“ der Wissenschaft ist es besonders wichtig, einen möglichst hohen und breit gefächerten Wissensstand rund um das Lied bei allen beteiligten Personengruppen (Museumsfachleuten, Touristikern, Wissenschaftlern) zu erzielen. Es reicht im 21. Jahrhundert nicht mehr aus, nur den jeweils eigenen Zugang zum Thema zu kennen, jeder muss über sein Kerngebiet hinausblicken und auch in den anderen Bereichen befähigt sein, mitzudenken.
Vermitteln – aber was und wie?
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Aus dieser Erkenntnis heraus hat sich ein bewusst sehr klein gehaltenes Organisationsteam gebildet, das das Projekt „Stille Nacht vermitteln“ entwickelt hat. Dieser Basiskurs wurde als grenzüberschreitende Weiterbildungsinitiative für Multiplikatoren unter dem Projektcode „INTERREG V-A Österreich-Bayern 2015–2020, Sbg-141“ durch die zuständige Stelle gefördert. In einem ersten Durchgang wurden 24 Personen aus der Stille-Nacht-Region (Salzburger Land, Oberösterreich, Bayern und Tirol) an vier Tagen geschult. Themen waren dabei die Autoren des Liedes und seine Entstehung, sein Umfeld, seine Verbreitung und Rezeption und nicht zuletzt die Vermittlung bei Führungen im Museum. Bei der Organisation musste besonderes Augenmerk auf die Wahl der Kursorte gelegt werden; jeder Kurstag fand in einer anderen Stille-Nacht-Gemeinde statt, da das unmittelbare Erleben der einzelnen Erinnungsorte unverzichtbar war und ist. Nach anfänglichen Widerständen wegen der Anreisezeiten wurde die Erfahrung letztlich von allen Teilnehmern als extrem wichtig bewertet. Ähnlich verhielt es sich mit der von Anfang an klar kommunizierten Mindestanwesenheit von 75 Prozent zur Erreichung des Zertifikates. Die Kursunterlagen wurden den Teilnehmern übermittelt und umfassten die Texte und Präsentationen der Fachreferenten ebenso wie die Referate der Teilnehmer, aber auch Medienberichte und Bildmaterial.
Beim ersten Durchgang waren vor allem Personen aus dem Museumsbereich vertreten, was offenbar darauf zurückzuführen ist, dass die Planung einer Ausstellung mehr Vorlaufzeit benötigt als die darauffolgende Vermarktung des entstandenen „Produkts“. Für den zweiten Durchgang zeichnet sich eine vermehrte Teilnahme von Touristikern ab, doch bleibt festzuhalten, dass das Produkt für die „breite Masse“ im Jahr 2018 von den Museen geliefert und von den Touristikern nur vermarktet wird.
Das Produkt: Konzept? Dauerausstellung? Sonderausstellung? Parallel zur Weiterbildung „Stille Nacht vermitteln“ wurde auch eine Vernetzung der Museen vollzogen. Bei den Treffen der Museumsfachleute hat sich gezeigt, dass eine Koordination der Schwerpunktsetzung der einzelnen Häuser für die Museumslandschaft von Salzburg, Oberösterreich und Tirol sehr wichtig ist. Trotz anfänglicher Skepsis hat der Austausch der Museumskonzepte untereinander zu einem positiven Klima beigetragen und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen wurde schnell klar, dass jedes Haus seinen eigenen Schwerpunkt erarbeitet, der befürchtete „Einheitsbrei Stille Nacht“ also nicht auftreten wird. Zum anderen betreffen konzeptive Probleme im Zusammenhang mit der Frage „(Wie) Sollen wir Stille Nacht spielen?“ alle Häuser gleichermaßen. Zudem besitzen manche Museen nur eine begrenzte Anzahl von Objekten, was bei immateriellen Kulturgütern ohnehin häufiger vorkommt als im „klassischen“ Kunstmuseum. Die reduzierte Zahl der Objekte und die fehlenden Räumlichkeiten haben auch dazu geführt, dass manchmal von „Gedenkstätten“ gesprochen wird, wobei sich dieser Terminus wegen seiner sehr unterschiedlichen emotionalen Bewertung als wenig praktikabel erwiesen hat. Neben der inhaltlichen Schwerpunktfindung war es wesentlich, abzuklären, welche der Museen an einer Sonder- und welche an einer Dauerausstellung arbeiten. Besonders die Letztgenannten waren oder sind zumeist gezwungen, die entsprechenden Räumlichkeiten erst zu schaffen. Bei den baulichen Maßnahmen hat sich neben der jeweiligen Gemeinde auch das zugehörige Bundesland in unterschiedlicher Höhe an den Kosten beteiligt. Manche der Gebäude wurden
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auch aus Mitteln der Europäischen Union und / oder des Bundesdenkmalamtes gefördert. Aus der unterschiedlichen Größe der Bauvorhaben folgt als Konsequenz aber auch eine unterschiedliche öffentliche Wahrnehmung des „Startzeitpunkts“ der Vorbereitung auf das Jahr 2018. Bedauerlicherweise wurde ein früher Baubeginn nicht selten als „Alleingang“ des jeweiligen Ortes interpretiert; rückblickend wäre eine umfassendere Kommunikation über die hausinterne und örtliche Struktur hinaus wohl zielführender gewesen.
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Neben dem finanziellen Faktor bei Baumaßnahmen bedingt auch die unterschiedliche Größe und Struktur der Museen erhebliche Unterschiede. So hat das größte der für 2018 eine Sonderausstellung planende Museum – das Salzburg Museum – eine völlig andere Struktur als die kleinen Regionalmuseen. Aber auch das zum Keltenmuseum gehörige Stille-Nacht-Museum Hallein, welches seit 1. Dezember 2012 im Rahmen eines Betriebsführungs- und Kooperationsvertrages mit der Salzburg Museum GmbH zusammenarbeitet, verfügt über ganz andere Ressourcen. Diese strukturellen Unterschiede machen natürlich auch den Faktor Geld zum Diskussionsthema. Es hat sich gezeigt, dass das Benennen von Zahlen – seien es Baukosten, Investitionskosten, aber vor allem Subventionsbeträge – von großer Wichtigkeit für das interne Gesprächsklima ist, zumal die meisten Zahlen ja ohnehin letztlich in den (Jahres-) Abrechnungen von Bund, Land und Gemeinde etc. aufscheinen werden. Dass Verhandlungen um Geld in Österreich stets langwierige Diskussionen auf den unterschiedlichsten politischen Ebenen auslösen, ist bekannt. Was in den sich hinziehenden Entscheidungsphasen allerdings häufig nicht bedacht und berücksichtigt wird, ist, dass gerade Strukturen, die auf ehrenamtliche Mitarbeiter angewiesen sind, längere „Wartezeiten“ schwerer überbrücken können als traditionelle Arbeitswelten. Weiters können Ehrenamtliche auch nicht zu Überstunden angehalten werden oder die Arbeitszeiten im Bedarfsfalle ausgedehnt werden. Als Konsequenz sind jetzt auch jene Institutionen, die das Geld für einen Aus- und Umbau aufbringen können, gefordert, zudem bezahlte ordentliche Dienstverhältnisse zu organisieren und zu finanzieren. Anders als im Weiterbildungsbereich zeigt sich bei den Museen, dass eine umfassendere Koordination für alle Bundesländer schon auf Grund der politischen Verwaltungsgrenzen problematisch ist. Zwar befinden sich die meisten der
Stille-Nacht-Gemeinden im Bundesland Salzburg, aber selbst hier ist es bislang noch nicht gelungen, eine zentrale Koordinationsstelle zu installieren. Ob dies am fehlenden politischen Willen oder an mangelnden finanziellen Ressourcen liegt, konnte noch nicht eruiert werden. Als positiver Nebeneffekt des großen Ziels „Stille-Nacht-Land“ zeigt sich, dass es in diesem Kontext bei manchen Regionalmuseen zu erhöhter Archivierungsund Inventarisierungstätigkeit bei den Sammlungsbeständen gekommen ist. Die EDV-Inventarisierung mit dem Programm OPAL/32/MV in den Salzburger Regionalmuseen ist ein Projekt des „Referats Salzburger Volkskultur und Erhaltung des kulturellen Erbes“ in Kooperation mit dem Forum Salzburger Volkskultur und dem Landesverband Salzburger Museen und Sammlungen.
Touristische Vermarktung – aber wie und durch wen? Bereits vor einigen Jahren hat sich abgezeichnet, dass das touristische Potenzial von „Stille Nacht“ noch längst nicht vollständig genutzt wird. Immerhin wird das Lied jedes Jahr von rund zwei Milliarden Menschen gesungen, und sowohl Melodie als auch Text sind im Salzburger Land entstanden – es sollte also möglich sein, „Stille Nacht“ neben Mozart und „The Sound of Music“ zu einem Bestandteil der Marke „Salzburg“ zu machen. Dafür allerdings ist es erforderlich, sowohl die Museumslandschaft Salzburg als auch die Veranstaltungen im Hinblick auf 2018 weiterzuentwickeln und so abzustimmen, dass eine Vermarktung als „Stille-Nacht-Land“ möglich wird. Das Ziel eines einheitlichen Markendachs und einer Koordinierungsstelle ist bis zum Herbst 2016 noch nicht implementiert. Aber bereits 2006 kam es zum Zusammenschluss der örtlichen Touristiker in der ARGE Stille-Nacht-Land Salzburg. Gegenwärtig sind in der Arbeitsgemeinschaft die Tourismusverbände von Arnsdorf, Hintersee, Oberndorf und Mariapfarr, die Stadt Salzburg und die Stadtgemeinde Hallein Mitglieder. Letztere trat ein, nachdem der Tourismusverband Hallein im Frühjahr 2016 ausgetreten war. Der teilweise über die Medien ausgetragene interne Konflikt hat – wenn auch auf falscher Ebene – immerhin zur Steigerung des Bekanntheitsgrads des Themas beigetragen. Im Zuge dessen wurde auch das Jahresbudget der ARGE Stille Nacht von über 30.000 Euro in der Öffentlichkeit bekannt.
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Demnach zahlen die TSG Salzburg 10.000 Euro, der TVB Wagrain-Kleinarl je 6.000 Euro, die Stadtgemeinde Hallein 5.000 Euro, der TVB Mariapfarr 4.000 Euro und die TVB Lamprechtshausen Arnsdorf, Hintersee und Oberndorf je 2.500 Euro. Die (vielen) Diskussionen über das Geld jedoch zeigen, dass etliche Entscheidungen nicht an der Qualität der Projekte, sondern an den finanziellen Mitteln festgemacht werden. Da aber nach Jahren der Weiterentwicklung in fast allen Stille-Nacht-Gemeinden sowohl eine interne Gesprächsbasis zwischen Museum, Tourismusverband und Politik als auch eine externe zu Stille-Nacht-Gesellschaft, Land, Bund usw. vorhanden ist, kann man auf die Umsetzung der Projekte für 2018 gespannt sein.
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3. SALZBURG 3.3. VOM KULTURVEREIN BLAUES FENSTER BIS KARL HEINRICH WAGGERL. EINE AKTIVE MUSEUMSENTWICKLUNG IN WAGRAIN Carola Marie Schmidt
Im Jahr 1982 vermachte Frau Elisabeth Dolezal der Marktgemeinde Wagrain ihr historisches Haus, das so genannte Pflegerschlössl, in welchem schließlich 1983 das erste Heimatmuseum eingerichtet wurde. Bereits davor gab es in Wagrain den 1974 gegründeten Arbeitskreis „Kulturgüter Wagrain“, der schon 1976 zum Heimatmuseumsverein wurde. Die 1990er Jahre brachten mit der Eröffnung des Waggerl Hauses ein neues Kulturhighlight in die Region. Wie wichtig das Haus für die Kulturarbeit in Wagrain ist, sieht man daran, dass die blauen Fenster des Museums dazu führten, dass mehrere Vereine mit aktiver Kulturarbeit in einem Verein verschmolzen, zum Kulturverein Blaues Fenster. Der Kulturverein Blaues Fenster ist heute aus Wagrains Vereinsleben nicht mehr wegzudenken. Der Verein organisiert das ganze Jahr über Veranstaltungen und betreut das Waggerl Haus. Aus diesem Grund hat der Kulturverein seit Jahren eine Mitarbeiterin mit 20 Stunden angestellt. Angesichts des später noch zu behandelnden Neu- und Umbaues des Pflegerschlössls wurde die Stundenanzahl dieser Mitarbeiterin im Jahr 2016 auf 30 Stunden erhöht. Die Personalkosten werden zur Gänze von der Marktgemeinde Wagrain getragen. Das Vereinsbüro befindet sich im Gebäude des Gemeindeamts, wodurch der Verein dessen Infrastruktur wie Drucker, Kopierer, Internet etc. mitbenützen kann. Als wichtigste Aufgabe obliegt dem Blauem Fenster seit Gründung des Waggerl Hauses dessen wissenschaftliche und museale Betreuung. Das Gebäude selbst wurde erstmals 1776 als „Aignerhaus“ urkundlich erwähnt. In den 1920er Jahren bewohnten Karl Heinrich Waggerl und seine Frau zwei Dachkammern im Haus. Im Laufe der Zeit mietete das Ehepaar immer mehr Räumlichkeiten an und erwarb schließlich 1955 das Gebäude. Waggerl lebte bis zu seinem Tod 1973 in diesem Haus, in dem auch die meisten seiner Werke entstanden sind.
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Bild 35 links: Waggerl Haus Wagrain Bild 36 rechts: Musiker beim „Advent der Kulturen“
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Karl Heinrich Waggerl gehört zu den wichtigsten österreichischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts und er erhielt 1934 als erster Schriftsteller den Österreichischen Staatspreis für Literatur. Sein dichterisches Werk ist eng mit der Beschreibung seiner Heimat und mit Wagrain verbunden. Während der Ausbildung als Lehrer meldete er sich 1916 freiwillig an die Front. Nach der Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft heiratete er 1920 Edith Pitter und trat im selben Jahr eine Lehrerstelle in Wagrain an. Bereits im Jahr 1923 wurde er auf Grund seines kriegsbedingten Lungenleidens in den Ruhestand versetzt, wodurch seine Existenzgrundlage verloren ging. Wohl auch aus der Not heraus übte er sich in verschiedenen künstlerischen und kunsthandwerklichen Techniken und schrieb seine ersten Geschichten. Mit seinem Debütroman „Brot“ gelang ihm 1930 der Durchbruch. In den 1930er Jahren entstand das Kernstück seines Schaffens, wobei er sich in der NS-Zeit durchaus instrumentalisieren ließ. Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete er sich nur mehr der Prosa. Im 1994 gegründeten Museum werden neben seinem literarischen Werk – mit über 7 Millionen verkauften Büchern in 12 Sprachen – auch sein Leben und sein kunsthandwerkliches Schaffen gezeigt. Die Sammlung umfasst gut 20.000 Objekte, wozu auch eine Volkskunst-Sammlung gehört, die noch von Waggerl selber angelegt wurde. In den breitgefächerten Beständen finden sich höchst
unterschiedliche Objekte, wie rund 700 Glasnegative, Werke von Künstlern der Zinkenbacher Malerkolonie und unzählige Alltagsgegenstände. Einer der schwierigsten Aufgaben ist es, Objekte mit so unterschiedlichen Lagerbedingungen hinsichtlich Raumklima und Lichtbedingungen etc. bestmöglich zu verwahren. Die Haupträume sind so belassen, wie Waggerl sie bewohnt hat. Im ganzen Haus sind Beispiele der kunsthandwerklichen Tätigkeit Waggerls als Buchbinder, Maler, Zeichner, Fotograf und Sammler zu sehen. In Nebenräumen wurden Informationstafeln, Vitrinen und Hörstationen eingerichtet, die sich kritisch und informativ mit der Person und dem Werk Waggerls beschäftigen. Außerdem wurde ein Videofilm eingerichtet. Für Kinder gibt es eine Kinderecke zum Zeichnen und Lesen. Neben den Führungen für Erwachsene wird ein eigenes museumspädagogisches Programm für Kindergruppen angeboten. Weiters ist seit 2006 Joseph Mohr, dem Autor des Weihnachtsliedes „Stille Nacht“, ein eigener Raum gewidmet. Dieser war elf Jahre Vikar in Wagrain und liegt dort auch begraben. In Zusammenarbeit mit der Stillen-Nacht-Gesellschaft, dem SalzburgLand Tourismus und der ARGE Stille Nacht ist es vor einigen Jahren gelungen, einen mehrsprachigen Audioguide für einen Spaziergang durch den Ort zu erstellen. Das Museum ist Träger des Österreichischen Museumsgütesiegels und hat 2001 den Anerkennungspreis des Salzburger Museumsschlüssels erhalten. Im Waggerl Haus selbst ist eine Mitarbeiterin mit 14 Stunden angestellt, deren Aufgaben als „guter Geist“ im Haus zu beschreiben sind – von der Kassa über das Übernehmen von Führungen bis zum Auf- und Abbau von Objekten und zu Reinigungstätigkeiten, kurzum einfach alles. Bei so einer vielseitigen Aufgabe ist Weiterbildung sehr wichtig, diese erfolgt über Literatur, aber vor allem über das Weiterbildungsprogramm des Landesverbandes Salzburger Museen und Sammlungen.
Sonderaktivitäten Um Stammgäste und Einheimische zu wiederholten Besuchen zu motivieren, finden Sonderausstellungen statt. Bei der Sonderausstellung 2013 wurden die Uhren aus der Sammlung der Familie Dolezal gezeigt. Da sich viele Wagrainer noch an die Schenkung des Pflegerschlössls im Jahr 1982 erinnern, war die
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Neugierde auf die Sammlung selbst groß. Die Organisation dieser Sonderausstellung war in der Abwicklung leicht, da alle Objekte aus dem eigenen Depot kamen.
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Im Sommer 2014 war der Organisationsaufwand weit höher: Für „Briefe an die Lieben – Waggerl, Wagrain und der Erste Weltkrieg“ galt es, einen beachtlichen Leihverkehr abzuwickeln. Vor allem hatte man sich das Ziel gesteckt, auch in Wagrain nach erhaltenen Stücken zu suchen. Diese erfolgte mit Hilfe eines Postwurfs, mit Newsletter, Verlautbarung etc., und was man kaum zu erhoffen gewagt hatte, trat ein – ein wahrer Objekte-Regen. Münzen, Schuldscheine, Briefe, Tagebücher usw. wurden von den Wagrainern ins Museum gebracht und ergänzten stimmig die Objekte aus der eigenen Sammlung, wie etwa das Kriegstagebuch von Karl Heinrich Waggerl. Weitere Leihgaben kamen aus den Regionalmuseen in Bad Gastein, Bad Hofgastein, aus dem Salzburger Wehrgeschichtlichen Museum und der Plakatsammlung Eric Eybl in Wien. Mittels dieser Objekte wurde ein Bild vom Frontleben, dem Alltagsleben in Wagrain in den Tagen des Ersten Weltkrieges gezeichnet. Das alles war für ein Team von Ehrenamtlichen und einer Zwanzig-Stunden-Kraft viel Arbeit. Ohne Personalkosten ergaben sich für Druck, Aufbaumaterial, Bildmaterial etc. Aufwendungen von 3.170 Euro. Davon wurden 1.300 Euro vom Land Salzburg durch das „Referat Volkskultur und Erhaltung des Kulturellen Erbes / Regionalmuseen“ subventioniert. Der Kostenrahmen für die in der Folge noch beschriebenen Sonderausstellungen hat sich nur auf ca. 5.000 Euro erhöht. Nachdem die Räume im Waggerl Haus im Original erhalten und eher klein dimensioniert sind, wurde 2015 die Idee entwickelt, die nächste Sonderausstellung in der Bergstation der „G-LINK“-Seilbahn auf 1.200 Höhenmetern zu veranstalten. Die großen grauen Betonwände der Liftstation sind ideal zum Hängen von vergrößerten Reproduktionen und mit mehreren tausend Besuchern im Sommer eine tolle örtliche Werbung für das Waggerl Haus. Die erste dieser Ausstellungen trug den passenden Namen „Seilschaften“. Inhaltlich war sie dem Künstler Erwin Exner gewidmet. Dieser besuchte ab 1935 die Meisterklassen der Professoren Boeckl, Fahringer und Martin an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ er sich als freischaffender Künstler in Wagrain nieder. Dort entstanden lebensprägende „Seilschaften“ u. a. auch mit Karl Heinrich Waggerl, und so zog es ihn auch nach
langen Auslandsreisen immer wieder hierher zurück. Auch die Besucher der Ausstellung waren international, weshalb alle Beschriftungen in Deutsch und Englisch waren. Hier ist festzuhalten, dass Übersetzungen von einem Profi machen zu lassen sind, denn nur so ist ein entsprechender sprachlicher Standard zu erzielen. Der Name des Übersetzers sollte dabei immer genannt werden. Generell ist die Nennung aller beteiligten Personen im Team auf einer Tafel in der Ausstellung wichtig, vor allem, wenn viele ehrenamtliche Mitarbeiter involviert sind, ist dies für sie eine schöne Anerkennung und Motivation für weitere Projekte. Es gibt neben den Übersetzungen noch zwei Bereiche, in denen nicht gespart werden darf: bei der Grafik und beim Druck der Beschriftungen. Ein wenig eigene Erfahrung mit diversen Grafikprogrammen reicht bei großen Reproduktionen nicht aus, darüber hinaus müssen das Design der Ausstellungsgrafik und der Drucksorten zusammenpassen. Am wichtigsten aber ist das Gesprächsklima mit den Eigentümern der Location. Es liegt nahe, dass für die Bergbahnen Wagrain AG ein solches Kulturprojekt selbstverständlich auch Werbung ist. Außenstehende vergessen dabei aber die durch solche Projekte anfallenden Mehrstunden für die Mitarbeiter, wie Abstimmungsgespräche für Termine, Werbung, Aufbau / Abbau der Ausstellung usw. – all das hält die Mitarbeiter von ihrer eigentlichen Arbeit ab. Dank der Anstrengungen auf allen Seiten ist das Projekt „Ausstellung am Berg“ höchst erfolgreich verlaufen, was sich auch darin spiegelt, dass 2016 zum zweiten Mal die Räumlichkeiten der Bergstation der G-LINK bespielt worden sind. Unter dem Motto „Von der Map zur App“ wurden durch Kartenmaterial die territorialen Veränderungen der Region vom Fürsterzbistum Salzburg bis in die Gegenwart dargestellt. Diese Vergrößerungen von Karten aus der eigenen Sammlung, von Karten des Salzburger Wehrgeschichtlichen Museums und der Bayerischen Staatsbibliothek wurden unter dem Titel „Grenzlinien“ gezeigt. Maßgebend für diese Idee war auch, dass 2016 „200 Jahre Salzburg bei Österreich“ im ganzen Bundesland Salzburg gefeiert wurde. Wie schon bei den Ausstellungen davor gab es aber auch einen Bezug zum Ort Wagrain selbst. Ohne ein solches Naheverhältnis wirken gerade in einer Tourismusregion Projekte sehr schnell als reine „Attraktion für den Gast“, und das ist nicht als Hauptfunktion von Kulturarbeit anzusehen.
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Der gebürtige Wagrainer Joseph Ernst Ritter und Edler von Koch-Sternfeld war 1816 / 1817 an der Grenzregulierung zwischen Bayern und Österreich beteiligt, weshalb die Sonderausstellung „INNENGRENZEN“ im Waggerl Haus das Leben von Koch-Sternfeld thematisierte. Sein Wirken als salzburgischer, toskanischer, österreichischer und bayerischer Staatsbeamter, zudem als Geschichtsforscher, wurde neben der Ortgeschichte mit Originalobjekten im Waggerl Haus dokumentiert. Über 20 Leihgaben kamen aus dem Privatbesitz der Nachkommen und wurden aus Bayern und Wien nach Wagrain transportiert. Dass sich unter den Leihgaben auch Werke der Künstlerin Barbara Krafft befanden, zeigt, wie sich dem Haus durch das persönliche Engagement der Mitarbeiter immer mehr Türen öffneten. Und weil sich im Winter 2017 ohnehin eine weitere Museumstür in Wagrain eröffnen wird, wurde die Strecke zwischen den beiden Häusern zu einem Themenweg gestaltet. Die dabei gewonnenen Erfahrungswerte über die Gehzeit, und darüber, wie der steile Weg von den Gästen angenommen wurde, sind wichtige Erfahrungswerte für die Zukunft, wenn derselbe Weg das modern inszenierte Pflegerschlössl und das traditionell gestaltete Waggerl Haus verbinden wird. 254
Inhaltlicher Ausgangspunkt für das Ausstellungskonzept im Pflegerschlössl stellt das Lied „Stille Nacht“ dar, dessen Autor Joseph Mohr (1792–1848) elf Jahre lang in Wagrain gelebt und hier nachhaltige Spuren im Bildungs- und Sozialwesen hinterlassen hat. Die Dauerausstellung im Pflegerschlössl wird das lokale Wirken des Textdichters Joseph Mohr in Wagrain veranschaulichen. Darüber hinaus soll sie die regional verankerte Entstehungsgeschichte des Liedes in Zusammenarbeit mit den anderen Stille-Nacht-Gemeinden nachzeichnen. Um allerdings die weltweite Bedeutung des Liedes bis heute nachzuempfinden, stellt die Dauerausstellung die Atmosphäre des Liedes einigen aktuellen Themen moderner Lebensführung gegenüber, um über die Weihnachtszeit hinaus zu einem Innehalten als Gegenpol zum Alltag sowie zu einem bewussten Empfinden von Zeit und zum selbstbestimmten Umgang mit ihr anzuregen. Auf einer Ausstellungsfläche von etwa 200 Quadratmetern (inklusive den Räumlichkeiten für Wechselausstellungen) soll auf drei Stockwerken verteilt ein Angebot mit nachdrücklicher Wirkung für seine Besucher geschaffen werden. Durch einen Zubau mit Lift, Sanitäranlagen, Atelier und Kassa wird das Pflegerschlössl barrierefrei
zugänglich sein und belebt mit einem modernen multifunktionalen Veranstaltungsraum die Kulturszene von Wagrain. Mit diesem „eigenen“ Raum wird auch das Organisieren von Veranstaltungen für den Kulturverein Blaues Fenster leichter werden, denn bisher galt es immer, zunächst einmal in der Gemeinde, in der Schule, im Turnsaal, in der Kirche oder in einem der örtlichen Hotels einen passenden Raum zu finden. In einer Region wie Wagrain-Kleinarl mit über 30 Vereinen ist das Schwierigste aber wohl die Terminfindung. Deshalb organisiert der Kulturverein jährlich das Obmänner-und-Obfauen-Treffen, bei welchem alle Vereine ihre Wunschtermine für Veranstaltungen bekannt geben und etwaige Überschneidungen in den Terminen besprochen werden. Dieser Kalender steht dann das ganze Jahr online im Internet des TVB Wagrain-Kleinarl, und wenn es eine spontane Veranstaltung oder eine Verschiebung gibt, weiß man, mit wem man sich – schon aus Höflichkeit – absprechen sollte. Der Kulturverein selbst organisiert im Jahr ca. 15 Veranstaltungen, wobei einige davon Fix-Termine sind. Dazu gehören seit über zehn Jahren immer im August die Pongauer Museumsnacht, bei der das Waggerl Haus wie viele andere Museen bis 23.00 Uhr geöffnet halten, aber auch der Tag der Regionalmuseen im Mai. Dass solche Veranstaltungen durchgeführt werden können, liegt neben den öffentlichen Förderungen durch das KulturLand Salzburg auch an den großen Sponsoren wie der Raiffeisenbank Wagrain-Kleinarl, aber auch an den vielen kleinen Spenden und an der soliden Basis der Mitgliederbeiträge. Der Jahresabschluss wird jährlich von einem beauftragten Buchhalter durchgeführt, was auch Vertrauen für weitere Zuwendungen schafft. Die Veranstaltung mit dem größten Organisationsaufwand ist seit sieben Jahren der „Advent der Kulturen“. Im Stille-Nacht-Ort Wagrain verbindet das erste Adventwochenende das weltberühmte Weihnachtslied mit Weihnachtsbräuchen aus der ganzen Welt. Jedes Jahr präsentiert sich neben heimischen Ausstellern und Musikern ein Gastland. Kulinarische Kostproben und Weihnachtsleckereien sorgen für internationales Flair am Adventmarkt und beim Konzert wird der Besucher eben auch in die Musik-Tradition anderer Nationen entführt. Damit der Eindruck der anderen Kulturen nachhaltig bleibt, erarbeiten die Schüler der Volks- und Hauptschule Wagrain jedes Jahr Informationen zu drei bis vier
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Ländern mit ihren weihnachtlichen Bräuchen, Speisen und sonstigen weihnachtlichen Eigenheiten. Dafür wird auch ein jeweils typisches Weihnachtsmenü gekocht und dokumentiert. Die Sammlung all dieser Informationen, Rezepte und Umsetzungen wird rechtzeitig zur 200-Jahr-Feier des Liedes „Stille Nacht“ als Dokument der Auseinandersetzung mit „fremden“ Kulturen erscheinen – und als Anregung, dass man Kultur auch wunderbar erschmecken kann. Natürlich fallen jährlich Kosten für dieses große Projekt an; dazu gehören Reise- und Unterkunftskosten sowie weitere Spesen, aber der Erfolg spricht für sich: Das Konzept findet von Jahr zu Jahr mehr Anklang. Und wenn dann bei den Adventlesungen die Texte von Karl Heinrich Waggerl zu hören sind, schließt sich der Jahreskreis der Kultur-und Museumsarbeit in Wagrain auf eine besonders schöne und stimmige Weise.
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4. KÄRNTEN 4.1. KÜNSTLERSTADT GMÜND. EINE GANZE STADT LEBT DIE KUNST Erika Schuster
Mit ihrem umfangreichen Ganzjahreskulturprogramm hat sich die Stadt Gmünd in Kärnten über die Landesgrenzen hinaus als Künstlerstadt einen Namen gemacht. Gmünd ist zu einem überaus lebendigen Kulturzentrum geworden und gilt österreichweit als Best-Practice-Beispiel für regionale Stadtentwicklung durch kulturelles Engagement! Dass sich mit diesem Konzept von Jahr zu Jahr mehr kulturinteressierte Gäste anlocken lassen, ist ein eindrucksvoller Beweis für die positive Verbindung von Kulturarbeit und Kulturtourismus. Die kleine Stadt Gmünd in Kärnten, die in ihren mittelalterlichen Strukturen hervorragend erhalten ist, liegt inmitten der Berge, genauer gesagt am Südrand des Alpenhauptkammes, am Schnittpunkt des Nationalparks Hohe Tauern und des Biosphärenparks Nockberge. Seit 25 Jahren setzt die Stadt konsequent auf Kunst und Kultur, zeigt vielfältige Kunst an zahlreichen revitalisierten Orten inmitten einer fantastischen Bergwelt und bringt so kleine urbane Strukturen mit Kunsterlebnis und Naturerfahrung in Einklang.
Ein Kulturverein als Träger der Entwicklung Seit Vereinsgründung 1991 ist der Kulturverein Kulturinitiative Gmünd Initiator, verantwortliche und treibende Kraft hinter der erfolgreichen Entwicklung Gmünds zur Künstlerstadt. Das Büro des Vereins befindet sich im Rathaus und ist als Kulturbüro der Künstlerstadt Gmünd zentrale Anlaufstelle für kulturelle Belange im Ort und zuständig für die Vermarktung der Künstlerstadt. Anfänglich auf rein ehrenamtliche Tätigkeit ausgerichtet, arbeiten mittlerweile bis zu zehn angestellte Personen für den Verein und damit für die Künstlerstadt Gmünd. Stets bemüht, die kleine Stadt mit Hilfe von Kunst- und Kulturprogrammen zu beleben und Leerstehendes zu öffnen, ist es dem Kulturverein wie kaum einer anderen Kulturinstitution Österreichs gelungen, nicht nur für das umfangreichste
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Bild 37 links: Künstlerstadt Gmünd Bild 38 rechts: Galerie August 2016, in einer Jugendstilvilla eröffnet
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Kulturangebot in Oberkärnten zu sorgen, sondern durch konsequente Kulturarbeit und Förderung zeitgenössischen Kulturschaffens eine ganze Stadt und damit eine Region fernab urbaner Zentren nachhaltig positiv zu entwickeln.
Kulturinhalte Die Schwerpunktsetzung der Kulturarbeit liegt auf zeitgenössischer bildender Kunst, Kunsthandwerk und Kunstvermittlung. Mit Hilfe dieser Sparten ist es in den vergangenen 25 Jahren gelungen, 20 bis dato leer stehende historische Gebäude in der Altstadt zu revitalisieren und mit neuem Leben zu füllen. Die Häuser stehen den kulturbegeisterten Besuchern als Galerien und Museen, als Künstlerateliers und Werkstätten, als Artists-in-Residence-Orte (AiR) mit Kunstschaffenden aus aller Welt ganztägig offen. Es sind vor allem diese in den letzten Jahren verstärkt ausgebauten AiR-Programme, die die Stadt mit ihren knapp 2.600 Einwohnern zu einem kleinen Treffpunkt und Hotspot internationaler Kunst machen. So haben allein im letzten Jahr 20 Gastkünstler aus China, Frankreich, Serbien, Montenegro, Ungarn, Slowenien, Italien, Deutschland und Österreich Gmünd in Kärnten zu ihrem mehrmonatigen Lebensmittelpunkt
gemacht. Das verändert eine Stadt in der Region, lässt sie an aktuellen Strömungen teilhaben, macht sie weltoffen und tolerant.
Vermarktung der Künstlerstadt Zentrales Anliegen des Vereines ist es, alle Kulturangebote der Stadt unter dem Namen „Künstlerstadt Gmünd“ nach außen zu tragen und zu vermarkten. Von Beginn an wurde und werden Kultur- und Kulturvermarktungsarbeit von einer Hand durchgeführt. Professionelle Werbe- und Medienarbeit, Angebotsentwicklung (z. B. das jährlich adaptierte Stadtführungsangebot) und der kontinuierliche Aufbau von Kooperationsnetzwerken mit nationalen und internationalen Kulturinstitutionen, Tourismuseinrichtungen, Wirtschaftsunternehmen, Reisebuchverlagen, Nationalparks, Schulen und Universitäten haben zur positiven Entwicklung als Kulturdestination beigetragen. Die Entwicklung und Umsetzung außergewöhnlicher Werbemaßnahmen, wie z. B. das Projekt „Skulpturen an der Autobahn“, das im Rahmen eines EU-LEADER-Projektes umgesetzt wurde, tragen zur vermehrten Wahrnehmung der Künstlerstadt Gmünd bei. Vor Ort begeistert und lenkt die Besucher ein Leitsystem mit großen, pinkfarbenen Kunstpunkten, und, seit 2016, auch ein künstlerisch gestaltetes Überkopfsystem in der Hinteren Gasse von Kunstort zu Kunstort. Auch der jedes Jahr Anfang März erscheinende Jahreskulturkalender in Form eines Kunstkalenders im A4-Format, der über alle Kulturveranstaltungen der Künstlerstadt Gmünd innerhalb der nächsten zwölf Monate Auskunft gibt und an alle Haushalte der Region per Postwurf versandt wird, dürfte in Österreich einzigartig sein.
Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur Künstlerstadt und beliebten Kulturdestination Die Entwicklung der Künstlerstadt ist langsam, Schritt für Schritt, erfolgt: Jahr für Jahr ist ein Gebäude in der Stadt hinzugekommen, das mit Kunst und Kultur belebt werden konnte. Damit durfte die Künstlerstadt behutsam wachsen, ohne Einheimische und Gäste zu überfordern:
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• QUALITÄT Nur konsequentes Setzen auf Qualität im Kulturangebot hat zum Erfolg der Künstlerstadt geführt. Ohne Qualität keine Glaubwürdigkeit – das gilt sowohl für die Kulturangebote als auch für deren Bewerbung. • ANGEBOTSVIELFALT Für alle Altersstufen gibt es ein kulturelles Angebot! Kunstvermittlungsprogramme für Kinder und Schulen sowie das umfangreiche Programm der Sommerakademie Gmünd laden zum aktiven Tun und Beschäftigen mit Kunst ein. Die eigene Kreativität ausleben zu dürfen, steht dabei im Mittelpunkt.
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• AKZEPTANZ SCHAFFEN IN DER BEVÖLKERUNG Auf Kunst und Kultur zu setzen, stößt gerade in ländlicher Umgebung oftmals auf Unverständnis und Gegenwind. Das Umfrageergebnis im Rahmen der Lokalen Agenda, einem breit angelegten Bürgerbeteiligungsprozess, hat „Kunst“ als die größte Stärke der Stadt genannt. Und schön anzuschauen ist es, dass viele Betriebe vor Ort die Idee mit und nach außen tragen, etwa durch die Gestaltung ihrer Schaufenster oder durch Kreationen von speziellen Konditoreiprodukten. Man ist stolz auf seine Stadt und das hat sicher dazu beigetragen, dass 2016 Bevölkerung und Gemeindeverwaltung einhellig für einen Ensembleschutz der Altstadt plädiert haben. Damit gilt Gmünd auch in der Erhaltung seines baukulturellen Erbes als vorbildlich in Kärnten. • AUFBAU VON KOOPERATIONEN Die Zusammenarbeit mit verschiedensten Institutionen aus Medien, Kultur, Wirtschaft, Bildung und Tourismus trägt zur Bekanntheit der Künstlerstadt wesentlich bei. Internationale Kooperationen wie etwa mit der Partnerstadt Osnabrück, mit dem EDEN Netzwerk oder der Vereinigung der European Walled Towns haben die Stadt auch „auf die europäische Landkarte“ gesetzt. • ERFOLGREICHE FINANZIERUNG DER KULTURARBEIT Das Kulturprogramm der Kulturinitiative Gmünd erfährt Unterstützung seitens der öffentlichen Hand und wird von privaten Sponsoren unterstützt. Mit einem Jahresbudget von ca. 250.000 Euro gelingt es, 120 Kulturveranstaltungen an 260 Veranstaltungstagen pro Jahr umzusetzen und diese erfolgreich unter dem Überbegriff Künstlerstadt zu vermarkten.
• HUMANPOTENZIAL UND DURCHHALTEVERMÖGEN Vielleicht die zwei wichtigsten Erfolgsfaktoren, denn der Weg zur Künstlerstadt war ein langsamer und mitunter steiniger. Mit großem persönlichem und idealistischem Einsatz unserer aktiven Vereinsmitglieder und Mitarbeiter und mit guten Kooperationen und Netzwerken sowie öffentlicher (EU, Bund, Land, Gemeinde, AMS) und privater Unterstützung (Sponsoren, Mitgliedsbeiträge und Spenden) ist es gelungen, mit einem relativ geringen finanziellen Aufwand ein Maximum an Kulturarbeit in Oberkärnten zu leisten und Gmünd zu einem bekannten Kulturzentrum zu entwickeln. Die Kulturinitiative Gmünd ist damit österreichweit ein Musterbeispiel dafür, wie sehr Kulturarbeit zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen und diese auch in wirtschaftlich schwachen Regionen fördern kann.
Wertschöpfung und Leerflächenmanagement Durch die über die Jahre stark gestiegene Verweildauer der kulturinteressierten Gäste in der Künstlerstadt Gmünd von mindestens einem halben bis zu einem ganzen Tag, lässt sich auch eine stetig steigende Wertschöpfung aus dem Kulturtourismus errechnen. 150.000 Kulturgäste sorgen jährlich in Gmünd für eine Wertschöpfung von ca. 4 Millionen Euro, die der heimischen Wirtschaft zufließen. Diese Entwicklung hat auch dazu beigetragen, das Wirtschafts- und Geschäftsleben in der Kleinstadt lebendig und attraktiv zu erhalten. Die Infrastruktur in Gmünd kann sich wirklich sehen lassen: Der 2.600 Einwohner zählende Ort verfügt neben gut besuchten Gastronomiebetrieben über eine Apotheke, eine Buchhandlung (!), einen Optiker, Bäckereien, Blumenhandlungen und vielfältige Dienstleistungsbetriebe. Leerstand konnte bis dato durch das Konzept Künstlerstadt weitgehend verhindert werden, durch Geschäftsschließung entstandene Lücken können in den meisten Fällen schnell geschlossen werden, etwa durch die Etablierung neuer Betriebe, wie zuletzt ein Biogeschäft, oder eben durch neue Kulturorte, die den Besuchern offen stehen.
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Anerkennung Für ihre nachhaltige Kulturarbeit und ihre kulturtouristischen Aktivitäten hat die Kulturinitiative Gmünd für das Projekt Künstlerstadt Gmünd zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Kärnten Tourismus Award 2010 zum Thema Kultur und Tourismus und den europäischen Nachhaltigkeitspreis EDEN Award, den die Europäische Union jedes Jahr zu einem bestimmten Thema an eine herausragende Destination pro Mitgliedsstaat (European Destination of Excellence) vergibt.
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Die Künstlerstadt Gmünd ist damit eine von bisher acht österreichischen EDEN Destinationen und ein wunderbares Beispiel dafür, dass man durch Kulturarbeit einer ganzen Stadt ein neues, positives Image und damit Perspektive für die Zukunft verleihen kann. Die Einladung zum Forum Alpbach im Vorjahr, über die Entwicklung der Künstlerstadt zu referieren, war ein weiterer Höhepunkt. Erfreulich auch, dass zunehmend Medienvertreter von sich aus über die Künstlerstadt Gmünd berichten, so das Ö1 Reisemagazin „Ambiente“, das über Gmünd im Rahmen der Sendung „Besondere Orte mit Konzept“ berichtete oder diverse Lifestylemagazine, die die Künstlerstadt Gmünd für sich entdecken. Letztendlich sind die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Kunstinteressierten zum vielfältigen Kulturangebot der Stadt Beweis dafür, dass Gmünd zu einer der lebendigsten und vielfältigsten Kleinstädte Österreichs geworden ist.
4. KÄRNTEN 4.2. WERNER BERG MUSEUM BLEIBURG / PLIBERK. IDENTITÄTSSTIFTUNG DURCH NACHHALTIGE KULTURARBEIT Arthur Ottowitz
Bleiburg (slowenisch: Pliberk), im äußersten Südosten Kärntens, gilt als das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zentrum des Jaunfeldes. Das seit 1968 bestehende Werner Berg Museum, aber auch andere interessante Museen, Sammlungen und Kulturdenkmäler sowie zahlreiche Konzerte und Kulturveranstaltungen von internationalem Niveau rechtfertigen, dass die kleine Stadt weit über die Region hinaus als „Kulturstadt“ wahrgenommen wird. Die gelebte Zweisprachigkeit Südkärntens hat eine überdurchschnittliche Anzahl von kreativen Persönlichkeiten hervorgebracht. Neben hier geborenen und wirkenden Künstlern wie Rudi Benétik, Franz Brandl, Janez Gregori, Milka Hartmann, Harald Scheicher oder Karl Vouk fanden viele in fernen Metropolen ihre Wirkstätten: wie Peter Handke, Kiki Kogelnik, Martin Kušej, Karlheinz Miklin und Johann Kresnik. Doch auch diese zog und zieht es immer wieder zu ihren Wurzeln zurück. Die außergewöhnlich schöne Landschaft und die Besonderheit der Menschen im Schnittpunkt germanischer, slawischer und romanischer Kulturkreise hat auch von außen kommende Maler wie Werner Berg oder Hermann Falke veranlasst, hier ihre Wahlheimat zu finden. Der kreative Nährboden der Region um Bleiburg mag auch für das außergewöhnliche Engagement vieler unentwegt tätiger Kulturarbeiter verantwortlich sein. Hier sei als „pars pro toto“ Gottfried Stöckl genannt, dessen unbeirrbare Liebe zur Kunst nach wie vor in Form des von ihm initiierten Werner Berg Museums und des Bleiburger Freyungsbrunnens spürbar ist. Auch eine Vielzahl von Vereinen liefert seit Jahrzehnten bemerkenswerte und nachhaltige kulturelle Leistungen. Die weit über die Landesgrenzen wirkenden Veranstaltungsreihen der Kulturinitiative Bleiburg sowie des Kulturni Dom Pliberk seien hier beispielhaft erwähnt.
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Bild 39 links: Werner Berg Museum Bleiburg / Pliberk Bild 40 rechts: Besuch im Werner Berg Museum
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Dem Maler Werner Berg widmet die Stadt seit 1968 ein monographisches Museum. Das repräsentative Haus am Bleiburger Hauptplatz ist seither zu einem Anziehungspunkt für Kunstliebhaber aus ganz Europa geworden. Es zeigt in einzigartiger Wechselwirkung von Kunst und Umwelt das Œuvre des Künstlers im Kerngebiet seines Ursprungs. Werner Berg, 1904 in Elberfeld (Wuppertal) geboren, zog 1931, nach einem abgeschlossenen Studium der Staatswissenschaften und dem Besuch der Akademien in Wien und München, auf den Rutarhof im Südosten Kärntens. Sein entlegener Bergbauernhof hoch über der Drau wurde fortan zum Schauplatz einer ungewöhnlichen Einheit von Kunst und Lebenspraxis. Bis zu seinem Tod 1981 arbeitete der Künstler unter zeitweisen prekären Verhältnissen als Bauer und Maler. In der österreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts war er ein Außenseiter. Zentrales Thema seines singulären Werkes sind Landschaft und Menschen seiner Wahlheimat Unterkärnten – beobachtet mit der Distanz des Fremden und der Intensität des Liebenden. Dem Land Kärnten ist mit seinem Werk ein einzigartiges Dokument entstanden. Von hoher künstlerischer Qualität gibt
es zugleich Zeugnis vom Leben in einer vorindustriellen Kultur, der sich der Künstler fortwährend aussetzte und die heute Vergangenheit ist. Heimstätte des Museums ist ein Jahrhunderte altes, schönes Gebäude am Bleiburger Hauptplatz. Die in den Jahren 1995 bis 1997 sehr gefühlvoll revitalisierte Bausubstanz bietet den idealen Rahmen für die Kunstwerke. Prägnante Erweiterungen aus den Jahren 2003, 2008 und 2015 zeigen die gelungene Symbiose von moderner Formensprache mit historischer Bausubstanz. Die Verwaltung des Museums erfolgt durch den BGA Europaausstellung der Stadtgemeinde Bleiburg, welcher in enger Zusammenarbeit mit dem Kuratorium der Stiftung Werner Berg und dem Kurator des Werner Berg Museums, Harald Scheicher, das jeweils erarbeitete Ausstellungsprogramm umsetzt. Von 1968 bis 2003 bot die Werner Berg Galerie der Stadt Bleiburg (das heutige Werner Berg Museum) mit ihrer vom Künstler selbst zusammengestellten Sammlung einen rein monographischen Überblick. In zusätzlichen, alljährlich wechselnden Ausstellungen ergänzten Werke Werner Bergs aus dem Besitz des Künstlers oder Privatsammlungen die aus ca. 150 Exponaten bestehende ständige Präsentation. Seit 2004 finden alljährlich auch Sonderausstellungen zu anderen Künstlern statt. Dabei wird – als besonderes Charakteristikum der Bleiburger Ausstellungstätigkeit – der Dialog zwischen dem Werk Werner Bergs und der jeweiligen Sonderausstellung angestrebt. Die Kunst Werner Bergs wird auf diese Weise auch für den wiederkehrenden Besucher unter ständig neuen Gesichtspunkten erlebbar. So zeigt sich, wie dessen Werk auch unter verschiedenen Fragestellungen unserer Zeit ständige Aktualität bewahrt. Vorrangig ist es Ziel des Museums, jene Künstler und Kunstrichtungen zu präsentieren, die für Werner Bergs Entwicklung von maßgeblicher Bedeutung waren – vor allem sind dies die Künstler des deutschen Expressionismus, als deren Nachfahre Werner Berg oft gesehen wurde. Zunehmende Bedeutung haben dabei Kooperationen und gemeinsame Ausstellungsprojekte mit anderen Museen und Institutionen. So war das Werner Berg Museum bereits zweimal Ausstellungspartner des Landes Kärnten – in großen Übersichtsausstellungen, die die Kärntner Kunstszene vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Thema hatten. Kooperationen mit der Nolde-Stiftung Seebüll, dem Brücke-Museum
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Berlin oder dem Leopold-Museum Wien tragen weiter zur internationalen Anerkennung des Werner Berg Museums bei und sind Garant für zukünftige spannende Ausstellungsprojekte. Beispielhaft für gelebte kulturelle Zusammenarbeit war sicherlich die 2012 gezeigte Ausstellung „Wege durchs Land“, bei der an drei Standorten – Kitzbühel, Lienz und Bleiburg – in den jeweiligen städtischen Museen zeitgleich Werke von Alfons Walde, Albin Egger-Lienz und Werner Berg gezeigt wurden. Diese bundesländerübergreifende Ausstellung animierte zahlreiche Kunstbegeisterte zum Besuch aller drei Museen und vernetzte so nachhaltig diese Kulturregionen. Die 2013 begonnene Kooperation mit der Koroška Galerija Likovnik Umetnosti in Slovenj Gradec ergab eine nachhaltige positive Synergiewirkung hinsichtlich Ausstellungslogistik, gemeinsamer Bewerbung und Vernetzung in der österreichischen und slowenischen Museumslandschaft – sowie eine Staatsgrenzen überschreitende Wahrnehmung beim Publikum.
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Die Europaausstellung „Macht des Wortes – Macht des Bildes“ mit den Standorten Benediktinerstift St. Paul und Bleiburg im Jahre 2009 kann als bisheriger Höhepunkt in der Entwicklung zur Vernetzung der kulturellen Angebote der Region Südkärnten, aber auch in der nunmehr bald 50-jährigen Geschichte des Werner Berg Museums bezeichnet werden. Im Werner Berg Museum wurde dabei die Ausstellung „Visionen des Göttlichen – Kunst und Transzendenz in Österreich im 20. Jahrhundert“ gezeigt – mit bedeutenden Werken von über 60 österreichischen Künstlern von Egon Schiele über Oskar Kokoschka bis Maria Lassnig und Arnulf Rainer. Mit dieser Großausstellung, welche vom Land Kärnten maßgeblich unterstützt wurde, konnte ein wertvoller kultureller, touristischer und infrastruktureller Schwerpunkt gesetzt werden. Durch ständige Verbesserungen der sicherheitstechnischen und konservatorischen „Facilities“ sowie der Gewährleistung eines barrierefreien Zugangs zu allen Ausstellungsräumen, der Errichtung einer Kreativwerkstatt und eines Skulpturengartens kann das Werner Berg Museum heute als eine den höchsten Ansprüchen gerecht werdende Institution bezeichnet werden.
Nachhaltig entwickelte sich so der südöstliche Raum Kärntens zu einer lebendigen, international wahrgenommenen, eigenständigen Kulturregion. Das im Jahre 2008 in der Nachbargemeinde Neuhaus / Suha eröffnete Museum Liaunig konnte ebenfalls wesentlich zu dieser Wahrnehmung beitragen. Zahlreiche Medienberichte in- und außerhalb Österreichs fokussierten die Aufmerksamkeit der kultur- und kunstinteressierten Öffentlichkeit auf die Region Südkärnten. Mit der Durchführung der Europaausstellung 2009 sowie der weiteren in Kooperation mit bedeutenden Kulturinstitutionen durchgeführten Ausstellungen wurde gezeigt, dass durch die Vernetzung von Regionen und Kultureinrichtungen eine nachhaltige und zukunftsweisende Entwicklung in kultureller, wirtschaftlicher und touristischer Hinsicht bewirkt werden kann. Ohne die im Werner Berg Museum seit 1968 stattfindende herausragende Ausstellungstätigkeit und die daraus resultierende Vorbildwirkung für weitere Kulturaktivitäten wäre die nunmehr gefestigte Positionierung von Bleiburg / Pliberk als „Kulturstadt“ nicht denkbar. Es ist jedoch nicht nur die Umwegrentabilität von Bedeutung, welche sich – bedingt durch die stetig steigende Wertschätzung des Werner Berg Museums – in steigenden Nächtigungszahlen im Qualitätstourismus, dem Schaffen von Arbeitsplätzen und Aufträgen für die heimische Wirtschaft zeigt – das Werk Werner Bergs wird von der heimischen Bevölkerung immer mehr als identitätsstiftende Manifestation der eigenen Lebensweise und Herkunft empfunden.
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IV. Literatur- und Quellenverzeichnis • Abschlussbericht 2005–2009 der Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH. • Ackermann, Felix / Boroffka, Anna / Lersch, Gregor H. (Hg.): Partizipative Erinnerungsräume. Dialogische Wissensbildung in Museen und Ausstellungen, Bielefeld 2013. • Allgemeiner Deutscher Automobil Club e. V. (Hg.): Barrierefreier Tourismus für Alle. Eine Planungshilfe für Tourismuspraktiker zur erfolgreichen Entwicklung barrierefreier Angebote, München 2003. • Amon, Ingrid: Die Macht der Stimme. Persönlichkeit durch Klang. Volumen und Dynamik, 6. Aufl., München 2011. • A. T. Kearney: Die Kunst, Kultur zu managen. Kulturinstitutionen brauchen neue Strategien für lukrative Einnahmequellen, Düsseldorf 2006. • Aulinger, Barbara: Kunstgeschichte und Soziologie. Eine Einführung, Berlin 1992. • Barrierefreiheit in Hotellerie und Gastronomie. Handbuch zur Zielvereinbarung für die standardisierte Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote in Hotellerie und Gastronomie, Berlin 2010. • Baumgarth, Carsten [u. a.]: Markenaudit für Kulturorganisationen. Ganzheitliches Tool zur Analyse und Professionalisierung der Markenführung im Kultursektor, Wiesbaden 2014. • Baur, Joachim: Die Musealisierung der Migration, Bielefeld 2009. • Becker, Christoph / Höcklin, Susanne: Museumsmanagement. In: Dreyer Axel (Hg.): Kulturtourismus. 2. Aufl., München 2000, 299–323. • Becker, Christoph: Kulturtourismus: Eine Einführung. In: Kulturtourismus in Europa – Wachstum ohne Grenzen, Bd. 2, (ETI-Studien), Trier 1993, 7–9. • Becker, Jochen: Marketing-Konzeption. Grundlagen des zielstrategischen und operativen MarketingManagement, München 2013. • Bekmeier-Feuerhahn, Sigrid / Trommershausen, Anke: Kulturbranding. Lassen sich Kulturinstitutionen zu Marken aufbauen? In: Strebinger, Andreas [u. a.] (Hg.): Werbe- und Markenforschung, Wiesbaden 2006, 213–244. • Bendix, Regina: Zur Problematik des Echtheitserlebnisses in Tourismus und Tourismustheorie. In: Tourismus und Regionalkultur. Volkskundetagung in Salzburg 1992, Wien 1994, 57–83. • Benkert, Wolfgang: Kulturfinanzierung. In: Rauhe, Hermann / Demmer, Christine [u. a.] (Hg.): Kulturmanagement. Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin 1994. • Betts, Raymond F.: A history of popular culture. More of everything, faster, and brighter, New York 2004. • Black, Graham: The Engaging Museum – Developing Museums for Visitor Envolvement, London / New York 2005. • Blohm, Ivo / Sieber, Eva [u. a.]: Delphi-Studie Crowdfunding 2020 – Komplement oder Substitut für die Finanzindustrie, Norderstedt 2015. • Brock, Bazon: Die Warenwunder tut die Madonna erst im Museum. In: Fliedl, Gottfried [u. a.] (Hg.): Wa(h)re Kunst: Der Museumsshop als Wunderkammer: Theoretische Objekte, Fakes und Souvenirs, Frankfurt a. M. 1997, 79–104. • Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Geschäftszahl 608.030/33-V/81/1987 und Geschäftszahl 608.030/23-V/12/1990. • Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft: Alternativfinanzierungsgesetz. Möglichkeiten und Chancen für die Tourismusfinanzierung in Österreich.
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V. Bildnachweis Bild 1: Hofmobiliendepot Wien. Historisches Depot- und Werkstättengebäude (Lois Lammerhuber, Bundesmobilienverwaltung) Bild 2: Spielsalon Schloss Hof (Fritz Simak für SKB) Bild 3: Stiegenhaus im Winterpalais in der Himmelpfortgasse, Wien: (© Arch. DI Heinrich Strixner) Bild 4: Neuer Ausstellungsraum, Literaturmuseum im ehemaligen Hofkammerarchiv, Wien (© Mario Buda www.zottlbuda.at) Bild 5: Riesensaal während der Restaurierung, Hofburg Innsbruck (BHÖ / Bunge) Bild 6: Riesensaal nach der Restaurierung, Hofburg Innsbruck (BHÖ / Bunge) Bild 7: Schlossmuseum Linz, Südflügelansicht (OÖ. Landesmuseum) Bild 8: Landesgalerie Linz (OÖ. Landesmuseum) Bild 9: Apothekenmuseum Mauthausen (Verbund OÖ. Museum) Bild 10: Freilichtmuseum Sumerauerhof, St. Florian (OÖ. Landesmuseum) Bild 11: Museumsshop Tate Modern, London (Andreas Neiß) Bild 12: Museumsshop Tate Modern, London (Andreas Neiß) Bild 13: Schaurausch: Bücherwasserfall, Buchhandlung Thalia, Linz (Linz 2009 GmbH.) Bild 14: Info-Center Linz09 am Hauptplatz, Linz (Linz 2009 GmbH.) Bild 15: Ausstellung „Marco Polo“: Promotion in der Linzer Innenstadt (Chris Koller) Bild 16: Ausstellung Mythos Schönheit: „Walking Roses“ in der Linzer Innenstadt (Andreas Röbl) Bild 17: OÖ. Landesausstellung 2012, barrierefreie Raumtexte (Doris Prenn) Bild 18: WunderWeltWald Ulrichsberg, Obmann des OÖ. Blindenverbands Ferdinand Kühtreiber vor einem taktilen Originalobjekt (Sigrid Strohschneider-Laue) Bild 19: Stadtgeschichte Ried, physische Zugänglichkeit (Lang & Lang Werbearchitektur) Bild 20: Stadtgeschichte Ried, historische Fotografie mittels 3D-Objekten und Audiodeskription taktil erfassbar (Lang & Lang Werbearchitektur) Bild 21: Tagesausflug nach Aspach, Kneipp-Wassertreten und anschließende Führung im DARINGER Kunstmuseum (Fotoclub Aspach / DARINGER Kunstmuseum) Bild 22: Das Berühren und Fotografieren der Skulpturen ist im DARINGER Kunstmuseum Aspach ausdrücklich erlaubt (Fotoclub Aspach / DARINGER Kunstmuseum) Bild 23: Färbermuseum Gutau (Alfred Atteneder) Bild 24: Alfred Atteneder bei einer Führung im Färbermuseum (Färbermuseum Gutau) Bild 25: Im Garten des Textilen Zentrums Haslach (Andreas Brandl) Bild 26: Shuttle-Lehrgang in der mechanischen Weberei Haslach (Webereimuseum Haslach) Bild 27: Lambergsaal, Schloss Lamberg Steyr (Wolfgang Simlinger, Österreichische Bundesforste AG)
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Bild 28: Fürstensalon, Schloss Lamberg Steyr (Kurt Hörbst) Bild 29: Felsenmuseum Bernstein, Bernstein-Inkluse (Otto Potsch) Bild 30: Schaufenster Österreichisches Volksliedwerk, Operngasse Wien (Weinviertler Museumsdorf Niedersulz) Bild 31: „Weinviertler Ausflugsziele mit Pfeffer“, Bezirkswinzerfest in Poysdorf (Weinviertler Museumsdorf Niedersulz) Bild 32: Außenansicht des Stift Klosterneuburg (Stift Klosterneuburg / Michael Zechany) Bild 33: Besuch vor einer Kasel (Stift Klosterneuburg / Rita Newman) Bild 34: Rauchhaus Mühlgrub (Herbert Mayr) Bild 35: Waggerl Haus Wagrain (Kulturverein Blaues Fenster) Bild 36: Musiker beim „Advent der Kulturen“ (Kulturverein Blaues Fenster) Bild 37: Künstlerstadt Gmünd (Künstlerstadt Gmünd) Bild 38: Galerie August 2016, in einer Jugendstilvilla eröffnet (Jens August) Bild 39: Werner Berg Museum Bleiburg / Pliberk (Arthur Ottowitz) Bild 40: Besuch im Werner Berg Museum (Walter Schramm)
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VI. Biographien der Autoren Atzwanger Rita Geboren 1991 in Wels. Bachelorstudium Kunstgeschichte in Graz, Masterstudium Kunstgeschichte in Wien. Seit zehn Jahren Erfahrungen in der Museumswelt sammelnd. Selbstständig im Kunst- und Kulturbereich. Atteneder Alfred Geboren 1954 in Kefermarkt. Beruflich als Regionaldirektor der VKB-Bank Linz für das Mühlviertel zuständig. Ehrenamtliche Mitarbeit in diversen Kulturorganisationen, seit 2010 Obmann des Vereins Färbermuseum Gutau. Fellner Engelbert Geboren 1951 in Aspach. Marketing und Werbung in der Privatwirtschaft, Filialleiter im Bankwesen. Vorstand der Manfred-Daringer-Privatstiftung und Leiter des DARINGER Kunstmuseums in Aspach. Seit Herbst 2016 Vorsitzender der ARGE Kunst und Kultur – Mitten im Innviertel. Fetz-Lugmayr Dagmar Geboren 1975 in Kirchdorf / Krems. Diplomstudium Soziologie, Doktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Projektleiterin der Abteilung Statistik des Landes Oberösterreich, Schwerpunkt Empirische Sozialforschung, Ressourcenplanung, Bildung, Kultur und Familie. Projektleiterin Sonderausstellungen des Oberösterreichischen Landesmuseums. Aufbau und Leitung der Stabstelle Besucherforschung und wissenschaftliche Projekte im Oberösterreichischen Landesmuseum. Kulturreferentin der Marktgemeinde Kremsmünster. Fragner Gottfried Geboren 1970, Studium der Kirchenmusik sowie Musik- und Theaterwissenschaft. Seit Jänner 2014 Salesmanager des Stiftes Klosterneuburg, seit Dezember 2014 Betriebsleiter Kultur, Tourismus, Marketing im Stift Klosterneuburg, Entwicklung der neuen kulturellen und touristischen Ausrichtung des Stiftes mit internationalem touristischem Fokus.
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Hampel Annika Geboren 1980 in Bremen. Studium Angewandte Kulturwissenschaften mit Doktorat. Ausbildung internationales Kultur- und Projektmanagement sowie Internationalisierung von Hochschulen. Ab Januar 2017 Leiterin der Dienstleistungseinheit Internationales am Karlsruher Institut für Technologie. Hertl Gernot Geboren 1971 in Steyr. Architekturstudium an der TU Graz. Gründer von HERTL.ARCHITEKTEN. Landeskulturpreis Architektur Oberösterreich. Vorstandsmitglied im afo Architekturforum Oberösterreich. Gastprofessor an der TU Wien, Institut für Architektur und Entwerfen. Knoll Christiane Geboren 1971 in Ehenbichl / Tirol. Diplomstudium Geographie in Salzburg. Absolventin des Qualifizierungsseminars Museum und Tourismus an der JKU Linz. Geschäftsführung im Tourismusverband Hof bei Salzburg, Betreuung und Vermarktung des Rauchhaus Mühlgrub in Hof bei Salzburg. 282
Kräter Reinhold Geboren 1969 in Steyr. Studium der Volkskunde und der Romanistik (Hispanistik). 1994 bis 1998 wissenschaftlicher Koordinator im Verein Eisenstraße zur Vorbereitung der dezentralen Oberösterreichischen Landesausstellung „Land der Hämmer“. 1998 bis 1999 Leiter des Kulturamtes der Stadtgemeinde Leonding. Seit 2000 in der Direktion Kultur des Landes Oberösterreich beschäftigt; ab 2003 Projektleitung für die Oberösterreichischen Landesausstellungen; seit Mai 2015 Landeskulturdirektor. Landa Klaus Geboren 1974 in Linz. Studium Deutsche Philologie sowie Geschichte und Sozialkunde mit Doktorat, Ausbildung Kultur- und Literaturvermittlung. Tätigkeit im Verlagswesen und der Erwachsenenbildung. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Salzburg und bei den Stiftssammlungen Lambach. Seit 2012 Geschäftsführer des Verbundes Oberösterreichischer Museen, Beratung in allen Fragen der Museumsarbeit.
Leitner Christina Geboren 1976 in Linz. Studium Textiles Gestalten und Psychologie / Philosophie / Pädagogik. Lehrtätigkeit an der Universität Mozarteum Salzburg und der Kunstuniversität Linz. Seit 2007 Aufbau und seit 2012 Leitung des Textilen Zentrums Haslach. Intensive Kurs,- Vortrags- und Publikationstätigkeit rund um die Themen Textile Kultur, Museum und Regionalentwicklung. Lochner Karina Geboren in Linz. Promovierte Juristin und ausgebildete Sängerin (Master of arts). Lektorin und Vortragende an Universitäten, Fachhochschulen, Linzer Schauspielund Medienakademie, WKÖ, Land Oberösterreich etc. Unternehmensberaterin im Bereich Stimm- und Sprechtraining. Zahlreiche Soloauftritte als Sängerin. Löw Carmen Geboren 1973 in Saarlouis (D). Studium der Klassischen Archäologie, Alten Geschichte und Germanistik mit Magister-Abschluss. Ausbildungen zur geprüften PR-Beraterin, geprüften Fundraiserin und Kulturvermittlerin. Verantwortlich für Public Relationships und Community Management des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ in Österreich. Neiß Herta Geboren 1967 in Steyr. Lehre Bürokauffrau, Abendschule, Studium Betriebswirtschaftslehre mit Doktorat. Leiterin des Universitätslehrgangs MBATourismusmanagement am Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Johannes Kepler Universität Linz. Seit 2010 Vorsitzende des gesellschaftlichen Beirats der Republik Österreich zur Neugestaltung der österreichischen LänderAusstellung im staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau, Polen. Themenschwerpunkte: Kulturtourismus und Tourismusgeschichte. Eva B. Ottillinger Geboren 1962 in Wien. Studium Kunstgeschichte mit Doktorat. Im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft als stellvertretende Abteilungsleiterin zuständig für das Hofmobiliendepot – Möbel Museum Wien. Ausstellungen und Publikationen zur Möbel- und Designgeschichte.
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Ottowitz Arthur Geboren 1959, wohnhaft in Bleiburg. Leiter des Werner Berg Museums Bleiburg / Pliberk, Stadtamtsleiter-Stv. und Marktmeister der Stadtgemeinde Bleiburg, Obmann der Kulturinitiative Bleiburg, 2011 Verleihung des Berufstitels Professor durch den Bundespräsidenten der Republik Österreich für seine Leistungen als Kulturvermittler und Musiker. Plöckinger-Walenta Veronika Geboren 1972 in Krems an der Donau. Studium Volkskunde / Ethnologia Europaea und Italienisch mit Doktorat. Bereits während des Studiums und seitdem in verschiedenen Museen tätig; umfangreiche Publikationstätigkeit zu volkskundlichen und museologischen Themen. Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz.
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Prenn Doris Geboren 1960 in Linz. Studium Archäologie und Kunstgeschichte mit Doktorat. Kulturwissenschafterin, Ausstellungsgestalterin und Kuratorin für Kommunikation im Museums- und Ausstellungswesen. Internationale und nationale Referententätigkeit. Mitglied des Museumsbeirates des Bundeskanzleramtes. Putschögl Walter Geboren 1957 in Linz. Studium der Rechtswissenschaften mit Doktorat. Kaufmännischer Geschäftsführer Oberösterreich Tourismus, Kaufmännischer Geschäftsführer von Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH, selbstständiger Unternehmensberater für Kultur und Tourismusprojekte. Seit 2012 Kaufmännischer Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums. Doris Rom Geboren 1971 in Bruck / Mur. Ausbildung zur Lehrerin für Sekundarstufe, ergänzende Studien Deutsche Philologie und Kombinierte Religionspädagogik. Einstieg in den (Kultur-) Tourismus bei der Oberösterreichischen Landesausstellung „Land der Hämmer“ 1998. Produktmanagement in der Oberösterreich Tourismus GmbH / Produktentwicklung & InnovationLab.
Sandgruber Roman Geboren 1947 in Rohrbach. Studium Geschichte, Germanistik und Volkswirtschaftslehre mit Doktorat. 1982 Habilitation. 1988 bis 2015 o. Univ. Prof. für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz, wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Präsident des Verbunds Oberösterreichischer Museen. Bisher 20 wissenschaftliche Bücher und etwa 200 Beiträge in Zeitschriften und Sammelwerken zu Themen der österreichischen und allgemeinen Wirtschafts-, Sozial-, Kulturund Zeitgeschichte. Schiller Elisabeth Geboren 1964 in Klosterneuburg. Kaufmännische Ausbildung, Umweltberaterin, Yogalehrerin, Kulturmanagement-Ausbildung am ICCM in Salzburg. Regionalentwicklerin und Projektleiterin: Abwicklung von EU-geförderten Kultur- / Tourismusprojekten, Geschäftsführerin des Vereins Die Österreichische Bernsteinstraße. Schmidt Carola Marie Geboren 1983 in Backnang. Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien. Studienaufenthalte in Polen, Italien und England. Staatlich geprüfte Fremdenführerin, Kirchenführerin, Ausbildung im Bereich textile Gestaltung und Design, Geschäftsführerin des Kulturvereins Blaues Fenster. Schuster Erika Geboren 1961 in Spittal / Drau. Studium der Rechtswissenschaften in Graz. Beirat für regionale Kulturinitiativen in Österreich im BMUKK. Seit 1996 Geschäftsführerin der Kulturinitiative Gmünd in Kärnten, hauptverantwortlich für die Entwicklung Gmünds zur Künstlerstadt. Steinlechner-Marschner Christiane Diplomstudium der Handelswissenschaften (WU-Wien), Masterstudium Visual Arts Administration (New York University), Doktorat der Handelswissenschaften zum Thema „Die Imagewirkung von Kunst- und Kulturevents“ (JKU Linz). Lektorin an der JKU Linz, dem Institut für Management (Salzburg), der PH der Diözese Linz. Marketingberatung von Non-Profit und For-Profit Organisationen. Präsidentin des Oberösterreichischen Kunstvereins.
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