Motivation durch Ziele, Anreize und Führung: Eine empirische Untersuchung am Beispiel eines Versicherungskonzerns [1 ed.] 9783428498079, 9783428098071

Mit zunehmender Globalisierung der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche verstärkt sich das Werben um die Verb

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German Pages 364 [365] Year 2000

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Motivation durch Ziele, Anreize und Führung: Eine empirische Untersuchung am Beispiel eines Versicherungskonzerns [1 ed.]
 9783428498079, 9783428098071

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Beiträge zur

Verhaltensforschung

Die von Günter Schmölders 1959 begründete Buchreihe „Beiträge zur Verhaltensforschung" hatte es sich zum Ziel gesetzt, die vorherrschende, weitgehend deduktiv operierende und den lebensweltlichen Prozessen entrückte Volkswirtschaftslehre mit erfahrungswissenschaftlicher Evidenz über das reale Verhalten der Menschen im Wirtschaftsprozeß zu konfrontieren. Inzwischen, eine Generation später, hat sich die Nationalökonomie vielen in den anderen Sozial- und Verhaltenswissenschaften heimischen Konzepten und Betrachtungsweisen gegenüber geöffnet. Die lebhafte Diskussion um die Logik des kollektiven Handelns, der rationalen Erwartungen und der Wahl zwischen privaten und kollektiven Gütern, die Konzeptionen der spieltheoretischen, der institutionenökonomischen und der produktionstheoretischen Analyse mikroökonomischer Prozesse lassen den Abbau von Berührungsängsten zwischen der Ökonomie und den benachbarten Wissenschaften erkennen. Die „splendid isolation" der Ökonomie ist von außen her durch Methodenkritik, von innen durch Reflexion aufgebrochen worden. Nach wie vor aber bedürfen politikrelevante Konzepte der ökonomischen Theorie wie Angebotsorientierung, Flexibilisierung, Konsumentensouveränität dringend der empirischen Fundierung, Differenzierung und Erprobung, damit sie nicht als pseudopräzise positive Weltbilder - mit der Autorität der Wissenschaft versehen - für Interessenpositionen herhalten müssen. Die ökonomische Verhaltensforschung muß daher die der Wirtschaftswissenschaft immanenten Welt- und Wertvorstellungen, ihre Logik und Struktur ebenso wie ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, kritisch untersuchen. Dazu wird sie weiterhin, ganz im Sinne ihres Gründers, mit erfahrungswissenschaftlichen Methoden wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Prozesse analysieren und bestrebt sein, mit diesen Analysen auch ein außerakademisches Fachpublikum zu erreichen. Wie bisher wird also das Profil der Reihe durch Arbeiten charakterisiert sein, die von dieser methodologischen Orientierung geleitet sind. Die Arbeiten werden darüber hinaus manche inhaltlichen Fragen aufnehmen, die bislang von der ökonomischen Verhaltensforschung weniger beachtet wurden. Die ersten Beiträge der neuen Folge befassen sich mit gesellschaftlichen Problemen und Politikfeldern in den sensiblen Bereichen Umweltschutz, Beschäftigung, Technologiegestaltung, Verbraucherpolitik und Produktentwicklung; sie orientieren sich an dem Triangel Produzenten - Konsumenten - Staat. Wie geht die Konsumgüterindustrie mit einer neuen Schicht unzufriedener und selbstbewußter Kunden um? Wie wirken sich gängige Leitbilder der Wissenschaft in der Praxis wirtschaftspolitischer Beratung aus? Wie werden staatliche Aufrufe und Anreize zur Beschäftigung jugendlicher Arbeitsloser in Unternehmen wahrgenommen und strategisch und organisatorisch umgesetzt? Wirken sich Deklarationen unternehmerischer Verantwortung in realen Strategien des Umwelt- und Ressourcenschutzes aus? Hat der vielbeschworene Wertewandel, die Individualisierung und Pluralisierung der Lebensverhältnisse Konsequenzen für Lebenspläne, Arbeits- und Konsumstile? Es ist das Ziel der Herausgeber, in dieser Reihe Arbeiten zusammenzufassen, die in zugleich theoriegeleiteter und theoriekritischer, politikbezogener und anwendungsorientierter Weise die Fruchtbarkeit verhaltenswissenschaftlicher Ansätze für die Ökonomie vor Augen führen.

AXEL UHL

Motivation durch Ziele, Anreize und Führung

B e i t r ä g e zur Verhaltensforschung Herausgegeben von

Prof. Dr. Meinolf Dierkes, Berlin Prof. Dr. Gerhard Scherhorn, Hohenheim Prof. Dr. Burkhard Striimpel f, Berlin

Heft 37

Motivation durch Ziele, Anreize und Führung Eine empirische Untersuchung am Beispiel eines Versicherungskonzerns

Von

Axel Uhi

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Uhi, Axel: Motivation durch Ziele, Anreize und Führung : eine empirische Untersuchung am Beispiel eines Versicherungskonzerns / von Axel Uhi. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Beiträge zur Verhaltensforschung ; H. 37) Zugl.: Hohenheim, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09807-2

D 100 Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0522-7194 ISBN 3-428-09807-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie. Für den Theoretiker ist es ein Fest, wenn die Theorie sich auf neue Art als praxisrelevant erweist, und für den Praktiker ein Gewinn - allerdings ist der Gewinn meist nicht ohne die Mühe zu haben, die mit der Überwindung eingewurzelter Überzeugungen verbunden ist. Das gilt fur die vorliegende Thematik in besonderem Maße. Der Anstoß fur den Verfasser, die Arbeit zu schreiben, war die K r i t i k an einer „heiligen K u h " , nämlich der Abschlußprovision fur Versicherungsvertreter. V o n kritischen Autoren ist schon seit langem geltend gemacht worden, daß die Abschlußprovision das Kunden interesse verletzt und dem Unternehmen nicht nützt. Doch an der betrieblichen Praxis ist die K r i t i k bisher stets abgeprallt, weil sie nicht überzeugend nachwies, wie man es besser machen könnte. Der Nachweis ist heute möglich, weil die Forschung vorangeschritten ist. Der Autor dieser Untersuchung erbringt ihn auf doppelte Weise. Er leitet sie aus einer umfassenden Theorie der Setzung und Erreichung von Zielen und aus einer empirischen Untersuchung ab. M i t ihren Ergebnissen und Folgerungen trifft die Arbeit auf eine latente Bereitschaft in vielen Unternehmen, die kontrollierenden und autoritären Führungs- und Anreizstrukturen zurückzunehmen und der Kreativität und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter mehr Raum zu geben. Es spricht sich herum, daß nur so den komplexen und weniger sieht- und kontrollierbaren Arbeitsvollzügen Rechnung getragen werden kann. Der Überblick über die sehr umfangreiche Literatur hat den Charakter eines Kompendiums und liefert mit ihren theoretischen Annahmen und empirischen Befunden den überzeugenden Hinweis, daß es nun wirklich an der Zeit ist, die Unternehmen den Menschen anzupassen, und daß beide dabei gewinnen.

Hohenheim, im Januar 1999

Professor Dr. Gerhard Scherhorn

Dank A m Thema dieser Arbeit hatte ich viel Freude, dennoch bin ich froh, den Schlußsatz geschrieben zu haben. Besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Gerhard Scherhorn. Seinen Vorlesungen habe ich viele Gedanken und Anregungen entnommen. Darüber hinaus danke ich Frau Melanie Walter für ihre Unterstützung und Ermutigung während des Schreibens. Herr W u l f Meier, Vertriebsvorstand und Herr Volker H. Pollmeier, Vertriebsdirektor, haben die Befragung der Vertreter ermöglicht. Für ihre hilfreichen Korrekturen und kritischen Anmerkungen danke ich Frau Britta Seidel und Herrn Professor Dr. Wolfgang Seidel. Diese Arbeit widme ich meinen Eltern, Inge und Karl Uhi, die immer für mich da sind.

Hohenheim, im Juni 1999

Axel Uhi

Inhaltsverzeichnis Einleitung

21 Erstes Kapitel Einführung in die Zielsetzungstheorie

27

A. Historische Entwicklung der Zielsetzungstheorie

27

B. Inhalte der Zielsetzungstheorie

32

I.

Schwierigkeit des Ziels und Leistung

32

1. Zielschwierigkeit und Leistung: Fallbeispiel

33

2. Gültigkeit des Zusammenhangs zwischen Zielschwierigkeit und Leistung... 34 II. Spezifität des Ziels

38

2. Fallbeispiel: Unterscheidung zwischen Zielschwierigkeits- und Zielspezifitätseffekten

39

C. Die Bedeutung des Feedbacks für die Zielsetzungs-Leistungs-Beziehung I.

Fallbeispiel zu Zielsetzung und Feedback

II. Systematische Variation von Zielen und Feedback D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts I.

38

1. Spezifische, schwierige Ziele versus „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele

42 43 44 46

Richtung der Handlung

46

II. Intensität der Handlung

48

III. Ausdauer bei der Handlung

49

IV. Zielsetzung, Strategieentwicklung und Leistung

50

1. Die Reduzierung der Qualität als Strategie

51

2. Ziele beeinflussen die Intensität der Planung

52

3. Wirkungen von Strategietrainings

52

4. Ziele, Strategien und Leistung bei komplexen Aufgaben

54

E. Wirkungen der Zielsetzungen auf Mikro- und Makrolevel

54

F. Zusammenfassung und Aussagekraft der Zielsetzungstheorie

58

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie I.

Commitment: Wert und Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

59 61

II. Die Theorie Atkinsons

63

III. Die Kontroverse: Atkinson versus Zielsetzungstheorie

65

10

nsverzeichnis Zweites Kapitel Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

A. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura I.

68 68

Die Selbstregulierung

68

1. Selbstregulierung durch Selbstbelohnung und Selbstbestrafung

70

2. Selbstregulierung durch Selbstvertrauen

70

3. Fallbeispiel zur Wirkung der beiden Motivationsmechanismen

72

II. Kriterien des Selbstvertrauens

75

III. Informationsquellen des Selbstvertrauens

75

1. Leistungen, die in der Vergangenheit erbracht wurden

75

2. Leistungsvergleich mit anderen

76

3. Vorbilder

79

4. Verbale Überzeugung

80

5. Stimmungen, emotionale Erregung IV. Kognitive, motivational und affektive Prozesse 1. Kognitive Prozesse

80 81 82

2. Motivationale Prozesse

82

3. Affektive Prozesse

83

V. Exkurs: Die Bedeutung des Selbstvertrauens in unterschiedlichen Lebensbereichen

83

1. Selbstvertrauen und intellektuelle Entwicklung

83

2. Selbstvertrauen und Gesundheit

85

3. Selbstvertrauen in Kollektiven

86

VI. Forschungsstand und Zusammenfassung zur Bedeutung des Selbstvertrauens. 87 B. Das Anspruchsniveau bzw. die innere Zielsetzung

90

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

91

I.

Der Kern der Motivation: Zugeteilte schwierige Ziele versus innere Ziele

92

II. Zielspezifität und Selbstregulierung

97

III. Feedback, Ziele, Leistung und Selbstregulierung

98

1. Selbst- und Fremdauswertung 2. Ergebnisrückmeldungen versus Prozeßrückmeldungen

99 101

IV. Ziele, Strategien, Selbstvertrauen und Leistung

102

V. Zeitlich weit entfernte Ziele und Zwischenziele

103

VI. Die Bedeutung der Planung fiir die Motivation

106

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation I.

Gestaltung und Wirkung monetärer Anreize auf die Motivation

107 108

nsverzeichnis

11

II. Zugeteilte versus partizipative Zielsetzung

115

III. Zusammenfassung

118

E. Die Integration der Kausalattribuierungstheorien I.

Zeitliche Stabilität der Faktoren

120 120

II. Internale oder externale Ursachenzuschreibung

121

III. Kontrollierbar versus unkontrollierbar

122

F. „Implizite Theorien" I.

124

Sind Fertigkeiten fix oder variabel?

124

1. Zielsetzungen in Abhängigkeit „Impliziter Theorien": Fertigkeiten und Intelligenz

126

2. Zielsetzungen in Abhängigkeit „Impliziter Theorien": Umwelt und Rahmenbedingungen

131

G. Zeitstabile individuelle Unterschiede in der Leistungsmotivation I.

Erfolgszuversicht bzw. Mißerfolgsängstlichkeit

II. Handlungs-versus Lageorientierung H. Motivationstraining durch Selbstmanagement, Selbstvertrauen und Planung I.

134 134 138 141

Selbstmanagementtraining

141

II. Kausalattributionstraining

144

Drittes Kapitel Die Wertkomponente des Ziels A. Kennzeichen von Bedürfnissen B. Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie und McClellands Bedürfnis-Theorie I.

146 146 152

Intrinsische und extrinsische Motivation

153

1. Intrinsische Motivation (Werte)

153

2. Extrinsische Motivation (Werte)

153

3. Intrinsische Motivation: Ein schillernder Begriff

155

4. Intrinsische Motivation und Leistung

158

II. Die Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Zugehörigkeit.... 164 1. Das Bedürfnis nach Autonomie

164

2. Das Bedürfnis nach Kompetenz

171

3. Das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit

175

4. Autonomie, Kompetenz, soziale Zugehörigkeit und Selbstverwirklichung.... 178 C. Die Unterminierung der intrinsischen Motivation I.

Decis frühe Untersuchungen

179 180

II. Weitere Studien zur Unterminierung

184

III. Zusammenfassung

185

12

nsverzeichnis IV. Wirkung verschiedener Belohnungsfaktoren

185

1. Unerwartete versus erwartete Belohnung

186

2. Kontingente versus nicht-kontingente Bezahlung

186

3. Extrinsische Motivation durch Lob

189

4. Zusammenfassung

192

V. Fehlsteuerung durch extrinsische Anreize

193

VI. Sonderfall: Extrinsische Motivation durch Wettbewerb

194

VII. Eine differenzierte Betrachtung extrinsischer Motivation

200

1. Die Integration äußerer Werte

200

2. Internalisierung und Motivation

204

3. Soziale Einflußfaktoren und Internalisierung

208

4. Maßnahmen zur Internalisierung äußerer Werte

211

VBDL Hindernisse auf dem Weg zur intrinsischen Motivation

213

IX. Nicht alle Ziele haben den gleichen Wert

218

D. Zufriedenheit und Leistung

219

Viertes Kapitel Resümee und Folgerung

221

A. Zusammenfassung des theoretischen Teils der Arbeit

221

B. Der Hochleistungskreis der Motivation

232

Fünftes Kapitel Die Befragung von 1.877 Vertretern eines namhaften Versicherungskonzerns A. Grundlagen und Methode der empirischen Untersuchung B. Hypothesen I.

236 236 239

Hypothesen zur Zielsetzung

239

1. Spezifität des Zielsystems

239

2. Höhe der Zielsetzung

240

3. Schwierigkeit des Zielsystems

242

4. Zusammenhang zwischen selbstgesetztem Ziel und vorgegebenem Ziel.... 243 5. Zusammenhang zwischen selbstgesetztem Ziel und Leistung

243

6. Zusammenfassung

244

II. Hypothesen zur Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

247

1. Der Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen, Zielsetzung und Leistung. 247 2. „Implizite Theorien" und Selbstvertrauen III. Hypothesen zu Wertkomponenten eines Ziels

254 257

nsverzeichnis

13

1. Das Autonomiebedürfnis der Vertreter

258

2. Das Kompetenzbedürfiiis der Vertreter

261

3. Das Bedürfnis der Vertreter nach „sozialer Zugehörigkeit"

263

4. Die Internalisierung der Unternehmensziele

264

5. Zusammenhang zwischen Internalisierungsgrad, Zielsetzung und Leistung

266

6. Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation und Zufriedenheit

267

7. Anzahl und Art der Ziele

269

8. Die Inhalte der Ziele

273

9. Hypothesen zur Bedeutung des Feedbacks für Zufriedenheit und intrinsische Motivation

278

IV. Hypothesen zur Bereitschaft der Vertreter, das Unternehmen zu verlassen .... 289 V. Hypothesen zum Anreizsystem des untersuchten Versicherungskonzerns

294

1. Die Beschreibung der Anreizsysteme

294

2. Die Befriedigung der physiologischen Grundbedürfnisse

295

3. Das Bedürfnis nach Sicherheit

296

4. Das Bedürfnis nach Wertschätzung

296

5. Das Bedürfnis nach Kompetenz

297

6. Das Autonomiebedürfiiis

300

7. Wirkungen von Anreizsystemen

301

Sechstes Kapitel Zusammenfassung, Verbesserungsvorschläge und Ausblick A. Das Zielsystem des Versicherungskonzerns ist verbesserungsfahig I.

Die Ziele im Geschäftsplan sollten spezifischer formuliert werden

II. Der Schwierigkeitsgrad des Zielsystems ist deutlich anzuheben

303 305 305 306

III. Die Internalisierung der Ziele steht in Zusammenhang mit der Höhe der selbstgesetzten Ziele

307

IV. Die Zufriedenheit korreliert mit der Internalisierung der Ziele

308

V. Unzufriedenheit mit dem Unternehmen und Unzufriedenheit mit bestimmten Zielen

308

VI. Unzufriedenheit und die Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Zugehörigkeit

309

B. Ein „neuer" Inhalt für das Zielsystem erscheint notwendig I.

Der Geschäftsplan kann eine Erklärung fur die Unzufriedenheit mit den Zielen sein

II. Das richtige Ziel wäre das Bestandswachstum

310 310 310

nsverzeichnis 1. Berücksichtigung der Autonomie-, Kompetenz- und Zugehörigkeitsbedürfnisse

310

2. Berücksichtigung der Interessen des Unternehmens

311

3. Berücksichtigung der Kundeninteressen

312

C. Folgeprovisionen sind das dem Ziel entsprechende Anreizsystem I.

312

Berücksichtigung der Vertreterbedürfiiisse

313

II. Berücksichtigung der Unternehmensinteressen

313

III. Berücksichtigung der Kundeninteressen

314

IV. Weiterbildungsmaßnahmen als zusätzlicher Anreiz

314

D. Die Qualität der Feedbackgespräche sollte verbessert werden

315

E. Mitarbeiterauswahl, Selbstvertrauen und Erfolgszuversicht

317

F. Die Mitarbeiterfluktuation, Zufriedenheit und Selbstvertrauen der Vertreter

318

G. Das neue Ziel- und Anreizsystem

318

H. Grenzen der Aussagen und Ausblick

319

Anhang

323

Literaturverzeichnis

345

Schlagwortverzeichnis

361

Tabellenverzeichnis Tabelle 1

Ergebnisse der Meta-Analysen des Zielschwierigkeitseffekts auf die Leistung

36

Tabelle 2

Ergebnisse der Meta-Analysen des Ziel-Spezifitäts-SchwierigkeitsEffekts auf die Leistung

39

Tabelle 3

Untersuchungsdesign von Locke zur Wirkung von Ziel Schwierigkeit und Zielspezifität Ergebnisse des ersten Experiments von Locke Ergebnisse des zweiten Experiments von Locke Schema zur Wirkung von Zielsetzung und Feedback

40 41 41 44

Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7 Tabelle 8 Tabelle 9 Tabelle 10 Tabelle 11 Tabelle 12 Tabelle 13 Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle

14 15 16 17 18 19

Tabelle 20 Tabelle 21 Tabelle 22 Tabelle 23 Tabelle 24 Tabelle 25

Atkinsons Gleichung der Leistungsmotivation Einfluß der Zielschwierigkeit auf inneres Ziel, Selbstvertrauen, Zufriedenheit und Leistung Leistung in Abhängigkeit von Zielschwierigkeit und Fremdauswertung Ziele und Leistungen im Zeitablauf bei partizipativen versus zugeteilten Zielen Klassifikationsschema für Ursachenerklärungen von Erfolg und Mißerfolg Ziele und Verhalten in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" Klassifikation der Untersuchungsergebnisse von Herzberg und McClelland Freiwillige Weiterarbeit mit und ohne Belohnungen Zeit, die fur das Finden von Überschriften benötigt wurde Abwesenheit vom Arbeitsplatz Durchschnittliche Zeit der freiwilligen Arbeit Durchschnittliche Zeit der freiwilligen Arbeit Empfundene Wahlfreiheit, Nützlichkeit der Aufgabe und Interesse an der Handlung Klassifikationsschema für internale Ursachenzuschreibung Vergleich von vorgegebenem und selbstgesetztem Ziel bezüglich der erreichten Leistung Ergebnisse der Hypothesenprüfung zur Zielsetzung Gruppeneinteilung der Vertreter nach der Höhe der eigenen Zielsetzung und der Leistung Selbstvertrauen für 3 Zielsetzungsgruppen Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung

64 93 100 117 123 125 154 181 182 183 196 212 213 219 244 245 246 248 249

16

blnverzeichnis

Tabelle 26 Tabelle 27 Tabelle 28 Tabelle 29 Tabelle 30 Tabelle 31 Tabelle 32 Tabelle 33 Tabelle 34

Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Zielsetzungen Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung (differenzierter Indikator) Zusammenhang zwischen „Impliziten Theorien" und Selbstvertrauen. Internalisierung des Geschäftsplans

253 .256 265

Zusammenhang zwischen Zielsetzung, Leistung und intrinsischer Motivation Zufriedenheit und intrinsische Motivation Anzahl und Art der Ziele in Prozent

266 268 270

Zusammenhang zwischen Häufigkeit, Art der Ziele, intrinsischer Motivation und Zufriedenheit Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation, Zufriedenheit und Abweichung vom idealen Unternehmen

251

271 275

Tabelle 35 Tabelle 36

Wichtigkeit der Rückmeldung bezüglich der Leistung Zusammenhang zwischen Regelmäßigkeit der Rückmeldungen und intrinsischer Motivation

Tabelle 37

Zusammenhang zwischen der Art der Rückmeldungen und intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation

Tabelle 38

Zielsetzungsgruppen und informatives bzw. kontrollorientiertes Feedback 282 Qualität der Rückmeldung 284 Durchschnittswerte für die Feedbackqualität in Abhängigkeit der Motivation 285 Zusammenhang zwischen Zufriedenheit mit dem Unternehmen und Feedback 286 Zusammenhang zwischen Zielsetzungs- bzw. Leistungsgruppen und der Qualität des Feedbacks 287 Wechselbereitschaft der Leistungsgruppen 292 Wechselbereitschaft, Selbstvertrauen und Zufriedenheit der erfolgreichen Vertreter 293 Bedeutung der Anreizsysteme für die Finanzierung des Lebensunterhalts und der Agentur 295 Bedeutung der Anreizsysteme für die Wertschätzung der Mitarbeiter... 297 Kompetenz: Was verstehen die Vertreter unter kompetentem Handeln? 298 Anreizsystem und Leistungsdruck 300 Zusammenfassung der Wirkungen von Anreizsystemen 301 Der Geschäftsplan 1997 für hauptberufliche Vertreter 323 Selbstvertrauen: Welches Gefühl überwiegt, wenn Sie an dieses Ziel denken? 325

Tabelle 39 Tabelle 40 Tabelle 41 Tabelle 42 Tabelle 43 Tabelle 44 Tabelle 45 Tabelle 46 Tabelle 47 Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle

48 49 50 51

Tabelle 52 Tabelle 53

Wichtigkeit der freien Planung und Gestaltung des Arbeitstages Bereitschaft in ein Angestellten Verhältnis mit festen Arbeitszeiten zurückzukehren

278 280 281

325 326

blnverzeichnis

17

Tabelle 54 Tabelle 55

Gefühl, frei entscheiden und handeln zu können Beurteilung der Stellschrauben bei Lebensversicherungen

326 326

Tabelle 56 Tabelle 57

Beurteilung der Staffelung von Abschlußprovisionen Wichtigkeit des Gefühls, ein kompetenter Fachmann zu sein

327 327

Tabelle 58

Antwortkategorien, wie die Fähigkeiten der Vertreter besser gefördert werden könnten

327

Tabelle 59

Weiterbildung: Welche Form hat für Sie welche Bedeutung?

328

Tabelle 60 Tabelle 61

Das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit

328

Tabelle 63 Tabelle 64

Interesse, Freude am Beruf und Zeitvergessenheit der befragten Vertreter Unter welchen Bedingungen würde Ihnen die Arbeit noch mehr Spaß machen? Zufriedenheit der Vertreter Abweichung von idealem Unternehmen

329 330 330

Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle

Bedeutung der einzelnen Informationsquellen für Rückmeldungen Regelmäßigkeit der Rückmeldung an Vertreter Feedback mit Problemlösung und Kritik Prämiensystem und sicheres Einkommen Messung kompetenten Vertreterverhaltens Anreizsystem und kompetentes Verhalten Angstempfinden in Abhängigkeit demographischer Angaben

331 331 332 332 332 333 333

Tabelle 62

2 Uhi

65 66 67 68 69 70 71

329

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Abbildung 2

Wissenschaftliche und organisationsbezogene Forschungszweige Gesamtleistung bei spezifischen, schwierigen und bei „Versuchen

30

Sie Ihr Bestes"-Zielen

58

Abbildung 3

Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit, Commitment

Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

4 5 6 7

und Leistung Gleichung der Leistungsmotivation Erwartungs-Wert-Theorie versus Zielsetzungstheorie Feedforward- und Feedback-Kontrolle Leistung mit Zielen und Feedback, mit Zielen, mit Feedback und

60 63 65 70

ohne Feedback Veränderung der Leistung in Abhängigkeit von Selbstwertgefuhl

73

Abbildung 8

und Zufriedenheit Stärke des Selbstvertrauens in den verschiedenen Phasen des Experiments Abbildung 10 Grad an Selbstzufriedenheit in den verschiedenen Phasen des Experiments Abbildung 11 Grad der Organisationsleistung in den verschiedenen

74

Abbildung 9

Phasen des Experiments Abbildung 12 Selbstvertrauen in Abhängigkeit von Stimmungen

77 78 78 81

Abbildung 13 Übersicht der Einflußfaktoren und Wirkungen des Selbstvertrauens.... 89 Abbildung 14 Instrumentalität: Zusammenhang zwischen Leistung und Belohnung ..95 Abbildung 15 Zufriedenheit mit erbrachter Leistung in Abhängigkeit vom Ziel 98 Abbildung 16 Einfluß von Zwischenzielen auf die Stärke des Selbstvertrauens Abbildung 17 Einfluß von Zwischenzielen auf die Leistung Abbildung 18 „Slope" bei Bonus- und Stückbezahlung bei mittlerer Zielschwierigkeit Abbildung 19 „Slope" bei Bonus- und Stückbezahlung bei hoher Zielschwierigkeit Abbildung 20 Ziel-Commitment in Abhängigkeit von Zielschwierigkeit und Incentive-Typ Abbildung 21 Leistung in Abhängigkeit von Zielschwierigkeit und Incentive-Typ Abbildung 22 Abbildung 23 Abbildung 24 Abbildung 25

104 104 111 112 114

114 Prospektive und retrospektive Kausalattribuierung 124 Stärke des Selbstvertrauens in Abhängigkeit „Impliziter Theorien"... 128 Höhe der selbstgesetzten Ziele in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 129 Strategieentwicklung in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 129

Abbildungsverzeichnis

19

Abbildung 26 Leistung der Organisation in Abhängigkeit „Impliziter Theorien"

130

Abbildung 27 Selbstvertrauen in Abhängigkeit „Impliziter Theorien"

132

Abbildung 28 Selbstgesetzte Ziele in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" Abbildung 29 Organisationsleistung in Abhängigkeit „Impliziter Theorien"

132 133

Abbildung 30 Akzeptanz schwieriger Ziele bei Erfolgszuversicht bzw. Mißerfolgsängstlichkeit

136

Abbildung 31 Die Bedürfnispyramide nach Maslow

148

Abbildung 32 Werte als Bindeglied zwischen Zielen und Bedürfnissen

151

Abbildung 33 Das Zusammenwirken von Autonomie, Kompetenz und sozialer Zugehörigkeit Abbildung 34 Beurteilung von Leistung Abbildung 35 Leistungsbeurteilung nach Fechter Abbildung 36 Integrationsstufen von Werten Abbildung 37 Zeitplan für Decis, Connels und Ryans Autonomietraining

178 199 199 203 215

Abbildung 38 Der Hochleistungskreis 235 Abbildung 39 Das empirisch überprüfte Modell, zu mehr Leistung zu motivieren ...237 Abbildung 40 Der empirisch untersuchte Hochleistungskreis 238 Abbildung 41 Wichtigkeit der freien Planung und Gestaltung des Arbeitstages Abbildung 42 Bereitschaft, in ein Angestellten Verhältnis mit festen Arbeitszeiten zurückzukehren Abbildung 43 Das Gefühl, frei handeln und entscheiden zu können Abbildung 44 Beurteilung der Stellschrauben bei Lebensversicherungen Abbildung 45 Wichtigkeit von Fachkompetenz und Weiterbildung Abbildung 46 Gewünschte Formen der Weiterbildung Abbildung 47 Verbundenheit mit dem Unternehmen und Bedeutung der Zielidentifikation Abbildung 48 Ziele und Ausprägungen in einem idealen Unternehmen und in der Realität Abbildung 49 Bedeutung unterschiedlicher Informationsquellen für Rückmeldungen Abbildung 50 Regelmäßigkeit der Rückmeldung an die Vertreter Abbildung 51 Form der Leistungsrückmeldung Abbildung 52 Korrelationen der untersuchten Variablen Abbildung 53 Prozentuale Verteilung der Wechselbereitschaft bei den befragten Vertretern

258 259 259 260 261 262 263 274 279 280 281 288 289

Abbildung 54 (Un-)Zufriedenheit mit dem Unternehmen und Bereitschaft, im Beruf zu bleiben 290 Abbildung 55 Prozentuale Verteilung der Wechselbereitschaft bei sehr zufriedenen und völlig unzufriedenen Vertretern 291 Abbildung 56 Prämiensystem und Sicherheit des Einkommens 296 Abbildung 57 Messung kompetenten Verhaltens bei einem Versicherungsvertreter 299 Abbildung 58 Eignung der Anreizsysteme zur Belohnung kompetenten Verhaltens.... 299

Einleitung Der Wettbewerbsdruck für deutsche Unternehmen nimmt als Folge der Globalisierung der Märkte ständig zu. Auch in der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche hat sich mit der Liberalisierung des europäischen Versicherungsmarktes die Wettbewerbsintensität erhöht. Über 500 Unternehmen befinden sich allein in Deutschland im Kampf um den Verbraucher. Weitere 440 ausländische Finanzdienstleistungsunternehmen stehen „ante portas". 1 Beobachtet wird eine Ausbreitung von Allfinanzkonzepten und eine direkte Konkurrenz zwischen Versicherungsunternehmen und Banken.2 Eine Folge sind starke Konzentrationsprozesse und Gruppenbildungen, auch zwischen Banken und Versicherungen. Als Beispiele dienen:3 • Integration der Vereinten Versicherungsgruppe in den Allianz-Konzern. • Übernahme des französischen Versicherungskonzerns AGF durch die Allianz. • Winterthur- und Commerzbankbeteiligung an der DBV-Gruppe. • Zusammenfuhrung der Zürich Versicherungen und der Agrippina Versicherungen. • Fusion zwischen den beiden französischen Gruppen AXA/UAP. • Zusammenschluß der Hamburg-Mannheimer Versicherungen, Viktoria Versicherungen und der Deutschen Krankenversicherung zur Ergo Gruppe. Klein (1997) vermutet, daß „... diese Vorgänge auf gigantische Umstrukturierungen in der Banken- und Versicherungswirtschaft hindeuten" und „... den Markt 2000 entscheidend bestimmen werden" 4. Das Ergebnis könnte ein Fi-

1

Vgl. Peters , K. (1997): Der Einsatz von Produkt-/Konzept-Tests zur Optimierung des Angebots von Versicherungsunternehmen. In: 10 Jahre VersicherungsForum. Tagungsreihe des Verlags Versicherungswirtschaft e. V. 1987-1997. Tagessymposium: Neue Ansätze in der Marktforschung und im Marketing von Versicherungsunternehmen, unveröffentlichtes Manuskript, S. 1-36, hier: S. 5. 2 Vgl. Klein, W. A. (1997): Traditionelle Stärke des Außendienstes. In: Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (Hrsg.): I VW Management-Information, 4, S. 1-2, hier: S. 1. 3 Ebenda. 4 Ebenda.

22

Einleitung

nanzdienstleistungsmarkt mit wenigen, etwa gleich starken und weltweit tätigen Unternehmen sein. Neben den Konzentrationsprozessen wird die Liberalisierung den Wettbewerb bei den Parametern Produkte, Preise, Qualität und Service verstärken. Der Möglichkeit zur innovativen Produktgestaltung kommt besondere Bedeutung zu. Vor der Liberalisierung war die Produktentwicklung und -differenzierung kein entscheidender Wettbewerbsparameter. Die langwierige und detaillierte Entwicklungsarbeit in den verschiedenen Verbandsgremien und die erforderlichen Genehmigungsverfahren ließen kaum Freiräume für individuelle Produkte. 5 Jetzt wächst der Druck auf die Finanzdienstleister, neue Produkte zu entwickeln, um sich von den Wettbewerbern abzuheben und neue Teilmärkte bzw. Wettbewerbsfelder zu erschließen. Die Folge ist eine Vielzahl von Produkten, deren Qualität nicht mehr der Genehmigungspflicht durch das Bundesaufsichtsamt für Versicherungen unterliegt. Für den Verbraucher sind die Produkte kaum noch vergleichbar. Deshalb wäre bei der entstehenden Intransparenz der Produktwelt eine Re-Regulierung zum Schutze der Verbraucher möglich. 6 Die Folge wäre eine erneute Beschränkung des Wettbewerbsparameters Produktentwicklung. Auch der Preiswettbewerb ist durch die Liberalisierung intensiver geworden. Das Beispiel der neuen Kraftfahrzeugtarife mit Vorzugskonditionen für Wenigfahrer, Garagenbesitzer, Einzelfahrer etc. zeigt, daß die Intensivierung dieses Wettbewerbsparameters einen Prämienverfall einer ganzen Versicherungsbranche (hier: Kfz-Versicherungen) bewirken kann. Das Entwickeln von Qualitäts- und Servicestandards ist bei allen großen Finanzdienstleistungsunternehmen ein wichtiges Thema. Ziele sind z. B. verbesserte Erreichbarkeit durch den Kunden, beschleunigte Bearbeitung von Kundenwünschen oder erleichterte Verständlichkeit bei Briefwechseln und Vertragsbedingungen. Mittelfristig werden alle großen Finanzdienstleistungsunternehmen diese Standards erreichen und der Wettbewerbsdruck wird bei diesem Parameter zurückgehen. Die Intensität des Wettbewerbs bleibt nicht auf die Produkte und das Marketing beschränkt. Eine Verlagerung des Wettbewerbs findet bis weit in innerbetriebliche Prozesse statt, so z. B. bei der Informationstechnologie, den Organisationsstrukturen und dem Kostenmanagement. Gleichzeitig werden die Halb-

5 Vgl. Schorlemer, E. (1997): Prozeßabiaufgestaltung der Produkt(neu)entwicklung. In: Office Management, 6, S. 27-29, hier: S. 27. 6 Vgl. Haller, M. (1996): Von „Assekuranz 2000" zur Versicherung im „Netzwerk 2.007". In: Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (Hrsg.): Zukunft der Versicherung im Netzwerk 2.007, S. 3-19, hier: S. 11.

Einleitung

wertszeiten von Wettbewerbsvorteilen in all diesen Bereichen kürzer. 7 Das bedeutet zunächst, daß diese Aktivitäten notwendig sind, um konkurrenzfähig zu bleiben. Allerdings dürfte mittel- und langfristig ein positives Abheben von den Mitbewerbern schwierig sein, weil alle Marktteilnehmer über die gleichen Standards verfugen werden. Deshalb schlagen Prahalad und Hamel (1991) eine Besinnung auf Kernkompetenzen vor. 8 Diese würden eine langfristige Differenzierungskraft fur die Sicherung des Markterfolgs einer Unternehmung schaffen. Kernkompetenzen beträfen die Entwicklung und Festigung unternehmenseigener Resourcen und würden: 9 • Den Zugang zu einem Spektrum von Märkten öffnen. • Vom Kunden wahrgenommen werden und einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. • Für die Konkurrenz nur schwer kopierbar sein, weil diese Kompetenzen aus einer einmaligen Kombination aus Technologie-Know-how, Herstellungswissen und internen Lern- und Koordinationsprozessen entstehen. Eine der bedeutensten Kernkompetenzen des in dieser Arbeit untersuchten Versicherungskonzerns ist die hauptberufliche Vertriebsorganisation. Mehrere tausend hauptberufliche Ausschließlichkeitsvertreter sind fur den Vertrieb von Finanzdienstleistungen und fur die Betreuung der Kunden verantwortlich. • Die Außendienstorganisation spielt bei der Marktdurchdringung oder dem Marktzugang eine dominierende Rolle. So z. B. bei der Einführung neuer Produkte oder Tarife. • Die Ausschließlichkeitsvertreter und der angestellte Außendienst erwirtschaften 75 Prozent der Beitragseinnahmen bei privaten und gewerblichen Versicherungen. 10 Der zwischenmenschliche Kontakt und das persönliche Gespräch zwischen Kunde und Vertreter ist, nach Ansicht von Experten, nicht zu ersetzen. Des weiteren sind die Verkaufsbüros ein wichtiger Kommunikationsweg zum Kunden. 11

7

Vgl. Haller, M. (1996): Von „Asskuranz 2000", S. 12. Ebenda, vgl. auch Prahalad, C. K., Hamel, G. (1991): Nur Kernkompetenzen sichern das Überleben. In: Harvard Manager, 2, S. 66-78 f. 9 Vgl. Haller, M. (1996/· Von „Assekuranz 2000" zur Versicherung im Netzwerk 2.007", S. 12. 10 Vgl. Die deutsche VersicherungsWirtschaft des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (Hrsg.), Jahrbuch 1993, Verlag Versicherungswirtschaft e. V., Karlsruhe, S. 33. 11 Vgl. Haller, M. (1996): Von „Assekuranz 2000" zur Versicherung im „Netzwerk 2.007". In: Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen (Hrsg.): Zukunft der Versicherung im Netzwerk 2.007, S. 3-19, hier: S. 11. 8

24

Einleitung

• Nicht zuletzt ist die Vertreterorganisation aufgrund ihrer Größe ein von den Mitbewerbern nicht kopierbarer Wettbewerbsvorteil. Zu hoch sind die Anforderungen an Wissen und Fähigkeiten jedes einzelnen Vertreters und an die Koordination der gesamten Vertriebsstruktur. Die Entwicklung und Stärkung der Kernkompetenzen sollte deshalb bei der hauptberuflichen Ausschließlichkeitsorganisation beginnen. Das entscheidende Thema ist die Leistung der Vertreter. Häufig wird in der Leistungsmotivation die wichtigste Quelle unterschiedlicher beruflicher Leistungen gesehen.12 Schuler (1988) weist daraufhin, daß dieser Vermutung in der Literatur nicht ausdrücklich widersprochen wird, daß aber andererseits nicht übersehen werden kann, welche große Bedeutung kognitive Fähigkeiten fur den Berufserfolg haben.13 Allerdings hat die Leistungsmotivation gerade für wenig strukturierte, Eigeninitiative erfordernde Tätigkeiten und für freiwillige Leistungen große Bedeutung.14 Dies entspricht dem Aufgabenfeld des selbständigen Außendienstes im Finanzdienstleistungssektor. Die General· und Hauptvertreter sind selbständige Gewerbetreibende nach § 84 HGB, deren Leistungen weitgehend freiwillig und selbständig erbracht werden. 15 Allerdings sind die Verkaufserfolge klar meßbar. Initiative und Kreativität der Vertreter entscheiden sowohl über den Erfolg bei internem Wettbewerb (Ranglisten im Unternehmen), als auch externem Wettbewerb (Marktanteile des Unternehmens). Ziel der vorliegenden Arbeit ist, Ansätze und Möglichkeiten zur Steigerung der Motivation der General- und Hauptvertreter aufzuzeigen. Die Konzentration auf die Motivation hat zwei wichtige Gründe: • Während die Fähigkeiten der Vertreter kaum verbessert werden können und deren Fertigkeiten nur in einem eher langfristigen Entwicklungsprozeß veränderbar sind, kann die Motivation Leistung sofort beeinflussen. Das bedeutet, daß im Rahmen der gegebenen Fähigkeiten und veränderbaren Fertigkeiten die Vertreter durch Anstrengung und Ausdauer (Selbstregulierung) ihre optimale Leistung erbringen können. 12

Vgl. Atkinson, J. W. (1978): Motivational determinants of intellective performance and cumulative achievement. In: Atkinson, J. W., Rynor, J. O. (Hrsg.): Personality, motivation and achievement. Washington: Hemisphere, S. 221-242, vgl. auch Schuler, Η. (1998): Berufsbezogene Leistungsmotivation. Überlegungen zum Konstrukt und erste Ergebnisse einer Testentwicklung. Beitrag zur Festschrift für Hemann Brandstätter, Hohenheim, unveröffentlichtes Manuskript, S. 1. 13 Vgl. Schuler, H. (1998): Berufsbezogene Leistungsmotivation, S. 1. 14 Ebenda, S. 2. 15 Vgl. Hopt, K. (1995): Handelsgesetzbuch: Mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht). 29. Auflage, München: Beck, S. 216 ff.

Einleitung

• Langfristig können sich durch die intensivere Auseinandersetzung mit den Zielsetzungen auch die Fertigkeiten der Vertreter weiterentwickeln. 16 Problematisch ist, daß trotz intensiver Forschungsarbeit das Konstrukt Leistungsmotivation in sich selbst nicht bestätigt ist. 17 Es existieren eine Vielzahl häufig konkurrierender Theorien. Sie reichen von den lange Zeit dominierenden Ansätzen von Lewin, McClelland\ Atkinson und Heckhausen, die den Konflikt zwischen Hoffnung auf Erfolg und der Angst vor Mißerfolg thematisieren, über die sozialpsychologisch-kognitiven Theorien von Weiner (Attributionstheorien), bis zu den Bedürfhistheorien von Maslow, White, Murray, Deci und Ryan. 18 Als übergreifender Ansatz wird hier die Erwartungs-Wert-Theorie von Atkinson verwendet. Diese besagt, daß die Motivation, ein Ziel zu erreichen dem Produkt von Erfolgswahrscheinlichkeit der Zielerreichung und dem Wert des Ziels entspricht. Erst aus der Beziehung zwischen Wert und Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung ergeben sich die Hoffnung auf Erfolg bzw. die Angst vor Mißerfolg. Aus diesem Grunde werden die häufig genannten Dimensionen der Leistungsmotivation hier in drei Gruppen unterteilt: • Die Zielsetzung {Locke und Latham) und die damit verbundene Antriebsstärke bilden die erste Gruppe. • Die zweite Gruppe bezieht sich auf die Einschätzung eines Individuums, ob die Zielerreichung möglich ist. Inhalte sind Beharrlichkeit, Selbstvertrauen (Bandura), Attributionsneigung (Weiner), „Implizite Theorien" (Bandura), Erfolgshoffhung und Mißerfolgsängstlichkeit (Heckhausen) sowie Handlungs- bzw. Lageorientierung (Kühl). • Schließlich werden Faktoren beschrieben, die ein Indiviuum überzeugen, daß das Erreichen eines Ziels oder das bloße Handeln wichtig sind und einen Wert darstellen. Die dritte Gruppe bilden deshalb Theorien zur Selbstverwirklichung (Maslow), zu Hygienefaktoren bzw. zu Motivatoren (Herzberg), zu intrinsischer und extrinsischer Motivation, zu Selbstständigkeit, Selbstbestimmung (Heider, deCharms u. a.), Kompetenz (Piaget, White), sozialer Zugehörigkeit (Deci und Ryan) und Flow (Csikszentmihalyi). Vorliegende Arbeit besteht aus einem theoretischen und einem empirischen Teil. Die Theorie (Kap. 1 bis 4) soll Widersprüche, Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge der unterschiedlichen Ansätze aufzeigen. Anschließend soll aus diesen ein neues Motivationsmodell zur Leistungssteigerung entstehen. Dabei wird auf Lockes und Lathams Hochleistungskreis zurückgegriffen, der schon

16

Vgl. Campell, S J., Ilgen, D. R. (1976): Additive effects of task difficulty and goal setting on subsequent task performance. In: Journal of Applied Psychology, 61, S. 319324, hier: S. 319 ff. 17 Vgl. Schuler, H. (1998): Berufsbezogene Leistungsmotivation, S. 2. 18 Ebenda, S. 2.

26

Einleitung

die wesentlichen Inhalte der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie enthält. Erweitert wird das Modell um die Selbstbestimmungstheorie. Die Empirie (Kap. 5 und 6) wird die Annahmen des Theoriemodells unter den Rahmenbedingungen eines namhaften Versicherungskonzerns überprüfen. In Anbetracht der noch wenig geklärten Konstruktvalidität operanter Tests soll eine Befragung von General- und Hauptvertretern durchgeführt werden. 19 Das Ziel gilt als erreicht, wenn das Modell • die verschiedenen Motivationstheorien sinnvoll integriert, • wichtige Einflußfaktoren der Motivation zur Leistung darstellen und erklären kann, • auf die Rahmenbedingungen des Versicherungsunternehmens übertragen worden ist, • Leistungsunterschiede der Vertreter erklären kann, • konkrete Möglichkeiten zur Steigerung der Motivation zur Leistung durch Veränderungen von Zielen, Anreizen und Führungsstilen aufzeigt.

19

Vgl. Schuler, H. (1998): Berufsbezogene Leistungsmotivation, S. 7.

Erstes Kapitel

Einführung in die Zielsetzungstheorie A. Historische Entwicklung der Zielsetzungstheorie Motivationstheorien versuchen zu erklären, warum Menschen handeln. Erklären bedeutet, den Grund für das Handeln zu finden. Der Grund ist, daß mit dem Handeln ein oder mehrere Ziele erreicht werden sollen.1 Deshalb ist nicht, wie im „deutschen Ansatz" von Frese und Zapf (1994), die Handlung der Ansatzpunkt fur die Motivationstheorie, sondern das Ziel. 3 Die Zielsetzungstheorie basiert auf der einfachen Beobachtung, daß entschlossenes menschliches Verhalten zielgerichtet ist. Das Verhalten wird durch die Ziele gesteuert. Diese Zielgerichtetheit ist nicht allein auf den Menschen beschränkt, sondern ist für das Verhalten aller Organismen, einschließlich den Pflanzen, charakteristisch und auch nicht auf bewußtes Handeln eingegrenzt. 4 Die Steuerung der Handlungen ist allerdings verschieden. Der geringste Grad an Steuerung ist vegetativ und genetisch bedingt, wie z. B. bei Pflanzen. Sonnenblumen wenden sich nach dem Licht, mit dem Ziel, möglichst viel Sonneneinstrahlung aufnehmen zu können. Die Handlungen der Pflanzen sind auf die Reaktionen begrenzt, die das Überleben sichern.5 Auch die Tiere verfügen über eine unbewußte, vegetative Steuerung von Handlungen, wie z. B. des Herzschlags. Darüber hinaus können sie ihr Verhal1

Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 9. Vgl. Freese, M., Zapf, D. (1994): Action as the core of work psychology: A German approach. In: Dunnette, M., Hough, L. (Hrsg.): Handbook of industrial and organizational psychology. Palo Alto, CA: Consulting Psycholgist Press. 3 Vgl. Locke, Ε. Α., Kristof, A. L. (1996): Volitional choices in the goal achievement process. In: Gollwitzer, P. M., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior. New York, London: The Guilford Press, S. 365384, hier: S. 383. 4 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes 50, S. 212-247, hier: S. 212. 5 Vgl. Locke, E. A. (1991): The motivation sequence, the motivation hub, and the motivation core. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes 50, S. 288-299, hier: S. 289. 2

28

1. Kapitel: Einführung in die Zielsetzungstheorie

ten durch sensorisch-perzeptuelle Mechanismen zielgerichtet lenken und sich in der Umwelt bewegen. Durch das Empfinden von Wohlgeflihl und Schmerz lernen sie, Handlungen zu wiederholen, die angenehm sind und andere zu vermeiden, die Schmerzen verursachen. 6 Der Mensch verfugt über beide, vegetative und sensorische Funktionen, aber darüber hinaus über eine höhere Form der Selbststeuerung, die konzeptuelle. Die konzeptuelle Steuerung des Handelns geschieht volitional (willentlich). Die Fähigkeit, eine Handlung willentlich auszufuhren, sicherte das Überleben der Menschen. Voraussetzung für eine willentliche Handlung ist die Überlegung, was der eigenen Bedürfnisbefriedigung dient. Weil diese Überlegung noch nichts darüber aussagt, was objektiv richtig oder falsch ist, ist der Mensch gezwungen, sein Wissen zu benutzen, um Ziele und Maßnahmen festzulegen, die eine Bedürfnisbefriedigung sicherstellen sollen.7 Der Mensch verfugt also über die Fähigkeit, sich selbst Ziele zu setzen, die Maßnahmen der Zielerreichung zu planen und die entsprechenden Handlungen durchzufuhren. Damit beschäftigt sich die Zielsetzungstheorie. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf die Frage, warum manche Menschen Handlungen besser ausführen als andere.8 Bei gleichen Fähigkeiten und gleichem Wissen, müssen die Unterschiede motivational bedingt sein. Die Zielsetzungstheorie erklärt diese Leistungsunterschiede durch den Ausgangspunkt der Motivation. Die Handelnden zeigen nach dieser Theorie unterschiedliche Leistungen, weil sie unterschiedliche Ziele haben. Das Konzept der Zielsetzungen gehört in den Bereich der kognitiven Psychologie. Sie ist aus zwei Forschungszweigen entstanden, einer wissenschaftlichen und einer organisationsbezogenen.9 Die wissenschaftlichen Ursprünge sind das Modell der „Würzburger Schule" (z. B. die Arbeiten von Kulpe, Watt und Ach) und deren Erkenntnisse im Hinblick auf Zielsetzung, Maßnahmen, mentale Einstellung und emotionale Erregung. Ach formulierte schon 1935 ein Gesetz, das besagt, daß die Motivation von der Schwierigkeit der Aufgabe abhängig sei. Dies ist bis heute die Kernaussage der Zielsetzungstheorie. 10

6 Vgl. Locke, E. A. (1991): The motivation sequence, the motivation hub, and the motivation core, S. 289. 7 Ebenda. 8 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 213. 9 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980. In: Psychological Bulletin 90, No.l, S. 125-152, hier: S. 125. 10 Vgl. Ach, W. (1938): Zur neuen Willenslehre. In: Bericht über den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Jena, S. 125-156, hier: S. 125f f., vgl. auch

Α. Historische Entwicklung der Zielsetzungstheorie

29

Lewin (1958) verdeutlichte, daß die leistungssteigernden Wirkungen psychologische Ursachen haben müssen und verknüpfte Motivation mit der Absicht zu handeln.11 Seine Arbeit beinhaltete auch die Wirkungen unterbrochener Aufgaben, wie z. B. des Ovsiankina-Effzkis (vgl. Kap. I.G.I.). In England wurden schon 1935 von Mace die ersten Zielsetzungsexperimente durchgeführt. 12 Er verglich spezifische, schwierige Ziele mit „Versuchen Sie Ihr Bestes" Zielen. Ryan, der von der „Würzburger Schule", Lewin und Mace beeinflußt wurde, stellte fest: „Die einfachste Art, die Motivation eines Menschen zu erklären, ist, zu betrachten, was dieser Mensch in der entsprechenden Situation zu erreichen versucht." 13 Die Arbeiten Ryans haben die Zielsetzungstheorie am stärksten beeinflußt. Die organisationsbezogene Forschungsrichtung geht auf die „Scientific Management"-Lehre von Taylor (1911) zurück. 14 Dieser verknüpfte Zielsetzungen für Arbeiter mit Bonus-Systemen, falls bestimmte Leistungen erbracht wurden. DuPont , Manager bei General Motors, ergänzte Taylors Ideen durch eine systematische Buchführung und Kostenkontrolle. Sloan, ebenfalls bei General Motors beschäftigt, hatte die Aufgabe das Unternehmen stärker zu dezentralisieren. Dazu nutzte er Ziele und Feedback bewußt zur Motivation und Kontrolle seiner Mitarbeiter. 15 1954 stellte Drucker das Führungskonzept „Management by Objectives" vor, dessen Wirksamkeit auf der Festlegung von Zielen beruht. 16 Wie erfolgreich diese Zielfestlegung ist, hängt davon ab, ob die Mitarbeiter diese Ziele akzeptieren. Die Prozesse, die sich hierbei abspielen, werden von der Zielsetzungstheorie erklärt. 17

Locke , Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal setting and task performance. Englewood Cliffs, New York: Prentice Hall, S. 13. 11 Vgl. Lewin , Κ (1958): Psychology of sucess and failure. In: Stacey, C. L., Demartino, Μ . F. (Hrsg.): Understanding human motivation. Cleveland: Howard Allen. 12 Vgl. Mace, C. A. (1935): Incentives: Some experimental studies. Industrial Health Research Board (Great Britain), No. 268, Report No. 72. 13 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 2. 14 Vgl. Taylor, F. W. (1967): Principles of scientific management. New York: Norton (originally published in 1911). 15 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 14. 16 Vgl. Drucker, P. F. (1954): The practice of management. New York: Harper, vgl. auch Lee, Τ. W., Locke, E. Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance. In: Pervin, L. A. (Hrsg.): Goal concepts in personality and social psychology. Hillsdale, New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates, S. 291-326, hier: S. 299. 17 Vgl. Kleinbeck, U., Schmidt, K-H. (1996): Wirkung von Zielsetzungen. In: Kuhl, J., Heckhausen, Η. (Hrsg.): Motivation, Volition und Handlung. Göttingen u. a.: Hogrefe, S. 875-908, hier: S. 896.

30

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

Schon 1968 begann Locke diese beiden Forschungszweige zu verbinden und seine Theorie der Zielsetzung zu entwickeln. Während sich Locke ursprünglich den Laborexperimenten widmete, überprüfte Latham die Wirkung von Zielsetzungen in Feldexperimenten. 18 Die ersten Untersuchungen sollten sowohl zeigen, daß Zielsetzungen leistungsfördernd sind, als auch den damit verbunden Prozeß erklären.

Quelle: Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 12. Abbildung 1 : Wissenschaftliche und organisationsbezogene Forschungszweige

Eine Zielsetzung wird als „ein in der Zukunft liegender, gewünschter Endzustand" definiert. 19 Also das, was ein Individuum zu erreichen versucht, das sogenannte Objekt einer Handlung. 20 Dem Zielbegriff ähnlich sind Leistungsstandards (zur Messung von Leistungen), Quoten (Mindestvorgaben z. B. in der Produktion), Arbeitsnormen (z. B. Mindestqualitäten), Aufgaben (eine bestimmte Arbeit, die fertiggestellt werden soll), Zeitlimits (z. B. für das Ausfuhren einer Arbeit) oder Budgets (z. B. Kosten vorgaben). 21

18

Vgl. Kleinbeck, U., Schmidt, K.-H. (1996): Wirkung von Zielsetzungen. In: Kühl, J., Heckhausen, H. (Hrsg.): Motivation, Volition und Handlung, S. 896. 19 Vgl. Kleinbeck, U., Schmidt, K-H. (1996): Wirkung von Zielsetzungen, S. 896. 20 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 26. 21 Ebenda.

Α. Historische Entwicklung der Zielsetzungstheorie

31

Grundannahme der Zielsetzungstheorie ist, daß Ziele das Handeln unmittelbar steuern. Gibt man einem Menschen mit den entsprechenden Fähigkeiten ein bestimmtes Ziel und akzeptiert er dieses, wird es ihn zum Handeln motivieren. 22 Die wichtigste Grundannahme der Zielsetzungstheorie lautet: Die Motivation ist um so höher, je schwieriger ein Ziel zu erreichen ist. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Motivation und damit die Leistung eine lineare Funktion der Höhe und der Schwierigkeit des Ziels sei. 23 Schwierige, spezifische Ziele führen zu besseren Leistungen, als moderate, vage („Versuchen Sie Ihr Bestes!") oder wenn gar keine Ziele vorgegeben wurden. Die Erkenntnis, daß schwierige Ziele zu besseren Leistungen als mittlere Ziele führen, gehört in der Organisationspsyschologie seit etwa 10 Jahren zum festen Wissensbestand. Allerdings wird in den Lehrbüchern der Psychologie, Pädagogik und der Wirtschaftswissenschaften meist darauf verwiesen, daß Ziele erreichbar sein müssen, um die maximale Motivation und Leistung zu bewirken. Erreichbar bedeutet hierbei eine Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung von ca. 50 %. 2 4 Im folgenden werde ich mit Hilfe der Erkenntnisse von Locke und Latham zeigen, daß die höchsten Leistungen bei Schwierigkeitsgraden erreicht werden, die nur eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 10-15 % haben. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, daß die meisten Zielsysteme ζ. B. in Unternehmen auf mittlere Erfolgswahrscheinlichkeiten zugeschnitten sind. Ziele enthalten zwei inhaltsbezogene Attribute: die Schwierigkeit und die Spezifität der Ziele. Der nächste Abschnitt befaßt sich mit deren Problemen.

22 Vgl. Latham, G. P., Locke, Ε. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 213. 23 Vgl. Locke , Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 27. 24 Vgl. Atkinson , J. W. (1957): Motivational determinants of risktaking behavior. In: Psychological Review, 64, S. 359-372.

32

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

B. Inhalte der Zielsetzungstheorie Der Inhalt eines Ziels ist das Ergebnis oder das Objekt, das man anstrebt. 25 Ein gewünschtes Ergebnis kann sich von einem anderen gewünschten Ergebnis durch die Schwierigkeit unterscheiden, mit dem es erreicht werden kann, aber auch dadurch, wie genau (spezifisch) es formuliert wurde.

I. Schwierigkeit des Ziels und Leistung Ziele können nur dann die Leistung der Handelnden steigern, wenn sie eine Herausforderung darstellen. So wäre für einen Hochspringer, der im Training regelmäßig 2,20 m springt, eine Wettkampfhöhe von 1,80 m keine Herausforderung, das Ziel wäre zu niedrig. 26 Man müßte diesem Athleten ein höheres, schwierigeres Ziel setzen, z. B. 2,25 m. Andererseits wäre das Ziel, 1,80 m hoch zu springen, fur einen Normalbürger ein sehr hohes, wenn nicht sogar unmögliches Ziel. Schwierigkeit ist deshalb ein Beziehungskonstrukt zwischen Fähigkeit und Anforderung. Locke definiert Schwierigkeit als „something, that is hard to achieve" 27 . Von einem schwierigen Ziel spricht er, wenn nur ca. 10-15 % derjenigen, die es versuchen, das Ziel auch erreichen. 28 In der Arbeitswelt wird zwischen Aufgabenschwierigkeit und Zielschwierigkeit unterschieden. Während eine schwierige Aufgabe meist komplexe Anforderungen an Wissen und Fähigkeiten stellt, ist ein schwieriges Ziel allein durch Anstrengung zu erreichen. 29 Die Aufgabe, ein Buch zu schreiben ist schwieriger, erfordert komplexere Fähigkeiten, als eine Adresse auf einen Briefbogen zu schreiben. Andererseits ist das Ziel, in einer halben Stunde zehn Autoreifen zu wechseln, schwieriger und nur mit mehr Anstrengung zu erreichen, als fünf Autoreifen zu wechseln. Die Zielschwierigkeit ergibt sich demnach aus der Fähigkeit, eine bestimmte Aufgabe bezogen auf einen bestimmten Standard zu lö-

25

Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance, S. 126. Vgl. Comelli, G., Rosenstiel, L. (1995): Führung durch Motivation. München: Beck, S. 82. 27 Vgl. Wright, P. Μ., u. a. (1995): The effects of varying goal difficulty operationalizations on goal setting outcomes and processes. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 61, No. 1, S. 28—43, hier: S. 28. 28 Vgl. Locke, Ε. Α., Chah, D.-O., Harrison, S., Lustgarten, Ν. (1989): Separating the effects of goal level. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 43, S. 270-287, hier: S. 271. 29 Vgl. Locke , Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance, S. 126. 26

Β. Inhalte der Zielsetzungstheorie

33

sen, während sich die Aufgabenschwierigkeit aus der Struktur der Arbeit ergibt. 30 Die Zielsetzungstheorie besagt, daß sowohl bei einfachen, wie auch bei komplexen Aufgaben die Leistung mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad der Ziele steigt. In beiden Fällen erhöht sich mit der Schwierigkeit die Anstrengung. Während bei einfachen Aufgaben die Leistung sofort ansteigt, können bei komplexen Aufgaben die Leistungen kurzfristig sinken. Langfristig entwickeln sich durch die Auseinandersetzung mit den komplexen Anforderungen die Fertigkeiten bzw. das Wissen. Infolgedessen steigt die Leistung. Campell und Ilgen (1976) konnten dies in einem Versuch mit schwierigen Schachaufgaben zei-

1. Zielschwierigkeit

und Leistung: Fallbeispiel

Die leistungssteigernde Wirkung schwieriger Ziele wurde in einer Untersuchung von Locke (1982) mit 247 Teilnehmern eines Psychologiekurses überprüft. 32 Die Aufgabe bestand darin, innerhalb einer Minute mindestens so viele Verwendungsmöglichkeiten - z. B. für einen Kleiderbügel - zu finden, wie das Ziel vorgab. Es wurden zwei Durchgänge gestartet, ein Übungsversuch und der Experimentalversuch. Die Teilnehmer erhielten nach dem Übungsversuch ihr Ziel zugeteilt und mußten auf einer „10-Item-Skala" ihre Erfolgserwartung angeben. Anschließend folgte der Experimentalversuch. Zum Schluß mußten die Teilnehmer zwei Fragen beantworten. Die erste betraf die Zielakzeptanz („wollte das Ziel erreichen", „konnte das Ziel nicht erreichen, versuchte aber so dicht wie möglich ranzukommen" und „habe das Ziel ignoriert oder abgelehnt"). Die zweite Frage war, welches Ziel sich die Teilnehmer gesetzt hatten, für den Fall, daß sie das Ziel abgelehnt hatten. Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung. Interessanterweise gab es auch bei Teilnehmern mit unerreichbarem Ziel keinen Absturz der Leistung. Vielmehr stieg

30

Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance, S. 127. Vgl. Campell , S. J., Ilgen, D. R. (1976): Additive effects of task difficulty and goal setting on subsequent task performance, S. 319 ff, vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance, S. 127. 32 Vgl. Locke, E. A. (1982): Relation of goal level to performance with a short work period and multiple goal levels. In: Journal of Applied Psychology, 67, No. 4, S. 512— 514, hier: S. 512. 31

3 Uhi

34

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

die Leistung mit zunehmend unrealistischeren Zielen weiterhin leicht an. 33 Gleichzeitig konnte beobachtet werden, daß die Zielakzeptanz sank. Deshalb bleibt die Frage, unter welchen realen Arbeitsbedingungen Mitarbeiter unrealistische Ziele verfolgen würden. Wahrscheinlich würden, so vermutet Locke , die Leistungen nach weiteren Versuchen abfallen, weil der Handelnde die Unerreichbarkeit der Ziele erkennt. Niedrige oder moderate Ziele entsprechen einer künstlichen Begrenzung des Outputs und fuhren deshalb zu geringeren Leistungen. Dies ist in vielen Unternehmen zu beobachten. Diese Begrenzung kann den häufig angenommenen positiven Zusammenhang zwischen Fähigkeiten und Leistung aufheben. 34 Bei zu niedrigen Zielen werden die Fähigkeiten nicht voll genutzt.

2. Gültigkeit des Zusammenhangs zwischen Zielschwierigkeit

und Leistung

Locke (1981) kommt in einer Auswertung aus 48 Studien zu dem Ergebnis, daß die Hypothese, die Leistung sei eine lineare Funktion der Zielschwierigkeit, teilweise oder ganz bestätigt werden konnte.35 In vier Feldexperimenten, 25 Experimentaluntersuchungen und 15 Korrelationsuntersuchungen wurde erwiesen, daß schwierigere Ziele zu besseren Leistungen fuhren als leichte oder fehlende Ziele. Vier Studien konnten bei hohen Zielen nur dann bessere Leistungen feststellen, wenn den Teilnehmern Feedback in Bezug auf die Zielerreichung gegeben wurde. 36 In sechs Experimental- und drei Korrelationsuntersuchungen trat kein Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung auf. Bei genauerer Betrachtung dieser Untersuchungen konnten Locke und seine Mitarbeiter Verfahrensfehler (wie z. B. bei der Festlegung der Zielschwierigkeit) feststellen. 37 Grundsätzlich sahen Locke u. a. eine deutliche Bestätigung der Zielsetzungshypothese sowohl in den Labor- wie auch in den Felduntersuchungen. Katzell und Guzzo (1983) wiesen daraufhin, daß in 21 von 22 betrachteten Felduntersuchungen positive Effekte zwischen Zielsetzungen und Leistung nachgewiesen werden konnten.38 Auch bei Latham und Lee (1985) bestätigte 33

Vgl. Locke , E. A. (1982): Relation of goal level to performance with a short work period, S. 514. 34 Ebenda. 35 Vgl. Locke , Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 127. 36 Ebenda, S. 128. 37 Ebenda. 38 Vgl. Katzell, R. Α., Guzzo, R. A. (1983): Psychological approaches to productivity improvement. In: American Psychologist, 38, S. 468^172, hier: S. 468 ff., vgl. auch: Mento, A. J., Steel, R. P., Karren, R. J. (1987): A meta-analytic study of the effects of

Β. Inhalte der Zielsetzungstheorie

35

eine Literaturübersicht, daß schwierigere Ziele zu höheren Leistungen fuhren (64 von 66 Studien).39 1987 konnten Mento, Steel und Karren 70 relevante Studien aus den Jahren 1966-1984 in einer Meta-Analyse überprüfen. 40 MetaAnalysen sind Meßtechniken, mit denen Ergebnisse verschiedener Studien aggregiert werden. Entsprechend dem Verfahren von Hunter und Schmidt (1983), wird die statistische Meßgröße d berechnet. Diese gibt die Differenz zwischen der durchschnittlichen Leistung der Kontrollgruppen und der Experimentalgruppen wieder. 41 Die Autoren konnten einen d-Wert von 0.58 feststellen, der einen deutlichen Einfluß der Zielschwierigkeit auf die Leistung bestätigt: „Clearly, difficult goals have a dramatic effect on performance outcomes."42 Nach Tubbs würde ein d-Wert von 0.58 allerdings eher als moderat denn als dramatisch bezeichnet werden. 43 In einer weiteren Meta-Analyse untersuchte Tubbs (1986) 87 Zielsetzungsstudien.44 Eine wichtige Besonderheit Tubbs ist die gezielte Erfassung der Zielschwierigkeit. 56 dieser empirischen Studien haben die Zielschwierigkeit direkt durch Experimente oder Korrelationsuntersuchungen erfaßt, die anderen durch Befragung. Obwohl beide Untersuchungsformen eine deutliche Bestätigung der Zielsetzungshypothese nachweisen konnten, war der Effekt bei den direkten Messungen deutlicher. 45 Das mag zunächst verwundern, da im Gegensatz zum Experiment Befragungen große Fallzahlen ermöglichen und so auch geringe Effekte signifikant gemessen werden können. Dazu müßten allerdings die individuellen Unterschiede der Teilnehmer erfaßt und Untergruppen gebildet werden,

goal setting on task performance: 1966-1984. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 39, S. 52-83, hier: S. 54. 39 Vgl. Latham, G. P., Lee, T. W. (1985): Goal Setting. In: Locke, E. A. (Hrsg.): Generalizing from laboratory to field settings: Research findings from industrialorganizational psychology, organizational behavior and human resource management. Lexington, MA: Heath Lexington, vgl. auch Mento, A. J., Steel, R. P., Karren, R., J. (1987): A meta-analytic study of the effects of goal setting on task performance: 1966— 1984, S. 54. 40 Vgl. Mento, A. J., Steel, R. P., Karren, R., J. (1987): A meta-analytic study of the effects of goal setting on task performance: 1966-1984, S. 52. 41 Ebenda, S. 58. 42 Vgl. Mento, A. J., Steel, R. P., Karren, R., J. (1987): A meta-analytic study of the effects, S. 69 43 Vgl. Tubbs, Μ. E. (1986): Goal setting: A meta-analytic examination of the empirical evidence. In: Journal of Applied Psychology, 71, No. 3, S. 474-483, hier: S. 475. Zur Erklärung des d-Werts gelten folgende Annahmen: 0 < d < 0.40 gilt als schwacher Effekt, 0.40 < d < 0.85 gilt als moderater Effekt, d > 0.85 gilt als starker Effekt. 44 Ebenda, S. 474. 45 Ebenda, S. 477.

36

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

was in den betrachteten Versuchen nicht stattfand. 46 Insgesamt konnte Tubbs einen d-Wert von 0.82 ermitteln. 47 Wood, Mento und Locke (1987) hatten in ihrer Meta-Analyse 72 Studien berücksichtigt und einen Zielschwierigkeits-Leistungszusammenhang von d = 0.58 feststellen können.48 Die unterschiedlichen d-Werte seien, so Locke , darauf zurückzufuhren, daß in den verschiedenen Untersuchungen unterschiedliche Bandbreiten von Schwierigkeitsgraden verwendet wurden. 49 Wright (1990) versuchte die unterschiedlichen d-Werte von Tubbs und Mento u. a. durch eine unterschiedliche Operationalisierung der Zielschwierigkeit zu erklären. 50 Er analysierte 70 Untersuchungen und stellte fest, daß die Schwierigkeit zum Teil als absolutes Ziel, manchmal als Leistungsverbesserungsziel (z. B. + 20 %) oder aber auch als selbsteingeschätzte Schwierigkeit untersucht wurde. Ergebnis war, daß nur die absoluten Ziele und die Leistungsverbesserungsziele als schwierig und leistungssteigernd bezeichnet werden können. Tabelle 1

Ergebnisse der Meta-Analysen des Zielschwierigkeitseffekts auf die Leistung Studie

Chidester/Grisby Mento/Steel/Karren

( 1984) (1987)

Tubbs (1986) Wood/Mento/Locke

Zielschwierigkeits-

Untersuchungen

Anzahl der Teilnehmer

12

Ν = 1770

.52

70

Ν = 7407

.55

56

Ν = 4732

.82

72

Ν = 7548

.58

Anzahl der

(1987)

Leistungseffekt (d)

Quelle: Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 29.

46

Vgl. Tubbs, hi. E. (1986): Goal setting: A meta-analytic examination of the empirical evidence, S. 479. 47 Vgl. Lee, T. W. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 291. 48 Vgl. Wood, R. E., Mento , A. JLocke, E. A. (1987): Task complexity as a moderator of goal effects: A meta-analysis. In: Journal of Applied Psychology, 72, S. 416— 425, hier: S. 416 f f , vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance. Englewood Cliffs, New York: Prentice Hall, S. 28. 49 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance. Englewood Cliffs, New York: Prentice Hall, S. 28. 50 Vgl. Wright, P. M. (1990): Operationalization of goal difficulty as a moderator of the goal-difficulty-performance relationship. In: Journal of Applied Psychology, 75, No. 3, S. 227-234, S. 227 ff.

Β. Inhalte der Zielsetzungstheorie

37

Locke und Latham (1990) fassen zusammen, daß 175 Studien einen positiven Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung zeigen. Dies bedeutet eine Erfolgsrate von 91 %. 5 1 Nur 17 Studien hatten dies nicht bestätigt. Für das Verständnis einer Theorie ist von großer Bedeutung, zu wissen, warum bestimmte Studien nicht zu den prognostizierten Ergebnissen kommen. 52 Bei genauer Betrachtung konnten folgende Ursachen ermittelt werden: 53 • Die Teilnehmer fühlten sich nicht an das Ziel gebunden, wollten es also nicht wirklich erreichen, z. B. Erez und Zidon (1984). 54 • Die Aufgaben waren so komplex, daß sie ohne entsprechende Lösungsstrategien nicht bearbeitet werden konnten, z. B. Earley und Perry (Ί987). 55 • Die Ergebnisse wurden schlicht falsch interpretiert, z. B. Baumler (1971). 56 • Das Untersuchungsdesign erwies sich als falsch, oder es traten Meßprobleme auf, ζ. Β. Campell(\9M). 51 • Falsches oder unangemessenes Feedback beeinflußte die Ergebnisse, ζ. B. von Becker (1978). 58 • Die Schwierigkeitsunterschiede waren nicht groß genug, so daß die Leistungseffekte begrenzt wurden, ζ. B. Frost, Mahoney (1976). 59 • Einige Ergebnisse konnten nur spekulativ erklärt werden, ζ. B. Campell und Ilgen (1976). 60

51 Vgl. Locke, E. ALatham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 29. 52 Ebenda, S. 31. 53 Ebenda, S. 31 ff. 54 Vgl. Erez, M., Zidon, I. (1984): Effect of goal acceptance on the relationship of goal difficulty to performance. In: Journal of Applied Psychology, 69, S. 69-78, hier: S. 69 ff. 55 Vgl. Earley, P. C., Perry, P. C. (1987): Work plan availability and performance: An assessment of task strategy priming on subsequent task completion. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 39, S. 279-302, hier: S. 279 ff. 56 Vgl. Baumler, J. V\ (1971): Defined criteria of performance in organizational control. In: Administrative Science Quarterly, 16, S. 340-350, hier: S. 340 ff. 57 Vgl. Campell, D. J. (1984): The effects of goal contingent payment on the performance of a complex task. In: Personel Psychology, 37, S. 23^10, S. 23 ff. 58 Vgl. Becker, L. J. (1978): Joint effect of feedback and goal setting on performance: A field study of residential energy conservation. In: Journal of Applied Psychology, 63, S. 428-^33, hier: S. 428 ff. 59 Vgl. Frost, P. J., Mahoney, T. A. (1976): Goal setting and the task process: An interactive influence on individual performance. In: Organizational Behavior and Human Performance, 17, S. 328-350, hier: S. 328 ff.

38

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

II. Spezifität des Ziels Die Zielspezifität bezieht sich auf die Genauigkeit der Zielformulierung. So könnte ein schwieriges Ziel z. B. heißen: 1. Verbessern sie die Leistung ihres Bereichs. 2. Erhöhen Sie den Gewinn ihres Bereichs. 3. Erhöhen Sie den Gewinn ihres Bereichs um 10 % oder mehr. 4. Verbessern Sie den Gewinn um genau 15 %. Während die erste Zielformulierung viele Lösungsmöglichkeiten zuläßt (wie z. B. mehr Umsatz, geringere Kosten, Entwicklung neuer Produkte, Steigerung der Produktivität), ist die Lösung in Beispiel zwei auf die Verbesserung des Gewinns gerichtet. Allerdings kann Gewinnsteigerung hier ein oder 100 % heißen. In Beispiel drei ist die Möglichkeit zur Interpretation noch geringer, denn mit 10 % ist die Untergrenze der Leistung vorgegeben. Im Beispiel vier sind sowohl Unter- als auch Obergrenze festgelegt. 61 Spezifische Ziele verringern also die Interpretationsmöglichkeiten dessen, was als Leistung erwartet wird. 7. Spezifische, schwierige Ziele versus „ Versuchen Sie Ihr Bestes "-Ziele Die zweite Grundaussage der Zielsetzungstheorie ist, daß spezifische, schwierige Ziele zu besseren Leistungen fuhren als vage, schwierige Ziele wie z. B. „Versuchen Sie Ihr Bestes!".62 Nach Locke u. a. (1981) wurde in 51 Studien teilweise oder eindeutige Beziehungen zwischen spezifischen, schwierigen Zielen und höheren Leistungen festgestellt. Nur in zwei Untersuchungen führten „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele nicht zu besseren Leistungen.63 Die vier schon genannten Meta-Analysen und eine weitere Untersuchung von Hunter und Schmidt (1983) 64 geben d-Werte zwischen 0.42 und 0.80 an, was eine Steigerung der Leistung zwischen 8 und 16 % bedeutet.65

60 Vgl. Campell, D. J., Ilgen, D. R. (1976): Additive effects of task difficulty and goal setting on subsequent task performance, S. 319 ff. 61 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 43, S. 270-287, hier: S. 272. 62 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 29 63 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980. In: Psychological Bulletin, 90, No.l, S. 125-152, hier: S. 129 ff. 64 Vgl. Hunter, J. E., Schmidt , F. L (1983): Quantifying the effects of psychological interventions on employee job performance and work force productivity. In: American

Β. Inhalte der Zielsetzungstheorie

39

Tabelle 2

Ergebnisse der Meta-Analysen des Ziel-Spezifitäts-Schwierigkeits-Effekts auf die Leistung Studie

Anzahl der Untersuchungen

Anzahl der Teilnehmer

Zusammenhang zwischen Ziel, Spezifität, Schwierigkeit und Leistung (d)

17

Ν = 2400

.51

17

Ν = 1278

.80

Mento/Steel/Karren (1987)

49

Ν = 5844

.42

Tubbs(\9S6)

48

Ν = 4960

.50

Wood/ Mento/ Locke (1987)

53

Ν = 6635

.43

Chidester/Grisby Hunter/Schmidt

(1984) (1983)

Quelle: Locke , Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 30.

1981 stellten Locke u. a. in 51 von 53 Untersuchungen einen positiven Zusammenhang zwischen spezifischen, schwierigen Zielen und Leistung fest. Das entspricht einem Prozentsatz von 96. Im Jahre 1990 waren es schon 201 Untersuchungen, wobei in 183 Studien (91 %) die leistungssteigernde Wirkung spezifischer, schwieriger Ziele nachgewiesen werden konnte. 66

2. Fallbeispiel : Unterscheidung zwischen Zielschwierigkeits- und Zielspezifitätseffekten Lee, Locke und Latham (Ί989) gehen davon aus, daß sich die Zielschwierigkeit überwiegend auf die Höhe der Leistung bezieht, während die Spezifität der Ziele die Varianz der Ergebnisse beeinflußt. 67

Psychologist, 38, S. 473-478, hier: S. 473 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theoiy of goal setting and task performance, S. 30. 65 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 30. 66 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 30. 67 Ebenda.

40

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Um diese Annahme zu überprüfen, versuchten sie die Wirkungen der Zielschwierigkeit und der Zielspezifität zu trennen. 48 Studenten nahmen im ersten von zwei Experimenten an einer Reaktionsübung teil, in der es darum ging, einen Knopf zu drücken, wenn dieser aufleuchtete. Es handelte sich um ein 3x3Forschungsdesign, also mit drei Schwierigkeitsgraden (schnell, mittel, langsam) und 3 Spezifitätsgraden (sehr spezifisch, mittelspezifisch, unspezifisch). Jedem Spezifitätsgrad wurden 16 Teilnehmer zugeordnet, von denen jeder einmal die schnelle, mittlere und langsame Aufgabe zu lösen hatte.

Tabelle 3

Untersuchungsdesign von Locke (1989) zur Wirkung von Zielschwierigkeit und Zielspezifität Zielspezifität Zielschwierigkeit schnell mittel

vage

mittel

spezifisch

so schnell wie möglich

0,10-0,30 sec.

0,20 sec.

moderate Geschwin-

0,25-0,45 sec.

0,35 sec.

0,55-0,75 sec.

0,65 sec.

digkeit langsam

langsam

Quelle: Locke , Ε. Α., u. a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 43, S. 270-287, S. 272.

Dieses Experiment ergab folgende Ergebnisse: • Es zeigte sich ein deutlicher Zielschwierigkeitseffekt und ein geringer Spezifitätseffekt. Das bedeutet, daß schwierigere Ziele zu schnelleren Reaktionszeiten führten, als leichte oder mittlere Schwierigkeitsgrade. Zusätzlich waren die Leistungen der Gruppe mit schwierigen und spezifischen Zielen besser, als die Leistungen der Gruppen mit schwierigen und vagen bzw. moderaten Zielen. • Außerdem zeigte sich, daß spezifischere Ziele zu einer geringeren Variabilität der Leistungen fuhren.

Β. Inhalte der Zielsetzungstheorie

41

Tabelle 4

Ergebnisse des ersten Experiments von Locke (1989) Zielspezifität Zielschwierigkeit

vage

Stdv.*

moderat

Stdv.*

sehr spe-

Stdv.*

zifisch

spezifisch hoch

25,6

4,2

24,4

3,3

23,3

2,6

mittel

36,2

10,0

35,6

5,5

36,5

3,7

niedrig

69,8

46,1

59,8

7,4

56,0

4,9

Durchschnittsleistung

43,8

20,1

39,9

5,4

38,6

3,7

* Stdv. bedeutet Standardabweichung. Quelle: Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 43, S. 270-287.

Die Reaktionszeit ist fur die Teilnehmer nur sehr schwer kontrollierbar. Deshalb wurde ein zweites Experiment, mit einer für die Teilnehmer eher kontrollierbaren Aufgabe durchgeführt. Die Aufgabe bestand fiir 343 Studenten darin, Verbesserungsvorschläge für das Betriebswirtschafitsstudium zu machen.

Tabelle 5

Ergebnisse des zweiten Experiments von Locke (1989) Ziel

vage

moderat

spezifisch

hoch

so viele wie möglich

zwischen 3 und 5

genau 4

mittel

moderat viele

zwischen 2 und 4

genau 3

niedrig

wenige

zwischen 1 und 3

genau 2

Quelle: Locke, Ε. Α., u.a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 43, S. 270-287.

Die Ergebnisse des ersten Versuchs konnten bestätigt werden. Die Leistung erhöhte sich mit der Höhe des Ziels, die Spezifität hatte kaum Einfluß auf die Leistung. Das beste Ergebnis wurde allerdings bei schwierigen Zielen und hoher Spezifität erzielt. Außerdem zeigte sich erneut, je spezifischer die Ziele sind, desto geringer ist die Standardabweichung der Leistungen.

42

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Gründe dafür, daß spezifische und schwierige Ziele zu besseren Leistungen fuhren als schwierige und vage Ziele („Versuchen Sie Ihr Bestes" Ziele), sind: • Die Interpretationsmöglichkeiten, was als Leistung erwartet wird, sind geringer. • Werden schwierige Ziele spezifisch formuliert, so wird die Aufmerksamkeit auf die Höhe des Ziels gelenkt. •

Ein spezifisches Ziel kann bei auftretenden Schwierigkeiten nicht so leicht umgedeutet werden, wie ein „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziel.68

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Spezifität eines Ziels als Wegweiser dient, um festzulegen, was als akzeptable Zielerreichung verstanden wird. Die Höhe des Ziels dient als Energielieferant, um die notwendige Anstrengung fur den Erfolg zu mobilisieren. 69 Die Autoren weisen daraufhin, daß spezifische Ziele bei sehr unsicheren Umweltbedingungen, z. B. in der Startphase einer Unternehmung, nicht geeignet sind und daß allgemein die Wirkungen spezifischer und schwieriger Ziele bei sehr komplexen Aufgaben geringer sind.

C. Die Bedeutung des Feedbacks für die Zielsetzungs-Leistungs-Beziehung Eine sehr fundierte Erkenntnis der psychologischen Literatur lautet, daß Rückmeldungen über die Zielerreichung einen positiven Einfluß auf die Leistung haben.70 In ihrem Übersichtsartikel kommen Locke u. a. (1981) zu dem Schluß, daß Feedback die Wirkung von Zielsetzungen stark beeinflußt. Tubbs und Mento erhielten in ihren Meta-Analysen unterschiedliche Ergebnisse. Tubbs Π 986) konnte einen deutlichen Einfluß des Feedbacks fur die Beziehung zwischen Zielschwierigkeit und Leistung feststellen (d = 0.35 ohne Feedback, d = 0.89 mit informativem Feedback, d = 0.76 mit formalem Feedback).71 Dagegen stellte Tubbs für die Zielschwierigkeits-Spezifitäts-Beziehung nur eine geringe Leistungssteigerung fest (d = 0.49 ohne Feedback, d = 0.46 bei informativem Feedback, d = 0.57 bei formalem Feedback).

68

Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level, S. 272. 69 Ebenda, S. 284 f. 70 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 173. 71 Vgl. Tubbs, Μ. E. (1986): Goal setting: A meta-analytic examination of the empirical evidence, S. 474 ff.

C. Die Bedeutung des Feedbacks für die Zielsetzungs-Leistungs-Beziehung

43

Mento u. a. (1987) erhielten in ihrer Meta-Analyse einen moderaten Leistungseffekt des Feedbacks bei den Zielschwierigkeits-Leistungs-Beziehungen (d = 0.61 mit Feedback, d = 0.57 ohne Feedback) und einen etwas stärkeren Einfluß bei den Zielschwierigkeits-Spezifitäts-Beziehungen (d = 0.50 mit Feedback, d = 0.41 mit Feedback).72 Beide Autoren verweisen darauf, daß viele der verwendeten Untersuchungen fur die Ermittlung der Feedbackwirkung ungeeignet erscheinen (Tubbs), oder daß zu wenig Studien mit Feedback vorlagen (Mento u. a.). Trotz dieser Unzulänglichkeiten bei der Überprüfung konnten beide Autoren positive Wirkungen des Feedbacks für die Leistung nachweisen.73 Um die Wirkungen des Feedbacks für die Zielsetzungstheorie zu bestimmen, ist es notwendig, die beiden Variablen Zielsetzung und Feedback unabhängig voneinander zu verändern.

I. Fallbeispiel zu Zielsetzung und Feedback Diese Variation von Zielsetzung und Feedback führte Erez (1977) mit Hilfe eines Experiments durch. Sie überprüfte folgende Hypothesen:74 • Erhalten die Teilnehmer Feedback, so setzen sie sich höhere Ziele. • Der Zusammenhang zwischen den selbstgesetzten Zielen und der resultierenden Leistung ist in der Feedbackbedingung größer. • In der Feedbackbedingung kann man durch das Wissen vergangener Leistungen eher künftige Leistungen vorhersagen. An dem Versuch nahmen 86 Studenten eines Psychologiekurses teil. Die Aufgabe bestand darin, die Zahlen zweier Zahlenreihen zu vergleichen und die Unterschiede zu erkennen. Die Studenten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe absolvierte die Aufgabe zweimal mit folgenden Bedingungen: • Die eine Gruppe erhielt nach dem ersten Durchgang Feedback bezüglich ihres Ergebnisses, die andere Gruppe nicht. • Vor dem zweiten Durchgang wurden die Teilnehmer nach ihrer Zielsetzung für den zweiten Durchgang befragt („Wollen Sie zu den 10, 25, 50, 75 oder 90 % Besten gehören?").

72

Vgl. Mento , A. J., Steel, R. P., Karren, R., J. (1987): A meta-analytic study of the effects of goal setting on task performance: 1966-1984, S. 52. 73 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 173. 74 Vgl. Erez, Μ (1977): Feedback: A necessary condition for the goal setting - performance relationship. In: Journal of Applied Psychology, 62, No. 5, S. 624-627, hier: S. 624 ff.

44

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Anschließend wurde der zweite Durchgang absolviert. Gemessen wurden die erkannten Zahlenunterschiede. Es zeigte sich, daß sich die Teilnehmer der Feedbackgruppe höhere Ziele setzten, als diejenigen der Kontrollgruppe, und daß die tatsächlich erbrachten Leistungen eher den gesetzten Zielen entsprachen. Dies bestätigt die Annahmen von Erez. 75 Deshalb ist anzunehmen, daß Feedback eine notwendige Bedingung fur den Zielsetzungs-Leistungs-Zusammenhang ist. Nach Erez erleichtert Feedback die individuelle Zielsetzung durch das Wissen der erreichten Leistung und schafft die Voraussetzung für künftige Leistung. 76 Im folgenden soll dargestellt werden, daß weder Ziele ohne Feedback, noch Feedback ohne Ziele zu optimalen Leistungen führen. Nur beides gemeinsam steigert die Leistung.

II. Systematische Variation von Zielen und Feedback Einen Überblick des Zielsetzungs-Feedback-Zusammenhangs stellten Locke u.a. (1981) zusammen.77 Sie unterscheiden die Wirkung von Feedback/kein Feedback jeweils bei spezifischen, schwierigen und unspezifischen Zielen (bzw. keine Ziele). Tabelle 6

Schema zur Wirkung von Zielsetzung und Feedback Feedback

kein Feedback

spezifische schwierige Ziele

1

2

unspezifische bzw. keine Ziele

3

4

Quelle: Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980. In: Psychological Bulletin, 90, No. 1, S. 125-152.

• Kombination eins verglichen mit Kombination drei : Spezifische Ziele und Feedback führen zu Leistungssteigerungen. Feedback ohne Ziele nicht. Bandura und Simon (1977) stellten fest, daß Übergewichtige, die sich Ziele für 75

Vgl. Erez, M. (1977): Feedback: A necessary condition for the goal setting - performance relationship, S. 626. 76 Vgl. Erez, M. (1977): Feedback: A necessary condition for the goal setting - performance relationship, S. 626. 77 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 133. Anmerkung des Autors: Eine noch umfangreichere Darstellung der Forschungsliteratur bieten Locke, Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 192 f.

C. Die Bedeutung des Feedbacks für die Zielsetzungs-Leistungs-Beziehung

45

das Abnehmen gesetzt hatten, in Verbindung mit einer täglichen Rückmeldung ihres Verhaltens, ihren Eßkonsum deutlich verringern konnten. Die Vergleichsgruppe, die zwar Rückmeldung bekam, sich aber keine Ziele gesetzt hatte, erreichte keine Reduzierung. 78 Ohne ein Ziel, das als Standard zur Beurteilung der Leistung dient, wird dem Feedback nicht die notwendige Bedeutung zugemessen, so daß es keinen Grund zum Handeln gibt. 79 • Kombination drei verglichen mit Kombination vier: Bei unspezifischen Zielen sind keine Leistungsunterschiede mit und ohne Feedback zu beobachten. Als Beispiel dient eine Untersuchung von Latham u. a. (1978) mit Ingenieuren und Wissenschaftlern. Diese hatten das unspezifische Ziel „Versuche Dein Bestes" und erhielten teilweise Feedback, teilweise nicht. Dagegen hatte eine andere Gruppe schwierige, spezifische Ziele und Feedback erhalten. Die Leistungen dieser Gruppe waren deutlich besser. 80 • Kombination eins verglichen mit Kombination zwei: Wird bei spezifischen Zielen Feedback gegeben, dann steigt die Leistung. Wird bei spezifischen Zielen kein Feedback gegeben, dann steigt die Leistung nicht. Komaki, Barwick und Scott (\91%) hatten sich mit dem Sicherheitsverhalten in der Gebäckherstellung befaßt. Die Autoren gaben ein schwieriges, spezifisches Ziel vor und zeigten den Arbeitern ihre erbrachten Leistungen in einer Grafik. 81 Die Leistungen stiegen so lange, wie die Leistungen zurückgemeldet wurden. Als das Feedback in einer weiteren Versuchsphase entzogen wurde, ging das Verhalten auf das Ursprüngliche zurück. Verantwortlich dafür sei, so Locke und Latham, daß Feedback benötigt wird, um den Leistungsfortschritt erkennen zu können.82 Zusammenfassend bestätigen Comelli und von Rosenstiel, „daß die empirische Forschung deutlich zeigt, daß Feedback bezüglich der Zielerreichung zu den wichtigsten Voraussetzungen künftiger guter Leistungen zählt" 83 . • Spezifische schwierige Ziele führen nur dann zu Leistungssteigerungen, wenn Feedback gegeben wird.

78

Vgl. Bandura , Α., Simon , Κ. Μ. (1977): The role of proximal intentions in selfregulation of refractory behavior. In: Cognitive Therapy and Research, S. 177-193, hier: S. 177 ff. 79 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990b): Work motivation and satisfaction: Light at the end of the tunnel, S. 241. 80 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 134. 81 Ebenda, S. 135. 82 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990b): Work motivation and satisfaction: Light at the end of the tunnel, S. 241. 83 Vgl. Comelli, G., Rosenstiel, L. (1995): Führung, S. 84.

46

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

• Feedback ohne Ziele bewirkt keine Leistungssteigerungen. • Feedback mit vagen Zielen bewirkt keine Leistungssteigerungen. Erklärt wird dies durch zwei Funktionen der Rückmeldungen:84 1) Die informative Funktion: Die Ergebnisse des Handlungsprozesses werden zur Beurteilung der eigenen Handlung benötigt. 2) Die motivierende Funktion: Die Kenntnis der bisher erreichten Leistungsergebnisse trägt dazu bei, die Handlung in Richtung auf das Ziel weiterzufuhren.

D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts Somit ist klar, daß schwierige, spezifische Ziele, verbunden mit Feedback tatsächlich leistungssteigernd sind. Die Frage ist, wie das geschieht? Die Ziele lenken die Aufmerksamkeit und Anstrengung auf die zielrelevanten Handlungen (Richtung), sie sorgen für die Energiebereitstellung, die zur Zielerreichung notwendig ist (Intensität), sie steigern die Ausdauer bis zur Zielerreichung und sie fördern die Suche nach Problemlösungsstrategien. Letzteres wurde insbesondere beobachtet, wenn die Aufgaben sehr komplex sind. 85 Richtung, Intensität und Ausdauer sind direkte leistungssteigernde Wirkungen. Sie sind überwiegend motivational bedingt. Die intensivere Suche nach Problemlösungsstrategien kann nur indirekt Einfluß auf die Leistung nehmen. Nur wenn die Strategien erfolgreich sind, steigt die Leistung. Deshalb ist die Leistungssteigerung durch Strategieentwicklung überwiegend kognitiv bedingt. 86

I. Richtung der Handlung Die wichtigste Funktion der Ziele ist, den Handlungen die Richtung zu zeigen. Als Beispiel hierfür dient eine Untersuchung von Locke und Bryan (1969). Diese gaben Teilnehmern eines Versuchs im Hinblick auf sechs verschiedene Kriterien des Fahrverhaltens Feedback. Dazu gehörten Lenk-, Beschleunigungs-

84

Vgl. Kleinbeck, U. (1996): Arbeitsmotivation, S. 56. Vgl. Locke, Ε. Α., Kristof, A. L. (1996): Volitional choices in the goal achievement process, S. 373. 86 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 86. 85

D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts

47

verhalten, Rundenzeiten etc. Nur für ein Kriterium wurde ein Ziel vorgegeben und eine Verbesserung zeigte sich auch nur für dieses Kriterium. 87 Die gleiche Beobachtung machten Nemeroff und Cosentino (1979) bei einem Management-Trainingsprogramm. 88 Den Managern wurde Feedback bezüglich 43 verschiedener Managementfunktionen gegeben. Nur für zwölf Funktionen erhielten sie Ziele. Signifikante Veränderungen des Verhaltens konnten nur für diese zwölf Funktionen beobachtet werden. Aus der Lerntheorie ist bekannt, daß Menschen Lerninhalte besser behalten können, wenn sie ein Lernziel erhalten. 89 Nach Latham und Locke (1991) helfen die Ziele dabei, aus der Vielzahl von Informationen diejenigen auszuwählen, die wichtig sind, und dadurch die Aktivitäten auf die relevanten Handlungen zu lenken.90 Eine Selektion der Informationen sei notwendig, um die begrenzte Informationsverarbeitungsfähigkeit des Menschen nicht zu überfordern. Zur Steuerungsfünktion der Ziele gehört auch, genau diejenigen Fähigkeiten in Bereitschaft zu versetzen, die für die Zielerreichung notwendig sind. 91 Zusammenfassend ist festzustellen, daß Ziele die Richtung der Handlungen beeinflussen, indem sie 9 2 • die Aufmerksamkeit des Handelnden auf zielrelevante Aktivitäten lenken und zielunrelevante Aktivitäten in den Hintergrund treten lassen und • das Wissen und die Fähigkeiten des Handelnden aktivieren, die für die Zielerreichung notwendig sind.

87 Vgl. Locke, Ε. Α., Bryan, J. F. (1969a): The directing function of goals in task performance. In: Organizational Behavior and Human Performance, 4, S. 3 5 ^ 2 , hier: S. 35 f. vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990b): Work motivation and satisfaction: Light at the end of the tunnel, S. 241. 88 Vgl. Nemeroff, W. F., Cosentino, J. (1979): Utilizing feedback and goal setting to increase performance appraisal interviewer skills of managers. In: Academy of Management Journal, 22, S. 566-576, hier: S. 566 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 93. 89 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 92. 90 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 227. 91 Vgl. Rothkopf, E. Ζ , Billington, Μ. J. (1979): Goal-guided learning from text: Inferring a descriptive processing model from inspection times and eye movements. In: Journal of Educational Psychology, 71, S. 310-327, hier: S. 310 f. 92 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 92.

48

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

II. Intensität der Handlung Nicht nur die Richtung, sondern auch die Intensität der Handlung wird durch die Ziele gesteuert. Die Ziele liefern die Information über den Grad an Anstrengung, der nötig ist, das Ziel zu erreichen. Hierbei scheint ein linearer Zusammenhang zwischen dem Schwierigkeitsgrad und der Anstrengung zu bestehen, bis der Handelnde an die Grenzen seiner Fähigkeiten gelangt.93 Der Handelnde paßt seine Anstrengung folglich an die Schwierigkeit des Ziels an. Nach Latham und Locke (1991) ist dies die Kernaussage der Zielsetzungstheorie. 94 Deren Annahme ist, daß größere Anstrengung zu besseren Leistungen führt. Bei schwierigen Zielen strengen sich Menschen stärker an, um die entsprechende Leistung zu erzielen, als bei leichteren Zielen. Zwar sei größere Anstrengung nicht immer mit besseren Leistungen verbunden, doch treffe bei entsprechenden Fähigkeiten dieser Zusammenhang meistens zu. Die Beeinflussung der Intensität der Handlungen kann sich unterschiedlich auswirken. • Physische Anstrengung Nach Sa/es (1970) führen höhere Arbeitsziele zu subjektiv berichtet größerer Anstrengung, schnellerem Herzschlag und besserer Leistung, als niedrigere Ziele. 95 Latham und Locke (1975) konnten in einer Untersuchung feststellen, daß Menschen dann härter und schneller arbeiten, wenn sie kürzere Zeitvorgaben erhalten. 96 •

Arbeitstempo Wenn die Aufgaben nicht zu komplex waren, dann führten höhere Ziele zu einem höheren Arbeitstempo. Dies war z. B. bei Additionsaufgaben, Brainstormings oder Reaktionsaufgaben festzustellen. 97

93

Vgl. Lee, Τ ., u. a. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 310. Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 228. 95 Vgl. Sales, S. M. (1970): Some effects of role overload and role underload. In: Organizational Behavior and Human Performance, 5, S. 592-608, hier: S. 592 ff. 96 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1975): Increasing productivity with decreasing time limits: A field replication of Parkinson's Law. In: Journal of Applied Psychology, 60, S. 524-526, hier: S. 524 ff. vgl. auch Lee, Τ., u. a. (1989): Goal setting theorie and job performance, S. 310. 97 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 92. 94

D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts

49

• Kognitive Anstrengung Teilnehmer eines Versuchs von Brickner und Bukatko (1987, Studie 1) sollten verschiedene Einzelteile in einem komplexen Bild erkennen. Sie berichteten bei spezifischen, schwierigen Zielen von größerer kognitiver Anstrengung als bei „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen.98

III. Ausdauer bei der Handlung Ausdauer bedeutet, daß eine Anstrengung über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten wird. Sie wird über die Zeit gemessen, die der Handelnde an einer Tätigkeit arbeitet, oder über die Anzahl der Versuche, die er zur Problemlösung unternimmt. 99 Ziele wirken sich auf die Ausdauer nur dann aus, wenn keine Zeitbegrenzungen vorliegen. In einem Versuch von LaPorte und Nath (1976) wurde für das Bearbeiten einer Literaturaufgabe auf Zeitbegrenzungen verzichtet. Die Teilnehmer mit den schwierigeren Zielen beschäftigten sich mit dem Text deutlich länger, als jene mit leichteren Zielen. 100 Zeitbegrenzungen verbunden mit schwierigen Zielen fuhren dazu, daß die Menschen härter oder schneller arbeiten. Werden bei schwierigen Zielen keine Zeitlimits vergeben, arbeiten die Menschen länger. Ob sie bei längerer Arbeit auch härter arbeiten ist fraglich, da es einen natürlichen „Trade-off' zwischen Intensität und Ausdauer gibt. 1 0 1 Ein anderer Aspekt der Ausdauer ist die Beharrlichkeit bei einer Handlung. Diese bezeichnet die Fähigkeit, bei auftretenden Schwierigkeiten nicht aufzugeben, bis das Ziel erreicht ist. 102 Huber und Neale (1987) zeigten z. B., daß Teilnehmer bei einer Verkaufs- und Handelsaufgabe mit schwierigerem Ziel „här-

98 Vgl. Brickner , Μ. Α., Bukatko , P. A. (1987): Locked into performance: Goal setting as a moderator of the social loafing effect. University of Akron. Unpublished manuscript, vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 88. 99 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 90. 100 Vgl. LaPorte, R. E., Nath, R. (1976): Role of performance goals in prose learning. In: Journal of Educational Psychology, 60, S. 122-124, hier: S. 122 ff., vgl. auch: Lee, Τ., u. a. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 310. 101 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 229. 102 Ebenda, S. 228.

4 Uhi

50

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

ter" verhandelten und bessere Geschäfte machten als diejenigen mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen oder leichten Zielen. 103 Die drei dargestellten Mechanismen wirken direkt und weitgehend automatisch als Folge schwieriger und spezifischer Ziele. Direkt und automatisch, weil Erfahrungen in der Vergangenheit den Handelnden gezeigt haben, daß sie so ihre Ziele erreichen können.

IV. Zielsetzung, Strategieentwicklung und Leistung Nicht immer reicht der zielgerichtete, intensive und/oder ausdauernde Einsatz aller Fähigkeiten aus, um das Ziel zu erlangen. Gerade bei neuen oder sehr komplexen Aufgaben, kann ein Ziel häufig nur erreicht werden, wenn neue Strategien gefunden und entwickelt werden. Anstrengung allein genügt nicht. 104 Die Strategieentwicklung ist eine indirekte Wirkung der Ziele, da Strategien nicht automatisch gefunden werden. 105 Ziele stimulieren allerdings zur Strategieentwicklung. Konfrontiert mit einem schwierigen und komplexen Ziel, muß sich der Handelnde Gedanken machen, wie er das Ziel erreichen kann. Das bedeutet, er muß die Zielerreichung planen. In einer Studie von Terborg (1976) entwickelten diejenigen Teilnehmer, die spezifische Ziele erhalten hatten, bessere Lernstrategien als jene, die keine Ziele erhalten hatten. 106 Dazu gehörte u. a., daß die Teilnehmer Bemerkungen an den Rand der Literaturquellen geschrieben hatten. Die Folge waren bessere Leistungen. Terborg konnte zudem nachweisen, daß ohne die Strategien kein Zusammenhang zwischen Zielen und Leistung bestanden hätte. Die Leistung wurde folglich indirekt über die Strategieentwicklung verbessert. Chesney und Locke 988) konnten bei Managern die Entwicklung von Marktstrategien für den Verkauf beobachten, um ihre Ziele zu erreichen. 107

103

Vgl. Huber, V. L, Neale, M. A. (1987): Effects of self- and competitor goals on performance in an interdependent bargaining task. In: Journal of Applied Psychology, 72, S. 197-203, hier: S. 197 ff. vgl. auch: Latham, G. P., Locke, E A. (1991): Selfregulation through goal setting, S. 228. 104 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 228. 105 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 96. 106 Vgl. Terborg, J. R. (1976): The motivational components of goal setting. In: Journal of Applied Psychology, 61, S. 613-621, hier: S. 613 ff. 107 Vgl. Chesney, Α. Α., Locke, E. A. (1988): An examination of the relationship among goals, strategies and performance on a complex management simulation task. College of Management, Georgia Institute of Technology, unpublished manuscript, vgl.

D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts

51

Eine Strategie kann z. B. das Anwenden aufgabenbezogener, routinierter Verhaltensmuster sein, oder aber das Erlernen neuer Fertigkeiten bzw. das Entwickeln einer neuen und kreativen Problemlösung. 108 Kreativität konnte z. B. in dem Feldversuch von Latham und Baldes (1975) beobachtet werden. Lastwagenfahrern, die spezifische und schwierige Ziele zugeteilt bekommen hatten, veränderten ihren LKW, um die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung zu erhöhen. 109

/. Die Reduzierung der Qualität als Strategie Eine Strategie kann sein, bei hohen quantitativen Zielen, die Qualität zu verringern. Dies kann eine unbewußte Folge höherer Geschwindigkeit sein, oder eine bewußte Strategie, um die Quantität zu maximieren. 110 Teilnehmer mit hohen Zielen verkürzten in Rossworks Schreibaufgabe (1977) einfach die Sätze, um das quantitative Ziel an geschriebenen Sätzen zu erreichen. 111 Die schon angeführte Untersuchung von Sales (1970) zeigte, daß Teilnehmer des Versuchs mit hohen Arbeitsbelastungen deshalb mehr Fehler als Teilnehmer mit geringeren Belastungen machten, weil sie ihre Qualitätsansprüche herabgesetzt hatten. 112 Nach Kleinbeck und Schmidt (1996) führen Zielsetzungen und Rückmeldungen, die sich nur auf einen Leistungsaspekt - Quantität oder Qualität - beziehen, in dem jeweils betonten Leistungsaspekt zu Leistungssteigerungen. Für den anderen Aspekt ist jedoch mit Leistungsminderungen zu rechnen. 113

auch Locke, E. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 97. 108 Vgl. Lee, T., u. a. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 311. 109 Vgl. Latham, G. P., Baldes, J. J. (1975): The „practical significance" of Locke's theory of goal setting. In: Journal of Applied Psychology, 60, S. 122-124, hier: S. 122 ff., vgl. auch Lee, Τ., u.a. (1989): Goal setting theory and job performance, S.311. 110 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 97 f. 111 Vgl. Rosswork, S. G. (1977): Goal setting: The effects of an academic task with varying magnitudes of incentives. In: Journal of Educational Psychology, 69, S. 710— 715, hier: S. 710 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 133. 112 Vgl. Sales, S. M. (1970): Some effects of role overload and role underload, S. 592 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969— 1980, S. 133. 1,3 Vgl. Kleinbeck, U., Schmidt, K.-H. (1996): Wirkung von Zielsetzungen, S. 885.

52

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

2. Ziele beeinflussen die Intensität der Planung Einige Studien haben sich mit dem Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Planungsintensität befaßt. Earley und Perry (1987) führten ein Experiment durch, bei dem Verwendungsmöglichkeiten für bestimmte Gegenstände gefunden werden mußten. Die Teilnehmer mit schwierigen, spezifischen Zielen berichteten, sie hätten sich bei der Planung stärker engagiert, als jene mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen.114 Zum gleichen Ergebnis kamen Earley, Wojnarowski und Prest (1987) bei einem Laborexperiment und einer Felduntersuchung. 115 Smith, Locke und Barry (1991) verwendeten zur Überprüfung der Zielsetzungstheorie eine Organisationssimulation, wobei schwierige, spezifische Ziele zu einer signifikant höheren Planungsqualität führten, als „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele. 116

3. Wirkungen von Strategietrainings In einer Reihe von Untersuchungen wurden den Teilnehmern Strategien zur Lösung der Aufgaben mitgeteilt. Earley (1985a) entwickelte zwei Studien, eine Labor- und eine Felduntersuchung, in denen einigen Teilnehmern Informationen darüber gegeben wurden, wie die Aufgabe am besten zu lösen ist. 117 Alle Teilnehmer erhielten die gleichen spezifischen, schwierigen Ziele. Die Teilnehmer, die die Strategieinformationen erhalten hatten, fühlten sich stärker an ihr Ziel gebunden und konnten bessere Leistungen erzielen.

1,4

Vgl. Earley, P. C., Perry, P. C (1987): Work plan availability and performance: An assessment of task strategy priming on subsequent task completion, S. 279 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 99. 115 Vgl. Earley, P. C., Woinarosky, P., Prest, W. (1987): Task planning and energy expended: Exploration of how goals influence performance. In: Journal of Applied Psychology, 72, S. 107-114, hier: S. 107 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 99. 116 Vgl. Smith, K. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 46, S. 118-134, hier: S. 118 ff. 1,7 Vgl. Earley, Ρ. C. (1986a): Influence of information, choice and task complexity upon goal acceptance, performance and personal goals. In: Journal of Applied Psychology, 70, S. 481-491, hier: S. 481 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 100.

D. Wirkungen des Zielsetzungseffekts

53

Drei unterschiedliche Ziele (schwierige, spezifische versus Lernziele versus „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele) erhielten die Teilnehmer in einem Versuch von Earley, Lee und Lituchy. m Die Teilnehmer sollten Aktienpreise vorhersagen. Dafür standen ihnen drei Informationsquellen über ein fiktives Unternehmen zur Verfugung. Der einen Hälfte der Teilnehmer wurde gezeigt, wie man einen Weg findet, die Informationen richtig zu interpretieren, der anderen Hälfte nicht. Das Strategietraining führte bei den Teilnehmern mit schwierigem, spezifischem Ziel und denen mit Lernziel zu besseren Ergebnissen, als bei jenen mit dem „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziel. Ohne Strategietraining bewirkten die schwierigen, spezifischen Ziele schlechtere Leistungen, als die beiden anderen Ziele. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Neale, Norther aft und Earley (1987). 119 Bei ihrem Experiment sollten die Teilnehmer zu Verhandlungslösungen kommen. Die Teilnehmer mit schwierigen, spezifischen Zielen zeigten nur dann bessere Leistungen als die Teilnehmer mit leichten oder „Versuchen Sie Ihr Bestes" Zielen, wenn sie vorher trainiert wurden. Einige Studien - zum Beispiel die Untersuchung von Earley, Lee und Lituehy (1989) - zeigten, daß untrainierte Teilnehmer mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen, bessere Leistungen erzielten, als jene mit schwierigen, spezifischen Zielen. 120 Eine mögliche Erklärung könnte der größere Zeitdruck sein, den die schwierigen, spezifischen Ziele bewirken. Unter Zeitdruck suchen Teilnehmer mit diesen Zielen nicht so lange nach systematischen Lösungsstrategien, wie jene mit „Versuchen sie Ihr Bestes"-Zielen. Außerdem kann es bei der Lösung komplexer Aufgaben zu „Time-Lags" kommen, d. h., die besseren Leistungen stellen sich erst nach einiger Zeit ein. Die Handelnden müssen erst lernen, welche Strategien am effektivsten sind.

1,8 Vgl. Earley, P. C, Lee, C, Lituchy, T. R. (1989): Task strategy and judgements in goal setting: The effects of a learning emphasis and training sequence on performance. Department of Management and Policy, University of Arizona, unpublished manuscript, vgl. auch Locke, E. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 101. 119 Vgl. Neale, Μ. Α., Northcraft, G. B., Early, P. C. (1987): Working hard versus working smart: A comparison of anchoring and strategy-development effects of goal setting: Kellog School of Management, Northwestern University, unpublished manuscript, vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 101. 120 Vgl. Earley, P. C, Lee, C, Lituchy, T. R. (1989): Task strategy and judgements in goal setting: The effects of a learning emphasis and training sequence on performance, vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 104.

54

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

4. Ziele , Strategien und Leistung bei komplexen Aufgaben Locke , Smith und Barry (1990) fassen die Beziehung zwischen Zielen und Strategien wie folgt zusammen:121 • Gibt man Menschen spezifische und herausfordernde Ziele, so entwickeln sie spontan Pläne und Strategien, die ihnen helfen sollen, die Ziele zu erreichen. Dabei bewirken spezifische und herausfordernde Ziele häufig eine bessere Qualität der Pläne und Strategien, als vage Ziele. 122 • Wenn ein schwieriges, quantitatives Ziel erreicht werden soll und ein Zeitlimit vorliegt, dann kann als Zielerreichungsstrategie die Qualität herabgesetzt werden. Um dies zu verhindern, müssen gleichzeitig qualitative Ziele gesetzt werden. • Bei komplexen Aufgaben können Ziele nur dann zu besseren Leistungen fuhren, wenn geeignete Strategien gefunden werden. Es zeigen sich in diesen Fällen deutlich höhere Korrelationen zwischen Leistung und Strategien als zwischen Leistung und spezifischen Zielen. • Weil schwierige, spezifische Ziele Zeitdruck erzeugen, der die Planungsqualität negativ beeinflussen kann, ist ein Strategietraining sinnvoll. Die Ergebnisse zeigen, daß schwierige, spezifische Ziele, verbunden mit entsprechenden Trainingsmaßnahmen zu besseren Leistungen führen, als „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele, die mit den gleichen Trainingsmaßnahmen verbunden werden.

E. Wirkungen der Zielsetzungen auf Mikro- und Makrolevel Daß spezifische und schwierige Ziele zu besseren Leistungen fuhren als „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele, gehört auf der Mikroebene zu den besonders fundierten Erkenntnissen der Organisationslehre. Bei Untersuchungen auf der Mikroebene werden die Wirkungen von Zielen für das jeweilige Individuum beobachtet. Aber auch auf der Makroebene, wo nicht Individuen, sondern Organisationen analysiert werden, gilt die Überzeugung, daß Zielsetzung und Planung wichtige Determinanten der Organisationsleistung sind. Peter und Waterman (1982) begründeten die Theorie der „Organisational Excellence", die besagt, daß schwierige, spezifische Ziele bei Unternehmen zu besseren Leistungen führen. An zahlreichen Beispielen wird aufgezeigt, wie die erfolgreichsten Un-

121 Vgl. Smith, K. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 130. 122 Ebenda.

E. Wirkungen der Zielsetzungen auf Mikro- und Makrolevel

55

ternehmen ihre Leistungen den herausfordernden Zielsetzungen verdanken. 123 Trotzdem wurde bis zum Jahre 1990 weder durch ein Experiment, noch durch eine Langzeit-Korrelationsuntersuchung der Zusammenhang zwischen Zielen, Planung und Leistung auf der Organisationsebene untersucht. 124 Smith, Locke und Barry (1990) versuchten diese Lücke auf der Makroebene fur Zielsetzungs- und Planungsstudien mit Hilfe einer Organisationssimulation zu schließen. Dieses Verfahren bietet Kontrollmöglichkeiten sowohl für Mikro-, als auch für Makrodaten. In einer Organisationssimulation werden die vielfaltigen Prozesse in einem Unternehmen abgebildet. 296 Studenten eines Studiengangs für Management wurden 16 Unternehmen zugeteilt. Alle Unternehmen verfugten entsprechend einem realen Produktionsunternehmen über die gleichen Management- und Produktionsfunktionen. In jedem Unternehmen gab es drei Produktionseinheiten, jeweils einen Bereich für Informationsbeschaffung, Personaleinsatz, Managementberatung, Buchhaltung und Risikomanagement. In den Produktionseinheiten sollten Wortpuzzles gelöst werden. Die anderen Bereiche hatten die Funktion, die notwendigen Informationen für die Problemlösung zu liefern. Dabei konnten Informationen über ein Budget eingekauft, Personal zugeteilt u.v.a. Maßnahmen getroffen werden. Das Spiel wurde jeweils in sechs Durchgängen von ca. 45-75 Minuten gespielt. Acht Gruppen erhielten sehr hohe und spezifische Ziele, die anderen acht Gruppen sollten „Ihr Bestes versuchen". Die Leistung sollte gemeinsam von der ganzen Gruppe erbracht werden. Nach jedem Durchgang erhielten alle Gruppen Feedback bezüglich ihrer Leistung. Folgende Hypothesen wurden anhand dieses Untersuchungsdesigns überprüft: 125 (1) Organisationen mit spezifischen und herausfordernden Zielen erbringen bessere Leistungen, als jene mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen. (2) Organisationen mit spezifischen und schwierigen Zielen, zeigen eine höhere Qualität der Planungsprozesse, als jene Organisationen mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen. (3) Organisationen, die mehr Zeit für die Planung verwenden, werden qualitativ bessere Pläne entwickeln. (4) Organisationen, die mehr Zeit für die Planung verwenden, erzielen bessere Leistungen.

123

Vgl. Smith, K. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 120. 124 Ebenda, S. 119. 125 Ebenda, S. 121 ff.

56

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Der Erfolg der einzelnen Unternehmen wurde zum einen daran gemessen, wie viele Wortspiele gelöst wurden, aber auch daran, wie viele aktive Teilnehmer einbezogen, wie viele neue Aufgabenzuordnungen verteilt und wieviel Geld zwei Investitionsprogrammen zugeteilt wurden. 126 Die Messung der Planung bezog sich auf die absolute Zeit, die fiir das Planen verwendet wurde und auf die Planungsqualität. Die Messung der Planungsqualität richtete sich nach den folgenden Kennzeichen hochqualitativer Planungsprozesse, die von Lorange und Vancil 127 (1977) und Steiner 128 (1969) entwickelt wurden: 129 •

Zukunftsorientierung,

• umfangreiche Interaktionen zwischen den Teilnehmern, • systematisches Erfassen der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Unternehmens, • klare Definition der Rollen und Funktionen der Teilnehmer und • Entwicklung und Kommunikation von Handlungsplänen und Allokation der Ressourcen zur Zielerreichung; Es zeigte sich, daß hohe und spezifische Ziele im Gegensatz zu „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen, (1) mehr Aufmerksamkeit der Teilnehmer bezüglich der Zieldiskussion und den Verhandlungen bewirken, (2) bei den Teilnehmer höheres Commitment (Zielverbundenheit) hervorrufen, (3) die Teilnehmer veranlassen, mehr als doppelt soviel Zeit für die Planung zu investieren. Schon die geringe Anzahl von 16 Gruppen bestätigte signifikant folgende Organisationsphänomene: 130 • Spezifische, hohe Ziele korrelieren auf der Makroebene (der Gruppen- und Organisationsebene) mit Leistung.

126

Vgl. Smith, K. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 124. 127 Vgl. Lorange, P., Vancil, R. V (1977): Strategic planning systems. Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall, vgl. auch Smith, Κ. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 124. 128 Vgl. Steiner, G. A. (1969): Top management planning, New York: MacMillan, vgl. auch Smith, Κ. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 124. 129 Ebenda, S. 126. 130 Ebenda, S. 129.

E. Wirkungen der Zielsetzungen auf Mikro- und Makrolevel

57

• Das Setzen spezifischer, hoher Ziele korreliert positiv mit der Planungsqualität. • Der Schlüssel zu effektiver Planung ist die Zeit, die man dafür verwendet, aber nur, wenn die Planungsqualität stimmt. • Außerdem bestätigt sich in der Untersuchung ein gewisses Time-Lag zwischen der Planung der Ziele bzw. der Maßnahmen und der sich einstellenden Leistungsverbesserung. Die leistungssteigernden Wirkungen von hohen Zielsetzungen auf Gruppenebene wurden ebenfalls in den Untersuchungen von Weldon, Jehn und Pradhanm (1991), Weldon und Weingart 132 (1993) sowie Klein und Mulvey 133 (1995) bestätigt. 134 Gerade bei komplexen Aufgaben, förderten die hohen Ziele die strategische Planung, indem sie die Gruppenmitglieder ermutigten, festzulegen, was, wann, von wem und wie getan werden sollte. Zusätzlich steigerten sie die Arbeitsteilung zwischen den Gruppenmitgliedern und halfen bei der Bewertung des Leistungsfortschritts. Die höheren Ziele führten außerdem zu einer höheren Gruppenbindung. 135

131

Vgl. Weldon, E., Jehn, Κ. Α., u. a. (1991): Processes that mediate the relationship between a group goal and improved group performance. In: Journal of Personality and Social Psychology, 61, S. 555-569, hier: S. 555 ff. 132 Vgl. Weldon, EWeingart, L R. (1993): Group goals and group performance. In: British Journal of Social Psychology, 32, S. 307-334, hier: S. 307 ff. 133 Vgl. Klein, H. J., Mulvey, P. W. (1995): Two investigations of the relationships among group goals, goal commitment, cohesion and performance. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 61, S. 44-53, hier: S. 44 ff. 134 Vgl. auch Kleinbeck, U. (1996): Arbeitsmotivation: Entstehung, Wirkung und Förderung, S. 73. 135 Ebenda, S. 74.

58

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Leistung

Quelle: Smith, K. G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation. In: Organizational Behavior and Human Decision ProProcesses, 46, S. 118-134, hier: S. 128. Abbildung 2: Gesamtleistung bei spezifischen, schwierigen und bei „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen

F. Zusammenfassung und Aussagekraft der Zielsetzungstheorie Als Ursache, weshalb Menschen mit den gleichen Fähigkeiten unterschiedliche Leistungen erzielen, wird meist ihre unterschiedliche Zielvorstellung angegeben. Die Zielsetzungstheorie geht davon aus, daß die Leistung eine mehr oder weniger lineare Funktion der Zielschwierigkeit ist, solange wie Fähigkeiten und Anstrengung zur Aufgabenbewältigung ausreichen. Dann fällt die Leistung jedoch nicht steil ab, sondern verläuft in etwa parallel zur Schwierigkeitsachse, vorausgesetzt, daß das Ziel nicht ganz aufgegeben wird. Inzwischen konnte in mehr als 400 Untersuchungen nachgewiesen werden, daß spezifische und schwierige Ziele zu besseren Leistungen führen, als keine Ziele, moderate oder vage Ziele („Versuchen Sie Ihr Bestes"). Von schwierigen Zielen sprechen die Autoren bei einer Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung von ca. 10-15 %. Dies steht im Gegensatz zu der allgemeinen Annahme, Ziele müßten eine mittlere Schwierigkeit haben und erreichbar sein (50 % Zielerreichungswahrscheinlichkeit). Die Verwendung spezifischer, schwieriger Ziele im Vergleich zu „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen würde, so Locke u. a. (1981),

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie

59

zu durchschnittlichen Leistungssteigerungen von 16% fuhren, verbunden mit monetären Anreizen sogar von 40 % . 1 3 6 Die leistungssteigernde Wirkung von spezifischen, schwierigen Zielen konnte sowohl in Felduntersuchungen, als auch in Experimenten bewiesen werden. Insgesamt wurden 88 verschiedene Aufgaben gestellt, und teilgenommen haben ca. 40.000 Menschen in acht verschiedenen Ländern. Die Aufgaben reichten vom Verkaufen, Management, Sicherheitsverhalten, Autofahren, Gesundheitsvorsorge, Holzfallen usw. bis zum Eishockeyspielen.137 Die Zeitspanne der zu bewältigenden Aufgaben lag zwischen einer Minute und drei Jahren. Die Teilnehmer waren Männer und Frauen, farbiger und weißer Hautfarbe, Manager, Studenten, Holzfäller, Ingenieure, Wissenschaftler, Doktoren, Professoren usw. 138 Gemessen wurden beispielsweise physische Anstrengung, Reaktionsgeschwindigkeit, Quantität des Outputs, Qualität und Quantität des Outputs, Zeit, die für Aufgaben verwendet wurde, Gewinn, Kosten oder das Verhalten am Arbeitsplatz. 139 Die Zielsetzungstheorie gilt deshalb als eine sehr fundierte und bewährte Theorie der Motivations- und Organisationspsychologie. Pinder (1984) schreibt: 140 „... goal setting theory has demonstrated more scientific validity to date than any other theory or approach to work motivation ... moreover, the evidence thus far indicates that it probably holds more promise as an applied motivational tool for managers than does any other approach."

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie Bisher wurden die Inhalte der Zielsetzungstheorie, insbesondere die Schwierigkeit und die Spezifität der Ziele dargestellt. Menschen können schwierige und spezifische Ziele haben, aber aus Alltagsbeobachtungen ist bekannt, daß

136

Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980,

S. 148. 137

Vgl. Locke, Ε. Α., Kristof, A. L. (1996): Volitional choices in the goal achievement process. In: Gollwitzer, Μ., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior. New York, London: The Guilford Press, S. 365-384, hier: S. 372. 138 Ebenda. 139 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 43 f. 140 Vgl. Pinder, C C. (1984): Work motivation. Glenview, IL: Scott, Foresman, vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance., S. 46.

60

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

diese nicht zwangsläufig zu den gewünschten Handlungen führen. Damit einem Ziel die entsprechenden Handlungen folgen, müssen sich die Menschen dem Ziel verbunden fühlen (Commitment). In der Zielbindung kommt zum Ausdruck, wie sehr jemand versucht, ein Ziel zu erreichen, und wie groß der Widerstand gegen ein Abbringen von diesen Zielen ist. Je größer das Commitment, desto intensiver und ausdauernder versucht der Handelnde das Ziel zu erreichen. 141 Man könnte Commitment auch beschreiben als die Bedeutung, die die Zielerreichung für den Handelnden besitzt, und die Ausdauer, die der Handelnde bei Rückschlägen oder Schwierigkeiten zeigt. 142 Abbildung 3 zeigt einen hypothetischen Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit, Commitment und Leistung. Bei hohem Commitment besteht ein starker Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung. Je höher die Ziele, desto besser die Leistung. Bei geringem Commitment bleibt die Leistung unabhängig von der Höhe der Ziele konstant.

Hohes Commitment Niedriges Commitment

Zielschwierigkeit

Quelle: Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 217. Abbildung 3: Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit, Commitment und Leistung

141

Vgl. Kleinbeck,

U. (1996): Arbeitsmotivation: Entstehung, Wirkung und Förderung,

S. 59. 142

S. 217.

Vgl. Latham, G. Ρ. , Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting,

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie

61

I. Commitment: Wert und Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Generell ist das Commitment am höchsten, wenn der Handelnde denkt, daß er das Ziel erreichen kann, und wenn mit der Zielerreichung ein bestimmter Wert verbunden ist. 143 Folglich lassen sich die Faktoren, die Commitment verbessern, in zwei Kategorien aufteilen: (1) Faktoren, die das Individuum überzeugen, daß das Erreichen der Ziele möglich ist, also Bedingungen, die die Erwartung der Zielerreichung verbessern. (2) Faktoren, die das Individuum überzeugen, daß das Erreichen der Ziele wichtig und angemessen ist, bzw. Bedingungen, die den Wert des Ziels erhöhen. 144 Diese Motivationstheorien werden kognitive Erwartungs-Wert-Theorien genannt. Sie gehen zurück auf Lewin (1890-1945), der eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart der Motivationsforschung darstellt. 145 Seine Theorie enthält viele Ideen der Spannungsreduktion von Freud 146 und Hull 141. Er glaubt jedoch, daß Verhalten stärker kognitiv als triebhaft gesteuert ist. 148 Seiner Meinung nach kommt es mit der Entstehung eines Wertes (z. B. das Ziel, etwas zu besitzen) zum Aufbau eines Kräftefeldes um das begehrte Objekt. Dieses Kräftefeld fuhrt dazu, daß sich die handelnde Person in Richtung auf das Zielobjekt bewegt. Je näher die Person dem Objekt und dem Kräftefeld kommt, desto größer wird die Anziehungskraft. Wird das Ziel erreicht, so entlädt sich die Spannung. Dadurch geht die Anziehungskraft verloren und die Handlung wird beendet. Lewins Theorie enthält Prinzipien des Hedonismus und der Homöostase. Hedonismus bedeutet, daß Menschen handeln, um Lust zu maximieren und Unlust zu minimieren. 149 Die Handlung dient entweder dem Erreichen eines po-

143 Vgl. Locke , Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990b): Work motivation and satisfaction: Light at the end of the tunnel, S. 240. 144 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 218. 145 Vgl. Lewin, Κ. (1961): Intention, will and need. Reprinted in: Shipley, T. (Hrsg.): Classics in psychology. New York: Philosophical Library. This article originally appeared, in German, in Psychol. Forsch., 1926. 146 Vgl. Freud, S. (1969): (1916-17) Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. In: Studienausgabe (Band 1). Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag. 147 Vgl. Hull, C L (1951): Essentials of behavior. New York: Appleton-CenturyCrofts, 1943. 148 Vgl. Weiner, Β. (1994): Motivationspsychologie, 3. Auflage, Weinheim: Beltz, S. 115. 149 Ebenda, S. 157.

62

1. Kapitel: Einfuhrung in die Zielsetzungstheorie

sitiven Gefühls oder der Vermeidung eines negativen Gefühls. Die Zielerreichung ist demnach mit einem Zufriedenheitsgefühl (Entspannung), das Nichterreichen des Ziels mit einem Unzufriedenheitsgefühl (Anspannung) verbunden. Nur die Zielerreichung bringt den Organismus in einen Gleichgewichtszustand (Homöostase) zurück und maximiert die angenehmen Gefühle (Hedonismus).150 Ein typisches Beispiel aus der Forschung, das die Wirkung gespannter Systeme verdeutlicht, ist die Untersuchung von Ovsiankina (1928). 151 Diese stellte ihren Versuchsteilnehmern verschiedene Aufgaben, wie z. B. Rätsel zu lösen, Chips einzusortieren oder Figuren zu modellieren. Bei einigen Aufgaben wurden die Teilnehmer vor Beendigung unterbrochen und aufgefordert, eine andere Aufgabe zu beginnen. Die meisten Teilnehmer wollten dieser Aufforderung nicht nachkommen, zeigten sich überrascht oder verärgert und wollten zuerst die angefangene Aufgabe fertigstellen. Sobald sich im weiteren Versuchsverlauf eine Pause ergab, begannen 80 % der Teilnehmer unaufgefordert, die unterbrochene Aufgabe wieder aufzunehmen. Die Teilnehmer berichteten von einem inneren Drang, von einer Anziehungskraft der unvollendeten Aufgabe. Dies zeigte sich auch bei Aufgaben, die zunächst nur mit Widerwillen begonnen worden waren. 152 Die Tendenz zur Beendigung unvollendeter Aufgaben kann durch das entstandene Spannungsfeld erklärt werden. Lewin hat die Wirkung gespannter Systeme in einem Berliner Café demonstriert. Nachdem Lewin und seine Mitarbeiter mehrere Stunden diskutiert und Verschiedenes verzehrt hatten, konnte der Kellner aus der Erinnerung sagen, wer was bestellt hatte. Als alle bezahlt hatten, bat Lewin den Kellner, noch einmal die Bestellungen zu wiederholen. Der Kellner war dazu nicht mehr in der Lage, was den Unterschied zwischen einem gespannten und einem entspannten System verdeutlicht. 153 Zusammenfassend führt Lewin eine Handlung darauf zurück, daß ein bestimmtes Ziel zu einem Spannungszustand führt, der durch die Handlung abgebaut werden soll. McClelland (1953) führte den Ansatz Lewins mit der Ergänzung weiter, daß Handlungen zu unterschiedlichen Zielerreichungsgraden in Abhängigkeit der Fähigkeiten und der Anstrengung des Handelnden führen können. Seiner Meinung nach kann die Zielerreichung erst als Leistung gelten, wenn sie an einem Gütemaßstab meßbar ist. Als Beispiel dient ein Blick auf Alltagsphäno-

150

Vgl. Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 115. Vgl. Chsiankina, Μ. (1928): Die Wiederaufnahme unterbrochener Handlungen. In: Psychologische Forschung, 11, S. 302-379, hier: S. 302 ff., vgl. auch Rheinberg, F. (1995): Motivation. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 41. 152 Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation, S. 42. 153 Ebenda, S. 46. 154 Vgl. McClelland, D. C. (1953): The achievement motive. New York: AppletonCentury-Crofts, vgl. auch Rheinberg, F\ (1995): Motivation, S. 58. 151

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie

63

mene. So verlieren ein Flipperautomat oder ein Videospiel sehr schnell ihre Attraktivität, wenn dem Spieler nicht mehr angezeigt wird, wie viele Punkte er erreicht hat. Als Anreiz für die Zielerreichung dient der Stolz, etwas persönlich Anspruchsvolles geschafft zu haben, und die daraus resultierende Zufriedenheit mit der eigenen Tüchtigkeit. 155 Verbindet man Lewins und McClellands Aussagen, so führt ein Ziel zu einem Spannungszustand, der zu einer Zielerreichungshandlung motiviert. Das Erreichen des Ziels führt zum Abbau des Spannungszustands. Die sich einstellende Zufriedenheit (vgl. Hedonismus bei Lewin) ist umso größer, je höher das Ziel - gemessen an einem Gütemaßstab - ist. Die Zufriedenheit der Zielerreichung stellt den Wert eines Ziels dar.

II. Die Theorie Atkinsons Ein Ziel kann dem Handelnden eine sehr hohe Befriedigung versprechen. Wenn er jedoch nicht der Überzeugung ist, daß er das Ziel erreichen kann, wird er es nicht versuchen. Dies ist der Ansatz von Atkinson, dessen Theorie auf der Überlegung beruht, daß zum Handeln der Wert des Ziels, aber auch die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung beiträgt. Er formuliert für die Leistungsmotivation deshalb folgende Gleichung:

Quelle: Atkinson , J. W. (1957): Motivational determinants of risktaking behavior. In: Psychological Review, 64, S. 359-372. Abbildung 4: Gleichung der Leistungsmotivation

Er unterstellt weiterhin, daß der Wert (W) eines Ziels die inverse Funktion der Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung (P) darstellt, so daß sich folgende Gleichung ergibt: W = 1 - P. Diese Formel besagt folgendes: 1. Der Wert eines Ziels ist umso höher, je schwieriger das Ziel zu erreichen ist. 2. Die Wahrscheinlichkeit, ein Ziel zu erreichen, ist um so geringer, je schwieriger das Ziel ist.

155

Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation, S. 59.

64

1. Kapitel: Einführung in die Zielsetzungstheorie Tabelle 7

Atkinsons Gleichung der Leistungsmotivation Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung (P)

Wert des Ziel 1 - Ρ

Motivation Ρ χ W

0,0

1,0

0,00

0,1

0,9

0,09

0,2

0,8

0,16

0,3

0,7

0,21

0,4

0,6

0,24

0,5

0,5

0,25

0,6

0,4

0,24

0,7

0,3

0,21

0,8

0,2

0,16

0,9

0,1

0,09

1,0

0,0

0,00

Quelle: Atkinson, J. W. (1957): Motivational determinants of risktaking behavior. In: Psychological Review, 64, S. 359-372.

Die Erfolgswahrscheinlichkeit und der Wert des Ziels bestimmen die Leistungsmotivation und die Zielgebundenheit (Commitment). Atkinson zufolge müßte die höchste Motivation bei einer mittleren Zielschwierigkeit (P = 0,50) liegen. Zwar hätte eine extrem schwierige Aufgabe einen sehr hohen Erfolgsanreiz, die Erfolgswahrscheinlichkeit, das Ziel zu erreichen, wäre jedoch nahe Null. Deshalb löst ein solches Ziel keine Handlung aus; ebensowenig wie ein sehr leichtes Ziel. In diesem Fall wäre die Erfolgswahrscheinlichkeit zwar 100 %, aber das Ziel hätte keinen Wert. 156 Aus einer multiplikativen Verknüpfung von Erfolgsanreiz und Erfolgswahrscheinlichkeit, die in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis stehen, resultiert eine umgekehrte U-Funktion. Abbildung 5 zeigt den modelltheoretischen Verlauf der Leistung in Abhängigkeit von der Zielschwierigkeit entsprechend der Erwartungs-Wert-Theorie und der Zielsetzungstheorie. 156

Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation, S. 71.

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie

65

Quelle: Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 64. Abbildung 5: Erwartungs-Wert-Theorie versus Zielsetzungstheorie

III. Die Kontroverse: Atkinson versus Zielsetzungstheorie Die Ergebnisse von Atkinson stehen im Gegensatz zu den Erkenntnissen der Zielsetzungstheorie. Die Zielsetzungstheorie zeigt, daß die Leistungen mit zunehmender Aufgabenschwierigkeit steigen. Je höher die angestrebten Ziele sind, desto bessere Leistungen werden erzielt. Im Bereich zwischen leichten und mittelschweren Zielen steigt die Leistung vergleichsweise steil an; auch bei den mittelschweren bis hohen Zielen besteht immer noch ein linearer Zusammenhang, allerdings steigen die Leistungen nun in geringem Maße. Bei den sehr schwierigen Zielsetzungen erreicht die Leistungskurve ihr Maximum. Von diesem Punkt an, ist eine weitere Leistungssteigerung auch bei noch höheren Zielen nicht mehr möglich. 157 Überraschenderweise versuchen Menschen auch dann Ziele zu erreichen, wenn sie unrealistisch hoch sind. Dies gilt allerdings nur, wenn das Nichterreichen der Ziele ungestraft bleibt oder keine Kosten verursacht. 158 Zudem können unrealistisch hohe Ziele verbunden mit sehr hoher Anstrengung zu Fehlern führen, die die Motivation langfristig schwächen und das Selbstvertrauen verringern.

157 Vgl. Locke, Ε. A. (1982): Relation of goal level to performance with a short work period and multiple goal levels, S. 513 f. 158 Vgl. Erez M., Zidon, /. (1984): Effects of goal acceptance on the relationship of goal difficulty to performance, S. 69 ff.

5 Uhi

66

1. Kapitel: Einfhrung in die Zielsetzungstheorie

Die Erwartungs-Wert-Theorie von Atkinson wurde sowohl in Laborexperimenten als auch in Felduntersuchungen überprüft. Leider kann über die Validität der Erwartungs-Wert-Theorie wenig gesagt werden. Viele konzeptionelle Probleme, sowie Meß- und Methodenfehler verhindern eine valide wissenschaftliche Aussage. Insbesondere einige von Atkinsons Prämissen erscheinen fragwürdig: (1) Die Erwartungs-Wert-Theorie geht von einer optimalen Entscheidung, beruhend auf einer systematischen Informationssuche, aus. In der Realität werden Handlungen häufig unter Zeitdruck ausgeübt, so daß eine Betrachtung aller Konsequenzen und Alternativen eher unwahrscheinlich ist. Die Handelnden suchen aus einer begrenzten Anzahl von Alternativen diejenige aus, die die größte Zufriedenheit verspricht. (2) Die Zielerreichung kann gleichzeitig mehreren Bedürfnissen dienen, z. B. dem Bedürfnis nach Anerkennung und dem Kompetenzbedürfhis. Der Wert des Ziels setzt sich aus der Summe der Bedürfnisbefriedigungen zusammen. Sowohl Atkinson als auch Vroom, gehen davon aus, daß alle Bedürfhisse dem Handelnden bewußt sind. 159 Manche Bedürfhisse werden jedoch unbewußt befriedigt. (3) Die Erwartungs-Wert-Theorie geht davon aus, daß Anstrengung der einzige Faktor der Leistung ist, der für die Einschätzung der Aufgabenschwierigkeit eine Rolle spielt. Ursprünglich wurde sie für die Anstrengung bei Routineaufgaben entwickelt. 160 Kognitive und motorische Fähigkeiten spielen bei der Lösung einer Aufgabe nahezu immer eine wichtige Rolle. (4) Folglich ist nicht die objektive, sondern die subjektiv wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit für eine Handlung ausschlaggebend.161 Diese wird z. B. von den Fähigkeiten, dem Wissen, den Lösungsstrategien oder der Einstellung des Handelnden beeinflußt. So korreliert u. a. die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit mit den Fähigkeiten des Handelnden.162 (5) Das Selbstvertrauen des Handelnden steuert die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit und kann als Bindeglied zwischen Aufgabenschwierigkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit angesehen werden. Das bedeutet, daß

159 Vgl. Locke, E. A. (1991): The motivation sequence, the motivation hub, and the motivation core, S. 292. 160 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems. In: Pervin, L. A. (Hrsg.): Goal concepts in personality and social psychology. Hillsdale, New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates, S. 19-85, hier: S. 24. 161 Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation, S. 71. 162 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 65.

G. Gegenüberstellung von Zielsetzungstheorie und Erwartungs-Wert-Theorie

67

Menschen mit hohem Selbstvertrauen einer Aufgabe bei gleicher Schwierigkeit eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit zuschreiben als Menschen mit niedrigem Selbstvertrauen. Unbestritten bleibt, daß Menschen vorausschauend beurteilen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie welches Ziel mit welchem Wert erreichen. 1 6 3 Hierin stimmen Erwartungs-Wert-Theorie und Zielsetzungstheorie überein. Allerdings zeigen Experimental- und Felduntersuchungen, daß Atkinsons umgekehrte UKurve der Leistungsmotivation nicht der Realität entspricht. Sie vernachlässigt eine Reihe von Faktoren, die das Individuum davon überzeugen, daß ein Ziel erreichbar ist, insbesondere die Fähigkeiten zur Selbststeuerung und das Selbstvertrauen. Im nächsten Abschnitt wird die Zielsetzungstheorie in bekannte Motivationstheorien integriert. 164 Ziel der Integration ist, darzustellen, (1) wodurch die Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit beeinflußt wird, (2) und wovon der Wert eines Ziels abhängig ist.

163

Vgl. Locke, E. A. (1991): The motivation sequence, the motivation hub, and the motivation core, S. 292. 164 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 213.

Zweites Kapitel

Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Zunächst ist es notwendig, die Theorie der Selbstregulierung von Bandura zu erläutern. Anschließend wird die Verbindung von Zielsetzungs- und Selbstbestimmungstheorie im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.

A. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung unterscheidet zwei Arten der Motivation. Die erste Form beruht auf biologischen Bedürfnissen. Diese Bedürfnisse entstehen aus physiologischen Defiziten. Das Handeln erfolgt, weil das Defizit mit unangenehmen Effekten verbunden ist, z. B. dem Gefühl des Durstes.1 Die andere Form der Motivation ist kognitiv gesteuert. Menschen motivieren sich zum Handeln, indem sie gewünschte Ergebnisse geistig vorwegnehmen (antizipieren), sich Ziele setzen und den Weg der Zielerreichung planen und kontrollieren. Die kognitive Steuerung beruht auf der Fähigkeit Gedanken, Gefühle, Motivation und Handlungen zu regulieren. 2

I. Die Selbstregulierung Durch das Setzen von Zielen entsteht eine Diskrepanz im Sinne Lewins zwischen dem momentanen und dem gewünschtem Zustand. Als wichtigste Funktionen der Selbstregulierung werden die Selbstbeobachtung des Verhaltens, das Bereitstellen eines Vergleichsmaßstabes und die Fehlerkorrektur bezeichnet. Der Handelnde beobachtet seine Leistung und vergleicht sie mit dem Ziel. Eine Abweichung zwischen der erreichten Leistung und dem Ziel führt zu einer

1

Vgl. Bandura , Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 19. 2 Vgl. Bandura , Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 248.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

69

Handlung, die die Diskrepanz verringern soll.3 Dabei wird eine Rückmeldung (Feedback) bezüglich der erreichten Leistung vorausgesetzt. Bandura (1989) unterscheidet zwischen der Feedforward-Kontrolle und der Feedback-Kontrolle. Vor Beginn einer Handlung kann es noch keine negativen Rückmeldungen der Leistung geben. Deshalb erfolgt die Motivation zu Beginn Wähder Handlung durch das Festlegen eines Ziels (Feedforward-Kontrolle). rend der Handlung dient negatives Feedback (Abweichungen vom gewünschten Zustand) der Aufrechterhaltung oder Intensivierung der Anstrengung (Feedback-Kontrolle). Es wird also zwischen zwei verschiedenen Selbstregulierungssystemen unterschieden. Eines zu Beginn jeder Handlung und eines während der Handlungsausführung. 4 Damit können Menschen ihre Handlungen auch antizipativ und nicht nur reaktiv steuern, indem sie zunächst Diskrepanzen erzeugen und anschließend die Diskrepanzen reduzieren. Wenn sie das Ziel erreicht haben, setzen sie sich neue Standards und Herausforderungen. Dadurch gelangen sie wieder in einen Ungleichgewichtszustand, der zu weiteren Handlungen motiviert. 5 Abbildung 6 verdeutlicht, wie die Feedforward- und die Feedback-Kontrolle die Handlungen steuern. Zu Beginn ist das Ziel leistungsmotivierend. Im Handlungsverlauf wird Feedback benötigt, um die Abweichungen vom Ziele zu korrigieren. Die motivierenden Effekte gehen nicht direkt von den Zielen aus, sondern von den kognitiven Prozessen, die zu Beginn, während und nach der Handlung stattfinden. Die Ziele dienen als Standards, um den Grad an Anstrengung und Ausdauer bei der Handlung und die Erfolgswahrscheinlichkeit zu bestimmen. Der Wert des Ziels ergibt sich aus den antizipierten Folgen der Handlung.

3

Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 36. 4 Ebenda. 5 Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 260.

70

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung % Anstieg der Leistung 140 120 100 80 60 40 20

0 0

Phase

Phase

2

Quelle: Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, S. 248-287, hier: S. 259. Abbildung 6: Feedforward- und Feedback-Kontrolle

1. Selbstregulierung

durch Selbstbelohnung und Selbstbestrafung

Die Erwartungs-Wert-Theorie sagt aus, daß bei gleichbleibender Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung die Motivation mit zunehmendem Wert des Ziels steigt. Der Wert des Ziels ergibt sich aus den antizipierten Folgen der Zielerreichung einerseits und der Selbstbelohnung/-bestrafung bzw. Fremdbelohnung/-bestrafung andererseits. Die antizipierten inneren Folgen können z. B. Entspannung und Zufriedenheit sein, wenn das Ziel erreicht wird, aber auch die Handlung selbst kann belohnend sein. Dies nennt Bandura Selbstbelohnung. Die Anspannung und Unzufriedenheit, wenn ein Ziel nicht erreicht wird, nennt er Selbstbestrafung. 6 Je schwieriger und herausfordernder ein Ziel ist, desto größer ist die Anspannung vor der Handlung und die antizipierte Zufriedenheit bei der Zielerreichung. Anspannung und antizipierte Zufriedenheit bilden die Motivation zum Handeln.

2. Selbstregulierung

durch Selbstvertrauen

Eine weitere Aussage der Erwartungs-Wert-Theorie lautet, daß bei gleichbleibendem Wert eines Ziels die Motivation steigt, je höher die Einschätzung

6

Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 260.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

71

der Erfolgswahrscheinlichkeit der Zielerreichung ist. Deshalb kann ein herausforderndes und wertvolles Ziel nur dann zum Handeln motivieren, wenn der Handelnde das Vertrauen hat, das Ziel zu erreichen. Um die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung abschätzen zu können, betrachtet er seine Fähigkeiten, den Grad an Anstrengung, den er voraussichtlich aufbringen muß, die Unterstützung, die er von anderen erhält, die Bedeutung des Zufalls oder des Glücks, das er benötigt, um das Ziel zu erreichen und die Rahmenbedingungen, die gegeben sind. Wie hoch der Handelnde den Anteil einschätzt, den der jeweilige Faktor zur Zielerreichung beiträgt, wird durch sein Selbstvertrauen bestimmt. Das Selbstvertrauen bezieht sich auf die Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Bandura nennt dies „Self-efficacy" und versteht darunter „... the conviction that one can successfully execute the behavior required to produce the outcomes"7. Im Folgenden wird Self-efficacy mit Selbstvertrauen übersetzt und nicht wie häufig, aber unglücklich, mit Selbstwirksamkeit. Selbstvertrauen wird als eine situationsspezifische Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit verstanden.8 Situationsspezifisch bedeutet, daß Self-efficacy keine allgemeine und überdauernde Persönlichkeitseigenschaft darstellt, sondern themen- bzw. aufgabenbezogen und veränderbar ist. Das Selbstvertrauen spielt eine große Rolle fur die Zielsetzungen des Handelnden. Hat er großes Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, so setzt er sich schwierige und herausfordernde Ziele. Das Selbstvertrauen umfaßt die Beurteilung der eigenen Fähigkeiten, des Wissens, der Problemlösungsstrategien und der möglichen Anstrengung. 9 Menschen mit geringem Selbstvertrauen neigen bei auftretenden Schwierigkeiten dazu, sich mehr auf ihre Fehler und Schwächen, als auf ihre Stärken zu konzentrieren und nicht zu überlegen, wie sie Erfolg haben könnten.10 Da sie von ihrer Leistungsfähigkeit nicht überzeugt sind, können selbst kleine Mißerfolge dazu führen, daß diese Menschen den Glauben in ihre Fähigkeiten verlieren. Deshalb werden sie leicht Opfer von Streß und Depressionen. 11

7 Vgl. Bandura, Α. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change. In: Psychological Review, 84, No. 2, S. 191-215, hier: S. 193. 8 Die wörtliche Übersetzung von Self-efficacy wäre Selbstwirksamkeit. Dieser Begriff findet in der deutschen Sprache kaum Verwendung und wird deshalb durch Selbstvertrauen ersetzt. 9 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 24. 10 Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies. In: Bandura, Α. (Hrsg.): Self-efficacy in changing societies, S. 1 ^ 5 , hier: S. 11. 11 Ebenda.

72

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Im Gegensatz dazu verbessert ein starkes Selbstvertrauen die Leistung. Diese Menschen betrachten schwierige Ziele eher als Herausforderung und nicht als mögliche Gefahren, die es zu vermeiden gilt. Sie fühlen sich stärker an ihre Ziele gebunden, und verfolgen die Ziele deshalb ausdauernder. Folglich erbringen sie bessere Leistungen und haben häufiger Erfolg. Bandura (1989) beschreibt dies folgendermaßen: „The more capable people jugde themselves to be, the higher the goals they set for themselves and the more committed they remain to their goals." 12 White (1982) schreibt in seinem Buch „Rejection", daß all jene Menschen, die in den verschiedensten Bereichen wie Wissenschaft, Politik, Wirtschaft etc. große Bedeutung gewinnen konnten, über ein gemeinsames Merkmal verfügten: Alle hatten ein unauslöschliches Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und den Wert ihres Handelns in ihrem jeweiligen Themenfeld, das es ihnen ermöglichte, den vielen Ablehnungen ihrer früheren Arbeiten zu begegnen.13 Festzuhalten ist, daß zwei Mechanismen die Leistungsmotivation beeinflussen: (1) Die Diskrepanz zwischen dem erreichten Zustand und dem Zielzustand bewirkt eine Unzufriedenheit, die zum Handeln motiviert. FeedforwardKontrolle ist für den Beginn der Handlung, Feedback-Kontrolle für die Aufrechterhaltung der Handlung bis zur Zielerreichung verantwortlich. (2) Das Selbstvertrauen nimmt die Vermittlerrolle zwischen Zielen und Leistung ein. 14 Es entscheidet darüber, ob ein Ziel als erreichbar betrachtet wird. Ist das Ziel zu schwierig, setzt sich der Handelnde selbst ein Ziel. Die Schwierigkeit des selbst gesetzten Ziels richtet sich nach der Stärke des Selbstvertrauens. Je größer das Selbstvertrauen, desto herausfordernder das Ziel und desto ausdauernder die Zielverfolgung.

3. Fallbeispiel zur Wirkung der beiden Motivationsmechanismen In einer Untersuchung von Bandura und Cervone (1983) sollten die beiden oben genannten Aussagen zur Leistungsmotivation überprüft werden. 45 Männer und 45 Frauen nahmen an einem Training für Herzinfarktpatienten teil. 15

12

Vgl. Bandura , Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 41. 13 Vgl. White, J. (1982): Rejection. Reading, MA: Addison-Wesley, vgl. auch Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 40. 14 Vgl. Pervin, L. A. (1993): Persönlichkeitstheorien. 3. Auflage, München, Basel: E. Reinhardt, S. 411. 15 Vgl. Bandura, Α., Cervone, D. (1983): Self-evaluative and self-efficacy mechanisms governing the motivational effects of goal systems. In: Journal of Personality and Social Psychology, 45, S. 1017-1028, hier: S. 1017 ff.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

73

Die Teilnehmer mußten fünf Minuten auf einem Fahrradergometer ohne Zielvorgabe trainieren. Dies diente der Ermittlung des Ausgangsniveaus. Anschließend wurden vier Gruppen gebildet. Die erste Gruppe erhielt ein Ziel von 40 Prozent Steigerung gegenüber dem ersten Versuch. Die zweite Gruppe erhielt nur Ziele, die dritte Gruppe nur Feedback und die vierte Gruppe weder Ziele noch Feedback.16 In der Anfangsphase der Handlung zeigten die Teilnehmer, die sich ein herausforderndes Ziel gesetzt hatten, größere Anstrengung, als jene, die sich kein Ziel gesetzt hatten (Feedforward-Control). Im weiteren Verlauf der Handlung steigerten sich diejenigen nicht mehr, die sich Ziele gesetzt hatten, aber kein Feedback in Bezug auf ihre Leistung erhalten hatten. Deutliche Leistungssteigerungen gab es nur dann, wenn Ziele und Feedback gegeben wurden (FeedbackControl). Die Leistungssteigerungen dieser Gruppen waren etwa doppelt so hoch wie die der anderen Gruppen. Weder Ziele allein noch Feedback allein bewirkten bessere Leistungen. Teilnehmern, die nur Ziele oder nur Feedback erhalten hatten, fehlt nach Ansicht der Autoren ein Kriterium zur Beurteilung der eigenen Leistung. Sind nur Ziele gegeben, so könne eine Handlung begonnen werden (Feedforward-Control), aber nicht aufrechterhalten werden (Feedback-Control ist nicht möglich). 17 Anstieg der Leistung in % 60 50 40 30 20 10

0

Ziele und Feedback

Ziele

Feedback

Kontrollgruppe

Quelle: Bandura, Α., Cervone , D. (1983): Self-evaluative and self-efficacy mechanisms, S. 1021. Abbildung 7: Leistung mit Zielen und Feedback, mit Zielen, mit Feedback und ohne Feedback

16

Vgl. Bandura, Α., Cervone, D. (1983): Self-evaluative and self-efficacy, S. 1019 f. Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, S. 248-287, hier: S. 260. 17

74

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Veränderung der Leistung im Handlungsverlauf in %

hohe Unzfr

eerinee Unzfr.

eerinee Unzufr hohes SW

Quelle: Bandura, Α., Cervone, D. (1983): Self-evaluative and self-efficacy, S. 1024. Abbildung 8: Veränderung der Leistung in Abhängigkeit von Selbstwertgefuhl und Zufriedenheit

In einem zweiten Durchgang wurde das Feedback manipuliert. Die Feedback-Gruppen bekamen mitgeteilt, daß sie sich trotz des Ziels von 40 Prozent Steigerung nur um 24 Prozent gesteigert hätten. Anschließend mußten die Teilnehmer zwei Fragen beantworten: • Wie unzufrieden sind sie mit der bisherigen Leistung? • Wie hoch schätzen sie die Wahrscheinlichkeit ein, das Ziel zu erreichen? Folgende Ergebnisse konnten festgestellt werden (vgl. Abb. 8): • Je unzufriedener die Teilnehmer mit der erreichten Leistung waren, desto besser waren ihre anschließenden Ergebnisse. • Je selbstsicherer die Teilnehmer waren, das Ziel zu erreichen, desto besser waren ihre Leistungen. • Diejenigen Teilnehmer, die mit ihrer Leistung unzufrieden waren und ein hohes Selbstvertrauen in Bezug auf die Zielerreichung besaßen, erzielten die besten Leistungen. • Die Teilnehmer mit geringem Selbstvertrauen und großer Zufriedenheit zeigten die schlechtesten Leistungen.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

75

II. Kriterien des Selbstvertrauens • Nach Bandura bestimmen drei Kriterien das Selbstvertrauen: Ausmaß, Gültigkeit und Stärke. 18 • Ausmaß: Das Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit kann unterschiedlich hoch sein. Manche Menschen haben nur bei sehr niedrigen Zielen genügend Selbstvertrauen, so daß sie versuchen, diese zu erreichen. Andere haben so viel Selbstvertrauen, daß sie auch sehr schwierige Ziele zu erreichen versuchen. • Gültigkeit: Das Selbstvertrauen ist situationsspezifisch und kann in verschiedenen Themenfeldern unterschiedlich hoch sein. So kann sich ζ. B. ein Mensch im Sport sehr hohe Ziele setzen, weil er im sportlichen Bereich über ein hohes Selbstvertrauen verfügt. Im Bildungsbereich kann es jedoch sein, daß er seine Ziele eher niedriger ansetzt, weil es ihm hier an Selbstvertrauen mangelt. • Stärke: Damit ist die Widerstandsfähigkeit des Selbstvertrauens bei auftretenden Schwierigkeiten oder Diskrepanzen gemeint. Ist die Widerstandsfähigkeit gering, so wird eine Tätigkeit schneller aufgegeben.

III. Informationsquellen des Selbstvertrauens Das Selbstvertrauen wird entsprechend der „Sozialen Lerntheorie" vor allem durch vier Informationsquellen beeinflußt: 19 (1) die bisher erbrachten Leistungen, (2) vermittelte Erfahrungen, (3) verbale Überzeugung, (4) emotionale Erregung.

1. Leistungen, die in der Vergangenheit erbracht wurden Die in der Vergangenheit erbrachten eigenen Leistungen sind die wichtigste Informationsquelle zur Entwicklung des Selbstvertrauens. Aufgrund der erzielten Leistungen kann der Handelnde auf seine Leistungsfähigkeit schließen. Die 18 Vgl. Bandura , Α. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change, S. 194. 19 Ebenda, S. 195.

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

76

Wirkungen für das Selbstvertrauen sind davon abhängig, wie erfolgreich die Handlungen in der Vergangenheit waren. Während Erfolge im allgemeinen das Selbstvertrauen steigern, wird es durch Mißerfolge verringert. Dies darf nicht zu der Schlußfolgerung fuhren, daß Menschen, die sich niedrige Ziele setzen und deshalb häufiger Erfolg haben, über ein hohes Selbstvertrauen verfugen. Das Gegenteil ist der Fall. Menschen, die ihre Erfolge stets niedrigen Zielsetzungen zuschreiben, trauen sich an höhere Schwierigkeitsgrade nicht heran. 20 Hat sich ein starkes Selbstvertrauen entwickelt, kann es durch gelegentliche Mißerfolge nicht beeinträchtigt werden. Außerdem kann die Überwindung anfänglicher Mißerfolge durch größere Anstrengung das Selbstvertrauen steigern. Der Handelnde lernt, daß selbst schwierigste Ziele durch Anstrengung, Ausdauer und Lernen erreicht werden können.21

2. Leistungsvergleich

mit anderen

Einige Leistungen sind für den Handelnden objektiv meßbar. So ist die Fähigkeit, Lesen oder Schwimmen gelernt zu haben, direkt als Leistung zu beurteilen. Für die meisten Handlungen gibt es keine objektiven Leistungsmessungen. Die Beurteilung kann in diesen Fällen nur durch einen Vergleich mit den Leistungen anderer Menschen erfolgen. 22 Aus diesem Grund vergleichen Menschen ihre Leistungen fortwährend mit denen anderer. Wie sehr sich der Leistungsvergleich auf das Selbstvertrauen auswirken kann, zeigen Bandura und Jourden (1991). 23 In ihrem Experiment wurde die Hypothese geprüft, daß verschiedene Formen des sozialen Vergleichs zu unterschiedlichen Leistungen einer Organisation fuhren können. Dies geschieht durch Beeinflussung des Selbstvertrauens. Die Teilnehmer des Versuchs, 40 Männer und 20 Frauen, sollten ein simuliertes Unternehmen fuhren. Dazu gehörte, eine Gruppe von acht Mitarbeitern in verschiedenen Produktionsfunktionen optimal einzusetzen. Die Mitarbeiter verfügten über unterschiedliche Fähigkeiten; zusätzlich konnten die Teilnehmer des Experiments ihre Mitarbeiter durch Ziele, Feedback und soziale Anreize motivieren. Ziel war, die vorgegebenen Produktionspläne in möglichst kurzer Zeit zu erfüllen. Der Versuch wurde in drei Durchgängen mit insgesamt vier 20

Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 73. 21 Ebenda, S. 195 22 Vgl. Bandura, Α. ( 1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 254. 23 Vgl. Bandura, Α., Jourden, F. J. (1991): Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 60, No. 6, S. 941-951, hier: S. 943 ff.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

77

Gruppen realisiert. Nach jedem Durchgang erhielt jede Teilnehmergruppe ein willkürliches Feedback: • Die erste Gruppe von Teilnehmern erhielt nach jedem Durchgang die Information, sie hätten genauso gut abgeschnitten, wie die Teilnehmer einer Vergleichsgruppe. • Die zweite Gruppe erhielt das Feedback, besser als die Vergleichsgruppe abgeschnitten zu haben. • Die dritte Gruppe erhielt nach dem ersten Durchgang die Information, sie hätten schlechter als die Vergleichsgruppe abgeschnitten. Im Anschluß an die folgenden Durchgänge wurde ihnen mitgeteilt, sie hätten den Abstand zu den anderen Gruppen verringern können (Leistungsverbesserungsgruppe). • Der vierten Gruppe wurde nach dem ersten Durchgang mitgeteilt, sie hätten genauso gut wie die Vergleichsgruppe abgeschnitten, in den folgenden Durchgängen hätte sich ihre Leistung im Vergleich zu der anderen Gruppe jedoch ständig verschlechtert (Leistungsverschlechterungsgruppe). Nach jedem Durchgang wurden die Teilnehmer nach ihrem Selbstvertrauen, ihren selbstgesetzten Zielen und ihrer Zufriedenheit befragt. Außerdem wurden ihre strategischen Entscheidungen und die systematischen Veränderungen in der Produktion beurteilt. Die Leistung wurde an der Produktionszeit gemessen, die zur Erfüllung des Produktionsplans benötigt wurde.

Stärke des Selbstvertrauens

Quelle: Bandura, Α., Jourden, F. J. (1991): Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 60, No. 6, S. 941-951, hier: S. 943 ff. Abbildung 9: Stärke des Selbstvertrauens in den verschiedenen Phasen des Experiments

78

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Grad an Selbstzufriedenheit

Quelle: Bandura, Α., Jourden, F. J. (1991): Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 60, No. 6, S. 941-951, hier: S. 943 if. Abbildung 10: Grad an Selbstzufriedenheit in den verschiedenen Phasen des Experiments

% der Organisationsleistung

Phase des Experiments Quelle: Bandura, Α., Jourden, F. J. (1991): Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 60, No. 6, S. 941-951, hier: S. 947. Abbildung 11 : Grad der Organisationsleistung in den verschiedenen Phasen des Experiments

Das Ergebnis zeigt, daß sich Selbstvertrauen, analytisches Denken und Leistung derjenigen Gruppen, die negatives Feedback erhalten hatten (Gruppen zwei und vier), von Durchgang zu Durchgang verschlechterten. Ursache für die-

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

79

sen Leistungsabfall sind nach Ansicht der Autoren die schlechteren Lösungsstrategien und niedrigeren Zielsetzungen. Statt auf Ziele und Strategien lenkten diese Teilnehmer ihre Aufmerksamkeit stärker auf ihre scheinbare Unfähigkeit, die Aufgabe zu lösen. Die mangelnde Konzentration auf Lösungsstrategien verstärkte die negative Leistungsentwicklung von Durchgang zu Durchgang. 24 Dagegen verbesserten sich Selbstvertrauen und analytisches Denken bei den Gruppen, die im Vergleich zu der fiktiven Referenzgruppe positiv abgeschnitten hatten. Die Leistungen der Gruppe zwei verschlechterten sich ebenfalls im Zeitablauf, obwohl das Selbstvertrauen hoch war. Ein Grund dafür könnte sein, daß der Erfolg zu leicht errungen wurde. Die Teilnehmer setzten sich wegen ihrer hohen Zufriedenheit niedrigere Ziele. Übertriebene Selbstzufriedenheit und zu leichte Erfolge können demotivierend wirken. Die höchsten Leistungen erbrachte die Gruppe der Leistungsverbesserer. Sie konnte ihr Selbstwertgefühl und ihr Ziel steigern. Hier sind zwei Ursachen für die Leistungssteigerung denkbar. Positive Motivation entwickelt sich aus der erwarteten Zufriedenheit bei Erreichen eines herausfordernden Ziels (Hoffnung auf Erfolg), negative Motivation entspringt dem Gefühl der Unzufriedenheit, noch nicht so gut wie die Vergleichsgruppe abgeschnitten zu haben.25 Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der Vergleich mit anderen sowohl positive als auch negative Wirkungen für das Selbstvertrauen haben kann. Die höchste Motivation entsteht vermutlich, wenn Hoffnung auf Erfolg verbunden mit Unzufriedenheit mit der erbrachten Leistung zusammentreffen.

5. Vorbilder Außerdem kann der Vergleich mit anderen dann positive Wirkungen für das Selbstvertrauen haben, wenn der Handelnde erkennt, daß ein schwieriges Ziel von anderen erreicht wurde. Schunk (1987) konnte dies mit einer Untersuchung nachweisen. Das Selbstvertrauen, die Fähigkeiten und die Leistungen von Studenten stiegen, wenn ihnen gezeigt wurde, daß andere Studenten die gleichen akademischen Anforderungen bewältigt hatten.26 Die Wahrnehmung der eige-

24

Vgl. Bandura, Α., Jourden, F. J. (1991): Self-regulatory mechanisms governing the impact of social comparison on complex decision making, S. 948. 25 Ebenda, S. 949. 26 Vgl. Schunk, D. H. (in press): Education and instruction. In: Maddux, J. E. (Hrsg.): Self-efficacy, adaption, and adjustment: Theory, research and application. New York: Plenum, vgl. auch Zimmerman, Β. J. (1995): Self-efficacy and educational development. In: Bandura, Α. (Hrsg.): Self-efficacy in changing societies. New York: Cambridge University Press, S. 202-231, hier: S. 208.

80

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

nen Leistungsfähigkeit kann somit durch die Erfolge anderer beeinflußt werden. 27

4. Verbale Überzeugung Verbale Überzeugung wird häufig angewendet, um das Selbstvertrauen anderer zu verbessern, weil Worte leicht und ständig verfugbar sind. Durch Suggestion sollen die Handelnden davon überzeugt werden, daß sie schwierige Ziele schaffen können, von denen sie sich in der Vergangenheit fur überfordert fühlten. Selbstvertrauen, das aus verbaler Überzeugung entsteht, ist weit schwächer und anfälliger als jenes, das auf Erfahrungen der Vergangenheit beruht. Da Überzeugungen keine autentischen Erfahrungen sind, kann das so beeinflußte Selbstvertrauen durch Mißerfolge schnell wieder gelöscht werden. 28

5. Stimmungen , emotionale Erregung Stimmungen können Einfluß auf das Selbstvertrauen von Menschen nehmen. Erfolge und Mißerfolge in der Vergangenheit werden mit ihren Gefühlen als Erinnerung abgespeichert. 29 Diese bildet die Datengrundlage für spätere Beurteilungen von Aufgaben. Negative Stimmungen aktivieren deshalb die Mißerfolgserinnerungen und senken das Selbstvertrauen. Dagegen bringt eine positive Stimmung eher die Erfolge in Erinnerung und stärkt damit das Selbstvertrauen. 30 Die folgende Abbildung zeigt die durchschnittliche Stärke des Selbstvertrauens in sozialen und sportlichen Lebensbereichen mit glücklicher, neutraler oder unglücklicher Stimmung:

27 Vgl. Bandura , Α. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change, S. 198. 28 Ebenda. 29 Vgl. Bower , G. H. (1983): Affect and cognition. In: Philosophical transactions of the royal society of London (Series B), 302, S. 387-402, hier: S. 387 ff., vgl. auch Bandura , Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 63. 30 Vgl. Bandura , Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 63.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

81

Stärke des Selbstvertrauens

Quelle: Kavanagh, D. J., Bower, G. Η. (1985): Mood and self-efficacy, S. 64. Abbildung 12: Selbstvertrauen in Abhängigkeit von Stimmungen

IV. Kognitive, motivationale und affektive Prozesse Auch die Art der kognitiven Wahrnehmung und Interpretation von Emotionen und ihren physischen Reaktionen beeinflussen über das Selbstvertrauen die Leistung.31 Während Menschen mit hohem Selbstvertrauen emotionale Erregung als Energieschub zur Leistungssteigerung betrachten, empfinden Menschen mit niedrigem Selbstvertrauen emotionale Erregung eher als Unsicherheit und als Störgröße. 32 Häufig beeinflussen sich negative Stimmungen, wie ζ. B. Ängste, und mangelndes Selbstvertrauen wechselseitig. Angst vor bestimmten Situationen kann bei niedrigem Selbstvertrauen zu Vermeidungsverhalten führen. Die Vermeidung dieser spezifischen Situationen verhindert jedoch die Entwicklung diesbezüglicher spezifischer Fähigkeiten und das Entstehen von Selbstvertrauen. 33 Leistungen in der Vergangenheit, Leistungsvergleiche mit anderen, verbale Überzeugung und Emotionen können das Selbstvertrauen beeinflussen. Welche kognitiven, motivationalen und affektiven Prozesse davon betroffen sind, zeigen die folgenden Ausführungen.

31

Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 5. 32 Ebenda, S. 5, vgl. auch Schuler, Η. (1998): Berufsbezogene Leistungsmotivation, S. 14: Schuler konnte zeigen, daß bei hohem Ehrgeiz eine furchtbezogene Anspannung in leistungszielbezogene Anstrengung umgewandelt werden kann. 33 Vgl. Bandura, A. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change, S. 199. 6 Uhi

82

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

1. Kognitive Prozesse Die meisten Handlungen werden durch vorausschauendes Durchdenken und Planen gesteuert. Eine der wichtigsten Funktionen des Vorausdenkens ist das Erkennen von Gefahren flir die eigenen Ziele und das Entwickeln von Plänen, um die Gefahren abzuwenden. Das erfordert eine effektive Informationsverarbeitung. Um unter Zeitdruck und bei sozialer Verantwortung auch bei auftretenden Schwierigkeiten zielorientiert zu handeln, bedarf es großen Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten. Menschen mit geringem Selbstvertrauen werden unter diesen Voraussetzungen in ihrem analytischen Denken weniger berechenbar, reduzieren ihre Ansprüche und verschlechtern ihre Leistung. Im Gegensatz dazu setzen sich Menschen mit hohem Selbstvertrauen eher herausfordernde Ziele und nutzen ihre analytischen Fähigkeiten zum Entwickeln von erfolgsversprechenden Plänen. Die Folge sind bessere Leistungen.34 Diese Zusammenhänge weisen Wood und Bandura (1989b) in mehreren Untersuchungen mit Managern und simulierten Unternehmen nach.35

2. Motivationale

Prozesse

Menschen können sich selbst motivieren, in dem sie die Ergebnisse von Handlungen antizipatorisch vorwegnehmen. Sie setzen sich Ziele und entwickeln Pläne, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen. Dadurch aktivieren sie die Energie, die ihrer Meinung nach notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Die Handlung wird von Zufriedenheits- oder Unzufriedenheitsgefühlen begleitet, je nach der erreichten Leistung. Das Selbstvertrauen beeinflußt die motivationalen Prozesse sowohl über die Höhe der Zielsetzungen, als auch über die Ausdauer bei der Zielverfolgung. Je höher das Selbstvertrauen, desto schwieriger die gesetzten Ziele und desto größer die Ausdauer bei auftretenden Schwierigkeiten. 36 Dagegen bewirkt niedriges Selbstvertrauen niedrige Zielsetzungen und ein schnelleres Aufgeben der Zielhandlung bei auftretenden Schwierigkeiten, weil Mißerfolge auf mangelnde Leistungsfähigkeit zurückgeführt werden.

34

Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 6. 35 Vgl. Wood, R. E., Bandura, A. (1989b): Impact of conceptions of ability on selfregulatory mechanisms and complex decision making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 56, S. 407-415, hier: S. 407 ff. 36 Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 8.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

3. Affektive

83

Prozesse

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten bestimmt zudem, wie stark Streß und Druck von einem Menschen empfunden werden, wenn er mit einer schwierigen Situation konfrontiert wird. Hat er kein Vertrauen in seine Fähigkeiten, dann erscheinen ihm viele Aspekte der Umwelt als bedrohlich. Derartige Menschen tendieren dazu, sich auch über Dinge zu sorgen, die sehr selten eintreten. Als Folge dieses nicht zielgerichteten Denkens verschlechtern sich die analytischen Fertigkeiten und die Leistung.37 Bandura (1995) schreibt hierzu: "You cannot prevent the birds of worry and care from flying over your head. But you can stop them from building a nest in your hair." 38 Die psychische Umwelt, in der die Menschen leben, wird weitgehend von ihren Gedanken bestimmt. Menschen mit hohem Selbstvertrauen können durch ihre psychische Umwelt weitgehend selbst bestimmen, während Menschen mit niedrigem Selbstvertrauen sich eher als Opfer der Umwelt erleben. 39 Andererseits betrachten Menschen mit hohem Selbstvertrauen die Umwelt als weniger bedrohlich und können ihre kognitiven Fähigkeiten effektiven Problemlösungen zuwenden.

V. Exkurs: Die Bedeutung des Selbstvertrauens in unterschiedlichen Lebensbereichen Das Selbstvertrauen hat fur viele Lebensbereiche eine große Bedeutung. Im folgenden werden einige Beispiele genannt.

/. Selbstvertrauen

und intellektuelle

Entwicklung

Informationstechnologien steuern die Produktions- und Dienstleistungsunternehmen und beschleunigen den technologischen Wandel. Damit verbunden ist eine sich rasch vollziehende Wissensexplosion mit immer kürzeren Halbwertszeiten beruflichen Fachwissens.40 Folglich stehen Schul- und Berufsausbildung vor anspruchsvollen Herausforderungen, denn:

37

Vgl. Wood, R. E., Bandura, A. (1989b): Impact of conceptions of ability on selfregulatory mechanisms and complex decision making, S. 8. 38 Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 9. 39 Ebenda, S. 10. 40 Vgl. Döring, Κ. (1991): Praxis der Weiterbildung: Analyse-Reflexionen-Konzepte. Weinheim: Deutscher Studienverlag, S. 21.

84

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

• Wissen wird zunehmend eine Grundvoraussetzung für ein aktives und produktives Leben. • Ein Teil des zu vermittelnden Fachwissens ist als Folge der Wissensexplosion schon nach kurzer Zeit überholt. • Weder Wirtschaft noch Gesellschaft können auf Grund der dynamischen Entwicklung den Qualifikationsbedarf der Zukunft detailliert vorhersagen. • Die Arbeitsplätze stellen zunehmend überfachliche Anforderungen. Deshalb sollte das Ziel der Schul- und Ausbildung die Förderung von selbstgesteuertem, lebenslangem Lernen sein. Das Selbstvertrauen kann auf drei Arten selbständiges Lernen beeinflussen: 41 Untersuchungen von //actetf (1985/1995) 42 , Holden, Moncheru. a. (1990) 43 , Schunk (1989) 44 und Zimmerman (1995) 45 zeigen, daß starkes Selbstvertrauen in die eigenen akademischen Fähigkeiten die Zielsetzungen, das Interesse, die Vorbereitung auf Prüfungen und die akademischen Leistungen verbessert. 46 Das Selbstvertrauen spielt damit in allen Phasen des selbstgesteuerten Lernprozesses eine wichtige Rolle. Starkes Selbstvertrauen bewirkt höhere Zielsetzungen. Dadurch wird mehr Lernenergie bereitgestellt. Stärkeres Interesse fördert die Ausdauer des Lernprozesses, verbessert die Informationsverarbeitung und die Lernstrategien. Dies erhöht die Lernleistung, steigert das Selbstvertrauen und zukünftige Zielsetzungen. Das Selbstvertrauen hat Einfluß auf die sozialen Beziehungen der Lernenden. Capar a, Pastorelli und Bandura (1992) konnten nachweisen, daß Kinder mit hohem Selbstvertrauen in bezug auf Lernen und akademische Fähigkeiten sich sozialverträglicher verhalten, beliebter sind und seltener von ihren Gleich-

41

Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 17. 42 Vgl. Hackett, G. (1985): The role of mathematics self-efficacy in the choice of mathrelated majors of college women and men: A path analysis. In: Journal of Counseling Psychology, 32, S. 47-56, hier: S. 47 ff., vgl auch Hackett, G. (1995): Self-efficacy in changing societies, New York: Cambridge University Press, S. 232-258, hier: S. 232 ff. 43 Vgl. Holden, G., Moncher, M. S, u. a. (1990): Self-efficacy of children and adolescents: A replication and extension. In: Journal of Applied Psychology, 17, S. 574592, hier: S. 574 ff. 44 Vgl. Schunk, D. H. (1989): Self-efficacy and achievement behaviors. In: Educational Psychology Review, 1, S. 173-208, hier: S. 173 ff. 45 Vgl. Zimmerman, B. J(1995): Self-efficacy and educational development, S. 202 ff. 46 Vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 17.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

85

altrigen abgewiesen werden. 47 Gleichzeitig scheint es für Kinder sehr schwierig zu sein, bei wiederholten schulischen Mißerfolgen soziales Verhalten zu entwickeln. Deshalb gelten frühe schulische Mißerfolge als eine der wichtigsten Erklärungsvariablen für einen aggressiven Lebensstil und unsoziales Verhalten. 48 Naheliegend ist, daß sich diese Kinder und Jugendliche jenen Peergroups anschließen, die den schulischen Leistungen wenig Bedeutung zumessen. Geringes schulisches Selbstvertrauen ist deshalb für die Schaffung eines lernunfreundlichen Umfeldes und für Leistungsverringerung mitverantwortlich. Auch das Selbstvertrauen des Lehrers im Hinblick auf seine didaktischen und methodischen Fertigkeiten nimmt Einfluß auf das selbstgesteuerte Lernen der Schüler. Lehrer mit hohem Selbstvertrauen in ihr Lehrverhalten schaffen eher Erfolgserlebnisse für ihre Schüler und fördern deren Selbstvertrauen. Geringes Selbstvertrauen des Lehrers korreliert mit einer negativen Lernatmosphäre, die das Selbstvertrauen und die kognitive Entwicklung der Schüler beeinträchtigt. Lehrer mit mangelndem Selbstvertrauen bevorzugen einen Unterrichtsstil, der eher auf extrinsischen Anreizen und Bestrafungen basiert. Dagegen fördern Lehrer mit hohem Selbstvertrauen das Interesse an den Lernzielen und Lerninhalten und das selbstgesteuerte Lernen. 49

2. Selbstvertrauen

und Gesundheit

Für die Gesundheit scheinen Selbstregulierungsfähigkeiten sehr wichtig zu sein. Neuere medizinische Ansätze betrachten Gesundheit und Krankheit als unbewußte Interaktionen zwischen psycho-sozialen und biologischen Faktoren. 50 Das heißt, daß die Menschen ihren Gesundheitszustand zu einem gewissen Grad durch ihre Lebensgewohnheiten selbst beeinflussen können. Etwa die Hälfte der vorzeitigen Todesfälle in den USA lassen sich auf gesundheitsschä-

47 Vgl. Caprara, G. V., Pastorelli, C., Bandura, Α. (1992): Impact of perceived academic self-efficacy on interpersonal and emotional behavior. Unpublished manuscript, Standford University: Standford, CA., vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 17. 48 Vgl. Hinshaw, S. P. (1992): Externalizing behavior problems and academic underachievement in childhood and adolescence: Causal relationships and underlying mechanism. In: Psychological Bulletin, 111, S. 127-155, vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 19. 49 Vgl. Woolfolk, A. K, Hoy, W. K. (1990): Prospective teachers sense of efficacy and believe about control. In: Journal of Educational Psychology, 82, S. 81-91, hier: S. 81 ff., vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 20. 50 Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 25.

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

86

digende Verhaltensweisen zurückführen, die die Menschen durch Selbstkontrolle vermeiden könnten.51 Für die Selbstkontrolle kann das Selbstvertrauen eine zweifache Rolle spielen. Zum einen zeigt die sozial-kognitive Theorie, daß Streß häufig eine Reaktion auf das Gefühl ist, einer Situation nicht gewachsen zu sein (mangelndes Selbstvertrauen). Das kann wiederum Suchtverhalten, wie z. B. erhöhten Alkohol- oder Tabakkonsum, fördern. Hinzu kommt, daß Streß neben den kognitiven Fähigkeiten auch die biologischen Funktionen beeinträchtigen kann. Ein Experiment von Cohen, Tyrrell und Smith (1991) demonstriert diese beeinträchtigende Wirkung. 52 Die Teilnehmer des Versuchs wurden vor dem Experiment zu ihrem Streßempfinden befragt. Anschließend wurden sie mit Erkältungsviren in Kontakt und dann in Karantäne gebracht. Je höher der beschriebene Streß war, desto häufiger erkrankten die Teilnehmer an einer Erkältung. Die zweite Form, in der das Selbstvertrauen Einfluß auf die Gesundheit nehmen kann, betrifft die Verhaltensänderung, z. B. beim Abgewöhnen des Rauchens. Selbstvertrauen ist in jeder Phase der Verhaltensänderung bestimmend: Sowohl bei der Festsetzung des Ziels der Verhaltensänderung, als auch beim Durchhalten der Maßnahmen und dem erneuten Festsetzen von Zielen. Anzumerken ist, daß umgekehrt auch ein schlechter Gesundheitszustand negative Wirkungen auf das Selbstvertrauen haben kann, wenn sich der Erkrankte z. B. nicht mehr als leistungsfähig erlebt. Selbstvertrauen hat nicht nur für den einzelnen Bedeutung, sondern auch fur Gemeinschaften wie Familie, Unternehmen, soziale Einrichtungen oder auch fur ganze Nationen.

3. Selbstvertrauen

in Kollektiven

Je stärker das Vertrauen in die kollektive Leistungsfähigkeit und die Möglichkeit im Kollektiv etwas verändern zu können ist, desto höher ist das Enga-

51

Vgl. McGinnis, J. M., Foege, W. H. (1993): Actual causes of death in the United States. In: Journal of the American Medial Association, 270, S. 2207-2212, hier: S. 2207 ff., vgl. auch Bandura , Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 26. 52 Vgl. Cohen, S, Tyrrell, D. A. J., Smith, Α. Ρ. (1991): Psychological stress and susceptibility to the common cold. In: New England Journal of Medicine, 325, S. 606612, hier: S. 606 ff., vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 27.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura

87

gement der Mitglieder der Gemeinschaft. 53 Kollektive Veränderungen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der internationale Wettbewerb hat zur Folge, daß wirtschaftliche oder politische Veränderungen in irgend einem Teil der Welt den Wohlstand anderer Nationen gefährden können. Die Leistungsfähigkeit der Regierungen dieser Länder wird auf eine harte Probe gestellt. Insbesondere das Vertrauen der politischen Führer in ihre Leistungsfähigkeit schafft die Voraussetzung für notwendige Reformen, herausfordernde Zielsetzungen und die Ausdauer bei der Zielverfolgung, auch bei großen Widerständen. Bei geringem Selbstvertrauen der Regierung werden Ziele häufig verändert oder angepaßt bzw. bei Schwierigkeiten wieder aufgegeben. Wirtschaftliche und politische Probleme verschärfen sich, die Bevölkerung verliert das Vertrauen in die Regierung und Unzufriedenheit, Zynismus breiten sich aus. Die einzelnen Bürger verbrauchen ihre Energie und Zeit in Diskussionen über die Fehler der Vergangenheit und über die momentane Lage. Als Folge wird das Bestehende konserviert, anstatt alle Kräfte fiir die notwendigen Veränderungen einzusetzen.54

VI. Forschungsstand und Zusammenfassung zur Bedeutung des Selbstvertrauens Die Bedeutung des Selbstvertrauens für die Leistungsmotivation konnte wissenschaftlich fundiert nachgewiesen werden: Eine Meta-Analyse von Multon, Brown und Lent (1991) umfaßt 68 veröffentlichte und unveröffentlichte Studien über die Wirkung des Selbstvertrauens auf akademische Leistungen in der Zeit von 1977 bis 1989.55 In 18 dieser Studien wurde Motivation gemessen, wobei sich ein positiver Zusammenhang zeigte (Pearsons r = 0,34). Das Selbstvertrauen konnte zwölf Prozent der Varianz der abhängigen Variablen „Ausdauer bei Handlungen" erklären. In 38 dieser Studien wurde Leistung gemessen, hier konnten die Autoren ebenfalls einen positiven Zusammenhang (r = 0,38) fest-

53

Vgl. Wollman, N., Stouder, R. (1991): Believed efficacy and political activity: A test of the specifity hypothesis. In: The Journal of Social Psychology, 131, S. 557-566, hier: S. 557 ff., vgl. auch Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 35. 54 Vgl. Bandura, Α. (1995): Exercise of personal and collective efficacy in changing societies, S. 36. 55 Vgl. Multon, Κ . D., Brown, S. D., Lent, R. W. (1991): Relation of self-efficacy beliefs to academic outcomes: A meta-analytic investigation. In: Journal of Counseling Psychology, 18, S. 30-38, hier: S. 30 ff., vgl. auch Zimmerman, Β. J. (1995): Selfefficacy and educational development, S. 207.

88

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

stellen und 14 Prozent der Varianz der abhängigen Variablen „akademische Leistungen" durch die Variable Selbstvertrauen erklären. 56 Locke und Latham (1990) ermittelten in einer Zusammenfassung von elf Untersuchungen ebenfalls eine Assoziation zwischen Selbstvertrauen und Leistung (r = 0,39). 57 Feltz (1988) erfaßte in ihrer Übersicht alle verfugbaren Studien, die den Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und sportlichen Leistungen gemessen hatten.58 Bei sportlichen Leistungen erwies sich die Korrelation noch höher (r = 0,46). Ein möglicher Grund hierfür ist, daß physische Aufgaben meist nicht so komplex wie kognitive Aufgaben sind, und daß sich das Selbstvertrauen unmittelbarer auswirken kann. Somit ist festzuhalten, daß das Selbstvertrauen große Bedeutung fur die Motivation hat. Es beeinflußt die Zielsetzung, die Ausdauer der Zielverfolgung und die Leistung des Handelnden.59 Selbstvertrauen steuert sowohl die Motivation als auch Kognition und Emotionen. Die motivierende Wirkung beeinflußt die Zielsetzungen und die Erfolgserwartungen. Kognitive Wirkungen sind das sinnvolle Entwickeln von Strategien und deren Umsetzung. Emotionale Wirkungen beeinflussen die Streßkontrolle und die affektive Befindlichkeit. Schließlich umfaßt Selbstvertrauen Urteile über das eigene Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Strategien, Streßmanagement und mögliches Ausmaß der Anstrengung. 60

56

Vgl. Multon, Κ . D., Brown, S. D., Lent, R. W. (1991): Relation of self-efficacy beliefs to academic outcomes, S. 30 ff., vgl. auch Zimmerman, Β. J. (1995): Self-efficacy and educational development, S. 210. 57 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 71. 58 Vgl. Feltz, D. (1988): Self-confidence and sports performance. In: Pandolf, K. (Hrsg.): Exercise and sport sciences reviews. New York: Macmillan, vgl. auch Locke, E. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 71. 59 Vgl. Zimmerman, B. J. (1995): Self-efficacy and educational development, S. 204. 60 Vgl. Bandura, Α. (1993): Perceived self-efficacy in cognitive development and functioning. In: Educational Psychologist, 28, S. 117-148, hier: S. 117 ff., vgl. auch Zimmerman, Β. J. (1995): Self-efficacy and educational development, S. 205.

Α. Die sozial-kognitive Theorie der Selbstregulierung von Bandura Leistungen der Vergangenheit Leistungsvergleich mit anderen

kognitive Prozesse

motivationale

^

Prozesse

)

r

^

^

affektive Prozesse

^

Einfluß auf alle Lebensbereiche

Gesundheit

Streßempfinden Lebensgewohnheiten Verhaltensänderungen

soziale Gemeinschaften

kollektive Leistungsfähigkeit effiziente Problemlösungen

intellektuelle Entwicklung

selbstgesteuerter Lernprozeß Lernumfeld Lehrverhalten des Lehrers

Abbildung 13: Übersicht der Einflußfaktoren und Wirkungen des Selbstvertrauens

89

90

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

B. Das Anspruchsniveau bzw. die innere Zielsetzung Das Anspruchsniveau ist die Summe der Erwartungen, Zielsetzungen oder Ansprüche an die zukünftige eigene Leistung.61 Es beinhaltet innere Ziele, die sich der Handelnde setzt, die er für erreichbar und erstrebenswert hält. Für die subjektive Einschätzung, welche Ziele sich der Handelnde an seiner Leistungsgrenze setzt, ist das Selbstvertrauen (wie in den vorigen Abschnitten gezeigt) von großer Bedeutung. Schon 1930 stellte Hoppe (1930) fest: „Das Anspruchsniveau ist ohne das Selbstbewußtsein nicht adäquat erklärbar." 62 Diese Feststellung mündete in dem Postulat, daß eine Veränderungen des Anspruchsniveaus generell auf eine Verringerung bzw. Erhöhung des Selbstbewußtseins zurückzufuhren ist. 63 Der Begriff Selbstbewußtsein wird entsprechend Weiners Definition von Erfolgszuversicht als überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal verstanden (Trait), das sich auf ein breiteres Leistungsspektrum bezieht. Dagegen wird Selbstvertrauen hier auf die Einschätzung der Fähigkeiten im Hinblick auf eine bestimmte Aufgabe definiert. Wie schon gezeigt ist es möglich, in einem Bereich ein hohes Selbstvertrauen zu haben (z. B. im Sport), in einem anderen jedoch ein niedriges Selbstvertrauen (in der Mathematik). Während das Selbstbewußtsein (Erfolgszuversicht) als Persönlichkeitsmerkmal eher unveränderlich ist, läßt sich das Selbstvertrauen durch Training und positive Erfahrungen auch kurzfristig beeinflussen. Neuere Untersuchungen zeigen weitere Faktoren, die neben dem Selbstbewußtsein Einfluß auf die inneren Zielsetzungen haben. Wie Hoppe selbst definierte, sind die Erwartungen an die Zielerreichung ein weiterer Faktor, der das Anspruchsniveau beeinflussen kann. Untersuchungen zeigen, daß zusätzliche Belohnungen einer Zielerreichung das Anspruchsniveau verändern können.64 Innere Zielsetzungen werden auch durch das soziale Umfeld geprägt. Zunächst beeinflussen die Eltern mit ihren Reaktionen die Zielsetzungen des Kindes.65 Später erweitert sich das soziale Umfeld, Lehrer, Mitschüler, Freunde bzw. Peergroups liefern Standards, an denen Kinder ihre Leistungen messen.

61

Vgl. Hoppe, F\ (1930): Erfolg und Mißerfolg. Psychologische Forschung, 14, S. 1-62, hier: S. 10. 62 Ebenda, S. 32, vgl. auch Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau. In: Kühl, J., Heckhausen, H. (Hrsg.): Motivation, Volition und Handlung. Göttingen u. a.: Hogrefe, S. 153-207, hier: S. 155. 63 Vgl. Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau. In: Kühl, J., Heckhausen, H. (Hrsg.): Motivation, Volition und Handlung. Göttingen u. a.: Hogrefe, S. 153-207, hier: S. 156. 64 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 59. 65 Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 253f.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

91

Diese Standards (Ziele) werden durch direkten Unterricht oder durch die belohnenden oder bestrafenden Reaktionen des sozialen Umfelds vermittelt. Die Bedeutung des sozialen Umfelds fur die inneren Zielsetzungen ist empirisch gut dokumentiert. 66 So berichtet Nowaczyk (1980), daß Schüler der Klassen fünf bis acht aus ländlichem Milieu bedeutend niedrigere Zielsetzungen haben als Stadtkinder. 67 Shina (1986) ermittelte bei Bauern aus weiterentwickelten indischen Dörfern höhere Zielsetzungen als bei Angehörigen unterentwickelter Dorfgemeinschaften. 68 Nach Zander, Natsoulas und Thomas (1960) wird das Anspruchsniveau des Einzelnen vor allem durch das Anspruchsniveau der Gruppe beeinflußt. 6 9 Dabei spielen die Leistungen attraktiver Bezugspersonen eine größere Rolle als Zwangsvorgaben verbunden mit Belohnungen und Bestrafiin70

gen. Für die Leistung ist zum einen die Höhe der inneren Zielsetzung, zum anderen die Ausdauer der Zielhandlung bei auftretenden Schwierigkeiten entscheidend. Die Ausdauer der Zielhandlung ist umso größer, je stärker das Selbstvertrauen ist. Deshalb kommt dem Selbstvertrauen für die Motivation zweifache Bedeutung zu. Es beeinflußt die Höhe der inneren Zielsetzung und deren Aufrechterhaltung während der Zielverfolgung.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie Die Handlungen aller lebenden Organismen sind zielgerichtet. Aus diesem Grund stellt Locke die Ziele in den Mittelpunkt seiner Theorie. Die Grundaussage der Zielsetzungstheorie ist, daß unterschiedliche Leistungen von Menschen, die über die gleichen Fähigkeiten verfugen, am ehesten durch unterschiedliche Zielsetzungen erklärt werden können. Banduras Selbstregulierungstheorie beruht auf kognitiver Steuerung durch das Setzen von Zielen, das Planen

66

Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 254. Vgl. Nowaczyk, C. (1980): Plany zyciowe i poziom aspiracji mlodziezy wiejskiej. In: Psychologia Wychowawcza, 23, S. 241-257, hier: S. 241 ff., vgl. auch Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau, S. 179. 68 Vgl. Shina, D. (1986): Motivational syndrome of farmers, education and rural development. In: Indian Journal of Current Psychological Research, 1, S. 65-72, hier: S. 65 ff., vgl. auch Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau, S. 179. 69 Vgl. Zander, Α., Natsoulas, T., Thomas, E. J. (1960): Personal goals and the group's goals for the member. In: Human Relations, 13, S. 333-344, hier: S. 333 ff., vgl. auch Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau, S. 178. 70 Vgl. Zander, Α., Curtis, Τ (1962): Effects of social power on aspiration setting and striving. In: Journal of Abnormal and Social Psychology, 64, S. 63-74, hier: S. 63 ff., vgl. auch Keller, J. A. (1996): Anspruchsniveau, S. 178. 67

92

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

der Zielerreichung, der Evaluation der Zielhandlungen und gegebenenfalls deren Korrektur. Beide Theorien versuchen, die direkten Einflußfaktoren des Handelns zu erklären. Hierbei gibt es bemerkenswerte Übereinstimmungen. Dies sind Ziele, Feedback und Selbstvertrauen. Latham und Locke haben deshalb Zielsetzungstheorie und Selbstbestimmungstheorie miteinander verbunden. 71 Ziel war, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und mögliche Widersprüche zu erklären bzw. aufzulösen.

I. Der Kern der Motivation: Zugeteilte schwierige Ziele versus innere Ziele Die sozial-kognitive Motivation zeigt, daß das Selbstvertrauen die Leistung des Handelnden beeinflußt. Menschen mit hohem Selbstvertrauen setzen sich höhere Ziele und sind ausdauernder in der Zielverfolgung als Menschen mit niedrigem Selbstvertrauen. Die selbstgesetzten Ziele und das Selbstvertrauen sind der beste Prädikator für künftige Leistungen.72 Die Leistung orientiert sich somit an der inneren Zielsetzung. Nach der Zielsetzungstheorie führen spezifische, schwierige Ziele zu besseren Leistungen als niedrige, mittelschwere, unspezifische oder keine Ziele. Werden keine Ziele zugeteilt, so setzt sich der Handelnde seine eigenen Ziele entsprechend seinem Anspruchsniveau. Zugeteilte, schwierige Ziele müßten demnach die innere Zielsetzung in Richtung auf das zugeteilte Ziel verschieben. Durch die höhere innere Zielsetzung verbessert sich die Leistung, da die Anstrengung bei der Zielverfolgung gewöhnlich der Schwierigkeit des selbstgesetzten Ziels angepaßt wird. 73 In einem Experiment von Mento , Klein und Locke (1992) wurde der Einfluß zugeteilter, schwieriger Ziele auf Selbstvertrauen, innere Zielsetzung, Zufriedenheit mit dem Ergebnis und Leistung überprüft. 74 Die Aufgabe bestand darin,

71

Vgl. Latham, G. P., Locke , E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 214. 72 Vgl. Fatseas , V. Α., Hirst, Μ. Κ. (1992): Incentive effects of assigned goals and compensation schemes on budgetary performance. In: Accounting and Business Research, 22, No. 88, S. 347-355, hier: S. 348. 73 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 212-247. 74 Vgl. Mento , Α. 1, Klein, Η. J., Locke, E. A. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality. In: Journal of Applied Psychology, 72, No. 4, S. 395^405, hier: S. 398f., Versuch 5: Außerdem wurde die Instrumentalität (die Erwartung, daß eine Handlung zu einem bestimmten Ergebnis führt) gemessen, vgl. Kleinbeck U. (1996): Arbeitsmotivation, S. 42.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

93

so viele Verwendungsmöglichkeiten für einen bestimmten Begriff innerhalb einer Minute zu finden, wie das Ziel vorgab. Aus den 60 Teilnehmern eines Managementkurses wurden drei Gruppen gebildet, von denen die erste ein leichtes Ziel (4 Nutzungen), die zweite ein mittleres Ziel (7 Nutzungen) und die dritte ein schwieriges Ziel (12 Nutzungen) erhielt. Vermutet wurde, daß mit zunehmender Schwierigkeit des Ziels, die innere Zielsetzung, das Selbstvertrauen, die Zufriedenheit mit dem Ergebnis und die Leistung ansteigen würden. Die Untersuchung bestätigte die Hypothesen von Mento , Klein und Locke: • Wie gewohnt führten schwierigere Ziele zu besseren Leistungen, als leichte oder mittlere Ziele. • Das Selbstvertrauen stieg mit zunehmender Schwierigkeit des Ziels. • Die inneren Ziele waren bei schwierigeren zugeteilten Zielen höher, als bei moderaten oder leichten Zielen. • Die Zufriedenheit mit dem erreichten Ziel war umso geringer, je größer die Schwierigkeit des Ziels war. Tabelle 8 Einfluß der Zielschwierigkeit auf inneres Ziel, Selbstvertrauen, Zufriedenheit und Leistung einfaches Ziel

moderates Ziel

schwieriges Ziel

inneres Ziel

6,48

7,12

8,98

Stärke des Selbstvertrauens

5,38

5,52

6,09

Zufriedenheit mit dem Ergebnis

6,44

5,92

5,27

Leistung

5,40

7,02

8,10

Variable

Quelle: Mento, Α., J., Klein, Η., J., Locke, Ε. Α. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality, S. 395 ff.

Folgende Erklärungen für stärkeres Selbstvertrauen und höhere selbstgesetzte Ziele durch schwierige, spezifische Ziele sind denkbar: •

Das Selbstvertrauen kann verstärkt werden, weil dem Handelnden das Erreichen schwieriger Ziele zugetraut wird. 75

75

Vgl. Latham, G. P., Locke, Ε. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 212.

94



2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Außerdem kann ein zugeteiltes Ziel als Herausforderung betrachtet werden, als eine Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten zu testen. Diese Herausforderung kann sich positiv auf das Selbstvertrauen auswirken. 76 Die Gründe für die höheren inneren Zielsetzungen könnten sein:

• Höheres Selbstvertrauen steigert die innere Zielsetzung. • Ziele werden gewöhnlich von Personen zugeteilt, die über legitimierte Autorität verfügen. Autoritäten können durch ihre Macht Einfluß auf die Akzeptanz des zugeteilten Ziels nehmen und das interne Ziel steigern. 77 Allerdings ist Commitment in Bezug auf ein Ziel immer ein Wahlprozeß, d. h., die Gebundenheit an ein Ziel kann man nicht erzwingen. 78 Die Gründe für die geringere Zufriedenheit mit der erreichten Leistung bei schwierigeren Zielen könnten sein: • Ziele dienen zum einen als Standard, den man erreichen will • und zum anderen, zur Beurteilung der eigenen Leistung. Hat nun einer der Teilnehmer ein Ziel von vier, der andere ein Ziel von 12 und beide erreichen als Leistung sieben, dann ist derjenige mit dem niedrigen Ziel wahrscheinlich sehr zufrieden mit dem Erreichten, der andere mit dem hohen Ziel unzufrieden. Aus diesem Grund korreliert die Zufriedenheit negativ mit der Zielschwierigkeit. Für ein schwierigeres Ziel muß man sich stärker anstrengen, um zufrieden zu sein. 79 Bandura und Cervone (1983) messen aus diesem Grund die Motivation über die Unzufriedenheit mit der erreichten Leistung. Je größer die Unzufriedenheit, desto höher sei die Leistung. Mögliche Gründe für die höhere Leistung bei schwierigen, gegenüber leichteren oder moderaten Zielen sind: • Wie in Abschnitt 2.B. gezeigt, kann stärkeres Selbstvertrauen das eigene Anspruchsniveau beeinflussen, die inneren Zielsetzungen erhöhen und die Leistung steigern. • Ziele dienen dazu, Zufriedenheit zu schaffen, wenn man sie erreicht und Unzufriedenheit, wenn man sie nicht erreicht. Je höher die Ziele sind, desto mehr muß man sich anstrengen, um Zufriedenheit zu erlangen und desto länger motiviert die Unzufriedenheit mit dem Erreichten zum Handeln. 76

Vgl. Locke, Ε., Α., Latham, G. Ρ. (1990): Work motivation: Light at the end of the tunnel, S. 241. 77 Ebenda. 78 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 218. 79 Vgl. Mento, A. J., Klein, Η. J., Locke, E. A. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality, S. 398.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

95

Im Alltag geht man davon aus, daß das Erreichen schwierigerer Ziele mit höheren Belohnungen verbunden ist als das Erreichen einfacherer Ziele. 80 Deshalb sollte in einem weiteren Versuch herausgefunden werden, ob mit den zugeteilten, schwierigeren Zielen auch höhere Erwartungen an das Erreichen des Ziels verbunden werden, als bei den leichteren. 81 Den 251 Teilnehmern eines Managementkurses wurden drei mögliche Ziele zugeteilt: Zwei, drei oder vier gelöste Aufgaben. Sie sollten sich vorstellen, ihr Ergebnis würde nahe an zwei, drei oder vier gelösten Aufgaben liegen. Anschließend wurde gefragt, inwieweit dieses Ergebnis Stolz und Kompetenz hervorrufen würde und welche Vorteile sie sich in der Schule (Managementkurs), im Beruf und für den Lebens- und Karriereverlauf von diesen Ergebnissen versprechen würden. Die Variablen Stolz und Kompetenz, Vorteile im Beruf, der Schule und dem Lebens- und Karriereverlauf zeigten eine positive Korrelation mit der Zielschwierigkeit.

Instrumentalität

Quelle: Mento , Α., J., Klein, Η. J., Locke, Ε. Α. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality. In: Journal of Applied Psychology, 72, No. 4, S. 395-405, hier: S. 401. Abbildung 14: Instrumentalität: Zusammenhang zwischen Leistung und Belohnung 82

80 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): Work motivation: Light at the end of the tunnel, S. 242. 81 Vgl. Mento, A. J., Klein, Κ J., Locke, E. A. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality, S. 400f. 82 Die Teilnehmer konnten auf einer Skala zwischen 1 (sehr niedrig) und 10 (sehr hoch) einschätzen, wie sie den Zusammenhang zwischen Ergebnis und erwarteten Folgen einschätzen (Instrumentalität). Beispiel: Wie hoch schätzen sie den Zusammenhang zwischen einem Ergebnis von 4 Punkten in unserem Versuch und künftigem Erfolg in der Schule?

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

96

Vom Erreichen schwierigerer Ziele wird erwartet, daß es sich vorteilhaft auf Beruf und Karriere auswirkt. Zudem ist das Erreichen schwierigerer Ziele mit dem Gefühl von Stolz und Kompetenz verbunden. Voraussetzung fur eine solche Erwartung ist der Glaube an die Instrumentalität der Zielschwierigkeit, d. h. die Erwartung, daß eine Handlung zu einem gewissen Ergebnis führt. Der Glaube an die Instrumentalität der Zielschwierigkeit für bestimmte Ergebnisse steigt mit zunehmender Zielschwierigkeit. Höhere Zielsetzungen führen also nur dann zu besseren Leistungen, wenn es zumindest sehr wahrscheinlich ist, daß die höheren Erwartungen mit der Zielerreichung auch eintreten ( Vroom 1964).83 Außerdem ist zu beobachten, daß Ziele selbst das Interesse an langweiligen Aufgaben steigern. 84 Durch das höhere Interesse nimmt der Wert des Ziels zu (die Zielerreichung wird für den Handelnden wichtiger). Zusammengefaßt führen zugeteilte, schwierige Ziele zu besseren Leistungen als moderate, leichte oder „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziele, weil schwierige Ziele, (1) das Selbstvertrauen steigern, (2) die internen Zielsetzungen erhöhen, (3) die Diskrepanz und damit die Unzufriedenheit mit dem gegebenen Zustand steigern, (4) höhere Erwartungen an das Ergebnis stellen, wie z. B. an Stolz-, an Kompetenzgefühle und/oder an Karriere- und Lebensverlauf, (5) sie das Interesse selbst an langweiligen Aufgaben erhöhen. Auch unrealistische Ziele werden mit großer Ausdauer und Energie verfolgt, wenn das Nichterreichen des Ziels nicht mit Bestrafung (Kosten) verbunden ist. Die Handelnden versuchen dann, so nahe wie möglich an das Ziel heranzukommen, anstatt es aufzugeben. 85

83

Vgl. Vroom, V. H. (1964): Work and motivation, New York: Wiley, vgl. auch Kleinbeck, U. (1996): Arbeitsmotivation, S. 41 f. 84 Vgl. Latham, G. P., Kinne, S. B. (1974): Improving job performance through training in goal setting. In: Journal of Applied Psychology, 59. S. 187-191, hier: S. 187 f f , vgl. auch Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 231. 85 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action, S. 43.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

97

II. Zielspezifität und Selbstregulierung Die Zielsetzungstheorie zeigt, wie wichtig spezifische Ziele ftir die Leistungen sind. 86 Spezifische Ziele verdeutlichen, was als Leistung erwartet wird, und lassen keinen Interpretationsspielraum zu. Zu Beginn einer Tätigkeit bewirkt ein geringerer Interpretationsspielraum, daß für die Zielerreichung entsprechende Energie und Anstrengung bereitgestellt wird. Während der Tätigkeit kann das Ziel bei auftretenden Schwierigkeiten nicht so leicht umdefiniert werden. 87 Als Folge steigt die Leistung, und die Abweichungen vom Ziel werden geringer. Die Selbstregulierungstheorie kann diese Sachverhalte genauer erklären. Selbststeuerung bedeutet, daß der Handelnde seine Leistung an einem Standard (Ziel) mißt und die Anstrengung bei negativen Leistungsabweichungen erhöht. Zu Beginn der Handlung dient das Ziel zur Abschätzung der notwendigen Anstrengung (Feedforward-Control). Während der Handlung dient das Ziel zur Beurteilung der erreichten Leistung (Feedback-Control). Motivierende Kräfte sind dabei die Unzufriedenheit und das Selbstvertrauen. Je schwieriger die Ziele, desto größer die Diskrepanz zwischen dem gewünschten und dem IstZustand und desto größer die Unzufriedenheit mit der momentanen Leistung. Zur Verringerung der Diskrepanz gibt es bei spezifischen, schwierigen Zielen nur die Möglichkeit, die entsprechende Leistung zu erbringen. Bei vagen Zielen gibt es zusätzlich die Möglichkeit, die Schwierigkeit des Ziels herabzusetzen. Das liegt nahe, denn ein vages Ziel ist mit vielen verschiedenen Leistungen kompatibel. Zudem zeigten Keman und Lord (1989), daß Individuen mit vagen Zielen ihre Leistung generell besser beurteilten, als Individuen mit spezifischen Zielen. 88 Nach Mento , Locke und Klein (1992) antizipierten Menschen mit „Versuchen Sie Ihr Bestes"-Zielen mehr Zufriedenheit bei jedem Ergebnis als diejenigen mit schwierigen spezifischen Zielen. 89

86

Vgl. Latham, G., ΡLocke, Ε. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 215. 87 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1989): Separating the effects of goal specifity from goal level, S. 284. 88 Vgl. Kernan, M. C., Lord, R. G. (1989): The effects of explicit goals and specific feedback on escalation processes. In: Journal of Applied Social Psychology, 19, S. 1125-1143, hier: S. 1134, vgl. auch Latham, G. P., Locke, E A. (1991): Selfregulation through goal setting, S. 215. 89 Vgl. Mento, A. J., Klein, Η. J., Locke, E. A. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality, S. 396 ff. Versuch 1, vgl. auch Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 215. 7 Uhi

98

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Zufriedenheit

10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

0 2

4

6

8

10

12

Leistung Quelle: Mento , Α., J., Klein, Η. J., Locke, Ε. Α. (1992): Relationship of goal level to valence and instrumentality. In: Journal of Applied Psychology, 72, No. 4, S. 395-405, hier: S. 398. Abbildung 15: Zufriedenheit mit erbrachter Leistung in Abhängigkeit vom Ziel

Die höhere Zufriedenheit mit einer erreichten Leistung ist auf die Interpretationsmöglichkeit des Ziels zurückzuführen. Der Handelnde setzt sein internes Ziel derart herab, daß die erreichte Leistung zu einer höheren Zufriedenheit führt. Eine Reduzierung des Ziels verringert das Selbstvertrauen, die antizipierten internen (Stolz, Kompetenz) und externen Folgen (Karriereverlauf, Lebensverlauf), das Interesse an der Aufgabe und letztlich die Leistung. Ein vages Ziel kann sogar zu einer mehrfachen Reduzierung der inneren Zielsetzung führen. So wird der Interpretationsspielraum zum einen schon vor Beginn der Handlung genutzt, um das Ziel zu reduzieren, zum anderen auch im Verlauf der Handlung bei auftretenden Schwierigkeiten, um das innere Ziel erneut anzupassen. Aus diesem Grund führen vage Ziele kaum zu maximaler Anstrengung und Leistung.

III. Feedback, Ziele, Leistung und Selbstregulierung Nach den Erkenntnissen der Zielsetzungstheorie ist Feedback eine notwendige Voraussetzung für den Zielsetzungseffekt. Spezifische, schwierige Ziele führen nur dann zu besseren Leistungen, wenn eine Rückmeldung bezüglich der Leistung erfolgt. Feedback ohne Ziele hat ebenfalls keine leistungssteigernde Wirkung. 90 Für die Selbstregulierung werden beide Faktoren benötigt: Ein per90

Vgl. Latham, G. P., Locke, Ε. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 224.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

99

sönliches Ziel und das Wissen über die erreichte Leistung. Weder Ziele allein, noch Feedback allein schaffen eine Grundlage für Selbstauswertungsprozesse. Ohne Feedback kann der Handelnde eine Abweichung seiner Leistung vom Ziel nicht feststellen. Bandura (1989) konnte zeigen, daß die Selbstauswertungsprozesse eine leistungsmotivierende Wirkung haben. White, Kjelgaard und Harbins (1995) haben zusätzlich die Wirkung der Fremdauswertung überprüft. 91

/. Selbst- und Fremdauswertung White, Kjelgaard und Harkins (1995) untersuchten, inwieweit die Möglichkeit zur Selbstauswertung die Leistungsmotivation fördert. In ihrem ersten Experiment sollten die Teilnehmer innerhalb von zwölf Minuten möglichst viele Verwendungsmöglichkeiten für einen bestimmten Begriff, z. B. eine Kiste, finden. Der ersten Gruppe wurden keine weiteren Informationen gegeben, einer zweiten Gruppe wurde gesagt, sie würden am Ende der Übung als Auswertungsstandard die Durchschnittswerte einer anderen Gruppe erhalten. Nur die Teilnehmer selbst konnten ihre Leistung beurteilen (keine Fremdbewertung). 92 Das Ergebnis bestätigte zunächst den Feedback-Effekt: Die Teilnehmer mit Standard hatten deutlich mehr Begriffe (27,9) gefunden, als die Teilnehmer ohne Standard (17,6). Die Möglichkeit, die eigene Leistung zu beurteilen, motiviert zu höherer Leistung. Wenn die Möglichkeit zur Selbstauswertung nicht gegeben ist, wird eine niedrigere Leistung erbracht. In einem zweiten Experiment wurde geprüft, ob zusätzliche Fremdauswertung durch den Versuchsleiter zu besseren Leistungen führt, als reine Selbstauswertung.93 Es wurde ein 3x2-Experiment durchgeführt und die gleiche Aufgabe wie in Experiment eins verwendet. Drei Ziele wurden vorgegeben: Einmal „Versuchen Sie Ihr Bestes", dann ein moderates Ziel (30 Möglichkeiten) und schließlich ein schwieriges Ziel (40 Möglichkeiten). Für jedes Ziel wurden zwei Gruppen gebildet, von denen die eine ihre Ergebnisse selbst auswerten sollte, die andere zusätzlich vom Versuchsleiter bewertet wurde.

91 Vgl. White, P. H, Kjelgaard, M. M., Harkins, S. G. (1995): Testing the contribution of self-evaluation to goal-setting effects. In: Journal of Personality and Social Psychology, No.l, S. 69-79, hier: S. 69 ff. 92 Vgl. White, P. H., Kjelgaard, M. M., Harkins, S G. (1995): Testing the contribution of self-evaluation to goal-setting effects, S. 71: Der Versuch wird aus didaktischen Gründen verkürzt, aber natürlich inhaltlich richtig dargestellt. 93 Ebenda, Versuch 2, S. 74f.

100

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Das Ergebnis (siehe Tabelle 9) bestätigt zum einen den Zielsetzungseffekt, also daß schwierige und spezifische Ziele zu höheren Leistungen fuhren, als vage oder moderate Ziele. Zum anderen bewirkt Fremdauswertung bei allen Zielbedingungen höhere Leistungen als die reine Selbstauswertung. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen White , Mitchell und Bell (1977). Bei deren Versuch mit einer Kartensortieraufgabe zeigten diejenigen Teilnehmer, deren Leistungen durch die Versuchsleiter beurteilt wurden, ebenfalls deutlich bessere Ergebnis-

Tabelle 9 Leistung in Abhängigkeit von Zielschwierigkeit und Fremdauswertung Ziele/Auswertungsbedingungen

Fremdauswertung

keine Fremdauswertung

„Versuchen Sie Ihr Bestes"-Ziel

27,1

17,9

moderates zugeteiltes Ziel = 30

32,2

30,2

schwieriges zugeteiltes Ziel = 40

39,1

29,4

Quelle: White, P. H., Kjelgaard, M. M., Harkins, S. G. (1995): Testing the contribution of selfevaluation to goal-setting effects. In: Journal of Personality and Social Psychology, 69, No. 1, S. 69-79.

Auffällig ist, daß die Leistungsunterschiede am höchsten in der Gruppe mit schwieriger Zielsetzung sind. Da das schwierige Ziel nicht von allen Teilnehmern erreicht werden kann und die Teilnehmer dies im Versuchsverlauf erkennen, verlieren Sie während der Handlung die Zielbindung an das vorgegebene Ziel und wählen ein neues, niedrigeres Ziel. Das zu hohe Ziel verliert seine Informationsfunktion als Maßstab zur Beurteilung der Leistung, so daß der Steuerungsprozeß auf einem niedrigerem Niveau weitergeführt wird. Auch unter der Fremdbeurteilung erkennt der Handelnde, daß das Ziel zu hoch ist. Trotzdem bleibt seine Zielbindung bestehen, um den Ansprüchen des Versuchsleiters gerecht zu werden (nicht mehr nur seinen eigenen). Weil das Ziel intern nicht reduziert wird, ist die Leistung höher. Um diese Hypothese zu testen, wurde der Versuch unter gleichen Voraussetzungen wiederholt, allerdings wurden die Teilnehmer nach sechs Minuten plötzlich unterbrochen. Die

94

Vgl. White, S., Mitchell, T., Bell, C. (1977): Goal setting, evaluation apprehension and social cues as determinants of job performance and job satisfaction in a simulated organization. In: Journal of Applied Psychology, 62, S. 665-673, hier: S. 665 ff., vgl. auch White, P. H., Kjelgaard, M. M., Harkins, S. G. (1995): Testing the contribution of self-evaluation to goal-setting effects, S. 74.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

101

Annahme war, daß bis zu diesem Zeitpunkt das Ziel, sowohl bei Selbstbewertung als auch bei Fremdbewertung, intern noch nicht verringert wurde und deshalb keine signifikanten Leistungsunterschiede festzustellen sein würden. 95 Diese Vermutung konnte durch den Versuch bestätigt werden. Nach sechs Minuten waren zwischen den Gruppen mit Eigenbewertung und denen mit Fremdbewertung keine signifikanten Leistungsdifferenzen feststellbar. Welche Bedeutung die Fremdbeurteilung für die Leistung haben kann, wird auch an einem historischen Beispiel deutlich. Während der Panama-Kanal gebaut wurde, ließ der damalige Leiter der Kanal-Kommission wöchentlich eine Zeitung drucken, in der die Produktivität von jedem Bagger veröffentlicht wurde. Die Folge war eine sofortige und hohe Leistungssteigerung, die einer der Fahrer folgendermaßen kommentierte: „Bevor die Zeitung erschien, war die Arbeit nicht besonders hart. Jeder arbeitete für sich, so gut es eben ging. Aber durch die Zeitung arbeiteten wir wie die Idioten, um immer neue Rekorde aufzustellen."96 Aus diesen Gründen sollte die Möglichkeit zur Selbstbeurteilung der Leistung gerade bei schwierigen Zielen durch Fremdbeurteilung ergänzt werden. Dies kann die Zielbindung erhöhen, das Anspruchsniveau länger aufrecht erhalten und die Leistung steigern. Die leistungssteigernde Wirkung resultiert dabei nicht aus dem Feedback an sich, sondern aus den erwarteten Folgen, wie Belohnung oder Bestrafung der Handlungen. Über das Feedback kann darauf geschlossen werden, ob die Leistung zu Stolz, Anerkennung, monetärer Belohnung bzw. Beschämung, Ablehnung, finanziellem Verlust führt. 97

2. Ergebnisrückmeldungen

versus Prozeßrückmeldungen

Eine Rückmeldung (Feedback) sollte in der Regel zwei Funktionen ausüben:98 • eine motivierende Funktion und • eine informative Funktion.

95 Vgl. White, P. H, Kjelgaard, M. M , Harkins, S. G. (1995): Testing the contribution of self-evaluation to goal-setting effects, Versuch 3, S. 76 f. 96 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 188. 97 Ebenda. 98 Vgl. Kleinbeck, U. (1996): Arbeitsmotivation, S. 56 f.

102

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Die motivierende Funktion liegt darin, dem Handelnden die Abweichung zwischen Ziel und Zwischenergebnis mitzuteilen. Je größer die Abweichung bei entsprechendem Selbstvertrauen - , desto höher die Motivation. Die informative Funktion dient der Auswertung der Ursachen einer möglichen Abweichung, bzw. der Bestätigung richtigen Verhaltens. Eine Untersuchung von Early , Norther aft, Lee und Lituchy (1990) hat die Auswirkungen von eher informativen Rückmeldungen (Prozeßrückmeldungen) und eher motivierenden Rückmeldungen (Ergebnisrückmeldungen) auf die Leistung untersucht." Ergebnisrückmeldungen stellen das Ergebnis und die Abweichung der Leistung vom Ziel dar. Prozeßrückmeldungen liefern zusätzlich Informationen über den praktischen Nutzen der Handlungsschritte. Prozeßrückmeldungen sind immer dann sinnvoll, wenn es sich um komplexe Aufgaben handelt, die nicht allein durch Anstrengung gelöst werden können. Bei der Studie wurden Börsengeschäfte unter bestimmten Zielsetzungen simuliert. Eine Gruppe der Teilnehmer erhielt nur Ergebnisrückmeldungen, die andere zusätzlich Prozeßrückmeldungen, die Informationen über den Nutzen von Teilgeschäften lieferten. Mit Hilfe dieser Informationen konnten diese Teilnehmer ihre Anlagestrategien verbessern und ihre Leistung steigern. Die höchsten Leistungen erzielten die Teilnehmer, die die schwierigsten Ziele hatten und zusätzlich Ergebnis- und Prozeßrückmeldungen erhalten hatten.

IV. Ziele, Strategien, Selbstvertrauen und Leistung Smith und Locke (1990) zeigen, wie schwierige und spezifische Ziele zur Entwicklung besserer Lösungsstrategien bei komplexen Aufgaben fuhren. 100 Bessere Lösungsstrategien bewirken höhere Leistungen. Bei zeitlich weit entfernten Zielen kann zu einer effektiven Lösungsstrategie die Formulierung von Zwischenzielen gehören.

99 Vgl. Early , P. C., u. a. (1990): Impact of process and outcome feedback on the relation of goal setting to task performance. In: Academy of Management Journal, Vol. 33, S. 87-105, hier: S. 87 ff., vgl. auch Kleinbeck U. (1996): Arbeitsmotivation, S. 57 f. 100 Vgl. Smith, Κ G., Locke, Ε. Α., Barry, D. (1990): Goal setting, planning and organizational performance: An experimental simulation, S. 118 ff.

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

103

V. Zeitlich weit entfernte Ziele und Zwischenziele Bandura (1989) vermutet, daß die Wirkung von Zielsetzung und Selbststeuerung weitgehend davon abhängt, wie weit die Ziele in die Zukunft projiziert werden können. Weit entfernte Ziele erschweren eine Steuerung des eigenen Handelns, da Leistungsfortschritte oder Abweichungen vom Ziel erst sehr spät zurückgemeldet werden. Eine fehlende Rückmeldung von Leistungsfortschritten verhindert eine Steigerung des Selbstvertrauens. Außerdem ist die Anreizwirkung (Selbst- und Fremdbelohnung) umso geringer, je weiter ein Ziel entfernt und die Ablenkungsgefahr von der Handlung größer ist. 1 0 1 Bandura und Schuck (1981) schlagen deshalb bei zeitlich weit entfernt liegenden Zielen die Einführung von Zwischenzielen vor. In einem Versuch mit Kindern, die ein ausgesprochenes Desinteresse und große Defizite in Mathematik aufwiesen, wurde ein Selbstlerntraining durchgeführt. Mit einer ersten Gruppe von Kindern wurden zusätzlich ein zeitlich entferntes Ziel und Zwischenziele vereinbart. 102 Bei einer anderen Gruppe wurde nur das entfernte Ziel vorgegeben und auf die Zwischenziele verzichtet und bei einer dritten Gruppe wurde ganz auf eine Zielvorgabe verzichtet. In der Gruppe mit Zwischenzielen verbesserten die Kinder nicht nur ihr selbstgesteuertes Lernen und ihre mathematischen Leistungen, sondern auch ihr Selbstvertrauen deutlich, gegenüber den beiden anderen Gruppen. Die Gruppe mit den weit entfernten Zielen ohne Zwischenziele unterschied sich kaum von der dritten Gruppe. Außerdem zeigten die Kinder in der Gruppe mit Zwischenzielen höheres Interesse an der Lösung mathematischer Aufgaben.

101

Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action, S. 45. Vgl. Bandura, Α., Schunk, D. Η. (1981): Cultivating competence, self-efficacy and intrinsic interest through proximal self-motivation. In: Journal of Personality and Social Psychology, 41, S. 586-598, hier: S. 586 f f , vgl. auch Bandura, A. (1989): Selfregulation of motivation and action, S. 45 f. 102

104

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung Stärke des Selbstvertrauens

Quelle: Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 46. Abbildung 16: Einfluß von Zwischenzielen auf die Stärke des Selbstvertrauens 103 Anteil der möglichen richtigen Lösungen in %

Quelle: Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 46. Abbildung 17: Einfluß von Zwischenzielen auf die Leistung In einem Versuch von Schmidt und Kleinbeck (1990) konnte die Leistungsqualität einer Verwaltungseinrichtung durch das Setzen von Zwischenzielen verbessert werden. 1 0 4 Die Quantität der Leistung blieb unbeeinflußt. Bandura

103

Gemessen wurde nach einem mathematischen Pre-Test, nach dem Selbstlerntraining und nach einem mathematischen Post-Test. 104 Vgl. Schmidt, K -Η., Kleinbeck, U. (1990): The role of goal setting and feedback in job design. In: Kleinbeck, U., u. a. (Hrsg.): Work motivation. Hillsdale, NJ: Erlbaum,

C. Die Integration der Zielsetzungstheorie und der Selbstregulierungstheorie

105

und Simon (1977) zeigten des weiteren beispielsweise, daß tägliche Leistungsziele zur Gewichtsreduzierung besser geeignet sind als wöchentliche Ziele. 105 Stock und Cervone (in press) fassen die Wirkung von Zwischenzielen in vier Punkten zusammen:106 (1) Das Zuteilen von Zwischenzielen verbessert das Selbstvertrauen, eine Aufgabe abschließen zu können. Die Teilnehmer mit Zwischenzielen zeigten schon zu Beginn der Aufgabe deutlich höheres Selbstvertrauen, als jene mit einem weit entfernten Ziel. (2) Das Erreichen von Zwischenzielen verstärkt das Selbstvertrauen, weil die Teilnehmer stärkeres Vertrauen in ihre Fähigkeiten erhalten. Jene Teilnehmer, die keine Zwischenziele zugeteilt bekamen und ohne ihr Wissen ein Zwischenziel erreichten, zeigten keine Veränderungen ihres Selbstvertrauens. (3) Die Zuteilung von Zwischenzielen hat positive Auswirkungen auf das Erleben der Handlung. Die Teilnehmer, die ihre Zwischenziele erreichen konnten, waren mit ihrem Fortschritt zufriedener, als jene, die das Zwischenziel nicht erreicht hatten oder keine Zwischenziele zugeteilt bekommen hatten. (4) Zwischenziele fördern die Ausdauer bei der Zielverfolgung. Gerade, wenn sich der Handelnde nicht sicher ist, ob er ein entferntes und herausforderndes Ziel erreichen wird, kann das Setzen von Zwischenzielen das Selbstvertrauen und die Leistung verbessern. 107 Problematisch sei, so Locke und Latham (1990), daß es bisher keine Aussagen zum optimalen zeitlichen Abstand zwischen den Zielen gäbe. 108 Die optimalen Zeitspannen würden von der Komplexität und der jeweiligen Situation abhängen. Zu kurze Abstände von Zielvorgaben könnten als kontrollierend empfunden werden. Eindeutige Aussagen zur Effektivität und den optimalen Zeitabständen würden weitere Untersuchungen erfordern.

vgl. auch Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 239. 105 Vgl. Bandura, Α., Simon, Κ. Μ. (1977): The role of proximal intentions in selfregulation of refractory behavior. In: Cognitive Therapy and Research, 1, S. 177-193, hier: S. 177 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 59. 106 Vgl. Stock, J., Cervone, D. (in press): Proximal goal setting and self-regulatory processes. In: Cognitive Therapy and Research, vgl. auch Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 237 f. 107 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 238. 108 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 59.

106

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Das Setzen von Zwischenzielen ist aber nicht mit Strategieentwicklung zu verwechseln. Zwischenziele können ein Bestandteil des Planungsprozesses und einer Strategie sein. Die Planung sollte nicht nur das „Wann" beinhalten, sondern auch das „Wie", „Wo" und „Wie lange".

VI. Die Bedeutung der Planung für die Motivation Die Zielerreichung ist nicht nur davon abhängig, daß man ein Ziel fur wünschenswert und erreichbar hält. Es erfordert die Entscheidung zum Handeln. Dabei kann Planung helfen. Planung ist eine mentale Strategie, die Menschen benutzen, um zukünftiges Handeln vorzubereiten. 109 Die Planung dient der Erreichung eines gewünschten Zustands, einem Ziel. Je konkreter die Planung ist, desto leichter fällt die Umsetzung. Menschen fühlen sich an ihre spezifischen Pläne gebunden, und das unterstützt Aktivierung und Durchführung der geplanten Handlungen. 110 Gollwitzer und seine Kollegen (1996) befragten Studenten vor den Weihnachtsferien, welche Aktivitäten sie in den Ferien durchführen wollten. Diese Aktivitäten waren z. B. eine Seminararbeit zu schreiben oder einen Familienkonflikt zu beheben. Außerdem wurden die Studenten gefragt, ob sie konkrete Pläne gemacht hätten, „wann" und „wo" sie beginnen wollten. Zwei Drittel konnten diese Frage bejahen. Nach den Ferien wurden die Studenten befragt, ob sie ihre Vorhaben realisiert hätten. Zwei Drittel von denjenigen, die konkrete Pläne gemacht hatten, hatten auch ihre Vorhaben realisiert. Die Studenten ohne Pläne hatten nur zu einem Viertel ihre Vorhaben verwirklicht. 111 In einem ähnlichen Versuch wurden Studenten aufgefordert, in den Weihnachtsferien einen kurzen Bericht über ihren Weihnachtsabend zu schreiben. Dieser sollte nicht später als 48 Stunden nach dem „Heiligen Abend" geschrieben werden. Mit der Hälfte der Teilnehmer wurden konkrete Pläne über das „wo" und „wann" getroffen, mit der anderen Gruppe nicht. Es stellte sich heraus, daß in der Gruppe mit Plänen etwa drei Viertel der Teilnehmer den Bericht in der vorgegebenen Zeit geschrieben hatten, während nur ein Drittel der anderen Gruppe dies in der gegebenen Zeit ausgeführt hatte. 112

109 Vgl. Gollwitzer, P. M. (1996): The volitional benefits of planning. In: Gollwitzer, P. Μ., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior. New York, London: The Guilford Press, S. 287-312, hier: S. 287. 110 Ebenda, S. 292. 1.1 Ebenda. 1.2 Ebenda.

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

107

Planung hat sowohl für den Beginn einer Zielhandlung als auch für die Erreichung des Ziels große Bedeutung:113 • Planung verstärkt das Selbstvertrauen und verringert Zweifel bezüglich der Zielerreichung. Dies erleichtert den Start einer Handlung und die Zielerreichung. 114 • Planung bewirkt, daß eine Handlung bei auftretenden Schwierigkeiten länger aufrecht erhalten bleibt, da Risiken vorausgesehen und Reaktionsmöglichkeiten geplant werden können. • Planung lenkt die Aufmerksamkeit und die Energien auf zielrelevante Handlungen und Gelegenheiten zum Handeln. • Planung verringert disfunktionale Zweifel über Wert und Erreichbarkeit der Ziele. • Planung verschiebt den „Cut-off'-Punkt. Darunter versteht man den Grad an Anstrengung, ab dem die Handlung abgebrochen wird. Der „Cut-off'-Punkt wird bei unattraktiven Aufgaben früher und bei attraktiven Aufgaben später erreicht. Da Menschen mit konkreten Plänen ihre Ziele als attraktiver beschreiben und stärker an die Zielerreichung glauben, ist der „Cut-off'-Punkt später, d. h., die Anstrengung ist größer. 115 Der Planung kommt somit gerade bei schwierigen, komplexen und/oder zeitlich weit entfernt liegenden Zielen große Bedeutung zu. Zwischenziele, aber vor allem auch das möglichst konkrete „Wie", „Wo" und „Wie lange" sollten sinnvoll geplant werden, um Handlungen zu aktivieren und bis zur Zielerreichung durchzuführen.

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation Häufig werden Zielerfüllungen mit äußeren Anreizen verbunden. Es wird vermutet, daß durch den zusätzlichen Anreiz der Wert des Ziels (ErwartungsWert-Theorie) steigt und damit auch die Motivation, die entsprechende Leistung zu erbringen. Im folgenden werden mögliche Auswirkungen monetärer Anreize unter Berücksichtigung der Zielsetzungs- und Selbstregulierungstheorien dargestellt und erklärt.

113

Vgl. Gollwitzer, P. M. (1996): The volitional benefits of planning. In: Gollwitzer, P. Μ., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior, S. 307 f. 114 Ebenda, S. 301 f. 115 Ebenda, S. 303.

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

108

I. Gestaltung und Wirkung monetärer Anreize auf die Motivation Im Jahr 1980 stellte Locke fest, daß die Verbindung von Zielsetzungen und monetären Anreizen die Leistung um mehr als 40 Prozent verbessern kann. 116 Er führte die Leistungssteigerungen auf drei mögliche Ursachen zurück: (1) Erstens beeinflussen monetäre Anreize die Höhe der Zielsetzungen.117 Wie dargestellt, führen höhere interne Zielsetzungen zu besseren Leistungen. (2) Zweitens können monetäre Anreize bewirken, daß sich Menschen spontan selbst Ziele setzen. In Folge der Einführung eines Belohnungssystems setzten sich beispielsweise Biberjäger spezifische Ziele für die Jagd. 118 Spezifische und herausfordernde Ziele führen, wie gezeigt, zu besseren Leistungen. (3) Drittens erhöhen monetäre Anreize die Zielbindung. Der Handelnde ist bei auftretenden Schwierigkeiten zu größeren Anstrengungen bereit. 119 Dabei scheint eindeutig, daß der „Cut-off'-Punkt (Anstrengungsbereitschaft) von der Höhe der monetären Anreize positiv beeinflußt wird. 1 2 0 In den darauffolgenden Jahren waren die Untersuchungsergebnisse in Bezug auf die Wirkung monetärer Anreize so unterschiedlich, daß Locke (1989) folgende Aussage machte: „At present, however, the systematic effect of money on the goal setting process is not well understood." 121 Die unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse, so Wright (1989), seien vor allem auf das zu geringe Verständnis der Reaktionen zurückzuführen, nach denen Ziele und monetäre Anreize zusammenspielen.122 Wright untersuchte des116

Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1980): The relative effectivness of four methods of motivating employee performance. In: Duncan, K., u. a. (Hrsg.): Changes in working life. New York: Wiley, vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 148. 1,7 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 136. 118 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 58f., vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 136. 1,9 Vgl. Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 137. 120 Vgl. Latham, G. P., Locke E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 219, vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969— 1980, S. 136. 121 Vgl. Lee, T. W., Locke, Ε, Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 313. 122 Vgl. Wright, P. M. (1989): Test of the mediating role of goals in the incentiveperformance relationship. In: Journal of Applied Psychology, 74, No. 3, S. 699-705, hier: S. 699.

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

109

halb im selben Jahr Loches zuvor zitierte erste und dritte These. Er konnte sowohl einen positiven Einfluß der monetären Anreize auf die selbstgesetzten Ziele als auch auf die Zielbindung nachweisen. Reidel, Nebeker und Cooper (1988) stellten in ihrer Untersuchung ebenfalls eine höhere Zielbindung fest, allerdings nur bei Stückbezahlung.123 In einer weiteren Studie versuchte Wright (1992) die Mängel bisheriger Forschung zu vermeiden, in dem er die Wirkungen unterschiedlicher Bezahlungsmöglichkeiten bei verschiedenen Schwierigkeitsgraden überprüfte. 124 Bei der Bezahlung können Fixgehalt, Stückbezahlung (Umsatzbezahlung) oder Bonusbezahlung unterschieden werden. Diese haben - nach Wright - bei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden unterschiedliche Wirkungen auf die interne Zielsetzung, Zielbindung und Leistung. Bei den meisten der bisherigen Versuche seien Mischformen der Bezahlung benutzt worden, ohne die unterschiedlichen Wirkungen zu berücksichtigen. Deshalb waren seiner Ansicht nach die Ergebnisse widersprüchlich. 125 • Die Bonusbezahlung setzt sich (in diesem Fall) aus einem geringen Grundgehalt und einem Bonusgehalt zusammen, wenn ein bestimmtes Ziel erreicht wird. • Bei der Stückbezahlung wird z. B. fur jedes fertiggestellte Teil ein bestimmter Betrag bezahlt. • Beim Fixgehalt wird fur die Teilnahme ohne Berücksichtigung des Ergebnisses ein bestimmter Betrag bezahlt. Wright formulierte folgende Hypothesen:126 1. Monetäre Anreize fuhren zu einem sprunghaften Anstieg des Wertes eines Ziels. Der größte Wertanstieg ist bei der Bonus-Bezahlung festzustellen, gefolgt von der Stückbezahlung und der Fixbezahlung. Die geringste Leistung ist zu erwarten, wenn keine Bezahlung in Aussicht gestellt wird. 2. Der höchste Wert des Ziels ist bei der Stückbezahlung festzustellen, gefolgt von der Bonus-Bezahlung, dem Fixgehalt und ohne Bezahlung.

123 Vgl. Reidel, J. Α., Nebeker, D. M., Cooper, Β. L. (1988): The setting and financial incentives on task performance. In: Organizational Human Performance, 10, S. 175-183, hier: S. 175 ff. 124 Vgl. Wright, P. M. (1992): An examination of the relationships incentives, goal level, goal commitment and performance, S. 677. 125 Vgl. Wright, P. M. (1989): Test of the mediating role of goals performance relationship, S. 700. 126 Vgl. Wright, P. M. (1992): An examination of the relationships incentives, goal level, goal commitment and performance, S. 680 ff.

influence of goal Behavior and among monetary in the incentiveamong monetary

110

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

3. Die Auswirkungen der monetären Anreize auf die Zielbindung werden durch den Wert des Ziels und den Wertanstieg ftxr das zugeteilte Ziel bestimmt. 4. Die Höhe der Bezahlung, die Form der Bezahlung und die Zielhöhe bestimmen die Leistung des Handelnden. Die Zielbindung hat vermittelnden Einfluß. An dem Experiment nahmen 251 Studenten, die innerhalb von 15 Minuten Stundenpläne unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben entwerfen mußten. Es wurden Bonus-, Stück-, Fix- und keine Bezahlung, bei leichten, mittleren oder schwierigen zugeteilten Zielen unterschieden. 127 Zunächst wurde der Wert des jeweiligen Ziels ermittelt. Hierzu wurden die Teilnehmer befragt, wie attraktiv sie zwölf verschiedene Ergebnisse fänden (5 bis 16 Stundenpläne). Die Befragung wurde unmittelbar nachdem die Teilnehmer ihre Ziel- und Incentivebedingungen erhalten hatten, durchgeführt. Wert und Commitment des Ziels wurden zusätzlich nach dem Experiment ein zweites Mal ermittelt. Der Anstieg des Zielwerts (Slope) ergab sich aus dem Wert des Ziels abzüglich dem Wert des direkt darunter liegenden Ergebnisses (Abb. 19 und 20). Der „Slope" stellt den Verlust und damit das Risiko dar, wenn das Ziel nicht ganz erreicht wird. Die Zielbindung wurde durch Befragung entsprechend der Skala von Hollenbeck, Williams und Klein (1989) ermittelt. 128 Die Leistung sind die entwickelten und gültigen Stundenpläne. Vermutet wurde, daß ein negativer Zusammenhang zwischen Slope und Commitment und ein positiver zwischen Wert und Commitment bestehen würde.

127 Anmerkung des Autors: Zusätzlich wurde noch zwischen hoher und niedriger Bezahlung unterschieden. Aus Gründen der Übersichtlichtkeit wird dieser Aspekt nicht weiter berücksichtigt. 128 Vgl. Hollenbeck, J., Williams, C , Klein, Η J. (1989): An empirical examination of antecedents of commitment to difficult goals. In: Journal of Applied Psychology, 74, S. 18-23, hier: S. 18ff.

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

111

$-Bezahlung 12"

Anstieg des Zielwerts (Slope)

14 Quelle: Wright, P. Μ. (1992): An examination of the relationships among monetary incentives, goal level, goal commitment and performance. In: Journal of Management, 18, No. 4, S. 677-693, hier: S. 683. Abbildung 18: „Slope" bei Bonus- und Stückbezahlung bei mittlerer Zielschwierigkeit 129

Die Ergebnisse bestätigten Hypothese eins. Der größte Wertanstieg des Ziels ist bei der Bonusbezahlung festzustellen, gefolgt von der Stückbezahlung, der Fixbezahlung und ohne Bezahlung. 130 Auch Hypothese zwei konnte bestätigt werden. Die höchsten Zielwerte wurden bei Stückbezahlung erreicht, gefolgt von Bonus-, keine Bezahlung und Fixbezahlung. Hypothese drei konnte teilweise verifiziert werden: Die höchste Zielbindung ist bei Stückbezahlung festzustellen, gefolgt von Bonusbezahlung. Der Unterschied ist allerdings nicht signifikant. Deutlich geringer ist die Zielbindung bei den beiden anderen Bedingungen. Hypothese vier konnte voll bestätigt werden. Je größer die Zielbindung, desto höher die Leistung. Die Zielbindung ist vom Bezahlungstyp und der Zielschwierigkeit abhängig. Die höchste Zielbindung ist bei schwierigen Zielen und Stückbezahlung festzustellen.

129

Die Bezahlung in diesem Beispiel wird folgendermaßen berechnet: Bonusbezahlung: Grundgehalt 3 $ + Bonus bei Erreichen von 10 Stundenplänen + 4,50 $ + Stückbezahlung fur jeden weiteren Stundenplan + 0,75 $. Slope bei 10 Stundenplänen: 7,50 $ - 3 $ = 4 $; Stückbezahlung: 0,75 $ für jeden Stundenplan; Slope bei 10 Stundenplänen: 7,50 $ - 6,75 $ (9 χ 0,75 $) = 0,75 $. 130 Vgl. Wright, P. Μ (1992): An examination of the relationships among monetary incentives, goal level, goal commitment and performance, S. 686.

112

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

{-Bezahlung

Quelle: Wright, P. Μ (1992): An examination of the relationships among monetary incentives, goal level, goal commitment and performance. In: Journal of Management, 18, No. 4, S. 677-693, hier: S. 683. Abbildung 19: „Slope" bei Bonus- und Stückbezahlung bei hoher Zielschwierigkeit 131

Möwen, Middlemist und Luther (1981) stellten ebenfalls fest, daß bei Stückbezahlung ein positiv linearer Zusammenhang zwischen Zielschwierigkeit und Leistung besteht. 132 In dieser Untersuchung zeigten in der Bonusgruppe die Teilnehmer bei schwierigen Zielen sogar schlechtere Leistungen als bei leichten und mittleren Zielen. Folgende Aussagen können mit diesen Ergebnissen getroffen werden: • Die Leistung wird durch die Zielsetzungen und die monetären Anreize beeinflußt. • Betrachtet man die Leistungen in der Fixbezahlung bei unterschiedlichen Zielsetzungen, so steigt die Leistung mit zunehmender Schwierigkeit. Die Leistungssteigerungen sind nicht auf die monetären Anreize zurückzuführen (die monetären Anreize sind in der Stückbezahlung bei allen Schwierigkeits-

131

Die Bezahlung in diesem Beispiel wird folgendermaßen berechnet: Bonusbezahlung: Grundgehalt 3 $ + Bonus bei Erreichen von 10 Stundenplänen + 7,50 $; Slope bei 14 Stundenplänen: 10,5 $ - 3 $ = 7 $; Stückbezahlung: 0,75 $ fur jeden Stundenplan; Slope bei 14 Stundenplänen: 10,50 $ - 9,750 $ = 0,75 $. 132 Vgl. Möwen, J., Middlemist, R., Luther, D. (1981): Joint effects of assigned goal level and incentive structure on task performance: A laboratoiy study. In: Journal of Applied Psychology, 66, S. 598-603, hier: S. 598 ff., vgl. auch Wright, P. M. (1992): An examination of the relationships among monetary incentives, goal level, goal commitment and performance, S. 681.

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

113

graden die gleichen), sondern auf die unterschiedlichen Zielsetzungen. Dies ist der Zielsetzungseffekt. • Vergleicht man die Leistungen von Fixbezahlung und Stückbezahlung, so sind die höchsten Leistungen bei schwierigen Zielen und Stückbezahlung festzustellen. Dies ist der Bezahlungseffekt. Bei Stückbezahlung wird die Leistung zunächst durch die Zielschwierigkeit positiv beeinflußt. Hinzu kommt ein additiver Effekt der Stückbezahlung. Bei Bonusbezahlung hat die Zielschwierigkeit eine andere Auswirkung. Bei schwierigen Zielen ist das Nichterreichen des Ziels mit einem hohem Verlust für den Handelnden verbunden. Er verliert die gesamte Bonusbezahlung. Der Handelnde muß folglich sehr viel stärker abwägen, ob er das Ziel erreichen kann. Bei schwierigen Zielen, die nur von etwa 10-15 Prozent der Handelnden erreicht werden, ist es wahrscheinlich, daß der Handelnde ein hohes Risiko bezüglich der Zielerreichung erkennt. Als Folge der großen Anstrengung, die zur Zielerreichung notwendig ist und dem Risiko, dafür nicht belohnt zu werden, weist er das Ziel zurück. Dies kommt in der geringeren Zielbindung zum Ausdruck. Die geringere Zielbindung bewirkt, daß der Handelnde sich ein niedrigeres inneres Ziel setzt. Bei einer niedrigeren Zielsetzung ist seine Anstrengung und Ausdauer geringer, so daß seine Leistung sinkt. 133 Dagegen ist bei der Stückbezahlung das Risiko bei Nichterreichen des Ziels viel geringer. Selbst wenn das Ziel nicht erreicht wird, hat sich die größere Anstrengung dennoch gelohnt, er wird für seine Leistung voll entlohnt. Die innere Zielsetzung, die Zielbindung und die Leistung sind höher. Bei der Bonusbezahlung entscheidet folglich die Zielschwierigkeit darüber, ob der zusätzliche monetäre Anreiz Wirkung zeigt. Bei sehr schwierigen Zielen ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß bei Bonusbezahlung kein monetärer Anreiz mehr besteht. Anders formuliert müßte eine sehr hohe Zielbindung bestehen, damit monetäre Anreize leistungssteigernd wirken. Wählt man eine niedrigere Zielschwierigkeit bei der Bonusbezahlung, so verzichtet man auf die leistungssteigernde Wirkung des Zielsetzungseffekts. Eine optimale Verbindung zwischen Zielsetzungseffekt und dem Effekt monetärer Anreize verspricht die Stückbezahlung (Umsatzbezahlung). Weil das Nichterreichen des Ziels nicht mit Verlusten verbunden ist, ist die Zielbindung höher. Gleichzeitig bewirkt die lockere Beziehung zwischen Zielschwierigkeit und monetären Anreizen selbst bei geringer Zielbindung, daß die Handelnden nur ihre Leistung steigern müssen, um in den Genuß der monetären Anreize zu kommen, aber er muß keine Risikoprüfung durchfuhren.

133

V g l . Wright,

P. Μ. (1992): A n examination o f the relationships among monetary

incentives, goal level, goal commitment and performance, S. 689 ff. 8 Uhi

114

2. Kapitel: D i e Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Ziel-Commitment 5

—m— Stückbezahlung "

" Bonusbezahlung *

Stundenbezahlung

Zielschwierigkeit 0

6

leicht

10 mittel

Η 14 schwer

Quelle: Wright, P. Μ. (1992): An examination of the relationships among monetary incentives, goal level, goal commitment and performance. In: Journal of Management, 18, No. 4, S. 677-693, hier: S. 686. A b b i l d u n g 20: Z i e l - C o m m i t m e n t in Abhängigkeit von Zielschwierigkeit und Incentive-Typ

Leistung: Anzahl der fertiggestellten Stundenpläne

£ leicht Quelle: Wright,

jQ mittel

^

schwer

P. Μ. (1992): An examination of the relationships among monetary incentives,

S. 686. A b b i l d u n g 21: Leistung in Abhängigkeit von Zielschwierigekeit und Incentive-Typ

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

115

II. Zugeteilte versus partizipative Zielsetzung Das Thema der Partizipation bei der Zielsetzung ist in der Psychologie häufig diskutiert worden. 134 Jungen Wissenschaftlern wurde die Überlegenheit der partizipativen Entscheidungsfindung gegenüber zugeteilten Entscheidungen so häufig gelehrt, daß der Eindruck einer Gesetzmäßigkeit entstanden ist, die kaum angezweifelt werden konnte. 135 In einer Reihe von Untersuchungen wurden jedoch andere Ergebnisse festgestellt: Eine Felduntersuchung bei der General Electric Company zeigte, daß die partizipativ gesetzten Ziele zwar zu einer höheren Akzeptanz des Ziels führten, nicht jedoch zu besseren Leistungen als bei zugeteilten Ziele. 136 Caroli und Tosi (1969/70) konnten durch eine Manager-Befragung in einem MBO-Projekt keine signifikanten Zusammenhänge zwischen partizipativer Zielsetzung, Zielerreichung und Anstrengung erkennen. 137 Auch Locke und Schweiger (1979) konnten bei einer Literaturrecherche zum Thema der partizipativen Zielsetzung keine signifikanten Unterschiede in der Leistung bei Top-Down (zugeteilten) oder partizipativen Entscheidungen finden. 138 Latham und Lee (1986) zeigen, daß zugeteilte Ziele genauso leistungsfördernd sind wie partizipativ gesetzte Ziele. 139 Die Meta-Untersuchungen von Mento u. a. (1987) 140 und Tubbs (1986) 141 kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, 134 Unter Partizipation verstehe ich, daß die Handelnden bei der Zielfestlegung mitbestimmen können. 135 Vgl. Lee, T. W., Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 308. 136 Vgl. French, J. R. P., Kay, E., Meyer, Η. H. (1966): Participation and the appraisal system. In: Human Relations, 19, S. 3-20, hier: S. 3 ff., vgl. auch Lee, Τ. W., Locke, E. Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 308. 137 Vgl. Carroll, S. J., Tosi, Η. L. (1969): Relationship of goal setting characteristics as moderated by personality and situational factors to the success of the management by objectives approach. In: Proceedings of the 77 th Annual Convention. American Psychological Association, vgl. Carroll , S. J., Tosi, Η. L. (1970): Goal characteristics and personality factors in a management by objectives programm. In: Administrative Science Quaterly, 15, S. 295-305, hier: S. 295 ff., vgl. auch Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 154. 138 Vgl. Locke, Ε. Α., Schweiger, D. Μ. (1979): Partizipation in decision-making: One more look. In: Staw, Β. M. (Hrsg.): Research in organizational behavior (Vol. 1). Greenwich, Conn. JAI Press, vgl. auch Locke, Ε. Α., u. a. (1981): Goal setting and task performance: 1969-1980, S. 137. 139 Vgl. Latham, G. P., Lee, T. W. (1986): Goal setting. In: Locke, E. A. (Hrsg.): Generalizing from laboratory to field settings. Lexington, MA: Lexington Book, vgl. Lokke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990): A theory of goal setting and task performance, S. 169. 140 Vgl. Mento, A. J., Steel, R. P., Karren, R., J. (1987): A meta-analytic study of the effects of goal setting on task performance: 1966-1984, S. 395 ff.

116

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

daß die partizipative Zielsetzung wenn, dann nur minimalen Einfluß auf Zielbindung oder Leistung hat. Latham und seine Kollegen hatten in den Jahren 1970 bis 1988 elf Untersuchungen durchgeführt, die die Auswirkungen partizipativer Zielsetzungen auf die Zielbindung und die Leistung herausfinden sollten. In neun Studien konnte eine partizipative Zielsetzung nicht zu besseren Ergebnissen fuhren als das Zuteilen von Zielen. In den anderen beiden Studien zeigten die Teilnehmer der partizipativen Zielsetzung bessere Ergebnisse. Diese waren aber eher auf unzureichende Informationen und Effekte der Zielschwierigkeit zurückzuführen. 142 Im Gegensatz dazu konnten Erez und ihre Kollegen (1986) in einigen Untersuchungen leistungssteigernde Wirkungen partizipativer Zielsetzungen finden. 143 Um die unterschiedlichen Ergebnisse zu erklären, wurden von Locke, Latham und Erez (1988) vier weitere Untersuchungen durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, daß Erez die Ziele in sehr autoritärem Stil - das heißt mit sehr kurzen Befehlen - zuteilte, ohne den Sinn der Übung zu erklären. Wurden die Ziele in freundlicher und unterstützender Art zugeteilt, verschwanden die Leistungsunterschiede. 144 In einer neueren Untersuchung von Erez (1990) beeinflußten partizipative Zielsetzungen die Leistungen positiv, wenn keine monetären Anreize gegeben wurden. Dies gelte jedoch nur bei mittleren und hohen Zielen. Anzumerken ist, daß bei diesem Versuch gleichzeitig mit der rechten Hand Buchstaben getippt und mit der linken Hand Zahlen klassifiziert werden mußten. 145 Insoweit unterscheidet sich die Untersuchung von den bisherigen, weil Koordinationsprobleme und kognitive Verarbeitung intervenierende Variablen sein können. Der Leistungsvergleich zwischen partizipativer und zugeteilter Zielsetzung erfordert gleiche Schwierigkeitsgrade. Damit sollen Zielsetzungseffekte auf die Leistung vermieden werden. Aus diesem Grund wurde in einem Versuch von 141

Vgl. Tubbs, Μ. E. (1986): Goal setting: A meta-analytic examination of the empirical evidence, S. 474 ff. 142 Vgl. Locke, E. A. Latham, G. P., Erez, M. (1988): The determinants of goal commitment. In: Academy of Management Review, 13, S. 23-39, hier: S. 23 ff., vgl. auch Lee, Τ. W., Locke, E. Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 308. 143 Vgl. ζ. Β. Erez, Μ. (1986): The congruence of goal setting strategies with sociocultural values and its effects on performance. In: Journal of Management, 12, S. 83-90, hier: S. 83 ff., vgl. auch Lee, Τ. W., Locke, E. Α., Latham, G. P. (1989): Goal setting theory and job performance, S. 309. 144 Vgl. Locke, E. A. Latham, G. P., Erez, M. (1988): The determinants of goal commitment, S. 23 ff. 145 Vgl. Erez, M., Gopher, D., Arzi, N. (1990): Effects of goal difficulty, self-set goals and monetary rewards on dual task performance. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 47, S. 247-269, hier: S. 263.

117

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

Dossett, Latham und Mitchell (1979) die Zielschwierigkeit konstant gehalten.146 An dem Versuch nahmen 60 Verwaltungsangestellte teil, die innerhalb von sechs Minuten einfache mathematische Probleme lösen sollten. Es wurden drei Gruppen gebildet. Die erste Gruppe konnte ihre Ziele selbst festlegen. Die zweite Gruppe bekam jene Ziele zugeteilt, die die erste Gruppe fur sich festgelegt hatte. Damit waren die Ziele identisch. Eine dritte Gruppe sollte „Ihr Bestes versuchen". Das Ergebnis bestätigte zunächst, daß spezifische, schwierige Ziele zu besseren Leistungen fuhren, als „Versuchen Sie ihr Bestes" Ziele. Außerdem war die Zielerreichung in der Gruppe mit zugeteilten Zielen signifikant höher, als in der Gruppe mit partizipativer Zielsetzung. 147 Die Autoren konnten zudem feststellen, daß sich Personen, die ihre Ziele partizipativ festlegen, stark an ihren Fähigkeiten orientieren. Der Anstrengungsaspekt wird nicht so sehr berücksichtigt. 1 4 8 Um zu prüfen, ob diese Ergebnisse auch für einen längerer Untersuchungszeitraum gelten, wurde das Experiment in einem Zeitraum von acht Monaten dreimal wiederholt. 149 Über diesen Zeitraum gesehen, zeigte die Gruppe mit zugeteilten Zielen sogar deutlich bessere Leistungen.

Tabelle 10 Ziele und Leistungen im Zeitablauf bei partizipativen versus zugeteilten Zielen Phase 2 (4 Monate)

Phase 1 Zielsetzung

Phase 3 (8 Monate)

Leistung

Ziel

Leistung

in % der Zielerreichung

Ziel

Leistung

in % der Zielerreichung

zugeteilt

128,57

138,29

146,14

64,3

145,36

145,57

35,7

partizipativ

129,44

138,29

139,14

57,1

145,36

134,27

35,7

Quelle: Dossett, D. L., Latham, G. P., Mitchell, T. R. (1979): Effects of assigned versus participatively set goals, knowledge of results and individual differences on employee behavior when goal difficulty is held constant. In: Journal of Applied Psychology, 64, No. 3, S. 291-298, hier: S. 296.

146 Vgl. Dossett, D. L., Latham, G. P., Mitchell, T. R. (1979): Effects of assigned versus partizipatively set goals, knowledge of results and individual differences on employee behavior when goal difficulty is held constant. In: Journal of Applied Psychology, 64, No. 3, S. 291-298, hier: 291 ff. 147 Vgl. Dossett , D. L, Latham, G. P., Mitchell, T. R. (1979): Effects of assigned versus partizipatively set goals, knowledge of results and individual differences on employee behavior when goal difficulty is held constant, S. 294. 148 Ebenda. 149 Ebenda.

118

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß partizipative Zielsetzung bei konstanter Zielschwierigkeit nicht zu höherer Leistung fuhrt als zugeteilte Ziele. Vielmehr scheinen zugeteilte Ziele stärker zu motivieren. Das kann folgende Gründe haben: • Die Teilnehmer sind aufgrund ihres Sozialisationsprozesses daran gewöhnt, bei zugeteilten Zielen effektiv zu arbeiten. • Zugeteilte Ziele bewirken eine größere Angst, das Ziel zu verfehlen als partizipative Zielsetzung. 150 • Zugeteilte, anspruchsvolle Ziele verstärken das Selbstvertrauen des Handelnden, weil diesem zugetraut wird, das Ziel zu erreichen. 151 • Autoritätspersonen können das Einverständnis mit den Zielen (Zielbindung) beeinflussen. 152 •

Bei partizipativer Zielsetzung orientiert sich die Schwierigkeit stark an den Fähigkeiten des Handelnden. Der Anstrengungsaspekt wird nicht so stark berücksichtigt. Maximale Anstrengung ist deshalb unwahrscheinlicher.



Partizipative Zielsetzung in Verbindung mit monetären Anreizen fuhrt gerade bei einer Bonusbezahlung zu eher niedrigen Zielen, um die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung zu erhöhen.

Für die Leistungsmotivation scheint die Quelle der Zielsetzung nicht so entscheidend zu sein, wie die Tatsache, daß Ziele überhaupt festgelegt werden.

I I I . Zusammenfassung Die Verbindung der Zielsetzungtheorie und der kognitiven Selbstregulierung soll die Bedeutung von Zielen fur die Steuerung der Leistungsmotivation erklären. Locke u. a. zeigen, daß schwierige Ziele das Selbstvertrauen positiv beeinflussen. Höheres Selbstvertrauen bewirkt wiederum eine höhere innere Zielsetzung (Anspruchsniveau). Je höher die innere Zielsetzung, desto größer die Unzufriedenheit mit dem Ist-Zustand. Damit steigen die Erwartungen an die internen und externen Belohnungen und die Leistungsmotivation. Dies kann selbst für uninteressante Aufgaben gelten.

150

Vgl. Dossett, D. L., Latham, G. P., Mitchell, T. R. (1979): Effects of assigned versus partizipatively set goals, knowledge of results and individual differences on employee behavior when goal difficulty is held constant, S. 297. 151 Vgl. Latham, G. P., Locke, E. A. (1991): Self-regulation through goal setting, S. 219. 152 Vgl. Locke, Ε. Α., Latham, G. P. (1990b): Work motivation and satisfaction, S. 241

D. Wirkungen monetärer Anreize auf die Motivation

119

Spezifische Ziele verringern den Interpretationsspielraum in bezug auf die zu erbringende Leistung. Da bei vagen Zielen jede erbrachte Leistung generell zu höherer Zufriedenheit führt, werden die inneren Ziele reduziert. Dies findet zum einen vor Beginn der Handlung als auch bei auftretenden Schwierigkeiten im Handlungsverlauf statt. Deshalb ist eine maximale Anstrengung und maximale Leistung bei vagen Zielen kaum zu erwarten. Feedback ist eine notwendige Voraussetzung, um im Handlungsverlauf die eigene Leistung beurteilen und Veränderungen vornehmen zu können. Dabei scheint eine parallele Selbst- und Fremdauswertung am effektivsten zu sein, um die internen Zielsetzungen im Handlungsverlauf aufrecht zu erhalten. Bei komplexen Aufgaben erweisen sich Prozeß- und Ergebnisrückmeldungen als eher leistungssteigernd, als reine Ergebnisrückmeldungen. Prozeßrückmeldungen helfen die Lösungsstrategien und damit die Leistung zu verbessern. Bei zeitlich weit entfernten Zielen bewirken Zwischenziele eine bessere Selbstkontrolle, höheres Selbstvertrauen, geringere Ablenkungsgefahr, höhere Zufriedenheit und größere Ausdauer bei der Zielverfolgung. Außerdem sollte geplant werden, „wie" und „wann" das Ziel erreicht werden und „wie lange" eine Handlung durchgeführt werden soll. Dies erscheint gerade bei komplexen und schwierigen Aufgaben wichtig. Planung verringert die Unsicherheit der Zielerreichung und steigert das Selbstvertrauen. Planung bewirkt zudem größere Ausdauer bei der Zielverfolgung, da Risiken vorhergesehen und entsprechende Maßnahmen im voraus festgelegt werden können (Risikomanagement). Die Aufmerksamkeit des Handelnden und seine Ressourcen werden durch die Planung auf zielrelevante Handlungen gelenkt, und der „cut-off 4 Punkt, insbesondere bei unattraktiven Aufgaben, verschiebt sich. Die leistungssteigernde Wirkung monetärer Anreize wird vor allem durch das Zusammenspiel von Zielschwierigkeit, Zielbindung und Art/Höhe der monetären Anreize bestimmt. Die Leistungssteigerungen sind zum einen auf Zielsetzungseffekte, zum anderen auf die monetären Anreize zurückzuführen. Die größte Zielbindung und die höchste Leistung ergeben sich bei schwierigen Zielen und Stückbezahlung. Dagegen kommen bei schwierigen Zielen und der Bonusbezahlung weder die Zielsetzungseffekte noch die monetären Effekte voll zur Geltung, weil das Nichterreichen des Ziels mit einem hohen Verlust verbunden ist. Für die Zielsetzungseffekte ist das tatsächliche Vorhandensein eines spezifischen und schwierigen Ziels wichtiger als die Frage, ob sie partizipativ festgelegt wurden oder zugeteilt worden sind.

120

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

E. Die Integration der Kausalattribuierungstheorien In den bisherigen Kapiteln ist zum Ausdruck gebracht worden, welch große Bedeutung das Selbstvertrauen für die Leistungsmotivation hat. Werden Ziele zugeteilt, so entscheidet weitgehend das Selbstvertrauen über Akzeptanz und Höhe des inneren Ziels. Die zu erwartende Leistung orientiert sich am inneren Ziel des Handelnden. Die wichtigsten Einflußfaktoren fur das Selbstvertrauen sind die erbrachten Leistungen in der Vergangenheit und der Vergleich mit den Leistungen anderer. Allerdings kann nicht generell gesagt werden, daß Erfolge das Selbstvertrauen steigern, bzw. Mißerfolge das Selbstvertrauen senken. Entscheidend ist, welchen Ursachen der Erfolg bzw. Mißerfolg zugeschrieben wird. Dies könnten zahlreiche Faktoren sein, so daß von Weiner (1994) ein Klassifikationsschema die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzeigen sollte. 153 Darin wurden die häufigsten Ursachenerklärungen für Erfolge bzw. Mißerfolge berücksichtigt: Fähigkeiten, Anstrengung, Aufgabenschwierigkeit, Zufall, eigene Tagesform, Hilfe durch andere bzw. äußere Umstände.

I. Zeitliche Stabilität der Faktoren Ein erstes Klassifikationsmerkmai ist die zeitliche Stabilität der Faktoren. Fähigkeiten und Aufgabenschwierigkeit werden als eher stabil interpretiert, während Anstrengung und Zufall (Glück, Pech) als zeitlich variabel betrachtet werden. 154 Von der Zeitstabilität der Faktoren wird die Erwartung bestimmt, wie man zukünftig abschneidet.155 Erklärt sich der Handelnde seinen Mißerfolg durch zeitstabile Faktoren wie geringe Fähigkeiten oder große Schwierigkeit des Ziels, wird er kaum erwarten, das Ziel beim nächsten Versuch zu erreichen. Sieht er die Ursachen für das Scheitern in zeitvariablen Faktoren, wie Pech oder ungenügende Anstrengung, wird seine Erfolgserwartung weit weniger beeinträchtigt. Als Beispiel dient hier eine Untersuchung von Meyer (1970), bei der männliche Hochschulabsolventen fünf aufeinanderfolgende Mißerfolge in einer Zahlensubstitutionsaufgabe erlebten. 156 Nach jedem Durchgang sollten die Teilnehmer ihr Versagen entweder auf mangelnde Fähigkeiten, ungenügende An153

Vgl. Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 259. Vgl. Rheinberg, F. (1995): Motivation, S. 80. 155 Ebenda. 156 Vgl. Meyer, W. U. (1970): Selbstverantwortlichkeit und Leistungsmotivation. Unpublished doctoral dissertation, Ruhr Universität, Bochum, Germany, vgl. auch Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 275. 154

E. Die Integration der Kausalattribuierungstheorien

121

strengung, Aufgabenschwierigkeit oder Pech zurückfuhren. Außerdem wurden sie befragt, wie hoch sie ihre Erfolgserwartungen für den nächsten Durchgang einschätzen. Es zeigte sich, daß die Erfolgserwartungen nach Mißerfolgen dann am niedrigsten waren, wenn Mißerfolge auf mangelnde Fähigkeit und hohe Schwierigkeit der Aufgabe zurückgeführt wurden und nicht auf mangelnde Anstrengung und Pech.

II. Internale oder externale Ursachenzuschreibung Das zweite Klassifikationsmerkmal ist die Unterscheidung, ob die Ursachen des Erfolgs in der Person selbst (internal) oder in der Umwelt (external) gesehen werden. Dies wird als Lokation bezeichnet.157 Die emotionalen Reaktionen (Stolz bzw. Beschämung) werden hiervon beeinflußt. Stolz wird der Handelnde nur verspüren, wenn er die Ursachen für seinen Erfolg internen Ursachen zuschreibt, wie z. B. Fähigkeit oder Anstrengung, und nicht äußeren Ursachen, wie z. B. Glück oder einem sehr niedrigen Schwierigkeitsgrad der Aufgabe. 158 Eines der ersten Experimente zur internalen und externalen Ursachenerklärung ist von Feather (1967) durchgeführt worden. 159 Feather ließ Versuchspersonen unterschiedlich schwierige Aufgaben lösen, deren Erfolg oder Mißerfolg er beeinflussen konnte. Anschließend wurden die Teilnehmer befragt, wie attraktiv der Erfolg bzw. wie unangenehm der Mißerfolg empfunden worden wäre. Zusätzlich sollten die Teilnehmer beurteilen, ob das Ergebnis eher fähigkeits- oder zufallsabhängig sei. Feather konnte zeigen, daß Erfolg mit mehr Stolz verbunden ist, wenn das Handlungsergebnis auf Fähigkeit und nicht auf Zufall zurückgeführt wird. Umgekehrt ist Mißerfolg unangenehmer (Beschämung), wenn mangelnde Fähigkeit und nicht Zufall als Ursache betrachtet wird. 1 6 0 Auch die Aufgabenschwierigkeit beeinflußt die Attraktivität von Handlungsergebnissen. Am attraktivsten (größter Stolz) ist Erfolg bei schwierigen Aufgaben, am unattraktivsten Mißerfolg bei einfachen Aufgaben. 161 Ein Erfolg bei einer schwierigen Aufgabe wird am ehesten mit internen Faktoren wie große Fähigkeit und Anstrengung verbunden. Versuchspersonen berichteten bei interna157

Vgl. Weiner, B., 1994: Motivationspsychologie, 270f. Ebenda. 159 Vgl. Feather, Ν. Τ. (1967): Valence of outcome and expectation of success and failure in relation to task difficulty and perceived locus of control. In: Journal of Personality and Social Psychology, 13, S. 129-144, hier: S. 129 ff., vgl. auch Weiner, Β. (1994): Motivationspsychologie, S. 283f. 160 Vgl. Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 283f. 161 Ebenda, S. 284. 158

122

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

ler Attribution häufiger über Gefühle wie Stolz, Kompetenz, Zuversicht und Zufriedenheit als bei externaler Attribution. 162 Eine Kausalattribuierung auf interne Faktoren wie Fähigkeiten und Anstrengung fördert bei schwierigen Aufgaben zudem das Selbstvertrauen. Führt man einen Erfolg dagegen auf externale Faktoren zurück, wie z. B. eine zu leichte Aufgabe, so wird das Selbstvertrauen kaum beeinflußt. Wird ein Mißerfolg äußeren Ursachen, wie Pech oder ungenügenden Rahmenbedingungen zugeschrieben, so hat dies für das Selbstvertrauen weniger negative Auswirkungen, als würde man Fähigkeiten oder Anstrengung dafür verantwortlich machen.163 Bei internaler Ursachenzuschreibung ist zusätzlich zwischen eher stabilen (Fähigkeit) und eher flexiblen Faktoren (Anstrengung) zu unterscheiden. Einen Erfolg eher auf hohe Fähigkeiten zurückzuführen, wirkt sich auf das Selbstvertrauen positiver aus, als große Anstrengung als Ursache zu betrachten. Dagegen hat mangelnde Anstrengung als Ursache für Mißerfolg weniger negativen Einfluß auf das Selbstvertrauen als mangelnde Fähigkeit. 164

III. Kontrollierbar versus unkontrollierbar Eine dritte Kausaldimension ist die Kontrollierbarkeit von Ursachen. Kontrollierbarkeit bedeutet willentliche Beeinflußbarkeit. Je mehr eine Ursache als internal oder variabel betrachtet wird, desto eher ist sie kontrollierbar. Die Faktoren Anstrengung, bzw. Stimmung sind variabel und internal und deshalb am ehesten kontrollierbar. Dagegen werden die Faktoren Fähigkeit oder Krankheit als internal und eher stabil und deshalb als eher unkontrollierbar eingeschätzt. Noch weniger kontrollierbar sind externale, stabile Faktoren wie z. B. die Fähigkeiten anderer, Rahmenbedingungen des Unternehmens oder die Aufgabenschwierigkeit. 165 Am wenigsten kontrollierbar sind die beiden Faktoren Glück und Zufall. Je stärker der Handelnde davon überzeugt ist, ein Ergebnis willentlich beeinflussen (kontrollieren) zu können, desto größer ist sein Selbstvertrauen. Je größer er den Einfluß von unkontrollierbaren Faktoren wie Glück, Leistungen anderer oder von Rahmenbedingungen einschätzt, desto geringer ist sein Selbstvertrauen. Das heißt, je mehr der Handelnde einen Erfolg auf internale Ursachen wie Fähigkeiten und Anstrengung zurückführt, desto größer sind die Gefühle Stolz und Kompetenz. Je stabiler er die Ursachen für seinen Erfolg be162

Vgl. Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 287. Vgl. Bandura, Α. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change, S. 201. 164 Ebenda. 165 Vgl. Weiner, Β. (1994): Motivationspsychologie, S. 270. 163

E. Die Integration der Kausalattribuierungstheorien

123

trachtet und je höher er die Kontrollierbarkeit künftiger Herausforderungen im voraus beurteilt, desto größer ist sein Selbstvertrauen und desto höher sind seine Ziele. Tabelle 11 Klassifikationsschema für Ursachenerklärungen von Erfolg und Mißerfolg unkontrollierbar

kontrollierbar stabil

variabel

variabel

stabil

internal

Anstrengung

eigene Fähigkeiten

eigene Müdigkeit, emotionale Zustände

external

Anstrengungen anderer

äußere Rahmenbedingungen, Aufgabenschwierigkeit

Zufall und emotionale Zustände anderer

Quelle: Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 271.

Beispiel: Ein Schüler hat einen Salto vom „Drei-Meter-Sprungturm" gemacht. Er ist ihm gut gelungen. Je mehr er die Ursachen für den gelungenen Sprung seinen koordinativen Fähigkeiten zuschreibt, desto größer ist der Stolz auf die erbrachte Leistung. Betrachtet er seine Fähigkeiten als zeitlich stabil (seine koordinativen Fähigkeiten sind auch beim nächsten Sprung noch vorhanden), so steigt sein Selbstvertrauen, den Sprung nun auch vom 5-Meter-Brett zu wagen. Ist er der Überzeugung, daß seine Fähigkeiten ausreichen (unkontrollierbar) und ein Erfolg nicht von externen, unkontrollierbaren Ursachen (Zufall, Glück) abhängt, steigt sein Selbstvertrauen ebenfalls, den Sprung zu wagen. Die Kausalattributionen lassen sich auch zeitlich unterscheiden. Vor dem Sprung findet die prospektive Kausalattribution statt (Welche Fähigkeiten werden benötigt? Welche Anstrengung ist zu erbringen?). Nach dem Sprung fuhrt der Handelnde eine retrospektive Kausalattribution der erbrachten Leistung durch (Erfolg oder Mißerfolg? Was waren die Ursachen?). Zusammenfassend gilt, daß Selbstvertrauen und Leistungsmotivation dann ansteigen, wenn Erfolge auf internale, zeitlich stabile Faktoren (Fähigkeiten) und Mißerfolge auf internale, variable und kontrollierbare Faktoren (Anstrengung) zurückgeführt werden. 166

166

Vgl. Weiner, B. (1994): Motivationspsychologie, S. 270.

124

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Abbildung 22: Prospektive und retrospektive Kausalattribuierung

F. „Implizite Theorien" Kausalattributionen lassen sich auf „Implizite Theorien" zurückfuhren. 167 „Implizite Theorien" enthalten Annahmen über die Veränderbarkeit menschlicher Merkmale und Eigenschaften, wie z. B. Fertigkeiten, Intelligenz oder Moral. 1 6 8 Die Wirkungen „Impliziter Theorien" konnten erst in den letzten Jahren näher bestimmt werden. Die Annahme, Merkmale wie Fertigkeiten oder Intelligenz seien eher fix bzw. eher veränderbar (variabel) fuhren zu unterschiedlichen Zielsetzungen und unterschiedlichem Verhalten.

I. Sind Fertigkeiten fix oder variabel? Betrachtet der Handelnde z. B. seine Fertigkeiten als gegebene und eher unveränderbare Eigenschaften, dann beurteilt er anhand des Ziels, ob die Fertigkeiten den Anforderungen genügen. Dweck (1996) bezeichnet dies als EntityEinstellung. 167

Vgl. Dweck C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior. In: Gollwitzer, P. M., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior. New York, London: The Guilford Press, S. 69-90, hier: S. 88. 168 Ebenda, S. 69.

F. „Implizite Theorien"

125

Ist die „Implizite Theorie" des Handelnden eher, daß Fertigkeiten dynamisch und veränderbar sind, dann dient das Ziel als Orientierung zur Entwicklung und Verbesserung der Fertigkeiten und dem Verstehen, warum er selbst oder andere Menschen so und nicht anders handeln. 169 Dies wird als Entwicklungseinstellung bezeichnet.

Tabelle 12 Ziele und Verhalten in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" Theorie Entity-Einstellung

Entwicklungseinstellung

Ziel

Reaktion

Ergebnisziel

Globales Urteil

Dient der Auswertung und Beurteilung der eigenen Fähigkeit, Umwelt, Intelligenz und Moral

Folge: Hilflosigkeit, Bestrafung

Lernziel

Prozeßanalyse

Dient der Entwicklung der Fähigkeit, dem Verstehen des Verhaltens

Entwicklungsorientierung, Bildung und Rehabilitation

Quelle: Dweck, C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior. In: Gollwitzer, P. M., Bargh, J. A. (Hrsg.): The psychology of action. Linking cognition and motivation to behavior, S. 69-90, hier: S. 70.

Das Modell zeigt, daß bei einer Entity-Einstellung das Ziel zur Beurteilung der Fertigkeiten dient. Ein Mißerfolg wird in diesem Fall auf mangelnde Fertigkeiten zurückgeführt. Da die Fertigkeiten als mehr oder weniger fixe Größe betrachtet werden, folgen Hilflosigkeit und Aufgeben des Ziels. Im Gegensatz dazu betrachten Menschen mit Entwicklungseinstellung in Bezug auf ihre Fertigkeiten Rückschläge als Anhaltspunkte für größere Anstrengung, Entwicklung der Fertigkeiten oder Änderung der Zielstrategien. 170 Das bedeutet nicht, daß sie positiv auf negatives Feedback reagieren, sondern, daß sie qualitativ anders damit umgehen.171

169

Vgl. Dweck, C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior,

S. 69. 170

Ebenda, S. 70 Vgl. Button, S. B., Mathieu, J E., Zajac, D. M. (1996): Goal orientation in organizational research: A conceptual and empirical foundation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 67, No. 1, S. 26-48, hier: S. 29. 171

126

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

1. Zielsetzungen in Abhängigkeit „Impliziter Theorien": Fertigkeiten und Intelligenz Bandura und Dweck (1985), Dweck und Legget (1988) versuchten herauszufinden, ob sich „Implizite Theorien" auf die Zielsetzungen der Handelnden auswirken. 172 Dazu wurden zunächst die „Impliziten Theorien" von Kindern gemessen. Anschließend durften die Kinder zwischen einem Lernziel und einem Ergebnisziel wählen. • Das Lernziel wurde als eine schwierige und neuartige Aufgabe beschrieben, mit der Chance, wichtige neue Fertigkeiten zu erlernen, aber auch mit dem Risiko geringen Erfolgs. • Das Ergebnisziel wurde als eine derart einfache Aufgabe erklärt, so daß das Ziel in jedem Fall erreicht wird. • Somit dient das Lernziel der Entwicklung von Fertigkeiten, während das Leistungsziel geeignet erscheint, dem Kind ein positives Urteil bezüglich seiner Fertigkeiten zu erlauben. In beiden Studien gab es einen deutlichen Zusammenhang zwischen der „Impliziten Theorie" und dem Ziel, das von den Kindern gewählt wurde. • So wählten in der Studie von Dweck und Legget (1988) 80 Prozent der Kinder mit Entity-Einstellung die Leistungsziele, wobei 50 Prozent aller EntityKinder so leichte Ziele wählten, daß ein Mißlingen oder ein negatives Urteil unmöglich waren. •

Im Gegensatz dazu wählten über die Hälfte der Kinder mit Entwicklungseinstellung das Lernziel, und weniger als 10 Prozent von diesen Kindern wählten das sehr leichte Ziel.

Das Ergebnis zeigt, daß Kinder mit Entwicklungseinstellung herausfordernde Ziele wählen. Dabei gehen sie das Risiko ein, das Ziel nicht zu erreichen, haben aber auch die Chance, die eigenen Fertigkeiten zu verbessern. 173 Bandura (1989) ist der Überzeugung, daß „Implizite Theorien" nicht nur die Zielsetzung beeinflussen, sondern den „Prozeß der Selbststeuerung" insgesamt. Davon seien

172

Vgl. Bandura, Μ. Μ., Dweck, C S. (1988): The relationship of conceptions of intelligence and achievement goals to achievement-related behaviors. Unpublished manuscript, Harvard University, vgl. Dweck, C. S., Legget, E. L. (1988): A social-cognitive approach to motivation and personality. In: Psychological Review, 25, S. 109-116, hier: S. 109 ff. vgl. auch Dweck, C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior, S. 72. 173 Ebenda, S. 73.

F. „Implizite Theorien"

127

die Motivation im Handlungsverlauf, zukünftige Motivation und der Erfolg ganzer Unternehmen abhängig.174 In einer Langzeituntersuchung wurden von Henderson und Dweck (1990) Schüler von der Grundschule bis zum Gymnasium begleitet. 175 Die Hypothese war, daß die „Impliziten Theorien" bezüglich intellektueller Fertigkeiten mit zunehmenden schulischen Herausforderungen die Leistungen beeinflussen würden: • Wie vorhergesagt, wurden die schulischen Leistungen der £«/zYy-Kinder im Vergleich zu denen der Entwicklungs-Kinder bei auftretenden Schwierigkeiten immer schlechter. • Jene Entity- Kinder, die zu Beginn gut waren, entwickelten sich häufig zu schlechten Schülern. Die Entity-YAnfer, die schlecht waren, blieben schlecht. • Die Entwicklungs-Kinder, die zu Beginn gut waren, blieben auch gute Schüler, diejenigen Entwicklungs-Kinder, die schlecht waren, entwickelten sich häufig zu guten Schülern. 176 Wood und Bandura (1989b) untersuchten die „Impliziten Theorien" von Managern in Bezug auf ihre Entscheidungsfähigkeit und beobachteten anschließend die Auswirkungen auf den Selbstregulierungsprozeß. 177 Dazu verwendeten die Autoren eine computerunterstützte Organisationssimulation, in der die Teilnehmer vorgegebene Produktionspläne erfüllen sollten. In drei Durchgängen mit je sechs verschiedenen Produktionsaufträgen wurde die Leistung überprüft. Nach jedem Durchgang bekamen die Manager Rückmeldung über die erbrachte Leistung. • Diejenigen Manager, die ihre Entscheidungsfahigkeit als gegebene, unveränderliche Begabung betrachten, verspürten starke Selbstzweifel hinsichtlich ihre Führungsqualitäten, als im Handlungsverlauf Probleme auftraten. Ihr analytisches Denken wurde zunehmend unberechenbar, sie reduzierten ihre Ziele, und die Leistung ihres Unternehmens ging zurück. 178

174

Vgl. Bandura , Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 52. 175 Vgl. Henderson, V., Dweck, C. S. (1993): Adolescence and achievement. In: Feldmann, S., Elliot, G. (Hrsg.): At the threshold: Adolescent development. Cambridge, MA: Harvard University Press, S. 308-329, hier: S. 308 ff., vgl. auch Dweck, C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior, S. 73. 176 Vgl. Dweck, C. S. (1996): Implicit theories as organizers of goals and behavior, S. 74. 177 Vgl. Wood ; R. E., Bandura, A. (1989b): Impact of conceptions of ability on selfregulatory mechanisms and complex decision making, S. 407 f f , vgl. auch Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 268. 178 Vgl. Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 268.

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

128



Im Gegensatz dazu zeigten die Manager mit Entwicklungseinstellung in bezug auf ihre Entscheidungsfähigkeit weit höheres Selbstvertrauen. Sie blieben auch bei sehr schwierigen Zielen selbstbewußt und setzten sich weiterhin hohe und herausfordernde Ziele. Außerdem nutzen sie ihre analytischen Fertigkeiten besser, um effiziente Strategien und optimale Entscheidungsregeln zu entwickeln. Die Leistungen der von ihnen geführten Unternehmen waren deutlich besser. 179

Stärke des Selbstvertrauens

60

Fähigkeiten sind veränderbar

50

Fähigkeiten sind fix 40 30

20 10 0

1 1

2

1 Phase der Organisationsimulation

3

Quelle: Bandura , Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, S. 248-287, hier: S. 268.

Abbildung 23: Stärke des Selbstvertrauens in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 180

179

Vgl. Bandura , Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 269. Abbildung 23: Veränderungen des Selbstvertrauens der Manager bei einer Organisationssimulation in drei aufeinanderfolgenden Versuchsdurchgängen bei Entwicklungseinstellung (Fähigkeiten veränderbar) versus Entity-Einstellung (Fähigkeiten unveränderbar). 180

F. „Implizite Theorien"

129

Höhe der selbstgesetzten Ziele im Verhältnis zu vorgegebenem Standard in %

120

Fähigkeiten sind veränderbar

100 Fähigkeiten sind fix

80 60 40

70 0

1

2

Phase der Organisationsimulation

3

Quelle: Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 268.

Abbildung 24: Höhe der selbstgesetzten Ziele in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 181

effizienter Einsatz analytischer Strategien

Quelle: Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, S. 248-287, hier: S. 268.

Abbildung 25: Strategieentwicklung in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 182

181

Abbildung 24: Prozentuale Veränderung der selbstgesetzten Ziele im Verhältnis zu einem vorgegebenen Standard (zu Beginn vorgegebene Zielsetzung) im Zeitablauf der Organisationssimulation bei Entwicklungs- versus Entity-Einstellung. 182 Abbildung 25: Veränderung des effizienten Einsatzes analytischer Strategien im Zeitablauf der Organisationssimulation bei Entwicklungs- versus Entity-Einstellung. 9 Uhi

130

2. Kapitel: Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

Leistung der Organisation in %

100

Fähigkeiten sind veränderbar

80 60

Fähigkeiten sind unveränderbar

40

20

0 2 Phase der Organisationssimulation

^

Quelle: Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, S. 248-287, hier: S. 268.

Abbildung 26: Leistung der Organisation in Abhängigkeit „Impliziter Theorien" 183

Auch Teilziele haben unterschiedliche Wirkungen in Abhängigkeit von Entity oder Entwicklungseinstellung. Während bei Entity-Einstellung Teilziele als Indikatoren persönlicher Schwächen betrachtet werden, dienen sie bei Entwicklungseinstellung als Informationsquellen, um das Handeln effektiv zu steuern und die Steigerungen eigener Fähigkeiten darzulegen. 184 Das Nichterreichen eines Teilziels hat bei der Entity-Einstellung ein Gefühl der Hilflosigkeit zur Folge. Dies bewirkt, daß Ziele bei auftretenden Schwierigkeiten eher aufgegeben werden. Dagegen wird das Selbstvertrauen bei Entwicklungseinstellung weniger beeinträchtigt. Es bleibt die Chance, sich zu verbessern und das Ziel beim nächsten Mal zu erreichen. Somit werden Selbstvertrauen und Motivation für künftige Ziele gestärkt. Dies sei, so Bandura (1991), ein sich selbst verstärkender Zirkel von Selbstvertrauen und Leistung. 185

183

Abbildung 26: Prozentuale Leistung der simulierten Organisation im Zeitablauf bei Entwicklungs- versus Entity-Einstellung. 184 Vgl. Bandura, Α. (1989): Self-regulation of motivation and action through internal standards and goal systems, S. 53. 185 Vgl. Bandura, A (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 269.

F. „Implizite Theorien"

131

2. Zielsetzungen in Abhängigkeit „ Impliziter Theorien Umwelt und Rahmenbedingungen Bisher wurde die persönliche Seite „Impliziter Theorien" dargestellt. Der zweite Aspekt betrifft die Veränderbarkeit und Kontrollierbarkeit der Umwelt. • Menschen, die ihre Umwelt für nicht beeinflußbar oder veränderbar halten, werden auch nicht versuchen, diese zu beeinflussen. Selbst wenn dies objektiv gesehen leicht möglich wäre. In diesem Zusammenhang ist die „Erlernte Hilflosigkeit" ein bekanntes psychologisches Phänomen. Menschen mit dieser Eigenschaft verhalten sich extrem passiv. Sie sind der Überzeugung, daß ihre Anstrengungen aufgrund der völlig unbeeinflußbaren Umwelt nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen. 186 • Dagegen werden jene Menschen, die von einer veränderbaren und beeinflußbaren Umwelt ausgehen, selbst die kleinste Chance nutzen, die Umwelt im Hinblick auf ihre Ziele zu optimieren. Dies stärkt das Selbstvertrauen, die Ausdauer der Zielverfolgung und letztlich die Leistung. Wiederholte Erfolge unter schwierigen Bedingungen können das Selbstvertrauen sogar zu einer unerschütterlichen Charaktereigenschaft entwickeln. 187 In einer Studie von Bandura und Wood (1989) wurde mit Hilfe einer Organisationssimulation der Einfluß von festen versus veränderbaren Theorien beobachtet. 188 Die Frage war, welche Auswirkungen die „Implizite Theorie", daß ein Unternehmen beeinflußbar sei, auf die Organisationsleistung hat. Ebenso wurde die Gegenannahme, daß ein Unternehmen unveränderbar sei, überprüft. • Die Teilnehmer, die das Unternehmen unter der Annahme der unveränderbaren Organisation führten, verloren schneller das Vertrauen in ihre Entscheidungen, selbst wenn sie das Ziel leicht hätten erreichen können. Sie zeigten geringeres Selbstvertrauen, reduzierten ihre Ziele, und die Leistungen der Unternehmen wurden im Zeitablauf immer schlechter. • Die Teilnehmer, die das Unternehmen unter der Annahme der veränderbaren Organisation führten, hatten großes Selbstvertrauen in ihre Führungsfertig-

186

Vgl. Bandura, Α. (1977): Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change, S. 204f. 187 Ebenda, S. 270. 188 Vgl. Bandura, Α., Wood, R. E. (1989): Effect of perceived controllability and performance standards on self-regulation of complex decision-making. In: Journal of Personality and Social Psychology, 56, S. 805-814, hier: S. 805 f f , vgl. auch Bandura, Α. (1991): Social cognitive theory of self-regulation, S. 270.

132

2. Kapitel: D i e Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung

k e i t e n . Sie e r h ö h t e n i h r e Z i e l s e t z u n g , s u c h t e n e f f e k t i v e S t r a t e g i e n u n d steigerten i m Z e i t a b l a u f die Leistungen ihrer Unternehmen d e u t l i c h . 1 8 9

Stärke des Selbstvertrauens 90 80

Organisationen sind veränderbar

70 60

eigenes Ziel

eigenes Ziel bis 15 % > GP-Ziel

eigenes Ziel über 15 % > GP-Ziel

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = hohes Selbstvertrauen „ Ich habe das Gefühl, daß mein Wissen und meine Fähigkeiten ausreichen, um meine Ziele zu erreichen. " 0-Wert

1,8

1,7

1,6

Befragte

Ν = 265

Ν = 210

Ν = 167

„ Ich habe das Gefühl, daß ich von meinem Unternehmen gut auf die Herausforderungen des Marktes vorbereitet werde. " 0-Wert

2,9

2,8

2,7

Befragte

Ν = 266

Ν = 209

Ν = 166

„ Ich habe das Gefühl, daß ich über geeignete Handlungsstrategien und Pläne verfüge, meine Ziele zu erreichen. " 0-Wert

1,8

1,7

1,6

Befragte

Ν = 265

Ν = 210

Ν = 167

negative Formulierung: hoher 0-Wert = hohes Selbstvertrauen „ Ich empfinde das Erreichen meiner Ziele als sehr anstrengend und streßhaft. " 0-Wert

2,2

2,5

Befragte

Ν = 266

Ν = 210

3,1 Ν = 166

„ Meine Führungskräfte geben mir nicht das Gefühl daß ich die Ziele wirklich erreichen kann. " 0-Wert

3,0

3,7

3,9

Befragte

Ν = 265

Ν = 206

Ν = 160

„ Meine Ziele sind zu hoch. " 0-Wert

1,8

2,6

3,3

Befragte

Ν = 265

Ν = 208

Ν = 165

2,5

2,2

1,8

Gesamt-0-Wert

Die Skala reichte von 1 Punkt für „stimme voll zu" bis 5 Punkte für „stimme überhaupt nicht zu".

252

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Die Ergebnisse bestätigen erneut: • Die Gruppe, die sich die niedrigsten Ziele setzt, verfugt über das durchschnittlich niedrigste Selbstvertrauen. • Am höchsten ist das Selbstvertrauen fast bei allen Indikatoren in der Gruppe mit den höchsten Zielsetzungen. • Der Durchschnittswert über die einzelnen Indikatoren zeigt deutlich, daß mit der Höhe der Zielsetzung auch das Selbstvertrauen steigt. Die Korrelation zwischen den Selbstvertrauensindikatoren und der eigenen Zielsetzung beträgt insgesamt r = 0,45 (nach Pearson) und ist auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant. Auch der Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung ist differenzierter untersucht worden. Niedrige Werte bei den Fragen eins, drei und fünf sprechen wieder für ein hohes Selbstvertrauen. Hohe Werte bei den Fragen 2, 4 und 6 lassen auf ein hohes Selbstvertrauen schließen. Ein niedriger Gesamtwert läßt auf ein hohes Selbstvertrauen schließen.

Β. Hypothesen

253

Hypothese 9: „Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Selbstvertrauens und der Leistung." Tabelle 27 Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen und Leistung (differenzierter Indikator) Ziel GP > eigene Leistung

Leistung bis 15 % > GP-Ziel

Leistung über 15 % > GP-Ziel

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = hohes Selbstvertrauen „ Ich habe das Gefühl, daß mein Wissen und meine Fähigkeiten ausreichen, um meine Ziele zu erreichen. " 0-Wert

1,8

1,6

1,7

Befragte

Ν = 332

N = 112

Ν = 209

„ Ich habe das Gefühl, daß ich von meinem Unternehmen gut auf die Herausforderungen des Marktes vorbereitet werde. " 0-Wert

2,9

2,9

2,8

Befragte

Ν = 332

N = 112

Ν = 207

„ Ich habe das Gefühl, daß ich über geeignete Handlungsstrategien und Pläne verfüge, meine Ziele zu erreichen . " 0-Wert

2,3

2,0

1,8

Befragte

Ν = 331

N = 112

Ν = 208

negative Formulierung: hoher 0-Wert = hohes Selbstvertrauen „ Ich empfinde das Erreichen meiner Ziele als sehr anstrengend und streßhaft. " 0-Wert Teilnehmer

2,3

2,5

2,7

Ν = 333

N = 112

Ν = 208

„ Meine Führungskräfte geben mir nicht das Gefühl, daß ich die Ziele wirklich erreichen kann. " 0-Wert

3,2

3,5

3,8

Befragte

Ν = 322

N = 110

Ν = 197

„ Meine Ziele sind zu hoch. " 0-Wert Teilnehmer Gesamt-0-Wert

2,1

2,4

3,0

Ν = 330

N = 112

Ν = 207

2,4

2,2

2

Die Skala reichte von 1 Punkt für „stimme voll zu" bis 5 Punkte für „stimme überhaupt nicht zu".

254

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Tabelle 27 zeigt, daß auch zwischen Leistung und Selbstvertrauen ein positiver Zusammenhang besteht. Ein höheres Selbstvertrauen korreliert mit einer besseren Leistung. Die Korrelation nach Pearson ist r = 0,30. Die Unterscheidung nach der Zielsetzung (Tabelle 26) erbrachte jedoch deutlichere Ergebnisse und obwohl die Stärke einer Korrelation nicht auf die Richtung von Kausalketten schließen läßt, können die Überlegungen von Bandura (vgl. 2.1.1.2.) nachvollzogen werden. Dieser zeigt, daß das Selbstvertrauen nicht direkt auf die Leistung wirkt, sondern indirekt über die selbstgesetzten Ziele: „Das Selbstvertrauen nimmt die Vermittlerrolle zwischen den vorgegebenen Zielen und der Leistung ein, indem es die Höhe der selbstgesetzten Ziele beeinflußt". Außerdem bewirkt ein höheres Selbstvertrauen, daß bei auftretenden Schwierigkeiten das selbstgesetzte Ziel nicht so schnell aufgegeben wird.

2. „Implizite Theorien" und Selbstvertrauen Das Selbstvertrauen entwickelt sich vor allem aus den in der Vergangenheit erbrachten Leistungen (vgl. Kap. 2.A.III.). Ob die erbrachten Leistungen als Erfolge oder Mißerfolge betrachtet werden und in welche Richtung sie das Selbstvertrauen beeinflussen, wird von der Ursachenzuschreibung (Kausalattribution) bestimmt. Das Selbstvertrauen kann gestärkt werden, wenn Erfolge auf internale Faktoren, wie Fähigkeiten und Anstrengung und Mißerfolge auf mangelnde Anstrengung oder externale Faktoren (Anstrengung anderer, Zufall, äußere Rahmenbedingungen) zurückgeführt werden (vgl. Kap. 2.E.). Ein Aspekt der Ursachenerklärung, der insbesondere für die Akzeptanz herausfordernder Ziele wichtig ist, sind sogenannte „Implizite Theorien". Darunter versteht Bandura (vgl. Kap. 2.F.) Annahmen über die Veränderbarkeit menschlicher Merkmale und Fertigkeiten, wie z. B. der Anwendung von Intelligenz, darüber hinaus aber auch die Veränderbarkeit von äußeren Rahmenbedingungen. Die Annahme, diese Merkmale seien eher fix oder eher veränderbar, führe zu unterschiedlichen Zielsetzungen und unterschiedlichen Leistungen. Die Überzeugung Fertigkeiten, wie Verkaufsgeschick seien eher unveränderbar (Entity-Einstellung), bewirke bei Nichterreichen eines Ziels, daß der Handelnde das Ziel herabsetzt. Denn bei hoher Anstrengung und der „Impliziten Theorie" die Fähigkeit sei unveränderbar, muß der Handelnde zu dem Schluß kommen, daß das Ziel zu hoch war und künftig sein wird. Betrachtet er diese Merkmale als veränderbar, kann ein Mißerfolg als Ansporn und das Ziel als Orientierung zur Weiterentwicklung dienen (Entwicklungseinstellung). Untersucht wurden die „Impliziten Theorien" der Vertreter für die Eigenschaften Intelligenz, Verkaufstalent, Veränderbarkeit des Unternehmens und

Β. Hypothesen

255

Einflußmöglichkeit des Vertreters auf das Unternehmen. Zunächst war von Interesse, ob zwischen dem Selbstvertrauen und den Annahmen über „Implizite Theorien" ein Zusammenhang besteht. Hypothese 10: „Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Vertreter, die Merkmale seien veränderbar und der Stärke ihres Selbstvertrauens." Die Teilnehmer der Befragung konnten auf einer vierstufigen Skala antworten. Für die Antwort „Stimme voll zu" wurde ein Punkt vergeben, für die Antwort „Stimme nicht zu" wurden vier Punkte vergeben. Die Fragen 1 und 3 sind positiv formuliert (d. h. Eigenschaft ist veränderbar). Eine Zustimmung, also ein niedriger Punktwert, müßte demnach mit einem hohen Selbstvertrauen korrelieren. Die Fragen 2 und 4 sind negativ formuliert. Vermutet wird, daß ein niedriger Wert mit einer Entwicklungseinstellung und deshalb mit einem hohen Selbstvertrauen zusammenhängt. Für den Gesamtwert wurden die Kehrwerte bei den negativ formulierten Fragen berechnet, so daß ein niedriger Gesamtwert einer Entwicklungseinstellung gleichkommt. Für die einzelnen Statements wurden die Korrelationen zum Selbstvertrauensindikator „Angst, daß die Ziele zu hoch sind" bzw. „Langeweile, daß die Ziele zu niedrig sind" berechnet.

256

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns Tabelle 28 Zusammenhang zwischen „Impliziten Theorien' 4 und Selbstvertrauen (Frage 23: „Wie betrachten Sie folgende Aussagen?44)

Implizite Theorien

Angst Ziele zu hoch

Langeweile Ziele zu niedrig

gerade richtig

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = Entwicklungseinstellung „ Intelligenz ist lernbar. " (. Pearsons r = 0,07, nicht signifikant) 0-Wert Befragte

2,4 Ν = 203

2,5

2,5

2,7

2,4

N = 154

N = 173

N = 127

Ν = 23

„ Ich arbeite für ein dynamisches Unternehmen, das sich ständig verändert. " (r = 0,09, signifikant auf einem Niveau von 0,05 (zweiseitig)) 0-Wert

1,6

1,8

1,8

1,8

1,9

Befragte

Ν = 205

N = 155

N = 175

N = 128

Ν = 22

negative Formulierung: hoher 0-Wert = Entwicklungseinstellung „ Zum Verkäufer muß man geboren sein. " (r = 0,09, signifikant auf einem Niveau von 0,05 (zweiseitig)) 0-Wert Teilnehmer

2,1

2,2

2,3

2,4

1,9

Ν = 205

N = 155

N = 174

N = 128

Ν = 23

„ Ich kann auf mein Unternehmen keinen Einfluß nehmen, selbst wenn ich einige wichtige Verbesserungsvorschläge hätte. " (r = 0,17, signifikant auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig)) 0-Wert

1,4

1,5

1,8

1,7

1,9

Befragte

Ν = 204

N = 155

N = 175

Ν = 128

Ν = 22

2,6

2,7

2,6

2,6

2,6

Gesamt-0-Wert

Die Skala reicht von 1 Punkt für „stimme voll zu" bis 4 Punkte für „stimme nicht zu".

Die Ergebnisse zeigen sehr geringe Korrelationen zwischen „Impliziten Theorien" und Selbstvertrauen. Die höchste Korrelation besteht zwischen der „ M ö g l i c h k e i t zur Einflußnahme auf das Unternehmen" und dem Selbstvertrauen. Kausal erscheint, daß die „Implizite Theorie", keine Möglichkeit zur Einflußnahme auf das Unternehmen zu haben, sich nachteilig auf das Selbstvertrauen auswirken kann.

Β. Hypothesen

257

Eine Erklärung fur die insgesamt schwache Korrelation könnte sein, daß die Entwicklung von Selbstvertrauen neben der Ursachenerklärung erbrachter Leistungen, auch von Vorbildern, durch verbale Überzeugung und durch emotionale Zustände beeinflußt wird. Die Ursachenerklärung für Leistungen und der Vergleich mit anderen spielen eine große, aber nicht die einzige Rolle. „Implizite Theorien" sind wiederum nur ein Teil der Ursachenerklärungen (Kausalattributionen). Somit stellen die „Impliziten Theorien" nur einen Ausschnitt der Leistungserklärung und des Selbstvertrauens dar. Die Ergebnisse zeigen, daß ein Zusammenhang besteht, nur können „Implizite Theorien" allein das Selbstvertrauen nicht eindeutig bestimmen.

III. Hypothesen zu Wertkomponenten eines Ziels Neben der Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit spielt der Wert des Ziels eine große Rolle für die Zielgebundenheit bzw. die Motivation eine Leistung zu erbringen. Der Wert des Ziels kann nach intrinsischen und extrinsischen Anreizen unterschieden werden. Von extrinisischen Anreizen wird gesprochen, wenn die positiven oder negativen Folgen einer Handlung motivierend sind, ζ. B. eine monetäre Entlohnung bei Erreichen eines Ziels oder die Bestrafung bei Nichterreichen. Intrinsische Anreize liegen dagegen schon in der Handlung selbst, der Weg zum Ziel ist belohnend, ζ. B. die Freude an einer Tätigkeit, oder das Gefühl der Freiwilligkeit beim Handeln. Eine hohe intrinsische Motivation korreliert nach Deci, Ryan u. a. (siehe Kap. 3.B.I.4.) mit höherer Kreativität, besserem konzeptuellen Verständnis, stärkerer geistiger Flexibilität, einem höheren Selbstwertgefühl, mehr Zufriedenheit mit der erbrachten Leistung und einer besseren Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen. Kennzeichnend für intrinsisch motivierende Tätigkeiten sind die Möglichkeiten zur Befriedigung der Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und „sozialer Zugehörigkeit". Überprüft wurde, welche Bedeutung die Vertreter diesen Bedürfhissen zuschreiben und ob sie diese Bedürfnisse in ihrem Beruf befriedigen können. Damit wird zudem die Grundlage fur die Überprüfung der Anreizsysteme gelegt. Für den Fall, daß die Vertreter diesen Bedürfnissen große Bedeutung zukommen lassen, sollten auch die Anreizsysteme in Einklang mit diesen stehen (Kap. 5.B.V.), um die in Kapitel 3.C. beschriebenen negativen Effekte auf die intrinsische Motivation zu vermeiden. Interesse, Freude und Flow-Erlebnisse sind nach Chikszentmihaly 3.B.I.3.) Indikatoren für intrinsische Motivation.

17 Uhi

(vgl. Kap.

258

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

/. Das Autonomiebedürfnis

der Vertreter

Das Autonomiebedürfiiis nimmt eine Schlüsselstellung bei den intrinsisch motivierenden Bedürfnissen ein (vgl. Kap. 3.Β.Π.Ι.). Zu vermuten ist, daß gerade bei den selbständigen Versicherungsvertretern, das Autonomiebedürfiiis besonders ausgeprägt ist. Indikatoren für Autonomie sind „die Bedeutung der freien Planung und Gestaltung des Arbeitstages" und „die Bereitschaft, in ein Angestelltenverhältnis mit festen Arbeitszeiten zu wechseln". Hypothese 11 : „Selbstbestimmtes Handeln und die freie Zeiteinteilung bei der Arbeit sind den Vertretern wichtig."

itig eher wichtig 16%

teils/teils 4%

eher/völlig unwichtig 2%

sehr wichtig 78 % Ν = 724 Abbildung 41 : Wichtigkeit der freien Planung und Gestaltung des Arbeitstages (Frage 5: „Wie wichtig ist es Ihnen, Ihren Arbeitstag frei planen und gestalten zu können?')

Die Ergebnisse zeigen, daß für 94 % der Vertreter die freie Arbeitszeitplanung große Bedeutung hat („sehr wichtig" bzw. „eher wichtig"). Nur 0,4 % empfinden diese Freiheit als unwichtig (siehe Tabelle 52 im Anhang). Eine Rückkehr in ein Angestelltenverhältnis mit festen Arbeitszeiten können sich 72 % der Vertreter „nicht" oder „eher nicht" vorstellen. Nur neun % wären dazu bereit („sehr gut" bzw. „eher gut"). 17 Auch dieses Ergebnis stellt die Bedeutung der Selbstbestimmung für die Vertreter dar.

17

Vgl. Tabelle 53 im Anhang.

Β. Hypothesen

sehr gut 3%

259

eher gut 6%

überhaupt nicht 40%

teils/teils 19%

eher nicht 32%

Ν = 726

Abbildung 42: Bereitschaft, in ein Angestelltenverhältnis mit festen Arbeitszeiten zurückzukehren (Frage 6: „Wie gut können Sie sich eine Rückkehr in ein Angestelltenverhältnis vorstellen?") Weiter ist von Interesse, ob die Vertreter auch tatsächlich das Gefühl haben, frei handeln und entscheiden zu können. fühle mich sehr frei 4%

fühle mich stark fremdbestimmt 23 %

fühle mich eher frei 13%

fühle mich eher fremdbestimmt 23 %

teils/teils 36% Ν = 705

Abbildung 43: Das Gefühl, frei handeln und entscheiden zu können (Frage 38: „Als General- bzw. Hauptvertreter sind Sie selbständig. Haben Sie auch persönlich das Gefühl, frei handeln und entscheiden zu können, oder fühlen Sie sich durch Ihr Unternehmen in Ihrem Handeln fremdbestimmt bzw. gesteuert?") Lediglich 4 % der Vertreter fühlen sich in ihrem Handeln tatsächlich frei und ohne Zwänge. 46 % der Vertreter fühlen sich „eher" oder „stark fremdbestimmt".18

18

Vgl. Tabelle 54 im Anhang.

260

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Eine Form der Fremdbestimmung sind sogenannte Stellschrauben bei Provisionen in Form von Laufzeitfaktoren bzw. Produktfaktoren bei Lebensversicherungen. Damit sollen bestimmte Produkte bzw. Laufzeiten bei Versicherungen durch finanzielle Anreize gefördert werden. Dies widerspricht der freien Beratung des Kunden. Abbildung 44 zeigt, wie die Vertreter diese Form der Fremdbestimmung beurteilen. 19 Hypothese 12: „Die ,Stellschrauben' bei Lebensversicherungen sind negativ assoziiert mit dem Gefühl frei und unabhängig beraten zu können." . , lehne ich völlig ab 25 %

finde finde ich ich , finde f m d eich i c 4 sehr gut ^ 0/ eher gut eher gut 3 0/ ° 9%

h

teils/teils 35% lehne ich eher ab 28% Ν = 699 Abbildung 44: Beurteilung der Stellschrauben bei Lebensversicherungen (Frage 49: „Bei Lebensversicherungen gibt es eine ganze Reihe von kleinen Stellschrauben, wie ζ. B. Laufzeitfaktoren, Produktfaktoren etc. Wie beurteilen Sie diese Stellschrauben?")

Die Grafik zeigt, daß über 50 % der Vertreter diese Stellschrauben weitgehend oder vollständig ablehnen. Nur 12 % der Vertreter empfinden diese als „eher positiv" oder „sehr positiv". Weiter wurde der Zusammenhang zwischen den beiden Variablen „Beurteilung der Stellschrauben" und „Das Gefühl, frei entscheiden und handeln zu können" untersucht. Der Korrelationskoeffizient {Pearsons r = -0,22) zeigt, daß eine schwache negative Assoziation vorliegt.

19

Vgl. Tabelle 55 im Anhang: Eine weitere Maßnahme zur Steuerung des Versicherungsgeschäfts ist die Staffelung der Abschlußprovisionen in Abhängigkeit von der erreichten Leistung in der Vergangenheit. Auch dies könnte als Fremdsteuerung von den Vertretern empfunden werden. Zunächst zeigt sich, daß die Staffelung der Provisionen von 72 % der Vertreter als negativ betrachtet wird (Unsicherheit bzw. Unzufriedenheit). Nur 23 % betrachten diese Staffelungen als positiv (Leistungsgerechtigkeit bzw. Zufriedenheit). Von Interesse ist hier auch, ob ein Zusammenhang zwischen der Beurteilung der Provionsstaffelung und dem Gefühl fremdbestimmt zu sein, besteht. Pearsons r (-0,02) zeigt, daß keine Assoziation zwischen diesen beiden Variablen besteht (vgl. Tabelle 56 im Anhang).

261

Β. Hypothesen

Die Korrelation ist auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant. Das heißt, daß eine sehr schwache Beziehung zwischen einer negativen Beurteilung der Stellschrauben und dem Gefühl fremdgesteuert zu sein, besteht. Stellschrauben könnten somit als ein schwaches Merkmal der Fremdbestimmung aufgefaßt werden. Insgesamt zeigen die Analysen, daß die Vertreter dem Bedürfiiis nach Selbstbestimmung und Autonomie große Bedeutung zuschreiben. Viele Vertreter fühlen sich jedoch fremdbestimmt. Das Gefühl der Fremdbestimmung korreliert mit einer negativen Einschätzung der Stellschrauben bei Lebensversicherungen, jedoch nicht mit einer negativen Beurteilung der Staffelung bei Abschlußprovisionen.

2. Das Kompetenzbedürfnis

der Vertreter

Wie in Kapitel 3.B.II.2. gezeigt, spielt neben dem Bedürfhis nach Autonomie das Kompetenzbedürfhis eine große Rolle für die intrinsische Motivation. Die Frage ist, welche Bedeutung das Kompetenzbedürfhis für die Versicherungsvertreter hat? Hypothese 13: „Es ist den Vertretern wichtig, das Gefühl zu haben, ein kompetenter Fachmann für Versicherungs- und Geldanlageprodukte zu sein. Außerdem legen die Vertreter großen Wert auf Weiterbildung."

sehr wichtig

eher wichtig

teils/teils

• Kompetenter Fachmann • Wichtigkeit Weiterbildung Abbildung 45: Wichtigkeit von Fachkompetenz und Weiterbildung (Fragen 27 und 35: „Wie wichtig ist für Sie das Gefühl, ein kompetenter Fachmann in Versicherungs- und Geldanlageprodukten zu sein?" / „Was glauben Sie, wie wichtig Weiterbildung und Lernen sind, um auch in Zukunft ein sicheres Einkommen zu haben?44)

262

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Das Gefühl, ein kompetenter Fachmann in Versicherungs- und Geldanlageprodukten zu sein, ist für 91 % der Vertreter „sehr wichtig" und für weitere 8 % „eher wichtig" (vgl. Tab. 57 im Anhang). Auf die Frage, wie wichtig Weiterbildung und Lernen sind, um als Versicherungsvertreter auch in Zukunft ein sicheres Einkommen zu haben, antworteten 74 % mit „sehr wichtig" und 24 % mit „eher wichtig" (auf einer fünfstufigen Skala). Das Empfinden der Vertreter, daß ihr Beruf hohe Anforderungen an sie stellt, macht den Beruf interessant und ist eine Herausforderung für das Kompetenzbedürfhis. 20 Interessant ist, daß die Vertreter als Weiterbildung eher eine Fachschulung als eine Persönlichkeitsentwicklung wünschen.

sehr wichtig

eher wichtig

• Fachwissen (N = 705)

eher unwichtig

völlig unwichtig

• Persönlichkeitsentwicklung (N = 699)

Abbildung 46: Gewünschte Formen der Weiterbildung Frage 36: „Welchen Formen der Weiterbildung messen Sie welche Bedeutung zu?"

Zusammenfassend stelle ich fest, daß der Beruf des Versicherungsvertreters auf Grund seiner vielfältigen Anforderungen das Kompetenzbedürfhis anspricht. Die überwiegende Mehrheit der Vertreter erkennt die Bedeutung der Weiterbildung für den Erfolg der Zukunft. Gleichzeitig wünschen sich ein großer Teil der Vertreter mehr Weiterbildungsveranstaltungen. Sowohl Fachwissen, als auch Persönlichkeitsentwicklung sind den Vertretern wichtig. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf dem Fachwissen.21

20

A u f die offene Frage, wie Ihre Fähigkeiten durch Ihr Unternehmen besser entwikkelt werden könnten, antworteten 36 % der Vertreter mit „Weiterbildung" (siehe Tabelle 58 im Anhang). 21 Siehe Tabelle 59 im Anhang.

Β. Hypothesen

3. Das Bedürfnis der Vertreter

263

nach „sozialer Zugehörigkeit"

Von großer Bedeutung ist auch das Bedürfnis nach „sozialer Zugehörigkeit" (vgl. Kap. 3.B.II.3.). Die Menschen streben danach, Bestandteil einer sozialen Gemeinschaft zu sein. Gilt dies auch für die nach HGB § 84 selbständigen Versicherungsvertreter oder wünschen die sich nicht viel eher, als „Einzelkämpfer" am Markt zu agieren? Hypothese 14: „Für viele Vertreter hat die Verbundenheit zum Unternehmen eine große Bedeutung. Außerdem wollen Sie sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren können."

50 45 40 35 30 25

20 15

10 5

0 sehr wichtig

eher wichtig

teils/teils

• Verbundenheit (N = 710)

eher unwichtig

völlig unwichtig

• Identifikation (N = 716)

Abbildung 47: Verbundenheit mit dem Unternehmen und Bedeutung der Ziel Identifikation (Fragen 7 und 25: „Wie wichtig ist für Sie, sich Ihrem Unternehmen verbunden zu fühlen?' / „Wie wichtig ist für Sie, sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren zu können?4)

Abbildung 47 zeigt, daß 77 % der Vertreter es als „sehr wichtig" oder „wichtig" empfinden, sich ihrem Unternehmen verbunden zu fühlen. Zusätzlich wurden die Vertreter befragt, wie wichtig es fur sie sei, sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren zu können.22 Auch bei dieser Frage bestätigte sich die große Bedeutung des Zugehörigkeitsbedürfhisses. 78 % der Vertreter empfinden es als „sehr wichtig" oder „wichtig", sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren zu können.23 Insgesamt ist das Interesse der Vertreter an ih22 23

Siehe Tabelle 60 im Anhang. Ebenda.

264

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

rem Beruf groß. 63 % der Vertreter betrachten ihren Beruf als „sehr interessant" und weitere 29 % als „eher interessant". 12 % der Vertreter haben „immer" und 69 % der Vertreter „meistens" Freude an ihrem Beruf. Flowgefühle - emotionaler Ausdruck intrinsischer Motivation - haben 29 % „häufig" und 47 % „manchmal". 24 Autonomie-, Kompetenz- und Zugehörigkeitsbedürfhis haben für die Ver(mit Bintreter große Bedeutung. Als selbständige Ausschließlichkeitsvertreter dung an ein Unternehmen) könnten sie diese in ihrem Beruf grundsätzlich befriedigen. Deshalb bezeichnen sie ihren Beruf als interessant und empfinden Flowgefühle, den emotionalen Ausdruck intrinsischer Motivation. Der Beruf des Versicherungsvertreters kann deshalb als intrinsisch motivierend bezeichnet werden. Allerdings scheinen bestimmte äußere Rahmenbedingungen, wie z. B. die Stellschrauben bei Lebensversicherungen ein Gefühl der Fremdbestimmung zu erzeugen. In Kapitel 5.B.V. wird zudem untersucht, ob die Anreizsysteme zu den Bedürfnissen passen.

4. Die Internalisierung

der Unternehmensziele

Bisher konnte gezeigt werden, daß das Bedürfhis nach „sozialer Zugehörigkeit" bei den Vertretern sehr ausgeprägt ist. Noch wichtiger ist den Befragten jedoch, sich mit den Zielen ihres Unternehmens identifizieren zu können. Wie in Kapitel 3.C.VII. dargestellt, ist die Internalisierung von Zielen, Werten und Normen sozialer Gemeinschaften ein üblicher Prozeß der Sozialisation. Die Akzeptanz äußerer Ansprüche ist auf das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit zurückzuführen. Die Internalisierung der äußeren Ansprüche auf das Bedürfnis nach Autonomie . Von besonderem Interesse ist deshalb, ob und zu welchem Grad die Vertreter die Ziele ihres Unternehmens (Geschäftsplan) in ihr Wertesystem aufnehmen (internalisieren). Die Identifikation mit den Zielen ist von der Internalisierungsstufe abhängig. Es werden eher extrinsische und eher intrinsische Stufen unterschieden. Auf den eher extrinsisch motivierten Stufen, werden Ziele angestrebt, weil: Stufe 1 : die Vertreter dafür bezahlt werden, Stufe 2: sie sonst durch Führungskräfte bestraft werden würden, Stufe 3: sie sonst ein schlechtes Gefühl empfinden würden. Auf den eher intrinsisch motivierten Stufen werden Ziele angestrebt, weil: Stufe 4: die Vertreter ein Gefühl der persönlichen Verantwortung und Identifikation mit den Zielen haben, 24

Siehe Tabelle 61 im Anhang.

Β. Hypothesen

265

Stufe 5: sie beim Handeln das Gefühl der Freiwilligkeit empfinden und Stufe 6: sie Freude an der Handlung haben. Stufe 0: Außerdem könnten die Vertreter die Ziele ablehnen (unmotiviertes Verhalten). Die Integrationsstufen sind dadurch gekennzeichnet, daß auf den höheren Stufen (vier bis sechs) • die Motivation für die Handlungen zunehmend beim Vertreter selbst zu sehen sind (persönliche Veranlassung und Selbstbestimmung), • die Handlungen zunehmend unabhängiger von äußeren Anreizen ausgeführt werden und • die Identifikation mit den Zielen höher ist. Folglich werden die Ziele nicht mehr allein wegen positiver oder negativer Folgen, sondern freiwillig und damit eher intrinsisch motiviert ausgeführt. Zunächst wird die quantitative Auswertung dargestellt: Tabelle 29

Internalisierung des Geschäftsplans „Jetzt würden wir von Ihnen gerne wissen , warum Sie die Ziele in Ihrem Geschäftsplan verfolgen? " (Frage 44)

Motivationsstufen

stimme voll zu

stimme eher zu

teils/ teils

stimme eher nicht zu

stimme nicht zu

Stufe VI

9%

12%

34%

11 %

35%

Ν = 686

Ν = 60

Ν = 79

Ν = 233

Ν = 73

Ν = 241

Stufe V

20%

18%

28%

10%

25%

Ν = 686

N = 134

Ν = 122

Ν = 191

Ν = 71

Ν = 168

Stufe IV

16%

20%

32%

9%

23%

Ν = 688

N = 107

N = 135

Ν = 223

Ν = 63

Ν = 160

Stufe III

16%

22%

29%

9%

25%

Ν = 690

N = 109

Ν = 149

Ν = 200

Ν = 62

Ν = 170

Stufe II

14%

8%

19%

12%

46%

Ν = 686

Ν = 94

Ν = 57

Ν = 132

Ν = 85

Ν = 318

Stufe I

26%

17%

23%

8%

26%

Ν = 687

N = 179

Ν = 116

Ν = 160

Ν = 54

Ν = 178

Stufe 0

12%

5%

36%

12%

36%

Ν = 689

Ν = 82

Ν = 33

Ν = 246

Ν = 81

Ν = 247

266

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Die Zielsysteme werden von den Vertretern selten („stimme voll zu" 9 %) voll internalisiert. Das bedeutet, daß die höheren intrinsisch motivierten Stufen nicht oder nur teilweise erreicht werden. Mehr als die Hälfte der Vertreter lehnen die Ziele des Geschäftsplans vollständig oder teilweise ab (Stufe 0, „stimme voll zu" bis „teils/teils"). 5. Zusammenhang zwischen Internalisierungsgrad,

Zielsetzung und Leistung

Es wird vermutet, daß mit höherer Identifikation, dem Gefühl der Freiwilligkeit und der Freude an der Zielhandlung die selbstgesetzten Ziele der Vertreter steigen würden, weil die Bereitschaft zur Anwendung der Selbstregulierungsfähigkeit zunimmt (vgl. Kap. 3.B.I.4.). Hypothese 15: „Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der intrinsischen Motivation und der Höhe der selbstgesetzten Ziele der Vertreter." Zur Messung der Motivation wurden die Antworten für die drei intrinsisch und die drei extrinsisch motivierten Integrationsstufen jeweils zusammengezählt und den Zielsetzungs- und Leistungsgruppen zugeordnet (vgl. Tabelle 23). Für die intrinsische und die extrinsische Motivation sind jeweils maximal 12 Punkte erreichbar. Die Skala reichte von null Punkte für „stimme nicht zu" bis zu vier Punkte für „stimme voll zu". Tabelle 30 Zusammenhang zwischen Zielsetzung, Leistung und intrinsischer Motivation Verhältnis Ziel/GP Ziel des GP > eigenes Ziel Höhe der extrins. Motivat. (N = 617)

Korrelation

eigenes Ziel über 15 % > GP-Ziel

Leistung Leistung Ziel des GP > Lei- bis 15 % über 15 % > GP-Ziel > GP-Ziel stung

5,3

5,6

5,3

5,5

5,4

5,2

Ν = 251

Ν = 209

N = 157

Ν = 319

N = 109

N = 199

extrinsische Motivation und Zielsetzung (max. 12 Punkte)

extrinsische Motivation und Leistung (max. 12 Punkte)

Pearsons r = 0,01

Pearsons r = -0,05

Korrelation Höhe der intrins. Motivat. (N = 618)

eigenes Ziel bis 15 % > GP-Ziel

Verhältnis Leistung/GP

4,5

5,7

6,8

5,1

5,1

6,3

Ν = 52

Ν = 210

N = 156

Ν = 320

N = 110

N = 198

intrinsische Motivation und Zielsetzung (max. 12 Punkte)

intrinsische Motivation und Leistung (max. 12 Punkte)

Pearsons r = 0,26

Pearsons r = 0,15

Β. Hypothesen

267

Deutlich wird, daß zwischen der extrinsischen Motivation und der Zielsetzung bzw. Leistung kein Zusammenhang besteht. Auffallig ist, daß die niedrigste extrinsische Motivation in der Gruppe der Leistungsstärksten zu finden ist (5,2). Dagegen ist sowohl zwischen intrinsischer Motivation und Zielsetzung, als auch zwischen intrinsischer Motivation und Leistung eine Assoziation zu erkennen. Die Zielsetzung und die Leistung steigen mit der Höhe der intrinsischen Motivation. Dabei ist der niedrigste Wert fur die intrinsische Motivation (4,5) bei den sehr niedrigen Zielsetzungen und der höchste Wert (6,8) bei den sehr hohen Zielsetzungen zu finden. Etwas geringer fallen die Unterschiede in Bezug auf die intrinsische Motivation bei den Leistungen aus. Die Korrelation nach Pearsons r zwischen den Zielsetzungen und der intrinsischen Motivation ist mit r = 0,26 höher als zwischen der Leistung und der intrinsischen Motivation mit r = 0,15 (beide Ergebnisse sind auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant). Auch hier gilt, daß die Stärke der Korrelation keine Schlüsse auf Kausalketten zuläßt. Vorstellbar ist jedoch, daß die Höhe der intrinsischen Motivation zunächst die Höhe der Zielsetzung und nur indirekt die Leistung beeinflußt. Identifikation mit den Zielen des Unternehmens setzt Freiwilligkeit voraus. Man kann einen Menschen zwingen, etwas zu tun, aber nie es zu wollen. Vermutet wurde, daß die freiwillige Zielverfolgung und die Identifikation mit den Zielen positiv assoziiert ist mit der Zufriedenheit in Bezug auf das Unternehmen. 25 Kapitel 3.D. zeigt, daß zufriedene Mitarbeiter den Zielen des Unternehmens stärker verbunden sind und deshalb bei herausfordernden Zielsetzungen bessere Leistungen erbringen.

6. Zusammenhang zwischen intrinsischer

Motivation und Zufriedenheit

Hypothese 16: „Die Zufriedenheit der Vertreter mit ihrem Unternehmen und die Identifikation der Vertreter mit den Unternehmenszielen (intrinsische Motivation) sind positiv assoziiert." Um den Zusammenhang zwischen intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation und der Zufriedenheit darstellen zu können wurden jeweils drei Gruppen gebildet. Die Werte sind Tabelle 29 entnommen. Die Berechnung erfolgte analog Tabelle 30. 25 Eine quantitative Auswertung zeigt, daß nur ein sehr geringer Teil der Vertreter mit dem Unternehmen völlig unzufrieden ist. Die meisten Vertreter sind „eher zufrieden" (43,1 %), bzw. „teils/teils zufrieden" (36,7 %), siehe Tabelle 63 im Anhang.

268

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns



Gruppe 1 : Geringe intrinsische Motivation fur die Werte 0-6.



Gruppe 2: Mittlere intrinsische Motivation für die Werte 7-9



Gruppe 3: Hohe intrinsische Motivation für die Werte 10-12.



Gruppe 4: Geringe extrinsische Motivation für die Werte 0-6



Gruppe 5: Mittlere extrinsische Motivation für die Werte 7-9



Gruppe 6: Hohe extrinsische Motivation für die Werte 10-12.

Anschließend wurde die durchschnittliche Zufriedenheit in den jeweiligen Gruppen ermittelt und die Korrelation zwischen intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation und der Zufriedenheit mit dem Unternehmen berechnet. Der Wert für die Zufriedenheit ergab sich aus den fünf möglichen Antworten. „Sehr zufrieden" ergab einen Punkt auf der Zufriedenheitsskala, „völlig unzufrieden" ergab 5 Punkte. Ein niedrigerer Punktwert bedeutet folglich höhere Zufriedenheit. Diese erbrachte folgende Verteilung:

Tabelle 31 Zufriedenheit und intrinsische Motivation Zufriedenheit

intrinsische Motivation

extrinsische Motivation

hoch

gering

mittel

hoch

0-Wert

2,7

2,4

2,2

2,6

2,5

2,5

Ν = 664

Ν = 414

m m II Ζ

N = 182

Ν = 48

Korrelation

r-

mittel

II ζ

gering

Ν = 83

intrinsische Motivation und Zufriedenheit

extrinsische Motivation und Zufriedenheit

Pearsons r = 0,24

Pearsons r = 0,09

Die Ergebnisse zeigen, daß in den Gruppen mit höherer Zufriedenheit die intrinsische Motivation ebenfalls höher ist. Die Korrelation nach Pearsons r beträgt 0,24 und ist auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant. Erneut konnte kein aussageföhiger Zusammenhang zwischen der Höhe der extrinsischen Motivation und der Zufriedenheit festgestellt werden. Da eine höhere Zufriedenheit mit einer stärkeren Internalisierung der Ziele korreliert, war von großem Interesse, die Gründe für Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit der Vertreter herauszufinden. Deshalb wurden Anzahl und Art der Ziele, die Zielinhalte und das Feedback auf die erbrachte Leistung untersucht.

Β. Hypothesen

269

7. Anzahl und Art der Ziele Die Zielsetzungstheorie macht leider keine eindeutigen Aussagen zur optimalen Anzahl der Ziele. Zu viele Ziele könnten jedoch dazu fuhren, daß der Handelnde nicht eindeutig beurteilen kann, welches Ziel für ihn selbst und für sein Unternehmen wichtiger ist. Diese Unsicherheit könnte eine geringere Internalisierung bewirken - die intrinsische Motivation und die Zielsetzung wären geringer. Die Art der Ziele beschreibt die Wirkung, die mit der Zielerreichung verbunden ist. So könnten vorgegebene Ziele den Wertvorstellungen oder wichtigen und langfristigen Aspekten der Vertreter widersprechen. Die damit verbundenen Zielkonflikte würden ein Gefühl der Fremdsteuerung bewirken und die Internalisierung der Unternehmensziele beeinträchtigen. In Kapitel 3.C.VII. wurde deutlich gemacht, welch große Bedeutung dem Autonomiebedürfnis für die Internalisierung von Zielen und Werten zukommt. Hypothese 17: „Die Unzufriedenheit der Vertreter mit Anzahl und Art der Ziele steht in Zusammenhang mit der Unzufriedenheit mit dem Unternehmen und der Internalisierung der Unternehmensziele." Die Vertreter sollten fünf Fragen zu den Zielen auf einer fünfstufigen Skala zwischen den Polen „stimme voll zu" und „stimme nicht zu" beantworten. Für „stimme voll zu" wurde ein Punkt, für „stimme nicht zu" wurden fünf Punkte vergeben. Die Fragen 2 und 5 sind positiv formuliert. Vermutet wird, daß ein niedriger Punktwert eine höhere Zufriedenheit und eine höhere intrinsische Motivation bewirkt. Die Fragen 3, 4 und 6 sind negativ formuliert. Ein niedriger Punktwert bei diesen Fragen müßte eine niedrigere Zufriedenheit und intrinsische Motivation bewirken. Zunächst sind die Häufigkeiten und die prozentualen Ergebnisse dargestellt:

270

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns Tabelle 32 Anzahl und Art der Ziele in Prozent (Frage 15: „Wie beurteilen Sie folgende Aussagen?") „ Wenn ich mehr als ein Ziel zu erreichen habe, weiß ich, welches für die Gesellschaft und für mich wichtiger ist. " stimme voll zu

stimme eher zu

teils/teils

stimme eher nicht zu

stimme nicht zu

Prozent

38,8

25,3

25,8

3,9

6,2

Ν = 691

Ν = 268

N = 175

N = 178

Ν = 27

Ν = 43

„ Ich habe zu viele Ziele, die ich erreichen soll " Prozent

37,9

18,1

29,1

5,5

9,3

Ν = 697

Ν = 264

N = 126

Ν = 203

Ν = 38

Ν = 65

„ Die Ziele widersprechen meinen persönlichen Wertvorstellungen. Prozent

18,8

10,8

43,1

12,1

15,2

Ν = 696

Ν = 131

Ν = 75

Ν = 300

Ν = 84

Ν = 106

"

„ Die Ziele, die mir vorgegeben wurden, bewirken, daß ich alle wichtigen Aspekte meiner Arbeit berücksichtige. " Prozent

5,6

12,8

40,8

14,7

26,1

Ν = 694

Ν = 39

Ν = 89

Ν = 283

N = 102

N = 181

„ Die Ziele, die ich habe, dienen meist nur kurzfristigen Erfolgen und vernachlässigen wichtige andere Aspekte meiner Arbeit. " Prozent

23,2

14,7

31,8

11,4

18,9

Ν = 694

N = 162

N = 103

Ν = 222

Ν = 80

N = 132

Besonders auffallig ist, daß 56 % der Vertreter der Meinung sind, sie hätten zu viele Ziele („stimme voll zu", „stimme eher zu"). Trotzdem werden bei den Zielen nicht alle wichtigen Aspekte der Arbeit berücksichtigt (40,8 %, „stimme eher nicht zu", „stimme nicht zu"). Die im folgenden analysierten Punktauszählungen zeigen Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit bzw. Art der Ziele, intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation und der Zufriedenheit mit dem Unternehmen. Dazu wurden die durchschnittlichen Punktwerte für die jeweiligen Gruppen ermittelt. Außerdem sind die Korrelationen zwischen den einzelnen Statements (Anzahl und Art der Ziele) und der intrinsischen Motivation sowie der Zufriedenheit mit dem Unternehmen berechnet worden.

Β. Hypothesen

271

Tabelle 33 Zusammenhang zwischen Häufigkeit, Art der Ziele, intrinsischer Motivation und Zufriedenheit „ Wenn ich mehr als ein Ziel zu erreichen habe, weiß ich, welches für die Gesellschaft und für mich wichtiger ist. " intrinsische Motivation extrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

hoch sehr eher (>10) zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement 0-Wert

2,3

1,9

1,8

2,1

2,1

2,4

2

2

2,3

2,1

2,5

Ν = 655

406

167

82

424

183

48

54

298

252

69

13

Korrelation

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

intrinsische Motivation {Pearsons) r = -0,19

{Pearsons) r = 0,08

„Ich habe zu viele Ziele, die ich erreichen soll. " intrinsische Motivation extrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

Zufriedenheit mit dem Unternehmen eher sehr zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

negative Formulierung: hoher 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement 0-Wert

2,0

2,7

2,7

2,4

2,2

1,9

2,6

2,5

2,2

1,8

1,8

Ν = 660

412

166

82

430

182

48

54

299

252

73

14

Korrelation

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

intrinsische Motivation

{Pearsons) r = -0,17

{Pearsons) r = 0,22

„ Die Ziele widersprechen meinen persönlichen Wertvorstellungen. intrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

extrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

"

Zufriedenheit mit dem Unternehmen eher sehr zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

negative Formulierung: hoher 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement 0-Wert

2,6

3,3

3,7

2,9

3,0

2,6

3,4

3,2

2,8

2,3

1,5

Ν = 660

411

167

82

430

183

47

52

298

254

73

14

Korrelation

intrinsische Motivation

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

(Pearsons) r = 0,31

(Pearsons) r = -0,30

272

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns Tabelle 33 (Fortsetzung) „ Die Ziele, die mir vorgegeben wurden, bewirken, daß ich alle wichtigen Aspekte meiner Arbeit berücksichtige. " intrinsische Motivation extrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

Zufriedenheit mit dem Unternehmen sehr eher zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement 0-Wert

3,6

3,3

2,9

3,5

3,3

3,3

2,9

3,3

3,5

3,9

3,9

Ν = 659

410

166

83

429

182

48

54

297

252

72

14

Korrelation

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

intrinsische Motivation

{Pearsons) r = 0,22

{Pearsons) r = -0,21

„ Die Ziele, die ich habe, dienen meist nur kurzfristigen Erfolgen und vernachlässigen wichtige andere Aspekte meiner Arbeit. " intrinsische Motivation extrinsische Motivation 0-Wert

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

Zufriedenheit mit der Unternehmen sehr eher zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

negative Formulierung: hoher 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement

Ν = 661

2,6

3,2

3,5

2,9

2,9

2,5

3,8

3

2,8

2,1

2,3

410

168

83

431

183

47

54

300

253

73

14

Korrelation

intrinsische Motivation

Zufriedenheit mit dem Unternehmen

{Pearsons) r = 0,24

{Pearsons) r = -0,26

umgerechnete Durchschnittswerte der ftlnf Ergebnisse intrinsische Motivation extrinsische Motivation gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

Zufriedenheit mit dem Unternehmen eher sehr zufrie- zufrieden den

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

positive Formulierung: niedriger 0-Wert = hohe Zufriedenheit mit diesem Statement 0-Wert

2,7

2,2

2,0

2,5

2,5

2,7

2,0

2,3

2,6

3,0

Für die positiven Formulierungen gilt: Je geringer der Wert, desto höher die Zufriedenheit. Für die negativen Formulierungen gilt: Je höher der Wert, desto höher die Zufriedenheit. 1 = stimme zu, 2 = stimme eher zu, 3 = teils/teils, 4 = stimme eher nicht zu, 5 = stimme nicht zu.

3,1

Β. Hypothesen

273

Die Ergebnisse zeigen, daß Anzahl und Art der Ziele in Zusammenhang mit der intrinsischen Motivation und der Zufriedenheit der Vertreter stehen. Unzufriedenheiten in Bezug auf Häufigkeit und Art der Ziele könnte die Zufriedenheit mit dem Unternehmen negativ beeinflussen. Die (Un-)Zufriedenheit mit dem Unternehmen könnte wiederum Auswirkungen auf die intrinsische Motivation der Vertreter haben. Die deutlichsten, wenn auch schwachen Korrelationen, zeigen sich für die Aussagen: • Die Ziele widersprechen meinen persönlichen Wertvorstellungen {Pearsons r = -0,30). • Die Ziele, die ich habe, dienen meist nur kurzfristigen Erfolgen und vernachlässigen wichtige andere Aspekte meiner Arbeit {Pearsons r = -0,26). Vorstellbar und kausal nachvollziehbar wäre, daß Ziele, die den persönlichen Wertvorstellungen widersprechen oder wichtige Aspekte der Arbeit nicht berücksichtigen, einen negativen Einfluß auf die Zufriedenheit und die intrinsische Motivation haben, weil damit Handlungen von den Vertretern erwartet werden, die sie nicht frei gewählt haben und deshalb ihrem Autonomiebedürfnis widersprechen (vgl. Kap. 3.B.II.1.). Das bedeutet, daß Zielkonflikte zwischen den Unternehmenszielen und den persönlichen Wertvorstellungen der Vertreter den Internalisierungsprozeß behindern können.

8. Die Inhalte der Ziele Im nächsten Schritt wurden die Inhalte der Ziele untersucht. Diese konkretisieren das gewünschte Handeln im Unternehmen und zeigen, welche Werte einem Unternehmen wichtig erscheinen. Von Interesse war, welche Bedeutung „Wertschätzung der Mitarbeiter", „Weiterbildungsmaßnahmen", „Höhe des Einkommens", „Kunden- bzw. Umsatzorientierung", „Freiräume" und „Kreativität" für die Vertreter haben. Dazu wurden ihnen Fragen zu Inhalten gestellt, die in einem für sie idealen Unternehmen angestrebt werden sollten. 26 Anschließend wurden sie gefragt, zu welchem Grad diese in ihrem Unternehmen verwirklicht seien. Damit wird zum einen deutlich, welche Inhalte mit welcher Ausprägung den Vertretern besonders wichtig sind. Zum anderen läßt die Abweichung zwischen dem erwünschten und dem idealen Unternehmen auf die Höhe der Zufriedenheit bzw. der Unzufriedenheit mit den Inhalten schließen. Die Vertreter sollten auf einem Kontinuum zwischen „völlig unwichtig", „eher unwichtig", „teils/teils", „eher wichtig" und „sehr wichtig" werten. Die Antwort „völlig unwichtig" er-

26

Vgl. Fragebogen im Anhang, Frage 24.

18 Uhi

274

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

gibt einen Punkt, „sehr wichtig" ergibt fünf Punkte. Die Abweichungen sind in Abbildung 48 dargestellt: 27 Freiräume für EntscheiDungen haben Mitarbeiterwertschätzung Weiterbildung Mehr Geld verdienen können als in anderen Unternehmen Phantasie und Kreativität umsetzen können Priorität des Umsatzes Kunde soll möglichst immer zufriedengestellt werden 0

0,5

1

1,5

2

2,5

[ • Ideales Unternehmen

3

3,5

4

4,5

5

• Tatsächlich ]

Abbildung 48: Ziele und Ausprägungen in einem idealen Unternehmen und in der Realität (Fragen 24 und 26: „Wie wichtig sind diese Zielinhalte für Sie?" / „Für welche Ziele steht der Name Ihres Unternehmens am ehesten?")

Die größte Bedeutung für die Vertreter haben die Inhalte „Freiräume für Entscheidungen" (4,7), „Wertschätzung der Mitarbeiter" (4,6) und die „Kundenorientierung" (4,7). Die größten Abweichungen vom gewünschten Zustand ergeben sich bei den „wahrgenommenen Freiräumen" (1,8), der „Wertschätzung" (1,8) und der „Umsatzorientierung" (-1,4 ). Der negative Wert bedeutet, daß aus Vertretersicht das Umsatzdenken in ihrem Unternehmen zu stark ausgeprägt ist. Damit bestätigen die Vertreter erneut die große Bedeutung der intrinsisch motivierenden Bedürfnisse: • Freiräume für Entscheidungen entsprechen dem Autonomiebedürfnis, • Kundenorientierung und die zu hohe Umsatzorientierung entsprechen dem Kompetenzbedürfhis und • Wertschätzung der Mitarbeiter entspricht dem Bedürfhis nach „sozialer Zugehörigkeit".

27

Vgl. Tabelle 64 im Anhang.

275

Β. Hypothesen

I m nächsten Schritt wurden die Abweichungen der einzelnen Statements in Beziehung zur intrinsischen Motivation und der Zufriedenheit gesetzt. Dabei w i r d von folgender Annahme ausgegangen: Hypothese 18: „ D i e intrinsische Motivation und die Zufriedenheit korrelieren positiv mit einer geringeren Abweichung zwischen gewünschtem und tatsächlichem Unternehmen."

Tabelle 34 Zusammenhang zwischen intrinsischer Motivation, Zufriedenheit und Abweichung vom idealen Unternehmen Ich möchte in einem Unternehmen arbeiten, ... ... in dem der Kunde möglichst immer zufrieden gestellt wird. intrinsische Motivation

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

0-Abweichung

0,9

0,5

0,5

0,4

0,6

0,9

1,0

0,4

Anzahl Ν =

421

171

84

53

303

257

73

14

Korrelation

{Pearsons) r = 0,20

0Pearsons ) r = -0,20

... in dem der Umsatz Priorität intrinsische Motivation

hat.

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

0-Abweichung

1,7

1,3

0,9

-1,2

-1,3

-1,6

-2,1

-2,6

Anzahl Ν =

420

171

84

53

303

258

73

14

Korrelation

{Pearsons) r = 0,26

{Pearsons) r = -0,23

... in dem man seine Phantasie und Kreativität intrinsische Motivation

umsetzen kann.

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

0-Abweichung

1,6

1,0

0,9

0,7

1,0

1,6

2,3

2,8

Anzahl Ν =

418

171

84

53

301

257

72

14

Korrelation

{Pearsons) τ =

{Pearsons) r = 0,36

276

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns Tabelle 34 (Fortsetzung) ... in dem man mehr Geld verdienen kann, als in anderen Unternehmen. intrinsische Motivation

0 - A b weichung Anzahl Ν = Korrelation

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

1,3

1,2

1,3

0,5

1,0

1,3

1,4

421 169 85 53 {Pearsons) r = -0,10 ... in dem meine Qualifikationen

völlig unzufrieden 2,0

302 14 257 73 {Pearsons) r = 0,20 durch Weiterbildung entwickelt wird.

intrinsische Motivation

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

0-Abweichung

0,9

0,6

0,6

0,1

0,6

0,9

1,4

1,8

Anzahl Ν =

421 171 302 85 53 257 73 {Pearsons) r = -0,11 {Pearsons) r = 0,28 ... in dem die Mitarbeiter wertgeschätzt werden.

Korrelation

intrinsische Motivation

14

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

0-Abweichung

2,0

1,5

1,4

1,0

1,4

2,0

Anzahl Ν =

14 420 171 85 53 302 257 73 {Pearsons) r = -0,20 {Pearsons) r = 0,36 ... in dem den Mitarbeitern Freiräume für Entscheidungen gelassen werden.

Korrelation

intrinsische Motivation

eher unzufrieden 2,7

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

0-Abweichung

2,1

1,6

1,4

0,9

1,5

2,1

Anzahl Ν =

420 171 85 {Pearsons) r = -0,23

53

302 257 73 {Pearsons) r = 0,36

Korrelation

intrinsische Motivation

0-Gesamtabweichung

völlig unzufrieden 3,3

eher unzufrieden 2,8

völlig unzufrieden 2,9

14

Unzufriedenheit

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/ teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

10,5

7,7

7,0

4,8

7,4

10,4

13,7

15,8

Β. Hypothesen

277

Die Ergebnisse zeigen, daß die intrinsische Motivation und die Zufriedenheit höher sind, wenn die Ziele in der gewünschten Ausprägung angesteuert werden. Bei größeren Abweichungen sind die intrinsische Motivation und Zufriedenheit der Vertreter geringer. Besonders deutlich wird dies bei den „gewünschten Freiräumen", bei der „Möglichkeit zur Kreativität" und bei der „Wertschätzung". Hier sind die Abweichungen zwischen hoch und niedrig intrinsisch Motivierten und „sehr Zufriedenen" und „völlig Unzufriedenen" am größten. Auch die Korrelationsuntersuchung zeigt hier die deutlichsten Zusammenhänge. Die Gesamtabweichung sinkt sowohl bei höherer intrinsischer Motivation als auch bei höherer Zufriedenheit. Die Korrelation zwischen der Gesamtabweichung und der Unzufriedenheit beträgt nach Pearsons r = 0,43 und ist auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant (N = 681). Die Korrelation der Gesamtabweichung und der intrinsischen Motivation beträgt r = -0,34 (nach Pearson) und ist ebenfalls signifikant (0,01 (zweiseitig)). Die Ergebnisse lassen die Vermutung zu, daß • größere Handlungsfreiheiten der Vertreter, • mehr Möglichkeiten kreativ zu handeln und • höhere Wertschätzung der Vertreter die Zufriedenheit, die intrinsische Motivation und die Leistung der Vertreter steigern können, weil sie dem Autonomiebedürfnis und dem Bedürfnis nach sozialer Intergration entsprechen. Auffällig ist, daß der sehr extrinsische Anreiz „mehr Geld verdienen zu können, als in anderen Unternehmen" keinen Zusammenhang mit der intrinsischen Motivation zu haben scheint. Die Korrelation ist sehr schwach. Dafür scheint er für die Zufriedenheit mit dem Unternehmen eine Rolle zu spielen. Das könnte bedeuten, daß monetäre Anreizen nicht die Internalisierung der Unternehmensziele fördern, aber Unzufriedenheit mit dem Unternehmen verhindern können (vgl. Herzbergs Hygienefaktoren in Kap. 3.B.). Insgesamt sind die Korrelationen zwischen den Abweichungen und der Zufriedenheit größer, als zwischen den Abweichungen und der intrinsischen Motivation. Zu vermuten ist, daß eine höhere Zufriedenheit mit dem Unternehmen erreicht werden kann, wenn die Abweichungen bei den Zielen verringert werden. Eine höhere Zufriedenheit könnte eine bessere Internalisierung der Ziele bewirken. Allerdings kann eine entgültige Aussage hierzu nur dann getroffen werden, wenn gezeigt werden könnte, daß eine höhere Zufriedenheit mit dem Unternehmen nicht per se zu einer geringeren Wahrnehmung von Abweichungen zwischen gewünschten und tatsächlichen Unternehmen fuhrt. Dennoch kann hier folgendes, kausal nachvollziehbares Fazit zu Art und Inhalten der Ziele gezogen werden:

278

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

• Das Zielsystem sollte sich bezüglich der Art und der Inhalte an den Kundenbedürfhissen orientieren, weil diese dem Kompetenzbedürfnis der Vertreter entsprechen (Kap. 3.Β.Π.2.). • Den Vertretern sind Wahlmöglichkeiten bei Zielen und begleitenden Aktionen anzubieten, weil dies das Autonomiebedürfnis der Vertreter anspricht (Kap. 3.B.II.1.). • Der Wertschätzung und Zufriedenheit der Mitarbeiter sollte mehr Bedeutung zugemessen werden, um dem Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit mehr Rechnung zu tragen (Kap. 3.B.II.3.). Die verwendete Forschungsliteratur zeigt übereinstimmend, welche große Bedeutung dem Feedback auf erbrachte Leistungen zukommt. Nur bei Kenntnis des Erreichten, kann die Selbststeuerung von Handlungen effektiv sein. Deshalb wurde die Bedeutung des Feedbacks fur die intrinsische Motivation und für die Zufriedenheit untersucht.

9. Hypothesen zur Bedeutung des Feedbacks für Zufriedenheit und intrinsische Motivation Zunächst wurden die Vertreter nach der Bedeutung des Feedbacks befragt. Tabelle 35 Wichtigkeit der Rückmeldung bezüglich der Leistung „ Zielvereinbarungen sind mit Rückmeldungen über die Zielvereinbarung verbunden. Wie wichtig ist die Rückmeldung bezüglich Ihrer Leistung? " (Frage 16) eher unwichtig

teils/teils

eher wichtig

sehr wichtig

Prozent

20,0 %

9,5 %

26,2 %

19,9%

24,4 %

Ν = 705

Ν = 141

II £

Ν = 185

Ν = 140

N = 172

r—

völlig unwichtig

Die Meinungsverteilung fällt eher heterogen aus. Dennoch halten fast die Hälfte der befragten Vertreter eine Rückmeldung bezüglich ihrer Leistung für „sehr wichtig" oder „eher wichtig". Ein weiteres Viertel ist geteilter Meinung und für weitere 30 % spielt die Rückmeldung eine eher untergeordnete Rolle. Denkbar wäre, daß die Beurteilung von der Quelle der Rückmeldung abhängig ist. Deshalb wurde nach der Bedeutung unterschiedlicher Feedbacklieferanten gefragt. Die Fragen konnten erneut auf der fünfstufigen Skala beantwortet werden.

Β. Hypothesen

279

3.92

Persönliche Rückmeldung durch Kunden

3.81

ISgliche Leistungsstatistik

Persönliche Rückmeldung

2.35

durch Führungskräfte

2.25

Ranglisten

2.24

Persönliche Rückmeldung durch Kollegen

2 völlig inwichtig

3

4 Ν = 683

5 sehr wichtig

Abbildung 49: Bedeutung unterschiedlicher Informationsquellen für Rückmeldungen (Frage 17: Hier sind mögliche Informationsquellen für Rückmeldungen aufgelistet. Welche Bedeutung haben die einzelnen Quellen für Sie?)

Die größte Bedeutung bei der Rückmeldung ihrer Leistungen haben ftir die Vertreter das Feedback durch die Kunden (fur 53 % „sehr wichtig") und die tägliche Leistungsstatistik (fur 45 % „sehr wichtig"). Die geringste Bedeutung haben die Ranglisten (für 42 % „völlig unwichtig") und das Feedback durch Kollegen (für 40 % „völlig unwichtig"). 28 Überraschenderweise ist das Feedback durch die Führungskräfte ebenfalls von nachgeordneter Bedeutung. Dies könnte im Gegegensatz zu den Ergebnissen von White u. a. (Kap. 2.C.III.1.) stehen, die gezeigt haben, daß bei Rückmeldungen durch einen Versuchsleiter, die Zielbindung höher ist. Deshalb wäre zunächst zu vermuten, daß dem Feedback durch die Führungskräfte mehr Bedeutung zukommen müßte. Theoriekonträr ist auch die geringere Bedeutung des Leistungsvergleichs mit anderen (Kap. 2.A.III.2.). Häufig ist die Abschätzung der eigenen Leistung nur im Vergleich mit anderen möglich. Gleichzeitig zeigt sich auch bei der Rückmeldung eine starke Kundenorientierung der Vertreter. Diese Problematik wird im letzten Kapitel der Arbeit nochmals aufgegriffen. Als nächstes ist von Interesse, ob die Regelmäßigkeit der Rückmeldungen einen Einfluß auf die intrinsische bzw. extrinsische Motivation hat. Zunächst die quantitative Analyse: 29

28 29

Vgl. Tabelle 65 im Anhang. Vgl. Tabelle 66 im Anhang.

280

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

nein, keine

ja, regelmäßige

regelmäßige

Rückmeldung

Rückmeldung

77%

23% Ν = 702

Abbildung 50: Regelmäßigkeit der Rückmeldung an die Vertreter (Frage 18 : „Erhalten Sie regelmäßig Rückmeldung, wie Ihre Leistungen im Vergleich zu den Zielen sind?")

Tabelle 36 Zusammenhang zwischen Regelmäßigkeit der Rückmeldungen und intrinsischer Motivation „ Erhalten Sie regelmäßig Rückmeldung (durch Führungskräfte), wie Ihre Leistungen im Vergleich zu den Zielen sind? " intrinsische Motivation

extrinsische Motivation

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

77,3 %

78,8 %

79,3 %

78,5 %

77,2 %

72,9 %

Anzahl

Ν = 316

N = 134

Ν = 65

Ν = 340

N = 139

Ν = 35

Nein

22, 7%

21,2%

20,7 %

21,5%

22,8 %

27,1 %

Anzahl

Ν = 93

Ν = 36

N = 17

Ν = 93

Ν = 41

N = 13

Gesamt: Ν = 622

Ν = 390

N = 155

Ν = 77

Ν = 404

Ν = 171

Ν = 46

Ja

Tabelle 36 zeigt, daß die intrinsische Motivation mit der Regelmäßigkeit des Feedbacks leicht ansteigt. Wohingegen die extrinsische Motivation abfällt. Die Form des Feedbacks beeinflußt, wie in Kapitel 3.C.IV.3. gezeigt, die intrinsische Motivation. Kontrollierendes Feedback würde die intrinsische Motivation verringern, informatives Feedback die intrinsische Motivation steigern. Vermutet wird deshalb, daß die intrinsische Motivation umso höher ist, je mehr Wert die Führungskräfte beim Feedback auf Problemlösungen legen. Zunächst die quantitativen Ergebnisse:

281

Β. Hypothesen

Hypothese 19: „Je mehr Wert beim Feedback auf die Problemlösung gelegt wird, desto höher ist die Internalisierung der Unternehmensziele."

mehr Wert auf Kritik

mehr Wert auf Problemlösungen

42%

58%

Ν = 654

Abbildung 51: Form der Leistungsrückmeldung (Frage 19: „Wird in den Feedbackgeprächen mehr Wert auf Kritik oder auf Problemlösungen gelegt?") Die Grafik zeigt, daß 42 % der Vertreter überwiegend kritik- bzw. kontrollorientiertes Feedback erhalten. A l s nächstes wird der Zusammenhang zur Internalisierung der Unternehmensziele dargestellt.

Tabelle 37 Zusammenhang zwischen der Art der Rückmeldungen und intrinsischer bzw. extrinsischer Motivation „ Wird in Ihren Feedbackgesprächen mehr Wert auf Kritik oder Problemlösungen gelegt? " extrinsische Motivation

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

gering (0-6)

mittel (7-9)

hoch (>10)

53,1 %

65,9 %

68,8 %

64,6 %

50,3 %

30,5 %

Anzahl

Ν = 207

N = 102

Ζ II L/i OJ

intrinsische Motivation

Ν = 261

Ν = 86

N = 14

auf Kritik

46,9 %

34,2 %

31,2%

35,4 %

49,7 %

69,6 %

Anzahl

N = 183

Ν = 53

Ν = 24

N = 143

Ν = 85

CM m II Ζ

1,47

1,34

1,31

1,35

1,50

auf Problemlösungen

0 - W e r t in Punkten

1,70

282

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Der berechnete Durchschnittswert wird wie folgt interpretiert: • Es wurde ein Punkt vergeben für die Antwort „auf Problemlösungen". • Es wurden zwei Punkte vergeben für die Antwort „auf Kritik". Je niedriger der Durchschnittswert, desto mehr Bedeutung wird in dieser Gruppe auf Problemlösungen gelegt. Die Ergebnisse bestätigen die Vermutung: In den Gruppen mit höherer intrinsischer Motivation wird häufiger auf Problemlösungen Wert gelegt. Auffallend ist, daß für die extrinsische Motivation genau das Gegenteil zutrifft. In den Gruppen mit höherer extrinsischer Motivation wird häufiger Kritik geübt. Das könnte bedeuten, daß kritikorientierte Gespräche eine Motivation aufgrund der Faktoren Geld, Angst oder negativer Gefühle verstärken. Im nächsten Untersuchungsschritt wurde der Zusammenhang zwischen informativem und kontrollierendem Feedback und der eigenen Zielsetzung bzw. der Leistung untersucht.

Tabelle 38 Zielsetzungsgruppen und informatives bzw. kontrollorientiertes Feedback Verhältnis Leistung/GP

Verhältnis Ziel/GP Ziel des GP > eigenes Ziel

eigenes Ziel bis 15 % > GP-Ziel

eigenes Ziel mehr als 15 % > GP-Ziel

Ziel des GP > Leistung

Leistung bis 15 % > GP

Leistung über 15 % > GP

auf Problemlösungen

52,5 %

60%

63,9 %

51,8%

60,2 %

65,3 %

Anzahl

Ν = 128

N = 117

Ν = 99

N = 157

Ν = 65

N = 124

auf Kritik

47,5 %

40%

36,1 %

48,2 %

39,8 %

34,7 %

Anzahl

Ν = 244

Ν =195

Ν = 155

Ν = 303

Ν = 108

Ν =190

1,48

1,40

1,36

1,48

1,40

1,35

0-Wert in Punkten

Auch hier zeigt sich, daß • die Gruppen, die sich höhere Ziele setzen, häufiger problemlösungsorientiertes und informatives Feedback erhalten, während • in den leistungsstärkeren Gruppen auch die Problemlösung häufiger im Mittelpunkt der Rückmeldung steht.

Β. Hypothesen

283

Die Qualität der Rückmeldung ist ausschlaggebend für die Leistungsmotivation. Das bedeutet, daß es wichtig ist, nicht nur Problemlösung oder Kritik zu betrachten, sondern darüber hinaus Kriterien zu finden, von denen die Effektivität der Rückmeldung bestimmt wird. Die Vertreter sollten sieben Kriterien auf einer dreistufigen Skala Gja", „manchmal", „nein") zur Qualität der Rückmeldung beantworten. In Tabelle 39 wird die quantitative Auswertung für die einzelnen Kriterien dargestellt. 30

30

Vgl. Locke , Ε. Α., Latham, G. Ρ. (1990): A theory of goal-setting and task performance, S. 355 ff. : Die Feedback-Kriterien wurden den Vorschlägen von Locke und Latham entnommen und auf die Rahmenbedingungen des Versicherungsunternehmens angepaßt.

284

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns Tabelle 39 Qualität der Rückmeldung „ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften wird der Grund für das Gespräch genannt. "

ja

manchmal

nein

Prozent

50,2 %

38,9 %

10,9%

Ν = 663

Ν = 333

Ν = 258

Ν = 72

„ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften wird mir gesagt, warum gerade ich Aufmerksamkeit erregt habe. " Prozent

38,7 %

37,5 %

23,8 %

Ν = 656

Ν = 254

Ν = 246

Ν = 156

„ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften wird gefragt, ob er/sie mir in irgend einer Weise helfen können. " Prozent

28,1 %

38,9 %

32,9 %

Ν = 665

N = 187

Ν = 259

Ν = 219

„ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften werden bei auftretenden Leistungsproblemen nie mehr als zwei Punkte besprochen. " Prozent

18,6%

29,7 %

51,6%

Ν = 622

N = 116

Ν = 185

Ν = 321

„ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften hören sie mir aufmerksam und offen zu, welche Probleme meine Leistung beeinflussen. " Prozent

40,7 %

39,1 %

20,2 %

Ν = 653

Ν = 266

Ν = 255

Ν = 132

„ Während der Leistungsgespräche mit meinen Führungskräften kommen wir zu Vereinbarungen, die von beiden Seiten getragen werden. " Prozent

22,6 %

45,5 %

31,9%

Ν = 642

145

292

205

„ Während der Leistungsgespräche vergewissert sich die Führungskraft, daß mit der Vereinbarung ein klares Ziel und Maßnahmen festgelegt wurden. " Prozent

27,8 %

42,0 %

30,3 %

Ν = 641

178

269

194

285

Β. Hypothesen

Es zeigt sich, daß beim Feedback diese qualitativen Kriterien selten eingehalten werden. Besonders bemerkenswert ist: • In über 50 % der Feedbackgespräche werden mehr als zwei Probleme besprochen. Es stellt sich die Frage, ob die Effizienz der Feedbackgespräche nicht beeinträchtigt wird, wenn zu viele Probleme auf einmal besprochen werden. • Führungskräfte und Vertreter kommen in mehr als 30 % der Gespräche nicht zu Vereinbarungen, die von beiden Seiten getragen werden. • In über 30 % der Gespräche macht die Führungskraft nicht deutlich, was als Ziel festgelegt wurde und wie es erreicht werden soll. Im weiteren Verlauf sollte untersucht werden, welche Auswirkungen die Qualität des Feedbacks auf die intrinsische Motivation und die Zufriedenheit hat. Dazu wurden alle Antworten zusammengezählt. Für jedes ,ja" wurden zwei Punkte vergeben und für jedes „manchmal" ein Punkt. Für ein „nein" gab es keinen Punkt. Insgesamt konnten folglich maximal 14 Punkte erreicht werden (optimales Feedbackgespräch). Hypothese 20: „Je höher die Qualität der Feedbackgespräche, desto höher sind intrinsische Motivation und Zufriedenheit mit dem Unternehmen." Tabelle 40 Durchschnittswerte für die Feedbackqualität in Abhängigkeit der Motivation intrinsische Motivation

0-Wert der FeedbackQualität

extrinsische Motivation

gering

mittel

hoch

gering

mittel

hoch

6,8 Ν = 351

8,0 N = 149

7,5 Ν = 73

7,3 Ν = 362

7,2 Ν = 169

6,4 Ν = 44

Die Punktzahl ist in der Gruppe mit niedriger intrinsischer Motivation am geringsten, aber bei Vertretern mit mittlerer intrinsischer Motivation am höchsten. Andererseits fällt die Punktzahl bei der Feedbackqualität umgekehrt proportional zur Höhe der extrinsischen Motivation. Das könnte bedeuten, daß die Handlungen dann überwiegend aufgrund äußerer Anreize wie Geld oder Druck ausgeübt werden, wenn die Feedbackgespräche nicht entsprechend den qualitativen Kriterien geführt werden. Eine Korrelationsuntersuchung zwischen der Qualität der Rückmeldung und der Höhe der intrinsischen Motivation ergab einen schwachen Zusammenhang von r = 0,12 (Korrelationswert nach Pearson ), ist aber auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant.

286

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Als nächstes wurde der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit dem Unternehmen und der Durchschnittspunktzahl bei den Feedbackgesprächen untersucht. Tabelle 41 Zusammenhang zwischen Zufriedenheit mit dem Unternehmen und Feedback „ Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Unternehmen? "

0-Wert der FeedbackQualität

sehr zufrieden

eher zufrieden

teils/teils

eher unzufrieden

völlig unzufrieden

7,6 Ν = 43

7,8 Ν = 267

6,8 Ν = 211

5,7 Ν = 57

6,0 N = 10

Für jede ,ja"-Antwort wurden zwei Punkte, für jedes „manchmal" ein Punkt und für ein „nein" kein Punkt vergeben.

Es wird deutlich, daß die Zufriedenheit tendenziell höher ist, wenn die Qualität der Feedbackgespräche besser ist, wenn die Punktwerte also höher sind. Die Korrelationsuntersuchung nach Pearson erbrachte einen relativ schwachen Zusammenhang von r = 0,21 (das Ergebnis ist auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant). Die Korrelation kann auch in diesem Fall die Kausalrichtung nicht bestimmen. Es wäre denkbar, daß bei zufriedeneren Mitarbeitern auch die Feedbackgespräche qualitativ besser ablaufen. Da es sich bei einem qualitativ gutem Feedbackgespräch um einen Dialog handeln sollte, beeinflussen sich die Gesprächspartner wechselseitig. Dennoch gilt es, Fehler der Führungskräfte zu vermeiden. Die Korrelationen zwischen Qualität der Rückmeldung und intrinsischer Motivation bzw. Zufriedenheit ist insgesamt niedrig. Eine Erklärung hierfür könnte sein, daß sowohl die intrinsische Motivation als auch die Zufriedenheit mit dem Unternehmen einer Reihe von Einflußfaktoren ausgesetzt sind. Die Qualität des Feedbacks ist nur einer dieser Faktoren. Die stärkere Korrelation ergibt sich zwischen Qualität des Feedbacks und Zufriedenheit und nicht zwischen Qualität und eher intrinsischer Motivation. Vorstellbar, wenn auch hierdurch nicht bewiesen, ist, daß zunächst die Zufriedenheit beeinflußt wird. Anschließend könnte eine höhere Zufriedenheit die Internalisierung der Unternehmensziele (eher intrinsische Motivation) fördern. Ergänzend wurde die Qualität des Feedbacks in Relation zu den selbstgesetzten Zielen der Vertreter und ihren Leistungen untersucht.

Β. Hypothesen

287

Tabelle 42 Zusammenhang zwischen Zielsetzungs- bzw. Leistungsgruppen und der Qualität des Feedbacks Verhältnis Ziel/GP

0-Wert der FeedbackQualität Korrelation nach Pearson

Ziel des GP > eigenes Ziel

eigenes Ziel bis 15%> GP

6,62 Ν = 292

7,61 N = 180 r = 0,16

Verhältnis Leistung/GP

Leistung eigenes Ziel des Ziel mehr GP > Lei- bis 15% > GP als 15%> stung GP 7,83 N = 135

7,08 Ν = 292

7,02 Ν = 100

Leistung über 15% > GP 7,49 N = 166

r = 0,05

Für jede ,ja"-Antwort wurden zwei Punkte, fìlr jedes „manchmal" ein Punkt und für ein „nein" kein Punkt vergeben.

• In den Gruppen mit hohen eigenen Zielsetzungen ist die Qualität des Feedbacks höher. Die Korrelation ist mit r = 0,16 schwach, aber signifikant auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig). • In den Gruppen mit höheren Leistungen ist die Feedbackqualität ebenfalls höher, die Korrelation jedoch sehr schwach. Das Ergebnis ist signifikant auf einem Niveau von 0,23 (zweiseitig). Die Korrelation zwischen Feedbackqualität und Zielsetzung ist deutlicher als zwischen Feedbackqualität und Leistung. Vorstellbar ist sowohl, daß die erfolgreicheren Vertreter wegen der erbrachten Leistungen besseres Feedback erhalten, als auch, daß qualitativ besseres Feedback die selbstgesetzten Ziele und Leistungen der Vertreter positiv beeinflußt.

288

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

* Gilt für die „Implizite Theorie": „Ich kann auf mein Unternehmen keinen Einfluß nehmen." ** Gilt für das Statement: „Die Ziele widersprechen meinen persönlichen Wertvorstellungen." Abbildung 52: Korrelationen der untersuchten Variablen

289

Β. Hypothesen

IV. Hypothesen zur Bereitschaft der Vertreter, das Unternehmen zu verlassen Eine hohe Mitarbeiterfluktuation ist für ein Unternehmen mit hohen Kosten für die Personalbeschaffung, Ausbildung und Einarbeitung der neuen Mitarbeiter verbunden. Hinzu kommt, daß von der Fluktuation häufig auch die Leistungsträger betroffen sind. 31 Einen gleichwertigen Ersatz zu finden, ist oft schwierig. Deshalb ist es für ein Unternehmen wichtig, die Gründe fur die Mitarbeiterfluktuation zu kennen. Vermutlich steht die Zufriedenheit mit dem Unternehmen in engem Zusammenhang mit der Bereitschaft der Vertreter in einen anderen Beruf zu wechseln. Hypothese 21: „Je geringer die Zufriedenheit mit dem Unternehmen ist, desto höher ist die Wechselbereitschaft in einen anderen Beruf." nein, nie

ja, oft ja, manchmal

4 0/

36%

25%

eher selten

35 %

Abbildung 53: Prozentuale Verteilung der Wechselbereitschaft bei den befragten Vertretern (Frage 4: „Haben Sie schon einmal daran gedacht, den Beruf zu wechseln?")

Immerhin 29 % der Vertreter denken oft, bzw. manchmal daran, den Beruf zu wechseln. Damit ist nicht einmal die Wechselbereitschaft innerhalb der Branche erfaßt, die deutlich höher liegen könnte. Als nächstes wurde der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit dem Unternehmen und der Wechselbereitschaft untersucht.

31 Gerade die Leistungsträger eines Unternehmens, die wegen Unzufriedenheit ihren Beruf oder Arbeitsplatz wechseln wollen, finden am ehesten einen neuen Arbeitsplatz, weil sie auch für andere Unternehmen attraktiv sind.

19 Uhi

290

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Hypothese 22: „Die Unzufriedenheit mit dem Unternehmen korreliert mit der Wechselbereitschaft."

völlig unzufrieden

eher unzufrieden

teils/teils

eher zufrieden

sehr zufrieden Ο

0,5

1

1,5

2

Ε Bereitschaft im Beruf zu bleiben

2,5

3

3,5

Ν = 714

Punktwerte für die Bereitschaft, im Beruf zu bleiben, in Abhängigkeit von der Zufriedenheit mit dem Unternehme (Fragen 4 und 8 des Fragebogens)

Abbildung 54: (Un-)Zufriedenheit mit dem Unternehmen und Bereitschaft, im Beruf zu bleiben

Methodisch wurde der Zusammenhang folgendermaßen ausgewertet: Für die Antwort • ,ja, oft" gab es einen Punkt, für • ,ja, manchmal" gab es zwei Punkte, fur • „eher selten" gab es drei Punkte und für • „nein, nie" gab es vier Punkte. Somit bedeutet ein höherer Punktwert eine geringere Bereitschaft, den Beruf zu wechseln. Die Korrelation (nach Pearson) zwischen der Zufriedenheit mit dem Unternehmen und der Bereitschaft im Beruf zu bleiben, ist r = 0,31. Abbildung 55 zeigt, daß die Bereitschaft, den Beruf zu wechseln, mit zunehmender Unzufriedenheit steigt. Am deutlichsten wird dies beim Vergleich der beiden Extreme, „sehr zufriedene" und „völlig unzufriedene" Vertreter. Die Wechselbereitschaft ist bei den „völlig unzufriedenen" Vertretern etwa acht mal häufiger als bei den „sehr zufriedenen" Vertretern (,ja, oft"-Antworten).

Β. Hypothesen

sehr zufrieden

291

Λ

ja, oft

5%

ja, manchmal

5%

selten 24%

nein, nie

66% Ν = 55

völlig unzufrieden nein, nie 29%

ja, oft

42%

eher selten

ja, manchmal 29 % Ν = 14

Abbildung 55: Prozentuale Verteilung der Wechselbereitschaft bei sehr zufriedenen und völlig unzufriedenen Vertretern (Frage 4: „Haben Sie schon mal daran gedacht, den Beruf zu wechseln?")

Ergänzend wurde die Korrelation zwischen der Wechselbereitschaft und dem Selbstvertrauen der Vertreter gemessen. Dabei wurde der differenzierte Indikator für das Selbstvertrauen aus Frage 22 des Fragebogens (addierte Statements) verwendet. Die Korrelation nach Pearsons r beträgt 0,29. Das könnte bedeuten, daß bei niedrigerem Selbstvertrauen die Vertreter sehr viel häufiger daran denken, den Beruf zu wechseln. Eine Erklärung hierfür wäre, daß Vertreter mit niedrigem Selbstvertrauen mit den Schwierigkeiten und Mißerfolgen in ihrem Beruf nicht so gut umgehen können.32 Im nächsten Untersuchungsschritt wurde untersucht, ob und wie hoch die Wechselbereitschaft der sogenannten Leistungsträger ist. Deshalb zeigt Tabelle 43, die Verteilung der Wechselbereitschaft auf die drei Leistungstypen (vgl. Tab. 23).

32

Anmerkung des Autors: Für einen Wechsel innerhalb der Branche spräche eher ein hohes Selbstvertrauen. Bei Unzufriedenheit mit dem Unternehmen könnte es sein, daß die Vertreter mit hohem Selbstvertrauen eher bereit sind, die Risiken eines Wechsels einzugehen und die Chancen z. B. als freier Makler zu nutzen.

292

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Hypothese 23: „Die Wechselbereitschaft in einen anderen Beruf korreliert stärker mit der Unfriedenheit mit dem Unternehmen als mit der Leistung." Tabelle 43 Wechselbereitschaft der Leistungsgruppen „Haben Sie schon einmal daran gedacht, den Beruf

Verhältnis Leistung zu Geschäftsplanziel

zu wechseln?"

Ziel des GP > Leistung

Leistung bis 15 % > GP

Leistung über 15 % > GP

Ja, oft

5,3 % N = 18

4,4 % Ν = 5

3,3 % N = 7

Ja, manchmal

29 % Ν = 98

25,4 % N = 29

22,9 % Ν = 48

Eher selten

33,4 % N = 113

35,1 % N = 40

36,2 % N = 76

Nein, nie

32,2 % N = 109

35,1 % N = 40

37,6 % Ν = 79

Dabei zeigt sich, daß bei allen Leistungstypen eine relativ hohe latente Wechselbereitschaft vorhanden ist. Zwar ist die Wechselbereitschaft bei den Gruppen mit hohen Leistungen deutlich geringer. Dies könnte u. a. auf die höhere Zufriedenheit dieser Gruppen mit dem Unternehmen zurückgeführt werden. Aber auch bei den Leistungsträgern, deren Leistungen deutlich über den Geschäftsplanzielen liegen, besteht eine latente Wechselbereitschaft von über 25 %. Unter Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen Unzufriedenheit und Wechselbereitschaft wird vermutet, daß die erfolgreichen, aber wechselbereiten Vertreter ein niedrigeres Selbstvertrauen haben und daß ihre Zufriedenheit geringer ist als die der erfolgreichen, aber wechselunwilligen Vertreter. Deshalb wurden zwei neue Gruppen aus den Leistungsstärksten (Leistung über 15 % über GP-Ziel) gebildet. • Gruppe 1 setzt sich aus den leistungsstärksten Vertretern zusammen, die oft bzw. manchmal daran denken, den Beruf zu wechseln. • Gruppe 2 setzt sich aus den leistungsstärksten Vertretern zusammen, die selten oder nie daran denken, den Beruf zu wechseln. Hypothese 24: „Die erfolgreichen, aber wechselbereiten Vertreter haben ein niedrigeres Selbstvertrauen und eine geringere Zufriedenheit mit dem Unternehmen als die erfolgreichen, aber wechselunwilligen Vertreter."

Β. Hypothesen

293

Tabelle 44 Wechselbereitschaft, Selbstvertrauen und Zufriedenheit der erfolgreichen Vertreter Selbstvertrauen und Wechselbereitschaft Vertretertyp

erfolgreich und wechselbereit

erfolgreich und nicht wechselbereit

Zufriedenheit und Wechselbereitschaft erfolgreich und wechselbereit

erfolgreich und nicht wechselbereit

niedriger 0-Wert = hohes Selbstvertrauen und hohe Zufriedenheit 0-Wert Anzahl Ν Korrelation nach Pearson

2,9

3,13

2,96

2,26

Ν = 53

N = 152

Ν = 55

N = 152

r = 0,41

r = -0,37

Selbstvertrauen: Frage 10: „Welches Gefühl überwiegt, wenn Sie an dieses Ziel denken?" „Angst... oder ... Langeweile?" (Frage 10) Zufriedenheit: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Unternehmen?" (Frage 8) Skala von „sehr zufrieden" = 1 Punkt bis „völlig unzufrieden" = 5 Punkte Die in Tabelle 44 zusammengefaßten Ergebnisse bestätigen die Hypothese und zeigen, daß die erfolgreichen, aber wechselbereiten Vertreter über ein niedrigeres Selbstvertrauen verfugen und mit dem Unternehmen unzufriedener sind als die erfolgreichen, nicht wechselbereiten Vertreter. Beide Ergebnisse sind auf einem Niveau von 0,01 (zweiseitig) signifikant. Zwar sagt die Korrelation nichts über die Richtung des Zusammenhangs aus, kausal erscheint jedoch, daß das Selbstvertrauen die Wechselbereitschaft beeinflußt und nicht umgekehrt. W i l l das Unternehmen nicht Gefahr laufen, ca. 25 % seiner besten Vertreter zu verlieren, sollte es alle Maßnahmen ergreifen, um das Selbstvertrauen und die Zufriedenheit der Vertreter zu steigern. Ansatzpunkte sind ζ. B. die schon dargestellten Defizite bei Anzahl, A r t und Inhalten der Ziele sowie bei der Qualität der Feedbackgespräche. 33

33 Anmerkung des Autors: Die leistungsfähigsten und nicht wechselbereiten Vertreter sind die Stütze der Außendienstorganisation. Die meisten von Ihnen sind zwischen 35 und 44 Jahre alt (38 %), haben eine „Mittlere Reife" und eine Berufsausbildung (40 %), betreuen einen Kundenbestand zwischen 800 Tsd. D M und 1500 Tsd. D M Sachversicherungsvolumen (53 %), arbeiten seit über 15 Jahren beim Unternehmen (44 %) und haben eine(n) Außendienst- (46 %) sowie eine(n) Innendienstmitarbeiter(in) (50 %).

294

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

V. Hypothesen zum Anreizsystem des untersuchten Versicherungskonzerns Ziele können Unzufriedenheit bewirken, wenn sie nicht mit denen des Mitarbeiters übereinstimmen. Die Folge ist eine geringe Internalisierung der Ziele. Auch die mit den Zielen verbundenen Anreize sollten zufriedene Mitarbeiter bewirken. Kapitel 3.A. zeigt, daß alle Menschen über die gleichen Bedürfhisse verfugen. Die Anreizsysteme werden danach betrachtet, ob sie wichtige Bedürfnisse befriedigen können. Untersucht werden die physiologischen Grundbedürfnisse, die Bedürfhisse nach Sicherheit, Wertschätzung, Kompetenz und Autonomie. Würden die Anreize im Gegensatz zu den Bedürfnissen stehen, könnten sie die in Kapitel 3.C. unterminierende Wirkung auf die intrinsische Motivation haben. Die materiellen Anreize sind Abschlußprovisionen, Folgeprovisionen, Bonifikationen, Sonderausschreibungen und Zuschüsse.

1. Die Beschreibung der Anreizsysteme -

Abschlußprovisionen

Der Vertreter als Vermittler von Finanzdienstleistungen wird dafür bezahlt, daß er Abschlüsse mit Kunden ftir sein Unternehmen tätigt. Dabei richtet sich die Höhe des Entgelts prozentual nach der Höhe des Jahresbeitrags, den der Kunde für seine Finanzdienstleistungen bezahlt. Die Abschlußprovision ist ein einmaliges, unmittelbar abschlußbezogenes Anreizinstrument. -

Folgeprovisionen

Außer der Abschlußprovision erhält der Vertreter für die laufende Kundenbetreuung eine jährliche Folgeprovision. Kundenbetreuung bedeutet Schadensfalle abzuwickeln, den Kontakt zu den Kunden zu halten, Versicherungsverträge zu verlängern und sie an neue Versicherungsbedingungen anzupassen. Zusätzlich sollen die Vertreter für einen umfassenden Versicherungsschutz ihrer Kunden sorgen. Die Folgeprovision ist eine leistungsbezogene Bezahlung, die eine langfristige Kundenzufriedenheit belohnt. Denn nur ein zufriedener Kunde wird seinem Vertreter treu bleiben und dessen Einkommen sichern. Die Folgeprovision beträgt je Vertrag ca. ein Viertel der Abschlußprovision, wird dafür aber über die Vertragsdauer jedes Jahr bezahlt. -

Bonifikationen

Bonifikationen sind die materiellen Belohnungen fur das Erreichen der im Geschäftsplan vorgegebenen Ziele. Der Geschäftsplan gibt die Ziele für jeweils ein Jahr vor. Die Belohnung erfolgt bei Erreichen des Ziels am Ende des Jahres. Ob sie eher kurz- oder langfristige Wirkung haben, hängt von den vorgegebenen Zielen ab.

295

Β. Hypothesen

-

Sonderausschreibungen

Darunter versteht man zusätzliche monetäre Anreize, die für das Erreichen eines Ziels in einem bestimmten Zeitraum gezahlt werden. Meistens sollen sie das Neugeschäft eines bestimmten Produkts fördern. - Zuschüsse Um die Kosten und den Lebensunterhalt des Vertreters zu decken, werden manchmal monetäre Zuschüsse von Seiten des Unternehmens gewährt. Dies gilt insbesondere, wenn der Kundenbestand einer Vertretung besonders klein ist.

2. Die Befriedigung

der physiologischen Grundbedürfnisse

Darunter soll verstanden werden, in wieweit die verschiedenen materiellen Anreize benötigt werden, um den Lebensunterhalt und die Kosten einer Agenturflihrung zu decken. Hypothese 25: „Die Folgeprovisionen tragen den größten Teil zur Deckung der Kosten fur Lebenshaltung und Agenturfuhrung bei." Tabelle 45 Bedeutung der Anreizsysteme für die Finanzierung des Lebensunterhalts und der Agentur „ Durch welches Prämiensystem finanzieren Sie am ehesten Ihren Lebensunterhalt und die Kosten der Agenturfiihrung?" Meinen Lebensunterhalt und meine Kosten finanziere ich am ehesten durch ... Platz 1

Platz 2

Platz 3

Platz 4

Platz 5

Abschlußprovisionen

23%

71,9%

4,3 %

0,4 %

0,3 %

Folgeprovisionen

74%

18,9%

4,1 %

0,4 %

0,3 %

Bonifikation

2,1 %

5,6 %

72%

13,5%

3,9 %

Sonderausschreibungen

0,1 %

0,6 %

7,2 %

67,4 %

23,1 %

Zuschüsse

0,8 %

2,2 %

8,4 %

12,8%

66,5 %

Ν = 724

Ν = 711

Ν = 697

Ν = 670

Ν = 684

Rangfolge

gesamt

Die Ergebnisse bestätigen die Vermutung: 74 % der Vertreter finanzieren ihren Lebensunterhalt und ihre Kosten an erster Stelle durch Folgeprovisionen.

296

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Für 71,9 % der Vertreter sind Abschlußprovisionen die zweitwichtigste Einnahmequelle. Bonifikationen sind für 72 % die drittwichtigste und für 67,4 % sind Sonderausschreibungen die viertwichtigste Finanzquelle zur Deckung der Kosten für Lebensunterhalt und Agenturfìihrung. Den letzten Platz nehmen die Zuschüsse (66,5 %) ein.

3. Das Bedürfnis nach Sicherheit Hypothese 26: „Vermutet wird, daß vor allen anderen Anreizsystemen die Fol· geprovisionen zu einem sicheren Einkommen führen."

Abbildung 56: Prämiensystem und Sicherheit des Einkommens (Frage 33: „Welches Prämiensystem führt am ehesten zu einem sicheren Einkommen?")

Die Folgeprovisionen werden von 91,2 % der Vertreter als sicherstes Einkommen bezeichnet. Sie sind damit am ehesten geeignet das Bedürfnis nach Sicherheit zu befriedigen.

4. Das Bedürfnis nach Wertschätzung Folgeprovisionen belohnen die langfristige Kundenbindung. Daran ist sowohl das Unternehmen als auch der Vertreter interessiert. Die Ziele sind dekkungsgleich. Eine Anerkennung der Vertreterleistung durch Folgeprovisionen müßte demnach die höchste, weil ehrlichste Wertschätzung ausdrücken.

297

Β. Hypothesen

Hypothese 26: „Folgeprovisionen sind am ehesten geeignet, eine Wertschätzung durch das Unternehmen auszudrücken." Tabelle 46 Bedeutung der Anreizsysteme für die Wertschätzung der Mitarbeiter „ Wie kann ein Unternehmen ausdrücken , daß es seine Mitarbeiter wertschätzt? " stimme voll

stimme überhaupt nicht zu

teils/teils

zu 55,2 %

21,7%

15,6%

3,3 %

4,2 %

Ν = 385

Ν = 151

Ν = 109

Ν = 23

Ν = 29

74%

13,1 %

8,6 %

1,7%

2,6 %

Ν = 518

Ν = 92

Ν = 60

Ν = 12

N = 18

40%

23%

27,2 %

4,3 %

4,6 %

Ν = 279

Ν = 167

Ν = 190

Ν = 30

Ν = 32

100%

14,1 %

12,8%

44%

12,2%

16,9%

Sonderausschreibung

Ν = 97

Ν = 88

Ν = 303

Ν = 84

N = 116

100% Abschlußprovision 100% Folgeprovision 100% Bonifikation

Zuschüsse wurden nicht erfragt.

Die Folgeprovisionen werden von 74 % der Vertreter als „sehr geeignet" angesehen, Wertschätzung auszudrücken. Bei den Abschlußprovisionen sind es 55,2 % der Vertreter, die dieses Anreizsystem für sehr geeignet halten, Wertschätzung auszudrücken. Dahinter folgen die Bonifikationen (40 %) und die Sonderausschreibungen (14,1 %). Verständlich ist, daß Sonderausschreibungen von 16,9 % der Vertreter als „völlig ungeeignet" betrachtet werden, Wertschätzung zu vermitteln. Ursache dafür könnte sein, daß bei Sonderausschreibungen ein hoher Grad an Fremdbestimmung vorliegt: In einem bestimmten Zeitraum ein spezielles Geschäftsfeld zu fördern. Fremdbestimmung durch materielle Anreize, kann keine echte Wertschätzung ausdrücken.

5. Das Bedürfnis nach Kompetenz Die Vertreter haben, wie in Abschnitt 5.B.I1I.2. dargestellt, ein hohes Kompetenzbedürfiiis. Deshalb wurden sie nun gefragt, was ihrer Meinung nach Kompetenz ist.

298

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Vermutet wurde, daß die Vertreter darunter vor allem das Berücksichtigen von Kundenbedürfhissen verstehen, also eine fachlich und menschlich faire Beratung und Betreuung sowie eine optimale Schadensregulierung. Hypothese 27: „Unter kompetentem Verhalten verstehen die Vertreter vor allem fachlich und menschlich faire Beratung und Betreuung, sowie eine optimale Schadensregulierung." Tabelle 47 Kompetenz: Was verstehen die Vertreter unter kompetentem Handeln? „ Was verstehen Sie am ehesten unter Kompetenz bei einem Versicherungsvertreter? " Ν =6

0,8 %

fachlich und menschlich faire Beratung und Betreuung

Ν = 664

92%

optimale Schadensregulierung

N = 13

1,8%

überdurchschnittliche Abschlüsse

Nennung 1, 2 und 3 gesamt

CO II Ζ

Nennung 2 und 3

5,0 %

Ν =3

0,4 %

Ν = 722

100%

Für 92 % der Vertreter äußert sich Kompetenz in fachlich und menschlich fairer Beratung und Betreuung. Zusätzlich nennen 5 % dies in Verbindung mit optimaler Schadensregulierung. Im nächsten Untersuchungsschritt wurden die Vertreter befragt, wie kompetentes Verhalten am ehesten meßbar sei. Vermutet wurde, daß der langfristige Bestandszubau die beste Meßgröße fur einen kompetenten Vertreter ist, weil sich Kundenzufriedenheit in Bestandszubau zeigt. Unzufriedene Kunden würden abwandern. Zusätzlich zeigt der Bestandszubau auch die verkäuferischen Fähigkeiten eines Vertreters bei Neuabschlüssen. Hypothese 28: „Der Bestandszubau wird von den Vertretern als geeignetes Kriterium zur Messung von kompetentem Vertreterhandeln betrachtet."

299 % Bewertung

Stornoquote

Bestandszubau

Stückzahlen

Ausschöpfunasquote 0

5

10

15

20

25

30

35

40

Abbildung 57: Messung kompetenten Verhaltens bei einem Versicherungsvertreter (Frage 29: „Wie kann Ihrer Meinung nach die Kompetenz eines Versicherungsvertreters am ehesten gemessen werden?")

Mit 37,6 % wird der Bestandszubau am häufigsten als geeignete Meßgröße für die Kompetenz eines Versicherungsvertreters genannt. Danach folgt die Stornoquote (30,6 %). Sie drückt die Kundenzufriedenheit in Bezug auf die Bestandsgröße aus. Die Ausschöpfungsquote (17,8 %) zeigt die verkäuferischen Fähigkeiten bezogen auf die Bestandsgröße (relativer Umsatz). Die verkaufsbezogenen Größen Bewertung (10,5 %) und Stückzahlen (3,4 %) nehmen die letzten Plätze ein (absoluter Umsatz bzw. absolute Häufigkeit). Anschließend wurden die Vertreter befragt, welches Anreizsystem am ehesten eine kompetente Beratung belohnen würde. Vermutet wurde, daß Folgeprovisionen an erster Stelle stehen würden, weil diese die Bestandserhaltung und den Bestandszubau belohnen.

Bonifikation

Abschlußprovision Folßeprovision

Sonderausschreibung

Abbildung 58: Eignung der Anreizsysteme zur Belohnung kompetenten Verhaltens (Frage 30: „Welches Anreizsystem belohnt am ehesten eine kompetente Beratung und Betreuung?")

300

5. Kapitel: Befragung von 1.877 Vertretern eines Versicherungskonzerns

Mit fast 60 % werden Folgeprovisionen als das beste Anreizsystem genannt, die Kompetenz eines Versicherungsvertreters zu belohnen. Dahinter rangieren die Abschlußprovisionen (28,7 %) und die Bonifikationen (11,3 %). Abgeschlagen sind die Sonderausschreibungen (0,7 %).

6. Das Autonomiebedürfnis Druck widerspricht dem Gefühl der Autonomie. Die Vermutung ist, daß Anreizsysteme Umsatzdruck bewirken können. Umsatzdruck könnte die in Kapitel 3.C. beschriebenen negativen Auswirkungen auf die intrinsische Motivation haben, weil sie die Aufmerksamkeit von der Handlung auf den extrinsischen Anreiz lenken können. Dabei müßten Abschlußprovisionen den höchsten Druck erzeugen, weil sie unmittelbar den Umsatz belohnen. Hypothese 29: „Der Druck der Anreizsysteme ist umso höher, je eher der direkte Verkaufsabschluß belohnt wird." Tabelle 48 Anreizsystem und Leistungsdruck „ Wie sehr erzeugen bei Ihnen die einzelnen Anreizsysteme Umsatzdruck? " stark

mittel

schwach

Abschlußprovisionen, gesamt: Ν = 700

50,1 % Ν = 351

35,1 % Ν = 246

14,7% Ν = 103

Folgeprovisionen, gesamt: Ν = 698

33,8 % Ν = 236

42,7 % Ν = 298

23,5 % Ν = 164

Bonifikationen, gesamt: Ν = 701

50,8 % Ν = 356

35,2 % Γτί