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Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 68
Liber amicorum Christoph Krampe zum 70. Geburtstag Herausgegeben von Matthias Armgardt Fabian Klinck Ingo Reichard
Duncker & Humblot · Berlin
Liber amicorum Christoph Krampe zum 70. Geburtstag
Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.
Neue Folge · Band 68
Liber amicorum Christoph Krampe zum 70. Geburtstag
Herausgegeben von Matthias Armgardt Fabian Klinck Ingo Reichard
Duncker & Humblot · Berlin
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Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für alle Beiträge vorbehalten © 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 978-3-428-13917-0 (Print) ISBN 978-3-428-53917-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-83917-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Am 18. Januar 2013 begeht Christoph Krampe seinen 70. Geburtstag. Das ist ein willkommener Anlass, den Forscher und Lehrer mit diesem liber amicorum zu ehren. In ihrer romanistischen Ausrichtung soll die Festschrift den Arbeitsschwerpunkt des Jubilars, mit dem Kreis der Teilnehmer seinen bisherigen Lebensweg widerspiegeln. Christoph Krampe wurde 1943 in Berlin geboren, begann das Studium der Rechtswissenschaften an der dortigen Freien Universität und wechselte dann nach Freiburg, wo er im Jahre 1969 bei Joseph Georg Wolf mit der Studie „Proculi Epistulae“ promoviert wurde. 1978 folgte die Habilitation bei Karl-Heinz Schindler in Mannheim mit der Arbeit „Die Konversion des Rechtsgeschäftes“, bis heute ein Standardwerk. Bereits im selben Jahr nahm er einen Ruf an die Ruhr-Universität Bochum an, der er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2011 als Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Antike Rechtsgeschichte und Römisches Recht in besonderer Treue verbunden blieb. Rufe nach Düsseldorf und Fribourg / Schweiz lehnte er ab, und aus Mannheim kehrte er nach kurzer Lehrtätigkeit ins Ruhrgebiet zurück. Das Lehren und der Umgang mit den Studenten bereiten ihm seit jeher besondere Freude. Seine Schüler wissen, wie intensiv er sich mit jedem einzelnen interessierten Studenten befasst. Seine besondere Wertschätzung findet nicht zuletzt darin Ausdruck, dass er seine Zuhörer nicht nur stets als Kommilitonen anredet, sondern sie auch so behandelt. Insbesondere die Vermittlung des römischen Rechts ist ihm eine Herzensangelegenheit. Seinen Schülern gewährt er Einblicke in die ihm eigene Art der rechtshistorischen und rechtsdogmatischen Analyse, belässt ihnen dabei aber aus Achtung vor ihrer wissenschaftlichen Persönlichkeit die Freiheit des eigenen Zugangs zur wissenschaftlichen Erörterung. Auch im Ausland hat der Jubilar als akademischer Lehrer mit großem Einsatz und Erfolg gewirkt. Eine besondere Verbundenheit mit Frankreich ergab sich dabei auch durch seine Gattin Françoise. Von 2000 bis 2008 war er professeur invité und professeur associé an der Universität Panthéon-Assas (Paris II) und dort von 2007 bis 2009 Beauftragter für deutsch-französische Austauschprogramme. Seit 2009 ist Christoph Krampe Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutsch-Französischen Hochschule. Dieses besondere Engagement für den wissenschaftlichen Austausch und die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland wurde 2010 mit dem Ordre des Palmes Académiques gewürdigt. Dass für den Jubilar die Romanistik und überhaupt die Zivilrechtswissenschaft übernationale Disziplinen sind, kommt auch in seinen Beziehungen in die Nieder-
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Vorwort
lande, nach Italien, Spanien, Lateinamerika, Südafrika und nach Japan zum Ausdruck, die er seit Jahrzehnten mit für ihn selbstverständlicher Hingabe und Liberalität aufgebaut hat und pflegt. Sein wissenschaftliches Werk ist sowohl dem römischen Recht als auch der deutschen und europäischen Zivilrechtsdogmatik gewidmet, die er stets als Einheit sah. Aus der Überzeugung, dass das Zivilrecht in einem europäischen Kontext betrachtet und fortentwickelt werden muss, wirkt er im Conseil Directeur der Accademia dei Giusprivatisti Europei (Pavia). Alle seine Veröffentlichungen zum römischen Recht zeichnen sich durch eine besondere Herangehensweise aus. Erstens sind sie kasuistisch gearbeitet: gelten sie unmittelbar dem ius, verbunden mit einer besonderen Zuwendung zum historischen Detail; zweitens vermeiden sie vorschnelle Verallgemeinerungen, die Christoph Krampe stets als „Überhöhungen“ zurückwies. Darin spiegelt sich ein wesentlicher Charakterzug des Jubilars, der ihn besonders liebenswert macht: eine ausgeprägte intellektuelle Bescheidenheit, die den kommenden Generationen Vorbild ist. Oktober 2012
Matthias Armgardt, Konstanz Fabian Klinck, Bochum Ingo Reichard, Bielefeld
Inhalt Subrogación real y fenus nauticum De Francisco J. Andrés Santos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Noch einmal: die repromissio und die satisdatio secundum mancipium im klassischen römischen Recht Von Hans Ankum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Salvius Iulianus als Meister der stoischen Logik – zur Deutung von Iulian D. 34,5,13 (14),2 – 3 Von Matthias Armgardt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Public building in Rome during the time of the Good Emperors: What, why and how? By Rena van den Bergh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Su alcuni Problemi in Materia di Azioni Nossali Di Carlo Augusto Cannata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Mille taedia, mille morae. Zur Dauer des Prozesses in Juvenals Satire Von Iole Fargnoli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Diritto romano e unificazione del diritto nell’Oriente Europeo: l’ABGB Di Giuseppe Gandolfi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Rechtsordnung als Begriff in der Historiographie des römischen Rechts Von Jacob Giltaij und Laurens Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Friedrich Carl von Savigny und die Rezeption seiner Ideen in den Niederlanden Von Viola Heutger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Die Lücken in D. 48, 20 und D. 48, 22 Von Wolfgang Kaiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Zwischen actio und Anspruch – Klagebefugnis als Verfügungsgegenstand Von Fabian Klinck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Geplanter pfandfreier Erwerb Von Georg Klingenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Interpretierendes Übersetzen Von Rolf Knütel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
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Inhalt
Mario Talamanca e „Index“ Di Luigi Labruna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Magnus von Narbonne Von Detlef Liebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Die Patchworkfamilien des Iulius Paulus: Dig. 38,10,10,14 Von Ulrich Manthe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Per una rilettura del „Römisches Strafrecht“: la genesi di un compimento storiografico nell’opera di Theodor Mommsen Di Carla Masi Doria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Die Überwindung des Ersitzungsverbotes von Dienstbarkeiten der lex Scribonia durch Ulpian Von J. Michael Rainer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Anweisungsschenkung und lex Cincia – Cels. D. 39.5.21.1 und Paul. D. 44.4.5 Von Ingo Reichard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Geschäftsführung ohne Auftrag und der gute Samariter Von Eltjo Schrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Wie leitete Bartolus seine Ausführungen zur Statutenlehre ein? Von Fritz Sturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Im Zweifel enterbt? Vom Vorrang der Blutsverwandtschaft vor der Adoptivkindschaft Von Andreas Wacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Prokop und Justinian Von Hans Wieling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 In iure cessio und manumissio vindicta. Überlegungen zu zwei archaischen Rechtsgeschäften Von Joseph Georg Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Schriftenverzeichnis Christoph Krampe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393
Subrogación real y fenus nauticum De Francisco J. Andrés Santos
I. El fenus nauticum o pecunia traiecticia, como otros institutos relacionados con el Derecho del comercio marítimo romano, ha suscitado la particular atención de Christoph Krampe y a su conocimiento ha hecho nuestro homenajeado sustanciales aportaciones1. Precisamente en ese singular instituto – según la opinión general incorporado en Roma a partir de modelos helenísticos2 – es donde, de acuerdo con la interpretación de parte de la doctrina romanista europea del siglo XX (singularmente Fritz Pringsheim), podría encontrarse una de las escasas manifestaciones del principio de subrogación real (Surrogationsprinzip) en el Derecho romano clásico. Como es sabido, este principio responde a la idea general de que el dueño del dinero utilizado en una compraventa u otro negocio de intercambio obtiene inmediatamente, ipso iure, y con independencia de la voluntad de quien haya negociado realmente, la propiedad sobre el objeto adquirido con ese dinero, o al menos un derecho real sobre el mismo. Es decir, según el modelo general: A compra en nombre propio con el dinero de B un objeto perteneciente a C; en virtud del principio de subrogación (real), la propiedad sobre ese objeto recae inmediatamente en B, y no en A, Vid. infra nt. 18. Max Kaser, Das römische Privatrecht, I. Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht, 2ª ed. München 1971 (= RP I), 532 s; id., Das römische Privatrecht, II. Die nachklassischen Entwicklungen, 2ª ed. München 1975 (= RP II), 370. Lit. al respecto, cf. RP I, 532 s. n. 35; RP II, 370 s., n. 17, 600; además, Philipp Eduard Huschke, Die Lehre des Römischen Rechts vom Darlehn, Stuttgart 1882, Nd. Amsterdam 1965, 21 ss.; Paul Huvelin, Études d’histoire du droit comercial romain (Histoire externe – Droit maritime), Paris 1929, 196 ss.; Amelia Castresana Herrero, El préstamo marítimo griego y la pecunia traiecticia romana, Salamanca 1982; Wiesław Litewski, Bemerkungen zum römischen Seedarlehen, en: Studi in onore di Cesare Sanfilippo, IV, Milano 1983, 381 – 397.; Gianfranco Purpura, Ricerche in tema di prestito marittimo, Annali Palermo 39 (1987), 187 – 336 (cf. rec. de Hans Ankum, Iura 38 [1987], 219 – 230; Amelia Castresana Herrero, Sulla pecunia traiecticia, Labeo 41 [1995], 283 – 286); Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations. Roman Foundations of the Civilian Tradition, Cape Town, 1990, reimpr. 1992, 181 ss.; Hans Ankum, Observations sur le prêt maritime romain, en: AA.VV., Le droit romain et le monde contemporaine. Mélanges à la mémoire de Hendryk Kupiscewski, Varsovie, 1996, 59 – 68, 64 ss; Christoph Krampe, s. v. Fenus nauticum, en: Der neue Pauly, IV, Stuttgart et al. 1998, 471 – 473; Stephan Schuster, Das Seedarlehen in den Gerichtsreden des Demostenes. Mit einem Ausblick auf die weitere historische Entwicklung des Rechtsinstitutes: dáneion nautikón, fenus nauticum und Bodmerei, Berlin 2005; últimamente, Ivano Pontoriero, Il prestito marittimo in diritto romano, Bologna 2011, con más lit. 1 2
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Francisco J. Andrés Santos
que es quien ha realizado verdaderamente la compra; este solo se hará dueño del objeto cuando satisfaga a B el importe correspondiente al dinero empleado en la transacción. De alguna manera, se entiende que el objeto adquirido ha sustituido al dinero empleado en el patrimonio de quien ha hecho de veras el desembolso. O, como se dice sintéticamente en la tradición jurídica occidental: ‚res succedit in locum pretii, et pretium in locum rei‘3. Este principio está vinculado a una concepción de la compraventa como un contrato real (cash sale) y parece ser que tuvo una importante presencia en los Derechos greco-helenísticos y orientales de la Antigüedad. Según Pringsheim (y otros autores)4, tal principio es ajeno totalmente a la tradición jurídica romana, y todas las manifestaciones que del mismo que pueden encontrarse en las fuentes de origen clásico (en todo caso, pocas y no muy generales) obedecen a la influencia griega o bizantina. Uno de los pocos ejemplos de aplicación genuinamente clásica de este principio se encontraría justamente en el caso del fenus nauticum, pero ello no tendría más explicación que el hecho de que esta figura contractual debió de ser trasplantada al Derecho romano directamente y sin modificaciones sustanciales de su modelo griego (δάνειον ναυτικόν)5. El objetivo de este trabajo no es otro que el de, por un lado, hacer una revisión de la operatividad de este principio en la disciplina del préstamo marítimo romano según las informaciones que se desprenden de las fuentes de atribución clásica, y, por otro, analizar si las posibles aplicaciones del mismo responden al concepto moderno de la subrogación real manejado en la doctrina civilista. II. La operatividad de este principio puede verse en dos sentidos diferentes: o bien proporciona directamente la propiedad sobre los bienes adquiridos al dueño del dinero (en este caso, el prestamista), o bien le concede tan solo un derecho real limitado sobre los mismos, que se mantiene, no obstante, en tanto no venga satisfecho el importe del préstamo (y sus intereses) y que es susceptible de ejecución en caso contrario. En ambas opciones, el hecho de que el prestatario haya actuado en nombre propio y haya adquirido las mercancías para sí con el fin de comerciar con ellas carecería de toda relevancia, ya que la generación de un derecho real a favor del dueño del dinero actúa inmediatamente por ministerio de la ley6. Veamos a con3 Sobre la idea de subrogación real (Surrogationsprinzip o Surrogationsgedanke en la terminología jurídica alemana), vid. Francisco J. Andrés Santos, Subrogación real y patrimonios especiales en el Derecho romano clásico, Valladolid 1997, especialmente 13 – 22; id., Introducción histórico-dogmática a la idea de subrogación real, Anuario de Derecho Civil 51 (1998), 681 – 787, con más referencias bibliográficas. 4 Fritz Pringsheim, Der Kauf mit fremdem Geld, Leipzig 1916; id., Eigentumsübergang beim Kauf, SZ 50 (1930), 333 – 483.; id., The Greek Law of Sale, Weimar 1950, 205 ss.; cf. asimismo Karl-Heinz Schindler, Justinians Haltung zur Klassik: Versuch einer Darstellung an Hand seiner Kontroversen entscheidenden Konstitutionen, Köln / Graz 1966, 25 ss.; más recientemente, Arno Welle, In universalibus pretium succedit in locum rei, res in locum pretii. Eine Untersuchung zur Entwicklungsgeschichte der dinglichen Surrogation bei Sondervermögen, Berlin 1987, 50. Cf. una consideración crítica al respecto en Andrés Santos, Subrogación (nt. 3), 23 ss., con más lit. 5 Pringsheim, Der Kauf (nt. 4), 143 ss.
Subrogación real y fenus nauticum
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tinuación si alguno de estos dos supuestos se contempla realmente en el Derecho romano clásico en relación con el fenus nauticum. Según la primera hipótesis, el objeto del préstamo marítimo podría ser tanto el dinero entregado (la pecunia traiecticia propiamente dicha) como todas las cosas adquiridas con el mismo (generalmente, las mercancías), y, en ambos casos, el objeto del negocio permanecería en propiedad del prestamista. Según Pringsheim7, dada la naturaleza de este negocio, dirigido a favorecer la exportación, no sería concebible un mero transporte marítimo del dinero (pecunia numerata) por parte del prestatario, sino que la adquisición de mercancías para la exportación en el mismo lugar en que se concluye el préstamo y antes de iniciar el viaje sería la hipótesis normal del negocio y, por tanto, la transformación inmediata del dinero en mercancías como objeto del préstamo8. Ahora bien, incluso si esto fuera cierto (lo que no deja de ser discutible9), ello en ningún caso autorizaría a hablar de verdadera subrogación, puesto que no se produce el necesario efecto de la adquisición de la propiedad derivada exclusivamente de la procedencia de los medios empleados, lo cual resultaría contrario a los principios generales que rigen el régimen del préstamo dinerario y la adquisición de la
6 En el caso general (es decir, fuera del supuesto especial del fenus nauticum o algunos otros, como es el caso de los negocios de adquisición realizados con medios procedentes de patrimonios especiales), lo que rige en el Derecho romano clásico es el principio de la representación y la autonomía de la voluntad, y no la idea de subrogación: el adquirente, salvo que indique al celebrar el negocio su voluntad de adquirir para otro, adquiere el derecho para sí y lo integra en su patrimonio, con independencia de la procedencia y la titularidad de los medios utilizados para ello. Este principio de actuación (dispar, al parecer, del predominante en los Derechos helenísticos: cf. Pringsheim, Der Kauf [nt. 4], 4 ss.; id., The Greek [nt. 4], 205 ss.; Erwin Seidl, Der Eigentumsübergang beim Darlehen und depositum irregulare, in: Festschrift Fritz Schulz, I, Weimar 1951, 372 – 379, 373 ss.; id., Rechtsgeschichte Ägyptens als römischer Provinz, Sankt Augustin 1973, 153 s.; Axel Claus, Gewüllkürte Stellvertretung im Römischen Privatrecht, Berlin 1973, 22; Arnaldo Biscardi, Diritto greco antico, Varese, 1982, 151 s.; Alberto Maffi, Family and property law, en: Michael Gagarin / David Cohen [eds.], The Cambridge Companion to Ancient Law, Cambridge 2005, 254 – 266, 261 s.) se encuentra repetidamente subrayado en las fuentes romanas, particularmente en numerosos rescriptos de Diocleciano en contestación a cuestiones procedentes de las provincias de Oriente: v. gr. Diocl. C. 3, 38, 4; 4, 19, 21, 1; 4, 37, 2; 4, 50, 8 / 9; 5, 12, 12; 5, 51, 10; cf. asimismo Ant. C. 4, 50, 1; 5, 51, 3; Gord. C. 3, 32, 6; 4, 34, 3; 5, 16, 9; etc.; sobre el tema, vid. Andrés Santos, Subrogación (nt. 3), 35 ss., con más indicaciones. 7 Pringsheim, Der Kauf (nt. 4), 145. 8 Esto debía de constituir la práctica usual en el tráfico mercantil internacional (cf. Ugo Enrico Paoli, Studi di diritto attico, Milano 1930, 41 s., 49; Purpura, Ricerche [nt. 2], 218 ss.; Pontoriero, Il prestito [nt. 2], 36), pero ello no implica necesariamente que mute el objeto del negocio: vid. nota siguiente. 9 Cf. otras opiniones en Silvio Perozzi, Istituzioni di diritto romano, II, Roma 1928, 255 s.; Huvelin, Études (nt. 2), 206; Arnaldo Biscardi, La struttura classica del fenus nauticum, en: Studi in memoria di Aldo Albertoni II, Padova 1938, 343 – 371, 348; Wiesław Litewski, Römisches Seedarlehen, Iura 24 (1973), 112 – 183, 120 ss.; id., Bemerkungen (nt. 2), 383 s.; Casteresana, El préstamo (nt. 2), 64 ss.; Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 34 ss.
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Francisco J. Andrés Santos
propiedad en el Derecho clásico. En efecto, el fenus nauticum es una modalidad de préstamo que, en principio, se ajusta a las reglas generales y supone la transmisión de la propiedad del objeto (i. e. el dinero o bienes fungibles) del prestamista al prestatario10. En esto no parece presentar ninguna excepción respecto al mutuum ordinario, a tenor de las fuentes. Pero, en todo caso, incluso si así fuera y admitiéramos que los nummi entregados continuaran en poder del prestatario aislados de sus propias monedas y, por tanto, aún en propiedad del prestamista11, en el momento de realizarse la adquisición de las mercancías con ellos se produciría también así la adquisición de la propiedad por la consumptio nummorum12. Las mercancías adquiridas, aunque permanezcan de algún modo vinculadas al negocio, ya como objeto del mismo, ya como instrumento para garantizar el cumplimiento del deudor, en todo caso entran en propiedad del prestatario al hacerse este con ellas en nombre propio. En ello, las fuentes no siembran duda alguna, ya que no nos dan ninguna indicación de que se rompan aquí las reglas generales. En ello están de acuerdo todos los intérpretes, incluido Pringsheim, quien no sostiene en ningún momento que el efecto subrogatorio se produzca realmente de ese modo. Por el contrario, lo que sí sostiene este autor (y en ello parece seguirlo también Max Kaser13 y la mayor parte de la doctrina) es que tal efecto se da en el segundo sentido antedicho, es decir, por la generación inmediata en favor del prestamista de un derecho real sobre las mercancías adquiridas con su dinero. Las merces ex pecunia comparatae quedan vinculadas al cumplimiento del contrato por el prestatario a través de un pignus o hypotheca a favor del prestamista que recae sobre ellas, siempre y cuando las mercancías viajen a riesgo de este último. Es decir, por el mero hecho de que se adquieran las merces con el dinero del préstamo, el prestamista se convierte en acreedor pignoraticio del prestatario, aun cuando este se haga propietario de las mercancías compradas con dinero ajeno. Este efecto se extendería no solo 10 A diferencia de lo que sucedía en la práctica griega, en que el prestamista seguía siendo propietario del capital prestado, o al menos mantenía un derecho real sobre él: vid. Zimmermann, Law of Obligations (nt. 2), 182 s. 11 En el mundo romano existía un apego mucho mayor a la materialidad del dinero y la identidad de las piezas monetarias concretas que en el actual mundo del dinero desmaterializado, por lo que no resultaba nada infrecuente que se hiciesen depósitos de dinero en manos de prestamistas o banqueros que conservaban perfectamente identificadas las monedas entregadas (pecunia signata), sin mezclar con sus propias piezas monetarias o las de otras personas, a través de su permanencia en un saco sellado o un arca en que quedase bien indicado su contenido y valor (lo que explica la existencia del negocio del depositum irregulare diferenciado del mutuum de dinero): vid. Max Kaser, Das Geld im römischen Sachenrecht, TR 29 (1961), 169 – 229, 171 s.; Alfons Bürge, Geld- und Naturwirtschaft im vorklassischen und klassischen römischen Recht, SZ 99 (1982), 128 – 157, 131 s.; Mario Bretone, I fondamenti del diritto romano. Le cose e la natura, Roma / Bari 1998, 126 ss.; Andreas Wacke, Pecunia in arca, Lecce 2002, con más indicaciones. 12 Andreas Wacke, Die Zahlung mit fremdem Geld. Zum Begriff des pecuniam consumere, BIDR 79, (1976), 49 – 144, 124 ss.; Sven Erik Wunner, Rechtsfolgen der Konsumption fremder Sachen, en: Gedächtnisschrift für Wolfgang Kunkel, Frankfurt am Main 1984, 583 – 610. 13 Kaser, RP I (nt. 2), 536 s.
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a las mercancías adquiridas inicialmente con el dinero del préstamo antes de emprender el viaje, sino incluso a las adquiridas después con el dinero obtenido de la venta de las primeras en el primer punto de destino, según se desprende del análisis de Scaev. D. 45, 1, 122, 1. Se operaría así lo que en el lenguaje moderno se denomina subrogación por reempleo o „en segundo grado“14. Según Pringsheim15, se trata de un pignus legal, que se impone necesariamente, o bien constituye un essentiale negotii del préstamo marítimo, al igual que en el Derecho griego, de tal manera que solo responden del cumplimiento las mercancías adquiridas, y, si estas desaparecen, el prestatario queda liberado de su obligación de pagar. Esto lo deduce el autor alemán a partir de la concepción de la pecunia traiecticia que nos da Modestino en su definición de D. 22, 2, 1, a pesar de la opinión discrepante que se refleja en Paul. D. 22, 2, 6, y que Pringsheim interpreta como una mala intelección del instituto griego por parte del jurista severiano16. Sin embargo, una observación más detenida de las fuentes obliga a discrepar de esta opinión de Pringsheim. En realidad, en ningún sitio se nos dice que este pignus constituya un requisito esencial del negocio ni que se imponga con independencia de la voluntad de las partes, sino que más bien se presenta siguiendo las reglas generales del derecho de prenda. La prenda o hipoteca sobre las mercancías se impone por la conventio pignoris de los contratantes, que pueden precisar el contenido del mismo libremente, según nos indica el controvertido texto de D. 45,1,122,1: D. 45, 1, 122, 1 Scaevola 28 dig. Callimachus mutuam pecuniam nauticam accepit a Sticho servo Seii in provincia Syria civitate Beryto usque Brentesium: idque creditum esse in omnes navigii dies ducentos, sub pignoribus et hypothecis mercibus a Beryto comparatis et Brentesium perferendis et quas Brentesio empturus esset et per navem Beryto invecturus: convenitque inter eos, uti, cum Callimachus Brentesium pervenisset, inde intra idus Septembres, quae tunc proximae futurae essent, aliis mercibus emptis et in navem mercis ipse in Syriam per navigium proficiscatur, aut, si intra diem supra scriptam non reparasset merces nec enavigasset de ea civitate, redderet universam continuo pecuniam quasi perfecto navigio et praestaret sumptus omnes prosequentibus eam pecuniam, ut in urbem Romam eam deportarent: eaque sic recte dari fieri fide roganti Sticho servo Lucii Titii promisit Callimachus. et cum ante idus supra scriptas secundum conventionem mercibus in navem impositis cum Erote conservo Stichi quasi in provinciam Syriam perventurus enavigavit: quaesitum est nave submersa, cum secundum cautionem Callimachus merces debito perferendas in nave mansisset eo tempore, quo iam pecuniam Brentesio reddere Romae perferendam deberet, an nihil prosit Erotis consensus, qui cum eo missus erat, cuique nihil amplius de pecunia supra scripta post diem conventionis permissum vel mandatum erat, quam ut eam receptam Romam perferret, et nihilo minus actione ex stipulatu Callimachus de pecunia domino Stichi teneatur. respondit secundum ea quae proponerentur teneri. item quaero, si Callimacho post diem supra scriptam naviganti Eros supra scriptus servus consenserit, an actionem domino suo semel ad14 Cf. Henri Capitant, Essai sur la subrogation réelle, Revue Trimestrelle de Droit Civil, 1919, 385 ss.; más indicaciones en Andrés Santos, Introducción (nt. 3), 712 ss. 15 Pringsheim, Der Kauf (nt. 4), 144 ss. 16 Pringsheim, Der Kauf (nt. 4), 145. Cf. infra en el texto y nt. 22.
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Francisco J. Andrés Santos quisitam adimere potuerit. respondit non potuisse, sed fore exceptioni locum, si servo arbitrium datum esset eam pecuniam quocumque tempore in quemvis locum reddi.
Se trata de un pasaje muy discutido en la literatura romanista17 y no es pertinente entrar aquí de nuevo a analizar con detalle todos los extremos que en él se contemplan18. Por lo que aquí nos interesa, hay que hacer notar que en el texto se refleja el tenor real de un contrato de fenus nauticum, en el cual las partes se ponen de acuerdo en cuanto a la existencia del pignus sobre las mercancías e incluso sobre su extensión a las merces compradas ulteriormente con el producto de la primera operación. Si el principio de subrogación actuara aquí de forma efectiva, no se entendería por qué las partes habrían de llegar a un acuerdo en relación con esos extremos. Por otra parte, como ha indicado Biscardi19, no parece que en ese pasaje la expresión ‚sub pignoribus‘ tenga un alcance distinto al de otros lugares en que se indica la perfecta semejanza de tratamiento de la garantía pignoraticia y de la cláusula penal como relaciones accesorias al contrato de préstamo marítimo. Incluso hay testimonios helenísticos que indican que, en ocasiones, podría preferirse la garantía personal a la real20. Así pues, parece claro que el pignus así constituido sigue el régimen normal de la prenda convenida entre las partes como instrumento accesorio de garantía del cumplimiento del deudor. Prueba de ello es, además, que la prenda puede hacerse extensiva a otros objetos, como las mercancías embarcadas en otras naves y pignoradas ya a otros prestamistas distintos, e incluso debía de ser corriente la pignoración de la propia nave en que se transportaban las merces, según se desprende de la información papirológica21. Por lo tanto, al parecer, ni surgía un derecho de prenda inmediato en favor del prestamista sobre las mercancías adquiridas con su dinero, ni, en caso de establecerse dicho derecho, tendría por qué recaer necesariamente sobre esos bienes, y no sobre otros distintos. 17 Se ha cuestionado mucho su genuinidad (vid. Ind. Int. III, 392), pero hoy ya no se pone en duda seriamente. 18 Vid. sobre todo la excelente exégesis de Christoph Krampe, Der Seedarlehensstreit des Callimachus. D. 45, 1, 122, 1 Scaevola 28 digestorum, en: Robert Feenstra et al. (eds.), Collatio Iuris Romani. Études dédiées à Hans Ankum à l’occasion de son 65e anniversaire, I, Amsterdam 1995, 207 – 222, 209 ss., con la lit. allí mencionada; con posterioridad, vid. Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 137 ss. 19 Biscardi, La struttura (nt. 9), 369 s., frente a Pringsheim, Der Kauf (nt. 4), 147, quien sostenía la esencialidad del pignus de las mercancías en el préstamo marítimo romano, al igual que en el griego. 20 Litewski, Römisches Seedarlehen (nt. 9), 173 s. y n. 279; Castresana, El préstamo (nt. 2), 113 (citando a su vez a Maurice Capelle, Du prêt à la grosse et du prêt aléatoire, thèse Paris 1891, 54 s.). 21 P. Vindob. G. 19797 (cf. ed. del texto en Arnaldo Biscardi, Actio pecuniae traiecticiae. Contributo alla doctrina delle clausole penali, Torino 1974, 212). Vid. al respecto, Castresana, El préstamo (nt. 2), 117, 153 ss. Con carácter general, en el Derecho griego la nave constituía la garantía normal cuando el prestatario era un ναύκληρος: cf. Biscardi, Diritto greco (nt. 6), 156.
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Por otra parte, no hay testimonio alguno en las fuentes que indique que la pérdida del objeto de la prenda, y en particular de las mercancías, provoque la pérdida de la acción derivada del préstamo. No sirve a este respecto la interpretación sensu contrario de D. 22, 2, 622 ni parece que deba despacharse ese texto como un simple malentendido de Paulo respecto a la esencia del fenus nauticum. Por el contrario, Paulo enuncia aquí el régimen propiamente romano del instituto: los efectos del contrato se supeditan al cumplimiento de una condición, cual es la llegada exitosa a su destino definitivo de la nave del prestatario. Si esa condición no se cumple, aun cuando se hubieran conservado las mercancías adquiridas con el dinero prestado, la obligación del deudor se extingue y, consiguientemente, también la posibilidad del acreedor de ejecutar la prenda para cobrarse. Desde el punto de vista económico, y también jurídico, el destino de la nave resultaba para los romanos más relevante que el de las mercancías, de ahí que la condición necesaria para que el acreedor pueda reclamar la suma de su crédito sea que la embarcación llegue sana y salva a su destino. Este hecho explica la solución de Paulo, que da cuenta del régimen romano clásico y en nada contradice los términos expresados por Modestino y Escévola en D. 22, 2, 1 y D. 45, 1, 122, 1, respectivamente. Por otra parte, la hipótesis normal indica que, en caso de perecimiento de la nave, también vendrían a desaparecer las mercancías adquiridas con el dinero prestado23. De todo ello se deduce, a mi juicio, que el derecho de prenda sobre las merces ex pecunia comparatae no conforma sino una garantía real de protección del derecho del prestamista y accesorio del mismo, que se rige por las reglas generales del pignus y que se constituye en virtud de la voluntad de los intervinientes, y no ipso iure, por disposición del ordenamiento jurídico. No puede verse ahí, por tanto, una mani-
22 D. 22, 2, 6 (Paul. 25 quaest.): Faenerator pecuniam usuris maritimis mutuam dando quasdam merces in nave pignori accepit, ex quibus si non potuisset totum debitum exsolvi, aliarum mercium aliis navibus impositarum propriisque faeneratoribus obligatarum si quid superfuisset, pignori accepit. quaesitum est nave propria perempta, ex qua totum solvi potuit, an id damnum ad creditorem pertineat, intra praestitutos dies amissa nave, an ad ceterarum navium superfluum admitti possit. respondi: alias quidem pignoris deminutio ad damnum debitoris, non etiam ad creditoris pertinet: sed cum traiecticia pecunia ita datur, ut non alias petitio eius creditori competat, quam si salva navis intra statuta tempora pervenerit, ipsius crediti obligatio non exsistente condicione defecisse videtur, et ideo pignorum quoque persecutio perempta est etiam eorum, quae non sunt amissa. si navis intra praestitutos dies perisset, et condicionem stipulationis defecisse videri, ideoque sine causa de pignorum persecutione, quae in aliis navibus fuerunt, quaeri. quando ergo ad illorum pignorum persecutionem creditor admitti potuerit? scilicet tunc cum condicio exstiterit obligationis et alio casu pignus amissum fuerit vel vilius distractum vel si navis postea perierit, quam dies praefinitus periculo exactus fuerit. Sobre el texto, vid. Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 48 ss., con más indicaciones. 23 Precisamente es este elevado riesgo de pérdida tanto de la nave como de las mercancías, dadas las dificultades y peligros del tráfico marítimo en la Antigüedad, lo que explica el altísimo tipo de interés que se pagaba en este tipo de préstamo (Diocl. C. 4, 33, 2; Iust. C. 4, 32, 26, 2; P. S. 2, 14, 3): cf. Zimmermann, Law of Obligations (nt. 2), 182. Sobre las peculiaridades y riesgos de la navegación en el ámbito romano, vid., por todos, José Arias Ramos, El transporte marítimo en el mundo romano, Valladolid 1948, 49.
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festación del principio de subrogación, sino un puro ejercicio de la autonomía privada de las partes, conforme a los principios generales del Derecho romano clásico. III. En definitiva, según esta interpretación, parece muy discutible la idea de que el principio de subrogación en cualquiera de los dos sentidos mencionados tuviera alguna aplicación en el fenus nauticum de acuerdo con el régimen clásico del instituto. El prestamista, dueño del dinero, no obtenía inmediatamente, ipso iure, ni la propiedad, ni siquiera un derecho real sobre los objetos adquiridos con el dinero entregado. Ahora bien, si esto es así, ¿significa necesariamente que el principio de subrogación se encuentra del todo ausente de la regulación clásica de la pecunia traiecticia romana? Una conclusión de ese tipo resultaría, a mi juicio, demasiado apresurada. Es cierto que no parece desprenderse de las fuentes la operatividad del Surrogationsprinzip en sentido estricto, pero ello no implica, con todo, que los juristas romanos no manejaran la idea de subrogación real para disciplinar esta figura contractual peculiar, y en gran medida anómala dentro de su sistema24, con independencia de su modelo griego e, incluso, con mayor efectividad que allí en algunos extremos. A mi modo de ver, la presencia del principio de subrogación en la forma mentis de los juristas clásicos se detecta ya en la propia definición del instituto, en el texto que encabeza el título correspondiente del Digesto. Dice así: D. 22, 2, 1 Modestinus 10 pand. Traiecticia ea pecunia est quae trans mare vehitur: ceterum si eodem loci consumatur, non erit traiecticia. sed videndum, an merces ex ea pecunia comparatae in ea causa habentur? et interest, utrum etiam ipsae periculo creditoris navigent: tunc enim traiecticia pecunia fit.
El pasaje es, sin duda, programático respecto a la concepción romana de la figura25. En él no se da una mera definición etimológica ni se debate teóricamente sobre el objeto del negocio, sino que se discute un problema práctico fundamental y que estaría presente en todos los casos: cómo distinguir esta modalidad de préstamo de un mutuo ordinario. La regla adoptada por el Derecho romano es muy estricta, y aparece guiada expresamente por la idea de subrogación real. El préstamo es trayecticio cuando está destinado al tráfico marítimo: es el riesgo inherente a la travesía marítima el que justifica la configuración de un tipo contractual agravado para el deudor, que permite al acreedor la reclamación de intereses a un tipo elevado. El objeto de ese negocio es una suma de dinero que se entrega al prestatario con el fin de que este lo transporte por mar y, presumiblemente, pueda utilizarlo allí como sea preciso. Pero el mero transporte de la pecunia numerata no reportaba grandes utilidades al prestatario, de manera que muy dudosamente le interesaría convenir un préstamo con unos intereses tan elevados en vez de un mutuo regular. De ahí que, desde un primer momento, se viese la transformación del dinero 24 „The Roman lawyers seem to have had certain difficulties in accomodating this foreign custom and translating it into the terms and concepts of their law“ (Zimmermann, Law of Obligations [nt. 2], 183). 25 Vid. al respecto, últimamente, Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 25 ss., con más referencias a la doctrina precedente.
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en mercancías como la forma natural de articular este negocio. Significativamente, Modestino indica que la mercancía comprada ‚traiecticia pecunia fit‘, esto es, se convierte en pecunia traiecticia, o sea, sustituye al dinero como objeto sobre el que es posible estructurar el negocio. El predominio de la idea de subrogación parece aquí evidente: no es una pura solución analógica, sino que se entiende que las mercancías adoptan la misma naturaleza que el dinero prestado, esto es, se hacen trayecticias. La cuestión que discute el jurista es si esto es posible incluso antes de iniciar el viaje: se entiende, pues, que no hay problema en que se pacte que las mercancías vayan a adquirirse en el puerto de destino inicial y luego se transporten al destino final, que sería también el punto de partida. La respuesta, como es obvio, es positiva: de otro modo, los romanos habrían renunciado a la posibilidad de utilizar este negocio como instrumento para la exportación, reduciéndolo solo a medio de importación26. La solución del jurista es muy rigurosa y limita las posibilidades de actuación del prestatario a la adquisición de las merces. Así, no se admite para la subsistencia del negocio la utilización del dinero para otros fines útiles para la operación, como serían los gastos de reparación de la nave o el pago de los salarios a la tripulación. Sólo se tolera la conversión del dinero en merces: es decir, la sustitución estricta del precio por la cosa. La actuación de la idea de subrogación parece, pues, determinante, incluso con más énfasis que en el paradigma griego, en que sí se permitirían esos usos alternativos del capital prestado con subsistencia del tipo negocial27. Ahora bien, para poder hablar del juego de la subrogación real en este punto tendría que producirse la sustitución del dinero por las merces de forma inmediata por la mera realización del negocio de intercambio, sin necesidad de acuerdo de las partes a ese respecto y como consecuencia de la mera utilización del capital prestado en la adquisición. Pero en el texto de Modestino se pone una condición para que tenga lugar esa conversión: que las merces adquiridas sean transportadas „a riesgo del acreedor“ (periculo creditoris). La cuestión radica aquí en si es posible la adquisición de las mercancías con el dinero prestado excluyendo el periculum creditoris y conservando, no obstante, la esencia del negocio. Según Modestino, esto no es posible si las mercancías se adquirían en el lugar de origen. La cuestión enlaza con el espinoso problema del carácter del periculum creditoris en el préstamo marítimo, que ha sido objeto de muchas discusiones en la literatura romanista28. No podemos entrar aquí en el núcleo de este problema, pero, según se desprende del análisis de 26 Vid. Huvelin, Études (nt. 2), 196 s.; Litewski, Römisches Seedarlehen (nt. 9), 122; Castresana, El préstamo (nt. 2), 56. 27 Litewski, Römisches Seedarlehen (nt. 9), 123; Castresana, El préstamo (nt. 2), 67. Sobre la frecuencia de tales usos alternativos del dinero entregado (v. gr. reparación de la nave, pago de salarios de los marineros, avituallamiento, etc.) en el Derecho griego, vid. Paoli, Studi di diritto attico (nt. 8), 23 ss. 28 Cf. al respecto, últimamente, Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 37 ss., con abundantes referencias a la lit. anterior.
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las fuentes, no parece probable que los contratantes pudieran excluir el periculum creditoris sin desnaturalizar a la vez el tipo contractual en cuestión29. De ahí que la condición puesta por Modestino en el texto comentado no se refiera solo al supuesto ahí discutido, sino al negocio en su conjunto, de manera que la adquisición de las merces por el prestatario con el dinero del préstamo sería condición suficiente para la conservación del negocio trayecticio, siempre y cuando las partes no decidieran la alteración del régimen del riesgo, en cuyo caso la consecuencia sería la transformación del negocio y, por tanto, la extinción del derecho del prestamista (marítimo) y su conversión, en su caso, en un mutuo dans ordinario30. IV. Solo nos queda hacer una breve reflexión en torno a las posibilidades de apreciar en el fenus nauticum romano un caso de aplicación de la subrogación real de acuerdo con el concepto de la misma manejado por los civilistas modernos. El problema es complejo y, por razones de tiempo y espacio, no es posible analizarlo aquí. En todo caso, es una cuestión que aparece ligada a la problemática del objeto del negocio. En síntesis, podría decirse que no es posible ver un caso de subrogación real en la hipótesis planteada, puesto que falla, a mi juicio, la primera premisa del concepto de subrogación real, que es la sustitución de unos bienes por otros como objeto de un derecho: en el fenus nauticum no hay una verdadera sustitución de objetos. El objeto de derecho del acreedor es siempre la persecución de una suma de dinero similar a la prestada, más los interses correspondientes pactados en el contrato. Es indiferente, a ese respecto, que la pecunia traiecticia se haya transportado como tal y luego se haya empleado en el destino para comprar mercancías, o que se haya utilizado directamente en el origen para adquirir las merces y luego comerciar con ellas, e incluso que se hayan dado sucesivos empleos y reempleos del capital. Lo cierto es que el prestamista siempre reclamará el dinero correspondiente pactado de antemano y, eventualmente, si el deudor no cumple, en virtud del principio de accesoriedad, podrá intentar obtener la satisfacción de su crédito ejecutando la garantía real al efecto, o acudiendo a las garantías personales señaladas contractualmente. Con la entrega del dinero (o, más comúnmente, con su utilización por el prestatario) el prestamista ha perdido la propiedad sobre él, y en su lugar obtiene un derecho de crédito que, en principio, se mantiene con independencia de las vicisitudes atravesadas por el dinero entregado – dejando aparte, claro está, las cues29 Cf. Mod. D. 22, 2, 1; Papin. eod. 4; Paul. eod. 6; P. S. 2, 14, 3; Diocl. 4, 33, 3 (2); vid. al respecto Huschke, Die Lehre (nt. 2), 224 ss.; Huvelin, Études (nt. 2), 205 ss.; Castresana, El préstamo (nt. 2), 76 ss.; Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 39 ss. 30 Aun cuando la asunción del riesgo por parte del prestamista fuera un elemento esencial del negocio, no obstante, sus modalidades, duración u otros elementos accidentales podían (y tal vez solían) ser objeto de pacto entre los contratantes (pactum periculi: cf. Diocl. C. 4, 33, 2 [1] y 5 [4]). D. 22, 2, 4 pr. (Papin. 3 resp.) indica que, si el negocio se ha realizado sin asunción del riesgo del prestamista, o a partir del momento en que esa nota del negocio cese, v. gr. por cumplimiento del plazo establecido o por retorno de la nave indemne, ya no se pueden reclamar intereses por el capital prestado más allá del interés legal (legitima usura): es decir, hay una conversión del negocio, y esto significa que este ya no es un fenus nauticum, sino un mutuo ordinario; sobre el pasaje, vid. últimamente Pontoriero, Il prestito (nt. 2), 39 ss. (con lit.).
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tiones ligadas al riesgo en el negocio. La eventual aparición de un derecho de garantía real sobre las mercancías adquiridas con el dinero no supone un cambio en el objeto del derecho del acreedor, que sigue siendo la reclamación de la entrega de una cantidad de dinero, sino tan solo la emergencia de un derecho añadido (bien es verdad que sujeto a las reglas del préstamo marítimo, si no hay pacto en contrario, que no son las comunes del mutuo ordinario). A esta interpretación no se opone, a mi juicio, el tenor de D. 22, 2, 1. En este pasaje, Modestino no pretende indicar cuál es el objeto del préstamo – que sólo puede ser el dinero –, sino que trata de fijar los límites conceptuales del préstamo marítimo desde un punto de vista objetivo. El jurista intenta precisar el concepto de esta figura contractual, indicando en qué hipótesis se entiende existente la causa de ese negocio y en cuáles no, señalando las condiciones que deben cumplirse para que esa entrega de dinero en concepto de préstamo tenga la consideración de fenus nauticum y permita proporcionar así unos determinados derechos al acreedor que no tendría en caso de ser un simple mutuo dans. El prestamista conserva su derecho como tal siempre que se cumplan las condiciones previstas, entre las cuales figura la posible inversión del dinero prestado en la adquisición de mercancías para comerciar con ellas, pero siempre bajo el riesgo del acreedor durante la travesía y el período pactado. No hay, pues, alteración del objeto del derecho y, por tanto, no puede haber verdadera subrogación real, aunque, como hemos dicho, la idea de subrogación juegue un papel importante en la configuración conceptual del instituto. Todo ello constituye, una vez más, una prueba inequívoca de la sutilidad analítica de los juristas romanos clásicos en la construcción racional de su sistema normativo, incluso en el caso de figuras jurídicas demandadas por la práctica económica de su época (marcada por una creciente „globalización“ y „mercantilización“ de las relaciones económicas, al menos hasta la crisis del siglo III31), pero que en su estructura básica y sus caracteres dogmáticos solo con dificultad encajaban en los perfiles y esquemas conceptuales del sistema romano tradicional32.
31 Vid. sobre esto, recientemente, Luigi Labruna, Römisches Marktrecht und Expansionspolitik, en: Robert Feenstra et al. (eds.), Collatio Iuris Romani. Études dédiées à Hans Ankum à l’occasion de son 65e anniversaire, I, Amsterdam, 1995, 223 – 240 (con abundante lit. en 238 – 240). 32 El instituto ha sido descrito agudamente como un tignum immissum en el edificio del viejo Derecho de obligaciones romano, una pieza que nunca llegó a asimilarse del todo en sus estructuras constitutivas: cf. Umberto Santarelli, La prohibición de la usura, de canon moral a regla jurídica. Modalidades y éxitos de un „transplante“, en: Carlos Petit (ed.), Del ius mercatorum al Derecho mercantil. III Seminario de Historia del Derecho Privado (Sitges, 28 – 30 de mayo de 1992), Madrid 1997, 237 – 256, 242.
Noch einmal: die repromissio und die satisdatio secundum mancipium im klassischen römischen Recht Von Hans Ankum I. Vor mehr als dreißig Jahren veröffentlichte ich unter dem Titel „Alla ricerca della repromissio e della satisdatio secundum mancipium“1 eine ziemlich ausführliche Abhandlung, in der ich diesen nebulösen Rechtsfiguren schärfere Konturen gab. Die Zugänglichkeit dieser Arbeit ist durch die Aufnahme in den Sammelband Extravagantes größer geworden2. Als ich auf der Suche war nach einem Thema für meinen Beitrag an die Festschrift für meinen hochgeschätzten Kollegen und lieben Freund Christoph Krampe, fiel mir bei der Lektüre zum Gegenstand der repromissio secundum mancipium (r.s.m) und der satisdatio secundum mancipium (s.s.m.) Einiges auf. In KaserHackl, Das Römische Zivilprozessrecht3, wird die s.s.m., die meiner Meinung nach wahrscheinlich für den Fall eines verkaufenden procurator unter den prätorischen Stipulationen in das prätorische Edikt aufgenommen war, überhaupt nicht erwähnt. Im Studienbuch Römisches Privatrecht von Kaser-Knütel4 und in Finkenauers Habilitationsschrift über Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation5 steht, dass die s.s.m. eine Garantie gegen die rei vindicatio des Prinzipals war, der den vom procurator vorgenommenen Vertrag nicht genehmigte. Dies ist sicher eine zu enge Bezeichnung des Inhalts der prätorischen Stipulation der s.s.m. und lässt die Rolle, die diese Garantie sonst hatte, vollkommen außer Acht. Der italienische Romanist Brutti stellt in seinem neuen Lehrbuch6 die s.s.m. der stipulatio simplae gleich, was gewiss unrichtig ist. Diese Erfahrungen brachten mich zum Gedanken, dass es 1 Diese Abhandlung erschien in Atti dell’Accademia Romanistica Costantiniana (AARC), IV convegno internazionale, Perugia 1981, 741 – 792. 2 H. Ankum, Extravagantes Scritti sparsi di Diritto Romano con una nota introduttiva, un supplemento bibliografico e un indice delle fonti di J. E. Spruit [Antiqua, 93], Napoli 2009, 1 – 54. Unten werde ich diesen Aufsatz unter dem Kurztitel Alla ricerca mit zwei Seitenzahlen zitieren; die erste Zahl ist die aus AARC, die zweite ist die aus den Extravagantes. 3 M. Kaser / K. Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, 1996. 4 M. Kaser / R. Knütel, Römisches Privatrecht, 19. Auflage, 2008, 232 (§ 41 Rz. 28). 5 Th. Finkenauer, Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht [Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, 108], 2010. 6 M. Brutti, Il Diritto Privato nell’Antica, 2. Auflage, Torino 2011, 480.
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Hans Ankum
Gründe gibt, noch einmal auf das Thema der r.s.m. und der s.s.m. zurückzukommen. Meine Erörterungen zu diesem Gegenstand werden gewiss das Interesse meines Freundes Christoph Krampe wecken. Diese Abhandlung hat die folgende Einteilung. In II. fasse ich kurz die Resultate meines erwähnten Aufsatzes zusammen; außerdem füge ich einige ergänzende Bemerkungen hinzu. Danach werde ich in III. vier Punkte erörtern, zu welchen ich meine Meinung seit 1981 geändert habe. Die in III.3. dargestellte Meinungsänderung betrifft den Inhalt der die s.s.m. zum Thema habenden Bücher oder Bücherteile aus Werken klassischer Juristen, die nach der Ediktsfolge aufgebaut sind. Dies hat zur Folge, dass für fünf Texte der Juristen Julian, Venuleius, Paulus und Ulpian eine andere Interpretation notwendig ist. Diese neue Interpretation werde ich in IV. erörtern. II. Die Resultate meines alten Aufsatzes, die ich als die wichtigsten betrachte, fasse ich hier kurz zusammen; einige ergänzende Bemerkungen, mit weiterführenden Gedanken und zu später gefundenen Texten oder später erschienenen Veröffentlichungen, füge ich hinzu. Die r.s.m. war das Versprechen in Stipulationsform des Verkäufers einer res mancipi7, dass er für die nicht von ihm manzipierte sondern nur tradierte Sache dennoch eine auctoritas-Verpflichtung übernahm. Die Frage des stipulierenden Käufers an den promittierenden Verkäufer könnte etwa wie folgt gelautet haben: Auctoritatem mihi praestare et si auctoritatem defugisses vel in rei vindicatione sine dolo malo8 victus sim duplam pecuniam recte mihi dare spondes?9 Auf Grund der auctoritasPflicht hatte der Verkäufer dem Käufer im Prozess Beistand zu leisten, wenn gegen ihn eine rei vindicatio oder eine damit (von den Juristen) gleichgesetzte dingliche Klage10 erhoben wurde und dafür einzustehen, dass dieser im Prozess den Sieg da-
7 In allen uns überlieferten Texten, in denen die verkaufte Sache spezifiziert wird, handelt es sich um eine res mancipi (meistens um ein Grundstück oder einen Sklaven). Nur für den im pagus Olbensis gelegenen fundus Baianus, der in der formula Baetica (aus dem 1. oder 2. nachchristlichen Jahrhundert) erwähnt wird, könnte man daran zweifeln. Zur Erklärung habe ich angenommen, dass wir es hier mit einem aus Rom stammenden Musterformular zu tun haben. 8 s. über die wichtige Rolle dieser Worte für die Denuntiationspflicht des Käufers, Paulus D. 21,2,53,1 und zu diesem Text unten in IV.4. 9 s. zum Vergleich die von mir schon 1979 vorgeschlagene Formulierung der formula der actio de auctoritate: Si paret Nm. Nm. Ao. Ao.rem mancipio dedisse et auctoritatem defugisse vel Am. Am. in rei vindicatione sine dolo malo Ni. Ni. victum esse, quanti ea res mancipio data est tanta pecunia duplex iudex Nm. Nm. Ao. Ao condemnato, si non paret absolvito. s. dazu meinen Aufsatz L’actio de auctoritate et la restitutio in integrum in Maior viginti quinque annis. Essays in Commemoration of the Institute of Legal History of the University of Utrecht, Assen 1979, 5 und Ankum, Alla ricerca, 782 = 44, Fn. 135. Vor kurzem habe ich entdeckt, dass die von mir vorgeschlagene Formulierung einen Fehler enthält und dass man statt der Worte vel Am. Am. in rei vindicatione sine dolo malo Ni. Ni. victum esse die folgenden Worte lesen muss: vel Am. Am. in rei vindicatione sine dolo malo eius (scil. Ai. Ai.) victum esse. 10 Man kann an die actio Publiciana, die vindicatio ususfructus, die actio Serviana und die vindicatio in libertatem denken.
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von trug. Verweigerte der Verkäufer dem Käufer zu helfen oder verlor dieser den Prozess, so konnte der Käufer gegen ihn mit einer actio ex stipulatu vorgehen, die zur Verurteilung der Zahlung des doppelten Kaufpreises führte. Von der s.s.m., die offenbar öfter vorkam als die r.s.m., war die Rede, wenn der Verkäufer Bürgen (sponsores, fidepromissores oder fideiussores) benannte zur Sicherung seiner durch Stipulation übernommenen auctoritas-Haftung. Diese Thesen beruhen auf einer sorgfältigen Exegese verschiedener außerhalb der justinianischen Gesetzgebung überlieferten Texte und einiger Digestenstellen. Die wichtigsten Texte der ersten Kategorie11 sind Plautus, Persa, II, Z.523 – 524, Cicero, Ad Atticum, V,1,2, die formula Baetica, Papinian, l.3 responsorum (in Fr.Vat. 10), in der der Jurist von einer mit der r.s.m. identischen stipulatio auctoritatis spricht12, und Pauli Sent. Rubrica 5,10 und 2,17,113. Daneben habe ich einige in den Digesten überlieferte Juristentexte, in denen man als Teil der justinianischen Interpolationen14 die r.s.m. und die s.s.m. finden kann, interpretiert15. Es handelt sich um Pomponius D. 13,7,8,116, Ulpian D. 19,1,13,1717 und D. 19,11,8 – 9. Zu diesen Digestenstellen kann man jetzt Pomponius D. 21,2,22.118, Scaevola D. 21,2,69,319 und Paulus D. 21,2,41,220, Texte, die ich vor kurzem gefunden habe, hinzufügen21. s. dazu Ankum, Alla ricerca, 755 – 767 = 17 – 29. Vor kurzem habe ich für diesen Text eine schöne Parallele gefunden in Scaevola D. 21, 2,69,3, wo die Kompilatoren evictionis stipulationem contrahi an der Stelle von auctoritatis stipulationem contrahi geschrieben haben. Ich füge hinzu, dass stipulationem contrahere eine gute und übliche Verbindung ist; vgl. Ulpian D. 45,1,1 pr. In diesem Aufsatz werde ich die Termini r.s.m. und stipulatio auctoritatis als Synonyme verwenden. 13 Zur Interpretation dieses Textes habe ich seit 1981 meine Meinung geändert, wie ich hiernach in III.1. darstellen werde. 14 Die Kompilatoren haben mit dem Unterschied zwischen res mancipi und res nec mancipi, der Manzipation und der auctoritas, auch die r.s.m. und die s.s.m. aus den in die justinianische Gesetzgebung aufgenommenen Texten eliminiert. 15 s. Ankum, Alla ricerca, 782 – 788 = 44 – 50. 16 Für diesen Text habe ich (s. Ankum, Alla ricerca, 782 – 785 = 47 – 50) gegen die herrschende Lehre die Meinung vertreten, dass wir es hier mit einem verkaufenden Pfandgläubiger und nicht mit einem verkaufenden fiduziarischen Gläubiger zu tun haben; in demselben Sinn auch B. Noordraven, Die Fiduzia im römischen Recht, Amsterdam 1999, 21 – 22. Übrigens wird der Pfandgläubiger wie der fiduziarische Gläubiger meistens mit dem Schuldner verabredet haben, dass er bei dem Pfandverkauf keine Haftung für Eviktion übernehmen werde. Der verkaufende Pfandgläubiger übernahm eine solche Haftung normalerweise nicht; s. dazu D. Nörr, Probleme der Eviktionshaftung im klassischen römischen Recht, in SZ 121 (2004), 165 und 181. 17 s. zu diesem Text H. Ankum, La vente d’une part d’un fonds de terre commun dans le droit romain classique, in BIDR 83 (1980), 67 – 107 und K. Misera, Akzession und Surrogation, zufolge einer adiudicatio, in SZ 103 (1986), 383 – 498. 18 s. über diesen Text, W. Ernst, Rechtsmängelhaftung [Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, 79], 1995, 23, Fn. 89. 19 s. meine Bemerkungen zu diesem Text oben, Fn. 12. 20 s. über diesen Text P. Kieß, Die Confusio im klassischen Römischen Recht, Berlin 1995, 73 – 79, der zu Unrecht annimmt, dass das Grundstück dem Käufer manzipiert worden ist. 11
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Die r.s.m. und die s.s.m. wurde von dem Verkäufer einer res mancipi (ohne oder mit Stellung von Bürgen) auf Verlangen des Käufers geleistet, um mittels einer die Folgen der mancipatio imitierenden Stipulation die auctoritas-Haftung in Fällen zu begründen, in denen die Sache nicht manzipiert und nur tradiert wurde und eine Manzipation aus rechtlichen Gründen nicht möglich war22. Davon ist zum Beispiel die Rede, wenn der Käufer ein peregrinus war oder wenn der Verkäufer ein Sklave, ein filiusfamilias oder ein procurator war, dem das Recht, die Sache seines Meisters, seines Vaters oder seines Prinzipals durch mancipatio zu veräußern, nicht zustand23. Da ein Fall der s.s.m.24 in das prätorische Edikt unter den stipulationes praetoriae25 aufgenommen wurde, war es sinnvoll, mit Hilfe von Lenels Edictum Perpetuum26 den für uns hier interessierenden Teil des Titels über die prätorischen Stipulationen zu rekonstruieren. Der Inhalt dieses Teiles war folgender: die cautio ratam rem haberi, von einem procurator ad litem geleistet, der in einem Prozess Vertreter des Klägers war, die formula der actio de auctoritate27, die s.s.m. und die cautio ex operis novi nuntiatione. Als Antwort auf die Frage, von welchem Fall hier die Rede war, habe ich die Hypothese formuliert, dass der Prätor denjenigen, der für einen Dritten als procurator eine res mancipi verkaufte und, weil er sie nicht manzipieren konnte, nur tradierte, zwang eine s.s.m. vorzunehmen28. Diese Hypothese halte ich noch immer für gut vertretbar. Durch die stipulatio auctoritatis war der Käufer in der selben Position wie ein Käufer, dem die Sache manzipiert wurde. Demjenigen, der eine res mancipi von einem procurator gekauft hatte, drohte noch eine andere Gefahr, nämlich die, dass der Prinzipal des Procurators den von diesem vorgenommenen Verkauf (und die darauf folgende traditio) nicht genehmigte und die vom
21 Man kann für ein besseres Verständnis von r.s.m. und s.s.m. auch die unten in IV. interpretierten Texte aus dem Kontext der prätorischen Stipulationen studieren. In III.3. werde ich erörtern, weshalb ich eine neue Exegese dieser Texte für angebracht halte. 22 Bei der Redaktion meines 1981 veröffentlichten Aufsatzes war ich der Meinung, dass die r.s.m. und die s.s.m. nur abgeschlossen wurden in Fällen, in denen die Vornahme einer Manzipation rechtlich nicht möglich war. Wir werden in III.2. darlegen, dass diese Meinung zu eng ist und dass wir in den oben erwähnten und in den hiernach in IV. behandelten Texten auch andere Fälle finden. 23 s. zur Unfähigkeit dieser Personen, die mancipatio als mancipio dantes zu verrichten, M. Kaser, Das Römische Privatrecht, I, 2. Auflage, 1971, 267, H. Ankum, Mancipatio by Slaves in Classical Roman Law, in Huldigingsbundel, Paul van Warmelo, Pretoria 1984, 4 – 17 und M. Kaser / R. Knütel, Römisches Privatrecht, 19. Auflage, 79 (§ 11. Rz.15). 24 Nach unserer Hypothese betraf dieser den Verkauf einer res mancipi durch einen procurator; s. hiernach im Text. 25 Die stipulatio duplae wurde im Ädilenedikt erwähnt und von den Juristen in ihrem Kommentar zu diesem Edikt erläutert; vgl. Ankum, Alla ricerca, 768 – 771 = 30 – 33. 26 O. Lenel, Das Edictum Perpetuum, 3. Auflage, Leipzig 1927, 541 – 549. 27 Es leuchtet ein, dass diese der s.s.m. vorangeht, da man die s.s.m. nicht verstehen kann, ohne die actio de auctoritate zu kennen. 28 Dazu konnte der Prätor dem procurator die actio venditi auf Zahlung des Kaufpreises verweigern oder dem Käufer die actio empti auf Zahlung des duplum pretium gewähren.
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procurator verkaufte Sache vindizierte29. Auch dagegen war der Käufer durch die r.s.m. geschützt und da es sich hier um eine Gefahr handelte, die demjenigen, der von einer in eigenem Namen handelnden Person kaufte, nicht drohte, war hier von einer s.s.m. die Rede: der verkaufende procurator wurde vom Prätor gezwungen, sein Versprechen zur Leistung der auctoritas mit Bürgen zu verstärken. Mit Hilfe von Lenels Palingenesia haben wir endlich feststellen können, dass vier Juristen, deren Werke nach der Folge des prätorischen Edikts aufgebaut sind, in einem besonderen Buch oder in einem besonderen Teil eines Buches die s.s.m. behandeln. Es handelt sich um das 58. Buch der Digesta Julians, um das 17. Buch der Monographie De stipulationibus des Venuleius, um das 77. Buch des von Paulus geschriebenen Ediktskommentars und um das 81. Buch des Ediktskommentars Ulpians. Aus diesem palingenetischen Kontext sind uns die fünf folgenden Texte bewahrt: Julian D. 21,2,40 und D. 21,2,43, Venuleius D. 21,2,76, Paulus D. 21,2,53 und Ulpian D. 21,2,52. Zu dem genauen Inhalt dieser Texte bin ich zu einer neuen Einsicht gekommen, wie ich unter III.3. darstellen werde. Diese führt dazu, dass eine neue Exegese dieser Texte sinnvoll ist. Eine solche neue Interpretation der erwähnten Juristentexte findet man in IV. dieser Abhandlung. III. Ich komme jetzt zu der Erörterung von vier Punkten zu welchen ich seit 1981 meine Meinung geändert habe. Sie betreffen die Interpretation von Pauli Sent. 2,17,1 (siehe III.1.), die Frage, ob nicht in mehr Fällen als die oben erwähnten eine r.s.m. und eine s.s.m. möglich waren (siehe III.2.). Von mir wird jetzt die These vertreten, dass es sich in den am Ende von II. erwähnten Texten immer – anders als ich 1981 annahm – um andere Fälle handelt als die der s.s.m., zu der der Prätor den eine res mancipi verkaufenden procurator zwang (siehe III.3.). Dies führt zu meiner neuen Interpretation in IV. und dem Unterschied zwischen den Folgen der r.s.m. und der stipulatio duplae im Falle des Weiterverkaufs der gekauften Sache, wobei ich zur letztgenannten Stipulation zu einer neuen Ansicht gekommen bin (III.4.). 1. In den Pauli Sententiae findet man nach dem Titel 5,9 über die Stipulationen die Rubrik 5,10, De contrahenda auctoritate. Es ist wahrscheinlich, dass Paulus dort die r.s.m und die s.s.m. besprochen hat. Der nachklassische Überarbeiter der Sentenzen hat dann die für die Praxis nicht mehr relevanten Rechtsfiguren aus dem Text eliminiert, aber die Rubrik versehentlich stehen lassen30. Daneben interpretierte ich aus Pauli Sent., 2,17,131, dass die Worte venditor si eius rei quem vendidit dominus non sit mit dem von einem procurator vorgenommenen Verkauf einer res aliena in Verbindung standen. Diese Interpretation halte ich jetzt nicht mehr für vertretbar. Wenn Paulus die s.s.m. in Sent, 5,10 behandelt hat, so hat er sie nicht auch 29 Kaser / Knütel, Römisches Privatrecht, (Fn. 4) und Finkenauer, Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht (Fn. 5) erwähnen nur diesen Anwendungsfall der s.s.m.; der Käufer konnte jedoch auch in anderen Eviktionsfällen gegen den procurator mit der actio ex stipulatu vorgehen. 30 s. oben, Ankum, Alla ricerca, 764 – 765 = 26 – 27. 31 s. oben, Ankum, Alla ricerca, 765 – 767 = 27 – 29.
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noch in 2,17,132 besprochen. Ich beschränke mich also jetzt auf die Rubrik 5,10 der Paulussentenzen, die man als ein Hinweis auf die s.s.m. betrachten kann. 2. Längere Zeit habe ich über die Anwendungsmöglichkeiten der r.s.m. und der s.s.m außerhalb der prätorischen Stipulation nachgedacht. Nach meiner früheren Auffassung handelte es sich immer um Fälle, in denen der Verkäufer einer res mancipi die Sache nicht manzipierte, weil er als Sklave, als filiusfamilias oder als procurator dazu nach dem ius civile nicht befugt war oder weil der Käufer ein peregrinus war. Dies sind alles Fälle, in denen die mancipatio rechtlich unmöglich war33. Man kann sich aber auch vorstellen, dass eine Manzipation faktisch unmöglich war, zum Beispiel weil die Parteien in einer entfernten Gegend keinen libripens und keine Zeugen finden konnten. Auch ist es denkbar, dass sie lieber die einfacheren Formalitäten der stipulatio als die der mancipatio erfüllten. Der Anwendungsbereich der r.s.m. und der s.s.m. war also breiter als ich früher angenommen habe. Darauf muss man bei der Interpretation der Texte, die wir uns unter IV. vornehmen werden, achten. Übrigens darf man die Wichtigkeit der r.s.m. und der s.s.m. nicht überschätzen, wenn man sich die wichtige Rolle der auf der stipulatio duplae basierenden actio ex stipulatu und seit Pomponius und Julian der actio empti in Eviktionsfällen bewusst ist34. 3. Oben haben wir am Ende von II. gesehen, dass fünf Texte aus dem Kontext der s.s.m. überliefert wurden. Früher bin ich bei der Interpretation dieser Texte fast immer davon ausgegangen, dass sie sich auf den Fall der prätorischen Stipulation des verkaufenden Prokurators beziehen, obwohl sie dies nicht ausdrücklich erwähnen. Diesen Standpunkt habe ich aufgegeben. Es scheint mir jetzt viel wahrscheinlicher, dass die Juristen nur dann, wenn dies aus der Redaktion des Textes zwingend hervorgeht, über die prätorische s.s.m. sprechen. Die vier Juristen, von denen uns Fragmente aus dem Kontext der prätorischen s.s.m. vorliegen, haben, bevor sie zur Erörterung dieser satisdatio übergingen, erst über die r.s.m. und die s.s.m. im Allgemeinen geschrieben. Als Argument dafür kann ich auf die überzeugende Parallele zur der allgemeinen Erörterung der Stipulation, die der Behandlung der prätorischen Stipulationen vorangeht, hinweisen. Die nachfolgenden Beispiele35 sind lehrreich. s. über diesen Text, Nörr, Probleme der Eviktionshaftung (Fn. 16), 153. Auch ist es denkbar, dass der Käufer Bürgen verlangte und dass der manzipierende Verkäufer vor der Anerkennung der fideiussio am Ende der Republik, sponsores oder fidepromissores geben wollte, was zur Verstärkung der auf der mancipatio basierenden auctoritas-Pflicht nicht möglich war. Dann wurde die s.s.m. geleistet. 34 s. darüber meinen Aufsatz Problemi concernenti l’evizione del compratore nel diritto Romano classico (la relazione fra le azioni spettanti al compratore: actio de auctoritate, actio ex stipulatu basata su una stipulatio de evictione e actio empti), in Vendita e trasferimento della proprietà nella prospettiva storico-comparatistica, Milano 1991, 597 – 628 = Extravagantes, 105 – 226; Ernst, Rechtsmängelhaftung (Fn. 18), 7 – 90; Nörr, Probleme der Eviktionshaftung (Fn. 16), 152 – 188, der zeigt, dass es auf diesem Gebiet noch viele ungelöste Probleme gibt, und Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 49 – 94. 32 33
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Celsus gibt im 26. Buch seiner Digesta eine allgemeine Erörterung von Problemen bezüglich der stipulatio und behandelt danach die stipulationes praetoriae. Die libri 52 – 54 der Digesta Julians haben den Titel De stipulationibus; danach beginnt dieser Jurist im 55. Buch die Behandlung der prätorischen Stipulationen mit der Erörterung von Problemen bezüglich der cautio vadimonium sisti. In den Digesta von Marcellus geht dem 21. Buch über die stipulationes praetoriae das 20. Buch über die Stipulation im Allgemeinen voraus. Paulus beginnt im 72. Buch seines Ediktskommentars mit allgemeinen Erörterungen über die Stipulation, bevor er im 75. Buch die prätorischen Stipulationen, beginnend mit der cautio iudicatum solvi, erörtert. Diese Parallele bringt mich dazu, anzunehmen, dass die vier Juristen, von denen uns im Rahmen der prätorischen Stipulationen Bücher(teile) über die s.s.m. bekannt sind, mit der allgemeinen Behandlung der r.s.m. und s.s.m. angefangen haben und erst danach den Fall der s.s.m. als prätorische Stipulation erörtert haben. Da wir von den fünf hier interessanten Texten, nämlich Julian D. 21,2,40 und D. 21,2,43, Venuleius D. 21,2,76, Paulus D. 21,2,53 und Ulpian D. 21,2,52 im aus 1981 datierenden Aufsatz nur drei interpretiert haben, wobei wir – wie ich jetzt meine zu Unrecht - versucht haben in diesen Texten immer den Fall des verkaufenden procurator zu Grunde zu legen, scheint es mir lohnend, diese Texte ohne Vorurteil neu zu interpretieren. Diese Textexegesen werden den Inhalt von IV. bilden. 4. Lehrreich ist der Vergleich zwischen den Folgen der r.s.m. und der stipulatio duplae im Falle von Weiterverkauf einer gekauften res mancipi. Hatte V1 die Sache dem K1 verkauft (und tradiert) und hatte dieser (als V2) die Sache dem K2 weiterverkauft, so konnte K1 gegen V1 die auf der r.s.m. basierende actio ex stipulatu schon im Zeitpunkt, in dem K2 einen gegen ihn angespannten Vindikationsprozess verloren hat, erheben, auch wenn er die geforderte Sache dem Vindikanten noch nicht herausgegeben hat oder ihm die litis aestimatio noch nicht bezahlt hat. Diese Auffassung beruht (für die zu diesem Punkt identische actio de auctoritate) auf meiner Interpretation der Julianstelle D. 21,2,39,1, die ich nach früheren Versuchen das letzte Mal 2002 veröffentlicht habe36 und an welcher ich festhalte. Nicht folgen kann ich der neuen Interpretation von Finkenauer37, der zu diesem Text viele Fragen offen lässt und erstaunlicherweise trotz der zahlreichen modernen romanistischen Untersuchungen38 die Existenz der auctoritas-Haftung im klassischen Recht in Zweifel setzt. 35 s. für diese Daten, Lenel, Das Edictum Perpetuum (Fn. 26), 514 und Lenel, Palingenesia Iuris Civilis, 2 Bände, Lipsiae 1889. 36 s. Ankum, La responsabilité du vendeur pour éviction dans le cas de sous-aliénation en droit romain classique, in : Viva vox Iuris Romani. Essays in honour of J.E.Spruit, Amsterdam 2002, 231 – 235. Meine Interpretation wird übernommen von W. Ernst, D. 19,1,43 / 45 pr, / 45.2 revisited, in: Festschrift Knütel, Heidelberg 2009, 284, der mit Recht feststellt, dass das ganze Julianfragment D. 21,2,39 sich auf die actio auctoritatis bezieht. 37 Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 82 – 86. 38 s. die Arbeiten aufgeführt bei Ernst, Rechtsmängelhaftung (Fn. 18), 245 – 255 und in Festschrift Knütel (Fn. 36), 271 – 311.
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Hat V1 sich dem K1 bezüglich einer von dem Letztgenannten weiterverkauften Sache durch eine stipulatio duplae für Eviktion verbunden, so konnte K1 die actio ex stipulatu gegen V1 ab dem Zeitpunkt erheben, in dem K2 den gegen ihn angestrebten Vindikationsprozess verloren hatte und dem Kläger die Sache herausgegeben oder die litis aestimatio bezahlt hatte. Früher dachte ich, dass die Klage des ersten Käufers eine Regressklage sei und dass K1 erst gegen V1 aus der stipulatio duplae vorgehen könnte, nachdem K2 gegen ihn wegen der Eviktion der Sache geklagt hatte. Diese lange von mir vertretene Auffassung gebe ich jetzt auf unter dem Eindruck der neuen Behandlung des Problems „Eviktion der Kaufsache bei Dritten“ durch Finkenauer in seinem Buch Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht auf 39. Finkenauers neue Interpretation von Ulpian D. 21,2,21,1, die viel einfacher ist als meine frühere, da sie von dem „Grundfall eines Dreipersonenverhältnisses von Verkäufer (V), Käufer (K) und vindizierendem Eigentümer (E)“ ausgeht, und seine Interpretation von der Klausel is ad quem ea res pertinebit in den siebenbürgischen Wachstafeln aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert haben mich von der Richtigkeit seiner Meinung überzeugt, das „die Parteien auch40 den Fall“ berücksichtigten, „dass dem Einzelrechtsnachfolger des Käufers die Sache entwendet wurde“41. Hiermit ist der Unterschied zwischen den Folgen der r.s.m. und der stipulatio duplae kleiner geworden, weil die Eviktion42 des zweiten Käufers für den ersten Käufer in beiden Fällen die Grundlage für die actio ex stipulatu gegen V1 war und er im Falle der stipulatio duplae nicht auf das Vorgehen gegen ihn seitens des zweiten Käufers zu warten hatte43. IV. Jetzt kommen wir zur Exegese der fünf schon einige Male erwähnten Texte der Juristen Julian, Venuleius, Paulus und Ulpian, die uns einige neue Einsichten in die Rechtsfiguren der r.s.m. und der s.s.m. verschaffen wird. 1. Der erste Juliantext, der uns aus dem Kontext der s.s.m. überliefert worden ist, ist Julian D. 21,1,4044.
s. oben, Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 79 – 94. Neben dem Fall der Eviktion des Gesamtnachfolgers des Käufers. 41 s. Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 94. 42 Hiermit ist für die r.s.m. den Verlust des gegen K2 angespannten dinglichen Prozesses und für die stipulatio duplae auch die darauf folgende Sachherausgabe oder Zahlung der litis aestimatio gemeint. 43 In meinem Aufsatz Alcuni problemi concernenti la responsabilità per evizione del venditore nel diritto Romano classico, in: Atti dell’Accademia Peloritana dei Pericolanti, Classe di Scienze Giuridiche, Economiche e Politiche 58, 1990, 6 – 13 = Extravagantes, 186 – 193, habe ich 12 Unterschiede zwischen der Haftung des Verkäufers für Eviktion auf Grund der auctoritas und der Haftung auf Grund einer Eviktionsstipulation wie der stipulatio duplae auseinandergesetzt. Der neunte Unterschied (s. 10 – 11 = Extravagantes, 180 – 191) betrifft den Fall der Eviktion des zweiten Käufers. Man muss diesen Unterschied jetzt korrigieren unter Berücksichtigung des oben im Text Geschriebenen. 44 Vgl. über diesen Text, Ankum, Alla ricerca, 775 – 777 = 37 – 39. 39 40
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D. 21,2.40 Iulianus l. 58 digestorum Si is qui satis a me de [evictione] 45 accepit, fundum a me herede legaverit, confestim fideiussores liberabuntur, quia, etiamsi evictus fuerit ab eo cui legatus fuerat, nulla adversus fideiussores actio est. Wenn jemand, der von mir ein durch Stipulation gegebenes und durch Bürgen verstärktes Versprechen für auctoritas empfangen hat46, ein Grundstück zu Lasten von mir, den er als Erben eingesetzt hat, vermacht hat, so werden die Bürgen unmittelbar [mit dem Erbfall47] frei, da es, selbst wenn das Grundstück von demjenigen, dem es vermacht worden ist evinziert worden ist, keine Klage gegen die Bürgen gibt.
Der Verkäufer eines Grundstücks (V) hat dem Käufer (K) die auctoritas mittels Stipulation versprochen und dieses Versprechen durch Bürgen (fideiussores) verstärkt. Hier ist also von einer s.s.m. die Rede. V hat dem K den Besitz des Grundstücks übertragen. Der Verkäufer hat den Käufer als Erben eingesetzt und in sein Testament ein legatum per vindicationem bezüglich des Grundstücks aufgenommen. Der Käufer ist gestorben und der Verkäufer hat die Erbschaft angetreten. Der Erbe (V) stellt den Legatar in den Besitz des vermachten Grundstücks. Danach wird der fundus dem Legatar durch eine dingliche Klage, zum Beispiel die actio Serviana eines Pfandgläubigers, entzogen. Die von Julian behandelte Frage ist, wie die rechtliche Position der fideiussores, die sich dem verstorbenen Käufer verbürgt hatten, ist. Julians Antwort ist, dass die Bürgen confestim, unmittelbar nachdem der Verkäufer den Nachlass angetreten hat, befreit sind, weil gegen sie als Folge der confusio keine Klage mehr möglich ist. Der Jurist behandelt diese Frage gerade für den Fall der s.s.m., weil in diesem Fall die Vereinigung der Gläubiger- und der Schuldnerstellung in einer Person (nämlich der des Erben) der einzige Grund des Erlöschens der Verbindlichkeit der fideiussores ist. Bei der stipulatio duplae würde es wahrscheinlich noch einen zweiten Grund für die Unmöglichkeit einer Klage gegen die fideiussores geben. Vergleichen wir jetzt diese beiden Fälle. Wäre im Falle der s.s.m. eine andere Person (X) als der Verkäufer vom Käufer zum Erben eingesetzt worden, so wäre vom Erben eine Klage gegen die Bürgen möglich gewesen, weil die auf der stipulatio auctoritatis basierende actio ab dem Zeitpunkt der Eviktion des Legatars möglich war. Wäre im Falle einer stipulatio duplae ein Dritter (X) zum Erben eingesetzt worden, so gäbe es wahrscheinlich bei Eviktion keine Klage gegen die fideiussores, weil ein Klageinteresse des Erben an der actio ex stipulatu fehlen würde, da der Legatar kein Rechtsmittel gegen ihn hatte48. Hätte zwischen Julian könnte auch geschrieben haben: Si is qui a me secundum mancipium accepit … Da s.s.m. das durch Bürgen gesicherte, in Stipulationsform gegebene Versprechen des Verkäufers bezeichnet, halte ich Kupisch’ Übersetzung (s. unten, Fn. 47): „Hatte jemand, der von mir … wegen Eviktion Sicherheit durch Bürgen erhalten hatte …“ für weniger genau. 47 So richtig die Übersetzung des Textes von B. Kupisch in Corpus Iuris Civilis. Text und Übersetzung IV, Digesten 21 – 27, gemeinschaftlich übersetzt und herausgegeben von R. Knütel / B. Kupisch / H. H. Seiler / O. Behrends, Heidelberg 2005, 64. 48 s. über die Folgen der Eviktion eines Legatars für die stipulatio duplae zwischen dem Erblasser und dem Käufer Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 92 – 93. 45 46
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dem verkaufenden Erblasser und dem Käufer eine stipulatio duplae stattgefunden, so hätte es also neben der confusio noch einen anderen Grund für die liberatio der Bürgen gegeben. Der im Juliantext D. 21,2,40 behandelte Fall der s.s.m. war also rechtlich interessanter als der der stipulatio duplae, weil hier die confusio der einzige Grund der Unmöglichkeit der Klage gegen die Bürgen war. 2. Der zweite Juliantext, den wir hier interpretieren wollen, ist D. 21,2,43. D. 21.2.43 Iulianus l. 58 digestorum49 Vaccae emptor, si vitulus qui post emptionem natus est evincatur, agere ex [duplae] stipulatione non potest, quia nec ipsa nec usus fructus evincitur. nam quod dicimus vitulum fructum esse vaccae, non ius, sed corpus demonstramus, sicuti praediorum frumenta et vinum fructum recte dicimus cum constet eadem haec non recte usum fructum appellari. Wenn ein Kalb evinziert wird, das nach dem Kauf geboren worden ist, kann der Käufer der Kuh nicht aus der stipulatio auctoritatis klagen, weil weder die Kuh selbst noch ein Nießbrauch, ususfructus, an ihr vindiziert wird. Denn wenn wir sagen, das Kalb sei Frucht, fructus, der Kuh, bezeichnen wir damit nicht ein Recht sondern eine Sache, so wie wir auch Getreide und Wein von einem Landgut richtig als Frucht bezeichnen, obwohl feststeht, dass eben all das unrichtigerweise auch ‚Nießbrauch‘ genannt wird.50
Die schwierige Frage, für die der Interpret dieses Textes eine Lösung finden muss, ist, wie man sich den hier von Julian erörterten Fall vorzustellen hat. Es handelt sich offenbar um die Eviktion des Kalbes, ohne dass der Käufer auch die Kuh herausgeben sollte. Ein Gedanke, der mir sehr einleuchtet ist, dass es sich hier um ein an dem Kalb als einer künftigen Frucht begründetes (besitzloses) Pfandrecht handelt51. Aus zwei Gaiustexten, nämlich D. 20,1,15 pr. und D. 20,4,11,3 können wir ableiten, dass die Juristen ein solches Pfandrecht52 als wirksam anerkannten und dass der Pfandgläubiger nach der Geburt der Frucht (in unserem Falle des Kalbes) eine actio Serviana utilis erheben konnte unter der Bedingung, dass der Pfandbesteller die Muttersache (in unserem Falle die Kuh) im Zeitpunkt der pignoris conventio in bonis besaß53. 49 In Ankum, Alla ricerca, 772 = 34, Fn. 100 habe ich den Textteil quia … appellari eine nachklassische Glosse genannt, weil von einer ziemlich banalen Argumentation die Rede sei. Diese These vertrete ich jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich hat der Fragesteller, der als Käufer die actio ex stipulatu erheben wollte sich der offenbar in der Praxis vorkommenden unrichtigen Bezeichnung eines fructus (wie ein Kalb) als ususfructus angeschlossen. 50 Für diesen Text habe ich die Übersetzung von Kupisch in Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung, IV, Digesten 21 – 27 (Fn. 46) übernommen. Nur habe ich das von den Kompilatoren geschriebene Wort duplae durch auctoritatis ersetzt. Die Übersetzungen der übrigen Texte sind von mir. 51 Ich verdanke diesen Gedanken meinem Freunde Eric Pool (Amsterdam), mit dem ich über den Juliantext D. 21,2,43 ein lebhaftes Gespräch geführt habe. 52 s. über dieses Pfandrecht an künftigen Früchten, P. Frezza, Le garanzie delle obbligazioni, Corso di Diritto Romano, II, Le garanzie reali, Padova 1963, 153 – 154, M. Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht, Napoli 1982, 334, Fn. 205 und G. Krämer, Das besitzlose Pfandrecht, Entwicklungen in der römischen Republik und im frühen Prinzipat, Köln usw. 2007, 72, Fn. 59 und 77, Fn. 69.
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Wir können uns nun den von Julian behandelten Fall wie folgt vorstellen. Jemand hat eine Kuh54 verkauft, an deren künftiger Frucht er selber oder derjenige, von dem er die Kuh erworben hat, ein besitzloses Pfandrecht begründet hat. Er hat die Kuh dem Käufer nicht manzipiert, sondern sie ihm nur durch traditio übergeben. Auf Verlangen des Käufers hat er bezüglich der verkauften Kuh eine r.s.m. geleistet. Kurz danach wird das Kalb geboren und dann evinziert. Der Pfandgläubiger erhebt gegen den Käufer eine actio Serviana utilis, wonach der Käufer das geforderte Kalb herausgibt. Die Frage, ob der Käufer auf Grund der r.s.m. gegen den Verkäufer vorgehen kann, wird von Julian verneint. Die actio ex stipulatu, die auf der stipulatio auctoritatis basierte, war nicht möglich, weil von einer Eviktion der Kuh, die der einzige Gegenstand der Stipulation (und des Kaufes) war, nicht die Rede war. Das wäre der Fall, wenn der Dritte den Käufer mit einer vindicatio ususfructus (einer mit der rei vindicatio gleichgestellten Klage) belangt hätte. Es wäre jedoch rechtlich unrichtig, die Forderung einer Frucht (nämlich des Kalbes) eine vindicatio ususfructus (eine Forderung des Nießbrauchs) zu nennen55. Deshalb kann der Käufer auf Grund der r.s.m. bezüglich der Kuh in diesem Fall nicht klagen. Aus demselben Grund konnte der Käufer auch nicht auf Grund der stipulatio duplae gegen den Verkäufer vorgehen. Zur Frage der Möglichkeit der actio empti äußert Julian sich im hier studierten Fragment nicht. Ich vertrete dazu die folgende Meinung. Hat der Verkäufer selbst das Pfandrecht an dem noch ungeborenen Kalb begründet, oder kannte er das vom vorigen Eigentümer begründete Pfandrecht und hat dem Käufer gegenüber darüber nichts erwähnt, so kann der Käufer wegen dolus venditoris mit der actio empti gegen den Verkäufer vorgehen. Kannte der Verkäufer das am künftigen Kalb begründete Pfandrecht nicht, so ist fraglich, ob auch dann die actio empti gegen ihn möglich war. Wie ich ausführlich nachgewiesen habe56, konnte der Käufer im Falle der Eviktion der gekauften Sache nicht mit der actio empti klagen, wenn der Verkäufer durch Stipulation eine besondere Eviktionsgarantie abgegeben hatte. Die Kaufklage war in einem solchem Fall eine subsidiäre Klage, die nur in 53 Notwendig war, dass der Pfandbesteller im Zeitpunkt der Pfandbestellung pleno iure (das heißt nach dem ius civile und nach dem prätorischen Recht) oder nur nach dem prätorischen Recht Eigentümer der Muttersache war. s. über die Bedeutung des in bonis-Ausdrucks in der formula der actio Serviana des Pfandgläubigers, H. Ankum / M. van Gessel-de Roo / E. Pool, Die verschiedenen Bedeutungen des Ausdrucks in bonis alicuius esse / in bonis habere im klassischen römischen Recht, in: SZ 104 (1987), 369 – 430. 54 Aus nichts geht hervor, dass der Verkäufer für einen Prinzipal handelt, so dass wir ruhig von einer den Vertrag für sich selber abschließenden Vertragspartei ausgehen können. 55 Das kam offenbar in der Praxis vor und wahrscheinlich hat der Käufer der Kuh, der sich an Julian für ein Gutachten gewendet hat, sich dieser falschen Terminologie bedienen wollen, um die aus der r.s.m. hervorgehende Klage gegen den Verkäufer erheben zu können; vgl. oben, Fn. 49. 56 s. Ankum, Problemi concernenti l’evizione (Fn. 34), 616 – 628 = Extravagantes, 214 – 226 und Pomponio, Juliano y la responsabilidad del vendedor por evicción con la actio empti, in RIDA 3e série, tome 39, 58 – 60. Ernst, Festschrift Knütel (Fn. 36), 38 – 39 und Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 73 – 74 haben diese von mir gegen die herrschende Meinung vertretene Auffassung übernommen.
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Fällen der Eviktion einer akzessorischen Sache, zum Beispiel einer Frucht des verkauften Tieres oder eines partus ancillae der verkauften Sklavin, benutzt werden konnte. Auch im Falle des Julianfragments D. 21,2,43 war also für die Eviktion des Kalbes eine actio empti im Interesse des Käufers möglich. 3. Venuleius, der im 16. Buch seiner Monographie über die Stipulationen die auf der Manzipation basierende auctoritas des Verkäufers, einer res mancipi, erörtert hat, hat im 17. Buch dieses Werkes Probleme bezüglich der r.s.m. und der s.s.m. behandelt. Wir wollen jetzt das einzige uns überlieferte Fragment aus diesem Buch neu interpretieren57. D. 21.2.76 Venuleius l.17 stipulationum Si alienam rem mihi tradideris et eandem pro derelicto habuero, amitti auctoritatem [id est actionem pro evictione] placet. Wenn du mir eine fremde Sache [verkauft und] deren Besitz übertragen hast und ich [denkend, Eigentümer der Sache geworden zu sein] die Sache preisgegeben habe, so bin ich der Meinung, dass die auctoritas verloren geht.
Die Kürze des Textes macht es schwierig, sich den von Venuleius erörterten Fall konkret vorzustellen. Die Worte alienam rem („fremde Sache“) könnten darauf hinweisen, dass der Verkäufer ein für seinen Prinzipal verkaufender procurator war. War die verkaufte Sache eine res mancipi, so konnte er vom Prätor zur Vornahme einer s.s.m. gezwungen werden. Für wahrscheinlicher halte ich es jetzt, dass jemand eine ihm nicht gehörende Sache (eine res aliena), die eine res mancipi war, verkauft und tradiert hat und dass er auf Verlangen seines Käufers eine r.s.m. geleistet hat. Der Käufer dachte, prätorischer Eigentümer geworden zu sein und hat danach die Sache derelinquiert in der Überzeugung, Besitz und Eigentum der Sache aufzugeben. Wenn es sich später herausstellt, dass er eine „fremde“ Sache erworben hat, steht ihm nach Venuleius die auf der promissio auctoritatis basierende actio ex stipulatu nicht mehr zur Verfügung, da der Eigentümer gegen ihn nicht mehr vindizieren kann, weil er selber den Besitz der Sache aufgegeben hat. 4. Wir kommen jetzt zur Behandlung des Paulustextes D. 21,2,53. Die beiden Paragraphen dieses Fragmentes kann man am besten zusammen interpretieren, da aus dem § 1 hervorgeht, dass im ganzen Text von einer stipulatio auctoritatis die Rede ist.
57 Früher habe ich schon zwei andere Interpretationen dieses Textes vorgeschlagen, die ich jetzt nicht mehr für richtig halte. In L’actio auctoritatis appartenant à l’acheteur mancipio accipiens a-t’-elle existé? in AARC, 3o convegno internazionale, Perugia 1979, 23 habe ich das Wort auctoritatem im Text auf die Gewährshilfe des Manzipanten bezogen; das stimmt nicht, da Venuleius dieses Thema im 16. Buch seines Werkes besprochen hat. Danach habe ich in Ankum, Alla ricerca, 777 – 778 = 39 – 40 angenommen, dass Venuleius sich in D. 21,2,76 mit dem verkaufenden procurator einer res mancipi auseinandergesetzt habe. Das halte ich jetzt für weniger wahrscheinlich, da von einem procurator überhaupt nicht gesprochen wird und man den Ausdruck alienam rem auch eine andere Bedeutung geben kann als die einer Sache, die ein procurator für seinen Prinzipal verkauft hat.
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D. 21.2.53 Paulus l.77 ad edictum58 Si fundo tradito pars evincatur, si singula iugera venierunt certo pretio, tunc non pro bonitate, sed quanti singula venierint quae evicta fuerint, praestandum, etiamsi ea quae meliora fuerint evicta sint. 1. Si cum possit emptor auctori denuntiare, non denuntiasset idemque victus fuisset, quoniam parum instructus esset, hoc ipso videtur dolo fecisse et ex stipulatu agere non potest. Wenn ein Teil eines verkauften und in Besitz [des Käufers] übergebenen Grundstücks evinziert wird, dann wird angenommen, dass, wenn es nach dem Maßstab eines bestimmten Preises für jeden einzelnen Morgen verkauft worden ist, vom Verkäufer nicht gemäß der Qualität des Bodens, sondern gemäß dem Preis, für den die Morgen, die evinziert wurden, verkauft worden sind, gehaftet wird, selbst wenn die Morgen, welche die beste Qualität hatten, evinziert wurden. 1. Wenn der Käufer, obwohl er seinem Gewährsmann die Anzeige über einen drohenden Eviktionsprozess machen konnte, diese nicht gemacht hatte und er dann im Eviktionsprozess unterlegen war, weil er nicht mit den nötigen Beweismitteln unterstützt war59, hat man anzunehmen, dass er gerade dadurch dolos gehandelt hat und kann er mit der actio ex stipulatu nicht klagen.
Paulus erörtert im principium des Textes den folgenden Fall60. Jemand hat ein Grundstück von 100 iugera für 100.000 Sesterzen (1000 Sesterzen für jedes iugerum) verkauft und es dem Käufer tradiert. Auf Verlangen des Käufers hatte der Verkäufer eine promissio auctoritatis geleistet. Ein körperlicher Teil des Grundstücks61, zum Beispiel ein Weinberg62 von 30 iugera, wurde evinziert. Der Käufer hatte dafür dem Vindikanten die litis aestimatio von zum Beispiel 50.000 Sesterzen bezahlt und wendet sich an seinen Verkäufer. Der Jurist entscheidet, dass dieser der stipulatio auctoritatis gemäß den doppelten Kaufpreis des evinzierten Weinbergs fordern kann, auch wenn der Wert des Weinbergs viel höher war. Auf sein Interesse hätte der Käufer mit der actio empti klagen können, wenn keine stipulatio auctoritatis stattgefunden hätte; eine elektive Konkurrenz gab es ja nicht63. Aus den Worten tunc … praestandum geht hervor, dass Zweifel darüber nicht existierten. Auch wenn eine stipulatio duplae abgeschlossen worden wäre, wäre das Resultat nicht anders gewesen. Für unsere Kenntnis der r.s.m. interessanter ist der § 1 des Paulustextes. Jemand hatte ein Grundstück verkauft und dem Käufer den Besitz des fundus übertragen. s. darüber, Ankum, Alla ricerca, 779 – 782=41 – 44. s. Heumann-Seckel, Handlexikon, 9. Auflage, 1907, 275 s.v. instruere. 60 Ich füge Zahlen für die Morgen und den Kaufpreis hinzu, um den Fall leichter erklären zu können. 61 Das ist der Unterschied zu Papinian D. 21,2,64 pr., wo eine pars pro indiviso eines Grundstücks evinziert wird. 62 Der Glossator Vivian nimmt in seinem Casus zu D. 21,2,53 an, dass das verkaufte Grundstück aus drei Teilen, nämlich einem Stück Weideland, einem Stück Ackerland und einem Weinberg, bestand, und dass der Weinberg Gegenstand der Eviktion war. 63 s. dazu oben, Fn. 53. 58 59
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Der Käufer hatte die Mitteilung einer an ihn gerichteten vindicatio (zum Beispiel die rei vindicatio) erhalten und es wäre ihm möglich gewesen, dem Verkäufer dies anzuzeigen; er hat es jedoch unterlassen. Da er nicht über die nötigen Beweismittel verfügte, hatte er den Vindikationsprozess bezüglich des gekauften Grundstücks verloren. Weil er treuwidrig handelte, konnte er nicht (erfolgreich) gegen den promissor auctoritatis mit der actio ex stipulatu vorgehen. Der dolus des Käufers war offenbar rechtlich relevant. Ich habe deshalb früher angenommen, dass der Verkäufer die actio ex stipulatu (ebenso wie die actio de auctoritate) mit der exceptio doli abwenden konnte. Wenn ich den Text jetzt noch einmal studiere, muß ich gestehen, dass diese exceptio gar nicht erwähnt wird. Auch in dem nur einige Dezennien nach Paulus’ Ediktskommentar erlassenen Reskript des Alexander Severus über die Denuntiationspflicht des Käufers64, in dem man die justinianischen Worte ex stipulatu durch auctoritatis ersetzen muss, findet man von der exceptio doli keine Spur. Aus meiner oben unter II. gegebenen Rekonstruktion der r.s.m. geht hervor, dass der Verkäufer erst dann zur Zahlung des doppelten Kaufpreises verpflichtet war, wenn der Verkäufer sich seiner Beistandspflicht entzogen hatte oder wenn der Käufer sine dolo malo den Vindikationsprozess verloren hatte. Da dolus malus des Käufers vorlag, weil er die denuntiatio bezüglich des gegen ihn angestrebten Vindikationsprozesses nicht machte, obwohl ihm dies möglich war, konnte er nicht mit Erfolg die auf der stipulatio auctoritatis basierende Klage erheben. Wäre das verkaufte Grundstück manzipiert worden, so hätte der Käufer ebensowenig die actio de auctoritate erfolgreich erheben können65. Konnte der Prätor in iure feststellen, dass der Käufer die Anzeige des gegen ihn angestrebten Vindikationsprozesses, obwohl ihm dies möglich war, nicht gemacht hatte, so konnte er durch eine denegatio actionis einen Rechtsstreit zwischen dem Käufer-stipulator und dem Verkäufer-promissor verhindern. Untersuchen wir jetzt am Ende unserer Exegese des Paulustextes D. 21,2,53, wie die Rechtslage wäre, wenn der Verkäufer dem Käufer die Eviktionsgarantie mittels einer stipulatio duplae gegeben hätte. Normalerweise wurde die Denuntiationspflicht des Käufers stillschweigend in die stipulatio duplae aufgenommen66. Wie fast allgemein angenommen wird67, wurde das Erfordernis der Verkündigung durch 64 s. für den Text dieses am 6. Dezember 222 erlassenen Reskripts C. 8,44,8: Emptor fundi, nisi auctori aut heredi eius denuntiaverit, evicto praedio neque [ex stipulatu] neque ex dupla neque ex empto actionem contra venditorem vel fideiussorem eius habet … 65 Früher nahm ich an, dass in diesem Fall der Verkäufer gegen die actio de auctoritate die exceptio doli erheben konnte, während die stipulatio duplae nicht in Erfüllung trat; s. Ankum, Alcuni Problemi (Fn. 43), 11 – 12 = Extravagantes, 191 – 192. Der Unterschied zwischen der Haftung des Verkäufers auf Grund der actio de auctoritate und der auf Grund der stipulatio duplae muß jetzt im Licht des oben Erörterten neu formuliert werden. 66 Dies wird mit Recht angenommen von G. Camodeca, Tabulae Herculanenses: Riedizione delle emptiones di schiavi (TH51 – 62), in Quaestiones Iuris. Festschrift für J. G. Wolf, Hrsg. U. Manth / C. Krampe, 2000, 63 und von H. Weßel, Das Recht der Tablettes Albertini, 2003, 186, Fn. 49.
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den Käufer des bevorstehenden dinglichen Streites in das Musterformular der Ädilen aufgenommen. Ich lasse die wahrscheinlichste Redaktion der relevanten Klausel hier folgen: et si quis eum hominem … evicerit quominus me eumve ad quem ea res pertinebit habere recte liceat, qua de re lis tibi recte denuntiata erit, tum quanti is homo emptus est, tantam pecuniam duplam … mihi recte68 dari spondesne? Nehmen wir an, dass die Parteien unseres Textes eine stipulatio duplae abgeschlossen hatten, so konnte der Käufer eine hierauf basierende actio ex stipulatu nicht erheben, weil die Bedingung der vom Käufer gemachten rechtsgültigen Anzeige des ihm drohenden dinglichen Prozesses nicht erfüllt war69. Dolus des Käufers spielt in diesem Fall keine Rolle. Die Worte hoc ipso videtur dolo fecisse im § 1 sind also ein starkes Argument für die Annahme, dass Paulus in D. 21,2,53 von einer r.s.m. und nicht von einer stipulatio duplae gesprochen hat. Es bleibt im Fall der Unterlassung der Anzeige durch den Käufer also ein Unterschied zwischen den beiden Stipulationen bestehen: die actio ex stipulatu kann bei der r.s.m. keinen Erfolg haben wegen dolus des Käufers, die stipulatio duplae tritt wegen der Unterlassung der denuntiatio nicht ein70. 5. Es gibt noch einen Ulpiantext aus dem Kontext der s.s.m. Mit der Interpretation dieses aus Ulpians Ediktskommentar stammenden Fragments schließe ich diese zu Ehren meines hochgeschätzten Freundes Christoph Krampe geschriebene Abhandlung ab. D. 21.2.52 Ulpianus l.81 ad edictum Sciendum est nihil interesse, ex qua causa [duplae] stipulatio fuerit interposita, utrum ex causa emptionis an ex alia, ut committi possit. Man muss wissen, dass es dafür, dass sie in Wirkung treten kann, keine Bedeutung hat, aus welchem Rechtsgrund die stipulatio auctoritatis abgeschlossen worden ist, auf Grund eines Kaufs oder aus einem anderen Grund.
Der Normalfall, in dem die stipulatio auctoritatis stattfand, war der Verkauf einer durch traditio übertragenen res mancipi. Ulpian erwähnt diesen Fall als ersten und wir sind in diesem Aufsatz immer von diesem Fall ausgegangen. Der Jurist teilt uns in diesem Text mit, dass die stipulatio auctoritatis auch wirksam ist, das heißt ein67 Lenel, Das Edictum Perpetum (Fn. 26), 568, Kaser, Das Römische Privatrecht I, (Fn. 23), 555, Fn. 13; Kaser / Knütel, Römisches Privatrecht (Fn. 4), 232 – 233 (§ 41, Rz. 29) und Finkenauer, Vererblichkeit (Fn. 5), 77. 68 s. zu diesem Wort Weßel, Das Recht der Tablettes Albertini, (Fn. 66), 205, Fn.142, der mit Recht darauf hinweist, dass das Wort „regelmäßig erscheint“. 69 Wenn der Prätor das Unterlassen einer denuntiatio des Käufers an den Verkäufer in iure feststellen kann, wird er eine auf der stipulatio duplae basierende Klage nicht zulassen (denegatio actionis). 70 In meinem oben in Fn. 43 erwähnten Aufsatz Ankum, Alcuni Problemi habe ich 12 Unterschiede zwischen der Haftung für Eviktion des Verkäufers auf Grund der auctoritas und der auf Grund einer Eviktionsstipulation wie der stipulatio duplae erörtert. Der 10. Unterschied betrifft die Denuntiationspflicht des Käufers. Was ich dort (11 – 12 = Extravagantes, 191 – 192) geschrieben habe, muß man jetzt im Licht des oben im Text Erörterten korrigieren.
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treten kann, wenn der Rechtsgrund der Stipulation ein anderer war. Man könnte an eine Mitgift oder eine Schenkung71 denken. Die Formulierung der Stipulation sollte in einem solchen Fall angepasst werden. Nach dem Versprechen des Prozessbeistandes und des für den Stipulator günstigen Resultats im Vindikationsprozess, versprach der promissor für dessen Fehlen nicht die dupla pecunia, sondern eine andere Summe, zum Beispiel das Doppelte des Schätzwertes der übertragenen Sache. Die im Eviktionsfall vom stipulator erhobene actio ex stipulatu hatte dann diese Summe zum Gegenstand.
71 Ein Schenker konnte ausnahmsweise dem Beschenkten mittels einer r.s.m. eine starke Position geben. Normalerweise haftete ein Schenker, wie wir wissen, nicht für Eviktion; vgl. Labeo, Ulpian D. 39,5,18,3.
Salvius Iulianus als Meister der stoischen Logik – zur Deutung von Iulian D. 34,5,13(14),2 – 3 Von Matthias Armgardt
Einer der schönsten Momente während meiner Zeit als Assistent des Jubilars war der Augenblick, als ich ihn auf den 1970 in der Savigny Zeitschrift erschienenen bedeutenden Aufsatz des kürzlich verstorbenen Juan Miquel mit dem Titel „Stoische Logik und römische Jurisprudenz“1 ansprach. Der Jubilar holte seine Dissertation hervor und erzählte mir, dass er zeitgleich mit Miquel an der Deutung des Proculusfragmentes D. 50,16,124 gearbeitet habe. Was mich noch mehr beeindruckte, war die Tatsache, dass sich – ebenso wie bei Miquel – auch in den Proculi epistulae eine treffende aussagenlogische Analyse dieses Fragmentes findet2. Ausgehend von den Ausführungen Miquels3 möchte ich im Folgenden eine neue logische Rekonstruktion von Iulian D. 34,5,13(14),2 und 3 entwickeln, wobei – einem Vorschlag de Ligts4 folgend – erstens auf die Interpolationsannahme5 Miquels zu § 2 und zweitens auf die von Miquel vorgeschlagene Emendation6 in 1 Juan Miquel, Stoische Logik und römische Jurisprudenz, SZ Rom 87 (1970), 85 ff. Analysiert werden Proc. D. 50,16,124 (2 ep.); Scaev. D. 45,1,129 (12 quaest.) und Iul. D. 34,5,13 (14),2 – 3. Dazu ausführlich Matthias Armgardt, Zur Bedingungsdogmatik im klassischen römischen Recht und zu ihren Grundlagen in der stoischen Logik, TR 76 (2008), 219 – 235 und daran anknüpfend Matthias Armgardt, Zur Rückwirkung der Bedingung im klassischen römischen Recht und zum stoischen Determinismus, TR 78 (2010), 343 – 351. 2 Christoph Krampe, Proculi Epistulae, Eine frühklassische Juristenschrift, 1970, 82 ff. Zu Proc. D. 50,16,124 (2 ep.) neuerdings A. Mantello, Della Disgiunzione nel pensiero di Proculo, in: Iuris Vincula, Studi in onore di Mario Talamanca, Bd. 5, 2001, 171 ff. Zu Iul. D. 34,5,13(14),2 – 3 aus philologischer Sicht L. de Ligt, A Philologist reads the Digest: D. 34,15,13(14),2 – 3, TR 66 (1998), 53 ff. Siehe auch W. Waldstein, Konsequenz als Argument klassischer Juristen, SZ 92 (1975), 26 ff. Waldstein tritt zu Recht Horaks Auffassung von der geringen Bedeutung der Logik für die römische Jurisprudenz entgegen. Dazu Horak, Rationes decidendi, Entscheidungsbegründungen bei den älteren römischen Juristen bis Labeo, 1969, 69 und ähnlich A. Watson, L’illogicità di giuristi romani, Studi Urbinati 40 (1971 – 72), 63 ff. Dagegen zu Recht Waldstein, SZ 92 (1975), 29 und 66. 3 Miquel (Fn. 1), 103 ff. 4 De Ligt (Fn. 1), 53 ff. 5 Miquel (Fn. 1), 85 (110 f.): interpoliert sein soll idemque est … sisti oporteat. 6 Miquel (Fn. 1), 85 (112 ff.): ergänzt werden soll bei § 3 zu Beginn ein „non“: quae ut fierent.
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§ 3 verzichtet werden und zudem § 3 im Lichte des § 2 ausgelegt werden soll. Der Digestentext soll – dem Prinzip der lectio difficilior folgend – wie er uns in den Handschriften überliefert ist, ohne jegliche Korrekturen mit Hilfe der formalen Logik sinnvoll gedeutet werden. Dabei soll gezeigt werden, dass Julian mit der stoischen Logik bestens vertraut war und sie meisterhaft auf das Recht anzuwenden wusste. Das Fragment lautet ohne Veränderungen: D. 34,5,13(14),37: Iulian libro singulari de ambiguitatibus 2. Cum ita stipulationem concipimus: ‚si hominem aut fundum non dederis, centum dari spondes‘? utrumque est faciendum, ne stipulatio committatur, id est sive alterum sive neutrum factum sit, tenebit stipulatio. idemque est evidenter, cum propositis specialiter pluribus rebus, quas fieri volumus, ita stipulamur: ‚si quid eorum factum non erit‘: veluti ‚Stichum et Damam et Erotem sisti? si quis eorum non steterit, decem dari‘? necesse est enim omnes sistendos, ut stipulationi satisfiat. vel ut propius accedamus, fingamus ita stipulationem factam: ‚si Stichum et Damam et Erotem non sisteris, decem dari‘? neque enim dubitabimus, quin aeque omnes sisti oporteat.8 3. Utrum ita concipias stipulationem ‚si illud aut illud factum non erit‘ an hoc modo ‚si quid eorum factum non erit‘, quae ut9 fierent, comprehensa sunt, hoc interest, quod, quamvis altero facto verum sit hoc aut illud vere factum esse, non ideo tamen verum erit hoc aut illud factum non esse. Nam simul ea possunt esse vera, quamvis inter se contraria sunt, quia cum significatio non ex universo, sed ex aliquo sumitur, si veri aliquid inde sit, veram efficit totam orationem: sicut e contrario duae orationes pugnantia continentes simul falsae sunt, veluti si qui liberorum partim puberes, partim impuberes decesserint, nam et hoc falsum erit omnes impuberes decessisse et illud omnes puberes decessisse. Id accidit, quia significatio sumitur ex universo, in quo si aliquid falsum est, totam orationem falsam efficit. Animadvertendum igitur est, quid sit, de quo quaeritur. Nam cum ita concipio ‚si illud aut illud non fuerit‘, quaeri debet, an aliquid factum non sit: illius effectus hic est, ut neutrum fiat, huius autem, ut utrumque fiat: nec in illo prodest aliquid non fecisse, si aliquid factum sit, neque in hoc aliquid fecisse, si aliquid factum non sit.
Dieses Fragment hat den Romanisten seit jeher großes Kopfzerbrechen bereitet. Sicherlich war es ein großer Fortschritt, dass Miquel die zahlreichen Emendationsvorschläge und Veränderungsspekulationen10 zurückwies und – aus logischen Gründen und der Glosse folgend – lediglich im ersten Satz bei der zweiten Stipulation ein non wie folgt ergänzen wollte: ‚si quid eorum factum non erit, quae ut 7 Zur freien Übersetzung der §§ 2 und 3 seitens von M. Hulot und der damit verbundenen Übertragung der stoischen Aussagenlogik in eine deontische Logik M. Herberger, „Et“ oder „ou“? Oder: Der Ausflug in eine deontische Welt, in: L. Burgmann u. a. (Hrsg.), Cupido Legum, 1985, 73 ff. 8 Dazu A. Torrent, Salvius Iulianus liber singularis de ambiguitatibus, 1971, 77 ff.; R. Knütel, Stipulatio Poenae, 1976, 85 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis, Römische Jurisprudenz und modernrechtliches Denken, 1990, 114. 9 Miquel will hier – den Glossatoren folgend – „non“ ergänzen, (oben, Fn. 1), S. 114 ff., wofür es aber keinerlei Anhaltspunkte in den Handschriften gibt, de Ligt, (Fn. 1), 53 (59 f.). 10 Dazu ausführlich de Ligt (Fn. 1), 54 ff.
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fierent, comprehensa sunt‘11. Es soll gezeigt werden, dass dies nicht notwendig ist, sondern dass der eigentliche Sinn des § 3 ohne Emendation mit Rückgriff auf den von Miquel für interpoliert gehaltenen Teil des § 2 sinnvoll gedeutet werden kann. In beiden Paragraphen geht es um Strafstipulationen: Wenn der Versprechende gewisse Dinge tut bzw. nicht tut, soll er zur Leistung einer Vertragsstrafe verpflichtet sein. Das Besondere an den von Iulian behandelten Stipulationen besteht darin, dass sie aufschiebend bedingt sind, und zwar dergestalt, dass mehrere bedingte Ereignisse im Wege eines „oder“ (aut) miteinander verknüpft sind und zudem noch eine Negation (non) ins Spiel kommt. Die aussagenlogischen Funktoren definieren wir wie folgt: Konjunktion (^), Disjunktion, d. h. einschließendes Oder (_), Kontravalenz, d. h. ausschließendes Oder (>< q
p
q
p$q
§ 2 beginnt mit dem Grundfall si hominem aut fundum non dederis. Zu Recht deutet Miquel diese Bedingung durch folgende Disjunktion (: bezeichne die Negation): :p _ :q
Die Strafe S soll also genau dann gezahlt werden, wenn diese Bedingung eintritt, was sich durch folgende Äquivalenz14 darstellen lässt: ð:p _ :qÞ $ S
Miquel (Fn. 1), 114 ff. Die Verwendung von Wahrheitswertfunktionen zur Definition logischer Funktoren dürfte kaum anachronistisch sein, weil die stoischen Logiker höchstwahrscheinlich Wahrheitswerttafeln oder äquivalente Techniken benutzt haben, Frede, Die stoische Logik, 1974, 75 ff., insb. S. 76. 13 Zu den Junktoren M. Herberger / D. Simon, Wissenschaftstheorie für Juristen, 1980, 34 ff. 14 Zur Bedeutung der Äquivalenz siehe Armgardt (Fn. 1), TR 76 (2008), 219 (229 ff.). Die folgenden Ausführungen sind auch gültig, wenn man statt dessen die materiale Implikation (!) wählt. 11
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Wie Miquel gezeigt hat, führt Julian nun die drei möglichen Fälle für den Eintritt der gesamten Bedingung und damit der Vertragsstrafe auf: id est sive alterum sive neutrum factum sit, tenebit stipulatio: ð:p _ :qÞ $ ½ð:p ^ qÞ _ ðp ^ :qÞ _ ð:p ^ :qÞ
Miquel bricht hier die Analyse des § 2 ab, weil ihm der Passus idemque … oporteat sinnlos erscheint, was ihn zu einer Interpolationsvermutung veranlasst. Es soll nun gezeigt werden, dass auch der zweite Teil des § 2 sinnvoll logisch interpretierbar ist, wobei die folgende Analyse den Schlüssel für das richtige Verständnis des § 3 enthält. Es geht um die richtige logische Deutung der Bedingung ‚si quid eorum factum non erit‘: veluti ‚Stichum et Damam et Erotem sisti? si quis eorum, non steterit, decem dari‘? Hier geht es Julian darum, dass es Bedingungen gibt, die aus mehr als zwei Disjunktionsgliedern bestehen können. In seinem Beispiel nennt er drei Sklavennamen. Gemeint sind also Bedingungen folgender Gestalt: :p _ :q _ :r _ …
Gemeint sind daher Strafstipulationen folgender Form: ð:p _ :q _ :r _ …Þ $ S
Zutreffend weist Julian darauf hin, dass nun alle disjunktiv verknüpften negativen Ereignisse positiv vorliegen müssen, damit die Strafe nicht fällig wird (necesse est enim omnes sistendos, ut stipulationi satisfiat). Also: ðp ^ q ^ r ^ …Þ $ :S
Dies ist zutreffend, weil – wie Julian offensichtlich weiß – folgendes aussagenlogisches Gesetz gilt (heute bezeichnet als De Morgansches Gesetz): :ð:p _ :q _ :r _ …Þ $ ðp ^ q ^ r ^ …Þ
Die de Morganschen Gesetze waren also den stoischen Philosophen und den römischen Juristen bekannt15. Auch der Schlusssatz des § 2 bietet vor diesem Hintergrund keine Deutungsprobleme: ‚si Stichum et Damam et Erotem non sisteris, decem dari‘? neque enim dubitabimus, quin aeque omnes sisti oporteat. Gemeint ist folgendes bedingtes Rechtsgeschäft: :ðp ^ q ^ rÞ $ S
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So im Ergebnis auch Miquel (Fn. 1), 103 ff.
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Dass hier alle Sklaven gestellt werden müssen, damit die Vertragsstrafe nicht verfällt, ergibt sich durch einfache Umstellung der Negation: ðp ^ q ^ rÞ $ :S
Im Hinblick auf § 3 ist festzuhalten, dass der Passus si quid eorum factum non erit Bedingungen mit mehr als zwei negativen Disjunktionsgliedern meint, also Bedingungen der Form: :p _ :q _ :r _ …
Vor diesem Hintergrund lässt sich § 3 ohne die von Miquel verwendete Emendation deuten. Der Paragraph beginnt mit zwei Fällen disjunktiv verknüpfter negativer Bedingungen: ‚si illud aut illud factum non erit‘ an hoc modo ‚si quid eorum factum non erit‘16, quae ut fierent, comprehensa sunt
Der Passus si illud aut illud factum non erit meint eine zweigliedrige Bedingung der Form: :p _ :q
Der Passus si quid eorum factum non erit meint eine Bedingung mit mehr als zwei negativen Disjunktionsgliedern der Form: :p _ :q _ :r _ …
Die gesamte Stipulation hat dann die Form: ð:p _ :q _ :r _ …Þ $ S
Der nachgeschobene Begründungssatz quae ut fierent, comprehensa sunt bedarf dann entgegen Miquel keiner Korrektur durch ein non (quae ut fierent). Er bezieht sich auf die beiden vorgenannten strukturähnlichen Bedingungstypen gleichermaßen. Wenn die Vertragsstrafe nicht eintreten soll, was ja durch die Stipulation bezweckt wird, gilt allgemein: :ð:p _ :q _ :r _ …Þ $ :S
Nach den de Morganschen Gesetzen gilt, wie bereits oben erwähnt: :ð:p _ :q _ :r _ …Þ $ ðp ^ q ^ r ^ …Þ 16 Der Bedingungszusammenhang endet hier und nicht erst mit comprehensa sunt, und das quae ut fierent, comprehensa sunt bezieht sich auf beide Bedingungen.
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Also folgt: ðp ^ q ^ r ^ …Þ $ :S
Damit die Vertragsstrafe nicht eintritt, müssen alle Disjunktionsglieder ohne Negation vorliegen – und gerade das ist bezweckt; sowohl im Fall der zweigliedrigen als auch der mehrgliedrigen disjunktiven negativen Bedingungen. Der überlieferte Text macht also ohne Korrekturen Sinn. Im Folgenden stellt Julian einen Vergleich zwischen einer positiven Disjunktion und einer negativen an. Mit quamvis altero facto verum sit hoc aut illud vere factum esse, non ideo tamen verum erit hoc aut illud factum non esse vergleicht er Bedingungen der Form p_q
mit Bedingungen der Form :p _ :q
Julian befasst sich mit der aussagenlogischen Frage, ob die Wahrheit des gesamten Bedingungszusammenhangs von dem Vorliegen eines einzigen Disjunktionsgliedes p bzw. q abhängt. Zutreffend beschreibt er, dass bei Bedingungen der Form p _ q das Vorliegen von p bzw. q ausreichend ist, damit die Bedingung insgesamt eintritt und die Vertragsstrafe fällig wird. Auf das jeweils andere Disjunktionsglied kommt es dann nicht mehr an, der Wahrheitswert der Gesamtbedingung ist von dem anderen Disjunktionsglied unabhängig. Anders sieht es bei den negativen disjunktiv verknüpften Bedingungen der Form :p _ :q aus. Hier sagt das Vorliegen von p oder von q allein noch nichts über den Bedingungseintritt aus und zwar selbst dann nicht, wenn p und q in einem Gegensatz zueinander stehen. Denn p und q können – so Julian – beide gleichzeitig wahr sein (simul ea possunt vera), auch wenn sie in einem Gegensatz stehen (quamvis inter se contraria sunt). Gemeint ist hier, dass p und q nicht aufgrund rechtsgeschäfticher Anordnung, sondern aufgrund der Natur der Sache im Sinne eines einschließenden Oder (_) verbunden sein können, so dass aus p nicht unbedingt :q folgt. In der Begründung argumentiert Julian mit dem Wesen disjunktiver Bedingungen, deren Wahrheitsgehalt17 (significatio) von der Wahrheit eines einzigen Disjunktionsgliedes (und nicht beider Disjunktionsglieder) abhängt (quia cum significatio non ex universo, sed ex aliquo sumitur, si veri aliquid inde sit, veram efficit totam orationem)18. Dies ist die Argumentation eines Logikers, denn sie nimmt auf das Wesen und die Struktur disjunktiver Aussagen Bezug. Im Folgenden (sicut … efficit) schiebt Julian – angeregt durch seine vorherige logische Analyse – einen Exkurs über logische Probleme ein, die mit der eigentlichen Zu Recht deutet Miquel significatio als Wahrheitswert. Anders wäre es z. B. bei konjunktiv verknüpften Bedingungen: p ^ q. Hier wird die gesamte Aussage nur wahr, wenn beide Teilaussagen zugleich wahr sind. 17 18
Salvius Iulianus als Meister der stoischen Logik
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Fragestellung nicht mehr viel zu tun haben. Zunächst beschreibt er, dass entgegengesetzte Aussagen auch aufgrund der Natur der Sache so verbunden sein können, dass sie gleichzeitig falsch sein können. Gemeint ist – in der Terminologie der heutigen Logik – der Sheffer-Funktor: pjq
Sind zwei Aussagen dergestalt verbunden, können sie nur nicht gleichzeitig wahr, wohl aber gleichzeitig falsch sein oder aber nur eine Teilaussage ist wahr und die andere falsch. Zur Illustration dieser intuitiv etwas schwerer verstehbaren logischen Verknüpfung bietet Julian ein Beispiel an. Wenn aus einer Menge Kinder einige im Kindesalter sterben, andere im Erwachsenenalter, sind die beiden konträren Allaussagen gleichermaßen falsch: alle Kinder seien im Kindesalter gestorben bzw. alle Kinder seien im Erwachsenenalter gestorben (nam et hoc falsum erit omnes impuberes decessisse et illud omnes puberes decessisse). Julian driftet noch weiter vom eigentlichen Thema ab und untersucht, wie eine solche logische Struktur, die wir heute mit dem Sheffer-Funktor darstellen, im Kindersterblichkeitsbeispiel entsteht: Id accidit, quia significatio sumitur ex universo, in quo si aliquid falsum est, totam orationem falsam efficit. Der Wahrheitsgehalt (significatio) der beiden Gesamtaussagen hängt also von demjenigen aller Teilaussagen ab. So Julian in kryptischer Kürze. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass die beiden Allaussagen „alle Kinder sind im Kindesalter gestorben“ und „alle Kinder sind im Erwachsenenalter gestorben“ als Konjunktionen begriffen werden müssen, bei denen der Wahrheitswert der Gesamtaussage nur wahr sein kann, wenn sämtliche konjunktiv verknüpften Teilaussagen wahr sind. Zu Recht spricht Miquel bei seiner Analyse davon, dass Julian hier den Schritt von der Aussagenlogik zur Prädikatenlogik vollzieht19. Das sieht man wie folgt ein: Ax bezeichne den Allquantor: für alle x gilt
Dann lässt sich eine Aussage der Form „für alle x gilt: x hat die Eigenschaft F“ oder AxF x
durch folgende Konjunktion darstellen: AxF x $ ðF a ^ F b ^ F c ^ …Þ.
Dabei sind a,b,c, … Abkürzungen für Individuen, also Individuenkonstanten. Aussagenlogisch ist es nun so, dass die Gesamtaussage ðFa ^ Fb ^ Fc ^ …Þ nur dann wahr ist, wenn sämtliche Teilaussagen Fa; Fb; Fc; … wahr sind. Die Analyse 19
Miquel, SZ 87 (1970), 115 Fn. 76.
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Matthias Armgardt
Julians zeigt also, dass er sowohl die Wahrheitsstruktur aussagenlogischer konjunktiver Verknüpfungen als auch die Umwandlung prädikatenlogischer Allaussagen in Konjunktionen richtig erkannt hat. Ersteres zeigt seine souveräne Beherrschung der Aussagenlogik, letzteres zeigt, dass Julian Ansätze zu einer Prädikatenlogik entwickelt oder bei seinen philosophischen Lehrern erlernt hat. Dies ist für die Antike sehr bemerkenswert. Nach diesem langen Exkurs über das Wesen logischer Strukturen ruft sich Julian zur Ordnung (animadvertendum igitur est, quid sit, de quo quaeritur) und kehrt zu seiner eigentlichen juristischen Fragestellung zurück, zur Deutung von si illud aut illud non fuerit, d. h. zu Strafstipulationen der Form ð:p _ :qÞ $ S
in Kontrast zu Stipulationen der Form ðp _ q Þ $ S
Julian wirft die Frage auf, ob :p bzw. :q zur Vertragsstrafe führen. Seine Argumentation nimmt jedoch zunächst Bezug auf den Zweck der beiden Stipulationen. Bei Stipulationen der Form ðp _ qÞ $ S dient die Stipulation der Absicherung, dass weder p noch q geschehen (neutrum fiat); bei Stipulationen der Form ð:p _ :qÞ $ S geht es hingegen darum, dass p und q geschehen sollen (utrumque fiat). Julian schiebt die logische Analyse im Einklang mit Sinn und Zweck der jeweiligen Stipulation nach: nec in illo prodest aliquid non fecisse, si aliquid factum sit, neque in hoc aliquid fecisse, si aliquid factum non sit. Bei Stipulationen der Form ðp _ qÞ $ S nützt es also nichts, wenn nur p nicht vorliegt oder nur q nicht vorliegt. Die Strafe verfällt. Dagegen nutzt es bei Stipulationen der Form ð:p _ :qÞ $ S nichts, wenn nur p oder nur q vorliegt. Damit greift Julian seine Beobachtung auf, dass bei Disjunktionen der Eintritt eines einzigen Disjunktionsgliedes die Wahrheit der Gesamtaussage – und in unserem Kontext den Verfall der Vertragsstrafe – bewirkt. So wird die theoretische Erörterung über das Wesen der Disjunktion juristisch fruchtbar gemacht. Zusammenfassend bleibt Folgendes festzuhalten: Die Fragmente D. 34,5,13(14),2 – 3 sind ohne die Annahme von Interpolationen oder Emendationen sinnvoll interpretierbar. Sie zeigen das profunde logische Wissen des Juristen Salvius Iulianus und seine Fähigkeit, dieses Wissen zur Lösung juristischer Probleme fruchtbar zu machen. Er war ein Meister der formalen Logik und hat sich nicht mit vagen, an das Plausibilitätsgefühl appellierenden Argumenten begnügt. Das Vorbild Julians enthält eine Mahnung an unsere Zeit, die Rechtswissenschaft nicht verflachen zu lassen. Gerade in der Kunst logischer Analyse liegt ein großer bleibender Wert der römischen Jurisprudenz. An diesem hohen Niveau muss sich die Rechtwissenschaft der Gegenwart und Zukunft messen lassen.
Public building in Rome during the time of the Good Emperors: What, why and how?* By Rena van den Bergh** I. Introduction This article deals with public building in Rome, which formed a large part of the grandeur of the Roman Empire. Even today, two thousand years later, those buildings that remain are impressive and annually attract millions of tourists to the Eternal City. Why did the Emperors embark on these huge public building projects? Who prepared the architectural plans and who was responsible for the actual building projects? What did they build? What did building contracts look like in those days? And what were the risks involved? With specific reference to the period of the Good Emperors, an attempt will now be made to answer these and a few other related questions.
II. The Emperors and their building programmes Ling states that while the Augustan period saw the coming of age of Roman architecture, the period from the accession of Vespasian in A.D. 69 to the assassination of Commodus in A.D. 192 brought it to full maturity1. During this period concrete construction, usually brick-faced, was mastered in Italy. The Flavian amphitheatre (the Colosseum), that seated approximately 50,000 spectators and had an extremely effective system of corridors and stairways, should be mentioned here2. During the period of the Good Emperors this technique of brick-faced concrete acquired an attractive appearance. Trajan’s Markets, a collection of shops and offices, * This article is dedicated to my colleague Prof. Dr. Christoph Krampe. ** Professor, Department of Jurisprudence, School of Law, University of South Africa. I
would like to thank my friend and colleague, Professor Lesbury van Zyl, for her valuable linguistic contribution to this article. Further, I would also like to extend my gratitude to another friend and colleague, Ms. Liezl Wildenboer, for assisting me with editing the footnotes. 1 Roger Ling, Roman architecture, in: M. Grant and R. Kitzinger (eds.), Civilization of the Ancient Mediterranean. Greece and Rome, Vol. 3, New York 1988, 1678. 2 Ling, Roman architecture (Fn. 1), 1679.
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built against the hill towards the north-east of the new Forum, is an excellent example of this kind of building. However, curvilinear and domed architecture proved to be the most important achievement of this period3. During the reign of Hadrian the Pantheon was built. Its huge concrete hemispherical dome remained the greatest such structure ever until modern times. Another innovation was that, in contrast with earlier architecture, the exterior of the Pantheon was unadorned while the interior was decorated. It was probably the first large public building ever in which the focus fell on the interior. The solid masonry was now less important than the space it enclosed. The Good Emperors, under whose rule the Empire enjoyed a period of internal peace and good government, were responsible for many buildings. In this section the emphasis falls on their major works in Rome and attention will be paid to the possible reasons for the increase in building projects from the time of Nerva onwards. Various types of building projects may be distinguished, namely walls, towers, gates and bridges; temples; fora and basilicas; triumphal arches; baths; theatres, amphitheatres and circi; public libraries, aqueducts, sewers and drainage works; and harbours4. However, as stated above, only major building projects in the city of Rome during the period of the Good Emperors will be discussed. What inspired the Emperors’ enthusiasm for large building projects? Vitruvius may give us some guidance on this subject5. Although the following statement at the beginning of Book 1 was addressed to Augustus, it may well hold true for later emperors too: „But I observed that you cared not only about the common life of all men, and the constitution of the state, but also about the provision of suitable public buildings: so that the state was not only made greater through you by its new provinces, but the majesty of the Empire also was expressed through the eminent dignity of its public buildings“6. Having mentioned that he had noticed that Augustus was building on a large scale, he continues: „Furthermore, with respect to the future, you have such regard to public and private buildings, that they will correspond to the grandeur of our history, and will be a memorial to future ages“7. These are important statements that explain why these Emperors engaged in large-scale public building. According to Vitruvius emperors who built grandiose buildings did so not only to fulfil existing public needs, but also to enhance the glory of the Empire and their own status, and because they desired to be remembered by future generations. These are lofty and idealistic reasons, but the provision of employment was un-
Ling, Roman architecture (Fn. 1), 1682. Henry Stuart Jones, Companion to Roman History, Oxford 1912, 66 – 159. 5 He was an architect and military engineer under the Second Triumvirate and early in Augustus’ reign who wrote a treatise on architecture and engineering, namely De Architectura: see s.v. Vitruvius Pol(l)io, in: The Oxford Classical Dictionary, Oxford 1991, 1130. 6 Vitruvius, De Architectura, Vol. 1, Book 1 pr. 2. The translation is by Frank Granger in the Loeb edition (my emphasis). 7 Vitruvius, De Architectura (Fn. 6), Vol. 1, Book 1 pr. 3 (my emphasis). 3 4
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doubtedly also an important reason for large-scale public building. In undertaking vast building projects, for example temples and baths, in order to „honour the gods or augment the dignity of the city“, the Emperors were also assisting the needy and gaining popularity amongst the urban population8. After Domitian’s murder in A.D. 96 the situation in Rome was critical. Nerva (A.D. 96 – 98) recognised this and tried to defuse tensions.9 Being both wise and practical, he did this by adopting a policy of national reconciliation and introducing useful reforms. In Rome storehouses for grain were built and distribution was improved. He also saw to it that aqueducts were repaired. Obviously these measures were intended to improve living conditions in Rome, which would help to pacify the population. During Trajan’s reign (A.D. 98 – 117) Roman enthusiasm for building continued. Architecture was characterised by social and utilitarian functions. The paternalistic government sponsored or authorised new constructions all over the Roman Empire. There was an impressive programme of public works throughout the Empire10, but it was in Rome that monumental architecture, characterising this period, was to be found. Trajan returned to Rome after his conquests of Dacia and immediately embarked on his building projects. He held Apollodorus of Damascus, a member of his military staff and the talented designer of various new Roman buildings, in high regard, and appointed him as designer and supervisor of the new projects he envisaged. Horace, referring to the busy street life of Rome, describes a building contractor at work and says that it was a daily sight in Republican and Imperial Rome11. The streets were crowded with mules hauling carts so loaded with building materials that they threatened to tumble over and crush passers-by12. Public works such as baths, temples, markets, libraries and stadia improved the quality of urban life, and secured goodwill for the current regime13. Trajan’s Baths were inaugurated in A.D. 109. Apollodorus, the architect, was a master of the contemporary medium of concrete which made the construction of soaring arches, apses and vaults possible14. In the bathing accommodation, which was three times bigger than Titus’ Baths, provision was made for different air and 8 Peter Astbury Brunt, Free labour and public works at Rome, The Journal of Roman Studies 70 (1980), 81 – 100 passim and especially 96 – 98. 9 Michael Grant, The Roman Emperors. A Biographical Guide to the Rulers of Imperial Rome 31 BC – AD 476, London 1985, 69. 10 William Lloyd MacDonald, The Architecture of the Roman Empire, Vol. 1: An Introductory Study, New Haven / London 1982, 75. 11 Epodes 2,2,72 – 73. 12 Martialis 5,22,5 – 8; Juvenalis 3,254 – 307. 13 Susan Dunbar Martin, The Roman Jurists and the Organization of Private Building in the Late Republic and Early Empire, in: Collection Latomus (204), Brussels 1989, 9. 14 Grant, The Roman Emperors (Fn. 9), 74.
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water temperatures. In addition, the community centre surrounding the central hall housed many social activities. These Baths were typical of the huge utilitarian buildings sponsored by the new administration. According to ancient sources Trajan’s Forum was the most spectacular monument in imperial Rome15. The Forum may be considered as one of the most impressive achievements of Roman engineering16. It is an important example of an imperial project, because, for example, of its size and unified design; the fact that it fulfilled many and different functions; the large number of materials used in the construction of its buildings17; and the many crafts involved in its construction. Trajan’s Forum was the largest in Rome and within a single system it united several important urban functions that until then had been kept apart18. It comprised various parts, namely the Forum proper, the Markets, the Basilica of Trajan, two adjoining libraries separated by a court containing Trajan’s Column and a peristyled enclosure with the Temple of Trajan. Working closely with the Emperor, the architect Apollodorus explained that the main purpose of the different sections of the Forum would be to praise the Emperor by visually illustrating various aspects of his power19. The Markets would project Trajan as the Great Provider, the benefactor of the needy and the source of imperial generosity. In the spacious court in the centre of the Forum, he was the august, venerable and omnipotent conqueror of Dacia, a victorious general; inside the Basilica Ulpia, the Emperor appeared as a magnanimous judge, a wise lawgiver and, after his death, an acknowledged divinity. Each of the Forum’s sections would illustrate one of these elements. The Greek and Latin libraries further symbolised his patronage of learning. This Forum probably satisfied Trajan’s passion for building and in addition the Markets, libraries and the Basilica Ulpia served useful purposes20. Whereas since the second century B.C. the Markets had been separate from the Forum, Apollodorus wanted the commercial, judicial and intellectual centres in Rome to be adjacent. The funds for this building project were provided by the booty taken from the Dacians21. The Markets were conceived in part as a replacement for the many shops (tabernae) and facilities that were destroyed to make room for the 15 James E. Packer, Roman building techniques, in: M. Grant and R. Kitzinger (eds.), Civilization of the Ancient Mediterranean. Greece and Rome, Vol. 1, New York 1988, 308 f. 16 Ammianus Marcellinus 16,10,14. 17 In the Forum proper only the libraries were built of brick, probably in the hope that this would absorb any excessive humidity. All the other buildings were built of stone, except for the roofs, which were constructed of wood and tiles. 18 Pierre Grimal, The Civilization of Rome, London 1963, 272. See, also, James C. Palmes, Sir Banister Fletcher’s A History of Architecture, London 1975, 274. 19 Packer, Roman building (Fn. 15), 308 – 309. 20 Edward Togo Salmon, A History of the Ancient World 30 B.C. to A.D. 138, London 1968, 279. 21 Grimal, The Civilization (Fn. 18), 272.
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Forum and Basilica. The streets, offices and shops were planned as integral parts of an urban development program22. The project was part of the renovation or creation of city quarters in the early second century. It was well planned, as is evident in the relationships between the streets and shops, the functional locations of the stair systems and ramps, and the clever designs that provided adequate lighting and ventilation for almost all the roofed spaces. It is obvious that Apollodorus was an inventive and audacious designer and a brilliant architect who was extremely knowledgeable about the new structural technology23. This original composition of the Markets was planned specifically for the Italian climate and way of life. They were important not only because of the quality and originality of their design, but also because they demonstrated an acceptance of the new style as suitable for major social programmes24. The design and construction are not wholly original, but their most significant contribution to architecture lies in the effective application of the new principles in the service of an enormous urban building programme25. A new kind of city life had emerged and this innovative style of building was well suited to it. In the Markets’ design the architect effectively portrayed increasing secularisation and the increasingly unified metropolitan civilisation of his time26. One may assume that these and other building projects were part of Trajan’s plans to achieve glory and be considered as Optimus Princeps27. Monumental building projects such as these led to large-scale employment. Trajan’s buildings did indeed increase his popularity, as evidenced by the senators of the later Empire voicing the desire that new emperors should be „more fortunate than Augustus, and better than Trajan“28. Eutropius, relating this, actually valued Trajan above Augustus. These public building projects contributed towards a general feeling of goodwill and happiness in Rome. The people of the city benefited from the projects, not only because they created many job opportunities, but also because the Baths, the Markets and the Forum were utilitarian buildings that improved their quality of life and possibly even instilled in them a feeling of pride and general well-being. The Emperor Hadrian (A.D. 117 – 138) was a poet, an amateur architect, accomplished in music and the arts, an administrator, and a soldier: a universal man in the MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 79. MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 79. 24 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 92 – 93. The Markets are a magnificent example of the successful interrelation of design, structure and function that characterise Roman vaulted social architecture and in this respect they belong in the same category as the imperial Baths. 25 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 93. 26 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 93. 27 On a series of coins from A.D. 103 onwards: see Grant, Roman Emperors (Fn. 9), 75. See also Pliny the Younger’s Panegyricus 19 – 21. 28 Eutropius, Breviarium ab urbe condita 8,5,3: „Felicior Augusto, melior Traiano“. 22 23
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Renaissance sense29. Buildings dating from his reign were to be found all over the Empire and he had a profound effect on architecture. In Rome, inter alia, the Temple of the Divine Trajan, the Temple of Venus and Rome, Hadrian’s Villa, his mausoleum (Castel Sant’ Angelo) and especially the Pantheon, constituting the height of his architectural aspirations, are superb examples of the architecture of his reign, embodying important architectural innovations. Although as an emperor Hadrian was not perfect, he had a strong sense of public responsibility30. He made the machinery of the imperial bureaucracy as well as huge sums of money available for architectural projects31. He was interested in architecture and knowledgeable about it. He apparently approved of it as a subject an erudite man should study. However, it is unlikely that he actually designed buildings or supervised their completion32; rather he may be regarded as a talented amateur. As Emperor he was an active participant in the planning of state programmes and probably also in decisions concerning the designs of particular buildings. The Pantheon was not only a masterpiece of Roman engineering; it also had other unique characteristic qualities33. Hadrian wanted to leave in Rome a lasting reminder of his reign, a temple to the Roman universe34, which was also a temple of all the gods (templum deorum omnium), the statues of many of whom it contained35. By Hadrian’s time a temple and grand symbol of Empire could be united and made one. At that stage the ancient cults had dwindled in importance and he could safely combine them with secular forms. In this building the gods were no longer dominant. In the fourth century Ammianus Marcellinus regarded Rome as the temple of the whole world. This was the true meaning of the Pantheon36. Only two architects, Decrianus (with whose aid he raised the Colossus) and Apollodorus (with whose aid he intended to build a statue to the moon), are menMacDonald, The Architecture (Fn. 10), 94 and 136. MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 94. 31 Arnold Mackay Duff, Freedmen in the Early Roman Empire, Cambridge 1958, 161. Duff states that the cost of public buildings was often defrayed by the patrimonium. 32 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 136. 33 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 111. 34 See MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 118: „The Pantheon gives the measure of his thought and his ambition while expressing the unity of the ancient world at the very moment when the Roman dominion ceased to expand“. 35 See Dio Cassius 63,27,2 – 4 who states that the building is decorated with statues of many gods. According to him it was named „Pantheon“ because its dome resembles the heavens. He states that the key to it all was the symbolism of the heavens, which were both the abode of the gods and the canopy of the Empire. The seamless circles around and above the great interior described the cosmos as well as Roman rule. 36 Ammianus Marcellinus 16,10,14; 17,4,13. He was an experienced and widely travelled man who saw the Pantheon in the fourth century and was full of admiration for this amazing building. 29 30
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tioned by name with reference to Hadrian’s building projects37. It is possible that authors of Hadrian’s time were aware of the Emperor’s inordinate jealousy and therefore did not mention architects by name when referring to the buildings of Hadrian’s time. It may also be that they were not mentioned because of their lowly status. The Emperor consequently received all the acclaim for the buildings. Antoninus Pius reigned from A.D. 138 to 161. He was primarily interested in Italy, which he wanted to confirm and reinstate as the sovereign country of the Roman world38. In Rome, he had a Temple built for the Divine Hadrian. The people of Rome were living at a „good“ time to which the building projects (harbours, bridges, baths and amphitheatres) in Italy contributed39. However, no large public building projects were undertaken during either his reign or that of Marcus Aurelius (A.D. 161 – 180). III. Architects, guilds, craftsmen and unskilled labourers Various steps had to be followed when an imperial public building project was undertaken. First, and most importantly, the Emperor had to select an architect to design the proposed structure. Secondly, imperial freedmen or senatorial commissions leased their plans to contractores, who then, thirdly, employed the people who would be involved in the construction of the building40.
1. Architects „Great buildings are the work of great architects“41. However, since the Romans believed that credit for public buildings belonged to the state, the names of architects were not inscribed on their buildings42. Macer stated that only the name of the Emperor or the person who donated the money for its construction might be inscribed on a public building43. The names of only three architects working during this period are known, namely Apollodorus of Damascus, Decrianus and Rabirius. Apollodorus was the best known. It was because he designed many of the most famous buildings in Rome during the time of the Good Emperors and because of Aelius Spartianus, Historia Augusta, Hadrianus 19,2 – 13. Money was spent, generously but without extravagance, on harbours, bridges, baths and amphitheatres: see Grant, The Roman Emperors (Fn. 9), 86. 39 Grant, The Roman Emperors (Fn. 9), 87. 40 See Helen Jefferson Loane, Industry and Commerce of the City of Rome (50 B C. – 200 A.D.), New York 1979, 83 – 84. 41 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 122. 42 Loane, Industry and Commerce of the City of Rome (Fn. 40), 84. 43 D. 50,10,3,2. See also Ulpian, D. 50,10,2 pr. 37 38
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his position as advisor and even colleague of emperors who „built public buildings in all places and without number“ that he was important44. Remaining texts name three important buildings he built in Rome for Trajan45. The buildings attributed to him in modern studies number at least fifteen46, but none of them can be confirmed. He was an important man, respected by Trajan and probably his chief praefectus fabrum or minister of works. Hadrian and Apollodorus knew each other for at least twenty years but it is possible that Hadrian did not like Apollodorus and was envious of his architectural achievements. Dio Cassius writes that Hadrian first banished Apollodorus and then had him executed in A.D. 12947. However, this has not been confirmed. Two other architects, about whom very little is known, namely Rabirius and Decrianus, are mentioned48. It is possible that Rabirius may have designed buildings from the time of Nero to that of Trajan, as well as Domitian’s palace. Decrianus has been called „a shadowy figure“ by MacDonald, and all we know for certain is that he assisted Hadrian in the raising of the Colossus49. 2. The training of architects Although the Romans may be considered the greatest builders of antiquity, their knowledge of the principles of architecture was derived from the Greeks and Etruscans50. Vitruvius, our main Roman source on architecture and related subjects, probably conveyed all relevant information to the Romans. With reference to the training of architects, Vitruvius states that „[t]he science of the architect depends upon many disciplines and various apprenticeships which are 44 See Martin Shaw Briggs, The Architect in History, Oxford 1927, 37 – 39 who also remarks that Apollodorus belongs to „that large class of architectural ‚ghosts‘ whose work has never received proper recognition“. 45 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 129. See also Procopius of Caesarea, De Aedificiis 4,6,12 – 13; Dio Cassius 68,16,3. 46 Inter alia the Markets of Trajan, Trajan’s Column and the Pantheon: see MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 134 Fn. 40 for the proposed list. 47 Roman History, 69,4: „But (Hadrian) first banished and later put to death Apollodorus, the architect, who had built the various creations of Trajan in Rome – the Forum (agora), the concert hall and the baths“. 48 MacDonald, The Architecture (Fn. 10), 122 – 129 passim. 49 Historia Augusta, Hadrian 19,2 – 13. 50 Jones, Companion (Fn. 4), 52. See, further, Thomas D. Boyd, Urban planning, in: M. Grant and R. Kitzinger (eds.), Civilization of the Ancient Mediterranean. Greece and Rome, Vol. 3, New York, 1988, 1696 ff., who states that early Rome was the beneficiary of Greek knowledge and experience. The fact that there were numerous Greek colonies in the coastal regions of southern Italy and Sicily contributed towards this; see, further, the Introduction by Frank Granger in the Loeb edition of Vitruvius’ De Architectura, Vol. 1, ix – xvi, and especially at p. xiv: „Vitruvius was the channel of the tradition of science“.
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carried out in other arts. His personal service consists in craftsmanship and technology“51. The following would be required of a good architect: „He should be a man of letters, a skilful draughtsman, a mathematician, familiar with historical studies, a diligent student of philosophy, acquainted with music; not ignorant of medicine, learned in the responses of jurisconsults, familiar with astronomy and astronomical calculations“52. Architects were, in other words, extremely learned, hard-working and knowledgeable in many subjects. 3. The status of architects Cicero states that the learned occupations, for example medicine, architecture and higher education, are considered honourable professions, suitable for those of a particular social standing53. Many slaves were brought to Rome during the second century B.C., and at first they were all employed in domestic and industrial work54. The more gifted captives were skilled in art and science, which was then left in their capable hands. Slaves more or less dominated industry, medicine, architecture and similar occupations, which contributed to the prejudice there was against these professions.
4. Guilds, craftsmen, unskilled labour, etcetera In the Roman Empire people working in the building industry formed guilds arranged according to the different trades55. Slaves, freedmen and children constituted the working force. The liberal professions were also practised by men of servile origin. These people came from various parts of the Empire and made their home in Rome and other parts of Italy56. Citizenship was granted to members of these classes who settled in Rome and practised their professions there57. Greeks probably played an important role in this field. Pliny, for example, wrote to Trajan, requesting the Emperor to send him an architect to inspect the plans for a theatre at Nicaea and the baths at Claudiopolis58. Trajan replied that in Bythinia he would find many architects since they came from the east of Greece. Freedmen must to some extent have filled the lower ranks of the profession. Among the imDe Architectura 1,1,1. De Architectura 1,1,3. 53 Cicero, De Officiis 1,150 – 151: „iis, quorum ordini conveniunt, honestae“. 54 See Duff, Freedmen (Fn. 31), 107. 55 Duff, Freedmen (Fn. 31), 115 – 116. 56 Duff, Freedmen (Fn. 31), 119. 57 Suetonius, Iulius 42. 58 Pliny, Epistulae 10,39 – 40: „Architecti tibi deesse non possunt. Nulla provincia est quae non peritos et ingeniosos homines habeat; modo ne existimes brevius esse ab urbe mitti, cum ex Graecia etiam ad nos venire soluti sint“. 51 52
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perial freedmen in the CIL is an architect59, and at least two of the four exponents of the various trades and professions in that volume are also freedmen60. In Puteoli the only architect mentioned is a freedman61. Skilled workers were regarded with mixed feelings62. Cicero, for example, patronised craftsmen, but was nevertheless of the opinion that „all mechanics are engaged in vulgar trades“ with „nothing liberal“ (meaning nothing worthy of a free and liberally educated man’s intellectual concern) about them63. Skilled labourers were regarded as socially and politically inferior, partly because they earned their living by practising their crafts64. However, intellectually speaking, philosophers and craftsmen often shared common interests. If possible, a craftsman taught his skills to his own sons in the workshop. However, if he was childless, he would get apprentices or else he bought young slave boys65. Craftsmen obviously relied on regular employment to make a living, and this meant that they would sometimes have to move to another place where work was available66. Craftsmen could be gathered together temporarily for public works. How could the availability of skilled workers be guaranteed, one may ask? The offer of steady work for regular pay was a good guarantee, and this the Roman army could make. Thus, by instituting its own corps of craftsmen and technicians in the regular legionary forces, it prevented dependence on a mobile and unpredictable labour supply67. Aurelius Victor mentions a group of slaves, trained as builders and organised like the army into legions and cohorts, which accompanied the Emperor Hadrian on his tour of the provinces68. Time restraints and the possible scarcity of skilled labour might cause difficulties for large building projects in other places, but not in Rome.
CIL, Vol. 6, 8725. CIL, Vol. 6, 9151 – 9154. 61 CIL, Vol. 10, 1614. 62 Alison Burford, Crafts and craftsmen, in: M. Grant and R. Kitzinger (eds.), Civilization of the Ancient Mediterranean. Greece and Rome, Vol. 1, New York 1988, 367. Burford briefly sketches the origins of the craftsman’s role: Daedalus („cunning artificer“) was a practical workman and magical contriver of fantastic devices, and he embodied in the many tales associated with him throughout classical antiquity both the fundamental characteristics of craftsmanship itself and the general public’s attitude toward craftsmen and their work. As the son of Metion („Forethoughtfulness“) and grandson of Eupalamos („the Ready handed“) he was born to craftsmanship. During his working career he worked in various places for different patrons, both as their servant and as an autonomous creator of objects that they wanted but could not supply for themselves. His works inspired admiration mixed with a certain suspicion and fear. 63 Cicero, De Officiis 1,150. 64 Burford, Crafts (Fn. 62), 368. 65 Burford, Crafts (Fn. 62), 375. 66 Burford, Crafts (Fn. 62), 378. 67 See Vegetius 2,11. 68 Epitome de Caesaribus 14,5. 59 60
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Building operations in Rome made use of various forms of labour, for example imperial slaves, private entrepreneurs’ slave gangs, state prisoners, soldiers, and even the free plebs urbana69. It is possible that the later emperors’ tremendous building projects were an attempt to win popularity by substituting state labour for doles. There were various types of workers in Rome making a life as builders. There was, for example, a carpenters’ guild (collegium fabrum tignuariorum) whose importance is confirmed by epigraphical evidence70. During the late second century it probably had 1000 –1500 members, too large a number to be relegated to small, unofficial jobs. The guild was already in existence in the late Republican period and continued to function until the fourth century71. None of the other guilds connected with the building industry in Rome ever attained such importance, but it should be noted that there were various other organised groups. The members of the collegium subaedianorum72 were probably carpenters who worked on panels, cornices and balustrades for the interiors of houses and public buildings; the members of the conlegium secto(rum) serrarium73, which existed from the time of the Republic, were definitely stonecutters. Among the organised marmorarii were stone dressers, cutters of inscriptions and even sculptors74. During the first three centuries of the Roman Empire craftsmen were hardly affected by the political catastrophes that transformed the Roman state into an oriental despotism75. In Rome, public building continued undisturbed.
IV. Building contracts The huge number of surviving public buildings dating from the time of the Good Emperors, such as aqueducts, temples, and baths, is indicative of large-scale building activities. Intricate building contracts would have been required for all these building projects and many important and relevant issues addressed in them since they were relatively long-term and complex and usually concerned vast building projects76. In addition, large amounts of money from private and public funds were 69 Cf., for slaves, Loane, Industry and Commerce (Fn. 40), 84 and see Fn. 90. Although it is difficult to distinguish between servi Caesaris and servi publici, the Emperor was probably the largest slave owner in the Roman world; for slave gangs see p. 84 – 85, Fn. 91; for state prisoners see p. 85, Fn. 92; and for soldiers see p. 85, Fn. 93. Cf., too, Brunt, The Journal of Roman Studies 70 (1980), passim. 70 See Loane, Industry and Commerce (Fn. 40), 81, Fn. 75. 71 Codex Theodosianus 12,1,62. 72 CIL, Vol. 6, 9558 – 9559. 73 CIL, Vol. 6, 9888. 74 CIL, Vol. 6, 9550. 75 Frank Granger, Vitruvius and the craftsmen of Rome, in: Vitruvius, De Architectura, Vol. 2, xv ff. 76 David Johnston, Roman Law in Context, Cambridge 2003, 98.
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available and the enormous capital outlay would have required a special type of building contract77. These contracts would consequently have contained clauses relating to such matters as architectural drawings, terms of payment, risk and warranties for defects. A number of people would have been involved in a building contract, namely the person wishing to have a building constructed (eg. the emperor), the architect and the contractor. The latter two would undoubtedly have been professional people since most of the public building in Rome during the period of the Good Emperors comprised monumental imperial building projects for which the emperor would not have contracted with unknown or inexperienced architects or contractors. The workers would have included skilled artisans belonging to the various guilds as well as many unskilled workmen78. Unfortunately, very few original building contracts survived. The most important example, an inscription, is the public works contract, dating from 105 B.C., to build a wall at Puteoli. This contract contained many building specifications79. Roman building contracts could be concluded both by means of stipulatio and of a contract of letting and hiring (locatio conductio operis). These contracts would contain, at the very least, a date of completion (if not, it would be understood that the work had to be completed within a reasonable time80) and the building specifications. The most significant legal issues were destruction or damage during the term of the contract, delay by the contractor and improbatio where the building was not approved. Public building during the time of the Good Emperors was initiated and driven by the emperors. The first step would have been the decision of the emperor, who possibly had a good idea of what he wanted, to build a specific building. A conductor, who would certainly be a well-known and experienced contractor with a good reputation, would then be sought. It is uncertain whether such a person was approached in this regard or whether he reacted to advertisements. After that the contract between the emperor and the conductor had to be concluded, either by means of stipulatio or by means of locatio conductio operis.
Peter Ries, Bauverträge im römischen Recht, 1989, 1. Cf., with regard to free and unskilled labour, Brunt, The Journal of Roman Studies 70 (1980), 96 – 98. 79 In this contract (lex parieti faciundo Puteolana) great detail is given regarding the materials and measurements to be used in building the wall: see FIRA 3,153 of 105 B.C.; cf. Cato, De Agri Cultura 14 – 15. It is an exceptional inscription, since it is the only remaining complete record of a building contract between an individual and a representative of a municipium: for more information see Paul du Plessis, The protection of the contractor in public works in the Early Roman Republic and Early Empire, The Journal of Legal History, 25:3 (2004), 287 – 314 (291). 80 Labeo, D. 19,2,58,1. 77 78
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1. Stipulatio Sources confirm that building contracts could be entered into by means of the verbal contract stipulatio81. It was the general and universally acceptable way of entering into an agreement that would be legally enforceable between parties present at the same place82. There are, unfortunately, no remaining detailed examples of building contracts concluded by means of stipulatio. However, in view of the fact that so few written contracts have been preserved in our sources, one may assume that at least in the early Roman period contracts were usually concluded by means of stipulatio rather than by a written contract. Stipulatio was initially typical of the ius civile, but later the formalities were relaxed to some extent in that more verbs than spondere could be used with the object of constituting a stipulatio83. As long as both parties used the same verb, the form of question and the answer remained unchanged throughout the centuries. The words were simple: the essentials were clear understanding and expressed agreement84. The promise must be in reply to a question, so that the intention of both parties to enter into a legal contract should be evident. The following may be regarded as requirements for validity85: First, the answer had to follow the question without much of an interval or any insertion of other business; secondly, the answer had to fit the question; thirdly, a contract could be enforced only by one who had an interest (eg. money) in it and was a party to it; and fourthly, a stipulation had to relate to an action by the promisor, not some outsider. In framing a stipulatio it was desirable to refer to any matters that were peculiar to that contract. If not set out in the recital or the agreement or in the operative words, they would not be accepted as part of the agreement. The interpretation was strict. Nothing needed be said about the workers’ fee that was a requirement for the legality of a contract of locatio conductio operis. It was possible, according to Ries86, for another stipulatio to be concluded between the parties dealing with this matter.
81 Cf. Pomponius, D. 45,1,14; Marcellus, D. 45,1,98,1; Papinianus, D. 45,1,124. See, however, Gerhard Thür, Stipulation und Bauvertrag, in: J. F. Gerkens et al, Mélanges Fritz Sturm 1999, 477 – 492, who states that building contracts could be concluded by stipulatio and locatio conductio operis. He says that the stipulatio shrank to „insulam fieri spondes“ and that it cannot really be regarded as a building contract since it fails to mention many important issues, eg., how the building was to be constructed, the price, etc. In such an important contract more information must certainly have been included. Therefore he assumes that locatio conductio operis was the building contract. The stipulatio was then merely an appendix to the contract, a means of guaranteeing the timely completion of the building (477 – 478). 82 Henry John Roby, Roman Private Law in the Times of Cicero and of the Antonines, Vol. 2, New Jersey 2000, 11. See also Cicero, Topica 25,96 to see how common this was. 83 Just., Inst. 3,15,1. 84 Gaius, Inst. 3,92 – 93; Ulpianus, D. 45,1,1,6. 85 See Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 13 – 16. 86 Ries, Bauverträge (Fn. 77), 42.
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In the case of complex building activities yet another stipulatio dealing with, for example, the place and the construction of the building, could be entered into. Fairly early on it became customary, when parties entered into a stipulatio, for a document containing the contents of the stipulatio to be drawn up87. The purpose of such a document was to provide proof should a dispute arise at a later stage88. It was not a requirement for the validity of the contract and it could not replace the verbal exchange of question and answer. Since it was difficult to include all the details of the contract in the verbal version, it was often included in this document, a cautio stipulatoria. The parties to the stipulatio would then merely refer to their document if necessary. With reference to stipulatio it should be kept in mind that the Roman concepts of fides and constantia required a man to honour his word, whether it was embodied in a document or not89. Although stipulatio was a formal act, the parties were not required to put its content in writing90. The Romans were initially not concerned about questions of evidence. Sponsio had a sacral origin with the promisor being forfeited in case of non-compliance with his promise to the god or goddess who had been invoked91. However, as time went by, the Romans and their customs based on traditional virtues changed and written documents were frequently used, not because they were required for the conclusion of contracts, but for evidentiary purposes92. The influence of commercial practices in the Hellenistic provinces also contributed to the trend towards written documents. An action was used to enforce a stipulatio. The form of action required to enforce it depended on whether the stipulatio was certain or uncertain. A certain stipulatio (certa or certi stipulatio) was one that contained as its object something certain in substance, quality and quantity (quid quale quantumque sit). It was enforced by a condictio certae creditae pecuniae or certae rei with its advantages of summary procedure93. An uncertain stipulatio was enforced by an actio ex stipulatu94. The
87 See Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations. Roman Foundations of the Civilian Tradition, Cape Town 1990, 79. 88 Codex 8,37,1; Codex 8,37,10. Cf. Ulpianus, D. 2,14,7,12; Paulus, D. 17,2,71 pr.; Paulus, D. 45,1,140 pr. See, also, Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 79. 89 In ancient times fides was defined as fit quod dicitur (to keep one’s word, no matter in what form it was given): see Fritz Schulz, Principles of Roman Law, Oxford 1936, 223 – 224; Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 69. Cf. Cicero, De Officiis 1,7,23: „Fundamentum autem est iustitiae fides, id est dictorum conventorumque constantia et veritas“. 90 See Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 70: „[I]n the case of stipulationes Roman fides seems to have afforded sufficient security for the purely oral promise to become a viable and practical institution of Roman law“. 91 Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 71. 92 Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 11 – 12. 93 Proculus, D. 45,1,113,1; Ulpianus, D. 45,1,114; Ulpianus, D. 46,5,5. 94 Ulpianus, D. 12,1,24.
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form of action would still be for the thing (ipsa res petenda est quamdiu aliquid juri rei deest)95. 2. Locatio conductio operis In the Digest private-law rules and terminology are applied to public building contracts. It is only in Codex 11,71 that a distinction was made between private and public building contracts. In the sources very few references are made to building contracts awarded for public building projects. Ulpian explicitly states that building contracts fall within the sphere of the locatio conductio operis96. They are therefore consensual contracts and the contracting parties’ obligations derive from the inherent bona fides concept and parties’ traditional respect for it. Locatio conductio operis was the letting and hiring of the performance of a specific piece of work. The basic elements were that the parties agreed to the letting and hiring of the particular work (opus) at a specified price. The independent building contractor who provided the specific service was the conductor (the party leasing what was to be performed) while the person paying for the service was known as the locator (the person letting the work and providing the site on which the building was to be erected, namely the „principal thing“)97. The parties had to agree to let and hire. The locator, the person requesting the service, did not have a special name or title with regard to public buildings98. Very often, of course, the emperor dealt with the conductor in person. The word locare was always used, in public as well as private building contracts, with reference to the ordering of the building service99. Locare did not mean „to buy“: the locator, although he paid for the service, did not „buy“ the building. He paid the conductor to erect the building100. There was a clear distinction between the lex locationis and the contract of locatio conductio operis that was eventually concluded. What the lex or leges locationis Ulpianus, D. 46,3,27. See, further, Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 25. Ulpianus, D. 19,2,13,10. See, in general, J. Michael Rainer, Zur locatio conductio: Der Bauvertrag, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 505 – 525; Imre Molnàr, Object of locatio conductio, BIDR 24 (1982), 127 – 142 (131 – 134). 97 Ulpianus, D. 4,9,3,1; Pomponius, D. 18,1,20; Paulus, D. 19,2,22,1 – 2; Gaius, D. 19,2,25,7 – 8; Paulus, D. 19,5,5,1. See also Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 174 – 175. 98 Therefore the community / municipality in the case of the lex parieti faciundo Puteolana is not called a locator. 99 Ries, Bauverträge (Fn. 77), 43. 100 See Paulus, D. 19,2,22,2: „Cum insulam aedificandam loco, ut sua impensa conductor omnis faciat …“; Florentinus, D. 19,2,36; Javolenus, D. 19,2,51,1. In the case of public buildings the person who undertakes to build is called a conductor. Cf. further Ries, Bauverträge (Fn. 77), 45. 95 96
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were, may be learned from the lex parieti faciundo Puteolana. The Roman jurists employed two terms, namely lex locationis101 and lex conductionis102 instead of just using the term lex contractus when a contract between the locator and the conductor was mentioned103. This was done to indicate to whom the legal text in the lex referred. It included information about various aspects of the building project, such as the location of the envisaged building; a detailed description of how the work was to be executed; and matters concerning the acceptance, completion and payment of the building. In addition, adprobatio, the approval of a building, was included in the lex locationis in the case of public locationes104. As regards public locationes the lex locationis could include the architectural drawings and could also stipulate how long construction was to take105. This lex, however, did not include the amount of money to be paid for the construction of the building106. According to Ulpian curators of works dealt with the building contractors who had been appointed to build and complete the proposed public buildings107. The conductor of his own accord subjected himself to the leges locationis applicable to the specific building project. It was further determined in the constitutiones that the emperor had to give permission for a new building project to be built at public expense108. After conclusion of the contract, the written document, the leges locationis, the amount of remuneration and the guarantees were preserved in the books of the city109. This contract was binding on the locator and the conductor. Official building regulations were not included separately in the building contract since it was assumed that the regulations would be respected without being included in the contract110. As a consensual contract the locatio conductio operis merely required consensus about payment for the work and the building to be erected, so that it was possible to conclude one without a written document or the exchange of predetermined questions and answers as in the stipulatio. The fact that so few written contracts have been preserved confirms that oral contracts were very common.
For example, Paulus, D. 17,2,77; Ulpianus, D. 19,2,9,3; Scaevola, D. 19,2,61 pr. For example, Ulpianus, D. 19,2,15,1; Gaius, D. 19,2,25,3; Paulus, D. 19,2,55,2. 103 See, in this regard, Paul du Plessis, The Roman concept of lex contractus, Roman Legal Tradition 3 (2006), 79 – 94 (81). 104 See Paulus, D. 19,2,20 pr.; Paulus, D. 19,2,24 pr.; Labeo, D. 19,2,60,3. 105 See Labeo, D. 19,2,58,1; Ulpianus, D. 45,1,72,1; Papinianus, D. 45,1,124; Venuleius, D. 45,1,137,3; Celsus, D. 50,17,186. 106 Ries, Bauverträge (Fn. 77), 6. 107 D. 50,10,2,1. 108 Macer, D. 50,10,3,1. 109 See Ries, Bauverträge (Fn. 77), 58. 110 Ries, Bauverträge (Fn. 77), 80. Examples of these regulations may be found in Codex 8,10,1. 101 102
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V. Completion, adprobatio and risk In building contracts opera was the technical expression for the work performed by the contractor111. It was an abstract term for the service, the completed product, and indicated the building as a whole112. Opus faciendum was therefore a particular job to be done as a whole, the essential characteristic of the locatio conductio operis used in the case of building projects113. The locator was only interested in the product or result of the labour. Who the artisans and other labourers employed by the conductor to work on the project were, was not usually of concern to him. The critical moment in the contract came when the building was completed and had to be approved by the locator. Approval, or adprobatio, formalised the end of the contract114. Adprobatio was implied from the contract of locatio conductio operis and did not have to be included in the lex locationis115. It meant that final payment was due and also that the risk passed wholly to the locator116. In the case of public locationes (building contracts) approval of a building was included in the lex locationis117. In terms of the adprobatio operis the locator or public official who had to approve the opus faciendum had to determine whether the building had been delivered in accordance with the requirements agreed upon118. It therefore indicated the acceptance and approval of the building, an acknowledgement that the conductor had performed satisfactorily. If defects later appeared they were the responsibility of the locator119. There was no period of liability for defects after approval had been given, unless approval was given only because the contractor had fraudulently concealed defects in the work120. However, parties could agree in a contract to a more extensive liability for defects in their contracts. Two different forms of adprobatio are found in our sources. Sometimes the conductor had to demonstrate that the building had been built skilfully and according 111 Cf. Gaius, D. 19,2,2,1: „Si ego aurum dedero mercede pro opera constituta, dubium non est, quin locatio et conductio est“. 112 See Paulus, D. 50,16,5,1. 113 Paulus, D. 19,2,22,1; Javolenus, D. 19,2,59; Labeo, D. 19,2,60,3. Cf. Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 393. 114 See, passim, Rainer, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 508 – 513. 115 Javolenus, D. 19,2,51. Cf. Susan D. Martin, A reconsideration of probatio operis, SZ Rom. Abt. 103 (1986), 321 – 337 (336) where she argues that this was probably an indication that the contracts were undertaken only by builders or conductores who were skilled builders. 116 See Joseph Anthony Charles Thomas, Reflections on building contracts, RIDA 18, (1971), 673 – 689 (679). 117 Paulus, D. 19,2,24 pr.; Labeo, D. 19,2,60,3. 118 Cf. Paulus, D. 17,2,77; Labeo, D. 19,2,60,3. See, also, Martin, SZ Rom. Abt. 103 (1986), 323. 119 Johnston, Roman Law (Fn. 76), 99. 120 Paulus, D. 19,2,24 pr.
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to the specifications of the contract121. Generally adprobatio may be stated to have taken place if, in the course of the conductor’s demonstration of the work, the locator did not specifically disapprove of any of its features. No declaration of approval was needed. In other cases it was the locator’s approval that was required122. From both Paul123 and Labeo124 it may be deduced that this second kind of adprobatio obtained only where it had expressly been agreed upon in the lex locationis. Building contracts fell into two categories, namely lump-sum and measured work. When work was to be done subject to the locator’s approval of the whole (aversione locatum), the risk remained the contractor’s until approval125. The locator’s only concern was the finished opera. The conductor (builder) was then entitled to a lump sum for completing the contract, while part was sometimes paid in advance126. It also terminated his responsibility for defects in the work. Problems could, however, arise where the work was let „in pedes mensurasve“127, that is by units of measure or where the price was quantified in singulos dies and the conductor or contractor was at various stages entitled to payment for the work that had already been completed. The risk remained his, however, until measured and would pass to the locator only as he approved each stage128. The locator would in any event carry the risk of acts of God such as earthquakes unless it was otherwise agreed129. It seems quite likely that the approval process was implied in these contracts from early on, and then adopted and refined by the jurists. It was a critical moment because satisfactory completion of the building transferred responsibility for the work from the conductor to the locator operis. One may now ask according to what standard the work was to be evaluated? The jurist Paul recommended that the probation should conform to the „judgement of the good man“, the boni viri arbitrium130. This method was explicitly adopted in order to mitigate an overly harsh or arbitrary evaluation of the job by the individual who had commissioned it131. In later law the standard of approval thus seems to have been not purely subjective but that of the reasonable man.
121 122 123 124 125 126 127 128
Javolenus, D. 19,2,37; Javolenus, D. 19,2,51,1. Paulus, D. 19,2.24 pr.; Labeo, D. 19,2,60,3. D. 19,2,24 pr. D. 19,2,60,3. Thomas, RIDA 18, (1971), 677; Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 175. See Labeo, D. 19,2,60,4. Cf. Martin, SZ Rom. Abt. 103 (1986), 327. Florentinus, D. 19,2,36. Alfenus, D. 19,2,30,3; Javolenus, D. 19,2,51,1. Cf. Thomas, RIDA 18 (1971), 677 –
678. 129 130 131
Florentinus, D. 19,2,36; Javolenus, D.19,2,59. Paulus, D. 19,2,24 pr. Pomponius, D. 17,2,6; Ulpianus, D. 18,1,7 pr.
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In agreeing to perform the job, the conductor in good faith undertook to perform with the necessary degree of skill. This may have been regarded as a tacit guarantee that he would perform satisfactorily. By the early second century A.D. skilled individuals who damaged another’s property in the course of their work were held legally responsible on the basis of imperitia (lack of skill or experience)132. A large number of texts in the Digest, covering a variety of scenarios, illustrate how, during the classical period of Roman jurisprudence, the jurists interpreted imperitia as an important concept in legal disputes concerning individuals employed in imperial building programmes. These texts are of use in attempts to reconstruct the pivotal elements of the employment relationship in the contract of locatio conductio operis133. The responsibility of skilled workers was an important aspect of the law relating to this contract134. Martin argues that the jurists’ development of imperitia as a legal doctrine was the product of a complex relationship between the law and its social and economic context135. The Roman jurists accepted that these contracts were probably meant to ensure that workers capable of bearing the relevant risk were hired. Imperitia was consequently developed to provide a basis for assigning responsibility to the conductor (assumed to be an experienced and skilled contractor) who had accepted a job from the locator and had in return received payment. The jurists defined this concept of imperitia after considering many relevant aspects, for example, the nature of pre-contractual negotiations, the relative status of the parties and, more generally, the concept of professional skill. Celsus and Gaius confirm that responsibility was measured objectively. They accepted that skilled workers had been well trained and that they had sufficient experience to execute a job136. The conductor could therefore be held responsible when his skilled and unskilled workers failed to perform in accordance with expectations. Their performance was judged according to what had been expected of them; their individual circumstances and qualifications were of less relevance. This objective approach may have encouraged the application of externally derived norms. Once the contract had been concluded, the work started. Completion would take time, and sometimes it happened that the building was damaged or destroyed or that performance became impossible before its completion137. A number of questions 132 Susan D. Martin, Imperitia: The responsibility of skilled workers in classical Roman law, American Journal of Philology 122:1 (2001), 107 – 129 (107). Cf. further Rainer, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 507. 133 For example, Paulus, D. 19,2,24 pr.; Alfenus, D. 19,2,30,3; Florentinus, D. 19,2,36; Labeo, D. 19,2,60,3. 134 See Rainer, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 507, where he states (with reference to Gaius, D. 19,2,25,7) that there was no culpa „si omnia facta sunt, quae diligentissimus quisque observaturus fuisset“. According to him the generalisation of „quisque“ limits „diligentissimus“, but nevertheless points to the concept of generally achievable high standards. 135 Martin, American Journal of Philology 122:1 (2001), 108. 136 See Celsus, D. 19,2,9,5: „Quippe ut artifex, inquit, conduxit“; and Gaius, D. 9,2,8,1: „in quo intellegit vel intellegere debet“. See Rainer, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 507.
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then arose. Would the contractor receive no remuneration for work already done (periculum conductoris)? Or would the locator have to pay even though the promised work had not been delivered (periculum locatoris)? In other words, who carried the risk of loss (periculum) occurring before completion of the job? This was the price risk138. In Roman law the risk of accidental damage or destruction passed to the locator only after adprobatio. Before that moment the risk lay with the conductor139. This may sound harsh, but it should be kept in mind that the conductor received the merces not for his services, but for the finished product. There was not just an exchange of work for money but a whole process, involving both time and money. However, the conductor had undertaken to produce the work in the interests of both parties and it may therefore be asked why he had to bear the entire risk of the process of production. A splitting of the risk seems to be an equitable alternative, and this is what was proposed in later classical literature. According to Paul the locator bore the risk if a wall collapsed because of a fault in the earth (vis maior) since he had provided the land140. But if the collapse was due to the manner in which the work was carried out, the risk would be the conductor’s141. Javolenus further stated that if the opus was destroyed through vis maior before adprobatio, the loss would be the locator’s if he ought to have given his approval earlier142. The actio ex locato could be instituted against the contractor (conductor) for nonexecution of the work, for lack of adequate skills, and also for his own or his employees’ negligence143. His liability thus went beyond mere culpa. It was accepted that he had agreed by implication that he possessed the skills required for the job he had undertaken. He had made himself contractually liable for the finished product (opera) and had thus created a reasonable expectation that he would be competent to perform or execute the opus faciendum. If this turned out not to be the case, he was liable for the resulting damages. Liability stemmed from imperitia. The locator could then institute the actio locati if the conductor had not properly fulfilled his obligations. However, the contractor was not liable for vis maior or when there was no fault on his part144. Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), p. 401. Cf., in general, Rainer, SZ, Rom. Abt. 109 (1992), 513 – 524 on the periculum. 139 See Florentinus, D. 19,2,36. 140 Labeo, D. 19,2,62. 141 Zimmermann, The Law of Obligations (Fn. 87), 403. 142 Florentinus, D. 19,2,36; Javolenus, D. 19,2,37; Javolenus, D. 19,2,51,1. See, also, Martin, SZ Rom. Abt. 103 (1986), 326 where she argues that the jurists obviously weighed up the locator’s right to a well-constructed building against the conductor’s interest in being paid within a reasonable time after completion of the project. 143 Roby, Roman Private Law (Fn. 82), 175. See, with reference to remedies available to conductores in public works, Du Plessis, The Journal of Legal History, 25:3 (2004), 287 – 313 passim. 144 Labeo, D. 14,2,10,1; Ulpianus, D. 19,2,13,8. 137 138
Public building in Rome
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The conductor was liable if he was at fault145. He was allowed to use others in fulfilling his obligations and this obviously affected his liability146, but how did it do so? Was he held liable not only if he were at fault but if they were too? Or did his liability arise only if he himself had been at fault? The conductor’s liability for all his employees is discussed by Gaius in a text featuring an example of vicarious liability in the strict sense of the word, that is, liability based on the fault of others147. This interpretation is in agreement with the conductor’s custodia liability. Custodia thus provided, at least as far as locatio conductio operis was concerned, the basis for vicarious liability148.
VI. Conclusion It follows from the above discussion that the public building projects undertaken in Rome during the period of the Good Emperors benefited not only the inhabitants of the city but the whole of Western civilisation. These emperors were generally sufficiently wise to realise that large-scale utilitarian public building in Rome would provide many employment opportunities and in this way help to pacify the people as well as promote their general well-being. In addition, since all the honour redounded to the credit of the emperors who commissioned the buildings, they knew that these projects would enhance their own as well as Rome’s status in the Roman Empire. This was an exciting period in the history of architecture. New building techniques, new inspirations and new visions of functional and monumental buildings left their footprints on the world’s architecture. Basically a building had to fulfil its function, but under the guidance and instructions of the emperors skilful and creative architects now went beyond anything that had been done before. Apparently the patrimonium, the gifts of patrons and booty from successful wars provided sufficient funds for the emperors’ monumental social building projects. All of this resulted in a city of unaccustomed grandeur and enhanced its inhabitants’ quality of life. According to Ammianus and various other authors of the later Empire, the ancient world was filled with wonder at these architectural marvels. Although many experienced and well-qualified architects, conductores and skilled artisans must have been engaged in the hectic building operations in Rome during this time, very little is known about them and their involvement in the emperors’ building projects. This can probably be ascribed to their low social status. At the emperors’ command these „unknown“ men had transformed Rome, creating See Gaius, D. 19,2,25,7. See, however, Ulpianus, D. 45,1,38,21; Ulpianus, D. 46,3,31. 147 See D. 19,2,25,7. 148 Cf. Ulpianus, D. 14,3,5,10; Ulpianus (Marcellus), D. 19,2,41. See also Rolf Knütel, Die Haftung für Hilfspersonen im römischen Recht, SZ Rom. Abt. 100 (1983), 407 – 423. 145 146
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large-scale and beautifully decorated structures that constituted three-dimensional expressions of imperial power. These buildings survived for centuries: the remains of many monumental building projects are still to be seen in Rome and Hadrian’s Pantheon has survived intact. To quote Packer: „Never has any architectural technology successfully achieved so much for so long for so many“149. Very few building contracts still survive. As appears from the discussion above, such contracts could be concluded by means of a stipulatio or a locatio conductio operis. Both these contracts could be entered into verbally, but written contracts were later instituted for purposes of proof. The service let by the locator, the opus faciendum, had to be performed by the conductor, and adprobatio brought an end to the contract. This meant that the building had to be accepted and approved, fairly and objectively, by the locator or someone else, acting as a bonus vir, on his behalf. If the job was let aversione, the conductor bore the risk, subject to vis maior, until approval of the job. If, however, it was let in pedes mensurasve, the locator bore the risk as each stage was completed. Once it had been approved, the conductor was paid. A conductor, having been appointed on the basis of his skills and experience, was held liable for non-execution of the work, for lack of adequate skills and for his own negligence as well as that of his employees. His liability was therefore based on imperitia that may well have been regarded as an implied term of the contract.
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Packer, Roman building (Fn. 15), 320.
Su alcuni Problemi in Materia di Azioni Nossali Di Carlo Augusto Cannata I. Premessa. Gai. 4,75 Prendiamo le mosse dalla lettura del passo con il quale nelle Istituzioni di Gaio viene introdotta la materia delle azioni nossali:1 Gai.4,75: Ex maleficiis filiorum familias servorumque, veluti si furtum fecerint aut iniuriam commiserint, noxales actiones proditae sunt, uti liceret patri dominove aut litis aestimationem sufferre aut noxae dedere. Erat autem iniquum nequitiam eorum ultra ipsorum corpora parentibus dominisve damnosam esse. 76: Constitutae sunt autem noxales actiones aut legibus aut edicto praetoris: legibus, velut furti lege xii tabularum, damni iniuriae lege Aquilia; edicto praetoris, velut iniuriarum et vi bonorum raptorum. 1 Per la materia della nossalità e delle azioni nossali si deve ancora fare riferimento ai noti lavori classici: Biondo Biondi, Actiones noxales, Cortona 1925; Fernand de Visscher, Le régime romain de la noxalité, Bruxelles 1947 e ancora, di quest’ultimo, Il sistema romano della nossalità, Iura 11 (1960), 1 – 68; ma questi studi (e soprattutto il primo) non possono più considerarsi senza tener conto delle osservazioni di Giovanni Pugliese, Appunti in tema di azioni nossali, in: Scritti Carnelutti, Padova 1950, 115 – 156, ripubblicato in Giovanni Pugliese, Scritti giuridici scelti I, Camerino 1985, 451 – 557, insieme agli altri scritti successivi in materia di nossalità, ivi p. 493 – 604, fra i quali in particolare Giovanni Pugliese, Nuove osservazioni sul regime della nossalità in Roma (1972), ivi p. 533 ss. (citerò i lavori di Giovanni Pugliese sempre con le pagine degli Scritti). Sulla concezione del de Visscher giova considerare il discorso con il quale Manlio Sargenti, Riflessioni sui problemi della responsabilità nossale, Labeo 23 (1977), 323 – 337, apriva la sua recensione al libro di Gian Luigi Falchi, Ricerche sulla legittimazione passiva alle azioni nossali. Il possessore di buona fede del servo, Milano 1976. Un panorama della letteratura è contenuto nella „notice bibliographique“ che si trova alla p. 11 del citato libro del de Visscher, dove si avverte opportunamente che una base autenticamente scientifica la stessa letteratura ha trovato solo a partire dai due articoli, ivi citati, pubblicati nel l887 e 1888 da Manuel Girard. Si può aggiungere l’articolo di Franz Haymann sulla pauperies: Textkritische Studien zum römischen Obligationenrecht III. Zur Haftung für Tierschaden (actio de pauperie), SZ 42 (1921), 357 – 393. Si veda sempre Otto Lenel, Das Edictum perpetuum: ein Versuch zu dessen Herstellung, 3a ed. 1927, 159 ss., oltre all’articolo dello stesso autore Die Formeln der actiones noxales, SZ 47 (1927), 1 – 28; con anche la letteratura più recente Max Kaser / Karl Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, 2a ed. 1996, 342 s. (nt. 11). Per la tematica oggetto del presente articolo particolare importanza riveste il lavoro di Bernardo Albanese, Sulla responsabilità del dominus sciens per i delitti del servo, BIDR 70 (1967), 119 – 186 (ripubblicato in Bernardo Albanese, Scritti giuridici I, Palermo 1991, 481 ss.), che citerò col solo nome dell’autore, secondo le pagine che il lavoro ha in BIDR (e che compaiono anche nella riedizione degli Scritti).
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Il testo ora riportato parrebbe implicare due dati. Il primo dipende dal fatto che il dettato gaiano è impostato storicamente, come risulta dalla coniugazione dei verbi in tempi del passato: le azioni nossali „furono introdotte“ (proditae sunt nel § 75, constitutae sunt nel § 76) per un certo motivo a quel tempo risentito (erat autem iniquum etc.); e furono introdotte o con leggi o con l’editto pretorio; e Gaio precisa specificando l’introduzione legibus con la sequenza cronologica lege XII tabularum, lege Aquilia. L’impressione è dunque che Gaio faccia incominciare la storia delle azioni nossali con le dodici tavole. Ma la sua precisazione in proposito va più in là: le dodici tavole avrebbero introdotto la sola azione nossale per il furtum: questo egli non lo dice espressamente, ma corrisponde anche al fatto che l’azione nossale per l’iniuria, già menzionata nel § 75, viene da lui collegata nel § 76 con la previsione edittale dell’actio iniuriarum che noi siamo soliti qualificare aestimatoria. Il secondo dato implicito nel testo di Gaio è che le azioni nossali sarebbero state strutture processuali costruite (noxales actiones proditae sunt) per permettere ai patres familias di decidere fra l’assumersi la responsabilità o liberarsene effettuando la noxae deditio (uti liceret patri dominove aut litis aestimationem sufferre aut noxae dedere) nel caso di delitti commessi dai loro filii familias o dai loro schiavi (ex maleficiis filiorum familias servorumque): e ciò, dunque, sempre, e cioè, dalla loro introduzione e fino all’epoca stessa di Gaio. Questo secondo dato pare confermato dalle Istituzioni giustinianee che, come è noto, ricalcano tutta la loro esposizione delle azioni nossali su quella di Gaio, ma sopprimendovi qualunque menzione della possibilità di dare figli e figlie a nossa, e spiegando, in un’aggiunta compilatoria alla fine, che la noxae deditio di costoro aveva subito una decisa decadenza, e quindi andava ormai considerata non più in vigore. Ma questa decadenza è presentata come alquanto recente (vedi l’allusione alla nova hominum conversatio, nonché il fatto che il vecchio regime è attribuito ai veteres, vocabolo che nelle Istituzioni giustinianee si riferisce normalmente a quelli che noi chiamiamo „i giuristi classici“)2. Comunque, nel testo giustinianeo la limita2 Nelle Istituzioni giustinianee un’allusione ai veteres (le loro soluzioni o le loro istituzioni, talora la loro situazione o il loro linguaggio) è fatta di solito allo scopo di confrontare il diritto precedente con quello del tempo nel quale gli autori delle Institutiones stesse stanno scrivendo (o meglio, formalmente: nel quale l’Imperatore Giustiniano sta impartendo il proprio insegnamento), anche se, in qualche caso, questo nuovo diritto è stato iniziato da un predecessore di Giustiniano o da altri (I. 2,7,3; I. 3,24,3 con cit. di Zenone C. 4,66,1), o al limite coincide col precedente (per es. I. 4,1,6). Nel senso generale indicato sono, oltre al nostro I. 4,8,7 e agli altri passi or ora menzionati: I. 1,5,1; I. 1,22 pr.; I. 2,6,7; I. 2,10,10; I. 2,19,7; I. 3,9,7; I. 3,19,15; I. 3,23,1; I. 3,27,7; I. 3,29 3a; I. 4,1,11; I. 4,1,16; I. 4,15,4a. Solo in qualche caso l’allusione è al diritto antico, o comunque ad un’epoca antica, considerati antichi di per sé, senza precisa comparazione con altri tempi (I. 1,12,5; I. 1,17; I. 2,25 pr.: peregrinationes quae apud veteres fuissent; I. 3,15 pr.: stipulum apud veteres firmum appellabatur), magari in qualche modo datata (la magna veterum paupertas all’epoca delle dodici tavole: I. 4,4,7). A questa piccola illustrazione, che ho abbozzato, non soccorre il bel lavoro sui veteres di Franz Horak, Wer waren die veteres? Zur Terminologie der klassischen römischen Juristen, in: Vestigia iuris Romani.
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zione della noxae deditio ai soli schiavi sembrerebbe riguardare la fine della vicenda e non il suo inizio: 1. 4,8,7: Sed veteres quidem haec et in filiis familias masculis et feminis admiserunt, nova autem hominum conversatio huiusmodi asperitatem recte respuendam esse existimavit et ab usu communi haec penitus recessit: quis enim patitur filium suum et maxime filiam in noxam alii dare, ut paene per corpus pater magis quam filius periclitetur, cum in filiabus etiam pudicitiae favor hoc bene excludit? Et ideo placuit in servos tantummodo noxales actiones esse proponendas, cum apud veteres legum commentatores invenimus saepius dictum ipsos filios familias pro suis delictis posse conveniri.3.
II. Le notizie che si ricavano da Ulp. D. 9,4,2 Un testo proveniente dal diciottesimo libro ad edictum di Ulpiano, nel quale le citazioni di Celso e Giuliano costituiscono la base di tutto il discorso, sembra suscitare alquanti dubbi sui due punti che, nel paragrafo precedente, abbiamo considerato come informazioni fornite da Gaio. Ma per ora, nel presente paragrafo, cerchiamo soltanto d’intendere complessivamente il testo4. D. 9,4,2 (Ulp. 18 ad ed.): Si servus sciente domino occidit, in solidum dominum obligat, ipse enim videtur dominus occidisse: si autem insciente, noxalis est, nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat. 1. Is qui non prohibuit, sive dominus manet sive desiit esse dominus, hac actione tenetur: sufficit enim, si eo tempore dominus, quo non prohibeat, fuit, in tantum, ut Celsus putet, si fuerit alienatus servus in totum vel in partem vel manumissus, noxam caput non sequi[: nam servum nihil deliquisse domino iubenti obtemperavit]. [et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus?]. Celsus tamen differentiam facit inter legem Aquiliam et legem duodecim tabularum: nam in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis nec dominus suo nomine tenetur: at in lege Aquilia, inquit, dominus suo nomine tenetur, non servi. utriusque legis reddit rationem, duodecim tabularum, quasi voluerit servos dominis in hac re non obtemperare, Aquiliae, quasi ignoverit servo, qui domino paruit, periturus si non fecisset. Festschrift Gunter Wesener, Graz 1992, 201 – 236, perché l’impostazione della sua ricerca non lascia rilevanza ai testi delle Istituzioni giustinianee. 3 Come esempio per l’affermazione finale (… apud veteres legum commentatores invenimus etc.) vedi Iul. D. 9,4,34, che è probabilmente genuino, come può esserlo il seguente frammento Ulp. D. 9,4,35; pare invece interpolata la parte finale del frammento di Pomponio (D. 9,4,33); interpolata è (come si ritiene comunemente) la frase iniziale di Ulp. D. 5,1,57, come certo lo è Gai. D. 44,7,39. Su tutto questo fenomeno della decadenza della noxae deditio dei filii familias vedi, con lett., Max Kaser, Das römische Privatrecht II, 2a ed. 1975, 430 con in particolare la nt. 39; id., Das römische Privatrecht I, 1971, 344 nt. 24; Kaser / Hackl, ZRP (nt. 1), 149 nt. 12 (nel paragrafo 28). 4 All’esegesi di Ulp. D. 9,4,2 è dedicato quasi tutto lo studio dell’Albanese, BIDR 70 (1967), a partire dalla p. 126 (anche nel prosieguo, i testi che vengono ulteriormente addotti, sono sostanzialmente trattati alla stregua di quel primo). Di tale studio dell’Albanese darò, spero esaurientemente, conto nel seguente paragrafo 3. Per ora preferisco procedere all’esame di Ulp. D. 9,4,2 in modo autonomo.
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Carlo Augusto Cannata sed si placeat, quod Iulianus libro octagensimo sexto scribit ,si servum furtum faxit noxiamve [nocuit] 5‘ etiam ad posteriores leges pertinere, poterit dici etiam servi nomine cum domino agi posse noxali iudicio, ut quod detur Aquilia adversus dominum, non servum excuset, sed dominum oneret. [nos autem secundum Iulianum probavimus, quae sententia habet rationem et a Marcello apud Iulianum probatur]. D. 9,4,6 (Ulp. 18 ad ed.): Sed et ipse servus manumissus tenetur.
Nel contesto del lib. 18 ad edictum di Ulpiano era contenuta, fra l’altro, la trattazione de lege Aquilia6, ed a tale legge, e precisamente al suo primo capo, si riferisce il principium di D. 9,4,2. È chiaro che in tale principium Ulpiano introduceva la trattazione dell’azione nossale ex capite primo per le ipotesi nelle quali l’uccisione ivi prevista – di uno schiavo o di una pecus altrui – fosse stata operata da uno schiavo. Altrettanto chiaramente, questa introduzione era fatta semplicemente parafrasando la relativa clausola legislativa, della quale riecheggiava anche certe locuzioni testuali: in particolare una traccia del tenore legislativo deve – vedremo meglio più avanti – certamente ravvisarsi in espressioni come ,si servus sciente domino occidit‘ e ,si insciente noxalis est‘. Nel § 1 s’inizia il commentario, che nella versione del Digesto incomincia con l’affermazione ,is qui non prohibuit, sive dominus manet sive desiit esse dominus, hac actione tenetur: sufficit enim, si eo tempore dominus, quo non prohibeat, fuit,‘ nella quale si nota subito una stranezza. Infatti Ulpiano con le parole ,is qui non prohibuit‘ sembra evidentemente riferirsi all’ipotesi che nella descrizione della clausola legislativa egli stesso aveva espresso scrivendo ,si sciens‘7: ma, per nostra fortuna, questo problema trova nelle fonti una soluzione diretta. In D. 9,4,3 i compilatori hanno riportato un’altra frase di Ulpiano, che indicano come tratta dal terzo dei suoi libri ad edictum, dove secondo il Lenel sarebbe stata scritta, insieme con altri frammenti8 che il Lenel stesso ha posto alla fine del libro terzo, pensando – parrebbe – che si trattasse di riferimenti a clausole edittali magari diverse9, non determinabili con sicura precisione10. Il testo di cui parliamo recita: 5 Cfr. tab. 12,2. Correggo seguendo l’idea del Pithoeus, che così – correttamente – proponeva per il testo decenvirale: e anch’ io credo che Giuliano e Ulpiano citassero secondo l’originale, che avevano in testa, memorizzato nella sua forma arcaizzante, come prova il faxit. 6 Nella Palingenesia del Otto Lenel il lib. 18 ad ed. di Ulpiano (Lenel, Palingenesia Iuris Civilis II, 1889, rist. 1960, 520 – 532) contiene i frammenti ulpianei 603 – 629. Quelli ad legem Aquiliam sono Ulp. fr. 612 – 628. Il nostro Ulp. D. 9,4,2+6 è posto alla fine della trattazione del caput primum in apertura della trattazione speciale de noxalibus ex capite primo actionibus, come Ulp. fr. 619. 7 L’osservazione è partita da Gerhard Beseler, Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen IV, 1920, 270 (l’Albanese, BIDR 70 [1967], 137 rinvia a p. 70, ma il luogo mi pare meno significativo); id., Romanistische Studien, SZ 46 [1926], 108 – 143, ed è stata ripresa dall’Albanese, BIDR 70 (1967), 137 (in fine) e s., che l’ha sviluppata con osservazioni già impostate in modo simile a quelle che sto facendo. 8 Lenel, Pal. II (nt. 6), Ulp. fr. 224 – 226.
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D. 9,4,3 (Ulp. 3 ad ed.): In omnibus noxalibus actionibus, ubicumque scientia exigitur domini, sic accipienda est, si, cum prohibere posset, non prohibuit[: aliud est enim auctorem esse servo delinquenti, aliud pati delinquere].
Prescindendo per ora dalla chiusa (aliud est enim etc., sulla quale dovremo tornare), in questo testo Ulpiano esprime un criterio interpretativo generale per testi normativi in materia di azioni nossali (in omnibus noxalibus actionibus), precisamente dicendo che la scientia domini previstavi per certe conseguenze deve essere intesa come allusiva al fatto che l’avente potestà non ha impedito il fatto delittuoso del sottoposto quando era concretamente in grado di impedirlo. In D. 9,4,2 sembra evidente che Ulpiano, prima di scrivere quello che adesso leggiamo all’inizio del § 1, doveva aver richiamato questa sua affermazione precedente o averla in qualche modo ripetuta o riesposta, ma i compilatori hanno preferito alleggerire il testo sopprimendo questa parte, per riportare poi la stessa affermazione di Ulpiano traendola dal libro terzo, per qualche ragione che non è il caso di cercar di precisare elucubrando. Proseguiamo. Nella parte del testo che abbiamo esaminato (§ 1: is qui-fuit) si stabilisce dunque che per un fatto delittuoso commesso da un suo schiavo il dominus sciens, cioè il dominus che potendo impedire il fatto non lo abbia impedito, non è soggetto all’azione nossale, ma all’azione aquiliana diretta, e che questa azione è esperibile contro di lui se egli di quello schiavo era dominus nel momento in cui non impedì il fatto. Il che precisamente significa: se Stico schiavo di Tizio ha commesso dei fatti delittuosi con la consapevolezza di Tizio, il dominus Tizio è tenuto suo nomine per il delitto i cui fatti sono stati commessi da Stico: e questa responsabilità grava sul dominus Tizio anche se poi, al tempo nel quale l’azione venga esperita, lo schiavo non fosse più sotto la sua potestas.11 9 Nello stesso libro, quel che precedeva riguardava i titoli edittali de iurisdictione, de albo corrupto e quod quisque iuris in alterum etc. (Lenel, Pal. II [nt. 6], 426 s.; Ulp. fr. 210 – 223). Il nostro D. 9,4,3 è il fr. 224 di Ulpiano. 10 Tenendo conto di quel che precedeva (vedi la nota precedente), è certo logico pensare che Ulp. D. 9,4,3 fosse scritto nel contesto del commentario ulpianeo all’editto de albo corrupto, come ha fatto l’Albanese, BIDR 70 (1967), 133 s. nt. 30 in particolare; per gli altri impieghi del testo da parte dell’Albanese menziono quelli che compaiono ai punti b, d, ed e nelle pagine riassuntive (p. 170 s., cioè l’inizio del paragrafo 13) della parte esegetica, nel suo articolo (cit. sopra, alla nt. 1; vedi qui ancora, nel mio paragrafo 3). 11 Forse il testo di Ulp. D. 9,4,6, che sopra ho aggiunto a quello del fr. 2, voleva dire per i compilatori che in questo caso, cioè se lo schiavo è stato manomesso, il liberto risponde personalmente. È il Lenel, Pal. II (nt. 6), Ulp. fr. 619 ad unire il testo di D. 9,4,6 a quello di D. 9,4,2. Se questo vuol semplicemente dire che secondo il Lenel la frase di D. 9,2,6 apparteneva al contesto ulpianeo di D. 9,4,2, potrebbe pensarsi che nell’originale esso fosse collocato dopo noxa caput non sequi, in luogo dei glossemi che ivi nel Digesto (di ciò infra) lo seguono (nam servus-excusabimus); ma ciò non sembra verosimile in quanto, se così fosse stato, la cosa si sarebbe in qualche modo dovuta spiegare, perché il regime descritto in D. 9,4,6 risulterebbe in contradizione con l’idea che il delitto commesso dallo schiavo del dominus sciens non dà luogo a nossa perché non si tratta di fatti delittuosi del servus ma direttamente di fatti delittuosi imputabili al dominus. Ma non mi pare il caso di approfondire ulteriormente qui que-
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Le conclusioni fin qui raggiunte sono da Ulpiano illustrate con una citazione di Celso: ut Celsus putet, si fuerit alienatus servus in totum vel in partem vel manumissus, noxam caput non sequi. Questa citazione di Celso serve a chiarire espressamente un punto del regime descritto: se lo schiavo abbia commesso i fatti delittuosi mentre era sotto la potestà del suo dominus e con la scientia di questi, la successiva alienazione (o manumissione) dello schiavo da parte del dominus non muta la responsabilità: noxa caput non sequitur; vale a dire che il punto di riferimento per l’attribuzione della responsabilità da delitto è sempre il dominus e non lo schiavo, e quindi il fatto che costui sia uscito dalla sua potestà risulta irrilevante. Prima di proseguire nell’esame del passo faccio una precisazione. Come si sarà visto, riportando sopra il testo di Ulpiano avevo già incominciato ad inserirvi i segni che abitualmente usiamo per indicarvi le eventuali alterazioni compilatorie o precompilatorie. Il primo di questi segni ( all’inizio del § 1) voleva solo indicare il fatto che in quel punto doveva in qualche modo essere contenuta l’identificazione (interpretativa) di dominus sciens e dominus qui cum prohibere posset, non prohibuit, che abbiamo letto in Ulp. D. 9,4,3; ma poi ho segnato come inserzioni tutta una serie di frasi: [: nam servum nihil deliquisse domino iubenti obtemperavit]. [et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus?], nonché [: aliud est enim auctorem servum esse delinquenti, aliud pati delinquere] del frammento Ulp. D. 9,4,3. Ora, l’estraneità al dettato originario di tutte queste frasi mi sembra dimostrata dal fatto che esse introducono nel ragionamento di Ulpiano, e di Celso che Ulpiano riporta, un punto di vista che – se è corretta la sua ricostruzione che fin qui ne abbiamo fatto – vi era del tutto assente.12 Il punto di vista assente è quello della scissione della nozione di dominus sciens nelle due diverse nozioni di dominus iubens e di dominus non prohibens. Come abbiamo visto sopra, Ulpiano aveva espressamente precisato che la nozione legislativa di dominus sciens doveva essere intesa come allusiva al dominus non prohibens, e quindi, nel suo discorso giuridico, con le due espressioni si allude alla medesima nozione: con il che diviene impossibile attribuire ad Ulpiano – o a Celso da lui citato a proprio sostegno – frasi nelle quali le nozioni di dominus sciens e dominus non prohibens sono in qualche modo o in qualche misura contrapposte. Per valutare bene queste frasi – le abbiamo già elencate sopra, e le riprenderemo – è opportuno individuare un altro concetto – di natura dommatica – presente nel testo sto problema, anche se non trovo trattazione del punto in letteratura. Ad esempio, l’Albanese, BIDR 70 (1967), se non vedo male, cita D. 9,4,6 solo a p. 127 nt. 17, per dire unicamente che anche questo passo, come D. 9,2,27 pr.-3, era fra quelli del diciottesimo libro di Ulpiano ad edictum che – secondo il Lenel – si connettevano col problema della scientia domini nelle azioni nossali. 12 La mia individuazione di questo insieme di frasi insiticie coincide pressoché integralmente con quella che ne ha fatto l’Albanese, BIDR 70 (1967), 139 – 143, nel contesto di un discorso col quale il mio corre in parallelo per distaccarsene ad un certo punto. Quello cui ora sto accennando risulterà chiarito nel prossimo mio paragrafo 3.
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di Ulpiano. Si tratta dell’idea che il fatto delittuoso commesso dallo schiavo del dominus sciens è delitto del dominus stesso, e ciò ha come diretta conseguenza che l’azione esperibile dalla vittima del delitto contro il dominus è da questi subita suo nomine. In questa linea (magari contrapponendola alla diversa impostazione della nossalità nelle dodici tavole) abbiamo le seguenti espressioni: in D. 9,4,2 pr. Ulpiano scriveva: si servus sciente domino occidit, … ipse … videtur dominus occidisse (contrapposta a … si autem insciente … ex maleficio servi … teneri)13; da D. 9,4,2,1 risulta che Celso aveva affermato, con riferimento alle dodici tavole: in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis nec dominus suo nomine tenetur, e ancora che Celso pensava, con riferimento alla legge aquilia: in lege Aquilia … dominus suo nomine tenetur, non servi; poi ancora, sempre nel § 1, Ulpiano riporta che Giuliano scrisse, con riferimento alle dodici tavole: poterit dici etiam servi nomine cum domino agi posse noxali iudicio; e, con riferimento alla legge aquilia: quod detur Aquilia adversus dominum, non servum excuset, sed dominum oneret. Prima di delineare con una certa precisione – come ora, direi, siamo in grado di fare – i presupposti dommatici dell’analisi del regime della nossalità che Celso, Giuliano e Ulpiano appaiono adottare in D. 9,4,2 e 3, vorrei ancora sottolineare che una conferma della conclusione, che abbiamo potuto raggiungere, si trae, io credo con evidente certezza, dalla lettura del testo di Paolo, inserito dai compilatori a seguito del testo ulpianeo (D. 9,4,3), del quale ultimo diremo ancora fra poco: D. 9,4,4 pr. (Paul. 3 ad edictum): In delictis servorum scientia domini quemadmodum accipienda est? utrum cum consilio? An et si viderit tantum, quamvis prohibere non potuerit? Quid enim si ad libertatem proclamans domino sciente faciat aut qui contemnat dominum? Vel cum trans flumen sit servus, vidente quidem sed invito domino noxam noceat? Rectius itaque dicitur scientiam eius accipiendam, qui prohibere potest14: et hoc in toto edicto intellegendum est circa scientiae verbum.
Questo frammento, con quello ulpianeo che lo precede, non appartiene alla materia della trattazione aquiliana15: in esso il giurista tratta dunque della parola scientia (scientiae verbum) ,in toto edicto‘ con riguardo ai delitti degli schiavi. I compilatori del Digesto hanno usato la frase, che ho riportato, per aprire una casistica in materia di scientia domini nell’azione aquiliana nossale, che prosegue poi per un certo numero di testi; ma questo, che abbiamo letto, è il solo veramente interessante ai nostri fini. Esso enuncia la problematica che ci interessa (in delictis servorum scientia domini quemadmodum accipienda est?) presentando subito (dopo una domanda funzionale: utrum cum consilio?) una serie di esempi – evidentemente di scuola – nei 13 Ciò spiega anche come la contrapposizione fra le due situazioni venga sintetizzata in un testo casistico (Ulp. Proc. Urs. D. 9,2,27,1) con tua voluntate fecit … non voluntate tua fecit. 14 Cfr. Paul. D. 9,2,45 pr.: Scientiam hic pro patientia accipimus, ut qui prohibere potuit teneatur, si non fecerit. 15 Nei libri ad edictum di Paolo esso era posto nel commentario all’editto de albo corrupto: Lenel, Pal. I (nt. 6), 969 (Paul. Fr. 110); Lenel, EP (nt. 1), 57.
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quali la valutazione della scientia domini potrebbe suscitare problemi. Ma poi conclude il discorso ripetendo l’affermazione che avevamo potuto desumere da Ulp. D. 9,4,2: ,rectius itaque dicitur scientiam eius accipiendam, qui prohibere potest: et hoc in toto edicto intellegendum est circa scientiae verbum‘. A futura memoria – per la critica che faremo nel paragrafo seguente ad una tesi dell’Albanese – aggiungo una considerazione generale sul carattere del testo paolino che stiamo considerando. Se lo si legge attentamente, il problema „come si debba intendere l’espressione normativa scientia domini“ non viene posto in un modo che riveli lo scopo di chiarire un’espressione ambigua nell’interpretatio dei giuristi, perché in quest’ambito essa è data come di significato sicuro (rectius itaque dicitur; hoc in toto edicto intellegendum est). Non può dirsi, perciò, che Paolo scrivesse quel che nel testo si legge per contrastare un’opposta tesi presente nella giurisprudenza del suo tempo, ma unicamente per chiarire bene in generale la nozione che sta esponendo. Invece di riferire di un problema di ius controversum, si deve piuttosto pensare che Paolo, se immaginasse comunque dei contradittori, avesse di mira posizioni forensi avvocatesche, dirette – come le opere di Cicerone ci documentano in più luoghi – a superare per interessi di parte nozioni giuridiche sicure, riducendole a problemi casistici considerati alla luce di considerazioni di fatto impiegate come espedienti retorici. E veniamo dunque a precisare i presupposti dommatici che i giuristi adottavano in D. 9,4,2 e 3, limitandoci per ora al loro discorso sulla lex Aquilia. La fattispecie in esame è quella di un delitto i cui fatti sono stati posti in essere da uno schiavo. Qui la legge stessa distingueva (si servus sciente domino occidit, in solidum dominum abligat, … si autem insciente, noxalis est): se il dominus è sciens l’azione contro di lui è diretta, se invece il dominus è insciens l’azione è nossale. Quindi, le nozioni di dominus sciens e insciens erano nozioni della legge, ed Ulpiano ne fornisce subito l’interpretazione, che è quella che sappiamo, ma che credo vada analizzata con precisione. La nozione di dominus insciens parrebbe del tutto chiara: lo schiavo ha agito per conto suo, senza che il dominus ne sapesse nulla; comunque, nell’interpretazione giurisprudenziale non è su questa nozione che ci si appunta, bensì su quella reciproca (dominus sciens), e Ulpiano avverte che la nozione di dominus sciens non è definibile semplicemente come l’opposto della precedente: sciens è il dominus che (Ulp. D. 9,4,3) cum prohibere posset, non prohibuit. Quindi, sciente non è il dominus che semplicemente sapeva, ma che sapeva ed era in grado di impedire, e cioè di prevenire l’atto dello schiavo: come dirà lo stesso Ulpiano in D. 47,6,1,1, ad altro proposito ma analogo16: scientiam enim spectare debemus, quae habet et voluntatem. Questa nozione, siccome viene a determinare la responsabilità personale del dominus, e quindi permette di considerarlo autore del delitto, con la conseguenza che egli suo nomine è gravato dall’actio ex lege Aquilia, ha evidentemente un’estensione assai vasta, e d’altra parte con un confine preciso: da un lato infatti essa si estende a comprendere tutta la gamma di casi in cui quel che qui si raccoglie nella nozione di scientia può essere valutato come realizzazione della colpevo16
Albanese, BIDR 70 (1967), 154.
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lezza aquiliana: i fatti realizzati dallo schiavo possono essere ascritti a colpa del suo dominus, cioè il danno che essi hanno cagionato ad altri può essere imputato al dominus in conformità del criterio della colpa aquiliana.17 Ora, l’idea del dominus che sciens non prohibuit – che a questo proposito fa capolino nei testi – non è calzante con tutto ciò. L’idea chiave dei giuristi era quella del dominus che non prohibuit; come complemento di questa vi è solo la nozione di inscientia, la quale gioca unicamente come limite dell’ambito di applicazione del non prohibuit. In pratica, nei ragionamenti processuali sulla prova, non si partirà neppure dal fatto che (il dominus) non prohibuit: perché se dominus prohibuit, cioè se egli avesse impedito il fatto dello schiavo, il fatto non sarebbe stato commesso. Quindi, se il fatto è stato commesso, quel che si deve stabilire è solo se il dominus era sciens, cioè se prohibere potuit; se prohibere potuit il dominus risponde: e non importa se egli abbia ordinato o abbia assistito inerte al fatto: in ogni caso era dominus sciens e responsabile suo nomine. Alla luce di quanto detto, riconsideriamo i luoghi che avevamo nel testo considerati spurî ponendoli fra parentesi quadre. L’interpolazione più chiara sembrerebbe quella di Ulp. D. 9,4,3, dove la frase in questione (aliud est enim auctorem servum esse delinquenti, aliud pati delinquere) non solo è scritta dopo l’enunciato del criterio interpretativo delle norme sulle azioni nossali, secondo il quale l’esigenza della scientia domini deve essere intesa come inerzia del dominus nell’impedire allo schiavo di compiere i fatti delittuosi quando fosse in grado di farlo (in omnibus noxalibus actionibus, ubicumque scientia exigitur domini, sic accipienda est, si, cum prohibere posset, non prohibuit), ma è ad essa collegata con enim, come ne fosse un chiarimento: mentre invece tale frase, a dir poco, non chiarisce nulla di quella che precede. Il discorso complessivo del passo, così come è scritto, risulta in effetti essere il seguente: „Quando si parla di azioni nossali, per scientia domini si deve intendere che il dominus poteva impedire allo schiavo di fare quel che ha fatto, perché dire che essere mandante o istigatore di un delitto altrui è cosa diversa dal lasciare che altri commetta un delitto“. Ora, di fronte a questa lettura – che credo inevitabile – di Ulp. D. 9,2,3, non credo vi possano essere se non due alternative. La prima è quella implicata da tutto quello che sono venuto a dire finora, e che si conclude nel considerare insiticie le parole della chiusa (aliud est enim-pati delinquere) in quanto non coerenti con quel che le precede e con l’enim stesso che esse contengono. V’è una seconda alternativa: ma questa sfocia nel dare al passo un senso contrario a quello che è evidentemente proprio alle altre frasi che abbiamo individuate come insiticie. Questa seconda alternativa consiste nell’intendere tutto il passo come risulta dalla traduzione ad sensum che ne propongo qui di seguito, dopo avere, per comodità del lettore, riportato di nuovo il passo nella sua interezza: D. 9,4,3 (Ulp. 3 ad ed.): In omnibus noxalibus actionibus, ubicumque scientia exigitur domini, sic accipienda est, si, cum prohibere posset, non prohibuit: aliud est enim auctorem esse servo delinquenti, aliud pati delinquere.
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Cfr. Paul. D. 50,17,50: Culpa caret qui scit, sed prohibere non potest.
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„In tutte le disposizioni che riguardano le azioni nossali, dovunque si menziona come esigenza la scientia del dominus, questa scientia va intesa nel senso che ciò a cui si allude è il fatto che il dominus non avesse impedito il fatto dello schiavo quando poteva impedirlo: perché quel che in tali disposizioni si vuol dire non è che il dominus si sia comportato come valendosi dell’opera dello schiavo per commettere un delitto lui stesso, ma una cosa diversa, e cioè che il dominus ha volontariamente lasciato che lo schiavo commettesse il delitto.“18 Scegliere l’una o l’altra di queste alternative è indifferente per la valutazione delle altre frasi la cui genuinità intendo mettere in discussione. Si tratta della sequenza delle due frasi di D. 9,4,2,1 ,nam servum nihil deliquisse 19 domino iubenti obtemperavit‘ e ,et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus?‘. Benché nel testo siano scritte l’una di seguito all’altra, ho preferito separarle, perché è possibile che provengano da due interventi diversi. La seconda (et sane-excusabimus?) è, seguendo i presupposti dommatici che ho spiegato, chiaramente insiticia, in quanto espressamente pone la differenziazione tra dominus iubens e dominus non prohibens all’interno della nozione di dominus sciens. Ma la prima (nam-obtemperavit) rappresenta proprio il luogo dove risiede la ragione che ha suggerito quella differenziazione, perché ivi s’introduce l’idea che isola il servo che delinque obbedendo al padrone, la quale è proprio l’idea nuova, che abbiamo considerato spuria, e che compromette – direi addirittura che lo rende incomprensibile – tutto il dettato. Perché – lo ripeto, prima di proseguire l’esame del testo – i giuristi avevano un’idea del tutto semplice, e la sola funzionale, in quanto aliena dall’intricare i problemi di prova che potevano presentarsi in pratica: il dominus risponde suo nomine se avesse potuto impedire il fatto dello schiavo, mentre è gravato dall’azione nossale se non avesse potuto impedirlo; e, se ne risponde suo nomine, ciò significa che il delitto è compiuto da lui, mentre l’azione nossale è data contro di lui se egli deve rispondere per dei fatti delittuosi dello schiavo. Sull’origine e le ragioni delle interpolazioni stabilite ritorneremo in seguito. Per ora proseguiamo nell’esame del testo, che avevamo lasciato prima delle parole Celsus tamen differentiam etc., dove del passo s’inizia quella che proprio può considerarsi una sua seconda parte, nella quale Ulpiano riportava un confronto, nella materia trattata nella prima parte del passo, fra il regime della legge delle dodici tavole e quello della lex Aquilia. 18 Per la traduzione di ‚aliud-delinquere‘ parto da questa traduzione letterale: „altra cosa è infatti essere auctor per lo schiavo che delinque, altra cosa è lasciare che egli delinqua“. 19 In questa frase ho impiegato i segni diacritici in un modo poco ortodosso, perché le parentesi uncinate apposte al vengono a trovarsi all’interno delle parentesi quadre che si riferiscono all’intera frase [nam-obtemperavit]. Con ciò volevo significare che l’intera frase considerata va considerata spuria, ma che per la sua comprensione è necessario inserirvi il qui. Tale particolare vuole anche sottolineare la possibilità che nel testo l’inserzione di nam-obtemperavit provenga dall’inserzione (compilatoria?) nel testo di due glossemi di provenienza diversa uniti insieme. Vedi anche infra, nt. 21.
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Tale confronto si fonda sulla considerazione del testo delle norme che, nelle due leggi, disciplinavano le azioni nossali, per cui è opportuno che anche noi – in via preliminare – stabiliamo come il tenore di tali norme viene presentato in D. 9,4,2. Questo solo faremo per ora: in che misura quel che troviamo qui possa condurre ad una ricostruzione dei rispettivi testi legislativi originali, sarà considerato nei successivi paragrafi 4 e 5. Per quanto riguarda il tenore della norma aquiliana sull’azione nossale abbiamo la descrizione che Ulpiano ne faceva in D. 9,4,2 pr. (si servus sciente domino occidit, in solidum dominum obligat, ipse enim videtur dominus occidisse: si autem insciente, noxalis est, nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat) ed è confermata dalle parole di Celso nel § 1 (dove egli diceva che, nel caso della scientia, in lege Aquilia dominus suo nomine tenetur, non servi). Da tutto ciò può approssimativamente trarsi un testo legislativo del seguente genere: (Lex Aquilia) Si servus sciente domino occidit, adversus dominum in solidum actio esto, si insciente noxalis esto. Per la norma delle dodici tavole, che la dottrina è abbastanza concorde nel porre in Tab.12,2, abbiamo in D. 9,4,2,1 tanto un enunciato di Celso (in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis nec dominus suo nomine tenetur), quanto uno di Giuliano, che pare riportare letteralmente una parte della norma decenvirale (,si servum furtum faxit noxiamve [nocuit] ): quel che seguiva nelle dodici tavole risulta, tanto presso Celso quanto presso Giuliano, dover essere nel senso della responsabilità nossale del dominus: però qui (nel rispetto della sostanza di quanto detto, ma con una piccola anticipazione per la forma) enuncio già il probabile tenore della norma decemvirale, che disponeva non l’azione nossale, ma la noxae deditio: Tab. 12,2: Si servus furtum faxit noxiamve noxit, . Sulla base di questi dati si capisce bene come il confronto fra le disposizioni delle due leggi parta, tanto presso Celso quanto presso Giuliano, dalla constatazione che nel caso di fatti delittuosi commessi da uno schiavo, secondo le dodici tavole la responsabilità del dominus era sempre nossale, mentre secondo la lex Aquilia la responsabilità era nossale solo per il dominus insciens, mentre quella del dominus sciens era diretta. Se questo punto di partenza è comune a Celso e Giuliano, divergente è presso i due giuristi l’interpretazione politica (intendiamoci bene: di politica del diritto; è quella che Ulpiano individua come utriusque legis rationem) delle due soluzioni. Secondo Celso quella che noi chiameremmo la „mens legis“ della legge decenvirale era nel senso che neanche uno schiavo deve commettere delitti, e se il dominus vuole che lui li commetta, anche se al limite glielo ordini, lo schiavo non deve ubbidirgli. La legge aquilia avrebbe modificato questa situazione, tenendo conto del fatto che lo schiavo dipende unicamente dal suo dominus, che può punirlo nel modo
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più arbitrario e quindi più esteso possibile qualora non lo veda comportarsi come a lui piace: per cui lo schiavo, se agisca sciente domino, è comunque giustificato, e la responsabilità passa naturalmente al dominus. Giuliano pensava invece che nella norma della legge aquilia non va ravvisata alcuna valutazione del contegno dello schiavo: la responsabilità diretta del dominus sciens rappresenta un’innovazione aquiliana soltanto nel senso di gravare il dominus sciens della responsabilità diretta, quando le dodici tavole la limitavano a quella nossale. E l’interpretazione di Giuliano aveva anche una conseguenza pratica: secondo lui la norma decenvirale non era abrogata da quella aquiliana, per cui entrambe restano in vigore, con la conseguenza che il danneggiato per fatto dello schiavo sciente domino ha due possibilità: l’azione nossale ex lege duodecim tabularum concorre, in senso ovviamente alternativo, con quella aquiliana diretta.20 Nella sintesi, che ho fatto or ora, del confronto fra la disciplina decenvirale e l’aquiliana del regime nossale, che Ulpiano presentava valendosi degli scritti di Celso e Giuliano, ho esposto il punto di vista dei giuristi menzionati nel passo tenendo conto delle considerazioni dommatiche che avevo già fatto in precedenza: tenendo per fermo, in particolare, che per loro la nozione di dominus sciens era interpretata come quella di dominus che fosse stato in grado di impedire i fatti delittuosi del suo schiavo quando questi li aveva commessi. Ora, se invece teniamo conto, nel contesto letto, anche delle frasi che quel lavoro ricostruttivo ci ha imposto di sopprimere come insiticie, mi pare scorgiamo facilmente che esse rappresentano lo sforzo compilatorio di inserire nel testo una riforma della disciplina descritta. Riprendiamo tutte le frasi interessate, anzi: completiamone l’elenco. Da D. 9,4,2,1: … nam servum nihil deliquisse domino iubenti obtemperavit. et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus? Nos autem secundum Iulianum probavimus, quae sententia habet rationem et a Marcello apud Iulianum probatur. D. 9,4,3 (Ulp. 3 ad ed.): … aliud est enim auctorem servum esse delinquenti, aliud pati delinquere.
Questo insieme di frasi rivela una sua logica intrinseca, che non può dipendere dal loro ordine, perché si tratta di frasi insiticie, e quindi il loro ordine dipende dalla struttura dei testi ai quali sono state aggiunte. La prima frase tratta da D. 9,4,2,1 compare nella Fiorentina senza il ,qui‘21. Questo permette di ritenere possibile che questa frase risulti dall’unione di due frasi, en20 Sul problema vedi Ernst Levy, Die Konkurrenz der Aktionen und Personen I, Berlin 1918, 158 ss.; anche 339 – 358; 493 ss. Su Paul. D. 9,4,4,2 – 3 Levy, 158 s. (e vedi ancora Albanese, BIDR 70 (1967), 159 ss.). 21 L’integrazione è assai antica. Per quel che mi risulta, il qui era presente nella Vulgata, e la sua assenza nella Florentina veniva segnalata con un’additio dagli editori culti della Glossa.
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trambe insiticie, e magari che esse provenissero da due mani diverse. La prima (nam servum nihil deliquisse) potrebbe anche essere genuina, cioè appartenere a Celso ovvero essere un’esplicazione di Ulpiano, o potrebbe essere un glossema di qualche lettore che abbia lui pensato l’esplicazione or ora da me ipoteticamente attribuita ad Ulpiano. La seconda (domino iubenti obtemperavit) ha proprio l’aria di essere un’ulteriore precisazione. Avremmo cioè: I) affermazione celsina: noxa caput non sequi; II) chiarimento 1 (di Ulpiano, o Celso o un glossatore A): „in effetti lo schiavo non si è comportato come un delinquente“; III) chiarimento 2 (glossatore B): „ha obbedito ad un ordine del dominus“22. La seconda frase tratta da D. 9,4,2,1 (et sane si iussit, potest hoc dici: si autem non prohibuit, quemadmodum factum servi excusabimus?) dipende certamente – come del resto risulta dalla sua collocazione nel dettato – dalla prima, e in particolare dalla sua ultima metà (punto III dello schema che ho or ora proposto), e pone un interrogativo, che rappresenta l’enunciato che avrà come risposta l’idea che consideriamo insiticia: ma l’enunciato è posto solo in forma interrogativa, e non ha risposta. Probabilmente si tratta ancora di un glossema e non di un’interpolazione giustinianea, perché l’interpolazione dovrebbe avere un carattere di decisione, e non di enunciato problematico. La risposta è invece in D. 9,4,3 con la frase … aliud est enim auctorem servum esse delinquenti, aliud pati delinquere. Che si tratti di interpolazione giustinianea o di glossema, ovvero (come avevamo anche ipotizzato sopra) di frase con altro senso, ma mantenuta (o così corretta) dai compilatori con questa interpretazione, essa comunque, nel Digesto, ora, significa: se è il dominus sciens che deve rispondere direttamente, non è genericamente il dominus che ha lasciato fare, ma il dominus che ha ordinato. La terza frase di D. 9,2,4,1 ha decisamente carattere dispositivo, di soluzione di un ius controversum: Nos autem secundum Iulianum probavimus, quae sententia habet rationem et a Marcello apud Iulianum probatur. Qui non possono parlare se non i compilatori del Digesto, e parlano in nome di Giustiniano. Da come è collocata, la frase significa: „Il dominus sciens (inteso come lo è nelle frasi che abbiamo considerato insiticie, e cioè il dominus che abbia ordinato allo schiavo di delinquere) è tenuto tanto con l’azione nossale dell’antica tradizione quanto con l’azione diretta ex lege Aquilia“. Anche la citazione di Marcello credo possa considerarsi un voluto supporto giustinianeo, che fornisce un elegante aggancio classico23.
22 Nel titolo finale del Digesto (De diversis regulis iuris antiqui) è riportata una frasetta – tratta dal secondo libro ad Plautium – di Paolo (D. 50,17,168 pr.), che suona: Is damnum dat, qui iubet dare; eius vero nulla culpa est, cui parere necesse sit. È certo ben possibile che in origine essa fosse scritta in materia aquiliana (Lenel, Pal. I (nt. 6), 1150); si tratta del fr.1085 di Paolo, e deve accettarsi la collocazione in una trattazione de lege Aquilia che il Lenel ha fatto dei frammenti paolini 1083 – 1085, ma si tratta di un indizio troppo tenue per suggerire che fossero presso Paolo le premesse della concezione postclassico-giustinianea che stiamo individuando.
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III. (segue) A proposito di una particolare concezione dell’Albanese Come ho già annotato, nel dipanare la materia trattata nel paragrafo che precede ho seguito semplicemente il filo che la lettura dei testi mi indicava; ma di tutta la materia della scientia domini si è già occupato, in particolare, l’Albanese nel citato24 articolo del 1967. Le considerazioni da me or ora fatte risultano in generale molto vicine alle sue, ma ne diverge soprattutto un esito di notevole rilevanza, per cui un confronto fra le nostre vedute s’impone. Ciò implica però che questo confronto io lo faccia dando conto in modo esauriente del pensiero del compianto collega palermitano, che non fu autore del quale una tesi possa essere semplicemente superata esprimendone il dissenso, anche se motivato. Le sue analisi e le sue vedute vanno comunque considerate nel complesso, anche se per distaccarsene ad un certo punto; perché sono sempre frutto di considerazioni le quali, anche se staccate da un assunto particolare, mantengono il loro valore, come si vedrà anche in questo caso. Incominciamo dall’individuazione in Ulp. D. 9,4,2 di un insieme di frasi insiticie, che ho fatto nel paragrafo precedente. Essa coincide pressoché integralmente con il pensiero dell’Albanese25, ed ancora il mio discorso (che vedremo meglio più avanti) coincide con il seguito del suo (p. 143 s.) quando, concentrandosi sulla frase Celsus tamen-non servi di D. 9,4,2,1, egli dice che qui viene confermata l’assoluta estraneità a Celso e Ulpiano dei cenni all’ipotesi restrittiva del dominus iubens, e sottolinea ancora che un altro dato, fornito da questa parte del § 1, è che Celso e Ulpiano escludevano ogni rilievo alla scientia domini per i delitti previsti dalla norma decenvirale si servum furtum faxit etc., in quanto, nei casi in cui essa doveva applicarsi, dal suo tenore risultava che, anche se ricorresse la scientia domini, sussisteva comunque il regime nossale ed era da escludersi ogni responsabilità in solidum (detracta noxae deditione) del dominus. La divergenza del mio modo di vedere rispetto a quello dell’Albanese si manifesta in particolare in relazione all’origine dell’idea (dico l’idea della distinzione fra dominus sciens e iubens) che le frasi, riconosciute da entrambi noi come insiticie in Ulp. D. 9,4,2,1, introducono. Il diverso pensiero dell’Albanese dal mio emerge in particolare nel suo paragrafo 7 (p. 150 ss.), dove egli, come introduzione all’esegesi di Ulp. D. 9,4,4, studia Ulp. D. 9,4,3; con i due testi (e con altri di minor rilievo) l’Albanese intende rafforzare la sua (e anche mia) conclusione relativa alla nozione ulpianea di scientia domini (relativa alla legge aquilia). A tal fine i compilatori si valsero in particolare di Ulp. D. 9,4,3 (che in ori23 Non ho preso in considerazione il fr. Ulp. D. 9,4,6, perché il suo senso (in se stesso e nel contesto della compilazione) mi risulta troppo poco perspicuo. Vedi sopra, la nt. 11. 24 Vedi sopra, alla nt. 1. 25 Albanese, BIDR 70 (1967),139 – 143. Nel presente paragrafo, che è soprattutto dedicato all’esposizione del pensiero dell’Albanese, le pagine del suo articolo Sulla responsabilità del dominus sciens per i delitti del servo verranno via via direttamente citate nel mio testo, senza ricorrere alle note, tra parentesi e senza altra indicazione se non la p. (pagina) ed eventualmente la nt. (nota). I passaggi riferiti testualmente saranno racchiusi fra i doppi apici („ad esempio“).
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gine non si riferiva alla lex Aquilia, ma ciò poco importa, ponendosi il problema per totum edictum) ed a questo fine presentarono il testo isolatamente e „lo alterarono notevolmente“ (p. 151). Partendo dalla critica (parziale) all’esegesi che ne fece il Beseler26, l’Albanese giunge dapprima a risultati ben compatibili con i miei, ma per concludere che non è condivisibile l’idea del Beseler (che io invece ammetto almeno come conclusione più ovvia) che il finale aliud est-delinquere sarebbe radicalmente da espungere (Albanese, 152), e prosegue dicendo che è ben vero che nel contesto attuale la frase in parola non ha senso („irrilevante e insensata“), ma che non si può „far carico ai compilatori né ai glossatori postclassici di un’aggiunta ex nihilo assolutamente insensata“ (p. 152: forse un eccessivo scrupolo riccoboniano?); ed in proposito aggiunge che – in sede di analisi della scientia domini – „è tutt’altro che irrilevante e insensata, in sé e per sé, una distinzione tra la posizione del dominus che si fa auctor del maleficio materialmente realizzato dal servo e la posizione del semplice pati“ (sempre p. 152). Di conseguenza, e in conclusione, l’Albanese ritiene che quella frase contenga il residuo di una tesi classica che, in un contesto di ius controversum, si contrapponeva a Celso e Ulpiano. Malgrado lo sforzo dell’autore di fondare nelle fonti l’esistenza di questa tesi classica, essa rimane, a mio parere, senza aggancio testuale possibile per il diritto classico. Questo mi pare emergere già dall’esame degli argomenti sui quali nel complesso l’Albanese sostiene la classicità della tesi opposta a quella di Celso e Ulpiano, che si rivelano in sostanza come una semplice ricerca d’indizi, che possono per giunta essere tali se tali si voglia proprio considerarli. La sua dimostrazione mi pare, comunque, possa essere sintetizzata nei cinque punti seguenti. 1) In D. 9,4,2,1 la nozione restrittiva di scientia = iussus domini è inserita nelle due glosse qui-obtemperavit e sane-excusabimus: argomento (ripreso a p. 152) che acquisterebbe forza perché già prima (nel paragrafo 4, p. 139 ss.), come scrive l’autore, „anticipammo il nostro convincimento secondo il quale la sostanza di quelle glosse si appoggiava su una nozione di scientia già sostenuta da alcuni classici“, e tale convincimento nasceva dalla constatazione che i compilatori non potevano essere considerati autori di quelle due palesi intrusioni nel testo ulpianeo D. 9,4,2,1, nonché 2) dall’opinione per cui la nozione di scientia, almeno in una certa epoca, era stata certamente controversa tra i classici, come risultava dalla soppressione sicuramente operata dai compilatori in D. 9,4,2 pr., proprio in ordine alle questioni relative alla portata della scientia domini27. Dopo detto ciò aggiunge (sempre a p. 152) i due altri rilievi in cui si concretano gli argomenti 3 e 4. 3) „Il primo è costituito dall’impossibilità di attribuire ai compilatori o a glossatori postclassici l’attuale distinzione tra auctor esse e pati delinquere, insensata, come si disse, nel contesto attuale di D. 9,4,3.“ 4) (p. 152 s.) „Il secondo rilievo, più generale, consiste nell’osservazione che la distinzione – in astratto, ripeBeseler, Beiträge IV (nt. 7), 270; ma in particolare id., SZ 46 (1926), 109 – 143. Questo egli scrive a p. 152; l’argomento che riprende era proposto la prima volta a p. 138 s. L’interpolazione per soppressione all’inizio di D. 9,4,2,1 è certo una realtà (vedi dall’inizio del mio paragrafo 2), ma proprio non vedo come essa possa provare nel senso voluto dall’Albanese. 26 27
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tiamo, ben giustificabile in sede di analisi della nozione di scientia – mentre risponde bene sostanzialmente al comprensibile desiderio di alcuni giuristi di restringere la responsabilità diretta, non nossale, del dominus sciens (responsabilità che costituiva, come sappiamo da Celso e Ulpiano, un’innovazione introdotta dalla legge Aquilia, in contrasto con il normale regime nossale, assai più favorevole al dominus) trovava, d’altro lato, una sua giustificazione formale nel collegamento tradizionale tra la nozione generale di scientia e quella di dolo malo, collegamento testimoniato dalla formula famosa sciens dolo malo (e simili), così frequente nel linguaggio giuridico più antico. In relazione a questa ben comprensibile volontà interpretativa in senso restrittivo ed a quel tradizionale collegamento tra scientia e dolo malo, ben si intende come alcuni giuristi possano – nel territorio che stiamo studiando – aver voluto restringere la nozione di scientia domini al caso del positivo comportamento del dominus che scientemente si serve dello schiavo come di uno strumento del proprio illecito agire. E quindi abbiano limitato la scientia domini – che rende direttamente responsabile il dominus … – all’ipotesi del comando dominicale“.28 5) „Visto29 alla luce delle riflessioni ora proposte, il tratto aliud est delinquere di D. 9,4,3“ – più che essere sbrigativamente espunto come fa il Beseler30 – „deve essere interpretato come un residuo31, giudicato innocuo dai compilatori che rielaborarono e abbreviarono il testo originale ulpianeo, della genuina esposizione di Ulpiano“, il quale „a nostro parere, nel sostenere la sua nozione di scientia (come equivalente a non proibire quel che si sarebbe potuto proibire), deve avere fatto menzione della tesi contrapposta da altri giuristi precedenti. Egli, in questa prospettiva, doveva accennare alla proposta di separare le due nozioni; pur non condividendola.“ Dopo questa dimostrazione (che io, forse un poco arbitrariamente, ho sistemato in cinque punti) della sua tesi (sul carattere classico della tesi della scientia-ordine contrapposta a Celso e Ulpiano), l’Albanese riepilogando (p. 154) precisa: „Ulpiano, ripetiamo, è sicuramente seguace della tesi per cui la scientia equivale al non prohibere (cfr. D. 9,4,2,1: Is qui non prohibuit …; D. 9,4,3: cum prohibere posset, non prohibuit …); a fortiori, doveva includere nella scientia l’ipotesi del dominus auctor del maleficio del servo. Ma egli stesso doveva accennare alla distinzione (aliud est … aliud …)“ e aggiunge subito: „Del resto questa consapevolezza ulpianea dell’esistenza di una tesi restrittiva risulta anche da altri testi ulpianei“; siamo sempre a p. 154, e qui incomincia l’enumerazione di questi testi32. Per vero, con la
28 Non può non notarsi che questo argomento (che ho di proposito interamente riportato in modo testuale) perde forza di argomentazione nel modo stesso in cui viene enunciato, trasformandosi in pura supposizione. 29 Riporto ancora testualmente da p. 153. 30 E come ho fatto io qui sopra nella mia ipotesi più semplice. 31 Come ho fatto più o meno io nella mia ipotesi più difficile. 32 Li preciso con una serie di lettere maiuscole A B etc., e indico dove l’autore ne tratta: A) una parte di Ulp. D. 47,6,1,1: … is autem accipitur scire, qui scit et potuit prohibere: scientiam enim spectare debemus, quae habet et voluntatem (p. 154 – 156); B) Ulp. D. 14,4,1,3 (p. 156 – 157); C) Ulp. D. 14,1,4,5 (p. 157); D) D. 9,3,5,10 (p. 157 s.).
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citazione di tali testi l’Albanese trova conferma di varie cose, ma soprattutto della fedeltà di Ulpiano alla tesi secondo la quale scientia equivale a „potendo impedire non ha impedito“, ma comunque non trova – né, in realtà, testo per testo, pretende di trovare – un’ombra di prova dell’appartenenza alla giurisprudenza classica della tesi contraria a quella di Ulpiano, e cioè la tesi che distingueva auctor esse da pati delinquere. Ma per l’Albanese essa costituisce tuttavia un risultato importante della sua ricerca, e via via egli ne arricchisce la costruzione. Già a p. 149, alla fine del suo paragrafo 6 e come introduzione all’esegesi che svolgerà nel paragrafo 7, commentando la frase finale di D. 9,4,2,1 (Nos autem secundum Iulianum probavimus, quae sententia habet rationem et a Marcello apud Iulianum probatur), egli aveva scritto che l’adesione di Ulpiano a Giuliano non può essere genuina, motivando così: Ulpiano aveva detto in D. 9,4,2 pr. che il dominus sciens ipse … videtur occidisse, e quindi non poteva aderire alla tesi giulianea della sussistenza dell’azione nossale: per Ulpiano solo il dominus ipse è considerato autore dell’illecito33; vedi ancora lo stesso a p. 158 alla fine del paragrafo 7. Ancora egli scrive (p. 150) che Ulpiano aderisce in pieno alla tesi di Celso (servum nihil deliquisse e dominus suo nomine tenetur, non servi); quindi i compilatori, rifiutando la tesi di Celso e Ulpiano e accettando, sulle orme di Giuliano, la possibilità di una coesistenza tra l’azione aquiliana normale e l’azione aquiliana nossale34 contro il dominus sciens, risolsero una controversia che, nata tra Celso e Giuliano, resterà aperta ancora tra Ulpiano e Paolo, come mostrerà ancora lo studio di D. 9,4,4. È proprio in questo contesto (p. 150) che l’Albanese precisa la sua ipotesi, secondo la quale „non è da escludere che il testo originario35, dopo avere esposto il dissenso di Ulpiano da Giuliano da noi sostenuto, citasse un’adesione di Marcello a Giuliano, ma, su questo, non può darsi alcun giudizio sicuro in mancanza di altre testimonianze che ci informino sul pensiero di Marcello“. Nel paragrafo 8 (p. 158 ss.) l’Albanese incomincia annunziando che, avendo finora assodato la posizione di Ulpiano, che era in tutto conforme a quella di Celso, procede all’esame dei testi dai quali risulta la posizione di Paolo. „Tale posizione (p. 159) – è conveniente dirlo subito, anzi ripeterlo36 – è difforme da quella ulpianea e celsina e si avvicina, invece, almeno in una certa misura, alla posizione che, per il regime aquiliano, aveva sostenuto – come risulta dall’esame di D. 9,4,2,1 – Giuliano (forse con l’adesione di Marcello)“. Il testo dal quale l’autore prende le mosse per il pensiero di Paolo è D. 9,4,4 (Paul. 3 ad edictum): In delictis … „Il frammento proviene dalla trattazione paolina … de albo corrupto … L’intero 33 Questa proposizione dell’Albanese (se ho ben capito il suo pensiero) non è logica: non si vede come possa riscontrarsi una contradizione nel fatto che Ulpiano sostenesse che il dominus sciens fosse da considerarsi autore del delitto realizzato da fatti dello schiavo e quello che Ulpiano ammettesse la tesi di Giuliano secondo la quale l’azione nossale delle dodici tavole fosse esperibile anche contro il dominus sciens; lo stesso Albanese attribuirà, come vedremo, questa posizione a Paolo, senza difficoltà. 34 Così almeno scrive l’Albanese: ma per Giuliano l’azione nossale concorrente era piuttosto quella basata sulle dodici tavole. 35 L’autore si riferisce, naturalmente, al testo di D. 9,4,2,1. 36 Qui l’Albanese, BIDR 70 (1967), 183 ss. si riferisce alla parte finale del suo paragrafo 6.
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passo37 è stato … alterato e sottoposto ad una rielaborazione abbastanza profonda“. Egli comincia a trattare del principium. Dopo aver fatto vari rilievi formali38, conclude (p. 161): „Quel che più conta, tuttavia, è, a motivo delle parole rectius itaque, che D. 9,4,4 pr. ci dà modo di rafforzare con ottimo fondamento la nostra congettura per cui la precisa determinazione della nozione di scientia domini era stata oggetto di dispute per alcuni giuristi classici, cosa che avevamo già ipotizzato studiando D. 9,4,2,1 e D. 9,4,3“39. E l’Albanese precisa ancora che, come già aveva mostrato, i termini di questa controversia giurisprudenziale stavano nella contrapposizione fra quanti pensavano che la scientia domini andava intesa restrittivamente come istigazione – o addirittura comando – dominicale, e quanti invece consideravano presente la scientia tutte le volte in cui, più generalmente, il dominus avrebbe potuto impedire, e non aveva impedito, il maleficio del servo: così, come già Ulpiano, Paolo si schierava con i sostenitori dell’opinione meno restrittiva. L’interesse specifico di D. 9,4,4 pr. sta nel fatto che esso – malgrado la sua alterazione – ci fa intravvedere quale fosse l’opinione contraria a quella di Ulpiano e Paolo: ciò quando si chiede, utrum cum consilio?‘; „malgrado l’imperfezione formale, esso fa trasparire chiaramente che per alcuni giuristi la scientia domini andava intesa, restrittivamente, come un vero e proprio consilium domini …“40. Questa conclusione (p. 162 s.), relativa al pensiero di Paolo e Ulpiano, è confermata da una serie di altri testi: Paul. D. 9,2,45 pr.; Ulp. D. 9,4,3; Ulp. D. 9,3,5,10; la glossa relativa alla patientia in Ulp. D. 14,4,1,3; Paul. D. 50,17,50 (culpa caret qui scit, sed prohibere non potest); Lab. Paul. D. 47,2,92 (91) (in tutt’altra materia); Paul. D. 2,10,2. „In definitiva“ (p. 163) D. 9,4,4 pr. mostra che Paolo, intorno alla nozione di scientia domini, aveva un’opinione conforme a quella di Ulpiano: la diversa opinione restrittiva era rifiutata dai due giuristi.41. Quello che ancora a noi interessa in particolare è il paragrafo 13 (p. 170 – 171) riassuntivo dei „risultati sin qui conseguiti“, che come l’autore articolo in punti: a) Con molta probabilità una disposizione espressa della legge aquilia stabiliva che il danneggiamento operato da un servo sciente domino determinava la normale azione aquiliana contro il dominus: D. 9,4,2,1 e D. 9,2,45. b) Analoghe espresse prescrizioni si trovavano nell’editto de albo corrupto (D. 9,4,3; D. 9,4,4; D. 9,4,5; D. 9,4,7), nell’editto de his qui effuderint vel deiecerint (D. 9,3,1 pr.) e nell’editto ne quis in suggrunda (D. 9,3,5,6; D. 9,3,5,10). c) Un’applicazione identica, basata su un appiglio edittale (la clausola neve faciat dolo malo quo magis eximere37 Al quale l’Albanese, BIDR 70 (1967) si dedica a partire dal suo paragrafo 8, che riassumo a partire dalla fine della sua p. 159. 38 Albanese, BIDR 70 (1967), 160, sulla scorta di Beseler, Beiträge III, 1913, 105 e id., SZ 46 (1926), 109. 39 Qui l’autore rinvia a sopra § 6. 40 Ho già spiegato sopra come secondo me vada inteso il testo. 41 Ometto di considerare analiticamente i paragrafi 9 – 12 dell’Albanese, BIDR 70 (1967). Il paragrafo 9 (p. 163 s.) è relativo a Paul. D. 9,4,4,1; nel paragrafo 10 (p. 164 – 166) si occupa di Paul. D. 9,4,4,2: nel paragrafo 11 (p. 166 – 169) si occupa di Paul. D. 9,4,4,3, e nel paragrafo 12 (p. 169 s.) esamina Ulp. Pomp. D. 2,7,1,1. Le novità rilevanti contenute in questa serie di paragrafi risultano dal riassunto, che subito faccio seguire, del paragrafo 13.
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tur) si trova sostenuta da Pomponio e Ulpiano, a quel che pare a proposito dell’actio in factum adversus eum qui eum qui in ius vocabitur vi eximat (D. 2,7,1,1). d) Tanto Ulpiano quanto Paolo, nei loro commentari ad edictum relativi all’actio de albo corrupto, coglievano quella occasione (la prima probabilmente loro offerta) per trattare con una certa larghezza e generalità di vedute (e cioè con approfondimento dei problemi e con applicazione possibile a tutti i casi analoghi a quello dell’editto de albo corrupto) di questo effetto della scientia domini: D. 9,4,3 e D. 9,4,4. Ulpiano poi trattava con un certo approfondimento la questione della scientia domini anche a proposito della legge aquilia nel libro 18 ad ed. (D. 9,4,2). e) Ulpiano (D. 9,4,2,1; D. 9,4,3; D. 47,6,1,1; D. 14,1,1,5 e D. 9,3,5,10) e Paolo (D. 9,4,4 pr.; D. 9,2,45 pr.; D. 50,17,50; D. 47,2,92 [91]; D. 2,10,2) concordavano tra loro nell’accettare – tanto nell’ambito del problema che c’interessa, quanto in altri in qualche modo affini – una nozione di scientia domini corrispondente all’atteggiamento del dominus che, pur avendo potuto proibire l’illecito del servo, non l’avesse fatto; si includeva in tale nozione di scientia, dunque, la voluntas del dominus, senza giungere, tuttavia, all’identificazione della scientia con il solo comando. Altri giuristi – come sembra (cfr. D. 9,4,4 pr.; D. 9,4,2,1; D. 9,4,3) – avevano invece inteso più restrittivamente la nozione di scientia domini, sostenendo probabilmente la coincidenza con la sola istigazione o con il solo comando del dominus al servo, in ordine al comportamento dell’atto illecito. f) Ulpiano, sulle tracce di Celso (D. 9,4,2; D. 9,4,5; D. 9,2,44,1), considerava la scientia domini, allorché essa determinava la responsabilità in solidum del dominus sciens, come un fattore tale da escludere ogni autonoma rilevanza giuridica del comportamento del servo; e pertanto negava la possibilità del ricorso all’azione nossale in caso di scientia domini rilevante. Diverso avviso aveva espresso Giuliano (con l’adesione forse di Marcello: cfr. D. 9,4,2,1), il quale ammetteva l’esperibilità di entrambe le azioni, in solidum e noxalis, e sosteneva probabilmente il cumulo delle due azioni42. Paolo (D. 9,4,4,2 – 3) assumeva una posizione intermedia: ammetteva l’esperibilità di entrambe le azioni, ma escludeva, almeno in certi casi, il cumulo, preferendo, per ragioni di equità, il concorso alternativo. g) I compilatori si adoperarono ad eliminare le controversie giurisprudenziali in ordine alla portata della scientia domini, mettendo in esclusivo valore le posizioni dei giuristi più tardi (Paolo e Ulpiano); inoltre generalizzarono largamente43 l’applicazione del principio della rilevanza della scientia domini quale fattore determinante una responsabilità in solidum del dominus sciens; fecero prevalere, infine, nettamente, la tesi paolina del concorso alternativo, generalizzandola: cfr., rispettivamente, le alterazioni di D. 9,4,4 pr. soprattutto; la portata generale, accentuata dall’isolamento attuale, conferita a D. 9,4,3, a D. 9,4,4, a D. 9,4,5 e a D. 9,4,7; e le alterazioni gravi operate in D. 9,4,4,2 – 3. Io credo che, in realtà, l’ipotesi del cumulo non sia comunque proponibile. Per questo punto l’autore rinvia a „più avanti“. L’apporto giustinianeo è in effetti considerato dall’Albanese, BIDR 70 (1967) soprattutto nei paragrafi finali del suo articolo (§ 14: p. 171 – 182; § 15: p. 182 ss.; § 16: p. 185 s.), in un contesto assai elaborato e con rilevanti critiche, anche di carattere esegetico, a varie posizioni della dottrina romanistica. Ma devo rinunziare ad occuparmene nel presente lavoro. 42 43
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Questa non breve sintesi, che ho fatto, del pensiero dell’Albanese credo appaia ora pienamente giustificata, anche se nel mio contesto essa aveva il solo scopo di mostrare come si ponga, nel complesso della vasta indagine da lui compiuta, la tesi dell’appartenenza alla giurisprudenza classica del pensiero che risulta dalle alterazioni che si individuano in Ulp. D. 9,4,2 e D. 9,4,3. E mi pare ne sia risultato abbastanza bene che nello studio – così articolato, meditato e ricco di apporti alla conoscenza del tema – compiuto dall’autore, proprio quel punto (che nella sintesi del pensiero dell’Albanese che ho testé riportato con parole sue, corrisponde alla parte finale del punto e) risulti per lo meno, unicamente congetturale.
IV. Sul testo originale delle norme sulla nossa nelle dodici tavole e nella legge aquilia: 1. Le dodici tavole Il materiale che abbiamo raccolto nel nostro precedente paragrafo 2 ci permette di tentare la ricostruzione del testo legislativo originale delle norme citate in Ulp. D. 9,4,2. Incominciamo con la norma delle dodici tavole, alla quale la dottrina44 è praticamente concorde nell’assegnare la sede nella tab. 12,2. Per la sua ricostruzione un sussidio importante ci proviene da due passi di Festo, il secondo dei quali proviene dall’epitome paolina. Nel riportare questi due testi mantengo il carattere tipografico (e in particolare l’alternanza tra tondo e corsivo) dell’edizione di Lindsay: Festus, Noxia (L.180): No>xia, ut Ser. Sulpicius Ru apud poetas autem, et oratores ponitur pro culpa; at noxa peccatum, aut pro peccato poenam, ut Accius in Melanippo (429): „Tete esse huic noxae obnoxium.“ Item, cum lex iubet noxae dedere, pro peccato dedi iubet. Caecilius in Hypobolimaeo Chaerestrato (85): „Nam ista quidem noxa muliebrest, magis quam viri.“ 45 Festus (Paul.), Noxia (L.181): Noxia apud antiquos damnum significabat, sed a poetis ponitur pro culpa: noxa ponitur pro peccato aut pro peccato poena, cum lex iubet noxae dedere pro peccato.
Ma il discorso ricostruttivo della norma di tab. 12,2 esige un’ulteriore premessa, perché è opportuno chiarire esattamente, sulla base degli stessi testi di Festo ora letti e di altre considerazioni connesse, il senso preciso dei termini noxa e noxia.46 44 Per la ricostruzione si veda da ultimo Michael Hewson Crawford (ed.), Roman Statutes II, London 1996, 716 s. 45 Le due citazioni si riferiscono rispettivamente ad una tragedia di Lucio Accio (*170; † non prima dell’86 circa a. C.) e ad una commedia di Cecilio Stazio (†168 a. C.). 46 In Alfred Ernout / Alfred Meillet, Dictionnaire étymologique de la langue latine (quatrième tirage augmenté par Jaques André), Paris 1985, la voce noxa, nella quale si tratta anche di noxia, si trova in appendice alla voce nex, necis, con la voce noceo, nocere e dopo quest’ultima, dunque alla p. 440; vedi anche p. 822 (nelle additions et corrections).
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A questo fine teniamo anzitutto presenti i due passi già riportati (l’originale di Festo, II sec., e la sintesi che ne fece Paolo Diacono nel IX sec.). Possiamo partire dall’asserzione di Festo, secondo la quale noxa significa anzitutto peccatum, e cioè il delitto in se stesso (at noxa peccatum), dove l’at (= „ma; invece“) introduce il discorso su noxa in opposizione a quello su noxia, che lo precede. A conferma di tale asserzione sembrerebbe addotto il verso di Stazio47, che Festo aggiungeva alla fine; mentre la citazione di Accio e quella tratta da tab. 12,2 vengono addotte come prova di quel che Festo (così come il suo epitomatore Paolo) aggiungeva alla suddetta definizione di noxa, e cioè che il senso di noxa si estende a quello di „pena per il delitto (commesso)“. La citazione di Accio possiamo trascurarla48; ci interessa invece osservare come Festo intendesse la locuzione noxae dedere. Partendo dalla sua premessa egli scrive: „quando la legge ordina di dare a nossa, ordina che si dia per il delitto (pro peccato)“ (cum lex iubet noxae dedere, pro peccato dedi iubet). Siccome in pro peccato il pro è evidentemente impiegato nel suo senso di „in luogo di“49 o „in cambio di; come contropartita di“50, il senso preciso del ragionamento di Festo appare essere il seguente: dare a nossa (noxae dedere) = dare a riparazione del delitto (pro peccato dedere = come contropartita del delitto), cioè dare come pena (pro peccato dedere = in luogo della pena), e dunque noxae = poenae, quindi noxa = poena. L’ultimo passaggio del ragionamento – se l’ho colto bene – potrebbe sembrare non del tutto giustificato: infatti, posto che noxae è il dativo di noxa, si tratta di quell’impiego del dativo che indica lo scopo o l’effetto al quale un’azione è diretta o che con l’azione si consegue51, per cui qui l’equivalenza tra noxae e poenae è legata al fatto che i vocaboli compaiono al dativo di scopo. L’equivalenza è tra „a titolo di nossa“ e „a titolo di pena“ ed ancor meglio, in sostanza, l’equivalenza è tra „pagare la pena“ e „dare a nossa“ (= „fare la noxae deditio“). Comunque sia di ciò, anche se non si vuole ammettere che Festo arrivasse a dimostrare che noxa è usato nel senso di pena, si deve accettare che egli arrivava a stabilire che la noxae deditio (il dare lo schiavo a nossa) funziona come surrogato della pena. Quanto a noxia, possiamo trascurare qui l’uso che Festo attribuisce ai poeti, e concentrarci sul pensiero, che egli cita all’inizio, di Servio: „Nelle dodici tavole, come dice Servio Sulpicio Rufo, noxia significa danno (damnum)“. Un chiarimento di Servio relativo al linguaggio delle dodici tavole non può, ovviamente, essere messo in discussione. Ma lo si deve capire esattamente: per quanto ci è possibile, va subito detto, perché il nostro tentativo soffre di un notevole handicap già alla parChe significa: „Infatti questa è una noxa (delitto, peccato) da donna più che da uomo.“ La citazione di Accio consiste in una proposizione oggettiva (all’accusativo + infinito), la quale significa: „che tu sei soggetto (obnoxius) a questa noxa“. Ma negli scrittori può trovarsi anche l’espressione delicto obnoxius (Sall. Cat. 52,21). 49 L’impiego è assai noto. Vedi ad esempio: Cic. ad Att. 2,5,1; Caes. Gall. 1,26,3. 50 Cic. de orat.2,351; Caes. Gall. 6,16,3. 51 Come nelle locuzioni dare alicui muneri o dono = „dare a qualcuno in dono“. Vedi Johan Nicolai Madvig, Grammatica della lingua latina (trad. it. anonima), Milano etc. 1945, § 213 (p. 175). 47 48
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tenza; Servio conosceva interamente la legge decenvirale, e quindi aveva presenti tutti i testi nei quali si leggeva la voce noxia, mentre noi ne conosciamo – se non vedo male – soltanto cinque, e per di più, di questi, uno solo ci è noto, per la parte che contiene il vocabolo che c’interessa, nel testo originale: si tratta di tab. 12,2, quello dal quale tutto questo discorso è incominciato. Comunque, l’esame degli altri quattro testi ci permette, alla fin dei fini, di constatare che Servio aveva indubbiamente ragione. Possiamo redigere questa specie di inventario: a) In due testi troviamo la locuzione noxiam sarcire. Si tratta di Gai. (4 ad legem XII tab.) D. 47,9,9, dove si informa che nella legge (tab. 8,10 FIRA; 8,6 RS), se uno abbia senza dolo dato fuoco ad una casa o ad un mucchio di frumento posto presso una casa, gli è imposto di noxiam sarcire; e di Gell. 11,18,8, nel quale si dice che i decenviri, autori delle dodici tavole, nel caso di furto flagrante commesso da fanciulli impuberi, vollero (tab. 8,14 FIRA; 1,19 RS) che costoro fossero fustigati a discrezione del pretore e che noxiam ab his factam sarciri. L’espressione noxiam sarcire52, che i due autori impiegano, era certamente contenuta nei testi decenvirali dei quali riferivano il contenuto. Al suo proposito Festo ci fornisce ancora un chiarimento di Servio, che è scritto con allusione al verbo sarcire, ma si riferisce con evidenza all’intera locuzione: Fest. (L.430): sarcito in XII Ser. Sulpicius ait significare damnum solvito, praestato. „Servio Sulpicio dice che nelle dodici (tavole) ,sarcito‘ significa „paghi il danno, risponda (del danno)53“. Dunque, per Servio noxiam sarcire significava „riparare il danno“. Già sappiamo che per Servio ,noxia‘ significa „danno“; quanto a ,sarcire‘ è pure certo che il verbo significa54 „riparare“: il suo significato originario era quello di „ricucire“, donde riparare nel senso di (ri)aggiustare, per quindi passare al riparare in senso traslato (pagare lo scotto) fino a risarcire. È probabile che Servio avesse in mente quest’ultimo concetto, familiare ormai ad un giurista del suo tempo. Ma nel linguaggio delle dodici tavole il senso di noxiam sarcire doveva essere quello di „fornire riparazione del pregiudizio (prodotto con l’illecito nella singola norma sanzionato)“. La riparazione – intendo precisamente dire – non era un risarcimento, ma una pena riparatoria, però una pena calcolata sulla base del valore del danno cagionato ed irrogata in simplum. Infatti noxiam sarcire si contrapponeva nel linguaggio dei decenviri a damnum decidere55. La contrapposizione diretta sembre-
52 Nel testo di Gellio il verbo compare in forma passiva (sarciri), perché nel discorso dell’autore la proposizione che la contiene è oggettiva e noxiam ne è il soggetto. 53 Del vario e difficile significato del verbo praestare nell’uso dei giuristi ho trattato ampiamente nel volume Sul problema della responsabilità nel diritto privato romano, Catania 1996, 123 ss. 54 Vedi ancora: Fest. sarte (L.428): … sarcire est integra facere. Cfr. Fest. (Pauli exc.) sarte (L.429). Ernout / Meillet, Dictionnaire étymologique (nt. 46), s. v. sarcio (p. 594). 55 Sempre nel senso della condanna ad un multiplo del valore del danno, l’espressione damnum decidere è testualmente testimoniata solo per tab.12,3 da Fest. vindiciae L.518, ma essa è
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rebbe essere stata presente in tab. 8,9 FIRA (8,5 RS), se per la ricostruzione ci affidiamo interamente al passo di Plinio il vecchio (Plin., n.h.18,3,12), che rappresenta la sola fonte di cui disponiamo in proposito, nella quale l’autore della Naturalis historia descriveva il contenuto di una norma delle dodici tavole riprendendone certamente la terminologia. La fattispecie è la seguente: ,frugem … aratro quaesitam furtim noctu pavisse ac secuisse‘, e cioè il fatto di „aver fatto oggetto di pascolo56 o aver tagliato furtivamente di notte cereali57 prodotti da seminagione58“; dopo aver detto che, se l’autore del fatto fosse stato un soggetto pubere, la pena era capitale ed averne descritto l’esecuzione per impiccagione intesa come sacrificio alla dea Cerere, aggiunge la speciale disposizione legislativa per il caso nel quale l’autore ne fosse un impubere: ,inpubem praetoris arbitratu verberari noxiamve duplionemve decerni‘. Da questa frase si dedurrebbe che Plinio leggesse nelle dodici tavole una norma nella quale si attribuiva al magistrato il compito di far fustigare il colpevole, ovvero di decidere per la sua condanna ad una somma pari al valore del danno, ovvero ancora per la condanna al doppio di tale valore; per la pena pecuniaria Plinio si esprime ellitticamente, indicando l’alternativa come ,noxiam… duplionemve‘, ma si deve pensare che la legge esprimesse l’alternativa con noxiam sarcire e duplione damnum decidere. Per vero, i romanisti e i filologi hanno spesso dubitato che la norma fosse in questo senso, con la tendenza a credere che per l’impubere le dodici tavole prevedessero la sola alternativa fra la bastonatura e la condanna in duplum ovvero, senza alcuna alternativa, il cumulo delle due condanne. In effetti è possibile accettare l’intelligente ricostruzione congetturale di RS II, p. 68459, che riesce a sintetizzare tutto il testo di Plinio – comprese le parti che non ho qui riportato letteralmente – ricondotto al senso dell’ultima ipotesi che ho or ora riferito, con la seguente, brevissima frase di perfetto stile decenvirale: ,si nox segetem60 paverit secueritve, Cereri suspensus esto. si impubes verberato duplionemque damnum decidito‘. sicura anche per la norma sul furtum manifestum (tab. 9,16; 1,21 RS): ogni argomentazione contraria (da ultimo quelle, non certo limpide per altro, di Crawford, Roman Statutes II [nt. 44], 618 s.) è destinata ad infrangersi contro il fatto che la formula dell’actio furti nec manifesti indicava l’oggetto dell’obbligazione dedotta in giudizio come pro fure damnum decidere (Gai. 4,37), parole inspiegabili se non come un rinvio alla corrispondente norma decenvirale. 56 La traduzione italiana risulta contorta perché il verbo pascere (pavisse), che significa „far pascolare, portare al pascolo“, è costruito con la pastura come complemento oggetto (frugem pascere = mettere i cereali a pascolo): costruzione che al tempo di Plinio era ormai soltanto più usata dai poeti: ad esempio Verg. Aen.11,319. 57 Frux (nella lingua classica usato di solito solo al plurale fruges) indica i cereali in quanto prodotti dalla terra; il termine è usato anche per le messi, ma, come nel testo esaminato, in sé allude al vegetale ancora radicato in terra ed a qualunque stadio della sua crescita. 58 Letteralmente (frux) ‚aratro quaesitam‘ significa (cereali: ma in latino è singolare femminile) „ottenuta mediante aratura del terreno“. 59 Per la letteratura vedi anche FIRA I, p. 56 nt. 9.A. 60 Il vocabolo segetem (nominativo: seges) ha anche un significato equivalente a fruges, ma è certo parola decenvirale: tab. 8,8a FIRA (8,4 RS); Servius, in Verg. ecl. 8,99.
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b) In tab. 12,2 abbiamo trovato la locuzione ,noxiam nocere‘. Il verbo nocere, che significa „nuocere“, aveva alla sua origine61 il senso di „cagionare, o causare, la morte a“, così ha conservato la costruzione col dativo (nocere alicui). Negli scrittori classici lo si trova usato come verbo transitivo e dunque con un complemento oggetto all’accusativo solo se quest’oggetto è un pronome neutro (aliquid, quippiam) o nihil, nel senso di „nuocere in qualcosa“ o „in nulla“62. Queste costruzioni particolari possono spiegare il noxiam nocere di tab. 12,263, perché qui, come negli esempi con il pronome neutro o il nihil come oggetto, tale oggetto non indica il destinatario del nocumento, ma determina qualcosa come un limite entro il quale il nuocere opera o, come nel nostro caso, è preso in considerazione. Ciò perché il ,si servus … noxiam … noxit‘ di tab. 12,2 vuol dire „se uno schiavo ha nuociuto causando una noxia“, vale a dire: se lo schiavo ha nuociuto (a qualcuno) cagionando uno dei danni che costituiscono una noxia“, e cioè, ad esempio, ha fatto del male ad un uomo libero ma senza ucciderlo. È difficile dire se questo limite all’applicazione della norma sul noxae dedere fosse o no concepito in modo formale: a prima vista si sarebbe tentati di credere che secondo i decenviri la soluzione dell’alternativa nossale fosse in effetti riservata ai casi nei quali le dodici tavole irrogavano una pena espressa con la locuzione noxiam sarcire, ma è praticamente difficile pensare che ne restassero escluse le ipotesi dei delitti sanzionati con pene pecuniarie fisse64 o con pene pari ad un multiplo del danno (damnum decidere). c) Un ultimo testo che può dirci qualcosa è: D. 9,1,1 pr. (Ulp. 18 ad edictum): Si quadrupes pauperiem fecisse dicetur, actio ex lege duodecim tabularum descendit: quae lex voluit aut dari id quod nocuit, [id est animal quod noxiam commisit,] aut aestimationem noxiae offerre65. 1: [Noxia autem est ipsum delictum.]
Ulpiano presenta qui la pauperies. Si tratta, come si sa, del danno cagionato da un animale66 senza colpa del proprietario né di un terzo67: e per questo caso le do61 L’etimologia viene infatti identificata nella radice *nek- , che tal quale ha generato il verbo necare (uccidere) e, con la finale causativa eye / o- e il vocalismo o, nok-eo = noceo. Nel senso di „produrre la morte“ noceo si trova ancora raramente in autori classici, come in Cic. p. Caec.21,60 e Luc.8,305. 62 Vedi ad esempio: Cic. p. Mur., 28, 58 (ne quid L. Murenae dignitas illius… noceat); Cic. Nat. 3, 86; in Cic. ad Att.12,47, ma nella frase ,de quo nihil nocuerit si aliquid cum Balbo eris locutus‘ il nihil (indeclinabile) può essere considerato soggetto. 63 Il verbo nocere compare anche in tab. 7,8, ma, a quanto pare, vi era usato in senso assoluto, senza oggetto espresso (Si aqua pluvia nocet …; vedi Pomp. Lab. D. 40,7,21 pr.). 64 Ad esempio quella di tab. 8,11 (1,16 RS) che puniva il taglio degli alberi altrui con una pena di 25 assi per albero, e secondo Plin, n.h. 17,1,1 diceva solo che tale somma il reo doveva pagare; lo stesso sarebbe se la legge si esprimesse ‚XXV poenae sunto‘, come vorrebbe, ma senza fondamento, Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 609. 65 Nel Digesto è scritto offerre (o offerri come recano i manoscritti deteriores): ma è probabile che Ulpiano avesse scritto sufferre come Gai. 4,75 che abbiamo letto sopra. 66 Fest. pauperies (L.246).
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dici tavole prevedevano una responsabilità nossale – o forse è meglio dire analoga a quella nossale – del proprietario. Scriveva dunque Ulpiano: „Se si asserisca che un quadrupede ha fatto pauperies (= ha cagionato un danno), l’azione proviene dalla legge delle dodici tavole: la qual legge volle che o sia dato ciò che ha cagionato il danno, [cioè l’animale che ha commesso il fatto dannoso,] o offrire la valutazione pecuniaria del danno. 1: [Noxia è infatti il delitto stesso.] Ho riportato questo testo solo per esaminare la terminologia impiegata, perché certo Ulpiano, nel redigerlo, aveva presente la norma decenvirale68. Tuttavia quel che se ne può trarre è assai poco. Il testo è anche certamente corrotto; la precisazione ,id est animal-commisit‘, che vuole esplicitare ,id quod nocuit‘ è già di per sé tanto superflua da essere ridicola, ma per di più fa di un animale un soggetto che può commettere un delitto, ed in più usando noxia nel senso di delitto in se stesso, il che sappiamo essere contrario al pensiero di Servio, che Ulpiano non poteva ignorare e che del resto doveva essere acquisito presso tutti i giuristi anche ai tempi di Ulpiano. La frase in questione è dunque certamente uno sciocco glossema, che deve essere all’origine del secondo glossema che costituisce il § 1 del testo, e nel quale si afferma direttamente che noxia è il delitto stesso. Del resto, che Ulpiano non possa aver scritto tutte queste cose risulta lampante dal § 3 dello stesso frammento, paragrafo certo di mano del giurista a commento della rubrica edittale69, e nel quale egli afferma che70 „la pauperies è un danno prodotto senza colpa71 del suo autore: non può infatti avere agito con colpa un animale, il quale manca di comprendonio“: nella pauperies si tratta dunque di danno prodotto, non di „delitto“; e nulla è „commesso“. Il testo di Ulpiano ci dice solo, per quanto ora ci interessa, che nelle dodici tavole la voce noxia, e sempre nel senso di danno, era impiegata anche per il caso della pauperies, che aveva connotati particolari non essendo un danno prodotto con 67 Vedi i testi rilevanti in Cannata, Sul problema della responsabilità nel diritto romano (nt. 53), 22 s. con la nt. 100 (p. 44 s.). 68 Che si colloca in tab. 8,6 FIRA (8,2 RS), ma che non si ritiene possibile ricostruire. Ma forse a questo fine non si è sufficientemente sfruttato Ulp. D. 9,1,1,11, dove si riporta un’opinione di Q. Mucio con le parole ‚aut noxam sarcire aut in noxam dedere‘ che dovevano dipendere dal dettato di tab. 8,6 (8,2 RS), e non capisco perché le due citate ricostruzioni della dodici tavole non se ne valgano; vedi invece Carl Georg Bruns, Fontes iuris romani antiqui, 1887, p. 30 n.6. Se nel Digesto la frase riportata di Scevola reca noxa invece di noxia, ciò proviene sicuramente da un errore di qualche amanuense: vedi già Lenel, EP (nt. 1), 196 con la nt. 4, anche se l’argomento addotto è difettoso, perché basa la correzione anche su D. 9,1,1,1, che certo è un glossema, come vedremo subito. 69 ‚Si quadrupes pauperiem fecisse dicetur‘. Lenel, EP (nt. 1), 195. 70 Ulp. D. 9,1,1,3: Ait praetor ‚pauperiem fecisse‘. pauperies est damnum sine iniuria facientis datum: nec enim potest animal iniuria fecisse, quod sensu caret. 71 La nozione che qui è in gioco è quella della capacità di un individuo di comportarsi in modo colpevole (riprovevole anche senza volontà di nuocere), nozione che si impiegava in particolare con riguardo al grado di maturità di una persona. Ora, il soggetto capace di tale comportamento si trova indicato nelle fonti, dove si parla dei problemi connessi con la lex Aquilia, tanto con l’espressione iniuriae capax (Ulp. Peg. Lab. D. 9,2,5,2), quanto con quella culpae capax (Ulp. Iul. Lab. D. 47,2,23).
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un delitto, anche se generava una responsabilità del proprietario dell’animale che lo aveva cagionato. Veniamo dunque al senso della norma, della quale già nel paragrafo precedente ho proposto il testo, che ora cercherò di giustificare. Tab. 12,2: Si servus furtum faxit noxiamve noxit, . La prima parte della norma si basa sulle sue due parafrasi che in D. 9,4,2,1 sono fornite dalle citazioni di Celso (in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis) e Giuliano (libro octagensimo sexto scribit ,si servum furtum faxit noxiamve nocuit‘ etiam ad posteriores leges pertinere). È facile osservare che, mentre Celso esponeva la norma (e la norma intera) con una parafrasi, Giuliano (che ne riferiva solo la prima parte) la citava letteralmente. Questo è provato dall’impiego, che egli mantiene, della forma sigmatica del congiuntivo per il verbo faxit; il che ci permette anche di supporre l’analoga forma congiuntiva noxit invece dell’indicativo perfetto nocuit. L’idea era già di Pierre Pithou72, che – con ogni probabilità a ragione – riteneva che la correzione andasse fatta anche nel testo del Digesto, in quanto non solo Giuliano, ma anche Ulpiano dovevano avere riportato fedelmente il testo decenvirale, che certamente conoscevano a memoria. Comunque, il tenore ,Si servus furtum faxit noxiamve noxit‘ per la prima parte della norma è sostanzialmente confermato anche dalla parafrasi di Celso, la quale corrisponde strettamente alla citazione giulianea, se si tolgono dalla sua frase le contingenti esplicazioni da Celso stesso inseritevi: si servus (sciente domino)73 furtum fecit vel (aliam) noxam commisit. Ed ancora, il noxiamve noxit è confermato da Fest. noxia, dove è scritto che noxia nelle dodici tavole significa damnum: questo punto del testo di Festo è, per vero, integrato, ma l’integrazione accettata da Lindsay può considerarsi sicura, perché tutto il testo festino è basato su di un confronto fra noxia e noxa (e il punto che ora ci interessa è nella parte che riguarda il primo vocabolo), e perché l’indicazione ,in XII‘ è la sola calzante come contrapposto alla successiva apud poetas autem et oratores. L’equivalenza tra noxia e damnum è, d’altra parte, confermata da Fest. (Paul.) noxia (L. 181). Quanto alla seconda parte della norma, cioè quella che segue ,si servus furtum faxit noxiamve noxit‘, non credo possiamo tenere conto della parafrasi di Celso (che è qui: ,servi nomine actio est noxalis‘), né di quanto, in modo però evidentemente staccato dal testo decenvirale, scriveva Giuliano nello stesso senso dell’impostazione di Celso (Giuliano diceva: ,poterit dici etiam servi nomine cum domino agi L’abbiamo già notato sopra all’inizio del paragrafo 2, dove abbiamo riportato il testo. È chiara la ragione per la quale Celso scriveva nella sua parafrasi la precisazione sciente domino, che nel testo decenvirale sicuramente non c’era. Il confronto che Celso sta facendo a questo punto è fra la responsabilità del dominus sciens nella legge aquilia e nelle dodici tavole; siccome queste non facevano distinzione fra il caso del dominus sciens e quello del dominus insciens, egli doveva precisare quale fosse la disciplina che per il dominus sciens risultava dal testo decenvirale. 72 73
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posse noxali iudicio‘). I due autori, nel loro discorso di sostanza, avevano in mente il problema posto dall’interpretazione della lex Aquilia, il cui testo non si riferiva alla nossa in se stessa, ma all’azione nossale. Che così non fosse nelle dodici tavole si desume, io credo con certezza, dal fatto in Fest. noxia (L.180) si legge: ,… cum lex iubet noxae dedere, pro peccato dedi iubet‘, e lo conferma Fest. (Pauli exc.) Noxia (L.181): ,cum lex iubet noxae dedere pro peccato‘. E non c’è dubbio possibile che la lex di cui fanno parola i due testi sia quella delle dodici tavole. Queste, dunque, non parlavano delle azioni nossali74, ma della noxae deditio: per cui la sanzione, che prevedevano, può essere ricostruita solo nel senso che abbiamo indicato sopra. Quanto alla forma, credo opportuno indicare il dominus (qui: dello schiavo) con l’antica forma di erus e usare il pronome personale accusativo nella forma di im.75 Due precisazioni restano opportune. Quanto alla forma di questa seconda parte della norma, non mi pare si possa prendere in considerazione quella proposta in Roman Statutes (noxiae datus esto)76, per le ragioni seguenti: a) dai due passi citati di Festo risulta certo che l’imperativo della norma era di dare ,noxae‘ e non ,noxiae‘; b) dagli stessi passi risulta anche che per „dare“ era impiegato il verbo ,dedere‘ e non il verbo ,dare‘77; c) del tutto inaccettabile è datus esto: un participio passato (passivo) con l’imperativo ,esto‘ assume nel linguaggio normativo delle dodici tavole un significato riferito al passato, come è chiaro in tab. 8,12, dove ,iure caesus esto‘ significa „sia (considerato essere stato) ucciso iure“78. A prima vista parrebbe costruito come il nox[i]ae datus esto proposto in RS il tenore della norma di tab. 2,2 dove dice: ,eo dies diffensus esto‘79; ma vediamo subito che ciò non è affatto vero. Su questo versetto – per altro lacunoso e di
Così dice anche Giovanni Pugliese, Nuove osservazioni, Scritti I (nt. 1), 537, 540. La forma antica dell’accusativo di is risulta essere em da Fest. (Paul.) eum (L. 67,23) ovvero im da Fest. (Paul.) callim (L. 41,7) e Fest. (Paul.) im (L. 92,1). Preferisco adottare quest’ultima forma solo per ragioni contingentemente (e soggettivamente) eufoniche. 76 Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 717, che ricostruisce: si servum furtum faxit noxiamue no(x)it, . 77 Come si è visto sopra, in entrambi i luoghi di Festo è scritto ‚lex iubet noxae dedere‘; i miei due argomenti a) e b) sono confermati anche da Gai. 4,75 – che abbiamo letto – dove certo Gaio teneva presente la norma decemvirale scrivendo ‚veluti si furtum fecerint aut iniuriam commiserint, noxales actiones proditae sunt, uti liceret patri dominove aut litis aestimationem sufferre aut noxae dedere‘. Il verbo dedo significa „dare in modo definitivo, senza prevedere una restituzione“: Ernout / Meillet, Dictionnaire étymologique (nt. 46) s. v. do, p.179 (in fine) s. Per l’uso di dedere in relazione alla nossa si vedano anche i passi citati nel VIR II, col. 116 s. (s. v. dedo II). 78 Si tratta della norma (che Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 612 colloca come tab.1,17) sull’uccisione del ladro notturno (Cannata, Corso di institutioni di diritto romano II, Torino 2003, 1, p. 56 con la nt. 174): si nox furtum faxit, si (RS: ast) im occisit, iure caesus esto = se (uno) faccia un furto di notte, se (qualcuno) lo abbia ucciso, sia (come fosse stato) ucciso iure. 79 In Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), p. 623, pure attribuita alla tab. 2,2, la norma è ricostruita, nella parte che ci interessa: die diffsus esto. 74 75
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non sicura ricostruzione – non posso dilungarmi in questa sede. Mi limito qui, dunque, a dire quanto segue. Le parole della norma vanno accettate come risalenti al testo decenvirale, ma con una piccola necessaria correzione80, nel tenore in cui le riferisce Fest. reus L. 336,15: ‚quid horum fuit unum iudici arbitrove reove eo die diffensus esto.‘ Ora, tenendo conto del senso che nel versetto decenvirale può darsi al verbo *diffendere, di cui diffensus è il participio passato81, una traduzione letterale sarebbe: [premesso che certe situazioni, come una malattia seria, o che l’udienza per un processo con uno straniero si sia fissata in coincidenza con la data dell’udienza del processo in corso] „di tali (situazioni) se (anche) una sola si verifichi per il giudice o l’arbitro o una parte, allora il giorno (dell’udienza prevista per il presente processo) sia (considerato essersi) allontanato“.82 La seconda precisazione. Da quanto abbiamo potuto stabilire finora, la nossalità era prevista nelle dodici tavole con una norma che la imponeva al proprietario di uno schiavo che avesse compiuto certi fatti delittuosi: si trattava dunque di una norma sulla noxae deditio e non sull’azione nossale. Il problema si pone, perciò, di stabilire se, oltre a quella norma (di sicura esistenza) in tab. 12,2, la legge decenvirale contenesse un’ulteriore norma sull’azione nossale. Nelle fonti classiche vi sono in effetti affermazioni che parrebbero alludere ad una previsione decenvirale in questo senso: già conosciamo bene Ulp. Cels. D. 9,4,2,1 (in lege antiqua, si servus sciente domino furtum fecit vel aliam noxam commisit, servi nomine actio est noxalis) ed abbiamo anche già letto Gai. 4,76 (constitutae sunt autem noxales actiones 80 Si tratta dell’aggiunta di s a die, riconoscendovi così il nominativo dies, che sottrae questo sostantivo da una coordinazione con eo, segno che diventa forma ablativa con significato avverbiale: eo dies = „con ciò, per questo (o, come tradurrò, „allora“) il giorno …“. 81 Sul problema si veda un resoconto con nuove proposte in Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 623; ancora Stefania Roncati, Caio Ateio Capitone e i ‚coniectanea‘, SDHI 71 (2005), 271 – 386, 371 – 377. Ma, in particolare, io non credo si debba correggere diffensus in diffisus, come si fa abitualmente, ma si debba ritenere invece che diffensus rappresenti il participio passato della forma più antica del verbo composto da dis- e fendo. Quest’ultimo verbo (fendo, fendi, fensum, fendere: vedi Ernout / Meillet, Dictionnaire étymologique (nt. 46), 224 s., s. v. -fendo) non è testimoniato in forma semplice; in composizione con dis- darebbe *diffendere (donde diffensus), che rappresenta certo la forma arcaica di defendere, il cui primo significato è quello di „respingere, allontanare“, anche se in questa direzione la semantica del verbo non ha poi avuto seguito. La forma diffisus – da ritenersi più recente – del participio passato di *diffendere è certo essa pure testimoniata, e la usava Ulpiano, con il significato di „rinviato“ in D. 2,11,2,3, ricordando proprio la norma di tab. 2,2. Si Veda anche in Gell. 14,2,1 (dierum … diffisionibus) e eod. 11 (diem diffindi). Questi vocaboli sembrano proprio avere occupato (col senso „rinviare“ e „rinvio“) l’area semantica persa dal verbo defendere nel senso di „allontanare“. 82 Così il senso originale della norma acquisterebbe anche una maggiore coerenza, in se stessa ed in relazione con quanto possiamo immaginare circa la procedura apud iudicem nelle legis actiones all’epoca delle dodici tavole. Essa infatti non avrebbe stabilito che il giudice dovesse necessariamente disporre il rinvio avendo notizia dell’impedimento previsto o in atto, ma solo che l’assenza della parte dovuta ad una delle cause previste sarebbe stata comunque da considerarsi giustificata, e la data della nuova udienza si sarebbe dovuta fissare dopo che l’impedimento fosse cessato.
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aut legibus aut edicto praetoris: legibus, velut furti lege xii tabularum). La possibilità di questa duplicità delle norme decenvirali in materia di responsabilità nossale – una norma sostanziale ed una processuale – non può pertanto venire esclusa. Tuttavia riterrei proprio che la cosa risulti assai poco verosimile. Non basta certo, per prendere come conclusiva questa mia ultima affermazione, la circostanza che di una norma decenvirale sull’azione nossale non abbiamo alcuna testimonianza concreta, ma in tale senso milita un aspetto, per così dire, relativo della medesima circostanza, e cioè che gli argomenti testuali che suggerirebbero la presenza di una norma sull’azione nossale nelle dodici tavole si basano in particolare su quanto si dice in Ulp. Cels. Iul. D. 9,4,2, ma nello stesso passo il discorso, per quanto riguarda il regime decenvirale, si basa unicamente sulla norma di tab. 12,2 come l’abbiamo ricostruita, anzi: come quel medesimo frammento ci ha permesso di ricostruirla. A queste due precisazioni, voglio aggiungere una considerazione, che mi pare opportuno fare a questo punto – giacché stiamo trattando della disciplina decenvirale della nossalità – anche se riguarda la tematica del nostro paragrafo 1. Trattavamo, là, delle notizie che Gaio dava circa la nossalità nelle dodici tavole, ed avevamo espresso dei dubbi sulla precisione di quanto egli vi diceva. Credo di poter qui fornire la prova del fatto che quel carattere di approssimazione dell’esposizione gaiana sul punto non poteva comunque dipendere da un corrispondente carattere della sua informazione. A questa conclusione si potrebbe giungere semplicemente ricordando che Gaio le dodici tavole doveva conoscerle bene, avendole fatte oggetto di un non breve commentario83, e questo basta per convincerci che egli sapeva perfettamente che cosa disponesse la norma sulla noxae deditio, dalla quale abbiamo visto risultare che il regime nossale riguardava non solo il furto, ma anche altri casi, indicati come noxiam nocere, e che noi, malgrado lodevoli sforzi – non mi riferisco evidentemente solo ai miei – non siamo riusciti a individuare esattamente. Ma possiamo dire anche di più. Fra i passi gaiani del commentario alla legge decenvirale riportati nel Digesto c’è il seguente: D. 50,16,238,3 (Gai. VI ad leg. XII tab.): ,Noxiae‘ appellatione omne delictum continetur. I compilatori di Giustiniano, collocando questo frammento nel titolo de verborum significatione, pensato come una specie di dizionario di termini rilevanti o frequenti nel parlare giuridico, e isolando questa frase dal suo contesto, l’hanno certo intesa come se essa volesse dire che noxia è termine equivalente a delictum in generale84; 83 Il commentario di Gaio alle legge delle dodici tavole – al quale, si sarà notato, abbiamo anche già attinto, da ultimo con Gai. (4 ad legem XII tab.) D. 47,9,9 – era in 6 libri: così è menzionato, col titolo tradotto in greco, nell’Index Florentinus del Digesto, e da tanti i compilatori hanno escerpito i 28 frammenti riportati nel Digesto stesso. Vedili in Lenel, Pal. I (nt. 6), 242 ss. 84 Infatti, anche nelle Istituzioni giustinianee si fa analogamente del vocabolario in I. 4,8,1, per dir due cose evidentemente erronee entrambe: Noxa autem est corpus quod nocuit, id est servus, noxia ipsum maleficium, veluti furtum, damnum, rapina, iniuria. Cioè: „Noxa invero è l’entità fisica (corpus è usato per evitare un termine che attribuisse all’autore dell’illecito una
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ma noi sappiamo, per tutto quanto abbiamo visto poco sopra, che Gaio non poteva pensare qualcosa del genere. Usiamo invece gli indizi che il passo stesso ci suggerisce, premettendo che è certo che il commentario di Gaio alle dodici tavole seguiva l’ordine del testo della legge85. Ora, D. 50,16,238,3 appartiene al sesto libro, cioè l’ultimo, dei sei del commentario, e la norma decenvirale sulla noxae deditio è collocata da tutti gli studiosi moderni nella dodicesima tavola, cioè l’ultima della legge. Siccome tanto in tab. 12,2 quanto in Gai. D. 50,16,238,3 compare il termine noxia, e siccome tale termine non doveva essere particolarmente frequente nella dodicesima tavola86, diviene logico verificare se sia possibile supporre che il passo di Gaio possa appartenere al suo commento di tab. 12,2. Ma, se poniamo i testi in relazione, un’ipotesi tutt’altro che peregrina prende corpo: Tab. 12,2: Si servus furtum faxit noxiamve noxit, . Gaius, libro VI ad leg. XII tab.: ,Noxiae‘ appellatione omne delictum continetur. Il commento di Gaio si attaglia perfettamente al testo della legge; e supponendo allora che Gaio vi spiegasse quella norma, egli verrebbe a dire che in essa „con la denominazione di noxia si fa allusione a tutti i delitti“87. Cioè, a tutti gli altri delitti oltre al furto. In altri termini, Gaio avrebbe così risposto alla domanda che noi ci eravamo posti senza potervi rispondere, ed egli pensava che la norma decenvirale sulla nossa introducesse tale sistema, oltre che per il furto, per tutte le situazioni delittuose che le dodici tavole prevedevano. Questa, naturalmente, resta un’ipotesi, e sono le conseguenze di questa ipotesi che ora intendo esaminare. Sopra, riferendomi alla sequenza di Gai. 4,75 – 79, avevo rilevato che l’inizio della trattazione delle azioni nossali – § 75 e 76 – aveva carattere storico, e precisamente che nel § 75 Gaio parlava degli inizi della vicenda e nel § 76 enumerava qualunque forma di personalità, trattandosi qui di uno schiavo) che ha nuociuto, cioè lo schiavo, noxia il delitto stesso, ad esempio il furto, il danno (aquiliano), la rapina, l’iniuria“. Il linguaggio di I. 4,8,1 corrisponde proprio alle parti che abbiamo sopra considerate spurie in Ulp. D. 9,1,1 pr.-1: … id quod nocuit, [id est animal quod noxiam commisit,] aut aestimationem noxiae offerre. 1: [Noxia autem est ipsum delictum]. 85 Vedi in Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 564 ss. 86 Sul contenuto della dodicesima tavola tutte le ricostruzioni moderne sono praticamente concordi; vedi la tavola delle concordanze in Crawford, Roman Statutes II (nt. 44), 576 che mette a confronto Schoell, Bruns, FIRA e RS stesso. Per le notizie (anche) su queste edizioni vedi Oliviero Diliberto, Bibliografia ragionata delle edizioni a stampa della legge delle XII tavole (secoli XVI –XX), Roma 2001. 87 E ciò spiegherebbe anche l’equivoco in cui sono caduti i compilatori nell’intendere noxia come equivalente non di damnum ma di delictum. Con la frase di D. 50,16,238,3 Gaio intendeva: „Con il termine noxia (che è contenuto nel testo) si fa riferimento ad un danno da delitto, qualunque sia il delitto dal quale proviene il danno“, ma la sua frase sintetica, divenuta una definizione inserendola nel vocabolario del titolo D. 50,16, viene facilmente ad interpretarsi „il termine noxia è segno per tutti i delitti“: il che risulta, per tutto quanto abbiamo potuto stabilire, inesatto, perché viene a definire noxa e non noxia.
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una serie di momenti nei quali delle azioni nossali sono state introdotte, e dicevo anche che dall’insieme di quel ch’egli scrisse risulta che tutto si fosse iniziato con l’introduzione dell’azione nossale da furto con le dodici tavole. Ma avevo anche rilevato che la sua esposizione è, in qualche modo, ingannevole. Infatti, essa contiene anzitutto una contraddizione. Se è vero – e non credo si possa dubitarne – che nel § 75 Gaio parlava degli inizi, quel discorso doveva essere riferito alle dodici tavole, ma come casi iniziali egli adduce non il solo furtum facere di un filius familias o di uno schiavo, ma anche l’iniuriam committere, e per di più li menziona facendoli precedere da velut, che li lascia intendere come esempi di una gamma più ricca; ma poi, nel § 76, Gaio attribuisce l’introduzione dell’actio iniuriarum nossale al pretore, cosa che non può essere avvenuta se non molto tempo dopo. Con quanto ho esposto qui da ultimo credo risulti provato che Gaio conosceva bene la norma decenvirale sulla noxae deditio (che per lui valeva anche come fondamento dell’azione nossale). Il fatto è che quando Gaio scriveva quei due paragrafi, doveva esporre in modo essenziale – il carattere elementare e sintetico del suo manuale lo imponeva – una vicenda complessa. Egli sapeva che tab. 12,2 aveva introdotto il sistema della nossa come soluzione generale: anzi, stando a quel che ci rimane del commento a tab. 12,2 nel sesto dei suoi libri ad legem XII tabulatum, egli attribuiva alle parole noxiamve noxit una portata (omne delictum continetur) che – a me almeno – sembra eccessiva; ma d’altra parte egli sapeva anche che delle azioni nossali in uso al suo tempo – e per i giovani discenti d’allora egli scriveva le Institutiones – a nessuna più, se non all’actio furti nossale, poteva riconoscersi un fondamento positivo nella legge decenvirale. Così si spiega perché egli abbia parlato dell’introduzione dell’azione nossale da furto e di altre descrivendo l’inizio della vicenda, ma poi enumerando i fondamenti autoritativi delle varie azioni riconducesse alle dodici tavole solo quella da furto. Resta solo da spiegare ancora perché nel § 75 come casi iniziali egli menzioni solo, accanto al furto, quello dell’iniuria. Io credo che la ragione risieda nel fatto che la generalità delle figure delittuose diverse dal furto, che erano previste nelle dodici tavole e per le quali era ammissibile l’applicazione della noxae deditio ove fossero realizzate da un potestati subiectus, corrispondesse ai tempi di Gaio a fattispecie d’iniuria o di danneggiamento aquiliano. Ora, è chiaro che Gaio, parlando degli inizi nel § 75, non avrebbe potuto dire che a quel tempo furono introdotte azioni nossali „per il furto, l’iniuria e il damnum iniuria datum“, perché, comunque egli avesse determinato l’ultima ipotesi, al suo tempo l’azione nossale in questione sarebbe stata l’actio noxalis ex lege Aquilia, che avendo fondamento nella legge aquilia non poteva essere inserita in un discorso sulla situazione al tempo delle dodici tavole se non con una complessa spiegazione che il carattere del suo manuale non permetteva affatto. La soluzione che egli trovò era forse, fra le soluzioni semplici, la più appropriata: prima di si furtum fecerint aut iniuriam commiserint egli scrisse velut, „per esempio“, borbottando forse all’indirizzo dei suoi immaginari, futuri giovani lettori : „Questo lo capirete quando sarete più grandi“.
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2. La legge aquilia La legge aquilia, secondo la ricostruzione che ho potuto farne in tre lavori precedenti88, conteneva anzitutto i testi delle tre norme sostanziali in quelli che i giuristi denominavano rispettivamente caput primum89, secundum90 e tertium91: [I] Si quis servum servamve alienum alienamve vel pecudem alienam iniuria occiderit, quanti is homo vel ea pecus in eo anno plurimi fuit, tantum aes ero dare damnas esto. [II] Si adstipulator pecuniam in fraudem stipulatoris acceptam faxit92, quanti ea res est, tantum aes stipulatori dare damnas esto. [III] Ceterarum rerum si quis alteri damnum faxit, quod usserit fregerit ruperit iniuria, quanti ea res fuit in diebus triginta proximis, tantum aes domino dare damnas esto.
Le norme processuali seguivano tali tre capitoli93, concludendo il dettato legislativo. Nella mia precedente ricostruzione non mi ero occupato in modo approfondito di tali norme processuali. Mi ero limitato a proporne il tenore seguente94, che ora correggo in un punto95: Adversus infitiantem in duplum actio esto. Si servus sciente ero faxit, adversus erum in solidum actio esto, si insciente noxalis esto. Che nel testo legislativo queste due norme processuali seguissero i tre capita delle norme di sostanza, risulta sufficientemente provato da Gai. D. 9,2,2,1 e 88 Carlo Augusto Cannata, Sul testo originale della lex Aquilia: premesse e ricostruzione del primo capo, SDHI 58 (1992), 194 – 214 ; id., Considerazioni sul testo e la portata originaria del secondo capo della lex Aquilia, Index 22 (1994), 151 – 162; id., Il terzo capo della lex Aquilia, BIDR 98 – 99 (1995 – 1996), 111 – 146. 89 Gai. 3,210; Gai. (7 ad ed. prov.) D. 9,2,2 pr. 90 Gai. 3,215; Ulp. D. 9,2,27,4 (secundum capitulum). 91 Gai. 3,217; Ulp. D. 9,2,27,5. 92 È preferibile la forma sigmatica del congiuntivo, come nel terzo capo, invece della forma fecerit, che mantenevo nelle precedenti ricostruzioni. 93 Questo tentativo di ricostruzione delle norme processuali della legge aquilia dà anche per superata l’idea che tale legge non contenesse alcuna disposizione sull’azione aquiliana nossale ma questa sia stata introdotta dall’interpretazione giurisprudenziale. Tale tesi deriva da una, neppure molto perspicua, pagina di Biondi, Actiones noxales (nt. 1), 341, e l’Albanese, BIDR 70 (1967), 127 la qualificava – con riferimento alla data del suo articolo (1967) – „oggi dominante“, ma non credo proprio a ragione: la tesi era già stata confutata dal Lenel, EP (nt. 1), 199 nt. 5; anche se certo una compiuta dimostrazione della sua insensatezza la si deve proprio all’Albanese, 127 – 129, che in appoggio a Lenel adduce in particolare Paul. D. 9,2,45 pr. Ma l’idea del Biondi appare già contrastare l’elementare Gai. 4,76. 94 Cannata, SDHI 58 (1992), 211 s. 95 In effetti, la mia vecchia ricostruzione della seconda norma processuale aveva una pecca evidente, in quanto vi scrivevo ,si servus sciente domino faxit, adversus erum in solidum etc.‘: l’alternanza fra dominus e erus non si giustifica punto, ed uniformando i luoghi la preferenza è certo da dare a erus.
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Gai. 3,216, dai quali testi si desume che tale posizione aveva la prima delle due norme; quanto alla seconda, possiamo essere sufficientemente certi che essa seguisse la prima sulla base di Ulp. D. 9,2,23,10. Vediamo brevemente tutto ciò. La prima norma, che disponeva la litiscrescenza adversus infitiantem, si desume abbastanza bene da: D. 9,2,2,1 (Gai. 7 ad ed. prov.): et infra deinde cavetur, ut adversus infitiantem in duplum actio esset. Dove non solo è enunciato il disposto evidentemente parafrasandone il testo legislativo, ma Gaio avvertiva che in proposito nella legge infra deinde cavetur: siccome a quel punto Gaio aveva testé enunciato la disposizione del primo capo (pr.: capite primo cavetur), dicendo ora che l’altra norma citata si trova „più in basso“ e „dopo“, dice in modo sufficientemente chiaro che tra la prima norma sostanziale e le norme processuali si trovavano le altre due norme sostanziali. Ciò permette anche di desumere che le norme processuali erano collocate nella legge in modo da potersi enunciare una sola volta per tutte le norme sostanziali. Il che trova, del resto, una singolare conferma in Gai. 3,216, dove Gaio parlava della norma del secondo capo della legge informando della sua desuetudine, ma chiarendo che non si trattava però di abrogazione, perché, agendo invece che con l’actio mandati con l’actio ex capite secundo legis Aquiliae, si sarebbe potuto agire in duplum contra infitiantem. Dunque la norma sulla litiscrescenza era scritta e collocata in modo da doversi applicare a qualunque azione aquiliana. Tutto ciò risulta confermato dalla lettura di D. 9,2,23,10 (Ulp. 18 ad edictum)96, passo certo meno aderente al testo legislativo di quanto non lo fosse Gai. D. 9,2,2,1, perché ne ha proprio l’aria di un commentario. Il tenore del testo legislativo, come lo abbiamo stabilito sopra, resta comunque confermato. Per quanto riguarda la seconda delle norme processuali, quella che ora in particolare ci interessa, i testi che le si riferiscono sono diversi, ma solo Ulp. D. 9,4,2 pr. può darci un’idea del suo tenore preciso97. Abbiamo già avuto occasione di notare98 che nel principium di D. 9,4,2 Ulpiano certamente parafrasava la norma della legge aquilia sull’azione nossale. Più avanti99 96 Haec actio adversus confitentem competit in simplum, adversus negantem in duplum. ‚Haec actio‘ si riferisce all’azione aquiliana in generale. 97 Gli altri sono Ulp. D. 9,2,27 pr.-3. Il Lenel, EP (nt. 1), 199 aggiunge in particolare Ulp. D. 9,4,6 (che, come già abbiamo visto sopra, nt. 11, egli attribuisce al contesto di Ulp. D. 9,4,2 nel fr. ULP. 619 della Palingenesia, ma nel Digesto esso è connesso con Ulp. 3 ad ed. D. 9,4,5,1), nonché Ulp. D. 9,4,14. Si può vedere ancora Paul. D. 9,4,4 pr.-3, magari come esempio della svariata casistica contenuta nel tit. D. 9,4 in materia di azione aquiliana nossale. 98 Nel secondo paragrafo di questo scritto, dopo aver riportato l’intero testo di Ulp. D. 9,4,2. 99 Nello stesso paragrafo, affrontando i problemi del confronto, fatto nella seconda parte di Ulp. D. 9,4,2, fra il regime decenvirale e quello aquiliano della responsabilità nossale.
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abbiamo anche delineato il modo nel quale dalla parafrasi ulpianea possa desumersi il testo legislativo, che già ho pure presentato con tutto il testo della lex Aquilia iniziando il presente discorso. Non resta ora che analizzare la parafrasi, togliendovi le parole che non sembrano poter appartenere alla legge, eventualmente sostituendovi quelle opportune. Le parole da togliere sembrano essere quelle che qui pongo fra parentesi quadre: Si servus sciente domino occidit [in solidum dominum obligat] [ipse enim videtur dominus occidisse.] si [autem] insciente, noxalis est. [nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat]. Ora, mi sembra sicuro che vadano semplicemente soppressi, oltre ad ,autem‘ (semplice coordinazione nell’andamento della parafrasi esplicativa), l’inciso interpretativo ,ipse enim videtur dominus occidisse‘, nonché la valutazione politica finale ,nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat‘. A questo punto rimane dunque: ,Si servus sciente domino occidit100 [in solidum dominum obligat.] si insciente noxalis est. Quanto a ,in solidum dominum obligat‘, la sua presenza nel dettato è sostanzialmente necessaria, ma la sua forma non ha carattere legislativo, e tanto meno per una legge del 200 circa a. C.101. Del resto, anche le altre parti della parafrasi che rimangono, vanno adeguate ai modi di una legge, e di una legge di quell’antichità. La soluzione che ho sopra proposto obbedisce a queste esigenze: Si servus sciente [domino] [occidit] , [in solidum dominum obligat] . Si insciente noxalis [est] . Due ultime giustificazioni del testo che propongo. La sostituzione di faxit a occidit è fatta tenendo conto della circostanza che abbiamo già potuto appurare, e cioè che la norma di cui ora ci occupiamo era collocata alla fine della legge, perché fosse chiaro che essa si riferiva a tutte le ipotesi previste alle quali potesse applicarsi: e quindi, in particolare, anche a quelle previste nel terzo capo102, dove l’ipotesi dell’occidere non sarebbe stata esauriente. Ulpiano, invece, nella sua parafrasi si occupava dell’azione nossale per la fattispecie del primo capo. La seconda cosa che intendo sottolineare è che la ricostruzione proposta ,adversus erum in solidum actio esto‘ (invece di ,in solidum dominum obligat‘) fornisce anche, con la parola actio, un referente all’aggettivo noxalis che si legge alla fine, e che nella parafrasi di Ulp. D. 9,4,2 pr. rimaneva senza coordinazione.
100 101
Cfr. Lenel, EP (nt. 1), 199 con la nt. 5. Sulla data della lex Aquilia vedi riassuntivamente Cannata, BIDR 98 / 99 (1995 / 1996),
132 s. 102 Cfr. Lenel, EP (nt. 1), 199 dopo la nt. 6. La fattispecie del secondo capo non era realizzabile per opera di uno schiavo.
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V. Una conclusione non conclusiva Da quanto abbiamo visto nei paragrafi precedenti si potrebbero trarre, con riguardo alla storia del regime della nossalità nel diritto romano, le seguenti conclusioni: a) le dodici tavole prevedevano una norma sulla responsabilità nossale del dominus per i casi in cui uno schiavo furtum faxit noxiamve noxit; b) né le dodici tavole né la lex Aquilia facevano parola dei fatti delittuosi commessi dai filii familias; c) la lex Aquilia prevedeva, per il caso in cui il danneggiamento previsto nei tre capita della stessa legge103 fosse stato attuato da uno schiavo, l’azione diretta contro il dominus sciens e l’azione nossale contro il dominus insciens. Ora, le due proposizioni a) e b) sono in contrasto con le notizie che, all’inizio di questo scritto, abbiamo letto in Gai. 4,75 – 76, confermato da I. 4,8,7. Non si tratta qui tanto di stabilire quale, in ciascuno dei casi, sia la proposizione esatta, ma piuttosto di spiegare il contrasto che abbiamo rilevato. Quanto alla prima proposizione (a), il rilievo che può farsi è duplice. È chiaro che Gaio impostava la sua esposizione istituzionale come una descrizione del sistema vigente alla sua epoca, per cui anche le allusioni storiche che v’inseriva risultano condizionate da tale punto di vista. Perciò, nel luogo che ci interessa, egli presentava le azioni nossali come rimedi previsti dalla legge o dall’editto pretorio, e ne considerava l’elenco come composto dalle azioni nossali al suo tempo in vigore; non è affatto detto che questo elenco di azioni nossali in vigore egli lo concreti anche con una menzione completa di tutte tali azioni, perché anzi le menzioni espresse sono sempre introdotte da velut in Gai. 4,75 – 76. Ciò ha una prima conseguenza sul carattere della sua esposizione, che non abbiamo avuto occasione di rilevare104. È molto probabile, infatti, che il regime della nossalità risalisse ai mores precedenti le dodici tavole, e che queste non abbiano fatto, come in innumerevoli altri campi, che dare forma di legge a tali consuetudini. Ma Gaio di ciò non si preoccupava: una volta detto che constitutae sunt autem noxales actiones aut legibus aut edicto praetoris, l’inizio della loro storia non poteva porsi se non con le dodici tavole. La stessa prospettiva spiega anche perché Gaio limiti l’intervento decenvirale all’introduzione dell’azione nossale di furto. Gaio, come certamente sapeva bene che la previsione decenvirale riguardava la responsabilità nossale e non l’azione nossale, d’altra parte, come abbiamo potuto constatare sopra, sapeva altrettanto bene che l’antica legge non si limitava ai casi di furto, ma comprendeva anche quelli del noxiam nocere. Ma questi casi, qualunque essi fossero, potevano 103 Non acquistava rilevanza, nella struttura del testo della legge, che solo le ipotesi del primo e terzo capo potessero ammettere la partecipazione attiva di uno schiavo. 104 Su quanto segue vedi le osservazioni del Pugliese, Nuove osservazioni (nt. 1), 80 s. nt. 4.
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ai suoi tempi essere considerati tutti quanti regolati ormai con le norme della legge aquilia o dell’actio iniuriarum prevista nell’editto pretorio: per cui queste sono le fonti che in proposito egli cita, omettendo la menzione di quella antica. Anche se questa sarebbe stata, se non proprio necessaria, almeno utile per riconoscere alla norma decenvirale il carattere generale che ancora le riconosceva Giuliano; ma non si può accusare Gaio per non aver complicato il carattere istituzionale del suo discorso con simili subtilitates. Quanto alla seconda proposizione (b), la lettura del passo delle Istituzioni giustinianee potrebbe considerarsi interamente chiarificatrice, impedendo quindi del tutto che un problema sorga in proposito. In I. 4,8,7 è chiaramente spiegato che nel diritto giustinianeo la noxae deditio di filii e filiae familias doveva considerarsi un istituto non più in vigore, e che le azioni per i delitti da costoro commessi si esercitavano direttamente contro di loro; ne consegue che la constatazione dell’assenza della relativa menzione nei libri della compilazione non può suscitare meraviglia. È appunto così che si pensa di solito; e io credo che sia superfluo indugiare in innumerevoli, quanto inutili, menzioni di letteratura105, scegliendo, per illustrare il problema, una via poco diversa, che s’inizia col rileggere quanto, commentando il testo dell’editto de noxalibus actionibus (Ulp. D. 9,4,21,2), scriveva il Lenel106: „Das obige Edikt betrifft im überlieferten Wortlaut nur den Fall der Klage aus Sklavendelikt. Diese Beschränkung dürfte auf die Kompilatoren zurückgehen; der ursprüngliche Wortlaut wird die Noxalhaftung aus den Delikten aller der Personen umfaßt haben, wegen deren überhaupt Noxalklagen erhoben werden konnte“. Nella nota 13 della stessa pagina 159 il Lenel ricorda che lo stesso egli aveva scritto nella prima edizione (EP1) e diversamente aveva sostenuto nella seconda (EP2). Il tenore di EP2 lo traggo dalla traduzione francese107: „Cet édit n’a trait qu’à l’hypothèse d’une action naissant du délit d’un esclave. Dans l’édition allemande, j’ai attribué cette restriction aux compilateurs et dit que le texte primitif devait parler de toutes les personnes dont les délits font naître une action noxale. C’est là un point qu’on ne saurait pourtant affirmer avec certitude; il n’est pas difficile d’imaginer des raisons pouvant faire admettre un traitement différent dans les autres cas. En conséquence, c’est un point que je laisse sans réponse“.
105 Mi limito a notare che l’antichità della previsione della noxae deditio dei sottoposti liberi, e persino, se si vuole, la maggiore antichità della previsione di questa rispetto a quella degli schiavi, scaturisce in modo del tutto naturale dall’impostazione che il de Visscher, Le régime (nt. 1), ha adottato per „les origines et la fonction primitive de l’abandon noxal“ nel primo capitolo (p. 25 ss.) del suo libro su Le régime romain de la noxalité, sulla base dei principi metodologici illustrati nella Introduction allo stesso volume (p. 13 ss.). 106 Lenel, EP (nt. 1), 159. Su questo passaggio del Lenel vedi le osservazioni che fa il Sargenti, Labeo 23 (1977), 338 ss. nella recensione. 107 Otto Lenel, Essai de reconstruction de l’édit perpétuel (trad. Frédéric Peltier) I, Paris 1901, 180. (Sulla complessa genesi della traduzione del Peltier, vedi ivi la prefazione dello stesso Lenel, vol. I, p. VII).
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Ora, le considerazioni del Lenel che abbiamo testé riportato, si riferiscono al tenore della clausola edittale (Lenel, XIV § 58) de noxalibus actionibus, che risulta in particolare dal passo seguente: D. 9,4,21,2 (Ulp. 23 ad edictum): Praetor ait: ,Si is in cuius potestate esse dicetur negabit se in sua potestate servum habere: utrum actor volet, vel deierare iubebo in potestate sua non esse neque se dolo malo fecisse, quo minus esset, vel iudicium dabo sine noxae deditione.
L’insistere del Lenel sull’idea che aveva espresso nella prima edizione dipende dalla sua rimeditata convinzione che il passo sia interpolato, e nell’ultima versione egli dà per certo questo intervento compilatorio sulla base di una considerazione di forma, per la quale si appoggia su di un’esegesi del Beseler. L’argomento esegetico si basa sulla posizione che nel testo ha la parola servum: se il testo si fosse riferito al solo caso dello schiavo, la menzione di questo avrebbe avuto luogo prima di dove essa compare, nel quale ultimo luogo noi ora leggeremmo eum. Cioè, il testo dovrebbe recitare: ‚Si is in cuius potestate servum esse dicetur negabit se in sua potestate eum habere: …‘108. Tutto questo è certo impeccabile: non credo, in effetti, possano sussistere dubbi sul fatto che l’editto pretorio classico disciplinasse le azioni nossali in modo unitario, tanto se l’autore materiale del delitto fosse uno schiavo, quanto se esso fosse una persona libera, e che debba essere attribuito ai compilatori l’aggiornamento del dettato edittale al loro diritto. Però, se questa operazione di aggiornamento è facilmente individuabile in un testo come Ulp. D. 9,4,21,2, ben altra cosa è supporla per un passo come Ulp. Cels. Iul. Marc. D. 9,4,2. Se ci concentriamo un attimo sul § 1 di quel passo, vediamo tosto che non pare proprio si tratti di un testo facilmente manipolabile. Quanto al disposto della legge aquilia esso viene spiegato nello stesso testo in un modo che l’alternativa casistica del filius non vi si potrebbe ragionevolmente inserire. I giuristi, che abbiamo visto all’opera intorno al disposto legislativo, non lo citavano semplicemente, ma vi ragionavano sopra, uscendo in affermazioni come quella fatta da Celso per giustificare la responsabilità diretta ex lege Aquilia del dominus sciens: ,quasi ignoverit servo, qui domino paruit, periturus si non fecisset‘; affermazione che non sarebbe evidentemente appropriata per un filius o una filia familias. Supporre una interpolazione di ,periturus si non fecisset‘109 sarebbe del tutto arbitrario: l’ipotesi non potrebbe derivare se non da un semplice preconcetto, e comunque non risolverebbe il problema perché non cambierebbe l’impostazione complessiva del discorso che il passo contiene. Anche altre soluzioni, che si potrebbero pro-
108 Lenel, EP (nt. 1), 159 nt. 13, con rinvio a Beseler, SZ 46 (1926), 114. La ricostruzione completa proposta dal Beseler era: Si is in cuius potestate esse dicetur negabit se in sua potestate servum habere: […]. 109 Lo ha fatto il Beseler, Beiträge IV (nt. 7), Tübingen 1920, 270, ed ancora il de Visscher, Le régime (nt. 1), 492 nt. 12, e neppure l’espressione si salva nel contesto della complessa critica interpolazionistica fatta al passo dall’Albanese, BIDR 70 (1967), 145 nt. 44.
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porre, non credo possano trovare giustificazione nelle fonti. Ad esempio, supporre che le dodici tavole e la legge aquilia contenessero norme distinte sulle azioni nossali per i delitti degli schiavi e dei liberi sarebbe astrattamente possibile, ma la cosa sembra affatto strana. Più ragionevole sarebbe pensare che le due leggi antiche non prevedessero per nulla le azioni nossali per i delitti dei liberi: ma in questo caso si tratterebbe anzitutto di stabilire quale fosse il regime più antico della responsabilità da delitto, e dirsi, per esempio, che il pater rispondesse sempre personalmente in solidum del delitto del sottoposto libero; e quindi magari pensare che le azioni nossali per i delitti dei filii familias siano state introdotte dalla giurisprudenza successiva alla legge aquilia in analogia con le azioni nossali per i delitti degli schiavi. Questa tesi potrebbe anche avere una tenuissima base testuale, perché potrebbe corrispondere all’idea che, della storia di questo problema, avevano gli autori delle Istituzioni giustinianee, quando in I. 4,8,7 scrissero: sed veteres quidem haec et in filiis familias masculis et feminis admiserunt, parole che possono essere ben intese nel senso che i veteres – col senso che questo termine abbiamo visto assumeva nelle Istituzioni giustiniane110 – ammisero l’applicabilità del sistema della nossalità anche oltre la sua applicabilità ai delitti compiuti dagli schiavi e – si direbbe – sulla base di un’analogia fra la situazione patrimoniale dei figli e degli schiavi nella familia; e questa evoluzione potremmo anche ritenerla collegata con quella che portò alla introduzione delle azioni nossali pretorie: nel senso che il pretore dava, sulla base di questa analogia e senza inserirle nell’editto, le azioni nossali per i delitti civili commessi dai filii e dalle filiae familias (furto e damnum iniuria datum), mentre nell’editto inseriva la sola previsione delle azioni nossali pretorie, come quella dell’actio iniuriarum nossale (Lenel, EP3 § 195) o dell’azione nossale per la rapina (Gai. 4,76; Lenel, EP3 § 187). A meno di non pensare che esistesse pure, almeno nella legge aquilia, un’altra clausola concepita più o meno: ,Si filius filiave faxit, adversus patrem in solidum actio esto.‘, ponendola come penultima clausola della legge. Ma questa soluzione, che contrasterebbe direttamente con il punto c) dello schema di dati che ho proposto all’inizio di questo paragrafo111, sarebbe proprio di pura fantasia. Però, una cosa si può ancora notarla. Quando Gaio giustificava la responsabilità nossale adducendo come ragione che (Gai. 4,75) sarebbe stato ,iniquum‘ nequitiam eorum ultra ipsorum corpora parentibus dominisve damnosam esse, in realtà dava una ragione valida ed appropriata solo per i casi di delitto compiuto da uno schiavo. Non tanto mi sembra distorto pensare che sia ingiusto che i padri rispondano degli illeciti dei loro figli (certo questo pare non essere ingiusto): assurdo invece è che si dica che il limite della responsabilità del padre debba essere rappresentato dal valore del loro corpo, che è corpus hominis liberi, e quindi non habet aestimationem (Ulp. 110 Cioè i giuristi classici, in senso lato, comprendendovi cioè i giuristi della tarda repubblica, diciamo più o meno a partire dai fundatores. Vedi sopra, la nt. 2. 111 Non voglio proporre questo come un argomento a sfavore di questa eventuale tesi, perché esso contraddirebbe solo me, e non le fonti in se stesse, che semplicemente tacciono sul punto.
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D. 9,3,1,5; eod. 5,5). La giustificazione (che era certo tralatizia e non una creazione di Gaio) della responsabilità nossale era stata concepita evidentemente pensando alla noxae deditio degli schiavi, e non dei liberi (come in D. 9,4,2 pr. faceva Ulpiano, parlando della responsabilità ex lege Aquilia del dominus insciens: nec enim debuit ex maleficio servi in plus teneri, quam ut noxae eum dedat).112
112 Contro la tesi che propongo, e che intenderei enunciare nel senso che la responsabilità nossale del pater familias per i delitti commessi dai suoi sottoposti liberi sia stata introdotta dalla giurisprudenza posteriore alla lex Aquilia, può addursi come argomento testuale il fatto che in Gai. 4,75, all’inizio del discorso che è impostato storicamente (noxales actiones proditae sunt), l’introduzione per i delitti dei figli è menzionata prima di quella per i delitti degli schiavi (ex maleficiis filiorum familias servorumque). Nulla mi pare potersi invece trarre dagli altri due luoghi di Gaio che menzionano la noxa al di fuori della sequenza Gai. 4,75 – 79 (Gai. 1,13 e 140 – 141). Neppure può trarsi argomento (questa volta a favore della mia tesi) da Alf. D. 44,7,20, sul quale vedi Pugliese, Scritti I (nt. 1), 543.
Mille taedia, mille morae. Zur Dauer des Prozesses in Juvenals Satire1 Von Iole Fargnoli I. Iuven., Saturae, 16.35–50. Zur Schwerfälligkeit des Prozesses ironisiert der römische Dichter Juvenal: Iuven., Saturae, 16.35–50 Praemia nunc alia atque alia emolumenta notemus sacramentorum. convallem ruris aviti improbus aut campum mihi si vicinus ademit et sacrum effodit medio de limite saxum, quod mea cum patulo coluit puls annua libo, debitor aut sumptos pergit non reddere nummos, vana supervacui dicens chirographa ligni, exspectandus erit qui lites incohet annus totius populi. sed tum quoque mille ferenda taedia, mille morae; toties subsellia tantum sternuntur, iam facundo ponente lacernas Caedicio et Fusco iam micturiente parati digredimur lentaque fori pugnamus harena. ast illis, quos arma tegunt et balteus ambit, quod placitum est ipsis praestatur tempus agendi, nec res atteritur longo sufflamine litis. Jetzt sei ein weiterer Lohn und weiterer Vorteil besprochen, welchen der Fahneneid bringt. Wenn das Tal des vom Ahnen ererbten Gutes mir oder ein Feld der schändliche Nachbar genommen, und den heiligen Stein aus der Mitte der Feldmark gerissen, den alle Jahre mit Brei ich in reichlicher Spende verehrte, oder auch, wenn mir der Schuldner noch immer mein Geld nicht zurückgibt, warte man auf die Periode des Jahres, mit der die Prozesse beginnen für alles Volk. Aber dann auch steht tausendfach Ärger und Aufschub
1 Ich widme diese Skizze meinem Freund und Kollegen Christoph Krampe, den ich seit Jahren kenne und schätze. Die Hauptlinien des Textes wurden im Rahmen des Kolloquiums in Soverato „Il diritto in trasparenza. Fonti letterarie ed assetti giuridici“ (21. – 25. Juni 2011) vorgetragen: für die Anregungen in der Diskussion möchte ich mich bei Prof. Dr. Bernardo Santalucia ganz herzlich bedanken.
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dir noch bevor: so oft wird bloß die Gerichtsbank bereitet. Schon will Caedicius sich, der Gewandte, des Mantels entled’gen, schon will sich Fuscus bepissen vor Angst: obwohl wir bereit sind, trennen wir uns – wir kämpfen am Schauplatz des langsamen Forums. Die aber, welche die Rüstung beschützt und das Wehrgehenk gürtet, können den passenden Tag der Verhandlung von sich aus bestimmen, nicht nimmt der Sache den Wert des Prozesses unendlicher Hemmschuh2.
Im einzig noch erhaltenen Bruchteil seiner sechzehnten und letzten Satire3, De felicitate militum, nutzt Juvenal die Gelegenheit, sich über einen gerichtlichen Anlass zu äußern. Dazu beschreibt er die Vorzüge des militärischen im Gegensatz zum zivilen Leben. Er berichtet einem gewissen Gallius sowohl vom Recht des römischen Soldaten, frei über das peculium, sogar vor dem Tode des Vaters, verfügen zu dürfen4, als auch von dessen Privileg, einer anderen Gerichtsbarkeit als derjenigen der Zivilbevölkerung (pagani) zu unterstehen. Bei einer Streitigkeit zwischen Soldaten war ein militärischer Kommandant (evocatus Augustus), den sie selbst bestimmen durften, entscheidungsbefugt5; so verhielt es sich in verschiedenen Situationen, zum Beispiel im Falle einer seitens eines Soldaten erlittenen Körperverletzung6. Für den Soldaten bedeuteten diese Eigentümlichkeiten unbestrittenermassen Vorteile in prozessualer Hinsicht, denn im Gegensatz zum Bürger war es ihm möglich, die Anerkennung seiner Ansprüche in einem weniger umständlichen sowie insgesamt rascheren Verfahren geltend zu machen. Anders lief es für die Bürger, die mit Ärger und Wartezeit rechnen mussten. Die Rechtssuchenden drängen sich zu Jahresbeginn auf dem Forum, um Gerechtigkeit zu erhalten. Es werden Stühle aufgestellt; die Wartezeit ist aber so lange, dass etliche Rechtssuchende verabschiedet werden müssen, ehe sie überhaupt vor das Gericht haben treten können. Es wird sowohl auf den Anwalt Caecidius hingewiesen, welcher seine Toga auszieht, als auch auf Fuscus, bei dem es sich höchstwahrscheinlich eben-
Deutsche Übersetzung von U. Knoche, Juvenal Satiren, 1951, 151. Zur Authentizität der letzten Satire des Dichters, die uns aufgrund von Begebenheiten in Verbindung mit der handschriftlichen Überlieferung nicht gänzlich zugekommen ist und die sehr wahrscheinlich im Jahre 129 –130 publiziert wurde, vgl. P. Ercole, La satira XVI di Giovenale, Athenaeum 8 (1930), 346 –360, 346 f.; M. Schanz / C. Hosius, Geschichte der Römischen Literatur bis zum Gesetzgebungswerk des Kaisers Justinian4, II, München 1959, 573; U. Knoche, Die römische Satire2, Göttingen 1957, 91; siehe dagegen C. F. Heinrich, D. Iunii Iuvenalis satirae cum commentariis, Bonn 1839, 149 und P. Wessner (Hrsg.), Scholia in Juvenalem vetustiora, Leipzig 1931, 233, 288; dubitativer G. Highet, Juvenal the Satirist. A Study, Oxford 1954, 158 ff. 4 Iuv., Saturae, 16.50 – 57. 5 Zur Möglichkeit des Soldaten, seinen Kommandanten als Richter zu wählen, und zu den zeitlichen Vorteilen des Prozesses vor dem Kommandanten vgl. O. Behrends, Die römische Geschworenenverfassung: Ein Rekonstruktionsversuch, Göttingen 1970, 36. Die Stelle wird als eine von Juvenals Texten mit juristischen Hinweisen zitiert von C. S. Razzini, Il diritto romano nelle satire di Giovenale, Torino 1913 [rist. Milano, 1975], 95. 6 Iuv., Saturae, 16.7 – 34. 2 3
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falls um einen Anwalt handelt7, der in der Öffentlichkeit uriniert, um damit seinem Missmut Ausdruck zu verleihen. Zu diesen Juvenalversen besitzen wir eine Note von Servius’ Kommentar zu Vergil Aeneis II8 , 9. Wie sich aus dem Zitat erkennen lässt, geht der gelehrte Grammatiker auf eben die erwähnten Juvenalverse ein: Servius ad Vergil. Aen. II. 102 : Quidve moror? Vestram scilicet festinationem, vel mortem. Omnes et eos, qui prodesse disponunt. Uno ordine uno reatu. Et est de antiqua tractum scientia, quia in ordinem dicebantur causae propter multitudinem vel tumultum festinantium, cum erat annus litium. Iuvenalis (Sat. 16.42): expectandus erit qui lites inchoet annus. Warum zögern? Eure Eile oder der Tod. Nützt allen, die tätig sind. Eine Reihenfolge, eine Anklage. Und es ist aus der antiken Wissenschaft herzuleiten, weil, als das juristische Jahr begonnen hatte, die Prozesse aufgrund der Vielzahl oder der Menge der Streitenden in Reihenfolge verhandelt wurden. Iuvenal: Warte man auf die Periode des Jahres, in der die Prozesse beginnen.
indem er das Wort ordo im Vergiltext erklären möchte: Vergil. Aeneis 2.102: Quidve moror? Si omnes uno ordine habetis Achivos idque audire sat est, iamdudum sumite poenas. Was halt ich mich auf? Wenn jeder Achiver euch gleich gilt und euch der Name genügt, so bestraft mich ohne zu säumen.
Im Vergiltext spricht Sinon, Odysseus’ Cousin, der sich absichtlich zum Gefangenen der Trojaner machen ließ, um die Trojaner dazu zu bewegen, das Pferd als Zeichen der Abbüßung und Versöhnung anbieten zu wollen. Gerade ist Sinon angegriffen worden und beklagt, dass die Trojaner nur einen einzigen ordo haben, d. h. nur einen einzigen Weg, um alle Griechen zu verurteilen. In der Tat hat ordo hier eine allgemeine und unjuristische Bedeutung ‚als Reihe von Gleichartigem‘10, ganz anders als dasselbe Wort ordo in Servius’ Text, das als ‚Reihenfolge der Prozesse‘ zu verstehen ist11. Im Allgemeinen fehlt Servius’ Text jede innere Beziehung zum Text der Aeneis12.
7 Es könnte sich aber auch um den Prozessgegner handeln, siehe Knoche, Satiren (Fn. 2), 151 Fn. 46. 8 Vgl. E. Diehl (Hrsg.), Vergil Aeneis II mit dem Commentar des Servius, Berlin 1967, 27. 9 Zur Behauptung, dass Servius ein antikes Juvenals Scholion des II Jh. ausgewertet hat, vgl. Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 42 ff. 10 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 32 und Fn. 79. 11 Dazu vgl. F. L. von Keller, Der römische Civilprocess und die Actionen in summarischer Darstellung zum Gebrauche bei Vorlesungen6, Leipzig 1883, 137 und Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 32. 12 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 32; siehe auch O. E. Hartmann / A. Ubbelohde, Der Ordo judiciorum und die judicia extraordinaria der Römer, 1, Über die römische Gerichtsverfassung, Göttingen 1886, 386 und B. Kupisch, Juvenal, Sat. 13,1– 4 – Ein korrupter Prätor, in: Festschrift für M. Kaser zum 70. Geburtstag, München 1976, 465 – 498, 491.
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Abgesehen vom Verhältnis zum Vergiltext ist es eindeutig, dass Servius mehr als zwei Jahrhunderte nach Juvenal13 auf seine sechzehnte Satire verweist und sich auch auf eine Prozessreihenfolge bezieht, die am Anfang des Jahres aufgestellt werden sollte. Servius gebraucht den Ausdruck annus litium, während Juvenal annus qui lites inchoet verwendet. Die Bedeutung jedoch scheint dieselbe zu sein. Ähnlich wie Juvenal beschreibt Servius die Eile der Rechtssuchenden und ihr Warten bei diesem gerichtlichen Anlass. Im einleitenden Satz erscheint dicebantur causae und deshalb das Verb causas dicere, das von Servius stammt und mit ‚vor Geschworenen plädieren‘ zu übersetzen ist14. Der Ausdruck antiqua scientia gehört sicher auch dem Servius und dokumentiert, dass er auf eine Prozessreihenfolge der Vergangenheit verweist. Trotz Servius’ Note ist nicht einfach zu verstehen, wie die Juvenalstelle zu interpretieren ist und besonders, inwiefern ein Zusammenhang zwischen dem Gedränge der Parteien und dem annus litium besteht oder allgemeiner, ob die Juvenalstelle – wie vertreten wird15 – zum Verständnis der Dauer des Zivilprozesses hilfreich sein kann16.
II. Die Auslegung der Stelle in der Literatur Die Juvenalstelle hat bereits des Öfteren die Aufmerksamkeit der romanistischen Literatur auf sich gezogen. Friedrich Ludwig Keller17 war der Erste, der die Stelle eingehend analysierte. „Hier ist die mögliche Dauer des Judicium nicht, wie dort, 13 Zur Datierung des Werkes von Servius um 400 n. Chr. vgl. Schanz / Hosius, Geschichte (Fn. 3), 172 ff. und 537 sowie Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 42 ff. 14 So Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 40. 15 Dies die maßgebende Meinung von F. L. von Keller, Ueber Litis Contestation und Urtheil nach classischem Römischem Recht, Zürich 1827, 136 ff., dazu infra § 2. 16 Bekanntlich besitzen wir zu der Dauer des Zivilprozesses nur spärliche Quellen: vgl. zum Beispiel Suetonius, Vespasianus, 10: iudicia centumviralia, quibus peragendis vix seffectura litigatorum videbatur aetas, wo ein Centumviralprozess in der Zeit von Vespasian beschrieben wird (darüber vgl. z. B. F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, Leipzig 1934, 165 und Fn. 21 sowie M. Talamanca, Il riordinamento augusteo del processo privato. Max Kaser zum Gedächtnis, in: F. Milazzo (Hrsg.), Atti Copanello 1996: Gli ordinamenti giudiziari di Roma imperiale, 2000, 63 – 260, 238 nt. 678) und die Notizen einer lis fullonum, die sogar zwanzig Jahre gedauert hätte, von 226 bis 244: ex Alexandro Aug. II et Marcello II cos. litigatum est in Peregrino et Aemiliano cos. (K. G. Bruns / O. Gradenwitz, Fontes iuris romanis antiqui, [VII ed.] Tübingen 1809, 406, nr. 188: Jahr 244 Aug. II et Marcello II cos.), wo es aber sehr wahrscheinlich um eine cognitio extra ordinem und nicht um den Formularprozess ging (siehe z. B. D. A. Musca, Lis fullonum de pensione non solvenda, Labeo 1 (1970), 279 – 326, 279 ff.). Der bekannte Justaprozess kam vielleicht nie zu der litis contestatio: man weiß von einem vadimonium im Jahre 76 n. Ch., nachdem dreieinhalb Jahre vergingen ohne Nachricht weder der litis contestatio noch der Phase apud iudicem (siehe dazu F. Costabile, Nuove luci sul processo di Giusta, in: Studi in onore di C. Sanfilippo, 7, 1987, 185 – 230, 226 ff.). 17 von Keller, Litis Contestation (Fn. 15), 136 ff.
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ein für allemal durch ein gleichförmiges und bestimmtes Zeitmaß begrenzt, sondern die Frist, im günstigsten Falle ein Jahr, kann länger oder kürzer ausfallen, je nachdem ob der Magistrat in einem früheren oder späteren Zeitpunkt seiner Amtsdauer die Formula erteilt hatte“.18 Keller ist der Meinung, die Stelle sei auf die iudicia imperio continentia zurückzuführen19, da die Annuität dieses Verfahren charakterisiert hat, welche sich auf die Amtsdauer des Magistraten bezog20. Infolge des Bestrebens der (künftigen) Prozessparteien, die einjährige Amts- und mithin maximale Prozessdauer unter dem jeweiligen Magistraten nicht allzu sehr zu verkürzen, war es sinnvoll, sich mit der Prozessanhebung zu beeilen, sobald der Magistrat sein Amt angetreten hatte. Kellers Meinung erfuhr in der Lehre ein breites Echo. Theodor Mommsen stimmte Kellers Deutung grundsätzlich zu, korrigierte sie jedoch dahingehend, dass das Gerichtsjahr im März – wie das militärische Jahr – und nicht im Januar begann; im Januar und Februar sollten die Kompetenzen der verschiedenen Magistrate festgestellt werden und erst danach durften die Prozesse beginnen21. Auch Moritz August Bethmann-Hollweg stützt Kellers These, indem er betont, dass die langen Ferien am Ende des Jahres sowie die Hoffnungen, einen neuen Beamten zu beantragen, im Allgemeinen zu einem solchen Andrang der Rechtssuchenden geführt hatten22. In der Tat würde diese Auffassung ein besseres Verständnis der iudicia imperio continentia ermöglichen. Hat Juvenal an die Hauptstadt gedacht, wie es der Fall zu sein scheint, würde die Stelle bestätigen, dass solche Prozesse in Rom häufig vorkamen und den Parteien aufgrund ihrer Kürze Sorgen bereiteten. Dass Juvenal den weitgehenden Ausdruck totius populi gebraucht, würde nicht gegen eine dahingehende Interpretation sprechen, da von einem Dichter keine juristische Genauigkeit zu erwarten ist. von Keller, Litis Contestation (Fn. 15), 135. von Keller, Litis Contestation (Fn. 15), 136 ff. 20 Darüber vgl. vor allem M. Wlassak, Römische Prozessgesetze. Ein Beitrag zur Geschichte des Formularverfahrens, I, Leipzig 1888, 21 ff.; G. Pugliese, Figure processuali ai confini tra iudicia privata e publica, in: Studi in onore di S. Solazzi, Napoli 1948, 391– 417, 392 ff., jetzt in: Scritti giuridici, I, Napoli 1985, 395 ff.; F. Bonifacio, Iudicium legitimum e iudicium imperio continens, in: Studi in onore di V. Arangio-Ruiz, 2, Napoli 1953, 207 – 232, 210 ff.; J. Paoli, Quelques observations sur la fides, l’imperium et leurs rapports, in: Aequitas und bona fides. Festgabe zum 70. Geburtstag von A. Simonius, Basel 1955, 273 – 286, 278 ff.; M. Talamanca, Il riordinamento augusteo (Fn. 16), 149 ff.; für weitere Literatur darüber siehe I. Fargnoli, Il magistrato in prima linea. I iudicia imperio continentia, in: L. Garofalo (Hrsg)., Il giudice privato, im Druck. 21 Th. Mommsen, Die Rechtsfrage zwischen Cäsar und dem Senat, Breslau 1857, 21 ff.; Idem, Römisches Staatsrecht4, 2.1, Leipzig 1887, 208, 214. 22 Vgl. M. A. von Bethmann-Hollweg, Der Civilprozess des gemeinen Rechts in geschichtlicher Entwicklung. Formulae, 2, Bonn 1865, 174 und Fn. 42, der dazu präzisiert, dass die Reihenfolge der einzelnen Sachen durch Los hätte festgestellt werden müssen; siehe auch M. Kaser / K. Hackl, Das römische Zivilprozessrecht2, 1996, 353 Fn. 26, der übrigens meint, dass das Thema weiter vertieft werden muss, und F. Bertoldi, La lex Iulia iudiciorum privatorum, Torino 2002, 64 ff. 18 19
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Kritisiert wird diese Meinung vor allem von Ernst Hartmann, insofern als Juvenals Hinweis auf die Eile der Klagewilligen nicht in Bezug auf die iudicia imperio continentia gemeint sei23. Kellers These sei zu kritisieren, weil ein Bezug auf diese amtlichen Prozesse in Rom sehr unwahrscheinlich sei, da dort die meisten Prozesse als iudicia legitima ergingen. Ausserdem verwirkten die iudicia legitima nach 18 Monaten, folglich hätte sich Juvenal in dieser Stelle nicht auf die Sorge der Parteien am Jahresanfang beziehen können24. Die Stelle sei vielmehr wie folgt zu interpretieren: Zu Beginn der Prozesszeit hätten sich die Kläger angesichts der Gerichtsferien, welche den Prozess vor dem Richter hinauszögerten, an den Prätor gewandt. Es handle sich um die Sitzungsperiode, zu deren Beginn die Reihenfolge der Prozesse festgelegt wurde25. Hartmanns Gedanke, dass ein nur periodischer actus rerum existiere, ist jedoch seit langem widersprochen, da er als auf keinen konkreten Anhaltspunkten basierend beurteilt wurde26. Hinzu kommt, dass, wenn actus rerum „stets nur einen Theil des Jahres ausmacht27“, es unhaltbar ist, dass annus litium gleichbedeutend mit der Zeit des actus rerum sei; Juvenal spreche nicht von Perioden, die in irgendeiner Weise auf den actus rerum verweisen könnten, sondern vielmehr von einem Jahr und dessen Anfang28. Zu einem gänzlich anderen Ergebnis kommt daher Okko Behrends, der sich der Note des Servius und deshalb auch dem Text Juvenals in einer sehr sorgfältigen und detaillierten Exegese widmet29. Juvenals Hinweis beziehe sich auf den Zeitpunkt, in dem der Richter mittels Losziehung ausgewählt wurde30. In diesem Sinne sei nämlich auch eine andere Stelle bei Servius 6.431, in der er Iuv. 13.4 kommentiert, zu verstehen31. Auch hier nennt Servius den Begriff ordo. Als aufmerksamer Philo23 Knoche, Satiren (Fn. 2), 151; Hartmann / Ubbelohde, Ordo (Fn. 12), 381; siehe auch Hartmanns früheres Werk, Über das römische Contumacialverfahren, Göttingen 1851, 148 Fn. 24. In dieser Richtung vgl. auch P. Tuor, Die mors litis im römischen Formularverfahren, Leipzig 1906, 19, der betont, wie bei der Verjährungsfrist der iudicia legitima ein solcher Andrang der Streitenden ausgeschlossen war, F. Bonifacio, L’estinzione del giudizio per mors litis, AG 142 (1952), 34 – 68, 54 Fn. 70 und Kupisch, Juvenal (Fn. 12), 498 (dazu siehe unten bei Fn. 35 – 36). 24 Hartmann / Ubbelohde, Ordo (Fn. 12), 383. 25 Hartmann / Ubbelohde, Ordo (Fn. 12), 384. 26 M. Wlassak, Actus rerum, in PW, I.1, 1893, 332 – 334, 333. 27 Eisele, Exceptio, 38 Fn. 1. 28 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 35. 29 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 31 ff. 30 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 37 ff. 31 Serv. ad Aen. 6.431: Sine sorte: sine iudicio; ex more Romano: non enim audiebantur causae, nisi per sortem ordinatae. Nam tempore, quo causae agebantur, conveniebant omnes, unde et ‚concilium‘ ait; et ex sorte dierum ordinem accipiebant, quo post diem trigesimum suas causas exsequerentur; unde est ‚urnam movet‘. Iuvenalis (Sat. 13.4): Gratia fallaci praetoris vicerit urna. In einem anderen Kontext s. zur Stelle C. Masi Doria, Quaesitor urnam mo-
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loge, der er war, hätte Servius in seinem Werk nicht zufälligerweise zweimal denselben Begriff benutzt, hätte dieser nicht auch auf dieselbe Weise verstanden werden sollen. Daraus schließt Behrends, dass Juvenal auch in seiner sechzehnten Satire auf den Zeitpunkt Bezug genommen hat, in dem der Prätor im Rahmen des album iudicis mittels Losziehung die Einzelrichter wählte; und diese Losziehung habe nur zu Beginn des Jahres stattgefunden. „Wird im Juli einem Bürger die Rückzahlung eines Darlehens verweigert, so muss er, ehe er zur gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs schreiten kann, zunächst die Verlosungsveranstaltung abwarten und sich sodann, je nachdem, was für Termine ihm das Los beschert, noch eine längere oder kürzere Frist gedulden“32. Behrends Auffassung ist nicht nur wegen der maßgeblichen Rolle, die er der Serviusstelle zuschreibt, stark kritisiert worden33, sondern auch weil nicht klar sei, wieso es nur einen einzigen Richterkonvent pro Jahr gegeben haben sollte34. Berthold Kupisch etwa kehrt lieber sogar zu der Meinung Hartmanns zurück, in der er ausführt, dass er den annus qui lites inchoet und „deshalb einen Zeitraum, in dem geklagt werden kann35“, abwarten musste. Ohne auf die Bedeutung des actus rerum einzugehen meint er, dass annus nicht nur das Gerichtsjahr als Ganzes, sondern die wiederkehrenden Perioden des Gerichtsjahres bedeuten könnte36.
III. Ein alternativer Interpretationsvorschlag Die Juvenalstelle hat zahlreiche streitige Interpretationsversuche erfahren. Innerhalb einer großen Spannbreite verschiedener Auslegungen und Gegenauslegungen sowie Kritiken bleibt die Interpretation der Stelle höchstumstritten: einmal wird darvet e altri studi sul diritto penale romano, Napoli 2007, 15. Die zwei Servius Scholien verbindet schon Bethmann-Hollweg, Civilprozess (Fn. 22), II, 174 Fn 43. 32 Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 42. 33 Sehr kritisch gegenüber dieser Interpretation ist F. Raber, Besprechung zu O. Behrends, Die römische Geschworenenverfassung, ZSS 92 (1975), 369 – 386, 374: „eine höchst eigenwillige Deutung der von Servius zitierten Stelle Juvenals Sat. XIII 4 und eine ebenso kunstvolle von Servius ad Aen. II 102 und Juvenal Sat. XVI 42“, aber auch Kupisch, Juvenal (Fn. 12), 489 ff., 494: „Die unzutreffende Auffassung von Juvenal 16,42 vermittelt Behrends ein Vorverständnis dessen, was (zusammen mit anderen anfechtbaren Prämissen) für den Rekonstruktionsversuch der Geschworenenverfassung von weitreichender Bedeutung ist“. Vgl. auch W. Eder, Besprechung zu O. Behrends, Die römische Geschworenenverfassung, Gnomon 46 (1974), 583 – 589, 583: „Servius kennt die klassische Geschworenenverfassung nicht mehr aus eigener Anschauung, und damit ist der Verdacht, dass er spätantike Züge des Verfahrens in seinem Kommentar verarbeitet hat, zumindest nicht von der Hand zu weisen“ und F. De Marini Avonso, Besprechung zu O. Behrends, Die römische Geschworenenverfassung, IVRA 21 (1970), 295 – 297, 295. 34 Kupisch, Juvenal (Fn. 12), 496 Fn. 126. 35 Kupisch, Juvenal (Fn. 12), 498. 36 Kupisch, Juvenal (Fn. 12), 498, der sich auf Gai. 2.278 stützt, der von bestimmten Zeiten spricht (cum res aguntur), zu denen Klagen aus Legat verfolgt werden konnten.
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gelegt, sie behandle das besondere amtsrechtliche Verfahren (iudicia imperio continentia), ein anderes Mal wird vertreten, es gehe um die Gerichtstage (actus rerum), schließlich wird behauptet, es handle sich um die Losziehung der Richter, welche auf Grund einer Geschworenenverfassung zu Beginn des Jahres stattgefunden hätte. Wenn man sich mit diesem Text auseinandersetzt, wird offenkundig, dass Juvenal kein Jurist war. In seiner Empörung über die Entartung und in seiner persönlichen Grundhaltung als Sittenrichter37 interessierte ihn ausschließlich der Vergleich von Zivilen und Soldaten, wobei sich die Satire gegen letztere richtete. Diese Satire wurde aufgrund ihrer Unverschämtheit und ihres politischen Einflusses oft gehasst. Es gibt aber mehrere begründete Hinweise darauf, dass Juvenal das Recht gut kannte. Ein solcher ist etwa in der präzisen Erwähnung des peculium der Soldaten und dessen Sonderregelung zu sehen. Die Vermutung, dass er über den langwierigen Gerichtsprozess gut Bescheid wusste, welcher den Parteien große Sorge bereitete, liegt daher durchaus nahe. Konzentrieren wir uns aber auf Juvenals Text. Der Dichter beschreibt das Gedränge der Querulanten zu Beginn des Jahres. Der Anfang des Textes ist dabei besonders genau zu lesen. Zwei konkrete Situationen werden beschrieben. Zur ersten fällt der Satz auf: convallem ruris aviti improbus aut campum mihi si vicinus ademit et sacrum effodit medio de limite saxum, quod mea cum patulo coluit puls annua libo. Es solle sich um eine actio finium regundorum handeln, die der Nachbar erheben würde, um die Grenzverwirrung zu bereinigen38. Das ist sicher möglich, da die Rede von einem vicinus und einer convallis und einem campus ist. Eine andere Auslegung ist indes m. E. auch möglich. Die Ausdrücke convallem aut campum adimere oder saxum effodire könnten auch als private Gewaltanwendung interpretiert werden. Wäre dem so, würde es sich um eine strafrechtliche Tat handeln, wofür aufgrund der lex Iulia de vi publica et privata eine ständige quaestio de vi eingesetzt würde. Ego hatte keinen Anspruch gegenüber dem Nachbarn auf das Eigentum der convallis, sondern wollte das gewalttätige Handeln bestrafen lassen und brachte gegen den Täter eine Anzeige wegen Gewaltanwendung vor. Als zweiten Tatbestand nennt der Dichter: debitor aut sumptos pergit non reddere nummos, vana supervacui dicens chirographa ligni. Es scheint, dass eine Klage auf ein Darlehen zu erheben ist und insbesondere eine actio certae creditae pecuniae39. Möglich wäre es jedoch auch, den Satz anders zu interpretieren: Gegen den Schuldner, der das Geld nicht zurückgeben wollte, sollte hier kein Anspruch auf die Rückgabe der Darlehenssumme erwähnt werden. Vielmehr könnte gesagt werden, dass die Rede von einer Nichtrückgabe, wie auch von der Behauptung war, dass die schriftlichen Dokumente verfälscht worden sind. Daraus kann man ableiten, dass der Schuldner die Summe mit dieser Anklage gegen Ego nicht zurückgegeben hatte und dass Ego deshalb bei Missbrauch des Klagerechts ein Verleumdungsverfahren (calumnia) drohte. 37 38 39
So Knoche, Satiren (Fn. 2), 151. Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 34. So Behrends, Geschworenenverfassung (Fn. 5), 34.
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Aufgrund dieser alternativen Textinterpretation könnte der Schlüssel zum Verständnis der Stelle im Kriminalprozess und nicht im Zivilprozess liegen. Obwohl wir über die Organisation der quaestiones in der Kaiserzeit noch weniger als über diejenigen der Republik unterrichtet sind, ist bekannt, dass der Ankläger seinen Gegner im Wege der privaten Ladung zur postulatio nominis vor den Magistraten bestellte. Erst wenn er sie annahm, erfolgte die Eröffnung eines kontradiktorischen Verfahrens vor der quaestio (receptio nominis), nachdem der Beschuldigte erschienen war und auf die interrogatio lege den Schuldvorwurf bestritten hatte40. Anschließend wurde der Antrag auf Zulassung zur Anklage, die nominis delatio, vor der quaestio gestellt. Der zugelassene Ankläger stellte dem Gerichtsmagistraten hierfür einen Antrag und bekam eine Frist zur inquisitio, d. h. zur Beschaffung der Beweismittel, vor allem aber zur Ermittlung und Ladung von Zeugen, gesetzt41. Erst danach hat die Verhandlung vor den Geschworenen der quaestio mit der Aktivität der Prozessparteien und deren Anwälten begonnen. Das anschließende Urteil hatte der Magistrat zu verkünden (pronuntiare). Aber wodurch war die Eile der Beantragenden in den Juvenalsversen gerechtfertigt? Juvenal könnte auf den komplizierten Anfang der iudicia publica vor dem Magistraten verwiesen haben. Nicht nur die Zeitspanne zwischen dem postulare reum und der nominis delatio konnte sehr lang sein42, sondern das Ermittlungsverfahren im Allgemeinen, bei dem die Geschworenen bereits tätig waren43, war sehr schwerfällig. Sobald der Magistrat am Anfang des Jahres ernannt worden war, hätten die Rechtssuchenden profitieren wollen, um die Anzeige gegen den Beschuldigten vor dem neuen Prätor vorzubringen. Für eine Auslegung der Stelle im Rahmen des Quästionenprozesses sprechen derweil verschiedene Faktoren. Der Anfang des uns überlieferten Fragments der sechzehnten Satire bezieht sich auf kriminalrechtliche Taten wie zum Beispiel eine Körperverletzung eines Soldaten44. Es ist daher nur konsequent, wenn der Dichter in den Versen 35 ff. weiter darauf verweist. Dem Nichtjuristen erscheinen in der Tat die strafrechtlichen Taten bedeutsamer und erregender als die zivilrechtlichen. Für die Vermutung, dass Juvenal nicht an den Zivilprozess dachte, spricht gerade der Kommentar von Servius, wenn wir diesen als Interpretationshilfe für das Verständnis der Juvenalverse nehmen45. Der Grammatiker kommentiert eine Stelle von Vergil, die von poenae und damit von strafrechtlichen Sanktionen spricht. Dazu kommt, dass Servius selbst den Ausdruck uno reatu gebraucht, wenn er von einer Vgl. W. Kunkel, Quaestio, PW 24 (1963), 720 – 786, 757. Kunkel, Quaestio (Fn. 40), 759. 42 Kunkel, Quaestio (Fn. 40), 773. 43 Siehe Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht, 2.1, 214. 44 Iuv., Saturae, 16.7 – 34. 45 Zur Interpretation der Serviusnote in ihrem Verhältnis zum Juvenaltext vgl. insbesondere Behrends, Geschworenenverfassung, 37 ff.; dass Servius den Text des Dichters missverstanden haben könnte, hält für möglich Betthmann-Hollweg, Civilprozess (Fn. 22), 174 Fn. 43. 40 41
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Reihenfolge (uno ordine) spricht und gleich danach eine Anklage erwähnt46. Dass Servius an Kriminalsachen denkt, erscheint also wahrscheinlich. Ein Indiz dafür kann auch der Ausdruck subsellia sein. Dies war eine lange Sitzbank mit vier Füßen, meist ohne Rückenlehne47, auf welcher bei Gerichtsverhandlungen alle Anwesenden, mit Ausnahme des quaesitor saßen48, also auch Anwälte und Ankläger49. Die Tatsache, dass der Plural verwendet wird, spricht für eine Mehrzahl der Richter und Anwälte, was durchaus plausibel ist, wenn man an einen Quästionenprozess und besonders an die Phase nach der nominis delatio denkt. Auch chronologisch würde diese Textinterpretation Sinn ergeben. Schon Mitte des ersten Jahrhunderts hat das Gericht der Stadtprätoren angefangen, die Strafjustiz der Quästionen zu verlegen50. Wie lange die iudicia publica neben dem Präfektengericht noch fortbestanden hat, ist eine sehr kontroverse Frage. Obwohl Theodor Mommsen behauptet hat, dass die quaestiones nach dem zweiten Jahrhundert nicht mehr existiert haben51, ist es die heute herrschende Meinung, dass sie das ganze zweite Jahrhundert über bestanden haben und erst in der severischen Zeit zu Ende kamen52. Juvenal hätte die Quästionen also noch erlebt.
IV. Schluss Die Juvenalstelle könnte auch in einer ganz anderen Weise ausgelegt werden, als es die bisherigen Interpretationen getan haben. Solch maßloser Zudrang der Parteien zu Beginn des Jahres sollte sich auf den kriminalrechtlichen Prozess vor den Geschworenen beziehen, der bekannterweise lang und kompliziert war. Wenn es so ist, dürfen wir von Juvenal sowie vom Grammatiker Servius keine Informationen über den Zivilprozess, sondern über die Beeilung und die Ungeduld der Rechtssuchen-
46 Dass Vergil und Servius an Strafprozesse dachten, wird in einem andern Kontext von De Marini Avonso, Besprechung zu Behrends (Fn. 33), 295 angedeutet. 47 R. Hurschmann, Subsellium, in: Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, 1, StuttgartWeimar, 2001, 1071. 48 Suetonius, Augustus, 56 und Suetonius, Nero, 17. 49 Cicero, Pro Roscio Amerino, 17 und De oratore 1, 264. 50 Kunkel, Quaestio (Fn. 40), 778. 51 Vgl. Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, 1, Leipzig, 1899, 220 f. 52 Kunkel, Quaestio (Fn. 40), 779, F. De Marini Avonso, La funzione giurisdizionale del senato romano, Milano, 1957, 35; Eadem, Coesistenza e connessione tra iudicium publicum e iudicium privatum. Ricerche sul tardo diritto classico, BIDR 59 – 60 (1956), 125 –198, 145 Fn. 60; D. Mantovani, Sulla competenza penale del praefectus urbi attraverso il liber singularis di Ulpiano, in: A. Burdese (Hrsg.), Idee vecchie e nuove sul diritto criminale romano, Padova 1988, besonders 221 ff.; vgl. auch U. Brasiello, Sulla desuetudine dei iudicia publica, in: Studi in onore di E. Betti, 4, Milano, 1962, 551– 570, 555 ff.
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den zu Jahresanfang in Kriminalsachen erwarten. Davon abgesehen, war der Ratschlag von Juvenals Satire klar: Die beste Alternative, um von einem schlankeren und weniger beängstigenden Verfahren profitieren zu können, war Soldat zu werden!
Diritto romano e unificazione del diritto nell’Oriente Europeo: l’ABGB* Di Giuseppe Gandolfi I. Diritto romano e Illuminismo: in un vasto impero composto di numerose nazioni Di „Bündnis des römischen Rechts mit der fürstlichen Autorität“ si parla significativamente1 con riguardo al Settecento europeo. Ma si osserva pure che in quest’epoca il diritto romano „venne coinvolto nel grande movimento intellettuale dell’Illuminismo“2. Il quale additò ai sovrani il sistema di imporre „un singolo codice per tutti i [loro] territori come mezzo per unificarli“3, con beneficio anche per il commercio fra le varie popolazioni. Nella vasta area dell’oriente europeo, più precisamente dell’Impero d’Oriente (Österreich), la necessità di unificare il diritto privato si manifestò in effetti già nella prima metà del Settecento. Nel 1727 nell’Oberösterreich, successivamente nel Niederösterreich, per iniziativa dell’imperatore Carlo VI entrò in vigore il nuovo diritto unificato concernente la successione intestata. Ma nel 1753 l’imperatrice Maria Teresa avvertì la necessità di unificare tutto il diritto privato mediante la via della codificazione. E costituì una commissione per la redazione di un progetto, che apparve nel 1766. Fu denominato Codex Theresianus juris civilis, e risultò di ben 8376 articoli. Con una logica compilatoria non del tutto dissimile dagli odierni ,restatements‘, la commissione aveva tentato di attuare un compromesso fra gli ordinamenti delle varie regioni, dovuti alle leggi e consuetudini locali, e l’apporto della tradizione romana. Questo tentativo non ebbe successo: * Mi è particolarmente caro partecipare alla raccolta di studi in onore dell’illustre Studioso e caro Collega Professor Christoph Krampe, al quale mi accomuna la passione per le stesse ardue tematiche che abbiamo, entrambi ma separatamente, affrontato alcuni decenni or sono; e dedico il mio contributo ad un problema che si presentò in Europa orientale nel Settecento come oggi si ripresenta nell’Unione Europea, e per la cui soluzione da parecchi anni noi lavoriamo insieme, come membri dell’Accademia dei Giusprivatisti Europei. 1 Così Franz Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung, 2, Göttingen 1967, 245. 2 Cfr. Peter Stein, Il diritto romano nella storia europea, trad. it. a cura di Eva Cantarella, Milano 2001, 135. 3 Così Stein, Il diritto romano (nt. 2).
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non solo per l’eccessiva dimensione del progetto, ma anche perché suscitò delle reazioni ostili4 da parte di quelle popolazioni che si vedevano in un certo senso espropriate delle loro leggi tradizionali. Ma espressero il loro dissenso anche i cosiddetti riformatori. Per questi, il continuare a rifarsi alle soluzioni di origine romana rappresentava una retrocessione, un ritorno al passato, dovendo invece il codice dell’impero costituire un quid novi, essere insomma all’altezza dei tempi. Era dunque un dibattito abbastanza simile a quello al quale assistiamo oggi in Europa: proponendo taluni di fronte ai problemi del ,mercato comune‘ il mantenimento delle „diversità nazionali“, salvi interventi settoriali; e reclamando altri l’emanazione di un corpo di regole esaustivo, organico ed innovativo.
II. Le direttive dell’imperatrice per l’unificazione del diritto privato Vien fatto di supporre che l’imperatrice Maria Teresa prevedesse tali polemiche, e che intendesse trovare il modo di prevenirle e comporle, quando dispose che il progetto da redigere dovesse essere conforme non solo al diritto comune, ma anche al diritto „della ragione“5. E in effetti il futuro Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, noto soprattutto nell’acronimo ABGB, sarà saggiamente il risultato del confluire di queste componenti. Un risultato dovuto anche ad una lunga e travagliata gestazione. Il primo progetto, come dicevo, fu giudicato troppo prolisso. Venne quindi respinto. Ebbero l’incarico di rielaborarlo, sintetizzandolo, Azzoni e Zenker. Ma anche il loro impegno non ebbe successo, e per lo stesso motivo. Sotto l’imperatore Leopoldo II apparve il famoso progetto redatto da Martini, che entrò in vigore, ma in via sperimentale, nella sola Galizia occidentale e orientale. Ma venne sottoposto a revisione da parte di una commissione presieduta dall’allievo di Martini, von Zeiller. Egli, pur sensibile al pensiero kantiano sulla distinzione fra l’etica e il diritto, diede al suo progetto il carattere di un compromesso fra la tradizione romana quale espressione dei princìpi immutabili della „ragione“, e le istanze di uno Stato dell’evo moderno. E in effetti il codice, che ebbe a trarre origine da questo progetto, venne detto ,Justizgesetz‘, quale garanzia di stabilità di un ordine sociale assicurato da norme che, avendo il loro fondamento nel diritto naturale, erano ritenute eternamente valide, pur nella loro attualità. Sottoposto a tre revisioni, nell’ultima redazione tale progetto venne promulgato come „Codice civile generale“ il 1° giugno 1811. Ha dunque compiuto duecento anni! E’ tuttora vigente in Austria e, fuori dai confini di questo Stato, nel Principato del Lichtestein. Sino alla fine della prima guerra mondiale fu il codice civile dell’Impero d’oriente. Ebbe dunque vigore per oltre un secolo come diritto unificato su una ben vasta area europea: oltre che nei dominî ereditari degli Asburgo, anche in Croa4 5
Vedi Stein, Il diritto romano (nt. 2), 138. Cfr. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (nt. 1), 335.
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zia, Slovenia, Dalmazia, Slavonia, Transilvania, Transleitania, Galizia, Ungheria, in zone della Serbia, della Romania, della Polonia; inoltre in Italia, nel Regno Lombardo-Veneto, sino al 1866, e nelle altre regioni italiane, già „irredente“, sino alla fine della prima guerra mondiale.
III. Il codice che attuò l’unificazione del diritto privato L’intento di Maria Teresa che venisse redatto un progetto conforme al diritto comune e al diritto „della ragione“ si realizzò. Il codice austriaco ha invero una tale impronta. La sua struttura sistematica riflette la tripartizione romana: persone, cose, azioni, che risale alle Istituzioni di Gaio, tripartizione che era stata poi adottata anche nel progetto Martini. Sono inoltre evidenti nel codice austriaco l’influenza dell’ illuminismo e la matrice giusnaturalistica. In virtù della quale il legislatore deve adeguarsi a quell’ordine naturale che comporta un sistema imparziale dei rapporti sociali, ispirandosi al principio del suum cuique tribuere. Cosicchè il diritto è tale, ossia è ius, soltanto se è, in questo senso, anche iustum. L’imperatrice aveva raccomandato la brevità e la semplicità, anche per evitare equivoci interpretativi. Il codice ha in effetti una particolare snellezza e concisione, con i suoi 1502 articoli, anzi paragrafi (salve le integrazioni e modifiche intervenute nel corso dei due secoli), che comprendono tutto il diritto civile, e presenta quindi il carattere di una indubbia modernità, anche prescindendosi da un confronto con il poderoso codice prussiano6 pubblicato nel 1794 cioè 17 anni prima, che ha un’impostazione essenzialmente casistica e analitica: e insomma più che enunciare delle norme, presenta dei casi e ne indica la soluzione. La matrice giusnaturalistica del codice risulta da varie norme e soluzioni. In dottrina si menziona anzitutto il § 7. Esso dispone che il giudice in presenza di una lacuna legislativa, se non riesce a risolvere la controversia ricorrendo a norme che riguardino dei casi simili, deve decidere „secondo i principî del diritto naturale“. E’ istruttivo a questo proposito un confronto con le norme corrispondenti dei seguenti codici civili vigenti in Europa. L’art. 1, comma 2, del codice civile svizzero del 1907 dispone che „nei casi non previsti dalla legge il giudice decide secondo la consuetudine e, in difetto di questa, secondo la regola che egli adotterebbe come legislatore“. L’art. 12 delle preleggi del codice civile italiano vigente prescrive che, in assenza di norme che regolino casi simili o materie analoghe, il giudice deve decidere „secondo i principî generali dell’ordinamento giuridico dello Stato“. Di rilevante significato sotto il profilo in esame è il § 16. Dispone che ogni uomo ha „dei diritti innati“ – così nella versione ufficiale italiana del 18157 – che già alla 6 Vedi Giuseppe Gandolfi, La conversione dell’atto invalido, 1, Il modello germanico, Milano 1984, 108. 7 Codice civile generale austriaco, Ediz. seconda e sola ufficiale, Cesarea Regia Stamperia, Milano 1815.
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luce della ragione risultano palesi, e deve pertanto essere considerato una persona. Dunque la schiavitù o la proprietà su di un corpo umano e l’esercizio del relativo potere non sono in questi Stati ammessi. E’ così qui proclamata ante litteram la tutela del diritto della personalità. Pure notevole, fra i non pochi altri, è giudicato in dottrina l’inserimento del diritto delle successioni ereditarie nella parte relativa al „diritto sulle cose“, dato che – come recita il § 353 – la proprietà di ognuno è costituita dalle cose corporali e incorporali che gli appartengono, dunque non dai soli beni corporali come previsto dal codice tedesco al § 90. Il codice francese distingue invece le cose mobili per loro natura, o per disposizione di legge: e fra queste ultime considera i diritti di ricevere delle cose mobili. Muove da una diversa prospettiva il codice austriaco e fra i beni incorporali, o immateriali, pone, come dicevo, i diritti che derivino da una successione mortis causa. E con riguardo ai beni che spettano alle singole persone, e dei quali esse si avvalgono, affermò von Zeiller nel suo commentario al codice stesso che la proprietà privata è un’emanazione della „libertà naturale“ dell’uomo, mentre „ambiguo e odioso“ è il cosiddetto dominium supereminens dei prìncipi territoriali.
IV. Scelte significative del legislatore austriaco: in tema di ,onere fondiario‘ Un confronto con i codici europei coevi o posteriori consente forse di meglio valutare le scelte del legislatore austriaco. Mi vien fatto di considerare anzitutto un istituto giuridico la cui pacifica, anzi implicita presenza nel codice austriaco, e il cui clamoroso rifiuto in quello francese, consentono di constatare che, anche se entrambi risentono del portato della tradizione, in quello francese si avverte nella specie uno spirito innovativo di matrice rivoluzionaria. Mi riferisco all’onere reale. E’ un peso, cioè un debito fisso a carico di un fondo, ossia ovviamente a carico del proprietario del fondo. Passa dunque dal proprietario non al suo erede, perché è un’obbligazione non personale bensì reale, ma si trasmette a chi subentra nel possesso del bene. Nel medioevo erano tali le decime, ossia la decima parte dei frutti di un podere, dovuti al feudatario o alla Chiesa da ognuno dei proprietari che si succedevano. Nel codice austriaco tale istituto venne implicitamente ammesso per riflesso del principio dell’inerenza agli immobili dei pesi trascritti (§ 443), nonostante gli effetti pregiudizievoli di ordine sociale, forse non così avvertiti nelle regioni dell’Impero asburgico come in Francia. In effetti Napoleone, nelle sedute al Consiglio di Stato, avversò l’idea di Cambacérès di ammettere nel codice questo istituto, e cioè la cosiddetta ,rendita fondiaria‘ (l’odieuse rente foncière)8. Disse che essa consentiva, sì, ai poveri coloni di emanciparsi, spogliandosi di tutti i loro esigui ri8 Vedi Giuseppe Gandolfi, Proprietà immobiliare e obblighi di contenuto positivo nell’area germanica e franco-italiana, Pavia 1979, 60 ss., ove è riferito analiticamente lo svolgimento della seduta del 7 piovoso anno XII (28 gennaio 1804) del Consiglio di Stato, con gli interventi, oltre che di Napoleone, di Cambacérès, Tronchet, Maleville, Defermont, Béranger, Cretet,
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sparmi, per appagare la grande aspirazione di divenire proprietari di un pezzo di terra, sia pur piccolo. E ciò riusciva loro possibile perché il venditore-latifondista rinunciava a una parte del prezzo; ma in realtà si riservava questa parte dei prodotti del fondo come rendita permanente dovuta a lui o ai suoi aventi causa. Cosicchè, quando la famiglia del colono divenuto piccolo proprietario si accresceva per il sopraggiungere di figli, il rendimento della terra non bastava più per la famiglia, e il colono era costretto ad abbandonare il fondo per non continuare a indebitarsi e doveva tornare, più indigente di prima, a lavorare come colono. Ma più spesso si recava a Parigi ad ingrossare le fila del misero sottoproletariato. Napoleone si battè dunque vigorosamente per non far approvare la norma che nel codice francese avrebbe previsto questo istituto giuridico, contro il quale già si erano pronunciati dei cahiers de doléances in occasione delle elezioni dei rappresentanti del Terzo Stato nel 1789. E la rendita fondiaria venne soppressa con particolare solennità, addirittura nell’art. 3 della Loi du 30 ventôse an XII, che promulgava il codice 9. Tuttavia il bando decretato dal legislatore francese – va precisato – non segnò il definitivo tramonto dell’istituto dell’onere reale. Esso, com’è noto, è espressamente ammesso come Reallast nel BGB, che vi dedica un intero Abschnitt (§§ 1105 – 1112). E’ regolato anche nel codice civile svizzero, come Grundlast, dove però la sua portata risulta cautamente ritoccata per evitare gli abusi lamentati da Napoleone: il cosiddetto ,onere fondiario‘ (nel testo ufficiale in italiano) „può solo consistere in una prestazione dipendente dalla natura economica del fondo gravato o destinata ai bisogni economici del fondo a favore del quale è costituito“ (art. 782), e la singola prestazione, decorsi tre anni da quando sia esigibile, „diventa un debito personale, per il quale il fondo non è più vincolato“ (art. 791)10. Il codice austriaco conserva dunque una soluzione tradizionale, che ha rivelato la sua pragmatica utilità. Il § 530 è rimasto inalterato: le ,beständliche jährliche Renten‘ non sono considerate servitù personali, e non si estinguono quindi come queste con la morte dell’avente diritto, ma possono trasmettersi „auf alle Nachfolger“. Secondo la giurisprudenza austriaca esse hanno di regola per oggetto delle prestazioni periodiche; ma le esigenze della prassi inducono ad estenderne la portata, nel senso che l’obbligazione che ne deriva possa riguardare, ad esempio, anche la costruzione o il completamento di un edificio11.
Bigot-Préameneu, Jollivet, Regnaud, Portalis, tratto da Pierre-Antoine Fenet, Recueil complet des travaux préparatoires du Code civil, Paris 1827, réimpr. 1968, XI, 56 ss. 9 Vedi Giuseppe Gandolfi, Onere reale, in: Enciclopedia del diritto, 30, Milano 1980, 127 – 150, 135. 10 Vedi Gandolfi, Onere reale (nt. 9), 137. 11 Più ampiam. in: Gandolfi, Onere reale (nt. 9), 138.
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V. Segue: in tema di passaggio della proprietà in presenza di una vendita Il codice austriaco perpetua fedelmente la tradizione romana, nella quale il contratto di vendita non procurava al compratore la proprietà della cosa vendutagli. Creava invece l’obbligo in capo al venditore di procurargliela mediante il compimento di un atto con effetti traslativi: un atto solenne, per i beni di maggiore importanza sociale; la consegna della cosa, per gli altri beni. Così il § 1053 del codice austriaco dispone che la vendita mira al trasferimento della proprietà di un bene contro una somma di denaro; ma precisa subito che il contratto non è che un „titolo“ (,ein Titel‘), è solo un presupposto idoneo per consentire un tale trasferimento, il quale avviene soltanto con la consegna al compratore della cosa vendutagli; prima della quale il venditore ne conserva la proprietà. Nel codice francese, invece, si attribuisce all’accordo dei contraenti, dunque al loro semplice consenso, il passaggio della proprietà nella vendita. La quale – recita l’art. 1583 – „si perfeziona nei suoi effetti mediante l’accordo delle parti sulla cosa e sul prezzo: con il quale accordo la proprietà della cosa venduta viene acquistata in pieno diritto dal compratore“. „Anche – si precisa nella norma predetta – se la cosa stessa non è stata ancora consegnata, né il prezzo è stato pagato“. E’ questo il cosiddetto principio consensualistico, poi recepito dal diritto italiano vigente, ma non dal diritto spagnolo né da quello tedesco: entrambi osservanti della tradizione, come quello austriaco. Si sostiene però fra gli storici del diritto che la regola romano-classica, che oltre alla vendita esigeva un ulteriore atto traslativo, nella prassi si era andata perdendo in favore del consensualismo nell’epoca del tardo impero romano12; ma di ciò sarebbero rimaste delle tracce non abbastanza significative nella Compilazione giustinianea. Pure nella prassi dei secoli che precedettero le grandi codificazioni ottocentesche, al di fuori dunque della tradizione rappresentata dai Glossatori e dai Commentatori, il principio consensualistico sarebbe stato seguìto in Europa, e il legislatore napoleonico si sarebbe conformato ad esso anche in nome della libertà degli scambi, che era uno dei postulati della Rivoluzione. Il codice tedesco rimane invece, come quello austriaco, fedele alla tradizione romana. Anzi la perfeziona con dogmatica eleganza. Nel diritto tedesco si esige non solo la formalità o l’atto della consegna, ma anche una coesistente e comune volontà circa il passaggio della proprietà. Il fenomeno è regolato da due famosi principî. L’uno, della „separazione“ (Trennungsprinzip), allusivo alla necessaria presenza dei due distinti atti: di vendita e di trasferimento. L’altro dell’ „astrazione“ („Abstraktionsprinzip“) relativo al secondo atto: il quale non risente così, salvo che in casi particolari, dei vizi del contratto di vendita e garantisce pertanto in modo efficace l’acquisto della proprietà per il compratore. Si afferma da alcuni studiosi che anche nella prassi delle terre germaniche sarebbe stato osservato il principio consensualistico. Ma Savigny, prima contrario poi
12 Cfr. Académie des Privatistes Européens, Code européen des contrats, Livre premier, Ed. de poche revue et corrigée par Lucilla Gatt, Milano 2004, 96.
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favorevole, com’è noto, ad una codificazione tedesca, sarebbe rimasto insensibile di fronte a questa prassi e al relativo principio, per spirito di competizione nei confronti del legislatore napoleonico che lo aveva accolto13. Questo discorso può forse concludersi notando che le due suddette soluzioni appaiono coesistere nella legge inglese sulla vendita di cose mobili (il Sale of Goods Act del 1893). La vendita è ivi definita (sec. 2) come „un contratto con il quale il venditore trasferisce o si accorda („agrees“) di trasferire la proprietà…“ La definizione è inalterata nella nuova legge sulla vendita del 1979. Una tale dualità vi è anche nel progetto del „Codice europeo dei contratti“ redatto dall’Accademia dei Giusprivatisti Europei di Pavia. E ciò al fine di consentire ai soggetti dei vari Stati di poter agire attenendosi al sistema ad essi familiare. Recita l’art. 174 di tale progetto nella versione italiana: „La vendita è il contratto mediante il quale il venditore si obbliga a trasferire o trasferisce la proprietà di un bene, o un diritto su di esso, al compratore, il quale si obbliga a pagare o paga al venditore un corrispettivo in denaro…“.
VI. Segue: in tema di correttivi del regime dell’invalidità Una fenomenologia di particolare rilevanza storica e concettuale consente un confronto fra il codice austriaco e quello tedesco in un punto nodale della disciplina dell’atto negoziale. Per una regola canonica di secolare vitalità „quod nullum est nullum producit effectum“: un principio che appare di palmare e inconfutabile evidenza e verità. E tuttavia la saggezza dei giuristi romani ritenne che in certi casi-limite fosse giusto derogarvi. L’ipotesi più notevole è quella della remissione di un debito, dunque della rinuncia del creditore ad esigerlo. Per formalizzare tale rinuncia, e mettere al sicuro il debitore, si ricorreva ad una formula-tipo risultante da uno scambio di dichiarazioni verbali detta ,acceptilatio‘, sostanzialmente ,ricevuta‘. Alla domanda del debitore „hai ricevuto ciò che ti spetta?“, il creditore rispondeva subito „l’ho ricevuto“. Ma, in virtù del principio di necessaria corrispondenza formale fra gli atti creativo ed estintivo del debito, ciò era ammissibile solo se l’obbligazione fosse stata contratta con una tipica formula verbale. Quindi se il venditore rinunciava con un’acceptilatio ad esigere il prezzo pattuito in una vendita, poiché questa veniva conclusa con un semplice accordo senza la necessaria pronuncia di una formula verbale, una ,acceptilatio‘ in tal caso era nulla; e il venditore poteva ancora far condannare il compratore a pagargli il prezzo. Ma i giuristi romani, sensibili all’idea che più dei verba dovesse contare la voluntas, affermarono che un’acceptilatio nulla potesse essere presa in considerazione alla stregua di un „pactum de non petendo“, ossia di un accordo privo di formalità con cui il creditore si impegnava a non esigere il credito. Si trattava così di un patto che il debitore poteva validamente opporre nel processo che venisse intentato contro di lui, sollevando una corrispon13
Cfr. Académie des Privatistes Européens, Code européen (nt. 12), 83.
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dente eccezione: la cosiddetta exceptio pacti. Da tale ingegnosa soluzione nacque quel concetto dogmaticamente cospicuo che è presente nel codice tedesco, nel § 140, ed è stato recepito dal codice italiano vigente, nell’art. 1424: il principio di „conversione del contratto nullo“. In base a tale concetto innovativo, un atto nullo può produrre gli effetti di un diverso atto valido, se ne abbia i requisiti e sia conforme allo scopo perseguito dalle parti. L’esempio empirico più semplice, anche se approssimativo, può essere quello di un assegno bancario nullo, per un vizio di forma, che può valere come riconoscimento del relativo debito. Preciso subito che una tale soluzione di recupero è ammessa nei diritti tedesco e italiano, perché in essi vige il principio dell’affidamento: il Vertrauensprinzip tedesco; in base al quale vengono tenuti in primaria considerazione l’orizzonte del destinatario della dichiarazione negoziale14 e di conseguenza l’idea che egli abbia potuto formarsi, secondo „buona fede“, della dichiarazione che gli è stata rivolta. In forza di tale principio, pure innovativo, il giudice può quindi effettuare dell’atto invalido una valutazione diversa da quella dichiarata, e tuttavia conforme all’intento empirico perseguito dalle parti. Un tale trattamento non è ammesso né nel diritto francese né nel diritto inglese. Non nel primo, perché in esso vige il principio di autonomie de la volonté, che attribuisce esclusivamente ai contraenti il potere di indicare l’atto voluto: cosicché ad essi il giudice non può sostituirsi. Nel diritto inglese non è ammesso perché in questo vige il principio cosiddetto della „dichiarazione“, ossia della validità preminente e del rispetto delle parole usate dalle parti: al di là delle quali il giudice non può andare. Cosicché non può attribuire all’atto una portata diversa, sia pure solo parzialmente, da quella risultante da quanto dichiarato. Va considerato che il concetto di „conversione“, ricavato dall’esperienza romana, è stato elaborato soprattutto dai Pandettisti, dunque dai giuristi che nell’800 analizzarono le antiche fonti romane; anche per renderle attuali e applicabili in detto secolo. I redattori del codice austriaco non poterono ovviamente tener conto di questi successivi contributi scientifici, e non posero neppure in discussione il principio già indicato del „Quod nullum est nullum producit effectum“. Il § 879 di esso conferma tout court quelle nullità che vengono disposte nei paragrafi ad esso precedenti e successivi. E, senza ovviamente accennare all’assenza di ogni effetto per i relativi atti, prevede, fra le altre, due ipotesi specifiche che mi sembra curioso riferire, anche per rilevare nuovamente lo stretto collegamento di questo codice con l’insegnamento romano classico. Si ha dunque nullità – leggo la versione ufficiale del 1815 del § 879 – „se un medico o chirurgo si fa promettere dall’ammalato una determinata ricompensa per intraprendere la cura; se un avvocato pattuisce una ricompensa determinata per assumere il patrocinio della lite, ovvero compera una cosa litigiosa a lui affidata“. Questa norma, come è ovvio, è stata poi modificata; e oggi riguarda le nullità degli atti che sono in contrasto con i divieti legislativi e i buoni costumi. Ma, quanto alla gratuità del patrocinio legale, voglio osservare che già nella Glossa si ammetteva la liceità addirittura degli ,acconti‘ richiesti da un avvocato. 14
Vedi Gandolfi, La conversione, 1, (nt. 6), 168.
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Il principio di conversione non è dunque previsto nel codice austriaco, che pur ha introdotto quello di nullità parziale con la III^ Novella del 1916. Ma già nel 1911 la giurisprudenza austriaca, facendo leva sull’intento delle parti, era giunta ad ammettere il trattamento di conversione. Tuttavia il codice stesso, anche senza l’apporto della dottrina pandettistica, era già nel 1811 sulla buona strada verso il principio del „salvare il salvabile“. Infatti il § 956 riguarda la donazione mortis causa, destinata cioè ad avere effetto a favore del donatario solo dopo la morte del donante; e precisa che, in quanto donazione – e quindi in quanto contratto – essa è valida a queste condizioni: se è stata accettata dal donatario, se il donante ha espressamente rinunciato alla facoltà di revocarla, ed inoltre se ha consegnato al donatario stesso il pertinente documento scritto. Se mancano questi requisiti, o anche uno solo di essi, la donazione è nulla. Ma, nella norma predetta, è prevista questa sanatoria: la donazione nulla può avere effetto come un legato dello stesso contenuto, ossia come un lascito testamentario, se sono presenti le formalità richieste per quest’ultimo atto15.
VII. Segue: in tema di disciplina dell’errore nel contratto Di particolare significato è una soluzione del codice austriaco che appare ispirata ad un intento solidaristico. Riguarda quell’errore che induce una parte a vincolarsi con un’altra, ma essendosi formata un’idea falsa sulla cosa oggetto del contratto, o sulla persona con la quale esso venga concluso. Il confronto può muovere dal Codice Napoleone, la cui disciplina è più sobria. Come osserva Terré,16 in un ordinamento come quello francese nel quale vige il principio dell’autonomia della volontà individuale, dovrebbe essere considerato nullo ogni contratto concluso sotto l’influenza di una convinzione erronea. Ma una soluzione così radicale esporrebbe la controparte a tali rischi di insicurezza, che i rapporti giuridici ne sarebbero compromessi. Un saggio legislatore – egli aggiunge – deve quindi ricorrere ad una „transaction“17, fra la preoccupazione di disporre l’invalidità di un contratto che non corrisponde alla volontà reale di chi l’ha stipulato, e la tendenza a mettere l’altra parte al riparo da una nullità che non poteva prevedere: limitando insomma i casi nei quali l’errore può essere invocato. Così nel Codice Napoleone (art. 1110) esso è rilevante se riguardi „la substance même de la chose“ oggetto del contratto, o anche la persona con la quale si tratta, ma soltanto se la considerazione di essa sia „la cause principale de la convention“. La giurisprudenza, nel silenzio della legge, ha ritenuto di dover operare in senso, dirò così, più rigoroso: esigendo che l’errore debba essere inoltre „scusabile“. E non è tale quando un soggetto ometta di assumere informazioni o precauzioni di natura elementare, tenendo così un comportamento negligente. In presenza del quale scatta il fondamentale precetto: „De non vigilantibus Più ampiam. in: Gandolfi, La conversione (nt. 6), 1, 107. Francois Terré, in: Francois Terré / Philippe Simler / Yves Lequette, Droit civil. Les obligations, Paris 2005, 215 (n° 208). 17 Terré, (nt. 16), 216 (n° 206). 15 16
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non curat praetor“. I giudici ritengono, ad esempio, che sia scusabile l’errore provocato da reticenza della controparte, ma non scusabile quello provocato da una lettura non attenta di un atto che sia stato poi firmato dal soggetto stesso. Il codice austriaco, nel testo originario, escludeva che sia obbligata la parte che è in errore se questo riguardi „la cosa principale o una qualità di essa“ – riporto dalla versione ufficiale italiana del 181518 – o riguardi anche la „persona alla quale è stata fatta la promessa“. Ma richiedeva inoltre che l’una sia stata „dall’altra con false dichiarazioni indotta in errore“ (§§ 871 – 873). Tuttavia prevedeva – in una norma sulla quale intendo richiamare l’attenzione (§ 876) – che se una parte cadeva in un errore che „a lei soltanto possa imputarsi“, il contratto era valido, „a meno che questo errore non dovesse dalle circostanze manifestarsi evidentemente alla parte accettante“. Ossia dovesse chiaramente apparirle. La stessa regola era disposta per il caso che la parte sia stata da un terzo „con false osservazioni indotta in errore“ (§ 875). Si affermava così, anticipando i tempi, quel principio dell’affidamento al quale già ho accennato: che per l’errore è stato recepito non dal codice tedesco, ma, come si vedrà, da altri legislatori. La disciplina originaria del codice austriaco in tema di errore è stata nel 1916 in parte modificata, e il predetto principio della conoscibilità dell’errore è stato previsto già nella norma introduttiva (§ 871). Nella quale si prevede dunque che l’errore può essere fatto valere solo se è stato provocato dall’altro contraente, oppure se in base alle circostanze poteva essere chiaramente riconosciuto dalla controparte, o se dell’errore stesso la controparte sia venuta a conoscenza „ancora in tempo“. Va notato che, ad avviso della giurisprudenza, l’espressione ,provocare‘ non allude necessariamente ad una induzione in errore, ma a qualsiasi comportamento che possa averne determinato il sorgere, come anche il silenzio; e che la locuzione „ancora in tempo“ si riferisce al fatto che del bene oggetto del contratto la controparte dell’errante non abbia ancora fatto uso o disposto. L’insegnamento del codice austriaco è stato messo a profitto dal codice svizzero delle obbligazioni e dal codice italiano vigente. Nel primo con una norma di impronta piuttosto pragmatica (art. 26), nella quale si dispone che se una parte non adempie il contratto invocando l’errore nel quale è incorsa „è tenuta al risarcimento del danno … salvo che l’altra parte l’abbia conosciuto o avrebbe dovuto conoscerlo“. Il codice italiano vigente, considerando invece l’errore sotto il profilo dell’annullabilità del contratto, esige che esso sia, fra l’altro, „riconoscibile dall’altro contraente“ (art. 1428): ed è tale se in base al contenuto del contratto, alle circostanze o alle qualità dei contraenti la controparte avrebbe potuto rendersene conto. Osserva la Relazione ministeriale a tale codice (n° 652) che questa soluzione normativa tutela „le aspettative del destinatario fondate sulla dichiarazione“ e insomma „l’affidamento creato dal significato che socialmente può darsi alla dichiarazione“. Analoghe considerazioni possono esprimersi per la norma austriaca, che esige la riconoscibilità dell’errore (o una delle altre due ipotesi indicate).
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Vedi nt. 7.
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Il raffronto fra le soluzioni normative francese e austriaca consente dunque di rilevare l’impostazione individualistica del Codice Napoleone, sia pure temperata da quella transaction che Terré considera necessaria, e dalla richiesta „scusabilità“ di matrice giurisprudenziale; e consente anche di sottolineare lo spirito solidaristico della norma austriaca, reso palese dalla sua antesignana soluzione basata sul principio dell’affidamento.
VIII. In tema di danno da illecito cagionato da più soggetti Concludo questa rapida rassegna di soluzioni normative del codice austriaco, meritevoli di particolare considerazione, con un cenno alla disposizione del medesimo che concerne un fatto illecito commesso da più soggetti, e ne disciplina la responsabilità nei confronti del danneggiato. In un tale caso sono concepibili in astratto due soluzioni: tutti i colpevoli rispondono in solido verso il soggetto leso, salvo poi rifarsi gli uni verso gli altri in proporzione del rispettivo grado di responsabilità; oppure ognuno dei colpevoli risponde verso il danneggiato in proporzione alla sua partecipazione alla produzione del danno. La prima soluzione mira a tutelare il danneggiato: attribuendogli la facoltà di rivolgersi a quello dei soggetti colpevoli le cui condizioni economiche siano tali da garantirgli il totale risarcimento. La seconda è volta a colpire i responsabili in proporzione all’entità della loro effettiva colpa e dell’efficienza causale della stessa; e non consente quindi che un soggetto, che è corresponsabile in esigua misura, venga costretto ad effettuare un risarcimento di sproporzionata entità rispetto alla sua reale partecipazione alla produzione dell’evento. Prendiamo in esame, per un confronto, i codici europei sinora considerati. Notiamo che il codice francese non contiene una disposizione specifica in proposito; e si osserva in dottrina che tale lacuna risulta in un certo senso colmata dal codice civile italiano del 1865 che pure si rifà in larga misura al modello napoleonico, e precisamente con l’art. 1156 che si pronuncia per la solidarietà: „Se il delitto … è imputabile a più persone, queste sono tenute in solido al risarcimento del danno cagionato“. Questa soluzione è ribadita dal codice civile italiano vigente, che consente il „regresso“ a chi ha risarcito verso i corresponsabili nella misura della gravità della rispettiva colpa e delle conseguenze che ne sono derivate (art. 2055). Alla solidarietà la Francia (come la Spagna) è giunta per via giurisprudenziale19. La solidarietà è invece affermata dal BGB e dal codice svizzero delle obbligazioni. Il primo (§ 830) dispone che: „Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat“. Nel predetto codice svizzero (art. 50) „Se il danno è cagionato da più persone insieme, tutte sono tenute in solido verso il danneggiato, senza distinguere se abbiano agito come istigatori, 19
Cfr. Terré, (nt. 16), 839 s. (n° 864).
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autori o complici. E’ lasciato al prudente criterio del giudice il determinare se e in quali limiti i partecipanti abbiano fra loro un diritto di regresso“. Il codice austriaco adotta invece una soluzione attentamente articolata, che tiene conto anzitutto della gravità del cosiddetto ,elemento soggettivo‘, distinguendo cioè l’atto illecito colposo da quello doloso, ed esige inoltre che si accerti se sia possibile stabilire in quale misura ognuno dei compartecipi abbia effettivamente concorso a cagionare il danno. Il § 1302 dispone pertanto (nella già citata20 traduzione ufficiale in lingua italiana) che: „… se il danno è stato dato per colpa, e se possa determinarsi quanto ciascuno ne abbia cagionato, ognuno è responsabile soltanto per quello che per sua colpa ha recato. Se poi il danno fu dato deliberatamente, o se non si possa determinare in qual proporzione ciascuno vi abbia contribuito, tutti sono obbligati solidariamente; salvo a quello che lo avesse risarcito, il diritto di regresso verso gli altri“. Il legislatore austriaco, dunque, non sembra avvertire l’esigenza di enunciare una soluzione che valga come „deterrente“ e che sia volta a proteggere in ogni caso il danneggiato. Valuta invece con indubbio scrupolo di ordine etico la posizione del soggetto responsabile, e detta una disciplina che può dirsi ispirata al principio del „suum cuique tribuere“, ossia al corollario che vuole penalizzato ciascuno secondo la sua effettiva responsabilità, prescrivendo inoltre una diligente ricostruzione, in quanto possibile, del fatto e delle sue componenti.
IX. Il codice austriaco e la singolare vicenda giudiziaria di Giuseppe Garibaldi in Italia Il Congresso di Vienna del 1815 assegnò all’Impero asburgico le regioni del Regno Lombardo-Veneto costituito il 17 aprile 1815, dunque la Lombardia e il Veneto; e l’imperatore Francesco II con la sua „Sovrana patente“ del 16 ottobre dello stesso anno dispose che in esse entrasse in vigore il codice austriaco. Dopo la guerra del 1859, combattuta e vinta dalla Francia e dal Regno di Sardegna contro l’Impero asburgico, quest’ultimo abbandonò la Lombardia, che entrò a far parte del Regno d’Italia, poi formalmente costituito con la legge 17 marzo 1861 n. 4671. Ma in Lombardia il codice austriaco restò in vigore sino a tutto il 1865, quando ad esso subentrò il primo codice civile italiano, il famoso codice Vacca, promulgato il 25 giugno 1865 ed entrato in vigore il 1° gennaio 1866. Quindi Giuseppe Garibaldi, il famoso Eroe dei due mondi, potè invocare e invocò in effetti l’applicazione del codice austriaco in un processo che iniziò a Roma nel 1878, per risolvere una sua penosa vicenda personale, avvenuta nel 1860 in Lombardia. Quando questa non apparteneva più all’impero austriaco, ma il codice dell’impero era in essa ancora in vigore. Dedico un rapido cenno ai fatti e al processo nel quale essi vennero esaminati.
20
Vedi nt. 7.
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Rimasto vedovo nel 1849 di Anita, Garibaldi conobbe nel 1859, quasi sessantenne, la marchesina sedicenne Giuseppina Raimondi di Fino Mornasco, nel Comasco. Se ne innamorò; ebbe con lei dei momenti di intimità; e avendole lei confessato che attendeva un figlio (che poi risultò non concepito con lui), si sposò con lei il 24 gennaio 1860 nella cappella del palazzo del padre di lei, il marchese Raimondi. Ma, immediatamente dopo la cerimonia nuziale, ricevette una lettera che lo informava dei trascorsi, veramente inaccettabili, della sedicenne: che quindi egli non volle più vedere, tentando anzi in tutte le maniere possibili di porre nel nulla il matrimonio. Assistito dai suoi legali, Garibaldi affermò anzitutto che l’invalidità del suo matrimonio doveva stabilirsi in base alle norme del codice austriaco. Questo infatti – come dicevo – nel 1860, dunque al momento delle nozze, era ancora in vigore in Lombardia. Garibaldi instaurò la causa solo nel 1878 e chiese in via principale l’applicazione del § 58 del codice austriaco, in forza del quale: „Se il marito dopo il matrimonio trova la moglie già fecondata da un altro, può domandare … che il matrimonio sia dichiarato invalido“. Ma la sua domanda venne in primo grado respinta, perché era ormai scaduto il termine di decadenza previsto, per far valere l’invalidità, da una Patente imperiale austriaca dell’8 ottobre 1856. Propose appello; e sostenne questa tesi. In seguito al Concordato concluso fra l’Imperatore d’Austria e la Santa Sede, e in forza della stessa Patente imperiale del 1856, le disposizioni del codice austriaco relative alla validità del matrimonio fra cattolici erano state sostituite con le norme del diritto canonico. Le quali prevedevano l’annullamento del matrimonio „rato e non consumato“, dunque liberamente voluto ma non seguìto dall’amplesso. Garibaldi aveva avuto, sì, dei momenti di intimità con Giuseppina prima delle nozze; ma essi non potevano valere come consumazione di un matrimonio non ancora esistente. Questa tesi venne accolta dalla sentenza della Corte d’appello di Roma che fu letta pubblicamente il 14 gennaio 1880. Così Garibaldi, fortemente ostile verso l’impero austriaco e fieramente anticlericale, potè risolvere il suo angoscioso problema grazie al diritto austriaco e al diritto canonico. E non perdette tempo. Dodici giorni dopo la lettura della sentenza, il 26 gennaio 1880, a Caprera, a settantatre anni, malfermo e dolorante anche per i postumi delle ferite di Aspromonte, si sposò con la trentaduenne piemontese Francesca Armosino, la sua fedele amante-infermiera, che gli aveva anche fatto costruire una più stabile carrozzina a tre ruote. Potè anche dare il proprio cognome ai figli: Clelia di tredici anni e Manlio di sette. Ma dopo due matrimoni religiosi, a Montevideo con Anita e a Fino Mornasco con Giuseppina, questa volta vi fu il solo rito civile. Subito dopo spedì un telegramma al Re Umberto I. Scrisse: „Grazie alle leggi di cui vostra Maestà è geloso custode, io quest’oggi ho potuto adempiere un sacro dovere ed essere felice per tutta la vita“, firmandosi: „Vostro milite“. Il Re gli rispose formulando „l’augurio sincero … per la sua felicità che sta a cuore di ogni italiano“. Traboccante di gioia per il risultato ottenuto dalla giustizia italiana, Garibaldi lo attribuì alle leggi delle quali, nel suo telegramma, egli dichiarò il Re d’Italia Umberto I: „geloso custode“. Ma in realtà l’annullamento del suo infelice matrimonio fu determinato da una Patente imperiale austriaca, che per i matrimoni fra cattolici sostituì le norme del codice austriaco con le disposizioni del diritto canonico.
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X. Conclusioni: un monito per l’Unione Europea La saggezza e lungimiranza dell’imperatrice Maria Teresa e la perspicacia dei giuristi che lavorarono ai vari progetti che si succedettero, sino al testo normativo dell’ABGB che fu promulgato, consentirono ad una vasta area dell’Europa orientale di vivere per oltre un secolo sotto un unico diritto civile unificato. Esso risultò ben accetto alle popolazioni, talune delle quali con gelosia campanilistica lo avevano dapprima considerato con diffidenza. E agevolò i rapporti fra cittadini di Paesi che prima vivevano con leggi e consuetudini diverse. La scelta del ,codice‘, come mezzo per l’unificazione del diritto, si rivelò dunque opportuna e proficua, dopo l’infelice ricorso di qualche anno prima ad una tecnica normativa di tipo compilatorio, quale l’operazione compiuta per il mastodontico Codice prussiano, l’ALR, al quale ho prima dedicato un cenno. Si pensi che Savigny, fondatore dell’Università di Berlino, della capitale dunque dello Stato dove questo codice era vigente, per denigrarne la forma e il contenuto non si trattenne dal ricorrere, senza dubbio polemicamente, addirittura all’immagine della „scarabocchiatura“ (Sudeley)21. Il problema dell’unificazione del diritto dei contratti è presente anche oggi nell’Unione Europea. La pluralità degli Stati-membri e dei loro diversi ordinamenti scoraggiano le imprese, specie medie e piccole, e i consumatori, ad intrattenere rapporti transfrontalieri. E quindi il „mercato comune“, istituito dal Trattato di Roma del 1957 e poi divenuto „mercato interno“, non funziona come dovrebbe. Il che concorre ad aggravare la crisi economica in atto. Fino a qualche anno fa uno degli obbiettivi avuti di mira dall’Unione Europea era – come si affermava nella Comunicazione della Commissione Europea „sul diritto contrattuale europeo“ dell’11 luglio 200122 – quello della „adozione di una nuova ed esaustiva legislazione a livello comunitario“. E anzi il „Code européen des contrats“ redatto dall’Académie des Privatistes Européens di Pavia, era espressamente menzionato a questo proposito nella predetta Comunicazione. E veniva ufficialmente presentato nel congresso di Roma del 19 – 20 maggio 2006. Nel quale l’allora Vicepresidente della Commissione Europea, On. Franco Frattini, ne parlò, oltre che come „un mero strumento di facilitazione delle transazioni transfrontaliere“, anche come il possibile „simbolo dell’aspirazione di una Comunità dall’identità condivisa“, trascendendo esso così „la sua utilità pratica e favorendo la nascita di una cultura giuridica europea“23. Ma da alcuni mesi, nell’ambito delle Istituzioni europee, è subentrata una fase involutiva. Se insomma per decenni si è pensato all’unificazione del diritto contrattuale per rendere operante il mercato interno, nel 2011 invece la Commissaria europea alla Giustizia, Reding, ha sostenuto che d’ora Cfr. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (nt. 1), 334, An. 44. COM, 2001, 398 def., in: GU C255 / 01. 23 Così Franco Frattini, Un „Codice europeo dei contratti“. Un’altra tappa verso la creazione di uno spazio di libertà, sicurezza e giustizia nell’Unione Europea, in: Riv. dir. civ. 2007, II, 403 – 406, 406. 21 22
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in avanti la differenza dei diritti nazionali debba essere un fattore determinante del contesto giuridico europeo. E per agevolare gli scambi transfrontalieri sono state proposte delle norme semplicemente facoltative, „opzionali“, che le aziende e i cittadini possano scegliere al posto dei diritti nazionali. Una proposta, questa, che ha sollevato, com’è noto, numerosissime critiche. Non è dunque facile prevedere che cosa avverrà. Certo è che molti pensano che l’Europa oggi sia in crisi, e non solo economica. Da oltre l’Atlantico giungono invece notizie confrontanti. Il congresso dei giuristi civilisti del Continente sudamericano, svoltosi a Tucumàn dal 29 settembre al 1° ottobre scorso, con la presenza di circa 2200 congressisti, ha deliberato di proporre che, per l’unificazione del diritto dei contratti nell’America Latina, si proceda senz’altro alla redazione di un „codice“ comune, e che per la preparazione di questo codice sudamericano si utilizzino „in via prioritaria“ i progetti dell’Accademia pavese. E ciò anzitutto – è stato affermato – per la fama e il prestigio scientifico che essa ha acquistato in questo campo dell’armonizzazione del diritto („en consideración a la difusión y prestigio científico logrado por la Academia en esa tarea“). Di questa decisione stanno dando notizia varie riviste; una delle prime è stata la Revue internationale de droit comparé di Parigi, nella quale, come in altre riviste, la dottrina ha rivolto un monito all’Unione Europea, auspicando che il Vecchio Mondo (europeo) ascolti la lezione che giunge dal Nuovo Mondo; e torni a tener conto, come nel passato, del progetto dell’Accademia pavese. Un analogo monito giunge all’Unione Europea dall’esperienza storica vissuta dall’Europa orientale grazie alla codificazione che, per un secolo, ne ha unificato il diritto privato, soprattutto per la saggezza e la lungimiranza dell’imperatrice Maria Teresa.
Rechtsordnung als Begriff in der Historiographie des römischen Rechts Von Jacob Giltaij und Laurens Winkel
I. In dieser Festschrift für Christoph Krampe möchten wir gerne die schriftliche Fassung einer Diskussion zu einer theoretischen Frage präsentieren: es handelt sich um die Frage, ob wir uns mit dem Begriff „Rechtsordnung“ der Wirklichkeit des römischen Rechts annähern können. Die Diskussion, von der hier zu berichten ist, fand im Mai 2012 an der Universität Konstanz zwischen den beiden Verfassern dieser Zeilen statt, wo ein Herausgeber dieser Festschrift, Matthias Armgardt, zugleich Schüler von Christoph Krampe, inzwischen einen Lehrstuhl innehat. Auch Christoph Krampe war und ist ja immer an Diskussionen zwischen Älteren und Jüngeren interessiert. Öfters reiste er, mit seinen Assistenten und Studenten, zu niederländischen Universitäten, wo lebhaft diskutiert wurde. Der ältere Verfasser hat solche Diskussionen in Bochum und Amsterdam in dankbarer Erinnerung, der jüngere ist jetzt der Universität Amsterdam verbunden und versucht dort als Universitätsdozent, die Fackel des römischen Rechts weiterzugeben. II. Im Schrifttum herrscht über eine etwaige Rechtsordnung im römischen Recht keine Einstimmigkeit. Wichtige Romanisten wie Kaser und Wieacker haben die Brauchbarkeit des Begriffs Rechtsordnung angezweifelt. Das hat einerseits mit der heutigen Verwendung des juristischen Begriffs zu tun, andererseits mit der Terminologie der römischen Juristen selbst. Was bedeutet allerdings heutzutage „Rechtsordnung“? Wenn dazu eine schriftliche Verfassung und eine klare Normenhierarchie notwendig wären, könnte man auch heute nicht von einer Rechtsordnung in common law-Staaten sprechen. Das wäre freilich eine Absurdität. Auch mit einem dort gültigen System der richterlichen Rechtsfindung, das oft mit „reasoning from case to case“ beschrieben wird, kann man doch unmöglich sagen, dass in allen diesen Staaten keine Rechtsordnung spürbar ist. Natürlich, im Common Law-System kommt es – mehr noch als in den Staaten wo das Recht basiert auf rezipiertem römischen Recht – gerade auf den Richter an und jede richterliche Entscheidung ist unvorhersehbar, sonst wäre ja die Rechtsprechung im ganzen überflüssig. Die Rechtsordnung ist daher in allen modernen Staaten immer im Werden und steht nicht in allen Fällen vollkommen fest. Das ist an sich allerdings kein Grund, den Begriff Rechtsordnung hermeneutisch für untauglich zu halten und den Gebrauch sowohl als Instrument in der Rechtsgeschichte abzulehnen und auch als Begriff im römischen Recht selbst nicht weiter zu untersuchen.
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Jacob Giltaij und Laurens Winkel
Obwohl Wieacker das römischen Recht als Ganzes als ‚Rechtsordnung‘ referiert, sagt er, dass der Rechtshistoriker sich nach Möglichkeit der anachronistischen Verwendung aktueller Begriffe wie ‚Recht‘, ‚Gesetz‘ und ‚Rechtsordnung‘ enthalten soll1. Andererseits wird auch der Rechtshistoriker vom eigenen Rechtsverständnis geleitet, „insofern es das Erkenntnisinteresse bestimmt, unter dem ihm das historische Material rechtsgeschichtlich relevant wird“2. Vor Wieacker stellte schon der niederländische Romanist Hoetink einige wichtige Kriterien für die anachronistische Methode der Begriffsbildung in der rechtshistorischen Forschung fest. Wenn der Rechtshistoriker mit anachronistischen Begriffen arbeitet, soll er nach Hoetink vor allem der heutigen Anwendung des juristischen Begriffs Rechnung tragen, dabei allerdings nicht die historischen Umstände des zutreffenden Zeitraums aus dem Auge verlieren3. Anlässlich dieser schwierigen, manchmal sogar fast unmöglichen, Aufgabe fragen wir uns nochmals: was bedeutet der heutige Begriff der Rechtsordnung? Wieacker weist interessanterweise schon auf eine Bedeutungsänderung des Begriffs Rechtsordnung im späteren 20. Jahrhundert hin. Unter Einfluss des wachsenden Europarechts und des Völkerrechts hat ein ‚monolithisches‘ Rechtsverständnis des nationalstaatlichen Gesetzespositivismus zugunsten einer Anerkennung eines internationalen Rechtspluralismus4 Platz gemacht. Wenn wir heute, auch als Rechtshistoriker, eine Definition des Begriffs Rechtordnung suchen, haben wir unvermeidlich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Gedächtnis. Dort lesen wir in den Urteilen Van Gend & Loos (EuGH 26 / 62) und Costa / E.N.E.L. (EuGH 6 / 64)5, wie die heutige Theorie der europäischen autonomen Rechtsordnung gestaltet worden ist. Die Beziehungen zwischen dieser europäischen autonomen Rechtsordnung und dem Recht ihrer Mitgliedstaaten sind immer noch schwierig und kaum eindeutig, je nachdem ob sie dualistisch oder monistisch bestimmt worden sind. Etwas Vergleichbares erblicken wir in den heutigen Beziehungen zwischen dem Recht
F. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, München 1988 (= RR I), 487. F. Wieacker, RR I (Fn.1), 487. 3 H. R. Hoetink, Les notions anachroniques dans l’historiographie du droit, Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 23 (1955), 1 – 20. = Opera Selecta, Zutphen 1986, 216 – 237. Unterschiedlicher Auffassung war T. J. Veen in seiner Amsterdamer Antrittsvorlesung Met dank aan Du Perron, over terminologie, begripsvorming en anachronistische redeneringen in het rechtshistorisch bedrijf, Zwolle 1996. Nach ihm ist eine anachronistische Begriffsbildung nur in einem sehr beschränkten Ausmaß zulässig. 4 Wieacker, RR I (Fn.1), 487. 5 Vgl. die Entscheidung Van Gend & Loos (Arrêt de CJE, Affaire 26 / 62, p. 23) : ‚(…) la communauté constitue un nouvel ordre juridique de droit international, au profit duquel les états ont limité, bien que dans des domaines restreints, leur droits souverains, (…).‘; Entscheidung Costa / ENEL, (Arrêt de CJE, Affaire 6 / 64, p. 1160: [Attendu] que le transfert opéré par les états de leur ordre juridique interne au profit de l’ordre juridique communautaire des droits et obligations correspondants aux dispositions du Traité, entraine donc une limitation définitive de leurs droits souverains contre laquelle ne saurait prévaloir un acte unilatéral ultérieur incompatible avec la notion de Communauté … 1 2
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eines Nationalstaates und seiner Gemeinden, Provinzen oder Ländern, wo ein zentralistisches Modell oder eine föderative Struktur auftritt. Daher lautet unsere Frage: Ist die moderne Rechtsordnung nicht genauso komplex wie eine etwaige römische Rechtsordnung? III. Sehen wir also mit Wieacker von einer ‚monolithischen‘ Vorstellung der Rechtsordnung ab, dennoch stellt sich die Frage, ob es im römischen Recht ein gleichartiges Konzept gab, und wie eine solche in der juristischen Terminologie zum Ausdruck kam. Es liegt nahe, die Vorstellung der Rechtsordnung wie heute mit dem Begriff ‚Recht‘ zu verbinden, das heißt, gekennzeichnet durch Allgemeinverbindlichkeit, Erzwingbarkeit und allgemeine Anerkennung6. Zum größten Teil des ius civile mag das kaum problematisch sein, fragwürdig ist dagegen, seit wann die römischen Juristen auch das von den Prätoren erzeugte Recht, die consuetudo und die Juristenmeinungen ius genannt haben. Die Rechtsvorstellung bei den Juristen der späten Republik ist ja weder eindeutig noch einheitlich, und es fehlt in dieser Zeit noch eine explizite Rechtsquellenlehre, die nur im ersten nachchristlichen Jahrhundert in den Juristentexten allmählich nachspürbar ist. Schließlich bestanden zwischen den römischen Juristen Meinungsverschiedenheiten, die sich auch später über die Zugehörigkeit einzelner rechtlichen Phänomenen erstreckt haben7. Ist nicht hier die Lösung, von „Legitimation durch Verfahren“ im Sinne Niklas Luhmanns8 zu sprechen? Dann führte die geregelte, sozial und juristisch akzeptierte Prozessordnung in fast allen Epochen der römischen Rechtsgeschichte zur Schlussfolgerung, dass man von einer römischen Rechtsordnung sprechen darf. Diese Lösung unseres Problems scheint einleuchtend und steht mit der verfahrensrechtlichen Orientierung des ganzen römischen Rechts gut im Einklang. Die Gerichtsordnung in den drei uns bekannten Prozessformen legis actio, Formularverfahren und cognitio extraordinaria führt in allen Fällen zu einem richterlichen Urteil, das mit der actio iudicati, gefolgt von einer missio in bona im Privatrecht vollstreckbar ist. Im öffentlichen Strafrecht erfolgte die Strafvollziehung durch die coercitio der MagistraWieacker, RR I (Fn.1), S. 488. Wieacker, ebenda. Siehe für einen Überblick über die Entwicklung der römischen Rechtsquellenlehre vor allem D. Nörr, Divisio et partitio, 1972, jetzt auch in: Historiae Iuris Antiqui, II, 2003, 705 – 774; M. Kaser, Zur Problematik der römischen Rechtsquellenlehre, Festschrift für Werner Flume, I, 1978, 101 – 123, auch in: Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, Wien / Köln / Graz 1986, 1 – 41. 8 Niklas Luhmann, Legitimation durch Verfahren, Neuwied / Berlin 1969. Man könnte zögern, diese rechtssoziologischen Erkenntnisse auf die Geschichte zu übertragen. Dies scheint allerdings nicht prinzipiell unmöglich. Siehe dafür N. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, 1993, 84, wo Luhmann explizit nach dem römischen Verfahren verweist. Siehe weiter M. Moldaschl, Legitimation durch Verfahren, warum man beim Messen nicht so genau hinschauen darf, Papers and Reprints of the Department of Innovation Research and Sustainable Resource Management, (BWL IX), Chemnitz University of Technology, no 4 / 2010, S. 3, wo ähnliche Gedanken auftauchen. Wir danken unseren Kolleginnen Frau Dr. Lyana Francot-Timmermans (Univerität Utrecht) und Frau Dr. Liesbeth Huppes-Cluysenaer (Universität Amsterdam) für ihre Hinweise. 6 7
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ten. Dies gilt sowohl für das Komitialverfahren, den quaestio-Prozess und für die spätere cognitio extraordinaria. Weiter gab es im römischen öffentlichen Recht die nota censoria des Zensors9 und im weiteren Rahmen das ius intercessionis des tribunus plebis. Dies alles deutet darauf hin, dass in normalen, nicht-revolutionären Epochen der römischen Geschichte die rechtlichen Normen verbindlich waren, als verbindlich angesehen wurden und also einer Ordnung entsprechen. Eine solche Ordnung könnte man u.E. ohne weiteres als Rechtsordnung bezeichnen. IV. Wieacker spricht in Bezug auf das römische Recht während des Ausklangs der Republik über Rechtsschichten innerhalb der Rechtsordnung10. Dafür gibt er Gründe an. Zuerst gibt es keine deutliche Rangordnung nach Entstehungsgrund zwischen diesen verschiedenen Rechtsschichten11. Zum Beispiel, eine Rechtsschicht basierend auf leges steht nicht hierarchisch über einer Rechtsschicht der Senatus Consulta12. Wieacker unterscheidet weiter mögliche Rechtsschichten nach Geltungsweise, das heißt, nach persönlichem Status und nach Territorialität13. Das Verhältnis einer provinzialen Stadtrechtsordnung mit dem allgemeinen römischen Recht sehen wir zum Beispiel in der Lex Irnitana wiedergespiegelt. Diese enthält ja teilweise römischrechtliche Regeln, die auch auf Nicht-Bürger anwendbar waren14. Die römischen Juristen haben diese Beziehungen zwischen Provinzialrecht und römischem Stadtrecht kaum besprochen, fast nur im Rahmen der Unterscheidung zwischen Leuten mit und ohne römische Bürgerschaft15. Einen dritten Unterschied, Siehe weiter J. Giltaij, Mensenrechten in het Romeinse recht?, Nijmegen 2011, 55 – 59. RR I (Fn.1), 488: „Den heutigen Begriff der Rechtsordnung kennzeichnet in den kontinentalen Gesetzesstaaten eine Homogenität des staatlichen Rechtsbildungsmonopols gegen ältere pluralistische Gruppen, und außen durch die nationalstaatliche Abschließung ergeben hatte. Dagegen hat sich für die römische Rechtsordnung eine Unterscheidung von Rechtsschichten als fruchtbar erwiesen, die sich durch die Verschiedenheit der historisch gewordenen Normbereiche nach Entstehungsgrund, Geltungsweise und Geltungskraft rechtfertigt.“ 11 RR I (Fn.1), 489. 12 RR I (Fn.1), 489 – 490: „Offenbar verband sich also mit diesen Vorstellungen keine feste Hierarchie der verschiedenen Schichten“; siehe weiter F. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte II, 2006 (= RR II), 77; E. Volterra, Senatus consulta, in: Scritti giuridici V, Napoli 1993, 198 f. 13 RR I (Fn. 1), 512 – 518. 14 Lex Irnitana Caput 84: A. d’Ors, La ley flavia municipal (texto y comentario), Roma 1986, 171; J. González, The Lex Irnitana: a new Flavian municipal law, in: Journal of Roman Studies 86 (1986), 175 – 176, 227 – 228; A. Rodger, The jurisdiction of local magistrates: Chapter 84 of the lex Irnitana, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 84 (1990), 147 – 151; K. Hackl, Der Zivilprozess des frühen Prinzipats in den Provinzen, SZ r.A. 114 (1997), 148(f.); Wieacker, RR II (Fn. 12), 83. 15 Vergleich z. B. Gai. Inst. III,93: H.Wagner, Studien zur allgemeinen Rechtslehre des Gaius. Ius gentium und ius naturale in ihrem Verhältnis zum ius civile, Zutphen 1978, S. 75. Das Problem eines internationalen Privatrechts in Rom hat mit diesem Problemkreis unmittelbare Berührung, siehe weiter Winkel, Quelques remarques sur les traités d’assistance juridique et sur l’existence du droit international privé dans l’Antiquité, in: Mélanges Fritz Sturm, Liège 1999, 569 – 578. 9
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nämlich zwischen ius civile und ius gentium, sehen wir in verschiedenen Texten16. Bezeichnen die römische Juristen mit den Begriffen ius naturale, ius civile, ius gentium und ius honorarium etwa homogene, getrennte oder selbst autonome Sammlungen bzw. Schichten von Rechtsregeln oder gar Rechtsordnungen? Dabei ist es nicht unbedeutend, dass Gaius nur zwischen ius civile und ius gentium (Gai Inst. 1,1 = D. 1,1,9), Ulpian dagegen, eine Generation später, zwischen ius civile, ius gentium und ius naturale unterscheidet (D. 1,1,1,3 – 4). Dass Ulpian in diesem Text mit ius gentium nur einige natürliche Kennzeichen des Menschen aufzählt, haben schon viele Autoren festgestellt17. Das ius gentium bedeutet bei Gaius etwa ‚Recht, auch geltend außerhalb Rom‘ oder ,Recht, das auch für Leute ohne römische Bürgerschaft geeignet ist‘18. In gewissem Sinne ist das ius gentium bei ihm auch gleichartig mit ius naturale, insoweit es tatsächlichen sozialen oder natürlichen Beziehungen betrifft19. Nach Wieacker schuf der Fremdenprätor daher keine ‚eigene‘ Rechtsschicht. Dieser ius gentium-Begriff zielte also nicht auf Anwendung einer besonderen ‚Schicht‘ der positiven Rechtsordnung, sondern brachte nur in Erinnerung, es gebe im römischen ius Rechtssätze, die sich auch im Recht anderer Völker finden lassen20. Wichtig ist denn, „ob das öffentliche Bewusstsein schon der römischen Republik der prätorischen Jurisdiktion, der consuetudo, den Juristenmeinungen ius-Qualität zusprach“21. Das ist möglich, weil die Entwicklung neuer Rechtsregeln durch Gesetzgebung durch die von Cicero überlieferten Bestandteile eines Gesetzesvorschlags: si quid ius non esset rogarier, eius ex lege nihilum rogatum22 gehemmt RR I (Fn.1), 491 – 495; RR II (Fn.12), 77 – 79. Winkel, Einige Bemerkungen über ius naturale und ius gentium, in: „Ius est ars boni et aequi“, Festschrift für Wolfgang Waldstein, 1993, 443 – 449, versuchte die Dreiteilung Ulpians mit seinem philosophischen Synkretismus in Verbindung zu bringen, wobei peripatetische Rechtsvorstellungen sich in der Definition des ius naturale, stoische Rechtsvorstellungen sich in der Definition des ius gentium wiederspiegeln. Das würde bedeuten, dass die „Rechtsordnung“ nach der peripatetischen Lehre alle Lebewesen, nach der Stoa nur die Menschen umfasst. Siehe auch Mario Talamanca, L’Antichità e i „diritti dell’uomo“, Atti di convegni dell’Accademia dei Lincei 174 [Convenzione del consiglio d’Europa per la protezione dei diritti umani e delle libertà fondamentali in onore di Paolo Barile, Roma 2000], Roma 2001, 66 – 76. 18 Gai. Inst. I,1 / D. 1,1,9: G. Lombardi, Sul concetto di ‚ius gentium‘, Roma 1947, 121 – 126; Kaser, Ius gentium, 20 – 22. 19 Vgl. E. Levy, Natural law in Roman thought, in: Gesammelte Schriften I, Köln / Graz 1963, 9 – 10: „The jurists then called a rule natural when it seemed to them in conformity with either the physical condition of man or his normal conduct or expectation in social relations. Hence they considered such a rule as self evident and in no need of further explanation. Hence they considered it also to be universally recognized. From the latter point of view it was an easy step to place ius naturale in a close relation with a technical term of long standing: the ius gentium.“. 20 So Wieacker in RR I (Fn.1), 494. 21 So – u. E. etwas ungenau – Wieacker, RR I (Fn.1), 487 – 488. 22 Cicero, Pro Caecina 95, in Übersetzung etwa: Wenn ich etwas Rechtsstreitiges beantragt haben soll, so habe ich das keineswegs beantragt; siehe Heinrich Honsell, Der Gesetzesstil in 16 17
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wurde. Wenn es so gewesen ist, dass dieser Satz in jedem Fall eines Gesetzesvorschlags benutzt wurde, – und das ist keineswegs bewiesen – wäre es eine Erklärung für die relative Unbedeutendheit der Gesetzgebung im römischen Recht, auch im Privatrecht. Es wäre auch eine Erklärung für die Tatsache, dass der Prätor so viel Freiheit hat, das ius civile zu ergänzen oder sogar zu korrigieren. Mantovani hat freilich unlängst energisch bestritten, dass die Rolle der Gesetzgebung im römischen Privatrecht unbedeutend war, wie es bis heute die herrschende Lehre war23. Im Verhältnis vom ius civile und ius honorarium gibt es einen deutlichen Unterschied in ihrer Entstehung, vor allem ergibt sich dies aus Pap. D. 1,1,7pr.-1. Papinianus libro secundo definitiorum. (pr.) Ius autem civile est, quod ex legibus, plebis scitis, senatus consultis, decretis principum, prudentium venit. (1) Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam, quod et honorarium dicitur ad honorem praetorum sic nominatum. Papinian im 2. Buch der Definitionen, D. 1,1,7: (pr.) Zivilrecht jedoch ist das Recht, das aus Gesetzen, Plebisziten, Senatsbeschlüssen, Kaisererlassen und der Autorität der Rechtsgelehrten hervorgeht. (1) Prätorisches Recht ist das Recht, das die Prätoren im öffentlichen Interesse eingeführt haben, um das Zivilrecht zu unterstützen, zu ergänzen oder zu verbessern. Es wird auch als Amtsrecht [Honorarrecht] bezeichnet und ist nach dem Ehrenamt der Prätoren so genannt worden (Übersetzung Behrends c.s.).
Nach Papinian hat der Prätor das Recht, in seinem Edikt oder Dekret das ius civile sogar zu korrigieren. Das hat er tatsächlich in wenigstens einigen Bereichen getan. Es gibt tatsächlich keinerlei Hinweis darauf, dass die römische öffentliche Meinung oder die römischen Juristen diese Korrekturen nicht schlechthin als ius betrachtet haben. Die Auffassungen von Kaser über eine etwaige Rechtsordnung sind allerdings noch mehr zurückhaltend als diejenige von Wieacker. Kaser versucht das Wort Rechtsordnung ganz und gar zu vermeiden. Er schreibt über das Verhältnis ius civile – ius honorarium24: Freilich wäre es auch allzu unbestimmt und darum unbefriedigend von „Rechtsordnungen“ (…) zu sprechen. Vielleicht bleibt am brauchbarsten immer noch der von der Geologie entnommene bildliche Ausdruck „Rechtsschichten“, der eine selbständige Entstehung, wenngleich mit möglichen Durchdringungen, zulässt.
Die Schwierigkeit ist, ob dieser Unterschied auf eine prinzipielle Gegensätzlichkeit hindeutet25. Kaser betrachtet weder Formlosigkeit noch eine Grundlage in der der römischen Antike, in: Sodalitas, Scritti in onore di A. Guarino, IV, Napoli 1984, S. 1659 – 1673, insbes. S. 1671; Winkel, The Roman notion of lex, in: Leges publicae – La legge nell’esperienza giuridica romana (a cura di Jean-Louis Ferrary), Pavia 2012, 239 – 255, insbes. 250 – 251. 23 Dario Mantovani, Legum multitudo e diritto privato. Revisione critica della tesi di Giovanni Rotondi, in: Leges publicae – La legge nell’esperienza giuridica romana (a cura di JeanLouis Ferrary), Pavia 2012, 707 ff. 24 M. Kaser, „Ius honorarium“ gegenüber „ius civile“ und „ius gentium“, in: Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, Wien / Köln / Graz 1986, 89 – 90.
Rechtsordnung als Begriff im römischen Recht
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fides als typische ‚honorarische‘ Kennzeichen eines Rechtsgeschäfts26. Außerdem, so führt er weiter aus, berührt das ius honorarium das ius civile für weite Gebiete gar nicht27, und lässt sich das ius honorarium schwer als Ordnung kennzeichnen28. Das Bestehen verschiedener Kontroversen bei den Römischen Juristen in Bezug auf die Zugehörigkeit zum ius civile oder ius honorarium ist unseres Erachtens kennzeichnend29. Dagegen spricht allerdings, dass in wichtigen anderen Bereichen, wie der Anerkennung der informellen traditio einer res mancipi, oder dem prätorischen Erbrecht als Korrektur des zivilen Erbrechts, der Prätor in der Rechtswirklichkeit Eigenständigkeit besitzt und sein eigenes Recht durchzusetzen vermag, und das ohne spürbare Kritik der Juristen. Kaser mag Recht haben, wenn er eine selbständige Rechtsordnung des ius civile oder des ius honorarium leugnet, zusammen allerdings bilden sie eine Rechtsordnung, wie Wieacker u.E. mit Recht betont hat. V. Jetzt möchten wir die Argumente erörtern, die für eine Rechtsordnung im römischen Recht sprechen, wir möchten sogar behaupten, schon bei den römischen Juristen selbst besteht eine Ahnung davon. Jedenfalls gehört die bekannte Äußerung des Neratius Priscus zu den Texten, die einen solchen Hinweis vielleicht liefern können: D. 22,6,2 Neratius libro quinto membranarum In omni parte error in iure non eodem loco quo facti ignorantia haberi debebit, cum ius finitum et possit et debeat, facti interpretatio plerumque etiam prudentissimi fallat. Neratius im 5. Buch seiner Notizen. In jeder Hinsicht wird der Rechtsirrtum eine andere Stellung einnehmen müssen als der Tatsachenirrtum, da das Recht bestimmt sein kann und muss, in der Erklärung einer Tatsache sich aber gewöhnlich selbst die Klügsten täuschen.
Es handelt sich hier um einen vielerörterten Text30. Die Diskussion wurde von Dieter Nörr angeregt, der diesen Text im Rahmen seiner Rechtsquellenforschungen 25 M. Kaser, Zum ,Ius honorarium‘, in: Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, Wien / Köln / Graz 1986, 93, spricht von einer begrenzten Gegensätzlichkeit von ius honorarium und ius civile. 26 Kaser, Zum ,Ius honorarium‘ (Fn. 29), 92 – 102. Im gleichen Sinn M. Lauria, Ius civileius honorarium, in: Studi e ricordi, Napoli 1983, 436: ‚(l)a contraposizione tra diritto civile e diritto honorario non ha valore qualitativo.‘ Ebenso D. Nörr, Die Fides im römischen Völkerrecht, 1991, jetzt auch in: Historiae Iuris Antiqui, II, 2003, 1777 ff. 27 Kaser, Zum ,Ius honorarium‘ (Fn. 29), 89. 28 Kaser, Zum ,Ius honorarium‘ (Fn. 29), 88: ‚(…) sofern man unter einer solchen (in einem engen Wortsinn) eine der selbständigen Existenz fähige, innerlich Zusammenhängende Einheit, sei es des ganzen Rechts oder einzelner Teilgebiete, versteht‘. 29 Kaser, Zum ,Ius honorarium‘ (Fn. 29), 102 – 105. 30 L. Winkel, Error iuris nocet,I: Rechtsirrtum in der griechischen Philosophie und im römischen Recht bis Justinian, Zutphen 1985, 43 ff. Der Text D. 22,6,2 wurde mit dem Titel „Neraz, ein Rechtsphilosoph?“ am 5. 2. 1981 während eines gemeinsamen Seminars in Amsterdam im „Bochumer Kreis“ ausführlich besprochen. Seither noch A. Carcaterra, Ius finitum und facti interpretatio nella epistemologia di Nerazio, Studi Arnaldo Biscardi V, Milano 1984, 405 – 436; S. Nappi, Ius finitum, Labeo 43 (1997), 31 – 69.
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Jacob Giltaij und Laurens Winkel
kurz besprach und die Vermutung äußerte, dass – wenn finitum mit klar oder schlüssig übersetzt wird – es sich hier „um eine tradierte Problemstellung“ handeln könnte31. Tatsächlich hat einer der unseren nachzuweisen versucht, dass die Wurzeln dieser Problemstellung weit in die griechische Philosophie zurückreichen, wobei man Anaximander, die Pythagoräer und Aristoteles zitieren könnte32. Bei Anaximander wird das Begrenzte als schlecht betrachtet, weil die anderen Entfaltungsmöglichkeiten des Seienden damit nicht benutzt wurden. Dagegen gibt es eine auffallend große Zahl Äußerungen in der philosophischen Literatur, wo gerade das Umgekehrte behauptet wird: das Umgrenzte, Feststehende gehört zum Guten, das Unbegrenzte gehört zum Schlechten. Diese Auffassung geht sicher auf die Pythagoräer zurück. Die philosophische Diskussion könnte im ersten vorchristlichen Jahrhundert von Cicero ins Juristische übertragen worden sein und bei Neraz findet man davon bei der Beurteilung des Rechtsirrtums vielleicht noch einen Wiederhall in D. 22,6,2. Anders als früher, sind wir jetzt der Meinung, dass so ein weitführender Gedankenstrang, obwohl von Verweisen in der humanistischen Literatur unterstützt, kaum beweisbar ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass für die jetzige Diskussion über Rechtsordnung dieser Text nicht sehr bedeutend ist. Unserer Meinung nach ergibt sich hieraus, dass jedenfalls Neraz mit ius finitum eine Rechtsordnung bezeichnet, sogar wohl im Sinne Luhmanns, wie wir oben in III. angedeutet haben, als eine strukturierte, sozial und juristisch akzeptierte Prozessordnung. VI. So kommen wir letztendlich zur Schlussfolgerung, dass das Wort Rechtsordnung sowohl bei der Beschreibung des historischen römischen Rechts Bedeutung zukommt, und zugleich, jedenfalls in der Lehre des Neraz, auch im römischen Rechtsdenken selbst präsent gewesen ist. Eine rechtshistorische Benutzung des Wortes Rechtsordnung als Beschreibung der römischen Rechtswirklichkeit ist umso mehr angebracht, weil gerade im modernen Recht hier in Europa das Wort Rechtsordnung fast genauso vielschichtig geworden ist wie in Rom in der Epoche des klassischen römischen Rechts.
31 D. Nörr, Divisio et partitio, 1972, 47 Fn. 198, jetzt auch in: Historiae Iuris Antiqui, II, 2003, 757, Fn 198. 32 Anaximander, FVS 12 (2) A 8 / B 1 (= Simplikios, Physica 4,13 = Theophrastus, Physikon doxai, Fr.2); Plato, Nomoi XII, 944 A; Aristoteles, Metaphysica A, 5,6, 986 a 23 – 25; Aischines, Rede gegen Ktesiphon III, 199; Aristoteles, Physica III, 6, 207 a 25, Aristoteles EN V, 10, 6 – 7, 1137 b 26 – 32, Cicero, De Legibus 2,18.
Friedrich Carl von Savigny und die Rezeption seiner Ideen in den Niederlanden Von Viola Heutger Ein Blick in das Zeitungsarchiv Christoph Krampe ist ein gern gesehener Vortragender beim Forum Romanum, dem monatlichen Treffen der Romanisten an der Universität von Amsterdam. Christoph Krampe setzt die Tradition des Gedankenaustausches zwischen deutschen und niederländischen Wissenschaftlern fort. Die Geschichte zeugt von einem regen Austausch zwischen den beiden Ländern. So gedachte man im Oktober 2011 vielerorts des 150-jährigen Todestags von Friedrich Carl von Savigny, der bereits 1818 die Niederlande besuchte. Gibt man den Familiennamen von Friedrich Carl von Savigny (1779 –1861) in das digitale Zeitschriftenarchiv der Königlichen Bibliothek in Den Haag ein, so erscheinen mehr als tausend Treffer. Bei einer Durchsicht des Materials wurde schnell deutlich, dass hier nicht nur des großen Kollegen im Ausland gedacht wurde, sondern dass der Dialog mit dem deutschen Juristen direkt gesucht wurde und seine Werke viel und genau gelesen wurden. In den Zeitungsausschnitten aus dem 19. und 20. Jahrhundert finden wir viel über Savigny. Neu publizierte Bücher werden in Holland zum Kauf angeboten1 und Besprechungen erscheinen in der Presse2. Ebenso wird auch über seine Reise nach Italien und seinen geschwächten Gesundheitszustand berichtet3. Die Berichte sind vielseitig4, bemerkenswerterweise behandeln sie aber nicht, wie man zunächst den-
1 „En vente chez L. Th. Nypels, imprimeur-libraire [Maastricht]“, „Analyse de Traité de la possession“, in: Journal de la province de Limbourg, Maastricht, 23. November 1827. Neben Büchern von Bentham und Niebuhr wurde 1830 auch zum Kauf das folgende Buch angeboten: „Analyse du traite de la possession d’après les principes du droit romain, par M. de Savigny, revue et corrigée, par M. L. A. Warnkönig“, in: „en vente à la librairie de G. Vervloet, Spuistraat, à la Haye“, Dagblad van ’s Gravenhage, 2. Juni 1830. 2 So zum Beispiel F. de Greve, Besprechung von: F. C. von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band IV u. V, Berlin 1841, in: Nederlandsche jaarboeken voor regtsgeleerdheid en wetgeving 6 (1844), 314 – 339. 3 Italien: „Pruissen, Berlijn, den 18 Augustus“, in: Nederlandsche staatscourant, 24. August 1826; Krankheit: „Duitschland, […] Berlijn, den 15 Februarij“, in: Dagblad van ’s Gravenhage, 26. Februar 1827.
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ken könnte, Fragen rund um die Einführung eines Gesetzbuches. Dies ist umso erstaunlicher, wo doch im 19. Jahrhundert gleich drei Mal ein neues Zivilgesetzbuch in den Niederlanden in Kraft trat. Da Mitte des 19. Jahrhunderts in Zeitungen, Zeitschriften und Nachrufen so oft an ihn erinnert wird, wurde meine Neugier geweckt und ich machte mich auf die Suche nach dem möglichen Einfluss von Friedrich Carl von Savigny auf das Zivilrecht und andere Rechtsgebiete in den Niederlanden und den niederländischen überseeischen Gebieten. Aus der Masse des Materials war schnell festzustellen, dass Savigny zu völlig unterschiedlichen Themen und von ganz verschiedenen Juristen und Staatsmännern, also nicht nur Zivilrechtlern oder Rechtshistorikern, gerne zitiert wurde.
Der direkte Einfluss auf die Rechtsentwicklung in den Niederlanden Der Kontakt spielte sich aber keineswegs nur schriftlich ab. Eine ganze Reihe von niederländischen Juristen besuchte Anfang des 19. Jahrhunderts den Gelehrten von Savigny, sie studierten seine Schriften5 oder unterhielten einen Briefwechsel mit ihm6. Der Generalanwalt Römer zitiert Savigny 1871 sogar in einem Schlussantrag7.
4 Auch außerhalb der Zeitungen begegnet man noch einem Andenken an Savigny. In einem Museum, damals eine Privatsammlung eines wohlhabenden Bürgers, dem Meermanno in Den Haag, erinnert man sich noch an den Besuch von Savigny, der dort eine Kollektion zum kanonischen Recht erwarb. Siehe den Bericht über diesen Ankauf von Warnkönig, in: Themis Belgique, Tome VII, VI livraison, avril 1825, 325 – 326. 5 Weitere Nachweise bei F. Petri, Johan Rudolf Thorbecke in zijn verhouding tot de Duitse philosophie en de historische rechtsschool, VORG, Verslagen en mededelingen 80 (1965) und J. C. H. Jansen, Der Briefwechsel zwischen H. W. Tydeman (1778 – 1863) und F. C. von Savigny (1779 –1861). Streiflichter auf die niederländische Rechtswissenschaft am Anfang des 19. Jahrhunderts. R. Feenstra et al., Die rechtswissenschaftlichen Beziehungen zwischen den Niederlanden und Deutschland in historischer Sicht, Nijmegen 1991, 71– 89. 6 P. C. Kop, Savigny en de Wetenschap Van Het Privaatrecht in Nederland in de Negentiende Eeuw, in: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 57 (1989), 117 – 134. P. C. Kop untersuchte die Kontakte zwischen von Savigny und niederländischen Wissenschaftlern. So weist er Briefwechsel nach mit H. W. Tydeman (Professor zu Franeker, dann Leiden), J. D. Meijer (Rechtsanwalt, dann Richter zu Amsterdam), A. C. Holtius (Professor zu Lüttich, dann Utrecht) und J. van Hall (Professor zu Amsterdam, dann Utrecht), sowie mit L. A. Warnkönig (Professor zu Lüttich, Löwen und Gent), einem Schüler Hugos. Kop geht auch auf die Vertreter Savignyschen Gedankenguts ein. Diese waren in Leiden der Politiker und Rechtslehrer J. R. Thorbecke, C. J. van Assen und J. de Wal, in Utrecht Holtius, J. M. F. Birnbaum, G. W. Vreede und später J. A. Fruin, in Groningen C. Star Numan und J. H. Philipse, in Amsterdam Van Hall und Den Tex. 7 HR, 13 januari 1871, in: N. de Gijselaar ed, Nederlandsche rechtspraak, of Verzameling van arresten en gewijsden van den Hoogen Raad […], Deel 97, Jhg. 1871, 1e deel, 21.
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Einige Themen tauchen in der Presse immer wieder im Zusammenhang mit dem Namen Friedrich Carl von Savigny auf. Zum einen ist sein Name eng verbunden mit dem des niederländischen Staatsrechtlers Thorbecke sowie dem des Politikers Groen van Prinsterer und dem Juristen Bilderdijk, zum anderen wird Savigny wiederholt im Zusammenhang mit Themen wie Schöffengesetzgebung und Gemeindeselbstständigkeit zitiert. Weiterhin werden seine Ausführungen zum Thema Besitz genau analysiert.
Johann Rudolph Thorbecke Wenden wir uns dem Staatsrechtler Johann Rudolph Thorbecke (1798 – 1872) zu. Als Staatsmann übte er großen Einfluss auf die niederländische Politik aus. Thorbecke, dessen Familie ursprünglich aus Osnabrück stammte, erhielt im Alter von 22 Jahren ein Stipendium, um durch Deutschland reisen zu können8. Dort sollte er die Möglichkeit erhalten, Universitäten und Bibliotheken zu besuchen. Auch das Studium der verschiedenen Codices wurde ihm aufgetragen9. Das war umso erstaunlicher, da Thorbecke eigentlich Literatur studiert hatte. Einige Jahre später, im Jahr 1831, wurde ihm allerdings durch den Senat in Leiden am 14. Juni honoris causa der Doktortitel in den Rechten verliehen. Bei seiner großen Deutschlandreise, die ihn unter anderem nach Gießen, Marburg, Berlin, Heidelberg, Erlangen, Stuttgart, München, Jena, Dresden und Berlin führte, begegnete er auch Friedrich Carl von Savigny und anderen Vertretern der historischen Rechtsschule. In der Zeit in Deutschland wurde aus dem Philosophen Thorbecke ein Staatsgelehrter10. Er steht auf der Grenze zwischen romantischer Philosophie und der historischen Rechtsschule. Insgesamt verbrachte er die Zeit von 1820 bis 1824 in Deutschland und lehrte auch als Privatdozent in Gießen und Göttingen. Thorbecke setzte sich später intensiv mit den Entwicklungen in Frankreich und Deutschland auseinander. Er versuchte von beiden Ländern zu lernen und Empfehlungen aufgrund dortiger Erfahrungen in die Politik in den Niederlanden umzusetzen.
8 P. C. H. T. Colenbrander, de Jeugd van Thorbecke, in: De Gids 70 (1906), 293 – 321, 293; Molhuysen und P. J. Blok, Nieuw Nederlandsch biografisch woordenboek, Teil 4, 1309. 9 Rückblickend wurde seine Deutschlandreise wie folgt zusammengefasst: „Men heeft ongetwijfeld bedoeld, dat hij in Duitschland veel codices zou bestudeeren, maar oneindig meer leerde hij er van de menschen, van hun omgang en gedachten“; P. C. H. T. Colenbrander, de Jeugd van Thorbecke, in: De Gids 70 (1906), nachgedruckt in: Over de erkentenis der onafhankelijkheid van België, Johan Rudolf Thorbecke, Leiden, 8. 10 P. C. H. T. Colenbrander, de Jeugd van Thorbecke, in: De Gids 70 (1906), No 11, nachgedruckt in: Over de erkentenis der onafhankelijkheid van België, Johan Rudolf Thorbecke, Leiden, 19.
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Forderungen nach Gesetzesrevision aufgrund des „Rechts des Besitzes“ Auch andere Juristen, Politiker und Historiker setzten sich intensiv mit dem Werk Savignys auseinander. Bei den Beratungen über Änderungsentwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuches durch die 2. Kammer, das niederländische Parlament, im Jahre 1829 wird ein Vorschlag von W. B. Donker Curtius (1778 – 1858) behandelt11. Donker Curtius meint, dass nicht nur 50 Änderungen im Gesetzbuch nötig wären, sondern vielmehr tausende. Seiner Ansicht nach müsse vor allem der Titel über den Besitz komplett umgeändert werden. Seine Forderung untermauerte er mit einem Verweis auf Savigny und dessen Schrift „Das Recht des Besitzes“. So meinte Donker Curtius, dass jeder Kundige nach der Lektüre des Buches „Das Recht des Besitzes“ sofort eine komplette Umarbeitung dieses Titels im niederländischen Gesetzbuch fordern müsse12.
Schöffengerichtsbarkeit Als man in den Niederlanden im Jahr 1829 über die Einführung von Schöffen in der Rechtsprechung diskutiert, kommt wieder einmal Savigny zur Sprache13. Damals hatte sich die deutsche Kommission, welche von König Friedrich Wilhelm III. ernannt worden war, und dessen Mitglied von Savigny war, deutlich für die Schöffengerichtsbarkeit ausgesprochen. Warum sollte man so etwas nicht auch in den Niederlanden einführen, wo doch so ein ‚kundige Duitsche rechtsgeleerde‘ sich auch positiv darüber geäußert hatte? Allerdings stimmte die Kammer letztendlich gegen die Einführung der Schöffengerichtsbarkeit14.
11 W. B. Donker Curtius publizierte bereits einige Jahre vor der benannten Diskussion „Vrijmoedige aanmerkingen op het ontwerp van Burgerlijk Wetboek“ (1819 –1820). 12 Mit Nachdruck sprach Donker Curtius die folgenden Worte aus: „Ik houde mij verzekerd, dat de enkele lezing van dat vertoog, gegrond op de kennis der zaak, en gesterkt door de regtskuntlige gronden op dit onderwerp, door […] von Savigny, in de zijne, getiteld ‚Das Recht des Besitzes‘, uiteen gezet, elken kundigen, ook de Redacteurs zelve, zal overtuigen, dat deze Titel eene geheele omwerking eischt.“ „Tweede kamer der Staten-Generaal“, Nederlandsche staatscourant, 11. Februar 1829. 13 „Regtspleging door gezworenen“, Handelingen der Tweede Kamer, 1828 –1829, 10. April 1829, 511. Eine Rede von Luzac auf französisch: „Seconde chambre des états-généraux“, L’éclaireur politique: journal de la province du Limbourg, Maastricht, 14. April 1829. 14 G. Bossers, „Welk eene natie, die de Jurij gehad heeft, en ze weder afschaft!“, Delft: Eburon 1987, Diss. Amsterdam, 108 –119.
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Von der historischen Rechtsschule zu einer Christen-Historischen Unie Guillaume Groen van Prinsterer (1801–1876), der sich 1840 auch zur Historischen Schule zählte, wollte die Einsichten, die man für das Privatrecht gewonnen hatte, auch auf das Staatsrecht anwenden. Mit großem Interesse hatte er „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ gelesen und stimmte mit vielen Ansichten überein. Er fühlte sich von den Themen angesprochen. So meinte er, dass eine Verfassung nicht plötzlich geformt werden könne, sondern wie eine Frucht reif werden müsse und Zeit zur Entwicklung brauche15. Um 1829 baute Groen van Prinsterer seine Lehre stärker auf eine christliche Inspiration auf. Er zitierte Savigny dann weniger als zuvor16. Eine Ähnlichkeit mit dem deutschen Vorbild im Namen der Strömung, der Groen van Prinsterer angehörte, lässt sich aber dennoch nicht von der Hand weisen, so nannte sich diese Partei später ‚ChristenHistorische Unie‘17. Die Forderung nach einem Justizminister nach dem Modell Savigny Im März 1842 wird Friedrich Carl von Savigny zum Justizminister ernannt18. Als im selben Jahr Cornelis Felix van Maanen (1769 –1846), welcher mit einigen Unterbrechungen von 1807 bis 1842 Justizminister unter Lodewijk Napoleon, Willem I. sowie Willem II. im Jahre 1842 nach einem Konflikt mit der 2. Kammer zurücktritt, ist der Ruf zu hören, dass man im Ministerium einen Mann wie Savigny brauche. Die Zeitung „Algemeen Handelsblatt“ berichtete ausführlich darüber. ‚Met zulk een man aan het hoofd van het justitiewezen zou vertrouwen herboren, Vaderland en Koning beweldadigd, orde en wettigheid op hechte grondslagen gevestigd worden, en Nederland evenzeer stof tot juichen hebben als thans Pruisen, dat zich de schoonste ver15 „Grondwetswijziging“, Handelingen der Tweede Kamer, 1840 –1841, 2. September 1840, 143. 16 Abraham Kuyper hatte 1916 Einwände gegen den Namen „(christelijk) historisch“, da man doch unterschiedliche Ansätze bei von Savigny und Groen van Prinsterer feststellen konnte; so wendete Kuyper ein: „De naam ‚historisch‘ ontving nu eenmaal zijn stempel van De Savigny en De Savigny nam een veel algemeener standpunt in dan Groen ten onzent.“ Nach der Ansicht Kuypers umfasste Savigny mit dem Begriff „historisch“ viel mehr als Groen van Prinsterer. Siehe Kuyper, Antirevolutionaire Staatskunde, I, 1917, 609. 17 Die CHU wurde am 9. Juli 1908 errichtet, hervorgegangen aus einer Fusion der Christelijk-Historische Partij (errichtet im Jahre 1903) und dem Bond van Kiesvereenigingen op Christelijk-Historischen grondslag in de provincie Friesland (errichtet im Jahre 1898). Im Jahr 1980 gingen die CHU, die ARP und die Katholieke Volkspartij (KVP) gemeinsam auf in dem Christen-Democratisch Appèl (CDA). W. G. F. van Vliet, Groen van Prinsterers historische benadering van de politiek (Hilversum: Verloren 2008), 30 ff. Besonders der Teil der Gegenüberstellung von Groen van Prinsterer und Savigny ist lesenswert. 18 „Maart 1842“, Algemeen Handelsblad, 16 april 1842.
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wachtingen voorspiegelt nu het eenen v. Savigny tot het beleid over het geregtswezen geroepen ziet. Op zulk eenen degelijken man hopen wij dat de keuze zich zal vestigen bij de vervulling van de opengevallene ministeriële betrekking in Nederland; wij willen geenszins Namen noemen‘19.
Gemeindegesetzgebung Aber auch bei den Gemeindegesetzen wurde über die Ansichten Savignys diskutiert. Im Jahre 1851 wurde in der niederländischen 2. Kammer ein Entwurf für ein neues Gemeindegesetz behandelt20. Das Parlamentsmitglied Jongstra beruft sich dabei auf Savignys Preußische Städteordnung aus dem Jahre 1832, worin eine Art Subsidiaritätsprinzip formuliert wurde: Danach soll ein Staat optimal funktionieren, wenn die selbstständigen Gemeinden blühen und Kraft geben. Die blühenden Gemeinden erhöhten den Gesamtwert. Allerdings haben die Glieder, welche eine Gemeinde formen, nicht die freie Verfügungsgewalt über die Gelder der Gemeinde. Jongstra meint, dass das Prinzip von Savigny im System des heutigen Römischen Rechts die Gemeindeleitung gleichstellt mit einem Minderjährigen, die Gemeinde selber als einen Vormund sieht und dem Staat komme die Rolle desjenigen zu, der die Aufsicht über den Vormund führt. Jongstra ist der Ansicht, dass Art. 141 der Verfassung von 1848 genau diesen Gedanken festlegt. Grundrecht auf Versammlungsfreiheit Erstaunlich häufig sind Zitate Savignys in Bezug auf Diskussionen über Grundrechte zu finden. Thorbecke zitiert Savigny im Jahr 1855 während einer Gesetzgebungsberatung über Vereinigungen und Versammlungen. Das Grundgesetz von 1848 legt das Recht von Vereinigungen und Versammlungen fest21. Man diskutierte dieses Grundrecht und inwieweit dem Staat eine Rolle bei dem Zustandekommen von Vereinigungen zukommen solle. Der Justizminister wollte nur Regelungen, die einem Missbrauch vorbeugen konnten. Thorbecke war der Meinung, dass Savigny die Möglichkeiten der sowohl stillschweigenden als auch ausdrücklichen Genehmigung offen gelassen hatte22. Thorbecke war es vor allem wichtig, dass die Voraus19 „De Aftreding van den Minister Van Maanen“, Algemeen Handelsblad, 18 maart 1842. Ein Leserbrief, der einige Tage später erschien, zweifelte allerdings an der Eignung von Professoren für das Amt des Justizministers. „Ingezonden stukken“, Algemeen Handelsblad, 24 maart 1842. 20 „Ontwerp van gemeentewet“, Handelingen der Tweede Kamer, 1850 –1851, 12. Mei 1851, 725 – 726. Wiederum: „ontwerp van gemeentewet“, Handelingen der Tweede Kamer, 1850 –1851, 23. Mei 1851, 865. 21 C. W. van der Pot, Handboek van het Nederlandse staatsrecht, Zwolle: W. E. J. Tjeenk Willink 1953, 5. Auflage, 461– 462. 22 „Regt van Vereeninging en Vergadering“, Handelingen der Tweede Kamer, 1854 –1855, 6. März 1855, 567.
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setzungen und Beschränkungen von Seiten des Staates in einem Gesetz festgelegt wurden und nicht der Willkür von Staatsorganen überlassen wurden.
Zivilprozessrecht Bei den Besprechungen des Zivilprozessgesetzbuches waren die Parlamentarier der Meinung, dass sie es besser wüssten als Savigny. An die Versteinerung einer Kodifikation glaubte man nicht und auch nicht daran, dass mit der Einführung eines Gesetzes der Weg zur Verbesserung verschlossen sei23. Die Niederländer waren überzeugt, dass sie alle nötigen Veränderungen und auch nützliche Verbesserungen vorgenommen hatten. Der Justizminister wies darauf hin, dass Savigny und Rehberg immer die Schwachstellen des französischen Zivilgesetzbuches vor Augen hatten, wie diese auch offenbar wurden, als man die Gesetze in den Niederlanden anwendete, aber diese Erfahrungen dienten dazu, nun mit großer Umsicht das Gesetz zu verbessern. Da die niederländische Gesetzgebung durch Spezialisten, durch ‚uitmuntende mannen‘ geschrieben wurde, sah der Minister kein Problem in der Einführung eines Gesetzes24. Savigny in seiner Bedeutung für Nederlands Indië In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden auch die Gesetze für die Kolonie Nederlands Indië erlassen25. In der 2. Kammer folgten Diskussionen über ein mögliches Bürgerliches Gesetzbuch für diese Kolonie und die dortigen unklaren Eigentumsverhältnisse. Viele Grundstücke wurden dort ohne Eigentumspapiere oder Grundbucheintragungen bewohnt oder bearbeitet. Der niederländische Staat war der Meinung, dass er Rechte an all diesen registrierten Ländereien besitze. Durch die verschiedenen Gesetze im Laufe der Zeit war allerdings der Besitz dieser Ländereien durch die Einwohner der Gebiete von einem Mietsystem gegen Vergütung zu einem Eigentumssystem mit Steuerpflicht verändert worden. Daher wurden Stimmen laut, dass das Eigentum nun auch gesetzlich verankert werden solle. Es war den Einwohnern zum Beispiel nicht erlaubt, das Eigentum an so einem Grundstück zu veräußern. Bei Uneinigkeiten mussten sich die Bewohner an den Landrat wenden, ein Organ, das aus den lokalen Regenten bestand, die anhand des Niederländisch-Indischen Bürgerlichen Gesetzbuches die Streitigkeiten lösten. Savignys Ansichten zum 23 „Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering“, Handelingen der Tweede Kamer, 1842 – 1843, 20. Mei 1843. 24 „Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering“, Handelingen der Tweede Kamer, 1842 – 1843, 20. Mei 1843. 25 „Landbouw en nijverheid in Ned. Indië“, Handelingen der Tweede Kamer, 1865 – 1866, 5 mei 1866, 596(4).
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Besitz wurden angesprochen, und als man darüber nachdachte, ob man in den niederländischen Kolonien das niederländische Gesetzbuch übernehmen, das dortige anpassen oder gar eine ganz eigene Kodifikation in den Kolonien anstreben solle, wird angeregt, das Buch „Das Recht des Besitzes“ von Savigny in das Malaysische zu übersetzen26. Allerdings erwog man auch, dass das Werk vielleicht erst einmal für die Parlamentarier ins Niederländische übersetzt werden solle. Für die Kolonien sei allerdings auch das Buch von Savigny über das System des Römischen Rechts, welches von Wesen und Art der Rechtsverhältnisse handele, sehr wichtig. Diese Teile sollten in das Malaysische übersetzt werden, da dort genau die Rechtsverhältnisse beschrieben werden, über die die Landräte zu urteilen hätten27.
Rückblicke anlässlich des Todes von Savigny Zum Tode Savignys erschienen zahlreiche Berichte in den Zeitungen28. Kurze Zeit später erschien eine Lebensbeschreibung im Jahrbuch der Königlichen Akademie, deren ausländisches Mitglied Savigny gewesen ist29. Der Einfluss Savignys wird von Koenen beschrieben: seine Rolle als exzellenter Jurist mit seinen Studien zum Besitzrecht und als Wissenschaftler, der neue Wege beim Studium der Rechtsgeschichte einschlug. Er war ein Vorbild für so manchen niederländischen Professor. Koenen hebt auch Savignys Verdienst als christlicher Wissenschaftler hervor und verweist auf das Promotionsdatum von Savigny. So promovierte er am 31. Oktober 1800, dem Reformationstag. Savigny spielte eine kleine Rolle in dem angespannten Verhältnis zwischen den Protestanten und den Katholiken in den Niederlanden. Im Jahr 1872 meldete das Leidsch Dagblad die Schenkung der Bibliothek Savignys an das Bistum Fulda für die dort geplante katholische Hochschule. In den Niederlanden stellte man sich die Frage, ob die wissenschaftliche Kollektion eines Gelehrten, dessen Familie wegen ihres Glaubens durch die Katholiken aus Frankreich vertrieben worden war, nun an Katholiken gegeben werden solle?30 Zum 100. Geburtstag wurde vielerorts in den Niederlanden an Savigny erinnert31. Professor Max Cohn hielt für die Juristische Fakultät der Universität von Amster26 „Men mag dan wel verzorgen dat het Nederlands-Indisch Burgerlijk wetboek … Savigny over het leerstuk van regt in het Maleisch worde vertaald“. „landbouw en nijverheid in Ned. Indië“, Handelingen der Tweede Kamer, 1865 – 1866, 5 mei 1866, 539. 27 „Landbouw en nijverheid in Ned. Indië“, Handelingen der Tweede Kamer, 1865 – 1866, 5 mei 1866, 596(4). 28 „Pruissen, Berlijn, 27 october“, in: Leydse Courant, 30 oktober 1861. 29 H. J. Koenen, „Levensbericht van Friedrich Carl von Savigny“, Jaarboek van de Koninklijke Akademie van Wetenschappen, Amsterdam 1861, 136 –147. F. C. von Savigny war assoziiertes Mitglied des Königlichen Instituts, dritte Klasse, seit dem 5. Dezember 1832 und dann ab dem 10. April 1855 ausländisches Mitglied der Abteilung Literatur. 30 „Tot grote voldoening“, in: Leidsch Dagblad, 18. Juli 1872.
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dam eine Rede anlässlich des 100. Geburtstages Savignys32. Er meint dort, „durch seine Hochzeit mit einer katholischen Frau wurde er zur Verträglichkeit gezähmt“33.
Hatte Savigny Einfluss auf die Frage der Kodifikation? Warum wird Savigny eigentlich nicht zitiert, wenn man in den Niederlanden über die Einführung des Gesetzbuches von 180934 spricht, welches stark an das napoleonische Gesetzbuch angelehnt war? Und warum geht niemand auf seine Ansichten ein, als 1811 der Code Civil selbst oder im Jahr 1838 das Niederländische Bürgerliche Gesetzbuch nach der Abspaltung Belgiens eingeführt wurde? Die Antwort in Bezug auf die beiden ersten Kodifikationen ist offensichtlich. Bei der Einführung dieser beiden Kodifikationen hatte der Kodifikationsstreit zwischen Thibaut und Savigny noch gar nicht begonnen. Erst 1814 begann der Disput zwischen den beiden. In den Diskussionen des Raad van State über das Burgerlijk Wetboek von 1816, das Zivilgesetzbuch der Niederlande, welche vom 6. Juli bis zum 31. August 1818 abgehalten wurden, wird Savigny allerdings auch überhaupt nicht erwähnt35. Dass Savignys Zweifel an einer Kodifikation zu dieser Zeit bereits auch in den Niederlanden bekannt sind, wissen wir aus anderen Quellen sicher. So wurde uns überliefert, dass der deutsche Professor Warnkönig, der in Belgien lehrte, dort den niederländischen Willen, ein eigenes Gesetzbuch zu entwerfen, lächerlich machte mit einem Verweis auf Savigny und dem Ausspruch, dass eine Kodifikation eine Dummheit sei. Warnkönig hatte gehofft, dass man in den südlichen Gebieten so kurz nach der Abspaltung von den Niederlanden gerne auf die Niederländer herunterschaue. Er verglich die Erstellung einer Kodifikation mit dem Entwerfen einer neuen Grammatik. Die Sprache des Bürgers ließe sich durch eine neue Grammatik nicht verändern, und ebenso wenig lasse sich der Volksgeist durch eine neue Kodifikation verändern36. Allerdings stand damals schon ein Student auf und widersprach dem deutschen Professor und verteidigte die Ehre der niederländi-
„Prof. W. Modderman te Groningen“, in: Leidsch Dagblad, 24. Februar 1879. Algemeen Handelsblad, 14. Februar 1879. 33 Max Cohn, Friedrich Carl von Savigny, Algemeen Handelsblad, 25. Februar 1879; Max Cohn, Friedrich Carl von Savigny (Schluss), Algemeen Handelsblad, Beilage, 26. Februar 1879; auch gedruckt in: Nieuwe bijdragen voor rechtsgeleerdheid en wetgeving 5e Teil (1879), no. 1. 34 Wetboek Napoleon, ingerigt voor het Koningrijk Holland, 1. Mai 1809 bis 1. März 1811. 35 Bronnen van de Nederlandse Codificatie sinds 1798, Deliberatien van den Raad van State over het burgerlijk wetboek. Y. M. I. Greuter-Vreeburg (ed.), Stichting tot uitgaaf der bronnen van het oudvaderlandse recht, Arnhem 1996. 36 „De professor door eenen student beschaamd“, Arnhemsche courant, 4. April 1829. 31 32
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Viola Heutger
schen Nation37. Derselbe Professor Warnkönig hat sich sehr verdienstvoll für die Verbreitung des Gedankenguts Savignys38 eingesetzt und zum Beispiel seine Abhandlungen zum Besitz 1824 in das Französische übersetzt.
Kodifikationsauftrag Als ich der Frage nachging, warum man in den Niederlanden eigentlich nie so intensiv über den Sinn einer Kodifikation diskutiert hat, fand ich eine klare Antwort. Seit der Staatsregelung von 1798 findet man in den Niederlanden einen grundgesetzlich verankerten Kodifikationsartikel. Demnach muss das Bürgerliche Recht durch Gesetz geregelt werden. Der Auftrag war also schon früh deutlich umschrieben. Über die Frage, was als Gesetz oder Kodifikation angesehen werden kann, bestand Einigkeit in den Niederlanden. Man sah in dem Kodifikationsartikel den Auftrag zum systematischen Zusammenfassen des Rechts in einem Gesetzbuch39. Außerdem waren durch die Einführung der französischen Gesetze seit 1811 die Anwesenheit und die Notwendigkeit von Gesetzgebungen selbstverständlich. Als dann um 1814 in Deutschland Savigny und Thibaut über den Sinn einer Kodifikation diskutierten, konnte man diese Diskussion in den Niederlanden vorbeiziehen lassen, denn niemand plädierte dafür, die bestehenden Kodifikationen wieder abzuschaffen. Stattdessen wollte man weiter kodifizieren und die bestehenden Kodifikationen durch neue ersetzen, die nationaler waren und der neuen Lage der Niederlande entsprachen40. Nach der Einführung des französischen Code Civil wurden zwar immer wieder Stimmen hörbar, die eine neue eigene Kodifikation forderten, aber die verschiedenen Entwürfe setzten sich zwei Jahrzehnte lang nicht durch und wurden überwiegend im Geheimen entworfen41. Als 1820 der vollständige Entwurf eines neuen Gesetzbuches veröffentlicht wurde, wurde dieser kaum beachtet. Nur ein Aspekt der in Deutschland geführten Diskussion war auch in den Niederlanden zu finden, nämlich die Frage, ob ein Gesetzbuch nach Vollständigkeit streben oder vor allem Grundprinzipien enthalten solle. Man entschied sich für ein detailliertes Gesetzbuch in dem Wissen, dass Vollständigkeit nicht erreichbar ist42.
„De professor door eenen student beschaamd“, Arnhemsche courant, 4. April 1829. Leopold August Warnkönig, Analyse du traité de la possession: d’après les prinicipes du droit romain par M. de Savigny, Liège 1824. 39 E. O. H. P. Florijn, Ontstaan en ontwikkeling van het nieuwe Burgerlijk Wetboek, University Pers Maastricht 1996, 2.ed., S. 9 mit weiteren Nachweisen. Nur in der Staatsregeling von 1805 fehlte ein derartiger Auftrag. 40 Florijn, Ontstaan en ontwikkeling (Fn. 39), 12 und 13 mit weiteren Nachweisen. 41 Florijn, Ontstaan en ontwikkeling (Fn. 39), 19 und 20 mit weiteren Nachweisen. 42 Florijn, Ontstaan en ontwikkeling (Fn. 39), 13 mit weiteren Nachweisen. 37 38
Friedrich Carl von Savigny
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Das Thema, ob man überhaupt kodifizieren solle, wurde gar nicht mehr behandelt. Die Situation in den Niederlanden sah also ganz anders aus als im Nachbarland Deutschland. 1938 schaute man in den Niederlanden überwiegend positiv zurück auf 100 Jahre bürgerliches Gesetzbuch. Savigny wurde in den Niederlanden besonders wichtig, als man nach 1850 an Kommentaren zum Bürgerlichen Gesetzbuch von 1838 arbeitete43. Savignys Ideen wurden dann auch in anderen Rechtsgebieten, wie zum Beispiel dem Staatsrecht, übernommen.
43 A. de Pinto, Handleiding tot het burgerlijk wetboek, tweede gedeelte: aanteekeningen, ’s-Gravenhage: Belinfante 1840, 65, 180, 181, 182, 184. Gerhardus Diephuis, Het Nederlandsch burgerlijk regt: naar de volgorde van het Burgerlijk wetboek, deel 9, Groningen: J. B. Wolters 1855, 25, 30, 38, 303, 308, 310, 311, 315, 316, 323, 325, 328, 342, 380, 381, 397, 399, 401, 427, 436, 459, 462, 465, 469, 477, 486, 515, 531, 546, 551, 554, 560, 561, 563, 628; Gerardus Diephuis, Het Nederlandsch burgerlijk regt, naar de volgorde van het …, Volume 6, 2e druk, Groningen: J. B. Wolters 1859, 8, 16, 44, 52, 55, 56, 57, 58, 82, 95, 158, 160, 161, 164, 168, 170, 183, 185, 187, 203, 204, 235, 236, 246, 248, 249, 250, 386; G. Diephuis, Het Nederlandsch burgerlijk regt, Volume 8 [Van verbindtenissen], Groningen: J. B. Wolters 1859, 2e druk, 8, 12, 16, 19, 44, 52 – 59, 63 – 65, 70, 82, 90, 95, 124, 158, 161, 164 – 165, 168, 170, 183 – 185, 187, 200, 203, 235, 246, 249, 250, 286, 386. G. Diephuis, Het Nederlandsche burgerlijk regt, Volume 1, Groningen: J. B. Wolters 1869, 2, 6, 8, 38, 40, 42, 46, 49, 72, 74, 172, 181, 182, 187, 283, 375, 381, 384, 393, 412, 416, 432, 479, 480. G. Diephuis, Het Nederlandsche burgerlijk regt, Volume 3 [Tweede Boek van Zaken], Groningen: J. B. Wolters 1857, 2e druk, 11, 16, 44, 48 – 54, 59, 61, 62, 66, 68, 69, 71, 72, 74, 86, 95, 97, 103, 108, 111, 129, 182, 293. Cornelis Willem Opzoomer, Het burgerlijk wetboek: aanteekeningen op de artikelen, die thans nog verklaring behoeven, Volume 2, 2e druk, Amsterdam: J. H. Gebhard en comp. 1857, 5, 28, 32, 34, 87, 111, 245, 273, 282, 288.
Die Lücken in D. 48, 20 und D. 48, 22* Von Wolfgang Kaiser I. Einführung Die Haupthandschrift der Digesten, der Codex Florentinus Digestorum1, ist, sieht man von dem Verlust zweier Blätter ab2, vollständig erhalten. Dennoch ist innerhalb der Digesten in zwei Titeln des 48. Buchs größerer Textverlust zu verzeichnen. An diesen Stellen war bereits die Vorlage des Codex Florentinus lückenhaft. Der fehlende Text kann derzeit nur über die indirekte Überlieferung der beiden Titel in den Basiliken und ihren Scholien annäherungsweise rekonstruiert werden. Der Beitrag legt daher zunächst den Befund in der Überlieferung dar (s. unten II.) und zeichnet sodann die Versuche zur Rekonstruktion der Lücken seit der Mitte des 16. Jhds. nach (s. unten III.). Ein weiterer Abschnitt geht auf Verbesserungen gegenüber der letzten Rekonstruktion ein, die Theodor Mommsen in seiner kritischen Digestenausgabe unternahm. Hier kommt der Neuedition des 60. Buchs der Basiliken nebst Scholien durch H. J. Scheltema, D. Holwerda und N. van der Wal in den Jahren 1983 – 19883 eine besondere Bedeutung zu (s. unten IV.). * Abgekürzt werden zitiert: Digesta Iustiniani Augusti, ed. Theodor Mommsen, 2 Bde., 1868 – 1870 (= Ed. mai. mit Band-, Seiten- und Zeilenangabe); Basilicorum libri LX, Series A (Textus), edd. Herman Jan Scheltema / Nicolaas van der Wal / Douwe Holwerda, 8 Bde., Groningen u. a. 1955 – 1988 (= BT mit Band-, Seiten- und Zeilenangabe); Basilicorum libri LX, Series B (Scholia), edd. Herman Jan Scheltema / Nicolaas van der Wal / Douwe Holwerda, 13 Bde., Groningen u. a. 1953 – 1985 (= BS mit Band-, Seiten- und Zeilenangabe). Ernst Spangenberg, Einleitung in das roemisch-justinianeische Rechtsbuch oder Corpus Iuris civilis Romani, Hannover 1817 (Nachdruck 1970) (= Spangenberg, Einleitung). 1 Benutzt wurde die Faksimileausgabe: Iustiniani Augusti Digestorum seu Pandectarum codex Florentinus olim Pisanus phototypice expressus, Roma, 1902 – 1910; zu Mängeln der neueren Ausgabe (Iustiniani Augusti Pandectarum codex Florentinus, Hrsg. Alessandro Corbino / Bernardo Santalucia, 2 Bde., Florenz 1988) s. Wolfgang Kaiser, Schreiber und Korrektoren des Codex Florentinus, ZRG RA 118 (2001), 133 – 219, 135. 2 So ist am Ende von D. 19, 5 sowie am Ende von D. 46, 8 jeweils ein Blatt ausgefallen, s. dazu nur Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 138 Fn. 17, 198 sowie 139 Fn. 19. Die Blätter waren weitestgehend unbeschrieben, da nur wenig Text verlorenging, s. nur die Ergänzungen von Mommsen, Ed. mai. 1, S. 580, 8 sowie Ed. mai. 2, S. 735, 22 anhand der Überlieferung in den Basiliken. 3 Zum Abschluss der Edition s. die Bemerkungen bei Jan Lokin, Habent sua fata Basilica. On the Occasion of the Completion of the Groningen Basilica Edition, in: Subseciva Groningana 3 (1989), 1 – 10.
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Wolfgang Kaiser
II. Die Überlieferung von D. 48, 20 und 22 1. Der Codex Florentinus Der Textausfall im Codex Florentinus Digestorum betrifft zwei strafrechtliche Titel: D. 48, 20 (De bonis damnatorum) und D. 48, 22 (De interdictis et relegatis et deportatis)4. Manus XI, die D. 47 – 50 schrieb5, ließ auf Cod. Flor. II f. 424v nach dem Abbruch von D. 48, 20, 7, 4 mit iussu patris (Cod. Flor. II f. 424vb / 28 – 29) noch den Rest der rechten Kolumne (f. 424vb / 30 – 45) sowie die Vorderseite des folgenden Blattes (f. 425r) frei (insgesamt 106 Zeilen)6. Ein nahezu entsprechender Befund ist wenig später in D. 48, 22 zu finden. Hier blieb nach D. 48, 22, 8 de domo sua procedat (f. 427ra / 10) der Rest der linken Kolumne, die rechte Kolumne (f. 427rb / 1 – 45) sowie 18 Zeilen der ersten Kolumne der folgenden Seite (f. 427va / 1 – 18) unbeschrieben (insgesamt 98 Zeilen). Sowohl D. 48, 20 als auch D. 48, 22 sind nicht mehr vollständig. Wie der Freiraum zeigt, war dem Schreiber das Fehlen von Text bekannt. Da er jeweils etwas mehr als eine Seite (90 Zeilen) aussparte, ging er von einem gleichmäßigen Textausfall aus. Da die Lücken zwei kurz aufeinanderfolgende Titel betreffen, zudem bei D. 48, 20, 7, 4 der Text mitten im Satz abbricht7, dürfte in der Vorlage der Manus XI ein Bifolium (vielleicht auch zwei Bifolia) ausgefallen sein8. Die Lücken werfen eine Reihe von Fragen auf, für die es derzeit keine befriedigende Antwort gibt: In keinem der beiden Fälle ist der unmittelbar folgende Titel von Textausfall betroffen. D. 48, 21 sowie D. 48, 23 beginnen ganz regulär mit der Rubrik. Dies ist für einen mechanischen Ausfall bemerkenswert: Man würde erwarten, dass doch zumindest einmal auch der Beginn des folgenden Titels verstümmelt ist. Offen muss auch bleiben, weshalb der Schreiber keinen Ersatz für den fehlenden Text besaß, zumal er doch um die Lücke wusste. Am Codex Florentinus arbeiteten 14 Schreiber mit9. Es handelt sich um eine ausgesprochen wertvolle Handschrift10, die durch das partielle Fehlen von Text in ihrer Benutzbarkeit eingeschränkt, eigentlich sogar unbrauchbar wurde. Der Korrektor 2, der unter anderem D. 37, 6–D. 50 fin. im Codex Florentinus korrigierte11, ergänzte ebenfalls keinen Text. Er merkte freilich in lateinischer StenoHierzu bereits Mommsen, Ed. mai., Praef., p. LV. Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 139, 155 – 156. 6 Zu Anzahl der Zeilen pro Kolumne s. nur Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 141. 7 Zur Frage, ob dies auch für D. 48, 22, 9 anzunehmen ist, s. unten S. 165 – 167. 8 So bereits Mommsen, Ed. mai., Praef., p. LV. Ein Versuch, die Vorlage zu rekonstruieren, muss hier unterbleiben. 9 Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 136. 10 Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 134 – 135. 11 Zum Korrektor 2 und seinem Pensum s. Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 172 – 173, 183 – 196. 4 5
Die Lücken in D. 48, 20 und D. 48, 22
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graphie an12, dass bei D. 48, 20, 7, 4 (Cod. Flor. II f. f. 424vb / 29) der Satz vor dem Abbruch nicht vollständig sei13, bei D. 48, 22, 8 (f. 427ra / 10) hingegen schon14. Die Korrektoren haben gelegentlich auch mehrere von erster Hand nicht vorhandene leges nachgetragen15, freilich sind Lücken in dem Umfang wie in D. 48, 20 und 22 andernorts im Codex Florentinus nicht mehr anzutreffen.
2. Die mittelalterlichen Handschriften Die derzeit bekannten mittelalterlichen Digestenhandschriften, deren Archetyp auf den Codex Florentinus zurückgeht16, weisen nicht mehr Text als der Codex Florentinus auf17. Die vor allem für das Digestum vetus bezeugte Nachvergleichung des Archetyps der Vulgata mit einer zweiten Handschrift18 fand hier offenkundig nicht statt. Handschriften des Digestum novum weisen teils bei D. 48, 20, 7, 4, teils bei D. 48, 22, 8 darauf hin, dass griechischer Text fehlt, teils bleibt der Text aber auch unkommentiert19. Der französische Humanist Louis Le Caron (Charondas)20 12 Zur Entzifferung der beiden Vermerke s. Kaiser, ZRG RA 118 (2001), 188 – 196. Es handelt sich nicht, wie noch Mommsen glaubte, um eine Bemerkung in griechischer Kursive (ζήτει). 13 Die Bemerkung auf f. 424vIc / 29 zu D. 48, 20, 7, 4 lautet: in praesenti(?) non satis ita incepimus („Vorliegend(?) haben wir nicht in ausreichender Weise so begonnen“). 14 s. die Bemerkung f. 427rIc / 9 – 10 zu D. 48, 22, 8: in praesenti (?) satis ita incepimus („Vorliegend(?) haben wir in ausreichender Weise so begonnen“). 15 s. etwa die Nachträge von D. 35, 2, 50 – 52 am unteren Rand von Cod. Flor. II f. 114v; hierzu s. nur Wolfgang Kaiser, Zur Herkunft des Codex Florentinus. Zugleich zur Florentiner Digestenhandschrift als Erkenntnisquelle für die Redaktion der Digesten, in: Sachsen im Spiegel des Rechts, 2001, 37 – 55, 54 – 55. 16 Dazu nur zusammenfassend Wolfgang Kaiser, Besserlesungen in den Vulgathandschriften gegenüber Codex Florentinus und Basiliken? Zur Genuinität der erneuten Inskription vor D. 3, 5, 30, 3 (Pap. 2 resp.) in den Handschriften des Digestum vetus, in: Römische Jurisprudenz. Dogmatik, Überlieferung, Rezeption. Festschrift für Detlef Liebs zum 75. Geburtstag, 2011, 293 – 319, 302 – 303. 17 s. nur die Nachweise bei Mommsen, Ed. mai. 2, S. 856, 25 und S. 861, 13. 18 s. dazu Kaiser, Besserlesungen (Fn. 16), 303. 19 s. nur die folgende, nicht abschließende Auswahl (zu den Datierungen s. Gero Dolezalek / Hans van der Wouw, Verzeichnis der Handschriften zum römischen Recht, Bd. 1 – 2, 1972, ad loc.): Hs. Assisi, Bibl. comunale 217 (s. XIV) f. 146ra / 26: quamuis iussu patris cuius in potestate Grecę (nach potestate ist von zweiter Hand est eingefügt; D. 48, 20, 7, 4), f. 147ra / 16: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Bamberg, Staatsbibl. Jur. 17 (s. XIIex.), f. 182ra / 6 – 7: cuius geritur in potestate (geritur – potestate ist von zweiter Hand über den ursprünglichen Text geschrieben; D. 48, 20, 7, 4), f. 183rb / 31: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Bamberg, Staatsbibl. Jur. 18 (s. XIIIin.) f. 152ra / 30 – 31: quamuis iussu patris cuius in potestate Gr(ec)e (D. 48, 20, 7, 4), f. 153ra / 24 – 25: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Basel, Univ.bibl. C. I. 7 (s. XIIIin.) f. 166va / 27 – 28: quamuis iussu patris cuius geritur in potestate (D. 48, 20, 7, 4), f. 167va / 41 – 42: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Berlin, Staatsbibl. lat. fol. 837 (s. XII) f. 155vb / 26 – 27: quamuis iussu patris cuius in potestate gr(ece?) (D. 48, 20, 7, 4), f. 156va / 54 – vb / 1: nec(!) domo sua procedat
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Wolfgang Kaiser
bemerkt in seiner Digestenausgabe (a. 157521), dass eine Handschrift, die er von dem venezianischen Patrizier Stefano Loredano (Loredàn; Stephanus Auredanus) erhalten hatte22, bei D. 48, 20, 7, 4 lateinische Kurzfassungen der fehlenden Texte aufgewiesen habe23. Auch bei D. 48, 22, 8 war dies anscheinend partiell der Fall24. Näheres hierüber ist derzeit freilich nicht bekannt. (D. 48, 22, 8); Hs. Cambridge, Gonville and Caius College 271 / 671 (s. XIIex., s. unten Fn. 25) f. 139vb / 7: quamuis iussu patris cuius in potestate est (D. 48, 20, 7, 4; am Rand von anderer Hand: § hic esse minus et pisis notatum est), f. 140vb / 49: ne de domo sua procedat lex greca decedere(!) (D. 48, 22, 8); Hs. Edinburgh, Univ. Libr. II 2 (s. XI / XII), f. 115vb / 13: quamuis iussu patris cuius in potestate (D. 48, 20, 7, 4), f. 116va / 30: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Paris, BN lat. 4455 (s. XII) f. 148rb / 36 – 37: quamuis iussu patris cuius in potestate g(re)c(e) (D. 48, 20, 7, 4), f. 149rb / 38 – 39: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 8); Hs. Paris, BN lat. 4458 (s. XIII.1) f. 485vb / 42 – 43: quamuis iussu patris cuius in potestate (nach potestate ist esset von zweiter Hand ergänzt; D. 48, 20, 7, 4), f. 486vb / 41 – 42: ne de domo sua procedat lex greca dee(st) (D. 48, 22, 8); Hs. Seo d’Urgel, Bibl. Cap. 2029 (s. XII.2; Italien), f. 152r / 17: quamuis iussu patris cuius geritur in potestate fuerat (D. 48, 20, 7, 4), f. 153ra / 39 – 40: ne de domo sua procedat lex gr(ec)a de.(?) (D. 48, 22, 9); Hs. Torino, Bibl. naz. E. I. 12 (s. XII.2; Italien) f. 294vb / 39 – 40: quamuis iussu patris cuius in potestate est (D. 48, 20, 7, 4), f. 296rb / 9: ne de domo sua procedat (D. 48, 22, 9). Zur Hs. Seo d’Urgel, Bibl. Cap. 2029 s. Martin Bertram / Gerard Fransen † / Antonio García y García / Domenico Maffei / Paola Maffei / Benigne Marquès Sala / Antonio Pérez Martín, Catálogo de los manuscritos jurídicos de la Biblioteca Capitular de la Seu d’Urgell, La Bisbat D’Urgell, Seu d’Urgell 2009, 29 – 31. 20 Zu ihm s. Guillaume Leyte, Le Caron, Louis, in: Dictionnaire historique des juristes français (XIIe – XXe siècle), Paris 2008, 479 – 480. 21 D.n. sacratissimi principis Iustiniani pp. a. iuris enucleati ex omni vetere iuri collecti Digestorum seu Pandectarum libri quinquaginta … Opera et diligentia L. Charondae iurisconsulti, Antwerpiae, ex officina Christophori Plantini, Architypographi Regii, M.D.LXXV. 22 s. hierzu das Vorwort zur Ausgabe des Codex Iustinianus a. 1575: … Sed cum in tanta difficultate versarer, venit ad me Stephanus Auredanus Venetus, vir ingenuis magnisque artibus, admiranda linguarum cognitione, et signulari veteris Iurisprudentiae observatione ornatus, de suis rebus mecum communicaturus: qui cum in hoc codice (sc. Codex Iustinianus W. K.) elaborantem reperisset, intellecto meo instituto, ut in eo me iuvaret, ultro libros Pandectarum et Codicis manuscriptos pollicitus est, obtulit et dedit … Für die Digesten konnte Le Caron die Handschriften Loredanos nur für die beiden letzten partes berücksichtigen, da er die vorangehenden fünf bereits an den Antwerpener Drucker versandt hatte. Die Handschrift des Codex Iustinianus, die Charondas von Loredano erhielt, besaß noch eine Reihe griechischer Konstitutionen, die die heute noch erhaltenen lateinischen Codexhandschriften nicht mehr aufweisen, s. nur Karl Witte, Die Leges restitutae des justinianeischen Codex, Breslau 1830, 14 und als Beispiel etwa Herman U. Kantorowicz, A Greek Justinian Constitution Quoted in the Dissensiones Dominorum, in: Seminar 3 (1945), 46 – 56, 54 (Fn. 20) zu einer griechischen Konstitution bei C. 9, 8, 6. Loredano besaß anscheinend auch eine Handschrift mit den Tituli ex corpore Ulpiani, s. dazu Martin Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum. Entstehung, Eigenart und Überlieferung einer hochklassischen Juristenschrift, 2005, 43 – 44. 23 s. Charondas a. 1575, 757 (am Rand) zu D. 48, 20, 7, 5: Ne quid deesset, haec supplevimus ex lib. 60. βασιλικ. secuti interpretationem clarissimorum I. C. Cuiacii et Contii. In lib. manus. Auredani nostri in margine ad finem huius tituli sic legitur: Quaedam hic desunt, quae legit Ioannes; et leguntur in alio libro, sed Graeca sunt, quę volunt dicere. Deinde subiiciuntur quaedam fragmenta, quae harum legum sententiam utrumque exprimant. Ch. Charondas
Die Lücken in D. 48, 20 und D. 48, 22
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Das Wissen um das Fehlen von Text nach D. 48, 22, 8 im Codex Florentinus lässt sich in mittelalterlichen Handschriften zumindest gelegentlich nachweisen. So heißt es in einer Glosse in der Hs. Cambridge, Gonville and Caius College 271 / 671 (s. XIIex.25) f. 139vb / 7 (zu D. 48, 20, 7, 4): § hic esse minus et pisis notatum est26.
3. Die Basiliken Der Digestentext, den die lateinische Überlieferung nicht mehr aufweist, ist indirekt über die Basiliken und ihre Scholien erhalten. D. 48, 20. 22 entsprechen Bas. 60, 52. 54. Das 60. Buch der Basiliken überliefern im Wesentlichen die Hss. Paris, BN gr. 1350 (s. XII)27, Roma, Bibl. apost. Vaticana Pii secundi 15 (scriptura inferior; s. XI)28 sowie Milano, Bibl. Ambr. F 106 (scriptura inferior; s. Xex. / XIin.; Florilegium Ambrosianum)29. Juristennamen sind in der Pariser und Vatikaner Handschrift erhalten30; die Pariser Handschrift besitzt zudem Scholien. Daher kann
teilt nicht mit, von dem die Bemerkung stammt. Zu D. 48, 20, 8 pr. S. 2 heißt es S. 757 (am Rand): Hic versiculus idem videtur cum praecedenti, qui desumptus est non ex textu, sed ex scholiis Graecorum, in quibus saepe integrum Pandectarum textum cum ipsius Basilici epitome tanquam paraphrasticως coniungunt. Nam principium huius legis non est in textu Basilici, sed hic secundus versiculus, et eius tantum sententia expressa est in margine lib. Auredani. 24 s. Charondas a. 1575, 759 (am Rand) zu D. 48, 22, 10: Haec capita ex lib. 60. βασιλικ. supplevit Contius. In lib. manus. Auredani ad finem huius tit. in marg. notatur, hic multa deesse, quae Graeca sunt, et non leguntur. Sed Contius ait perperam in manus. notari Graeca hic deesse, usi sumus etiam interpretatione Cuiacii. 25 s. zur Datierung der Handschrift Encarnación Ricart Martí, La tradicion manuscrita del Digesto en el Occidente medieval, a través del estudio de las variantes textuales, AHDE 57 (1987), 5 – 206, 200; zu den Glossen s. Gero Dolezalek, Libri magistrorum and the Transmission of Glosses in Legal Textbooks (12th and early 13th Century), in: Juristische Buchproduktion im Mittelalter, 2002, 314 – 349, 347; Beschreibung bei Montague Rhodes James, A Descriptive Catalogue of the Manuscripts in the Library of Gonville and Caius College, Supplement, Cambridge 1914, p. XXI. 26 Glossen dieser Hand sind in der Handschrift durchgängig anzutreffen; weitere Glossierungen stammen von anderen Händen. 27 Ludwig Burgmann / Marie Theres Fögen / Andreas Schminck / Dieter Simon, Repertorium der Handschriften des byzantinischen Rechts, Teil 1: Die Handschriften des weltlichen Rechts (Nr. 1 – 327), 191 Nr. 163 sowie Scheltema / Holwerda / van der Wal, Basilicorum libri LX, Series A, Volumen VIII: Textus libri LX, Groningen 1988, p. V – VI; diess, Basilicorum libri LX, series B, volumen VIII, Scholia in libros LVIII – LX,16, Groningen 1983, p. VI – VIII; zudem Karl Wilhelm Ernst Heimbach, Basilicorum libri LX, Bd. 6: Prolegomena et Manuale Basilicorum, 1870, 173 – 174. 28 s. die ausführliche Beschreibung der Handschrift bei Scheltema / Holwerda / van der Wal (Fn. 27), p. VI – XV. 29 s. die Beschreibung bei Contardo Ferrini / Giovanni Mercati, Editionis Basilicorum Heimbachianae supplementum alterum. Reliquias librorum ineditorum ex libro rescripto Ambrosiano, Milano 1897, mit Ergänzungen bei Scheltema / Holwerda / van der Wal (Fn. 27), p. XV – XVII. 30 In der Vatikaner Handschrift sind freilich die Namen öfter nicht mehr lesbar.
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sich die Rekonstruktion der fehlenden Digestenfragmente neben dem Basilikentext, der auf der Paraphrase des älteren Anonymus beruht31, teilweise auch auf den Index des Dorotheus32 stützen33.
III. Versuche zur Ergänzung des Textausfalls 1. Die Humanisten Das Erscheinungsbild der frühen Drucke des Digestum novum entspricht den Handschriften34. Dies gilt auch für die Ausgabe von Gregor Haloander35. Die Vorrede von Francesco Torelli36 zur Edition des Jahres 155337 erwähnt den Textausfall nicht, jedoch ist nach dem Ende von D. 48, 20, 7, 4 (quamvis iussu patris) der Rest der Seite (ca. ein Drittel) freigelassen, freilich ohne Kommentar38. Die Lücke war aber sowohl Lelio Torelli wie auch Antonio Agustin bekannt39. Die Auffüllung der Hiate ist Cujas zu verdanken. Ihm stand die Hs. Paris, BN gr. 1350 zur Verfügung, die er vom Kanzler der Universität von Bourges, Jean Jacques Cambray, zum Geschenk erhalten hatte40. Bereits in den Observationum libri VI – 31 s. zu ihm nur Peter Pieler, Byzantinische Rechtsliteratur, in: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, Bd. 2 (HdA 12, 5, 2), 1978, 341 – 480, 423. 32 Zu Dorotheus s. Pieler (Fn. 31), 422; Freerk Brandsma, Dorotheus and his digest translation, Groningen 1996; Zur Verwendung des Dorotheusindex für die Scholien der im Unterricht nicht behandelten Digestenbücher s. Heimbach, Prolegomena et Manuale (Fn. 27), 44. 33 s. bereits Mommsen, Ed. mai. 2, S. 865, 26 sowie S. 861, 13; s. zu D. 48, 20, 8 pr.–2: BT 3093, 1 – 5, BS 3908, 23 – 3909, 2; zu D. 48, 22 11: BT 3102, 7 – 8, BS 3920, 5 – 6; zu D. 48, 22, 14, 3: BT 3102, 19 – 20, BS 3920, 12 – 13; zu D. 48, 22, 15 pr., Satz 2 (unde etiam recte …): BT 3103, 5 – 7, BS 3921, 9 – 13; zu D. 48, 22, 16: BT 3103, 9 – 11, BS 3921, 25 – 3922, 4; zu D. 48, 22, 18, 1: BT 3104, 5 – 8, BS 3922, 18 – 22. 34 s. z. B. Digestum novum, ed. de Tortis, Venezia 1487, ff. 246ra, 247rb; zu der Ausgabe Spangenberg, Einleitung, 678 Nr. 41; Nachdruck: Accursii glossa in Digestum Vetus (Corpus glossatorum juris civilis 11), Torino 1969. 35 Digestorum seu Pandectarum libri quinquaginta, Nürnberg 1529, 2251, 2256; Nachdruck 2005 (mit einer Einführung von Hans Erich Troje). 36 Skeptisch im Hinblick auf eine aktive Mitwirkung von Francesco Torelli an der Digestenedition seines Vaters Hans Erich Troje, Crisis digestorum. Studien zur historia pandectarum, 2011, 77. 37 Digestorum seu pandectarum libri quinquaginta ex Florentinis pandectis repraesentati, Florentiae in officina Laurentii Torrentini Ducalis Typographi. MDLIII; Nachdruck 2004 (mit einer ausführlichen Einleitung von Hans Erich Troje). 38 s. ed. Taurelliana a. 1553 (Fn. 37), 1557. Der folgende Titel D. 48, 21 beginnt erst auf S. 1558. Hingegen schließt sich auf S. 1561 D. 48, 23 unmittelbar an D. 48, 22, 8 an. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in D. 48, 20, 7, 4 der vorhandene Text erkennbar unvollständig ist. Wie ein Leser den Freiraum interpretieren sollte, wenn jeder Hinweis auf den Befund im Codex Florentinus fehlt, bleibt freilich unklar. 39 Dies erwähnt jedenfalls Antoine Leconte in der Vorrede zu seiner Ausgabe 1571, s. unten Fn. 48.
Die Lücken in D. 48, 20 und D. 48, 22
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VIII, die 1564 erschienen41, beschäftigte sich Cujas mit der Auffüllung der Lücken (Obs. 6, 23)42. Die lateinische Übersetzung des 60. Buches der Basiliken, die er im Jahre 1566 publizierte43, bot erstmals den Text von Bas. 60, 52. 54 sowie die zugehörigen Scholien44. 40 Nach Heimbach, Prolegomena et Manuale (Fn. 27), 174, 177 soll Cujas die Handschrift vor dem Jahre 1557 erhalten haben, da er Bas. 60, 54 bereits im dritten Band der Libri observationum et emendationum (erschienen 1557 in Paris) erwähne. Heimbach verweist auf Obs. 3, 10 (ebenso auch a. a. O, S. 177 Fn. 15). Doch trifft dies nicht zu. In Obs. 3, 10 nennt Cujas nur einmal interpretes Graeci: Solus Callistratus scripsit deportatum servum fieri in l. 5 D. de extr. cogn. a ceteris omnibus: quod interpretes Graeci referunt inter ἐναντιοφανὴ et inexplicatum relinquunt (Text nach: Jacobi Cuiacii J.C. præstantissimi tomus tertius operum priorum, Napoli 1758, Sp. 64). Der Verweis auf Callistratus bezieht sich nicht auf D. 48, 22, 18 (19) (Call.), sondern auf D. 50, 13, 5 (Call. 1 cogn.): Consumitur vero (sc. existimatio W. K.), quotiens magna capitis minutio intervenit, id est cum libertas adimitur: veluti cum aqua et igni interdicitur, quae in persona deportatorum evenit … (so zutreffend bereits Ludwig Höpfner, Berichtigung gewöhnlicher Vorstellungsarten über die späteren Schicksale der Basiliken. Mit zwey Zugaben, in: Civilistisches Magazin 2, 1812, 383 – 422, 396; ablehnend Heimbach, Prologomena et Manuale (Fn. 27), 177 Fn. 15). D. 50, 13 entspricht Bas. 54, 14; der Basilikentext ist heute freilich nur fragmentarisch überliefert, D. 50, 13, 5 ist nicht bezeugt (s. BT 2505 – 2506). Cujas war aber eine weitere, heute verlorene Handschrift zugänglich, die sicher Bas. 54 – 57 enthielt, wahrscheinlich sogar Bas. 46 – 60, s. dazu nur Scheltema / van der Wal, Basilicorum libri LX, Series A, Volumen VII: Textus librorum LIII – LXIX, Groningen – s’Gravenhage 1974, p. XVIII – XIX mit weiteren Nachweisen. Heimbach, Prologomena et Manuale (Fn. 27), 177 Fn. 15 verweist zudem auf Charles Annibal Fabrot, ΤΩΝ ΒΑΣΙΛΙΚΩΝ ΤΕΥΧΟΣ Ζ΄. BΑΣΙΛΙΚΩΝ TOMUS VII, Paris 1647, 904, Schol. f. Das Scholion betrifft Bas. 60, 54, 14 (D. 48, 22, 12) und lautet nach der Neuedition: Ζήτει βιβ. ζ’. τιτ. ια’. κεφ. α’. καὶ μὴ ἐναντιωθῇ σοι τὸ κατὰ πόδας λέγον τὸν περιορισμὸν καὶ τῆς ἐλευθερίας ἔκπτωσιν ἐπάγειν τῷ περιοριζομένῳ, ἀλλὰ πρόσσχες τῷ βασιλικῷ εἰπόντι τὸν περιοριζόμενον τῆς Ῥωμαϊκῆς ἐκπίπτειν πολιτείας, οὐ μὴν καὶ τῆς ἐλευθερίας (BS 3920, 24 – 27). Die Stelle stammt von Macer / Marcian, nicht von Callistratus. Verwiesen ist in dem Scholion auf Bas. 7, 11, 1 (C. 2, 15, 2), dessen Text auch nahezu wörtlich angeführt wird, s. BT 365, 14: … δημευέσθω, φησί, καὶ περιοριζέσθω τῆς Ῥωμαϊκῆς ἐκπίπτων πολιτείας. Mit dem Kata podas ist der Text der Konstitution, das Kata podas des Thalelaius, gemeint (s. nur BS 400, 27 – 28 zu C. 2, 4, 8: Καὶ ἐν τούτοις μὲν ὁ προκανὼν τῆς διατάξεως. Ἔχει δὲ τὸ κατὰ πόδας, ὡς ἐν τῷ Βασιλικῷ κεῖται). Mit basilicon ist wohl der vorliegende Text bezeichnet, s. BS 1259, 6 – 7 zu Bas. 21, 1, 39, 6 (C. 4, 20, 15): Ἆρα καὶ χωρὶς ὅρκου αὐτοῦ ἀναγκασθήσεται ἐκεῖνος συνιστᾶν τὴν συγγένειαν; Σὺ δὲ τῷ βασιλικῷ πρόσσχες καὶ μὴ τῷ λογισμῷ. Ζήτει καὶ τὸ ιδ’. κεφ. τοῦ β’. τιτ. τοῦ με’. βιβ. καὶ ἐκεῖθεν μαθήσῃ τὴν αἰτίαν … Dementsprechend bezieht sich auch das Scholion im Falle auf Bas. 60, 54, 14, wo lediglich von dem Verlust des Bürgerrechts die Rede ist (Ὁ περιοριζόμενος τὴν πολιτείαν ἀπόλλει, οὐ μὴν τὴν ἐλευθερίαν …; BT 3103, 1 – 2). Es ist aber in dem Scholion gerade kein Widerspruch zwischen dem Callistratustext, auf den Cujas verweist, und der kommentierten Stelle (Bas. 60, 54, 14) hergestellt, sondern zwischen der kommentierten Stelle und einer Konstitution des Codex Iustinianus. 41 Iacobi Cuiacii i. c. ad titulum Digestorum de excusationibus commentarius. Observationum lib. VI. VII. VIII. … Lugduni, apud Gulielmum Rovillium, sub scuto Veneto, MDLXIIII. 42 s. ausführlich Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 139 – 140. 43 ΒΑΣΙΛΙΚΩΝ liber LX quo Iuris civilis tituli LXX, omnia crimina, quaéque ad illorum causas variáque iudicia ac pœnas spectant, continentes, veterum Graecorum Iurisconsultorum Scholiis explicantur: Iacobo Cuiacio I. C. Cambrayum interprete. Ad ornatissimum & eruditissimum virum Io. Iacobum magistrum libellorum in regio comitatu, & Vniversitatis Biturigum Cancel-
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Auf der Grundlage der Übersetzung von Cujas konnte, wie Troje dargelegt hat45, Antoine Leconte (Antonius Contius; 1517 – 1586)46) die Lücken erstmals in seiner Digestenausgabe, die 1571 erschien47, auffüllen48. Leconte, der die Ergänzungen kenntlich machte, verwertet für seine Rekonstruktion nicht nur den Basilikentext, sondern auch die von Cujas ebenfalls publizierten Scholien49. Ob der von ihm abgedruckte Digestentext aus den Basiliken oder den Scholien herrührt, zeigt er aber nicht an. Den verkürzten Juristennamen Marc. bzw. Marcu, den die Pariser Handschrift zu Bas. 60, 52, 8. 10. 11 (= D. 48, 20, 8. 10. 11) sowie Bas. 60, 54, 9. 11. 15. 16 (= D. 48, 22, 11. 15. 16) überliefert, löst Leconte für D. 48, 20, 8. 10. 11 durchgängig zu Marcianus auf50, für D. 48, 22 belässt er es bei der verkürzten Form51. Leconte verbesserte auch (ohne freilich den griechischen Text selbst zu kennen) mancherorts die Übersetzung des Cujas52. Neben der Basilikenausgabe des Jahres
larium, Lugduni, Ad Salamandrae apud Claudium Sennetonium, MDLXVI. Zu der Ausgabe s. Hans Erich Troje, Graeca leguntur. Die Aneignung des byzantinischen Rechts und der Entstehung eines humanistischen Corpus iuris civilis in der Jurisprudenz des 16. Jahrhunderts, Köln / Wien 1971, 257 – 261. 44 s. für D. 48, 20 (Bas. 60, 52) S. 298 – 300, für D. 48, 22 (Bas. 60, 54) S. 303 – 306. 45 s. Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 135 – 143. 46 s. zu ihm Jean-Louis Thireau, Leconte (Contius) Antoine, in: Dictionnaire historique (Fn. 20), 480 – 481. 47 Digestorum seu Pandectarum libri quinquaginta, Ex Florentinis hac manuali forma fidelißime repræsentati, Cum locorum aliquot in archetypo Pisano, mancorum & vacuorum repletione, multisque aliis ab antè in lucem nunquam editis, quæ præfatione ad Lectorem huic Tomo præfixa enumerantur, Lugduni, Apud Gulielmum Rouillium, 1571. S. zu der Ausgabe Spangenberg, Einleitung (Fn. 34), 824 Nr. 276; Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 89. 48 Die Auffüllung impliziert bereits der Titel des Werks (s. oben Fn. 47), in seiner Vorrede kommt Leconte separat darauf zu sprechen, s. S. [3] der Vorrede: Verùm accessere tamen ea, ob que (dicam absque deridiculo) iustè quis vadimonium deserat. Duas imprimis lacunas\\ insignes, quæ hactenus Florentinum archetypum mancum et mutilum, Taurellio Antonióque Augustino testibus arguebant, ope lib. 60. βασιλικῶν repleuimus, quem uir doctissimus et iurisconsultorum temporis nostri princeps Iacob. Cuiacius maximo bono publico Latina toga donauit. Am Rand: \\ Sub. tit. De bon. damnat. vbi desunt quatuor leges, et dimidia, et sub tit. De interdict. et relega. vbi desunt decem leges. Im Text s. zu D. 48, 20, 7, 4 auf S. 614 (linker Rand): Perperam in manuscr. notant Græca hic deesse. desunt enim latina quę ex basilicis supplevimus. Quæ sequuntur ab hac nota [ reposuimus ex lib. 60. βασιλ. eod. tit. quæ & Flor. & in omnib. manusc. deerant; zu D. 48, 22, 8 auf S. 625 (rechter Rand): \\ In arch. Flor. adiectum erat signum, quo notabatur spatium illic vacuum repleri debere, quod ita ex lib. 60. βασιλικ. tit. 54. repleuimus. Perperam in manuscr. notatur Græca hîc deesse. Mit dem signum ist wohl die stenographische Bemerkung des Korrektors 2 bei Cod. Flor. II f. 427ra / 10 zu D. 48, 22, 8 (Fn. 14) gemeint. 49 So für D. 48, 20, 8 pr.–1: S. 299 Scholion k; D. 48, 22, 16: S. 305 Scholion o; s. ed. Contius a. 1571, 614, 626. 50 s. ed. Contius, 614 – 615 zu D. 48, 20, 8. 10. 11 (hierzu der Hinweis am Rand: forte leg. Macer). 51 s. ed. Contius, 625 – 626. 52 Beispiele bei Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 140.
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1566 zog Leconte auch die Ausführungen von Cujas in Obs. 6, 23 heran53. Aus einer dortigen Textparaphrase rekonstruierte er für D. 48, 20, 8, 4 fälschlicherweise einen nicht existenten Schluß54. Die Erstausgabe der Libri observationum VI – VIII (a. 1564) unterscheidet im Druckbild nicht zwischen Textparaphrase und anschließender Erläuterung, was das Missverständnis von Leconte wohl hervorrief55. Der von Leconte hergestellte Text ist nahezu unverändert ca. 200 Jahre lang in den Digestenausgaben zu finden56. Die Edition der Gebrüder Kriegel57 weicht nur an sechs Stellen von Leconte ab, wobei die Abweichungen zum Teil schon kurz nach dem Erscheinen der Ausgabe von Contius nachzuweisen sind58. Folgende Abweichungen kommen vor59: D. 48, 20, 7, 5: ad heredes … testamento scriptos (ed. Kriegel, S. 921)60 statt ad heredes … testamento scripto (ed. Contius, S. 614)61, 53 Zu der Erörterung der rekonstruierten Stellen durch Cujas s. ausführlich Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 127 – 135; 138 – 140. 54 s. Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 138 – 140; ed. Contius a. 1571 (Fn. 47), 614 – 615: … etiamsi in matrimonio postea filia decesserit, quo casu aliàs dos profecticia rediret ad patrem. manebit ergo penes virum. In der Basilikenübersetzung von Cujas endet der Text richtig mit: … etiamsi in matrimonio postea filia decesserit (298). 55 s. die Ausgabe 1564 (Fn. 41), 57: Sed restituti recipiunt iura libertorum l. I. D. de sen. pas. & rest. Postremò ait Marcianus, Licet mortua in matrimonio filia dos profecticia ad patrem redeat, non ideo & post damnationem patris mortua in matrimonio filia ad fiscum eam redire. manere igitur apud virum potiùs, quàm fisco peti, vel eo maximè quòd damnationis tempore non fuerit dotis actio in bonis patris. Spätere Ausgaben der Libri observationum setzen die Paraphrase der Stelle kursiv (Licet – eam redire), so etwa die Ausgabe Napoli 1758 (Fn. 40), Sp. 154 oder die Ausgabe Venezia 1758 (Iacobi Cuiacii IC. Tolosatis Opera … Pars prior, Tomus tertius, Venezia 1758, Sp. 144). 56 s. Troje, Crisis digestorum (Fn. 36), 137. 57 Benutzt wurde die 17. Aufl., 1887, 921 – 922, 923 – 924. 58 s. die folgenden Fußnoten. Eine genaue Analyse der Genese dieser Abweichungen kann hier nicht geleistet werden, es sollen einige Bemerkungen genügen. Konsultiert wurde die Digestenausgabe von Louis Le Caron a. 1575 (Fn. 21) sowie die von Pierre Baudoche 1593 in Lyon besorgte Ausgabe (Universi iuris civilis in quatuor tomos distributi corpus, Lyon 1593; dazu Spangenberg, Einleitung (Fn. 34), 853 Nr. 342). Von den Ausgaben mit den eigenen Noten des Gothofredus wurden die 3. Aufl., Aureliopolis 1604 sowie die Ausgabe des Jahres 1619, die auf die vierte Auflage des Gothofredus aus dem Jahre 1607 zurückgeht (s. Spangenberg, Einleitung (Fn. 34), 842, 870 Nr. 397, 876 Nr. 404a), herangezogen, von den Gothofredus-Ausgaben mit der Glosse der dritte Band der Ausgabe des Jahres 1612 sowie des Jahres 1627 (hierzu Spangenberg, Einleitung (Fn. 34), 843 – 844, 868 Nr. 392, 882 Nr. 418 sowie zur Ausgabe des Jahres 1627 ausführlich Troje, Graeca leguntur (Fn. 43), 151 – 182). 59 Die Abweichungen finden sich ebenso in der Digestenausgabe von Georg Christian Gebauer / Georg August Spangenberg, Corpus Juris Civilis, Göttingen 1776, 1070, 1073 sowie in den Ausgaben von Johann Ludwig Wilhelm Beck, Corpus iuris civilis, Bd. 1, 2, Leipzig 1825, 1042, 1047 – 1048 und Editio stereotypa, Bd. 1, Leipzig 1829, 733 – 734, 735. 60 Die Verbesserung ist jedenfalls bereits im Jahre 1652 vorhanden, s. Corpus iuris civilis, in IV. partes distinctum eruditissimis Dionysii Gothofredi I. C. clarissimi notis illustratum. In hoc postrema Lugdunensi editione Pandectæ purißime sunt: Textus cum optimis codicibus collatus, & infinitis propè mendis purgatus: … diligenti studio & cura N. Antonii, iurium professoris, Lyon 1652, Sp. 1866: heredes eius pertinent testamento scripto; zur Ausgabe s. Span-
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D. 48, 20, 9: … in fraudem fisci filiis prospexisse (S. 921)62 statt in fraudem fisci filiæ prospexisse (S. 616)63, D. 48, 22, 12: A sua civitate relegatus … a provincia relegatur (S. 923)64 statt Sua civitate relegatus … provincia relegatur (S. 625)65, D. 48, 22, 14, 1: … nam deportatio civitatem et bona adimit, relegatio neutrum tollit, nisi … (S. 924)66 statt … nam deportatio civitatem et bona adimit, relegatio utrunque conservat, nisi … (S. 626)67, D. 48, 22, 15 pr.: … qui ei mortuo successurus est … (S. 924)68 statt … qui ei mortuo successurus … (S. 626)69 sowie D. 48, 22, 15, 1: Deportatus a praeside sine principe, et … (S. 924)70 statt Deportatus a praegenberg, Einleitung (Fn. 34), 889 Nr. 447. Ob die Verbesserung schon in früheren Ausgaben zu finden ist, sei hier dahingestellt. 61 In der Ausgabe von Charondas a. 1575, 759 heisst es noch testamento scripto, ebenso in der Ausgabe Lyon 1593, Sp. 1769 und auch in den o. Fn. 58 genannten Gothofredus-Editionen. Die Lesung heredes … testamento scripto (statt heredes … testamento scriptos) findet sich bereits bei Cujas a. 1566, 398: ad heredes pertinent testamento scripto (für BT 3092, 19 – 20: … τοῖς γραφεῖσι παρ’ αὐτοῦ κληρονόμοις). Hier handelt es sich wohl nicht um einen Druckfehler (Wegfall des s am Ende von scriptos), da auch noch Fabrot (Fn. 40), Bd. 7, 870 den griechischen Text so übersetzt (… testamento scripto). 62 So bereits Charondas a. 1575, 757: in fraudem fisci filiis prospexisse; am Rand: Contius legit filiæ; ebenso die Ausgabe Lyon a. 1593, Sp. 2776 sowie Gothofredus a. 1604, Sp. 1831 (a. 1619, Sp. 1876). 63 So noch die glossierte Ausgabe des Gothofredus a. 1612, Sp. 1564: filiae prospexisse. Die Ausgabe a. 1627, Sp. 1564 liest dann aber filiis prospexisse. Bei der Lesung filiae statt filiis könnte es sich auch nur um einen Druckfehler bei Contius handeln, da die Ausgabe des Cujas ebenfalls filiis bietet, s. Cujas a. 1566, 298 (Bas. 60, 52, 9): … metu condemnationis filiis prospexisse. 64 Die Lesung ist jedenfalls in der Ausgabe Lyon 1652 (Fn. 60) vorhanden, s. Sp. 1870: A sua civitate relegatus … à provincia relegatur. Ob sie bereits zuvor zu finden ist, sei auch hier dahingestellt. 65 Wie Contius noch Charondas a. 1575, 759, die Ausgabe Lyon 1593, Sp. 2776 sowie die in Fn. 58 genannten Gothofredus-Ausgaben. 66 So bereits Charondas a. 1575, 757: relegatio neutrum tollit … (am Rand: Contius legit utrumque conservat), ebenso die Ausgabe Lyon 1593, Sp. 2776 sowie Gothofredus a. 1604, Sp. 1835 (ed. 1619, Sp. 1880). 67 So auch Gothofredus a. 1612, Sp. 1573: relegatio utrumque conservat (ebenso ed. 1627, Sp. 1573). Die Lesung entspricht der Wiedergabe der Stelle bei Cujas a. 1566, 304. 68 So bereits Charondas a. 1575, 759; ebenso die Ausgabe Lyon a. 1566, Sp. 2777 sowie Gothofredus a. 1604, Sp. 1835 (a. 1619, Sp. 1880). 69 So auch Gothofredus a. 1612, Sp. 1573: successurus (ebenso a. 1627, Sp. 1573). Vielleicht handelt es sich nur um einen Druckfehler bei Contius, denn die Stelle lautet bei Cujas a. 1566, 304 (Bas. 60, 54, 16) ebenfalls: … qui ei mortuo successurus est. 70 s. Gothofredus a. 1604, Sp. 1835: Deportatus a praeside sine principe (ebenso a. 1619, Sp. 1880). Am Rand heißt es in einer Anmerkung mit dem Buchstaben p (a. 1619: f), der im Text bei sine wiederkehrt: χωρὶς βασιλέως, 60. Ecl. 51. ex tit. 54. cap. 15. Mit Ecl. ist die Synopsis maior Basilicorum gemeint (edd. Ioannes Zepos / Panagiotes Zepos, Ius Graeco Romanum, Bd. 5, Athen 1931), s. Troje, Graeca leguntur (Fn. 43), 186. Konkret verweist Gothofredus auf Syn. mai. Π, 14, 3 (ed. Zepos, 467). Die Bezeichnung der Synopsis maior als Ecloga leitet sich aus dem Titel von deren Erstausgabe durch Leunclavius im Jahre 1575 her: LX librorum Βασιλικων, id est, universi iuris Romani, auctoritate principum Rom. Græcam in
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side sive principe, et … (S. 626)71. Die von Dionysius Gothofredus betreuten Ausgaben weichen an den genannten Stellen stellweise untereinander ab72. Die Abkürzungen Marc. / Marcu, die Leconte in D. 48, 22 unverändert ließ, übernehmen fast alle späteren Ausgaben ebenfalls in dieser Form73, nur vereinzelt sind sie auch aufgelöst74.
2. Mommsen und Lenel Für Theodor Mommsen kollationierte Paul Krüger die beiden Titel anhand der Hs. Paris BN gr. 135075. Insgesamt rekonstruiert Mommsen für D. 48, 20 neben dem Ende von lex 7 vier weitere Fragmente (D. 48, 20, 8 – 11), für D. 48, 22 neun Fragmente (D. 48, 22, 10 – 18; zur Frage, ob ein oder zwei Pomponiusexzerpte anzunehmen sind, s. unten S. 169 – 172). Mommsen gelangt in D. 48, 22 mitunter über Leconte hinaus, da er auch bei Stellen die Scholien verwertet, bei denen Leconte nur den Basilikentext zugrunde legt76. Bei der Rekonstruktion der Juristennamen aus dem überlieferten Marcu77 in D. 48, 20 weicht Mommsen von der ed. Kriegel ab linguam traducti, Ecloga sive Synopsis, hactenus desiderata, nunc edita …, per Ioan. Leunclavium, Basileae MDLXXV. S. zu der Ausgabe ausführlich Troje, Graeca leguntur (Fn. 43), 264 – 269. 71 So auch Charondas a. 1575, 759: Deportatus a praeside sive principe, ebenso die Ausgabe Lyon 1593, Sp. 2777 sowie Gothofredus a. 1612, Sp. 1573 (ed. 1627, Sp. 1573). Bei sive principe statt sine principe handelt es sich um einen Druckfehler, der bereits in der Ausgabe von Cujas a. 1566, 304 vorhanden war, s. demgegenüber nur BT 3103, 7: Ὁ χωρὶς βασιλέως ὑπὸ ἄρχοντος περιορισθεὶς. 72 Sie stimmen zu D. 48, 20, 7, 5 (testamento scripto) und D. 48, 22, 12 (Sua civitate … provincia relegatur) überein, unterscheiden sich aber zu D. 48, 20, 9; D. 48, 22, 14, 1; D. 48, 22, 15 pr.; D. 48, 22, 15, 1, s. die vorangehenden Fussnoten. – Zu anderen Abweichungen zwischen den Ausgaben des Gothofredus s. Troje, Graeca leguntur (Fn. 43), 155 – 156. Die für die dortigen Beispiele plausible Erklärung, dass Gothofredus bei der glossierten Ausgabe Vulgatlesungen, die vom Florentinatext abweichen, im Interesse der Benutzbarkeit der Vorzug gab, ist freilich für die Divergenzen in D. 48, 20 und 22 nicht möglich. 73 Wie Leconte noch ed. Charondas a. 1575, 759 (Marcia bzw. Marc.); ed. Lyon 1593, Sp. 2776 – 2777; ed. Gothofredus a. 1604, Sp. 1835 (a. 1619, Sp. 1880), a. 1612, Sp. 1572 – 1573; ed. Gebauer-Spangenberg a. 1779 (Fn. 59), 1073; ed. Beck, Digesta 1, 2 (Fn. 59), 1047 – 1048 (ed. stereotypa, Bd. 1, S. 735). 74 s. ed. Gothofredus a. 1627, Sp. 1572 – 1574: 10. Marcianus. 12. Macer. 15. Marcianus. 16. Idem. Die ed. Kriegel 1887, 923 – 924 löst durchgängig zu Marcianus auf: 10. Marcianus. 12. Marcianus. 15. Marcianus. 16. Idem. 75 s. Mommsen, Ed. mai. 2, 856, 25. 76 So besitzt D. 48, 22, 11 bei Mommsen einen zweiten Satzteil (interdum – relegati sunt). Veränderungen finden sich auch in D. 48, 22, 15 pr. S. 2 (unde – non potest). Kleinere Textgewinne sind durch die Heranziehung von Dorotheus auch für D. 48, 22, 14, 3 (a creditore) zu erzielen; ebenso sind in D. 48, 22, 18, 1 kleinere Verbesserungen zu verzeichnen. 77 s. Bas. 60, 52, 8 – 10: 8. Márcu. 9. Callistrát. 10. Márc. 11. Márcu (BT 3093, 1 – 3094, 3); Bas. 60, 54, 8 – 17: 8. ’Ulpi. 9. Márcu. 10. ’Ulpi. 11. Máρcu. 12. Paúl. 13. ’Ulpi. 14. Márc. 15. Ἴdem. 16. Pomp. 17. Callistrát. (BT 3102, 3 – 3104, 8). s. zum generellen Vorhandensein
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und löst Marcu zweimal zu Macer auf78. Freilich sind hier auch hierzu noch Alternativen denkbar79. Für D. 48, 22 entsprechen die Juristennamen der Ausgabe der Gebrüder Kriegel80. Mommsen weist in D. 48, 20 die Fragmente aus Macer und Marcianus generisch deren libri de iudiciis publicis zu. Für D. 48, 22, 10. 11, den beiden unmittelbar auf den Textabbruch folgenden Fragmenten, schien ihm das zweite Buch der libri de iudiciis publicis Marcians bzw. das 10. Buch der libri de officio proconsulis Ulpians wahrscheinlich. Otto Lenel ordnet in seiner Palingenesie81 die Marcianfragmente in D. 48, 22 durchgängig dem liber secundus de iudiciis publicis zu, ebenso D. 48, 20, 1182. Die Fragmente in D. 48, 20, die nach Mommsen von Macer herrühren, siedelt er in dem zweiten Buch von dessen libri de iudiciis publicis an83. Bei den übrigen Fragmenten versucht Lenel teils eine Einordnung84, teils lässt er diese offen85. Von der lateinischen Rückübersetzung Mommsens weicht Lenel einmal ab86. der Juristennamen beim älteren Anonymus nur Nicolaas van der Wal, Die Juristennamen in der Digestensumma des Anonymos, TR 46, 1978, 147 – 149. 78 D. 48, 20, 8 – 11: 8. Macer. 9. Callistratus. 10. Macer. 11. Marcianus (Ed. mai. 2, S. 856, 31 – 859, 18) gegenüber etwa der ed. Kriegel, 921: 8. Marcianus. 9. Callistratus. 10. Marcianus. 11. Idem. Contius a. 1571, 615 erwog für D. 48, 20, 11 für die Inskription Macer. 79 Marcu kann nicht nur für Macer (s. z. B. BT 3074, 1 (D. 48, 19, 10); BT 3075, 3 (D. 48, 19, 12); BT 3057, 9 (D. 48, 19, 14)) und Marcian (s. z. B. BT 2211, 14 (D. 40, 8, 5); BT 2214, 12 (D. 40, 9, 9); BT 2231, 1 (D. 40, 15, 1)) stehen, sondern auch für Maecian (s. z. B. BT 2193, 18 (D. 40,5,42); BT 2196, 15 (D. 40, 5, 54); BT 2214, 7 (D. 40, 9, 11)). Daher wäre nach der Werkfolge innerhalb der Sabinusmasse (s. Dario Mantovani, Digesto e masse bluhmiane, Milano 1987, 91 – 92) auch folgende Zuweisung der Fragmente zumindest möglich: Für D. 48, 20, 8 – 11: 8. Marcianus. 9. Callistratus. 10. Marcianus. 11. Maecianus bzw. 8. Marcianus. 9. Callistratus. 10. Marcianus. 11. Macer oder 8. Macer. 9. Callistratus. 10. Marcianus. 11. Maecianus. Ob eine dieser möglichen Abfolgen eine größere Plausibilität für sich hat als diejenige bei Mommsen kann hier leider nicht weiter vertieft werden. 80 s. für D. 48, 22, 10 – 18: 10. Marcianus. 11. Ulpianus. 12. Marcianus. 13. Paulus. 14. Ulpianus. 15. Marcianus. 16. Idem. 17. Pomponius. 18. Callistratus (Ed. mai. 2, S. 861, 14 – 862, 22); ed. Kriegel, 923 – 924: (10. Marcianus. 11. Ulpianus. 12. Marcianus. 13. Paulus. 14. Ulpianus. 15. Marcianus. 16. Idem. 17. Pomponius. 18. Idem. 19. Callistratus). Auch für D. 48, 22 sind die Zuweisungen durch Mommsen durchaus diskutierbar. Das von Mommsen für die Zuschreibung von lex 15 an Marcianus herangezogene Scholion BS 1147, 5 (zu Bas. 18, 6, 1; D. 15, 2, 1), welches die Stelle mit den Worten ὡς ὁ Μαρκιανὸς ἐν τῷ ιε’. διγ. τοῦ εἰρημένου βιβ. καὶ τιτ. (= D. 48, 22) φησί anführt, ist nicht zwingend, da auch die Basilikenscholien die Namensangleichungen (Fn. 79) aufweisen, s. nur BS 3763, 9 (Dorotheusindex zu D. 48, 9, 6; Bas. 60, 40, 5): Für D. 48, 9, 6 et ait Maecianus heißt es in dem Scholion Καὶ εἶπεν ὁ Μαρκιανός. 81 Otto Lenel, Palingenesia iuris civilis, 2 Bde., 1889. 82 s. Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), 679 Nrn. 211. 212. 214. 215 (zu den beiden letzten aber zweifelnd) sowie Sp. 680 Nr. 217 (D. 48, 20, 11). 83 s. Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), Sp. 569 Nrn. 40. 41. 84 s. für D. 48, 22, 18 (Callistratus) Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), Sp. 94 Nr. 53: De cognitionibus, lib. VI für D. 48, 20, 8 (Callistratus) Sp. 98 Nr. 83: De iure fisci et populi, lib. I; für D. 48, 22, 11 (Ulpianus), Lenel, Palingenesia 2 (Fn. 81), Sp. 990 Nr. 2248: De officio proconsulis, lib. X.
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Die von Paul Krüger betreute Editio minor87 geht über den Text bei Mommsen nicht hinaus. Nur punktuell übernimmt Krüger die Ergebnisse von Lenel88. Auf der Basis der Neuedition des 60. Buches der Basiliken nebst Scholien lassen sich noch einige Präzisierungen in der Rekonstruktion des verlorenen Textes erzielen (s. dazu sogleich).
IV. Fragen der Textrekonstruktion 1. Zum Umfang des verlorenen Textes Die indirekte Überlieferung in den Basiliken gibt den ursprünglichen Text nur sehr vereinfacht und verkürzt wieder. Der ältere Anonymus bemüht sich bei seiner Paraphrase, die Rechtsfragen, die die jeweiligen Fragmente behandeln, in einfache Aussagesätze zu fassen. Zu diesem Zweck verkürzt er den Digestentext in größerem Umfang, indem er beispielsweise in Frage und Antwort gekleidete Problemerörterungen umformuliert, verschiedene getrennt erörterte Fälle mit gleichem Ergebnis zusammenfasst89, Gegenfälle auf den Hinweis „et vice versa“ beschränkt90, Meinungsdiskussionen und Entscheidungsbegründungen innerhalb eines Fragments91 weglässt sowie Aufzählungen verkürzt92. Auch fehlen Hinweise auf Rechtsquellen (wie Kaiserkonstitutionen), einleitende und überleitende Sätze93 und literarische Zitate94. Wenig Veränderung erfahren dementsprechend die Digestenfragmente, die bereits ihrerseits eine Aussage formulieren95. Quantitativ gesehen reduziert die Anonymusparaphrase – mit Ausnahme des zuletzt genannten Falles – den Textumfang um mindestens die Hälfte96. Der Index des Dorotheus bietet daher zumeist erheblich mehr Text als der Anonymus97. 85 So für das Paulusfragment in D. 48, 22, 13, Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), Sp. 1308 Nr. 2094, für das Pomponiusfragment in D. 48, 22, 17, Lenel, Palingenesia 2 (Fn. 81), Sp. 157 Nr. 860; für das Ulpianfragment in D. 48, 22, 14, Lenel, Palingenesia 2, Sp. 1198 Nr. 2996. 86 So zu D. 48, 22, 10, s. Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), Sp. 679 Nr. 211: nec tamen, ut necessario victu careat gegenüber Ed. mai. 2, S. 681, 14 – 15: nec tamen, ne necessarias impensas faciat. 87 Ab der 11. Auflage 1908. 88 s. die Anmerkungen zu D. 48, 20, 9 (Callistratus), zu D. 48, 22, 18 (Callistratus). Für D. 48, 22, 10 behält Krüger die Übersetzung der Editio maior bei. 89 Vgl. z. B. D. 48, 19, 2, 2 mit BT 3070, 13 – 15. 90 s. BT 3070, 7 (D. 48, 19, 2): … καὶ ἐκ τοῦ ἐναντίου. 91 Vgl. für den Wegfall einer Begründung nur Ed. mai. 2, S. 850, 35 – 37 (cuius rei illa ratio videtur …; D. 48, 19, 20) mit BT 3077, 5 – 6. 92 Vgl. BT 3072, 5 – 6 mit D. 48, 19, 7. 93 So fehlt der Satz Ed. mai. 2, S. 846, 35 – 36 (nunc genera poenarum nobis enumeranda sunt …; D. 48, 19, 6, 2) in BT 3072, 2. 94 Vgl. D. 48, 19, 16, 6. 8. 95 Vgl. D. 48, 19, 10 pr. mit BT 3074, 1 – 7; D. 48, 19, 13 mit BT 3075, 6 – 8.
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Neben den soeben geschilderten Kürzungen durch den älteren Anonymus ist auch mit Streichungen seitens der Verfasser der Basiliken zu rechnen98. Dementsprechend ist bei der Rekonstruktion der Texte keine ausgewogene Textverteilung zu erwarten. So zählt die lateinische Übersetzung von Mommsen für D. 48, 20, 7, 4 – 11 (Ed. mai. 2, S. 856, 26 erat – 857, 17) 1579 Buchstaben und vier Inskriptionen, diejenige für D. 48, 22, 10 – 18 / 19 (Ed. mai. 2, S. 861, 14 – 862, 22) 2247 Buchstaben mit 9 / 10 Inskriptionen99, obgleich jeweils gleich viel Text in der Vorlage ausgefallen sein dürfte. 2. Zur Rückübersetzung von δημεύειν / δήμευησις Das Strafrecht der Digesten kannte die Einziehung des Vermögens als Kriminalstrafe. Die Konfiskation des gesamten Vermögens (publicatio bonorum)100 bildete jedenfalls in severischer Zeit die automatische, also nicht gesondert festzusetzende Folge von kapitalen Strafurteilen, d. h., solchen, die auf Tod101, Verlust der Freiheit (z. B. damnatio in metallum102) oder des Bürgerrechts (z. B. deportatio103) laute96 Eine ungefähre Vorstellung vom quantitativen Umfang der Verkürzung des Anonymus erlaubt ein Vergleich des Buchstabenbestandes der lateinischen Übersetzung des Basilikentexts durch Heimbach mit dem in den Digesten vollständig überlieferten Text. In der lateinischen Übersetzung Heimbachs kehren zumeist die auch im Digestentext vorkommenden Fachausdrücke wieder. Wegen dieser teilweisen Übereinstimmung im Wortbestand liefert diese Übersetzung zumindest grobe Eckpunkte für eine quantitative Erfassung der Textkürzungen des Anonymos. So ergibt sich für D. 48, 21, 1 – 3, 2 ein Verhältnis von 2, 3 : 1 (1508 litt. $ Hb.: 658 litt.), für D. 48, 21, 3, 4 – 3, 8 von 2, 17 : 1 (1101 litt. $ Hb.: 508 litt.). 97 Vgl. nur für D. 48, 20, 8, 1 – 2 BT 3093, 3 – 5 (159 litt.) mit BS 3908, 25 – 3909, 2 (324 litt.), für D. 48, 22, 15 pr. Satz 2: BT 3103, 5 – 7 (152 litt.) mit BS 3921, 9 – 13 (276 litt.), für D. 48, 22, 16 BT 3103, 9 – 11 (136 litt.) mit BS 3921, 25 – 3922, 4 (561 litt.), für D. 48, 22, 18, 1 BT 3104, 5 – 8 (171 litt.) mit BS 3922, 18 – 22 (276 litt.). 98 So fehlt bei BT 3093, 1 der erste Satz von D. 48, 20, 8 (vgl. BS 3908, 23 – 24). Zur Streichung von D. 48, 22, 17 pr. (18) in BT 3103, 12 s. unten S. 169 – 170. 99 Zur Frage der Eigenständigkeit des bei Mommsen als D. 48, 22, 17 pr. edierten Textes s. unten S. 171 – 172. 100 Zum Ganzen s. Theodor Mommsen, Römisches Strafrecht, 1899, 1005 ff.; Ugo Brasiello, La repressione penale in diritto Romano, Napoli 1937, 131 ff., 324 ff. (mit zahlreichen und weitgehenden Interpolationsvermutungen, auf die im Folgenden nicht stets hingewiesen wird); Manfred Fuhrmann, Publicatio bonorum, RE 23, 2, 1959, Sp. 2484, 48 – 2515, 32. 2498, 63 ff.; Wolfgang Waldstein, Bona damnatorum, RE Suppl. 10, 1965, Sp. 96, 29 – 119, 31. 107, 57 ff. 101 Die Verurteilung zur Todesstrafe führt zum Verlust von Freiheit und Bürgerrecht, vgl. D. 28, 19, 29 (Gai. 1 leg. Iul. Pap.). 102 s. hierzu nur Mommsen, Römisches Strafrecht (Fn. 100), 947 f., 949 ff.; vgl. z. B. D. 48, 19, 8, 4 (Ulp. 9 off. proc.); D. 49, 14, 12 (Call. 6 cogn.); C. 9, 49, 4 (Gord.; a.?). Zum sofortigen Statusverlust mit der Verurteilung s. D. 48, 19, 1 (Mac. 2 iud. publ.). 103 Hierzu s. Mommsen, Römisches Strafrecht (Fn. 100), 974 – 976, 979; Georg Kleinfeller, Deportatio in insulam, RE 5, 1903, Sp. 231, 34 – 234, 25. 231, 34 ff.; Brasiello, La repressione penale (Fn. 100), 294 – 323; Bernardo Santalucia, La situazione patrimoniale dei deportati in
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ten104 (zum Verlust der testamenti factio s. unten S. 164). Der deportatio stehen die minder schweren Konsequenzen der relegatio gegenüber105. Der Relegierte behält in vollem Umfang seinen rechtlichen Status106. Der Richter konnte aber bei einer relegatio in perpetuum die Konfiskation des gesamten Vermögens oder eines Teiles desselben gesondert im Urteil aussprechen107. Die automatische Einziehung des insulam, in: Iuris vincula. Studi in onore di Mario Talamanca, Bd. 7, Napoli 2001, 173 – 190; Yann Rivière, L’interdictio aqua et igni et la deportatio sous le Haut-Empire romain (étude juridique et lexicale), in: Exil et relégation. Les tribulations du sage et du saint durant l’Antiquité romaine et chrétienne (Ier-VIe s. ap. J-C), Paris 2008, 47 – 113; Mariangela Ravizza, Governatore provinciale e deportatio in alcuni passi di Ulpiano, in: Iuris Quidditas. Liber amicorum per Bernardo Santalucia, Napoli 2010, 195 – 209; Frank Stini, Plenum exiliis mare. Untersuchungen zum Exil in der römischen Kaiserzeit, 2011, 44 – 49. Zur Gesetzgebung der Spätantike s. Roland Delmaire, Exil, relégation, déportation dans la législation du Bas-Empire, in: Exil et relégation, a. a. O., 115 – 132. – Der Bürgerrechtsverlust findet sich in den Quellen häufig ausgesprochen, vgl. D. 48, 22, 6 pr. (Ulp. 9 off. proc.): Inter poenas est etiam insulae deportatio, quae poena adimit civitatem Romanam. Auf die problematischen Stellen D. 50, 13, 5, 3 (Call. 1 de cogn.) und D. 38, 10, 4, 11 (Mod. 12 pand.), nach denen bei der aqua et igni interdictio die libertas verloren geht, sei hier nur hingewiesen. Wegen ihrer einschneidenden Folgen benötigt die Deportation zur Wirksamkeit die Bestätigung des Kaisers (s. D. 28, 3, 6, 7 [Ulp. 10 Sab.]; D. 32, 1, 3 [Ulp. 1 fideicom.] und öfter), sofern sie nicht von bestimmten Höchstmagistraten, wie dem Praefectus praetorio oder dem Praefectus urbi ausgesprochen wird, s. D. 1, 12, 1, 3 (Ulp. l. s. off. praef. urbi), D. 32, 1, 4 (Ulp. 1 fideicomm.), D. 48, 19, 2, 1 (Ulp. 48 ed.). Die Provinzstatthalter können die Deportation nicht verhängen, vgl. D. 48, 19, 2, 1 (Ulp. 48 ed.), D. 48, 22, 6, 1 (Ulp. 9 off. proc.), D. 48, 22, 15, 1 (rest.). 104 s. hierzu nur Manfred Fuhrmann, RE 23, 2, 1959, Sp. 2500, 55 ff.; vgl. z. B. D. 48, 20, 1 pr. (Call. 1 iure fi. et pop.): Damnatione bona publicantur, cum aut vita adimitur aut civitas, aut servilis condicio irrogatur; D. 48, 13, 3 (Ulp. 1 adult.): Peculatus poena aquae et ignis interdictionem, in quam hodie successit deportatio, continet. porro qui in eum statum deducitur, sicut omnia pristina iura, ita et bona amittit sowie auch D. 48, 22, 14, 1 (Ulp.; rest.), D. 48, 22, 18, 1 (Call.; rest.). 105 Zur relegatio s. Mommsen, Römisches Strafrecht (Fn. 100), 967 ff.; Georg Kleinfeller, Relegatio, RE 1 A 1, 1914, Sp. 564, 8 – 565, 38, 584, 8 ff. (vgl. auch ders., Exilium, RE 6, 2, 1909, Sp. 1683, 28 – 1685, 48, 1683, 28 ff. zum Exil); Brasiello, La repressione penale (Fn. 100), 281 – 294; ausführlich Stini, Plenum exiliis (Fn. 103), 36 – 42; zu ihren Formen s. D. 48, 22, 7 pr. (Ulp. 10 off. proc.); D. 48, 22, 14 pr. (Ulp.; rest.) und auch D. 48, 22, 5 (Marc. 1 regul.). Die Relegation kann in perpetuum oder ad tempus erfolgen, s. z. B. D. 48, 22, 7, 2 (Ulp. 10 off. proc.), zu den Relegationsorten und -zeiten s. nur Stini, Plenum exiliis (Fn. 103), 38 – 41. 106 s. D. 48, 22, 4 (Marc. 2 inst.): Relegati in insulam in potestate sua liberos retinent, quia et alia omnia iura sua retinent: tantum enim insula eis egredi non licet …; D. 48, 22, 7, 3 (Ulp. 10 off. proc.): Sive ad tempus sive in perpetuum quis fuerit relegatus, et civitatem Romanam retinet et testamenti factionem non amittit; vgl. auch D. 48, 22, 17, 1 [18 pr.] (Pomp.; rest.); s. zur testamenti factio weiterhin D. 48, 22, 7, 3 (Ulp. 10 off. proc.), D. 28, 1, 8, 3 (Gai. 17 ed. prov.), D. 35, 2, 11, 3 (Pap. 29 quaest.). 107 s. Mod. 1 diff. (?) (Isid., Differentiae, Nr. 200, MPL 83, 30 [= FIRA II p. 450 Nr. 2]; vgl. Lenel, Palingenesia 1 (Fn. 81), 702 Nr. 8): Inter eum, qui in insulam relegatur, et eum, qui deportatur, magna differentia est, ut ait Herennius; primo quod relegatum bona sequuntur, nisi fuerint sententia adempta, deportatum non sequuntur, nisi palam ei fuerint concessa …; C. 9, 47, 8 (Alex. Sev.; s. a.): Deportatorum in insulam ab eo, cui id faciendi ius erat, bona fisco vindicantur, relegatorum autem non nisi sententia specialiter adempta fuerint und weiterhin
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Vermögens bei der deportatio bezeichnen die Quellen mit publicare bzw. publicatio bonorum, die spezielle Anordnung durch den Richter bei der relegatio hingegen mit bona adimere bzw. bonorum ademptio. Während nun die Paraphrase des Anonymus die Unterscheidung zwischen deportatio / deportatus – relegatio / relegatus mit περιορισμὸς / περιοριζόμενος bzw. περιορισθεὶς und ἐξορία / ἐξόριστος terminologisch beibehält108, verwendet sie für die Rechtsfolge der Vermögenskonfiskation nur noch einheitlich das Wort δημεύειν. Es steht unterschiedslos für bona publicare oder bona adimere109. Diese Verallgemeinerung berücksichtigt Mommsen bei seiner lateinischen Rekonstruktion der ausgefallenen Textteile nicht. Er gibt vielmehr δημεύειν auch dann mit publicare wieder, wenn in der Vorlage sicher ein adimere zu finden war.
a) D. 48, 20, 7, 5 Bas. 60, 52, 7, 5: Τὰ μετὰ τὴν καταδίκην ἐπικτώμενα, εἰ μὲν εἰς ἐξορίαν ὁ δημευθεὶς κατεδικάσθη, τοῖς γραφεῖσι παρ’ αὐτοῦ κληρονόμοις ἢ τοῖς ἐξ ἀδιαθέτου ἁρμόζει· … (BT 3092, 18 – 19). Ed. mai. 2, S. 856, 26 – 28: Quae post condemnationem adquisiit is, cuius bona publicata sunt, si relegatus fuit ad heredes scriptos ab eo vel ab intestato venientes pertinent. D. 48, 22, 4 (Marc. 2 inst.), D. 49, 14, 39 pr. (Pap. 16 resp.), D. 48, 20, 8, 3 (Mac.; rest.); zum Gesagten und den eingezogenen Vermögensquoten vgl. Fuhrmann, RE 23, 2, 1959, Sp. 2501, 42 ff. Keine Einziehung soll bei der zeitlich begrenzten relegatio stattfinden, s. D. 48, 22, 7, 4 (Ulp. 10 off. proc.). 108 s. auch Bas. 60, 54, 13 (D 48, 22, 14): Πολλὴ διαφορὰ ἐξορίας καὶ περιορισμοῦ ὁ μὲν γὰρ περιορισμὸς καὶ τὴν πολιτείαν καὶ τὴν οὐσίαν ἀπόλλει, ἡ δὲ ἐξορία ἑκάτερον φυλάττει … (BT 3102, 15 – 16). 109 s. für δήμευσις / δημεύω im Sinne von publicatio / publico Bas. 60, 18, 12: Ὁ καταδικασθεὶς τῷ περὶ βίας ἰδιωτικῆς νόμῳ καὶ εἰς τὸ τρίτον τῆς οὐσίας δημεύεται (BT 2883, 15 – 17) für D. 48, 7, 1 pr.: De vi privata damnati pars tertia bonorum ex lege Iulia publicantur (Ed. mai. 2, S. 817, 30 – 31); Bas. 60, 41, 1, 13: Ἡ τοῦ πλαστοῦ καὶ τοῦ ὡσανεὶ πλαστοῦ τιμωρία περιορισμός ἐστι καὶ τελεία δήμευσις, κατὰ δὲ δούλων ἐσχάτη (BT 3014, 12 – 14) für D. 48, 10, 1, 13: Poena falsi vel quasi falsi deportatio est omnium bonorum publicatio … (Ed. mai. 2, S. 824, 5 – 6); Bas. 60, 52, 1: Ὅτε ζωὴ ἢ πολιτεία ἀφαιρεῖται διὰ ψήφου, παρακολουθεῖ δήμευσις (BT 3091, 4 – 5) für D. 48, 20, 1: Damnatione bona publicantur, cum aut vita adimitur aut civitas, aut servilis condicio irrogatur (Ed. mai. 2, S. 854, 37 – 38); Bas. 60, 52, 3: … ἡ προὶξ αὐτῆς δημεύεται (BT 3091, 9) für D. 48, 20, 3: … mulieri dos publicatur (Ed. mai. 2, S. 855, 8); Bas. 60, 53, 2: … οὐ δημεύεται … (BT 3096, 12 – 13) für D. 48, 21, 1: neque … bona … publicata sunt … (Ed. mai. 2, S. 858, 11 – 12). – S. andererseits Bas. 60, 51, 35, 8: τίμιος δὲ δημεύεται εἰς τὸ ἥμισυ καὶ διηνεκῶς ἐξορίζεται (BT 3082, 11) für D. 48, 19, 38, 8: si honestior, adempta parte bonorum dimidia in perpetuum relegatur (Ed. mai. 2, S. 854, 5 – 6); Bas. 60, 54, 3 τοὺς γὰρ διηνεκῶς ἐξοριζομένους δυνατὸν ἀπὸ ψήφου ἐν μέρει δημεύεσθαι (BT 3099, 9 – 10) für D. 48, 22, 4: qui in perpetuum exilium dati sunt vel relegati, potest quis sententia partem bonorum adimere (Ed. mai. 2, S. 859, 20 – 21), Bas. 60, 54, 6, 4: καὶ ὅτι ὁ προσκαίρως ἐξορισθεὶς οὔτε εἰς τὸ πᾶν οὔτε εἰς τὸ μέρος ὑφίσταται δήμευσιν (BT 3100, 17 – 18) für D. 48, 22, 6, 4: Ad tempus relegatis neque tota bona neque partem adimi debere rescriptis … (Ed. mai. 2, S. 860, 7).
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Aus εἰς ἐξορίαν … κατεδικάσθη ergibt sich, dass hier von der relegatio die Rede war. Dementsprechend wäre terminologisch stimmig zu übersetzen: Quae post condemnationem adquisiit is, cuius bona adempta sunt, …
b) D. 48, 20, 8, 3 Bas. 60, 52, 8, 3: Δημεύεσθαι μὲν τὸν ἐξόριστον ἐξ ἰδικῆς ψήφου δυνατόν, οὐ μὴν καὶ ἀφαιρεῖσθαι αὐτοῦ τὰ τῶν ἀπελευθέρων δίκαια παρὰ κέλευσιν βασιλέως (BT 3093, 6 – 7). Ed. mai. 2, S. 857, 5 – 6: 3. Relegati bona per sententiam specialem publicari poterunt, nec tamen iura adversus libertos ei auferuntur nisi principis iussu.
Hier belegt sowohl ἐξόριστον wie die explizite Erwähnung einer Einziehung kraft Urteils (ἐξ ἰδικῆς ψήφου), dass dem Digestenfragment eine relegatio zugrunde lag (wovon auch Mommsen ausgeht). Daher müsste es heißen: Relegati bona per sententiam specialem adimi poterunt. c) D. 48, 22, 14, 1 Bas. 60, 54, 13, 1: Πολλὴ διαφορὰ ἐξορίας καὶ περιορισμοῦ· ὁ μὲν γὰρ περιορισμὸς καὶ τὴν πολιτείαν καὶ τὴν οὐσίαν ἀπόλλει, ἡ δὲ ἐξορία ἑκάτερον φυλάττει, εἰ μὴ ἰδικῶς δημευθῇ (BT 3102, 16 – 18): Ed. mai. 2, S. 861, 24 – 26: Et multum interest inter relegationem et deportationem: nam deportatio et civitatem et bona adimit, relegatio utrumque conservat, nisi bona publicentur.
Wegen des Bezugs zur relegatio steht δημεύειν hier für bona adimere. Die Rekonstruktion Mommsens trägt zudem ἰδικῶς nicht Rechnung, das auf die spezielle Einziehung des Vermögens durch ein Urteil verweist110. Daher dürfte der Schlussteil bei D. 48, 22, 14, 1 folgendermaßen zu rekonstruieren sein: … relegatio utrumque conservat, nisi bona specialiter adimantur. 3. D. 48, 20, 11 pr. In D. 48, 20, 11 pr. führt eine verbesserte Lesart in Bas. 60, 52, 11 zu einer abweichenden Rekonstruktion des zugrundeliegenden Digestenfragments. Nach Krüger lautet Bas. 60, 52, 11 in der Hs. Paris BN gr. 1350: Márcu. Ὁ κατακριθεὶς καὶ ἐκκαλεσάμενος, εἰ καὶ ἀποθάνῃ τῆς ἐκκλήτου ἠρτημένης, οὐ δημεύεται τοῦ γὰρ τοιούτου δεύτερα διαθήκη ἔρρωται. Τὸ αὐτό ἐστι κἂν ἡ ἔκκλητος αὐτοῦ μὴ προσεδέχθη (Ed. mai. 2, S. 856 – 857 im Apparat111). 110 s. nur C. 9, 47, 8 (Alex. Sev.; s. a.): Deportatorum in insulam ab eo, cui id faciendi ius erat, bona fisco vindicantur, relegatorum autem non nisi sententia specialiter adempta fuerint (ed. Krüger, 867, 9 – 11). Bei der Wiedergabe von C. 9, 47, 8 in Bas. 60, 51, 47 ist der letzte Halbsatz leider umformuliert, s. BT 3084, 8 – 9: … τὰ δὲ πράγματα τῶν ἐξορίστων ὑπὸ τὴν δεσποτείαν αὐτῶν μένουσιν.
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Hiernach rekonstruiert Mommsen: Marcianus libro … de publicis iudiciis. Si quis damnatus appellaverit et pendente appellatione decesserit, bona eius non publicantur: nam ita posterius quoque testamentum eius ratum est. idem est et si appellatio non recepta est (Ed. mai. 2, S. 857, 14 – 16). Wenn ein Verurteilter nach eingelegter Appellation stirbt, wird sein Vermögen nicht konfisziert. In diesem Fall ist auch sein späteres (d. h. nach der Verurteilung errichtetes) Testament gültig. Das gilt auch, wenn die Appellation nicht angenommen wird. Das Wort δεύτερα im zweiten Satz berichtigt die Neudedition zu καί: Márcu. Ὁ κατακριθεὶς καὶ ἐκκαλεσάμενος, εἰ καὶ ἀποθάνῃ τῆς ἐκκλήτου ἠρτημένης, οὐ δημεύεται τοῦ γὰρ τοιούτου καὶ ἡ διαθήκη ἔρρωται. Τὸ αὐτό ἐστι κἂν ἡ ἔκκλητος αὐτοῦ μὴ προσεδέχθη (BT 3093, 18 – 20).
Die Lesung καί basiert auf der Hs. Roma, Bibl. apost. Vaticana Pii secundi 15 (script. inf.). Einen identischen Wortlaut bezeugt auch das Basilikenexzerpt bei Michael Attaleiates, Ponema 35, 222112. Die Hs. Paris BN gr. 1350 hingegen lautet auf f. 239v / 11: τοῦ γὰρ τοιούτου βι' ἡ διαθήκη ἔρρωται. Das Beta mit hochgestelltem Iota und Abkürzungsstrich (βι') ist eine Abkürzung für βι(βλίov), die auch andernorts in der Handschrift verwendet wird113. Cujas, Heimbach und später Krüger114 emendierten die Abkürzung zu ´, dem Zahlzeichen für „Zwei“, was ausgeschrieben als Ordinalzahl δευτέρα ergibt. Auf Basis der veränderten Textgrundlage ist daher zu rekonstruieren: … Si quis damnatus appellaverit et pendente appellatione decesserit, bona eius non publicantur: nam et testamentum eius ratum est. idem est et si appellatio non recepta est …
Der Text betraf die publicatio bonorum aufgrund der Strafe der deportatio. Diese zieht nicht nur die publicatio bonorum (s. oben), sondern auch den Verlust der testamenti factio nach sich115. Hingegen behält der Relegierte in vollem Umfang seinen rechtlichen Status116, d. h. er verliert durch die Verurteilung die testamenti factio ge111 s. Cujas a. 1566, 298: … nam et huius secundum testamentum valet (ebenso auch ed. Contius a. 1571, 615); entsprechend auch noch Fabrot (Fn. 40), Bd. 7, 872; Karl Wilhelm Ernst Heimbach, Basilicorum libri LX, Bd. 5: Lib. XLIX – LX continens, Leipzig 1850, 882. 112 ΜΙΧΑΗΛ ΑΝΘΥΠΑΤΟΥ ΚΑΙ ΚΡΙΤΟΥ ΤΟΥ ΑΤΤΑΛΕΙΩΤΟΥ ΠΟΙΗΜΑ(!) ΝΟΜΙΚΟΝ ΗΤΟΙ ΠΡΑΓΜΑΤΙΚΗ
ΠΟΝΗΘΕΙΣΑ ΚΑΤΑ ΚΕΛΕΥΣΙΝ ΤΟΥ ΒΑΣΙΛΕΩΣ ΜΙΧΑΗΛ ΤΟΥ ΔΟΥΚΑ,
edd. Ioannes Zepos / Panagiotes Zepos, Ius graeco-Romanum, Bd. 7, Athen 1931, 410 – 497, 484; zu Michael Attaleiates s. z. B. Aleksandr Kazhdan, Attaleiates, Michael, in: The Oxford Dictionary of Byzantium, Bd. 1, New York – Oxford 1991, 229. 113 s. den Apparat zu BT 3093, 20. 114 s. Mommsen, Ed. mai. 2, 857 zu D. 48, 20, 11. 115 s. nur Mommsen, Römisches Strafrecht (Fn. 100), 958; Ravizza, Governatore provinciale (Fn. 103), 201 – 204. 116 s. D. 48, 22, 4 (Marc. 2 inst.): Relegati in insulam in potestate sua liberos retinent, quia et alia omnia iura sua retinent: tantum enim insula eis egredi non licet …; D. 48, 22, 7, 3 (Ulp. 10 off. proc.): Sive ad tempus sive in perpetuum quis fuerit relegatus, et civitatem Romanam retinet et testamenti factionem non amittit; vgl. auch D. 48, 22, 17, 1 [18pr.] (Pomp.;
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rade nicht. Die Aussage in D. 48, 22, 11 pr. erklärt sich aus zwei Gründen. Zum einen führt die aufschiebende Wirkung der Appellation117 dazu, dass die Folgen der Verurteilung (und damit auch die publicatio bonorum) nicht eintreten können118, zum andern beendet der Tod des Verurteilten jede weitere Strafverfolgung119. Die Vermögenskonfiskation muss daher unterbleiben. Die von S. 2 ausgesprochene parallele Rechtslage im Testamentsrecht beruht auf den gleichen Voraussetzungen. Ein Testament bleibt unabhängig vom Errichtungszeitpunkt – wie D. 48, 20, 11 pr. S. 2 nunmehr klarstellt – wirksam, da die Urteilswirkungen nicht eintraten und daher auch die testamenti factio nicht verlorenging120. Anders ist die Rechtslage bei der Relegation. Wurde neben der Relegierung auf Lebenszeit gesondert auf den Einzug des Vermögens oder eines Vermögensteils erkannt, so endet die Strafverfolgung nur hinsichtlich der Person, die Vermögensstrafe bleibt bestehen. Die Erben müssen insoweit die Appellation weiterverfolgen121. 4. D. 48, 22, 9. 10 Die Frage nach der Textzuordnung stellt sich für D. 48, 22, 9 und 10. Im Codex Florentinus hat D. 48, 22, 8 folgende Gestalt, s. Cod. Flor. II f. 427ra / 8 – 10: Ulpianus decimo de officio proconsulis. Potest praeses quendam damnare ne de domo sua procedat.
rest.); s. zur testamenti factio weiterhin D. 48, 22, 7, 3 (Ulp. 10 off. proc.), D. 28, 1, 8, 3 (Gai. 17 ed. prov.), D. 35, 2, 11, 3 (Pap. 29 quaest.). 117 Zur aufschiebenden Wirkung der appellatio vgl. z. B. Theodor Kipp / Ludo Moritz Hartmann, Appellatio, RE 2, 1, 1895, Sp. 194, 55 – 210, 55, 203, 46 ff.; Mommsen, Römisches Strafrecht (Fn. 100), 472 (Anm. 2); Max Kaser / Karl Hackl, Das römische Zivilprozeßrecht, 1996, 509. 118 Vgl. D. 49,7,1,3 (Ulp. 4 de appell.): Propter eandem rationem et si quis deportatus fuit ab eo, cui deportandi ius est, vel adnotatus, neque vincula patietur neque ullam aliam iniuriam. 119 s. dazu Lucia Fanizza, Il crimine e la morte del reo, MEFRA 96, 2 (1984), 671 – 695 (mit weiterer Literatur 671 Fn. 1); Mommsen, Römisches Strafrecht (o. Fn. 100), 66 (dort auch zu Ausnahmen). 120 Vgl. auch D. 28, 3, 6, 8 (Ulp. 10 Sab.): Hi autem omnes, quorum testamenta irrita damnatione fieri diximus, si provocaverint, capite non minuuntur atque ideo neque testamenta quae antea fecerunt inrita fient et tunc testari poterunt: hoc enim saepissime est constitutum nec videbuntur quasi de statu suo dubitantes non habere testamenti factionem: sunt enim certi status nec ipsi de se interim incerti. Für das nach der Verurteilung errichtete Testament stellt D. 28, 1, 3, 2 (Marc. 4 inst.) die Gültigkeit fest: Si quis in capitali crimine damnatus appellaverit et medio tempore pendente appellatione fecerit testamentum et ita decesserit, valet eius testamentum. 121 s. C. 7, 66, 3 (Alex. Sev.; a. 228): Si is qui ademptis bonis in exilium datus appellaverit ac pendente provocatione defunctus est, quamvis crimen in persona eius evanuerit, tamen causam bonorum agi oportet. nam multum interest, utrum capitalis poena inrogata bona quoque rei adimat, quo casu morte eius extincto crimine nulla quaestio superesse potest, an vero non ex damnatione capitis, sed speciali praesidis sententia bona auferantur: tunc enim subducto reo sola capitis causa perimitur bonorum remanente quaestione.
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Nach Krüger lautet das in den Basiliken folgende Caput (Bas. 60, 54, 9): Marcu. τοῖς ἀναγκαὶοις δαπανήμασιν122. Dementsprechend übersetzt Mommsen für D. 48, 22, 10: … nec tamen, ne necessarias impensas faciat123. In der Neuedition der Basiliken steht οὐ μὴν κεχρῆσθαι hingegen noch am Ende des vorangehenden Caput 8: Bas. 60, 54, 8 (BT 3102, 3 – 4): Ulpi. Δύναταί τις καταδικάζεσθαι μὴ προελθεῖν τοῦ ἰδίου οἴκου, οὐ μὴν μὴ κεχρῆσθαι Bas. 60, 54, 9 (BT 3102, 5): Márcu. τοῖς ἀναγκαίοις δαπανήμασιν.
Dies entspricht der Textverteilung in der Hs. Paris BN lat. 1350 f. 243v / 4 – 5 und im Florilegium Ambrosianum124. Nicht aussagekräftig ist Attaleiates, Ponema 35, 233, der beide Texte fortlaufend ohne Nennung der Juristennamen anführt125. Entsprechend dem Basilikentext wäre daher für D. 48, 22, 9. 10 von folgender Textverteilung auszugehen. Ulpianus [libro] decimo de officio proconsulis. Potest praeses quendam damnare ne de domo sua procedat126 nec tamen, ne faciat Marcianus … necessarias impensas127.
Diese Rekonstruktion führt zu einer Aufspaltung von Prädikat (faciat) und zugehörigen Objekt (necessarias impensas) in verschiedene Fragmente. Die Digesten enthalten zahlreiche Exzerpte, die sich in die Satzstruktur des vorangehenden Exzerpts integrieren, mitunter wird ein Satz über mehrere Exzerpte hin fortgeführt128. Die eingeschobenen Fragmente können sich als Nebensatz anschließen129, selten auch als Ablativus absolutus130. Andere Einschübe erweitern das Subjekt oder Ob122 Diese Textverteilung bieten schon Cujas a. 1566, 303 und Heimbach, Basilicorum libri LX, Bd. 5 (Fn. 111), 891. 123 Zur abweichenden Übersetzung von Lenel s. oben Fn. 86. 124 Zumindest verzeichnet BT 3102, 4 im Apparat keine abweichende Textverteilung. 125 Ed. Zepos, Ius graeco romanum (Fn. 112), 485. 126 Die Distinctio finalis im Codex Florentinus bei Cod. Flor. II f. 427r / 10 am Ende von D. 48, 22, 9 ist ohne Bedeutung: Auch D. 48, 20, 7, 4 schließt auf f. 424v / 29 mit einer Distinctio finalis. 127 Die Herausgeber der Basiliken legen die Textverteilung der Ed. mai. zugrunde, vgl. BT 3102, 3: Bas. 60, 54, 8 = D. 48, 22, 9 + 10 init.; BT 3102, 5: Bas. 60, 54, 9 = D. 48, 22, 10 fin. 128 Die Erweiterung eines Textes durch ein dazwischengeschobenes Fragment bezeichnen die justinianischen Rechtslehrer mit dem Ausdruck ἀναπληροῦν, s. Zachariae von Lingenthal, Aus und zu den Quellen des römischen Rechts, in: Kleine Schriften zur römischen und byzantinischen Rechtsgeschichte, Bd. 2, 1973, 339 – 508, 384 – 386 (erstmals 1887 – 1894), zu Parallelen in der Centodichtung s. nur David Daube, Interpolations in the Centos and Justinian, in: Flores legum H. J. Scheltema antecessori Groningano oblati, Groningen 1971, 45 – 48. 129 s. für den Gegenfall (Beginn des Nebensatzes im Hauptfragment, Hauptsatz im angeschlossenen Text) nur D. 33, 6, 9. 10. 11 (Ulp. 23 Sab.; Hermog. 2 iur. epit.; Ulp. 23 Sab.): l. 9: … Item si vinum vetus sit legatum – l. 10: ex usu testatoris legatum aestimabitur, id est quot
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jekt des vorangehenden Satzes (zumeist handelt es sich um Aufzählungen)131. Eine Trennung des Prädikats vom Objekt findet sich auch, jedoch eher selten132. Allerdings weichen die Capita im 60. Buch der Basiliken in der Textzuordnung öfters von den jeweils zugrundeliegenden Digestenfragmenten ab. An ihrem Ende oder zu ihrem Beginn finden sich Textstücke, die im Digestentext dem vorangehenden oder dem folgenden Fragment zugehören133. Aber auch die Fragmente selbst können aufgespalten werden134. Denkbar ist daher, dass auch die Textverteilung bei Bas. 60, 54, 8 – 9 auf einer Textverlagerung beruht. Doch kann Grundlage für die Rekonstruktion der ausgefallenen Digestenfragmente nur der Basilikentext sein. Da eine Aufspaltung von Prädikat und zugehörigem Objekt in zwei unterschiedliche leges möglich ist, muss auch die Rekonstruktion den derzeitigen Textbefund zugrundelegen, zumal aufgrund der Kürzungen durch den Anonymus (s. oben S. 159 – 160) nicht einmal bekannt ist, wieviel Text das Fragment ursprünglich umfasste. Die Textverteilung bei Mommsen ist daher entsprechend zu berichtigen. 5. D. 48, 22, 14 pr. Für das Principium von D. 48, 22, 14 pr. zeigt die Neuedition für Bas. 60, 54, 13 einen Exhellenismus auf. Der Text lautet in der Hs. Paris BN gr. 1350 f. 243v / 10 – annorum vino vetere utebatur. quod si non appareat, – l. 11: vetus accipietur, quod non est novum … 130 s. D. 1, 15, 1. 2 (Paul. l. s. off. praef. vigil.; Ulp. l. s. off. praef. vigil.): l. 1: deinde divus Augustus maluit per se huic rei consuli – l. 2: pluribus uno die incendiis exortis; D. 29, 7, 11. 12 (Pap. 19 quaest. – Id. 22 quaest.): l. 11: …, placuit libertates a solo filio praestari: [praestare ins. Mo.] posse – l. 12: redemptis a sorore partibus. 131 Vgl. nur beispielshalber D. 4, 7, 4. 5. 6. 7; 4, 8, 9. 10. 11; 7, 8, 2. 3. 4; 11, 7, 24. 25. 26. 27; 21, 1, 1. 2. 3. 4; 21, 1, 38. 39. 40; 36, 15. 16. 17; 39, 6, 4. 5. 6; 43, 5, 1. 2. 3; 47, 9, 1. 2. 3; 48, 8. 9. 10; 49, 15, 2. 3. 132 So D. 4, 3, 3. 4 (Ulp. 11 ed.; Paul. 11 ed.): l. 3: … non habet hoc edictum locum, verum etiam si adversus alium – l. 4: sit actio vel si ab alio res mihi servari potest; D. 9, 3, 3. 4 (Ulp. 23 ed.; Paul. 19 ed.): l. 3: et quidem in solidum: sed si cum uno fuerit actum, ceteri liberabuntur – l. 4: perceptione, non litis contestatione, …; D. 10, 2, 11. 12 (Paul. 23 ed.; Ulp. 19 ed.): l. 11: Partum quoque editum et post aditam hereditatem – l. 12: et post litem contestatam Sabinus scribit in familiae erciscundae venire et adiudicari posse …; D. 10, 2, 22. 23 (Ulp. 19 ed.; Paul. 23 ed.): l. 22: quid enim impedimentum est rei praestationem venire, cum et ipsa veniat – l. 23: propter spem postliminii? …; D. 14, 6, 1. 2 (Ulp. 29 ed.; Id. 64 ed.): l. 1: … nisi forte castrense peculium habeat: tunc enim senatus consulto cessabit – l. 2: usque ad quantitatem castrensis peculii, cum filii familias in castrensi peculio vice patrum familiarum fungantur. 133 s. nur als Beispiele: Bas. 60, 1, 1 = D. 3, 6, 1 pr. – 3; Bas. 60, 1, 2 = D. 3, 6, 1, 4 + D. 3, 6, 2; Bas. 60, 3, 24 = D. 9, 2, 24 + 25 pr.; Bas. 60, 3, 25 = D. 9, 2, 25, 1 – 2. – Zum möglichen Grund s. van der Wal, Die Juristennamen, TR 46, 1978, 147. 134 s. Bas. 60, 3, 11 (D. 9, 2, 11. 12 init.) – Bas. 60, 3, 12 (D. 9, 2, 12 fin.); Bas. 60, 5, 3 (D. 9, 4, 3init.) – Bas. 60, 5, 4 (D. 9, 4, 3 fin. 4); Bas. 60, 5, 37 (D. 9, 4, 37 init.) – Bas. 60, 5, 38 (D. 9, 4, 37 fin. 38).
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11: Ulpi. Ἐξόριστός ἐστιν ὁ κωλυόμενος ἐπαρχίας ἢ Ῥώμης ἢ τοῦ περὶ τὸ τεῖχος αὐτῆς τόπου διηνεκῶς ἢ προσκαίρως (BT 3102, 14). Im Florilegium Ambrosianum (s. oben S. 151) steht statt ἢ τοῦ περὶ τὸ τεῖχος αὐτῆς τόπου noch die ursprüngliche Formulierung des Anonymus ἢ τοῦ πόμεριoυ αὐτῆς135. Weitere Beispiele für Exhellenismoi, die nicht bereits bei der Herstellung der Basiliken vorgenommen wurden, sondern erst in deren Überlieferung eintraten, liefern nunmehr zwei neu entdeckte Wiener Palimpsesthandschriften. Sie enthalten Reste eines Basilikenflorilegium (Wien ÖNB hist. gr. 10; script. inf.; um 1000)136 sowie einer Basilikenhandschrift (Hs. Wien ÖNB Suppl. gr. 200; script. inf.; s. X, 2. Hälfte137)138. Entsprechend ist der Text bei D. 48, 22, 14 pr. lateinisch nicht mehr mit Relegatus est is cui interdicitur provincia aut urbe continentibusve in perpetuum vel ad tempus wiederzugeben139, sondern mit Relegatus est is cui interdicitur provincia aut urbe pomeriove in perpetuum vel ad tempus. Ein pomerium erwähnen die Digesten nur noch einmal in D. 18, 7, 5140, freilich nicht in einem strafrechtlichen Kontext. Es handelt es sich nicht um das pomerium von Rom, sondern das einer beliebigen Stadt141. Die Basiliken geben pomerium an dieser Stelle mit προαστείον wieder142. Indirekt liefert D. 48, 22, 14 pr. damit den einzigen Beleg für die Nennung des pomerium von Rom in den Digesten und den Konstitutionensammlungen143. Dass 135 Ferrini / Mercati, Editionis Basilicorum Heimbachianae supplementum alterum (Fn. 29), 246 (2. Spalte). 136 Beschreibung der Handschrift bei Jana Grusková, Untersuchungen zu den griechischen Palimpsesten der österreichischen Nationalbibliothek. Codices historici, Codices philosophici et philologici, Codices iuridici, Wien 2010, 31 – 41 sowie dies., Zwei neue Basilikenhandschriften in der österreichischen Nationalbibliothek I: Paläographisch-kodikologische Analyse. Mit vier Tabellen und 30 Tafeln in: Quellen zur byzantinischen Rechtspraxis. Aspekte der Textüberlieferung, Paläographie und Diplomatik. Akten des internationalen Symposiums, Wien, 5. – 7. 11. 2007, Wien 2010, 107 – 138 (153 – 182: Tafeln), 108 – 122. 137 Beschreibung der Handschrift bei Grusková, Zwei neue Basilikenhandschriften (Fn. 134), 123 – 132. 138 Eine inhaltliche Analyse beider Handschriften bietet Bernhard Stolte, Zwei neue Basilikenhandschriften in der Wiener Nationalbibliothek II: Rechtshistorische Analyse. Mit 30 Tafeln, in: Gastgeber, Quellen (Fn. 134), 139 – 151; s. dazu auch die Rezension von Wolfgang Kaiser, ZRG RA 129 (2012), 786 – 794, 787 – 788. 139 Wie Mommsen übersetzte bereits Cujas a. 1566, 304. 140 Yelena Baraz, pomerium, ThLL 10, 1, 16 (2007), Sp. 2590, 65 – 2592, 44. 2592, 12 – 26. 141 D. 18, 7, 5 (Pap. 10 quaest.): Cui pacto venditoris pomerio cuiuslibet civitatis interdictum est, Urbe etiam interdictum esse videtur. quod quidem alias cum principum mandatis praeciperetur, etiam naturalem habet intellectum, ne scilicet qui careret minoribus, fruatur maioribus. 142 s. Bas. 19, 7, 5 (restit.): Ἐὰν ὁ πραθεὶς δοῦλος κωλυθῇ τοῦ προαστείου, καὶ τῆς πόλεως κωλύεται, ἵνα μὴ τῶν μειζόνων ἀπολαύῃ ὁ τῶν ἡττόνων κωλυθείς (BT 937, 15 – 17). 143 Das Wort pomerium tritt ansonsten nur noch in D. 18, 7, 5 (Pap. 10 quaest.) und C.Th. 10, 3, 5 (Arc., Hon.; a. 400) im Zusammenhang mit civitates auf.
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Justinian in den Digesten und in Konstitutionen noch vor Beginn der Wiedereroberung Italiens Regelungen trifft, die sich ausschließlich auf Italien beziehen, ist auch anderweitig bezeugt144. Auch D. 48, 22, 7 selbst erwähnt nicht nur Italien, sondern mehrfach auch die Stadt Rom (urbs).
6. D. 48, 22, 17 Bei Bas. 60, 54, 16 (BT 3103, 3; D. 48, 22, 17) stellt sich die Frage, wie ein Zusatz zu bewerten ist, den eine zweite Hand in der Hs. Paris BN gr. 1350 anbrachte. Von erster Hand lautet der Text von Bas. 60, 54, 16 in der Hs. Paris BN gr. 1350 f. 244r / 20 – 24: Pomp. Ὁ ἐξόριστος ἀκεραίαν τὴν οἰκείαν ἔχει κατάστασιν καὶ τὴν δεσποτείαν τῶν αὐτοῦ πραγμάτων καὶ τὴν ὑπεξουσιότητα τῶν παίδων, εἴτε προσκαίρως εἴτε διηνεκῶς ἐξορισθῇ. Περιορισμὸς δὲ πρόσκαιρος οὐκ ἔστιν (BT 3103, 12 – 15).
Am äußeren Rand von f. 244r (neben den Scholien) brachte eine Hand, die dem ausgehenden 13. oder beginnenden 14. Jhd. angehört und die gemeinsam mit einer zweiten, zeitgleichen Hand die ganze Handschrift korrigierte145, folgenden Zusatz an: Pompon'. Ὁ ἐξόριστος οὐ κωλύεται στήλαις καἲ εἰκόσιν τιμᾶσθαι. Das Insertionszeichen der Ergänzung wiederholt sich im Text am Ende des vorausgehenden Caput (Bas. 60, 54, 15; f. 244r / 19). Die Hand berichtigte in der Hs. Paris BN 1350 gr. reine Schreiberversehen, ergänzte aber zudem häufig Juristennamen zu Beginn der Capita146 sowie Exzerpte aus den Digesten oder dem Codex (s. unten). Die Herausgeber nahmen diese Ergänzungen teils in die Edition auf, teils verneinten sie deren Zugehörigkeit zum Basilikentext aus sachlichen Gründen. Für die vorliegende Ergänzung gehen die Herausgeber davon aus, dass sie nicht zum Basilikentext gehört. Der Satz fehlt in der (palimpsestierten) Hs. Vat. Roma, Bibl. apost. Vaticana Pii secundi 15147, zudem zählt das Florilegium Ambrosianum Bas. 60, 54, 15. 16 fortlaufend als Capp. 17 und 18148. Die editorische Entscheidung lässt sich noch durch eine inhaltliche Beobachtung absichern. Der Nachtrag betrifft die Ehrung eines Relegierten mit Statuen und Bildnissen. Der Text besitzt eine Parallele in D. 48, 19, 24 (Mod. 11 pand.). Hiernach sind die (vorhandenen) Statuen von Personen, die wegen Majestätsverbrechen relegiert oder deportiert wurden, zu 144 s. Wolfgang Kaiser, Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Kaisergesetzen unter Justinian, SZ 127 (2010), 172 – 201, 199 – 200. 145 s. Basilicorum libri, Bd. 8 (1983), p. VI f.; Burgmann / Fögen / Schminck / Simon, Repertorium der Handschriften (Fn. 27), 191 Nr. 163. 146 s. z. B. BT 3005, 7. 13. 147 Vom Basilikentext ist in diesem Bereich (BT 3101, 5 ἐν ᾗ – 3102, 20 οὐσίαν) kaum etwas lesbar, vgl. die Bemerkung der Herausgeber zu BT 3101, 5. 148 So die Herausgeber BT 3103, 11.
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beseitigen. Im Gegenschluss dürfen dann in anderen Fällen der Relegation oder Deportation die Statuen der Verbannten stehenbleiben. D. 48, 19, 24 ist in den Basiliken nicht mehr vorhanden (s. BT 3077, 13. 15). Dem korrespondiert das Fehlen des von zweiter Hand nachgetragenen Textes: Die Kompilatoren der Basiliken strichen die beiden Fragmente, die eine ausdrückliche oder implizite Erlaubnis zur Ehrung Verbannter enthielten. Hinsichtlich des hier interessierenden Zusatzes zu Bas. 60, 54, 16 bestätigt außerdem ein Scholion zu Bas. 13, 2, 31 die Textanordnung von erster Hand149. Mommsen hingegen ging von einem Textausfall in der Handschrift aus150. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der Nachtrag ursprünglichen Digestentext enthält. Die zweite Hand, die Hs. Paris BN gr. 1350 korrigierte, ergänzte in BT 2975, 10 (Bas. 60, 37, 13; D. 48, 5, 12) den zweiten Paragraphen von D. 48, 5, 12 an seinem ursprünglichen Ort, während er sich von erster Hand am Ende von BT 2974, 14 (Bas. 60, 37, 11; D. 48, 5, 10. 12 § 2) befindet. In BT 2993, 14 (Bas. 60, 37, 67) fügt sie das Ende von C. 9, 9, 29 pr. (quos verus dolor ad accusationem impellit)151 hinzu (unter Voranstellung von κείμενoν), in BT 3049, 16 (Bas. 60, 47, 3; D. 43, 29, 3, 14) schiebt sie (interlinear) den fehlenden § 14 ein152. Hinter BT 3099, 6 (Bas. 60, 54, 2; D. 48, 22, 2) wird (mit vorgesetztem κείμενoν) das gesamte Fragment D. 48, 22, 3 (Alf. 1 epitom.) ergänzt. Bei BT 3101, 24 (Bas. 60, 54, 6, 22; D. 48, 22, 7, 22) trägt die zweite Hand die §§ 20, 21 von D. 48, 22, 7 nach. Einen Zweifelsfall stellt BT 3076, 1 (Bas. 60, 51, 15, 1; D. 48, 19, 16, 1) dar153. Die Herausgeber nahmen von den genannten Ergänzungen diejenigen zu BT 2975, 10 (Bas. 60, 37, 13; D. 48, 5, 12), zu BT 3099, 6 (Ergänzung von D. 48, 149 s. BS 694, 9: … Φησὶ δὲ καὶ τὸ ιϛʹ. κεφ. αὐτοῦ· (= Bas. 60, 54, 16) ὁ ἐξόριστος ἀκεραίαν ἔχει τὴν οἰκείαν κατάστασιν. Das Zitat entspricht dem Textbeginn von erster Hand, ebenso die Zählung. 150 s. Ed. mai. 2, S. 862 (zu lex 17): „Codicis scriptor omisit verba οὐ κωλύεται στήλαις καὶ εἰκόσιν τιμᾶσθαι ὁ ἐξόριστος“. Da der vorhandene Text mit Ὁ ἐξόριστος ἀκεραίαν … beginnt, denkt Mommsen an eine Omissio ex homoioteleuto. Freilich ist die Wiedergabe der Ergänzung bei Mommsen nicht zutreffend. 151 Die Anklagebefugnis ist beim crimen adulterii auf die nächsten Verwandten beschränkt. 152 D. 43, 29, 3, 14 (Ulp. 71 ed.): Hoc interdictum et in absentem esse rogandum Labeo scribit, sed si non defendatur, in bona eius eundum ait. 153 Der zweite Teil von D. 48, 19, 16, 1, der die sieben Gesichtspunkte, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, vorab aufzählt (D. 48, 19, 16, 1: sed haec quattuor genera consideranda sunt septem modis: causa persona loco tempore qualitate quantitate eventu. 2. Causa: ut in verberibus …), fehlt von erster Hand (s. BT 3076, 1: Ἐξετάζεται δὲ ταῦτα κατὰ τρόπους ἑπτά, 3: Ἀπὸ τῆς αἰτίας, ὡς ἐπὶ τῶν ἐπιφερομένων πληγῶν …). Die zweite Hand fügte die Aufzählung mit vorangesetztem κείμενoν hinzu (BT 3076, 1 – 3: ἀπὸ αἰτίας, ἀπὸ προσώπου, ἀπὸ τόπου, ἀπὸ καιροῦ, ἀπὸ ποιότητος, ἀπὸ ποσότητος, ἀπὸ τῆς ἐκβάσεως). Wenngleich vorhandener und ergänzter Text mit nahezu derselben Wortfolge ἀπὸ αἰτίας bzw. ἀπὸ τῆς αἰτίας beginnen, ist angesichts der detaillierten Behandlung in den folgenden Paragraphen auch eine Streichung der Aufzählung durch die Basilikenkompilatoren möglich. Entsprechende Streichungen finden sich z. B. in BT 3078, 12 (Bas. 60, 51, 26) im Vergleich zu Ed. mai. 2, S. 851, 27 – 28 (Capitalium poenarum fere isti gradus sunt; D. 48, 19, 28 pr.).
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22, 3 nach Bas. 60, 54, 2)154 sowie zu BT 3101, 24 (Nachtrag von D. 48, 22, 7, 20. 21 bei Bas. 60, 54, 6)155 nicht in den Text auf156. Mommsen sah den Zusatz als eigenes Digestenfragment an157. Beim Text von erster Hand schien ihm zweifelhaft, ob hier die Fortsetzung der Ergänzung oder ein neues, selbständiges Fragment vorliegt158. Auch die Herausgeber der Basiliken gehen davon aus, dass der Zusatz der zweiten Hand originären Digestentext darstellt, lassen aber seine Qualifizierung als Principium oder eigenständige lex offen159. Einer Einordnung als eigenes Fragment steht jedenfalls die bereits von erster Hand vorhandene Inskription nicht entgegen. Diese müsste im Digestentext nicht Pomponius, sondern, falls der Zusatz als eigene lex voranging, Idem gelautet haben. Die Kompilatoren der Basiliken haben aber, wenn sie ein Fragment der Digesten strichen, die Folgeinskription diesem Ausfall angepasst160. Umgekehrt ist auch die Angleichung einer Inskription an eine vorangehende neue Inskription bezeugt161. Nimmt man zwei leges an, dann müssen sie aus verschiedenen Werken des Pomponius stammen. Es handelt sich dann um Exzerpte aus der Ediktsmasse, wie auch das Callistratusfragment nahelegt. In D. 48 sind nahezu stets die libri cognitionum 154 Hierbei stützen sie sich darauf, dass der Text auch in der Vatikaner Handschrift und den einschlägigen Testimonia der Stelle fehlt. Für die Herkunft des Textes erwägen sie den Dorotheusindex. Die zusätzliche sprachliche Erwägung, dass der hinzugefügte Text lateinische Worte nicht durch Exhellenismoi ersetzt hat, ist freilich wegen der beiden neu gefundenen Wiener Basilikenhandschriften (oben S. 168) nicht mehr tragend. 155 Hier gab die Erwägung den Ausschlag, daß diese Fragmente die Dekurionen betreffen, die ansonsten in den Basiliken regelmäßig nicht mehr vorkommen, vgl. das Fehlen von D. 48, 19, 15 und D. 48, 19, 43, 1 in Bas. 60, 51. Gelegentlich sind sie aber noch im Text mitgenannt, vgl. Ed. mai. 2, S. 851, 21. 43 mit BT 3078, 7 und BT 3079, 5. 156 Auf die interessante Frage, welche Art von Handschrift der späteren Hand zur Verfügung stand, kann hier leider nicht eingegangen werden, ebensowenig darauf, ob der jeweiligen editorischen Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme der Nachträge in den Text beizupflichten ist oder nicht. 157 Zu seiner Annahme, Grund für den Ausfall sei ein Schreiberversehen, s. o. S. 170 158 Mommsen, Ed. mai. 2, S. 862 weist darauf hin, dass der „Emendator“ dem von erster Hand vorhandenen Text die Ziffer ιθ´ beischrieb. Die Nummerierung ist in der Hs. Paris BN gr. 1350 f. 244r vorhanden, sie entspricht aber der fortlaufenden Fragmentennummerierung, die sich in diesem Titeln (wie in den übrigen Titeln) findet, ist also nicht aussagekräftig. 159 s. die Bemerkung zu BT 3103, 11. 160 Vgl. z. B. Bas. 28, 4, 15 (BT 1327, 22; D. 23, 2, 33) Marcélu mit D. 23, 2, 32. 33: Marcellus. Idem; Bas. 60, 51, 29. 30 (BT 3080, 14. 16; D. 48, 19, 31. 32): Modestín. ’Ulpi. mit D. 48, 19, 30. 31. 32: Modestinus. Idem. Ulpianus; Bas. 60, 48, 1 (BT 3050, 4; D. 48, 15, 2): Ulpi. mit D. 48, 15, 1. 2: Ulpianus. Idem. Keine Anpassung der Inskription fand statt bei: Bas. 60, 20, 1. 2 (BT 2891, 4. 14; D. 47, 9, 1. 3): ’Ulpi. ’Ulpi, vgl. D. 47, 9, 1. 2. 3: Ulpianus. Gaius (Kleinstfragment). Ulpianus; Bas. 60, 45, 6. 7 (BT 3043, 13. 15; D. 48, 13, 6. 8): Ἴdem. Ἴdem, vgl. D. 48, 13, 6. 7. 8: Idem (Marcianus). Ulpianus. Idem. Eine anscheinend willkürliche Auflösung von Idem zu Marci. liegt in Bas. 47, 3, 27 (BT 2152, 7; D. 39, 6, 27) vor. 161 Vgl. BT 3078, 12: Ἴdem (D. 48, 19, 28 pr.–15: Callistratus); BT 3080, 8: Gaϊu (D. 48, 19, 28, 16); BT 3080, 10: Ἴdem (D. 48, 19, 29: Gaius).
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des Callistratus verwendet, die der Ediktsmasse angehören162. Die vorangehenden Fragmente sind trotz der indifferenten Inskription Marcu entweder Marcian, Macer oder Maecian zuzuweisen, deren Werke sich in der Sabinusmasse befinden163. Eine kleinere Folge von Exzerpten aus der Ediktsmasse bietet auch D. 48, 20 zu Beginn (l. 1 – 2), in D. 48, 19 folgt hingegen die Ediktsmasse auf die Sabinusmasse. Zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Fragmente aus Werken des Pomponius sind für D. 48 anderweitig nicht belegt, aber etwa für D. 47, 2164. Dabei könnte es sich im vorliegenden Fall entweder um zwei Exzerpte aus verschiedenen Büchern desselben Werks (etwa der libri ad Quintum Mucium) oder aus zwei verschiedenen Werken handeln165. Da die Ergänzung nicht hinter der vorhandenen Inskription von Bas. 60, 54, 16 eingefügt wurde, sondern mit einer eigenen Inskription nach Bas. 60, 54, 15, dürfte die zweite Hand hier wohl ein eigenständiges Caput bezweckt haben. Dann wäre auch von zwei Digestenfragmenten auszugehen.
V. Ausblick Die Möglichkeiten, für D. 48, 20 und 22 den im Codex Florentinus nicht vorhandenen Text wiederzugewinnen, sind sehr begrenzt, da die Vulgatüberlieferung hier ausfällt und derzeit nur eine Handschrift des 60. Buches der Basiliken bekannt ist, deren Scholien die Textkenntnis über die Anonymusparaphrase hinaus erweitern. Doch haben sich, vornehmlich dank der Neuedition der Basiliken, in den hier untersuchten Fällen einige punktuelle Fortschritte gegenüber Mommsen erzielen lassen. Wie sehr die Texte, deren Rekonstruktion allein auf der Anonymusparaphrase beruht, verkürzt sind, sollte allerdings bei der Interpretation stets präsent sein. Problematisch scheint die Entscheidung Mommsens, eine lateinische Rückübersetzung in der Edition abzudrucken, wenngleich diese sich durch Kursivdruck von dem originalsprachlich überlieferten Text absetzt. Abgesehen von einigen hier aufgezeigten terminologischen Ungenauigkeiten verstellt diese Übersetzung doch den Blick auf die einzig vorhandene und damit für die Interpretation allein maßgebliche griechische Überlieferung. Vorzuziehen wäre daher, sofern man sich nicht überhaupt auf Nachweise im kritischen Apparat beschränken will, die griechische Überlieferung in den Text als Ersatz für das verlorene lateinische Original aufzunehmen.
s. Mantovani, Digesto e masse bluhmiane (Fn. 79), 96. s. oben Fn. 79. 164 s. D. 47, 2, 76 (Pomp. 21. Qu. Muc.). 77 (Pomp. 38 Qu. Muc.). 78 (Pomp. 13 var. lect.). 165 s. zur ersten Möglichkeit D. 47, 2, 76 (Pomp. 21. Qu. Muc.). 77 (Pomp. 38 Qu. Muc.), zur zweiten D. 47, 2, 77 (Pomp. 38 Qu. Muc.). 78 (Pomp. 13 var. lect.) sowie D. 49, 15, 5 (Pomp. 37 Qu. Muc.). 6 (Pomp. 1 var. lect.). 162 163
Zwischen actio und Anspruch – Klagebefugnis als Verfügungsgegenstand* Von Fabian Klinck „Wenn in der bisherigen Entwicklung eine neue Rechtsfigur anerkannt wird, deren Funktion bisher wenigstens teilweise von einer anderen Rechtsfigur erfüllt wurde, was geschieht dann mit der anderen Rechtsfigur, die man im Optimismus des Fortschritts als überholt ansieht?“ Dieser Frage geht Günther Jahr in einem 1968 im AcP veröffentlichten Aufsatz über „Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft“1 nach, zunächst am Beispiel von Einziehungsermächtigung und Abtretung. Die rechtshistorisch deutlich jüngere Abtretung habe, wie die Rechtspraxis zeige, nicht alle Funktionen der auf das mandatum ad agendum zurückgehenden Einziehungsermächtigung erfüllen können, vermöge diese also nicht vollständig zu ersetzen. Das römische Recht belege, daß das seinerzeitige Hauptargument gegen eine Zulassung der Einziehungsermächtigung, daß diese nämlich zu einer den Schuldner ungebührlich belastenden Verdopplung der Einziehungsbefugnis führe, bei interessengerechter Rechtsanwendung nicht verfange. Jahrs Ausführungen waren ausgesprochen wirkmächtig: Indem sie mit Karl Larenz einen der seinerzeit prominentesten Gegner der Einziehungsermächtigung umstimmten,2 verhalfen sie dieser zur endgültigen Anerkennung. Der von Jahr geforderte Beitrag der Rechtsgeschichte „zur Lösung der Sachfragen …, die den Gegenstand der Rechtsdogmatik ausmachen“3, kann freilich nicht nur darin liegen, aufzuzeigen, wann ein „Rückgriff“ auf überholt geglaubte Rechtsinstitute möglich und geboten ist. Sie kann auch zeigen, daß und warum ein systemumwälzender Entwicklungssprung einen solchen Rückgriff ausschließt. Womöglich gibt gerade das „prozessuale Gegenstück“4 der Einziehungsermächtigung, die gewillkürte Prozeßstandschaft, hierfür ein Beispiel.
* Die kundige Hilfsbereitschaft des Jubilars, derer ich mir stets sicher sein konnte, ohne daß er sie jemals aufgedrängt hätte, hat mir die Anfänge als sein Bochumer Lehrstuhlnachfolger sehr erleichtert. In großer Dankbarkeit widme ich Christoph Krampe daher einen Beitrag, der auf meine Bochumer Antrittsvorlesung zurückgeht. 1 Günther Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), 9 – 26. 2 Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band: Allgemeiner Teil, 13. Aufl. München 1982, § 34 V mit Fn. 74. 3 Jahr, AcP 168 (1968), 13.
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I. Einführung Im Grundsatz ist nur derjenige befugt, ein subjektives Recht prozessual geltend zu machen, der behauptet, daß es ihm selbst oder der von ihm vertretenen Partei zustehe. Wer im eigenen Namen ein fremdes Recht einklagt, dem fehlt nach herrschender Ansicht die Prozeßführungsbefugnis; seine Klage wird als unzulässig abgewiesen.5 In manchen Fällen sieht das Gesetz Ausnahmen von diesem Grundsatz vor: So können etwa Vermögensverwalter wie Testamentsvollstrecker (§§ 2212, 2213 BGB), Nachlaß- (§ 1984 BGB) oder Insolvenzverwalter (§ 80 InsO) im eigenen Namen über Rechte prozessieren, die zum verwalteten Vermögen gehören; wer nach Rechtshängigkeit der Klage das eingeklagte Recht überträgt, kann nach § 265 II 1 ZPO den Prozeß als Kläger weiterführen. Nach herrschender Meinung kann die Prozeßführungsbefugnis bekanntlich auch durch Parteiakt übertragen werden, mit der Folge, daß der solcherart „Ermächtigte“ im eigenen Namen über das beim Ermächtigenden verbleibende subjektive Recht prozessieren kann.6 Liegt eine solche „gewillkürte Prozeßstandschaft“ vor, wird von dem subjektiven materiellen Recht, auf welches sich die Klage gründet, die Befugnis getrennt, dieses Recht gerichtlich geltend zu machen (im Folgenden: Klagebefugnis). Der Prozeßstandschafter ist Partei des Rechtsstreits, ohne am streitgegenständlichen materiellen Rechtsverhältnis beteiligt zu sein; der materiell Berechtigte ist nicht Partei, obwohl über sein Recht prozessiert wird. Die Frage, wie sich nach einer solchen Trennung und der Einleitung eines Prozesses Parteistellung und materielle Berechtigung zueinander verhalten, wird in vielen Fällen auch praktisch bedeutsam. Kann der 4 Helmut Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 35. Aufl., München 2011, § 14 Rn. 14. Näher zum Verhältnis zwischen Einziehungsermächtigung und Prozeßstandschaft Frank, Die Verschiebung von Prozeßrechtsverhältnissen mit Hilfe der gewillkürten Prozeßstandschaft, ZZP 92 (1979), 321 – 351, 333 ff. 5 Leo Rosenberg / Karl-Heinz Schwab / Peter Gottwald, Zivilprozeßrecht, 17. Aufl. 2010, § 46 Rn. 46; Othmar Jauernig, Zivilprozessrecht, 29. Aufl. 2007, § 22 II; Hans-Martin Pawlowski, JuS 1990, 378 – 382, 379 f.; abweichend indes Wolfgang Grunsky, Prozessstandschaft, in: K. Schmidt (Hrsg.), 50 Jahre Bundesgerichtshof – Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. 3, München 2000, 109 – 126, 122 ff. – Grundlegend zum „Prozeßführungsrecht“ Konrad Hellwig, Prozessführungsrecht und blosse Prozessführungsmacht, Das Recht 1902, 29 – 31 und 63 – 65, und dazu die prägnante Zusammenfassung von Gerhard Lüke, Die Prozeßführungsbefugnis, ZZP 76 (1963), 1 – 31, 11 f. 6 Vgl. nur Bork, in Stein / Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 22. Aufl., Tübingen 2004, vor § 50 Rn. 51 und Rosenberg / Schwab / Gottwald (Fn. 5), § 46 Rn. 33, jeweils mit zahlreichen Nachweisen. – Ablehnend noch Siber, in: Planck’s Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band II / 1, 4. Aufl., Berlin 1914, § 398 Erl. 1 b β; Konrad Hellwig, Lehrbuch des Deutschen Civilprozeßrechts, Bd. I, Leipzig 1903, § 49 IV, § 56 I; Andreas v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II / 1, ND Berlin 1957, § 45 I; Bd. II / 2, Berlin 1918, § 77 IV; aus jüngerer Zeit noch R. Frank, Die Verschiebung von Prozeßrechtsverhältnissen mit Hilfe der gewollkürten Prozeßstandschaft, ZZP 92 (1979), 321 – 351, und Haimo Schack, Prozessführung über fremde Rechte, in: Schilken / Kreft / Wagner / Eckardt (Hrsg.), Festschrift für Walter Gerhardt, Köln 2004, 859 – 878, 873 f. Zum seinerzeitigen Streitstand Stathopoulos, Die Einziehungsermächtigung, Karlsruhe 1968, 125 ff.
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Prozeßstandschafter als Inhaber der Klagebefugnis über das materielle Recht verfügen und es gar zum Erlöschen bringen, etwa indem er – beispielsweise im Rahmen eines Prozeßvergleichs – auf das Recht verzichtet? Hätte ein solcher Prozeßvergleich zur Folge, daß auch der Inhaber des materiellen Rechts nicht mehr erfolgreich klagen kann? Wirkt die Prozeßführung überhaupt auch gegenüber dem Rechtsinhaber, so daß dieser etwa nicht erneut klagen kann, wenn der Prozeßstandschafter mit seiner Klage rechtskräftig abgewiesen wurde? In diesen Fragen hat sich längst eine gefestigte herrschende Meinung ausgebildet. Ihre Vertreter gehen davon aus, daß die „Ermächtigung“ des Rechtsinhabers, mit der dieser dem Prozeßstandschafter die Klagebefugnis einräumt, zwar eine Prozeßhandlung sei.7 Ihre Wirksamkeit aber sei nicht nach Prozeßrecht, sondern nach Bürgerlichem Recht zu beurteilen.8 Trotz ihres materiell-rechtlich zu beurteilenden Tatbestandes soll die Prozeßführungsbefugnis in ihren Folgen von einer materiellen Einziehungsbefugnis strikt zu trennen sein: Prozeßstandschafter könne auch sein, wer materiellrechtlich nicht zur Einziehung der eingeklagten Forderung berechtigt sei.9 Was die Bindung des materiell Berechtigten an die Prozeßführung des von ihm eingesetzten Prozeßstandschafters angeht, so sei es im Interesse des Prozeßgegners geboten, dem Berechtigten eine nochmalige Klage zu verwehren, nachdem der Prozeßstandschafter rechtskräftig abgewiesen wurde.10 Dies rechtfertige sich dadurch, daß der Rechtsinhaber ja in die Prozeßführung eingewilligt habe.11 7 Ekkehard Schumann, Die Prozessermächtigung (die gewillkürte Prozessstandschaft) und der Rechtsschutz des Beklagten, in: Heinrich (Hrsg.), Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag, München 2004, 457, 473; Stein / Jonas / Bork (Fn. 6), vor § 50 Rn. 60; wohl auch Karl Michaelis, Der materielle Gehalt des rechtlichen Interesses bei der Feststellungsklage und bei der gewillkürten Prozeßstandschaft, in: Canaris / Diederichsen (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag, München 1983, 443 – 485, 463 („prozessuales Rechtsgeschäft“). Anders offenbar Rosenberg / Schwab / Gottwald (Fn. 5), § 46 Rn. 33 (§ 185 BGB). 8 Stein / Jonas / Bork (Fn. 6), vor § 50 Rn. 60; Gehrlein, in: Prütting / Gehrlein, 2. Aufl. Köln 2010, § 50 Rn. 39. Vgl. auch BGH NJW 2000, 738, 739 (Erlöschen der Ermächtigung entsprechend § 168 S. 2 BGB). 9 Vgl. eingehend G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 28 f. Vgl. auch Wolfram Henckel, Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeß, Heidelberg 1961, S. 109, 111 (die Zustimmung des Rechtsinhabers ersetze den Mangel der Verfügungsbefugnis beim Kläger) sowie Wolfgang Brehm, Die Klage des Zedenten nach der Sicherungsabtretung, KTS 1985, 1 – 15, 2, und Stein / Jonas / Bork (Fn. 6), vor § 50 Rn. 63 (klagt der nicht zur Einziehung berechtigte Prozeßstandschafter auf Leistung an sich, soll die Klage als unbegründet abzuweisen, also gleichwohl zulässig sein). Dezidiert anders namentlich Stathopoulos (Fn. 6), 127, 133 ff.: Wer nicht einziehungsberechtigt ist, ist nicht prozeßführungsbefugt. 10 Stein / Jonas / Bork (Fn. 6), § 325 Rn. 63. 11 Stein / Jonas / Bork (Fn. 6), vor § 50 Rn. 54; Arwed Blomeyer, Zivilprozeßrecht – Erkenntnisverfahren, Berlin et al. 1963, § 41 IV 4, § 92 I 3; Rosenberg / Schwab / Gottwald (Fn. 5), § 47 Rn. 62; Stathopoulos (Fn. 6), 118; G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 30 (Rechtskrafterstreckung kraft Vereinbarung zwischen Rechtsinhaber und Prozeßstandschafter); Brehm, KTS 1985, 1, 4; Pawlowski, JuS 1990, 378, 381; auch bereits RGZ 73, 306, 309. Anders etwa Lambros Sinaniotis, Prozeßstandschaft und Rechtskraft, ZZP 79 (1966), 78 – 98, 90 ff.: Die
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Schon diese kurze Zusammenstellung stimmt nachdenklich: Was für ein eigenartiges Geschöpf ist eine Prozeßhandlung, deren Tatbestand sich allein nach materiellem Recht richtet, deren Folgen aber wiederum allein auf prozessualem Gebiet liegen sollen? Es ist offenbar schon zweifelhaft, ob die Prozeßstandschaft nun ein prozessuales oder ein materiell-rechtliches Phänomen ist.12 Wenn schon in dieser grundlegenden Frage Zweifel bestehen, ist es wenig erstaunlich, daß in den darauf aufbauenden Fragen, nicht zuletzt etwa derjenigen nach der Rechtskraftwirkung für und wider den Berechtigten, unmittelbar auf die Interessenlage verwiesen wird, ohne daß deren Bewertung – über einen Verweis auf die Einwilligung des Rechtsinhabers hinausgehend – dogmatisch abgesichert würde. Daß es so schwierig ist, die Figur der gewillkürten Prozeßstandschaft dogmatisch zu erfassen, liegt in ihrer historischen Entwicklung begründet. Diese beginnt nur dem Begriff nach13 in der Prozeßrechtswissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts; die Wurzeln der gewillkürten Prozeßstandschaft liegen indes in den Grundlagen dieser Wissenschaft, den Quellen des klassischen römischen Rechts.
II. Klassisches römisches Recht 1. Actio und obligatio Bekanntlich ist das Verhältnis zwischen materiellem Recht und seiner Einklagbarkeit im System des klassischen römischen Rechts komplex, bedingt durch die Rolle des Prätors im klassischen Formularprozeß. Kraft seiner Amtsgewalt entschied der Prätor darüber, ob er für eine bestimmte Verbindlichkeit eine Klage, eine actio, gewährte und ein Gericht einsetzte oder nicht. So konnte es einerseits dazu kommen, daß er Gerichtshilfe gewährte, obwohl nach den Vorgaben des ius civile kein Recht des Klägers bestand. Andererseits konnte er auch in Fällen, in denen der Kläger nach ius civile im Recht war, Rechtsschutz verweigern, indem er schon kein Urteilsgericht einsetzte14 oder dem eingesetzten Richter durch einen Zusatz in dessen Entscheidungsprogramm, durch Einschaltung einer exceptio oder praescriptio Rechtskraft des von dem oder gegen den Prozeßstandschafter erstrittenen Urteils binde den Rechtsinhaber nur, wenn die Prozeßführungsbefugnis des Prozeßstandschafters diejenige des Rechtsinhabers ausschließe, was Sinaniotis (a. a. O., 98) entgegen der herrschenden Meinung auch bei der gewillkürten Prozeßstandschaft „stets … vermuten“ will. Wieder anders Helmut Rüssmann, Einziehungsermächtigung und Klagebefugnis, AcP 172 (1972), 520 – 554, 535 ff. (Anwendungsfall des § 325 ZPO, der im Sinne des materiellen Parteibegriffs auszulegen sei). 12 Vgl. zu der dahinterstehenden Frage, ob die Prozeßführungsbefugnis eine Figur des materiellen oder des Prozeßrechts ist, den Überblick über die dogmenhistorische Entwicklung bei G. Lüke, ZZP 76 (1963), 1, 6 ff., und Uwe Diederichsen, Die Funktion der Prozeßführungsbefugnis in ihrer Beschränkung auf Drittprozesse, ZZP 76 (1963), 400 – 423, 404 ff. 13 Vgl. unten bei Fn. 62. 14 Dazu mit Quellen und Literatur hier nur Max Kaser / Karl Hackl, Das römische Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. München 1996, § 32 IV 3.
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in die Klageformel, aufgab, die Klage unter bestimmten Voraussetzungen abzuweisen, obwohl das vom Kläger geltend gemachte Recht nach ius civile bestand. Mit dem Vorverständnis heutiger Zivilrechtsdogmatik liegt es nahe, im ersten Fall anzunehmen, der Prätor habe ein „materielles“ Recht geschaffen, indem er unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsschutz gewährte, ohne daß das ius civile ein einklagbares Recht vorgesehen hätte. Daß solche Vorstellungen auch den römischen Juristen nicht fern lagen, läßt sich an einem bedeutenden Beispiel der prätorischen Rechtsfortbildung belegen: dem Schutz der Erwerbsaussicht des Ersitzungsbesitzers. Obwohl dieser nach ius civile (noch) kein Eigentum erworben hat, schützt ihn der Prätor, als sei er bereits Eigentümer: gegen Herausgabeklagen des „eigentlichen“ Eigentümers mit der exceptio rei venditae et traditae, gegen Besitzentzug von dritter Seite mit der actio Publiciana, bei welcher der Ablauf der Ersitzungsfrist fingiert wird. Die Vorstellung, daß diesem Rechtsschutz eine Berechtigung des Ersitzungsbesitzers an der Sache zugrunde liegt, findet ihren Ausdruck in der Feststellung, die Sache gehöre in sein Vermögen (in bonis esse / habere). Ähnlich liegt es in Fällen, in denen wir heute von schuldvertraglicher Verpflichtung sprechen würden. Besonders deutlich wird dies bei den – in klassischer Diktion – durch Willensübereinstimmung (consensu) begründeten Obligationen, also namentlich aus Kauf, locatio conductio, Gesellschaft und Auftrag,15 die ursprünglich nicht einklagbar waren, bei denen der Prätor im Laufe der Zeit aber Rechtsschutz durch bonae fidei iudicia gewährte. Die in vorklassischer Zeit geschaffene Klageformel gibt als Grund für die Verurteilung die mitbürgerliche Loyalität, die bona fides an.16 Die rechtliche Analyse der klassischen Rechtswissenschaft reiht diese Fälle unter die nach ius civile einklagbaren Verpflichtungen wie diejenigen aus Delikt, stipulatio und mutuum und erhebt „obligatio“ zum gemeinsamen Oberbegriff.17 Die obligatio ist die materiell-rechtliche Grundlage der actio in einem ganz bestimmten Sinn: In dem Augenblick, in welchem der Prätor den Parteien einen iudex als Urteilsgericht zuweist, erlischt die ursprüngliche obligatio des Beklagten, und an ihre Stelle tritt seine aus der Einsetzung des Urteilsgerichts folgende Pflicht. Verurteilt ihn dieses, wird diese Haftung wiederum von derjenigen aus dem Urteil abgelöst. Aufgrund seiner obligatio muß sich der Beklagte dem Urteilsgericht stellen; mit dessen Einsetzung aber ist die obligatio verbraucht, „konsumiert“.18 Sie erlischt19 also, bevor der eingesetzte iudex sein Urteil fällt, bleibt indes auch nach ihrem Erlöschen insofern von Bedeutung, als der iudex sein Urteil danach zu fällen Gai. 3, 88.135. Zum Begriff der bona fides Alfred Söllner, Bona fides – guter Glaube?, SZ 122 (2005), 1 – 61. 17 Gai. 3, 88; Ulp. D. 50, 16, 19 (dazu aus jüngerer Zeit Generoso Melillo, Contrahere, pacisci, transigere – Contributo allo studio del negozio bilaterale romano, 2. Aufl., Neapel 1994). 18 Gai. 3, 180 f. 19 Vgl. dazu jüngst Anja Steiner, Die römischen Solidarobligationen – Eine Neubesichtigung unter aktionenrechtlichen Aspekten, München 2009, 6 ff. 15 16
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hat, ob den Beklagten (bei Vollendung der litis contestatio) die vom Kläger geltend gemachte Pflicht traf (si paret … dare / facere oportere …)20, womit sich die Klageformel auf nichts anderes als die obligatio beziehen konnte. In diesem komplexen Sinne läßt sich die obligatio also durchaus mit dem „Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“, gleichsetzen, das § 194 I BGB heute als Anspruch definiert.
2. Klage durch fremd- und eigennützige Dritte Die obligatio ist in den Augen der römischen Juristen indes weniger ein Recht und schon gar kein Rechtsgegenstand, sondern eher ein Zustand: Noch in nachklassischer Zeit wird die Etymologie des Wortes obligatio ernstgenommen, wenn sie als vinculum iuris bezeichnet wird,21 als eine rechtliche Fessel. Offenbar lebte in dieser Vorstellungswelt noch das Vollstreckungsrecht der XII Tafeln fort, das es erlaubte, den nicht leistenden Schuldner als Schuldknecht zu fesseln. Wer einem anderen etwas schuldet, bindet also seine Person an ihn. Solange man solchen Vorstellungen verhaftet war, war es auch undenkbar, das „Verlangenkönnen“ als ein disponibles Recht zu betrachten.22 Bekanntlich konnte der Berechtigte nach römischem Recht über die obligatio nicht einfach in der Weise verfügen, daß er sie ohne Mitwirkung des Verpflichteten auf einen Dritten überträgt, so daß der Verpflichtete sich auf dessen actio nun diesem vor Gericht zu stellen hätte.23 Gleichwohl mußte der Berechtigte nicht selbst klagen, sondern konnte sich zu diesem Zweck eines cognitor oder eines procurator bedienen. Diese klagten in eigenem Namen und wurden selbst Partei des Rechtsstreits; die Klageformel wurde in dem Teil, welcher die prozessuale Beteiligung betrifft, auf ihre Person umgestellt.24 Der Gedanke, daß eine Person materiell berechtigt sein konnte, einer anderen aber die Befugnis zustand, diese Berechtigung in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen, ist dem römischen Recht also nicht fremd. In ihrer Funktion gleichen procurator und cognitor indes einem heutigen Prozeßvertreter: Sie führen den Prozeß über das fremde Recht nicht in eigenem Interesse, sondern im fremden und letztlich auch mit Wirkung für den Rechtsinhaber.25 Daß der Prozeß überhaupt im eigenen Namen geführt wurde, liegt 20 Zum Präsens als Bezug auf den Zeitpunkt der litis contestatio Kaser / Hackl (Fn. 14), § 42 II; Steiner (Fn. 19), 9 f. mit Fn. 42. 21 I. 3, 13 pr. 22 Anders, nämlich mit der Herkunft der Obligationen aus dem Deliktsrecht und folglich mit einem personenbezogenen Sühnegedanken argumentierend, etwa Wladislaw Rozwadowski, Studi sul trasferimento die crediti in diritto romano, BIDR 76 (1973), 11 – 170, 15 ff. 23 In aller Deutlichkeit namentlich Gai. 2, 38. Vgl. zu diesem Prinzip schon Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, Cape Town et al. [1990], 58 f., im Anschluß an Fritz Schulz, Classical Roman Law, 1951 (ND Aalen, 2009), 628. 24 Vgl. Gai. 4, 86. 25 Die Prozeßführung durch den förmlich einzusetzenden cognitor wirkte unmittelbar wie diejenige durch den Rechtsinhaber, Gai. 4, 97. Gleiches galt ausweislich fr. vat. 317 für den zu
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darin begründet, daß das römische Recht eine direkte Stellvertretung im heutigen Sinne allgemein nur ganz ausnahmsweise zuließ.26 Das römische Recht kannte freilich auch „Prozeßvertreter“, die in eigenem Interesse tätig wurden. Mit der Figur des procurator oder cognitor in rem suam wurde funktional die Abtretung ersetzt: Der Berechtigte konnte zwar nicht die obligatio übertragen, aber einen Dritten mit der Prozeßführung gegen den Verpflichteten betrauen, indem er ihn zum procurator oder cognitor einsetzte, mit der Maßgabe, daß der Dritte das vom Verpflichteten Erstrittene behalten dürfe. Daß ein cognitor oder procurator in rem suam den Prozeß über ein fremdes Recht nicht nur in eigenem Namen, sondern auch im eigenen Interesse führt, hatte erhebliche Auswirkungen. Die obligatio als materielle Berechtigung und die actio als Möglichkeit, diese Berechtigung gerichtlich zu verfolgen,27 sind nur in diesem Fall deutlich voneinander getrennt. Waren cognitor oder procurator eingesetzt worden, um den Prozeß im Interesse des materiell Berechtigten zu führen, konnte dieser ihnen die Prozeßführung wieder entziehen, und zwar, wenn sachliche Gründe vorlagen, selbst dann noch, wenn schon ein Urteilsgericht eingesetzt worden, also schon eine auf die Person des procurator oder cognitor gemünzte Klageformel erteilt worden war.28 Eine solche translatio iudicii wurde indes nicht gewährt, wenn der procurator oder der cognitor in rem suam eingesetzt worden war: D. 3, 3, 25 Ulpianus libro nono ad edictum. Quae omnia (scil.: daß eine translatio iudicii aus sachlichem Grund möglich ist) non solum ex parte rei, sed etiam in persona actoris observabuntur. … plane si dicat in rem suam se procuratorem datum et hoc probaverit, non debet carere propria lite. …29
Aber selbst bevor der procurator in rem suam vor dem Prätor aufgetreten, also überhaupt prozessual in Erscheinung getreten war, konnte seine Einsetzung für den materiell Berechtigten bindend sein. Das zeigt sich in der Situation, daß der materiden Akten des Gerichts bestellten procurator. Im übrigen wirkte die Prozeßführung durch einen procurator nur dann für den Rechtsinhaber, wenn dieser tatsächlich einen Auftrag zur Prozeßführung erteilt hatte oder die Prozeßführung später genehmigte, weshalb der procurator dem Beklagten Sicherheit für den Fall zu leisten hatte, daß kein Auftrag erteilt worden war, die Genehmigung ausblieb und der Rechtsinhaber nochmals klagte, Gai. 4, 98. 26 Vgl. aber Thomas Finkenauer, Direkte Stellvertretung bei Stipulationen?, SZ 125 (2008), 440 – 497; zur „Stellvertretung“ im Besitz- und Eigentumserwerb Fabian Klinck, Erwerb durch Übergabe an Dritte nach klassischem römischen Recht, Berlin 2004, 189 ff., und ders., Die iusta causa beim Eigentumserwerb durch Stellvertreter, in: Harke (Hrsg.), Drittbeteiligung am Schuldverhältnis, Heidelberg et al. 2010, 17 – 34. 27 D. 44, 7, 51 Celsus libro tertio digestorum. Nihil aliud est actio quam ius quod sibi debeatur iudicio persequendi. 28 fr. vat. 341 … verba edicti talia sunt: „ei qui cognitorem dedit causa cognita permittam iudicium transferre“. … 29 All dies ist nicht nur auf seiten des Beklagten, sondern auch für die Person des Prozeßgegners zu berücksichtigen. … Wenn er allerdings vorträgt, er sei zum Prozeßvertreter in eigener Sache bestellt worden, und dies auch beweist, braucht er von seinem eigenen Rechtsstreit nicht Abstand zu nehmen. …
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ell Berechtigte und der zuvor eingesetzte procurator in rem suam zugleich aus derselben obligatio klagen wollen und sich deshalb beide an den Prätor wenden. Der materiell Berechtigte hat dann das Nachsehen: D. 3, 3, 55 Ulpianus libro sexagensimo quinto ad edictum. Procuratore in rem suam dato praeferendus non est dominus procuratori in litem movendam vel pecuniam suscipiendam: qui enim suo nomine utiles actiones habet, rite eas intendit.30
Die Entscheidung Ulpians, der praetor habe dem procurator in rem suam bei der Einsetzung eines iudicium gegenüber dem Forderungsinhaber den Vorzug zu geben, ist zwar allgemein formuliert; ihrer Begründung nach bezieht sie sich aber nur auf bestimmte Fälle: solche, in denen ein procurator in rem suam nicht allein die Klage aus der obligatio des Gläubigers, sondern eine dieser nachgeformten, „analoge“ Klage31 anstellen konnte. Ein solches eigenes Klagrecht war nach einem Reskript des Antoninus Pius dem Käufer eines Nachlasses (samt der dazugehörigen Forderungen) zu gewähren32 – der einzige für die klassische Zeit sicher belegbare Fall, dem schon in der frühen Nachklassik weitere folgen sollten33. Will man den begründenden Nachsatz nicht für eine spätere Ergänzung halten,34 belegt das Fragment die vorprozessuale Unentziehbarkeit der Klagebefugnis also nur – aber immerhin!35 – in diesem besonderen Fall.36 30 Wenn ein Prozeßvertreter in eigener Sache bestellt wurde, darf für die Führung des Prozesses oder den Empfang von Geld der Geschäftsherr dem Prozeßvertreter nicht vorgezogen werden. Denn wer in eigenem Interesse analoge Klagen hat, macht sie zu recht geltend. 31 Zu deren Formel namentlich Fridolin Eisele, Die actio utilis des Cessionars, Freiburg 1887, passim; ders., Die actio utilis suo nomine des Zessionars, SZ 40 (1906), 46 – 70; Wilhelm Hertz, Die actio utilis des Forderungspfandgläubigers und Cessionars im Formularverfahren, Breslau 1899, 5 ff.; Walter Drechsler, Die actio utilis des Zessionars, Borna-Leipzig 1914, 63 ff. Vgl. dazu aus jüngerer Zeit eingehend Rozwadowski, BIDR 76 (1973), 11, 135 ff. 32 Ulp. D. 2, 14, 16 pr., unten bei Fn. 41. 33 C. 4, 10, 1 (Gord., a. 242; Forderungsverkäufer war nach Erteilung des Klagemandats, aber vor litits contestatio durch den Forderungskäufer erbenlos verstorben); C. 4, 10, 2 (Val. et Gall., a. 260; eigenes Klagrecht des Ehemannes, wenn Mitgift in Forderung bestand). Vgl. dazu etwa Rozwadowski, BIDR 76 (1973), 11, 124 ff. 34 So Jan-Dirk Harke, Zum römischen Recht der Forderungsübertragung, TR 76 (2008), 1 – 18, 12, im Anschluß an Botho v. Salpius, Novation und Delegation nach römischem Recht, Berlin 1864, S. 402 f., mit dem Argument, die auf die actiones utiles abhebende Begründung lasse die Fallfrage offen, ob der procurator in rem suam „als solcher, also mit der im fremden Namen erhobenen Klage“ vorzuziehen sei. Die „Fallfrage“ dürfte freilich eher ganz allgemein dahin gegangen sein, wem ein Urteilsgericht gegen den Schuldner zu gewähren war. Der procurator in rem suam dürfte im Zweifel das eigene Klagrecht geltend gemacht haben, weil er bei Anstellung der actio des Gläubigers Sicherheit dafür zu leisten gehabt hätte, daß dieser seine Prozeßführung genehmigen würde (vgl. Fn. 25; gegen eine entsprechende Pflicht zur Sicherheitsleistung beim procurator in rem suam indes Harke, TR 76 [2008], 1, 11, ohne unmittelbare Quellenbelege). 35 Zu pauschal daher Zimmermann (Fn. 23), 61: Bis zur litis contestatio habe der Gläubiger die Ermächtigung des procurator in rem suam zur Klage frei widerrufen können. Dafür kann sich Zimmermann weder auf D. 3, 3, 16, 7 – ein Fehlzitat – stützen noch auf Paul. D. 3, 3, 42, 2, wo es um ganz andere Fragen geht.
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3. Actio und obligatio bei Einsetzung eines procurator / cognitor in rem suam Es bleibt noch die Frage, in welchem Verhältnis materielle Berechtigung und Klagebefugnis zueinander stehen, wenn beide in dieser Weise dauerhaft bei verschiedenen Personen liegen. Sie stellt sich etwa, wenn der procurator in rem suam oder der materiell Berechtigte mit dem Schuldner einen Vergleich schließen und es darum geht, ob dieser Vergleich für und gegen den jeweils anderen wirkt. Wesentliches Element eines (Prozeß-)Vergleichs ist in der Regel ein Teilerlaß der geltend gemachten Forderung. Nach römischem Recht ließ der formlose Erlaß die obligatio in ihrem Bestand in der Regel unberührt: Dem Berechtigten wurde also auch nach Vergleichsschluß eine actio gewährt, in deren Formel aber eine exceptio pacti eingeschaltet wurde, die dem iudex eine Verurteilung verbot, wenn und soweit die Parteien sich über das geltend gemachte Recht tatsächlich verglichen hatten.37 Da das römische Recht eine direkte Stellvertretung im allgemeinen nicht zuließ, konnte der materiell Berechtigte auch nicht unmittelbar an ein pactum gebunden sein, das sein procurator in seinen Angelegenheiten geschlossen hatte. Gleichwohl gewährten die römischen Juristen dem Schuldner auch in einem solchen Fall eine exceptio, wenngleich nicht unmittelbar aus der Abrede zwischen procurator und Schuldner, sondern aus dem allgemeineren Gedanken, daß die guten Sitten es unter gewissen Umständen erfordern, den Berechtigten an den Vergleich seines procurator zu binden – also keine exceptio pacti, sondern eine exceptio doli. Genaueres läßt sich aus der nachfolgenden Katene schließen: D. 2, 14, 10, 2 Ulpianus libro quarto ad edictum. Plerumque solemus dicere doli exceptionem subsidium esse pacti exceptionis: quosdam denique, qui exceptione pacti uti non possunt, doli exceptione usuros et Iulianus scribit et alii plerique consentiunt. ut puta si procurator meus paciscatur, exceptio doli mihi proderit, ut Trebatio videtur, qui putat, sicuti pactum procuratoris mihi nocet, ita et prodesse D. 2, 14, 11 Paulus libro tertio ad edictum. quia et solvi ei potest. D. 2, 14, 12 Ulpianus libro quarto ad edictum. Nam et nocere mihi constat, sive ei mandavi ut pacisceretur, sive omnium rerum mearum procurator fuit: ut et Puteolanus libro primo adsessorium scribit: cum placuit etiam rem in iudicium deducere.
36 Weitergehend indes Andreas Wacke, Übertragbarkeit des „iuris vinculum“ mittels Zession? – Zur duplex interpretatio römischer Rechtsquellen, in: Iuris vincula – Studi in onore di Mario Talamanca, Bd. VIII, Neapel 2001, 335 – 380, 350 f. – Anders für den Fall, daß ein procurator in rem suam solutionis causa eingesetzt wurde, C. 8, 41, 3 pr. (Gord., a. 239): Wenn noch eine litis contestatio durch den procurator erfolgt war, dieser noch keine Zahlungen erhalten hatte und der Schuldner noch nicht verständigt worden war, kann der „Zedent“ weiterhin selbst klagen. 37 Max Kaser, Das Römische Privatrecht, Bd. 1, 2. Aufl., München 1971, § 150 II pr., 3 mit Gai. 4, 116, 119 (… si inter Aulum Agerium et Numerium Negidium non convenit, ne ea pecunia peteretur…). Bei einem echten Prozeßvergleich nach Litiskontestation war die exceptio doli einschlägig, Ulp. D. 12, 6, 23, 3.
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D. 2, 14, 13 Paulus libro tertio ad edictum. Sed si tantum ad actionem procurator factus sit, conventio facta domino non nocet, quia nec solvi ei possit. (1) Sed si in rem suam datus sit procurator, loco domini habetur: et ideo servandum erit pactum conventum.38
Die Wechselwirkung zwischen actio und obligatio ist offenkundig. Wenn und weil der Schuldner mit befreiender Wirkung an den procurator zahlen kann, kann er auch aus einem mit dem procurator geschlossenen Vergleich gegen die actio des Gläubigers eine exceptio doli ableiten. Damit wird der Vergleichsschluß einer Zahlung gleichgestellt, obwohl er die obligatio als solche unberührt läßt und nur auf prozessualem Gebiet wirkt, während die Zahlung zum Erlöschen der obligatio führt. Es handelt sich auch nicht etwa um ein argumentum a maiore ad minus mit dem Inhalt: Wenn der procurator sogar die obligatio durch Annahme einer Zahlung zum Erlöschen bringen kann, muß er auch durch Vergleich die actio beseitigen können, die aus der obligatio folgt. Denn Puteolanus argumentiert auch umgekehrt: Wenn der procurator die Forderung gerichtlich geltend machen kann, also die actio hat, muß er auch mit befreiender Wirkung Zahlungen annehmen können.39 Materielle Berechtigung und Klagebefugnis werden also schlicht als zusammengehörig betrachtet. Beide Zuständigkeiten hängen davon ab, was das Mandat des materiell Berechtigten abdeckt. Aus dieser Gleichbehandlung läßt sich aber nicht ohne weiteres eine Gleichsetzung folgern. Es ist nicht gesagt, daß der Vergleichsschluß in den Augen der römischen Juristen neben einer Verfügung über die Klagebefugnis, die actio, auch eine Verfügung über das materielle Recht enthalte. Näher liegt vielmehr, daß sich die vergleichende Argumentation weniger auf dogmatische als auf sachliche Erwägungen stützte: Im wirtschaftlichen Ergebnis ist einerlei, ob die obligatio durch Tilgung erlischt und deswegen schon keine actio mehr hervorbringen kann oder ob sie zwar bestehen bleibt, einer actio des Berechtigten aber die exceptio doli
38 Wir pflegen meistens zu sagen, die Einrede der Arglist sei ein subsidiärer Behelf gegenüber der Einrede der formlosen Vereinbarung. Daß zum Beispiel diejenigen, welche die Einrede der Vereinbarung nicht geltend machen können, die Einrede der Arglist [mit Erfolg] erheben, schreibt auch Julian, und die meisten anderen stimmen zu. Beispielsweise wird, wenn mein Verwalter eine Vereinbarung trifft, mir die Einrede der Arglist helfen, so wie es schon Trebatius für richtig hält, der meint, ebenso wie eine Abrede meines Verwalters mir schade, sei sie mir auch von Nutzen, [Paulus:] da ja auch an ihn gezahlt werden kann. [Ulpian:] Denn es steht fest, daß die Vereinbarung auch schadet, sei es, daß ich ihn beauftragt habe, eine Vereinbarung zu treffen, sei es, daß er Verwalter meines Gesamtvermögens gewesen ist – wie auch Puteolanus im ersten Buch seiner Instruktionsschrift für Assessoren schreibt. Denn es ist anerkannt, daß er [in den Fällen] eine Sache auch rechtshängig machen kann. [Paulus:] Aber wenn er nur zur Prozeßführung als Vertreter bestellt ist, schadet eine von ihm getroffene Übereinkunft dem Geschäftsherrn nicht, weil an ihn auch nicht gezahlt werden kann. Wenn er aber zum Prozeßvertreter in eigener Sache bestellt ist, wird er wie der Geschäftsherr angesehen; und deshalb muß die geschlossene Vereinbarung anerkannt werden. 39 Zwingend ist diese Argumentation freilich nicht, denn war der procurator allein zur Prozeßführung bestellt worden, konnte er die Sache zwar vor Gericht bringen, aber keine Zahlungen annehmen: D. 46, 3 86 Paulus libro octavo ad edictum. Hoc iure utimur, ut litis procuratori non recte solvatur: nam et absurdum est, cui iudicati actio non datur, ei ante rem iudicatam solvi posse. si tamen ad hoc datus sit, ut et solvi possit, solvendo eo liberabitur.
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entgegengehalten werden kann. Also sind beide Fälle auch gleichzubehandeln; das Mandat für die Zahlungsannahme enthält dasjenige für den Vergleich und umgekehrt. Ganz anders aber stellt sich die Lage dar, wenn ein procurator in rem suam tätig wird. Er macht dann einen Anspruch geltend, der im Verhältnis zum Berechtigten dem procurator zusteht. In diesem Fall kann es nicht darauf ankommen, welches Mandat der Berechtigte dem procurator in rem suam erteilt hat: Vielmehr wird der procurator in rem suam, wie es am Schluß der eben wiedergegebenen Katene heißt, selbst wie der Berechtigte angesehen. Der procurator in rem suam kann das ihm übertragene Klagerecht daher auch aus eigener Machtvollkommenheit zunichte machen.40 Erkennbar wird dies in D. 2, 14, 16 pr. Ulpianus libro quarto ad edictum. Si cum emptore hereditatis pactum sit factum et venditor hereditatis petat, doli exceptio nocet, nam ex quo rescriptum est a divo Pio utiles actiones emptori hereditatis dandas, merito adversus venditorem hereditatis exceptione doli debitor hereditarius uti potest. 41
A hatte vom Erben B eine Erbschaft gekauft, zu der auch ein Anspruch gegen C gehörte. Ob der Erbe und Verkäufer B den Erbschaftskäufer A in Bezug auf diesen Anspruch schon zum procurator in rem suam gemacht hatte, wird nicht gesagt. Unabhängig davon aber wirkt ein Vergleichsschluß zwischen Erbschaftskäufer A und Schuldner C auch gegenüber dem Erben B, der materiell allemal Inhaber des Anspruchs bleibt: Seiner actio kann B die exceptio doli entgegenhalten; Erbschaftskäufer A kann über die Klagebefugnis also unabhängig von der Haltung des materiell Berechtigten verfügen – jedenfalls dann, wenn man jenem mit den actiones utiles „eigene“ Klagen zugesteht.42 Wie aber liegt es im umgekehrten Fall, wenn sich also der materiell Berechtigte mit dem Schuldner vergleicht, nachdem er einen procurator in rem suam eingesetzt hat? Gewisse Schlüsse erlaubt in dieser Frage D. 2, 15, 17 Papinianus libro secundo quaestionum. Venditor hereditatis emptori mandatis actionibus cum debitore hereditario, qui ignorabat venditam esse hereditatem, transegit: si emptor hereditatis hoc debitum ab eo exigere velit, exceptio transacti negotii debitori propter ignorantiam suam accomodanda est. …43 Vgl. gleichsinnig Marcian D. 20, 6, 8, 2. Wenn mit einem Erbschaftskäufer eine Erlaßabrede getroffen ist und der Verkäufer der Erbschaft klagt, steht ihm die Einrede der Arglist entgegen. Denn aus dem Reskript des vergöttlichten Pius, daß dem Erbschaftskäufer analoge Klagen zu gewähren seien, folgt, daß der Nachlaßschuldner die exceptio doli gegen den Erbschaftsverkäufer mit Erfolg nutzen kann. 42 Großzügiger zur Reichweite der Entscheidung Ulpians Wacke, Iuris vincula – Studi in onore di Mario Talamanca VIII, 335, 344, der aber ohne weiteres davon ausgeht, der Erbschaftskäufer sei bereits als procurator in rem suam eingesetzt worden (346 f.), und so eine entsprechende Differenzierung gar nicht in Erwägung zieht. 43 Der Verkäufer einer Erbschaft hat sich, nachdem er die Erbschaftsklagen schon auf den Käufer der Erbschaft übertragen hatte, mit dem Nachlaßschuldner, der nicht wußte, daß die Erbschaft verkauft war, verglichen. Wenn der Erbschaftskäufer diese Schuld von dem Schuld40 41
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Hier hatte der Erbe und Verkäufer B der Erbschaft den Erbschaftskäufer A schon als procurator in rem suam eingesetzt, damit dieser die Ansprüche, die zur gekauften Erbschaft gehörten, einziehen konnte. Sodann hatte Erbe und Verkäufer B sich aber mit dem Schuldner C verglichen, der vom Verkauf der Erbschaft nichts wußte. Diesen Vergleich muß A sich entgegenhalten lassen; B konnte als materiell Berechtigter also noch über die Klagebefugnis des A verfügen. Der Grund dafür liegt aber nicht in der materiellen Berechtigung des B, sondern allein in dem Anliegen, den gutgläubigen Schuldner C zu schützen. Dieser kann den Vergleich nur propter ignorantiam suam einredeweise gegenüber A geltend machen. Man wird wohl den Gegenschluß ziehen müssen: Wäre dem Schuldner bekannt gewesen, daß der Gläubiger den Anspruch gegen ihn verkauft hatte, hätte dieser auf die actio des Käufers nicht mehr einwirken können.44 Nimmt man all dies zusammen, ergibt sich: Die Verfügungsgewalt über die Klagebefugnis haftet nach römischer Vorstellung keineswegs an der materiellen Berechtigung; sie kann von ihr separiert werden. Soll derjenige, dem die Klagebefugnis übertragen wurde, diese im eigenen Interesse geltend machen, verliert der materiell Berechtigte dauerhaft die Möglichkeit, auf diese Befugnis einzuwirken. Die materielle Berechtigung, die bei ihm verbleibt, ist in Wahrheit nur eine weitgehend funktionslose Rechtshülle.
III. Windscheids „Entdeckung“ des Anspruchs und ihre Folgen Die Figur des procurator oder cognitor in rem suam, bei der die Trennung der materiellen Berechtigung von der Klagebefugnis sichtbar wird, hat im Gemeinen Zivilprozeßrecht ihre besondere Bedeutung verloren. Sie verdankt ihre Existenz allein der Tatsache, daß das klassische römische Recht im Grundsatz weder eine unmittelbare, direkte Stellvertretung noch eine Forderungsübertragung zuließ. Noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein hielt man auch für das Gemeine Zivilrecht mehrheitlich an der römischen Überzeugung fest, daß die obligatio als solche und das ihr entspringende Forderungsrecht nicht übertragbar seien.45 Der Gläubiger ner einklagen will, ist diesem, weil er die Klageabtretung nicht kannte, die Einrede des geschlossenen Vergleichs zu gewähren. … 44 Ebenso bereits Paul Gide, Études sur la novation et le transport des créances en droit romain, Paris 1879, 359; Rozwadowski, BIDR 76 (1973), 11, 158; Wacke, Iuris vincula – Studi in onore di Mario Talamanca VIII, 335, 354. Anders Harke, TR 76 (2008), 1, 14 f., unter Berufung auf C. 8, 41, 3 pr. (Gord., a. 239), wo es allerdings um den besonders gelagerten Fall einer „Forderungsübertragung“ an Zahlungs Statt geht (o. Fn. 36). 45 Vgl. zur nachklassischen Rechtsentwicklung den Überblick bei Rozwadowski, BIDR 76 (1973), 11, 161 ff., sowie knapper Zimmermann (Fn. 23), 62 ff., und Harke, TR 76 (2008), 1, 2 ff. Zur Haltung der Glosse Erich Genzmer, Nomina ossibus inhaerent, in: Mélanges Philippe Meylan, Bd. 1, Lausanne 1963, 159 – 165, sowie eingehend Richard Fränkel, Zur Zessionslehre der Glossatoren und Postglossatoren, ZHR 66 (1909), 305 – 348 und ZHR 67 (1910), 79 – 126.
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könne einem Dritten aber die Ausübung des Forderungsrechts zu eigenem Vorteil überlassen, ihn eben zum procurator in rem suam bestellen. Dies, also die Überlassung des Forderungsrechts zur Ausübung im eigenen Namen, bezeichnete man als Abtretung oder Zession.46 Eine durchgreifende Wende trat erst ein, als Bernhard Windscheid 1856 sein epochemachendes Werk über „Die Actio des römischen Zivilprozesses“ veröffentlichte, in dem er sich mit dem Verhältnis zwischen materiellem subjektivem Recht und actio auseinandersetzte. Seinerzeit herrschte die namentlich von Friedrich Carl v. Savigny vertretene Lehre, nach welcher die Verletzung des materiellen subjektiven Rechts die actio hervorbringt: Die actio sei die Befugnis, von demjenigen, der das Recht verletzt habe, die Aufhebung der Verletzung zu verlangen, sie sei eine „besondere Gestalt, welche das Recht infolge seiner Verletzung annimmt“,47 nämlich das Recht „im Zustand der Vertheidigung“48. Gegen diese Lehre wendet sich Windscheid.49 Im römischen Recht, so Windscheid, habe der Prätor eine actio unabhängig davon gewähren können, ob dem Antragsteller ein materielles Recht zustehe; die actio des römischen Rechts sei von einem zugrundeliegenden materiellen subjektiven Recht also unabhängig gewesen. An die Stelle der actio trete im geltenden Recht nun der Anspruch als das Recht, von einem anderen etwas zu verlangen. Da aber das geltende Recht für jede Verletzung eines subjektiven Rechts Rechtsschutz gewähre, sei der Anspruch anders als die actio keine von dem ihm zugrunde liegenden subjektiven Recht unabhängige Erscheinung; vielmehr folge der Anspruch aus dem verletzten Recht. Nur bei den dinglichen Rechten wie dem Eigentum könne man zwischen verletztem Recht und Anspruch überhaupt trennen, weil sich das Eigentum nicht etwa in dem Anspruch erschöpfe, die Sache von einem anderen herauszuverlangen; anders sei dies bei persönlichen Rechten, bei Obligationen: Diese erschöpften sich in den Ansprüchen.50 In frühen 46 Vgl. etwa noch Christian Friedrich Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, 3. Aufl., Stuttgart 1836, S. 222: „Cession ist die Uebertragung der Befugniß, ein fremdes Forderungsrecht als eignes geltend zu machen“. 47 Friedrich Carl v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. V, Berlin 1841, § 205. 48 v. Savigny, System V, § 204. Vgl. dazu Johann Braun, Leistung und Sorgfalt, AcP 205 (2005), 127 – 158, 135. Ähnlich noch W. Kroll, Klage und Einrede nach Deutschem Recht, Berlin 1884, 25 („… das Recht … in Gestalt der Rechtsverfolgung“). 49 Bernhard Windscheid, Die Actio des römischen Civilrechts vom Standpunkte des heutigen Rechts, Düsseldorf 1856, ND Aalen 1969, das Folgende schon auf S. 4 ff. 50 Ähnlich insoweit etwa Rudolph Sohm, Der Begriff des Forderungsrechts, GrünhutsZ 4 (1877), 457 – 474, 458 f.: „Das Recht des Gläubigers erschöpft sich in dem Dasein der schuldnerischen Verbindlichkeit“. So im übrigen auch noch der Standpunkt der Ersten Kommission (bei Mugdan [Hrsg.], Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. 1, Berlin 1899, 512), im Anschluß an den Vorentwurf von Gebhard (bei Jakobs / Schubert [Hrsg.], Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Bd. I / 1, Berlin 1981, 328 ff.). Die heftige und eingehende Kritik von Otto v. Gierke, Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, Leipzig 1889, 40 ff., zeigte bei der Zweiten Kommission keine Wirkung.
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Auflagen seines Lehrbuchs des Pandektenrechts bringt Windscheid diesen Gedanken wie folgt auf den Punkt: „Das persönliche Recht ist nichts als Anspruch …; das persönliche Recht geht in dem Anspruche oder den Ansprüchen, welche es erzeugt, auf“.51 Diese Anschauung mußte sich entscheidend auf die Zessionslehre auswirken. Im römischen Recht, so meinte Windscheid, führe die Einsetzung eines procurator oder cognitor in rem suam letztlich dazu, daß die actio des materiell Berechtigten auf den procurator oder cognitor übergehe. Die Obligation dagegen verbleibe beim materiell Berechtigten. Für das geltende Recht mußte die Übertragbarkeit der actio andere Folgen haben, da Windscheid ja den Anspruch als materielle Berechtigung mit der actio gleichsetzte. In den Worten Windscheids: „Für uns ist, was die Römer actio nennen, rechtlich anerkannter Anspruch, die actio auf Erfüllung einer Obligation Forderungsrecht. Wir sagen also: durch die Cession geht das Forderungsrecht über, und, da wir Forderungsrecht und Obligation als gleichbedeutende Ausdrücke gebrauchen, auch: durch die Cession geht die Obligation über“.52 Die Figur einer von der materiellen Berechtigung in irgendeiner Weise selbständigen Klagebefugnis, die noch nach der Lehre v. Savignys große Bedeutung hatte, wurde damit durch einen rein materiell-rechtlich zu erfassenden Anspruch ersetzt und aus dem Rechtsleben getilgt. Entsprechend formuliert ein zeitgenössischer Rezensent Windscheids: „Im römischen Recht konnte die Klage ohne das zu Grunde liegende Forderungsrecht von den ursprünglich Berechtigten auf einen Andern übertragen werden. Es war dies nur möglich, so lange die actio unabhängig vom Recht, etwas Selbständiges war. Heutzutage wo die Klage nur Ausfluß eines Rechts, von diesem untrennbar ist, kann nicht die bloße Befugniß zur Geltendmachung eines Rechts ohne den Anspruch selbst übergehen. In allen Fällen also, wo bei den Römern der Übergang des Klagrechts vorkommt, müssen wir das volle Recht als übergegangen betrachten; wir kennen keine Cession der Klagen mehr, sondern nur eine Cession der Forderungsrechte“.53 Trotz anfangs heftiger Kritik drangen Windscheids Anschauungen durch. Die Klagebefugnis als selbständiger Gegenstand des Zivilrechts war damit erledigt. Wird in der zivilprozeßrechtlichen Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts über das „Klagerecht“54, die „Klagebefugnis“55 oder den „Rechtsschutzanspruch“ dis51 Bernhard Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, 5. Aufl., Frankfurt / Main 1882, § 43.1 (vgl. auch § 106 Fn. 1). – Jürgen Schmidt, „Actio“. „Anspruch“. „Forderung“., in: Martinek / Schmidt / Wadle (Hrsg.), Festschrift für Günther Jahr zum 70. Geburtstag, Tübingen 1993, 401 – 419, 406, schreibt Windscheid die These zu, das notwendige materiellrechtliche Substrat einer Klage sei nicht ein verletztes Recht, sondern der Anspruch; daran entzündet sich Schmidts Kritik an den Windscheid’schen Lehren. Mit dem eben Wiedergegebenen ist diese These schwerlich in Einklang zu bringen. 52 Windscheid, Actio (Fn. 49), S. 148; vgl. auch schon Karl Ludwig Arndts von Arnesberg, Lehrbuch der Pandekten, 9. Aufl., Stuttgart 1877, § 112 und § 254 mit Anm. 5. 53 E. Zimmermann, Heidelberger kritische Zeitschrift für die gesamte Rechtswissenschaft 5 (1859), 461 – 491, 484.
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kutiert, so bewegt man sich bei aller Uneinigkeit im Detail fast immer auf dem Boden der Lehren Windscheids: Es geht nahezu ausschließlich um ein gegen den Staat gerichtetes Recht, die Möglichkeiten dafür bereitzustellen, ein privates Interesse gegen den Beklagten prozessual durchzusetzen, bzw. um die Befugnis, diese Möglichkeiten wahrzunehmen.56 Die Klagebefugnis war also zum zivilprozessualen Seitenstück des öffentlichrechtlichen, gegen den Staat gerichteten Rechtschutzanspruchs verkümmert.57 IV. Prozeßstandschaft als Wiedergänger Windscheid war es bei seiner neuen Lehre von der actio insbesondere darum gegangen, das dogmatische Fundament für die Forderungsabtretung im modernen Sinne zu legen: im Sinne einer Übertragung des materiellen Rechts vom früheren auf einen neuen Gläubiger. Nachdem ihm dies gelungen war, schien es in der Tat, als gehöre der Gedanke einer Aufspaltung von materieller Berechtigung und Klage54 So Theodor Muther, Zur Lehre von der römischen actio, dem heutigen Klagerecht, der Litiskontestation und der Singularsukzession in Obligationen, Erlangen 1857 (ND Aalen 1969), 40 ff. 55 Zum Streit, ob in diesem Zusammenhang besser von Recht oder Befugnis die Rede sei, Bülow, ZZP 27 (1900), 241 ff., und auch Adolf Wach, Handbuch des Deutschen Civilprozessrechts, Bd. I, Leipzig 1885, 22 f. 56 Bernhard Windscheid, Abwehr gegen Muther, Düsseldorf 1857 (ND Aalen 1969), 26. Entgegen Gerhard Wagner, Prozessverträge, Tübingen 1998, S. 402 Fn. 60, geht es bei Windscheid, Actio (Fn. 49), S. 222, noch um etwas anderes. Wenn danach „Klagerecht … nur dasjenige Recht genannt werden [kann], für [Hervorhebung von mir] welches … richterlich Hülfe durch Klage angerufen werden kann“, so ist damit die materielle Berechtigung gemeint, auf welche sich der Kläger beruft; dies ergibt sich im übrigen auch aus dem inhaltlichen Zusammenhang dieses Zitats mit der Lehre v. Savignys, actio sei das (im heutigen Sinne: materielle) Recht im Verteidigungszustand. So ist es auch zu deuten, wenn Windscheid, Pandekten (Fn. 51), § 122 Fn. 5, meint, „Klagerecht“ könne auch „das Recht gegen den Gegner“ bedeuten, „die Befugniß, durch Klage zu verfolgen, was man von ihm in Anspruch nimmt“. – Vgl. im übrigen die Diskussion bei Wach, Handbuch (Fn. 55), S. 19 ff., und eingehend ders., Der Rechtsschutzanspruch, ZZP 32 (1904), 1 – 34, sowie teils abweichend Oskar Bülow, Die neue Prozessrechtswissenschaft und das System des Civilprozessrechts, ZZP 27 (1900), 201 – 260, der gegen Wach die Unabhängigkeit der Klagebefugnis von der materiellen Berechtigung betont (etwa 219) und seiner Charakterisierung als subjektives Recht entgegentritt (241 ff.), aber gleichwohl nicht in Frage stellt, daß es sich bei dem „Rechtsschutzanspruch“ um das handelt, „was die Partei vom Gerichte behufs Erfüllung der ihm obliegenden Rechtsschutzaufgabe zu verlangen berechtigt ist“ (233 f.); ähnlich bereits Sohm, GrünhutsZ 4 (1887), 457, 465 ff. Weitergehende Ablehnung eines öffentlichrechtlichen Rechtsschutzanspruchs noch bei Josef Kohler, Der sogenannte Rechtsschutzanspruch, ZZP 33 (1904), 211 – 234, 220 ff. 57 Deutlich in diesem Sinne wiederum Sohm, GrünhutsZ 4 (1887), 457, 465 ff., Bülow, ZZP 27 (1900), 201, 233 f., 243, und auch schon Windscheid, Abwehr (Fn. 56), 26: Das Klagerecht gehöre nicht in das materielle, sondern das Prozeßrecht – dazu aber einschränkend Joachim Münch, Vollstreckbare Urkunde und prozessualer Anspruch, Köln et al. 1989, 44 f. –; ebenso dezidiert K. Hellwig, Anspruch (Fn. 5), 121 f. Vgl. zum heutigen Meinungsstand Wagner (Fn. 56), 391 ff., 501.
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befugnis ins rechtshistorische Museum58 – eine Reminiszenz an die bisweilen umständlich anmutende römische Rechtswissenschaft. Doch auch nachdem mit Windscheid die Möglichkeit einer Forderungsübertragung allgemein anerkannt war, gab es Fälle, in denen die Forderung und das Recht, diese gerichtlich geltend zu machen, in verschiedenen Händen lagen – das Gesetz selbst sah bisweilen eine solche Aufspaltung vor. Mit der reichseinheitlichen Civilprozeßordnung von 1877 war das gemeinrechtliche Verbot, streitbefangene Gegenstände zu veräußern, abgeschafft worden. Wer eine Forderung eingeklagt hat, kann diese also trotz Rechtshängigkeit abtreten. Jedoch soll diese Abtretung nach § 236 II CPO, dem heutigen § 265 II ZPO, auf den Prozeß keinen Einfluß haben. Der Kläger kann also die Forderung weiterhin in eigenem Namen gerichtlich geltend machen, obwohl er nicht mehr ihr Inhaber ist. In einem 1886 erschienenen Aufsatz stellte Adolf Wach fest, § 236 CPO habe eine Streitherrschaft höchst eigentümlicher Art geschaffen; den gelehrten Romanisten berühre es, so Wach, fast wie ein Klang aus alter Zeit.59 Wach vergleicht den Zedenten, der im eigenen Namen über ein fremdes Recht prozessieren darf, in der Tat mit dem cognitor und procurator des römischen Rechts, dies jedoch nur, um die Trennung zwischen prozessualer und materiell-rechtlicher Herrschaft über die Forderung zu veranschaulichen.60 Weitere Folgerungen zieht Wach aus diesem Vergleich nicht, sondern meint: „Vergebens suchen wir nach einer geläufigen Rechtserscheinung, welcher diese Prozeßfigur“ – also die Trennung von Klagebefugnis und materieller Berechtigung – „ganz entspräche.“61 In einem ebenfalls 1886 erschienen Aufsatz hatte Josef Kohler in anderem Zusammenhang für diese vermeintlich neue Erscheinung, also für die Berechtigung, fremde Rechte in eigenem Namen einzuklagen, einen Begriff erfunden: die Prozeßstandschaft.62 Im ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts festigte sich die Rechtsprechung des Reichsgerichts, daß der Inhaber eines Rechts einen Dritten ermächtigen könne, dieses in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen.63 Damit war die gewillkürte Prozeßstandschaft als Rechtsfigur anerkannt. Die Kritik an ihr 58 Entsprechend etwa Wach, Handbuch (Fn. 56), 614, zur Nebenintervention: Die ganze Kategorie des procurator in rem suam existiere nicht mehr, weil durch Abtretung einer Forderung das Recht selbst übergehe. Zum Verhältnis zwischen Nebenintervention und Prozeßführungsbefugnis grundlegend Windel, der Interventionsgrund des § 66 Abs. 1 ZPO als Prozeßführungsbefugnis, Heidelberg 1992. 59 Adolf Wach, Die Abtretung rechtshängiger Ansprüche in ihrem Einfluß auf den Prozeß, GruchotBeitr 10 (1886), 779 – 794, 792. 60 Wach, GruchotBeitr 10 (1886), 792 f. 61 Wach, GruchotBeitr 10 (1886), 793. 62 Josef Kohler, Der Dispositionsnießbrauch, JherJahrB 24 (1886), 187 – 328, 321. 63 Endgültig wohl mit RGZ 73 (1910), 306, 308. Das RG verweist hier auf eine bereits gefestigte Rechtsprechung, doch ging es in den in Bezug genommenen Urteilen teils um die Prozeßführungsbefugnis des Inkassozessionars, also des zwar treuhänderisch Gebundenen, aber gleichwohl materiell Berechtigten.
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ist bis heute nicht verstummt. Von Anfang an wurden jedoch weniger dogmatische Bedenken ins Feld geführt. Vielmehr ging und geht es den Kritikern vor allem um den Schutz des Beklagten davor, von einem anderen als dem Rechtsinhaber gerichtlich in Anspruch genommen werden zu können.64
V. Folgerungen Daß die Vertreter der herrschenden Meinung mit der Prozeßstandschaft eine Abspaltung der Klagebefugnis von der materiellen Berechtigung erlauben, rührt an die Grundlagen der Windscheid’schen Anspruchslehre: Als er obligatio und actio im Anspruch vereinigte, blieb doch, wie die Legaldefinition des Anspruchs in § 194 BGB festschreibt, das Verlangendürfen das Entscheidende. Dieses Verlangendürfen wurde zwar als materielles subjektives Recht eingekleidet; wesentliches Element aber ist die actio als Möglichkeit, das Recht im eigenen Namen einzuklagen. Wenn die Klagebefugnis ein wesentliches Moment des Anspruchs ist,65 kann sie von ihm ebensowenig getrennt werden wie etwa der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum von diesem getrennt werden kann, dessen bloßer Ausdruck er ist 66 – Windscheids Lehre vom Anspruch war ja gerade darauf gerichtet, die Trennung der Klagebefugnis von der materiellen Berechtigung zu überwinden! Auf ihrer Grundlage läßt sich daher nicht mehr schlüssig begründen, daß der Prozeßstandschafter eine Forderung einklagen darf, die ihm materiell nicht zusteht. Weil aber das System des geltenden
64 Vgl. neben den in Fn. 6 Genannten schon Hans Hellwig, Ermächtigung zur Prozeßführung über fremde Rechte im eigenen Namen, GruchotBeitr 55 (1911), 607– 625, 609 ff. 65 Daß der Rechtsschutz oder – mit Blick etwa auf die Einrede zu eng – die „Klagbarkeit“ ein begriffsbestimmendes Moment des subjektiven Rechts sei, ist spätestens seit Rudolf v. Jhering, Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Bd. III, 8. Aufl., ND Darmstadt 1954, § 60 (S. 339), ganz herrschende Meinung; vgl. dazu namentlich Klaus Friedrich Röhl / Hans Christian Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3. Aufl., Köln / München 2008, §§ 43, 46. Wenn viele – wie namentlich Münch, Vollstreckbare Urkunde (Fn. 57), 58 – dagegen meinen, die fehlende Klagbarkeit sage über die Existenz eines (materiellen) Anspruchs nichts aus, dürfte mit „Klagbarkeit“ an die Aussicht gedacht sein, ein stattgebendes Sachurteil zu erstreiten, so etwa (allerdings zur „Klagebefugnis“) deutlich J. Schmidt, in: Staudinger, 13. Bearb. 1995, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 150 ff. So verstanden ist die Feststellung berechtigt: Ein verjährter Anspruch etwa ist nach entsprechender Einrede des Schuldners in diesem Sinne nicht mehr „klagbar“ und bleibt gleichwohl ein Anspruch. Die Feststellung, daß die „Klagebefugnis“ als Befugnis, den Anspruch überhaupt zur richterlichen Sachentscheidung zu stellen, notwendiges Element des Anspruchs ist, bleibt von alledem unberührt. – Sohm, GrünhutsZ 4 (1887), 457, 467 f., will daraus, daß ein Gericht unabhängig von der materiellen Berechtigung des Klägers für und gegen diesen urteilen könne, schließen, daß „das ‚Recht zu klagen‘ (die actio im materiellen Sinn) … ausserhalb des Inhalts des Forderungsrechts“ liege. Daß aber ein Recht auch dann gerichtlich festgestellt werden kann, wenn es in Wahrheit nicht besteht, bedeutet nicht umgekehrt, daß es auch bestehen kann, ohne daß seine gerichtliche Feststellung zu erreichen wäre. 66 Vgl. nur Hans Josef Wieling, Sachenrecht, Bd. 1, Berlin et al. 2006, § 12 I 2 e mit zahlreichen Nachweisen.
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deutschen Privatrechts auf der Windscheid’schen Anspruchslehre aufbaut, ist es wenig erstaunlich, daß die Prozeßstandschaft in diesem System ein dogmatischer Fremdkörper geblieben ist. Wenn der Grund für dieses dogmatische Dilemma nach alledem in der dogmengeschichtlichen Entwicklung liegt, fragt sich zuletzt, ob sich aus der Dogmengeschichte auch Lösungsmöglichkeiten ableiten lassen. Dazu ist es notwendig, hinter die Windscheid’sche Lehre zurücktreten: zu den Quellen des römischen Rechts, aus denen Windscheid für seine Lehre geschöpft hat. Wie gesehen, kommt nach diesen Quellen alles darauf an, ob die Klagebefugnis im Interesse des Ermächtigten oder des materiell Berechtigten ausgeübt werden soll: Waren procurator oder cognitor im Interesse des materiell Berechtigten tätig, waren sie, wie gesehen, funktional dessen Vertreter. Ob sie auf die materielle Berechtigung einwirken konnten, etwa mit einem Vergleich, hatte nichts mit ihren prozessualen Befugnissen zu tun, sondern richtete sich danach, wie weit das Mandat des Berechtigten reichte. Wurden procurator oder cognitor dagegen eingesetzt, um das Recht im eigenem Interesse, in rem suam, einzuklagen, handelte es sich funktional um eine Rechtsübertragung. Die materielle Berechtigung des ursprünglichen Gläubigers bestand als bloße Hülle fort, aus der keine Befugnisse mehr ableitbar waren. Geht man nun mit der Lehre Windscheids davon aus, daß Berechtigung und actio untrennbar im Anspruch vereinigt sind, und will man wie Windscheid das geltende Zivilprozeßrecht aus seinen römisch-rechtlichen Grundlagen entwickeln, so ist es dogmengeschichtlich nur konsequent, auch für die dogmatische Einordnung der Prozeßstandschaft danach zu unterscheiden, ob der Prozeßstandschafter die ihm übertragene Klagebefugnis im eigenen Interesse oder aber im Interesse des Berechtigten ausüben soll. Der erstgenannte ist der absolute Regelfall. Überträgt der Anspruchsinhaber die Befugnis, das Recht im eigenen Namen und im eigenen Interesse geltend zu machen, liegt darin materiell eine Übertragung des Rechtes selbst. Dem Ermächtigenden verbleibt – wie bei der Prokuratur in rem suam des römischen Rechts – nur noch eine weitgehend inhaltsentleerte Hülle mit ganz eingeschränkter rechtlicher Funktion. Dies bestätigt ein Blick auf die praktisch wohl bedeutsamste Konstellation, in der auf die gewillkürte Prozeßstandschaft zurückgegriffen wird: die „revolvierende“67 Sicherungsglobalzession, bei welcher der Sicherungsgeber eine Gesamtheit gegenwärtiger und künftiger Forderungen auf den Sicherungsnehmer überträgt, bis zum Eintritt des Sicherungsfalles aber berechtigt bleiben soll, diese Forderungen im eigenen Namen und Interesse einzuziehen und gegebenenfalls auch einzuklagen. Daß der Sicherungszessionar bereits vor Eintritt des Sicherungsfalls Inhaber der abgetretenen Forderungen wird, hat allein den Zweck, die Forderungen in der Konkurrenz mit anderen Gläubigern seinem Zugriff zu unterwerfen. Von den wirtschaftlichen Absichten der Parteien her betrachtet überträgt der Sicherungszedent also nicht die Forderung, sondern nur den prioritären Vollstrekkungszugriff auf sie an den Sicherungszessionar. Daß die Parteien dies rechtlich in 67
Vgl. zu dieser Bezeichnung Wieling, Sachenrecht (Fn. 66), § 18 II 3 c Fn. 34.
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eine Vollrechtsübertragung mit anschließender Rückermächtigung einkleiden müssen, beruht auf den Vorgaben des Vollstreckungsrechts. Daß diese damit umgangen werden, steht auf einem anderen Blatt. Sie sollten jedenfalls nicht den Blick darauf verstellen, daß der „Prozeßstandschafter“ in Wahrheit weiterhin Rechtsinhaber und als solcher nicht nur prozeßführungsbefugt ist, sondern – als procurator in rem suam – auch jede Prozeßhandlung mit Wirkung für den „Zessionar“ vornehmen kann.
VI. Schluß Die dogmengeschichtliche Dekonstruktion der gewillkürten Prozeßstandschaft führt also zu folgenden Thesen: Mit der „Ermächtigung“ zur Prozeßführung in eigenem Namen werden Anspruch und Klagebefugnis nicht voneinander getrennt, eine solche Aufspaltung ist in einem auf der Windscheid’schen Anspruchslehre aufbauenden Rechtssystem gar nicht möglich. Eine isolierte Verfügung über die Klagebefugnis kann es in diesem System nicht geben. Im Regelfall wird der Prozeßstandschafter zur Prozeßführung im eigenen Interesse ermächtigt, was einer – womöglich vorübergehenden – Übertragung des Anspruchs gleichzustellen ist. Eine solche „Ermächtigung“ wäre also materiell-rechtlich zu erfassen und als Abtretung einzuordnen; im Falle der praktisch besonders bedeutsamen Globalsicherungszession ist statt einer Übertragung mit anschließender Rückermächtigung anzunehmen, daß der Sicherungsgeber von vornherein nur den dinglichen Erstzugriff auf die Forderungen im Sicherungsfall überträgt. Dafür, ob diese Thesen „richtig“ sind, ist eine rechtshistorisch konsequente Ableitung natürlich nicht allein entscheidend. „Richtig“ im Sinne der Interessenjurisprudenz sind diese Thesen nur, wenn sich auf ihrer Grundlage in möglichst vielen Einzelfragen ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen der Beteiligten herstellen läßt. Ob dies der Fall ist, werden weitere Untersuchungen zeigen müssen. Aber selbst wer diese Thesen verwirft, wird den „Beitrag der Rechtsgeschichte“ anerkennen müssen: Ohne sie wäre nicht einmal das dogmatische Grundproblem erkennbar geworden, in welchem die vielen streitigen Zweifelsfragen der gewillkürten Prozeßstandschaft wurzeln und das es zu lösen gilt, wenn man diese Fragen überzeugend beantworten will.
Geplanter pfandfreier Erwerb Von Georg Klingenberg I. Einleitung Mit Fragen der Rückabwicklung eines Verkaufs des Pfandobjekts hat sich Christoph Krampe in einer sehr tiefgehenden Studie befasst1. Ich freue mich, die folgenden Ausführungen, die ebenfalls den Verkauf des Pfandobjekts betreffen, dem Jubilar widmen zu können. Wenn es zu einem Pfandverkauf durch den Gläubiger kommt, so erlischt mit dessen Vollzug das Pfandrecht2, so dass der Käufer die Sache pfandfrei erwirbt. Umgekehrt ist durch die direkte Abwicklung zwischen Gläubiger und Käufer sichergestellt, dass der Kaufpreis zunächst an den Gläubiger geht, der daraus seine offene Forderung abdecken kann. Eine solche direkte Abwicklung zwischen Käufer und Gläubiger findet nicht statt, wenn ein Verkauf eines derzeit pfandbelasteten Objekts durch den Verpfänder vorgenommen wird. Unabhängig von der Streitfrage, ob mit der Verpfändung schon aus der Natur des Pfandrechts heraus3 oder kraft einer Abrede4 die Verfügungsbefugnis des Verpfänders eingeschränkt wird oder nicht5, bleibt jedenfalls das Pfandrecht aufrecht und der Käufer der actio Serviana des Pfandgläubigers ausgesetzt. 1 Christoph Krampe, Die Rückabwicklung des Pfandverkaufs: D. 20,6,10 Paulus libro tertio quaestionum, TR 59 (1991), 13 – 36. 2 Bei Mehrfachverpfändung erlöschen auch die Pfandrechte der Nachhypothekare: C. 8, 19,1 pr (a. 230); C. 8,17, 6 (a. 260); C. 4,10,6 und 7,1 (beide 293); Max Kaser, Römisches Privatrecht I, 1971, 467, 469; Wolfgang Kunkel / Theo Mayer-Maly, Römisches Recht, 1987, 209; Max Kaser / Rolf Knütel, Römisches Privatrecht, 2008, 31 Rz 30; Hans Ankum, Consequences of a pledge extinquished by merger in classical Roman law, in: Ex iusta causa traditum, Essays in honour of Eric H. Pool, Pretoria 2005, 3 – 20, 15 ff.; etwas vorsichtiger noch Johann Jakob Bachofen, Römisches Pfandrecht, 1847, Nachdruck 1997, 580 f., wonach die nachfolgenden Pfandrechte nur ope exceptionis erlöschen, und Heinrich Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts II, 1864, 224 f., der die Erlöschenswirkung auf den Käufer und dessen Rechtsnachfolger beschränkt. 3 Max Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht, TR 44 (1976), 233 – 289, 282 = Studien zum römischen Pfandrecht, Napoli 1982, 50. 4 Gerhard Schlichting, Die Verfügungsbeschränkung des Verpfänders im klassischen römischen Recht, 1973. 5 Gegen eine Einschränkung Kunkel / Mayer-Maly, Römisches Recht (Fn. 2), 202.
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Im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer gilt zwar auch diesbezüglich grundsätzlich das Eviktionsprinzip6, doch finden wir in den Quellen Belege dafür, dass über die Pflichten des Verkäufers zum ob evictionem se obligare, possessionem tradere und purgari dolo malo7 zusätzlich auch eine Depurierungspflicht8 vereinbart werden kann, womit wir uns zunächst beschäftigen (II.). Nach kurzen Betrachtungen über die Wege der Depurierung (III.) wenden wir uns der Frage zu, wie nach den Vorstellungen der römischen Juristen der vom Käufer erwartete Preis zur Pfandfreistellung verwendet werden kann (IV.).
II. Depurierung als ausdrücklich vereinbarte Vertragspflicht 1. Eine Depurierungspflicht kann zum Gegenstand einer zusätzlich zum Kaufvertrag abgeschlossenen Stipulation gemacht werden: D. 45,1,113,1 (Proculus libro secundo epistularum) Cum venderet aliquis, promisit emptori fideiussores praestari et rem venditam liberari: quae ut liberetur, nunc desiderat emptor: in mora est is, qui ea stipulatione id futurum promisit: quaero quid iuris sit. Proculus respondit: tanti litem aestimari oportet, quanti actoris interest. Als jemand verkaufte, versprach er dem Käufer in Stipulationsform die Stellung von Bürgen und die Freistellung des Kaufobjekts: Der Käufer verlangt nun, dass dieses freigestellt wird. Derjenige, der durch diese Stipulation versprochen hat, dass dies geschehen werde, ist in Verzug. Ich frage, was rechtens ist. Proculus erteilte das Gutachten: Der Streitwert muss so hoch geschätzt werden, wie viel das Interesse des Klägers beträgt.
C. 8,44,3 (a. 210). Paul. D. 19,4,1 pr.; Vincenzo Arangio-Ruiz, La compravendita in diritto romano I, Napoli 1961, 163; Salvatore Antonio Cristaldi, Il contenuto dell'obbligazione del venditore nel pensiero dei giuristi dell'età imperiale, Milano 1977, 121 ff. 8 Im österreichischen Recht ergibt sich die Depurierungspflicht aus § 928 S. 2 ABGB, sofern von den Parteien nichts Gegenteiliges vereinbart worden ist. Dabei wird entgegen der Lokalisierung der erwähnten Bestimmung im Gewährleistungsrecht vielfach die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Depurierung aus dogmatischer Sicht um keinen Gewährleistungsanspruch handelt (Vgl. OGH in Sammlung Zivilsachen 27 / 79; JBl 1964, 606; JBl 1988, 445; JBl 1992, 646; Armin Ehrenzweig, System des allg. öst. Privatrechts II / 1, 1928, 234 f.; Franz Gschnitzer, in: Heinrich Klang / Franz Gschnitzer, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch IV / 1, 2. Aufl. 1968, 523; Erich Feil, ABGB Handkommentar für die Praxis Bd. V, 217; Franz Gschnitzer / Christoph Faistenberger / Heinz Barta / Bernhard Eccher, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1985, 135; Heinrich Mayerhofer, Das Recht der Schuldverhältnisse – Allgemeine Lehren, 1986, 435; Martin Binder / Helmut Ofner, in: Michael Schwimann, ABGB Praxiskommentar Bd. IV, 3. Aufl. 2005, § 928 Rz 18 f.; Peter Bydlinski, in: Koziol / Bydlinski / Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB, 3. Aufl. 2005, § 928 Rz 4 f.; Brigitta Zöchling-Jud, in: Andreas Kletečka / Martin Schauer, ABGB-ON 1.00, § 928 Rz 23; dagegen Rudolf Reischauer, in: Peter Rummel, Kommentar zum ABGB Bd. I, 3. Aufl. 2007, § 928 Rz 10 und Peter Apathy, Die Lastenfreistellung nach § 928 S. 2 ABGB, NZ 2006, 289 – 292. 6 7
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Der Verkäufer hatte sich in der Stipulation sowohl zur Stellung von Bürgen als auch zur liberatio des Kaufobjekts verpflichtet; die generische Formulierung rem venditam liberari passt auf jede Art von Belastung, also z. B. auch auf eine Servitut, aber natürlich auch auf ein Pfandrecht. Proculus war mit der Frage befasst worden, was im Fall des Verzuges des promittierenden Verkäufers unternommen werden kann. Der Inhalt einer solchen Stipulation ist ein incertum, so dass für die klageweise Durchsetzung die actio ex stipulatu mit ihrer auf quidquid Num Num Ao Ao dare facere oportet lautenden intentio zuständig ist. Dieser im Vergleich zu einer intentio certa flexiblere Wortlaut erlaubt nach dem responsum des Proculus eine Verurteilung auf das Interesse9, also den Ausgleich jenes Schadens, den der Käufer durch den Verzug des Promittenten erlitten hat. Dass Proculus keine näheren Angaben dazu macht, wie dieses Interesse berechnet werden soll10, kann nicht verwundern, da aus der Anfrage wahrscheinlich gar nicht hervorging, mit welcher der geschuldeten Aktivitäten – Bürgenstellung oder liberatio oder etwa mit beiden – der Promittent in Verzug war. Bei einem bestehenden Pfandrecht hätte der Käufer – obwohl selbst nicht persönlicher Schuldner – auch die Möglichkeit, selbst den offenen Schuldbetrag an den Gläubiger zu zahlen und auf diese Weise das Pfandrecht zum Erlöschen zu bringen, daher wird in einem solchen Fall sein Interesse regelmäßig diesem Betrag entsprechen. Es kann aber auch andere Posten erfassen, etwa wenn er selbst weiterverkaufen wollte und infolge nicht rechtzeitiger liberatio durch den Promittenten einen diesbezüglichen ernsthaften Interessenten wegen der noch bestehenden Belastung wieder verloren hat. 2. Dass eine Pfandfreistellung auch Gegenstand einer Verpflichtung aus dem Kaufvertrag selbst sein kann, zeigt folgende differenzierende Entscheidung, die ich in mehrere Sinnabschnitte gliedere: D. 18,1,41 pr (Iulianus libro tertio ad Urseium Ferocem) (a) Cum ab eo, qui fundum alii obligatum habebat, quidam sic emptum rogasset, ut esset is sibi emptus, si eum liberasset, dummodo ante kalendas Iulias liberaret, Als jemand von demjenigen, der ein einem anderen verpfändetes Landgut hatte, dieses gekauft hatte, wobei er die rogatio so formulierte, dass es ihm gekauft sein solle, wenn er [der Verkäufer] es pfandfrei gestellt hat, sofern er die Freistellung vor den 1. Juli vornehme,
9 Vgl. Ferdinand Kniep, Die mora des Schuldners I, 1871, 91; Erich Genzmer, Der subjektive Tatbestand des Schuldnerverzugs, SZ 44 (1924), 86 – 163, 113; Franz Haymann, Haftung für unmittelbaren und mittelbaren Schaden beim Kauf, in: Studi in onore di Pietro Bonfante II, Milano 1930, 443 – 462, 460 Fn. 70; Max Kaser, Quanti ea res est, 1935, 87; Pasquale Voci, Risarcimento del danno e processo formulare nel diritto romano, Milano 1938, 62 Fn. 5; Salvatore Riccobono jr., Profilo Storico della dottrina della mora nel diritto romano, APal 29 (1962), 105 – 470, 255 f.; Dieter Medicus, Id quod interest, 1962, 213 Fn. 4; Max Kaser, Römisches Privatrecht I (Fn. 2), 514 Fn. 10. 10 Vgl. Dieter Medicus, Id quod interest, 221 Fn. 30.
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(b) quaesitum est, an utiliter agere possit ex empto in hoc, ut venditor eum liberaret. so ist gefragt worden, ob er erfolgreich mit der actio empti darauf klagen kann, dass der Verkäufer es pfandfrei stelle. (c) respondit: videamus, quid inter ementem et vendentem actum sit. Er erteilte das Gutachten: Sehen wir, was zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart worden ist. (d) nam si id actum est, ut omni modo intra kalendas Iulias venditor fundum liberaret, ex empto erit actio, ut liberet, nec sub condicione emptio facta intellegetur, veluti si hoc modo emptor interrogaverit: „erit mihi fundus emptus ita, ut eum intra kalendas Iulias liberes“ vel „ita, ut eum intra kalendas a Titio redimas“. Denn wenn das vereinbart worden ist, dass der Verkäufer auf jeden Fall bis zum 1. Juli das Landgut pfandfrei stellen soll, wird es die actio empti darauf geben, dass er die Freistellung vornimmt, und der Kauf ist nicht als unter Bedingung abgeschlossen zu sehen, so z. B. wenn der Käufer seine rogatio wie folgt formuliert hat: „Das Grundstück ist für mich in der Weise gekauft, dass du es bis zum 1. Juli pfandfrei stellst“ oder: „in der Weise, dass du es bis zu den Kalenden von Titius auslöst“. (e) si vero sub condicione facta emptio est, non poterit agi, ut condicio impleatur. Wenn aber der Kaufvertrag unter Bedingung geschlossen ist, wird nicht geklagt werden können, dass die Bedingung erfüllt wird.
Im Abschnitt (a) wird der Sachverhalt geschildert: Ein Grundstück, das derzeit mit einem Pfandrecht belastet ist, will ein Kaufinteressent lastenfrei erwerben. Er formuliert dazu die rogatio an den Verkäufer in der Weise, dass es ihm gekauft ist, wenn der Verkäufer es pfandfrei stellt, sofern dieser die Freistellung bis zum 1. Juli vornimmt. Das hier eingesetzte Verwenden von rogatio und Antwort11 als Mechanismus des konsensualen Vertragsabschlusses – freilich nicht in der bei Stipulationen begegnenden Förmlichkeit12 – ist schon für die Frühzeit bezeugt13 und in der Klassik auch noch in anderen Quellen durchaus präsent14. In diesem einleitenden Textabschnitt wird der fundus als obligatus bezeichnet. Aus den beiden in Abschnitt (d) gebrachten Formulierungen der rogatio ergibt sich jedoch, dass der Jurist nicht bloß eine hypothekarische Belastung („ut eum … … liberes“), sondern auch eine fiducia im Auge gehabt hat, worauf die Formulierung „ut eum … … redimas“ zu beziehen ist15. 11 Vgl. Filippo Cancelli, L’origine del contratto consensuale di compravendita nel diritto romano, Milano 1963, 116; Antonius Louisius Olde Kalter, Dicta et promissa, Utrecht 1963, 104; David Daube, Slightly Different, Iura 12 (1961), 81 – 116, 106 = Collected Studies in Roman Law II, Frankfurt 1991, 1048. 12 Zur Frage, ob die Stipulation als Vorbild diente Paul Frederic Girard / Félix Senn, Manuel élémentaire de droit romain, Paris 1929, 563 Fn. 4.; Arangio-Ruiz, Compravendita I (Fn. 7), 67 ff; Cancelli, Origine (Fn. 11), 116 ff. 13 Vgl. Varro, De r.r. 2,5,5; Plaut. Epidicus III,4. 14 Vgl. Ulp. D. 18,1,7,2; Paul D. 18,1,34,6; Iav. D. 18,1,64; Arangio-Ruiz, Compravendita I (Fn. 7), 68; Joseph Georg Wolf, Error im römischen Vertragsrecht, 1961, 36 f.
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Die im Abschnitt (b) gestellte quaestio geht darauf, ob der Käufer gegen den Verkäufer, der auf diese rogatio eingegangen ist, die actio empti auf Freistellung anstellen kann. Mit der Ausdrucksweise utiliter agere ist hier nicht eine actio empti utilis16 angesprochen, sondern eine erfolgreiche17 actio empti (directa) gemeint. Ob das ab (c) wiedergegebene responsum von Urseius Ferox18 oder von Julian19 stammt, muss letztlich offen bleiben20. Entscheidend für die Beantwortung der gestellten Frage ist demnach das „quid actum sit“. Einerseits ist als Inhalt des actum der Abschluss eines unbedingten Kaufvertrages mit Depurierungspflicht vorstellbar (d), andererseits der Abschluss eines Kaufvertrages unter der aufschiebenden Bedingung der Depuration bis zum 1. Juli (e). In der ersten Variante hat der Käufer die actio empti auf Depurierung bzw bei Untätigkeit des Verkäufers auf Schadenersatz, ähnlich wie im Fall von D. 45,1,113,3. In der zweiten Variante gibt es für den Kaufinteressenten keine actio darauf, dass die Bedingung erfüllt wird. Wie Daube gezeigt hat, orientiert sich das Fragment im Aufbau an einer aus der Vorklassik kommenden Struktur – wenn auch schon im „state of dissolution“21 –, bei der zu einer vorhandenen Formulierung eine Alternative aufgezeigt wird, die zu einer gegensätzlichen Rechtsfolge führen würde. Grammatikalisch ist die rogatio des Kaufinteressenten durch das einleitende si als Bedingung formuliert. Als Anlass dafür, dass der respondierende Jurist darüber hinaus auch eine vertragliche Pflicht in Erwägung zieht, wird dabei die zusätzliche dummodo-Passage in der rogatio22, aber auch das Interesse des Pfandgläubigers am Unterbleiben eines Verkaufs23 erwogen. Jedenfalls entsteht prima vista nach den Abschnitten (a) bis (c) der Eindruck, dass der Gebrauch des Wortes si in der rogatio kein ausreichendes Kriterium darstellt, um den Kauf zweifelsfrei als bedingt anzusehen24; das actum – also der
15 So auch Daube, Iura 12 (1961), 111 = Collected Studies II (Fn. 11), 1052; Martin Pennitz, Das Periculum rei venditae, 2000, 198; Ulrike Babusiaux, Id quod actum est, 2006, 173. 16 So Francis De Zulueta, The Roman Law of Sale, Oxford 1966, 97 Fn. c. 17 David Daube, Utiliter agere, Iura 11 (1960), 69 – 148, 91 ff. = Collected Studies II (Fn. 11), 942 ff.; ders., Iura 12 (1961), 107 = Collected Studies II (Fn. 11), 1049; Joseph Anthony Charles Thomas, Fictitious Satisfaction and Conditional Sales in Roman Law, Irish Jurist 1 (1966), 116 – 127, 117. Zum Sprachgebrauch in den Basiliken vgl. Renato Quadrato, Ancora su utiliter agere, Labeo 10 (1964), 356 – 363. 18 Daube, Iura 12 (1961), 106 = Collected Studies II (Fn. 11), 1047; Thomas, Irish Jurist 1 (1966), 117. 19 Fritz Pringsheim, Id quod actum est, SZ 78 (1961), 1 – 91, 33; Michael Artner, Agere praescriptis verbis, 2002, 74 Fn. 47. 20 Pennitz, Periculum (Fn. 15), 198; Babusiaux, Id quod actum est (Fn. 15), 174 Fn. 823. 21 Daube, Iura 12 (1961), 112 = Collected Studies II (Fn. 11), 1053. 22 Daube, Iura 12 (1961), 109 = Collected Studies II (Fn. 11), 1050; Babusiaux, Id quod actum est (Fn. 15), 174. 23 Pennitz, Periculum (Fn. 15), 198 Fn. 55. 24 De Zulueta, Law of Sale (Fn. 16), 28 f.; Thomas, Irish Jurist 1 (1966), 118; Babusiaux, Id quod actum est (Fn. 15), 174.
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tatsächliche Parteiwille – könnte auch anders sein25. Insofern passt die Entscheidung in die Tendenz des Vorranges der voluntas vor den verba. Etwas überraschend ist freilich der Umstand, dass die beiden Beispiele in Abschnitt (d) dann doch wieder auf die Formulierung der rogatio abstellen und das Bestehen einer klageweise durchsetzbaren Depurierungspflicht von der Verwendung der Worte „ita ut“ abhängig machen; erklärbar ist das damit, dass eine Gestaltung präsentiert werden sollte, in der ein darauf gerichtetes actum der Parteien keinem Zweifel unterliegen konnte. Damit hat auch die Auffassung von Daube viel für sich, der in unserem Fragment sprechende Jurist habe im konkreten Fall der eingangs im Abschnitt (a) zitierten Formulierung die Annahme einer Bedingung bevorzugt26; auch Gandolfi hat betont, dass es nicht darum geht, das vom Käufer gebrauchte si korrigierend in ein ita ut umzuinterpretieren27. Die Antwort, ob utiliter geklagt werden kann, wird jedenfalls erschöpfend gegeben. Babusiaux hat dazu auch die formeltechnischen Hintergründe der Differenzierung aufgezeigt: In der „ita-ut“-Variante ist die die Depurierungspflicht durch die weitgefasste intentio abgedeckt, während in der Bedingungsvariante der Erfolg der actio empti bei unterbliebener liberatio daran scheitert, dass das von der demonstratio geforderte emit nicht vorliegt28. Im Ergebnis liegt im Abschnitt (e) eine dem Typus incertus an – certus quando entsprechende Potestativbedingung29 vor, deren Erfüllung bis zum Juli offengehalten wird, wobei es ins freie Belieben des Verkäufers gestellt ist, durch liberatio den Kauf perfekt zu machen. Dem Käufer kommt es nur darauf an, ein lastenfreies Objekt zu erwerben, aber eben nicht ein belastetes, und bis zum 1. Juli diesbezüglich Klarheit zu haben. Dass hier – anders als in D. 18,1,50 (Verkauf einer Bibliothek unter der Bedingung, dass die kampanischen Gemeinderäte dem Käufer einen Platz zur Unterbringung zur Verfügung stellen)30 – bei Untätigkeit nicht die Erfüllungsfiktion herangezogen wird, lässt sich aus der Interessenlage erklären: Eine Pringsheim, SZ 78 (1961), 33. Daube, Condition Prevented from Materializing, TR 28 (1960), 271 – 296, 272 = Collected Studies II (Fn. 11), 996; ders., Iura 12 (1961), 116 = Collected Studies II (Fn. 11), 1056; anders (nämlich in dem Sinn, dass nur die verschiedenen Rechtsfolgen aufgezeigt werden, ohne dass eine Lösung präferiert wird) Babusiaux, Id quod actum est (Fn. 15), 174. 27 Giuseppe Gandolfi, Studi sull´interpretazione degli atti negoziali in diritto romano, Milano 1966, 132. 28 Babusiaux, Id quod actum est (Fn. 15), 174 f. 29 Pennitz, Periculum (Fn. 15), 200. 30 Zum Verhältnis unserer Stelle zu D. 18,1,50 vgl. Daube, Iura 12 (1961), 109 f. = Collected Studies II (Fn. 11), 1050 f.; Thomas, Irish Jurist 1 (1966), 121 f.; Pennitz, Periculum (Fn. 15), 196 f.; ders., Entwürfe zum europäischen Vertragsrecht und römischrechtliche Erfahrungen. Ein Beispiel aus dem Bedingungsrecht, in: Festschrift Willibald Posch II, 2011, 549 – 563, 553. Artner, Agere praescriptis (Fn. 19), 74 Fn. 47. Zu D. 18,1,50 zuletzt ausführlich Okko Behrends, Eine Bibliothek wird verkauft! Zum Ursprung der Bedingbarkeit des Kaufes und der Erfüllungsfiktion bei treuwidriger Bedingungsvereitelung, in: Fides humanitas ius: FS Labruna I, Napoli 2007, 361 – 385. 25 26
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Erfüllungsfiktion würde sich vor allem gegen den Käufer selbst auswirken, der etwas erwerben (und dafür auch den Kaufpreis zahlen) müsste, was er nicht wollte.
III. Die Wege der Pfandfreistellung 1. Solutio und satisfactio a) Unproblematisch ist eine Depurierung des Kaufobjekts in der Weise, dass der Verkäufer als Pfandschuldner dem Gläubiger das Geschuldete leistet (solutio). Wird die liberatio des Objekts erst nach Verkauf und Übergabe vorgenommen und durch eine neuerliche Kreditaufnahme bei einem neuen Geldgeber finanziert, so erlangt dieser trotz einer mit dem Schuldner getätigten conventio pignoris kein Pfandrecht, weil sich die Sache zum entscheidenden Zeitpunkt nicht mehr in bonis des Schuldners befunden hat31. Eine Depurierung wäre hingegen nicht geglückt, wenn die Verpfändung an den Neugläubiger vor der traditio an den Käufer erfolgt ist. b) Ist der Verkäufer des Pfandobjekts nicht selbst der persönliche Schuldner, hat er aber seine Sache für eine fremde Schuld verpfändet oder die Verpfändung seiner Sache durch einen anderen zugelassen, so muss er entweder auf den persönlichen Schuldner einwirken, dass dieser die solutio oder satisfactio vornimmt, kann aber auch selbst dem Gläubiger die Zahlung anbieten und aus dem Innenverhältnis beim Schuldner Regress nehmen. c) Die depurierende Wirkung der solutio und satisfactio – materiell das Erlöschen des Pfandrechts – ergibt sich unmittelbar aus dem Formelwortlaut32 der actio Serviana, einbezogen ist darin weiters der Annahmeverzug des Gläubigers33: Si paret inter Aum Aum et Lucium Titium convenisse, ut ea res qua de agitur Ao Ao pignori esset propter pecuniam debitam eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse eamque pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse neque per Aum Aum stare quo minus solvatur, nisi ea res arbitrio iudicis restituetur, quanti ea res erit, tantam pecuniam iudex Num Num Ao Ao condemnato, si non paret absolvito. Wenn es sich erweist, dass zwischen A.A. und L. Titius eine Vereinbarung getroffen wurde, dass die Sache, um die es hier geht, wegen einer geschuldeten Summe dem A.A. verpfändet sein soll, und dass diese Sache zur Zeit der Vereinbarung sich in bonis des L. Titius befand, und dass diese Summe weder bezahlt worden noch diesbezüglich Sicherheit geleistet worden ist und es auch nicht am A.A. gelegen ist, dass nicht gezahlt werden konnte, wenn diese Sache nicht nach dem Ermessen des Richters restituiert werden wird,
Pomp. D. 13,7,2. Otto Lenel, Das Edictum Perpetuum, 1927, 494; Dario Mantovani, Le formule del processo privato romano, Padova 1999, Nr. 13. 33 Das Erfordernis der Hinterlegung findet sich erst in Diocl. C. 8,30,3 (a. 293) und C. 8,13,3 (a. 294). 31 32
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dann soll der Richter den N.N. gegenüber dem A.A. zu so viel Geld verurteilen, wie viel die Sache wert sein wird; wenn es sich nicht erweist, soll er abweisen.
Die gleiche Trias an Tatbeständen (solutio, satisfactio, Annahmeverzug) findet sich – freilich nicht wie hier in negativer, sondern in positiver Formulierung (eamque pecuniam solutam esse eove nomine satisfactum esse aut per Aum Aum stetisse, quo minus solveretur) – als Verurteilungsvoraussetzung auch in der actio pigneraticia in personam34, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Begriffe in beiden Klagen einen ähnlichen Inhalt haben. Unter satisfactio35 ist im Rahmen dieser Klagen jeder mit Einwilligung36 des Gläubigers erfolgende Vorgang zu verstehen, der ihm eine anderweitige Befriedigung (wie z. B. durch datio in solutum) oder eine andere taugliche Sicherheit bietet wie z. B. die Stellung anderer Pfänder37, eines Bürgen38 oder eines anderen Schuldners39, ja sogar eines pretium40. Eine Ablehnung der angebotenen satisfactio durch den Gläubiger führt – anders als die an ihm scheiternde solutio – zu keinen Verzugsfolgen und läßt das Pfandrecht weiterhin aufrecht41.
2. Remissio des Gläubigers a) Im (oben wiedergegebenen) Formelwortlaut der actio Serviana ist ein Verzicht des Gläubigers nicht unter den negativen Voraussetzungen erwähnt. Ein durch pactum conventum erfolgter Verzicht des Gläubigers muss daher über eine exceptio prozessrelevant gemacht werden. Gaius zieht dazu neben der exceptio pacti in bestimmten Konstellationen auch die exceptio doli in Erwägung42. Marcian beginnt seine Ausführungen dazu mit der Feststellung: Creditor, ne pignori hypothecaeve sit res, pacisici potest43. Zu den anschließend behandelten besonderen KonstellatioLenel, EP (Fn. 32), 255; Mantovani, Formule (Fn. 32), Nr. 66. Dazu Ugo Brasiello, Satisfactio. Preliminari e diritto classico, Studi Senesi 52 (1938), 1 – 58, 41 ff.; Jules Roussier, Satisfacere, Studi de Francisci II, Milano 1956, 113 – 157; Sebastiao Cruz, Da solutio I, Coimbra 1962, 227 ff.; Mario Talamanca, Recensione a Garanzie delle obbligazioni - garanzie reali (di P. Frezza, 1963), Iura 15 (1964), 375 – 390, 387 f.; Generoso Melillo, In solutum dare, Napoli 1970, 1 ff.; Alfons Bürge, Geld- und Naturalwissenschaft im vorklassischen und klassischen römischen Recht, SZ 99 (1982), 128 – 157, 149. 36 Ulp. D. 13,7,9,3. 37 Afr. D. 23,3,50,1; Ulp. D. 13,7,9,3. 38 Lab. D. 20,6,14; Ulp. D. 17,7,9,3. 39 Ulp. D. 13,7,9,3; Dass dagegen in Gai D. 13,7,10 die Stellung eines expromissor nicht ausreicht, erklärt sich aus der prozessualen Situation, in der nicht von einem Einverständnis des Gläubigers ausgegangen werden kann. 40 Ulp. D. 13,7,9,3. 41 Ulp. D. 20,6,6,1. 42 Gai. D. 20,6,7,2. 43 Marci. D. 20,6,8,1. 34 35
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nen führt er aus, dass ein solches pactum entweder (aus der Beklagtensicht) proderit44 bzw. zum repellere45 führt oder (aus der Klägersicht) noceat46 bzw. inutilem sibi faciet hypothecariam actionem47. In der Diskussion darüber, ob auch filii oder servi mit libera administratio peculii ein solches pactum über peculiariter erhaltene Hypotheken tätigen können, wird als ein Argument auch auf den Umstand verwiesen, dass ein solches pactum remissionis auch gegen Entgelt (pretium) erfolgen kann48. b) Eine umfangreiche Kasuistik ist uns dazu überliefert, inwieweit in der Zustimmung des Gläubigers zum Verkauf ein Verzicht erblickt werden kann; die Geltendmachung erfolgt durch eine spezielle Einrede „si non voluntate creditoris veniit“49, die dem Käufer oder weiteren späteren Erwerbern gewährt wird. Der Umstand, dass der Verkauf mit Wissen des Gläubigers („sciente eo“) erfolgt ist, begründet noch keinen konkludenten Verzicht, weil der Gläubiger davon ausgehen konnte pignus sibi durare; nur eine ausdrücklich erteilte Zustimmung, sei es durch subscriptio der tabulae emptionis, sei es durch consensus sine scriptis, hat diese Wirkung50. Der ediktale Begriff veniit erfasst auch andere Veräußerungsvorgänge wie z. B. ein Legat51 oder eine Mitgiftbestellung52. c) Wird die Zustimmung zum geplanten Verkauf im Vorhinein erteilt, so greift das veniit der exceptio freilich erst dann, wenn der Kaufvertrag auch tatsächlich erfolgt ist53. Dabei kommt es nach Marcian nur auf den Vertragsabschluss an, nicht aber darauf, dass die Sache auch schon übergeben oder der Preis bezahlt worden ist54; anders wird das von Paulus gesehen, der auf den Vollzug durch Übergabe an den Käufer abstellt55 und weiter bei einer allfälligen Rückabwicklung des Kaufvertrags das pristinum ius des Gläubigers wiederaufleben lässt56. 44 Marci. D. 20,6,8,1 (Das vom Erben erwirkte pactum kommt auch dem Trebellianischen Restitutionsempfänger zugute). 45 Marci. D. 20,6,8,4 (pactum gegenüber einem von mehreren Pfandbestellern pro indiviso). 46 Marci. D. 20,6,8,2 (1. Fall: vom procurator in rem suam des Schuldners erwirktes pactum). Gai. D. 20,6,7,2 differenziert bezüglich der Einrede: Eine mit dem procurator des Schuldners getätigtes pactum ne res sit obligata führt zur exceptio doli, eines mit dem servus zur exceptio pacti conventi. 47 Marci. D. 20,6,8,2 (2. Fall: vom procurator in rem suam des Gläubigers getätigtes pactum). 48 Marci. D. 20,6,8,5; Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 616. 49 Marci. D. 20,6,8,9. Zu dieser exceptio Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 572 ff.; Schlichting, Verfügungsbeschränkung (Fn. 4), 98 ff.; Andreas Wacke, Prozeßformel und Beweislast im Pfandrechtsprätendentenstreit, TR 37 (1969), 369 – 414, 379 Fn. 41; Dietmar Schanbacher, Die Konvaleszenz von Pfandrechten im klassischen römischen Recht, 1987, 167 ff. 50 Marci. D. 20,6,8 15. 51 Marci. D. 20,6,8,11. 52 Marci. D. 20,6,8,13; Paul. D. 20,6,11. 53 Marci. D. 20,6,8,6. 54 Marci. D. 20,6,8,12.
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d) Auch Gaius und Marcian verwenden bei der unter Zustimmung des Gläubigers erfolgten Veräußerung vereinzelt eine materiell-rechtliche Terminologie, wie z. B. ein feststellendes liberatur hypotheca57 oder ein fragendes an … pignus exstinguatur?58; ähnlich wird bei einer infolge repudiatio gegenstandslos gewordenen Zustimmung zum Legat davon gesprochen, ut … convalescat pignus59. Diese Ausdrucksweise ändert freilich nichts daran, dass der Schutz des Erwerbers – wie sich aus den bereits vorgeführten Belegen beider Juristen ergibt – prozessual über eine exceptio erfolgt60. e) Das Motiv des Gläubigers zur Erteilung einer Zustimmung zum (exzeptionsbedingt) lastenfreien Verkauf durch den Schuldner liegt wohl vielfach in der Erwartung, dass dieser aus dem eingegangenen Kauferlös die Forderung wird abdecken können: Ob dieses Motiv – ut pretio accepto ipsi (scil. dem Gläubiger) quoque res expediat – vorliegt, ist für Marcian61 freilich eine quaestio facti, weswegen auch andere Motive – etwa Begünstigung des Empfängers62 – vorstellbar sind. Dem erstgenannten Motiv entspricht es auch, dass der Gläubiger seine Zustimmung an die Bedingung knüpfen kann, dass beim Verkauf ein bestimmter Mindesterlös erzielt wird63 oder dass zeitliche Vorgaben eingehalten werden64, weshalb bei deren Missachtung der Schutz durch die erwähnte exceptio entfällt.
IV. Die Verwendung des erwarteten Kaufpreises zur Schuldtilgung Neben der Erwartung des Gläubigers, dass der Kauferlös den Schuldner in die Lage versetzt, die offene Forderung zu begleichen, hat auch der Käufer, der lastenfrei erwerben will, ein Interesse daran, dass der Kaufpreis in diesem Sinn verwendet wird. Im modernen Rechtsleben erfolgt daher vor allem beim Verkauf von Hypothekargrundstücken die Abwicklung über einen Treuhänder, in dem etwa der vertragsverfassende Notar aus dem vom Käufer bei ihm eingehenden Preis die hypothekarische Belastung tilgt und nur das superfluum an den Verkäufer ausfolgt.
55 Zu diesem Gegensatz zwischen Paulus und Marcian vgl. Schanbacher, Konvaleszenz (Fn. 49), 168. 56 Paul. D. 20,6,10 pr. Dem Jubilar verdanken wir dazu die in Fn. 1 zitierte profunde Analyse. 57 Gai. D. 20,6,7 pr. 58 Marci. D. 20,6,8,12. 59 Marci. D. 20,6,8,12. 60 Vgl. Schanbacher, Konvaleszenz (Fn. 49), 168 Fn. 918. 61 Marci. D. 20,6,8,13. 62 So z. B. im Fall von Paul. D.20,6,11. 63 Marci. D. 20,6, 8,14. 64 Marci. D. 20,6,8,18.
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In den römischen Quellen ist eine derartige Abwicklung über einen Treuhänder nicht überliefert. Es finden sich bei den römischen Juristen jedoch vereinzelt Gedanken darüber, wie – vor allem aus der Sicht des Gläubigers – die Abdeckung seiner Forderung aus dem erwarteten Kauferlös bewerkstelligt werden kann. 1. Wir beginnen mit D. 13,7,6 pr (Pomponius libro trigensimo quinto ad Sabinum) Quamvis convenerit, ut fundum pigneraticium tibi vendere liceret, nihilo magis cogendus es vendere, licet solvendo non sit is qui pignus dederit, quia tua causa id caveatur. Sed Atilicinus ex causa cogendum creditorem esse ad vendendum dicit: quid enim si multo minus sit quod debeatur et hodie pluris venire possit pignus quam postea? Melius autem est dici eum, qui dederit pignus, posse vendere et accepta pecunia solvere id quod debeatur, ita tamen, ut creditor necessitatem habeat ostendere rem pigneratam, si mobilis sit, prius idonea cautela a debitore pro indemnitate ei praestanda. Invitum enim creditorem cogi vendere satis inhumanum est. Auch wenn vereinbart worden ist, dass du das verpfändete Grundstück verkaufen darfst, so bist du deswegen noch nicht gezwungen, es zu verkaufen, selbst wenn der Verpfänder nicht zahlungsfähig ist, weil die Abrede ja in deinem Interesse getätigt worden ist. Aber Atilicinus sagt, dass unter bestimmten Umständen der Gläubiger zum Verkaufen gezwungen ist. Denn was ist, wenn der Schuldbetrag weit geringer ist und heute das Pfand um mehr verkauft werden kann als später? Besser aber ist es zu sagen, dass derjenige, der das Pfand gegeben hat, dieses verkaufen und mit dem erhaltenen Geld das zahlen kann, was er schuldet, wobei es freilich so ist, dass der Gläubiger die Notwendigkeit hat, die verpfändete Sache zu zeigen, wobei ihm, wenn sie beweglich ist, vorher vom Schuldner ein geeignetes Versprechen für die Schadloshaltung zu leisten ist. Den Gläubiger nämlich gegen seinen Willen zum Verkauf zu zwingen ist genügend unmenschlich.
Umstritten ist, ob die Stelle auch schon für die klassische Zeit auf das pignus65 zu beziehen ist oder noch von der fiducia66 handelt67. Die aufgeworfene Frage, ob das
65 Alfred Manigk, Pfandrechtliche Untersuchungen I / 1, 1904, 89 ff.; Walter Erbe, Die Fiduzia im römischen Recht, 1940, 42 ff.; Bert Noordraven, Un caso di Pignus, BIDR 83 (1980), 247 – 253; Bert Noordraven, Die Fiduzia im römischen Recht, Amsterdam 1999, 22 f.; Andreas Wacke, Max Kasers Lehren zum Ursprung und Wesen des römischen Pfandrechts, SZ 5115 (1998), 168 – 202, 184 Fn. 63; Christian Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung nach Parteirollen 2, 1998, 658. 66 Paul Oertmann, Die Fiducia im römischen Privatrecht, 1890, 31 ff.; Otto Lenel, Pal. Nr. 797; Alberto Burdese, Lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, Torino 1949, 34 ff.; Ulrich von Lübtow, Catos leges venditioni et locationi dictae, in: Symb. Taubenschlag III, 1957, 227 – 441, 322; Paolo Frezza, Le garanzie delle obbligazioni II: Le garanzie reali, Padova 1963, 33; Arnaldi Biscardi, La „lex commissoria“ nel sistema delle garanzie reali, in: Studi Betti II, Milano 1962, 573 – 589, 587; ders., Appunti sulle garanzie reali in diritto romano, Milano 1976, 80 ff.; Riccardo Astolfi, I libri tres iuris civilis di Sabino, 1983, 19; Sergio Lazzarini, Sepulcra familiaria, Padova 1991, 52. 67 Nach Max Kaser, TR 47 (1979), 195 – 234, 212 Fn. 104 = Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 76 Fn. 104 behandelt Pomponius hier zwar die fiducia, bezieht dabei aber auch das pignus mit ein.
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pactum de vendendo zu einer Verkaufspflicht führt, kann sich nur auf einen Zeitraum nach bereits eingetretener Fälligkeit beziehen68. Die eingangs herausgestellte Ablehnung einer Verkaufspflicht, selbst im Fall der Insolvenz, gibt die Haltung des Sabinus wieder69. Demgegenüber spricht sich Atilicinus ex causa für eine Verkaufspflicht aus und bringt als Beispiel eine momentan günstige Marktlage, die dem Schuldner ein entsprechendes superfluum verspricht, das bei Zuwarten geringer ausfallen oder im Extremfall auch ganz wegfallen könnte. Für uns von Interesse ist die mit „sed melius est“70 beginnende Stellungnahme des Pomponius. Schon diese Einleitung zeigt, dass sich Pomponius keineswegs Atilicinus anschließt71, sondern davon abweicht72 und eine vermittelnde Lösung vorschlägt: Der Schuldner soll den Verkauf selbst vornehmen und aus dem erhaltenen Erlös die Schuld bezahlen. Damit der Schuldner den Verkauf überhaupt anbahnen kann, trifft den Gläubiger eine Pflicht zum ostendere. Das Interesse, vor der Kaufentscheidung die Sache zu Gesicht zu bekommen, besteht aber nicht nur bei beweglichen, sondern auch bei unbeweglichen Sachen73. Daher ist m.E. die Passage si mobilis sit nicht auf das vorangegangene ostendere, sondern auf die im Folgenden erwähnte Kautionsleistung zu beziehen74. Bei beweglichen Sachen kann das ostendere auch eine vorübergehende Überlassung des Objekts mitumfassen. Gegen dabei befürchtete Beschädigungen oder einen Verlust sichert sich der Gläubiger durch eine idonea cautela pro indemnitate ab, die der Schuldner zuvor zu leisten hat75. Diese Deutung der cautela76 wird dem Text eher gerecht als die Auffassung, Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 43. Otto Gradenwitz, Interpolationen in den Pandekten, 1887, 22; Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 42; Burdese, Lex commissoria (Fn. 66), 34; Astolfi, I libri (Fn. 66), 19; 273; Noordraven, Fiduzia (Fn. 65), 22; Josef Hofstetter, War Actilius schuldnerfreundlich?, in: Mélanges Fritz Sturm I, Liège 1999, 225 – 238, 226. 70 Freilich ist die Passage [sed melius est – fin], schon beginnend mit Faber, stark verdächtigt worden: siehe Ind. Itp. und weiters Ernst Levy, Weströmisches Vulgarrecht, Das Obligationenrecht, 1956, 193 Fn. 194; Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 42 ff.; Biscardi, Studi Betti II (Fn. 66), 587. Für Echtheit hingegen Manigk, Pfandrechtliche Untersuchungen 1 (Fn. 65), 89 ff.; Max Kaser, TR 47 (1979), 213 = Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 777 hält den Text zwar für überarbeitet, im Grundgedanken aber für echt; ähnlich schon Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 8. Bei anderen richtet sich der Unechtheitsvorwurf nur gegen die ab [tamen ita, ut …] herausgestellte Gläubigerpflicht zum ostendere und die Schuldnerpflicht zur Kautionsleistung (Wilhelm Kalb, Roms Juristen, 1890, 95 ff.; Burdese, Lex commissoria [Fn. 66], 34 bzw. überhaupt nur gegen letztere [Dernburg aaO]). Die Kritik am Schlusssatz stößt sich vor allem am inhumanum est; kein Verdacht bei Antonio Palma, Humanior Interpretatio, Torino 1992, 161; kritisch dazu Martin Schermaier, Rez. Antonio Palma, Humanior Interpretatio, Iura 44 (1993), 343 – 351, 346. 71 So aber Frezza, Garanzie reali (Fn. 66), 34; Astolfi, I libri (Fn. 66), 19. 72 Talamanca, Iura 15 (1964), 377 f.; Andreas Wacke, Max Kasers Lehren zum Ursprung und Wesen des römischen Pfandrechts, SZ 115 (1998), 168 – 202, 184 Fn. 64; Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung 2 (Fn. 65), 658; Hofstetter, Mélanges Sturm I (Fn. 69), 230. 73 Vgl. Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 8; Hofstetter, Mélanges Sturm I (Fn. 69), 231. 74 So schon Manigk, Pfandrechtliche Untersuchungen I / 1 (Fn. 65), 89. 68 69
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mit der cautela verspreche der Schuldner die primäre Verwendung des Kauferlöses zur Schuldtilgung77. Nach dem ostendere verbleibt die Sache zunächst weiterhin beim Gläubiger, zur endgültigen Herausgabe kommt es erst, wenn der Schuldner aus dem eingegangenen Kauferlös die Schuld getilgt hat78. Voraussetzung für diese Abwicklung ist freilich, dass ein Kaufinteressent gefunden wird, der zur Vorleistung des Preises bereit ist. 2. Eine Vorleistung des Käufers begegnet auch in: Paul. Sent. 2,13,3 Debitor creditori vendere fiduciam non potest: sed alii si velit vendere potest, ita ut ex pretio eiusdem pecuniam offerat creditori, atque ita remancipatam sibi rem emptori praestet. Der Schuldner kann dem Gläubiger das zur Sicherung übereignete Objekt nicht verkaufen. Aber einem anderen kann er es, wenn er will, verkaufen, in der Weise, dass er aus dem Kauferlös desselben die [geschuldete] Summe dem Gläubiger anbietet, und so die an ihn zurückmanzipierte Sache dem Käufer leistet.
Es geht um die Frage, ob der Schuldner als Fiduziant über die fiduziarisch manzipierte Sache – die hier kurz als fiducia bezeichnet wird79– einen Kaufvertrag abschließen kann. Anders als in der zuvor behandelten Stelle D. 13,7,6 pr kann sich die Äußerung auch auf den Zeitraum vor der Fälligkeit beziehen80. Im (hier nicht weiter interessierenden) ersten Satz, in dem ein Verkauf an den Gläubiger ausgeschlossen wird, handelt es sich um eine emptio rei suae81, die im rö-
75 So auch Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 611; Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 7; Hofstetter, Mélanges Sturm I (Fn. 69), 231, der freilich den Kaufinteressenten als denjenigen ansieht, der die cautio zu leisten hat; gegen letzteres spricht eindeutig der Wortlaut der Stelle: cautela a debitore … praestanda. 76 Auch wenn die Ausdruckweise cautela – statt cautio – in der Tat verdächtig erscheint, Gradenwitz, Interpolationen (Fn. 69), 22; Fritz Schulz, Einführung in das Studium der Digesten, 1916, 87, spricht das nur für einen Eingriff formaler Natur. 77 So Kaser, TR 47 (1979), 213 Fn. 107 = Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 77 Fn. 107; Wacke, SZ 115 (1998), 184 Fn. 64; Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung 2 (Fn. 65), 658. 78 Vgl Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 7; Burdese, Lex commissoria (Fn. 66), 38; von Lübtow, Symb. Taubenschlag III (Fn. 66), 323. 79 Vgl. Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 11 Fn. 9; Noordraven, Fiduzia (Fn. 65), 9; Gerd Krämer, Das besitzlose Pfandrecht, 2007, 14. 80 Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 82. 81 Otto Lenel, Quellenforschungen in den Edictcommentaren, SZ 3 (1882), 104 – 120 u. 177 – 197, 113; Heinrich Göppert, Zur Fiduzia cum amico contracta, SZ 13 (1892), 317 – 356, 330; Siegmund Schlossmann, Nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest, SZ 24 (1903), 13 – 49, 37 Fn. 1; Levy, Weströmisches Vulgarrecht (Fn. 70), 1956, 192; Biscardi, Studi Betti II (Fn. 66), 588; Kaser, TR 47 (1979), 334 Fn. 229 = Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 114 Fn. 229, ders., Ius publicum und ius privatum, SZ 103 (1986), 1 – 101, 87 Fn. 370.
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mischen Recht wegen rechtlicher Unmöglichkeit nichtig ist82. Ein derartiges Hindernis besteht bei dem als Gegensatz vorgeführten Verkauf an einen alius nicht: Das ist aber nicht als eine besondere Befugnis des Fiduzianten83 zu verstehen, sondern eine Anwendung des Prinzips, dass auch eine (derzeit noch) fremde Sache zum Gegenstand eines wirksamen Kaufvertrages als Verpflichtungsgeschäft gemacht werden kann84. Aus dem Text nicht eindeutig zu klären ist die Frage, ob die folgende Passage („ita ut ex pretio eiusdem pecuniam offerat creditori atque ita remancipatam sibi rem emptori praestet“) bloß die (vom Schuldner geplante) weitere Abwicklung beschreibt oder ob sie – ähnlich wie das für D. 18,1,41 pr zutrifft („ita ut eum redimas“)85 – den Inhalt einer Nebenbestimmung zum Kaufvertrag mit dem alius wiedergibt, mit welcher sich dieser die widmungsgemäße Verwendung des Kaufgeldes zur Auslösung und anschließenden Leistung des fiducia-Objekts sichert. Der Duktus der Stelle, der in erster Linie den Gegensatz (Verkauf an den Gläubiger – Verkauf an einen alius) herausstellt86, spricht m.E. für die erstgenannte Deutung. Klar ist hingegen aus dem si velit, dass für den Verkauf an einen alius eine Zustimmung des Gläubigers nicht erforderlich ist. Ein solches Verhalten des Schuldners kann – selbst wenn sich das Objekt beim Schuldner und nicht beim Gläubiger befindet – auch nicht als furtum fiduciae87 angesehen werden, da das vom Schuldner abgeschlossene bloße Verpflichtungsgeschäft der venditio noch kein subripere88 darstellt und die Veräußerung an den Käufer erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Schuld bereits getilgt ist. 3. Denkbar ist – auch wenn wir in den Quellen dazu für unsere spezifische Situation keinen ausdrücklichen Beleg finden – eine Abwicklung über eine Delegation, die nach abgeschlossenem Kaufvertrag erfolgt: Der Pfandgeber als Verkäufer weist den Käufer an, den der Schuldsumme entsprechenden Teil des Kaufpreises an den Gläubiger zu zahlen (delegatio solvendi) oder sich dazu durch Stipulation zu verpflichten (delegatio obligandi). Freilich hängt dieser Weg letztlich von der Initiative des Pfandgebers (von dem das iussum auszugehen hat) und nicht des Gläubigers ab. 82 Ulp. D. 50,17,45 pr; Peter Apathy, Emptio suae rei – § 878 ABGB, in: Iurisprudentia universalis, Festschrift Theo Mayer-Maly, 2002, 11 – 20. 83 So Paul Oertmann, Die Fiducia (Fn. 66), 172; Alfred Manigk, Fiducia, in: Pauly / Wissowa, Realencyclopädie (RE), Bd. VI, 2294; Erbe, Fiduzia (Fn. 65), 82; Frezza, Garanzie reali (Fn. 66), 23. 84 Burdese, Lex comissoria (Fn. 66), 38 Fn. 3; Noordraven, Fiduzia (Fn. 65), 167. 85 Dazu oben S. 195 ff. 86 Otto Gradenwitz, Cipriano interpolante se stesso?, SZ 50 (1930), 170 – 183, 181. 87 In dem Sinn, wie Hans Ankum, Furtum pignoris und furtum fuduciae im klassischen römischen Recht, RIDA 27 (1980), 95 – 143, 133 den Typus 4 b versteht: Der Fiduziant veräußert ohne Zustimmung des Gläubigers vor der Zahlung an einen Dritten. 88 Zum Verständnis des subripere als Unterschlagung in den auf die fiducia zu beziehenden Fragmenten D. 13,7, 22 pr und D. 47,2,80 siehe Ankum, RIDA 27 (1980), 133 f.; vgl. auch Max Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 250 f.
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Im Zuge der Abwicklung einer delegatio obligandi kommt es zu einer Novation89 der Forderung aus dem Deckungsverhältnis. Dies ist unproblematisch, wenn davon die Obligation aus dem Deckungsverhältnis in ihrer Gesamtheit betroffen ist: Gai.Inst. 2,3890 Obligationes quoquo modo contractae nihil eorum recipiunt: nam quod mihi ab aliquo debetur, id si uelim tibi deberi, nullo eorum modo, quibus res corporales ad alium transferuntur, id efficere possum; sed opus est, ut iubente me tu ab eo stipuleris; quae res efficit, ut a me liberetur et incipiat tibi teneri. quae dicitur novatio obligationis. Forderungen, auf welche Weise auch immer sie zustande gekommen sind, lassen keine dieser [zuvor beschriebnen Übertragungsarten] zu: Denn wenn ich will, dass das, was mir von irgendjemandem geschuldet wird, dir geschuldet werde, so kann ich das durch keine der Vorgangsweisen bewirken, mit denen körperliche Sachen an einen anderen übertragen werden; sondern es ist notwendig, dass auf mein iussum hin du es dir von ihm in Stipulationsform versprechen lässt. Das bewirkt, dass er mir gegenüber befreit wird und dir zu haften beginnt. Das wird Novation der Obligation genannt.
Was Gaius für die obligationes quouo modo contractae ausführt, erläutert Papinian am Beispiel der Kaufpreisforderung: D. 46,2,27 (Papinianus libro tertio responsorum) Emptor cum delegante venditore pecuniam ita promittit: „Quidquid ex vendito dare facere oportet“, novatione secuta usuras neutri post insecuti temporis debet. Wenn der Käufer auf Anweisung des Verkäufers die Summe wie folgt in Stipulationsform versprochen hat: „Was auch immer aus dem Kaufvertrag zu geben und zu tun an Verpflichtung besteht“, schuldet er nach erfolgter Novation für keinen nachfolgenden Zeitraum Zinsen.
Im Einleitungssatz [pecuniam] zu tilgen oder darin eine „linguistic oddity“91 zu sehen, besteht kein Anlaß92. Die incertum-Formulierung der Stipulation steht dazu nicht im Widerspruch, sondern kann deswegen gewählt worden sein, um auch allenfalls bisher angelaufene Zinsen mitzuerfassen: Mit der Novation hört jedenfalls, wie auch aus Paul D. 46,2,18 hervorgeht, der Zinsenlauf auf93. 89 Zum Verhältnis von Novation und delegatio promittendi Hans Ulrich Häberlin, Die Kausalbeziehung bei der Delegatio, SZ 74 (1957), 100 – 154, 113 f.; Max Kaser, Zu Novation und Delegation, in: Satura Feenstra, 1985, 141 – 155, 147 f. = Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 1986, 310. 90 Dazu Häberlin, SZ 74 (1957), 103; Max Kaser, Satura Feenstra (Fn. 89), 142 f. = Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 302 f.; Paolo Frezza, Animus novandi, Studi Biondi I, Milano 1965, 225 – 267, 231. 91 David Daube, Innovation of obligations giving a bonae fidei iudicum, SZ 66 (1948), 91 – 134, 100. 92 Gino Segrè, Obligatio, obligare, obligari nei testi della giurisprudenza classica e nel tempo di Diocleziano, Studi Bonfante III, Milano 1930, 419 – 617, 556 Fn. 163; Amado Alonso, Estudios sobre la delegación I / 2, Santiago de Compostela 2002, 438 Fn. 4. 93 Carl Salkowski, Zur Lehre von der Novation nach Römischem Recht, 1866, 250 Fn. 41; Giusippina Sacconi, Ricerche sulla delegazione in diritto romano, Milano 1971, 226; Peter Apa-
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Für unsere Situation ist eine solche Stipulation mit einer formula incerta auf quidquid freilich nicht geeignet, sondern nur eine solche, welche sich auf den Betrag der offenen Pfandforderung beschränkt. Das berührt die umstrittene Frage nach der Zulässigkeit einer Teilnovation94. In dieser Diskussion wird auch die PapinianStelle als Beleg dafür reklamiert, dass eine bona-fides-Obligation nur mit dem dort wiedergegebenen incertum-Formular als Ganzes noviert werden könne und daher eine Teilnovation ausgeschlossen sei95, was m. E. zu Recht auf Widerspruch gestoßen ist96, da Papinian sich hier nur zur Wirkung der Novation im vorgelegten Fall äußert, nicht aber zur notwendigen Fassung einer novatorisch wirkenden Stipulation. Zudem ist zu bedenken, dass ebenderselbe Papinian im generalisierenden Schlusssatz von D. 22,1,4,1 („id enim quod non transfertur in causam novationis iure pristino peti potest“)97 durchaus von der Vorstellung ausgeht, dass nicht die gesamte Altforderung der Novation unterliegen muss98. Ob die genannte causa novationis im Sinne einer zivilen Novation zu verstehen oder mit Voci als „simile alla novazione pretoria“99 so zu sehen ist, dass der „effetto estintivo“ sich nicht unmittelbar aus der Stipulation, sondern aus der bona fides des Kaufvertrages ableitet, die eine doppelte Inanspruchnahme verbietet100, lässt sich nach Kaser101 freilich nicht entscheiden. Ein Hindernis für die Zulässigkeit einer Teilnovation liegt in dem von der hL herausgearbeiteten Postulat des idem debitum102. Es ist zwar in den Quellen
thy, Animus novandi, 1975, 249; Paola Lambrini, La novazione. Pensiero classico e disciplina giustinianea, Padova 2006, 163; José Luis Alonso, Estudios sobre la delegación I / 1, 2001, 67. 94 Charles Gide, Études sur la novation, Paris 1879, 124; Carl Salkowski, Novation (Fn. 93), 333; Lambrini, Novazione (Fn. 93), 124 f. und – bezogen auf bona fides-Obligationen – jüngst mit überzeugenden Argumenten Fritz Sturm, La novation des obligations de bonne foi en droit romain classique, in: Fides humanitas ius: FS Luigi Labruna, VIII, Napoli 2007, 5447 – 5465. 95 Botho von Salpius, Novation und Delegation nach römischem Recht, 1864, 164; Jules Roussier, Novation de l´obligation du vendeur, Rh. 26, 1948, 189 – 212.; David Daube, SZ 66 (1948), 91 ff.; Frezza, Studi Biondi I (Fn. 90), 244 ff.; Max Kaser, Römisches Privatrecht I (Fn. 2), 647; ders., Satura Feenstra (Fn. 89), 144 = Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 1986, 306. 96 Robert Feenstra, L´effet extinctif de la novation, TR 29 (1961), 397 – 415, 405 f.; Sturm, FHI VIII (Fn. 94), 5457 f. 97 Bezüglich der Echtheit zweifelnd Daube, SZ 66, 108 = Collected Studies I, 249; für Unechtheit Franco Bonifacio, La novazione nel diritto romano, Napoli 1959, 144 f.; Frezza, Studi Biondi I (Fn. 90), 246, für Echtheit hingegen Feenstra, TR 29 (1961), 411 f.; Fritz Sturm, Stipulatio Aquiliana, 1972, 71 Fn. 77; Apathy, Animus novandi (Fn. 93), 221. 98 Lambrini, Novazione (Fn. 93), 124 f.; Sturm, FHI VIII (Fn. 94), 5460. 99 Pasquale Voci, Per la storia della novazione, BIDR 68 (1965), 147 – 193, 187. 100 Voci, BIDR 68 (1965), 186. 101 Max Kaser, Satura Feenstra (Fn. 89), 146 = Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 308. 102 Dazu Bonifacio, Novazione (Fn. 97), 123 ff.; Lambrini, Novazione (Fn. 93), 101 ff.; Manuela Kainzbauer, Zum idem debitum bei der Novation: D. 45,1,18, in: Recht ohne Grenzen, Grenzen des Rechts, 1998, 11 ff.
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in dieser Formulierung nicht bezeugt103, wird aber aus einigen Fallentscheidungen und vor allem aus den Definitionen von Gaius („interventu novae personae nova nascitur obligatio et prima tollitur translata in posteriorem“)104 und Ulpian („Novatio est prioris debiti in aliam obligationem vel civilem vel naturalem transfusio atque translatio, hoc est cum ex praecedenti causa ita nova constituatur, ut prior perematur“)105 abgeleitet106. Unklar ist auch der Befund aus justinianischer Zeit. Während die Reformkonstitution C. 8,41,8 pr eine Novation (bei Vorliegen des animus novandi) u. a. auch darin sieht, si quis … vel quantitatem augendam vel minuendam esse crediderit, und diese Fallgruppe den schon von den veteris iuris conditores vertretenen Novationssituationen zurechnet, kann nach der Theophilus-Paraphrase eine Novation zwar bei quantitativer Ausweitung, nicht aber bei einer Minderung eintreten, weil das aliquid novi fehlt107. Doch selbst wenn man eine teilweise Novationswirkung einer betragsmäßig beschränkten Stipulation ausschließt und dem Verkäufer somit die Kaufpreisforderung in vollem Umfang belässt, ergibt sich in der prozessualen Abwicklung kaum ein Unterschied zur einer Novation im technischen Sinn, wobei sich für unsere Fallkonstellation der von Voci zur papinianischen causa novationis vertretene Gedanke108 nutzbar machen lässt: Denn angesichts des Umstandes, dass das iussum vom Verkäufer ausgegangen ist, wäre eine Verurteilung unter Einschluss des anweisungsgemäß promittierten Betrages mit der bona fides-Klausel der actio venditi wohl unvereinbar. Der iudex wird daher im Rahmen seines officium den promittierten Teilbetrag anrechnen. 4. Einen Weg, bei dem – ebenso im Weg einer Stipulation – schon im Vorhinein eine direkte Zahlungspflicht vom Käufer an den Gläubiger geschaffen wird, beschreibt Marcian: D. 20,6,8,10 (Marcianus libro singulari ad formulam hypothecariam) Tutius tamen est, si debitor a creditore petat, ut ei permittat pignus vendere, quo magis satisfaciat, ante cautionem accipere ab eo, qui rem empturus erit, ut pretium rei venditae usque ad summam debiti creditori solvatur. Sicherer ist es jedoch, dass dann, wenn der Schuldner den Gläubiger bittet, ihm den Verkauf des Pfandes zu erlauben, um ihn leichter befriedigen zu können, der Gläubiger zunächst 103 Feenstra, TR 29 (1961), 400; Wolfgang Kunkel / Heinrich Honsell, Römisches Recht, 1987, 268. 104 Gai. Inst 3,176. 105 D. 46,2,1 pr. 106 Philippe Meylan, La réforme justinienne de la novation, son sens et sa portée (C. VIII, 41, 8), in: Acta Congressus iuris Romani I, Roma 1935, 277 – 331, 280 ff.; Bonifacio, Novazione (Fn. 97), 58; 121; Fritz Sturm, Stipulatio Aquiliana (Fn. 97), 200; Apathy, Animus novandi (Fn. 93), 20; Lambrini, Novazione (Fn. 93), 87 ff. 107 Theoph. 3,29,3: … οὐδὲν ἔχει ϰοινότεϱον ἠ δευτέϱα; Vgl. dazu Salpius, Novation und Delegation (Fn. 95), 260; Salkowski, Novation (Fn. 93), 335 f.; Voci, BIDR 68 (1965), 148; Lambrini, Novazione (Fn. 93), 19. 108 Siehe oben bei Fn. 99 und 100.
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von dem, der die Sache kaufen will, ein Sicherheitsversprechen dafür erhält, dass der Kaufpreis bis zur Höhe der Schuldsumme an ihn gezahlt wird.
Die durch die radikale Interpolationenkritik ausgesprochenen Verdächtigungen, die diesen Ratschlag nicht Marcian, sondern den Kompilatoren zuzuschreiben wollen109, sind nicht begründet110. Als Indiz für die Echtheit kann dabei auch der Umstand gesehen werden, dass der Ausdruck cautio nicht durch cautela ersetzt worden ist, wie es ansonsten bei justinianischen Eingriffen häufig vorgekommen ist111. Der Zusammenhang, in dem diese Äußerung steht, stellt sich wie folgt dar: Nach der grundsätzlichen Feststellung in § 6, wonach der Gläubiger nach dem mit seiner Zustimmung abgeschlossenen Verkauf mit seiner Klage (an der exceptio) scheitert („inverecunde applicari sibi eum creditor desiderat“), zeigt Marcian in der nachfolgenden Kasuistik dann auch auf, dass bei unterbliebener Befriedigung des Gläubigers aus dem beim Schuldner eingegangenen Kaufpreis – freilich nur in eher exzeptionellen Konstellationen – die exceptio durch eine replicatio doli entkräftet und so der actio Serviana des Gläubigers doch zum Durchbruch verholfen wird. Hat z. B. der Schuldner die Sache vom Käufer oder dessen Nachmann (die sich beide selbst mit der erwähnten exceptio hätten erfolgreich verteidigen können) wieder kaufweise erworben oder hat er den Käufer beerbt, so liegt bei noch unberichtigter Forderung ein dolus praesens des Schuldners vor (§ 7: „… doli mali suspicio inerit translata ad praesens tempus, ut possit creditor replicationem doli mali obicere“)112; im umgekehrten Fall, in dem der Käufer später den Schuldner beerbt hat, kann sich ersterer grundsätzlich erfolgreich mit der erwähnten exceptio verteidigen, weil er die Sache nicht durch Erbgang, sondern durch Kauf erworben hat. Freilich muss er sich (in seiner Eigenschaft als Erbe) ein seinerzeitiges Verhalten des Schuldners, das einen Zugang des Geldes vom Besitzer an den Gläubiger verhindert hat, als dolus praeteritus zurechnen lassen und unterliegt daher (§ 8)113. Trotz eines ähnlichen dolus praeteritus des Schuldners, der aus dem Kauferlös nichts an den Gläubiger geleistet hat, dringt dieser in einer anderen Konstellation hingegen nicht durch: Hat nämlich der Käufer das Objekt in der Folge an einen secundus creditor verpfändet, der nunmehr im Besitz der Sache ist, ist dieser potior (§ 9)114. Es liegt bei diesem 109 Roberto De Ruggiero, Il divieto di alienazione del pegno nel diritto greco e romano, Cagliari 1910, Nachdruck Roma 1971, 60; Friedrich Ebrard, Die Digestenfragmente ad formulam hypothecariam und die Hypothekarezeption, 1917, 110, 111 Fn. 60; Gerhard Beseler, Einzelne Stellen, SZ 43 (1922), 535 – 555, 544; Burdese, Lex commissoria (Fn. 66), 220. 110 Keine Verdächtigungen auch bei Schlichting, Verfügungsbeschränkungen (Fn. 4), 98 ff., Max Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht (Fn. 3), 48 Fn. 278. 111 Vgl. oben Fn. 76. 112 Dazu Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 576; Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 557 Fn. 20. 113 Dazu Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 577; Dernburg, Pfandrecht II (Fn. 2), 557 Fn. 20; Schlichting, Verfügungsbeschränkung (Fn. 4), 99; Schanbacher, Konvaleszenz (Fn. 49), 171 f. 114 Dazu Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 576; Schlichting, Verfügungsbeschränkung (Fn. 4), 99; Schanbacher, Konvaleszenz (Fn. 49), 172 Fn. 945.
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weder ein eigener dolus praesens vor noch kann ihm der dolus praeteritus des Schuldners zugerechnet werden. Der nun in § 10 folgende Ratschlag des Juristen bezieht sich freilich nicht bloß auf den unmittelbar zuvor in § 9 geschilderten konkreten Fall, sondern wohl generell auf das in den vorangegangenen Paragraphen ausreichend illustrierte Risiko des Gläubigers, der die Zustimmung zum pfandfreien Verkauf erteilt hat. So ist auch das einleitende tutius est des fr 10 aus der Sicht des Gläubigers formuliert: Er soll, wenn er vom Schuldner um die Zustimmung gebeten wird, zuvor den konkreten Kaufinteressenten („empturus“) in die Abwicklung einbinden: Dieser soll dem Gläubiger in einer cautio versprechen, vom künftig zu zahlenden Kaufpreis den Schuldbetrag direkt an den Gläubiger zu leisten; erst danach erteilt der Gläubiger die Zustimmung zum Verkauf. Beide Akte kommen sinnvollerweise nur in Betracht, wenn das Preisgebot des empturus den Schuldbetrag übersteigt oder zumindest abdeckt. Marcian überliefert uns zwar kein bestimmtes Formular für den Wortlaut der vom empturus zu versprechenden cautio115, es ist aber klar, dass die Verpflichtung aus der cautio vom Zustandekommen des Kaufvertrages und damit vom selben Ereignis abhängig ist, welches nach Marcian auch das exzeptionsbedingte Erlöschen des Pfandrechts auslöst. 5. Es stellt sich auch hier die Frage, ob die von Marcian vorgeschlagene cautio als teilweise Novation der künftigen Kaufpreisforderung angesehen werden kann. Dass die novierende Stipulation schon vor Entstehung der zu novierenden künftigen Obligation abgeschlossen wird, ist für zwei aufeinanderfolgende Stipulationen zwecks Schuldnerwechsels vor allem116 bezeugt durch D. 46,2,8,2 (Ulpianus libro quadragensimo sexto ad Sabinum)117: Si quis ita stipulatus a Seio sit: “Quod a Titio stipulatus fuero, dare spondes?“, an, si postea a Titio stipulatus sim, fiat novatio solusque teneatur Seius? Et ait Celsus novationem fieri, si modo id actum sit, ut novetur, id est ut Seius debeat quod Titius promisit: nam eodem tempore et impleri prioris stipulationis condicionem et novari ait, eoque iure utimur. Wenn sich jemand von Seius wie folgt hat versprechen lassen: „Versprichst mir du das zu übereignen, was ich mir von Titius versprechen lassen werde?“ erfolgt dann, wenn ich es mir später von Titius habe versprechen lassen, eine Novation und haftet nur mehr Seius allein? Und Celsus sagt, dass eine Novation erfolgt, sofern nur vereinbart worden ist, dass noviert wird, das heißt, dass Seius das schulden soll, was Titius versprochen hat. Denn er sagt, dass im selben Moment die Bedingung der früheren Stipulation erfüllt wird und die Novation erfolgt; und das ist bei uns geltendes Recht.
115 Ein Formulierungsvorschlag findet sich bei Schlichting, Verfügungsbeschränkung (Fn. 4), 99, „Ex pretio, quod tu debitori ex vendito debebis, ex eo pretio C mihi dare spondes?“ 116 Daneben ist noch auf Paul. D. 46,2,55 zu verweisen. 117 Dazu Salkowski, Novation (Fn. 93), 419; Bonifacio, Novazione (Fn. 97), 90 f.; Giuseppina Sacconi, Ricerche sulla delegazione in diritto romano, 1971, 197; Apathy, Animus novandi, 201 ff.
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Die auf den Novationswillen abstellende Passage si modo id actum sit, ut novetur dient der Abgrenzung zwischen Novation und Sponsionsbürgschaft und ist daher klassisch118. Nach der von Celsus gebotenen Konstruktion ist durch den Stipulationsabschluss mit Titius die Bedingung für die vorangegangene Stipulation mit Seius erfüllt, womit die eben erst entstandene obligatio des Titius eodem momento, dh eine „logische Sekunde“ 119 nach ihrem Entstehen wieder erlischt. Allerdings bezieht sich diese Äußerung – ebenso wie D. 46,2,55, in der es ebenfalls um die Frage der Novation einer künftigen Forderung geht – auf eine Novation mit Schuldnerwechsel. Der Novationswille wird dabei zwischen dem Gläubiger und Seius gebildet, was aus der Sicht des Titius unproblematisch ist, da er ja ohnedies befreit wird. Bei einer Novation mit Gläubigerwechsel wäre das alleinige Abstellen auf den animus novandi der Stipulationsparteien hingegen problematisch, da es um den Forderungsverlust eines Dritten geht. Die von Gaius zur solutio herangezogene civilis et simul naturalis ratio, wonach die Rechtlage eines Dritten ohne oder gegen seinen Willen zwar verbessert, aber nicht verschlechtert werden kann kann120, gilt auch für die liberierende Wirkung einer Stipulation: Ein Forderungsverlust eines Dritten über eine novatorische Stipulation kann daher nur eintreten, wenn dieser Dritte damit einverstanden ist121. In den oben behandelten Fällen von Gai. Inst. 2,38 und Pap. D. 46,2,27 ist dieses Einverständnis zweifellos gegeben, weil der betroffene Gläubiger als Delegant das iussum erteilt hat („iubente me tu ab eo stipuleris“, „cum delegante venditore pecuniam ita promittit“), worin m. E. das entscheidende Moment liegt, dass der von den Stipulationsparteien mit dem animus novandi angestrebte liberierende Effekt der Stipulation eintreten kann122. Bei dem von Marcian in D. 20,6,8,10 vorgeschlagenen Weg wird von einer Delegation durch den Pfandgeber (in seiner Rolle als künftige Verkäufer) freilich nichts erwähnt; sondern die Initiative zur Kautionsleistung durch den empturus geht vom Gläubiger aus. Das dahinter stehende Ansinnen des Pfandgebers, die Zustimmung zum Verkauf zu erhalten, kann m. E. zwar nicht technisch als „Vorausdelegation“ und damit die cautio zwischen dem Käufer und dem Gläubiger als teilweise novatorisch gedeutet werden, aber es lässt sich – ähnlich wie oben am Ende von IV. 3. ausgeführt – nach zustande gekommenem Verkauf eine partiell doppelte Inanspruchnahme des Käufers dadurch verhindern, dass der über die actio venditi absprechende iudex die vom Käufer eingegangene Verpflichtung aus der cautio anrechnungsweise zu berücksichtigen hat. 118 Gegen die zahlreichen Itp.-Annahmen siehe Apathy, Animus novandi (Fn. 93), 202 f., der die Passage Ulpian zuschreibt. 119 Jan Dirk Harke, Argumenta Iuventiana, 1999, 86. 120 Gai. D. 3,5,38; Gai. D. 46,3,53; dazu Christian Emunds, Solvendo quisque pro alio liberat eum, 2007, 35 ff. 121 Vgl. Ulp. D. 46,2,8,5 in fine: liberat autem me is qui quod debeo promittit, etiamsi nolim. Non tamen si quis stipuletur quod mihi debetur, aufert mihi actionem, nisi ex voluntate mea stipuletur: Frezza, Studi Biondi I (Fn. 90), 1965, 231. 122 Frezza, Studi Biondi I (Fn. 90), 231; Apathy, Animus novandi (Fn. 93), 277.
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6. Mit dem von Marcian aufgezeigten Weg ist somit für den Kaufinteressenten sichergestellt, dass er – wenn er kauft – den Gegenstand pfandfrei erhält, aus der Sicht des Gläubigers, dass er vom Kaufpreis einen der offenen Schuld entsprechenden Betrag direkt vom Käufer fordern kann. Entscheidend ist dann der tatsächliche Abschluss des Kaufvertrages. Er führt zum exzeptionsbedingten Erlöschen des Pfandrechts, der Gläubiger erlangt die Forderung aus der cautio gegen den emptor. Freilich trägt er diesbezüglich das Uneinbringlichkeitsrisiko, daher wird ein Gläubiger nur dann zu einer solchen Vorgangsweise bereit sein, wenn er auf die Bonität des empturus vertraut oder dieser entsprechende Sicherheiten stellt123. Nicht a priori abwegig ist die Erwägung, ob in der abgegebenen cautio schon eine satisfactio im Sinne des Formelwortlauts der actio Serviana liegt124, womit es gar nicht mehr der exceptio bedürfte, um den Käufer gegen die Inanspruchnahme des Pfandes zu sichern. Dies ist aber nicht die Sichtweise Marcians, denn sein Ratschlag ist eingebettet in einen längeren Traktat, in dem zu den verschiedensten Konstellationen die Frage des Erfolgs der exceptio erörtert wird125. Wie bereits oben festgehalten, ist das tutius est aus der Sicht des Gläubigers126 und somit nicht aus der des Käufers formuliert. Es hat daher auch nichts mit der Frage zu tun, ob eine Verteidigungsstrategie besser auf ein exceptio setzen soll statt auf eine schon formelmäßig gebotene Abweisung zu vertrauen127.
123 Der in der Stelle von Marcian gebrauchte Ausdruck cautio schließt per definitionem noch nicht notwendigerwiese die Sicherstellung etwa durch Bürgen ein, die als satisdatio der cautio nuda gegenübergestellt wird: Vgl. Ulp. D. 5,1,2,6; Gottlieb Heumann / Emil Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, 1971, sv. cautio; Kaser, Römisches Privatrecht I (Fn. 2), 539; Rolf Knütel, Der mehrfache Verfall von Kautionen, SZ 92 (1975), 130 – 161, 130. 124 Dazu oben S. 200. 125 Marci D.20,6,10,6 – 18; Vgl. Bachofen, Pfandrecht (Fn. 2), 575 ff.; Schlichting, Verfügungsbeschränkung (Fn. 4), 98. 126 Dazu oben S. 211. 127 In einem solchen Sinn wird tutius von Paulus in D. 44,7,34,1 bei der Lösung eines Konkurrenzproblems verwendet: Si is, cui rem commodavero, eam subripuerit, tenebitur quidem et commodati actione et condictione, sed altera actio alteram peremit aut ipso iure aut per exceptionem, quod est tutius.
Interpretierendes Übersetzen Von Rolf Knütel I. Einführung 1. In seiner Rezension des Bandes II unserer Corpus iuris-Übersetzung1 kritisierte Theo Mayer-Maly: „Allzu viel Interpretation steckt in der Übersetzung von causa mit ‚zweckbestimmter Leistung‘ in § 4“ (von D. 2,14,7)2. Mit dieser Kritik ist er nicht allein geblieben3. Am Ende der Besprechung schränkte Mayer-Maly unter Hervorhebung zweier Grundfragen des Übersetzens allerdings ein: „1. Soll man jedes Wort (z. B. verior) immer mit demselben deutschen Ausdruck wiedergeben oder nach dem Kontext variieren? 2. Wie weit dürfen juristische Interpretationsmöglichkeiten schon in die Übersetzung eines Ausdrucks (z. B. causa) eingehen?“ Er neige dazu, „bei Übersetzungen nicht zu variieren und Interpretationen von der Übersetzung fernzuhalten“, konzediert freilich, es ließen „sich aber auch für die Gegenposition gute Gründe anführen“4. 2. Die Antwort auf Mayer-Malys Fragen hängt entscheidend davon ab, wie man sich zum Ausgangsproblem allen Übersetzens entscheidet, ob für die „zielsprachenorientierte“ Methode oder für die „ursprungsprachenorientierte“. Die erste verlangt, wie Goethe es veranschaulicht hat, „daß der Autor einer fremden Nation zu uns herüber gebracht werde, dergestalt, daß wir ihn als den Unsrigen ansehen können; die andere hingegen macht an uns die Forderung, daß wir uns zu dem Fremden hinüber begeben und uns in seine Zustände, seine Sprachweise, seine Eigenheiten finden sollen“5. Oder, um es mit Schleiermacher zu sagen: „Entweder der Uebersezer läßt
1 O. Behrends / R. Knütel / B. Kupisch / H. H. Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung, Bd. II (Digesten 1 – 10), 1995. – Nach Bd. I – IV dieser Ausgabe auch die weiteren hier wiedergegebenen Übersetzungen. 2 SZ 113 (1996) 453. 3 Vgl. (ebenfalls zur Übersetzung von D. 2, 14, 7, 4) S. Hähnchen in: T. Giaro (Hrsg.), Roman Law and Legal Knowledge. Studies in Memory of Henryk Kupiszewski, Warschau 2011, 94, Fn. 15: „Die deutsche Übersetzung von Behrends, Knütel, Kupisch und Seiler enthält hier (wie auch gelegentlich an anderen Stellen) zu viel Interpretation“. 4 SZ 113 (1996) 454. 5 J. W. Goethe, Zu brüderlichem Andenken Wielands, 1813, Sophien-Ausgabe, I. Abt., Bd. 36, 1893, 329, insoweit auch in H. J. Störig (Hrsg.), Das Problem des Übersetzens, 2. Aufl., 1969, 35.
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den Schriftsteller möglichst in Ruhe, und bewegt den Leser ihm entgegen; oder er läßt den Leser möglichst in Ruhe und bewegt den Schriftsteller ihm entgegen“6. Wie die weitaus meisten Übersetzer des vergangenen Jahrhunderts haben wir uns für die dem Leser freundlichere und ihm weniger abverlangende zielsprachenorientierte Übersetzung entschieden7. 3. Das hat für Mayer-Malys erste Frage zur Folge, daß die unterschiedlichen Bedeutungen, die ein und dasselbe Wort hat, in der Zielsprache zu unterschiedlicher Übersetzung führen. Um an das Adjektiv verus anzuknüpfen, ist der verus dominus der wahre (oder der richtige) Eigentümer, die vera sententia die richtige Meinung und sind die codicilli veri ein echtes Kodizill8. Daß man bei gleicher Bedeutung tunlichst denselben deutschen Ausdruck verwenden sollte, liegt auf der Hand, es sei denn etwa, daß es zu gehäuften Wiederholungen kommt, die sprachlich schwer erträglich sind. Doch soll es hier um die zweite Frage gehen. 4. Das Corpus iuris civilis ist eine Sammlung juristischer Fachliteratur par excellence, nahezu durchweg von sehr hohem Niveau, weithin abstrakt geschrieben und in den konkreten Erörterungen sehr voraussetzungsreich, sogar für einen fachlich vorgebildeten Leser. Die Entscheidung für eine zielsprachenorientierte Übersetzung zieht deshalb – anders als bei einer Übertragung belletristischer Literatur – die Anschlußfrage nach sich, an welchen Adressatenkreis sich die Übersetzung wenden soll. Wollte sie sich nur an die romanistische Zunft (die sie eigentlich nicht benötigen sollte) wenden, so kann sie es sich natürlich einfacher machen, etwa ohne weiteres die geläufige Fachterminologie verwenden, als eine Übersetzung, die bestrebt ist, die antike Rechtsliteratur einem breiteren Publikum nahezubringen. Da das Corpus iuris civilis ein für Europa konstituierender Basistext geworden ist9, der auch weltweit mehr oder minder starke Wirkungen entfaltet hat, haben wir uns für den von vornherein naheliegenden Weg entschieden, so zu übersetzen, daß die Aussagen der Quellen „einem juristisch interessierten Leser zugänglich“ werden10, einem Leser also, der bereit ist, sich in die Erörterungen der 6 F. Schleiermacher, Ueber die verschiedenen Methoden des Uebersezens, 1813, in: J. J. Störig, Das Problem des Übersetzens (Fn. 5), 47. 7 Vgl. dazu Bd. I (Institutionen), 2. Aufl. 1997, 276 f.; R. Knütel, Einzelne Probleme bei der Übersetzung der Digesten, SZ 111 (1994) 376 f., 381 ff., jeweils m.w. N. – Beispiele ursprungssprachlichen Übersetzens geben M. Fuhrmann, Vom Übersetzen aus dem Lateinischen, 1986, 12 ff. und F. Wubbe, Der Wille des Erblassers bei Iav. D. 32,100,1, in: Benöhr / Hackl / Knütel / Wacke (Hrsg), Iuris Professio, Fg. Max Kaser, Wien / Köln / Graz 1986, 374 f. 8 Vgl. nur H. Heumann / E. Seckel, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts, 11. Aufl., Graz 1971, 620 s.h.v. 9 Unlängst hat Papst Benedikt XVI. in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag daran erinnert, daß die kulturelle Identität Europas von dreifacher Begegnung gebildet wird, von „der Begegnung zwischen dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. Freitag, d. 23. Sept. 2011, Nr. 222, 8 a. E.). 10 Vgl. O. Behrends / R. Knütel / B. Kupisch / H. H. Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung. Bd. I (Institutionen), 2. Aufl. 1997, 274.
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römischen Juristen hineinzudenken. Einem solchen Leser können Interesse und Bereitschaft jedoch schnell verloren gehen, wenn er erkennt, daß er wenig Chancen hat zu verstehen, worum es geht. Es kommt deshalb darauf an, das Verständnis eines solchen Lesers so weit zu fördern, wie das nach unserer heutigen wissenschaftlichen Erkenntnis möglich ist. Soweit Unbestimmtheiten, Unklarheiten oder unterschiedliche Verständnismöglichkeiten bestehen, sollte deshalb, sofern der römische Jurist nicht ersichtlich eine konkrete Festlegung bewußt vermieden hat11, so formuliert werden, daß der Leser erkennt, wie die Aussage nach Auffassung der Übersetzer zu verstehen ist. Jede Übersetzung ist zugleich eine Interpretation des Ausgangstextes. Vom Ausgangstext hängt es ebenso wie von den Verständnismöglichkeiten der Zielgruppe auch ab, in welchem Ausmaß die Übersetzung interpretierende Formulierungen erforderlich macht. Regelmäßig muß, je schwieriger und anspruchsvoller der Ausgangstext ist und je mehr er beim Leser voraussetzt, desto mehr an Interpretation in die Übersetzung einfließen. Das kann insbesondere auf zwei im folgenden anzusprechenden Wegen geschehen, auf dem der Definition oder Präzisierung von Begriffen und auf dem der erläuternden Anreicherung der Übersetzung.
II. Definition und Präzisierung von Begriffen 1. In den juristischen Quellen wird ius gentium bekanntlich nur von Pomponius in D. 50,7,18 im Sinne unseres heutigen Völkerrechts verstanden; die weiteren Belege für diese Bedeutung stammen von nichtjuristischen Autoren, vor allem den Historikern Sallust und Livius12. Im übrigen, praktisch also durchweg wird der Begriff ius gentium von den Juristen in dem von Gaius 1,1 gekennzeichneten Sinne verstanden: quod vero naturalis ratio inter omnes homines constituit, id apud omnes populos peraeque custoditur vocaturque ‚ius gentium‘ quasi quo iure omnes gentes utuntur13. Eine Wiedergabe des ius gentium mit ‚Völkerrecht‘, die sich in älteren Übersetzungen noch findet14, wäre wegen der Bedeutungsverengung dieses Begriffs in unserer Zeit irreführend, und es unübersetzt zu verwenden15, wäre nur als allerletz11 Das ist seltener der Fall, als man zunächst vermuten möchte. Doch ist davon auszugehen, daß im antiken Diskurs die Aussagen von dem Adressaten klarer und besser verstanden wurden, als es uns heute erscheinen mag, die wir uns einer deutlich differenzierteren Terminologie bedienen als die Römer, z. B. im Bereich der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften. Vgl. auch u. nach Fn. 34. – Insoweit ist also die Regel, bei Unklarheiten und Unbestimmtheiten des Ausgangstextes auch die Übersetzung so offen zu halten, daß sie die möglichen unterschiedlichen Deutungen zuläßt (vgl. Knütel [Fn. 7], 385), einzuschränken. 12 M. Kaser, Ius gentium, Köln / Weimar / Wien 1993, 25, 33, 42. 13 Vgl. Gai. D. 1,1,9; Inst. 1,2,1. 14 C. Ed. Otto / B. Schilling / C. F. F. Sintenis, Das Corpus Juris Civilis in’s Deutsche übersetzt von einem Vereine Rechtsgelehrter, Bd. 1, Leipzig 1830, 2, 215 (zu Inst. 1,2,1; D. 1,1,9); M. G. V. Scherer, Die Institutionen des Kaisers Justinian. Lateinisch und Deutsch, 1910, 12 (Inst. 1,2,1).
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ter Notbehelf zu akzeptieren. Die von Max Kaser in seiner Abhandlung über das ius gentium verwendete Wiedergabe mit „Aller-Menschen-Recht“16 wirkt recht sperrig und legt irreführende Assoziationen mit dem Begriff der Menschenrechte nahe. Wir haben uns seinerzeit nach längerer Diskussion für eine Übersetzung mit „Völkergemeinrecht“ entschieden, wofür, wenn ich mich recht erinnere, Thomas Murner mit seiner ersten und überhaupt der ersten Institutionen-Übersetzung in die deutsche Sprache: („und heißt gemeiner völker recht“)17 und Theodor Mommsen: („Das ‚allen Völkern gemeine Recht‘ ist für die Römer wohl Rechtsquelle“)18 die Inspirationsquelle boten. Der Begriff ‚Völkergemeinrecht‘ ist interpretierend von der Sache her; er ist dem Leser neu; doch wird dieser ihn schnell als eine Substantivierung des allen Völkern gemeinsamen Rechts verstehen. Der Begriff hat mittlerweile wohl allgemein Zustimmung gefunden19. 2. Interpretierend, weil präzisierend, ist etwa auch die Übersetzung von Ulp. (32 ed.) D. 19,1,13,3 ausgefallen. Ulpian hatte zustimmend referiert, daß Julian bei der Verkäuferhaftung aus der actio empti im Hinblick auf den Haftungsumfang unterschied: Kannte der Verkäufer den Mangel, so müsse er dem Käufer für alle Schäden einstehen, die dieser aus dem Kauf erleidet, habe der Verkäufer dagegen keine Kenntnis gehabt, so brauche er dem Käufer nur das zu leisten, um wieviel weniger er gekauft hätte (fr. 13 pr.). Im § 3 wirft Ulpian dazu die Frage auf, was gelte, wenn der Verkäufer zwar nicht wußte, daß der Sklave ein Dieb ist, aber versichert hat (adseveravit), der Sklave sei tüchtig und zuverlässig, und ihn deshalb teuer verkauft. Ulpian entscheidet: … et putem teneri. atqui ignoravit: sed non debuit facile quae ignorabat adseverare. inter hunc igitur et qui scit
… Und ich meine, daß er haftet. Zwar hat er den Mangel nicht gekannt. Aber er hätte nicht leichtfertig versichern dürfen, was er nicht wußte. Folglich besteht zwischen diesem und dem, der den Mangel kennt, kein
15 Wie es die Übersetzung ins Niederländische tut, s. J. E. Spruit / R. Feenstra / K. E. M. Bongenaar, Corpus Iuris Civilis, Tekst en Vertaling, Bd. 1 (Instituten), Zutphen, ’s-Gravenhage 1993, 12 (Inst. 1,2,1); Bd. 2 (Digesten 1 – 10), ebda. 1994, S. 90 (D. 1,1,9). – Auch Heumann / Seckel (Fn. 8), 228 s.v. gens 2 geben keine Übersetzung. 16 Kaser (Fn. 12), 5, 23, 53 f.; im Register auch: Allermenschenrecht, S. 166. 17 Th. Murner, Instituten ein warer ursprung unnd fundament des keyserlichen rechtens … , Basel 1519, Fol. III / V zu Inst. 1, 2, 1 u. 1, 3, 2. 18 Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht, Bd. III / 1, 3. Aufl., Nachdr. Basel 1952, S. 604 Fn. 2 (605). 19 So etwa in den Rezensionen zur Institutionen-Übersetzung bei Chr. Bergfeld, Ius commune 19 (1992), 293; F. Horak, Anzeiger für die Altertumswissenschaft 45 (1992), 117; R. Feenstra, ZEuP 4 (1996), 186, ferner Mayer-Maly (Fn. 2), 452 („überaus glücklich“) sowie H. Ankum, Litora maris e ‚longi temporis praescriptio‘, Index 26 (1998), 377 Fn. 21 („terme heureux“); U. Manthe, Gaius Institutiones. Die Institutionen des Gaius, 2004, in der Übersetzung, z. B. von Gai. 1, 1 (S. 37); B. Galsterer in der Übersetzung von M. Bretone, Geschichte des römischen Rechts, 1992, 231, 233, vgl. auch K.-H. Ziegler, Völkerrechtsgeschichte, 2. Aufl., 2007, 42 (§ 9 II 6).
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großer Unterschied. Wer nämlich den Mangel kennt und geschwiegen hat, hätte darauf hinweisen müssen, daß der Sklave ein Dieb ist. Der andere hätte nicht leichtfertig eine Behauptung ‚ins Blaue hinein‘ aufstellen dürfen.
Natürlich hätte man am Ende auch sagen können: „Der andere hätte nicht leichtfertig eine unbesonnene Behauptung aufstellen dürfen“. Seit langem hat sich jedoch eine allgemein akzeptierte Rechtsprechung zu den sog. Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ herausgebildet, nach der jemand, zumeist ein Verkäufer, „bereits dann arglistig , wenn er zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kaufentschluß seines Kontrahenten hat, ohne tatsächliche Grundlage ins Blaue hinein unrichtige Angaben macht“21. Denn er rechnet damit, daß diese Angaben möglicherweise unrichtig sind und handelt deshalb mit bedingtem Vorsatz22. Ebendies ist die Situation, die Ulpian vor Augen hat und in der er den leichtfertig behauptenden dem arglistig verschweigenden Verkäufer gleichstellt. Daß Verkäufer, vor allem im Kraftfahrzeughandel und im Grundstücksverkauf, ins Blaue hinein Behauptungen aufstellen, die sich als unrichtig erweisen, bildet im heutigen Recht eine besondere Fallgruppe der Haftung für Arglist und der Anfechtung wegen Arglist, und es ist deshalb zu erwarten, daß der juristisch interessierte Leser mit dieser zielführenden Übersetzung, die Okko Behrends vorgeschlagen hat, besser ins Bild gesetzt wird als mit einer allgemeineren Übertragung. 3. Nicht anders verhält es sich mit der Übersetzung der causa in D. 2, 14, 7, 2 und 4 Ulpian im 4. Buch zum Edikt 2. Sed et si in alium contractum res non transeat, subsit tamen causa, eleganter Aristo Celso respondit esse obligationem. ut puta dedi tibi rem ut mihi aliam dares, dedi ut aliquid facias: hoc συνάλλαγμα esse et hinc nasci civilem obligationem. et ideo puto recte Iulianum a Mauriciano reprehensum in hoc: dedi tibi Stichum, ut Pamphilum manumittas: manumisisti: evictus est Stichus. Iulianus scribit in factum actio-
2. Aber auch wenn ein Geschäft nicht unter einen besonderen Vertragsbegriff fällt, jedoch eine zweckbestimmte Leistung vorliegt, sei, so hat Aristo dem Celsus treffend geantwortet, ein Schuldverhältnis gegeben. Wie zum Beispiel, wenn ich dir eine Sache gegeben habe, damit du mir eine andere gibst, oder wenn ich etwas gegeben habe, damit du etwas tust. Dies sei [in griechischer Sprache] ein Synallagma, ein Vertrag, und hieraus entstehe ein zivilrechtliches Schuldverhältnis. Und deshalb glaube ich, daß Julian von Maurician in folgendem Fall zu Recht getadelt worden ist: Ich habe dir Stichus gegeben, damit du Pamphilus freiläßt; du hast ihn freigelassen; Stichus ist [aufgrund eines Rechtsmangels] evinziert worden. Julian schreibt, es
20 Wie Mommsen gesehen hat, ist diese (oder eine vergleichbare) Ergänzung geboten, ed. maior ad h.l., ebenso Mommsen / Krüger in der ed. stereotypa; ähnlich die Mailänder Digestenausgabe mit Taurelli: scit praemonere… 21 BGHZ 63, 382, 388 (Urt. v. 21. 1. 1975). 22 BGH NJW 1998, 302, 303 m.w. N.
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nem a praetore dandam: ille ait civilem incerti actionem, id est praescriptis verbis sufficere: esse enim contractum, quod Aristo συνάλλαγμα dicit, unde haec nascitur actio. 4. Sed cum nulla subest causa, propter conventionem hic constat non posse constitui obligationem: igitur nuda pactio obligationem non parit, sed parit exceptionem.
sei eine auf den Sachverhalt zugeschnittene Klage vom Prätor zu erteilen. Jener dagegen sagt, es stehe schon eine zivilrechtliche Klage mit unbestimmtem Klagbegehren zur Verfügung, das heißt mit [auf das Rechtsverhältnis hinweisenden] vorgeschalteten Formelworten. Es sei nämlich das zustandegekommen, was Aristo Synallagma, Vertrag, nennt, und daraus entsteht diese Klage. 4. Wenn aber keine zweckbestimmte Leistung vorliegt, steht fest, daß dann durch ein bloßes Übereinkommen ein Schuldverhältnis nicht begründet werden kann. Eine bloße formlose Abrede bringt also kein Schuldverhältnis hervor, aber sie bringt eine Einrede hervor.
Der Jubilar gab in der sehr hilfreichen Erstübersetzung des Titels D. 2,14, die er zu der neuen deutschen Übersetzung beigesteuert hat, die causa in den §§ 2 und 4 vorsichtig mit „Rechtsgrund“ wieder, und auf dieser Linie lagen und liegen wohl auch die meisten Übersetzungen. Die spanischen von García del Corral (1889) und von D’Ors / Hernández-Tejero / Fuenteseca / García Garrido / Burillo (1968) sowie die italienischen von Foramiti (1836), Vignali (1856) und neuerdings Schipani / Lantella [G. Nicosia] (2005), sie alle verwenden auch für ihre Sprache den Begriff causa; in der unter den Namen Mommsen / Krueger / Watson (1985) erschienenen englisch-amerikanischen Übersetzung wird für causa in den §§ 2 und 4 schlicht „a ground“ gesagt, [G. MacCormack], und schon Scott (1932) hatte nach Auslassung des Begriffs in § 2 dann in § 4 übersetzt: „where there is no ground for an agreement“, vielleicht inspiriert durch C. H. Monro (1904), der sich für die Übersetzung mit „additional ground (causa)“ entschieden hatte. Ähnlich verfahren in der neuen niederländischen Übersetzung Spruit und Schuurmans (1994), wenn sie in § 2 „rechtsgrond“ und in § 4 „grond“ sagen. Mayer-Maly schließlich meinte, Ulpian habe unter causa „wohl einen einsichtigen Grund der Verpflichtung verstanden“23. Demgegenüber hatte G. E. Heimbach in der alten deutschen Übersetzung von Otto / Schilling / Sintenis (1830) subsit tamen causa in § 2 mit „wenn … aber die wesentlichen Merkmale davon [sc. eines Vertrags] vorliegen“ wiedergegeben (vergleichbar in § 4), was Ulpian wohl eine petitio principii unterschiebt. Abweichend von alldem hatte Hulot (1803) in der französischen Übersetzung subsit tamen causa als den Vollzug der conventio durch eine Seite verstanden: „mais qu’elle [sc. la convention] ait été exécutée par une des parties“. Das weist in die richtige Richtung. Daß ein Vertrag vorliegen soll, wenn „ein Grund“ oder „ein Rechtsgrund“ gegeben ist, muß als eine sehr schlichte Erkenntnis erscheinen, denn „ohne Grund“ entstehen selbstverständlich keine Rechtsfolgen. In dem Zusammenhang, in dem Ulpian die Voraussetzung einer causa anführt, muß das Wort also eine besondere Bedeutung haben, und eben deshalb schließen Aristo und Ulpian in § 2 sogleich Beispiele an.
23
Mayer-Maly, Römisches Recht, 2. Aufl., Wien / New York 1999, S. 112.
Interpretierendes Übersetzen
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Causa ist bekanntlich ein weiter Begriff. Heumann / Seckel24 führen neun Bedeutungsfelder an, von denen das erste („Grund, Ursache“) in vier Bereiche untergliedert ist, deren dritter vor allem „das Motiv zum Rechtsgeschäft“ und den „Rechtsgrund“, insbesondere einer Vermögensverschiebung, umschließt. Die causa in fr. 7,2 u. 4 wird zu keinem der Felder genannt, vermutlich weil sie in keines recht paßt. Geradezu eine Bestätigung für diese Vermutung liegt darin, daß schon Brissonius nach der Hervorhebung, causa sei ein polysemes Wort, dreizehn Bedeutungsfelder nennt, von denen er das zweite mit dem Satz beginnt: „Immo plerumque CAUSSAM et rem pro iisdem usurpant iurisconsulti, ut in l. 7 § 4 D. de pact.“25. Da nun res die Bedeutung von „Leistung oder Gegenleistung als Objekt einer Obligation“ haben kann26, kommt schon auf diesem Wege in Betracht, in fr. 7,2 zu übersetzen: Aber auch wenn ein Geschäft nicht unter einen besonderen Vertragsbegriff fällt, jedoch eine Leistung vorliegt … Zu einem noch konkreteren Ergebnis führt eine Analyse des fr. 7 von D. 2,14 unter Einbeziehung korrespondierender Texte. Da wir eine solche Analyse zur Rechtfertigung unserer Übersetzung der causa bereits 1995 vorgetragen haben27, kann es hier mit dem Rückgriff auf einige Ergebnisse sein Bewenden haben. Aus dem Bericht Ulpians ist zu erschließen, wie Abreden, die noch nicht unter einen der anerkannten Verträge fielen, schrittweise in die zivilrechtliche Vertragshaftung einbezogen werden. Während Celsus in einer Tauschsituation, wenn also eine Sache mit der Abrede hingegeben wird, daß dafür eine andere Sache geleistet wird, bei Ausbleiben der Gegenleistung demjenigen, der geleistet hatte, höchstwahrscheinlich nur die condictio ob rem zubilligte28, war Aristo, der hier über Labeo hinausgehend den Gedanken der civilis obligatio als erster entwickelte, der Meinung, in einem solchen Fall entstehe, wenn eine causa vorliege, ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, aus dem auf die Gegenleistung geklagt werden kann. Was er mit causa hier meint, veranschaulichte Aristo mit den von Ulpian referierten Fällen des ‚dedi ut dares‘ und ‚dedi ut facias‘, mit Fällen also, in denen eine datio vorliegt, die mit einer Zweckabrede verbunden ist29. Es ist bemerkenswert, daß Aristo selbst mit den Beispielen klar gemacht hat, was er in diesem Zusammenhang mit causa meint, wie er sie verstanden wissen will30 – Heumann / Seckel, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts (Fn. 8), 59 – 61. B. Brissonius, De verborum quae ad ius civile pertinent significatione opus praestantissimum (ed. J. G. Heineccius), Halle, Magdeburg 1743, 170 s.v. caussa 2. 26 Heumann / Seckel, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts (Fn. 8), 512 s.v. res 5. 27 R. Knütel, La causa nella dottrina dei patti, in: L. Vacca (Hrsg.), Causa e contratto nella prospettiva storico-comparatistica [Palermo, 7 – 8 giugno 1995], Turin 1997, 131 ff. 28 Vgl. auch Cels. D. 12,4,16. 29 Entsprechend Pap. D. 19,5,8 i.f. (Nec videri nudum pactum, quotiens certa lege dari probaretur), ferner Diocl. C. 4,64,6 (s. a.). – Daß auch Paulus die Ansicht des Celsus ablehnte, ergibt sich aus Paul. D. 19,4,1,2; D. 19,5,5,1 u. 2; für Ulpian ist außer auf fr. 7,2 u. 4 auf D. 39,5,18,1 hinzuweisen. 24 25
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und eine interpretierende Übersetzung kann deshalb, wie sie re nondum secuta mit „solange noch keine Leistung erbracht worden ist“ übersetzen darf31, so auch subsit tamen causa mit „wenn jedoch eine zweckbestimmte Leistung vorliegt“ wiedergeben. Vermutlich hat Aristo seine Lehre als eine Ausweitung der verpflichtenden Kraft der Realkontrakte verstanden, Ausweitung in dem Sinne, daß nach einer datio certa lege statt auf die Rückgewähr des Geleisteten auch auf die Gegenleistung geklagt werden kann32. Demgegenüber nahm Maurician die conventio zum Ausgangspunkt, die er als contractus einordnet, als das, was Aristo Synallagma nannte (D. 2,14,7,2): Ego übereignete den Stichus dem Tu, damit dieser den Pamphilus freilasse. Tu läßt frei; doch wird Stichus ihm vom wahren Eigentümer mit der rei vindicatio entzogen. Die Übereignung durch Ego war also unwirksam, keine datio. Aufgrund der Abrede hat jedoch Tu freigelassen, und in dieser Handlung liegt seine Leistung, die dazu führte, daß die conventio zum contractus wurde, aus dem Tu den Ego mit der civilis actio incerti auf Ersatz in Anspruch nehmen kann33. Es besteht also eine Abrede do, ut facias, die durch eine wirksame Leistung, die Freilassung, ein facere, von einer bloßen conventio, einem nudum pactum zum klagbaren contractus geworden ist. Es muß folglich neben der formlosen Abrede eine ihrem Zweck entsprechende Leistung vorhanden sein34, und eben diese wird in diesem Zusammenhang mit dem weiten und vieldeutigen Begriff ‚causa‘ bezeichnet. Wir haben ihn mit dem Begriff „zweckbestimmte Leistung“ wiedergegeben, der seinerseits noch in gewissem Maße interpretationsbedürftig ist, die in fr. 7,2 anschließenden Beispiele also nicht überflüssig macht, sondern durch sie für den juristisch interessierten Leser gerade klare Kontur gewinnt. Es ist ein bemerkenswertes Phänomen, daß die römischen Juristen viele polyseme Begriffe verwenden, ohne daß dies in ihren Diskussionen zu Verständnisschwierigkeiten geführt hätte. Es ist ihnen offensichtlich nach dem jeweiligen Zusammenhang klar gewesen, in welcher konkreten Einzelbedeutung ein vieldeutiges Wort zu verstehen war. In unserem Zusammenhang hat Aristo mit seinen Beispielen 30 Darauf läßt die Fortsetzung der indirekten Rede ab hoc schließen. Vielleicht hat Ulpian aber die von Aristo gegebenen Beispiele umformuliert. 31 Vgl. Heumann / Seckel, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts (Fn. 8), S. 512 s.v. res und oben zu Fn. 26; Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler [Behrends], Corpus Iuris Civilis, Bd. III, 1999, 497 f. (zu D. 18,5,3 u. D. 18,5,5,1). 32 Vgl. Knütel, La causa nella dottrina dei patti, (Fn. 27), 136; M. Artner, Agere praescriptis verbis, 2002, 108 m.w. N. 33 Vgl. nur A. E. Giffard, L’actio civilis incerti et le synallagma (D. 2,14,7), RH 35 (1957) 337, 342 f. = ders., Études de droit romain, Paris 1972, 194, 198; Knütel, La causa nella dottrina dei patti (Fn. 27), 143 m.w. N.; Artner, Agere praescriptis verbis (Fn. 32), 105, 107 („Das Zusammenspiel zwischen causa [=datio] und pactum hat man sich in diesem Fall wohl so vorzustellen, daß die vollzogene datio über das Ob der Verpflichtung entscheidet.“). 34 Subesse, vgl. Heumann / Seckel, Handlexikon zu den Quellen des röm. Rechts (Fn. 8), 560 s.h.v.; aus dem Verb folgt also keineswegs, die Leistung müsse der conventio zugrunde liegen, wie immer das zu verstehen sein könnte.
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selbst deutlich gemacht, was mit causa ausgedrückt sein sollte. Stellen wir uns also vor, im Heumann / Seckel stünde als zehnte Bedeutung (oder als fünfte Untergruppe des ersten Hauptbedeutungsfeldes) von causa mit Hinweis auf fr. 7,2 u. 4: ‚zweckbestimmte Leistung‘! In der Sache schließlich ist dieses Verständnis der causa keineswegs völlig neu35; es entspricht vielmehr, was nicht übersehen werden sollte36, seit der Wende in der Interpolationenkritik der überwiegenden Auffassung37 und hat sich in der einschlägigen deutschen Literatur der jüngeren Zeit offenbar durchgesetzt38.
III. Erläuternde Zusätze 1. Wesentlich erleichtert werden kann das Verständnis des Ausgangstextes vielfach durch erläuternde Klammerzusätze. Sie vermitteln dem Leser Umstände und Zusammenhänge, die ihm vermutlich nicht bekannt sind oder an die er doch im konkreten Zusammenhang nicht ohne weiteres denken würde. Für die Digestentexte ist diese Hilfe besonders wichtig, weil die Klassiker bei ihren Darstellungen und Erörterungen der juristischen Probleme in der Regel nicht wenig als bekannt vor35 Vgl. schon die Glosse (Ausgabe: Digestum vetus seu Pandectarum iuris civilis tom. Primus cum … commentariis Accursii etc., Venedig 1575, 149) ‚causa‘: Id est datio vel factum, quod vestiet pactionem. 36 Vor all dem verschließt bewußt die Augen M. Th. Fögen, Vom „Typenzwang“ des römischen Rechts am Beispiel des Realvertrags, in: P. Pichonnaz et al. (Hrsg.), Spuren des römischen Rechts, Festschrift Huwiler, Bern 2007, 249, 256 ff., die aufgrund eines Mißverständnisses von Ulp. D. 19,5,15 behauptet, die bloße „Reziprozität [sc. irgendeines Nutzens für beide Seiten] genügt, um die Vereinbarung aus dem Bereich der unklagbaren Abreden in das Reich des Zivilrechts zu transportieren“ (S. 257), in Ulp. D. 2,14,7,2 u. 4 bezeichne causa den Beweggrund oder den Zweck der Vereinbarung (S. 259), es sei „grundlos zu eng interpretiert“, wollte man mit Zimmermann (u. Fn. 37), S. 550 causa in fr. 2 u. 4 als „the characteristic element of an innominate real contract, namely the performance (be it a datio or a factum)“ verstehen (S. 261 Fn. 48), ein pactum nudum sei „nur und ausschließlich die Vereinbarung, die seitens einer Partei ohne ratio, „ohne Sinn und Verstand“ geschlossen wird“ (S. 259) etc. Es ist kaum begreiflich, weshalb sich S. Hähnchen (Fn. 3), 94 f., die übrigens nicht offenbart, wie die (nicht übersetzte) causa in fr. 7,2 u. 4 zu verstehen ist, davon überzeugen lassen konnte. – Daß sich die causa in fr. 7,2 u. 4 nicht im Sinne der englischen consideration erklären läßt, liegt nach dem im Text Ausgeführten zutage. 37 Vgl. nur B. Biondi, Contratto e stipulatio, Mailand 1953, 90, 95 ff.; Giffard (Fn. 33), 342 ff. = 196 ff.; F. Gallo, Synallagma e conventio nel contratto, Bd. II, 1995, 90, 95 ff.; R. Zimmermann, The Law of Obligations, Cape Town 1990, 534 f.; weitere Nachweise bei Knütel, La causa nella dottrina dei patti (Fn. 27), 132 f. Fn. 3. 38 H. L. W. Nelson / U. Manthe, Gai Institutiones III 88 –181, 1999, 264 („zweckgerichtete Austauschleistung (subsit tamen causa, § 2)“, aber auch S. 261, 449 (wo causa als „Motiv zu rechtsgeschäftlichem Handeln“ aufgefaßt wird); M. Artner, Agere praescriptis verbis (Fn. 32), 105 m. A. 185; 107 (vgl. Fn. 33); B. Schmidlin, Das Nominatprinzip und seine Erweiterung durch die actio praescriptis verbis, SZ 124 (2007) 86 – 89; P. Gröschler, Rez. zu Artner, SZ 124 (2007) 534 („mit causa in D. 2,14,7,2 die zweckbestimmte Leistung – mit anderen Worten: die „Zweckverfügung“ gemeint ist“), 535 A. 14.
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aussetzen. Eine wichtige Beschränkung haben wir uns bei unserem Übersetzungsvorhaben freilich auferlegt: Die Übersetzung muß selbständig erkennbar bleiben, also so formuliert sein, daß sie bei Weglassung der Klammerzusätze die korrekte Übertragung des Ausgangstextes darstellt. 2. Ein erstes Beispiel für die Möglichkeit, dem Leser mit der Übersetzung durch Klammerzusätze ein schnelleres und besseres Verständnis zu vermitteln, bietet D. 30, 99 Julian im 70. Buch seiner Digesten: Si domino Stichus legatus esset et servo eius optio data, partem dimidiam Stichi dico ad dominum pertinere, quod possit servus manumissus eundem Stichum optare.
Wurde dem Eigentümer eines Sklaven der Sklave Stichus und seinem Sklaven ein Sklave nach Wahl vermacht, so spreche ich mich dafür aus, daß der Eigentümer nur den hälftigen Miteigentumsanteil an Stichus erwirbt, weil sein Sklave, wenn er freigelassen wird, denselben Sklaven wählen könnte.
Ein Erblasser vermachte dem Eigentümer eines Sklaven den Sklaven Stichus. Zudem setzte er dem Sklaven dieses Eigentümers das Vermächtnis eines Erbschaftssklaven nach Wahl aus. Der Sklave hat sein Wahlrecht noch nicht ausgeübt. Julian läßt den Eigentümer nur den hälftigen Miteigentumsanteil an Stichus erwerben. Als Grund führt er an, der Sklave könne freigelassen werden und dann Stichus wählen. Das Problem kann sich nur stellen, wenn es sich um Vindikationslegate handelt. Da sich durch ein Zusammentreffen beider Mitvermächtnisnehmer, denen derselbe Gegenstand jeweils ganz gehören soll, eine hälftige Teilung ergibt39, spricht Julian dem Eigentümer nur hälftiges Miteigentum an Stichus zu, neben ihm bleibt mithin der Erbe Miteigentümer, freilich nur solange die Schwebelage währt, die durch die doppelte Bedingung der Freilassung und der Wahl gerade des Stichus entstanden ist40. Kommt es zur Freilassung und zu dieser Wahl, so bleibt es bei dem Eigentumsanteil des dominus; andernfalls wächst ihm der andere Anteil an. Verhält es sich so, sollte vor allem klargestellt werden, daß der Eigentümer nicht endgültig auf den hälftigen Anteil beschränkt ist; auch erscheint ein Hinweis hilfreich, daß es sich um Vindikationslegate handelt. Um die verschiedenen Sklaven besser unterscheiden zu können, bietet es sich an, dem Sklaven des dominus einen Namen zu geben, etwa Pamphilus41. Dementsprechend geben wir in Bd. V unserer Übersetzung das fr. 99 wie folgt wieder: Wurde dem Eigentümer eines Sklaven [Pamphilus] der Sklave Stichus [mit dinglicher Wirkung] und seinem Sklaven [Pamphilus] ein Sklave nach Wahl [ebenfalls mit dinglicher Wir39 Concursu partes fiunt, vgl. etwa Cels.-Ulp. D. 7,2,3 pr. = fr. Vat. 79; Cels. D. 32,80; Iul. D. 30,34,10. 40 Vgl. G. Segrè, Studio esegetico sul fr. 99 D. de legatis I (30), in: ders., Scritti giuridici, Bd. II, Rom 1938 (aus 1888), 272, 276 ff.; Arndts (u. Fn. 41) und zuletzt S. Lohsse, Ius adcrescendi. Die Anwachsung im römischen Vermächtnisrecht, Köln / Weimar / Wien 2008, 112 f. m.w. N. Vgl. auch Iul. D. 33,5,11. 41 Mit K. L. Arndts in: Glück, Pandecten, Bd. 48, 1878, 93.
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kung] vermacht, so spreche ich mich dafür aus, daß der Eigentümer [zunächst] nur einen hälftigen Miteigentumsanteil an Stichus erwirbt, weil sein Sklave [Pamphilus], wenn er [noch vor Ausübung des Wahlrechts] freigelassen wird, denselben Sklaven wählen könnte.
3. Schwieriger ist es in Fällen, in denen schon der Sachverhalt verkürzt oder unklar wiedergegeben ist oder sogar ganz fehlt. Ein Leser, der keine Möglichkeit hat zu erkennen, worum es geht und weswegen die juristischen Überlegungen angestellt werden, wird weder Verständnis für den Text noch für die Übersetzer aufbringen, die ja nur übersetzen können, wenn sie wissen, worum es geht42, und die ihm dieses Wissen nicht vorenthalten sollten, wenn es vonnöten ist, um den Text zu begreifen. Ein Beispiel, das es uns zugleich erlaubt, ein Versehen zu berichtigen43, ist: D. 27, 3, 1, 15 Ulpian im 36. Buch zum Edikt Usque adeo autem ad contutores non venitur, si sint solvendo contutores, ut prius ad magistratus qui eos dederunt vel ad fideiussores veniatur: et ita imperator noster Ulpio Proculo rescripsit. quod enim Marcellus libro octavo digestorum scripsit quodque saepissime rescriptum est, quamdiu vel unus ex tutoribus idoneus est, non posse ad magistratus qui dederunt veniri, sic erit accipiendum, si [non?] contutor ob hoc conveniatur, quod suspectum facere vel satis exigere noluit.
Der Grundsatz, daß Mitvormünder nicht belangt werden, geht so weit, daß, wenn die Mitvormünder zahlungsfähig sind, zuvor die Magistrate, die diese Vormünder bestellt haben, oder die Bürgen belangt werden. Und so hat unser Kaiser den Ulpius Proculus auf dessen Anfrage hin beschieden. Denn was Marcellus im 8. Buch seiner Digesten geschrieben hat und was auch in Reskripten sehr oft ausgesprochen worden ist, daß nämlich die Magistrate, die die Vormünder bestellten, nicht belangt werden können, solange auch nur einer der Vormünder zahlungsfähig ist, wird so zu verstehen sein, daß der Mitvormund deshalb verklagt wird, weil er es unterlassen hat, seinen Mitvormund als vertrauensunwürdig anzuklagen oder Sicherheitsleistung zu erwirken.
Gibt man sich mit der Übersetzung nach dem Wortlaut zufrieden, so bleibt der Leser ratlos, auch wenn er Fachmann ist. Denn angesichts der sonstigen Überlieferung wäre es nicht einzuordnen, daß die subsidiäre Haftung der Magistrate44 gegenüber dem Mündel für die Schäden, welche die von ihnen bestellten Vormünder verursachten, im Falle von sogar zahlungsfähigen Mitvormündern nicht bestehen soll. Zudem macht die im Text gegebene Begründung Schwierigkeiten. Mit Recht konstatiert Pasquale Voci: „Il § 15 è noto per la difficoltà“45. Eine Übersetzung sollte den Leser mit solchen Schwierigkeiten nicht allein lassen.
42 Vgl. zur crux allen Übersetzens M. Grant, Translating Latin Prose, in: W. Radice, B. Reynolds (Hrsg.), The Translator’s Art, Essays in honour of Betty Radice, Harmondsworth 1987, 81, 89 f.: „The crux of the matter is that the translator especially if he is going to improve on his original must first know exactly what it means“. 43 Vgl. u. Fn. 52. 44 Vgl. Ulp. D. 27,8,1 pr. ff.; Inst. 1,24,2 (actio subsidiaria als ultimum praesidium).
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Begreiflich wird die Erörterung in § 15, wenn man zugrundelegt, daß die Vormundschaft von den Magistraten nach Bereichen unter die Mitvormünder aufgeteilt war. Das entspricht der seit langem herrschenden Auffassung46. Zwar wird dieser Umstand im Text nicht genannt47; aller Wahrscheinlichkeit nach ist er jedoch vorausgesetzt48, war bei Mitvormündern doch, wie Venuleius sagt, die Vormundschaft zumeist nach Bereichen aufgeteilt49. Im Grundsatz haften Mitvormünder, soweit sie tätig geworden oder pflichtwidrig untätig geblieben waren, in solidum50. War die Verwaltung jedoch vom Magistrat (oder vom Erblasser) nach räumlichen oder sachlichen Aufgabenbereichen geteilt, so haftete jeder nur für seinen Bereich51. Das hat die Konsequenz, daß die subsidiäre Haftung des Magistrats bereits dann geltend gemacht werden kann, wenn der eine Vormund, dem etwa die Verwaltung des in den Provinzen liegenden Mündelvermögens zugewiesen war, Schäden verursacht hat und zahlungsunfähig ist, und zwar auch dann, wenn seine für andere Bereiche zuständigen Mitvormünder solvent sind. An diesem Ergebnis stört, daß die subsidiäre Haftung der Magistrate, die zu der in der Reskriptenpraxis oft bestätigten und auch in fr. 1, 15 genannten Regel geführt hat, Magistrate könnten wegen der Bestellung der Vormünder nicht belangt werden, solange auch nur einer von den Mitvormündern zahlungsfähig ist – daß also diese subsidiäre Haftung hier ausgehöhlt erscheinen könnte. In dem Reskript des Antoninus Severus [Caracalla] wurde die Geltung dieser Regel jedoch für die Fälle der amtlich nach Bereichen aufgeteilten Vormundschaft abgelehnt, konsequent und wertungsmäßig zutreffend. Die Begründung ergibt sich 45 Pasquale Voci, „La responsabilità dei contutori e degli amministratori cittadini etc.“, IVRA 21 (1970) 71, 104 = P. Voci, Studi di diritto romano, Bd. 1, Padua 1985, 516; vgl. auch S. 106 = 518: „incomprensibile esposizione del § 15“. 46 Vgl. schon die Glosse usque adeo, ferner z. B. A. Schulting / N. Smallenburg, Notae ad Digesta, Leiden 1823, Nachdr. 2004, Bd. IV, 476; C. F. Glück, Ausführl. Erläuterung der Pandecten, Bd. 30, Nachdr. 1869, 397 ff. m. ält. Lit.; Voci (o. Fn. 45), 105 = 516 f.; vgl. auch A. A. F. Rudorff, Das Recht der Vormundschaft, Bd. III, 1834, 173 m. Fn. 7. – Von den Übersetzungen gibt keine einen entsprechenden Hinweis; die niederländische (Spruit et alii, Bd. IV, 1997, 174 [L. de Ligt, E. Slob]) spricht zu allgemein von der „Regel, daß man Vormünder nicht [für den Anteil eines anderen] belangt“; die spanische (D’Ors et alii, Bd. II, 1972, 270) geht von Mitvormündern aus [die nicht verwalten, que non administran], die anderen Übersetzungen bleiben beim Wortlaut. – Gegen eine Aufteilung und von weitreichender justinianischer Umgestaltung ausgehend E. Levy, Die Haftung mehrerer Tutoren, SZ 37 (1916) 14, 56 ff. = ders., Gesammelte Schriften, Bd. II, Köln / Graz 1963, 119 ff. 47 Mommsen, Dig. ed. maior 1868 (Nachdr. 2009) ad h.l. schlägt deshalb die Verbesserung ad contutores non venitur vor, vgl. auch die Stereotypausgabe. 48 Vgl. Glück, Ausführl. Erläuterung der Pandecten (Fn. 46), 399; Voci, Studi di diritto romano (Fn. 45), 105 = 516. 49 D. 26,7,51: quod plerumque fit; vgl. auch Ulp. D. 26,7,3,4 u. 9; D. 26,7,4; Scaev. D. 26,7,47,7. 50 M. Kaser, Das römische Privatrecht, Bd. I, 2. Aufl., 1971 (= RP 12), 366 m. Fn. 44. 51 Glück, Ausführl. Erläuterung der Pandecten (Fn. 46), 401; Kaser, RP 12, 362, 366; Voci, Studi di diritto romano (Fn. 45), 105 = 516.
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aus dem Schlußpassus: sic erit accipiendum, si [non]52 contutor ob hoc conveniatur, quod suspectum facere vel satis exigere noluit. Die Regel des Marcellus also „wird so zu verstehen sein, daß der [zahlungsfähige] Mitvormund deshalb [vor der Inanspruchnahme des Magistrats] verklagt werden kann, weil er es unterlassen hat, seinen [zahlungsunfähigen] Mitvormund als vertrauensunwürdig anzuklagen oder Sicherheitsleistung [für die Erhaltung des Mündelvermögens] zu erwirken“. Mit dieser „teleologischen Reduktion“ der Marcellus-Regel ist zugleich gesagt: Da diese wesentlichen Pflichten eines Mitvormunds im Falle einer Aufteilung nach Bereichen entfallen, weil jeder (unbeschadet einer Haftung wegen dolus, etwa bei kollusivem Verhalten) nur für seinen Bereich verantwortlich ist und wie die anderen nicht ihn, so auch er nicht die anderen kontrollieren kann, ergibt sich, daß bei aufgeteilter Verwaltung der Magistrat schon nach dem insolventen Vormund belangt werden kann53. Es waren im wesentlichen diese Informationen aus der Literatur und die dargelegten Überlegungen, die uns seinerzeit zu einer Übersetzung mit den folgenden Zusätzen veranlaßt haben, wozu nochmals hervorgehoben sei, daß der klammerfreie Text die Übersetzung ist, die Klammerzusätze dagegen nur Verständnishilfen sind: Der Grundsatz, daß [bei aufgeteilter Vormundschaft nicht zuständige] Mitvormünder nicht [für die zuständigen] belangt werden, geht so weit, daß, [selbst] wenn die [nicht zuständigen] Mitvormünder zahlungsfähig sind [die zuständigen dagegen nicht], zuvor die Magistrate, die diese Vormünder bestellt haben, oder die Bürgen belangt werden. Und so hat un-
52 Die Tilgung erscheint unausweichlich, schon die Basiliken setzen die Pflichtverletzung voraus (Bas. 38,3,1,20, Hb. III 714 = Schelt. A V 1703); s. ferner J. Cujaz, Comment. in lib. II Quaest. Papin., Opera omnia, Bd. IV, Prato 1837, col. 604 (mit Hugolinus): „delenda est negatio“, ders., Paratitla in lib. V Cod. Just., ebda. Bd. VIII, col. 989; Schulting / Smallenburg, Notae ad Digesta (Fn. 46), 476; Voci, Studi di diritto romano (Fn. 45), 105 = 516. – Zwar wird die Negation verteidigt, insbesondere von Glück, Ausführl. Erläuterung der Pandecten (Fn. 46), 400 f., der dem Passus entnimmt, daß „die Klage gegen den Magistrat noch vor dem Mitvormund [sofern dieser für den Bereich zusätzlich bestellt ist?] in dem Falle angestellt werden , da dem letzteren deswegen [sc. Unterlassen der Anklage und des Verlangens der Sicherheitsleistung] keine Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann“. Glück läßt dabei jedoch den Zusammenhang außer acht, wonach der si-Satz die restriktive Interpretation der Marcellus-Regel (aus der regelmäßigen Mithaftung der Mitvormünder bei der nicht aufgeteilten Vormundschaft) begründen soll. – In den Editionen von Mommsen, Mommsen / Krüger und in der Mailänder Ausgabe wird zu diesem non nichts angemerkt. In der neuen deutschen Übersetzung fehlt (worauf mich dankenswerterweise Detlef Liebs aufmerksam gemacht hat) der Hinweis: si [non] contutor; dies ist Folge eines Versehens (vgl. o. zu Fn. 43). – Im übrigen wollen einige Autoren, auch hier vor allem Cujaz, ferner Voci (beide aaO.), das in der Begründung getilgte non in den Anfangsteil versetzen: Usque adeo autem ad contutores non venitur, si sint solvendo contutores… Daß mangelnde Solvenz der handelnden Vormünder Voraussetzung für eine Haftung von Mitvormündern und Magistraten ist, dürfte jedoch als selbstverständlich vorausgesetzt und statt dessen gerade die Solvenz der anderen, ohne die das Problem irrelevant wäre, betont worden sein. Das Besondere des Falles liegt ja darin, daß trotz der Solvenz der Mitvormünder die Haftung des Magistrats hier keine subsidiäre ist. Nachdrücklich gegen die Einführung des non auch Glück, aaO., 397 A. 65 (Lit.-Bericht), 399 f. 53 Vgl. Paul. D. 26,7,46,6.
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Rolf Knütel
ser Kaiser Antoninus [Caracalla] den Ulpius Proculus auf dessen Anfrage hin beschieden. Denn was Marcellus im 8. Buch seiner Digesten geschrieben hat und was auch in Reskripten sehr oft ausgesprochen worden ist, daß nämlich die Magistrate, die die Vormünder bestellten, nicht belangt werden können, solange auch nur einer der Vormünder zahlungsfähig ist, wird so zu verstehen sein, daß der [zahlungsfähige] Mitvormund deshalb verklagt wird, weil er es unterlassen hat, seinen Mitvormund als vertrauensunwürdig anzuklagen oder Sicherheitsleistung [für die Erhaltung des Mündelvermögens] zu erwirken [und weil er deswegen vorrangig haften muß].
4. Jede Zeit braucht ihre Übersetzung, d. h. die, die sie „verdient“, sei es wegen sprachlichen und terminologischen Wandels, sei es wegen veränderter Verständnismöglichkeiten. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß angesichts der auch unter Juristen erheblich, ja geradezu dramatisch geschwundenen Kenntnisse von Roms Recht, Sprache und Geschichte eine zeitgemäße Übersetzung einer so komprimiert und weithin so abstrakt gehaltenen fachjuristischen Erörterung, wie sie sich im Corpus iuris civilis findet, weit mehr an Verständnishilfen bieten muß als etwa noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein. Zu den Verständnishilfen zählen übrigens auch Hinweise auf parallele und widersprechende Aussagen in den Quellen, den juristischen wie auch den literarischen, epigraphischen usw., natürlich nur im Rahmen dessen, was sich bei der Übersetzungsarbeit ergab, ohne bei den Hinweisen auf weitere Quellen Vollständigkeit anzustreben. Es ist also durchaus gewollt, daß die neue deutsche Übersetzung in den genannten Punkten der begrifflichen Anpassung, der erläuternden Klammerzusätze und der Hinweise auf zusätzliche Quellen deutlich über das in allen anderen Übersetzungen Anzutreffende hinausgeht. Auch diese Entscheidungen sind im Laufe der Zeit gereift. Lange war es sehr kontrovers unter den Herausgebern, ob man sich der Klammerzusätze bedienen und auch auf weitere Quellen verweisen sollte. Dagegen sprachen der Mehraufwand mitsamt dem zeitlichen Aspekt, die Eröffnung zusätzlicher Fehlerquellen, mögliche Grenzüberschreitungen zwischen Übersetzung und Erläuterung, ferner zu weit gehende Erleichterungen der Quellenauslegung („Exegesenkiller“) – ein Bedenken, dem wir die Hoffnung entgegensetzen, unsere Arbeit möge den Leser „gleichzeitig dazu anregen, sich in kritischer Lektüre der Übersetzung mit den Quellen selbst zu befassen“54. Vielfach entsprochen hat dieser Erwartung Christoph Krampe, der Freund, dem wir hierfür ebenso wie für seine bereitwillige und fruchtbare Mitarbeit an der Übersetzung von Herzen danken und dem wir unsere besten Wünsche für eine langwährende Fortsetzung seiner ertragreichen Arbeit in unserer Wissenschaft aussprechen. Unsere Entscheidungen sind, wie gesagt, mit der Zeit gereift; sie haben sich während der Arbeit ergeben. Wichtig war die Erkenntnis, daß eine Übersetzung nicht an den Ergebnissen der Literatur vorbeigehen darf, zumal wenn nach der Arbeit von Generationen hinreichend verläßliche Aussagen vorliegen, wofür unsere Fragmente D. 27,3,1,15 und auch D. 2,14,7,2 u. 4 Beispiele sein mögen. 54
Behrends / Knütel / Kupisch / Seiler, Corpus Iuris Civilis, Vorwort zu Bd. IV, 2005, S. VII.
Interpretierendes Übersetzen
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Nicht ganz unwichtig war auch ein Brief, der Brief nämlich, den Cicero am 28. Juli 44 an Trebaz schrieb. Dieser hatte ihn bei einem Besuch um Erläuterungen zur Argumentationslehre des Aristoteles gebeten. Cicero hatte das mehr oder weniger abgelehnt, Trebaz auf eigene Lektüre und an einen Rhetor verwiesen, beides erfolglos, und sich dann selbst daran gemacht, aristotelische Topika zusammenzustellen. Dieses Werk, seine Topica, schickte Cicero dann Trebaz mit dem Begleitbrief zu, in dem er unter anderem schrieb: Eum librum tibi misi Regio, scriptum, quam planissime res illa scribi potuit. Sin tibi quaedam videbantur obscuriora, cogitare debebis nullam artem litteris sine interprete et sine aliqua exercitatione percipi posse. non longe abieris; num ius civile vestrum ex libris cognosci potest? Qui quamquam plurimi sunt, doctorem tamen usumque desiderant …
„Dieses Buch sende ich dir aus Regium. Es ist so klar geschrieben, wie die Sache sich eben darstellen läßt. Sollte dir manches einigermaßen dunkel vorkommen, so mußt du bedenken, daß man kein Fach allein aus seinen Schriften begreifen kann, ohne Interpreten und ohne einige Übung. Du brauchst da nicht weit zu gehen! Kann man euer Bürgerliches Recht allein aus den Büchern lernen? Auch wenn es sehr viele davon gibt, verlangen sie doch alle einen Lehrer und Übung …“55
Hielt aber schon Cicero Erläuterungen für unerläßlich, um wieviel mehr werden wir ihrer bedürfen!
55 Vgl. Cicero Topica, hgg., übersetzt u. erläutert v. K. Bayer, o. J. [1993], 86 f. – Der Brief entstammt Cicero, Ad familiares 7, 21.
Mario Talamanca e „Index“* Di Luigi Labruna Questo non è il ‚ricordo‘ di un romanista (e di un amico) eminente, straordinariamente operoso, che molto ha inciso sulla storia recente della nostra disciplina. Non vuole esserlo. Non pretende la completezza del confronto con una personalità così profonda come quella di Mario Talamanca. Né si propone di tessere un elogio d’occasione: lo studioso non lo merita. Altri lo hanno ricordato di recente, con la dovuta ampiezza, illustrandone la formazione, la statura scientifica, gli interessi, il metodo, anche i tratti caratteriali. Collocandolo nella storia recente della romanistica contemporanea. Luigi Capogrossi Colognesi, quello tra i romanisti che negli anni piú gli è stato vicino, nell’ora rinato Bullettino; Giovanni Finazzi, l’allievo; Mantovani1. Voglio qui rammentarlo per dare testimonianza della partecipazione di un ricercatore di rango, un princeps dei nostri studi, ad un progetto scientifico, a Index, una rivista che negli ultimi quarant’anni e piú ha provato ad aprire spazi di confronto, connessioni interdisciplinari, approfondimenti sui diritti antichi, sulla tradizione romanistica, su stato e metodi della didattica e della ricerca nelle nostre discipline2. A questo progetto Talamanca volle aderire fin dagli inizi e in esso è stato presente ed attivo sin quasi agli ultimi giorni suoi. Nel primo volume che sarebbe apparso nel 1970 (destinato principalmente a un’ampia rassegna critica, attraverso ‚rapporti‘ e recensioni, dello stato degli studi romanistici nei diversi Paesi, anche quelli allora piú distanti, e trascurati talvolta in modo non innocente, nel dibattito scientifico) avevamo concordato di ospitare una sua lettura della dissertazione di dottorato di Günther Häge, un allievo di Hans Julius Wolff, sugli „Ehegüterrechtliche Verhältnisse“ nei papiri greci d’Egitto, apparsa nel 19683. * A Christoph Krampe, indagatore felice della scienza giuridica romana, con stima e amicizia antiche. 1 Luigi Capogrossi Colognesi, Mario Talamanca, BIDR 105 (2011), 1 – 6; Giovanni Finazzi, Mario Talamanca (1928 – 2009), SCDR 22 (2009), 843 – 877; Id., Mario Talamanca, SDHI 77 (2011), 691 – 749, con utile bibliografia a p. 750 ss; Dario Mantovani, In memoriam Mario Talamanca (28.2.1928 – 11.6.2009), SZ 128 (2011), 817 – 844. 2 Per qualche traccia si v. il volumetto Trent’anni di Index, Napoli 2007, con contributi di Alterini, Cascione, Filippi, García Netto, Labruna, Masi Doria, Mercogliano, Reduzzi Merola, Rinaldi, Salerno.
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Sia pure ad un livello microstorico (ma forse le piccole storie sono utili a ricostruire e a far comprendere quelle piú grandi), le sorti di quel lavoro appaiono paradigmatiche. Con piena condivisione del nostro proponimento, Talamanca aveva accettato immediatamente. Ma la recensione non arrivò in tempo per essere inclusa nel volume. Ecco un primo indicatore del lavoro di Talamanca: lo scrupolo, la minuziosità analitica, l’acribia che dedicava alla lettura, alla problematizzazione estrema dei temi affrontati, provocava ritardi che s’allungavano, come tanto spesso accadde, anche l’estensione dei suoi contributi. Quello in questione fu uno tra i primi, credo, ad essere caratterizzato da una delle note d’esordio che poi saranno cosí tipiche di tanta parte della produzione scientifica del Nostro: „Queste notazioni, concepite originariamente come una recensione, si sono venute soverchiamente ampliando in séguito ad una discussione un po’ piú approfondita di tre punti centrali dell’opera, onde è parso piú opportuno dar ad esse la forma in cui si presentano. La loro genesi valga, però, a spiegarne taluni aspetti particolari“4. Un ulteriore indicatore della sua prassi di lavoro emerge da queste righe: la metamorfosi del genere letterario. La trasformazione della recensione in un vero e proprio saggio, con forti tratti di originalità derivati dagli approfondimenti, dagli scavi in profondità cui lo conduceva la lettura critica, che diveniva spunto per nuovi studi. Anche sotto il profilo formale quella ricerca (ché tale propriamente era) non uscí come recensione, ma come „contributo“. Non solo per la mole (oltre quaranta pagine), ma per l’analisi puntigliosa e intensa dei problemi. In primo luogo la differenza tra phernē grecoegizia e proíx attica, poi il regime di quei beni muliebri che Häge caratterizzava come costituiti en prosphorā, ma (oltre a una serie di punti piú minuti) anche, e forse soprattutto, il nesso problematico di fondo tra „l’infrastruttura socio-economica e le strutture giuridiche“, con tutti i problemi relativi all’uso delle logiche, delle dogmatiche maturate nella modernità su basi romanistiche con riferimento alla comprensione di quel particolare frastagliato fenomeno storico che s’estende dai tempi omerici (o micenei) all’ellenismo. In quel primo scritto in Index possiamo dunque leggere il Talamanca giusgrecista, che di continuo commisura le categorie interpretative proprie della scienza romanistica, che dominava, con quella vicenda storico-giuridica sotto certi profili cosí altra, diversa. Nelle vesti di studioso dei diritti greci tornerà in Index nel 1996, quando, insieme con De Martino, Casavola e l’autore, discuterà nella nostra rivista la nota ricerca di Marcello Gigante sul Nómos basileús, in occasione della ristampa del 19935. Uno scritto invero breve per le dimensioni talamanchiane (solo dodici pagine), ma densissimo di considerazioni. Un vero e proprio distillato. Sull’essenza del diritto greco, l’importanza della retorica giudiziaria (specie ateniese), il con3 Günther Häge, Ehegüterrechtliche Verhältnisse in den griechischen Papyri Ägyptens bis Diokletian, Köln-Graz 1968; lo scritto di Mario Talamanca, Gli apporti patrimoniali della moglie nell’Egitto greco e romano, Index 2 (1971), 240 – 282. 4 Talamanca, Index 2 (1971) (Fn 3), 270. 5 Mario Talamanca, in: Francesco De Martino / Mario Talamanca / Francesco Paolo Casavola / Marcello Gigante, Nómos basileús, Index 24 (1996), 355 – 375, 359.
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fronto con l’esperienza giuridica, soprattutto giurisprudenziale, romana, sulla cultura dei giuristi romani (con la negazione di sostanziali influenze sui prudentes della riflessione filosofica greca). Una serie di questioni e tracce che ben continuano, in alcuni punti riprendendole e approfondendole, le riflessioni dell’aureo compendio sul diritto in Grecia pubblicato nel 19816. Anche qui una prima nota significativa, che svela anche l’indole, i modi (le autoconsapevolezze) di Talamanca; ma in quegli anni si tratta già di uno stilema: „È per l’insistenza, affettuosa, di Marcello Gigante e di Gino Labruna, che forse annettono a quanto segue un qualche valore (dell’esistenza del quale fondamentalmente dubito), che pubblico – con qualche aggiustamento quasi sempre formale – le parole dette in occasione della presentazione della seconda edizione del Nómos basileús del primo (Napoli 1993), tenuta nella Facoltà di Giurisprudenza dell’Università di Napoli ‚Federico II‘ nel giugno del 1994. Le considerazioni, dunque, che seguono conservano una forte mancanza di organicità, se non un carattere di accidentalità, di cui sono perfettamente consapevole, e possono, semmai, offrire soltanto uno spunto lontano per un’ulteriore riflessione critica sulle tematiche sfiorate, a cui Marcello ha portato un importante contributo“7. Intanto era intervenuto8 in un dibattito, ospitato in Index del 1990, sulle Istituzioni di diritto romano, come materia e come genere letterario. Allora c’era ancora un positivo fervore, e conseguente discussione (anche aspra, ma vitale), sull’organizzazione didattica delle nostre discipline, mantenendosi la classica partizione ternaria, che conservava diffusamente nelle diverse sedi universitarie due corsi (veri) al primo anno, Storia e Istituzioni, e anche, secondo un’alta tradizione, il Diritto romano (talvolta ancora biennale e obbligatorio) al secondo e al terzo. Proprio in quegli anni Talamanca stava scrivendo (e pubblicando, a puntate) il suo manuale istituzionale, un lavoro non solo scolastico: in nuce o piú distesamente vi si trovano l’individuazione e non poche soluzioni di svariati problemi scientifici. In Index dichiara la scelta per la sincronia, una scelta dettata dall’interesse per il discente, e per la parte generale (con la trattazione del negozio giuridico), sempre tenendo in conto la posizione complessiva dello studente di giurisprudenza, le sue necessità formative. Ciò non elide, per Talamanca, la necessità di un confronto con il ius controversum della giurisprudenza classica „il retaggio piú prezioso che ci proviene dall’esperienza romana“9. In questo contributo compare una autodescrizione che mi sembra di particolare rilevanza. Talamanca si definisce „vetero-pandettista“. Non è l’unico luogo della sua produzione in cui si rappresenta cosí (o anche – mi pare – nella variante „paleopandettista“, forse in piú netta contrapposizione con il cd. neopandettismo). Certamente non voleva dirlo sottovalutando se stesso (Talamanca aveva il
6 Mi riferisco, ovviamente, alla parte giusgrecistica del manualetto di Mario Talamanca / Mario Bretone, Il diritto in Grecia e a Roma, Roma-Bari 1981. 7 Talamanca, Index 24 (1996) (Fn 5), 369 s. nt. 1. 8 Mario Talamanca, Le ‚Istituzioni’ fra diacronia e sistema, Index 18 (1990), 25 – 36. 9 Talamanca, Index 18 (1990) (Fn 8), 32.
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suo carattere e anche i suoi vezzi, ma non quello della finta umiltà) o la pandettistica, piuttosto – credo – intendesse mostrare la necessità di una conoscenza sicura delle Pandette, che – secondo il suo metodo di ricerca – si otteneva attraverso il confronto continuo con le fonti e con la tradizione della Scuola storica, a partire da Savigny e attraverso le ramificazioni anche minute (che spesso si tramutano, specie nella dottrina tedesca della seconda metà dell’Ottocento, in contributi dal taglio prevalentemente civilistico). Un ulteriore aspetto di Talamanca, lo storico degli studi, emerge da un saggio pubblicato in Index 23 (1995), dal titolo La romanistica italiana fra Otto e Novecento, nel quale tratteggia un quadro delle discipline romanistiche nel nostro Paese dall’Unità (con proiezioni a ritroso) fino ai primi decenni del Novecento. Emergono personaggi (su tutti Vittorio Scaloja, un modello), carriere, temi di ricerca, libri, anche cenni a consorterie accademiche. Il contributo è da leggere insieme con Un secolo di ‚Bullettino‘10, che descrive minuziosamente (senza pretese di completezza) una centenaria stagione di studi. Questi saggi, cosí profondi, ma che hanno dell’incompleto, fanno rimpiangere molto la mancata redazione della „voce“ che Talamanca stava preparando sulla storia dei nostri studi per l’Enciclopedia del Diritto della Giuffrè: Storia del diritto (diritto romano). Un contributo annunciato e mai apparso (e non è caso unico: Talamanca doveva spesso rinunciare ad alcuni dei suoi progetti scientifici per l’affastellarsi degli impegni), che si sarebbe giovato, oltre che delle sue sterminate conoscenze libresche, pure di una memoria viva, particolarmente curiosa delle vicende (anche quelle maggiormente recondite) della nostra accademia. Libere docenze, concorsi, chiamate, dispute scientifiche, beghe personali non erano per lui erudizione o atteggiamento indiscreto, piuttosto vita vera, multiforme, di un corpus complesso, ma considerato dal Nostro come omogeneo nelle sue premesse aristocratiche (ovviamente smentite dalle doverose eccezioni), nel quale Talamanca sentiva fortissimo il suo personale radicamento, la sua vera assoluta vocazione. Un mondo di dotti innestato nella piú ampia (e alta) cultura europea, per lui soprattutto tedesca. Nelle descrizioni gustose e interessantissime (prevalentemente orali) di quel mondo, in gran parte ormai da noi assai distante, Talamanca portava lo stesso interesse acuto che dedicava allo studio di un frammento di Labeone. E qualche malizia, qualche civetteria, persino qualche cattiveria, non gli erano aliene. L’improvvisa scomparsa, la cui notizia mi raggiunse a notte fonda a Berkeley colpendomi nel profondo, non gli ha consentito di realizzare un progetto di cui, con Capogrossi e Cascione, varie volte avevamo parlato e che si era piú volte proposto di portare a compimento: di redigere (o dettare a qualcuno dei suoi allievi o dei nostri redattori) i suoi ricordi „veraci“ delle vicende accademiche italiane dal dopoguerra agli ultimi anni, attraverso le vicende concorsuali (talvolta anche torbide, talaltra divertenti), che di continuo rammentava con una precisione impressionante e mille retroscena, il che avrebbe rappresentato un contributo, forse non per tutti gradevole, ma certo di estremo interesse, 10
Apparso BIDR 91 (1988, ma 1992), ix ss.
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alla storia della romanistica contemporanea; e non solo (non limitandosi la sua conoscenza profonda del tema al diritto romano, munito come era di cognizioni sorprendenti, per chi non lo conoscesse, anche sugli altri settori giuridici e su quelli storici e letterari). Il Talamanca romanista ‚puro‘ (per cosí dire) emerge in Index dall’ultimo degli scritti scientifici suoi che abbiamo ospitato11. Eppure non si tratta d’un tema tratto direttamente dai Digesta, che furono senza dubbio il luogo privilegiato delle sue ricerche storico-dogmatiche. Piuttosto dell’esegesi di un noto, ma tormentato, testo ciceroniano (de orat. 1.176), che – secondo la tecnica esegetica del Nostro – rimandava poi a un coacervo amplissimo di passi sul tema (o su temi correlati), tutti serratamente discussi con (al solito) un impressionante schieramento bibliografico. Quel saggio, dedicato all’amico carissimo Titta Impallomeni (che insieme, con Burdese e von Schwind, avevamo commemorato a Padova12) s’intreccia in quel volume di Index con quello – contiguo per oggetto – di Carla Masi, la mia allieva ora brillante e autorevole collega, che aveva da poco chiuso il suo lavoro monografico sui bona libertorum13, e che in quella sede volle affrontare l’arduo problema della successione dei gentiles nei patrimoni degli ex schiavi manomessi14. Come suo stile (e metodo) Talamanca procede con la verifica di una serie di interpretazioni possibili del problema, conducendo per mano il lettore, che di ciascuna è quasi convinto, per poi spiazzarlo con una sterzata improvvisa, logica, mostrando un’altra via, sempre in un discorso serrato, fatto di strette conseguenzialità, con le fonti e la letteratura. Ecco, forse, quel saggio dà la misura di quanto, in Talamanca, conti spesso assai più il percorso di verifiche, riscontri, controlli che la meta, il risultato finale. Credo che da questi pochi cenni emerga come – certo non consapevolmente – Talamanca abbia offerto alla nostra rivista tutti i diversi aspetti del suo essere storico, del diritto greco, di quello romano, della tradizione romanistica e della metodologia del nostro lavoro. Manca uno spaccato del Talamanca civilista (che non è stato un Talamanca minore): il che può dipendere dal fatto che quando quello studioso indossava i panni del giurista specialista del diritto vigente non indulgeva a facili premesse storiche o a semplificanti comparazioni. Era in quelle occasioni civilista tout court, e come tale trovava spazi adeguati al di fuori dei canali di conoscenza della produzione giusantichistica. Proprio di Talamanca giuspositivista discusse in Index del 2004 Pietro Rescigno, collocandolo al posto da lui meritato nella cultura civilistica contemporanea. L’occasione fu la consegna a Talamanca degli otto volumi di Iuris vincula scritti in suo onore. Forse non è un caso che gli interventi alle celebrazioni per l’uscita della Mario Talamanca, Cic. De orat. 1.176 ed i „bona liberti“, Index 27 (1999), 165 – 250. Alberto Burdese / Luigi Labruna / Fritz von Schwind / Mario Talamanca, Ricardo di Giambattista Impallomeni, Padova 1996. 13 Carla Masi Doria, Bona libertorum. Regimi giuridici e realtà sociali, Napoli 1996. 14 Carla Masi Doria, „Libertinita“ e successione gentilizia, Index 27 (1999), 251 – 300. 11
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Festschrift, che la comunità scientifica gli aveva tributato nel 2001, furono pubblicati dalla nostra rivista: piuttosto un segno di affetto e di consonanza. Humbert, Corbino, Wolf, García Garrido, Rescigno appunto, Capogrossi ed io stesso in quella circostanza discutemmo di lui con lui. E lui conchiuse quella giornata con un intervento personale – l’ultima cosa sua in Index15 – in cui ripercorse motivi dell’affetto e della storia familiare e accademica sua, come sempre allargando lo sguardo e assumendo quel tono pessimistico di chi sapeva essere testimone d’una tradizione alta e robusta che vedeva divenire piú esile e malandata. Lí espressi sentimenti di amicizia e ammirazione per lo studioso, di condivisione per molta parte del suo pensiero (specie per l’idea di tradizione disperatamente vitale) e per la veracità del suo essere accademico, che sarebbe qui inutile ripetere16. Ma non voglio chiudere con quel suo exit, un semplice „grazie a tutti“ non d’occasione, sentito, commosso. Voglio ricordarlo in un’altra circostanza, napoletana e nazionale insieme, connessa strettamente con il ruolo che Index, negli anni, ha assunto, anche di riflettere sul piú ampio contesto nel quale oggi si iscrivono le discipline romanistiche. Tra fine 2008 e inizi 2009, mossi da Pecci Capogrossi, avevamo iniziato a discutere sul problema della valutazione delle discipline umanistiche nell’odierna realtà accademica europea. Quale componente del Consiglio scientifico generale del Cnr ero stato investito anche ratione officii del problema da Tullio Gregory, direttore del Dipartimento di Identità culturale di quella istituzione. Nel maggio ci incontrammo a Napoli, nella sede del Consorzio Gérard Boulvert, con i direttori delle riviste romanistiche italiane, per programmare una politica comune. Talamanca intervenne, anche se il Bullettino era in qualche difficoltà, in ritardo di annate. Partecipò alla discussione battagliero, fieramente avverso a quella che a lui (ma anche a tutti noi) sembrava una sconfitta dei modi tradizionali (e appropriati) di fare il mestiere di studioso. Non risparmiò critiche. Ma – alla fine – fu convinto della linea da tutti condivisa, una linea di responsabilità e di ragionevolezza (mi pare), e s’impegnò anche per il BIDR. ad assumere i criteri che in quella sede avevamo elaborato come modello, aperto, per le riviste romanistiche italiane17. Un inse-
15 Mario Talamanca in: Luigi Capogrossi Colognesi / Pietro Rescigno / Manuel Garcia Garrido / Joseph Georg Wolf / Alessandro Corbino / Marcel Humbert / Luigi Labruna / Mario Talamanca, „… Da ich schaue der Sterne lichteren Schein …“: Vincula iuris per Mario Talamanca, Index 32 (2004), 227 – 258, 250. 16 Luigi Labruna, in: „… Da ich schaue der Sterne lichteren Schein …“: Vincula iuris per Mario Talamanca (Fn 15), 227 – 230. 17 Cfr. Index 38 (2010), 583 ss., il documento comune del „Comitato di autocertificazione delle riviste romanistiche“, sottoscritto il 19 maggio 2009 da Giuseppe Dalla Torre (AG.), Mario Talamanca (BIDR.), Francesco Amarelli (SDHI.), Sandro Corbino (Iura), Luigi Labruna (Index), Sandro Schipani (Roma e America), Francesco Sini (Diritto@storia), Laura Solidoro (TSDP.). Ad esso hanno in seguito aderito Mario Caravale (RISG.), Gianfranco Purpura (IAH.) e Giuseppe Falcone (AUPA.) e Francesca Lamberti (Quaderni Lupiensi). Il testo del documento è stato accolto integralmente il 15 dicembre 2009 dal Gruppo di lavoro del Cnr. sulla valutazione delle ricerche nel settore umanistico da me presieduto è stato fatto proprio dal Consiglio Scientifico Generale e approvato dal Consiglio di Amministrazione del
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gnamento, di metodo e di stile, l’ultimo (che da improvvisati protagonisti delle vicende accademiche nostrane rischia di esser tradito), su un tema oggi attualissimo, sul quale la nostra disciplina si muove con passo malcerto, speriamo non autolesionistico.
Cnr (delibera 128 / v.135) e presentato al Cun in seduta plenaria nella seduta del 13 gennaio 2010.
Magnus von Narbonne Von Detlef Liebs Dass ich den hochgeschätzten Jubilar in die Spätantike und in eine römische Provinz entführen könnte, war vorhersehbar. Proculus, der Held seiner Dissertation1, und Magnus von Narbonne, um den es hier gehen soll, trennen mehr als vier Jahrhunderte. Während wir über die persönlichen Verhältnisse des Proculus kaum etwas wissen und im übrigen auf Vermutungen angewiesen sind, insbesondere zur Frage, ob, wann und mit welchem Rang er das Konsulat bekleidet hat, ist das 460 n. Chr. bekleidete Konsulat des Magnus zwölfmal bezeugt2 und gibt uns sein Standesgenosse und Landsmann, Sidonius Apollinaris, auch im Übrigen freimütig Auskunft über Familie, Tätigkeit und persönliche Vorlieben. Umgekehrt sind von Proculus nicht wenige Texte erhalten, so dass wir seine juristischen Leistungen recht gut ermessen können; sie faszinieren die Rechtsgelehrten bis heute. Mit Magnus dagegen verbindet die Überlieferung keinen Text. Das hinderte die Wissenschaft indessen nicht, ihm einen spätantiken Text zuzuschreiben, der unter dem Namen eines Herrschers überliefert ist. Fast alle neuen Rechtstexte ergingen in der Spätantike unter dem Namen eines Herrschers, doch haben sie sie meist nicht selber verfasst, sondern sie von Fachleuten schreiben lassen. Auch Magnus soll der wahre Autor eines solchen Texts gewesen sein, und zwar des seit einem halben Jahrhundert umstrittenen Edictum Theoderici. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts kam die Meinung auf, diese unsystematische Zusammenstellung von 154 hauptsächlich straf- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen, die Christoph Krampe, Proculi epistulae, 1970. Er war der vom Westreich nominierte Konsul. Sein Konsulat bezeugen Nov. Mai. 11; Papst Leo epist. coll. Avell. 51 – 55; Sidonius, Carm. 14, ep. 2; 15, 150 – 53; 24, 90; ep. 1, 11, 10; Gennadius, Liber de viris illustribus 86 a. E.; u. CJ 2, 7, 11. Der damalige Westkaiser Majorian war im Osten allerdings nicht anerkannt und deshalb wohl auch der von ihm nominierte Konsul nicht, s. P. Oxy. 1878 vom 1. Sept. 461: [po]st cons(ulatum) Apollonii [v(iri)] c(larissimi) et qui n[unt(iatus) f]uerit die Kal(endarum) Septembr(ium). Freilich stammt auch CJ 2, 7, 11 aus dem Osten, und hier nennt die Subskription auch Magnus als Konsul, sogar an erster Stelle; allerdings ist diese Subskription nur durch Haloander überliefert, der sie nach den übrigen, soeben genannten Quellen, alle westlichen Ursprungs, vervollständigt haben kann. Zu Magnus allgemein Johannes Sundwall, Weströmische Studien, 1915, 98 f.; Wilhelm Enßlin, Art. Magnus 20, in: Pauly / Wissowa, Realencyclopädie (RE) Bd. XIV 1 (1928), 490; John Robert Martindale, Art. Magnus 2, in: ders., The prosopography of the later roman empire II, Cambridge 1980 (PLRE II), 700 – 701; u. Jill Harries, Sidonius Apollinaris and the fall of Rome AD 407– 485, Oxford 1994, 33, 47, 90 f., 94, 130 u. 177. 1 2
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für Römer und Barbaren gemeinsam gelten sollten3, sei Theoderich dem Großen, dem Ostgotenkönig abzusprechen und, nachdem mannigfache andere Vorschläge keinen Anklang gefunden hatten4, dem Westgotenkönig Theoderich II. zuzuweisen5. In dessen Auftrag, so wurde diese Theorie weitergeführt, soll Magnus „als juristischer Experte im Westgotenreich des 5. Jahrhunderts“ dieses Edikt entworfen und sich dadurch bis ins 8. Jahrhundert nachklingenden Ruhm als maßgeblicher Jurist eines gentilen Gesetzgebers verschafft haben6. Dieses verführerisch schöne Bild fordert zur Stellungnahme heraus. Als erstes soll versucht werden, dem Glanz, den Sidonius über seinen Dichterfreund und Schwiegervater seiner Kusine Eulalia7, Magnus, ausbreitet, so viele nüchterne Tatsachen wie möglich zu entnehmen. Sodann ist auf Lokalisierung und Datierung des Edictum Theoderici einzugehen. I. Sidonius über Magnus Magnus spielt vor allem in den Gedichten (Carmina) des Sidonius eine Rolle, kommt aber auch in einem Brief seiner Briefsammlung vor. In seinem fünften Gedicht, ein Panegyricus auf Kaiser Majorian (457 – 61), gehalten im Dezember 458 in Lyon und höchstwahrscheinlich bald danach 459 n. Chr. veröffentlicht8, heißt es (Verse 558 – 63): Si praefecturae quantus moderetur honorem vir quaeras, tendit patulos qua Gallia fines, vix habuit mores similes cui teste senatu
3 Zum Inhalt Detlef Liebs, Die Jurisprudenz im spätantiken Italien, 1987, 191– 94; u. kurz ders., Art. Edictum Theoderici, HRG I (2008), 1184 f. Weitere Lit. sofort. 4 Piero Rasi, Sulla paternità del c. d. Edictum Theodorici Regis, AG 145 (1953), 105– 62: Odoaker; ders., La legislazione giustinianea e il c. d. Edictum Theodorici, Studi in onore di Pietro De Francisci IV, Mailand 1956, 347 – 56: Majorian oder Avitus; ders., Ancora sulla paternità del c. d. Edictum Theodorici, Annali di storia del diritto 5 / 6 (1961 / 62), 113 – 36: Gundobad in Rom, eventuell auch Fälschung des französischen Humanisten Pierre Pithou; ders., Considerazioni su un recente studio: Bruno Paradisi, Critica e mito dell’Editto di Teodorico, Università degli Studi di Camerino. Annali della Facoltà Giuridica 32 (1966 / 67), 339 – 54 (non vidi); weitere Stellungnahmen bei G. Vismara, Scritti di storia giuridica I: Fonti del diritto nei regni germanici, Mailand 1987, 10 – 40. 5 So Vismara seit 1955, s. jetzt ders., a. a. O. 41 – 45. Zustimmend Alvaro d’Ors, Estudios Visigoticos II, Rom / Madrid 1960, 8: der wahre Verfasser sei Magnus als praefectus praetorio Galliarum gewesen; d’Ors zustimmend Ernst Levy, Rez., SZ 79 (1962), 479; u. Jean Gaudemet, Le Bréviaire d’Alaric et les épitome = IRMAE I 2 b aa ß, Mailand 1965, 6 f.; s. ferner etwa Wolfgang Kunkel, Röm. Rechtsgesch., 5. Aufl. 1967, 151; Hans-Jürgen Becker, Art. Edictum Theoderici, HRG I (1971)1, 802 f.; u. Peter Landau, Die Lex Baiuvariorum, 2004, 41 f. 6 Landau, Lex Baiuvariorum (Fn. 5), 41 u. Fn. 165. 7 Über sie äußert er sich in Carmen 24, 95 – 98; u. Epist. 4, 1, 1; s. Martindale, Art. Eulalia, PLRE II (Fn. 2), 418. 8 André Loyen, Sidoine Apollinaire I: Poèmes, Paris 1960, XXXI.
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in se etiam tractum commiserat Ulpius ensem. Qui dictat modo iura Getis, sub iudice vestro pellitus ravum praeconem suspicit hospes. Wer wissen will welch großer Mann das Amt der Präfektur in den weiten Grenzen, in denen Gallien sich erstreckt, leitet: keine edlere Gesinnung hegte der, dem nach dem Zeugnis des Senats Trajan das Schwert anvertraut hatte, das jener auch gegen ihn hätte zücken sollen. Der Gastfreund, der derzeit den Goten Recht spricht, blickt in Felle gekleidet auf zum heiseren Herold unter Eurem Richter.
Der anwesende Prätorianerpräfekt von Gallien war Magnus9, zu dessen Präfektur auch Spanien und Marokko gehörten. Sidonius stellt ihn noch über Trajans getreuen Prätorianerpräfekten Sex. Attius Suburanus Aemilianus, dem der Kaiser das Schwert mit den Worten überreicht hatte: „Nimm dieses Schwert, und wenn ich gut regiere, gebrauche es für mich; wenn schlecht, gegen mich!“10 Und mit dem hospes, der den Goten dictat modo iura, meinte Sidonius den Westgotenkönig Theoderich II., der angeblich allein schon zum Herold des Präfekten aufblickt, um wieviel mehr zu diesem selbst, dem kaiserlichen (vestro) iudex. Hier erfahren wir also nur erst, dass der gallische Präfekt als solcher kaiserlicher Richter war, dem der Westgotenkönig nach römischer Lesart unterstand, und dass er im Winter 458 / 59 der Ehrung seines Kaisers in Lyon beiwohnte, der die Stadt mit Gewalt gegen einen Konkurrenten unter seine Herrschaft gebracht hatte11. Am Ende erfahren wir auch, dass der König den Präfekten wahrnahm, eine Selbstverständlichkeit; aber mehr, etwa dass der König beim Richten irgendeine Art von Hilfe des Präfekten in Anspruch genommen hätte, ist der Schmeichelei mit dem Herold kaum zu entnehmen. Wohl in den frühen 460er Jahren veröffentlichte Sidonius erstmals seine kleineren Gedichte, Nr. 9 bis 21 (ohne 16) der endgültigen Sammlung12. Nr. 15 ist ein Glückwunsch zur Hochzeit von Polemius und Araneola, der Tochter des Magnus13. Außerdem hatte Magnus zwei Söhne, beide Schulfreunde des Sidonius: den späteren Präfekten Magnus Felix14 und Probus, der später Eulalia heiratete, eine Kusine des Sido9 Das sagt Sidonius ausdrücklich in Carmen 15, 156 f., und Epist. 1, 11, 10; s. a. Enßlin, Art. Magnus (Fn. 2); u. Martindale, Art. Magnus 2 (Fn. 2). 10 Cassius Dio, Historia Romana, Epitome des Xiphilin von 68, 16, 1; u. Aurelius Victor, Liber de Caesaribus 13, 9; vgl. Plinius, Panegyricus 67, 8. Zu Suburanus s. Paul v. Rohden, Art. Attius 28, RE II 2 (1896), 2255; u. Werner Eck, An emperor is made: Senatorial politics and Trajan’s adoption by Nerva in 97, in: Gillian Clark / Tessa Rajak (Hrsg.), Philosophy and power in the graeco-roman world. Essays in honor of Miriam Griffin, Oxford 2002, 211– 26, 221– 24. 11 Wilhelm Enßlin, Art. Maiorianus 1, RE XIV 1 (1928) 584 – 89, hier 587 f. 12 Loyen, Sidoine. (Fn. 8), S. XXXII. 13 Zu ihr Martindale, Art. Araneola, PLRE II (Fn. 2), 126; u. Frank-Michael Kaufmann, Studien zu Sidonius Apollinaris, 1995, 281 m. weit. Lit.; zu ihrem Ehemann Polemius Martindale, Art. Polemius 2, PLRE II (Fn. 2), 895; u. Kaufmann, a. a. O. 336. Deren vorsichtige Datierung der Hochzeit zwischen 461 und 469 wäre nach Loyen, Sidoine (Fn. 8), XXXII, zu präzisieren. 14 Zu ihm Martindale, Art. Felix 21, PLRE II (Fn. 2), 463 f.; u. Kaufmann, Studien (Fn. 13), 306 – 308.
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nius15. Dem Brautvater Magnus gelten die folgenden Verse des Hochzeitsgedichts (150 – 57): Hic igitur proavi trabeas imitata rigentes palmatam parat ipsa patri, qua consul et idem Agricolam contingat avum doceatque nepotes non abavi solum sed avi quoque iungere fasces. Texuerat tamen et chlamydes, quibus ille magister per Tartesiacas conspectus splenduit urbes et quibus ingestae sub tempore praefecturae conspicuus sanctas reddit se praesule leges. Hier also fertigte das Mädchen nach dem Vorbild des starrenden Staatskleids ihres Urgroßvaters höchstselbst das Prachtgewand für den Vater, womit er als Konsul zu seinem Großvater Agricola aufgeschlossen hat und seine Enkel lehrt, dass nicht nur den Ururgroßvater, sondern auch den Großvater die Konsularinsignien zierten. Sie hatte indes schon das Amtskleid gewebt, in dem man diesen sehen konnte, wie er als Staatskanzleichef in den Städten Südspaniens16 eine glänzende Figur machte und worin er, als er dann auch noch Präfekt geworden war, für das weite Gebiet seiner Präfektur im eigenen Namen heilsame Gesetze gegeben hat.
Der Dichter malt die Jugend der Braut aus, hier ihre Beziehung zum Vater. Sie habe für ihn genäht, zweimal Amtskleidung für ihn angefertigt. Das gibt Sidonius die Gelegenheit, die hohen Staatsämter des Brautvaters aus dem gleichen gallischen Senatsadel zu preisen. Hier interessieren zunächst einmal die sanctae leges am Schluss, die Magnus als Präfekt gab. Leges im technischen Sinn können es nicht gewesen sein, als welche damals nur mehr Kaiserkonstitutionen in Betracht kamen; vielmehr muss es sich um Edikte gehandelt haben, wie sie Präfekten noch in der Spätantike geben konnten. Er gab sie se praesule, aus eigener Machtvollkommenheit, was konkret bedeutet: im eigenen Namen, korrekterweise allerdings zugleich im Namen der anderen amtierenden Prätorianerpräfekten; schriftlich wandten sie sich als Kollegium an die Öffentlichkeit, freilich in fiktiver Kollegialität17. Alvaro d’Ors erwog, dass das Edictum Theoderici in Wahrheit ein Präfektenedikt des Magnus gewesen sei18. Das widerspräche dem überlieferten Titel Edic15 Zu ihm Martindale, Art. Probus 4, PLRE II (Fn. 2), 910 f.; u. Kaufmann, Studien (Fn. 13), 338. 16 Tartessos hieß etwa 1500 Jahre früher sowohl der Fluss Guadalquivir als auch die wohl älteste bekannte Stadt Spaniens, zwischen dessen beiden Mündungsarmen wenig nördlich von Cadiz gelegen, damals seit etwa 1000 Jahren wüst, s. Adolf Schulten, Artt. Tartessos 1 u. 2, RE IV A 2 (1932), 2446 – 51. 17 Der Stadtpräfekt von Rom z. B. CIL VI 1770 f. (362 / 64 n. Chr.) u.1711 (kurz vor 488); die amtierenden Prätorianerpräfekten in fiktiver Kollegialität: Quesnelliana 15 = PL 48, 392 – 94 = Gustav Hänel, Corpus legum, 1857, 239 (418 n. Chr.); NJ 168 (etwa 512); 166 (521 / 23); 167 (546 / 51); u. Sacra privilegia concilii Vizaceni 4 (569 n. Chr.); weitere Edikte der Prätorianerpräfekten bei Wolfgang Kaiser, Authentizität und Geltung spätantiker Kaisergesetze. Studien zu den Sacra privilegia concilii Vizaceni, 2007, 179 – 83. 18 D’Ors, Estudios (Fn. 5), 8.
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tum Theoderici regis, das also von einem Barbarenkönig stammt, mag auch ein Römer es für ihn entworfen haben. Und spätere Zuschreibung eines ursprünglichen Präfektenedikts an einen zur Zeit der Präfektur regierenden gentilen König ist höchst unwahrscheinlich, zumal dieser König, Theoderich II., bald danach von seinem später wesentlich berühmteren Bruder Eurich ermordet wurde, so wie Theoderich seinerseits zusammen mit Bruder Friedrich den ältesten Bruder Thorismund ermordet hatte. Außerdem erfahren wir hier über Magnus, dass schon sein Großvater Agricola es zum ordentlichen Konsul gebracht hatte. Kaiser Honorius hatte ihn für 421 benannt, nachdem Agricola ihm als Reichspräfekt gedient hatte, 418 zum zweiten Mal mit der Präfektur Gallien19. Magnus selbst war vor seiner Präfektur magister in chlamydes gewesen, wie Sidonius sich ausdrückt, als der er die Tartesischen Städte bereist hat, also Spanien, zumindest Südspanien. Es muss sich um das Amt des magister officiorum gehandelt haben, des obersten Kanzleichefs, vermutlich im Dienst desselben Majorian und dann wohl 458 n. Chr.20. Im Zusammenhang mit diesem Hochzeitsgedicht räsonierte Sidonius in einem Brief an den Bräutigam über Stilfragen bei einem Hochzeitsgedicht. Darin fungiert Magnus neben anderen als Schiedsrichter in solchen Stilfragen21: Videris utrum aures quorundam per imperitiam temere mentionem centri, proportionis, diastematum, climatum vel myrarum epithalamio conducibilem non putent. Illud certe consulari viro vere Magno, quaestorio viro Domnulo, spectabili viro Leone ducibus audacter adfirmo, mucicam et astrologiam, quae sunt infra arithmeticam consequentia membra philosophiae, nullatenus posse sine hisce nominibus indicari; … Du magst schauen ob die Ohren gewisser Zeitgenossen aus schierer Unerfahrenheit mutwillig meinen, dass auf Zentrum, Proportion, Unterbrechung, Steigerung und Abschnitte abzustellen bei einem Hochzeitsgedicht unangebracht sei. Ich jedenfalls versichere nachdrücklich, dass, wie schon Altkonsul Magnus, Altquästor Domnulus22 und der hochansehnliche Leo meinten, Musik und Astronomie, Wissenszweige, die nach der Arithmetik rangieren, in keiner Weise ohne Beachtung dieser Begriffe dargeboten werden können;
Magnus ist also vor zwei anderen etwas weniger Hochgestellten, darunter Leo von Narbonne, den derselbe Sidonius in seinem 23. Gedicht als Dichterjuristen 19 Zu ihm Martindale, Art. Agricola 1, PLRE II 36 f. u. Stemmata, Nr. 15, S. 1318. In der Inskription des Edikts seines Kollegen für Illyrien, Italien und Africa, Fl. Iunius Quartus Palladius, gegen den zum Ketzer gestempelten Pelagius und seine Anhänger erscheint in fiktiver Kollegialität auch er, an dritter Stelle, obwohl als einziger iterum. Aber vielleicht hatte es mit seiner ersten Präfektur nicht viel mehr auf sich als mit der ersten des Dardanus 408 / 09, s. dazu Detlef Liebs, Hofjuristen der römischen Kaiser, 2011, 109 f. 20 So Sundwall, Weströmische Studien (Fn. 2), 98; u. Enßlin, Art. Magnus (Fn. 2); vorsichtiger Martindale, Art. Magnus 2 (Fn. 2). 21 Sidonius, Carmina 14, Epist. § 2. 22 Zu Domnulus, wohl 458 kaiserlicher Quästor, Martindale, Art. Domnulus 1, PLRE II (Fn. 2), 374; u. Kaufmann, Studien (Fn. 13), 296 f. – Für Hilfe bei der Übersetzung dieses Textes danke ich Klaus Bartels, Zürich.
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preist23, eine große Autorität in den gängigen Wissenschaften, insbesondere Redekunst und Dichtung; die Rechtswissenschaft allerdings gehört nicht dazu. Um 464 / 65 dichtete Sidonius für die zweite Ausgabe seiner kleineren Gedichte ein Propempticum ad libellum, eine Art Abschiedsgedicht24. Darin trägt er seinem Bändchen auf, bei bestimmten Bekannten vorbeizuschauen, in Vers 90 / 91 auch bei Magnus: Hinc ad consulis ampla tecta Magni … veni, libelle; Von dort aus, Büchlein, gelange zum Palast des Konsuln Magnus …
Hier erfahren wir über Magnus also nur mehr, dass er Konsul war und in Narbonne ein großes Haus führt. Er begegnet in den Gedichten des Sidonius aber noch ein viertes Mal: im 23. carmen, entstanden zwischen 462 und 466; aller Wahrscheinlichkeit nach hat er es zunächst einzeln veröffentlicht, schließlich 469 in der vollständigen Sammlung25. Es ist an seinen etwa zehn Jahre älteren Dichterkollegen Consentius von Narbonne gerichtet, der Valentinian III. als tribunus et notarius gedient hatte und 455 von Kaiser Avitus mit der cura palatii betraut worden war26, was ihm den Rang eines comes eingetragen hatte27. Zu den Gästen des Consentius gehörte auch Magnus aus derselben Stadt. Ihn spricht der Dichter in den folgenden Versen an (455 – 463): …, Magne, … multis praedite dotibus virorum, forma, nobilitate, mente, censu, cuius si varios eam per actus, centum et ferrea lasset ora28 laude, constans, ingeniosus efficaxque, prudens arbiter, optimus propinquus, nil fraudans genii sibi vel ulli personas, loca, tempus intuendo; …, Magnus, … der ihr mit vielen Tugenden gesegnet seid: Schönheit, Adel, Geist, Reichtum, dessen Lob, wenn ich es zu euren verschiedenen Betätigungen durchgehe, hundert selbst eiserne Münder ermüdete, so beharrlich, einfallsreich und erfolgreich seid ihr, 23 Zu ihm Martindale, Art. Leo 5, PLRE II (Fn. 2), 662 f.; Kaufmann, Studien (Fn. 13), 317 f.; u. Detlef Liebs, Römische Jurisprudenz in Gallien, 2002, 53 – 57. 24 Carmen 24, s. Loyen, Sidoine (o. Fn. 8), xxxii. 25 Loyen, Sidoine (Fn. 8), xxxii. 26 Zu ihm Martindale, Art. Consentius 2, PLRE II (Fn. 2), 308 f. 27 Loyen, Sidoine (Fn. 8), 160 Fn. 29. 28 Wohl eine Anspielung auf Vergil, Georgica 2, 43 f.: non mihi si linguae centum sint oraque centum, / ferrea vox.
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ein kluger Schiedsrichter und vorbildlicher Verwandter, finstre Gedanken weder selbst hegend noch andern unterstellend, achtsam für Menschen, Orte und Umstände;
Das ist ein Loblied auf Charakter und Fähigkeiten des Mannes, erlaubt aber keine Schlüsse auf eine bestimmte Betätigung; auch prudens arbiter nicht, etwa als Richter oder gar als Jurist. Schließlich haben wir den elften Brief des ersten Buchs seiner Sammlung. Sidonius richtete ihn, vielleicht 469, von Lyon aus an einen Standesgenossen, den vir desertissimus Montius, als dieser in seine Heimat im Gebiet von Besançon abzureisen im Begriff war (Sequanos tuos expetituro). Er hatte Sidonius gebeten, ihm über Ereignisse in Arles im Jahr 461 zu berichten. Bald nach der Mitte dieses Kunstbriefs heißt es (§§ 10 f.) zur Tischordnung eines Festmahls, das Kaiser Majorian dort auf dem Rückweg nach seiner gescheiterten Expedition gegen die Vandalen im Rahmen von Spielen zur Feier seiner Quinquennalien acht ausgesuchten Gästen gegeben hatte29, darunter Sidonius selbst: iuxta eum (sc. consulem ordinarium Severinum … iacebat) Magnus, olim ex praefecto, nuper ex consule, par honoribus persona geminatis, … (11) Edulium multa parte finita Caesaris ad consulem sermo dirigitur, isque succinctus, inde devolvitur ad consularem; cum quo saepe repetitus quia de litteris factus, … neben ihm (sc. dem ordentlichen Konsul Severinus lag) Magnus, der vor einiger Zeit als Präfekt und kürzlich als Konsul amtiert hatte, von seiner Person her beiden Ämtern gewachsen; … (11) Als ein großer Teil der Speisenfolge beendet war, richtete der Kaiser das Wort an den Konsul, aber nur kurz; von da ging es über zum Konsular (sc. Magnus), mit dem es häufig gewechselt wurde, da es um ein wissenschaftliches Thema ging, …30
Bei Magnus hebt Sidonius also, anders als beim nächst dem Kaiser liegenden amtierenden Konsul31, hervor, dass er beide Ämter hervorragend ausgefüllt und dass der Herrscher mit dem Konsul nur wenige Worte gewechselt habe, während die Unterhaltung mit Magnus de litteris hin und her gegangen sei. Wieder ist Magnus ein großer Literat. Rechtskenntnisse des Magnus beziehungsweise juristische Expertise sind jedoch keiner der sechs Aussagen des wohlgesonnenen Freundes zu entnehmen; und ebenso wenig eine Stellung beim Westgotenkönig Theoderich II32. Insbesondere ist Enßlin, Art. Maiorianus 1 (Fn. 11), 589, Z. 21 – 29. Übersetzung nach Helga Köhler, C. Sollius Apollinaris Sidonius. Briefe Buch I. Einleitung – Text – Übersetzung – Kommentar, 1995, 91 u. 93. 31 Flavius Severinus, Martindale, Art. Severinus 5, PLRE II (Fn. 2), 1001; der andere, vom Ostreich für 461 nominierte Konsul war Fl. Dagalaiphus, der Schwiegersohn des mächtigen alanischen Heermeisters des Ostreichs, Ardabur, Martindale, Artt. Dagalaiphus 2, PLRE II (Fn. 2), 340 f.; u. Ardabur 1, PLRE II (Fn. 2), 135 – 37. 32 Landau, Lex Baiuvariorum (Fn. 5), 41 u. Fn. 165, bescheinigt ihm „hervorragende Rechtskenntnisse“; Magnus sei „als juristischer Experte im Westgotenreich des 5. Jahrhunderts durch die Quellen belegt“, nennt die Quellen jedoch nicht. 29 30
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auszuschließen, dass Magnus „der juristische Assessor am Hofe des westgotischen Königs Theuderich II. um 460 war“33. Die Assessur war ein Anfängeramt für aufstrebende junge Leute. Beim Konsul des Jahres 460 wäre dieses Amt allenfalls in den frühen 440er Jahren zu erwarten gewesen. Die Erlasse der spätantiken Herrscher wurden aber gar nicht von Assessoren, sondern von ihren Quästoren formuliert, der des Kaisers meist quaestor sacri palatii genannt34; bei Theoderich dem Großen hatte Cassiodor das Amt des quaestor palatii 507 bis 511 inne, allenfalls 506 bis 512; die von ihm entworfenen amtlichen Schreiben des Königs veröffentlichte er bekanntlich später unter eigenem Namen in seinen Variae. Jurist war Cassiodor ebenso wenig wie die Mehrzahl der kaiserlichen Quästoren35. Ob es ein entsprechendes Amt schon im mittleren 5. Jahrhundert beim Westgotenkönig gab, zu einer Zeit, als in Ravenna noch ein weströmischer Kaiser regierte, ist zumindest zweifelhaft, ganz abgesehen davon, dass von einer Funktion des Magnus beim gentilen König wie gesagt nichts verlautet.
II. Das Edictum Theoderici Giulio Vismara hat, als er das Edictum Theoderici für das Sammelwerk Ius Romanum Medii Aevi (IRMAE) zu bearbeiten hatte, die Gelegenheit genutzt, seine Meinung, der Rechtstext sei in Wahrheit dem Westgotenkönig Theoderich II. zuzuweisen, auf nahezu 200 Seiten darzulegen36. Und nachdem Hermann Nehlsen 1969 auf die verschiedenen Argumente kritisch eingegangen war37, legte Vismara 1987 eine auf 370 Seiten erweiterete Fassung jenes Beitrags vor38. Dass der Westgotenkönig Theuderich II. überhaupt eine größere Sammlung von Rechtsvorschriften erlassen habe, entnimmt Vismara hauptsächlich wiederum Sidonius39. Im ersten Brief des zweiten Buches seiner Sammlung, wohl Anfang 470 kurz nach seiner Wahl zum Bischof von Clermont Ferrand ebendort oder auf seinem Landgut Avitacum am Lac d’Aydat geschrieben und jedenfalls an seinen Schwager Ecdicius gerichtet, der damals vermutlich am Hofe von Kaiser Anthemius weilte, äußert Sidonius sich ungünstig über Seronatus, der vermutlich als Vikar von Südgallien amtierte; später wurde er in Rom wegen landesverräterischer Beziehungen zu den Westgoten unter Eurich hingerichtet40. Insbesondere sagt er über ihn (§ 3 a. E.): So aber Landau, Lex Baiuvariorum (Fn. 5), 41. Ein fester Titel war das aber nicht, Jill Harries, The Roman imperial quaestor from Constantine to Theodosius II, JRS 78 (1988), 148 – 72, bes. 154 f. 35 Zu dieser Frage eingehend Tony Honoré, Law in the crisis of Empire 379 – 455 AD. The Theodosian dynasty and its quaestors, Oxford 1998, bes. viii f., 41– 45, 84 – 90; u. 164 – 67. 36 Giulio Vismara, Edictum Theoderici. IRMAE I 2 b aa α, Mailand 1967, 191 S. 37 Hermann Nehlsen, Rez., ZRGG 86 (1969), 246 – 60. 38 Vismara, Scritti I (Fn. 4), 1 – 338, wozu von den dankenswerterweise sehr ausführlichen Indici (565 – 608) mindestens weitere 31 Seiten hinzukommen. 39 Vismara, Scritti I (Fn. 4), 297 – 305. 33 34
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exsultans Gothis insultansque Romanis, inludens praefectis conludensque numerariis, leges Theudosianas calcans Theudoricianasque proponens veteres culpas, nova tributa perquirit. die Goten preisend und die Römer beschimpfend, die Präfekten verhöhnend und mit den Rechnungsbeamten unter einer Decke, die Theodosischen Gesetze mit Füßen tretend und solche Theoderichs aushängend geht er vergangenen Verstößen nach und treibt neue Abgaben ein.
Seronatus habe das Römische in vielerlei Beziehung verraten und in gotischem Interesse gehandelt, was Sidonius mit Hilfe von Wortspielen, die in meiner Übersetzung verloren gehen, drastisch vor Augen führt. Mit leges Theudosianae sind Bestimmungen des seit gut 30 Jahren geltenden Codex Theodosianus gemeint, denen bei den Goten leges Theudoricianae entsprächen, also Rechtsetzungen eines ihrer verstorbenen Könige namens Theoderich. Theoderich I. regierte 418 bis 451, dann fiel er in der Schlacht auf den katalaunischen Feldern. Sein gleichnamiger zweiter Sohn, Theoderich II., 453 bis 466; er wurde, wie gesagt, vom mittlerweile regierenden Eurich ermordet, der dadurch seinem Bruder nachfolgte. Auf die „Gesetze“ eines dieser beiden Theoderich, allenfalls beider gestützt habe Seronatus längst vergangene Verstöße geahndet und neue Abgaben eingetrieben; mit ‚neu‘ ist gemeint: von keinem römischen Gesetz gedeckt, letztlich Eurich zu Gefallen. Von einer umfangreicheren Sammlung von Bestimmungen ist hier keine Rede; und als Urheber der von Seronatus herangezogenen Bestimmungen liegt Theoderich I. näher als II. Hermann Nehlsens mannigfache Beobachtungen zu einzelnen Bestimmungen des Edictum Theoderici, vieles seinerzeit mit Okko Behrends und mir erörtert, sprechen alle für Italien grob um 500 n. Chr.41 Sie brauchen hier nicht erneut vorgeführt zu werden. Wenn das Edictum Theoderici aber Theoderich dem Großen zuzuweisen ist, dann scheidet Magnus von Narbonne als derjenige Regierungsbeamte, der es entworfen haben mag, schon aus zeitlichen Gründen aus. Nach dem nicht wenigen, was Sidonius über Magnus und andere Zeitgenossen aussagt, war er schwerlich studierter Jurist, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Freunden des Sidonius, deren Juristentum er bezeugt. Das allein würde noch nicht rundweg ausschließen, dass er es war, der das Edictum Theoderici aus älteren Einzeledikten zusammengestellt hat.
Zu ihm kurz Martindale, Art. Seronatus, PLRE II (Fn. 2), 995 f. Nehlsen, Rez. (Fn. 34), 251 – 57. Zustimmend neuestens etwa Sean Lafferty, Law and society in Ostrogothic Italy: Evidence from the Edictum Theoderici, Journal of Late Antiquity 3, 2010, 336 – 64, bes. 339 – 45. Das Admonter Rechtsbuch, entstanden im 12. Jahrhundert in der Rechtsschule von Valence und Die, hat 13 Kapitel aus dem Edictum Theoderici übernommen, Winfried Stelzer, Gelehrtes Recht in Österreich, Wien 1982, 35 – 38, welcher vorsichtig meinte, dieser Umstand könne „zu einer Klärung der Frage beitragen, ob das Edikt … nun ost- oder westgotischen Ursprungs ist“ (S. 38). Vismara, Art. Edictum Theoderici (Fn. 36), LdM III (1986), 1574, u. ders., Scritti I (Fn. 34), 281 – 93, sah darin seine Zuweisung des Edikts an den Westgotenkönig bekräftigt, in Anbetracht der langen Zwischenzeit weit hergeholt. Weder Valence noch Die gehörten je zum Westgotenreich, vielmehr seinerzeit zum Königreich Burgund und die südliche Provence bis 507 zum West- und seit 508 zum Ostgotenreich. 40 41
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Detlef Liebs
Es ist ohne Ordnungsplan zusammengeschustert, tastet sich assoziativ von Kleinkomplex zu Kleinkomplex vor. Gegen Ende stehen immer seltener mehrere Vorschriften desselben Regelungsbereichs beieinander; ein bunter Sack noch nicht berücksichtigter Punkte beschließt das Ganze42. So gehen Nichtjuristen vor, die nichtsdestoweniger sinnvolle Einzelbestimmungen zu formulieren in der Lage sind, wie etwa bei Vereinen und ihren im Laufe der Zeit zustandegekommenen Vereinsbeschlüssen beobachtet werden kann. Entscheidend ist, dass weder die Zeit noch auch der Ort passen. Zudem hätte Sidonius, wenn Magnus für einen gentilen König gearbeitet hätte, auch darüber etwas verlauten lassen; seinem etwas jüngeren Freund und Landsmann Syagrius wirft er ebendies heftig vor43. Es ist verführerisch, einen Text, dessen wahrer Autor unbekannt ist, mit einem bekannten Namen zu verbinden. Bevor man jedoch zu einer konkreten Zuschreibung schreitet, ist es zweckmäßig, sich vorab zu vergegenwärtigen, und sei es nur ungefähr, wie viele Autoren etwa in Betracht kommen. Beim Edictum Theoderici wären das, wenn man an westgotischem Ursprung festhält, lateinisch gebildete Berater des Königs. Eine Generation vorher wirkte bei Theoderich I. Avitus, umfassend, auch juristisch gebildet, der 455 unter seinem Schüler Theoderich II. weströmischer Kaiser werden sollte, sich aber nur knapp zwei Jahre lang zu halten vermochte44. Wie viele seinesgleichen sich dem Westgotenkönig damals zur Verfügung stellten, ist ungewiss. Beim Ostgotenkönig ist diese Position besser bezeugt: Sieben quaestores palatii Theoderichs des Großen sind namentlich bekannt45, darunter Cassiodor; hinzu kommen ungefähr ebenso viele noch unbekannte. Vismara hat Cassiodor als Verfasser des Edikts ausgeschlossen, das gewiss mit Recht. Dabei hat er freilich nicht hinreichend berücksichtigt, dass die einzelnen Quästoren schon der Kaiser einen sehr verschiedenen Sprachstil pflegen konnten46. Und dass Cassiodor, der Bescheid wusste, niemals von dem einen Edikt seines Königs, vielmehr nur von edicta spricht, ist kein durchschlagender Einwand gegen Verortung des Edictum im ostgotischen Italien, steht das Wort edictum doch auch im Text selbst zumeist im Plural; erst die Überschrift hat den Singular und einmal der Epilog47. Das Edictum kann auch aus Teilen zusammengesetzt sein, die einst nach und nach ergingen48. *** Liebs, Italien (Fn. 3), 192 f. Liebs, Gallien (Fn. 23), 57 – 59. 44 Zu ihm Liebs, Gallien (Fn. 23), 41 – 43. 45 Die unter Theoderich dem Großen und Amalasuntha beziehungsweise Athalarich tätigen, namentlich bekannten Quästoren verzeichnet Martindale, PLRE II (Fn. 2), passim, s. die Zusammenstellung S. 1259. 46 Honoré, Law in the crisis (Fn. 35) passim. 47 Nämlich in S. 2, während S. 3 u. 4 wieder den Plural haben ebenso wie der Prolog und Kap. 34. 48 Nehlsen, Rez. (Fn. 37), 250 f. 42 43
Magnus von Narbonne
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Als Ergebnis ist also festzuhalten, dass Magnus von Narbonne nicht zu den von Sidonius bezeugten gallischen Juristen des 5. Jahrhunderts zu zählen ist, mag er auch wortmächtig gewesen sein, wohl auch fähig, einzelne Gesetze zu formulieren; auch, viele vorgefundene zusammenzustellen. Ganz unwahrscheinlich erscheint, dass er aus westgotischer Tradition später zu einem Gewährsmann für gute Gesetzgebung des Frankenkönigs Dagobert geworden wäre. Im Prolog der Lex Baiuvariorum ist Isidors Geschichte der Gesetzgebung bis in die fränkische Gegenwart fortgeführt. Am Ende heißt es: Haec omnia (lex Francorum et Alamannorum et Baioariorum cum additamentis et mutationibus Theuderichi regis et emendationibus Hildiberti et Chlotharii regum) Dagobertus rex gloriosissimus per viros inlustros Claudio, Chadoindo, Magno et Agilulfo renovavit et omnia vetera legum in melius transtulit et unicuique genti scriptam tradidit, quae usque hodie perseverant. All das (das Gesetzbuch der Franken, Alemannen und Bayern mit den Ergänzungen und Änderungen König Theoderichs und den Verbesserungen der Könige Childebert und Chlothar) hat der ruhmreiche König Dagobert mit Hilfe der erlauchten Männer Claudius, Chadoind, Magnus und Agilulf erneuert und alles Veraltete in den Gesetzen zum Besseren gewendet und jedem Volk ein Gesetzbuch übergeben, die bis heute fortgelten.
Auch ein Magnus soll also wichtiger Gehilfe des fränkischen Gesetzgebers gewesen sein. Datierung der Lex Baiuvariorum und Verlässlichkeit dieses Berichts sind sehr umstritten. Einen neuen Versuch, der Nachricht etwas abzugewinnen, hat Peter Landau unternommen und in diesem Magnus eine Reminiszenz an Magnus von Narbonne erblickt49. M. E. kommt von den bisher bekannten Magni für den Prolog allenfalls Magnus von Avignon in Betracht, als dortiger Bischof um 650 bezeugt50.
Landau, Die Lex Baiuvariorum (Fn. 5), 41 f. Als Teilnehmer am Konzil von Chalon-sur-Saône zwischen 647 und 653, Liebs, Gallien (Fn. 23), 79; mehr wissen wir von ihm nicht. Zu Claudius Liebs, Gallien (Fn. 23), 75 – 79; und zu Agilulf Hermann Nehlsen, Italien, Bayern und die Langobarden, in: Alois Schmid u. Katharina Weigand (Hrsg.), Bayern mitten in Europa. Vom Frühmittelalter bis ins 20. Jahrhundert, 2005, 26 – 44, hier 43 f., der ihn mit Agilus identifiziert, einem Schüler Columbans, Missionar der Bajuwaren und von Dagobert I. als Abt des Klosters Rebais-en-Brie eingesetzt. 49 50
Die Patchworkfamilien des Iulius Paulus: Dig. 38,10,10,14 Von Ulrich Manthe
Paulus behandelte im liber singularis De gradibus et adfinibus et nominibus eorum1, der für Dig. 38,10,10 ausgezogen wurde2, die Bezeichnungen der cognati. Die Darstellung der adfines ist nicht in die Digesten übernommen worden3; das Exzerpt ist mithin nicht vollständig4. Den Kompilatoren genügte für die Schwäger1 D. Liebs, in: Handbuch der lateinischen Literatur der Antike IV, 1997 (= HLL), Hrsg. K. Sallmann, 164 f., § 423.48 mit Lit.; Liebs, Römische Jurisprudenz in Africa, 20052, 127 f.: Dig. 38,10,10 sei von Paulus selbst verfasst und nahezu vollständig. F. Pringsheim, Beryt und Bologna (urspr. 1921), in: Gesammelte Abhandlungen I, 1961, 391 – 449, 418 Fn. 194, 444 – 446, hatte noch erwogen, ob es ein vorjustinianischer Schulkommentar sei; A. Guarino, „Pauli de gradibus et adfinibus et nominibus eorum liber singularis“ e la compilazione di D. 38,10, SDHI 10 (1944), 267 – 289, 284, hielt dies für ausgemacht, ebenso F. Schulz, Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, 1961, 325 – 327, und R. Röhle, Propior sobrino, propius sobrino in der römischen Rechtssprache, ZRG RA 98 (1981), 341 – 365, 355, Fn. 34. 2 Ein Hinweis auf Paulus, De gradibus erfolgte in Dig. 38,10,9 (latiore tractatu), nach der Inskription aus Pauli sententiae *4,11,1a. Krueger, ed. ster., und Liebs, Africa, 127, schreiben den Hinweis jedenfalls nicht dem Verfasser von PS zu. Krueger behielt die Inskription bei und erklärte quas omnes latiore tractatu habito in librum singularem conteximus für interpoliert, ebenso Pringsheim, Ges. Abh. I, 445. Liebs, Africa, 127, hält hingegen die Inskription für falsch und den Satz für echt; der Hinweis auf den latior tractatus könne aber nicht aus PS kommen, da dies dem Sentenzenverfasser nicht zuzutrauen sei, sondern stamme aus einer Originalschrift des Paulus. Tractatus ist ein „Kommentar zu einer geordneten Quellenmasse“, vgl. Pringsheim I, 444. 3 Nach Guarino, SDHI 10 (1944), 271, war die Schwägerschaft schon im Original nicht behandelt worden. 4 Eine Lücke bei den Verwandtschaftsbezeichnungen kann man in Dig. 38,10,10,16 feststellen: Nach quae in patrui nepote vel nepte (ed. mai. II, 357,26) ist ersichtlich ein Stück ausgefallen, etwa: „materterae nepos neptis: hi sunt avi materni vel aviae maternae pronepos proneptis: cetera eadem quae in amitae nepote vel nepte“ (Mommsen, ed. mai. Fn. 7 ad II, 357,26) „‚Enkel‘ und ‚Enkelin der mütterlichen Tante‘: diese sind der Urenkel oder die Urenkelin des mütterlichen Großvaters oder der mütterlichen Großmutter; das übrige ist dasselbe wie beim Enkel oder der Enkelin der väterlichen Tante.“ Mit dieser Ergänzung betragen die Verwandten des 5. Grades (wovon § 16 handelt) 192 Personen, aber am Anfang von Dig. 38,10,10,16 steht „184“ (ed. mai. II, 356,14) – das ausgefallene Stück zählte genau 8 Personen auf. Cuiacius, Recitationes solemnes ad Tit. X Lib. XXXVIII. Digest. De Gradibus et adfinibus, et nominibus eorum, Opp. VIII, Mutinae 1780, 201 – 217, 214 E, schrieb die „184“ einem Fehler des Schreibers von F zu; auch Guarino, SDHI 10, 283, emendierte „184“ in „192“. Das aber würde bedeuten, dass die Justinianer Zeit und Lust gehabt hätten, die Verwandten durch-
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Ulrich Manthe
schaft die gelehrte Darstellung des Modestinus, 12 pand. Dig. 38,10,6, der auch Homer zitierte. Weitere, wenn auch nicht so gründliche, Darstellungen der Verwandtschaftsbezeichnungen finden sich bei Gai. 8 ad ed. prov. Dig. 38,10,1 / 3 sowie in der vorjustinianischen Überlieferung bei PS 4,115 und im anonymen Traktat De gradibus6, schließlich in Inst. Iust. 3,6 pr.-87. An einer Stelle lockerte Paulus die ermüdende Aufzählung der Verwandtschaftsnamen durch kleine Fälle auf. Es geht: (1a) um die väterlichen Großmütter zweier Männer, die gegenseitig die Väter der beiden Männer heiraten, was bedeutet, (1b) dass zwei Frauen gegenseitig die Söhne der jeweils anderen Frau heiraten, (2) um einen Mann, der die Tochter einer Frau heiratet, während diese Frau den Sohn dieses Mannes heiratet, schließlich (3) um zwei Männer, die gegenseitig die Töchter des jeweils anderen Mannes heiraten. Der Reiz dieser Fälle liegt im gegenseitigen gleichen Verwandtschaftsverhältnis der jeweiligen Kinder dieser Verbindungen. Ein gegenseitiges gleiches Verhältnis nimmt man gewöhnlich nur in derselben Generation wahr (Geschwister, Schwager), aber in den Fällen des Paulus sind die Personen gegenseitig Onkel und Tanten und zugleich Neffen und Nichten, also jeweils eine Generation über und zugleich unter den andern.
zuzählen; hätten sie dies getan, so wäre ihnen gewiss auch das Fehlen des oben genannten Stückes aufgefallen. Auch einem Abschreiber einer Zwischenhandschrift ist wohl nicht zuzutrauen, dass er gezählt und neu berechnet hätte. Daher dürften Auslassung und konsequente Zählung auf den Verfasser Paulus selbst zurückzugehen. Im Übrigen finden sich in Dig. 38,10,10 hier und dort Textstörungen, die aber kaum ins Gewicht fallen. 5 In der Palingenesie von Liebs, Die pseudopaulinischen Sentenzen II, Versuch einer neuen Palingenesie, Ausführung, ZRG 113 (1996), 132 – 242, 200: PS 4,10. – CICan C. 35 qu. 5 c. 6 (Nomina graduum superiorum sive inferiorum sive ex latere venientium. Item Ysidorus) gibt nicht Isidor wieder, sondern PS 4,11 mit der westgotischen Interpretatio (Haenel, Lex Romana Visigothorum (1848), 408 – 409: PS 4,10), Friedberg I, 1275, Fn. 158. 6 Edd. Böcking, Corpus Iuris Romani anteiustiniani, 1835 – 1844, I, 175; Huschke, Iurisprudentiae anteiustinianae quae supersunt, 18611, 511 – 513, = 18865, 626 – 628; Krueger, Collectio librorum iuris anteiustiniani in usum scholarum II, 1878, 166 – 167; Seckel / Kuebler, Iurisprudentiae anteiustinianae reliquiae II,1, 1911, 183 – 184; Baviera, FIRA (Fontes iuris Romani anteiustiniani) II, 631 – 632; 3. Jhdt. n. Chr. (vielleicht auch 2. oder 4.), so Liebs, HLL IV 1997, 139, § 419.10. Nach Röhle, Propior sobrino, propius sobrino in der römischen Rechtssprache, ZRG RA 98, 341 – 365, 352, ist De gradibus „eine schlechte Kopie des Gaiuskommentars ad edictum provinciale“ (D. 38,10,10,1 / 3); genauer bei Röhle, Zur Palingenesie von Gai. D. 38,10,1 und 3, in: Sodalitas. Scritti in onore di Antonio Guarino VI, 1984, 2717 – 2722. 7 Zum Teil aus Gai. D. 38,10,1,3 – 7; 38,10,3 pr.; Inst. Iust. 3,6,7 wurde zitiert in CICan C. 35 qu. 5 c. 2 § 2 (Friedberg I, 1272). Ferner: Isid. orig. 9,5 – 6.
Die Patchworkfamilien des Iulius Paulus
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I. Fall 1a: Avia paterna mea nupsit patri tuo, peperit te, avia paterna tua nupsit patri meo, peperit me Beim 3. Grad der Verwandtschaft kommt Paulus zum Bruder des Vaters (patruus); patruus sei „in zweifachem Sinne zu verstehen“. Paul. sing. de grad. Dig. 38,10,10,148 „Väterlicher Onkel“ (und zwar ist er der Bruder des Vaters) ist auch selbst in zweifachem Sinne zu verstehen, über den Vater oder über die Mutter.
27
Patruus, is autem est patris frater9 et ipse dupliciter intellegendus est ex patre 28vel matre.
Wir denken an den Normalfall, bei welchem der patruus („Bruder des Vaters“) zugleich der Sohn des Großvaters (des Vaters des Vaters) ist: frater consanguineus10 des Vaters = patruus ex patre [scil. patris]: avus paternus meus pater meus
~
avia paterna mea patruus
Ego
Diesen Fall erwähnt Paulus gar nicht; er wendet sich sogleich dem andern Fall zu, in welchem der patruus „Bruder des Vaters“ nicht zugleich Sohn des Großvaters (frater consanguineus des Vaters), sondern nur Sohn der Großmutter (der Mutter des Vaters) ist: frater uterinus11 des Vaters = patruus ex matre [scil. patris]. Dig. 38,10,10,14 (II 354,28 – 29) (1a) 28Avia paterna mea nupsit patri tuo, peperit te [aut] avia paterna tua nupsit patri 29meo, peperit me: ego tibi patruus sum et tu mihi.
(1a) Meine väterliche Großmutter heiratete deinen Vater und gebar dich, und deine väterliche Großmutter heiratete meinen Vater und gebar mich; ich bin dir gegenüber der väterliche Onkel und du mir gegenüber.
8 Digesta, editio maior II, 354,27 – 28; die Zeilenzahlen dieser Ausgabe sind zum leichteren Auffinden angegeben. 9 patruus, is autem est patris frater F: patruus est patris frater, is autem Mommsen, Krueger. 10 Consanguinei sind über denselben Vater und dieselbe oder eine andere Mutter verwandte Geschwister, Gai. inst. 3,10 (coll. 16,2,10); Ulp. ep. 26,1; Paul. coll. 16,3,15 (PS *4,8,15); Isid. orig. 9,6,4. 11 Uterini sind nur über die Mutter, nicht über den Vater verwandte Geschwister, Diocl. 294 Cod. Iust. 5,62,21; Grat. Valent. Theod. 380 Cod. Theod. 9,42,9,3; Inst. Iust. 3,9,3; Iust. 534 Cod. Iust. 6,58,15,1 (neben germanus im Sinne von consanguineus); Isid. orig. 9,6,7.
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Ulrich Manthe
Das aut, welches die beiden Alternativen (avia paterna mea … aut avia paterna tua) trennt, ist ersichtlich falsch: Der Fall macht nur Sinn, wenn wirklich beide Ehen geschlossen werden; aut lässt auch die Möglichkeit offen, dass nur eine Ehe geschlossen wird. Mommsen und Krüger wollten avia – peperit me ganz tilgen, da der Fall ab id evenit noch einmal wiederholt sei. Wir werden aber sehen, dass der Fall der Großmütter (1a) bereits eine genügende Erläuterung zu patruus … dupliciter intellegendus est gibt, während die Weiterführung (1b) ab id evenit Variationen enthält12. Cujaz13 tilgte nur aut, was Mo., ed. mai. II 354,28 mitteilte, Krueger, ed. ster. aber unterschlug. Statt aut zu tilgen, könnte man auch an Stelle von aut setzen; es ist vielleicht wahrscheinlicher, dass ein Schreiber sich verlesen hat als dass er ohne Anhalt in seiner Vorlage etwas eingefügt hat. Die avia paterna mea heiratet den Sohn der avia paterna tua; das Kind der beiden ist Tu; die avia paterna tua heiratet den Sohn der avia paterna mea; das Kind der beiden ist Ego14. Mein Vater möge Sentius heißen, dessen Mutter Terentia: Sentius ist der Sohn von Terentia und deren erstem Ehemann Sentius Maior. Dein Vater möge Flavius heißen, dessen Mutter Grania: Flavius ist der Sohn von Grania und deren erstem Ehemann Flavius Maior. In zweiter Ehe heiraten Terentia den Flavius (beider Kind ist Tu) und Grania den Sentius (beider Kind ist Ego). Von Ego aus gesehen stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
Grania
Sentius Maior
1. ~
2. ~
Sentius
Terentia
2. ~
Flavius
Tu
Ego
Von Tu aus gesehen, stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
Terentia
Flavius Maior
1. ~
2. ~
Flavius
Grania
2. ~
Sentius
Ego
Tu
Unten zu Fn. 15. Cuiacius, Rec. sol. ad Dig. 38,10, in: Opp. VIII, 213 A. 14 Die Darstellung bei Cuiacius, Opp. VIII, 213 A, deckt sich mit der hier gebotenen, verfremdet aber, weil er die avia paterna als „mater mea“, den pater meus als „ego“ bezeichnete, mithin Ego und Tu um eine Generation verschob. 12 13
Die Patchworkfamilien des Iulius Paulus
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Du bist also der Halbbruder meines Vaters Sentius, also mein patruus; ich bin dein Neffe. Ich bin also der Halbbruder deines Vaters, also dein patruus; du bist mein Neffe. Für beide Personen wird die Verwandtschaft über die Mutter des Vaters vermittelt. Paulus zeigt hier, dass der patruus nicht immer Sohn des väterlichen Großvaters sein muss (patruus consanguineus), sondern auch Sohn der väterlichen Großmutter sein kann; er ist dann patruus uterinus: patruus … dupliciter intellegendus est ex patre vel matre [scil. patris]. Ego und Tu sind gegenseitig Onkel und Neffen.
II. Fall 1b: Mulieres altera alterius filio nupserit Dig. 38,10,10,14 (II 354,29 – 31) (1b) 29Id evenit, si mulieres altera alterius 30filio nupserit: nam qui ex his masculi nati fuerint, invicem patrui sunt, quae feminae, in31vicem amitae, item masculi feminis similiter patrui, feminae illis amitae.
(1b) Das kommt vor, wenn von zwei Frauen jede den Sohn der andern geheiratet hat; denn die Knaben aus diesen beiden Ehen sind gegenseitig väterliche Onkel, die Mädchen aber gegenseitig väterliche Tanten, und ferner sind die Knaben entsprechend väterliche Onkel der Mädchen und die Mädchen väterliche Tanten der Knaben.
Die beiden Frauen heiraten den jeweiligen Sohn der anderen (also die Väter von Ego und Tu). Es ist derselbe Fall wie 1a, aber es geht jetzt nicht nur um Ego und Tu, die Kinder der beiden Väter mit den Großmüttern, sondern verallgemeinernd um alle männlichen und weiblichen Kinder aus den zweiten Ehen der beiden Frauen. Sind beide Kinder Knaben so sind sie gegenseitig patrui, wie wir bei Ego und Tu sahen. Sind beide Kinder Mädchen, so nennen wir sie Sentia (Tochter des Sentius und der Grania) und Flavia, Tochter des Flavius und der Terentia. Also von Flavia aus nach beiden Seiten gesehen:
Grania
Sentius Maior
1. ~
2. ~
Sentius
Terentia
Flavius Maior
1. ~
2. ~
Flavius
Grania
2. ~
Sentius
Sentia
Flavia
Sentia
Flavia ist väterliche Tante (amita) der Sentia und zugleich Tochter des Bruders der Sentia. Sentia ist amita der Flavia und zugleich Tochter des Bruders der Flavia.
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Setzen wir an Stelle der Flavia einen Flavius Minor (einer weiteren Graphik bedarf es nicht), so ist dieser patruus der Sentia, während Sentia zugleich amita des Flavius Minor ist. Setzen wir an Stelle der Sentia einen Sentius Minor, so ist dieser patruus der Flavia, während Flavia zugleich amita des Sentius Minor ist. In allen Fällen sind die Kinder gegenseitig patrui uterini oder amitae uterinae. Fall 1b geht über das Beweisthema hinaus. Paulus hatte zu Beginn mitgeteilt, es gebe auch einen patruus ex matre; um hierfür ein Beispiel zu bieten, wäre es nicht notwendig gewesen, alle gegenseitigen patrui uterini und amitae uterinae vorzuführen, vielmehr hätte eine einzige Großmutter in Fall 1a genügt15. Man hat den Eindruck, Paulus habe endlich eine Gelegenheit gefunden, einen sehr konstruierten Fall darzustellen. Auch Cujaz liebte dieses Spiel16.
III. Fall 2: Vir et mulier ille filiam eius duxerit, illa filio eius nupserit Fall 1 lehrte, dass aus Ehen von zwei Frauen mit dem Sohn der jeweils anderen Frau die Kinder gegenseitig patrui oder amitae sind. In Fall 2 sind die Angehörigen der älteren Generation verschiedenen Geschlechts: Ein Mann heiratet die Tochter einer Frau; die Frau heiratet den Sohn des Mannes. Auch hier wird sich ergeben, dass die Kinder aus diesen beiden Ehen gegenseitig Onkel und Tanten sind. Dig. 38,10,10,14 (II 354,31 – 33) (2) 31Si vir et mulier 32ille filiam eius duxerit, illa filio eius nupserit: qui ex patre adulescentis nati erunt, ex 33matre puellae natos „fratris filios“, illi eos „patruos“ et „amitas“ appellabunt.
Wenn bei einem Mann und einer Frau der Mann die Tochter der Frau geheiratet hat und die Frau den Sohn des Mannes, so werden die Kinder des Vaters des jungen Mannes die Kinder der Mutter der jungen Frau „Kinder des Bruders“ nennen, jene (= die Kinder der Mutter der jungen Frau) werden diese (= die Kinder des Vaters des jungen Mannes) „väterliche Onkel“ und „väterliche Tanten“ nennen.
Der Sachverhalt ist deshalb schwierig zu erfassen, weil Paulus die Personen im weiteren Verlauf mit verschiedenen Bezeichnungen benennt: filius (viri) = adulescens („junger Mann“); filia (mulieris) = puella („junge Frau“); vir = pater adulescentis; mulier = mater puellae. Die Kinder, qui ex patre adulescentis nati erunt, sind die Kinder des Vaters des jungen Mannes, mithin die Kinder des Mannes mit der Tochter der Frau. Die ex matre puellae nati sind die Kinder der Mutter der jun-
Oben zu Fn. 12. Wie sein Fall mit Sempronius, Terentia u. a. zeigt, Cuiacius, Rec. sol. ad Dig. 38,10 (Fn. 4), in: Opp. VIII, 212 A – E. 15 16
Die Patchworkfamilien des Iulius Paulus
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gen Frau, mithin die Kinder der Frau mit dem Sohn des Mannes. Im Folgenden werden die Hauptpersonen mit Vir, Mulier, Adulescens und Puella bezeichnet. Puella stammt aus einer früheren Ehe der Mulier, keinesfalls aus der Ehe von Mulier und Adulescens (dem Sohn des Mannes), sonst wäre Puella Enkelin des Vir, und die Ehe von Vir und Puella wäre inzestuös. Dasselbe gilt umgekehrt für Adulescens: Er stammt aus einer früheren Ehe des Vir, keinesfalls aus der Ehe von Vir und Puella, sonst wäre Adulescens Enkel der Mulier, und die Ehe von Mulier und Adulescens wäre inzestuös. Die ex patre adulescentis nati und die ex matre puellae nati sind die Kinder aus den zweiten Ehen des Vir und der Mulier; wären sie Kinder aus den ersten Ehen, so wären sie zwar vollbürtige Geschwister von Adulescens und Puella, aber nicht Onkel und Tante der ex matre puellae nati und ex patre adulescentis nati, weil letztere (gesetzt, sie wären Kinder der jeweils ersten Ehe) nicht Kinder von Mulier und Adulescens bzw. von Vir und Puella, sondern Schwager bzw. Schwägerin des Vir bzw. der Mulier wären17. Die illi18 sind die ex matre puellae nati, wie sich eindeutig aus dem Kontext ergibt: diejenigen, welche die anderen „Onkel“ und „Tante“ nennen, sind nämlich diejenigen, welche „Kinder des Bruders“ genannt werden, also die Kinder von Mulier und Adulescens. Mithin sind die ii die ex patre adulescentis nati. Zur Darstellung der Familiensituation, stellen wir Vir und Puella in die Mitte:
Mulier
alia uxor
1. ~
2. ~
Adulescens
Vir
alius maritus
1.~
2. ~
Puella
Mulier
2. ~
Adulescens
ex matre puellae nati
ex patre adulescentis nati
ex matre puellae nati
Es ergibt sich hieraus, dass (1) die Kinder von Vir und Puella die Halbgeschwister des Adulescens sind, daher väterliche Onkel oder Tanten (patrui oder amitae) der Kinder von Mulier und Das sah auch Cujaz so, unten Fn. 20. Ille bezeichnet nicht immer den zuerst Genannten, sondern den dem Sprecher gedanklich ferner Stehenden; Schulbeispiel ist Cic. Cato mai. 19,68 at senex ne quod speret quidem habet. at est eo meliore condicione quam adulescens, cum id, quod ille sperat, hic consecutus est – ille ist der zuletzt genannte adulescens; es geht im Gespräch um den zuerst genannten senex, der mit hic wiederaufgenommen wird, vgl. Th. Burkard / M. Schauer, Lehrbuch der lateinischen Syntax und Semantik, 2000, 111, § 74,2b. 17 18
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Adulescens, (2) die Kinder von Mulier und Adulescens die Halbgeschwister der Puella sind, daher mütterliche Onkel oder Tanten (avunculi oder materterae) der Kinder von Vir und Puella. Somit sind die Kinder von Vir und Puella patrui und amitae ihrer eigenen avunculi und materterae, und die Kinder von Mulier und Adulescens sind avunculi und materterae ihrer eigenen patrui und amitae. Der uns vorliegende Text ist unvollständig, indem er nur mitteilt, dass (1) „die Kinder des Vaters des jungen Mannes (= Kinder von Vir und Filia) die Kinder der Mutter der jungen Frau (= Kinder von Mulier und Adulescens)‚ Kinder des Bruders‘ nennen werden“, also die Kinder von Mulier (und Adulescens) Kinder des Bruders der Kinder von Vir (und Puella) sind. Der Text teilt hingegen nicht mit, dass umgekehrt (2) „die Kinder der Mutter der jungen Frau (= Kinder von Mulier und Adulescens) die Kinder des Vaters des jungen Mannes (= Kinder von Vir und Puella) ‚Kinder der Schwester‘ nennen werden“ (ex matre puellae nati ex patre adulescentis natos „sororis filios“ appellabunt), also die Kinder von Vir (und Puella) Kinder der Schwester der Kinder von Mulier (und Adulescens) sind. Es liegt nahe, die Lücke zu ergänzen. Cujaz19 rekonstruierte den Sachverhalt zunächst richtig: „Pater duxit filiam, filius duxit matrem: Pater genuit Primum ex eo matrimonio, filius genuit Secundum.“ Soweit ist ihm zuzustimmen; er nannte die Kinder von Vir und Puella (ex patre adulescentis nati) „Primus“, die Kinder von Mulier und Adulescens (ex matre puellae nati) „Secundus“20. Aber dann heißt es: „Primus Secundo est filius fratris … quia pater Primi et Secundus sunt fratres germani21. Ergo Secundus Primo est patruus, et e converso Secundus Primo est filius sororis, quia mater Secundi et Primus sunt fratres germani. Ergo Primus Secundo erit avunculus.“ Primus (Kind von Vir und Puella) sei Kind des Bruders des Secundus, denn der Vater des Primus (Vir) sei Bruder des Secundus. In Wirklichkeit ist Primus Kind der Puella, also Kind der Schwester des Secundus, und Secundus ist avunculus des Primus. Secundus (Kind von Mulier und Adulescens) sei Kind der Schwester des Primus, denn die Mutter des Secundus (Mulier) sei Schwester des Primus. In Wirklichkeit ist Secundus Kind des Adulescens, also Kind des Bruders des Primus, und Primus ist patruus des Primus. Cujaz hat die Personen vertauscht22.
Cuiacius, Rec. sol. ad Dig. 38,10, in: Opp. VIII, 213 B. Cujaz erkannte, dass die ex patre adulescentis nati (Primus) Kinder aus der zweiten Ehe von Vir mit Puella (und nicht Kinder aus der ersten Ehe des Vir) sind: „Pater genuit Primum ex eo matrimonio.“ 21 Statt consanguineus gebrauchte man auch germanus in der nichtjuristischen Sprache, meist im Sinne von „über beide Eltern verwandt“, Plaut. Men. 232, 1102 / 3 L.; Ps.-Philox. GE 59 (Gloss. Lat. II 160 = Corp. Gloss. Lat. II 33,21) germani ἀδελφοί ὁμογνήσιοι aus Paul. ex Fest. 83,8 – 9 L. (95,3 M.) quasi eadem stirpe geniti. Zuweilen auch im Sinne von „vom gemeinsamen Vater abstammend“: Iust. 534 Cod. Iust. 6,58,15,1. Anders Varro bei Serv. ad Aen. 5,412 (Funaioli, GRF 260 fr. 222) und Isid. orig. 9,6,5 – 6. 19 20
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Dann kehrte Cujaz aber zum richtigen Weg zurück und füllte die Lücke aus23: „Post haec verba [scil. … adulescentis appellabunt] est substituendus hic versus24, qui habetur in aliis quibusdam codicibus: Qui autem ex matre puellae nati erunt ex patre adolescentes [sic!] naturales [sic!]25 sororis filios, illi eos avunculos et materteras appellabunt.“ „Die Kinder der Mutter der jungen Frau werden die Kinder des Vaters des jungen Mannes ‚Kinder der Schwester‘ nennen, die Kinder des Vaters des jungen Mannes werden die Kinder der Mutter der jungen Frau ‚mütterliche Onkel und Tanten‘ nennen.“ Der Text gibt genau das wieder, was man erwartet. Leider teilte Cujaz nichts Näheres über die Handschriften mit. Er sprach von alii quidam codices, die er vielleicht nie selbst gesehen hatte; der Zusammenhang deutet auf Handschriften des Infortiatum hin. Im 1564 veröffentlichten 6. Buch der Observationen und Emendationen ist zu lesen: „De gradibus librum singularem Paulus scripsit, qui totus fere continetur notissima l. 10 D. de gradib. & adfinib., ut mihi adfirmavit vir fide dignus, in cujus manus liber ille venerat integer“26. Hier erwähnte er eine Separathandschrift von De gradibus, die ein vertrauenswürdiger Mann besessen haben soll. Dass die vorgeschlagenen Wörter gerade in letzterer Handschrift enthalten seien, sagte Cujaz nicht. Vielleicht enthielt diese Handschrift gar nicht den Traktat des Paulus, sondern den anonymen Traktat De gradibus?27 Mommsen rekonstruierte einen Text mit 149 Buchstaben, der folgendermaßen einzufügen sei: Si vir et mulier ille filiam eius duxerit, illa filio eius nupserit: qui ex patre adulescentis nati erunt, ex matre puellae natos fratris filios, illi eos patruos et amitas
Wenn ein Mann die Tochter einer Frau geheiratet hat und diese Frau den Sohn dieses Mannes, so werden die Kinder des Vaters des jungen Mannes die männlichen Kinder der Mutter der jungen Frau „Söhne des Bruders“ nennen, jene (= die Kinder der Mutter der jungen Frau) werden diese (= die männlichen Kinder des Vaters des jungen Mannes) „väterliche Onkel“ (nennen), und „Tanten“
22 Rec. sol. ad Dig. 38,10 ist postum erschienen, zuerst wohl Frankfurt 1596, vgl. D. Albanese, Promptuarium, in: Cuiacius, Opp. XI, Mutinae 1795, p. LXVI nr. 58. Der Fehler mag der Textüberlieferung zuzuschreiben sein. 23 Cuiacius, Rec. sol. ad Dig. 38,10 (Fn. 4), in: Opp. VIII, 213 C. 24 Es sind 111 Buchstaben, die in einer Unzialhandschrift 3 Zeilen füllen. 25 Naturales dürfte Druckfehler für natos sein. 26 Cuiacius, Obs. et em. 6,40, in: Opp. III, Ven. 1758, 154. 27 Oben Fn. 6. De gradibus ist in Handschriften der Notitia dignitatum enthalten, Collectio II, 166.
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appellabunt.
nennen.
Das hat mit dem Text, den Cujaz mitgeteilt hatte, nichts zu tun, auch wenn Mommsen dies behauptete28. Mommsen unterschied in seiner Rekonstruktion „männliche Kinder“ (nati) und „weibliche Kinder“ (natae), denn die nati werden von ihren Neffen und Nichten (?) ‚patrui‘, die natae ‚amitae‘ genannt. Diese Unterscheidung wird vom überlieferten Digestentext nicht vorgegeben – Paulus sprach einfach von nati und filii und meinte natürlich beide Geschlechter, wie sich aus illi eos patruos et amitas appellabunt ergibt29. Mommsen aber konstruierte recht künstlich den Satz illi eos patruos et amitas . Das kann nur bedeuten: „jene werden diese ‚väterliche Onkel‘ nennen und die weiblichen Kinder der Mutter der jungen Frau ‚väterliche Tanten‘ nennen“. Die ii sind also patrui, die natae sind amitae. Die Unterscheidung ist nur notwendig, wenn man amitas nicht als Gleichsetzungsakkusativ zu eos versteht, sondern als Gleichsetzungsakkusativ zu ex matre puellae natas, wie Mommsen es tat30. Es hätte näher gelegen, bei illi eos patruos et amitas appellabunt „jene werden diese ‚väterliche Onkel und Tanten‘ nennen“ zu bleiben. Wer sind illi und ii? Aus qui ex patre adulescentis nati erunt, ex matre puellae natos fratris filios, illi eos patruos (appellabunt) ergibt sich, dass illi die ex matre puellae nati sunt, also die Kinder von Mulier und Adulescens, welche ihre Onkel patrui nennen, und dass ii die ex patre adulescentis nati sind, also die Kinder von Vir und Puella31. Mommsen, ed. mai., Fn. 9 ad II, 354,33: „similiter Cuiacius secundum codd. dett.“ In den Fällen 1b und 3 unterschied Paulus die Geschlechter, ohne für die feminae auch die weibliche Form natae zu gebrauchen: qui ex his masculi nati fuerint, invicem patrui sunt, quae feminae, invicem amitae … qui ex his masculi nati fuerint, invicem avunculi, quae feminae, invicem materterae erunt. 30 Der Sinn der Rekonstruktion wird auch dadurch verschleiert, dass Mommsen zwischen illi eos patruos und et amitas apellabunt) seien die ex patre adulescentis nati, also die Kinder von Vir und Puella. Auch hier vergaß Mommsen, wer die illi sind, und identifizierte sie mit ihren eigenen materterae. Materterae der illi sind vielmehr die ex matre puellae nati. Mommsens Rekonstruktion hat keine handschriftliche Grundlage und ist inhaltlich unrichtig32; sie sollte nicht mehr in Digestenausgaben abgedruckt werden. Cujaz’ Rekonstruktion ist sinnvoll, doch weiß man nicht, ob sie jemals so in einer Handschrift stand. IV. Fall 3: Si duo viri alter alterius filiam duxerint In Fall 1 hatten zwei Frauen jeweils den Sohn der anderen geheiratet; in Fall 2 heiratete eine Frau den Sohn eines Mannes, der ihre Tochter heiratete; Fall 3 setzt das Spiel fort, indem jetzt zwei Männer jeweils die Tochter des anderen heiraten. Dig. 38,10,10,14 (II 354,33-355,2) (3) 33Avunculus est 34matris frater. eadem significatione, qua in patruo diximus, contigit,33 si duo viri alter alte35rius filiam duxerint, qui ex his masculi nati fuerint, invicem avunculi, quae feminae, in1vicem materterae erunt, et eadem ratione masculi puellis avunculi et illae illis erunt mater2terae.
„Mütterlicher Onkel“ ist der Bruder der Mutter. Mit derselben Bedeutung, wie wir beim väterlichen Onkel gesagt haben, kommt es vor, dass, wenn zwei Männer jeweils die Tochter des andern geheiratet haben, die Knaben aus diesen Ehen gegenseitig mütterliche Onkel und die Mädchen aus diesen Ehen gegenseitig mütterliche Tanten sein werden und dass nach derselben Überlegung die Knaben mütterliche Onkel gegenüber den Mädchen und die Mädchen mütterliche Tanten gegenüber den Knaben sein werden.
Auch Röhle, Scr. Guarino VI, 2719, weist auf einen Fehler Mommsens in D. 38,10 hin. Mommsen, ed. mai. interpungierte anders und konjizierte: Avunculus est matris frater eadem significatione, qua in patruo. diximus contigit. si duo viri …; die Ergänzung ist bei meinem Textverständnis nicht notwendig; contigit ist hingegen überzeugend. 32 33
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Vir1 und Vir2 haben die Töchter Filia1 und Filia2. In jeweils zweiter Ehe der Männer heiraten Vir1 die Filia2 und Vir2 die Filia1. Die Kinder von Vir1 und Filia2 sind Halbgeschwister von Filia1 und damit mütterliche Onkel und Tanten (avunculi und materterae) der Kinder von Vir2 und Filia1. Ebenso sind die Kinder von Vir2 und Filia1 Geschwister von Filia2 und damit avunculi und materterae der Kinder von Vir1 und Filia2. Damit sind die Variationen beendet. Fall 1a zeigte, dass patrui auch uterine Brüder des Vaters sein können (dupliciter); hierbei ergab sich überraschenderweise (1b), dass die jeweiligen Kinder gegenseitig patrui und amitae sind. Fall 2 führte dies mit Kreuzehen zwischen Männern und Frauen fort, und Fall 3 ist das Spiegelbild von Fall 1b. In einem Traktat, der in großer Eintönigkeit die Verwandtschaftsgrade aufzählt, erwartet man keine ungewöhnlichen Beispielsfälle. Es scheint, dass Paulus bei der Abfassung des Traktats zu Beginn nur vorhatte, patruus … dupliciter intellegendus (ed. mai. II 354,27) zu erläutern, sich aber dann von den Variationen mitreißen ließ. Solche eigentlich unnötigen, aber doch recht interessanten Exkurse finden sich auch in der heutigen juristischen Fachliteratur, nämlich dort, wo der Verfasser nebenbei auf ungewöhnliche Fälle aufmerksam macht, die in der Praxis eigentlich nicht vorkommen, aber überraschende Ergebnisse haben34. Es sind nicht gerade häufig vorkommende Fälle35. Die Kaiser Caligula, Claudius und Nero brachten mit ihren Ehen Verwandtschaftsverhältnisse hervor, welche unsern Fällen schon ziemlich nahe kamen36. Claudius war väterlicher Onkel (patruus) des Caligula, denn Caligula war der Sohn des Bruders des Claudius (Germanicus) mit Agrippina d. Ä.; Caligula war mütterlicher Onkel (avunculus) des Nero, denn Nero war der Sohn der Schwester des Caligula (Agrippina d. J.)37 mit Cn. Domitius Ahenobarbus. Claudius war mithin großväterlicher Großonkel (patruus magnus) des Nero; denn Nero war der Enkel des Bruders des Claudius (Germanicus). Nero heiratete Octavia, die Tochter seines patruus magnus und Stiefvaters (vitricus)
34 A. von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 1, 1914, § 53, Fn. 166; II 2, 1918, § 78 zu Fn. 101: Eine verzinsliche Darlehensforderung, deren Fälligkeit von einer Kündigung abhängt und die mit einem Nießbrauch belastet ist, kann nur von Gläubiger und Nießbraucher gemeinsam gekündigt werden, während sie dann, wenn sie mit einem Nutzpfandrecht belastet ist, vom Gläubiger nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers gekündigt werden kann. Was geschieht, wenn der Gläubiger ohne Mitwirkung bzw. Zustimmung des Dritten oder mit Mitwirkung bzw. Zustimmung, aber ohne schriftlichen Nachweis, kündigt? Der gekünstelte Fall ist hervorragend geeignet, die strukturellen Unterschiede zwischen Mitwirkung und Zustimmung deutlich zu machen. 35 Cuiacius, Rec. sol. ad D. 38,10 (Fn. 4), in: Opp. VIII, 201 – 217, 213 A, bemerkte zu Fall 2 ironisch: „Pater et filius duxerunt matrem et filiam, ut fit vulgo hodie.“ 36 Stammtafel bei D. Kienast, Römische Kaisertabelle, 19962, 377. 37 Claudius setzte sich über die Sitte hinweg, als er später diese Agrippina, die Tochter seines Bruders Germanicus, heiratete; Gai. inst. 1,62; Tac. ann. 12,5 – 7; Suet. Claud. 26,3. Damit wurde Nero Stiefsohn (privignus) seines patruus magnus Claudius.
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Claudius, und wurde damit Schwiegersohn (gener) seines patruus magnus. Hätte es ein Kind X aus der Ehe von Nero und Octavia gegeben, so wäre Claudius über seine Tochter Octavia Großvater des X und zugleich über seinen Bruder Germanicus, dessen Tochter Agrippina d. J. und deren Sohn Nero urgroßväterlicher Urgroßonkel (patruus maior = propatruus) des X. X wäre in seiner Eigenschaft als Sohn der Octavia, Enkel des Claudius und Urenkel des Nero Claudius Drusus (des Vaters von Claudius und Germanicus) Andergeschwisterkind (sobrinus) des Kaisers Nero in dessen Eigenschaft als Sohn der Agrippina d. J., Enkel des Germanicus und Urenkel des Nero Claudius Drusus, also sobrinus seines eigenen Vaters, und damit wäre X in seiner Eigenschaft als Sohn des Kaisers Nero ein sobrino natus seiner selbst in seiner Eigenschaft als Sohn der Octavia. Wir kehren noch einmal zur Frage zurück, wer für das Fehlen des Stückes in Fall 2 (ed. mai. II 354,33 nach appellabunt) verantwortlich war. Man kann nicht ausschließen, dass eine Handschrift mit dem fehlenden Text existierte, wie Cujaz behauptete. Aber die Hinweise Cujaz’ sind dürftig, und bisher ist eine solche Handschrift meines Wissens nicht gefunden worden. Auch ein anderes größeres Stück fehlt in Dig. 38,10,10,1638; da die Berechnung der Verwandten (184 statt 192, ed. mai. II 354,14) voraussetzt, dass das Stück für den Rechnenden bereits fehlte, und da es wohl am ehesten der Verfasser Paulus selbst war, der die Zahlen einsetzte, muss man die Lücke in ed. mai. II 357,26 dem Paulus selbst zuschreiben; ebenso dürfte es bei unserer Lücke ed. mai. II 354,33 sein. Iulius Paulus war ein viel beschäftigter Mann; die Zeit, sein ganzes Manuskript noch einmal von vorn bis hinten durchzurechnen, wird er nicht gehabt haben, und auf seinen Amanuensis konnte er sich nicht verlassen.
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Ed. mai. II 357,26; oben Fn. 4.
Per una rilettura del „Römisches Strafrecht“: la genesi di un compimento storiografico nell’opera di Theodor Mommsen Di Carla Masi Doria I. Premessa Il Römisches Strafrecht di Theodor Mommsen1 costituisce un monumento degli studi romanistici (e, più in generale, antichistici). Pur se superato su varie questioni e ormai datato (ad oltre un secolo dalla pubblicazione) è ancora un punto di riferimento stabile per le ricerche sul diritto e sul processo criminale romano. Da tempo ha meritato attenzioni storiografiche, che hanno messo in luce aspetti contenutistici, ideologici, culturali, problemi dell’opera2, ma – come ogni vero classico – suscita di continuo nuovo interesse e può essere studiato da punti d’osservazione diversi. Questi primi appunti, che derivano da una sollecitudine ormai antica per la personalità del grande studioso di Garding3 e insieme dall’occasione di un seminario bernese4, sono dedicati con amicizia al caro Christoph Krampe. Pubblicato a Leipzig nel 1899 per i tipi Duncker & Humblot. Per un primo orientamento si v. almeno, tra la letteratura più recente dedicata allo Strafrecht, E. Höbenreich, Leopold Wenger und das Studium des römischen Strafrechts, in: BIDR. 92 – 93 (1989 – 1990) 377 ss. (spec. 380 ss.); T. Masiello, Mommsen e il diritto penale romano, Bari 1995; C. Venturini, Lo Strafrecht mommseniano ad un secolo di distanza, in: Processo penale e società politica nella Roma repubblicana, Pisa 1996, 11 ss.; D. Liebs, Mommsens Umgang mit den Quellen des römischen Strafrechts, in: Theodor Mommsens langer Schatten. Das römische Staatsrecht als bleibende Herausforderung für die Forschung, Hrsg. W. Nippel, B. Seidensticker, Hildesheim / Zürich / New York 2005, 199 ss.; U. Ebert, „Strafrecht ohne Strafprozess ist ein Messergriff ohne Klinge“. Theodor Mommsen und das „Römische Strafrecht“, in: Theodor Mommsen, Gelehrter, Politiker und Literat, Hrsg. J. Wiesehöfer, Stuttgart 2005, 51 ss.; F. Sturm, Theodor Mommsen. Gedanken zu Leben und Werk des großen deutschen Rechtshistorikers, Karlsruhe 2006, profili sintetici a p. 37 s. e 77; S. Giglio, Teodoro Mommsen e la repressione penale nell’impero Romano, in: SDHI. 72 (2006) 355 ss. 3 Nota di lettura a Th. Mommsen, De collegiis et sodaliciis Romanorum e Zur Lehre von den römischen Korporationen (Antiqua, 92), Napoli 2006, xvii–xxix [= Per una ristampa dei collegia mommseniani, in: Forme di aggregazione nel mondo romano, Bari 2007, 211 ss.]; I „Grundrechte“ nell’opera storico-giuridica di Theodor Mommsen, in: Ars Iuris. Festschrift für Okko Behrends zum 70. Geburtstag, Hrsg. M. Avenarius / R. Meyer-Pritzl / C. Möller, Göttingen 2009, 371 ss.; Napoli 1873: Mommsen e l’orologio, in: Quaesitor urnam movet e altri studi sul diritto penale romano2, Napoli 2007, 133 ss., a proposito di quest’ultimo saggio mi piace ricordare l’affettuosa attenzione che volle dedicarvi uno degli studiosi italiani che più profon1 2
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Carla Masi Doria
II. Handbuch Nel 1885 l’autorevole penalista Karl Binding, quasi quarantacinquenne, pubblicava il primo volume del suo Handbuch des Deutschen Strafrechts (il secondo – è cosa nota – non uscirà mai e sarà surrogato da lavori didattici, in particolare dal notissimo Lehrbuch5), come parte dell’ampio Systematisches Handbuch der deutschen Rechtswissenschaft da lui diretto. Un’impresa titanica alla quale parteciparono i giuristi più importanti di quell’epoca d’oro della scienza tedesca. A. Wach per il processo civile, R. Sohm per il Kirchenrecht, O. Mayer per l’amministrativo, O. Gierke per il Deutsches Privatrecht6. Una serie di classici, per alcuni versi insuperati, del sapere giuridico tra Otto e Novecento. „Handbuch“, che sta nel titolo sia dell’opera specifica sia della serie-contenitore, è parola traditrice, polisenso malgrado la chiarezza del composto (Hand-Buch)7. Il senso debole, di „manuale“, piccolo libro portabile che sta in una mano, il quale rinvia alla tradizione classica (enchiridion, manuale8), non corrisponde all’evoluzione in una trattazione completa, pienamente scientifica, esaustiva di una disciplina. La struttura sistematica e la vastità d’impostazione caratterizzano infatti una serie di iniziative editoriali di questo genere, tipiche della cultura tedesca a partire dalla prima metà del secolo XIX. Nel progetto di Binding in questa prospettiva non poteva mancare una trattazione del diritto romano, addirittura costituendo la prima „Abteilung“ del trattato, un diritto che allora (e fino agli albori del nuovo secolo) era, come è noto, vigente nel Reich tedesco. La svolta normativa determinata dall’entrata in vigore del BGB e la damente si sono occupati del problema storiografico dell’opera di Mommsen, G. Crifò, Minima mommseniana, in: Fides, humanitas, ius. Studii in onore di L. Labruna II, a cura di C. Cascione, C. Masi Doria, Napoli 2007, 1194. 4 Theodor Mommsen und die Bedeutung des Römischen Rechts, 10 – 11 maggio 2012, nel quale gli organizzatori, Iole Fargnoli e Stefan Rebenich, hanno voluto assegnarmi la relazione sullo Strafrecht. 5 Le diverse edizioni sono elencate nella bibliografia annessa alla recente (invero sintetica) voce di J. M. Silva Sánchez, in: Juristas Universales III, Madrid-Barcelona 2004, 501. 6 A. Wach, Handbuch des deutschen Civilprozessrechts I, Leipzig 1885; R. Sohm, Kirchenrecht I, II, Leipzig 1892 – 1923; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I, II, Leipzig 1895 – 1896; O. Gierke, Deutsches Privatrecht I. Allgemeiner Teil und Personenrecht, Leipzig 1895, II. Sachenrecht, Leipzig 1905, III. Schuldrecht, Leipzig 1917. 7 Può risultare utile rileggere la voce dedicata al termine nel grande vocabolario della lingua tedesca dei fratelli Grimm: J. u. W. Grimm, DWB. X, Leipzig 1869, 366, s.v. „Handbuch“ „n. buch von mäszigem umfang, zum leichten gebrauch, entweder um hinein zu schreiben oder darin zu lesen: hantbuoch, manuale, liber qui frequenter manu portatur voc. inc. theut. i 1a; das er (der prediger) die deutsche biblia lasz sein zornal und teglich handbuch sein. MATHES. Luther 145b. in neuerer zeit häufig verwandt zur bezeichnung eines buches das in knapper fassung das hauptsächlichste einer lehre gibt: handbuch der griechischen und römischen alterthümer; handbuch der schönfärberei. das englische hat das wort als handbook herübergenommen“. 8 Cfr. Gell. N.A. praef. 7.
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corrispondente storicizzazione della disciplina (apprezzabile fin dagli anni Ottanta, con i primi esercizi dell’interpolazionismo) porterà, nell’ambito dello Handbuch bindinghiano, ad una trattazione scientifica ma non propriamente pandettistica del diritto privato romano nello splendido (anche se incompleto) Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians di Ludwig Mitteis, che – privo ormai di una immediata utilità per i giuristi pratici, uscirà infatti nel 19089, dopo il BGB – risulterà significativamente limitato a una cronologia inusuale per le opere della „Pandektenwissenchaft“, e cioè all’età dioclezianea, che definisce il limite più avanzato del cd. „diritto classico“ e al contempo l’inizio del cd. „tardoantico“10. III. La genesi del Römisches Strafrecht Binding nel costruire il piano generale dell’opera, che doveva costituire la vera e propria enciclopedia del giurista tedesco, pensò anche al diritto penale romano11. Non è un caso, ben oltre la questione della vigenza. Il famoso penalista (poi in qualche misura famigerato, per l’utilizzazione che in epoca nazista si fece del suo concetto di „lebensunwertes Leben“12) si era infatti abilitato a Heidelberg, nel 1864, con un lavoro criminal-romanistico dal titolo De natura inquisitionis processus criminalis Romanorum. I suoi interessi storici sono peraltro attestati dalle ricerche, svolte agli esordi della sua attività scientifica con Waitz a Göttingen, sul regno romano-burgundo e da alcuni contributi della maturità usciti nella Savigny Zeitschrift, su questioni non secondarie13. 9 Con un primo (ed unico) tomo dedicato a Grundbegriffe und Lehre von den Juristischen Personen. Si noti come Mitteis (che sarà uno dei padri della papirologia), austriaco di nascita e di formazione, non avrebbe mai insegnato il diritto privato tedesco, nemmeno dopo la chiamata in Germania, a Lipsia, nel 1899, quando la sua attività didattica sarà dedicata alla „Antike Rechtsgeschichte“ (e al famoso seminario di studi papirologici). Sul tema della „storia giuridica dell’antichità“ come modello interpretativo della vicenda del diritto romano si v. per tutti E. Höbenreich, Der „Königsgedanke“, in: BIDR. 103 – 104 (2000 – 2001) 215 ss. (con ampi riferimenti ai rapporti tra Mitteis e Wenger e interessanti spunti di storiografia sul diritto penale romano da Mommsen a oggi). 10 Sulla costruzione del concetto di „diritto classico“ nell’opera di Savigny e della scuola storica si v. M. Bretone, Il ‚classico‘ e la giurisprudenza, in: Labeo 45 (1999) 7 – 19 [parzialmente in Id., Diritto e tempo nella tradizione europea2, Roma-Bari 2005, 219 – 233]; cfr. anche C. Cascione, Nota di lettura a O. Behrends, Napoli 2009, xviii s. La letteratura sull’idea di „tardoantico“ (e la sua genesi storiografica) è ormai vastissima: per una recente messa a punto si v. almeno L. De Giovanni, Istituzioni, scienza giuridica, codici nel mondo tardoantico. Alle radici di una nuova storia, Roma 2007, ix ss., 1 ss. 11 Aveva notato l’importanza della collocazione dello Strafrecht mommseniano nell’ambito del progetto di Binding già G. Crifò, Ancora sullo Strafrecht mommseniano, in SDHI 62 (1996) 538 [= in: Materiali di storiografia romanistica, Torino 1998, 180]. 12 La tesi è sviluppata in un volume pubblicato insieme allo psichiatra A. Hoche, Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Mass und ihre Form, Leipzig 1920, 19222, nel quale viene rappresentata una teoria eugenetica frutto di un estremo darwinismo sociale, legittimante l’eliminazione della vita „non meritevole di essere vissuta“.
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Già nel 1879 aveva contattato il grande Mommsen, proponendogli proprio per lo Handbuch una trattazione complessiva del diritto pubblico (comprensiva dunque del diritto penale), che il romanista aveva rifiutato, rivolgendogli parole ironiche e misteriose: „Ich mache Ihnen einem Vorschlag: Sie schreiben das erste Kapitel des Buches als Roman und ich schreibe das Übrige“14. Mommsen in quegli anni stava procedendo all’elaborazione dello Staatsrecht, il suo trattato maggiore, destinato ad un’altra grande impresa editoriale-scientifica, ancora designata con il nome Handbuch, ma questa volta un „Manuale“ antichistico dedicato in particolare alla storia romana, quello diretto dallo stesso Mommsen e da Joachim Marquardt che costituiva un rinnovamento dello Handbuch der römischen Altertümer iniziato da Wilhelm Adolf Becker15. E la nuova edizione di quell’opera si aprirà proprio con lo Staatsrecht mommseniano16. Un epifenomeno di quella richiesta sarà l’uscita nello Handbuch di Binding dell’Abriß des römischen Staatsrechts17, un compendio della (per così dire) editio maior, adattato all’uso dei giuristi e (specificamente di quelli che „nicht zugleich Philologen sind“18) spinto oltre l’età dioclezianea, che aveva costituito il limite cronologico dell’opera maggiore. Binding aveva allora invitato a collaborare all’impresa, per il lavoro specifico sul diritto penale romano, uno studioso svizzero che era stato suo allievo a Lipsia, Emil Brunnenmeister (come ha di recente ricordato Udo Ebert in un utile saggio19). L’in13 Cfr. Die Geschichte des burgundisch-romanischen Königsreichs, Leipzig 1868. L’attitudine germanistica dello studioso riprende interessi scientifici del padre, avvocato a Francoforte sul Meno, cfr. I. Binding, Zu den neuesten Ausgaben der Lex Salica, in: Zeitschr. f. deutsches Recht u. deutsche Rechtswisserschaft 7 (1842) 378 ss. Negli ultimi anni di vita (morirà nel 1921 a Freiburg i. Br.), Binding si cimenterà due volte direttamente sul campo romanistico, con i saggi Culpa. Culpa lata und culpa levis, in: ZSS. 52 (1918) 1 ss., e Rechtsvergleichende Vermutungen zu membrum ruptum, os fractum und injuria der Lex XII Tabularum, in: ZSS. 53 (1919) 106 ss. 14 La testimonianza sta nelle parole dello stesso Binding pubblicate nel Vorwort apposto all’ultima iniziativa scientifica mommseniana, che trova la sua genesi proprio nel Römisches Strafrecht; mi riferisco al volume collettaneo Zum ältesten Strafrecht der Kulturvölker. Fragen zur Rechtsvergleichung gestellt von Th. Mommsen, Leipzig 1905. L’opuscolo era uscito in pochi esemplari, non destinati alla pubblicazione, nel 1903, privo della prefazione del penalista, cfr. K. Zangemeister, Theodor Mommsen als Schriftsteller, neu bearb. von St. Rebenich, Hildesheim 2000, nrr. 1479, 1512 (p. 205, 209). 15 Cfr., per tutti, W. Nippel, Das Staatsrecht in der Discussion – von 1871 bis heute, in Theodor Mommsen langer Schatten cit. 9 ss. 16 Che – com’è noto – uscì con i soli primi due volumi nel 1871 – 1875, riproposti in II ed. nel 1876 / 1877 e poi in III nel 1887, quando l’opera fu completata dal III volume (pubblicato in due tomi, il secondo del 1888); cfr. C. Masi Doria, Spretum imperium. Prassi costituzionale e momenti di crisi nei rapporti tra magistrati nella media e tarda repubblica, Napoli 2000, 1 nt. 1; W. Nippel, Das Staatsrecht in der Discussion cit. 9. 17 Si tratta dell’Abt. 1 Teil 3 dello Handbuch: Abriß des römischen Staatsrechts, Leipzig 1893, 19072, rist. Darmstadt 1974. 18 Th. Mommsen, Abriß cit. xvii. 19 „Strafrecht ohne Strafprozess ist ein Messergriff ohne Klinge“ cit. 52 e nt. 14.
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carico fu accettato nel 1881, ma non andrà a buon fine. La vicenda, che farà rientrare in gioco Mommsen (il quale alla fine prenderà su di sé la cura del volume), è particolarmente interessante. Si può seguire attraverso il ricordo del suo antico discepolo, poi amico „mein lieber Schüler und Freund“, che – a un anno dalla morte – Binding pubblicò in una rivista-ponte tra accademia e pratica del diritto penale20. Brunnenmeister21 si era abilitato nel 1878 a Basilea per il diritto penale e le due procedure e l’anno successivo aveva ottenuto una chiamata a Zurigo. Nel 1881, pur non essendo un romanista di professione (ma avendo chiaramente forti interessi storici22), aveva risposto con entusiasmo al maestro, iniziando un impegnativo lavoro che, pur portando buoni frutti, non si chiuderà con il compimento del lavoro. Nel 1886 aveva intanto ultimato una importante monografia romanistica, pubblicata poi l’anno successivo a Leipzig23, Das Tödtungs-Verbrechen im altrömischen Recht. In una lettera a Binding del marzo 1886 (citata nel necrologio), Brunnenmeister inizia a confessare le sue difficoltà (soprattutto di confronto con le fonti non giuridiche). La gravosa attività didattica (dal 1882 a Halle, dal 1889 sulla prestigiosa cattedra viennese, dalla quale impartirà anche la filosofia del diritto), attestata da un „Nachlass“ testimone di grandissimo scrupolo, lo condurrà – a quanto pare – alla malattia già nel 1889. Nel maggio del 1891 si sveleranno complicazioni mentali, curate tra il 1892 e il 1893. In quest’anno riprende le lezioni e si rimette al lavoro sullo Strafrecht, subito interrotto, però, per le incombenze connesse con l’esercizio del decanato della Facoltà giuridica viennese (durato fino all’estate del 1894). In una lettera del 30 maggio 1893 confessa al maestro di aver lavorato moltissimo, sull’epoca regia, su quella repubblicana e fino ai primi due secoli dell’età cristiana, ma di non poter essere pronto con un manoscritto in tempi brevi. Evidentemente Binding, a dodici anni dall’assegnazione iniziava a pretendere un testo. La salute di Brunnenmeister crollerà nel luglio del 1895; morirà il 22 gennaio del 1896. Binding, tra le carte dell’allievo trasmessegli dagli eredi, non troverà alcun materiale sullo Strafrecht (se non brevissime osservazioni introduttive alla storia del processo penale) e non mancherà di sottolineare la stranezza di questa mancanza24. Evidentemente aveva sperato di poter utilizzare il lascito. La considerazione di Ebert che solo con la morte di Brunnenmeister, e cioè dal 1896, si debba far partire l’assegnazione a Mommsen dell’incarico e dunque il tempus di due anni della scrittura di un volume di 1078 pagine (il „Vorwort“ è datato
20 K. Binding, Zum 22. Januar 1897 (Emil Brunnenmeister gestorben 22. Januar 1896), in: Gerichtssaal 53 (1897) 459 ss. 21 Le principali notizie sul personaggio si possono leggere nella voce a lui dedicata redatta da K. v. Savigny per la ADB. XLVII, Leipzig 1903, 297 s. 22 Attestati dalla sua prima monografia: Die Quellen der Bambergensis. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Strafrechts, Leipzig 1879. 23 Nello stesso anno pubblica, in: ZSS. 21 (1887) 265 ss., una breve ma critica recensione della „seconda abilitazione“ di Ernst Landsberg, Iniuria und Beleidigung, Bonn 1886. 24 Cfr. K. Binding, Zum 22. Januar 1897 cit. 463.
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agosto 1898, la pubblicazione è del 1899) non convince del tutto. Se Binding aveva parlato, in modo piuttosto generico, della „seconda metà degli anni Novanta“25 come momento per indicare l’inizio dell’opus mommseniano, più accuratamente (in una prospettiva ormai storiografica) Liebs ha messo in evidenza che lo studioso vi stava lavorando già nel 189526. La prova sta in una lettera di Mommsen a Wilamowitz del dicembre 1895, che attesta lo stato di avanzamento del lavoro. Come si è visto, Mommsen era stato coinvolto nello Handbuch già da tempo: evidentemente Binding era ricorso a lui al momento della rilevata impossibilità di Brunnenmeister (ma quando? già con la crisi del 1889, quando Mommsen aveva terminato lo Staatsrecht?, al momento del „crollo“ nel luglio 1895? in una data intermedia? certo dal 1881 erano trascorsi ben quattordici anni!). La lettera al genero è di particolare interesse, uno stralcio indica le prospettive del lavoro in corso: „Ich habe meinen Entschluß nicht bereut, und in der kriminalrechtlichen Arbeit eine reiche Fülle unverarbeiteten Stoffes und frischer Belehrung gefunden. Das Gefühl habe ich immer gehabt, daß dieser Abschnitt bei meinen römischen Arbeiten fehlt; Zivilrecht und Zivilprozeß sind genügend behandelt, aber dieser Abschnitt zwischen diesen und dem Staatsrecht eigentlich in die Brüche gegangen“27.
Emerge lo spirito (e anche l’entusiasmo) dell’indagatore che si confronta con un terreno per gran parte inesplorato e allo stesso tempo il senso di compimento di un’ esperienza di lavoro nella quale evidentemente lo studioso sentiva la mancanza del confronto con una parte importante dell’esperienza giuridica antica. „Immer“ indica qui un antico sentimento: fin dai suoi esordi scientifici Mommsen aveva volto il pensiero al diritto criminale dei Romani, tanto che sia Binding, sia Wilamowitz avrebbero poi qualificato l’ambito penalistico come l’amore giovanile del grande studioso28. Un’altra lettera, questa volta inviata alla moglie, indica la fine del lavoro, con l’invio delle pagine a Lipsia, sede dell’editore Duncker & Humblot. „Meine großen Pakete sind nach Leipzig gegangen, und ich hoffe, daß Ende dieser Woche Binding kommt und ich mich mit ihm über die Publikation meines Strafrechts verständigen werde“. Manca ancora l’ultima „Ausarbeitung“, ma Mommsen esprime gioia nel vedere completati, attraverso lo Strafrecht, i suoi altri lavori: Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. vii. D. Liebs, Mommsens Umgang cit. 199. 27 Mommsen / Wilamowitz, Briefwechsel 1872 – 1903, Berlin 1935, 511. La ha utilizzata J. Malitz, in Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Stellenregister, München 1982, v. 28 K. Binding, Zum 22. Januar 1897, cit. 462; U. von Wilamowitz-Moellendorf, Storia della filologia classica (trad. it. Torino 1967) 136. Sul programma di studio giovanile, che contemplava interessi di diritto criminale si v. L. Wickert, Theodor Mommsen. Eine Biographie I (Frankfurt a. M. 1959) 166; cfr. C. Masi Doria, Nota di lettura a Th. Mommsen, De collegiis et sodaliciis Romanorum e Zur Lehre von den römischen Korporationen, cit. xxv s. [= Per una ristampa dei collegia mommseniani cit. 180 s.]. 25 26
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„Ich freue mich doch, daß dies Werk wohl noch fertig wird; es ergänzt meine anderen Arbeiten“29.
IV. Lacune e compimenti Lo Strafrecht, dunque, appare finalmente come quarta parte della prima „Abteilung“ del Systematisches Handbuch. L’immagine della lacuna scientifica e del riempimento-completamento attraverso l’apprestamento del trattato penalistico è chiara nella prospettazione di Mommsen. Il riferimento è allo stesso tempo al proprio lavoro e allo stato degli studi. Riemerge con chiarezza nel „Vorwort“30, una pagina assolutamente centrale per l’intendimento dell’opera. „Lücke“ ne è la prima parola chiave: riempire quei vuoti scientifici (unanimemente rilevati dalla triade dei destinatari: „Rechtsgelehrte wie Historiker und Philologen“) e contemporaneamente completare l’esame del versante pubblicistico del diritto romano, impostato nello Staatsrecht, esprime la vera finalità del lavoro. Nel rilevare lacune vi è un accento critico alla letteratura che si era occupata del diritto penale romano31. Non è un caso che ancora oggi la condizione scientifica di questa parte del diritto romano appaia per quei tempi „desolata“, come è stato di recente notato32. A partire dalla monografia del criminalista Julius Friedrich Heinrich Abegg (fortemente influenzato dalla Scuola storica), De antiquissimo Romanorum iure criminali commentatio (Königsberg 1823), si era sviluppato in Germania un certo interesse per il diritto penale dei Romani33, del resto la materia era stata oggetto della dissertazione dottorale dello stesso Savigny34. I risultati delle ricerche sul tema svolte nei primi decenni dell’Ottocento si trovano sintetizzati e rielaborati dal filologo Wilhelm Rein, in un ampio volume35 utile per la vasta documentazione, ma che appare chiaramente debole sotto il profilo della ricostruzione giuridica. Natura e limiti dell’opera emergono già dal sottotitolo: „ein Hülfsbuch zur Erklärung der Classiker und der Rechtsquellen für Philologen und Juristen“. Nello stesso anno in cui questo libro viene pubblicato, il 1844, compare nella Neue Jenaische Allgemeine Literaturzeitung36 una recensione di Mommsen per lui insolitamente estesa 29 La citazione è da J. Malitz, Stellenregister, cit. v, che la traeva da una „Abschrift“ di Wickert. 30 Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. vii s. 31 Per un breve ma limpido cenno si v. C. Venturini, Processo penale e società politica nella Roma repubblicana, Pisa 1996, 13 nt. 1; cfr. F. P. Casavola, Mommsen nella romanistica italiana, in: Diritto@storia 5 (2006) su ntt. 29 ss. 32 U. Ebert, „Strafrecht ohne Strafprozess ist ein Messergriff ohne Klinge“ cit. 53. 33 Un elenco di nomi e titoli (senza particolari approfondimenti) si trova in E. Costa, Crimini e pene da Romolo a Giustiniano, Bologna 1921, 10 ss. 34 De concursu delictorum formali, Diss. Marburg 1800. 35 Das Criminalrecht der Römer von Romulus bis auf Justinianus, Leipzig 1844. 36 Vol. III (1844) 245 – 252, 257 – 265.
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(mi sembra quantitativamente la più lunga, almeno di quelle ripubblicate nelle Gesammelte Schriften37), che il giovane studioso dedica all’altro trattato che in quell’epoca aveva provato a disegnare una storia giuscriminalistica, questa volta dalla prospettiva del processo, una „Geschichte des römischen Criminalprozesses“ come avrà a scrivere proprio il recensore. Autore, questa volta, un penalista, Karl Gustav Geib, il quale – dopo una carriera pratica che lo aveva condotto fino in Grecia quando Ottone Wittelsbach era stato chiamato alla guida di quel Paese a seguito dell’ indipendenza – era giunto a Zurigo prima come straordinario (dal 1836) e poi come ordinario di discipline criminalistiche e processualistiche. La trattazione di Geib, condizionata dalla communis opinio e dunque luogo di stratificazione di errori, aveva per il nostro un difetto che mostra la sua gravità proprio dalla successiva impostazione del trattato mommseniano. Essendo infatti limitata al processo (e dunque tralasciando il diritto penale sostanziale) risultava incapace di restituire quella strettissima interdipendenza tra aspetti materiali e procedurali che per il grande studioso caratterizzava l’esperienza criminalistica. Secondo la storiografia, la recensione al libro di Geib è tanto più importante, perché disegna il momento iniziale di una continuità di pensiero che durerà in Mommsen fino allo Strafrecht38. La successiva opera di Zumpt, segmentata in un grosso lavoro sul diritto criminale in due volumi e in un ulteriore tomo sul processo39, costituita sostanzialmente da un centone di fonti e limitata all’età repubblicana, soffriva dello stesso difetto (costituendo prevalentemente, anche con il Criminalrecht, una riduzione del diritto a una storia cronologica delle procedure). Mommsen in generale non doveva stimare molto questo predecessore, un filologo ancora una volta, come emerge (in un contesto non giuspenalistico) da una lettera di recente pubblicata40. Il motto „Strafrecht ohne Strafprozess ist ein Messergriff ohne Klinge und Strafprozess ohne Strafrecht eine Klinge ohne Messergriff“ risulta insomma la chiave di lettura principale dell’interpretazione mommseniana che sta proprio nel „Vorwort“ in questione (p. vii), ove lo studioso fa emergere a più riprese la necessità di „Strafrecht und Strafprozess zusammenzufassen“41. Il manuale ferriniano42, praticamente coevo, come il lavoro – Gesammelte Schriften III. Juristische Schriften III, Berlin 1907, 469 – 494. Si v. L. Wenger, rec. a Th. Mommsen, Gesammelte Schriften III cit., in: GGA. (1910) 46; W. Kunkel, Untersuchungen zur Entwicklung des römischen Strafverfahrens in vorsullanischer Zeit, München 1962, 9 e nt. 1; E. Höbenreich, Leopold Wenger cit. 381 e nt. 15. 39 Das Criminalrecht der römischen Republik I–II, Berlin 1865 – 1869; Das Criminalprozess der römischen Republik, Leipzig 1871. Forse è interessante ricordare l’intuizione, simile a quella di Mommsen, spiegata nella „Vorrede“ al primo volume (p. ix), di un lavoro che si svolge su un campo comune a giuristi e filologi („Meine Arbeit betrifft ein Juristen und Philologen gemeinsames Feld ….“). 40 Mommsen a de Rossi (10.5.1860), in M. Buonocore, Theodor Mommsen e gli studi sul mondo antico dalle sue lettere conservate nella Biblioteca Apostolica Vaticana, Napoli 2003, spec. 114. Tra l’altro gli studi epigrafici di Zumpt, raccolti nelle Commentationes epigraphicae ad antiquitates Romanas pertinentes I–II (1850 – 1854), lo avevano condotto ad uno scontro in campo aperto con il progetto mommseniano del Corpus Inscriptionum Latinarum. 41 P. vii; cfr. p. viii: „Zusammenfassung von Strafrecht und Strafprozess“. 37 38
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pionieristico in Italia, ma alquanto debole – di Carnazza Rametta43 e il precoce saggio di Di Marzo44, anch’esso dedicato però al solo aspetto processuale, stanno probabilmente, in questa fase, del tutto al di fuori della prospettiva del deutscher Professor (in un contesto di scrittura molto rapida e come si vedrà poco incline all’esame della letteratura moderna). Del resto Mommsen aveva avvertito della difficoltà a seguire la bibliografia, giustificandosi proprio con la fretta di dover portare a compimento l’opera45. L’altro asse di completamento sta nel rapporto dello Strafrecht con lo Staatsrecht (e più in generale con l’attività di Mommsen come studioso del diritto romano). Il punto, nella percezione dell’autore, è chiaro ed esplicito fin dalla citata lettera a Wilamowitz. Nel „Vorwort“ riemerge con nettezza. La trattazione dello Staatsrecht risulta come necessaria, indispensabile premessa di metodo rispetto a quella dello Strafrecht. Di conseguenza il libro più recente è considerato come „ergänzende Fortsetzung“ del trattato pubblicistico giunto alla terza edizione dei primi due volumi e al completamento con l’uscita del terzo, nel 1887 / 8846. La prospettiva di lettura del diritto penale è certamente giuridica, fa parte della „römische Rechtswissenschaft“, ma ancor più del diritto pubblico si innesta nella „historisch-antiquarische Forschung“. Dunque ibridazione di metodi e di potenziali lettori, che – come si è visto – sono i giuristi in primo luogo (vista anche la destinazione editoriale dell’opera), ma anche gli storici e i filologi.
V. La traduzione francese Il libro che ci sta interessando avrà molte ristampe, un significativo „Nachleben“, fino ad anni assai recenti. Ne esiste ora, peraltro, un’utilissima versione digitale, che permette ogni tipo di ricerca (anche in combinazione con lo Staatsrecht e con la Römische Geschichte)47. Un posto preminente, però, nella storia della diffusione
42 C. Ferrini, Diritto penale romano. Teorie generali, Milano 1899. La prefazione è datata 30 giugno 1898. Si noti come il sintetico lavoro di Ferrini (358 pagine in formato piccolo) usciva in una collana divulgativa di grandissima diffusione (i „Manuali Hoepli“) e non in una sede accademica. 43 Studio del diritto penale dei Romani, Messina 1893, rist. an. Roma 1972. 44 S. Di Marzo, Storia della procedura criminale romana. La giurisdizione dalle origini alle XII Tavole, Palermo 1898, rist. an. Napoli 1986; sull’opera si v. i positivi giudizi di R. Orestano, Salvatore Di Marzo, in: SDHI. 20 (1954) 521 ss. [= con integrazioni in Diritto. Incontri e scontri, Bologna 1981, 667 ss.]; Id., Nota di lettura alla rist. cit. vii ss. 45 Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. viii. 46 L’idea del completamento torna spesso nella successiva letteratura, si v. ad esempio V. Scialoja, Teodoro Mommsen, in: ‚Rendiconti Acc. Lincei‘, cl. Sc. Mor. Stor. e Filol., s. v, 12 (1903) 456 [= Studi giuridici II (Roma 1934) 223]; E. Höbenreich, Leopold Wenger cit. 382 s.; O. Diliberto, La biblioteca stregata. Tracce dei libri di Theodor Mommsen in Italia, Roma 1999, 25; D. Liebs, Mommsens Umgang cit. 199 e nt. 3.
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della ricostruzione mommseniana, merita la traduzione francese, uscita nel 1907, che consentì a molti (nelle culture di lingua inglese48, ma anche in Italia) un avvicinamento più approfondito all’opera di quanto non consentisse l’originale tedesco, spesso ostico. La curò Joseph Duquesne (1874 – 1971)49 allora professore alla Faculté de droit di Grenoble, in tre volumi. La versione fu autorizzata dalla famiglia dell’autore (e dunque fu intrapresa dopo la morte di Mommsen). Anche in tal caso fa seguito alla versione francese del maggiore trattato di diritto pubblico, che era appena uscita grazie a Paul-Frédéric Girard. Ad essa Duquesne si rifà anche per i criteri editoriali. Profondo conoscitore del tedesco (e della cultura giuridica germanica), il traduttore nell’„Avertissement“ che apre il I volume restituisce osservazioni interessanti su lingua e stile di Mommsen, le quali anticipano le più profonde notazioni che (soprattutto sullo Staatsrecht) saranno poi svolte da Gianfranco Tibiletti50, in particolare sulle difficoltà di interpretazione di alcuni passaggi. Duquesne riprende alcuni momenti cruciali del „Vorwort“, in particolare la comunicazione di giurisprudenza, storia e filologia (p. ix) e la „complementarità“ rispetto allo Staatsrecht (p. xi). Il curatore dell’edizione francese aggiunge l’importanza dell’opera, che vale a colmare una „véritable lacune“ (p. ix), e l’osservazione che l’operosità del Mommsen degli ultimi anni si era congiuntamente concentrata sull’edizione del Codex Theodosianus. Val la pena di riportare un brano della prefazione francese: „Cette traduction paraît comme appendice au Manuel des Antiquités Romaines de Mommsen et de Marquardt, bien que le Römische Strafrecht de Mommsen n’appartienne pas à l’œuvre allemande correspondante. Le manuel français s’est déjà élargi pour recevoir l’Histoire des Sources du Droit Romain de P. Krüger; des bon juges ont estimé opportun d’étendre à nouveau le cadre de l’œuvre française pour y faire rentrer cette traduction. En agissant ainsi, nous n’avons fait que suivre la pensée de Mommsen qui dans sa préface présente son Droit pénal Romain comme le complément de son Droit public Romain“. Il rapporto stretto tra i due trattati mommseniani emerge compiutamente proprio nell’edizione francese. Si verifica, infatti, uno spostamento, per così dire, da Handbuch in Handbuch (o da Handbuch a Manuel). Come si è visto, l’originale dello Strafrecht era destinato a una trattazione prettamente orientata entro l’epistemologia, la cultura, l’attività pratica dei giuristi, che usciva come potente rappresentazione della scienza giuridica tedesca. Nella versione francese appare invece, forse più propriamente, come „appendice“ (p. x dell’Advertissment) 47 Un esercizio per provarne i giovamenti che possono scaturire dall’uso della versione su CD / Rom si trova nel mio I „Grundrechte“ nell’opera storico-giuridica di Theodor Mommsen, cit. 371 ss. 48 Come ebbe a notare l’anonimo segnalatore della Classical Review 23 / 3 (1909) 91 s., riferendosi ai lettori inglesi e americani. 49 J. Duquesne, Un breve profilo biografico si trova nella voce, redazionale, a lui dedicata in: NNDI. VI, Torino 1960, rist. 1968, 328. 50 G. Tibiletti, Sull’opera di Pietro Bonfante, in: RIL. 103 (1969) spec. 308 ss.
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del Droit public romain, nella serie che traduce lo Handbuch di Mommsen e Marquardt, quello antichistico, svelando ancora più apertamente il rapporto di „complementarità“ tra Staatsrecht e Strafrecht, significativamente indicata dallo stesso Mommsen, e in una certa misura anche l’ancillarità del secondo rispetto al primo.
VI. Sistema e verità Questo rapporto dichiarato tra le due opere giuridiche maggiori di Mommsen serve anche a rileggere da una prospettiva diversa lo Strafrecht, quella di un sistema complesso del diritto romano pubblico51. L’integrazione nell’ordine dello Staatsrecht mi pare mostrarsi attraverso la centralità che nel Diritto penale assume il secondo libro, dedicato agli „Strafbehörden“, ai „funzionari“ incaricati della pena. Nella trattazione questa parte segue quella, generalissima e introduttiva, sulla natura e i confini del diritto penale, e precede il libro sul processo, che a sua volta preannunzia quelli che affrontano i singoli delitti e le pene. Questa „Gliederung“ è del tutto singolare se paragonata da una parte a quelle delle coeve opere penalistiche del diritto positivo (basti il rinvio proprio allo Handbuch des Strafrechts di Binding52), dall’altra ai tentativi romanistici di quella stagione, i quali o seguivano un andamento cronologico, ovvero replicavano strutture organizzative (e narrative) simili a quelle diffuse nella descrizione del diritto vigente53. La costruzione nuova e peculiare proposta da Mommsen aggancia la più debole dogmatica dello Strafrecht alla potente centralità che nello Staatsrecht aveva la magistratura, qui intesa specificamente come potere punitivo. Basti una sola citazione per comprenderne la centralità assorbente: „Ob der Magistrat nach freiem Ermessen spricht und ob alsdann dieser Spruch definitiv ist oder von der Bürgerschaft aufgehoben werden kann oder ob der Magistrat eine durch den Geschwornenspruch gemäß seinem Spruch thut, im Rechtssinn ist jedes Urtheil ein magistratischer Spruch“54.
E così il sistema forte, strutturato, del diritto pubblico regge il diritto penale: è la „Gesamtbau“ criticamente rilevata da Franz Wieacker55. È notissima l’affermazione giovanile di Mommsen sulla utilità euristica del sistema56. Nel 1845, facendo pro51 Anche se bisogna ricordare che nello Strafrecht Mommsen assorbe nella generale visione penalistica anche l’illecito privatistico (pur mantenendolo concettualmente distinto), tradizionalmente affrontato nelle trattazioni del diritto romano privato. 52 Cfr. l’„Inhaltsverzeichnis“ a p. xi ss. 53 Esempi dei due tipi, tra le opere citate, possono essere da una parte il Criminalrecht di Zumpt, dall’altra il Diritto penale di Ferrini. 54 Römisches Strafrecht cit. 135, v. anche 63; cfr. E. Höbenreich, Leopold Wenger cit. 383 nt. 22. 55 F. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit2, Göttingen 1967, 419. 56 Con riguardo allo Staatsrecht si v. in tempi recenti M. Bretone, Storia del diritto romano15, Roma-Bari 2006, 443.
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prie le parole di August Theodor Wöniger57, in sede di recensione del suo Das Sacralsystem und das Provocationsverfahren der Römer58, scriveva: „Das System ist seine eigene Wahrheit“59. Dopo l’esperienza della Römische Geschichte lo studioso non tornerà più a schemi evolutivi: cercherà soprattutto, attraverso edificazioni sistematiche, la coerenza in una storiografia che si costruisce come descrittiva non cronologica, quella che Arnaldo Momigliano, proprio confrontandosi con Mommsen, ha definito „synchronic history“60. Nello Strafrecht l’esperienza di ricerca storico-antiquaria, quanto mai necessaria per l’elaborazione di un „diritto penale romano“ (bisogna rinviare una volta di più al „Vorwort“, p. vii), viene dunque saldata ad una visione prettamente giuridica dei problemi61. Ne deriva la nota figura della „Zwischenstellung des Strafrechts zwischen Jurisprudenz und Geschichte“62. Forse proprio questo era stato il problema principale di Brunnenmeister: l’annegamento nel vasto mare delle fonti, delle testimonianze (specie quelle non giuridiche, meno controllabili, per loro natura sganciate dal sistema del diritto) senza la capacità (o la forza) di trovare un ordine. Mommsen sacrifica molto nello Strafrecht63: la letteratura moderna (come si è avuto modo di accennare)64 dall’autore stesso considerata una „lacuna“, le linee della dogmatica propriamente penalistica65, l’età del tardoan57 L’affermazione di Mommsen era stata unanimemente attribuita direttamente a lui (e non come citazione di Wöniger) fino alla chiarezza portata sul punto da O. Behrends, Mommsens Glaube. Zur Genealogie von Recht und Staat in der Historischen Rechtsschule, Nachr. der Ak. der Wiss. zu Göttingen I. Phil.-Hist. Kl., Göttingen 2005, 366 ss. (ove anche utili indicazioni sul personaggio). 58 Leipzig 1843, ora in Gesammelte Schriften III, cit. 537 ss. 59 Gesammelte Schriften III cit. 546. Bibliografia sulla citazione: A. Heuss, Theodor Mommsen und das 19. Jahrhundert, Stuttgart 1996, 48, A. Giovannini, De Niebuhr à Mommsen: remarques sur la genèse du ‚Droit public‘, in: Cah. Glotz 3 (1992) 167 ss.; S. Rebenich, Theodor Mommsen. Eine Biographie, München 2002, 110; W. Nippel, Mommsen als Architekt des „Römischen Staatsrecht“, in: Theodor Mommsen. Wissenschaft und Politik im 19. Jahrhundert, Hrg. A. Demandt et. Al., Berlin 2005, spec. 252; Id., Der ‚Antiquarische Bauplatz‘. Theodor Mommsens Römisches Staatsrecht, in: Theodor Mommsen, Gelehrter, Politiker und Literat cit. 177. 60 Nell’opera del grande storico italiano l’idea ricorre più volte, sparsa in diversi lavori, ora facilmente rintracciabili nei Contributi; si v.: Contributo alla storia degli studi classici, Roma 1955, 251, 398; Secondo contributo alla storia degli studi classici, Roma 1960, 284 ss.; Sesto contributo alla storia degli studi classici, Roma 1980, 27. Cfr. O. Behrends, Mommsens Glaube, 326 ss., sulla „Systembau“ dello Staatsrecht. Critici sulla sistematica mommseniana soprattutto W. Kunkel, Theodor Mommsen als Jurist, in: Chiron 14 (1984) 369 ss. spec. 373; A. Giovannini, Consulare imperium (Basel 1983). 61 Cfr. W. Kunkel, Theodor Mommsen als Jurist: cit. 369 ss. 62 Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. vii. 63 G. Crifò, Ancora sullo Strafrecht mommseniano cit. 535 s. e nt. 4 [= in: Materiali di storiografia romanistica, cit. 176 e nt. 4]. 64 Si v. la giustificazione proposta in Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. viii. 65 La debolezza era già stata notata da C. Ferrini, in sede di recensione, in AG. 5 (1900) 378 s. Su questo punto, con un significativo esempio in tema di omicidio, si v. G. G. Archi, Gli studi di diritto penale romano da Ferrini a noi. Considerazioni e spunti di vista critici, in:
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tico (se non per cenni)66. Probabilmente era il solo metodo, in quelle condizioni, per chiudere il lavoro (tra l’altro in tempi brevissimi). Il risultato, seppur mirabile, appare allo stesso Mommsen imperfetto. Ma l’opera è frutto dell’uomo, anche della strettezza del suo tempo umano: „Alles hat seine Zeit und auch der Mensch“67. La discussione che lo Strafrecht (con tutto il percorso scientifico mommseniano) ancora suscita dimostra che quello „Schriftsteller“68, che metteva insieme energia passionale e mente sintetica69, il suo lo aveva ben impiegato.
RIDA. 3 (1950) 56 ss. [= Scritti di diritto romano III. Studi di diritto penale. Studi di diritto postclassico e giustinianeo, Milano 1981, 1429 s.] (ove richiami alla migliore, ma pure non del tutto accettabile costruzione di C. Ferrini, Esposizione storica e dottrinale del diritto penale romano, in: E. Pessina, Enciclopedia del diritto penale italiano I, Milano 1905, 38 ss.). 66 Cfr. D. Liebs, Mommsens Umgang cit. 205 s. 67 Th. Mommsen, Römisches Strafrecht, Vorwort cit. viii; interessante la valutazione di D. Liebs, Mommsens Umgang cit. 200: „Das ist eine geschickte captatio benevolentiae des Altern, stimmt aber nicht“. 68 Come lo stesso Mommsen si autodefinisce nel Vorwort cit. viii. 69 Secondo il noto giudizio di B. Croce, Teoria e storia della storiografia5, Bari 1943, 256.
Die Überwindung des Ersitzungsverbotes von Dienstbarkeiten der lex Scribonia durch Ulpian Von J. Michael Rainer I. Einleitung Die Problematik des Verbotes der Ersitzung der Dienstbarkeiten und seine Überwindung hat mich seit vielen Jahren beschäftigt1. Anlass zu einer erneuten Auseinandersetzung gab mir ein jüngst erschienenes, äußerst wertvolles Buch von Fabiana Tucillo2. Es ist in der Tat erstaunlich, welche Menge an spezifischen Studien die nur en passant von Paulus in D. 41,3,4,28 erwähnte lex Scribonia hervorgerufen hat, beginnend mit Revardus3. Die Datierung des Gesetzes reicht vom Jahr 2164 bis ins 1. Jhdt. n. Chr5. Als Gründe werden entweder eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Eigentums6 vor allem während der Bürgerkriege der ausgehenden Republik oder juristisch dogmatische Anpassungen hervorgehoben. Letztere wären auf den Umstand zurückzuführen, dass die Dienstbarkeiten als res incorporales, nicht dem Besitz unterliegen hätten können und somit auch nicht ersitzbar gewesen wären7. Diese Auffassung wurde jedenfalls von den großen spätklassischen Juristen der Kaiserzeit Paulus und Ulpian vertreten. D. 8,1,14 pr (Paul 15 ad Sab.): Servitutes praediorum rusticorum etiamsi corporibus accedunt, incorporales tamen sunt et ideo usu non capiuntur. vel ideo, quia tales sunt servitutes, ut non habeant certam continuamque possessionem: nemo enim tam perpetuo, tam conti-
1 J. M. Rainer, Bau-und nachbarrechtliche Bestimmungen im klassischen Römischen Recht, Graz 1987, bes. 264 ff.; J. M. Rainer, Nochmals zu den Gründen und der Datierung der Lex Scribonia, in: SZ 104 (1987), 630 – 638. 2 F. Tucillo, Studi su costituzione ed estinzione delle servitù nel diritto Romano, Napoli 2009. 3 J. Revardus, ad legem Scriboniam. 4 C. Tumulescu, La loi Scribonia „de usucapione servitutium“, in: RIDA 17(1970) 329 – 343. 5 Zuletzt F. Tucillo (Fn. 2), cit. 90 ff. 6 L. Capogrossi-Colognesi, La struttura della proprietà e la formazione dei „iura praediorum“ nell’età repubblicana, Milano 1976, 450 f.; A. Watson, The Law of Property in the Later Roman Republic, Oxford 1968, 22 ff.; Mayer-Maly, Studien zur Frühgeschichte der usucapio, in: SZ 78 (1961) 221 –276. 7 S. Solazzi, Requisiti e modi di costituzione delle servitù prediali, Napoli 1947, 5.
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nenter ire potest, ut nullo momento possessio eius interpellari videatur. idem et in servitutibus praediorum urbanorum observatur. D. 41,3,10,1 (Ulp. 16 ad ed.): Hoc iure utimur, ut servitutes per se nusquam longo tempore capi possint, cum aedificiis possint.
II. Die Überwindung des Ersitzungsverbotes Wie rigide war das Verbot der Ersitzung? Offenbar erstaunlich konsequent verfolgten die Juristen bis zum Ende der Klassik seine Einhaltung. Dennoch lassen sich Sachverhalte ausmachen, bei welchen der Zeitablauf eine konstitutive Rolle bei einem wie immer gearteten Rechtserwerb spielte.
1. Die actio aquae pluviae arcendae D. 39,3,1,23 (ulp. 53 ad ed.): Denique ait condicionibus agrorum quasdam leges esse dictas, ut quibus agris magna sint flumina, liceat mihi, scilicet in tuo, aggeres vel fossas habere: si tamen lex non sit agro dicta, agri naturam esse servandam et semper inferiorem superiori servire. … si tamen lex agri non inveniatur, vetustatem vicem legis tenere.
Diese Stelle ist vielfach verdächtigt und als manipuliert abgelehnt worden. Sie besteht aus einem engeren Teil, der unmittelbar auf die Probleme des Regenwassers Bezug nimmt und einem weiteren allgemeinen Teil, der sich mit den Servituten selbst beschäftigt. Bezüglich des Regimes der actio pluviae arcendae referiert Ulpian die Meinung des bedeutenden augusteischen Juristen Labeo. Dieser hatte einmal grundsätzlich angenommen, dass auch ohne lex dicta die Natur der Grundstücke zu beachten sei und dass – und hier bediente sich Labeo einer juristisch-technischen Ausdrucksweise – stets das untere dem höheren zu dienen [servire] habe. Im Übrigen sei auch eine lex agri typischerweise geeignet, Servituten zu errichten. An dieser Stelle weist Labeo auf eine weitere Möglichkeit hin, die immer dann von Interesse sein konnte, wenn durch Menschenhand Veränderungen an den Grundstücken vorgenommen worden waren, somit bauliche Veränderungen, welcher Art auch immer, aufschienen, wozu auch einfache Gräben (fossae) zählen konnten. Um die Veränderung juristisch konkret zu gestalten, hätte es einer lex agri bedurft, die zu einem „servire“ geführt hätte. Wenn dies aber nicht erfolgt war, so hob Labeo hervor, dass dann anstelle der lex dicta die vetustas heranzuziehen sei. Daraus kann man folgern, dass durch Zeitablauf der Zustand auf einem Grundstück sich so juristisch verändern konnte, dass das Verhältnis der Grundstücke zueinander dauerhaft ein anderes werden konnte. Die gewählte Terminologie und der vorliegende Sachverhalt müssen zumindest ein servitutenähnliches Verhältnis der Grundstücke untereinander nahelegen, das servire entsteht somit aufgrund der vetustas. Im Übrigen hatten bereits Juristen aus der Generation vor Labeo, namentlich Alfenus Varus, versucht, die vetustas begrifflich zu erfassen.
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D. 39,3,2,1 (Paul 49 ad ed.): Apud Labeonem proponitur fossa vetus esse agrorum siccandorum causa nec memoriam exstare, quando facta est: hanc inferior vicinus non purgabat: sic fiebat ut ex restagnatione eius aqua fundo nostro noceret. dicit igitur Labeo aquae pluviae arcendae cum inferiori agi posse, ut aut ipse purgaret aut te pateretur in pristinum statum eam redigere. D. 39,3,2,5 (Paul 49 ad ed.): Item Varus ait:, aggerem, qui in fundo vicini erat, vis aquae deiecit, per quod effectum est, ut aqua pluvia mihi noceret. Varus ait si naturalis agger fuit, non posse me vicinum cogere aquae pluviae arcendae actione, ut eum reponat vel reponi sinat, idemque putat et si manu factus fuit neque memoria eius exstat. quod si exstet, putat aquae pluviae arcendae actione eum teneri… D. 39,3,2,7 (Paul 49 ad ed.): Idem Labeo ait, si in agro tuo aquarum concursus locum excavavit, aquae pluviae arcendae actione agi non posse tecum vicinis: plane si fossam iure factam aut cuius memoria non exstat, agi tecum posse aquae pluviae arcendaem, ut reficias.
In beiden Texten erfolgt der Hinweis auf Umstände „cuius memoria non extat“. Nach Labeo, der sich offenbar ganz besonders um eine begrifflich-terminologische Klärung bemühte, bedeutete dies nicht ein konkretes Jahr oder Datum, sondern vielmehr eine Bestimmung derart, dass niemand sich mehr selbst an einen vorherigen Zustand erinnern hatte können, weder aus eigener Wahrnehmung noch vom Hörensagen Lebender oder bereits Verstorbener. Somit: sollte jemand angetroffen werden, der glaubhaft dartun hätte können, vom Großvater Gegenteiliges vernommen zu haben, wäre die memoria noch vorhanden: D. 39,3,2,8 (Paul 49 ad ed.): Idem Labeo ait, cum quaeritur, an memoria exstet facto opere, non diem et consulem ad liquidum experiendum, sed sufficere, si quis sciat factum esse, hoc est, si factum esse non ambigatur nec utique necesse esse superesse qui meminerint, verum etiam si qui audierint eos, qui memoria tenuerint Es handelt sich um eine aus objektiven und subjektiven Elementen zusammengesetzte Frist, die jedenfalls von einer erheblichen Länge sein musste, wiewohl der im Deutschen dafür verwendete Begriff der „Unvordenklichkeit“ doch als zu streng zu bezeichnen ist. In D. 39,3,2,3 überliefert Paulus eine Rechtsmeinung des früheren Klassikers Cassius: Cassius autem scribit, si qua aquae mittendae causa publica auctoritate facta sint, in aquae pluviae arcendae actionem non venire: in eademque causa esse ea, quorum memoriam vetustas excedit. … Damit wurde eindeutig die vetustas mit dem Begriff des cuius memoria non exstat in Verbindung gebracht. Die Bedeutung der auf diese Weise näher bestimmten vetustas für die Entstehung von Rechten wird sehr deutlich in D. 39,3,2 pr: In summa tria sunt, per quae inferior locus superiori servit: lex, natura loci, vetustas, quae semper pro lege habetur minuendarum litium causa. Die Aussage, dass die vetustas stets die gleiche Rolle spielt wie die lex muss als besonders eindeutig bewertet werden. Damit muss außer Zweifel gestellt werden, dass die vetustas eine veritable Voraussetzung für die Begründung eines rechtlichen Zustands und warum nicht eines Rechts ist, dessen Inhalt mit servire umschrieben wird. Damit ist die vetustas keine Rechtsvermutung, sondern materielle Voraussetzung, die notfalls im Prozess von demjenigen, der sie behauptet, auch bewiesen
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werden muss. Der Jurist führte als ratio legis die Tatsache der Minimierung von Rechtsstreitigkeiten an: Dieter Nörr8 spricht in diesem Zusammenhang von der normativen Kraft des Faktischen. Unabhängig von einer strengen Terminologie steht fest, dass den klassischen römischen Juristen eine Entstehung von Rechten bewusst war, bei welchen der Zeitablauf eine entscheidende Rolle spielte und deren Inhalt auch wegen der Nähe zu Wasserrechten, wie dem ius stillicedii, mit servire umschrieben wurde.
2. Die Wasserleitungen (aquaeductus) Nach Pomponius D. 43,20,3,4 kommt auch bei der Entstehung von Wasserleitungen dem Zeitablauf eine wichtige Rolle zu: Ductus aquae cuius origo memoriam excessit, iure constiti loco habetur. Die Erinnerung darf auch bei der Entstehung von Wasserleitungen nicht mehr vorhanden sein, derart, dass sich niemand mehr daran zu erinnern vermag, seit wann eine bestimmte Wasserleitung besteht. Ganz eindeutig, geradezu parallel zu den Ausführungen zur actio aquae pluviae arcendae leiteten die Juristen zum inzwischen konkretisierten Begriff der vetustas über: D. 39,3,26 (Scaev. 4 resp.): Scaevola respondit solere eos, qui iuri dicundo praesunt, tueri ductus aquae, quibus auctoritatem vetustas daret, tametsi ius non probaretur. Die Erwähnung des Jurisdiktionsmagistrats ist aussagekräftig: Die Problematik ist durchaus dem klassischen Formularprozess zu Eigen gewesen und nicht etwa durch das Kognitionsverfahren „außerordentlich“ eingeführt worden. Im Gegensatz zu manchem Autor bin ich davon überzeugt, dass diese Stellen privater Wasserleitungen gewidmet sind, somit typische Servituten behandeln. D. Nörr9 hat zu Recht erkannt, dass der Begriff der vetustas genau in diesem Rahmen in das Recht der Dienstbarkeiten eingetreten ist. Die Nähe zu Ableitungsproblemen mag die Übertragung auf Zuleitungsprobleme nahegelegt haben: Damit stand nun eindeutig fest, dass das Recht einer Dienstbarkeit unter der Voraussetzung der vetustas entstand.
3. Die Verallgemeinerung Zu diesem Zwecke ist erneut zu D. 39,3,1,23 zurückzukehren: sane et in servitutibus hoc idem sequimur ut ubi servitus non invenitur imposita, qui diu usus est servitute neque vi neque precario neque clam habiusse longa consuetudine veluti iure impositam servitutem videatur … erit ista quasi servitus, in quam utilem actionem habemus vel interdictum.
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D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio, cit., 53. D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn. 8)., 54 f.
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Die Klassizität dieses Satzes ist vielfach und auf unterschiedliche Weise in Frage gestellt worden. Hugo Krüger10 vertrat zwar die Auffassung, dass die mit sane eingeleitete Analogie Ulpian zuzuschreiben sei, dass aber der Klassiker selbst zwischen longa consuetudo velut iure und den interdiktalen Voraussetzungen nec vi etc. unterschieden habe, im ersten Fall sei ein Servitut iure civili entstanden, im zweiten sei die Existenz einer prätorischen belegt. Interpoliert sei auch der letzte Satz eritque ista quasi servitus, in quam utilem actionem habemus vel interdictum, im Sinne, dass quasi servitus und actio utilis unklassisch seien. Ich behaupte dagegen die grundsätzliche Genuinität der Stelle11: Derjenige kann sich auf die Existenz einer Servitut berufen, der sie über lange Zeit (diu) ausgeübt hat. Rechtstechnisch wird diese Ausübung von Ulpian zur longa consuetudo gezählt, somit zu einer jener Voraussetzungen, die als Gewohnheit zur Erzeugung von Recht geeignet sind. Doch er fügt eine weitere sehr konkrete Voraussetzung hinzu, ohne sich auf den Besitz zu beziehen: Die Ausübung darf nicht mit jenen Mängeln und Fehlern behaftet sein, die im Falle eines Besitzes eine Besitzstörungsklage gerechtfertigt hätten. Unter diesen beiden Voraussetzungen entsteht ein Recht, wie wenn eine Servitut errichtet worden wäre. Auch der letzte Satz gibt genau in dogmatisch definitorisch klarer Weise die klassische Rechtslage wieder, ich neige dazu, Ulpian auch als Autor dieses Satzes vorzuschlagen, wiewohl eine geradezu klassische Schlussbemerkung des „Klassikers“ Tribonian nicht zur Gänze ausgeschlossen werden kann. Jedenfalls wird von einer Quasiservitut gesprochen, deren Verteidigung mit Hilfe analoger Klagen bewerkstelligt werden konnte. Auch der Interdiktenschutz bei Servituten ist ganz allgemein überliefert, er ist weder unklassisch, noch Dokument für die Existenz einer dogmatisch eigenständigen prätorischen Servitut, man denke nur an die Existenz des Interdiktes de itinere actuque. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der entsprechenden Stelle D. 43,19,5,312, die wiederum auf Ulpian (20 ad ed.) zurückgeht: Si quis servitutem iure impositam non habeat, habeat autem veluti longae possessionis praerogativam ex eo, quod diu usus est servitute, interdicto hoc uti potest. Der Text ist zwar untechnischer, was wohl mit dem Kontext zusammenhängen mag, doch die Rechtslage ist umso eindeutiger, diejenigen die sich zwar nicht auf eine rechtens errichtete Servitut stützen können, und zwar als Voraussetzung der Anwendung des Interdiktes, genießen eine besonders bevorzugte Behandlung derart, dass der lange Zeitablauf der Ausübung der als „quasi possessio“ bezeichnet wird, zur Entstehung derselben führen muss. Die Wortwahl praerogativa deutet auf eine als außergewöhnlich bezeichnete Situation hin, gerade als wollte Ulpian hervorheben, dass dadurch ein nach wie vor geltendes Gesetz umgangen wird. Die Wortwahl weist weiters daraufhin, dass während in früheren Zeiten nur besondere Situationen etwa im Bereiche von Abflüssen und Zuleitungen von Wasser Berücksichtigung fanden, nunmehr zu Ulpians Zeit eine Verallgemeinerung stattgefunden hat, die 10 11
H. Krüger, Die Prätorische Servitut, Münster 1911, 65 f. Vgl. in diesem Sinne D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn. 8),
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H. Krüger, Prätorische Servitut, 70 f.
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möglicherweise durch Kaiserkonstitutionen verwirklicht worden war. Insofern wäre das Wort praerogativa besonders passend. Somit stützt auch diese Stelle die Meinung, dass zwar in beschränkten Sachverhalten die Prätoren Abhilfe geschaffen haben könnten, dass es aber nie zu einer allgemeinen Kategorie „prätorische Servitut“ im Sinne einer frühen und systematischen Überwindung der lex Scribonia gekommen sein kann. Die Verallgemeinerungen deuten mit großer Konstanz auf die Zeiten Ulpians hin, als es längst keine prätorische Rechtserzeugung mehr gab.13 Die Bestätigung dafür, dass sich kaiserliche Höchstgerichtsbarkeit mit der Entstehung der Servituten durch Zeitablauf beschäftigte, findet sich in CJ 3,34,1; Imp. Antoninus A. Calpurniae: Si quas actiones adversus eum, qui aedificium contra veterem formam extruxit, ut luminibus tuis officeret, competere tibi existimas, more solito exercere non prohiberis. is, qui iudex erit, longi temporis consuetudinem vicem servitutis obtinere sciet, modo si is qui pulsatur nec vi nec clam nec precario possidet. Dieses unter Caracalla im Jahre 211 ergangene Reskript blieb auch nicht vor interpolationistischer Kritik verschont. Justinian habe so H. Krüger14 die longi temporis praescriptio und die consuetudo verschmolzen und ein Mischprodukt erfunden. Der Schlusssatz ab „modo si“ sei überhaupt justinianisch. Bei Justinian habe es drei Klagen gegeben confessoria directa, confessoria utilis, actio ex interdicto. Rabel15 hatte zwar den ersten Teil der Stelle für genuin gehalten, bezeichnete aber den zweiten als „geistloses Anhängsel“, im Wesentlichen wegen der vertauschten Rollen von Kläger und Beklagten. Alle Versuche das Reskript verändern zu wollen, erachte ich für gescheitert, es sei denn, man denke an Verkürzungen. Die vetustas, diesmal als vetus forma, wird zur Voraussetzung der Entstehung der Dienstbarkeit. Gegen denjenigen, der gegen die vetus forma Gebäude errichtet oder einfach bauliche Maßnahmen setzt, die dazu führen, dass der Lichteinfall der Nachbarn geschmälert wird, kann vorgegangen werden, und zwar in einer bereits üblichen Weise. Der Text geht somit davon aus, dass durch die vetus forma eine Dienstbarkeit entstanden war, und zwar eine servitus altius non tollendi. Der Hinweis more solito besagt, dass offenbar in den Cognitionsverfahren sich bereits eine entsprechende Praxis breitgemacht hatte. Ein kaiserliches Reskript diente dazu, letzte Zweifel zu beseitigen. Von besonderer Bedeutung ist wiederum der Hinweis, dass die vetus forma zu einer longi temporis consuetudo führt, die in der langen Zeit wahrnehmbare Gewohnheit, die sich zur Rechtserzeugung eignet. Der Text ist juristisch – technisch – nicht nur korrekt, sondern exemplarisch. Der Richter wird angehalten, das aufgrund der vetustas im Sinne der Gewohnheit ent-
13 Zur prätorischen Servitut vgl. außer Hugo Krüger: S. Perozzi, I modi pretorii d’acquisto delle servitù, in: Rivista italiana per le scienze giuridiche, 23 (1897) 3 – 50 u. 167 – 187; Girard, Manuel de Droit Romain, 376; J. Partsch, Longi temporis praescriptio, 96 –100; E. Albertario, La protezione pretoria della serviù romane, in: Il Filangieri 1912; E. Rabel, Zu den sogenannten praetorischen Servituten, in: Mél. Girard, 1912, 387– 413. 14 H. Krüger, Die prätorische Servitut (Fn. 10), 66 ff. 15 E. Rabel, Zu den sogenannten prätorischen Servituten, in: Mél. Girard, 410 f. und Fn. (3) 410; J. M. Rainer, Bau-und nachbarrechtliche Bestimmungen (Fn. 1), 264 ff.
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standene Recht als solches zu begreifen. Völlig konsequent wird dem iudex die zweite uns bereits geläufige Voraussetzung mitgeteilt, die fehlerfreie Ausübung der Dienstbarkeit, also weder gewaltsam, noch heimlich, noch als precarium. Zwischen sciet und modo mag ein Textteil ausgefallen sein. Wie aber kann man das is qui pulsatur verstehen? Es handelt sich zweifelsfrei um die Position des Beklagten und die Frage stellt sich, warum denn plötzlich der Beklagte die weitere Voraussetzung der Servitut, die Fehlerfreiheit, dartun muss. Wie kann ein potentieller Kläger, der eigentlich selbst mit einer analogen Servitutenklage vorgehen könnte, plötzlich zum Beklagten mutieren? Höchstwahrscheinlich indem er, sobald der Nachbar seines Erachtens gegen die Servitut verstoßen hatte, dagegen eine operis novi nuntiatio vorgebracht und somit sofort die baulichen Tätigkeiten unterbunden hatte. Diese Nuntiation war ein bewährter und überaus wirkungsvoller Rechtsbehelf zum Schutze der Dienstbarkeiten. Um keine Zeit zu verlieren und den unmittelbaren Baustopp möglichst rasch zu beenden, wird der Bauwillige selbst unmittelbar auf die Eigentumsfreiheitsklage zurückgegriffen haben, die ao negatoria, wobei er die Nichtexistenz der Servitut behaupten musste und auch tatsächlich bewies, dass nie eine Servitut weder einvernehmlich unter Lebenden noch mortis causa errichtet worden war. Nun lag es am Beklagten, die Existenz einer servitus altius non tollendi doch noch zu beweisen, und zwar auf der Grundlage einer vetus forma und einer fehlerfreien Ausübung derselben. Auch in diesem Fall ist das nec vi nec clam nec precario kein Hinweis auf eine Interdikt, es ist vielmehr eine der zu beweisenden Voraussetzungen der Servitut. Kein konkreter Zeitpunkt der Entstehung einer Servitut war dabei ausschlaggebend, sondern die vetus forma im Sinne einer Unvordenklichkeit sowie derselben seit eh und je fehlerfrei erfolgte Ausübung. Wurden diese vom Richter bejaht, so existierte schlicht und einfach ein einer Servitut entsprechendes Rechtsverhältnis zwischen den Grundstücken und der Bauherr durfte nicht den Lichteinfall des Nachbarn schmälern. T. Honoré16 hat zu Recht hervorgehoben, dass das Reskript entstand als Ulpian selbst das Amt a libellis leitete, dass er somit wohl maßgeblichen Anteil an der Formulierung hatte. Auch D. Nörr hat sich dieser Auffassung angeschlossen17, der ich gerne beitrete. Ich bin davon überzeugt, dass Ulpian ein wesentlicher Anteil bei der Schaffung dieser neuen besonderen aber zugleich allgemeinen Art von Servituten zukommt, während grundsätzlich am Verbot der lex Scribonia festgehalten wurde. Auch Ulpian teilte weiterhin diese communis opinio, wie sich aus D. 41,3,10,1 ergibt: Hoc iure utimur, ut servitutes per se nusquam longo termpore capi possint, cum aedeficiis possint. Der Text ist in der Tat einer allgemeinen Interpolation zum Opfer gefallen: systematisch wurde „usu“ auch longo tempore ersetzt. Das heißt aber, dass noch Justinians Juristen an Ulpians vorsichtiger Neuerung festhielten und keineswegs möglicherweise im Sinne der longi temporis praescriptio eine allgemeine Ersitzung zuließen18. 16 17
T. Honoré, Ulpian, Oxford 1982, 22 ff. und SDHI 28 (1963) 196. D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn. 8), 56.
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Ulpians Expertise und Bedeutung für die Weiterentwicklung des Servitutenrechts ergibt sich auch aus D. 8,5,10pr (Ulp. 53 ad ed.)19: Si quis diuturno usu et longa quasi possessione ius aquae ducendae nactus sit, non est ei necesse docere de iure, quo aqua constituta est, veluti ex legato vel alio modo, sed utilem habet actionem, ut ostendat per annos forte tot usum se non vi non clam non precario possedisse. Im Vergleich mit dem Reskript wirkt dieser Text reifer, entwickelter, dogmatischer, ja wissenschaftlicher: Der Sinn bleibt aber zweifellos derselbe. Es ist für wahr außergewöhnlich und sehr auffallend, den Stil der „Gerichtsentscheidung“ jenem des wissenschaftlichen Kommentars des Meisters gegenüberzustellen. Die Stelle handelt vom diuturnus usus, der lange währenden Ausübung und nennt diese im Kontext „longa quasi possessio“. In derartigen Fällen müsse nicht über das eigentliche Recht (ius) gestritten werden. Der Quasibesitz ist zu Recht erwähnt, da Servituten als res incorporales nicht besessen werden konnten. Auch aus diesem Grunde kann es keine actio confessoria directa geben sondern eine analoge Klage actio utilis. Auch die beiden Voraussetzungen sind identisch: eine langwährende, fehlerfreie Ausübung. Der Hinweis auf per annos tot ist von besonderem Interesse, zeigt er doch wie Ulpian bestrebt war vetustas und longum tempus in Jahre zu kleiden. Nach dem Gesagten besteht kein Grund, die Urheberschaft Ulpians in Frage zu stellen. Auch aus einem weiteren Text D. 8,2,11 pr + 1 (Ulp. 1 off.cons)20 ergibt sich die Bedeutung der vetus forma: Qui luminibus vicinorum officere aliudve quid facere contra commodum eorum vellet, sciet se formam ac statum antiquorum aedificiorum custodire debere. (1) Si inter te et vicinum tuum non convenit ad quam altitudinem extolli aedificia, quae facere instituisti, oporteat, arbitrum accipere poteris. Grundsätzlich wird von Ulpian betont, dass bei baulichen Veränderungen auf einem Grundstück, die dazu führen mussten, dass auf dem nachbarlichen Grundstück der Lichteinfall geschmälert werden würde, vom Bauherren die Form und die Maße der ursprünglichen Gebäude gewahrt bleiben mussten, damit der Lichteinfall keine Veränderungen erfahre. Im Vordergrund steht damit der Lichteinfall und damit verbunden die Existenz eines Rechtes ne luminibus officiatur, das regelmäßig mit einem altius non tollendi in Zusammenhang gebracht werden konnte. Das Bestehen eines derartigen Rechts gründet sich auf die forma und den status der antiqua aedificia, womit zweifellos eine Konkretisierung der vetustas gemeint ist. Von erheblichem Interesse ist das vorgesehene Schiedsverfahren. Sollten sich die Nachbarn nicht darauf verständigen können, wie ein Neubau unter Beachtung eines durch Zeitablauf entstandenem Dienstbarkeitsrechts getätigt werden sollte, dann be18 Zur Stelle vgl. zuletzt Tucillo, Studi su costituzione (Fn. 2), 48 ff. Sinn ist jedenfalls derjenige, dass zusammen mit den Gebäuden, die an ihnen haftenden Dienstbarkeiten ersessen werden konnten. 19 E. Rabel, Zu den sogenannten prätorischen Servituten (Fn. 15), 411; D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn. 8), 56 f. 20 J. M. Rainer, Bau-und nachbarrechtliche Bestimmungen (Fn. 1), 267 f.
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stand die Möglichkeit, diese Bestimmung einem arbiter anzuvertrauen. Dabei musste also die Existenz eines der servitus altius non tollendi entsprechenden Rechts bereits außer Streit gestellt worden sein. Mussten die Nachbarn einem Schiedsrichter die Entscheidung übertragen oder durften sie sich einvernehmlich dazu bereit erklären? Die Grammatik des Textes „oporteat arbitrum accipere poteris“ ist höchst verdächtig und der Text somit jedenfalls korrumpiert auf dem Wege einer Verkürzung. Ließe man das oporteat weg, so würde man sich für die Freiwilligkeit entscheiden, andererseits befinden wir uns offenbar, wie die Quelle lehrt, in einem besonderen vom Konsul geleiteten Verwaltungsverfahren, in welchem staatlicher Zwang verständlich wäre. Das oporteat legt somit nahe, dass Ulpian zwecks Streitvermeidung ein obligatorisches Schiedsverfahren unter consularischer Aufsicht vorgesehen hatte.
III. Konklusionen Offenbar fanden in severischer Zeit Veränderungen im Recht der Dienstbarkeiten statt, derart dass zwar mit Vorsicht aber letztlich dennoch die lex Scribonia umgangen werden konnte, und zwar nach Nachweis von zwei Voraussetzungen: 1. Eine lange währende Ausübung (von der vetustas zum usus diuturnus). 2. Eine fehlerfreie Ausübung nec vi, nec clam, nec precario. Diese Entwicklung wurde aufgrund von beschränkten Vorläufern im Bereiche der actio aquae pluviae arcendae und der Aquaedukte auf andere Dienstbarkeiten insbesondere im Bereich der Gebäudeservituten übertragen. Diese Entwicklung fand zentral im Reichsrecht und nicht in den Provinzen statt. 3. Wie bereits Rabel21 zu Recht erkannt hatte, ging es darum, konkrete und sachgerechte Lösungen zur Anwendung zu bringen, die den Erwerb eines im Bereiche der Dienstbarkeiten befindlichen Rechts durch Zeitablauf ermöglichten. Für mich handelt es sich dogmatisch um veritable Ersitzungen, die zum uneingeschränkten Erwerb eines dinglichen Rechts führten. 4. Die ratio legis ist wie Dieter Nörr zu Recht erkannt hat22 in der Rechtssicherheit und dem Vertrauen in die Beständigkeit faktischer Zustände zu suchen. Gerade diese Begriffe gewinnen zur Zeit der Severer eine gegenüber der Verteidigung des absoluten Eigentumsrechts führende Position. Grundsätzlich ist Nörr zuzustimmen, wenn er davon ausgeht, „Die Juristen der Severerzeit hatten ein besonderes Interesse an den mit dem Einfluss der Zeit auf die Rechtsordnung zusammenhängenden Fragen.“23 E. Rabel, Zu den sogenannten prätorischen Servituten (Fn. 15), 409. D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn.8), 55 und 110. 23 D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio (Fn. 8), 105 f. in Bezug auf longi temporis praescriptio. 21 22
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Diese Untersuchungen haben auch dazu beigetragen, Persönlichkeit, Individualität und juristische Besonderheit eines der bedeutendsten und größten aller römischen Juristen zu erhellen: Ulpian. Er tritt uns als Richter wie als wissenschaftlich tätiger Kommentator entgegen, als vorsichtiger, aber gleichzeitig umsichtiger Erneuerer. Ulpian hat tatsächlich die engen Schranken der lex Scribonia in innovativer und sachgerechter Weise überwunden ohne die Grundsätze jenes Gesetzes und seine rationes zu beseitigen. Auf der Grundlage einer bereits Jahrhunderte langen Diskussion um vetustas und consuetudo hat er die Ersitzung wohl sämtlicher Servituten wieder teils endgültig anerkannt, teils eingeführt unter besonderer Beobachtung einer fehlerfreien Ausübung: usus diuturnus nec vi mec clam nec precario. Gerade dadurch hat er sich genial einer fruchtlos erscheinenden Diskussion um die Rolle des Besitzes im Rahmen des Servitutenrechts entzogen. Es ist nicht uninteressant festzustellen, wie sehr gerade sein Kollege Paulus die lex Scribonia und die Unersitzbarkeit gerade infolge dogmatischer Bedenken bezüglich der Rolle des Besitzes verteidigte. Jedenfalls waren Ulpians Neuerungen sachgerecht und dienten im hohen Ausmaße der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden und sind gerade deshalb sterilen dogmatischen Prinzipiendiskussionen, wie sie auch heute noch häufig praktiziert werden, allemal vorzuziehen.
Anweisungsschenkung und lex Cincia – Cels. D. 39.5.21.1 und Paul. D. 44.4.5.5* Von Ingo Reichard I. Im Mittelpunkt der Diskussion steht ein Text des Iuventius Celsus: D. 39.5.21.1 Cels. 28 dig. Sed si debitorem meum tibi donationis immodicae causa promittere iussi, an summoveris donationis1 exceptione necne, tractabitur. Et meus quidem debitor exceptione te agentem repellere non potest, quia perinde sum, quasi exactam a debitore meo summam tibi donaverim et tu illam ei credideris. Sed ego, si quidem pecuniae a debitore meo nondum solutae sint, habeo adversus debitorem meum rescissoriam in id, quod supra legis modum tibi promisit ita, ut in reliquum tantummodo tibi maneat obligatus: sin autem pecunias a debitore meo exegisti, in hoc, quod modum legis excedit, habeo contra te condictionem.
Jemand hat seinen Schuldner zum Zweck einer gegen die lex Cincia2 verstoßenden Übermaßschenkung angewiesen, dem zu Beschenkenden zu promittieren. Cel-
* Die Widmung dieser Zeilen an Christoph Krampe sei ein Zeichen der Freundschaft und der Dankbarkeit. Auf ihn bezogen mag das Wort gelten: ἱλαρὸν γὰρ δότην ἀγαπᾷ ὁ θεός. 1 Für die Ersetzung von donationis exceptione durch legis Cinciae exceptione Otto Lenel, Palingenesia iuris civilis, Bd. 1, 163 (Cels. 237), Bernhard Windscheid, Die indirekte Vermögensleistung, in: Leipziger Festgabe für Dr. O. Müller, 1892, 1 – 26, 16 = Kleine Schriften, Reden und Rezensionen, Teil 2 (1859 – 1892), 1984, 501 – 524, 514, H. H. Pflüger, Condictio und kein Ende, in: Festschrift der Bonner Juristenfakultät für Paul Krüger zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum, 1911, 1 – 96, 78, Hans Ulrich Haeberlin, Die Kausalbeziehungen bei der delegatio, in: SZ 74 (1957), 100 – 154, 141 Fn. 154, wohl auch Franco Casavola, Lex Cincia, 1960, 28 vor Zi. 1, s. a. 47, nämlich im Hinblick darauf, dass unter Justinian an die Stelle der Regelung der lex Cincia die Obliegenheit zur insinuatio, d. h. zur Einreichung einer von einem tabellio errichteten Urkunde zur Eintragung in ein behördliches Protokoll für Schenkungen von einer bestimmten Höhe an (Max Kaser, Das Römische Privatrecht, 2. Abschnitt: Die nachklassischen Entwicklungen, 2. A. 1975, 81), getreten ist. Wir wollen dies offenlassen; sofern man mit Friedrich Carl v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, 4. Bd., 1841, 599 f. annimmt, dass im justinianischen Recht das Unterbleiben der Insinuation zur „gänzlichen Nichtigkeit“ der Schenkung wie im Falle der Ehegattenschenkung geführt hat und dass fr. 21.1 und andere Texte „als unanwendbare Zeugnisse aus dem Zusammenhang des älteren Rechts“ zu betrachten sind, „die, wie so manches Andere, besser nicht aufgenommen worden wären“, wird man dazu neigen, die überlieferte Fassung auch für die klassische zu halten.
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sus entscheidet, dass der Gesetzesverstoß im Valutaverhältnis nicht zur Folge hat, dass die Stipulation im Vollzugsverhältnis der exceptio legis Cinciae ausgesetzt ist, also der Einrede, die der Durchsetzung einer übermäßigen Schenkung an eine persona non excepta3 entgegensteht. Er begründet das mit dem Vergleichsfall einer, wie man sagen müsste, triplex numeratio, nämlich mit der Erwägung, dass der Delegatar ebenso dastehe, wie wenn der Anweisende beim Delegaten das geschuldete Geld eingetrieben, es dem Anweisungsempfänger geschenkt und dieser es wiederum dem Angewiesenen zu Darlehen gegeben hätte: Dann wäre es selbstverständlich, dass der Beschenkte das Darlehen vom angewiesenen Schuldner zurückverlangen könnte, ohne dass dem eine Einrede entgegenstünde. Franz Wieacker sieht hierin die – angebliche – Konstruktion des sachenrechtlichen Durchgangs aus der vielerörterten Entscheidung des Celsus in Ulp.-Cels. D. 24.1.3.12 „aufgenommen“4, nach Max Kaser begründet der Jurist in fr. 21.1 im Wege „fiktizischer Analogie“ mit der „Zerlegung“ der vollzogenen Delegation und der Annahme eines „Durchgangs“ zwar nicht innerhalb einer logischen Sekunde, aber doch im „Zeitabstand“, dass diese einer Barschenkung gleichkommt5, und Gian Gualberto Archi6 meint unter dem Beifall von Giuseppina Sacconi7, Celsus greife auf die „teoria della duplex numeratio“ zurück, „cui già altre volte in caso di delegazione a solvere donationis causa aveva fatto appello8“. Doch dient der Vergleichsfall der – wenn schon – triplex numeratio zu nichts anderem als dazu, darauf hinzuweisen, dass mit der promissio zwei gleichzeitige Leistungen bewirkt werden9.
2 Lex Cincia de donis et muneribus, ein Plebiszit von 204 v. Chr., Max Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht, 2. A. 1971, 602. Max Kaser / Rolf Knütel, Römisches Privatrecht, 19 A. 2008, § 47 Rn. 8. 3 Ausgenommen vom Verbot der Schenkung über ein gewisses Maß hinaus waren Schenkungen an bestimmte nahestehende Personen, Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschn. (o. Fn. 2), 602 f. 4 Franz Wieacker, Die Juristische Sekunde, Zur Legitimation der Konstruktionsjurisprudenz, in: Th. Würtenberger / W. Maihofer / A. Hollerbach, Existenz und Ordnung, Festschrift für Erik Wolf zum 60. Geburtstag, 1962, 421 – 453, 424 = Kleine juristische Schriften, 1988, 77 – 101, 79. 5 Max Kaser, Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode, 1986, 283 f., in der Sache ebenso – equivalencia entre stipulatio delegatoria y datio efectiva – José Luis Alonso, Estudios sobre la delegación I: La doble atribución patrimonial, Teilbd. 2, 2002, 267 f., s. a. 368. – Zu der mit der nicht zutr. weiteren Stellungnahme Kasers (a. a. O., 284), diese Schenkung unterliege als perfecta nicht der lex Cincia, angesprochenen Frage u. III. 6 Gian Gualberto Archi, La donazione, 1960, 152. 7 Giuseppina Sacconi, Ricerche sulla delegazione in diritto romano, 1971, 58 mit 57. 8 Hiermit wird ebenfalls Ulp.-Cels. D. 24.1.3.12 gemeint sein, vgl. o. bei Fn. 4. 9 Insoweit Werner Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis, Römische Jurisprudenz und modernrechtliches Denken, 1990, 74. – Zu der nicht zutr. Ansicht Flumes (a. a. O., Fn. 48), die lex Cincia finde keine Anwendung, da der Anweisende mit der Promission seines Schuldners seine Leistung erbracht habe, s. u. III.
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Im Fortgang des Textes befasst sich Celsus mit der Rückabwicklung. Ohne Besonderheit, freilich im Hinblick auf den Verbotstatbestand der lex Cincia in ihrer Echtheit umstritten10 ist die Entscheidung für den Fall, dass der Schuldner die promittierte Leistung an den Delegatar erbracht hat: Im Schlussatz gewährt der Jurist dem Anweisungsschenker gegen den Beschenkten eine condictio indebiti auf denjenigen Teilbetrag, der das nach der lex Cincia erlaubte Maß der Schenkung übersteigt. Bemerkenswert und singulär ist die Entscheidung für den Fall, dass nur promittiert, aber noch nicht gezahlt worden ist. Hier gibt Celsus dem Schenker gegen den angewiesenen Schuldner eine actio rescissoria auf denjenigen Teil des dem Beschenkten promittierten Betrages, der über das Erlaubte hinausgeht, mit der Folge (ut), dass der Schuldner nur auf den Rest dem Beschenkten gegenüber aus Stipulation verpflichtet bleibt. Es muss überraschen, dass Celsus im Valutaverhältnis nicht etwa vor Zahlung an den Stipulanten eine auf die Überlassung der Klage aus der promissio gerichtete condictio11, sondern stattdessen dem Schenker am Beschenkten vorbei eine Klage gegen seinen bisherigen Schuldner auf Zahlung des Übermaßbetrages gibt, die er als reszissorisch, aufhebend, bezeichnet. Als Akt, dessen Aufhebung die Voraussetzung für das Wiederaufleben des Zahlungsanspruchs sein könnte, kommt nur das Versprechen des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger in Betracht: Durch die auf das iussum des Schenkers hin erfolgte promissio ist im Wege der Novation der Promittent dem bisherigen Gläubiger gegenüber frei und Schuldner des Stipulanten geworden. Die Eigenart der Novation ist es, dass sie uno actu liberiert und obligiert, was für diejenige mit Personenwechsel genauso gilt wie für die Novation inter easdem personas. Eine Aufhebung dieses zwischen Delegat und Delegatar vorgenommenen Rechtsaktes als einheitliches Ganzes durch Wiederbegründung der alten und Aufhebung der neuen Schuld, jeweils in Höhe des Übermaßbetrages, durch eine restitutio in integrum> – das ist das Ziel der actio rescissoria in fr. 21.112 – zwischen Delegant und Delegat wäre aber ein Vertrag zu Lasten Dritter: res inter alios acta aliis non nocet13. Da der Beschenkte kein Interesse an der Rückgängigmachung hat, wird er freiwillig dem Schenker kein iussum zu der Klageerhebung erteilen14.
Nachw. u. in Fn. 43. Dieses tut zu einem insoweit gleichgelagerten Fall Julian in D. 39.6.18.1 (60 dig.) i. f., zustimmend referiert in Gai. eod. 31.3 (8 ed. prov.). 12 So mit Recht zu fr. 21.1 ohne weiteres Archi, La donazione (o. Fn. 6), 162; zur Reszission durch iudicia rescissoria als Mittel der prätorischen in integrum restitutio Max Kaser / Karl Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 2. A. 1996, § 64 I.1 (S. 422 f.), s. a. II.2 (S. 425 f.). 13 Vgl. Fritz Sturm, Rez. von Giuseppina Sacconi, Ricerche sulla delegazione in diritto romano, 1971, in: IURA 22 (1971), 260 – 269, 266. 14 Archi, La Donazione (o. Fn. 6), 162 beschränkt sich, wiederum mit der Gefolgschaft Sacconis (Richerche sulla delegazione, o. Fn. 7, 59), zur Erklärung der actio rescissoria darauf festzustellen, dass diese das dem besonderen Fall der Delegationsschenkung angemessene Mittel der Rückabwicklung sei; angesichts dessen kommt seiner und Sacconis (a. a. O.) an 10 11
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Celsus billigt dem Schenker gegen den Beschenkten dann, wenn dieser den stipulierten Betrag bereits beim Promittenten eingetrieben hat, eine condictio auf die das Erlaubte übersteigende Summe zu (sin autem rell.). Dass der Jurist für den Fall der noch nicht geleisteten Zahlung nur die actio rescissoria erwähnt, heißt nicht, dass dem Schenker nicht auch in diesem Fall außerdem eine condictio zustünde15, der dem Delegatar zwar kein Geld, aber immerhin das nomen gegen den Schuldner zugewendet hat, auf dessen Abtretung in Höhe des Übermaßbetrages sie demgemäß gerichtet ist16. Der delegierende Schenker hat die actio rescissoria gegen seinen Schuldner nur gegen Überlassung dieser condictio, aus der dem Schuldner nach Abtretung eine exceptio doli17 gegenüber der Klage aus der Stipulation erwächst, wiederum in Höhe des das erlaubte Maß der Schenkung übersteigenden Betrages18, und mit der er den Versprechensempfänger zur Akzeptilation des entsprechenden Teils der Forderung zwingen kann19. Fritz Sturm nimmt an, dem Schenker habe vor einer Zahlung des Promittenten nicht eine auf Abtretung, sondern auf Erlass der Stipulationsschuld gegenüber dem Delegaten gerichtete condictio liberationis zugestanden, von der Celsus „als selbstverständlich“ unterstelle, dass sie der Delegant dem Delegaten abtrete. Zwar kann sich zutreffenden Bewertung, dass es sich dabei um eine „ardita innovazione di Celso“ handele, nur geringes Gewicht zu. 15 Man wird diese condictio nicht als einen Fall der condictio ob iniustam causam aufgefasst haben, vgl. zu dieser Fritz Schwarz, Die Grundlage der condictio im klassischen römischen Recht, 1952, 274 ff., sondern als einen solchen der condictio sine causa. 16 Durchgesetzt wird sie, indem dem Beklagten in der Klagformel die Befugnis eingeräumt wird, die Verurteilung in den Nennwert, hier den Übermaßbetrag, durch Zession der Klage aus der promissio insoweit abzuwenden. 17 Vgl. zur compensatio bei strengrechtlichen Klagen Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschn. (o. Fn. 2), 646, Kaser / Knütel (o. Fn. 2), Römisches Privatrecht, § 53 Rn. 30, Kaser / Hackl, Das römische Zivilprozessrecht (o. Fn. 12), § 35 IV.2 S. 262 f. – Nicht zu folgen ist Alonso, Estudios sobre la delegación I, Teilbd. 2 (o. Fn. 5), 365 m. Fn. 13, der annimmt, eine exceptio doli erwachse dem Delegaten gegen den Beschenkten / Delegatar unter dem Gesichtspunkt der Drittwirkung der mit der der actio rescissoria einhergehenden in integrum restitutio; die condictio hält Alonso für itp., a. a. O., 367 f. 18 Zustimmend zur Möglichkeit der Gewährung einer exceptio in Hinsicht auf einen Teil des Streitgegenstandes grundlegend Vincenzo Arangio-Ruiz, L’„Exceptio“ in deminuzione della condanna, 1930 passim = Scritti di diritto romano, Bd. 2, 249 ff. sowie Joseph Georg Wolf, Causa stipulationis, 1971, 88 Fn. 27, s. a. Kaser / Hackl, Das römische Zivilprozessrecht (o. Fn. 12), § 35 IV.2 S. 262 f. 19 Windscheid, Leipziger Festgabe Müller (o. Fn. 1), 16 f. = Kleine Schriften Teil 2, 514 f. hat gemeint, der delegierte Schuldner sei nach der „seltsamen Vorschrift“ in fr. 21.1 sowohl dem Anweisenden als auch dem Stipulanten als Gesamtgläubigern verpflichtet, „und es kommt darauf an, wer von beiden zuerst gegen ihn vorgeht“, was „als der Ausdruck einer haltlosen Billigkeit“ erscheine: „Ich möchte fast glauben, dass sie nicht von dem alten Juristen (Celsus) herrührt“. Abgesehen davon, dass es kaum ein Ausdruck von Billigkeit wäre, wenn die Durchsetzung des Verbots der Übermaßschenkung zugunsten des Delegationsschenkers vom früheren Zugriff abhinge, berücksichtigt Windscheid nicht genügend, dass der Schuldner durch die an ihn abzutretende condictio gegen eine Inanspruchnahme auch durch den Delegatar geschützt ist.
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die Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten im Einzelfall in einem Erlass bestehen, nicht jedoch hier, da die Befreiung des Promittenten und damit die Rückgängigmachung des obligierenden Elements der novatio nicht zum Wiederaufleben der Schuld im Deckungsverhältnis und damit zur Aufhebung auch der Liberationsfolge führen würde. Auch ist es für den Deleganten alles andere als „selbstverständlich“, die condictio an seinen Schuldner abzutreten; freiwillig, d. h. ohne dass dessen Verurteilung auf die actio rescissoria davon abhängt, wird er das nicht tun20. Sturm21 sieht zwar, dass dem Deleganten die von ihm angenommene condictio liberationis gegen den Delegatar „nichts nützt“, denn „ihm geht es ja nicht um Befreiung des Delegaten, die seine durch Novation erloschene Forderung nicht wieder aufleben ließe“; der Autor will mit dieser Erwägung begründen, dass die condictio liberationis in der Meinung des Celsus zusteht, obwohl dieser eine dem Schenker vor einer Zahlung des Promittenten zustehende condictio nicht erwähnt. Doch zeigt gerade der Gesichtspunkt, dass dem Schenker die auf den Erlass gerichtete Kondiktion für sich genommen „nichts nützt“, dass Celsus nicht an sie gedacht haben kann22. Wenn dem Schenker ohnehin auch vor einer Zahlung des Promittenten eine condictio zustand, mit der er den Beschenkten zur Herausgabe des Klagerechts aus der Stipulation zwingen konnte, so mag man sich fragen, weshalb Celsus dann eine Wiedereinsetzungsklage gegen den Schuldner gewährt hat, statt sich wie Julian (in D. 39.6.18.1 i. f. und bei Gaius eod. 31.3) auf die condictio zu beschränken. Doch besteht der Unterschied zu jener Abwicklung und damit der Fortschritt der celsinischen Lösung darin, dass nach ihr der Schenker / Delegant nicht zusätzlich das Solvenzrisiko hinsichtlich des contra legem Cinciam Beschenkten zu tragen hat, sondern stattdessen wie bisher allein dasjenige bezüglich seines alten Schuldners. II. Der zweite Teil des Fragments (Sed ego rell.) ist freilich im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Bestandskraft der donatio perfecta bis in die jüngste Zeit unter Hinweis insbesondere auf D. 39.5.2.2, eod. 21 pr., eod. 33.3 sowie Pap. vat. 263 angegriffen worden23. 20 Sturm, IURA 22 (1971), 266 erwähnt i. ü. neben der Möglichkeit für den Schuldner, mit der abgetretenen condictio den Stipulanten angriffsweise zum Erlass zu zwingen, nicht die exceptio doli, die ihm aus ihr erwächst. 21 Sturm, a. a. O. (vorige Fn.). 22 Man wende nicht ein, dass die auf einen Erlass gerichtete Kondiktion dem Schenker dadurch nützt, dass es ihre Überlassung an den angewiesenen Schuldner ist (in dessen Hand die condictio allerdings zur Erlassklage wird, o. im Text), die die Zubilligung der actio rescissoria gegen diesen rechtfertigt. Ein Anspruch steht prinzipiell nicht zu dem Zweck zu, um erst in der Hand eines Zessionars seine Rechtfertigung zu erfahren, vgl. Ingo Reichard, Die Frage des Drittschadensersatzes im klassischen römischen Recht, 1993, 169 ff. u. ö. 23 U. mit Fn. 43.
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Denn einerseits ist in den Quellen davon die Rede, dass eine Schenkung, die im Wege der Delegation erfolgt, mit Eingehung der Vollzugsstipulation zugunsten des zu Beschenkenden perfekt ist, andererseits geht man davon aus, dass die lex Cincia dahin ausgelegt wurde, dass sie Wirkung nur gegenüber solchen Übermaßschenkungen entfaltete, die noch nicht vollzogen sind. Von der Perfektion der Anweisungsschenkung handelt insbesondere D. 39.5.2.2 Iul. 60 dig. Cum vero ego Titio pecuniam donaturus te, qui mihi tantundem donare volebas, iussero Titio promittere, inter omnes personas donatio perfecta est.
Wenn ich, um Titius einen Geldbetrag zu schenken, dich, der du mir in gleicher Höhe schenken willst, zur Erteilung eines Versprechens an Titius anweise, ist zwischen allen Beteiligten die Schenkung perfekt. Auch durch Promission auf Anweisung kann eine Schenkung perfiziert werden, und zwar zugleich in beiden Seitenverhältnissen. Hier wird nicht ausdrücklich gesagt, welche Rechtsfolge mit der Schenkungsperfektion verbunden sein soll; anders ist das in D. 39.5.33.3 Hermog. 6 iuris epit. Si, cum Primus tibi donare vellet et tu donandi Secundo voluntatem haberes, Primus Secundo ex voluntate tua stipulanti promiserit, perficitur donatio et, quia nihil Primus Secundo, a quo convenitur, donavit, [et] 24 quidem in solidum, non in id quod facere potest condemnatur. idque custoditur et si delegante eo, qui donationem erat accepturus, creditori eius donator promiserit: et hoc enim casu creditor suum negotium gerit.
Hermogenian behandelt denselben Sachverhalt wie Julian in fr. 2.2, außerdem den Fall, dass jemand einen Schenkungsbereiten seinem Schuldner delegiert. Zum ersten Fall – Tu will dem Secundus schenken und weist ihm den seinerseits ihm gegenüber schenkungsbereiten Primus an – führt der Jurist wie schon Julian aus, durch die Promission des Primus werde die Schenkung perfiziert, womit, wenn Hermogenian dieses anders als Julian in fr. 2.2 (inter omnes personas) auch nicht ausdrücklich sagt, die Schenkung in beiden Seitenverhältnissen gemeint ist; Hermogenian fügt dem aber hinzu, der Promittent sei auf die Klage des Secundus aus der Vollzugsstipulation in solidum zu verurteilen und nicht nur in id quod facere potest. Die damit angesprochene auf ein Reskript des Antoninus Pius zurückgehende Privilegierung des Versprechensschenkers, das mit einem neuzeitlichen Ausdruck sogenannte beneficium competentiae25, soll also dem delegierten Schenker nicht zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn ihn derjenige, den er beschenken will, seinerseits zum Zwecke einer Schenkung angewiesen hat: Die Schenkungen sind bereits mit Erteilung des Delegationsversprechens vollzogen, der Gegenstand der SchenTheodor Mommsen ed. mai. ad h. l. Ulp. D. 23.3.33, insow. gleichlautend D. 50.17.28, weitere bei Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschn. (o. Fn. 2), 483 Fn. 47, auch 482 m. Fn. 38, s. a. Kaser / Knütel (o. Fn. 2), Römisches Privatrecht, § 32 Rn. 22. 24 25
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kungen ist das Versprechen. Die Erfüllung des Versprechens stellt sich nicht mehr als Schenkungsvollzug dar, denn zwischen dem Promittenten und dem Stipulanten, also im Anweisungs-Vollzugsverhältnis, liegt gerade keine Schenkung vor26. Nichts anderes – uneingeschränkte Klagbarkeit der Vollzugsstipulation – gilt, wenn die Anweisung des Schenkungsbereiten der Erfüllung einer Schuld im Valutaverhältnis gilt: Denn in diesem Fall führt der Schuldner „sein eigenes Geschäft“, ein Gedanke, mit dem in einer großen Zahl von Entscheidungen die Freiheit der Delegationsstipulation von Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis, m. a. W. ihre Abstraktheit gegenüber diesem Verhältnis, begründet wird. Die Verschaffung der Gläubigerposition in Hinsicht auf das abstrakte Versprechen ist als solche die Leistung im Valutaverhältnis, und die Realisierung des Versprechens ist infolgedessen allein Sache des Delegatars. Den zweiten Fall in fr. 33.3 erörtert mit dem gleichen Ergebnis Celsus in D. 39.5.21 pr. Cels. 28 dig. Ut mihi donares, creditori meo delegante me promisisti: factum valet, ille enim suum recepit.
Auf die Mitteilung des Falles: Der Schenker promittiert auf Anweisung des zu Beschenkenden dessen Gläubiger folgt die Feststellung, dass „das Geschehene gelte, da jener das ihm Gebührende erhalten“ habe. Die Promission ist ein factum, das der schenkungsbereite Delegat in Schenkungsabsicht gesetzt hat und das als solches, so Celsus, Bestand haben soll; der Schenkungsbereite hat mit dem Versprechen an den Dritten ein Fait accompli gesetzt, das nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Schenkung, nämlich durch Gewährung des beneficium competentiae gegenüber dem Dritten, hinterfragt werden kann. Factum valet wird hier, deckungsgleich mit dem Hinweis auf die Schenkungsperfektion in Iul. D. 39.5.2.2 und im ersten Fall in Hermog. D. 39.5.33.327, gebraucht, um die uneingeschränkte Durchsetzbarkeit der Vollzugsstipulation trotz im Deckungsverhältnis zugrundeliegender Schenkung zu begründen. Zugleich gilt hier wie zum zweiten Fall im Hermogenianfragment 33.3, dass der Dritte mit dem Schuldversprechen das Seine, d. h. das ihm ursprünglich vom Deleganten Geschuldete, erhalten habe. Die Gläubigerstel26 Beide Fälle entscheidet ebenso Paulus auf eine Anfrage des Juristen Nasennius (so richtig statt Nesennius, Fritz Schulz, Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, 1961, 302 Fn. 8, s. a. 127 m. Fn. 6) Apollinaris, D. 42.1.41 pr. Paul. 14 quaest. Nesennius Apollinaris: si te donaturum mihi delegavero creditori meo, an in solidum conveniendus sis? et si in solidum conveniendus, an diversum putes, si non creditori meo, sed ei, cui donare volebam, te delegavero? et quid de eo, qui pro muliere, cui donare volebat, marito eius dotem promiserit? respondit: nulla creditor exceptione summoveretur, licet is, qui ei delegatus est, poterit uti adversus eum, cuius nomine promisit: cui similis est maritus, maxime si constante matrimonio petat. et sicut heres donatoris in solidum condemnatur et [ipse] fideiussor, quem in donando adhibuit, ita et ei, cui non donavit, in solidum condemnatur; für die Verschiebung von ipse mit Recht Mommsen ed. m. ad h. l. 27 In diesem Sinne auch Ludwig Mitteis, Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians, Bd. 1, 1908, 161 Fn. 32, ihm folgend Sacconi, Ricerche sulla delegazione (o. Fn. 7), 55 Fn. 4.
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lung hinsichtlich der vom Angewiesenen eingegangenen Verbalobligation ist, wie wir meinen: im Wege der Novation28 an die Stelle der ursprünglichen Schuld im Valutaverhältnis getreten. Zu nennen ist hier schließlich noch D. 46.2.33 Tryph. 7 disp. Si Titius donare mihi volens delegatus a me creditori meo stipulanti spopondit, non habebit adversus eum illam exceptionem, ut quatenus facere potest condemnetur: nam adversus me tali defensione merito utebatur, quia donatum ab eo petebam, creditor autem debitum persequitur.
In dem ihm eigenen Sprachstil29 sagt uns Tryphonin hier ausdrücklich, dass der einem Gläubiger delegierte Schenkungsbereite diesem gegenüber nicht das – von ihm unscharf als exceptio gefasste30 – beneficium competentiae habe. Anders als in dem Fall, dass der Schenker dem zu Beschenkenden selbst und nicht dessen Gläubiger promittiert hat – hier wäre er nur in id quod facere potest zu verurteilen31 –, macht hier der Stipulant nicht ein Schenkungsversprechen geltend, sondern verfolgt dadurch, dass er aus der Stipulation vorgeht, das ihm ursprünglich Geschuldete32.
28 Vgl. zu dieser Frage auch die demnächst erscheinende Schrift des Verfs. Delegation und Novation im klassischen römischen Recht. 29 Zur Sprache Tryphonins sowie überhaupt zur Frage seiner Herkunft aus dem griechischsprachigen Osten Wolfgang Kunkel, Herkunft und soziale Stellung der römischen Juristen, 2. A. 1967, 232 f. 30 Das b. c. wird im Formularprozess durch eine taxatio als Teil der condemnatio verwirklicht, Kaser / Hackl, Das römische Zivilprozessrecht (o. Fn. 12), § 45 IV.1 S. 316. Als Grund dafür, dass Tryphonin wie auch andere Juristen gleichwohl von einer exceptio spricht, nimmt Joachim Gildemeister, Das beneficium competentiae im klassischen römischen Recht, 1986, 74 m. Fn. 8 ff. (m. Qu.) an, dass der Beklagte das beneficium competentiae wie eine exceptio in iure habe beantragen müssen, dieses also nicht von Amts wegen zugebilligt worden sei; im Hinblick auf den Spätklassiker Tryphonin dürfte vor allem die Ausweitung des Begriffs der exceptio schon im klassischen Kognitionsverfahren (dazu Kaser / Hackl § 73 II.1 S. 486 f.) eine Rolle spielen, die Gildemeister als weiteren Grund nennt. 31 Bemerkenswert im Hinblick auf die Frage von Sprache und Herkunft Tryphonins ist der Gebrauch des Indikativs des Imperfekts zur Bezeichnung des Irrealis, ein geradezu paradigmatischer Gräzismus. 32 Das meint wohl auch Gildemeister, Das beneficium competentiae (o. Fn. 30), 20, wenn er zur Begründung der Entscheidung Tryphonins geltend macht, der Anweisungsempfänger hätte auch in dem Falle, dass er ohne Delegation seinen (ursprünglichen) Schuldner (also den Anweisenden) in Anspruch genommen hätte, dessen Verurteilung auf das Ganze erwirken können. – Dass interpositis delegationibus eine Schenkung perfiziert werden kann, sagt, diesmal in palingenetisch zu erschließendem Zusammenhang mit der lex Cincia, auch Papinian in vat. 263 (respons. XII, s. Lenel Pap. 697, Palingenesia iuris civilis, Bd. 1, 937), wobei übrigens mit Selbstverständlichkeit als Folge des delegationes interponi die Novation hingestellt wird: Eam quae bona sua filiis per epististulam citra stipulationem donavit, si neque possessionem rerum singularum tradidit neque per mancipationem praediorum dominium transtulit nec interpositis delegationibus aut inchoatis litibus actiones novavit, nihil egisse placuit.
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Ist diesen Quellen zu entnehmen, dass die Schenkung durch Delegation mit Eingehung der Delegationsstipulation vollzogen: perfekt ist, so gilt andererseits, dass die lex Cincia als eine lex imperfecta, also als ein Gesetz, das selbst keine Sanktion vorsieht33, von der prätorischen Praxis und von den Juristen in der Weise gehandhabt worden ist, dass sie Rechtsfolgen nur in Hinsicht auf noch nicht vollzogene Schenkungen entfaltete. Bereits vollendete Schenkungen konnten dagegen mit der lex Cincia nicht mehr angegriffen werden. Nicht vollständig abgewickelte Schenkungen, bei denen dem Schenker die exceptio legis Cinciae gegeben wurde34, sind vor allem die Schenkungsversprechen und außerdem diejenigen Fälle, in denen eine Sache dem Beschenkten zwar manzipiert, aber noch nicht tradiert ist, so dass dieser sie, um den Erwerb zu vollenden, noch vom Schenker oder einem Dritten vindizieren muss35. Zu trennen hiervon ist die Rückforderung des in Erfüllung eines übermäßigen Schenkungsversprechens unter Nichtinanspruchnahme der exceptio legis Cinciae Geleisteten mit der condictio indebiti in Ulp. vat. 26636; gemeint ist hier der Fall, dass der Leistende von seiner Einrede nicht weiß37, denn andernfalls würde er, wie etwa Paul. D. 46.2.1238 zeigt, (erneut) schenken. 33 D. h. die lex Cincia ordnete weder Ungültigkeit noch Strafe an, Max Kaser, Über Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte im römischen Recht (Sitzungsber. Öst. Akad. d. Wiss., Bd. 312, 1977), 27. 34 Sie stand nach Ulp. vat. 266 gegenüber schuldrechtlichen Ansprüchen nach Ansicht der Prokulianer nicht nur dem Schenker, sondern auch anderen zu quasi popularis sit haec exceptio, Mitteis, Römisches Privatrecht (o. Fn. 27), 161 f. 35 Paul. vat. 311, Diocl. vat. 313, Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 21, s. a. Heinrich Siber, Confirmatio donationis, in: SZ 53 (1933), 99 – 150, 137. Hier steht dem Schenker gegen die rei vindicatio des Beschenkten die exceptio legis Cinciae zu; fehlt es umgekehrt an der Manzipation, ist aber tradiert, so hat der vindizierende Schenker gegenüber einer eventuellen exceptio rei traditae des Beschenkten eine replicatio legis Cinciae, Mitteis, Römisches Privatrecht (o. Fn. 27), 163. – Nicht perfekt ist die Schenkung einer beweglichen Sache auch dann, wenn der Beschenkte dem Schenker gegenüber dem interdictum utrubi ausgesetzt ist, Paul. vat. 311, Mitteis, a. a. O. – Unrichtig übersetzt wird vat. 311 von J. G. Wolf, Causa stipulationis (o. Fn. 18), 136 m. Fn. 136, weshalb wir den Text hier wiedergeben: Sed in persona non excepti sola mancipatio vel promissio non perficit donationem. in rebus mobilibus etiamsi traditae sint, exigitur, ut et interdicto utrubi superior sit is cui donata est, sive mancipi mancipata sit sive nec mancipi tradita. Wolf meint, danach habe es bei einer das erlaubte Maß der lex überschreitenden Schenkung an eine persona non excepta zur Perfektion gegebenenfalls „neben der promissio … noch der traditio des versprochenen … Gegenstandes“ bedurft: Ist durch promissio geschenkt worden, so führt die Erfüllung in Unkenntnis der exceptio legis Cinciae gerade nicht zur Perfektion, sondern zur Rückforderbarkeit mit der condictio indebiti, Ulp. vat. 266, s. folg. Fn. 36 Ulpianus libro I ad edictum de rebus creditis. Indebitum solutum accipimus non solum si omnino non debebatur, sed et si per aliquam exceptionem peti non poterat, id est perpetuam exceptionem. Quare hoc quoque repeti poterit, si quis perpetua exceptione tutus solverit. Unde si quis contra legem Cinciam obligatus non excepto solverit, debuit dici repetere eum posse (…) – Vgl. § 813 BGB. 37 Archi, La donazione (o. Fn. 6), 156; Kaser, Das Römische Privatrecht, 1. Abschn. (o. Fn. 2), 604 Fn. 40 und Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 21 Fn. 6, s. a. Kasel / Knütel, Römisches Privatrecht (o. Fn. 2), § 47 Rn. 8.
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Kaser nimmt als sachlichen Kern der Verbotsnorm ein ausdrückliches Denegationsgebot39 an, das, so seine Rekonstruktion, gelautet haben mag: in donum munus capiendum, quod plus quam40 … erit, agere ne liceto (oder actio ne esto oder praetor actionem ne dato); da sich ein solches Gebot an den Prätor gerichtet, das Geschäft also nicht ipso iure entkräftet hätte, hätte es die lex Cincia nicht zur lex perfecta gemacht41. Zu dieser Beschränkung der Wirkung der lex steht die actio rescissoria des anweisenden Schenkers gegen seinen delegierten Schuldner bzw. seine condictio gegen den beschenkten Anweisungsempfänger in D. 39.5.21.1, beide jeweils auf den gegen die lex verstoßenden Übermaßanteil bezogen, scheinbar in offenem Widerspruch42: Denn wenn im Falle der Anweisungsschenkung die Schenkung in einem Seitenverhältnis oder sogar Schenkungen in beiden Seitenverhältnissen in dem Augenblick perfiziert sein sollen, in dem die Vollzugsstipulation abgeschlossen ist, scheiden sowohl eine prätorische Aufhebung der Wirkungen dieser Stipulation als auch die Rückgängigmachung ihrer Erfüllung aus. Demgemäß sind die actio rescissoria und die condictio in fr. 21.1 verdächtigt worden43.
III. Außer unserem Celsusfragment ist mit Paul. D. 44.4.5.5 nur noch ein weiterer Text überliefert44, in dem die Rückforderung einer verbotenen Übermaßschenkung zugebilligt wird.
38 D. 46.2.12 Paul. 31 ed. Si quis delegaverit debitorem, qui doli mali exceptione tueri se posse sciebat, similis videbitur ei qui donat, quoniam remittere exceptionem videtur. (…) 39 Dies wird statt „Denegationsverbot“ gemeint sein, Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 28. 40 Die Betragsgrenze ist nicht überliefert. 41 Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 28; dort 21 und 25 – 29. überhaupt zur l. Cincia als einer lex imperfecta und zu den Gründen, die hierfür zu vermuten sind. 42 Zu der ebenfalls zu erwägenden Antinomie zu Paul. D. 44.4.5.5 sogleich. 43 Die actio rescissoria und die condictio in D. 39.5.21.1 verdächtigen etwa Hans Ulrich Haeberlin, Die Kausalbeziehungen bei der delegatio, in: SZ 74 (1957), 100 – 154, 143 und Fn. 159 mit 141 Fn. 154 und, mit anderer Begründung, Windscheid, Leipziger Festgabe Müller (o. Fn. 1), 16 f. = Kleine Schriften Teil 2, 514 f. sowie Mitteis, Römisches Privatrecht (o. Fn. 27), 165 m. Fn. 53, der bezüglich der condictio immerhin Echtheit erwägt; Archi, La donazione (o. Fn. 6), 162 und, diesem folgend, Sacconi, Ricerche sulla delegazione (o. Fn. 7), 58 f., sowie Alonso, Estudios sobre la delegación I, Teilbd. 2 (o. Fn. 5), 367 f. halten die actio rescissoria für authentisch und nur die condictio für itp. – Pflüger, Festschrift Paul Krüger (o. Fn. 1), 78 nimmt, unabhängig von der möglichen Antinomie zu den zit. Quellen, Unechtheit der actio rescissoria und Klassizität der condictio an, zu Pflüger u. Fn. 61. 44 Insoweit Mitteis, Römisches Privatrecht (o. Fn. 27), 166 mit 165, s. a. 160.
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D. 44.4.5.5 Paul. 71 ad ed. Si eum, qui volebat mihi donare supra legitimum modum, delegavero creditori meo, non poterit adversus petentem uti exceptione, quoniam creditor suum petit. In eadem causa est maritus: nec hic enim debet exceptione summoveri, qui suo nomine agit. Numquid ergo nec de dolo mulieris excipiendum sit adversus maritum, qui dotem petit, non ducturus uxorem, nisi dotem accepisset? Nisi iam divertit. Itaque condictione tenetur debitor qui delegavit vel mulier, ut vel liberet debitorem vel, si solvit, ut pecunia ei reddatur.
Wenn ich jemanden, der mir über das erlaubte Maß hinaus schenken will, meinem Gläubiger anweise, so kann der Schenker diesem gegenüber nicht die exceptio legis Cinciae beantragen: Denn der Gläubiger verlangt nur das, was ihm zusteht, suum petit. Hätte der Schenkungsbereite dem zu Beschenkenden selbst gegenüber das Versprechen abgegeben, so hätte er die Einrede. Er hat aber auf dessen Anweisung einem Dritten promittiert; diesem gegenüber stellt die Eingehung des Versprechens Schulderfüllung durch den Beschenkten dar und unterliegt daher nicht der exceptio wegen übermäßiger Schenkung. Die Einwendung aus dem Deckungsverhältnis schlägt nicht auf das Vollzugsverhältnis durch, die Delegationsstipulation erweist sich als abstrakt gegenüber dem Deckungsverhältnis. Dasselbe gilt zugunsten des Ehemannes, dem zum Zwecke der Mitgiftbestellung ein zu einer Übermaßschenkung an die Frau Bereiter delegiert worden ist: Auch er kann gleichwohl aus der Vollzugsstipulation vorgehen. Auch wenn eine Frau ihren Schuldner, dem ihr gegenüber die exceptio doli zur Seite stünde, ihrem künftigen Ehemann zum Zwecke der Mitgiftbestellung delegiert, so ist die Stipulation ohne Rücksicht auf die Einrede im Deckungsverhältnis durchsetzbar. Anders ist es, wenn die Ehe in der Zwischenzeit geschieden worden ist (nisi iam divertit)45: Denn dann ist auch das Valutaverhältnis mangelhaft, und im Falle des Doppelmangels ist zwar die Vollzugsstipulation nach Zivilrecht gleichwohl wirksam – also gegenüber beiden Seitenverhältnissen abstrakt –, ihr steht aber eine Einrede entgegen, in der Regel die exceptio doli46. Es fehlt dann an einem der beiden möglichen Sachgründe 45 Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 25 Fn. 19 meint, Paulus erörtere im dos-Fall die Frage, ob dem Angewiesenen gegenüber dem Mann „aus der unterbliebenen Eheschließung“ eine exceptio doli zur Seite steht, und verneine sie; der Angewiesene hat die exceptio doli nach Paulus, so Kaser, „jedenfalls dann nicht, wenn der Mann oder die Frau vom Verlöbnis zurückgetreten ist (iam divertit).“ Die Entscheidung des Paulus für den Fall des divertere ist jedoch gerade die entgegengesetzte, d. h. der Promittent hat die exceptio, da mit dem divertere die Grundlage für die Dosbestellung entfällt, dazu sogl. im Text. – Nicht zu folgen ist Kaser auch insoweit, als er die Begründung des Paulus dahin versteht, dass der Mann die Frau erst nach Empfang der dos heiraten will, und annimmt, mit divertere sei der Rücktritt vom Verlöbnis gemeint. Aus dem Gebrauch des Wortes maritus und daraus, dass das Dotalversprechen auch dann, wenn es ein Angewiesener abgibt, erst mit Eheschließung wirksam wird, ergibt sich, dass es um die Klage des Mannes nach erfolgter Eheschließung und im Fall des divertere nach Scheidung geht; so mit Selbstverständlichkeit etwa August Bechmann, Das Römische Dotalrecht, 2. Abt., 1867, 82. Die Wendung non ducturus uxorem, nisi dotem accepisset ist zu lesen „der sie nicht geheiratet hätte, wenn er keine dos bestellt erhalten hätte“, so auch die Übersetzung von Carl Friedrich Sintenis in C. E. Otto, B. Schilling und C. F. Sintenis, 4. Bd., 1832.
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für ihre Durchsetzbarkeit trotz eines mangelhaften Seitenverhältnisses: Weder besteht ein Interesse des Delegatars an der Erfüllung seines Anspruchs im Valutaverhältnis trotz Mangels des Deckungsverhältnisses noch ein solches des Delegaten daran, trotz fehlerhaften Valutaverhältnisses im Deckungsverhältnis freizuwerden. Zu kurz greift es demgegenüber, wenn man auf den praktischen Gesichtspunkt der Vermeidung zweier Kondiktionen verweist47, und deskriptiv bleibt es, wenn man sagt48, im Fall des Doppelmangels seien die von den Parteien der Seitenverhältnisse verabredeten causae (solvendi usw.) mangelhaft, von denen jede für sich hinreichen würde, die Stipulation unanfechtbar zu machen49. Der Ausgleich geschieht in den verschiedenen Fällen von fr. 5.5 wie folgt: Im Fall der Delegation des Schenkungsbereiten an den Gläubiger steht dem Promittenten gegen den anweisenden Schuldner die condictio zu, wobei der Paulustext auch etwas zu ihrem Inhalt sagt: Sie geht auf Befreiung von der Stipulationsschuld bzw. auf Zahlung und zwar, wie zu ergänzen ist, in Höhe des Übermaßbetrages. Ebenso kann der Schenkungsbereite, den die Frau zum Zwecke der Mitgiftbestellung dem Mann angewiesen hat, von ihr mit der condictio Zahlung resp. Freistellung in Höhe des das erlaubte Maß der Schenkung übersteigenden Betrages verlangen. Schließlich hat der zur promissio an den Mann angewiesene Schuldner, dem gegen die Delegantin die exceptio doli zustand, gegen sie die condictio, wiederum gerichtet auf Zahlung oder Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Mann. Im Fall der Scheidung, in dem der Klage aus der promissio ihrerseits die exceptio doli entgegensteht, bedarf es keines Ausgleichs. Ebenso wie die auf die Rückgängigmachung des verbotenen Anteils der Übermaßschenkung in Cels. D. 39.5.21.1 abzielenden Rechtsbehelfe actio rescissoria und condictio ist auch in Paul. D. 44.4.5.5 die condictio des zum Zwecke der Schulderfüllung und der Dosbestellung delegierten Übermaßschenkers angegriffen worden50. So z. B. in D. 12.4.7 pr. 1. Fall. So etwa Sacconi, Ricerche sulla delegazione (o. Fn. 7), 94 zu Iul. D. 39.5.2.4 / Ulp.-Iul. D. 44.4.7.1 (Parallelüberlief.). 48 J. G. Wolf, Causa stipulationis (o. Fn. 18), 167, ebenfalls (vgl. Sacconi vorige Fn.) zu Iul. D. 39.5.2.4 / Ulp.-Iul. D. 44.4.7.1. 49 Die die exceptio doli im Falle des Doppelmangels tragende Erwägung führt auch dann zur Undurchsetzbarkeit der Vollzugsstipulation, wenn das Deckungsverhältnis nichtig ist und im Valutaverhältnis geschenkt werden soll, Iul. D. 39.5.2.3 / Ulp.-Iul. D. 44.4.7 pr. – Der Grund für die Undurchsetzbarkeit im Falle des Doppelmangels ist also nicht etwa der Gedanke, dass der Anspruchsteller die Leistung aus einem anderen Grund sogleich wieder zurückerstatten müsste (dolo petit, qui petit, quod statim redditurus est). 50 Die condictio des Schenkers in fr. 5.5 und damit die Worte debitor qui delegavit vel halten für itp. etwa Friedrich Kempner, Untersuchung über die Kausalbeziehungen bei der Delegation im klassischen römischen Recht, Diss. Greifswald 1919, 54 f. (der demgegenüber D. 39.5.21.1 für echt hält, S. 51 ff.), Mitteis, Römisches Privatrecht (o. Fn. 27), 166 Fn. 56, Archi, La donazione (o. Fn. 6), 164 f., Haeberlin, SZ 74 (1957), 143 m. Fn. 159, Sacconi, Ricerche sulla delegazione (o. Fn. 7), 88 und Alonso, Estudios sobre la delegación I, Teilbd. 2 46 47
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Nicht aus der Welt schaffen kann man den Widerspruch der beiden Texte insbesondere zu D. 39.5.2.2, eod. 21 pr., eod. 33.3 sowie zu Pap. vat. 26351 dadurch, dass man unter Hinweis auf den Ursprung der lex Cincia in der Epoche der Legisaktionen, die keinen Exzeptionenmechanismus kannten52, eine ursprüngliche Durchsetzung des Schenkungsverbots durch aktive Rückforderung für möglich hält. So hat Otto Karlowa53 gemeint, man habe im Legisaktionenprozess generell den Verteidigungszweck nur durch eine „Gegen- oder Nachklage“ erreicht; ein Nachklang dieser Handhabung in der Zeit des Formularverfahrens sei die Zubilligung der condictio, gerichtet auf Rückforderung der Schenkung, in unseren beiden Texten D. 39.5.21.1 und D. 44.4.5.554. Das Argument der Imperfektheit der lex Cincia will Karlowa damit entkräften, dass es sich bei der condictio nicht um eine condictio indebiti wegen gesetzlicher Nichtigkeit der Schenkung, sondern um eine condictio ob iniustam causam im Hinblick darauf handele, dass die lex die causa solcher Zuwendungen missbillige55: Doch wäre dann eine das gesetzliche Maß überschreitende Schenkung genauso rückforderbar, wie wenn sie nichtig wäre, und nicht ersichtlich, warum die prätorische Praxis dann nicht auch sonst die Rückabwicklung perfekter Schenkungen aufgrund der lex Cincia gewährt hat. Vielmehr umfasst der Gesichtspunkt der Imperfektheit der lex hier wie bei anderen Verbotsgesetzen auch den Ausschluss der condictio ob iniustam causam56. Schließlich hat Giovanni Pugliese darauf hingewiesen, dass die Jurisdiktionsmagistrate sich eidlich zur Beachtung der Gesetze verpflichteten und daher auch unter den Legisaktionen nicht befugt waren, eine actio zuzulassen, die im Widerspruch zu einer Gesetzesvorschrift gestanden hätte57; dieses Recht und diese Pflicht der Prätoren zur denegatio actionis (o. Fn. 5), 414. Eine Anpassung beider Texte an das justinianische Recht hinsichtlich der Rückforderung nimmt auch Paul Krüger, Geschichte der Quellen und Literatur des Römischen Rechts, 2. A. 1912, 21 Fn. 82 (S. 83) an. 51 Textwiedergabe o. Fn. 32. 52 S. Kaser / Hackl, Das römische Zivilprozessrecht (o. Fn. 12), § 11 I.3 (S. 71 f.), auch Andreas Wacke, Zum Rechtsschutz Minderjähriger gegen geschäftliche Übervorteilungen – besonders durch die exceptio legis Plaetoriae –, in: TR 48 (1980) 203 – 225, 207 ff. 53 Der römische Civilprozeß zur Zeit der Legisactionen, 1872, 347 ff. 54 Zum entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang zwischen der Verteidigung durch eine Klage des Beklagten als einer Form des indirekten Zwanges und der direkten Verteidigung durch Exzeption Rudolph v. Jhering, Der Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, 3. Teil, 1. Abt., 8. A. 1954, 108 ff., an den sich Karlowa (vorige Fn.) anschließt. 55 Karlowa, Der römische Civilprozeß zur Zeit der Legisactionen (o. Fn. 53), 349 m. Fn. 3. 56 Zu folgen ist Karlowa (o. Fn. 53), 348 Fn. 3 selbstverständlich darin, dass die exceptio legis Cinciae kein hinreichender Grund ist, die lex Aebutia und damit die Legalisierung des Formularprozesses schon in die Zeit vor dem Erlass der lex Cincia, also im späten dritten Jahrhundert anzusetzen. 57 Giovanni Pugliese, Intorno al supposto divieto di modificare legislativamente il „ius civile“, in: Atti del Congresso internazionale Verona, Bd. 2, 1951, 63 – 88, 79 = Scritti giuridici scelti, Bd. 3: Diritto romano, 1985, 5 – 26, 21, ihm folgend Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 27 f.
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beruht unmittelbar auf dem Gesetzeswortlaut und ist unabhängig von der Streitfrage anzunehmen, ob diesen schon vor Erlass der lex Aebutia und damit der gesetzlichen Zulassung des Formularprozesses im 2. Jahrhundert v. Chr. eine Denegationsbefugnis aus der aequitas als dem Maßstab jurisdiktionellen Ermessens zustand. Die beiden möglichen Grundlagen für die Klagendenegation spiegeln sich wider in der Unterscheidung des Gaius in Hinsicht auf die exceptio, das weiterentwickelte Nachfolgeinstitut für die meisten Fälle der denegatio58: (4.118) Exceptiones autem alias in edicto praetor habet propositas, alias causa cognita accommodat. Quae omnes vel ex legibus vel ex his quae legis vicem obtinent substantiam capiunt, vel ex iurisdictione praetoris proditae sunt. Ein Prätor, der aus einer Übermaßschenkung eine Klage erteilt hätte, hätte sich einer Gesetzesverletzung schuldig gemacht59. Damit, dass die condictio in fr. 5.5 und in fr. 21.1 ein Residuum des dezemviralprozessualen Verteidigungsmittels der Gegenklage als des zunächst einzigen Behelfs zur Durchsetzung des Schenkungsverbots der lex Cincia sei, lässt sie sich also nicht erklären. Es bleibt damit dabei, dass eine allgemeine Quellenaussage – die Anweisungsschenkung ist mit dem Abschluss der Vollzugsstipulation perfekt60 – und eine spezielle, nämlich um das Merkmal des Übermaßes erweiterte Aussage – der im Valuta- (fr. 21.1) und der im Deckungsverhältnis (fr. 5.5) Schenkende haben in Höhe des verbotenen Betrages die condictio gegen den Beschenkten – nebeneinander stehen. Dabei ist das Vorliegen einer gegen die lex Cincia verstoßenden Schenkung eine Besonderheit, eine Ausnahme gegenüber dem Regelfall. Bei einer solchen Quellenlage ist es nicht nur kein Zurückweichen vor den Erfordernissen unmittelbarer texthermeneutischer Logik als der untersten Stufe exegetischer Methode, sondern umgekehrt ein Gebot dieser Logik, die allgemeine Aussage als auf den Fall beschränkt zu erfassen, der die in der anderen Textgruppe hinzutretende Partikularität nicht aufweist. Man mag die Erkenntnis, dass die erste Quellengruppe überhaupt nicht den Fall der gegen die lex Cincia verstoßenden Schenkung betrifft, mit Pflüger auch damit motivieren, es sei für Celsus in D. 39.5.21 pr.61, da „die lex Cincia das Recht der Schenkungen einigermaßen verwickelt machte“, „schon didactisch geboten“ gewesen, „bei Darstellung dieses Rechts von der lex Cincia zunächst ganz abzusehen“, um die es dann erst in § 1 gegangen sei62. Pugliese, a. a. O. (vorige Fn.). So Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 28. 60 Allgemein zu der nicht auf die lex Cincia beschränkten Reichweite des Begriffs der donatio perfecta s. Archi, La donazione (o. Fn. 6), 167 ff. 61 28 dig. Ut mihi donares, creditori meo delegante me promisisti: factum valet, ille enim suum recepit. 62 Pflüger, Festschrift Paul Krüger (o. Fn. 1), 79; in der Sache ebenso S. 83 zu D. 44.4.5.5. Pflüger vermutet, Celsus habe ursprünglich einleitend klargestellt, dass der in D. 39.5.21 pr. erörterte Fall eine nicht gegen die lex Cincia verstoßende Schenkung betrifft; doch ist dieses gerade aus den von Pflüger angeführten Gründen (s. im Text) nicht wahrscheinlich. – Kempner, Kausalbeziehungen bei der Delegation (o. Fn. 50), 47 wendet gegenüber Pflüger ein, we58 59
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Ein weiteres kommt hinzu. Den Angriffen auf die Rückforderungsbehelfe in unseren beiden Texten liegt unterschwellig die vor allem durch Cels. D. 24.1.3.1263, aber auch durch den Vergleichsfall der triplex numeratio in unserem ebenfalls von Celsus stammenden Fragment D. 39.5.21.1 genährte Idee zugrunde, dass die Delegationswirkung, d. h. die Wirkung der, wie es Bernhard Windscheid unprätentiös und treffend genannt hat, „indirekten Vermögensleistung“64, auf der Fiktion realer dationes in den beiden Seitenverhältnissen des Anweisungsdreiecks durch die klassischen Juristen beruht. Diese Idee führt zu Cels. D. 39.5.21.1, ebenso aber auch zu Paul. D. 44.4.5.5 dazu, als dem Fall der Schenkung durch Anweisung zum Versprechen gleichwertig denjenigen Fall anzusehen, dass der Schenker die Schenkung durch reale Zahlung bewirkt, und damit den Fall, in dem eine Rückforderung des Übermaßanteils im Hinblick auf die Imperfektheit der lex Cincia so, wie die Juristen diese gehandhabt haben, ausgeschlossen ist. Wertungsmäßig entspricht jedoch ein anderer Fall dem der Delegationsschenkung, nämlich derjenige, dass der Schenker selbst dem zu Beschenkenden promittiert; in dem Falle stünde ihm hinsichtlich des Übermaßbetrages die exceptio legis Cinciae zu, und er hätte, falls er, ohne auch insoweit schenken zu wollen, gleichwohl zahlen sollte, die condictio indebiti in Höhe des Übermaßbetrages. Archi hat auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht, aber gemeint, Celsus habe in D. 39.5.21.1 die Schenkung durch delegatio ad promittendum nicht als Ersatz für die eigene promissio des Schenkers – einen Fall, den die römischen Juristen im Zusammenhang mit der Anweisungsschenkung nirgends erwähnen65 –, sondern als gleichwertig mit dem Fall angesehen, dass der Schenker ohne vorangegangenes Versprechen selbst an den zu Beschenkenden leistet66. Ebenso soll nach Archi in gen der „allgemein anerkannten“ Interpolation von immodicae in D. 39.5.21.1 stünden das pr. und unser § 1 „ihren Voraussetzungen nach ganz gleich“. Doch auch falls immodicae itp. sein sollte, so allenfalls im Zuge der justinianischen Einführung der Obliegenheit zur insinuatio von notariellen Urkunden über Schenkungen von einer bestimmten Höhe an, so dass es nur eine andere Formulierung ersetzt, mit der der Verstoß gegen die lex Cincia ausgedrückt war (o. Fn. 1 m. Nachw.); für Interpolation im Hinblick auf die Einführung der insinuatio Sacconi, Ricerche sulla delegazione (o. Fn. 7), 56 Fn. 5 m.w. N., für Unechtheit außerdem etwa Theodor Schirmer, Beiträge zur Interpretation von Scävolas Digesten II, in: SZ 12 (1892), 15 – 33, 25 und Gerhard v. Beseler, Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen, in: SZ 66 (1948), 265 – 393, 385. Wahrscheinlicher ist aber, dass immodicae der überhaupt von Celsus herrührende Ausdruck zur Kennzeichnung der den modus legis Cinciae übersteigenden Schenkung ist. In jedem Falle bleibt es entgegen Kempner dabei, dass D. 39.5.21.1 anders als das pr. von der Übermaßschenkung handelt. Celsus kommt bei der Erörterung der Frage der Unanfechtbarkeit der Vollzugsstipulation in Schenkungsfällen vom Allgemeinen auf das Besondere, und das ist hier die Übermaßschenkung. 63 O. bei Fn. 4. 64 So der Titel der schon mehrfach zit. Abhandlung Windscheids in der Leipziger Festgabe für Müller (o. Fn. 1), 1 ff. = Kleine Schriften Teil 2, 499 ff. 65 Archi, La donazione (o. Fn. 6), 160 f. 66 Archi, La donazione (o. Fn. 6), 160 ff. Er hält denjenigen, die die condictio des Übermaßschenkers in D. 39.5.21.1 als echt ansehen, entgegen (S. 161): „Eppure proprio a questa
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D. 44.4.5.5 nichts dafür sprechen, dass für Paulus die promissio des angewiesenen Schenkungsbereiten an den Gläubiger bzw. maritus gleichwertig mit einem direkten Versprechen des Schenkers an den Schuldner bzw. die Frau gewesen wäre; als gleich zu erachtend soll vielmehr auch er die Realschenkung an den Donatar bzw. die Donatarin angesehen haben67. Doch ist gerade die eigene Promission des Schenkers gegenüber dem Beschenkten der Fall, der wertungsmäßig demjenigen entspricht, dass er seinen Schuldner einschaltet (fr. 21.1) oder dass er auf Anweisung des zu Beschenkenden einem Dritten promittiert (fr. 5.5.). Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass dem Versprechensschenker die Berufung auf die Übermaßschenkung deswegen vorenthalten bleiben soll, weil er, anstatt selbst dem zu Beschenkenden zu versprechen, entweder einen anderen diesem versprechen lässt oder selbst gegenüber einem anderen als dem zu Beschenkenden verspricht. In jedem dieser drei Fälle hat sowohl der zu Beschenkende das, was zugewandt werden soll, noch nicht wie vorgesehen erlangt als auch der Schenker selbst noch nichts aus der Hand gegeben. Die Folge kann nur sein, dass nicht nur im Fall des direkten Schenkungsversprechens, sondern auch in den Fällen der Anweisungsschenkung im Valuta- bzw. im Deckungsverhältnis, also im zweiten bzw. dritten der genannten Fälle, noch kondiziert werden kann, soweit die Schenkung den modus legis Cinciae überschreitet: Vor Zahlung kann der Schenker vom Beschenkten im Fall des eigenen Versprechens an den Beschenkten Erlass, im Fall der promissio des von ihm angewiesenen Dritten (Schenkung im Valutaverhältnis) Überlassung des Klagerechts gegen diesen und schließlich im Fall des eigenen Versprechens an einen Dritten, etwa einen Gläubiger des Beschenkten (Schenkung im Deckungsverhältnis), Befreiung von dieser Verbindlichkeit, jeweils in Höhe des Übermaßbetrages, verlangen. Ist gezahlt worden, so steht dem Schenker insoweit im ersten und zweiten Fall Herausgabe des Empfangenen und im dritten Fall Ersatz mi sembra pensino coloro, che in tanto giustificano questa condictio in repetizione, in quanto sostengono che il delegante donante veniva a trovarsi in una condizione speciale per il fatto che era ricorso nel caso a una delegazione, invece che assumere egli direttamente l’obbligazione e valersi di poi di una exceptio (legis Cinciae).“ Als Sachgrund für die condictio in fr. 21.1 ist also zu erwägen, dass der Schenker vor dem Hintergrund des Vergleichsfalls der eigenen promissio vor nachteiligen Folgen der Delegation zu schützen ist. Aber: „Per i giureconsulti qui non si tratta di una mancata donazione promissoria diretta, quanto piuttosto di una mancata donazione reale. Solo per accelerare i tempi si ricorre alla delegazione.“ Nur das zuletzt Gesagte, das für jede „indirekte Vermögensleistung“ gilt, trifft zu. – Außer in ihrem Ergebnis liegt eine Schwäche der Argumentation Archis zu fr. 21.1 auch darin, dass er die Gleichwertigkeit des Falles des eigenen Schenkungsversprechens und der Delegation nur für den Fall erwägt, dass auch im Falle der Delegation ein eigenes Versprechen des Schenkers vorangegangen ist, dass also nur zum Zwecke der Erfüllung eines bestehenden Schenkungsversprechens delegiert wird (S. 161): Gerade „in questo caso sarebbe giusto affermare che la sua posizione non può variare per il fatto di avere egli adempiuto alla propria obbligazione, anziché mediante pagamento, a mezzo di delegatio.“ Entgegen Archi geht es aber gerade nicht um die Gleichwertigkeit der promissio des Delegaten mit einer Zahlung des anweisenden Schenkers, was auf die Idee der fingierten datio hinausliefe, sondern mit einer promissio des Anweisenden, s. sogl. im Text. 67 Archi (vorige Fn.), 164.
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des Wertes der im Valutaverhältnis eingetretenen Schuldbefreiung usw. zu. Die Fiktionsidee, also der Gedanke, die promissio durch den Angewiesenen stehe in jeder Hinsicht der Zahlung gleich, verstellt den Blick für die richtige Erfassung der Delegationsschenkung: ebenso wie es auch sonst in der Dogmatik Bilder tun, die gleichsam vollplastisch ausgebildet sind und an denen deshalb eigentliche juristische Wertung abprallt. Auf halbem Wege stehen bleibt die Erklärung, die Kondiktion sei der Ausgleich für die verlorengegangene exceptio legis Cinciae68. Vielmehr ist die allgemeine Schenkungsperfektion nicht deckungsgleich mit derjenigen Vollziehung, die nach prätorischer Praxis und der interpretatio der Juristen im Hinblick auf die lex Cincia die Übermaßschenkung unangreifbar macht. Wenn eine Schenkung allgemein, d. h. hinsichtlich anderer Rechtswirkungen als der Rückforderbarkeit aufgrund der lex, „perfekt“ ist, so bedeutet das nicht in jedem Falle, dass sie auch im Lichte des Verbotes der Übermaßschenkung ein Fait accompli: vollzogen ist. Wenn Hermogenian in D. 39.5.33.3 und Julian eod. 2.269 hervorheben, dass im Falle der Anweisungsschenkung mit der Promission des Angewiesenen sogar dann, wenn auch im Deckungsverhältnis geschenkt werden soll, die Schenkung inter omnes personas perfekt ist, und Hermogenian hinzusetzt, dass der Angewiesene nicht nur in id quod facere potest zu verurteilen ist, so betrifft dies mit dem beneficium competentiae zwar einen ebenso wie das Verbot der lex Cincia dem Schenker gegenüber dem zu Beschenkenden zustehenden Einwand. Auch kommt ein solcher Einwand der Natur der Sache nach in beiden Fällen nur bei einer Versprechensschenkung in Betracht; ist eine Schenkung durch unmittelbare Zuwendung donandi causa vollzogen, ist für ihn kein Raum mehr. Ein Unterschied zwischen beiden besteht aber in dem Fall, dass der Schenker das Schenkungsversprechen irrtümlich in vollem Umfang erfüllt, ohne sich auf die lex Cincia bzw. die Beschränkung der Haftung auf das id quod facere potest zu berufen: Während das Schenkungsverbot der lex auch dann noch im Einklang mit seinem Sinn und Zweck durchgesetzt werden kann – eben durch einen Anspruch auf Rückzahlung des Übermaßanteils –, hat sich der Zweck des beneficium durch die volle Zahlung erledigt, denn der Schenker hat durch die Leistung gezeigt, dass er das Ganze zu leisten imstande war und dass also kein Unterschied zwischen diesem und dem id quod facere potest bestand. Eine condictio desjenigen Schenkers, der den Einwand mangelnder Kompetenz versäumt, wäre von dem kaiserrechtlichen Privileg nicht umfasst. Dieser Unterschied wirkt sich auch im Falle der Anweisungsschenkung aus, der wertungsmäßig nicht dem der Realschenkung, sondern dem des Schenkungsver68 So Wolfgang Endemann, Der Begriff der Delegatio im Klassischen Römischen Recht, 1959, 51 bzw. 56, der freilich meint, die Kondiktion widerstreite nicht der Durchgangstheorie, also der Fiktion einer realen Zahlung; der Gedanke des „Ausgleichs“ findet sich außerdem bei Ulrich v. Lübtow, Die Entwicklung des Darlehensbegriffs im römischen und im geltenden Recht, mit Beiträgen zur Delegation und Novation, 1965, 51 und bei Kaser, Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte (o. Fn. 33), 25. 69 O. nach Fn. 23.
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sprechens gleichsteht. Bei der Delegationsschenkung läuft das Haftungsprivileg überhaupt leer. Denn der Angewiesene kann sich dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht darauf berufen, da im Vollzugsverhältnis nicht geschenkt wird (Herm. D. 39.5.33.3), und zugunsten des anweisenden Schenkers70 versagt die Ratio des beneficium: In dem Maße nämlich, in dem im Verhältnis zum Beschenkten, dem Delegatar, eine Rückforderung in Betracht kommt, hat der Schenker durch die von ihm veranlasste promissio und gegebenenfalls deren anschließende Erfüllung durch den Angewiesenen gezeigt, dass er das, was Gegenstand der Schenkung war, facere potest. Das Entsprechende gilt bei Schenkung im Deckungsverhältnis: Der angewiesene Schenker hat gegenüber dem Delegatar das privilegium nicht, weil er insoweit nicht schenkt, und auf eine condictio gegen den Beschenkten, den Anweisenden, trifft wiederum die Ratio des Privilegs nicht zu, denn soweit der Schenker anweisungsgemäß promittiert und daraufhin erfüllt hat, hat er sich als leistungsfähig erwiesen. Bei der Delegationsschenkung ist daher ebenso wie im Falle des direkten Schenkungsversprechens für eine Rückforderung unter dem Gesichtspunkt der Beschränkung der Haftung auf das id quod facere potest kein Raum. Demgegenüber umfasst der Regelungszweck der lex Cincia auch die Rückgängigmachung von Schenkungen, die ansonsten „perfekt“, unangreifbar sind: Handelt es sich nicht um eine Realschenkung, sondern wird in Form eines Versprechens geschenkt, sei es direkt oder, als Anweisungsschenkung, entweder durch Promission eines Dritten an den zu Beschenkenden oder durch Versprechen des Schenkers an einen Dritten, so kann die Erfüllung des Versprechens jeweils vom Schenker verhindert werden, indem er im ersten Fall gegenüber dem Beschenkten die exceptio legis Cinciae geltend macht, von ihm im zweiten Fall die Herausgabe des Klagerechts und im dritten die Befreiung von der schenkungshalber eingegangenen Verbindlichkeit verlangt, jeweils beschränkt auf den Übermaßanteil. Ist gezahlt worden, so hat er insoweit eine condictio auf Herausgabe des empfangenen Geldes bzw. des Wertes der erlangten Befreiung etc.71 Im Falle der Schenkung im Valutaverhältnis. Nur im Ansatz zutr. Kempner in der zit. (o. Fn. 50) aus der Schule Emil Seckels hervorgegangenen Diss. (vgl. Kempner nach S. 65), soweit er nämlich meint, dass in D. 39.5.21.1 die Schenkung, obgleich dem Delegaten gegenüber dem Delegatar keine exceptio legis Cinciae zustand, „vom Deleganten aus imperfecta“ sei, a. a. O., 50 (wohingegen er die condictio in D. 44.4.5.5 für itp. hält, a. a. O., 54 f.). Kempner geht aber zu Unrecht von einem einheitlichen, auch für die lex Cincia maßgeblichen Perfektionsbegriff aus und erklärt die donatio perfecta in Iul. D. 39.5.2.2 (o. nach Fn. 23) damit (a. a. O., 49), wegen der Schenkung in beiden Seitenverhältnissen perfiziere durch die promissio des Delegaten sowohl dieser (im Deckungsverhältnis) als auch der Delegant (im Valutaverhältnis) seine Schenkung jeweils ausnahmsweise selbst, so dass also in diesem Fall „Fremdperfektion“ zulässig sei, a. a. O., 50, auch 65: Der Delegat könne in Ermangelung einer Schuld im Deckungsverhältnis seine Schenkung nur durch anweisungsgemäße promissio an den Delegatar vollziehen, und im Valutaverhältnis gehe die Perfektion „infolge der Besonderheit des Deckungsverhältnisses in diesem Fall doch vom Deleganten“ aus. Ist das Letztere schon für sich nicht schlüssig – die Promission des Angewiesenen ginge auch dann vom Deleganten aus, wenn im Deckungsverhältnis Schuld vorläge –, so ist dieser These vor allem entgegenzuhalten, dass die das Schenkungsverbot der 70 71
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Auch die zum Zwecke der Schenkung in einem Seitenverhältnis oder in beiden eingegangene Vollzugsstipulation ist abstrakt und daher die Schenkung – wohlgemerkt: die Schenkung eines Forderungsrechts – im Grundsatz mit der Vornahme der Promission bewirkt. Eine Ausnahme haben, wie Cels. D. 39.5.21.1 und Paul. D. 44.4.5.5 zeigen, die römischen Juristen für den Fall der Übermaßschenkung gemacht: Im Hinblick auf das cincische Schenkungsverbot liegt in dem Vollzugsversprechen noch keine Bewirkung der Schenkung mit der Folge, dass der Forderung aus dem Versprechen die exceptio legis Cinciae entgegensteht und dass das Geleistete – das abstrakte Versprechen oder das in dessen Erfüllung bereits Gegebene – von dem, der schenken wollte, mangels einer die erbrachte Leistung rechtfertigenden causa mit einer condictio indebiti (vgl. Ulp. vat. 266)72 kondiziert werden kann.
lex Cincia überwindende Vollziehung in den Anweisungsfällen nicht daran scheitert, dass ein anderer als der Schenker promittiert, sondern daran, dass überhaupt promittiert wird. Auch dann, wenn der Schenker selbst promittiert, anstatt unmittelbar zu leisten, bleibt die Schenkung für die lex Cincia imperfekt. 72 Wiedergegeben o. Fn. 36.
Geschäftsführung ohne Auftrag und der gute Samariter Von Eltjo Schrage I. Einführung: keine negotiorum gestio im englischen Recht Vor einigen Jahren hat David Ibbetson darauf hingewiesen, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag lange Zeit dem englischen Recht vollkommen fremd war.1 Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Fällen, in denen jemand ein fremdes Geschäft geführt hat, wurde in der Rechtsprechung verneint, selbst dann, wenn das Geschäft dem Geschäftsherrn zum Nutzen gewesen war. Obwohl dem barmherzigen Samariter, der sich absichtlich und freiwillig um das Geschäft eines Anderen kümmert, in mehreren modernen Rechtssystemen eine action negotiorum gestorum contraria als Klage auf Aufwendungsersatz zusteht, ist das im englischen Recht im Prinzip bis zum heutigen Tag nicht der Fall. „The great majority of the common law systems appear to have done their best to discourage good Samaritans“ schrieb vor einigen Jahren noch J. P. Dawson.2 Ähnliches galt übrigens auch im österreichischen und preußischen Recht. Dem der Aufklärung eigenen Individualismus ist es wahrscheinlich geschuldet, dass das ABGB in § 1035 und das Preußische Landrecht in I,13,228 im Prinzip die Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich verboten und diese ausschließlich für die unmittelbare Abwehrung von drohenden Gefahren und Beschädigungen zuließen. Der französische Code Civil wollte von derartigen Beschränkungen nichts wissen. Die ältere englische Rechtsprechung ist ziemlich eindeutig.3 „Liabilities are not to be forced upon people behind their backs any more than you can confer a benefit 1 D. Ibbetson, Unjust Enrichment in England before 1600, in: Unjust Enrichment. The Comparative Legal History of the Law of Restitution [Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History / Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und anglo-amerikanischen Rechtsgeschichte, Band 15], hrsg. E. J. H. Schrage, 1999, 121 – 148 (147): „English law did not know any idea of negotiorum gestio in the Middle Ages“. 2 J. P. Dawson, Rewards for the rescue of human life?, in: Twentieth century comparative and conflicts law, Legal essays in honor of Hessel E. Yntema, hrsg. K. H. Nadelmann / A. Taylo / Von Mehren / J. N. Hazard, Leyden 1961, 142; zweiter Teil in: J. P. Dawson, „Negotiorum Gestio“: The Altruistic Intermeddler, in Harvard Law Review Vol. 74, No. 5 (Mar., 1961), 817 – 865. 3 Nicholson v Chapnan [1793] 2 H Bl 254; 126 ER 536; Falcke v Scottish Imperial Insurance Co. [1886] 34 Ch D 234.
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upon a man against his will“ hieß es in Falcke v Scottish Imperial Insurance Co, einem Urteil von 1886. Ein Jahrhundert früher hatte sich eine Ladung Holz vom Ufer des Flusses Thames losgelöst und war auf einem Treidelpfad gelandet. Auf Befehl der Obrigkeit kümmerte Chapman sich um das Holz. Als der Eigentümer, Nicholson, sich meldete und Herausgabe der Ladung verlangte, verweigerte Chapman ihm das Holz umsonst zu übertragen; er verlangte Bezahlung von £ 6 für seinen Zeitaufwand. Als Nicholson die action of trover erhob, wurde dieser Eigentumsklage stattgegeben. Ein Zurückbehaltungsrecht wurde Chapman verweigert, weil er keinen Anspruch auf irgendwelche Zahlung geltend machen konnte. Eyre CJ erwog: „perhaps it is better for the public that these voluntary acts of benevolence from one man to another, which are charities and moral duties, but not legal duties, should depend altogether for their reward upon the moral duty of gratitude“. In seiner Argumentation wog der Chief Justice das Spannungsverhältnis zwischen dem förderungswürdigen uneigennützigen Hilfseinsatz zugunsten eines abwesenden Mitbürgers einerseits und der Abwehr unerwünschter Einmischung in fremde Angelegenheiten andererseits ab. Der Richter misst hier Letzterem das größere Gewicht bei. Der gute Samariter mag zwar ermuntert werden, er leistet ja eine moral duty; er braucht aber nicht entschädigt oder sogar für seine Arbeit bezahlt zu werden: er erfüllt ja keine rechtliche Verpflichtung. Fast 100 Jahre später wird auf der anderen Seite des Atlantiks der Supreme Court of Oregon in einem vergleichbaren Fall bezüglich einer vom Ufer des Columbiaflusses losgelöste Ladung Holz, um die Herr Glenn sich kümmerte, zu dem selben Ergebnis kommen, weil das Recht „an act done fort the benefit of another, without his request [betrachtet] as a voluntary act of courtesy, for which no action can be sustained“.4 Das ist eine Meinung, die sich aber nicht, auch nicht aus der Sicht des common law durchgehend aufrecht halten lässt. Es bestehen auch common principles of decency and humanity and the common impulses of our nature, die den Rahmen der sittlichen Verpflichtungen sprengen und sogar rechtlich zu einem Anspruch auf Aufwendungsersatz führen können.
II. Wichtige Ausnahmen Schon ältere Entscheidungen in dieser Richtung können dem Bestattungsrecht entnommen werden. Bis 1883 haftete in England der Ehemann für die Kosten der Bestattung seiner Frau. Wenn er aber wegen seines Aufenthalts im Ausland unwissend oder sonst unerreichbar war, wurde seit Besfich v Coggil angenommen, dass ein Dritter sich um die Bestattung kümmern dürfte und seine Aufwendungen erstattet bekam:5 „in cases of necessity a stranger may direct the funeral, and defray the 4 Glenn v Savage, 13 P. 442 (Or. 1887), § 448, darüber H. Dagan, In Defense of the Good Samaritan, in: 1998 – 1999 Michigan Law Review 97, 1152 – 1200.
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expenses out of the deceased’s effects, without rendering himself liable as executor de son tort.“ Der Fremde darf aber nicht all zu fremd sein, bestimmt nicht ein mere stranger, volunteer, officious meddler oder intermeddler oder selbst interloper, wenn wir die von Johna Wade gebrauchte Epitheta verwenden.6 Unerwünschte Einmischungen in derart intime Angelegenheiten wie die Beerdigung eines Nächsten wurden schon von alters her nicht entschädigt. Dieser Fall traf aber nicht auf Jenkins zu, der als Vater eine Klage auf Aufwendungen für die Beerdigung seiner Tochter, die bei ihm zu Hause verstorben war, gegen seinen Schwiegersohn erhob, der schon längere Zeit in Jamaica lebte. In diesem Fall wurde der Klage stattgegeben, weil damals dem Ehemann eine gesetzliche Pflicht oblag, die Beerdigung seiner Frau zu bezahlen und dem Vater bei dessen Verhinderung die sittliche Pflicht oblag, sich um die Bestattung zu kümmern.7 In römischer Terminologie würde man hier auch eher von der action funeraria als von der actio negotiorum gestorum contraria sprechen. Das Bestattungsrecht hat eine erste Bresche geschlagen in die Ansicht, dass dem guten Samariter keine Ansprüche gewährt werden können. Es ist aber nicht bei dieser ersten Bresche geblieben. Im Bereich des Seerechts, wo die Bergung von Schiffen in Notfällen eine eigene gesetzliche Regelung kennt und auf diesem Wege den uneigennützigen Hilfseinsatz zugunsten der sich in Not befindenden Seeleuten und Schiffen vergolten wird, finden wir ein zweites Beispiel. Der spezielle Court of Admiralty war beim Aufwendungsersatz für den Retter immer großzügiger als andere Gerichte. Es erhob sich natürlich die Frage, ob es sich hier um ein Teilgebiet sui generis handelt, oder ob hier von analog anwendbaren Prinzipien die Rede ist. Diese Frage wurde anfänglich verneint. So wurde bei Nicholson v Chapnan entschieden, dass das Seerecht sich nur auf Gezeiten unterworfene Wasser bezieht, nicht auf Nicht-Tidengewässer. Die Frage kam aber während des Ersten Weltkrieges erneut auf.8 Prager war ein Pelzhändler in Prag. Er hatte einen Agenturvertrag mit Blatspiel, Stamp and Heacock in London geschlossen, wobei letzterer sich verpflichtet hatte, für Prager Pelze einzukaufen. In den Jahren 1915 und 1916 kauften sie mehrere Ladungen Pelzen, die sie aber wegen dem Kriege nicht nach Prag verschicken konnten. In den nächsten Jahren stiegen die Pelzpreise beträchtlich. Blatspiel, Stamp and Heacock entschlossen sich, die Pelze für den höheren Preis an Dritte zu verkaufen. Nach dem 5 Besfich v Coggil [1628] 1 Palm 559; 81 E.R. 1219, besprochen in Goff & Jones, The Law of Unjust Enrichment [The Common Law Library], 8. Auflage, Hrsg. C. Mitchell / P. Mitchell / S. Watterson, London 2011, § 18 – 75, Anm. 213. 6 J. W. Wade, Restitution for Benefits Conferred Without Request, in VandenBilt Law Review 19 (1966), 1183 / 1184. 7 Jenkins v Tucker [1788] 1 H Bl. 90. Darüber E. J. H. Schrage, De opgedrongen verrijking. Over de actio funeraria, de actio negotiorum gestorum en de kosten van de begrafenis,. in: Acta Juridica 1992 (Essays in Honour of Wouter de Vos, Published under the auspices of the Faculty of Law, University of Cape Town). 8 Prager v Blatspiel Stamp and Heacock Ltd [1924] 1 KB 566.
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Krieg verlangte Prager die Lieferung der Pelze und klagte, als die Lieferung sich als unmöglich herausstellte, auf Schadenersatz. McCardie J. wandte das dem Seerecht entnommene Prinzip des agency of necessity an. In Notfällen hat der Kapitän eines Seeschiffes die Befugnis die Ladung zu verkaufen, um deren Wert zu schützen, vorausgesetzt, dass er Instruktionen seines vertraglichen Auftraggebers nicht abwarten kann. Hier war aber von einem Notfall nicht die Rede. Zwar war die Kommunikation mit Prager unmöglich, aber diese Unmöglichkeit war voraussichtlicht nur vorübergehend und auf die Kriegszeiten beschränkt. Blatspiel, Stamp and Heacock hatten, nach dem Urteil des Richters, die Pelze einfach aus Gewinnstreben verkauft (I decide, without hesitation, that the defendants did not act bona fide …) und sie hafteten deswegen auf Schadensersatz, das heißt in diesem Fall: auf Herausgabe des Gewinns.
III. Werden die Ausnahmen zur Regel? Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Haben wir es hier mit einem ersten Schritt auf dem langen Wege zur Anerkennung der rechtlichen Rolle des guten Samariters im common law zu tun? In mehreren späteren Entscheidungen hat das House of Lords durch die analoge Anwendung des handelsrechtlichen Prinzips aus dem common law of salvage eine befriedigende Lösung der vorliegenden Rechtsfragen auf dem Gebiet, das man auf dem Kontinent als Geschäftsführung ohne Auftrag bezeichnet, zu erreichen versucht. Es gibt heutzutage mehrere Beispiele in dieser Richtung.9 Damit ergibt sich aber die Frage, ob nicht das, was ursprünglich nur als Ausnahmefall im common law galt (Aufwendungsersatz in Fällen freiwilliger Geschäftsführung ohne Auftrag) zur Regel wird. Über dieses Thema sind in letzter Zeit mehrere wichtige Publikationen erschienen,10 unter welchen der Bericht der Law Commission von Irland eine besondere Erwähnung verdient, auch weil er viel größere Probleme als die hier genannten behandelt, wie z. B. die Haftung für freiwilliges Auftreten (oder Nicht-Auftreten) bei Unfällen.11 Damit geht der Bericht hin bis zur Frage nach den Grenzen der Haftung des Geschäftsführers bzw. des Geschäftsherrn.
9 Die Fälle sind gesammelt und deswegen leicht zugänglich in A. Burrows / E. McKendrick / J. Edelman, Cases and Materials on the Law of Restitution, 2. Aufl. Oxford 2005, Ch. 9, 559 – 606. 10 N. Jansen, Negotiorum Gestio and Benevolent Intervention in Another’s Affairs: Principles of European Law?, in: Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 15 (2007), 958 – 991. 11 Law Reform Commission (Coimisíun um Athchóiriú an dlí), Civil Liability of Good Samaritans and Volunteers [LRC 93 – 2009], Dublin 2009, http: // www.lawreform.ie /_fileup load / Reports /rGoodSamaritan.pdf.
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IV. Römisches Recht Die Antwort auf diese Fragen erscheint ohne Zweifel dem mit dem römischen Recht so gut wie wenige Juristen vertrauten Christoph Krampe offensichtlich. Wer freiwillig, ohne dazu ein Mandat bekommen zu haben, das Geschäft eines anderen zu dessen Nutzen führt, kann Aufwendungsersatz verlangen. Die Klage wird aber abgewiesen, wenn der Gestor nicht dem Interesse des dominus negotii zu dienen beabsichtigt, sondern nur seinem Eigenen, d. h. handelt sui lucri causa. Im modernen deutschen Recht würde man in diesen Fällen von unechter Geschäftsführung sprechen (§ 687 Abs. 2 BGB). In einem derartigen Fall kann der Gestor höchstens eine Bereicherungsklage nach dem Muster der actio negotiorum gestorum contraria erheben. Dies lesen wir in einem von Ulpian stammenden Text, der in der späteren Rechtsgeschichte von großer Bedeutung gewesen ist:12 D. 3,5,5,5: Sed et si quis negotia mea gessit non mei contemplatione, sed sui lucri causa, Labeo scripsit suum eum potius quam meum negotium gessisse (qui enim depraedandi causa accedit, suo lucro, non meo commodo studet): sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione. Ipse tamen si circa res meas aliquid impenderit, non in id quod ei abest, quia improbe ad negotia mea accessit, sed in quod ego locupletior factus sum habet contra me actionem. Doch auch wenn jemand meine Geschäfte nicht im Hinblick auf mich geführt hat, sondern um seines eigenen Vorteils willen, dann habe er, hat Labeo geschrieben, zwar eher sein eigenes als mein Geschäft geführt (wer nämlich ein Geschäft übernimmt um einen anderen auszuplündern, ist auf seinen Gewinn aus und nicht auf meinen Nutzen). Aber nichtsdestoweniger, ja um so mehr haftet auch dieser mit der Geschäftsführungsklage. Er selbst jedoch hat, wenn er etwas für meine Angelegenheiten aufwendet, nicht in der Höhe seiner Auslagen einen Anspruch gegen mich, - da er sich unredlich mit meinem Geschäft befasst hat –, sondern nur in der Höhe des Betrags, um den ich bereichert bin.
Auch Ulpian kennt das Spannungsverhältnis zwischen dem förderungswürdigen uneigennützigen Hilfseinsatz zugunsten eines Mitbürgers einerseits und der Abwehr unerwünschter Einmischung in fremde Angelegenheiten andererseits. Für die korrekte Erfüllung der freiwillig auf sich genommenen Pflichten haftet der gestor mit der actio negotiorum gestorum directa; für die Aufwendungen haftet der dominus negotii mit der actio contraria. Insoweit stellt dieser Text nichts Besonderes fest. Er entmutigt aber Einmischung in fremde Angelegenheiten aus angemaßter Eigengeschäftsführung. Hat jemand das Geschäft eines Anderen nicht so sehr im Interesse des Geschäftsherrn, sondern aus Eigeninteresse geführt, liegt nach Ansicht von Labeo eher eine Eigen- denn eine Fremdgeschäftsführung vor. Zumindest nach Ulpians Ansicht haftet der Geschäftsführer gleichwohl, ja sogar gerade wegen seines Eigeninteresses mit der actio negotiorum gestorum directa; anscheinend war der animus negotii alieni gerendi nicht ausschlaggebend für die direkte Klage. Ähnli12 J. D. Harke, Geschäftsführung und Bereicherung [Schriften zur Europäischen Rechtsund Verfassungsgeschichte 53], 2007, 28.
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ches lässt sich auch aus D. 3,5,49 entnehmen, wo der Käufer eines Sklaven eine von diesem entwendete Sache veräußert und dann mittels der actio negotiorum gestorum auf Herausgabe des erhaltenen Kaufpreises haftet, obwohl er der Meinung war, seinem eigenen Interesse, nicht dem eines Anderen zu dienen. Aufwendungsersatz aber kann derjenige, der das Geschäft eines Anderen nicht so sehr im Interesse des Geschäftsherrn, sondern vor allem aus Eigeninteresse, geführt hat, wegen seines unziemlichen Eingriffs nur insoweit verlangen, als der Geschäftsherr bereichert ist. Die Ähnlichkeit mit dem Fall Prager v Blatspiel Stamp and Heacock Ltd liegt auf der Hand. Wir werden deswegen im Folgenden versuchen, diesen Text in seiner historischen Entwicklung zu verfolgen,13 um daraus einige Schlussfolgerungen über erwünschte Grenze des Aufwendungsersatzes in Fällen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ziehen.14 Dabei lassen wir den Interpolationsverdacht von Perozzi und Pampaloni, die beiden den Satz sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione für eine von Tribonian dem ursprünglichen Text hinzugefügten Nebensatz halten, außer Acht, weil diese Interpolationsvermutung in der Rechtsgeschichte keine Rolle spielte.15 Zu verwerfen ist auch die sich auf bloße Mutmaßungen stützende Vermutung von Riccobono, dass im letzten Satz vor habet die Negation non weggefallen sei. Im Laufe des 18. Jhd. hat Siegmund Jauchius seine Sammlung von den verschiedenen verdächtigen Stellen mit fehlerhaften Negationen aus verschiedenen ihm zugängliche Manuskripte und Editionen (wie die Vulgata, Haloander, Taurelli und Gothofredus) und von Schriftstellern (wie Alciat, Augustinus, Zoanetti, Cujaz und Hotmann) entnommen, publiziert. D. 3,5,5,5 taucht in dieser Arbeit nicht auf.16
V. Mittelalterliche Juristen Naturgemäß fangen wir mit der mittelalterlichen Interpretation dieses Textes, der übrigens in den Drucken des 16. und 17. Jhd. als D. 3,5,6,3 numeriert ist, an. Nicht sehr wichtig ist eine Joannes Bassianus zugeschriebene Glosse zu den Worten Suum eum potius. Diese Glosse sagt nicht mehr als die einfache Worterklärung, 13 D. G. John, ’n Oorsig van Onregverdige Verryking as Gedingsoorsaak in die Suid-Afrikaanse Reg, Diss. Leiden, Leiden 1951; D. H. van Zyl, Die Saakwaarnemingsaksie as Verrykingsaksie in die Suid-Afrikaanse Reg, Leiden 1970. 14 Damit greifen wir ein früheres Arbeitsthema auf. E. J. H. Schrage, Qui in fundo alieno aedificavit. Die actio negotiorum gestorum als Vorstufe einer allgemeinen Bereicherungsklage, in: Revue Internationale des Droits de l’Antiquité, 3e Série, XXXVI, (1989), 401 – 420; E. J. H. Schrage, Scienti alienum esse solum potest culpa obici (Inst. 2.1.30). Sachenrecht oder Bereicherungsrecht?, in: Revue Internationale des Droits de l’Antiquité, Tome XLVII (3e Série) 2001, 403 – 413. 15 S. Perozzi, Istituzioni di Diritto Romano, vol. II, Firenze 1908, S. 251, Anm. 1; ebenso Pampaloni, Bulletino 20, S. 222 – 223, Anm. 6. 16 S. Reich. Jauchii, Meditationes Criticae De Negationibus, Pandectis Florentinis Partim Recte vel Male Jam Adjectis Aut Detractis vel Circumscriptis, Amsterdam 1728.
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dass der gestor seinem eigenen Interesse diente: idest: ad suam utilitatem, secundum Ioannem. Wichtiger ist aber die Glosse Actionem:17 Actionem. Collige hic secundum Martinum quod malae fidei possessor, etiam si suo nomine expensas fecit, habeat non solum retentionem, ut infra, de pet. Here., l. Plane, in fine [D.5.3.38], sed etiam actionem, ut hic, quia nemo debet locupletari etc., ut infra, de condictione indebiti, l. Nam hoc natura [D.12.6.14]. Ioannes [Bassianus] contra et B[ulgarus], et dicit interesse, an nomine domini impendit, ut tunc repetat, ut hic [D.3.5.5.]. an suo nomine, ut tunc non, ut infra de condi indebi l. Si in area, in fine [D.12.6.33] et infra de dol. mal. except. l. Paulus [D. 44.4.14] et infra de leg. Aqui. l. Servus ij § Si olivam [D.9.2.27.25] et argu. est ad hanc distinctionem infra communi div. l. In hoc iudicium § Diversum [D.10.3.14.1. (in medio)] et infra manda. l. Creditor [D.17.1.60] et expone literam hic, secundum Ioan[nem Bassianum] ut hic scripsi et hoc quando in faciendo expendit nomine suo. Si autem in reficiendo iudicis officium imploratur, etiam sie st malae fidei, pro necessariis tantum: pro utilibus permittitur auferre, ut C. de rei vin. l. Domum [C.3.32.5] Accurs.
D. 5,3,38, ein auf Paulus zurückgehender Text, bezeugt, dass der gutgläubige Besitzer ohne Weiteres auf Ersatz für die notwendigen und die nützlichen Aufwendungen, die er auf sich genommen hat, klagen kann, auch wenn die Sache untergegangen ist. Beim bösgläubigen Besitzer ist die Lage weniger einfach. Er hat es nur sich selbst vorzuwerfen, wissend und wollend Aufwendungen für eine fremde Sache geleistet zu haben. Dennoch lässt der Text anscheinend die Möglichkeit offen, Ersatz zu verlangen, sei es über den Weg der exceptio doli, sei es durch das officium iudicis. In dieser Glosse Actionem wird aber bezeugt, dass Johannes Bassianus und Bulgarus das entscheidende Kriterium darin gesehen haben, ob der gestor in eigenem oder im Namen des Geschäftsherrn die Aufwendungen gemacht hat. Von Fremdgeschäftsführung ist, ihrer Meinung nach, nur in vier Fällen die Rede: aliena autem dicuntur negotia quattuor modis: cura et sollicitudine, re ipsa, ratihabitione, ipso gestu.18 Von cura et sollicitudo sprechen die Glossatoren, wenn es sich um Fälle handelt, bei denen gestor als curator, tutor oder procurator für einen anderen tätig wird. Von einer negotium re ipsa ist die Rede, wenn jemand Aufwendungen auf die Sachen eines anderen tätigt. Geht es dabei um notwendige oder nützliche Aufwendungen, dann haftet der dominus negotii, soweit die Aufwendungen in seinem Namen gemacht wurden. Ist das nicht der Fall, dann lässt sich eine ratihabitio vorstellen, um die Haftung des dominus negotii zu begründen. Das ist auch in Fällen, wo von einem peculium die Rede ist, vorstellbar. In allen diesen Fällen ist anfänglich oder ex post von Geschäftsführung in fremdem Namen die Rede und kommt die actio negotiorum gestorum in Betracht (die directa für den Geschäftsherrn, sie zielt
17 J. J. Hallebeek, Developments in Medieval Roman Law, in: Unjust Enrichment. The Comparative Legal History of the Law of Restitution [Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History / Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und anglo-amerikanischen Rechtsgeschichte, Band 15], Hrsg. E. J. H. Schrage, 1999, 59 – 120 (107). 18 Azo, Summa Aurea, in C. 2.18 § 2.
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auf Herausgabe dessen ab, was der Geschäftsführer mit der Gestion erlangt hat oder bei pflichtwidriger Geschäftsführung auf Schadenersatz und die actio negotiorum contraria, die dem Geschäftsführer zur Verfügung steht; diese zielt auf Auslagenund Schadenersatz ab). Azo ist in seiner Summa Aurea auch deutlich: Azo Summa Codicis, ad C. 2.18 § 3: Si autem negotium, quod meum est, re ipsa gesseris nomine tuo, uit quia rem meam possidebas, in quam necessario vel utiliter impendisti, non datur contra me tibi actio quia neminem obligare voluisti, sed retentio, si tamen eras bonae fidei possessor, alioquin donasse videris, ut Inst. De rerum divisione § Ex diverso [Inst. 2.1.30] et ff. comm. divid. l. In hoc [D.10.3.14.1. (in medio)].
Wer in eigenem Namen das Geschäft eines anderen geführt hat, wie z. B. ein gutgläubiger Besitzer, der im Glauben, Eigentümer der Sache zu sein, auf diese Aufwendungen leistet, wollte anscheinend nicht den anderen verpflichten19 sondern wollte sein eigenes Geschäft führen, seine eigene Sache in Stand halten usw. Wenn er dann mittels der revindicatio zur Herausgabe der Sache gezwungen wird, hat er keine Klagemöglichkeit, auch nicht die actio negotiorum gestorum, aber er hat immer noch ein Recht auf Aufwendungsersatz. Es steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht zur Verfügung, vorausgesetzt er war gutgläubiger Besitzer. Ein bösgläubiger Besitzer dagegen hat seine Aufwendungen im vollen Bewusstsein gemacht, die Sache eines anderen zu begünstigen. Er ist deswegen eher einem Schenker als einem Geschäftsführer gleichzusetzen. Insoweit er nützliche Reparaturen verrichtet hat, hat er nur noch ein Wegnahmerecht, bevor er die Sache dem revindizierenden Eigentümer überlassen muss. Das bezeugt auch Azo,20 der aber hinzufügt, dass Martinus Gosia anderer Meinung war. Unter Berufung auf die klassischen Texten über die ungerechtfertigte Bereicherung meint er, dass in allen Fällen, in denen Aufwendungen auf die herauszugebende Sache getätigt wurden, auch dem bösgläubigen Besitzer und demjenigen, der sich gegen ein ausdrückliches Verbot des Eigentümers hin auf das Geschäft einlässt, die actio negotiorum gestorum zur Verfügung steht: Azo, Summa Codicis, ad C. 2.18. § 3 (Verfolg): Martinus tamen dicebat semper dari possessori actionem negotiorum gestorum, etiam si suo nomine impenderit, quia non debet dominus locupletari cum aliena iactura et pro eo inducitur quod est ff. eo. l. Si pupilli § Sed et si quis negotia [D.3,5,6,3]. Sed certe ibi gessit nomine meo, non suo, licet dicatur fecisse comtemplatione sui, idest pro lucro, quia accessit animo depraedandi. Sed contra eum est valde quod legitur ff. de cond. Indeb. l. Si in area [D. 12.6.33] et de act. Emp. l. Idque [D. 19.1.45] et de except. doli l. Paulus [D. 44.4.14].
19 Diese Absicht vertritt eine anonyme Glosse factus sum zu D. 3,5,5,5 in: Bibl. Vat. Palat lat. 737, fo. 26 rb, publiziert von Hallebeek, den Ausdruck: quia aliquem sibi voluit obligare. 20 Azo, Summa Aurea, ad C. 2.18. § 3 (Verfolg): Hoc ubi impendisti in faciendo, sed si in reficiendo pro sumptibus forte implorabis officium iudicis, si bona fide possidebas: si male idem, sit amen necessario impendisti. Si utiliter (ed.: viriliter), auferes impensam sine laesione rei, ut infra de rei vend. L. Domum [C.3.32.5].
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Diese Auffassung wird auch von anderen Quellen Martinus zugeschrieben, z. B. in der Glosse Aedificaverit zu Inst. 2,1,30,21 bei Odofredus zu D. 3,5,5,5 und C. 2,18,3, aber auch schon in den Dissensiones Dominorum.22 Nach dem Text der Institutionen soll dem Mieter nur ein Wegnahmerecht zustehen, weil er sich bewusst sein muss, die Sache eines anderen zu verwenden. Martinus Gosia war aber anderer Meinung. Nach mehreren Stellen in der Accursischen Glosse und bei Odofredus (aber auch schon früher, in den Dissensiones Dominorum) ist unter seinem Namen eine abweichende Interpretation von Inst. 2,1,30 überliefert, indem die Erstattung von Aufwendungen in Verbindung mit der Geschäftsführung ohne Auftrag gebracht wird, um auf diesem Wege dem Mieter nicht nur Einreden gegen die Eigentumsklage, sondern auch eine selbständige Klage zu ermöglichen. Seine Absicht ist klar: stände der Mieter oder der Besitzer, selbst der bösgläubige Besitzer, ohne Klagemöglichkeit dar, dann wäre der Eigentümer ungerechtfertigt bereichert. So finden wir bei den vor-Accursischen Glossatoren einen Meinungsstreit, der bis heute seine Bedeutung nicht verloren hat. Unentgeltliche Geschäftsführung birgt für Martinus die Möglichkeit, in mehreren Texten, auch in D. 3,5,5,5, eine allgemeine Bereicherungsklage anzunehmen. Obwohl angeblich Rogerius,23 Placentinus,24 Albericus, Lacobus, Bulgarus, Ugo, Azo und Accursius anderer Ansicht waren, hat Martinus dadurch den Samen für § 687 Abs. 2 BGB gepflanzt.
21 GL. aedificaverit zu Inst. 2.1.30 (… de novo faciendo): Primo casu in bona fide habeo exceptionem, non actionem, secundum Joan., ut supra proxi § [Inst. 2.1.29) et ff. de condict. indeb. l. Si in area [D. 12,6,33] et ff. de doli mali except. 1. Paulus [D. 44,4,14. Sed Martinus etiam actionem dabat et est pro eo ff. de pet. haer. 1. Haereditas § 1 [D.5,3,50,11 et : ff. si pars haer. pet. 1. fi. [D. 5,4,101 et C. de rei vindi. 1. ij et 1. Domum [C. 3,32,3 & 5]… Si vero mala fide, tunc nec excipiendo, nec agendo conservo, ut hic, nam neminem mihi potui obligare, ut ff. communi div. 1. In hoc iudicium [D. 10,3,14] secundum Ioannem. Sed Martinus etiam dabat negotiorum gestorum actionem , ut ff. de negot. gest. 1. Si pupilli § Sed et si quis [D. 3,5,6,3]. 22 Dissensiones Dominorum, Cod. Chis. §73 (Ed. Hänel S.173): Ubi autem quis de sua materia aedificat in alieno solo, sed mala fide, dicunt Quidam : si animo donandi, nihil repetit; si autem non donandi animo, per exceptionem sibi conservat expensas. Martinus utilem dat ei negotiorum gestorum actionem, ut. D. de Doli except., 1. Paulus [D. 44,4,14] et D. de negotiis gest., 1. fi. et 1. Si pupilli [D. 3,5,6] … Respondent : si vero mala fide aedificet, omni modo videtur donasse expensas, idest, irrevocabiliter dedisse. Rogerius, Placentinus, Albericus, Iacobus, Bulgarus, Ugo. 23 Rogerius, Summa Codicis 2,10,12: vel si prohibitus fuisti ne gereres, quia videris donare, non repetes. 24 Placentinus, Summa Codicis 2,19: Item dominica prohibitio inhibit repetitionem, etiam si postea utiliter fuerit negotium gestum.
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VI. Spätere Rechtsentwicklung: de legibus abrogatis Von Zeit zu Zeit hat die von Martinus bevorzugte Interpretation Nachfolger gefunden. Ziemlich früh schon finden wir den einflussreichen Cynus de Pistoia, der von Angelus Aretinus zitiert wird:25 Angelus Aretinus ad Inst. 2.1.30: Tamen isto casu quando fuit semper male fidei, advertendum est. Dixit Joannes quod donare videtur, et ideo non repetit. Sed Martinus dicit quod immo repetit, nisi probetur quod fecerit animo donandi. Glosa tenet opinionem Joanni, sed Cynus dicit quod Martinus dicit verum, nam aliquis potest in alieno aedificare scienter et non animo donandi. Pone quod in fundo commodato vel locato mala fide feci, quia non domini cogitatione, [ut C. de fur. l. Cum apud [C.7,72,10] Tamen sic aedifico, ut pleniorem usum habeam, tunc repetere possum. Sic intelliguntur dicta [l.2 in fi. C. de rei vend. [C. 3,32,2]. Sed ubi sine causa possideam, non repeto, quia tunc videor donare. Et ideo in hoc membro, quando aedificat mala fide, distingue: aut habuit aliquam causam possidendi, aut non habuit. Si non habuit, tunc non repetit, ut hic….
Es standen sich unter den frühesten Glossatoren anscheinend Joannes Bassianus, gefolgt von Azo, der Glosse und Odofredus auf der einen Seite, Martinus Gosia auf der anderen Seite gegenüber. Nach Ansicht des Letzteren kann auch derjenige, der als Entleiher oder als Mieter, also als jemand, der sich bewusst ist, über die Sache eines anderen zu verfügen, seine Aufwendungen zurückerstattet bekommen, wenn er diese nicht aus Freigiebigkeit, sondern um die Sache zu verbessern, getätigt hat, sie also als impensae necessariae oder utiles zu betrachten sind. Wer aber ohne irgendwelche causa besaß, und dennoch in vollem Bewusstsein der Sachlage auf die Sache Aufwendungen vornimmt, wird einem Schenker gleichgestellt und hat keine Möglichkeit, seine Kosten erstattet zu bekommen. So sieht es auch Cynus de Pistoia. Bartolus de Saxoferrato äußert sich in seinem Kommentar zu D. 3,5,5,5 ziemlich kurz: Qui gerit negotia animo depraedandi, actione negotiorum gestorum tenetur; ipse tamen agere non potest, nisi quatenus dominus factus est locupletior. Der Geschäftsführer, der nach seinem eigenen Vorteil strebt, hat die Folgen jeder culpa zu tragen, aber der dominus negotii hat ihm gegenüber nur dann Verpflichtungen, wenn (und soweit) er bereichert worden ist; oder wie Baldus de Ubaldis es formuliert, ebenfalls in seinem Kommentar zu D. 3,5,5,5: quia non est iustum, neque aequum, quod improbus gestor in plus agat. Für einige wenige Glossatoren, besonders für Martinus Gosia, steht die erweiterte actio negotiorum contraria für den Geschäftsführer unter Umständen in Verbindung mit der von ihm verteidigten allgemeinen Bereicherungsklage. Für die Mehrheit der Glossatoren ließ sich die actio negotiorum contraria nicht so weit ausdehnen, dass sie auch dem Geschäftsführer behilflich war, der sich depraedandi causa oder gegen das ausdrückliche Verbot des Geschäftsherrn, Aufwendungen auf
25 Angelus a Gambilionibus de Aretio. Commentaria Institutionum, Venetiis 1580, ad Inst.2.1.30.
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eine fremde Sache machte. Daraus ergibt sich die Frage, wie man mit dieser dissensio in den späteren Schulen umging, wie z. B. im römisch-holländischen Recht. Ein Anknüpfungspunkt bieten die Schriften, die man unter Titeln wie de legibus abrogatis findet. Sind D. 3,5,5,5 und C. 2,19,34 nicht mehr in Verwendung oder gelten die Texte fort? Die Frage ist auch deshalb interessant, weil das römisch-holländische Recht noch heute Geltung hat, besonders in Südafrika. Das Ergebnis enttäuscht. Bugnyon spricht von der quaestio universa de retentione rei ob sumptus in eam factis,26 und es ist auffällig, wie viele Schriftsteller er zitiert. Er hat schon in seinem ersten Buch eine Entscheidung des Gerichts in Paris aus dem Jahre 1550 erwähnt, in der Herr Goviat aus Bordeaux seine Aufwendungen für die Errichtung eines Hauses auf einem Grundstück in der Rue Merciere in Lyon erstattet bekam, als der Eigentümer, Herr Maugeron, auf die Herausgabe des ihm gehörenden Grundstücks klagte. À cette cause ne se pratique plus en sa rigeur la loy Si inferiorem, § Sed et id C. de rei vind. [C. 3.32.2] nec § Cum in solo, Instit. De rerum divis. [Inst. 2.1.29].27 Er erwähnt die Unterscheidungen zwischen gut- und bösgläubigen Besitzer und zwischen notwendigen, nützlichen und Luxus-Aufwendungen. Auf Rückerstattung der notwendigen Aufwendungen kann jeder Besitzer, auch der bösgläubige, klagen; bei nützlichen Aufwendungen kann der bösgläubige Besitzer nur auf Rückerstattung klagen, solange das Gebäude noch besteht, vorausgesetzt, er hat die Aufwendungen zur Erhaltung des Gebäudes, nicht zur Errichtung eines Neuen vorgenommen. Luxusaufwendungen kann der Besitzer nur durch Wegnahme zurückerhalten. Eine Klage steht ihm im Prinzip, jedenfalls nach römischem geschriebenem Recht nicht zu, aber nach Gewohnheitsrecht ist die Situation genau umgekehrt: Impensas voluptuarias bonae fidei possessor quoque deducit, quatenus cedunt in domini utilitatem, alias abradere potest, si sint ipsi commodae, salvo tamen rei statu; sed malae fidei possessor eas ex stricto jure amittere videtur, l. 5 in fin. ff de rei vindic [D. 6.1.5.1], sed aequitas ei abrasionem perlittit l. utiles 39 ff. de haered. Petit. [D. 5.3.39.1], cum iniquum sit aliena jactura locupletiorem fieri, l. 14 ff. de cond. indeb. [D. 12.6.14], l. i ff. de dol. mal. [D. 4.3.1]. Ceterum licet de jure scripto nulla sit actio edita, qua impensas petere liceat, solaque retentione et exceptione doli mali consultum sit possessori, Ar. Vinn. Inst. De rer. Divis. § 33 num 4 [ad Inst. 2.1.30], moribus tamen per viam actionis eas recuperare licet.
Ohne Martinus Gosia zu erwähnen bemerkt Bugnyon, dass nach französischem Gewohnheitsrecht dessen Auffassung in die Rechtspraxis verwendet wird. Antonius Faber war ihm in dieser Coniecturae schon voraus. Er nannte es eine elegans atque utilis questio mit Bezug auf die Rückerstattung der Aufwendungen. Zwei Fragen lassen sich unterscheiden: erstens ob bei der revindicatio etwas anderes gilt als bei der hereditatis petitio, und zweitens: an bonae fidei possessoris melior conditio sit quam praedonis.28 Antonius zitiert erst die Accursische Glosse, dann Iacobus Cuia-
26 P. Bugnyon, Legum Abrogatarum et Inusitarum in Omnibus Curiis, Terris, Jurisdictionibus et Dominiis Regni Franciae Tractatus, ed. 3a, Brussel 1702, Lib. IV, Satura 22. 27 Bugnyon, Lib. I, Sat. 201.
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cius, verwirft aber beider Lehre, um schließlich unter Berufung auf das Bereicherungsverbot zu folgern: Atque ita in voluptuariis et utilibus impensis in praedonis persona eandem prorsus rationem consituimus, itemque in speciali et universali in rem actione, sed in omnibus bonae fidei possessorem a praedone separamus. Darin unterscheidet sich Frankreich von Spanien, wo die Accursische Glosse vorherrschend blieb. Garcia äußert sich in dieser Hinsicht eindeutig:29 Accursii igitur, et qui eum sequuntur, verus sensus est. Quispiam negotia mea gessit, qui quamvis specie quidem, ipsaque facie mea negotia gerebat, ea tamen vere non mei contemplatione, sed sui lucri causa, quod ipsum principaliter coëgit, ut gerat, fecit. In ea subdola et improba negotiorum emorum gestione, circa res meas, quas gessit, impendit, petebat ipse a me expensas eas, iedque ut impetraret a judice dicebat se gessisse meo nomine, ob idque teneri me putabat actione illa negotiorum gestorum, obiiciebam in nihilo me teneri, quia scilicet is vere nihil gessisset meum, quia re vera sua negotia gessisset, et suo lucro non meo commodo studuisset, atque ut id ibtinerem, adducebam illud, quia praedo, qui depraedandi causa accedit, suo lucro studet, non meo commodo.
So ist in verschiedenen Ländern Europas die Rechtslage noch immer so, wie die Accursische Glosse sie widergibt. Einerseits finden wir Schriftsteller, die sich namentlich auf C. 2,18,25 stützen und dem bösgläubigen Geschäftsführer, oder dem, der sich gegen das ausdrückliche Verbot des Geschäftsherrn dennoch auf dessen Geschäfte einlässt, die actio negotiorum gestorum contraria zur Rückerstattung der Aufwendungen verweigern. Andererseits gibt es Autoren, die der Meinung sind, dass diese enge Regelung nach Gewohnheitsrecht als abgeschafft zu gelten hat, und die dafür auch noch ein Argument in D. 3,5,5,5 finden, wonach die erweiterte Klage auch auf den bösgläubigen Besitzer angewandt werden darf. Auch in den Niederlanden finden wir Anhänger beider Lehren. Huber, Vinnius und Noodt gehören zur ersten Schule; Groenewegen und Voet zur zweiten. So schreibt Groenewegen:30 Ideo ei, qui nolente et specialiter prohibente domino rerum, administratione se immiscuit, pro expensis necessariis et utilibus ad exemplum … malae fidei possessoris … et praedonis … hodie negotriorum gestorum actionem competere censeo.
Johannes Voet beruft sich für dieselbe Ansicht auf den Bereicherungsgedanken, der schon bei Martinus Gosia zu finden war:31 Sed cum iniquum videtur alterum cum alterius jactura locupletiorem fieri, magis illud hodie videtur admittendum, ut eatenus saltem repetitio concedatur, quatenus inde dominus locupletior factus est: exemplo eius, qui cum malae fidei possessor esst, impensat fecit, ut alibi dicitur. 28 Antonii Fabri, Coniecturarum Iuris Civilis Libri Sex priores, in quibus difficiles plerique iuris loci, novis com emendationibus tum interpretationibus explicantur, ed. 3a, Lyon 1605, Lib. II, Cap. I. 29 Joannis Garsiae, De Expensis et Meliorationibus Commentarius, ed. 6a, Köln 1711, V,27. 30 Groenewegen, De legibus Abrogatis, ad. C. 2.18.25. 31 J. Voet, Commentaria ad Pandectas 3.5.11.
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VII. Aktuelle Bedeutung unserer Frage Wir haben es hier nicht mit einer rein theoretischen Fragestellung zu tun; diese ewige Wiederkehr der Rechtsfiguren hat auch eine praktische-forensische Bedeutung bis in unsere Zeit. Vor einigen Jahren wurde dies in Südafrika deutlich. Taylam, eine Kapitalanlagegesellschaft, hatte mit der Baugesellschaft M & S den Bau und die Konstruktion eines Einkaufszentrums vereinbart. Es wurde vereinbart, dass die Standard Bank die Rechnungen von M & S an Taylam bezahlen würde, nachdem die Architekten sie begutachtet hatten. Im fraglichen Fall bestritt Taylam ausdrücklich die Gültigkeit gewisser Rechnungen, obwohl die Architekten sie genehmigt hatten. Trotz des Verbotes seitens Taylam bezahlte die Standard Bank die Rechnungen. Für die bezahlte Summe wollten sie bei Taylam über eine Bereicherungsklage Regress nehmen. Zu Recht? Das südafrikanische Recht gilt als eine mixed jurisdiction, d. h., noch heute sind die Schriften der römisch-holländischen Juristen eine wichtige Rechtsquelle, weil die Engländer aber seit der Zeit der Französischen Revolution in Südafrika englische Richter ernannten, wurden diese Quellen natürlich mit englischen Augen studiert. In dem erwähnten Verfahren stellte das Gericht fest, dass nach common law der Geschäftsführer ohne Auftrag nur unter ganz bestimmten Umständen zum Aufwendungsersatz berechtigt sei, aber nach römisch-holländischem Recht die Sachlage genau umgekehrt sei. Auch in Fällen, wo der Geschäftsführer sich entgegen des ausdrücklichen Verbots des Geschäftsherrn in dessen Angelegenheiten einmischt, ist er zum Ersatz berechtigt, aber nur insoweit der Geschäftsherr als Folge der Geschäftsführung bereichert wurde. In der vorliegenden Entscheidung hat Van Zyl JP festgestellt, dass das südafrikanische Recht bezüglich der Geschäftsführung ohne Auftrag stark im römischen Recht verwurzelt ist. Nach römischem Recht kann – so Van Zyl JP auf der Spur von Johannes Voet – die Zahlung auf die Schuld eines anderen zur actio negotiorum gestorum contraria Anlass geben, so dass der Geschäftsführer seine Aufwendungen (einschließlich Zinsen) zurückfordern kann, außer die Interessen des Schuldners stehen der Zahlung entgegen (D. 3,5,43 und D. 22,1,37). Dieses quasi-vertragliche Verhältnis kommt dadurch zustande, dass der Geschäftsführer ohne Mandat dem Geschäftsherrn (in diesem Fall: dem Schuldner) einen Dienst leistete, nicht nur in der Absicht, dessen Angelegenheiten zu verwalten, sondern auch gegen Bezahlung seiner Aufwendungen. Diese Klagemöglichkeit fällt aber weg, wenn der Geschäftsführer nicht die Absicht hatte, die Geschäfte des Geschäftsherrn zu führen, z. B. wenn er im (verfehlten) Glauben handelte, seine eigenen Geschäfte zu besorgen oder wenn er die Zahlung sui lucri causa vornahm. Beide Situationen unterscheiden sich wesentlich. Im ersten Fall handelte der Geschäftsherr in gutem, im zweiten Fall in bösem Glauben. Keinem von diesen beiden kommt die actio negotiorum gestorum contraria zu, weil keiner in der Absicht handelte, das Geschäft eines anderen zu führen. Wenn aber der Geschäftsherr auf Grund der vorgenommenen Geschäftsführung bereichert worden ist, dann sind beide berechtigt, eine Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung zu erheben.
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Dann bleibt in diesem Fall nur noch die (faktische) Frage zu beantworten, in wie weit Taylam durch die von der Standard Bank vorgenommene Zahlung bereichert worden ist, d. h. in wie weit eine bestehende Schuld bezahlt worden ist. Das ist aber eine Frage, die sich dem hier gesteckten Rahmen entzieht. Wir können nur die Schlussfolgerung ziehen, dass der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht nur in den Ländern des civil law eine wichtige Rolle zukommt, sondern auch in der gemischten Jurisdiktion von Südafrika. Gute Samariter werden ermutigt. Auch der law report aus Irland ist ein Zeichen dafür. Die negotiorum gestio und die guten Samariter sind, anders als mehrere Autoren von Schriften über die Principles of European Contract Law zu glauben scheinen, noch nicht von der Bühne verschwunden und behalten auch für die Zukunft ihre Bedeutung. Es wäre aber verfehlt, allzu leicht auf eine Konvergenz zu schließen. Darauf hat Jansen hingewiesen, vor ihm auch schon Dawson. Es bleiben noch beträchtliche Unterschiede zwischen dem common law und dem civil law. Letzteres gewährt Aufwendungsersatz, indem der gute Samariter nach common law ein angemessenes Gehalt für seine Bemühungen in Rechnung stellen darf. Auch dieser Unterschied verdient noch eine nähere historische Betrachtung. Für gute Samariter ist noch keine Ruhe eingekehrt. Diese Schlussfolgerung widmen wir gerne Christoph Krampe, unserem Freund und Kollegen.
Wie leitete Bartolus seine Ausführungen zur Statutenlehre ein? Von Fritz Sturm I. Frage Die berühmten Ausführungen zur Statutenlehre, die Bartolus de Saxoferrato1 den Glossatoren folgend in seine Erläuterung der Codexstelle Cunctos populos (C. 1,1,1)2 einschob, beginnt mit den Sätzen: Nunc veniamus ad glossam quae dicit „quod si Bonon.“ etc.3, cujus occasione videnda sunt duo, et primo, utrum statutum porrigatur [[extra territorium] ] ad non subditos? Secundo, utrum effectus statuti porrigatur extra territorium statuentium?
Schrieb Bartolus im ersten Satz extra oder intra territorium? Oder handelt es sich bei beiden Versionen um einen Einschub, der als sinnentstellend oder überflüssig zu streichen ist? II. Die Antwort moderner Autoren Im Schrifttum wurden alle diese Lösungen vertreten. 1. Extra territorium, das, wie wir sehen werden, in den meisten Handschriften und Drucken steht4, übernehmen Adriaan Maarten Montijn5, Friedrich Meili6 und 1 Zwischen November 1313 und November 1314 in Sassoferrato bei Ancona geboren und wohl am 12. Juli 1357 verstorben. Über Leben und Werk Näheres bei Francesco Calasso, Bartolo, in: Dizionario biografico degli Italiani VI, Rom 1964, Sp. 640 ff.; Hermann Lange / Maximiliane Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter II. Die Kommentatoren, München 2007, 682 ff., und Susanne Lepsius, Bartolus de Saxoferrato, in: HRG I, 2. Aufl., Berlin 2008, Sp. 450. 2 Cunctos populos quos clementiae nostrae regit imperium in tali volumus religione versari quam divinum Petrum apostolum tradidisse Romanis. Die abgedruckten Stellen folgen der Ausgabe Friedrich Meilis, Die theoretischen Abhandlungen von Bartolus und Baldus, NiemZ 4 (1894) 258 ff., der die Ausgabe Augustae Taurinorum, 1574, transkribiert. 3 Quodsi Bononiensis conveniatur Mutinae non debet judicari secundum statuta Mutinae quibus non subest, cum dicat quos nostrae clementiae regit imperium. Videtur hic textus supponere quod non omnes populos regit imperator, quod an sit verum, vide hic pulchre per Joannem Fabri in suo breviario.
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Fritz Sturm
Max Gutzwiller7. Wir finden es auch bei E. L. Catellani8, der den Text aber auslegt, als ob intra territorium (nel territorio) zu lesen wäre9. 2. Franz Gamillscheg10, dem Gerhard Luther11 und Bertrand Ancel12 folgen, entscheiden sich für intra territorium. 3. Clarence Smith13 streicht jeden Hinweis auf territorium, was statt intra territorium jetzt auch Gamillscheg14 und Lange / Kriechbaum15 für eine denkbare Lösung halten.
III. Die Handschriften Die Handschriften16 spiegeln das gezeichnete Bild nicht ganz. Die Mehrzahl17 liest auch im ersten Satz extra territorium. Diese Wendung wird aber nirgends Näheres unter III. und IV. Aanteekening op de leer van het internationaal privaatrecht bij Bartolus, Utrecht 1887, 23. 6 Geschichte und System des internationalen Privatrechts im Grundriss, Leipzig 1892, 24; ders., Die theoretischen Abhandlungen (oben Fn. 2), NiemZ 4 (1894) 262; ders., Das internationale Civil- und Handelsrecht I, Zürich 1902, 80. 7 Le développement historique du droit international privé, Rec. des Cours 29 (1929-IV) 287 ff. (317 f.); ders., Geschichte des Internationalprivatrechts, Basel 1977, 31. 8 Il diritto internazionale privato I. Storia del Diritto internazionale privato, 2. Aufl., Turin 1895, 327. 9 So auch Armand Lainé, Introduction au droit international privé I, Paris 1888, Nachdruck Glashütten 1970, 133, der ohne den lateinischen Text abzudrucken übersetzt: A l’occasion de cette glose, il y a lieu d’examiner deux choses: la première est de savoir si le statut propre à un territoire s’étend aux personnes qui ne lui sont pas soumises; la seconde, si l’effet du statut se prolonge au delà du territoire. Noch deutlicher S. 144, wo wir lesen: Ici prend fin la première partie de la dissertation de Bartole. Il s’était proposé d’examiner si le statut s’applique dans les limites de son territoire aux étrangers. 10 Der Einfluss Dumoulins auf die Entwicklung des Kollisionsrechts, Berlin 1955, 54 Fn. 2. 11 Der Einfluss von Bartolus auf das deutsche Privat- und Strafrecht, in: Bartolo da Sassoferrato, Studi e documenti per il VI° Centenario II, Mailand 1962, 309 ff. (316). 12 Le commentaire de Bartole Ad legem Cunctos Populos sur la glose Quod si Bononiensis mis en français, in: Mélanges Lefèbvre-Taillard, Paris 2009, 53 ff. (53 Fn. 1). 13 Bartolo on the Conflict of Laws, AmJCompL 14 (1970) 157 ff. (174). 14 Überlegungen zum Text und zur kollisionsrechtlichen Methode bei Bartolus, in: Festschrift Wieacker, Göttingen 1978, 235 ff. (236). Ihm folgen die Lehrbücher von Christian von Bar / Peter Mankowski, Internationales Privatrecht I, 2. Aufl., München 2003, § 6 Rn. 11 S. 481 Fn. 65, und Gerhard Kegel / Klaus Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl., München 2004, § 3 III 2 S. 171. 15 Oben (Fn. 1) 716 Fn. 273. 16 Bei der Transkription von Handschriften, die ich nicht selbst einsehen konnte, halfen mir die Kollegen Giovanni Diurni (Rom), Susanne Lepsius (jetzt München) und Amandine Postec, Conservateur au Département des Manuscrits – Service médiéval –, Bibliothèque nationale de France (Paris), denen hier nochmals Dank ausgesprochen sei. 4 5
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durch intra territorium ersetzt. Jedoch taucht in einer Reihe von Handschriften18 weder intra noch extra territorium auf19. 17 Bibliotheca Apostolica Vaticana: – ms. Ross. 963 fol. 5 ra Zeilen 28 – 33 (mit Randvermerk utrum statutum porrigatur extra territorium ad non subditos); – ms. Vat. Lat. 2288 fol. 3 va Zeilen 18 – 22; – ms. Vat. Lat. 2608 fol. 3 vb Zeilen 30 – 35 (alle aus dem XV. Jh.); – ms. Vat. Lat. 2609 fol. 3 ra Zeilen 41 – 45, das wohl aus Bologna stammt und sich auf 1423 datieren lässt; Bibliothèque municipale de Cambrai: – ms. 636 (586) fol. 3 va Zeilen 15 – 20, 1425 von Johann Enchuzen geschrieben; vgl. Auguste Molinier, Catalogue général des manuscrits des Bibliothèques publiques de France XVII, Paris 1891, 247; Denis Muzerella, Manuscrits datés des Bibliothèques de France, Paris 2000, 85; Reale Collegio di Spagna: – ms. 271 fol. 3 vb Zeilen 52 – 57 (XV. Jh.); vgl. Domenico Maffei et alii, I Codici del Collegio di Spagna di Bologna, Mailand 1992, 727 f.; Biblioteca General Universidad de Salamanca: – ms. 2528 fol. 4 rb Zeilen 32 – 37 (XV. Jh.); vgl. Antonio García y García, Iter Hispanicum, Florenz 1973, 86; Archivio Capitular, Biblioteca de la Catedral de la Seo Zaragoza: – ms. 62-3 fol. 3 v Zeilen 20 – 25 (XV. Jh.); vgl. García y García, Iter Hispanicum (oben) 138, 150; Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: – ms. Mag 37 fol. 4 rb 13. Zeile von unten (XV. Jh); die Handschrift gehört der Stadbibliothek Hannover; vgl. Emanuele Casamassima, Note sui manoscritti di Bartolo nelle biblioteche tedesche, SZ 79 (1962) 169 ff. (220); ders., Codices operum Bartoli a Saxoferrato recensiti, Iter Germanicum, Florenz 1971, 70; Universitätsbibliothek der Katholischen Universität Eichstätt: – Cod. st. 172 fol. 246 vb Zeilen 10 – 5 von unten. Die Handschrift, die aus dem Jahre 1438 stammt (vgl. Casmassima, SZ 79 [1962] 217; ders., Iter Germanicum [oben] 42 f.), enthält die Randglosse von anderer Hand Nota materiam statutorum solempnissime usque ad finem ti. per totum vide. Beachte, dass bis zum Ende des Titels die Problematik der Statutenlehre glanzvoll behandelt wird. Zu solemnis im Sinne von illustris, clarus, insignis siehe Du Cange / Favre, Glossarium mediae et infimae Latinitatis, http: // ducange.enc.sorbonne.fr / SOLEMNIS. Bibliotheca Albertina der Universität Leipzig: – ms. 908 fol. 3 rb Zeilen 13 – 10 von unten (XV. Jh.); vgl. Casamassima, SZ 79 (1962) 221; Bibliothek der Hansestadt Lübeck: – ms. jur. 2°6 fol. 3 vb Zeilen 11 – 6 von unten. Das Manuskript stammt aus dem Jahr 1429; Casamassima, SZ 79 (1962) 224; Stadtbibliothek Nürnberg: – ms. Cent. II fol. 4 ra (XV. Jh.); vgl. Ingeborg Neske, Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg III. Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften – Juristische Handschriften, Wiesbaden 1991, 72. Die Stelle ist verstümmelt. In der Vorlage der Handschrift dürfte aber ebenfalls extra territorium gestanden haben. Der Schreiber springt nämlich von extra territorium auf statuentium, lässt also ad non subditos? secundo, utrum effectus statuti porrigatur extra territorium aus, eine typische omissio ex homoioteleuto. Auch wird das fehlende Textstück von anderer Hand – wohl gleichzeitig mit der Abschrift – am Rande ergänzt; British Museum jetzt British Library: – Arundel ms. 478 fol. 3 vb Zeilen 17 – 22. Die Handschrift schließt mit dem Vermerk 1462 die 20 Decembri Jo. Franck; vgl. Catalogue of Manuscripts in the British Museum, new series I 1, London 1834, 131; Universitätsbibliothek Krakau: – ms. 339 BJ fol. 3 vb Zeilen 5 – 1 von unten und fol. 4 ra Zeile 1.
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IV. Die Drucke Anders verhält es sich bei den Drucken. Hier finden wir Ausgaben mit extra territorium20 und intra territorium21, wobei in letzteren die Wendung intra territorium nicht vor, sondern nach ad non subditos steht. Drucke ohne entsprechende Angaben wurden mir nicht bekannt.
V. Deutungen 1. Gutzwiller22 verteidigt extra territorium mit dem Hinweis, dass wir es immer, wenn Ortsstatut auf Fremde angewandt wird, mit einer Ausweitung des Statuts zu tun haben. Seine Regeln gälten dann nämlich über die Grenzen hinaus, die für das Territorium gezogen sind23.
18 Bibliotheca Apostolica Vaticana: – ms. Urb. Lat. 171 fol 4 rb Zeilen 42 – 47 (XV. Jh.). Bemerkenswert ist, dass hier auch am Rande vermerkt wird Utrum statuto porrigatur ad non subditos. Bibliothèque municipale de Reims: – ms. 829 fol. 150 rb Zeilen 1 – 4 (frühes XV. Jh.); Bibliothèque nationale de Paris: – ms. 4591 fol. 99 Zeilen 54 – 58 (XV. Jh.). Der zweite Teil des Texts ist freilich verstümmelt. Es heißt dort: Secundo, utrum effectus statutorum statuentium? Bayerische Staatsbibliothek München: – Cod. Lat. 6636 fol. 3 va letzte Zeile von unten, fol. 3 vb 1. Zeile (XV. Jh.); vgl. Casamassima, SZ 79 (1962) 228; Biblioteca Nacional de España: – ms. 12365 fol. 205 rb Zeilen 20 – 15 von unten (XV. Jh.). 19 Den Brand der Turiner Biblioteca Nazionale im Jahre 1904 überstanden die ersten Seiten der Handschrift H I 20 (XV. Jh.) (Lectura super Prima Parte Codicis [C. 1,1 – C. 5,75]) nicht. Der 1419 geschriebene apparatus in novem priores libros Codicis Justinianei (ms. 4548 der Bibliothèque nationale de France) enthält unsere Stelle nicht. Er beginnt mit Titel II: De sacrosanctis ecclesiis. Nicht zugänglich waren mir die Handschriften des Archivo de la Catedral de Segovia, Lectura super prima parte Codicis (C. 1,1 – C. 5,75), ms. Vitr. 35, und Rep. L. Cunctos populos C. De Summa Trinitate et Fide Catholica, ms. Vitr. 32. Vgl. zu diesen Handschriften aus dem XV. Jh. García y García, Iter Hispanicum (oben Fn. 17) 88 ff., 151. 20 Super prima parte Codicis, Venetiis 1526, Nachdruck Rom 1996; In primam Codicis partem praelectiones, Lugduni 1546; Bartoli in duodecim libros Codicis commentaria studio Concenatii, Basileae 1562, Nachdruck Frankfurt 2007; In primam Codicis partem, Venetiis 1567; In primam Codicis partem commentaria, Augustae Taurinorum 1574; In primam Codicis partem, Lugduni 1581. 21 In primam Codicis partem Commentaria, Augustae Taurinorum 1589; Bartoli a Saxoferrato commentaria VII, In primam Codicis partem, Venetiis 1602. 22 Oben Fn. 7. 23 Vgl. Bartolus Nr. 24: … statutum limitat personas civium et non porrigitur ad forenses … aut statutum loquitur simpliciter et indefinite; et habet locum in forensibus …
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2. Gamillscheg24, der sich auf die Pariser Handschrift 4591 beruft25, geht davon aus, dass Bartolus im ersten Teil seiner Ausführungen prüft, ob intra territorium Fremde durch das Ortsstatut gebunden sein können, zweifelt in einem später veröffentlichten Beitrag26 aber an diesem Ergebnis. Zwei von Bartolus erörterte Beispiele beunruhigen ihn. Schließt ein Fremder im Inland (in hac civitate) einen Vertrag und wird im Heimatgerichtsstand (in loco originis contrahentis) geklagt, so hat das Gericht hinsichtlich Form und Rechtsfolgen auf die lex loci celebrati contractus abzustellen27. Wie Gamillscheg zutreffend feststellt, heißt dies nichts anderes, als ein Statut heranzuziehen, das nicht im Gerichtssprengel, sondern außerhalb seiner Grenzen gilt und insoweit Personen einbezieht, die diesem Statut nicht unterworfen sind. Beim zweiten Beispiel geht es um Form und Wirkung letztwilliger Verfügungen. In Venedig bedarf es bei der Abfassung eines Testaments keiner sieben Zeugen, wie dies ius commune verlangt28. Man begnügt sich mit drei bis fünf. Auch Ortsfremde können so testieren. Wirkt ein solches Testament aber auch für Vermögen, das außerhalb venezianischen Staatsgebiets belegen ist. Bartolus bejaht dies29. Auch hier werde also, meint Gamillscheg, nicht die Wirkung eines Statuts intra territorium behandelt, sondern die Ausstrahlung eines von einem Fremden verfassten Testaments auf Gut, das in der Fremde, also extra territorium, belegen ist. Gamillscheg lässt sich durch diese Beispiele aber nicht beirren und umstimmen. Im ersten Beispiel sei weder Bartolus noch seinem Zeitgenossen bewusst gewesen, eine überstaatliche – gemeint ist wohl eine allseitige – Kollisionsnorm formuliert zu haben. s. oben Fn. 10. s. oben Fn. 18. 26 s. oben Fn. 14. 27 Nr. 13: Et primo quaero quid de contractibus? pone contractum celebratum per aliquem forensem in hac civitate, litigium ortum est et agitatur lis in loco originis contrahentis: cujus loci statuta debent servari vel spectari?…; Nr. 15: Aut de his quae pertinent ad ipsius litis decisionem: et tunc, aut de his quae oriuntur secundum ipsius contractus naturam, tempore contractus: aut de his quae oriuntur ex post facto, propter negligentiam vel moram; Nr. 16: Primo casu inspicitur locus contractus: … et intelligo locum contractus, ubi est celebratus contractus, non de loco, in quem collata est solutio … 28 Inst. 2,10,3. 29 Nr. 21: … quaero quid in testamento? pone quod statutum vel consuetudo est Venetiis, quod testamentum valeat coram duobus vel tribus testibus; quidam advena fecit ibi testamentum; an valeat? Ex hoc themate primo est videndum an consuetudo vel statutum valeat? secundo, si valeat, an locum habeat in forensi?; Nr. 25: … An autem tale testamentum porrigatur ad bona alibi existentia, ubi non est talis consuetudo? …; Nr. 37: … ubi testamentum factum in rure coram quinque testibus, habet suum effectum ubicunque, licet in alio loco requireretur major sollemnitas. Ad idem quoque testamentum factum in militia porrigit suos effectus ubicunque, et circa sollemnitatem actus, de quo agitur, inspicitur consuetudo regionis … 24 25
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Wenn Bartolus schon im Zusammenhang mit Formvorschriften, die intra territorium Fremde einbeziehen, von deren Auswirkung auf extra territorium belegenes Vermögen spreche – eine Frage, die er ja erst später eingehend behandele30 – so deshalb, um schon hier seiner von anderen Autoren31 abweichenden Ansicht Ausdruck zu verleihen. Gamillschegs Argumentation vermag ich nicht zu folgen. Widerspruch fordert zunächst die Behauptung heraus, Bartolus habe nicht erkannt, eine überstaatliche Norm aufgestellt zu haben. Mit einer solch völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung wird nicht nur Bartolus, es werden auch seine Vorgänger herabgestuft und unterbewertet, wird ihnen doch im gesamten Schrifttum das Verdienst zuerkannt, als erste dogmatisch erfasst zu haben, was Kollisionsrecht ist. Beim zweiten Beispiel übersieht Gamillscheg, dass es in Nr. 24 ff. allein um die Frage geht, ob Ortsfremde unter Beachtung der Formvorschriften des Errichtungsorts gültig testieren können. Unter bestimmten Voraussetzungen32 bejaht dies Bartolus. Dabei geht es aber eindeutig um Geltung eines Statuts intra territorium statuentium: Darf ein solches Testament beurkundet werden und regelt es den Nachlass, der dem Ortsfremden im Geltungsbereich des Statuts gehörte? Ob auch Vermögen, das anderswo belegen ist, erfasst wird, lässt Bartolus in diesem Zusammenhang offen. Er geht auf diese Frage erst später ein, nämlich im zweiten Teil seiner Ausführungen zur Statutenlehre: Sexto videndum est, an statuta vel consuetudines porrigant effectum suum extra territorium33. Erst hier wird geprüft, ob ein nach Ortsrecht errichtetes Testament, das ius commune und lex rei sitae widerspricht, anderswo, nämlich extra territorium statuentium belegenes Vermögen erfasst, was Bartolus ebenfalls bejaht34.
Nämlich Nr. 36 und 37. Nämlich Jacques de Révigny und Cinus, welche der Ansicht waren, ein Testament müsse der Form der lex rei sitae entsprechen. 32 Nr. 24 in fine: … aut statutum limitat personas civium et non porrigitur ad forenses … aut statutum loquitur simpliciter et indefinite, et habet locum in forensibus ibi testantibus … 33 Nr. 32. 34 Nr. 37: … ubi testamentum factum in rure coram quinque testibus, habet suum effectum ubicunque, licet in alio loco requireretur major sollemnitas. Ad idem quoque testamentum factum in militia porrigit suos effectus ubicunque, et circa sollemnitatem actus, de quo agitur, inspicitur consuetudo regionis … Für Bartolus folgt dies aber nicht, wie Gulielmus de Cuneo annahm, logisch zwingend aus der Wirksamkeit des Testaments: Sed si testamentum fuerit validum, non sequitur necessario, quod habeat omnia bona. Ratio: quia ex legis potestate (dispositione) potest quis decedere pro parte testatus et pro parte intestatus sicut in milite … Wie der Satz Nemo pro parte testatus pro parte intestatus decedere potest (Pomp. [3 Sab.] D. 50,17,7) zeige, wäre eine Vermögensspaltung durchaus möglich, denn diese beruhe hier nicht auf dem Willen des Erblassers, sondern auf unterschiedlichem Recht und damit einer Anordnung des Gesetzgebers. Ähnlich drückt er sich auch Nr. 36 in fine aus: Nec obstat, quod decessit pro parte testatus, et pro parte intestatus … quia hoc facit diversitas consuetudinum … 30 31
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Während das erste, von Gamillscheg untersuchte Beispiel also klar für extra territorium spricht, geht es im zweiten um eine Folge der Geltung intra territorium, was die Form, extra territorium, was die Wirkung anbelangt. 3. Für Lange / Kriechbaum35 lässt sich die Problematik entschärfen, wenn man die Ausführungen unseres Kommentators nicht kollisionsrechtlich versteht, sondern als Bestimmung der Reichweite örtlicher Statuten. Dann würden die beiden Einleitungssätze nicht spiegelbildlich die gleiche Rechtsfrage36 beantworten, sondern besäßen unterschiedliche Zielrichtungen. Satz 1 steuere die Problematik an, die sich ergäbe, wenn im Geltungsbereich des Statuts ein Rechtsstreit geführt werde und streitig sei, ob Ortsrecht auf Fremde angewandt werden könne. In Satz 2 gehe es hingegen um die Frage, ob bei einem im Geltungsbereich des Statuts hängigen Verfahren, an dem subditi, also Ortsrecht unterworfene Kläger oder Beklagte, beteiligt sind, nach Ortsrecht auch über Streitgegenstände entschieden werden könne, deren Schwerpunkt außerhalb seines Geltungsbereichs liege. Bartolus denke hier an die Reichweite eines Testaments, das in den Formen des Ortsrechts errichtet wurde, aber die Formvorschriften verletzt, die am Ort der Belegenheit des Nachlasses gelten. Auch diesem Verständnis unserer Bartolusstelle vermag ich nicht beizupflichten. Zunächst trifft nicht zu, dass die Bestimmung der Reichweite eines Statuts kein Kollisionsrecht darstellt. Die Statutenlehre der Kommentatoren gibt uns ja gerade Einblick in das kollisionsrechtliche Denken dieser Juristen, die dem unseren übrigens schon sehr nahe kommt. Drei Punkte zeigen dies bei Bartolus übrigens ganz deutlich: (1) die klare Unterscheidung von cives und forenses37 und der Gebrauch von Ausdrücken wie civitas originis, terra und secundum legem suae civitatis38; (2) die Anknüpfung an einen bestimmten Ort, was Bartolus mit locus inspicitur ausdrückt und wofür seine Ausführungen eine ganze Reihe von Beispielen liefern39; s. oben Fn. 1 und 15. So Gutzwiller, Geschichte (oben Fn. 5) 34. 37 Nr. 24: … statutum limitat personas civium et non porrigitur ad forenses …; Nr. 41: … Non enim statutum emancipat filium, quia tunc non porrigeretur ad forenses …; Nr. 44: … Aliquando extra territorium hujus civitatis forensis offendit aliquem civem et cavetur aliquo statuto, quod forensis hic possit puniri, an valeat? … 38 Nr. 47: … Sed homo forensis offensus extra territorium, non est subjectus illi judici terrae originis offendentis … quod possit puniri secundum legem civitatis suae probatur sic …; Nr. 48: … quaeritur de modo procedendi: et posset procedi secundum statutum civitatis originis. 39 Vgl. z. B. Nr. 15: … inspicitur locus judicii …; Nr. 16: Primo casu inspicitur locus contractus … inspicitur locus celebrati contractus …; Nr. 18: … inspicitur consuetudo, quae est in illo loco, in quem est collata solutio …; Nr. 19: … regula juris est, quod inspicitur consuetudo loci, ubi contractum est …; Nr. 32: … in sollemnitatibus semper inspicimus locum, ubi res agitur …; Nr. 48: … debet inspici locus, ubi res est situata … 35 36
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(3) die Herausarbeitung des Unterschieds von Rechtssätzen des materiellen und Rechtssätzen des Verfahrensrechts40. Für letzteres ist wie heute die lex fori einschlägig41. Zum anderen messen Lange / Kriechbaum auch dem Ort, an dem das gerichtliche Verfahren durchgeführt wird, nicht das gehörige Gewicht zu. Zwar ist offensichtlich, dass es im ersten Satz um die Frage geht, ob ein Ortsstatut auch für Fremde gilt, non subditi also auf dieses Statut Ansprüche stützen oder nach diesem Statut verurteilt werden können. Schrieb Bartolus aber extra territorium, dann wurde nicht, wie Lange / Kriechbaum vermuten, im Geltungsbereich des Statuts, sondern außerhalb, anderswo, jenseits seiner Grenzen geklagt. Der zweite Satz kann sich aber kaum auf einen Rechtsstreit beziehen, der im Geltungsbereich eines Statuts geführt wird, das erleichterte Formvorschriften für Testamente vorsieht. Dort ist das Testament ja gültig und bezieht sich nach dem im ius commune geltenden Prinzip der Universalsukzession auf den gesamten Nachlass. Die Frage, ob Vermögen, das außerhalb des Statuts belegen ist, erfasst wird, kann sich also gar nicht stellen. Diese Frage wird aber virulent, wenn der Erbe am Lageort seine Rechte geltend machen will. Hier können ihm Erbschaftsbesitzer und Schuldner entgegnen, dass das ihn begünstigende Testamentsstatut nicht über die Grenzen des Territoriums hinauswirkt, wo und für welches es erlassen wurde. Schliesslich bleiben Beklagte, denen ein Statut aufgezwungen wird, das extra territorium statutentium Rechtswirkungen erzeugt, non subditi. Mit Lange / Kriechbaum von subditi zu sprechen, gehlt also fehl.
VI. Wie ist zu lesen? 1. Ein Stemma, dem die Genealogie der Handschriften entnommen werden könnte, existiert nicht. Auf einen Archetyp kann also nicht zurückgegriffen werden. So bleibt als Hilfe nur die divinatio. 2. Nehmen wir unser Ergebnis vorweg: Zu folgen ist Handschriften und Drucken, die im ersten Satz weder extra noch intra territorium bezeugen. Nur diese Lesart deckt nämlich alle von Bartolus erörterten Sachverhalte ab.
40 Nr. 13: … distingue; aut loquimur de statuto, aut de consuetudine, quae respiciunt ipsius contractus sollemnitatem, aut litis ordinationem, aut de his quae pertinent ad jurisdictionem ex ipso contractu evenientis executionis … 41 Nr. 15: … aut quaeris de his quae pertinent ad litis ordinationem, et inspicitur locus judicii … Aut de his quae pertinent ad ipsius litis decisionem: et tunc, aut de his quae oriuntur secundum ipsius contractus naturam, tempore contractus: aut de his quae oriuntur ex post facto, propter negligentiam vel moram; Nr. 16: Primo casu inspicitur locus contractus … et intelligo locum contractus, ubi est celebratus contractus …
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3. Zeigen wir dies im Einzelnen auf: a) Wie Gamillscheg42 erkannte, ist extra territorium im ersten von Bartolus behandelten Fall durchaus sinnvoll. Bartolus geht von der Glosse Quod si Bononiensis aus43. Problematisch ist hier, ob ein Bürger Bolognas, der in Modena verklagt wird, nach dem Statut Modenas in Anspruch genommen werden kann. Dies träfe zu, wenn der Vertrag, aus dem der Bürger Bolognas in Anspruch genommen wird, in Modena abgeschlossen wurde. Maßgebender Anknüpfungsgrund ist ja der locus ubi est celebratus contractus. Das Statut von Modena griffe dann aber nicht über seinen räumlichen Anwendungsbereich hinaus. Extra territorium wäre überflüssig44. Bartolus verließ aber seinen Ausgangspunkt. Er untersucht den Fall der Glosse gar nicht. Er stellt vielmehr umgekehrt die Frage, wie in der Heimatstadt des Fremden zu entscheiden ist, wenn sich der Fremde in hac civitate (= Perugia) vertraglich einigte. Anwendbar ist dann das Recht Perugias, das statutum loci celebrati contractus. Dieses Statut wirkt also über seinen statutorischen Einzugsbereich hinaus. Es erfasst einen non subditus, der in seiner Heimatstadt (loco originis) verklagt wird. Extra territorium ist auch berechtigt, wenn es um die Frage geht45, ob ein Erbstatut, das auch für Fremde Formerleichterungen bringt, Nachlassgegenstände erfasst, die nicht im Geltungsbereich dieses Erbstatuts belegen sind. Auch hier gilt es ja zu prüfen, ob ein statutum, das non subditi begünstigt, nicht nur intra territorium des betreffenden Statuts wirkt, sondern jenseits seiner örtlichen Grenzen, also extra territorium. Für Bartolus fällt diese Frage aber nicht in den Problemkreis der Ausstahlung eines Statuts auf Fremde (utrum statutum porrigatur ad non subditos). Für Bartolus gehört diese Frage in den zweiten Teil seiner Erörterungen, nämlich zum Thema utrum effectus statuti porrigatur extra territorium statuentium. Sie wird deshalb auch erst hier ausführlich geprüft und beantwortet. b) In den übrigen Fällen, mit denen sich Bartolus im ersten Teil seiner Darstellung46 auseinandersetzt, geht es überhaupt nicht um Ausstrahlung von Statuten auf das Gebiet fremder Stadtstaaten. aa) Die Beerbung einer kinderlosen Witwe47 richtet sich nach Heimatrecht des Mannes (statutum terrae viri). Nicht abzustellen ist auf den Ort, wo der Ehevertrag s. oben Fn. 14. s. oben Fn. 3. 44 Gutzwiller (oben Fn. 7 und V 1) meint, schon der Einbezug von non subditi sei ein Hinausgreifen über den räumlichen Anwendungsbereich und rechtfertige extra territorium. Ich vermag ihm insoweit aber nicht zu folgen. 45 Nr. 32: Sexto videndum est, an statuta vel consuetudines porrigant effectum suum extra territorium … 46 Nr. 13 – 31. 42 43
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geschlossen wurde (statutum loci ubi est celebratus contractus dotis). Wurde der Ehevertrag in Assisi beurkundet, wo die Ehegatten heirateten und lebten, stammte der Ehemann aber aus Perugia, dann gilt das Recht von Perugia. Das Recht dieser Stadt wirkt also extra territorium. Betroffen ist aber ein subditus civitati Perusii. Non subditus gäbe auch dann keinen Sinn, wenn man einen in Assisi ausgetragenen Rechtsstreit ins Blickfeld nähme. Im Hinblick auf das in Assisi geltende Dotalrecht ist der Witwer zwar ein non subditus, aber dieses Statut wird auf ihn nicht erstreckt, ist auf ihn gerade nicht anwendbar. bb) Bei Straftaten ist nur zu entscheiden, ob der Fremde nach Tatortrecht zu bestrafen ist48. Extra territorium ist sinnlos. cc) Bei letztwilligen Verfügungen stellen sich, wie wir bereits sahen49, drei Fragen50: (1) Darf ein Fremder testieren, wenn Ortsrecht erleichterte Formvorschriften vorsieht? (2) Darf ein Fremder testieren, wenn ihm nach Heimatrecht testamenti factio activa und passiva fehlen? (3) Wirkt ein in der Form des Ortsrechts errichtetes Testament auch auf Nachlassteile, die nicht im Geltungsbereich des Statuts belegen sind, das die erleichterten Formvorschriften auch auf Fremde anwendet? Bei den ersten beiden Fragen ist extra territorium fehl am Platz. Bei der dritten ist die Wendung, wie wir sahen51, zwar einschlägig, wird von Bartolus aber nicht der Frage utrum statutum porrigatur ad non subditos zugeordnet, sondern in den zweiten Teil seiner Erörterungen verwiesen und dort behandelt52. dd) Auf der Hand liegt auch, dass extra territorium bei der Frage keine Rolle spielen kann, ob statuta et consuetudines locorum für Kleriker gelten und vom Kirchenrecht zu beachten sind53. c) Nichts gibt für unser Problem der Kommentar zu C. 4,42,254 her. Bartolus55 begnügt sich mit dem Hinweis: Civitas potest statuere contra civem aliquod extra ter47 Nr. 19: … Statutum est Assisii, ubi est celebratus contractus dotis et matrimonii, quod vir lucretur etiam partem dotis, uxore moriente sine liberis: in hac vero civitate Perusiis, unde est vir, statutum est, quod vir lucretur dimidiam; quid spectabitur? Certe statutum terrae viri … 48 Nr. 20: … si forensis delinquit hic, utrum puniatur secundum statuta hujus civitatis? … 49 Oben V. 2. 50 Nr. 24 ff. 51 Oben VI. 3. a) in fine. 52 Nr. 36 f. 53 Nr. 28 f.
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ritorium facientem und verweist im Übrigen auf seine Ausführungen zur lex Cunctos populos56. Der Sinn seines Hinweises ist im übrigen nicht ganz klar. Das angesprochene Verbot richtet sich doch gegen Erwerbsvorgänge, die im Reichsgebiet angestrebt werden, also intra, nicht extra territorium. Vielleicht will er sagen, dass der Versuch, Eigentumserwerb an Eunuchen zu ermöglichen, die zur römischen Bevölkerung gehören57, auch dann strafbar ist, wenn er in Gebieten erfolgt, die nicht zum orbis Romanus58 gehören59. d) Auch die Erörterungen zur lex De quibus (D. 1,3,32)60 helfen nicht weiter. Sie stimmen zwar fast wörtlich mit dem Kommentar von C. 1,1,1 überein61, enthalten aber unseren Einleitungssatz nicht. Bartolus62 drückt sich viel einfacher aus. Er schreibt nämlich: Tertio potest intellegi ad quas personas et ad quae loca suam virtutem extendat et de hoc agendum est primo de personis et omnia quae dicam in consuetudine intelliguntur in statutis et e converso.
54 Imp. Leo A. Viviano pp. pr.: Romanae gentis homines sive in barbaro sive in Romano solo eunuchos factos nullatenus quolibet modo ad dominium cuiusdam transferri iubemus: poena gravissima statuenda adversus eos, qui hoc perpetrare ausi fuerint, tabellione videlicet, qui huiusmodi emptionis sive cuiuslibet alterius alienationis instrumenta conscripserit, et eo, qui octavam vel aliquod vectigalis causa pro his susceperit, eidem poenae subiciendo. § 1: Barbarae autem gentis eunuchos extra loca nostro imperio subiecta factos cunctis negotiatoribus vel quibuscumque aliis emendi in commerciis et vendendi ubi voluerint tribuimus facultatem. 55 In der von mir benutzten Ausgabe Lugdunum 1581, S. 153. 56 Oben Fn. 2. 57 Romana gens in pr. wird barbara gens in § 1 gegenüber gestellt. 58 Der Ausdruck Romanum solum in lex 2 pr. entspricht orbis Romanus in lex 1. 59 Die Stelle wird auch im modernen Schrifttum nur gestreift, aber nicht erörtert; vgl. A. Hug, Eunuchen, in: RE, Suppl. III, Stuttgart 1918, Sp. 449 ff.; Pietro Bonfante, Di un influenza orientale nel diritto romano, ArchGiur 101 (1929) 3 ff.; Peter Guyot, Eunuchen als Sklaven und Freigelassene in der griechisch-römischen Antike, Stuttgart 1980, 45 ff. (49 f.); Robert Muth, Kastration, in: RACh 20 (2004) Sp. 285 ff. (332 ff.). 60 De quibus causis scriptis legibus non utimur, id custodiri oportet, quod moribus et consuetudine inductum est: et si qua in re hoc deficeret, tunc quod proximum et consequens ei est: si nec id quidem appareat, tunc ius, quo urbs Roma utitur, servari oportet. 61 Smith (oben Fn. 13), AmJLegHist 14 (1970) 157. 62 In der Ausgabe von Diplovataccius, Venetiis 1520, fol 20 v; in den Opera omnia I, Venetiis 1590, fol. 20 v.
Im Zweifel enterbt? Vom Vorrang der Blutsverwandtschaft vor der Adoptivkindschaft Von Andreas Wacke
Ne imagine naturae veritas adumbretur
I. Die zu betrachtenden Quellen Unter den spätklassischen römischen Juristen bedient sich Aemilius Papinianus bekanntlich einer besonders gewählten, anspruchsvollen Ausdrucksweise. Der gehobene, nicht immer leicht verständliche Stil seiner Darstellung charakterisiert auch seine aus 37 libri bestehenden Quaestiones, die er vermutlich in den Jahren 190 – 195 n. Chr. verfasste.1 Aus der praktischen Kasuistik entstandene Probleme verbindet er darin oft mit gründlichen theoretischen Erörterungen. So auch im folgenden Fragment, dessen Betrachtung ich zu Ehren meines befreundeten Fachkollegen Christoph Krampe auswählte. Papinian handelt darin tiefsinnig vom erkenntnistheoretischen Verhältnis zwischen der Wirklichkeit und ihrem Abbild; genauer geht es um den Vorrang der leiblichen Abstammung vor der künstlichen Adoptivverwandtschaft, falls beide einmal in einer Person zusammentreffen, und dies bezogen auf die fragliche Fortgeltung einer anfänglich angeordneten Enterbung. Papinians eigentümliche Stil1 Liebs, in: R. Herzog / P. L. Schmidt / K. Sallmann (Hrsgg.), Handbuch der lateinischen Literatur der Antike IV München 1997, 117 ff., 120 f. Eine treffende knappe Charakterisierung bei Franz Wieacker, Römische Rechtsgeschichte II, 2006, hrsg. von Joseph Georg Wolf, 129 mit Lit. S. 427 f. Einen ausführlichen Kommentar zu den einzelnen Fragmenten verfasste Cuiacius, Commentaria accuratissima in libros Quaestionum Aemilii Papiniani, zur Stelle z. B. in dessen Opera IV, Napoli 1758, col. 325 f., auch in der Ausgabe Lutetia Parisiorum I 1658, col. 336 f. Einen Überblick über das Gesamtwerk gibt jetzt (vorwiegend unter methodologischen Gesichtspunkten) Ulrike Babusiaux, Papinians Quaestiones: Zur rhetorischen Methode eines spätklassischen Juristen, München 2011. Darin S. 223 und 260 zu unserem Fragment D. 28,2,23pr. nur eine knappe Inhaltsangabe mit einzelnen Literaturhinweisen. Emilio Costa ging in seiner vierbändigen Monographie Papiniano (1894 – 99) auf diesen Text soweit ersichtlich nicht ein. Papinians hohe Anforderungen an die Sozialmoral charakterisiert lesenswert Ulrich Manthe, Ethische Argumente im Werk Papinians, in: Orbis Iuris Romani [OIR] 10, Trnava 2005, 143 – 166. Die Quaestionenwerke (auch anderer Juristen) „zählen zur höchsten wissenschaftlichen Rangstufe der Rechtsliteratur“: so Wieacker aaO. S. 93.
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merkmale verlangen schon dem Übersetzer einige Mühen ab. Die Sinnermittlung der einzelnen Wörter erfordert hier noch stärker als sonst eine gründliche Exegese. D. 28,2,23pr. (Papinianus libro duodecimo quaestionum): Filio, quem pater post emancipationem a se factam iterum adrogavit, exheredationem antea scriptam nocere dixi: nam in omni fere iure sic observari convenit, ut veri patris adoptivus filius numquam intellegatur, ne imagine naturae veritas adumbretur, videlicet quod non translatus, sed redditus videretur. nec multum puto referre, quod ad propositum attinet, quod loco nepotis filium exheredatum pater adrogavit. „Dem Sohne, den sein Vater nach der von ihm vorgenommenen Gewaltentlassung wiederum an Kindes Statt annahm, schade – wie ich sagte – eine vorher angeordnete Enterbung. Denn fast im gesamten Recht muss man es so betrachten, dass er niemals als Adoptivsohn seines leiblichen Vaters anzusehen ist, damit nicht durch die Nachahmung der Natur die Wirklichkeit verdunkelt werde, weil er nämlich nicht (erstmals in die Vatersgewalt) übertragen, sondern (ihr nur) zurückgegeben wurde. Und es macht meiner Ansicht nach nicht viel aus, was den vorliegenden Fall anbelangt, dass der Vater den enterbten Sohn an Enkels Statt annahm.“2
Papinians Gutachten zitiert Ulpian mit eigenen Worten in komprimierter Fassung unter genauer Angabe der Fundstelle im folgenden Fragment:3 D. 37,4,8,7 (Ulpianus libro quadragesimo ad edictum): Si quis emancipatum filium exheredaverit eumque postea adrogaverit, Papinianus libro duodecimo quaestionum ait iura naturalia in eo praevalere: idcirco exheredationem nocere. „Wenn jemand seinen gewaltentlassenen Sohn enterbt hatte und ihn später an Kindes Statt annahm, so sagt Papinian im zwölften Buch seiner Rechtsfragen, dass die natürlichen Rechte über ihn vorherrschen: Deswegen schade ihm die Enterbung.“
II. Der vereinfachte Ausgangsfall Ein Vater hat seinen Sohn emanzipiert und enterbt, später aber adoptiert.4 So schildert Ulpian in § 7 den Sachverhalt. Der zeitliche Ablauf zwischen emancipatio 2 Rolf Knütel danke ich für die liebenswürdige Überlassung des Wortlauts der im Druck befindlichen Übersetzung der Stelle von Band V der Ausgabe von Knütel / Kupisch / Rüfner / Seiler. Jene Übersetzung fällt vergleichsweise etwas wortreicher aus. Meine Übersetzung folgt so eng wie möglich dem lateinischen Wortlaut. 3 Das ist kein wörtliches, aber ein inhaltlich zutreffendes Zitat. Entgegen Marek Kuryłowicz, Die adoptio im klassischen römischen Recht, Warschau 1981, 137 f. kann ich ein Zögern Ulpians aus seiner Bejahung von Papinians Ansicht nicht heraushören. Zu den folgenden §§ 8 – 10 siehe unten VI. 4 Adrogatio heißt die Annahme einer gewaltfreien Person als Kind (anfangs nur eines Mannes sui iuris, seit dem Prinzipat auch einer Frau), adoptio ist die Annahme einer gewaltunterworfenen Person (alieni iuris) als Kind. Die Formen der Vornahme waren ganz unterschiedlich. Der Einfachheit und leichteren Verständlichkeit halber verwende ich im Deutschen unterschiedslos das Fremdwort Adoption. Eine gute Zusammenfassung einschließlich neuerer Literatur bei Kaser / Knütel, Römisches Privatrecht, 19. Aufl. 2008, § 60 RdNr. 24 – 35.
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und exheredatio ist nicht klar. Nach Papinian pr. erfolgte die Enterbung ‚antea‘: vor der Adoption, gewiss – aber schon vor der vorherigen Emanzipation? Die Enterbung eines bereits emanzipierten Sohnes sei gegenstandslos, könnte man denken;5 darum müsse die Enterbung (umgekehrt als von Ulpian in § 7 geschildert) der Emanzipation vorausgegangen sein.6 Diese Annahme halte ich für die wahrscheinlichere. Ein Römer pflegte sein Testament früh und nicht erst angesichts naher Todesahnung zu errichten. Gegenstandslos ist die Enterbung eines Emanzipierten allerdings nur nach ius civile; aufgrund prätorischer Erbfolge werden hingegen auch Emanzipierte zur bonorum possessio contra tabulas zugelassen, sofern sie gewaltfrei blieben, also nicht von einem Anderen adoptiert wurden.7 Nach prätorischer Erbfolge bliebe darum die Enterbung auch eines bereits Emanzipierten sinnvoll,8 sie war sogar erforderlich (siehe Gaius 2,135). Doch beeinflusst der fragliche Zeitablauf nicht das juristische Ergebnis: Es fiele ebenso aus, wenn beide Vorgänge uno actu (etwa am selben Tage) vorgenommen würden. Vermutlich erhielt der Sohn anlässlich seiner Emanzipation eine Ausstattung (vgl. § 1624 BGB); mit dieser Zuwendung unter Lebenden sollte er für sein künftiges Erbrecht abgefunden sein. Papinian wurde gefragt, ob die testamentarische Enterbungsklausel fortwirkt, wenn der Vater seinen emanzipierten Sohn später wieder adoptiert. Offensichtlich hat der Vater über deren Fortgeltung bei oder nach der Adoption nichts bestimmt. Papinian bejahte die fragliche Fortgeltung der Enterbungsklausel mit einer längeren, bemerkenswerten Begründung, die wir einstweilen dahinstellen; sie wird uns noch beschäftigen (unten IV.). Wie aber verhält sich Papinians Ergebnis zu der Regel, dass Enterbungen im Zweifelsfalle nicht zu vermuten sind?9 Bei Anwendung dieser Regel müsste das Resultat umgekehrt ausfallen. Die allzu selten erörterte Vermutung gegen Enterbungen müssen wir zunächst betrachten.
5 Vgl. Gaius 2,140: … de exheredatione eius supervacuum videtur quaerere, cum testamenti faciundi tempore suorum heredum numero non fuerit. 6 So Theo Mayer-Maly, Partes iuris, in: Olivia Robinson (Hrsg.), Critical Studies in Ancient Law, Comparative Law, and Legal History, dedicated to Alan Watson, Oxford 2000, 105 f. Mit der gegenteiligen Ansicht von Schulz (u. Fn. 8) setzt sich Mayer-Maly aber nicht auseinander. 7 Max Kaser, Das römische Privatrecht I, 2. Aufl. 1971 (künftig: RP) § 172 I 1. Ein unter fremder Adoptivkindschaft stehender Sohn gehört zivilrechtlich nicht zu den sui heredes und amtsrechtlich nicht zu den liberi. 8 In diesem Sinne entschieden Fritz Schulz, The postclassical edition of Papinian’s libri quaestionum, in: Scritti in onore di Contardo Ferrini IV, Milano 1949, 265 f., der den umgekehrten Zeitablauf gar nicht in Erwägung zieht. Schulz konstruierte aber für unseren Fall übertrieben große Unterschiede zwischen Zivilrecht und Amtsrecht. Palingenetisch entstammen beide Fragmente der prätorischen bonorum posessio contra tabulas. Den Papiniantext stellten die Kompilatoren in den vom ius civile handelnden Digestentitel De liberis … instituendis … Bei dieser Versetzung hätten die Kompilatoren den Sinn des Papinianfragments verändert, meinte Schulz S. 264 f., ohne dies näher zu begründen. 9 Dieser Zusammenhang wurde im Schrifttum soweit ersichtlich bislang nicht erörtert.
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III. Enterbungen sind nicht zu fördern (exheredationes non sunt adiuvandae) Eine Enterbung ist ein unfreundlicher Akt und darum nicht grundlos vorzunehmen. Enterbungen verstoßen gegen die grundsätzliche Begünstigung der gesetzlichen Erbanwärter, gegen den favor heredis legitimi.10 Wer einen nahen Angehörigen enterbt, muss sich fragen lassen: „Warum tust du das?“ Gründe muss ein Testator zwar nicht angeben. Nach dem formellen römischen Noterbrecht mussten aber Söhne und männliche Enkel nominatim, weibliche Abkömmlinge ausdrücklich, zumindest inter ceteros enterbt werden.11 Die gegen Enterbungen sprechende Vermutung ist zweifellos eine allgemeine, auch im modernen Recht anzuwendende Rechtsregel,12 obgleich gängige Regelsammlungen sie nicht enthalten.13 Eine einzige Quelle handelt von ihr ausdrücklich: D. 28,2,19 (Paulus libro primo ad Vitellium): Cum quidam filiam ex asse heredem scripsisset filioque, quem in potestate habebat, decem legasset, adiecit ‚et in cetera parte exheres mihi erit‘, et quaereretur, an recte exheredatus videretur, Scaevola respondit non videri, et in disputando adiciebat ideo non valere, quoniam nec fundi exheres esse iussus recte exheredaretur, aliamque causam esse institutionis, quae benigne acciperetur: exheredationes autem non essent adiuvandae.
10 Zu diesem Topos Hans Josef Wieling, Testamentsauslegung im römischen Recht, München 1972, Sachregister s. v. favor heredum legitimorum. 11 Kaser, RP I, (Fn. 7), 705 f. „Mit dieser Forderung nach einem klaren Bekenntnis zu seinem der Erbsitte entgegensetzten Willen wurde der Erblasser zugleich vor Zeugen unter den Druck der Erbsitte gestellt.“, schreiben Lange / Kuchinke (wie Fn. 12). Der Testamentsinhalt blieb jedoch nach klassischem Recht vor den Formzeugen geheim. Erst nach dem Tode des Erblassers wurde sein Testament eröffnet. – Eingeführt wurde das formelle Noterbrecht anlässlich der Übergehung eines verschollenen, vom Testator fälschlich für verstorben gehaltenen Sohnes: Wieling (Fn. 10) 99 f. 12 Praktisch bedeutsam wird die Vermutung vor allem bei stillschweigender Übergehung der gesetzlichen Erben durch Einsetzung anderer Personen (zulässig gemäß § 1938 BGB), wenn deren Einsetzung sich aber als nichtig herausstellt. Entgegen § 2085 BGB ist dann nicht anzunehmen, der Testator habe für diesen Fall wenigstens an der Enterbung festhalten wollen. Mit der Unwirksamkeit der Einsetzung nichtverwandter Personen wird vielmehr im Zweifel (als deren bloßer Kehrseite) auch die Enterbung hinfällig. Die Wirksamkeit der Enterbung hat zu beweisen, wer sich darauf beruft. So Heinrich Lange / Kurt Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 4. Aufl. 1995, § 27 VIII 1; Dieter Leipold, in: Münchener Kommentar zum BGB Band 9, 5. Aufl. 2010, § 1938 RdNr. 6 – 8; Karl Ernst Wehnert, Die Enterbung bei Unwirksamkeit testamentarischer Bestimmungen, Diss. Marburg 1987, 105 Seiten. Ein guter Überblick in Horst Tilch (Hrsg.), Deutsches Rechtslexikon I, 2. Aufl. 1992, Art. Enterbung. Einzelheiten sind umstritten. Bei nichtiger Einsetzung einer karitativen Einrichtung ist vorrangig eine Umdeutung der Verfügung zugunsten einer ähnlichen Organisation vorzunehmen: Reinhard Zimmermann, Cy-près, in: Iuris professio, Festgabe Max Kaser, Wien / Köln 1986. Anders die technische Abwicklung nach OLG München, FamRZ 2001, 940: Der Fiskus als nicht ausschließbarer gesetzlicher Erbe ist mit einem Zweckvermächtnis zugunsten einer ähnlichen Einrichtung beschwert; Leipold § 1938 BGB RdNr. 7 a. E. 13 Detlef Liebs, Römische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 7. Aufl. 2007, erwähnt die schön formulierte Regel aus D. 28,2,19 nicht.
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„Jemand hatte seine Tochter zur Alleinerbin eingesetzt. Seinem Sohn, der noch seiner Hausgewalt unterstand, vermachte er Zehn(tausend) und fügte hinzu: „Für den übrigen Teil soll er mich nicht beerben.“ Man fragte, ob er wirksam enterbt sei. Scaevola gab zur Antwort, er sei es nicht; und in der (anschließenden) Erörterung fügte er hinzu, die Enterbung sei deshalb ungültig, weil auch wer „ein Landgut nicht erben soll“, nicht wirksam enterbt sei. Anders sei die Lage bei Erbeinsetzungen, welche wohlwollend ausgelegt werden: Enterbungen aber seien nicht zu begünstigen.“
Die Tochter ist zur Alleinerbin (ex asse = zwölf Zwölftel) eingesetzt. Ihr noch unter Vatersgewalt stehender Bruder ist damit übergangen (aus welchen Gründen auch immer); zur Abfindung soll er ein Geldvermächtnis bekommen. Söhne kann ein Testator allerdings nicht stillschweigend übergehen; er muss sie ausdrücklich unter Namensnennung (nominatim) enterben. Hier fügte der Testator dem Geldvermächtnis in laienhafter, aber verständlicher Formulierung hinzu: „für den übrigen Teil soll er enterbt sein.“ Der Wille des Testators ist eindeutig; heute bestünden an der Gültigkeit des Testaments keine Zweifel (das BGB lässt freilich die stillschweigende Übergehung gesetzlicher Erben zu). Die gegenteilige Auskunft des Cervidius Scaevola überrascht.14 Scaevola erklärte die Enterbung des Sohnes für unwirksam. Die Ungültigkeit der Enterbungsklausel kann nur an ihrer ungeschickten Formulierung gelegen haben. Für Scaevola genügte sie offenbar nicht den Anforderungen an eine namentliche exheredatio. Auf die Fassung der Klausel kommt es an; darum wird sie hier wörtlich zitiert. Zwei formale Gründe kommen für die Ungültigkeit in Betracht: Die Enterbung müsste (als Gegenstück zu Erbeinsetzung, wie diese) vermutlich am Anfang, also vor dem Vermächtnis, angeordnet sein.15 Ungeschickt sind zweitens vor allem die Worte ‚in cetera parte‘. Denn die Tochter ist zur Alleinerbin eingesetzt, der Sohn auch nicht auf einen Bruchteil. Als bloßer Vermächtnisnehmer (legasset heißt es in der Sachschilderung ausdrücklich) wird der Sohn nicht etwa Miterbe (im Wertverhältnis des Legats zum gesamten Nachlass). Korrekt hätte der (wohl juristisch nicht beratene) Testator also schreiben sollen: „Mein Sohn Titius soll enterbt sein. Dafür sollen ihm Zehntausend vermacht sein.“ ‚In cetera parte‘ hätte man (als überflüssig, ja irritierend) streichen können;16 mit der Fiktion ‚pro non scripto habetur‘ wurden viele testamentarische Nebenbestimmungen für unerheblich erklärt.17 14 Die inscriptio des Fragments ‚Paulus libro primo ad Vitellium‘ ist gekürzt. Die Schrift ist ein Kommentar des Paulus (in vier libri) zu den libri ad Vitellium des Masurius Sabinus (arg. D. 28,5,18). Darin verarbeitete Paulus öfters Material seines Lehrers Cervidius Scaevola, auch ohne ihn stets namentlich zu zitieren. In den Digesten sind 24 Fragmente überliefert: Liebs (Fn. 1) 152 f. Vitellius war nach Kunkel, Herkunft und soziale Stellung der römischen Juristen, 2. Aufl. 1967, 117 f. ein frühklassischer Jurist wohl unter Augustus oder etwas vorher. Liebs will im Vorwort zum Nachdruck unter dem Titel Die römischen Juristen, 2001, S. X (Lit.) den Vitellius aus Kunkels Liste streichen. 15 Seit Trajan darf die Enterbung allerdings den Erbeinsetzungen vorangehen: D. 28,5,1pr.; D. 28,2,3,2 – 5. 16 Wieling, Testamentsauslegung (Fn. 10), 118 wollte hingegen das Geldvermächtnis streichen. Dem Willen des Testators hätte dies weniger entsprochen. Wielings Erläuterungen zu der Stelle sind etwas unscharf.
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Zur Begründung berief sich Scaevola in der anschließenden Debatte18 auf einen Vergleichsfall: Auch wer „ein Landgut nicht erben soll“, sei nicht wirksam enterbt. Der Vergleich besteht in einer Umkehrung zur Erbeinsetzung ex re certa. Wer nicht (wie grundsätzlich geboten) auf einen bestimmten Bruchteil, sondern auf einen konkreten Gegenstand zum Erben ernannt ist, dessen Einsetzung widerspricht zwar dem Grundsatz der Universalsukzession. Dem favor testamenti entsprechend wird seine Einsetzung jedoch aufrecht erhalten und mit erbrechtlichen Grundsätzen soweit wie möglich vereinbar gemacht.19 Die Umkehrung, eine Enterbung ex re certa („Titius soll alles, mit Ausnahme des fundus Cornelianus erben“) gibt es jedoch nicht. Soll die Enterbung auf einen bestimmten Gegenstand beschränkt werden, so ist sie nichtig. Wird jemand andererseits „mit Ausnahme einer bestimmten Sache“ (excepta oder detracta re certa) zum Erben eingesetzt, so gilt diese Einschränkung nicht.20 In beiden zuletzt genannten Fällen führt dies zur Erbenstellung ohne Beschränkung. Scaevolas Vergleich liegt nicht nahe und wirkt prima facie gezwungen. Der Vergleichsfall hat zwar höhere Überzeugungskraft als der zu entscheidende Ausgangsfall; das pflegt bei Vergleichsfällen die Regel zu sein, andernfalls wären sie als Argument untauglich. Aber im Ausgangsfall soll der Sohn nicht bezüglich einer certa res wie das Landgut, sondern bezüglich der ‚cetera pars‘ enterbt sein. Dieser „restliche Teil“ wäre eine res incerta, sein Umfang müsste mittels Größenvergleichs zum Geldvermächtnis errechnet werden. Scaevolas spitzfindige Argumentation lässt sich dennoch nachvollziehen: Anerkannt ist zwar eine Erbeinsetzung ex re certa; es gibt aber keine Enterbung ex re certa, und noch viel weniger gibt es eine Enterbung ex re incerta. Der favor heredis (legitimi) setzt sich in den genannten Fällen durch. 17 Elmar Bund, Die Fiktion pro non scripta habetur, in: Sein und Werden im Recht, Festgabe für U. von Lübtow, Berlin 1970, 353 – 380; H. J. Wieling, Falsa demonstratio, condicio pro non scripta etc., SZ 87 (1970) 197 – 245. 18 In disputando adiciebat: Die der Rechtsauskunft folgende disputatio ist die wissenschaftliche Erörterung oder Argumentation nach dem Schluss der Gerichtsverhandlung oder im Hörsaal; siehe Wieacker, Römische Rechtsgeschichte I, 1988, 664 f. mit Fn. 7 ff. Wieacker erinnert an die Ausbildung juristischer Volontäre in den englischen Inns of Court. Mit ‚disputationum‘ betitelte Schriften verfassten Ulpian, Tryphonin und Venuleius. Die Digesten enthalten 277 Paragraphen von Ulpian, 170 von Tryphonin (davon 14 mit der Schreibung ‚Tryfoninus‘), sowie 3 von Venuleius, zusammen nicht weniger als 450 Paragraphen. Für Ulpian ergibt dies zusammengezählt 144 Fragmente. 19 Kaser, RP I, 687 f. – Bei Einsetzung eines Alleinerben auf einen bestimmten Gegenstand wird die Beschränkung gestrichen. – Neben einem Alleinerben (wie vorliegend die Tochter) wird ein ex re certa Eingesetzter Miterbe. Beide erben je zur Hälfte. Der auf den konkreten Gegenstand Eingesetzte erhält ihn im Erbteilungsverfahren zugesprochen (wie beim Vorausvermächtnis). Unterschiedliche Wertverhältnisse sind durch Geldzahlungen auszugleichen: Kaser I, 688 mit Fn. 25 (Lit.). 20 So schon Aquilius Gallus nach D. 28.5,75(74); sine ea re darin bedeutet soviel wie sine mentione eius rei: Vincenzo Giuffrè, L’utilizzazione degli atti giuridici mediante conversione, Napoli 1965, 65 f.; auch Maurizio D’Orta, Saggio sulla heredis institutio, Torino 1996, 72 f. (Lit.).
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Abgesehen von dem konkreten, nicht bedenkenfrei entschiedenen Einzelfall bleibt für uns die im Schlusssatz deutlich hervorgehobene Maxime wichtig, dass zwar Erbeinsetzungen, nicht aber Enterbungen wohlwollend (benigne) auszulegen sind. Strenge Maßstäbe legte man vor allem an die Enterbung von Söhnen; mildere Anforderungen genügten für die Enterbung von Töchtern.21 Modestin D. 28,5,62 billigte beispielsweise die Enterbung einer Tochter, die da lautete: „Dich, meine Tochter, enterbte ich deswegen, weil ich wollte, dass du dich mit deiner Mitgift begnügst.“ Den Wunsch des Testators, sein Sohn möge sich mit einem Geldvermächtnis zufrieden geben, billigte Scaevola in der angeordneten Form jedoch nicht. Den umgekehrten Fall, dass zum Alleinerben der Sohn ernannt, die enterbte Tochter aber mit einem Vermächtnis abgefunden wurde, hätte Scaevola vielleicht gegenteilig entschieden.
IV. Adrogatione rumpitur testamentum 1. Weshalb ignoriert Papinian bezüglich der fraglichen Fortgeltung der Enterbungsklausel im Ausgangsfalle D. 28,2,23pr. die soeben herausgearbeitete Regel, dass Enterbungen nicht zu vermuten sind? Gemäß dieser Regel würde die Enterbungsklausel zu Lasten des Arrogierten im Zweifel nicht fortgelten. Der Sohn hätte gute Erfolgsaussichten (bonam causam) für seinen Erbschaftsanspruch;22 die mit ihm konkurrierenden Erbprätendenten müssten einen fortbestehenden Enterbungswillen des Testators beweisen. Die Fortgeltung der Enterbungsklausel folgert Papinian jedoch aus den speziellen Fallumständen; eine Beweiserhebung bezüglich des Testatorwillens ist danach entbehrlich. Damit bestätigt sich die Erfahrung, dass Vermutungsregeln nicht schematisch anzuwenden sind. Bei der Entscheidungsfindung war die im Text nicht ausgesprochene Gefahr zu berücksichtigen, dass mit dem Hinzutritt eines weiteren Abkömmlings das ganze Testament hinfällig wurde (wie mit der Geburt eines postumus).23 Über jeder Adoption schwebte das Damoklesschwert der Ruptur des Testaments.24 Eine Fortgeltung der Enterbungsklausel diente demgegenüber dem favor testamenti. 21 Wieling, Testamentsauslegung (Fn. 10), 99 und 119. Für Töchter genügte schon die Enterbung inter ceteros. 22 Für günstige (oder ungünstige) Erfolgschancen einer Klage finden sich in den Quellen die Bezeichnungen bonam (oder malam) causam habere. Andreas Wacke, Bonam sive malam causam habere: Erfolgsaussichten im römischen Zivilprozess, in: Roman Law as Formative of Modern Legal Systems, Studies in Honour of Wieslaw Litewski II, Krakau 2003, 217 – 240. 23 Francesca Lamberti, Studi sui postumi nell’esperienza giuridica romana I, Napoli 1996, mit Inhaltsangabe unserer beiden Quellen S. 40 ff. Fn. 59, 63. 24 Gaius 2,138 = Gai epitome 2,3,3 = Inst. 2,17,1; Ulpian D. 28,3,8pr.; Carmela Russo Ruggeri, La datio in adoptionem I, Milano 1990, 378 ff., mit Kommentar auch zu unseren beiden Quellen. Umgestoßen wird das Testament durch Adoption „sozusagen durch Hinzugeburt“ (quasi adgnatione): treffend so übersetzt von Ulrich Manthe, Gaius Institutionen, Darmstadt 2004, zu Gaius 2,133; 134; 138.
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Die Zerstörung des Testaments als Rechtsfolge der Adoption schränkt Papinian für den speziellen Fall ein. Sie soll nicht gelten, wenn ein vom Vater emanzipierter Sohn später wieder von ihm adoptiert wird. Die Adoption ist dann die bloße Rücknahme der Emanzipation, sie begründet kein neues Kindschaftsverhältnis, aus ihr entsteht keine „neue Kreatur“, vielmehr führt sie bloß zur (nicht rückwirkenden) Wiederherstellung des alten. „Kein eheliches Kind ist Adoptivkind seines Vaters“, könnte man zugespitzt formulieren, ähnlich der Regel „Kein Kind ist seiner Mutter Kebskind“.25 Davor setzte Papinian den einzigartigen Satz: ne imagine naturae veritas adumbretur, damit nicht durch die Nachahmung der Natur die Wirklichkeit verdunkelt werde.26 Dies ist eine Anspielung auf die Regel, dass die Adoption ein natürliches Verwandtschaftsverhältnis nachahmt.27 Die Kenntnis dieser Regel setzt Papinian beim Leser voraus. Die Nachahmung hat aber ihre Grenzen. Die Nachbildung der Natur darf die Natur nicht übertrumpfen.28 2. Fritz Schulz ließ an diesem Argument kein gutes Haar.29 Die ganze Begründung (nicht das Ergebnis) wies Schulz (von in omne fere iure bis redditus videretur) einem spätantiken Bearbeiter von Papinians Quaestiones zu. Sie sei nämlich geschrieben „in his well known rhetorical style“. Generelle Formulierungen wie in omni fere iure seien bei den Nachklassikern beliebt gewesen.30 Sic (anstelle von id 25 Ruth Schmidt-Wiegand, Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 2002, s. v. Kebskind S. 194 f. mit reichen Belegen. Bereits vom römischen Recht beeinflusster Satz des Sachsenspiegels (Landrecht 1,51,2). Zur Adoption unehelicher Kinder durch ihren Vater siehe unten VII 2. 26 Veritas ist hier die gerichtlich feststellbare Faktenlage. Die naturgegebene Wahrheit wendet Papinian hier gegen das positive Recht: so Tomasz Giaro, Römische Rechtswahrheiten, Frankfurt 2007, 280, 537 f. Auf die Einleitungspartikel ‚ne‘ lassen die Juristen meist ein Ergebnis folgen, das zu vermeiden ist. Darauf folgt eine deductio ad absurdum. Zu deren unterschiedlichem Stellenwert vorzüglich Giaro, Absurditätsargumente in der römischen Jurisprudenz, in: Orbis Iuris Romani [OIR] 11, Trnava 2006, 31 – 61. 27 Adoptio naturam imitatur. Liebs, Rechtsregeln (Fn. 13), Nr. A 45, bes. Rolf Knütel in: F. Gaul (Hrsg.), Familienrecht in Geschichte und Gegenwart (Symposion für Fr. W. Bosch), 1992, 3 – 21). Von imago abgeleitet ist das schon in den Rechtsquellen begegnende Wort imaginarius, imaginär. Die Adoption begründet gewissermaßen eine imaginäre (vorgestellte, „eingebildete“) Vatersgewalt, ähnlich der als imaginaria solutio vorgestellten acceptilatio (Gaius 3,169; 171; 173). 28 Die Blutsverwandtschaft absorbiert die Adoptivkindschaft hier ähnlich wie die Hauptschuld die Bürgenschuld beim Zusammenfall von Hauptschuldner und Bürgen (sogenannte unechte Konfusion) nach Ansicht der Sabinianer, quoniam nemo potest apud eundem pro ipso obligatus esse: D. 46,1,21,3; Wacke, Die Konfusion: ein Schuldtilgungsgrund? in: Perspektiven des Privatrechts etc., Festschrift Dieter Medicus, Köln 2009, 543 ff., 581 f. 29 Schulz, Papinian’s libri quaestionum (Fn. 8). Einige Verdachtsargumente gegen das Papinianfragment schon bei C. Gunnar Bergman, Beiträge zum römischen Adoptionsrecht, Lund, 1911 / 12, rist. Roma 1972, 142 (u. a. „schwülstiger Stil“). 30 Dagegen Mayer-Maly, Partes iuris, (Fn. 6). Dieselbe Wendung nochmals bei Papinian (36 quaest.) D. 1,7,13. Mit der Auflösung des Adoptionsverhältnisses bleibt danach „fast in der ganzen Rechtsordnung“ keine Spur davon zurück; darum endigt auch eine vom Vater herrührende Standeswürde. Ebenso Paulus D. 1,9,6pr.; Marisa De Filippi, Dignitas tra repubblica
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oder illud) observari finde sich nur in dieser Stelle. Anstatt veri patris müsse es naturalis patris heißen; denn ein ‚verus‘ pater sei auch der Adoptivvater.31 Den Satz ne imagine naturae veritas adumbretur bezeichnete Schulz als „empty rhetorical bombast of the worst brand“. ‚Imago‘ im Sinne von similitudo, imitatio sei „always spurious“. Adumbrare finde sich nur noch ein zweites Mal (bei Ulpian D. 48,5,30pr.) und erwecke darum Verdacht, obwohl Justinian zugegebenermaßen adumbrare nicht verwendet.32 Auch der folgende Satz: videlicet quod non translatus, sed redditus videretur enthalte „empty rhetorical stuff, pathetical, sentimental and substantially misleading“. Dass sich ein so bedeutender Gelehrter auf derart radikale Weise zur Textkritik hinreißen ließ, ist ein trauriges Zeichen für den damaligen methodischen Tiefstand unserer Wissenschaft.33 Die Tilgungen von Schulz widersprechen dem Charakter e principato, Bari 2009, 107 f. Derartige dem genus tenue des Juristenstils entsprechende Wendungen enthalten nach Giaro (Fn. 26) 245 f. „von Exaktheit entlastende Pauschalierungen“. In omne fere iure lässt sich hier auch übersetzen als „fast in jeder (rechtlichen) Beziehung“. 31 Dies ist unzutreffend. Dagegen siehe unten Fn. 47. Verus pater steht hier im Gegensatz zum Adoptivvater. Pater naturalis könnte man als „unehelicher Vater“ missverstehen. Verus zur Bezeichnung der Blutsverwandtschaft im Gegensatz zur juristischen Verwandtschaft ist selten. Giaro (Fn. 26) 282 f. erwähnt noch verus filius bei Labeo in D. 28,8,11. 32 Schon Cicero und andere klassische Schriftsteller verwenden adumbrare wie Papinian hier im übertragenen Sinne, bemerkt Edoardo Volterra, L’acquisto della patria potestas alla morte del pater familias, BIDR 79 (1976) 193 – 250, hier zitiert nach Volterra, Scritti giuridici III, Napoli 1991, 271 ff., 218 f., gegenüber Echtheitszweifeln von Bonfante, Corso I, 28 Fn. 4. Als einziger zitiert Volterra auch ältere Literatur (seit Cuiacius) zu unserer Stelle. – Gegner einer Aufnahme der Adoption als Rechtsinstitut ins BGB brachten im Gesetzgebungsverfahren vor, die künstliche Verwandtschaft würde (schon als solche) die natürliche Abstammung verdunkeln. Dieses Bedenken überzeugte die BGB-Verfasser nicht; s. Haidlen (u. Fn. 67). – Von lat. umbra ‚Schatten‘ kommt der Name der lichtechten tiefrotbraunen Farbe. Als eisen- und manganhaltiger Ton natürlich vorkommend, gehört Umbra zu den ältesten bekannten Pigmenten. 33 Angekündigt hatte Schulz seine später in den Studi Ferrini erschienene Untersuchung in seiner History of Roman Legal Science, Oxford 1946, 235 Fn. 1. Äußere unglückliche Umstände hätten ihn vor einer früheren Veröffentlichung seines kritischen Kommentars zu Papinians Quaestiones abgehalten, wie er schreibt. Einige seiner Übertreibungen hat schon Franz Wieacker, Textstufen römischer Juristen, 1959 / 1975, 333 ff., 338 f. Fn. 35 / 40, zu unserem Text S. 360 Fn. 145 zurechtgerückt. – Fritz Schulz (geb. 1879 in Bunzlau / Schlesien, gest. 1957 in Oxford) wurde 1905 in Breslau promoviert und im selben Jahr in Freiburg habilitiert. Nach mehrfachen Rufen (Jena, Innsbruck, Kiel, Göttingen, Bonn 1923, Berlin 1931) wurde er 1934 von den Nationalsozialisten nach Frankfurt / Main zwangsversetzt und 1935 zwangsemeritiert. 1939 emigrierte er über die Niederlande nach Oxford. Seine vita in: http: // de.wiki pedia.org /wiki / Fritz_Schulz_(Jurist); Wolfgang Ernst: Fritz Schulz (1879 – 1957), in: Jack Beatson, Reinhard Zimmermann (Hrsgg.), Jurists Uprooted. German speaking Emigré Lawyers in Twentieth-century Britain, Oxford 2004, 105 – 203; dort S. 132 zu Schulzens Studien über Papinians Quaestiones. Trotz seines Lehrverbots hielt Schulz vor seiner Emigration in seinem Berliner Haus privatissime exegetische Seminarien ab. Nach Erzählungen von Gian Gualberto Archi nahmen daran außer ihm u. a. Martin Wolff, Hans Lewald, Gerhard Husserl teil. Schulz sezierte Papiniantexte. Nachdem er ein längeres Fragment nach Art eines Chirurgen mit dem Skalpell zerlegt hatte, wagte Hans Lewald, der nichts verstanden hatte, die be-
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der Quaestiones: Dies sind nicht knappe Responsen (wie die Bescheide von Scaevola), sondern vertiefte Problemerörterungen. Am Bemühen um Sinnermittlung der einzelnen Wörter ließ Schulz es vermissen. „Strictly logical“, wie Schulz S. 265 meinte,34 ist Papinians Ergebnis nicht. Mittels Subsumption unter vorgegebene Normen ist das Resultat nicht gewonnen. Juristische Werturteile haben mit formaler Logik wenig zu tun. Wegen der entgegenstehenden Regel, dass Enterbungen nicht zu fördern sind (oben III), war die Entscheidung nicht bedenkenfrei. Ihre Konsequenzen machte sich Schulz auch nicht klar. 3. Für den wieder adoptierten Sohn waren die Folgen einschneidend. Eigenes Vermögen, mit dem er als Emanzipierter ausgestattet worden war oder welches er in der Zwischenzeit erwarb, fiel nach klassischem Recht unweigerlich an den Adoptivvater.35 Innerhalb des Hausvermögens konnte es ihm zwar sein Vater als Sondergut belassen. Aber an seinem peculium hatte ein Sohn beim Tode des Vaters kein Präzeptionsrecht.36 Wegen der nach Papinian zum Zuge kommenden Enterbungsklausel stand der Sohn völlig mittellos da; sein gesamtes faktisches Vermögen fiel an die anderen Erben. Um diese Ungerechtigkeit zu vermeiden, hätte der zu adoptierende Sohn seinen Vater um den Widerruf der Enterbung bitten müssen. Ein Anlass dazu bestand für den Sohn freilich nur, wenn er davon erfuhr; offenbaren musste der Vater den Inhalt seines Testaments nicht. Und bindend wäre ein Widerruf der Enterbung für den Vater nicht. Weshalb sich der emanzipierte Sohn wieder in die Hausgewalt zurückbegab, ist hiernach schwer zu ergründen. Im Bibelgleichnis vom verlorenen Sohn hatte der Sohn sein vorwegempfangenes Erbe in der Fremde vor seiner reumütigen Heimkehr durchgebracht (Lukas 15,11 ff.).36a scheidene Frage zu stellen, ob denn gar nichts Echtes von Papinian übrig bliebe. Darauf Schulz kategorisch: „Nein, es ist alles interpoliert!“ Worauf Lewald kleinlaut und wehmütig replizierte: „Schade, es war so schön!“ Solches berichtet Bernardo Santalucia aus Erzählungen seines akademischen Lehrers Archi von dessen Berliner Studienaufenthalt in den dreißiger Jahren, unter dem Titel „Schade, es war so schön“, abgedruckt in: Index 37, 2009, 167 ff., 168 f. Das auf deutsch wiedergegebene Originalzitat wählte Santalucia gewissermaßen zum Leitmotiv für seine Dankesrede anlässlich des ihm zu Ehren in Neapel veranstalteten Symposium zu seinem 70. Geburtstag. – Die von Schulz 1934 veröffentlichten „Prinzipien des römischen Rechts“ (etwa gleichzeitig geschrieben) enthalten sich noch derartiger Übertreibungen. Sie gehören zum besten, was unsere Wissenschaft an Charakterisierungen der römischen Jurisprudenz hervorbrachte. Eine lesenswerte Rezension des Nachdrucks der 1946 von Vincenzo Arangio-Ruiz verfassten italienischen Übersetzung schrieb Rolf Knütel, SZ 114 (1997) 627 f. 34 Ähnlich selbstgewiss, ohne Entfaltung der Problematik und ohne Anführung von Literatur (im Lehrbuchstil): Giorgo La Pira, La successione ereditaria intestata e contro il testamento in diritto romano, Firenze 1930, 90. 35 Abgeschwächt wurde diese vermögensrechtliche Folge in der Nachklassik. Nach Justinian erhält der Adoptivvater bloß den Nießbrauch: Inst. 3,10,2; Kaser, RP II, 209 f. 36 Wacke, Die Notbedarfseinrede des enterbten Haussohns: Wirkungen der Erbschaftsausschlagung für das peculium etc., SDHI 60 (1996) 469 – 497, 492 ff. 36a Auf die Ähnlichkeit im Sachverhalt unserer Papinianstelle mit dem Bibelgleichnis vom verlorenen Sohn macht Mayer-Maly aufmerksam, wie ich nach der Einsendung des Manuskripts zufällig entdecke, in seiner Schrift: Rechtsgeschichtliche Bibelkunde, 2003, 41 ff. Vom
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Die Würdigung der Sachentscheidung machte sich Schulz demnach zu einfach. Vor allem entwickelte er gar kein Gespür für die Eigentümlichkeiten von Papinians charakteristischem Stil, der ihn (wie einleitend skizziert) vor anderen Juristen auszeichnet. In der Spätantike ist weit und breit keine Juristenpersönlichkeit zu entdecken, die es an sittlichem Tiefgang und geistigem Profil mit dem großen Papinian aufnehmen, ja ihn sogar übertreffen könnte.
V. Die Adoption des eigenen Sohnes als Enkel Der Schlusssatz von D. 28,2,23pr. enthält den eigentlichen, dem Papinian zur Beurteilung vorgelegten Ausgangsfall (propositum). Die davorstehende ausführliche Argumentation betraf einen zwecks Erleichterung der Entscheidungsfindung vereinfachten Grundfall. Seinen enterbten emanzipierten Sohn nahm der Vater später an Enkels Statt an. Dem heimkehrenden Sohne erklärte er sinngemäß: „Als Sohn kann ich dich nicht wieder aufnehmen, aber als Enkel bist du mir willkommen.“ Soweit das Schrifttum auf den Schlusssatz überhaupt eingeht (was selten geschieht), hat man sich dessen verwickelte Problematik nicht klargemacht. Papinian hielt den Unterschied zum Ausgangsfall für unbedeutend (nec multum puto referre). Eine Begründung dafür ist nicht überliefert. Entgegen Papinians Ansicht ist der Spezialfall jedoch um einiges komplizierter. Die Adoption des eigenen Sohnes wie im Grundfall als Rücknahme seiner vorherigen Emanzipation anzusehen, war relativ einfach. Den eigenen Sohn aber als Enkel anzunehmen: Geht das überhaupt? Kann jemand gleichzeitig Kind, aber auch Enkelkind ein und derselben Person sein? Und welches sind die Konsequenzen? Der Sohn würde degradiert zum Bruder anderer Enkel. Die Enterbungsklausel kann gelautet haben: ‚Sempronius filius meus exheres esto‘.37 Nach der Adoption ist Sempronius jedoch zivilrechtlich sein Enkelsohn. („Einst war ich Sohn, jetzt bin ich Enkel meines Vaters.“) Ist die Enterbungsklausel dann noch auf ihn anwendbar? Papinian scheint es mit der Benennung der zu enterbenden Person nicht allzu genau zu nehmen; er urteilt gewissermaßen „mit einem zugedrückten Auge“ (coniventibus oculis: vgl. Ulpian D. 40,1,4,1). Den favor testamenti treibt Papinian damit auf die Spitze; die wohlwollende Auslegung steigert er zur Potenz. Offenbar betrachtet er den jetzigen „Enkel“ noch immer als denselben Sempronius.38 Nach saloppem Sprachgebrauch könnte man zwar unter „Söhnen“ (filii) auch die Enkel (nepotes) mitverstehen. Die Enterbung eines Sohnes erstreckt sich jedoch nicht auf dessen schon vorhandene Abkömmlinge; nur der Sohn gilt als vorverstorben, nicht ist sein ganzer Stamm enterbt.39 Ebensowenig scheiden mit der
Erbe seines Vaters werde auch der heimgekehrte Sohn ausgeschlossen, der daheimgebliebenen erbe allein. Ähnlich schon Mayer-Maly, Reflexionen über ius I, SZ 117, (2000), 1, 25. 37 Mayer-Maly, Partes iuris (Fn. 6). Weitere Angaben bei Kaser, RP I (Fn. 7), 705 Fn. 3. 38 So Mayer-Maly ebenda.
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Emanzipation eines Sohnes automatisch dessen bereits geborene Kinder aus der Vatersgewalt aus.40 Die Erstreckung der Enterbungsklausel auf den Enkel war demnach zweifelhafter als deren Eingreifen gegen den adoptierten Sohn im Grundfall.41 Die Anforderungen an eine namentliche Enterbung von männlichen Enkeln waren nicht weniger streng.42 Daher waren die Schwierigkeiten nicht geringer, falls das fragliche Testament wie üblich alle übrigen Erbprätendenten pauschal ausgeschlossen haben sollte (ceteri omnes exheredes sunto).43 Die Gültigkeit der Annahme des eigenen Sohnes als Enkel scheint Papinian nicht anzuzweifeln. Aber straft er nicht damit seine Aussage im Vordersatz Lügen, dass ein leiblicher (ehelicher) Sohn fast im gesamten Recht (nahezu in jeder Beziehung) nicht zugleich Adoptivsohn seines Vaters sein kann? Kann der Sohn dann sein Adoptiv-Enkel werden? Leistet man nicht damit dem nach Papinian zu vermeidenden Ergebnis Vorschub, dass die Abstammungsverhältnisse nicht verdunkelt werden sollen? Eine Annahme an Enkels Statt ließen die römischen Juristen (in wohl allzu permissiver Haltung) zu. Die Freiheit in der Ausgestaltung der künstlichen Verwandtschaftsbeziehungen war größer als im heutigen Recht. Welche Gründe zu dieser uns fremd gewordenen Erfindung führten, bleibe dahingestellt.44 Die Annahme einer fremden Person als Enkel schafft keine größeren Komplikationen. Die Annahme des eigenen Sohnes als Enkel kann jedoch schwer entwirrbare Verwicklungen in der Generationenfolge herbeiführen.45 Auf hybride Weise und chamäleonartig überlagern sich die Kindes- und die Enkelgeneration. Man hätte gut daran getan, eine solche zwielichtige Rechtslage nicht zuzulassen. Die Verwirrung ist fast so monströs (obwohl weniger schlimm) wie beim Hermaphroditen. Die Geburt eines Zwitters ist eine Kapriole der Natur.46 Der vom Vater als Enkel adoptierte eigene Sohn ist ein juristisches Kunstprodukt. Hätte Papinian die Arrogation des eigenen Sohnes als Enkel für ungültig erklärt, dann wäre der emanzipierte Sohn gar nicht zur Erb39 Windscheid III S. 291; MünchKomm. / Leipold § 1938 BGB RdNr. 4. Wie bei der Ausschlagung fällt der Nachlass der nächstberufenen Generation an. 40 Kaser, RP I, 699 mit Fn. 17 f. 41 Schon Chr. Friedr. Mühlenbruch bezweifelte mit Recht, ob in der Adoption des Sohnes als Enkel die bloße Wiederherstellung des alten Verhältnisses (wie im Grundfall) gesehen werden könne; in: Glücks Pandecten 36, Erlangen 1833, 284 (§ 1421 h bei Fn. 10 f.). 42 Kaser, RP I, (Fn. 7), 707. 43 Vgl. Gaius 2,128; Paulus D. 28,2,25pr. 44 Bei Kuryłowicz (Fn. 3) 28 ff. fand ich dazu keine Überlegungen. 45 Die Verwirrung ist nicht ganz so schlimm, wenn ein Mann (wie der Zoologe und Afrikaforscher Bernhard Grzimek, 1909 – 1987) seine Schwiegertochter (in deren zweiter Ehe) heiratet. Deren Sohn aus erster Ehe ist dann Enkel und zugleich Stiefsohn ihres zweiten Mannes. Das 1998 aufgehobene Eheverbot der Schwägerschaft in gerade Linie (§ 1310 Abs. 1 BGB a. F., § 4 EheG) sollte solchen Verwicklungen vorbeugen. 46 Missgeburten solcher Art galten einst als monstra: Wacke, Vom Hermaphroditen zum Transsexuellen etc., in: Festschrift Kurt Rebmann, München 1989, 861 – 903, 875 ff.
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folge berufen worden. Wir können die Konsequenzen nicht weiter durchdenken und müssen hier abbrechen. Ob der Fall sich praktisch ereignete oder wir es mit einem ausgeklügelten Übungsexempel zu tun haben, muss offen bleiben.
VI. Drei Vergleichsfälle Im Anschluss an sein oben I (am Ende) wiedergegebenes Referat von Papinians Entscheidung erörtert Ulpian noch drei ähnliche Enterbungsfälle, die wir zu Vergleichszwecken in unsere Betrachtungen einbeziehen: D. 37,4,8 (Ulpianus libro quadragesimo ad edictum): § 8: Sed in extraneo (Papinianus) Marcelli sententiam probat, ut exheredatio ei adrogato postea non noceat. „Aber bezüglich einer nichtverwandten Person billigt er (Papinian) die Ansicht des Marcellus, dass ihr eine Enterbung nach späterer Adoption nicht schade.“ § 9: Postliminio autem reverso filio dicendum est exheredationem ante factam nocere. „Hat allerdings ein aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrter Sohn seine frühere Rechtsstellung wiedererlangt, so muss man sagen, dass ihm eine vormals angeordnete Enterbung schade.“ § 10: Si filium in adoptiva familia constitutum pater naturalis exheredaverit, deinde sit filius emancipatus, nocebit ei exheredatio. „Wurde ein Sohn in eine Adoptivfamilie gegeben und vom leiblichen Vater47 enterbt, aber später (vom Adoptivvater) emanzipiert, dann schadet ihm die Enterbung.“
1. Der erste von Ulpian in § 8 angefügte, von Marcellus und Papinian entschiedene Vergleichsfall führt über den Inhalt von D. 28,2,23pr. hinaus. Die gegen eine nichtverwandte Person gerichtete Enterbungsklausel greift danach im Gegensatz zum Ausgangsfall nach deren Adoption durch den Testator nicht ein. Die Adoption eines extraneus ist keine bloße Rücknahme seiner vorherigen Emanzipation; normalerweise tritt sie auch nicht in Konkurrenz zur blutsmäßigen Abstammung. Die Enter47 Pater naturalis müssen wir im Deutschen mit ‚leiblicher‘ Vater übersetzen. ‚Naturalis‘ (pater, avus, filius, nepos etc.) steht einerseits (wie hier) im Gegensatz zu Adoptivverwandten, bedeutet andererseits aber auch ‚außerehelich‘; siehe Heumann / Seckel, Handlexikon s. v. naturalis 2 b. Unter einem ‚natürlichen‘ Sohn verstand man früher einen unehelichen. – „Die natürliche Tochter“ ist der Titel einer von Goethe 1803 in Weimar herausgebrachten (fragmentarisch gebliebenen), durch einen konkreten Fall veranlassten dramatischen Elegie. Sie trägt autobiographische Züge, denn Goethe musste wegen der Legitimierung seines vorehelichen Sohnes August beim Herzog vorstellig werden; sie wurde ihm noch vor der Heirat mit Christiane Vulpius per rescriptum principis bewilligt. Als Herder nach der Lektüre der unvollendeten Trilogie gegenüber Goethe bissig bemerkte: „Dein natürlicher Sohn ist mir lieber als deine natürliche Tochter“, war die jahrzehntelange Freundschaft beider zu Ende; siehe Richard Friedenthal, Goethe: Sein Leben und seine Zeit, 1963, 484 ff. Günstiger urteilte Clemens von Brentano in einem Brief an Savigny, siehe Gerhard Schulz in: De Boor / Nedwald, Geschichte der deutschen Literatur VII / 1, 1983, 489 ff. Goethes eigene Meinung über sein Theaterstück ergibt sich aus Richard Dobel (Hrsg.), Lexikon der Goethe-Zitate, 1991, Sp. 336 f.
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bung eines ohnehin nicht erbberechtigten extraneus war freilich gegenstandslos48 und darum nichtig. Die Enterbung von quivis ex populo oder gar sämtlicher Zeitgenossen hätte keinen Sinn. Soweit Enterbungen nominatim angeordnet werden mussten, waren sie pauschal in einer einzigen Klausel gar nicht durchführbar. Irgendeine Beziehung des Testators zum Enterbten muss also schon bestanden haben. Zu denken wäre an den Fall, dass die frühere Einsetzung eines extraneus widerrufen war und er sicherheitshalber zusätzlich enterbt wurde. Näher liegt vielleicht die Enterbung eines Konkubinenkindes (spurius), eines Pflegekindes (alumnus) oder eines von der Frau aus einer früheren Beziehung in die Ehe mitgebrachten Stiefkindes. Oder die Enterbungsklausel sollte einen zudringlichen Erbschleicher abwehren. Erforderlich war eine Enterbungsklausel in keinem der genannten Fälle. Dass ein Testator sie zur Sicherheit dennoch niederschrieb, ist eine nicht unrealistische Möglichkeit. Mit der späteren Adoption des enterbten extraneus durch den Testator wird die gegenstandslose Enterbung gemäß § 8 nicht wirksam. Anfängliche Geltungshindernisse werden nämlich durch spätere zufällige Ereignisse nicht geheilt, nach der Maxime ne eventu confirmetur.49 Wurde die Enterbung allerdings im Hinblick auf die bevorstehende Adoption, also in zeitlichem und sachlichem Junktim vorgenommen, so ist sie als gültig anzusehen; dieser Fall dürfte nicht gemeint sein. Von den Beteiligten ins Auge gefasste Ereignisse sind keine zufälligen, welche nach der zitierten Regel nicht zur Heilung anfänglicher Nichtigkeit führen sollen. 2. Mit der Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft erlangt die Person kraft des ius postliminii wieder ihre frühere Rechtsstellung. Diese darf sich weder verschlechtern noch verbessern.50 Deshalb wirkt gegen sie gemäß § 9 auch die frühere Enterbungsklausel fort, und zwar von Rechts wegen.51 Das ist hier keine Auslegungsfrage bezüglich des Testatorwillens wie in Papinians Ausgangsfall. Dort handelte es sich um zwei gegenläufige Privatrechtsakte. Doch spricht manches für die Gleichbehandlung. 3. Im Ausgangsfall emanzipierte der Vater seinen enterbten Sohn, gemäß der Variante in § 10 gab er ihn hingegen zur Adoption frei. Später emanzipierte den Sohn der Adoptivvater. Die Adoption war dann nur ein Zwischenspiel. Beide Fälle sind gleich zu behandeln, darum wirkt die Enterbung auch hier fort.52 inepta: D. 1,7,2,2; 1,7,15pr. und 40pr.; Windscheid III, 291 Fn. 2. D. 15,4,2,2; Wacke, Ex post facto convalescere im römischen und im modernen Recht, in: Au-delà des frontières: Mélanges offerts à Witold Wołodkiewicz II, Warschau 2000, 1025 – 1052, 1037 f.: „Die Ausschaltung von Zufällen“. Hinzuzufügen ist der Schulenstreit darüber, ob beim vorzeitigen Tode eines übergangenen Sohnes das Testament wirksam wird: verneinend die Sabinianer, bejahend die Prokulianer: Gaius 2,123; Kaser, RP I, 705 Fn. 4; Liebs, ANRW II 15, 1976, 253. Die Sabinianer folgen offenbar der regula Catoniana; zu ihr kritisch Wacke aaO S. 1031 ff. 50 Wacke, Pomponius Dig. 49,15,6: Ein Kriminalfall um Menschenraub und Lösegeldzahlung aus dem nördlichen Britannien. in: Scritti in onore di Generoso Melillo III, Napoli 2009, 1473 – 1503, 1483. 51 Luigi Amirante, Captivitas e postliminium, Napoli 1950, 126 ff. 52 Russo Ruggeri (o. Fn. 24) I 471 f. 48 49
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VII. Zusammenfassende Schlussbetrachtungen 1. Die Formen der Annahme an Kindes Statt waren frühe Konstrukte der einfallsreichen altrömischen Jurisprudenz. Mit der Rezeption römischen Rechts verbreitete sich die Adoption in Europa;53 von der Rezeption nicht betroffene Länder kannten sie zunächst nicht. Die letzten Dezennien brachten für das Adoptionsrecht stürmische Veränderungen.54 Umso wichtiger bleibt die Erkenntnis seiner grundlegenden Prinzipien. Eine wichtige Aussage über das Verhältnis der künstlichen Adoptivkindschaft zur naturgegebenen Blutsverwandtschaft verdanken wir Papinian im hier analysierten Fragment D. 28,2,23pr. Nach seiner von Ulpian D. 37,4,8,7 gebilligten Ansicht gebührt der leiblichen Verwandtschaft der Vorrang (iura naturalia praevalent, vgl. Fn. 57). Wegen dieser prinzipiellen Feststellung gehen beide Fragmente über den speziellen Anlassfall hinaus. Wertehierarchien zu schaffen oder wenigstens zu beschreiben, gehört zu den fundamentalen Aufgaben einer über die Alltagsgeschäfte hinausstrebenden Rechtswissenschaft. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe rechnete Ulpian D. 1,1,1,1 zur vera philosophia. Das römische Recht knüpfte eher an die juristische Verwandtschaft (adgnatio) als an die Blutsverwandtschaft (cognatio) an.55 Der juristischen Verwandtschaft gebührt (jedenfalls im bürgerlichen Recht und in den Verfahrensgesetzen: § 51 EGBGB) prinzipiell der Vorrang. Aber die biologische Abstammung gehört zu den Vorgegebenheiten für das Recht;56 sie ist unauflöslich.57 Auch die Verstoßung eines Kindes (apokeryxis)58 zerstört die Blutsbande nicht. Die der Blutsverwandtschaft nachgebildete Annahme als Kind verändert zwar dessen rechtliche Zuordnung; aber trotz des Übertritts in eine andere Familie lässt sich die leibliche Elternschaft nicht verleugnen. Für bestimmte Konstellationen bleibt die Blutsverwandtschaft beachtlich, vor allem bei den ethisch begründeten Eheverboten.59 Das Strafrecht definiert
53 Einen geschichtlichen Überblick bringt die Kölner Dissertation meines Doktoranden Christoph Neukirchen, Die rechtshistorische Entwicklung der Adoption, Frankfurt / M. 2005, 149 Seiten. Während der Beratungen zum Code civil wurden erhebliche Bedenken gegen die Adoption erhoben. Die damaligen Debatten waren sehr kontrovers: E. M. Theewen, Napoléons Anteil am Code civil, Berlin 1991, 163 – 178. 54 Eine Zusammenstellung der Gesetzesnovellen seit 1933 bringt Hans-Ulrich Maurer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2008, Vorbemerkung vor § 1741 RdNr. 11; die Liste ist länger als eine Druckseite. 55 Herausragendes Beispiel: Ein uneheliches Kind (spurius) unterstand nicht der Vatersgewalt, war mit dem Vater nicht adgnatisch verwandt, sondern sui iuris. 56 Heinrich Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie. Grundlagen des Rechts, 2. Aufl. 1977, §§ 18 ff. 57 Civilis ratio iura naturalia corrumpere (oder peremere) non potest, lautet die entsprechende Rechtsregel: Gaius 1,158; Gaius D. 4,5,8; Inst. 1,15,3; 3,1,11. Iura naturalia sind die angeborenen subjektiven Rechte und Pflichten. Die Sammlung von Liebs (Fn. 13) wäre auch um diese Regel zu vermehren. 58 Michael Wurm, Apokeryxis, abdicatio und exheredatio, München 1972; Kaser, RP II, 2. Aufl. 1975, 213.
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die Verwandtschaft herkömmlich autonom. Als Kind Angenommene haben auch gegenüber ihren Adoptiveltern (nicht gegen die Vermittlungsbehörde) einen Anspruch auf Aufklärung über ihre Abstammung.60 Die Kenntnis der eigenen Abstammung ist ein wichtiges Individualisierungsmerkmal und prägend für das Selbstverständnis und die Entfaltung der Persönlichkeit. In einigen Fällen kommt also die natürliche Verwandtschaft wieder zum Vorschein. Die ihr nachgebildete künstliche Verwandtschaft überlagert sie nicht vollständig. Die Nachahmung der Natur darf die Wirklichkeit nicht verdunkeln, lehrte Papinian in glücklicher poetischer Formulierung: ne imagine naturae veritas adumbretur. Imago bedeutet hier soviel wie imitatio.61 Das Imitat, die Replik, kann nicht stärkere Wirkungen entfalten als das Original. Die Wahrheit ist unter einem Schleier, unter dem künstlich geschaffenen Konstrukt der Adoptivkindschaft verborgen.62 Um die Wahrheit zu erkennen, muss man den Schleier wegziehen. Veranlasst wurde diese erkenntnistheoretische Aussage durch die Arrogation eines zuvor emanzipierten enterbten Sohnes. Nach Papinian darf man nicht verkennen, dass dies kein Hinzutritt eines neuen Pflichtteilsberechtigten, sondern nur die Rückkehr desselben Sohnes in die Vatersgewalt ist. Das die Enterbung anordnende Testament wird deshalb nicht umgestoßen.63 Mit der Regel, dass Enterbungen nicht zu 59 Nach § 1307 Satz 2 BGB gilt das trennende Eheverbot unter Verwandten in gerader Linie und unter Geschwistern „auch, wenn das Verwandtschaftsverhältnis durch Annahme als Kind erloschen ist.“ Gemäß § 1755 BGB erlischt das Verwandtschaftsverhältnis eines Adoptierten zu seinen bisherigen Verwandten. Das Erlöschen ist eine Fiktion. Die genetische Verwandtschaft bleibt bestehen. – In das Gesetz über eingetragene homosexuelle Lebenspartnerschaften (LPartG) wurden auch in die ab 1. 1. 2005 geltende revidierte Fassung die Eingehungsverbote des § 1307 S. 2 und des § 1308 BGB nicht übernommen. Aber deren analoge Anwendung ist geboten. Denn es kann nicht sein, dass der leibliche Vater oder der Adoptivvater mit seinem (volljährig gewordenen) Sohn eine registrierte Partnerschaft eingehen, die leibliche Mutter oder die Adoptivmutter ihn aber nicht heiraten darf. Siehe Wacke, im Münchener Kommentar zum BGB Bd. VII, 6. Aufl. 2012, § 1 LPartG RdNr. 11 (streitig). – Die 1969 aufgehobene Fiktion, wonach Vater und uneheliches Kind nicht als miteinander verwandt galten (§ 1589 Abs. 2 BGB a. F.), betraf nie das zwischen ihnen bestehende Eheverbot (§ 1310 BGB a. F.). 60 MünchKomm. / Maurer (Fn. 54), Vorbemerkung vor § 1741 RdNr. 30, Einzelheiten in § 1758 RdNr. 9 – 10. 61 Wie in der Regel Adoptio naturam imitatur (o. Fn. 27). Imitatio begegnet 22 Mal in unseren Rechtsquellen, darunter zweimal bei Gaius, je einmal bei Ulpian und Marcian, ansonsten in spätantiken Konstitutionen und einmal in Justinians Institutiones. 62 Zur Veranschaulichung: Eine verschleierte veritas mit entblößtem Oberkörper schuf um 1853 der Bildhauer Raffaele Monti (1818 – 1881). Die Statue ist heute im Medeiro e Almeida Museum zu Lissabon: http: // en.wikipedia.org / wiki / File:Veritas_raffaelle_monti.jpg. 63 Eine präzise knappe Inhaltsangabe bringt Mario Bretone, I fondamenti del diritto romano: Le cose e la natura, Bari 1998, 120 f. (im Kapitel „Metamorfosi“): „La diseredazione produrra per il figlio il suo effetto negativo. L’adrogatio, infatti, non crea un nuovo rapporto „artificiale“ fra il padre e lui, e quindi non provoca l’invalidità del testamento, ma restituisce al vecchio rapporto naturale la sua piena rilevanza giuridica.“ – Ohne inhaltliche Analyse entnimmt Wolfgang Waldstein, Entscheidungsgrundlagen der römischen Juristen, ANRW II 15,
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fördern sind, ist Papinians Entscheidung vereinbar. Nach Scaevola D. 28,2,19 waren Enterbungen sogar dann nicht zu fördern, wenn der favor testamenti die Enterbung eigentlich gebieten würde (oben III.). 2. Die Annahme eines eigenen ehelichen Kindes war nach dem BGB nie zulässig. Von der Adoption des eigenen nichtehelichen Kindes schlossen zwei Novellen Justinians dessen Vater aus;64 die BGB-Verfasser hatten dagegen jedoch keine Bedenken.65 Die durch das Nichtehelichengesetz von 1969 eingefügten Vorschriften der § 1741 Abs. 2 und 3 (je Satz 2) BGB ermöglichten die Adoption eines eigenen nichtehelichen Kindes ausdrücklich, da die Adoption die Stellung des nichtehelichen Kindes verbesserte. Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz hat diese Bestimmungen wieder gestrichen, weil die nichteheliche Elternschaft der elterlichen gleichgestellt wurde.66 Im römischen Recht kam die Annahme eines eigenen ehelichen Kindes durch den Vater nur in Betracht, wenn es wie im Falle Papinians zuvor emanzipiert worden war. 3. Die Annahme an Enkels Statt verbot das Sächsische BGB in § 1283 ausdrücklich. Unser BGB von 1900 schließt sie aus durch sein Stillschweigen.67 Übereinstimmend mit den meisten Partikulargesetzen sahen die BGB-Verfasser dafür kein Bedürfnis. Die römischen Juristen waren allzu tolerant bezüglich ihrer Zulassung. Justinian hätte sie im Zuge seiner auf Vereinfachung gerichteten Rechtsreformen abschaffen sollen, denn simplicitas est legum amica (vgl. Inst. 2,23,7).68 Die im Schlusssatz von D. 28,2,23pr. erwähnte Adoption des eigenen Sohnes als Enkel schuf geradezu ein juristisches Monstrum.
Berlin 1976, 47 dem wörtlich wiedergegebenen Papinianfragment die Aussage, „daß die natürliche Verwandtschaftsbeziehung in fast der ganzen Rechtsordnung beachtet wird“. Das ist zu unspezifisch. – Hochgreifend hingegen Okko Behrends, Rez. Archi, Lex e natura nelle Istituzioni di Gaio, Festschrift Flume I (1978) 3 – 23, in: SZ 97 (1980) 463 f. mit Fn. 27. 64 Windscheid / Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts III, 9. Aufl. 1906, § 523 2 b, S. 96 mit Fn. 11. Das Reichsgericht übernahm das Verbot nicht. 65 Windscheid / Kipp, Pandektenrecht III, 98. Den Beitrag der Adoption zur Verminderung der Zahl illegitimer Kinder erklärten die Motive zu einem „nicht zu unterschätzenden Vorteil“. 66 Einzelheiten in MünchKomm. / Maurer § 1741 BGB RdNr. 3 – 4. Im Falle einer Leihmutterschaft kann die biologische Mutter das Kind adoptieren, weil sie es nicht geboren hat. 67 So die Motive, bei Haidlen, Bürgerliches Gesetzbuch mit Motiven III, Berlin / Stuttgart 1897, 606. Schon vorhandene Abkömmlinge eines zu Adoptierenden können allerdings mit angenommen werden, so ausdrücklich § 1762 Satz 2 BGB a. F. 68 Zum Stilideal der Einfachheit Schulz, Prinzipien (Fn. 33) Kap. V S. 45 ff.
Prokop und Justinian Von Hans Wieling I. Die rechtliche Lage der Dekurionen Prokop erzählt in seinen „Anekdota“ die Geschichte zweier höherer Dekurionentöchter aus Askalon und aus Caesarea in der Provinz Palaestina. Caesarea maritima war eine Hafenstadt, hier wurde die einzige Inschrift gefunden, die uns neben der Bibel ein Zeugnis von der Existenz des Präfekten, später Prokurators Pontius Pilatus gibt. Hier wurde auch Vespasian zum Kaiser ausgerufen, er machte Caesarea maritima zu einer römischen Kolonie. Auch Askalon war eine alte Handels- und Hafenstadt1. Prokop selbst stammte aus einer wohlhabenden Familie in Caesarea maritima und lebte etwa von 500 bis 560. Er studierte nicht nur wie üblich Rhetorik, sondern auch Rechtswissenschaft, mit einem wohl beachtlichen, wenn auch nicht überwältigenden Erfolg. Denn offenbar waren die Berichte, die der Stadtpräfekt von Konstantinopel dem Kaiser über seine Leistungen zuzusenden hatte, nicht geeignet, ihm ein Staatsamt in der Zentralverwaltung zu verschaffen2. Immerhin wurde er als Assessor von Belisar übernommen, später brachte er es in seiner Beamtenlaufbahn bis zum praefectus urbi und wurde mit dem hohen Ehrentitel eines patricius ausgezeichnet; er war Christ. Prokop hat sein Büchlein „Anekdota“ aus gutem Grund zu Lebzeiten Justinians nicht veröffentlicht; es ist eine gehässige Schmähschrift gegen Justinian und Theodora, die auch Prokops Vorliebe für eine überaus derbe und zotige Satire zeigt, die natürlich auf Kosten der Theodora geht3. Selbst der moderne Herausgeber der „Anekdota“, Veh, der seinem Prokop vielerlei nachsieht, meint im Anhang, es bleibe ein Makel, wenn jemand zugleich eine Lobrede auf Justinian schreibe, wie Prokop in seinen „Bauten“ einerseits, und ihn andererseits verächtlich mache4. 1 Hier gab es vor Zeiten gemäß dem Lied des Viktor von Scheffel das bekannte Gasthaus zum „Schwarzen Walfisch“, in welchem Dattelwein ausgeschenkt wurde und die Rechnung noch von Nubiern auf Tontafeln präsentiert wurde! 2 Vgl. dazu Wieling, Rechtsstudium in der Spätantike, in: A bonis discere, Festgabe für János Zlinszky zum 70. Geburtstag, 1998, 513 – 531. Der dort S. 529 zitierte Text ist entnommen dem Gesetz Valentinians CTh 14, 9, 1. 3 Prokop, Anekdota IX, Ausgabe Heimeran, 2. Auflage 1970, Griechisch-Deutsch von Otto Veh. 4 Vgl. dazu auch Fausto Goria, Aspetti della Giustizia Penale nell’Età Giustinianea alla Luce degli Anekdota di Procopio, Atti dell’Accademia Romanistica Costantiniana XI, 1996, 565 – 591.
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Prokop berichtet uns5: „Es lebte ein gewisser Anatolios, der im Rate von Askalon den ersten Rang bekleidete. Dessen Tochter heiratete ein Mann aus Kaisarea mit Namen Mamilianos, Sproß eines hochangesehenen Hauses. Als einziges Kind ihres Vaters Anatolios war sie Erbtochter. Nun war es seit langem gesetzlich festgelegt, daß ein Viertel der Hinterlassenschaft, falls der Ratsherr einer Stadt ohne männliche Erben sterbe, dem Rate zufalle, von dem Rest aber die Erben Nutzen ziehen sollten. Doch auch in diesem Fall verriet der Kaiser seine Gesinnungsart: Flugs war er mit einem neuen Gesetz zur Hand und kehrt die Sache dahin um, daß im Falle ein Ratsherr ohne Sohn sterbe, die Erben nur ein Viertel des Vermögens bekommen, alles übrige aber der Staat und der Rat der Stadt erhalten sollten. Dabei durfte doch seit Menschengedenken weder Staat noch Kaiser Hand auf Besitz von Ratsherren legen. Während nun das neue Gesetz in Geltung war, beschloß Anatolius seine Tage und die Tochter teilte dessen Besitz vorschriftsmäßig mit dem Staat und dem Rate der Stadt. Der Kaiser selbst und die Ratsherren von Askalon erklärten schriftlich ihre Ansprüche als befriedigt, nachdem sie ihren Anteil ordnungsgemäß empfangen hatten.“ Anatolios nahm also im album decurionum, im Verzeichnis des Adels der Stadt Askalon, den ersten Platz ein, der Name seiner Tochter T1 wird – wie in griechischen Texten üblich – nicht genannt. Als Anatolios starb, hinterließ er als einzigen Erben seine Tochter; sie war seine „Erbtochter“6, was jedoch für das damals geltende römische Recht ohne Bedeutung war. Der erste Teil von Prokops Bericht, der sich mit dem Geschick des Hauses des Anatolios befaßt, endet hier; die Familie scheint mangels männlicher Erben ausgestorben zu sein. Die Darstellung von Prokops Bericht mit der Geschichte des Hauses Mamilianos wird unten unter 3. fortgesetzt. 1. Die Tochter des Anatolios wäre gemäß dem römischen Erbrecht dessen alleinige Universalerbin gewesen, was jedoch der Bindung des Dekurionenvermögens an die Kurie nicht gerecht würde. Das Vermögen der Dekurionen, die später bevorzugt als curiales, Kurialen, bezeichnet wurden, diente nicht nur den Interessen des jeweiligen Eigentümers selbst; es diente darüber hinaus auch den Interessen der gesamten Kurie und damit auch denen des Staates; die Dekurionen waren im Gemeinderat, in der Kurie versammelt, der gerne auch als „Senat“ bezeichnet wurde. Zu Dekurionen wurden bevorzugt angesehene und wohlhabende Bürger mit umfangreichem Grundbesitz bestellt, welche in der Lage waren, die Abgabe der in der Stadt eingesammelten Steuern an den Kaiser zu garantieren; sie bildeten die Basis des römischen Steuerwesens. Diese Regelung konnte nur funktionieren, so lange
Prokop, Anekdota XXIX, 17 – 25. Als Erbtochter bezeichnete das griechische Recht eine Tochter, mit deren Hilfe in Ermanglung eines Sohnes die Familie fortgesetzt werden sollte; die Regelungen waren in den einzelnen Städten unterschiedlich. Die Erbtochter wurde vom Familienvater bestimmt und konnte von ihm auch an einen „Adoptivsohn“ verheiratet werden. Einen Anspruch auf die Hand der Erbtochter hatte der nächste Erbberechtigte des Familienvaters. 5 6
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die öffentliche Abgabepflicht Dekurionen traf, die im Besitz eines umfangreichen Vermögens waren. Die Familieninteressen der Dekurionen sorgten dafür, daß dieser Gleichlauf lange gewahrt blieb und die Testierfreiheit der Dekurionen zunächst nicht angetastet werden mußte7. Soweit die Kurialen irgendwelche Leistungen an den Staat zu erbringen hatten, etwa im Zusammenhang mit der Erhebung und Abführung von Steuern, war die Zahlungsfähigkeit der Kurialen ein wertvolles Gut für den Staat. Er mußte daher bemüht sein, ihr Vermögen nach Möglichkeit zu erhalten. Das ging allerdings nicht so weit, daß er den Kurialen die Verfügungsmöglichkeit über ihr Vermögen insgesamt entzogen hätte, wie es bei anderen Korporationen bisweilen geschah. Verboten wurde ihnen aber durch ein Gesetz Theodosius’ des Großen im Jahr 384 die Veräußerung der wertvollsten Vermögensteile, der Grundstücke. Grundstücke durfte ein Dekurio ohne Zustimmung des Provinzstatthalters nicht veräußern, damit der Bestand seines Vermögens gesichert blieb, CTh 12, 3, 1. 2. Zum gleichen Zweck hatte Theodosius I. ebenfalls im Jahr 384 in einem Gesetz den „Denarismus“ eingeführt, CTh 12, 1, 107; h.t. 123, 2, eine Abgabe für alle, die früheres Dekurionenland ohne Gegenleistung erworben und in Besitz hatten. Dieses Land hatte die Forderungen der civitates (und damit mittelbar des Staates) gegen die Dekurionen auf Ablieferung der eingesammelten Abgaben gesichert, doch war diese Sicherung nicht mehr vorhanden, wenn der Dekurio die Grundstücke veräußert hatte. Als Ausgleich dafür wurde nun mit dem Denarismus eine Abgabe festgelegt für alle, die auf lukrative Weise – also ohne Gegenleistung, wie etwa durch Erbschaft oder Schenkung – in den Besitz von Land gelangt waren, welches früher einem decurio gehört und daher dem Staat gehaftet hatte. Geht daher das Vermögen eines Dekurio oder Teile davon an einen Nichtkurialen über, so muß der Staat sich eine Zugriffsmöglichkeit schaffen für ein Vorgehen gegen diesen neuen Vermögensinhaber. Der Denarismus war also eine Abgabe für Grundstücke, die ein Nichtkuriale aus einem früheren Kurialenvermögen besitzt und welches früher für die Erbringung einer Abgabe gehaftet hatte8. Es handelte sich um eine jährlich zu erbringende Zahlung an den Staat, welche die Grundsteuerbeträge des Steuerpflichtigen ergänzten; eine solche Verpflichtung konnte kaum als unbillig empfunden werden, da sie die Gegenleistung für grundlos erlangten Grundbesitz war. CTh 12, 1, 107: Imperatores Valentinianus, Theodosius et Arcadius, Augusti, praefecto praetorio Cynegio. Quicumque heres curiali vel legitimus vel electus testamento graduve successerit quique fideicommissarius aut legatarius eiusdem arbitrio morientis exstiterit vel si quem liberalitas locupletaverit forte viventis, quos a curiae nexu condicio solet dirimere, sciant pecuniariis descriptionibus pro ea tantum parte patrimonii, in quam quisque successit
7 Vgl. Schubert, Die Sonderstellung der Dekurionen (Kurialen) in der Kaisergesetzgebung des 4. – 6. Jahrhunderts, SZ (rom. Abt.) 86 (1969), 287 – 333, 324 f. 8 Gothofredus, Paratitlon CTh 12, 4 erörtert sie unter „munera & officia Decurionum varia & gravia erant.“
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ad denarismum sive uncias sese auctoris sui nomine retinendum. Dat. prid. kal. sept. Veronae Richomere et Clearcho conss. (31. August 384).
Eine descriptio ist eine Steuerausschreibung einer Gemeinde, in welcher angeordnet wird, wieviel der einzelne steuerpflichtige Bürger und zu welcher Zeit abzuführen hat. Als Denarismus wurde im Jahr 428 von Kaiser Theodosius II. ein Betrag von vier siliquae Silber jährlich festgesetzt, den jeder Besitzer pro iugum et caput besessenen früheren Dekurionenlandes zu erbringen hatte, wobei die siliqua eine kleine Silbermünze war im Wert von 1 / 24 Goldsolidus. CTh 12, 4, 1: Imperatores Theodosius et Valentinianus, Augusti, Florentio, praefecto praetorio. Ii qui ex lucrativa causa possessiones detinent, quae aliquando curialium fuerint, pro singulis earum iugis et capitibus quaternas siliquas annuas ordinibus nomine descriptionis exsolvant, ita ut praebitionis istius forma non praeiudicet illis civitatibus, in quibus consuetudo praecedens vel pacta quaedam vel alia necessitas ampliorem summam exigi persuadet. et cetera. Datum V Id. Iunii Constantinopoli Felice et Tauro conss. (9. Juni 428).
Diese Abgabe war sicherlich unerheblich, solange es um kleine Grundstücksflächen ging; ging es aber um einen Großgrundbesitz, so konnten sich erhebliche Summen ergeben. Sie dürften in etwa der Steuerpflicht für das Grundstück entsprochen haben. Der Denarismus belastete ausschließlich das Grundvermögen; befreit von dieser Steuer sind nach einem Gesetz Theodosius’ II. von 442 letztwillige Zuwendungen und Schenkungen an Vorfahren und Nachkommen, selbst wenn sie keine Kurialen sind: CJ 10, 36, 1 pr.: Imperatores Theodosius et Valentinianus, Augusti, Apollonio praefecto praetorio: Descriptionis onere siliquarum quattuor, quas ex lucrativis iugationibus tantum, non humanis vel animalium censibus neque mobilibus rebus iubemus indici, etsi curiales non sit, maiores ac posteros liberamus.
Das ist eine Selbstverständlichkeit, wenn die Abkömmlinge mit dem Vermögen auch die Bindung an die civitas erben; anders ist es aber, wenn sie keine Kurialen sind: Dann liege eigentlich gar keine liberalitas vor, sondern ein naturale debitum, meint der Kaiser. Dann scheiden also die weggegebenen Grundstücke endgültig und ersatzlos aus dem haftenden Vermögen aus. Nicht alles was die kaiserliche Kanzlei produziert, ist also nur Rhetorik. 3. Neben dem Denarismus führte Theodosius II. eine weitere Regelung ein, welche die Finanzen der civitates gegen Verluste beim Tod eines Kurialen absichern sollte: Der Rechtsnachfolger eines curialis, welcher selbst nicht curialis der gleichen civitas ist, muß dieser Gemeinde die quarta curialis herausgeben9, ein Viertel des Wertes der Erbschaft, vgl. CJ 10, 35, 1 (428). Andernfalls würde die civitas einen Verlust erleiden, denn das vererbte Land kann von ihr nicht mehr zur Absicherung der Steuerzahlung an den Staat herangezogen werden. Diese Abgabe9
Zur quarta curialis vgl. Max Kaser, Das römische Privatrecht II, 1975, II § 291 IV 2.
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pflicht also ist ein Ausgleich dafür, daß der Nachlaß insgesamt von allen Belastungen befreit wird, welche die bisherigen Eigentümer als Dekurionen zu tragen hatten. Bei den erheblichen Belastungen der Dekurionen – Arbeitsbelastungen und finanziellen Lasten –, die jeden Dekurio trafen10, erscheint dieser Einsatz eines Viertels des Vermögens nicht als unangemessen, zumal er auch geeignet erscheint, eine Stabilisierung des Dekurionenstandes zu bewirken. Es stellt sich nun die Frage, in welchem Verhältnis der Denarismus und die quarta curialis zueinander stehen. Schließen sie sich aus oder können sie nebeneinander angewandt werden, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen? Darüber hatte niemand nachgedacht, niemandem ist auch eine gesetzliche Lücke aufgefallen. Doch Apollonius, praefectus praetorio orientis, entdeckte die caligo, die gesetzliche Unklarheit, und brachte sie im kaiserlichen Konsistorium in Konstantinopel am 9. März 443 zur Sprache. Er macht auch gleich einen Ergänzungsantrag, den das Konsistorium annimmt: Der Kaiser Theodosius II. als Vorsitzender des Konsistorium berichtet: Aliam quoque de negotio curiali caliginem suggestione tuae celsitudinis moti recenti interpretatione discutimus. Et inprimis discriptionis onere siliquarum quattuor, quas lucrativis iugationibus tantum, non humanis vel animalium censibus neque mobilibus rebus iubemus indici, etsi curiales non sint, maiores ac posteros liberamus, … eque diverso ut, si idem posteri ad maiores praedicta sibi consanguinitate devinctos praefatis titulis suas conferant facultates, nullius accessione gravaminis huiusmodi liberalitas oneretur. Ita enim necessariis sibi coniunctisque personis sub liberalitatis appellatione debitum naturale persolvitur11.
Der Denarismus soll also zwischen Verwandten in grader Linie nicht mehr angewandt werden. Der Vorschlag des Prätorianerpräfekten ist unmittelbar in den Codex Iustinianus übernommen worden, in CJ 10, 36, 1 pr. 4. Prokop berichtet nun aus Anlaß des Todes des Anatolios weiter, es sei seit langem gesetzlich festgelegt gewesen, daß ein Viertel der Erbschaft eines Dekurio der Gemeinde zufalle12, wenn er ohne männliche Erben sterbe. Damit ist offenbar die soeben erwähnte Regelung des älteren Theodosius in CJ 10, 35, 1 gemeint. Diese Abgabepflicht für ein Viertel der Erbschaft entfällt, wenn die Erbschaft ohnehin der Gemeinde verbleibt, weil der Erbe etwa als Sohn des Erblassers auch die Dekurionenpflichten übernehmen muß. Was aber soll rechtens sein, wenn nur eine Tochter des verblichenen Dekurio überlebt? Eine Frau kann kein Dekurio sein, so wie eine Frau als Magistrat im römischen Recht völlig undenkbar ist. Eine erstaunliche Ausnahme teilt uns allerdings der Kaiser Julian in einem Gesetz aus Antiochia von 362 in CTh 12, 1, 51 = CJ 10, 32, 22 mit: Eos indulserunt veteres principes ex materno genere curialibus Antiochenis adscribi, quos patris condicio nullius vindicaret iuri civitatis13.
10 11 12
Vgl. etwa Gothofredus, Paratitlon CTh 12 VII s.v. Munera. Nov. Theod. 22, 2 § 12. Prokop schreibt ungenau: dem Gemeinderat zufalle.
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Die Eigenschaft als Kuriale vererbt sich in Antiochia also nicht wie üblich kognatisch in der männlichen, sondern agnatisch, und zwar in der weiblichen Linie. Noch Kaiser Leo verweist später in CJ 10, 32, 61 auf diese Kuriosität. Grundsätzlich jedoch vererbt sich die Eigenschaft als Kuriale kognatisch, in der männlichen Linie14; wessen Vater, Großvater u.s.w. Kuriale war, der kann zum Kurialendienst herangezogen werden, CTh 12, 1, 134 = CJ 10, 32, 43. 48. Der Kuriendienst ist also unausweichlich und ewig, CJ 10, 32, 50; alle noch so listig ersonnenen Kunststücke helfen nichts. Der Kurialendienst endet nur, wenn die männliche Linie der Familie ausstirbt15. Das war mit dem Tod des Anatolios für seine Familie geschehen, denn es kommen keine neuen Mitglieder mehr hinzu. Was also blieb der T1 vom Nachlaß ihres Vaters Anatolios? Seine Erbschaft fiel nach CI 10, 35, 1. 2 zu ¼ an die Kurie, zu ¾ an seine Tochter T1. Prokop fährt fort: Als nun Justinian bemerkt habe, daß ihm bei dieser Rechtslage ¾ der Erbschaft des Anatolios entgehen würde, habe er seine habgierige Gesinnung offenbart und noch im Jahr 535 schnell ein neues Gesetz gemacht, wonach die Erbschaft eines Dekurio, der ohne Kinder stirbt, zu ¾ dem Staat und der Gemeinde zufallen solle; das restliche ¼ könne er hinterlassen, wem er wolle. Prokop meint damit die Novelle 38 und behauptet, sie sei erlassen, obwohl doch seit Menschengedenken weder der Kaiser noch die Kurie den Besitz eines Kurialen anrühren durfte. Diese Behauptung Prokops ist freilich dreist angesichts der vielen Gesetze, die das Vermögen der Dekurionen belastet hatten. Schon im Jahre 458 hatte Kaiser Majorian in Ravenna geklagt, daß die Kurien weitgehend verwaist seien; denn infolge der Ungerechtigkeiten der Provinzstatthalter und der Bestechlichkeit der Steuereinnehmer (exactores) hätten viele Kurialen ihre Gemeinden verlassen und auf fremdem Grund Verstecke gesucht. Sie hätten sich als Kurialen die Schande angetan, sich durch den Umgang mit Koloninnen und Sklavinnen zu beschmutzen. So sei es geschehen, daß die Kurialen aus den Städten verschwunden seien. Der Kaiser verordnet als Hilfsmittel, sie mitsamt ihren Frauen in ihre früheren Gemeinden zurückzuschaffen; sollten sie aber erst an ihrem jetzigen Ort geheiratet haben, dann verlöre eben die Herrschaft diese Sklavinnen oder Koloninnen, weil sie ihnen diese ungesetzliche Verbindung gestattet hätte16. In das 13 Gothofredus h.l. berichtet dazu, eine vergleichbare Regel habe außer in Antiochia auch in Troja, in Delphi und auch am Pontos gegolten, wo das Volk der Amazonen ansässig sei. Er schreibt auch über deren Sitten, die den Bestand des Volkes sichern sollten. Das erklärt die Geltung der genannten Regel bei ihnen. 14 Zur Begründung führt Theodosius I. in CJ 10, 32, 44 aus: Nullus solius materni sanguinis vinculis illigetur, quia mulierum infirmitas numquam huiusmodi functionibus reddit obnoxios, a quibus ipsa habetur immunis. 15 Ausnahmsweise kann eine Dekurionenfamilie auch weiterbestehen, wenn nur noch eine Tochter vorhanden ist, die mit einem Dekurio der gleichen Gemeinde verheiratet ist. Ihre Kinder erben das Vermögen und die Rechtsstellung als Dekurionen der Gemeinde, vgl. unten nach Fn. 22. 16 NovMai VII pr.
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gleiche Horn stößt auch Justinian selbst mit seiner oben zitierten Novelle 38 pr. Er sieht den Grund für den Schwund der Kurialen aber bei diesen selbst, weil sie das Amt nicht mehr übernehmen wollten; nach dem Grund dafür fragt er freilich nicht. Sieht man in Anatolios und Mamilianos ebenfalls Dekurionen, vergleichbar denen der alten Art, so wären die kaiserlichen Klagen freilich wenig angebracht17. 5. Prokop sieht den Grund für die Novelle 38 also in der Habsucht des Kaisers, mit welcher er sich das Vermögen des Anatolios sichern wollte18; Justinian selbst sieht die Sache freilich anders als Prokop: Mit seiner Novelle 38 kommt er dem politischen Hauptziel der damaligen Politik recht nahe: Er will die finanziellen Grundlagen des Reiches sichern, indem er drei Viertel des Kurialenvermögens fest an die Kurie bindet. Nur über das restliche Viertel soll der Testator frei verfügen können. Dadurch hat ein kinderloser Kuriale gewissermaßen die ganze Stadt anstelle von Söhnen und erwirbt sich ein unvergängliches Andenken, ein Vorteil, den ihm eigene Söhne nicht hätten verschaffen können, meint der Kaiser19. Man ist hier geneigt, Justinian Recht zu geben, denn den Vorteil dieser neuen Regelung haben eindeutig die Städte, deren Vermögen gestärkt wird, und keineswegs der Staatsfiskus. Und in die Stadtkasse kann selbst der Kaiser nicht ohne weiteres hineingreifen. Gemäß NovJ 38 verfällt der Nachlaß eines Curialis, der ohne Nachkommen verstirbt, zu 75 % an seine Kurie20; über 25% kann er frei verfügen. Wer männliche Nachkommen hinterläßt, kann alles oder ¾ seines Vermögens je nach seinem Willen unter sie verteilen, cap. 3 der Novelle. Hat er aber nur Töchter, die sich mit Kurialen seiner Stadt verheiraten, so erhalten sie auf jeden Fall ¾ des Nachlasses; der Vater kann aber auch den gesamten Nachlaß unter sie verteilen, cap. 4. Wenn der Erblasser aber Söhne und Töchter hinterläßt, so tritt eine komplizierte Nachfolgeregelung in Kraft, cap. 5. Die Söhne erhalten zunächst die eine Hälfte des Nachlasses, die Töchter im Prinzip auch, non integram quidem! Die Brüder müssen ja eventuell noch ¼ ihres Erbes an die Kurie abtreten, die quarta curialis21, wovon weibliche Erben ausgenommen sind, wenn sie mit Kurialen verheiratet sind. Quodsi ad tales pervenerint nuptias et curialibus propriae patriae fuerint sociatae, tunc liberabuntur a quarta curiae, utpote quae videntur et ipsae per viros suos donec supersunt esse participes functionum.
17 Darauf verweist auch Kennet G. Holum, The Survival of the Bouleutic Class at Caesarea in Late Antiquity, in: Caesarea Maritima, A Retrospective after two Millennia, Hrsg. A. Raban und K. H. Holum, Leiden / New York / Köln 1996, 621 f. 18 Mamilianos war also Dekurio, und zwar von Caesarea, obwohl Prokop das – anders als bei Anatolios – nicht ausdrücklich sagt. Das ergibt sich aus der Anwendung der einschlägigen Vorschriften. Daher ist jedoch seine Eigenschaft als Curialis nicht immer zutreffend gesehen worden, vgl. etwa A. H. M. Jones, in: The Later Roman Empire II, 1964, 753. 19 Nov. 38 cap. I. 20 Vgl. aber unten II 2. 21 Max Kaser, Das römische Privatrecht II (Fn. 9), II § 291 IV 2.
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Die Söhne bekommen in diesem Fall also weniger also die Töchter, weil sie gegebenenfalls einen Teil ihres Nachlasses als quarta curialis an die Gemeinde abtreten müssen. Da aber beim Tod des Anatolios22 Justinians „schnell erlassenes“ Gesetz Nov. 38 offenbar bereits in Kraft war, mußten ¾ der Erbschaft an die Gemeinde Askalon fallen und der Rest von ¼ an die T1; denn Anatolios hatte keine männlichen Erben. Immerhin hatte Anatolios eine Tochter, die in Nov. 38 cap. 4 als Erbin eines Dekurio erwähnt wird. Die umfangreiche und komplizierte Regelung der Novelle beruht auf dem Prinzip, daß das Gemeindevermögen, das die Forderungen des Staates auf Abführung der eingenommenen Steuern an den Kaiser sicherte, nicht geschmälert werden solle: Hat der Erblasser keine Söhne, die Kurialen werden können, so soll der ¾ Anteil an die Kurie selbst fallen; hat er aber Söhne, so sollen mindestens ¾ des Nachlasses ihres Vaters an sie fallen, in tantum singuli curialia patris munera subeant, soweit jeder die Pflichten des Vaters übernimmt23. Sind aber Töchter als Erben vorhanden, die mit einem Dekurio der Stadt verheiratet sind, so sollen sie ebenfalls mindestens ¾ des Nachlasses erhalten. Auf diese Weise vergrößert Justinian den Kreis der möglichen Erben für einen Curialis: Eine Dekurionentochter, die mit einem Dekurionen der gleichen Gemeinde verheiratet ist, gilt also als Erbe einem Sohn gleich24, womit die griechische „Erbtochter“ auch im römischen Recht eine Bedeutung gewinnt. Auf diese Art sichert Justinian auch die Zahlungsfähigkeit der Gemeinden wegen der Abführung der eingenommenen Steuern, ohne die Betroffenen direkt zu belasten; denn durch die Dekurionentochter und ihren Ehemann ist der Gemeinde das Vermögen des verstorbenen Curialis gesichert. Da aber T1 keinen Kurialen aus der Gemeinde ihres Vaters, also aus Askalon, geheiratet hatte, sondern einen Bürger aus Caesarea, erlangte sie also nach ihres Vaters Tod nur ¼ seines Nachlasses. Prokop fügt hinzu, der Kaiser und auch die Stadt Askalon hätten schriftlich bestätigt, das ihnen Zustehende aus dem Nachlaß erhalten zu haben. Soll man das glauben; hat Justinian jeden Eingang von Abgaben persönlich bestätigt? Justinian war also nach Prokops Bericht nicht nur habgierig und ungenau in seinen Formulierungen, sondern verfolgte offenbar auch wachsam die wirtschaftlichen Situationen sämtlicher Untertanen, um jede Möglichkeit eines Gewinnes zu nutzen; eine irritierende Vorstellung von der Beschäftigung eines Kaisers, die Prokop dem Leser vermitteln möchte. Da der Tod des Anatolios offensichtlich erst nach dem Inkrafttreten der Novelle 38 eingetreten war, muß sich die Tochter des Anatolios mit ¼ der Erbschaft ihres Vaters zufrieden geben. Hat nun aber der Kaiser, wie Prokop behauptet, die Novelle 38 in Erwartung des Ablebens des Anatolios und seines reichen Nachlasses erlassen? Die Behauptung ist leicht ausgesprochen, ein Beweis je22 Holum, The Survival of the Bouleutic Class at Caesarea in Late Antiquity (Fn. 17), 621 vermutet, daß der Tod des Anatolios ungefähr im Jahr 540 eingetreten sei. 23 Nov. 38 cap. 3. 24 Nov. 38 cap. 4.
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doch unmöglich. Das spricht gegen Prokops Bericht25. Bevor wir aber zum 2. Teil von Prokops Erzählungen kommen, wollen wir uns nun im 2. Teil der Arbeit seinem Gegenspieler zuwenden, ohne unseren Fall freilich aus den Augen zu verlieren. II. Aus dem kaiserlichen officium 1. Justinian begann seine Gesetzgebungstätigkeit mit großer Energie kurz nach dem Antritt seiner Regierung im Jahr 527, und zwar mit einem an den Senat gerichteten Befehl zur Sammlung der kaiserlichen Gesetze, der Konstitutionen. Es hatte sich schon vor ihm die Erkenntnis durchgesetzt, das Schaffen sicherer Rechtsquellen sei erforderlich, aber keiner seiner Vorgänger hatte sich an diese schwierige Arbeit getraut; die letzte Sammlung war der Codex Theodosianus von 439 gewesen, in welchem aber nur Kaisergesetze gesammelt waren; kein Herrscher hatte sich an eine neue Sammlung herangewagt. Justinian wagte sich an diese Aufgabe, deren Arbeit schon 528 abgeschlossen war, was nur denkbar ist, wenn sie sorgfältig vorbereitet war; wenn also zuvor das Arbeitmaterial ausgewählt und das Verfahren festgelegt war. Das zeigt, daß Justinian sich schon vor dem Herrschaftsantritt mit dieser Aufgabe, die ihm bevorstand, befaßt hatte. Am 7. April 529 bereits trat der erste Codex in Kraft. Der zweite Codex, der die weitere Gesetzgebungstätigkeit berücksichtigte, trat am 29. Dezember 534 in Kraft. Nach dem erfolgreichen Abschluß dieses ersten Teils seines Gesetzgebungsplans ging Justinian weiter und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Juristenrecht, das ius. Er wußte durchaus und sprach es auch aus, daß diese Sammlung eine schwierigere Aufgabe sei als die Sammlung des Kaiserrechts; er fleht deshalb Gottes Hilfe herab26. Das Gesetzeswerk der Digesten oder Pandekten wurde bereits am 16. Dezember 533 publiziert und trat am 30. Dezember 533 in Kraft. Am gleichen Tag traten auch die Institutionen in Kraft. 2. Nach der oben erwähnten NovJ 38 muß man davon ausgehen, daß die verfallenen ¾ des Nachlasses des Anatolios an die Gemeinde Askalon gefallen sind. Prokop behauptet jedoch, sie seien der Gemeinde Askalon und dem kaiserlichen Fiskus zugefallen. Die NovJ 38 erwähnt den Fiskus jedoch nicht, und das tut auch nicht NovJ 101. In einigen anderen Gesetzen jedoch findet sich eine solche Aufteilung der verfallenen Güter, vgl. etwa Justinian CJ 1, 3, 52, 11, vom 27. November 53127. Dieses Gesetz ist nach der Fußnote 2 des Herausgebers Krüger am Anfang des Textes einer Novelle Justinians entnommen, die in der um 630 entstandenen Samm25 Zweifelnd mit Recht auch Dietrich Claude, Die byzantinische Stadt im 6. Jahrhundert, 1969, 107 Fn. 3. 26 Vgl. die Constitutio deo auctore. 27 Vgl. dazu Beaucamp, Le droit successoral relatif aux curiales: Procope et Justinien, in: Legislazione, cultura giuridica, prassi dell’impero in età giustinianea tra passato e futuro, in: Atti del Convegno Modena, maggio 1998, 21 – 22, 2000, 384.
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lung kirchlicher und weltlicher Rechtsquellen (nomokanones) mit dem Namen collectio XXV capitulorum überliefert ist28. Solche privaten Sammlungen der kaiserlichen Gesetze erschienen nach der Veröffentlichung des Codex in großer Zahl, in ihnen nahm jeder die neuen Gesetze auf, die ihm für seine Zwecke wichtig erschienen. Die Sammlungen, die sowohl kirchliche als weltliche Rechtsfragen betrafen, wurden nomocanones genannt. Aus einer solchen Sammlung hat also auch Krüger das im Codex verlorengegangene Gesetz CJ 1, 3, 52 entnommen. In diesem Gesetz verbietet der Kaiser, daß ein Curialis Bischof oder Priester wird. Denn ein städtischer Beamter muß harte und strenge Regeln vollstrecken, er kann und darf nicht gleich darauf Nächstenliebe und Unschuld predigen. Davon werden einige Ausnahmen gemacht, etwa wenn jemand schon als Dekurionenkind Mönch geworden ist. Von seinem Vermögen aber soll er gemäß CJ 10, 35, 1 auf jeden Fall ein Viertel der Kurie oder dem Fiskus geben, selbst wenn er Abt war29. Wer aber bekommt das Viertel des FamiIienvermögens der T1? Justinian bestimmt in CJ 1, 3, 52, 11 und in Const. 11 § 1 der Collectio XV capitulorum, S. 164: Wenn in solchen Fällen ein Kurialenvermögen an die Kurie fällt, so soll generell die Hälfte des Wertes in Form von Grundstücken der Kurie zukommen, die andere Hälfte aber als Geld in die Kasse des Prätorianerpräfekten fließen30. Auffällig bei diesem Gesetz ist, daß das Gesetz NovJ 38 von 535 nicht erwähnt wird, nach welchem der Kurie nicht nur ein Vierteil, sondern sogar drei Viertel zugersprochen werden. Es hätte in der collectio XXV capitulorum aus der Zeit um 630 sehr wohl erwähnt werden können, in CJ 1, 3, 52 vom November 531 freilich noch nicht. Das von ihm selbst erlassene Gesetz, auf welches Justinian in CJ 1, 3, 52 § 1 verweist, und in welchem die Pflicht eines Dekurionenerben zur Abgabe des Viertels seines Vermögens an die Kurie und den Fiskus geregelt wird, findet sich in CJ 10, 35, 3 von 528. Hier beklagt sich Justinian bitter über die Machenschaften der Kurialen, welche das Gesetz Theodosius’ I. CJ 10, 35, 1 umgehen wollen. Hiermit nimmt er freilich nur die Klagen auf, die schon Theodosius II. in CJ 10, 35, 2 geäußert hatte, daß nämlich die Erben mit dem Nachlaß so verfahren, daß möglichst wenig an die Kurie gelangt. Der Kaiser Theodosius II. sieht sich daher gezwungen, genaue, bis ins Detail gehende Regelungen für die Behandlung des Nachlasses aufzustellen. Bis zur Zeit Justinians haben sich die Kurialen andere, neue Tricks ausgedacht, welchen nun Justinian entgegenzuwirken sich bemüht: Sie setzen ihre Söhne nur zu einem ganz geringen Teil zu Erben ein, der gerade die querela inofficiosi testamenti ausschließt, und das sind ¼; den Rest vermachen sie anderen Erben, wel-
28 Sie ist veröffentlicht von Gustav Ernst Heimbach, Anekdota II 1849, ND 1969, 145. Hier ist auf dem Titelblatt auch vermerkt, daß die Übersetzung der griechischen Texte ins Lateinische durch Gustav Ernst Heimbach erfolgte. 29 Justinian CJ 1, 3, 52, 2; Heimbach, Anekdota II (Fn. 28), 162: quartam partem tamen totius suae substantiae curialibus ac fisco praebeat. 30 Zu deren vielfältigen Aufgaben vgl. Enßlin, Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE) XII 2, 2391 ff.; 2460 ff.
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che der Kurie nicht pflichtig sind. Insgesamt soll jedoch zumindest ¼ des Kurialenvermögens der Kurie weiterhin als Sicherheit dienen. Der erste Kodex vom 7. April 529 und die Gesetze bis zum Inkrafttreten des zweiten Kodex (29. Dezember 534) sind in der Urfassung verschollen. Der Erhaltungsstand des gesamten zweiten Kodex ist im Verhältnis zu dem der Digesten und Institutionen schlecht. Durch Streichungen aus diversen Gründen entstand im Mittelalter eine Epitome Codicis, die nur noch ¼ des ursprünglichen Umfangs aufwies. Seitdem ist man bemüht, die Texte soweit als möglich wiederherzustellen31. Der zweite Codex vom 29. Dezember 534 war die letzte Auflage des Codex. Eine weitere sollte nach Justinians Willen nicht mehr erfolgen. Neue Gesetze sollten nach des Kaisers Vorstellung in einem gesonderten Band „Novellen“ veröffentlicht werden. Justinian hatte also einen Band seiner Novellen durchaus geplant: Vgl. Justinians Edikt De emendatione Codicis Justiniani et secunda eius editione, bisweilen auch mit dem Einleitungswort „cordi“ zitiert. § 4 … Hoc enim nemini dubium est, quod, si quid in posterum melius inveniatur, et ad constitutionem necessario sit redigendum, hoc a nobis et constituatur et in aliam congregationem referatur, quae novellarum nomine constitutionum significetur.
Justinian ist jedoch nicht mehr dazu gekommen, diesen Plan auszuführen; ein offizieller Band der Novellen Justinians ist nicht mehr erschienen, über die Gründe ist viel spekuliert worden. 3. Fraglich erscheint, wie sich Justinian die Vollendung seines Werkes durch die Herstellung des Novellenbandes vorgestellt hatte, wer sollte das Werk leiten? Wer sollte das Verfahren einberufen, die mitwirkenden Personen auswählen und den Fortgang der Arbeiten überwachen? Die Äußerungen Justinians geben uns darüber vielleicht eine Auskunft: Justinian hatte Tribonian als Leiter des gesamten Gesetzgebungsverfahrens auserwählt. Mit seinem Edikt „De novo codice componendo“ von Anfang 528, oft auch mit dem Eingangswort „Haec“ zitiert, hatte er sein Gesetzgebungswerk begonnen mit dem Befehl zur Herstellung eines Codex mit den Kaiserkonstitutionen, beginnend mit den Sammlungen des Gregorianus, Hermogenianus und Theodosianus bis zu den von ihm bis dahin selbst erlassenen Gesetzen. Als Mitarbeiter an diesem Werk bestellte er eine Reihe von bewährten Praktikern, welche die höchsten Ämter im Staat bekleidet hatten oder bekleideten, unter ihnen Tribonianum virum magnificum magisteria dignitate inter agentes decoratum. Tribonian bekleidete danach zur Zeit kein höheres Amt, hatte sich aber durch seine frühere Tätigkeit bereits als fähiger Jurist ausgewiesen, der vom Kaiser mit dem höchsten Ehrentitel „magnificus“ genannt wird32. Im Jahr 529, in seinem Edikt „Summa“ oder „De Justiniano codice confirmando“ setzt der Kaiser den bereits fertiggestellten Codex in Kraft, wobei er die Mitarbeiter nochmals lobend erwähnt, auch Tribonian. 31 32
Vgl. dazu Leopold Wenger, Die Quellen des römischen Rechts, Wien 1935, 638 ff. Haec § 1.
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Nachdem die Sammlung des Kaiserrechts so schnell vollendet wurde, will der Kaiser das Juristenrecht angehen; der Befehl dazu ergeht im Jahr 530 mit einem diesmal an Tribonian selbst gerichteten Edikt: Triboniano quaestori suo salutem! Tribonian ist also zu einem der höchsten Ämter aufgestiegen, das der Kaiser zu vergeben hat, zum quaestor sacri palatii. Justinian lobt die Leistung, die Tribonian bei der Anfertigung des Kodex gezeigt habe und weiter auch seine Rechtschaffenheit, was ihn von einigen anderen Mitarbeitern unterscheidet. Er gewährt ihm sogar die Bestimmung der Mitarbeiter aus dem Kreis der Professoren und Praktiker33. Nachdem diese dem Kaiser vorgestellt und von diesem bestätigt wurden, kann das Werk beginnen: Totam rem faciundam permissimus, ita tamen, ut tui vigilantissimi animi gubernatione res omnis celebretur. Der Kaiser unterstellt somit das gesamte Werk der Leitung des Tribonian. Damit könnte natürlich die Verfertigung der Digesten gemeint sein, aber auch der gesamte weitere Fortgang der Kodifikation. Nach der Vollendung der Digesten wird Tribonian lobend erwähnt in den Edikten „Tanta“ (§ 1) und Dedoken (pr.) vom 16. Dezember 533 zu den Digesten, und im Edikt „imperatoriam“ (§ 4) zu den Institutionen von Ende 533. Daß Tribonian als Leiter der gesamten Kodifikation sein sollte, ergibt sich aus deren Fortgang. Tribonian war also der Fortsetzer der Kodifikationsarbeit für Justinian, er hatte insbesondere für die Herstellung des noch ausstehenden Buchs der Novellen zu sorgen34: Nach der endgültigen Festlegung des Kodex im Jahr 534 mußten die zur Veröffentlichung geeigneten kaiserlichen Gesetze gesammelt, überarbeitet und archiviert werden; in Betracht kamen also alle kaiserlichen Gesetze nach dem 29. Dezember 534, das erste Gesetz, das hierunter fiel, war die Novelle Nr. 1 „de heredibus et Falcidia“ vom 1. Januar 535. Ob dieses Gesetz wirklich das erste war, wissen wir nicht, da es kein justinianisches Novellenbuch gibt. Das ist aber sehr wahrscheinlich, da dieses Gesetz sowohl in der Sammlung der 168 griechischen Novellen ebenso wie auch im Authenticum den ersten Platz einnimmt. Nach der Aufstellung von Wenger S. 668 sind im Jahr 535 insgesamt 35 Novellen bekannt geworden, im Jahr 53635 sind es 16 Novellen, im Jahr 537 sind es 23 Novellen, im Jahr 538 sind es 13 oder 15 Novellen, im Jahr 539 sind es 26 oder 27. Dagegen sind es im Jahr 540 nur 2 oder 3 Novellen, im Jahr 541 nur 10 Novellen, im Jahr 542 nur 6 oder Novellen 7, in den folgenden Jahren finden sich 0 bis höchstens 3 Novellen. Der Tod Tribonians zeigt hier deutlich seine Wirkung, man darf davon ausgehen, daß er um das Jahr 540 erfolgt ist. Justinians Kodifikation ist also nicht wie geplant zum Abschluß gekommen; natürlich gibt es auch weiterhin private Novellensammlungen, denen wir die Kenntnis der Novellen verdanken. 4. Betrachten wir als Beispiele die beiden Gesetze, welche ursprünglich auf den Stellen CJ 10, 35, 4 und 5 gestanden haben; diese Plätze sind heute frei. Hier
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Deo auctore § 3. Friedrich August Biener, Geschichte der Novellen Justinian’s [sic!], 1824, 12. Bei Wenger findet sich der Druckfehler „531“.
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standen ursprünglich zwei griechische Gesetze, die später von Justinians Gesetzgebungskommission wieder entfernt worden sind36. In dem Titel CJ 10, 35 ist geregelt, daß die Erben eines Curialis ein Viertel der Erbschaft an dessen Kurie abführen müssen, wenn sie nicht aus der gleichen Kurie stammen wie der Erblasser. Das Gesetz CJ 10, 35, 3 ist ergangen am 1. Juni 528, also bevor im Jahr 534 der Codex abgeschlossen wurde. Die ausgefallenen Gesetze CJ 10, 35, 4 und 5 sind danach ergangen, durften also im Codex nicht mehr erscheinen; nachdem sie irrig doch in den Codex aufgenommen waren, sind sie konsequent wieder daraus entfernt worden37. Zu den entfernten Gesetzen CJ 10, 35, 4 und 5 gibt es in der modernen Ausgabe des Codex in Fußnote 13 folgende Anmerkung des Herausgebers Paul Krüger: secundum libros graeca exciderunt. 1) c. 4 citatur in Theodori Nov. 38, 2; 89, 11. 2) c. 4 vel 5 in eiusdem Nov. 87, 4. 3) c. 5 in eiusdem Nov. 89, 11; 101, 4. 6. 4) ex argumento Nov. 101, 4. 6. colligitur: c.5 agere de filia curialis defuncti, quae nupta curiali sine liberis decesserit. 5) eodem referas constitutionem, quam commemorat Iustinianus in Nov. 38 pr. § 3. 6) c. 4 autem nescio an ea sit constitutio, quam Iustinianus in 1, 3, 52, 1 brevi ante de quarta patrimonii parte curiae atque fisco debita se tulisse dicit, cf. Nov. 38 pr. § 2 i. f.
a) c. 4 citatur in Theodori Nov. 38, 2; 89, 11. Daraus ergibt sich, daß Krüger an dieser Stelle die Novellen 38 und 89 vermutete. Das Argument dafür entnimmt er aus einer privaten Novellensammlung, und zwar aus dem Breviarium Novellarum Theodori Scholastici Thebani Hermopolitani38. Behandelt wird zunächst das erste der beiden Gesetze, CJ 10, 35, 4. Es wird in der Sammlung des Theodoros zur Novelle 38 erörtert, in der modernen Novellensammlung von Schöll – Kroll trägt das Gesetz als Novelle 38 die Überschrift „De naturalibus …“, bei Theodoros dagegen die Überschriften „De curialibus“, und darunter „qui rempublicam nostram“, weil der Text der Novelle 38 mit diesen Worten beginnt. In dem verkürzten Text des Theodoros dagegen tauchen diese Worte nicht mehr auf; dennoch bleibt es bei der Überschrift. Es findet sich bei Theodoros 38 Nr. 2 der folgende Text. Curialis, si liberos non habet, de quarta parte substantiae suae testari potest: sin naturales solum liberos habeat, recte eis relinquit omnem suam substantiam, aut, si hoc nolit, cedat iis dodrans, si velit, ita tamen ut curiales sint. Quodsi quidam ex iis curiales fieri noluerunt, portio eorum iis accrescit, qui curiales sunt: sin autem omnes curialem conditionem repudiaverint, tantum tres uncias accipiunt. Lege lib X Cod. Tit. 32, 1 et 2 const. 7 (tit. 31 et 32 const 7?) et tit. 35 const. 2 et 3 et 4 et Nov XVIII et LXXXIX.
36 Am Anfang des ersten Buchs des Kodex finden sich viele griechische Gesetze, die aus nachjustinianischen Novellensammlungen entnommen worden sind. 37 Es handelt sich um die Novellen 38 und 89 aus den Jahren 535 und 539. 38 Veröffentlicht bei Karl Eduard Zachariae, Anekdota, 1843, 7 ff. Die Bearbeitung der Novelle 38 findet sich dort S. 51 ff. Die Anordnung der Novellen folgt dem gleichen Schema, das auch Krüger in seiner Ausgabe übernommen hat; es stammt aus der unter Tiberius II. entstandenen „griechischen Sammlung der 168 Novellen“.
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Es geht hier um die Rechtsnachfolge eines Dekurio, der keine Kinder hinterläßt oder nur uneheliche. Wer keine Kinder hat, dessen Nachlaß fällt zu drei Vierteln an die Gemeinde, wer uneheliche Kinder hat, kann diese zu Erben einsetzen, wenn er sie zu Kurialen bestimmt. Das Zitat gegen Ende des Textes in: „Lege …“ ist entnommen aus der Nov. 38 in cap. 2, es verweist auf die Texte des Codex und der Novellen, in welchen das angesprochene Thema behandelt wird. Weiter wird in Krügers Anmerkung auf die Novelle 89, 11 des Theodoros verwiesen. Die Novelle 89 bei Theodoros ist eine Komprimierung der Novelle 89 bei Schöll – Kroll. Es geht um uneheliche und andere Kinder der Dekurionen. Der Text in Nr. 11 lautet: Curialis, si legitimos liberos habeat, qui curiales non sint, recte eos ex parte heredes habet. In alteram vero partem curia et fiscus succedunt. Sin omnino liberos non habeat, curia et fiscus IX uncias ex bonis eius sive ex testamento sive ab intestato accipiunt, reliquas vero III uncias iis, qui ipsi ab intestato sunt vel qui in testamento ab eo scripti sunt, heredes accipiunt. Memineris Nov. XXXVIII et legas Lib. X Cod. tit 35 const. 2 et 3 et 4 et 5.
Wenn ein Curialis eheliche Kinder hat, die aber keine Kurialen sind39, so werden diese zu ¼ seine Erben. Den restlichen Teil erhalten der Fiskus und die Kurie. Wenn er aber überhaupt keine Kinder hat, so erhalten die Kurie und der Fiskus drei Viertel, nur ein Viertel seine gesetzlichen Erben. Darauf erfolgt der Hinweis auf die Novelle 38 und auf CJ 10, 35, 2 – 5. Das Familienvermögen eines Curialis ist zwar an die Familie gebunden, noch mehr aber an seine civitas. Der Gesetzgeber ist bemüht, den Kurialen rechtmäßige Erben zu verschaffen, um auf diese Weise den Kurialendienst in den Städten sowohl personell als auch finanziell aufrechtzuerhalten. Zur finanziellen Stützung der Kurien und Kurialen kann er ihnen bestimmte Quoten der Nachlässe reservieren, zur Stützung des personellen Kuriendienstes kann er Anreize schaffen, diesen freiwillig zu übernehmen, etwa indem er es ihnen ermöglicht, das väterliche Erbe anzutreten und Dekurio zu werden. Novelle des Theodoros 89 Nr. 13: Curialis qui naturales liberos habet, quum ei non sint legitimi, potest eos curiae offerre; tunc enim recte eos tamquam decuriones ex asse vel ex novem unciis scribit. Quodsi quidam ex his curialis fieri noluerint, eorum pars accrescit iis qui non recusant.
Wir haben oben gesehen, daß die Tochter eines Dekurio erbrechtlich einen Sohn ersetzen kann, wenn sie einen Kurialen aus der gleichen civitas heiratet. Eine weitere Besonderheit bei der Erbeinsetzung durch einen Kurialen zeigt sich nun hier: Der Curialis, der seiner Gemeinde keinen Sohn stellen kann, kann ihr aber doch einen Erben und Nachfolger stellen, wenn er jemand findet, der sich oder seine Kinder freiwillig durch oblatio als Erben der Kurie des Erblassers zur Verfügung stellt: Er bekommt den Nachlaß und zieht sich dafür die Kurialenlast zu. Allerdings könnte dem ein Gesetz des Kaisers Konstantin aus dem Jahr 336 entgegenstehen, das u. a. erhebliche Nachteile für unheliche Kinder enthielt, vgl. CTh 4, 6, 3 = CJ 5, 39
Etwa wenn der Sohn geboren wurde, bevor der Vater Curialis geworden ist.
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27, 1. Sie konnten von ihrem Vater nichts erben oder sonstwie unentgeltlich erwerben. In diese strenge Regelung wurden im Laufe der Zeit einige Lockerungen gebracht, hier geschieht das durch Justinian im Interesse der Gemeinden. Starb eine Dekurionenfamilien aus, so drohten der Gemeinde erhebliche materielle Nachteile. Daher sucht Justinian hier nach einer Abhilfe: Er legitimiert hier uneheliche Abkömmlinge, die sich durch Oblation für eine Aufnahme als Dekurio in eine civitas melden oder gewinnen lassen. Sie werden von den Nachteilen durch Konstantins Gesetz frei und erwerben die Erbschaft, ziehen sich aber andererseits die Lasten eines Dekurio zu40. b) In Krügers Fn. 13 folgt nach dem Hinweis auf die Novellen 38 und 89 ein Hinweis auf die Novelle 87 Nr. 4 bei: De donationibus in curiales collatis. Dieser Problemkreis spielt in unserem Falle keine Rolle. c) Nachdem bisher vom Verbleib der Konstitution CJ 10, 35, 4 die Rede war, kommt Krüger nun zur früheren Konstitution CJ 10, 35, 5. Auch für sie ist mit „c. 5 in eiusdem Nov. 89, 11; 101, 4. 6“ auf Theodori Novella 89 Nr. 11 verwiesen, ferner verweist Krüger aber auch auf die Novelle 101 in der Fassung des Theodoros. Ursprünglich war die Novelle 101 in CJ 10, 35, 5 übernommen, aber Justinians Juristen hatten sie entsprechend seinem Edikt „Cordi“ (de emendatione codicis) wieder aus dem Codex entfernt. Dann hatte Theodoros sie in seine Sammlung aufgenommen, als Novelle 101. Sie regelte in cap. 4 den Fall, daß eine Dekurionentochter einen Mann heiratet, der nicht Curialis ist, der aber bereit ist, durch oblatio Curialis zu werden, also indem er sich selbst der Gemeinde als Curialis anbietet: Theodoros Nov. 101 cap. 4: Si filia decurionis nupta sit ei, qui curialis est aut per oblationem fit, in omnem substantiam patris sui defuncti succedit, nisi forte pater, dum viveret, alii, cui voluerit, tres uncias transmiserit. Quodsi plures filiae sint curiali defuncto, eae quidem, qui coniunctae sunt cum curialibus, vel iis, qui se curiae obtulerunt, novem uncias accipiunt, viris earum munera subeuntibus; reliquae vero reliquas tres uncias accipient. Legas lib. X Cod. tit. 35 const. 2 et 5, et memineris Nov. XXXVIII et LXXXIX.
d) In cap. 6 der Novelle 101 des Theodoros wird der Fall geregelt, daß eine Dekurionentochter kinderlos stirbt, die mit einem Mann verheiratet war, der sich als Dekurio angeboten hatte: Licet filia curiali nupta sine liberis decesserit, maritus eius curialis manet, et habet ad mortem usque usumfructum bonorum eius; post mortem autem eius bona ad curiam redeunt. Si vero vir ille secundis nuptiis contractis liberos susceperit, tunc etiam hi, qui ab eo procreati sunt, curiales fieri coguntur, accipientes tamen tam ipsius tam prioris uxoris bona41. Si vero etiam post secundas nuptias sine liberis vir decesserit, tunc curia bona accipit. Legas lib. 10 Cod. tit. 35 const 1 et 2 et 5 et memineris Nov. XVIII et XXXVIII et LXXXIX. 40 Vgl. dazu Wieling, Die Gesetzgebung Constantins zur Erwerbsfähigkeit der Konkubinenkinder, Atti dell’Accademia Romanistica Costantiniana, Band 8, Perugia 1990, 455 – 471. 41 Beaucamp, (o. Fn. 11) hält es für unerhört, daß den Kindern der ersten Ehefrau das Vermögen ihrer Mutter vorenthalten wird. Es ist jedoch zu bedenken, daß die erste Frau ohne Kinder verstorben ist, was der Ausgangspunkt des Gesetzes ist.
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Der Mann der Dekurionentochter bleibt also Dekurio und hat weiterhin bis zu seinem Tod aus seinem Vermögen die Lasten der Kurie zu tragen. Dafür bleiben ihm die Vorteile seines erheirateten Vermögens erhalten, zwar nicht als Eigentum, sondern als lebenslanger Nießbrauch. Bei seinem Tod fällt das Vermögen an die Gemeinde, es sei denn, daß er aus einer zweiten Ehe Kinder hat; an sie fällt dann als an Dekurionen das Vermögen sowohl des Vaters als auch der Mutter. Mit dem Hinweis in Fn. 13 auf die Nov. 38 pr. § 3 wird auf eine Erörterung über das Weiterbestehen diverser Privilegien hingewiesen. Ob die Konstitution CJ 10, 35, 4 identisch war mit dem auch in CJ 1, 3, 52, 1 erwähnten Gesetz, läßt Krüger offen. 5. Da Justinian keine offizielle Novellensammlung mehr herausgegeben hat, kommt den privaten Sammlungen besondere Bedeutung zu42. Die älteste dieser Sammlungen stammt noch aus der Zeit Justinians: die lateinische Epitome Iuliani43. Julian war ein Rechtslehrer in Konstantinopel, als Grund dafür, daß er sein Werk in lateinischer Sprache verfaßte, wird die Eroberung Italiens durch Justinian vermutet44. Die Sammlung bringt verkürzte Auszüge aus den Novellen, für die Rekonstruktion des ursprünglichen Textes ist sie daher nur von eingeschränktem Wert. Von den späteren Sammlungen haben die Herausgeber Schöll – Kroll in ihrer modernen Novellenausgabe die unter Tiberius II. entstandene „griechische Sammlung der 168 Novellen“ als vollständigste Sammlung ihrer Ausgabe zugrunde gelegt45, sie nimmt die linke Halbseite jeder Seite ein. Dagegen wurde die Authenticum genannte Sammlung von Schöll – Kroll in ihrer Ausgabe den Novellen der griechischen Sammlung auf dem rechten Teil der Seiten gegenüber gestellt. Unterhalb des Textes abgedruckt ist eine lateinische Übersetzung der Herausgeber, vgl. die praefatio von Kroll p. IX und XVI46.
III. Das Ende der Geschichte Prokop erzählt nun das Ende der Geschichte der Familie des Mamilianos: „Später starb auch Mamilianos, der Schwiegersohn des Anatolios, und hinterließ eine Tochter, der auch allein, wie sichs gebührte der väterliche Besitz zufiel. Noch zu Lebzeiten der Mutter starb auch sie. Sie war mit einem vornehmen Manne vermählt gewesen, hatte jedoch weder Sohn noch Tochter. Sofort bemächtigte sich Justinian des ganzen Vermögens. Er gab dabei nur die eine verwunderliche Erklärung, die Tochter des Anatolios dürfe sich als alte Frau doch weder am Besitz des Mannes noch an
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Biener, Geschichte der Novellen (Fn. 34), 38 – 51. Vgl. Haenel, Gustav, Juliani epitome Latina novellarum Iustiniani, 1873, ND 1965. Vgl. Biener, 70 ff.; Leopold Wenger, Die Quellen des römischen Rechts, 1953, 669. Wenger, Die Quellen (Fn. 31), § 84 II 3, 671 f. Wenger, Die Quellen (Fn. 31), 668 ff.
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dem des Vaters bereichern. Damit sie aber künftighin nicht betteln gehen müsse, bestimmte er ihr auf Lebenszeit eine Unterstützung von einem Goldstaster pro Tag. Ausdrücklich gebrauchte er in dem Schreiben, das den Raub des Geldes verfügte, die Wendung, daß er den Stater aus frommer Gesinnung zahle. „Es ist ja meine Art“, sagte er, „Gott wohlgefällig zu handeln.“ Als nächster nach Anatolios starb also Mamilianos und hinterließ seine Tochter, die T2, als Alleinerbin. Die Abkürzung, die Prokop nimmt, indem er das Vermögen ohne weitere Umwege durch Enteignung auf den Fiskus übergehen läßt, überhebt ihn der Mühe zu erklären, was mit dem Nachlaß des Mamilianos geschah. Beim Tod des Mamilianos kommt gemäß NovJ 38 cap. 4 die Tochter T2 als Alleinerbin in Betracht, allerdings nur, wenn sie mit einem Curialis von Caesarea verheiratet ist. Sie war mit einem vornehmen Mann verheiratet gewesen, der vielleicht Curialis von Caesarea gewesen war; ob der Mann noch lebte oder ob das Paar sich getrennt hatte, erfahren wir aus Prokops ungenauem Bericht nicht, obwohl es von rechtlicher Bedeutung hätte sein können. Er sagt nur, daß die T2 verheiratet gewesen und die Ehe kinderlos geblieben war. Auch ob sie Kinder gehabt hatten, die dann gestorben waren, erfahren wir nicht. Diese Unklarheit ist jedoch nicht dem Prokop zuzurechnen, der sich hier zwar etwas weitschweifig, aber doch ganz klar ausdrückt: μήτηρ δὲ οὔτε ϑήλεος οὔτε ἄρσενος γενομένη γόνου. Die T2 hatte somit weder eine Tochter noch einen Sohn geboren, und damit war die Familie des Mamilianos ausgestorben. Also war die T2 beim Tod des Mamilianos kinderlos und nicht verheiratet, so daß ihr nur ein Viertel von ihres Vaters Nachlaß zur Verfügung steht. Mit dem Tod der T2 fiel ihr Nachlaß an ihre Mutter T1, so daß sich in ihrer Person das restliche Familienvermögen des Anatolios und des Mamilianos vereinte, eine trotz aller Verstaatlichungen ungewöhnliche Reichtumsansammlung, welche einem Prokop schon ungehörig erscheinen konnte. Daß die Mütter im römischen Recht ihre Kinder beerben konnten, war nicht selbstverständlich gewesen, Justinian hat das jedoch durchgesetzt: CJ 6, 56, 7; Inst 3, 5, 3: Danach mußte auch der Nachlaß der T2 ihrer Mutter T1 anfallen. Sie hätte dann neben dem Nachlaß ihres Vaters Anatolios47 auch noch den Nachlaß ihres Schwiegervaters Mamilianos gehabt. Gemäß der Erzählung des Prokop habe sich der Kaiser jedoch sofort des ganzen Vermögens bemächtigt und erklärt, die alte Schachtel48 (γραῦς) dürfe sich nicht am Vermögen des Anatolios und noch dazu des Mamilianos bereichern. Damit sie aber nicht betteln müsse, wolle er ihr aus frommer Gesinnung jeden Tag einen Goldstater geben49. Diese Art der Darstellung entEin Viertel seines Vermögens. Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch s. v. „Schachtel, alte“: eine alte Hirschkuh (Jägersprache), ein altes Weib. 49 Beaucamp, Le droit (Fn. 27), setzt diese Entschädigung gleich mit jährlich etwa 1,6 kg Gold, also mit jährlich 355,55 solidi à 4,55 g. Bei einem Tagespreis für Gold von etwa 38.000 € pro Kilogramm ergibt das eine jährliche Rente von 60.800 €, was monatlich 5.066,66 € ergibt. Damit scheint der Abstand zum Zwang, betteln zu müssen, doch recht erfreulich, der Hartz-IV-Satz wird weit übertroffen. Um die Kaufkraft des Geldes ermitteln zu 47 48
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spricht der Schreibweise des Prokop, aber keineswegs dem geschäftsmäßigen Stil der kaiserlichen Kanzlei. Prokop hätte noch hinzufügen können, daß die Höhe der Abfindung Justinians schlechtem Gewissen entsprach. 1. Die Gesetze, welche die Kaiser als Rechtsregeln über die Vererbung von Kurialenvermögen erlassen haben, sind umfangreich und regeln viele Einzelheiten, doch liegt allen diesen Anordnungen nur ein einheitlicher Zweck zugrunde: das Vermögen der Kurie und der Kurialen zu schützen, damit sie ihrer Pflicht nachkommen können, die eingesammelten Steuern an den Kaiser weiterzuleiten. Probleme treten immer dann auf, wenn ein Curialis ohne männliche Nachkommen stirbt, die an seine Stelle als Curialis der gleichen Stadt treten könnten, wenn er z. B. nur eine Tochter hat, wie in unserem Beispielsfall. So soll etwa gemäß einem Gesetz des Theodosius in CJ 10, 35, 1 ein Viertel des Nachlasses eines Curialis an die Kurie fallen, wenn der Erbe kein Curialis derselben Gemeinde ist. Theodosius II. modifiziert das Gesetz in CJ 10, 35, 2, indem er in § 6 bestimmt, daß weibliche Nachkommen die Pflicht zur Abgabe eines Viertel des Nachlasses ebenso wenig trifft wie männliche, falls sie nämlich einen Curialis derselben Gemeinde heiraten. Dafür gewährt ihnen das Gesetz eine Bedenkzeit von drei Jahren. Falls die Frau es vorzieht, überhaupt nicht zu heiraten oder einen fremden Mann, so verfällt das Viertel an ihre Gemeinde. Entscheidend für die Nachfolge in die Eigenschaft als Curialis ist hier also nicht eine kognatische Verwandtschaft, es reicht auch eine agnatische Verwandtschaft, wenn nur das Ziel erreicht wird, die Weitergabe der eingesammelten Steuern an die Reichszentrale zu sichern. Wer als Curialis ohne Nachkommen verstirbt, dessen Nachlaß fällt zu 75 % an seine Kurie; über ¼ kann er frei verfügen, NovJ 38 cap. 1. Wer männliche Nachkommen hinterläßt, kann gemäß cap. 3 alles oder ¾ seines Vermögens unter sie verteilen. Hat er aber nur Töchter, die sich mit Kurialen seiner Stadt verheiraten, so erhalten sie auf jeden Fall ¾ des Nachlasses; der Vater kann aber auch den gesamten Nachlaß unter sie verteilen, cap. 4. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, daß sie Kinder haben und so die Kurialenfamilie fortführen werden; und das heißt natürlich, daß sie nun deren Pflichten übernehmen. Wenn der Erblasser aber Söhne und Töchter hinterläßt, so tritt die oben S. 359 aufgezeigte Regelung der Nov 38 cap 5 in Kraft. Was aber geschah mit dem Vermögen des Mamilianos bei seinem Tod, also bevor T2 starb? Leider sagt uns Prokop hierzu nichts Brauchbares, weil er den Erbfall nach Mamilianos und den nach der T2 zusammenfaßt. Wir wissen nur, daß sich Justinian sofort nach dem Tod der T2 des gesamten Vermögens bemächtigte. Auch uns bleibt – wenn wir von einer festen Basis ausgehen wollen – nichts anderes übrig, als von dem durch Prokop geschilderten Rechtsstand auszugehen. Diskutiert
können, müssen die Preise üblicher Waren aufgezeigt werden, vgl. dazu etwa Wieling, Trier – Hauptstadt des römischen Reiches, JuS 1986, 338 – 344, 342; Wieling, Advokaten im spätantiken Rom, Atti dell’Accademia Romanistica Costantiniana, XI Convegno Internazionale in onore di Felix B. J. Wubbe, Napoli 1996, 419 – 463, 447. Natürlich können auf diese Weise nur ganz unsichere Werte erzielt werden.
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wird noch, ob sich Justinian nur des von Mamilianos hinterlassenen Vermögens der T2 in Caesarea bemächtigte oder auch des Restvermögens des Anatolios in Askalon? Von dem Vermögen des Anatolios hatte die Stadt Askalon bereits ¾ für sich vereinnahmt, ¼ stand der T1 zur Verfügung, was offenbar für ihren Lebensunterhalt ausreichte; denn Prokop, der doch so darauf aus ist, Justinian verächtlich zu machen, sagt nichts davon, daß sie betteln mußte. Auch wenn man seinen Bericht wörtlich nimmt, so spricht alles dafür, daß Prokop, der über die Lebensumstände der T2 spricht, nur von der Ergreifung des Vermögens des Mamilianos spricht50. 2. Aber Prokops Bericht begnügt sich nicht damit, über die Inbesitznahme des Vermögens des Mamilianos, dann der T2 und schließlich der Erbschaft der T1 zu berichten, er wähnt auch, daß die T2 dafür von Justinian täglich einen Goldstater erhielt51, womit er das geerbte vorrangige Besitzrecht der T1 anerkennt. Justinian hat das Land in Besitz genommen, obwohl die T1 daran ein vorrangiges Recht hatte, durch das Zahlen der Rente erkannte er jedoch ihr vorrangiges Recht an und macht damit deutlich, daß er dieses Land keineswegs beschlagnahmen wollte. Denn die Rechtslage war ja noch nicht endgültig geklärt, so lange die T2 noch lebte und noch Kinder bekommen konnte. Daß das dann doch nicht geschehen ist, hat Prokop uns freilich mitgeteilt. Ein Nießbrauch wird in den Novellen Justinians über das Vermögen der Kurialen erwähnt, und zwar in NovJ 101 cap. 4 pr.: Ein Kuriale ist ohne männliche Erben gestorben, hat aber eine Tochter hinterlassen. Wir haben bereits gesehen, daß eine Kurialentochter, die mit einem Curialis verheiratet ist, erbrechtlich einen Sohne ersetzen kann, sie erhält dann die väterliche Erbschaft. Ist sie aber noch nicht verheiratet und kommt dann irgendeiner, der bereit ist, sie zur Frau zu nehmen und auch noch Curialis ihrer Gemeinde zu werden, und wenn auch sie einwilligt, dann erhält sie „wegen ihrer guten Gesinnung gegenüber der Kurie“ das väterliche Erbe, und auch deshalb, weil ihre Mann dieses Vermögen im Sinne der Kurie verwalten wird, obwohl es Eigentum der Frau ist. Stirbt die Frau, die Tochter des Dekurio, und sie haben Söhne, dann sollen die Söhne Kurialen sein. Das Gesetz fährt nun in NovJ 101 cap. 4 unter Nr. 1 fort: Werden ihnen aber Töchter geboren und heiraten die einen Kurialen, so werden sie ohne jeden Zweifel das Vermögen ihres Großvaters haben und den Kuriallasten unterliegen durch ihre Männer. Haben sie aber weder Söhne noch Töchter, so soll der Ehemann der verstorbenen Dekurionentochter, solange er lebt, den Nießbrauch an diesem Vermögen behalten und damit die Kurialenlasten bestreiten. Bei seinem Tod fällt das Vermögen an die Kurie, falls er nicht zum zweiten Mal heiratet und Dekurionensöhne zeugt. Ein Nießbrauch kommt also dann in Betracht, wenn ein Aussterben einer Dekurionenfamilie droht, aber noch eine günstige Entwicklung dahin möglich erscheint, daß ihr Dekurionenkinder geboren werden, vgl. NovJ 101 cap. 4 Nr. 1.
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Das meint im Ergebnis auch Beaucamp, Le droit (Fn. 27), 394. Vgl. dazu oben Fn. 49.
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Geht der Ehemann der verstorbenen Dekurionentochter eine zweite Ehe ein und wird er Vater von Söhnen oder von Töchtern, welche er mit Kurialen verheiratet, so wird das Vermögen des Großvaters für die Kurie gerettet. Andernfalls verfällt es der Kurie, die zwar ihr Vermögen bewahrt, aber ein Mitglied verliert. 3. Warum also hat Justinian der T1 diese immerhin doch beachtliche Ausgleichszahlung gewährt? Lag hier eine vergleichbare rechtliche Situation vor wie in der NovJ 101 cap. 4? Daß der Fortbestand der Kurialenfamilie des Mamilianos dann gefährdet gewesen wäre, ist offensichtlich, nachdem zwei weibliche Familienmitglieder hintereinander den kognatischen Zusammenhang mit Mamilianos unterbrochen hatten. Und doch erscheint ein Weiterbestehen dieser Kurialenfamilien unter bestimmten Umständen noch möglich. Dazu wäre es erforderlich gewesen, daß die T2 vor ihrem Tod ein Kind geboren hätte, was der Bericht des Prokop freilich ausschließt. Unterstellen wir also, daß die T2 einen Sohn geboren hätte. Denn wenn die T2 nur eine Tochter T3 gehabt hatte, hätte diese die Familie des Mamilianos nicht fortsetzen können. Die Ausnahmeregel, daß eine Dekurionentochter, mit einem Dekurio verheiratet, einem Dekurionensohn gleichzusetzen sei, gilt nur dann, wenn es sich wirklich um die Tochter eines verstorbenen Dekurionen handelt. Es reicht nicht, daß die Tochter aus einer Dekurionenfamilie stammt. Die T2 war die Tochter eines Dekurio, des Mamilianos, die T3 aber nur, falls der Ehemann der T2 ebenfalls ein Dekurio der Stadt Caesarea gewesen wäre. Es liegt nahe, daß Ehen innerhalb der reichen Familien von Caesarea geschlossen wurden; nehmen wir also an, daß der Ehemann der T2 ein Dekurio der Stadt Caesarea gewesen wäre. Hätte er noch Zeit gehabt, solange er lebte, die Familie des Mamilianos fortzusetzen, hätte er noch einen Sohn oder eine Tochter zeugen können? Darüber kann es nur Spekulationen geben. Nehmen wir daher mit Beaucamp 390 ff. versuchsweise an, daß der Ehemann der T3 ebenfalls Curialis von Caesarea gewesen ist. Gemäß NovJ 101 cap. 4 pr. erbt dann die T3 das Vermögen des Mamilianos. Gemäß dem Zweck des Gesetzes sollte das Paar nun Kinder bekommen, am besten einen oder mehrere Söhne. Erfüllt sich die Erwartung des Gesetzgebers, so wird der Sohn der T3 Nachfolger des Mamilianos und der T2 und damit auch Curialis der Stadt Caesarea. Wenn aber das Kind der T3 und ihres Ehemannes nur eine Tochter wird, und wenn diese einen Curialis der Stadt Caesarea heiratet, dann ersetzt sie einen Sohn dieses Paares; er wird Erbe und Curialis. Er kann die Kurialenfamilie fortsetzen, wenn alles gut geht. Im schlechtesten Fall bekommen die T3 und ihr Ehemann überhaupt keine Nachkommen; stirbt nun die T352, so soll gemäß NovJ 101 cap. 4 § 1 der Ehemann den Nießbrauch am Familienvermögen erhalten und dieses zur Erfüllung der Kurialienpflichten seiner verstorbenen Frau verwenden. Mit dem Tod des Witwers fällt das Vermögen der Kurie an. Der Gesetzgeber ist jedoch im finanziellen Interesse der Kurien 52 Der Fall, daß der Ehemann der Dekurionentochter vorverstirbt ist, im Gesetz nicht geregelt, aus gutem Grund. Stirbt der Ehemann der T3, so kann sie erneut heiraten und einen Versuch unternehmen, die Familie fortzusetzen, falls sie noch im gebärfähigen Alter ist.
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hartnäckig. Nachdem nun die Familie des Mamilianos ausgestorben ist, behält er doch dessen Vermögen im Blick, er will es für die Kurien retten. Das kann durch eine neue Ehe des Ehemannes der T3 geschehen. Bekommt er aus dieser Ehe Kinder, so können sie das Vermögen des Mamilianos für die Kurie retten; sie werden Kurialen, NovJ 101 cap. 4 § 1. Nach so vielen Unterstellungen durchaus ungesicherter Tatsachen dürfte es angebracht sein, diese Untersuchung als erfolglos abzubrechen. Es bleibt dabei, daß die T2 keine Nachkommen hatte, was Prokop ausdrücklich festgestellt hat. Die Familie des Mamilianos ist ausgestorben, ihr Vermögen, das an die Kurie von Caesarea gebunden war, ist an diese gefallen. Daß Justinian sich dieses Vermögen angeeignet hatte, war nur ein recht kurzfristiges Intermezzo geblieben, bis zum Tod der T2 nämlich. Mit ihm erlosch der Nießbrauch der T2 und auch die damit verbundene Gegenleistung des Staates von jährlich 1,6 kg Gold. In dieser Situation hat Justinian den Nachlaß der T2 durchaus zu Recht im Interesse der Gemeinde Caesarea in Besitz genommen und so gesichert. Daß Prokop diesen Zusammenhang nicht gesehen hat, kann zwei Gründe haben; beide sind nicht schmeichelhaft für ihn.
In iure cessio und manumissio vindicta. Überlegungen zu zwei archaischen Rechtsgeschäften* Von Joseph Georg Wolf I. Die in iure cessio und die legis actio sacramento in rem Die in iure cessio gilt vielen als typisches Beispiel eines „nachgeformten Rechtsgeschäfts“1. Der Begriff ist von Ernst Rabel in zwei Abhandlungen der Jahre 1906 und 1907 in die Terminologie der deutschen Romanistik eingeführt worden2. Die „nachgeformten Rechtsgeschäfte“ sind Expertenwerk, durchweg von der frühen römischen Jurisprudenz geschaffen, deren Träger die Pontifices waren. Sie sind formgebundene Rechtsakte, durchaus Kunstgebilde, die älteren formgebundenen Rechtsakten „nachgeformt“, genauer: aus Elementen älterer ritueller Rechtsakte zu neuen, bis anhin nicht bedienten Zwecken hergestellt worden sind. Die in iure cessio war nach einer in den Fragmenta Vaticana überlieferten Bemerkung des Juristen Julius Paulus schon den XII Tafeln bekannt3. Die Vorlage, der sie „nachgeformt“ worden ist, war nach verbreiteter, kaum bestrittener Meinung das Begründungsritual der legis actio sacramento in rem. Ich möchte versuchen, diesen Prozeß der Herstellung der in iure cessio nachzuvollziehen. Zu diesem Zweck beginne ich mit einer detaillierten Darstellung und Interpretation des Rituals, mit dem der dingliche Sakramentsprozeß eingeleitet und begründet wurde4. * Nur mit dem Namen des Verfassers oder abgekürzt werden zitiert: F. L. von BethmannHollweg, Der römische Civilprozeß, Erster Band, Legis Actiones, 1864; O. Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, 1. Band, 1885, 2. Band, 1901; M. Kaser, Das altrömische Ius, 1949; M. Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2. Aufl. 1971; M. Kaser, Das römische Zivilprozessrecht, 1966; F. L. von Keller, A. Wach, Der römische Civilprocess und die Actionen, 6. Ausgabe 1883; Giovanni Pugliese, Il processo civile romano, I Le legis actiones, 1961; W. Kunkel, Römisches Privatrecht, 1935; J. G. Wolf, Zur legis actio sacramento in rem, in: Römisches Recht in der europäischen Tradition, herausgegeben von O. Behrends / M. Diesselhorst / W. E. Voss, 1985, 1 – 39; J. G. Wolf, Die manumissio vindicta und der Freiheitsprozeß. Ein Rekonstruktionsversuch, in: Libertas. Grundrechtliche und rechtsstaatliche Gewährungen in Antike und Gegenwart, herausgegeben von O. Behrends / M. Diesselhorst, 1991, 61 – 96. 1 Kaser, Privatrecht, 40. 2 E. Rabel, Nachgeformte Rechtsgeschäfte- Mit Beiträgen zu den Lehren von der Injurezession und vom Pfandrecht, in: SZ 27 (1906), 290 – 335; 28 (1907), 311 – 379. 3 Frag. Vat. 50. 4 Eine verkürzte Darstellung schon Wolf, manumissio, 75 – 78.
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1. Das Ritual wurde, wie sich versteht, in iure, auf der Gerichtsstätte, vor dem Magistrat und unter seiner Mitwirkung vollzogen. Der Prozeß war ein Prätendentenstreit5: beide Prätendenten sagten und taten zur Einleitung des Verfahrens dasselbe. Wer zuerst sprach und handelte war der Herausforderer, den wir den Kläger nennen, der Herausgeforderte, der auf der Stelle mit derselben Spruchformel und denselben Gesten antwortete, der Beklagte. Kläger und Beklagter fanden sich mit dem Streitobjekt, sofern es keine Immobilie war, auf der Gerichtsstätte ein, sagen wir, wie Gaius, mit dem Sklaven, den beide für sich beanspruchten. Nach Verständigung mit dem Magistrat, wie wir uns vorstellen müssen, wurde das Ritual, das Gaius schildert6, vollzogen. Kläger und Beklagter hielten eine festuca, einen Stab oder eine Rute, in der Hand, die sie aber zunächst nicht einsetzten. Das Ritual begann vielmehr damit, daß der Kläger – Gaius nennt ihn is qui prior vindicat – eine Hand auf den Sklaven legte7, ihn also anfasste, adprehendebat, und die Formelworte sprach: „Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio“, und, ohne sich zu unterbrechen, fortfuhr: „secundum suam causam, sicut dixi, ecce tibi, vindictam inposui“. Während er diesen zweiten Satz sprach, tat er, was er sagte: legte er die festuca, die das Ritual vindicta nennt8, an den Sklaven9. Der Beklagte antwortete, indem er dasselbe Ritual vollzog: adversarius eadem similiter dicebat et faciebat10. 2. Das Verständnis schon dieser einleitenden Spruchformeln ist kontrovers11. Ursache und Anlaß der unterschiedlichen Meinungen ist die überlieferte Schriftform des Gaiustextes im Codex Veronensis12. Der Gaiustext ist bekanntlich in Unzialen des 5. Jahrhunderts geschrieben, aber ohne Satzzeichen und ohne Abstand zwischen den Worten. Alle Herausgeber teilen die Spruchformel in zwei Sätze auf. Bethmann-Hollweg und Gneist lassen den ersten Satz mit sicut dixi enden, so daß der zweite lediglich lautet: ecce tibi vindictam inposui: „siehe da, ich habe die vindicta angelegt“. Die meisten – Huschke, Krüger und Studemund, Seckel und Kübler, BaWolf, legis actio, 30 – 32. Gai. inst. 4,16. 7 Betrachtungen zur manus iniectio: Kaser, Ius, 191 – 195. 8 Anders Noailles, Fas et jus. 1948, 49, 65, dem Pugliese, Processo, 282, folgt. 9 Boethius, in: Cic. top. Cap. 2 § 10: Erat etiam pars altera adipiscendae libertatis, quae vindicta vocabantur. Vindicta vero est virgula quaedam, quam lictor manumittendi servi capiti imponens eundem servum in libertatem vindicabat, dicens quaedam verba sollemnia, atque ideo virgula vindicta vocabatur. Dagegen Gai. 4,16: festuca autem utebantur quasi hastae loco, signo quodam iusti dominii … Nach Kaser, Zivilprozessrecht, 69 (mit Lit.), legte der Prätendent die festuca sofort an. 10 Kaser, Zivilprozessrecht, 70 A. 29: „Tut er das nicht, sondern erkennt er das Recht des Klägers an, dann ist dies confessio in iure, der Prätor addiziert die Sache dem Kläger.“ 11 Wolf, legis actio, 3 – 5. 12 Pugliese, Processo, I 276: „assenza (di punteggiatura) da adito alle piu svariate interpretazioni, senza che sia possibile un rigido criterio selettivo“, vgl. auch Kaser, Zivilprozessrecht, 69 A. 21. 5 6
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viera, de Zulueta, Pugliese13 und David – setzen den Punkt nach secundum suam causam, so daß für den zweiten Satz die Worte übrig bleiben: sicut dixi ecce tibi vindictam inposui: „wie ich gesagt habe, siehe da, habe ich die vindicta angelegt“. Noailles14 Kaser15 und Manthe16 schließlich, denen ich mich anschließe17, trennen nach meum esse aio, so daß der zweite Satz lautet: secundum suam causam sicut dixi ecce tibi vindictam inposui: „gemäß seiner Rechtlage, wie ich gesagt habe, siehe da, habe ich die vindicta angelegt“. Die erste und zweite Lösung sehen in secundum suam causam eine unspezifische, eine generische Begründung der vorausgehenden Eigentumsbehauptung. Sie sollte etwa die Möglichkeiten abdecken, daß der Prätendent den Sklaven gekauft hat oder daß ihm der Sklave geschenkt worden ist. Diese Erklärung widerspricht der konkreten Klarheit des ganzen Rituals. Sicut dixi erinnert an das gerade ausgesprochene ex iure Quiritium meum esse, wodurch wiederum deutlich wird, daß die sua causa die behauptete Rechtslage des Streitobjekts, hier also die Eigentumslage des Sklaven war18. Wie wir sehen werden, entspricht diesem Zusammenhang im zweiten Teil des Rituals die Aufforderung des Klägers, der Beklagte möge sagen, qua ex causa er vindiziert habe, und dessen Antwort, daß er „Recht getan habe“, ius feci, als er dem Sklaven die vindicta auflegte. Von überzeugender Stringenz ist indessen ein formales Argument, das Valerius Probus liefert. In seinem Katalog der Abkürzungen wird die Buchstaben folge S. S. C. S. D. E. E. T. V. aufgelöst: secundum suam causam sicut dixi ecce tibi vindicta – was nur den Schluß zuläßt, daß diese Buchstabenfolge eine Einheit bildete, daß sie zu ein und demselben Satz gehörte. Nach diesem Verständnis taten also Kläger und Beklagter, was sie sagten, als sie den zweiten Satz sprachen: sie legten dem Sklaven die festuca auf. Zuvor hatte jeder gesagt, daß der Sklave ihm gehöre, worauf sie mit sicut dixi hinweisen. Und gemäß dieser Rechtslage, secundum suam causam, legten sie dem Sklaven die festuca auf. Dieser gestus bedeutete hier Züchtigung, wozu allein der Eigentümer des Sklaven berechtigt war. 3. Zuvor hatten Kläger und Beklagter, als sie die Eigentumsbehauptung sprachen, den Sklaven „angefaßt“, hatten ihm die Hand aufgelegt19. Schon in diesem gestus sieht man – wie schließlich in dem gesamten einleitenden Teil des Rituals einPugliese, Processo, 276. Noailles, Fas et jus, 66. 15 Kaser, Zivilprozessrecht, 69. 16 Gaius Institutiones (2004), 324. 17 So schon J. G. Wolf, manumissio, 73, 75. 18 Bethmann-Hollweg, Civilprozeß, I 139: secundum suam causam sicut dixi soll bestätigen, „daß er ein einfaches meum ex iure Quiritium an dem Menschen behaupte“; Pugliese, Processo, 276: „vindictam imponere era atto rituale … riguardo alle parole secundum suam causam egli precisa che esse avrebbero richiamato il fondamento di tale forza.“ 19 Wolf, legis actio, 6 – 13. 13 14
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schließlich der festuca-Geste – Bemächtigungen, eigenmächtige Besitzergreifungen des Streitobjekts durch die Prozeßgegner20. Diese Deutung des Hand-gestus geht über die Eigentumserklärung, die der gestus begleitet, hinaus und nimmt der Anlegung der festuca ihre symbolische Funktion. Näher liegt darum, in der Handauflegung eine sichtbare Bekräftigung des meum esse aio zu sehen, ihr mithin deiktische Bedeutung beizulegen21. 4. Die festuca22 heißt in der Spruchformel vindicta. Die Grundbedeutung von dicere ist bekanntlich „zeigen“, wie das griechische deiknymi oder die lateinischen Derivate indicere oder vindex lehren. Vindicere, das schon die XII Tafeln kennen, gebildet aus vim dicere, bedeutet „Gewalt“ oder „Gewalttätigkeit zeigen“. Vindicta ist danach die „gezeigte Gewalt“ oder die „gezeigte Gewalttätigkeit“. Die festuca wird mithin in der Spruchformel nach dem Zweck, zu dem sie gebraucht wird, vindicta genannt. Mit ihr wird im Ritual Gewalt nicht ausgeübt, sondern sinnbildlich dargestellt23. Nach diesem zweiten Teil des Rituals, der Darstellung von Gewaltanwendung – im Fall des umstrittenen Sklaven von Züchtigung – ist die gesamte Einleitung des Rituals, die Eigentumsbehauptung eingeschlossen, vindicatio genannt worden. 5. Nach diesen Überlegungen kommen wir zu folgendem Zwischenergebnis24: Die einleitende Spruchformel, von beiden Prätendenten, dem Kläger und dem Beklagten, gesprochen, zerfällt in zwei Sätze. Der erste ist die Eigentumsbehauptung: Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio, begleitet von dem Handgestus, der keine Bemächtigung, sondern die sichtbare Bekräftigung der Eigentumsbehauptung ist. Der zweite Satz ist die eigentliche vindicatio: secundum suam causam, sicut dixi, ecce tibi, vindictam inposui, begleitet von der Berührung des Sklaven mit der vindicta, der sinnbildlichen Darstellung einer Gewalttätigkeit, in unserem Beispiel der Züchtigung des Sklaven, die ausschließlich dem Eigentümer erlaubt war. Nach diesem zweiten Abschnitt, der eigentlichen vindicatio, wurde die ganze rituelle Einleitung der Prozeßbegründung vindicatio genannt. 6. Beide Prätendenten behaupteten, Eigentümer des Sklaven zu sein und damit berechtigt, gegen ihn Gewalt zu üben, ihn zu züchtigen. Die beiden Behauptungen schlossen einander aus. Nur einer konnte der Eigentümer des Sklaven sein und berechtigt, ihn zu züchtigen. Mit den vindicationes der Prätendenten war der Prozeß noch nicht begründet, seine Begründung aber vorbereitet, die nun erfolgte25. 20 Keller / Wach, Der römische Civilprocess und die Actionen, 66, sprechen von dem „das die beiderseitige Rechtsbehauptung begleitende Angreifen der Sache“. 21 Wolf, manumissio, 68; auch Funktion und Struktur der Mancipatio, in: Mélanges à la Mémoire de André Magdelain, herausgegeben von M. Hubert und Y. Thomas, 1998, 501 – 524, 506 – 508. 22 Wolf, legis actio, 13 – 20. 23 Keller / Wach, Der römische Civilprocess und die Actionen, 66: „festucam imponere – also die symbolische Gewalt mit Anrufung des Rechtes“. 24 Wolf, manumissio, 75 / 6. 25 Wolf, legis actio, 21 – 27; manumissio, 76.
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Nachdem die Streitparteien auf Geheiß des Prätors den Sklaven losgelassen, ihre Hände und die vindictae von ihm genommen hatten, forderte der Kläger – is qui prior vindicavit – den adversarius auf zu sagen, mit welcher Berechtigung er vindiziert habe: Postulo anne dicas qua ex causa vindicaveris. Der adversarius antwortet: Ius feci, sicut vindictam inposui: „Ich habe Recht getan, als ich die vindicta angelegt habe“. Damit macht er erneut geltend, Eigentümer des Sklaven zu sein, denn nur dann hat er Recht getan, als er den Sklaven mit der vindicta berührte. Darauf wieder der Kläger: Quando tu iniuria vindicavisti D (quingentis) aeris sacramento te provoco: „Für den Fall, daß du iniuria, zu Unrecht, dem Sklaven die vindicta aufgelegt hast, fordere ich dich mit einer Wettsumme von 500 As heraus“. Woraufhin der Beklagte seinerseits, wohl mit denselben Worten, den Kläger herausforderte: adversarius quoque dicebat similiter: Et ego te 26. 7. Damit war das Streitverfahren begründet. Nach Gaius folgte nun dasselbe, was auch in der legis actio sacramento in personam geschah27. Der Magistrat, vermutlich vom Kläger förmlich aufgefordert28, ernannte nun einen iudex, der zu entscheiden hatte, wessen Wettsumme an die Staatskasse verfiel und wer seine Wettsumme zurück erhielt29. Die Entscheidung hing davon ab, wer die vindicta rechtmäßig, wer sie unrechtmäßig dem Sklaven angelegt hat. Rechtmäßig hat sie angelegt, wer Eigentümer des Sklaven war. Wer Eigentümer des Sklaven war, wurde mithin nur mittelbar entschieden. Streitthema war die Rechtmäßigkeit des vindictam inponere – der Eigentumsprozeß demnach eingekleidet in einen Unrechtsprozeß30. Der Sakramentsprozeß in rem konnte darum auch nicht mit einer addictio enden. Das Urteil konnte nur lauten, daß der eine Prätendent zu Recht, der andere zu Unrecht die festuca angelegt hat. Das Eigentum brauchte auch nicht addiziert zu werden, denn der obsiegende Prätendent war ja, wie der iudex inzidenter feststellen mußte, Eigentümer des Sklaven. Es wäre folglich unrichtig, von einer addictio des Eigentums durch den iudex zu sprechen31. 26 Gai. 4,16: Codex Veronensis und PSI 1182. Vgl. U. Manthe, Gaius Institutionen, Texte zur Forschung, Bd. 81. 2004, 326. Zu provoco siehe John Crook, Sponsione provocare: Its Place in Roman Litigation, Journal of Roman Studies 66 1976, 132 – 138; Wolf, legis actio, 35 / 6. 27 Gai. 4,16: deinde eadem sequebantur, quae cum in personam ageretur. 28 Vielleicht mit den von Valerius Probus 4,8 überlieferten Worten: „te praetor iudicem arbitrumve postulo uti“. 29 Varro, de lingua Latina 5,180: qui iudicio vicerat, suum sacramentum e sacro auferat, victi ad aerarium redibat. Paulus Festus P. 346 i.f. – 347. 30 Wolf, legis actio, 27 – 30; manumissio, 77 / 8; Bethmann-Hollweg, Civilprozeß, I 123: „Über das Sacramentum wurde fortan gestritten und im richterlichen Urteil die Wette für gewonnen oder verloren erklärt und damit zugleich über ihren Gegenstand, das Streitobjekt, entschieden.“ 31 Anderer Ansicht: Kaser, Ius, 110: an den Ausspruch, „daß das sacramentum der einen Partei iustum, das der anderen iniustum sei“, habe sich „noch ein addicere der Sache an den Sieger“ angeschlossen.
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8. Am Rande möchte ich nur bemerken, daß der Sakramentsprozeß ursprünglich, gewiß in vordecemviralen Zeiten, wohl nicht geteilt war und der Magistrat auch das Urteil sprach; und daß die Prätendenten sich ursprünglich nicht mit der Bereitschaft zu Wetteinsetzen herausforderten, sondern, wie das Wort sacramentum bezeugt, durch Eide32. Wann der Prozeß geteilt worden ist und die Eide durch Wetteinsätze abgelöst worden sind, ist ein anderes Thema und für unsere Überlegungen kaum relevant. 9. Wir kommen zur in iure cessio. Sie war ein Formalakt und diente der Übertragung von Eigentum und anderen Herrschaftsrechten. Die Hauptquelle ist wieder Gaius. Nach seiner Darstellung liegt auf der Hand, warum sie von vielen zu den „nachgeformten“ Rechtsgeschäften gezählt wird, „nachgeformt“ in diesem Fall dem Begründungsritual der dinglichen Sakramentsklage33. Sie wurde in iure, auf der Gerichtsstätte, vor dem Magistrat und unter seiner Mitwirkung vollzogen. Hier fanden sich Veräußerer, is qui cedit, und Erwerber, is cui ceditur, mit dem Objekt, das übertragen werden sollte, ein – sagen wir auch hier: mit einem Sklaven, den der Veräußerer dem Erwerber übereignen wollte. Nach Verständigung mit dem Magistrat, wie wir uns wieder vorstellen müssen, wurde der Formalakt vollzogen. Der Erwerber faßte den Sklaven an, legte eine Hand auf ihn, und sprach die Formelworte: Hunc hominem ex iure Quiritium meum esse aio. Darauf fragte der Magistrat den Veräußerer, ob er auch seinerseits behaupte, daß der Sklave ihm gehöre. Wie das Ritual offenbar vorschrieb, verneinte der Veräußerer, daß ihm der Sklave gehöre, oder verschwieg sich. Daraufhin „addizierte“ der Magistrat den Sklaven, wie Gaius sagt, dem Erwerber34. Der Sakramentsklage „nachgeformt“ ist nicht viel. Wie dort der Kläger, so spricht hier der Erwerber die Formelworte: Hunc hominem ex iure Quiritium meum esse aio, und wie der Kläger, so legt der Erwerber eine Hand auf den Sklaven, um darzustellen, was er sagt. In diesen Elementen und nur in diesen Elemente decken sich die Rituale der in iure cessio und der legis actio sacramento in rem35. Diese begrenzte Kongruenz von legis actio und der ihr „nachgeformten“ in iure cessio konnte natürlich nicht übersehen werden. Die Lösung sah man darin, daß die in iure cessio nicht dem streitigen, sondern einem Anerkenntnisprozeß nachgebildet
32 Siehe etwa Kaser, Ius, 18 – 20; A. A. Schiller, Roman Law, 1978, 193 – 195; Wolf, legis actio, 32 – 36; manumissio, 75 – 77. 33 Kaser, Ius, 104 ff.; Anderer Ansicht: L. Mitteis, Römisches Privatrecht, 1908, 276 – 279; H. Levy-Bruhl, Quelques problèmes du très ancien droit romain, 1934, 114 ff. 34 Zur addictio alsbald unter 3. 35 Nach Kaser, Ius, 105 / 6: „macht … die Gestalt der in iure cessio für ihre Prozeßnatur bereits vollen Beweis“. Allerdings soll sie „als Abtretungsgeschäft sich frühzeitig vom Prozeß verselbständigt“ haben.
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sei. Wir kommen alsbald darauf zu sprechen, bleiben vorerst aber noch bei der in iure cessio. 10. Eine festuca ist nicht im Spiel und von einer vindicatio weiß die in iure cessio nichts. Wenn nach Gaius der Erwerber gleichwohl „vindiziert“, so wohl darum, weil im Sakramentsprozeß die vindicatio dem Einleitungsritual, die vorausgehende Eigentumsbehauptung eingeschlossen, den Namen gegeben hat. Darum konnte die Eigentumsbehauptung mit dem Handgestus auch dann noch vindicare genannt werden, wenn der den Namen gebende zweite Teil, eben die vindicatio fortfiel36. 11. Nach der Eigentumsbehauptung des Erwerbers fragte der Magistrat den Veräußerer an contra vindicet, ob er auch vindiziere. Die Frage mag zum Ritual der in iure cessio gehört haben: zum Ritual der Sakramentsklage gehörte sie nicht. Die Prozeßbegründung verlangte die Gegenvindikation. Die in iure cessio dagegen war Rechtsübertragung und darum in ihrem Ritual für die Gegenbehauptung kein Platz. Der Sakramentsprozeß war, wie wir sahen, ein Unrechtsprozeß: wer dem Sklaven die vindicta zu Unrecht angelegt hat, verlor die Wettsumme. Darum konnte der Sakramentsprozeß nicht mit einer addictio schließen. Anders die in iure cessio. Nach der Eigentumsbehauptung des Erwerbers und der Frage des Magistrats, ob der Veräußerer auch vindiziere, „addizierte“ der Magistrat – was durchweg dahin verstanden wird, daß er dem Erwerber das Eigentum an dem Sklaven zuerkannte. Dieses Verständnis entspricht der Funktion der in iure cessio als Rechtübertragung. Mit ihrem Ritual, der Spruchformel des Erwerbers, aber geht dieses Verständnis der addictio nicht überein. Denn der Erwerber behauptet unwidersprochen, daß der Sklave ihm gehört. Und danach möchte man – jedenfalls für die Zeit ihres Ursprungs – eine Bestätigung seines Eigentums und nicht dessen Zuerkennung durch den Magistrat erwarten. Diese Erwartung erfüllt die oft unbeachtete Grundbedeutung von addicere, die Paulus Diaconus aus Festus überliefert: Addicere est proprie idem dicere et adprobare dicendo37. Der Magistrat, der „addiziert“, stimmt der Eigentumsbehauptung des Erwerbers zu: Er sagt dasselbe, proprie idem, was der Erwerber gesagt hat: daß der Sklave ihm gehört38. Da diese addictio die Wirkung einer „ZuerWolf, manumissio, 65 A. 24. P. 13 M. Ein Beispiel aus der Auguralsprache bei Livius 1,36,3: „Id quia inaugurato Romunlus fecerat, negare Attus Navius, inclitus ea tempestate augur, neque mutari neque novum constitui, nisi aves addixissent, posse.“ Der Gegenbegriff war abdicere: Cic. de div. 1,31: aves abdixissent. 38 Wolf, manumissio, 66 / 7 A. 10; M. Wlassak, Addicere, in: RE 1 (1893), 349 – 351 (mit Lit.): „Addicere verwendet die alte Rechtssprache in der Grundbedeutung, die Fest. Ep. P. 13 an erster Stelle angiebt. … So ist … auch (aufzufassen) das addicere des Gerichtsmagistrats bei der streitigen und streitlosen Legisactio (nach Varro l. l. VI 30, 53 ist es eines der drei verba certa legitima). … Das addicere des Gerichtsmagistrats im Legisactionenverfahren ist ausdrücklich bezeugt für die rechtsgeschäftliche … in iure cessio und deren Abart, die manumissio vindicta.“ Nur die „ursprüngliche Wortbedeutung“ könne addicere gehabt haben, „wenn es sich an eine … vindicatio und confessio (in iure) anschloss“. Vgl. auch Bethmann-Hollweg, Civilprozeß, I 117 / 8. 36 37
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kennung“, eines „Zusprechens“ hat, muß addicere diese zweite Bedeutung – in der Gaius das Wort verwendet – mit der Zeit angenommen haben39. 12. Indessen belehrt uns auch die addictio – und vielleicht sie am deutlichsten – über das bestimmende Prinzip, nach dem die in iure cessio hergestellt worden ist. Sie ist ein Kunstgebilde, nicht gewachsen, nicht durch die Praxis hervorgebracht, sondern von Experten gemacht. Man sieht in ihr vornehmlich ein „nachgeformtes Rechtsgeschäft“, nachgeformt der legis actio sacramento in rem. Doch diese Akzentuierung trifft nicht den Kern der Sache. Gewiß, das Ritual ist geformt aus Elementen des Rituals der dinglichen Sakramentsklage. Aber nur aus wenigen, und deren Auswahl ist bestimmt durch die Funktion des neuen Rechtsgeschäfts, durch dessen Funktion der Rechtsübertragung. Sie beschränkt die Auswahl auf die Eigentumsbehauptung und den Handgestus und läßt alles beiseite, was die Begründung des Prozesses erforderte. Und auch damit nicht genug: sie läßt den Magistrat, wie es die Funktion des Geschäfts erfordert, das Recht, das der Erwerber zu haben behauptet, „addizieren“, „bekräftigen“ – und bleibt damit in klarer Übereinstimmung mit der Spruchformel des Erwerbers. Maßgebend für die Konstruktion der in iure cessio war nicht die Vorlage, der sie – was durchweg hervorgehoben wird – „nachgeformt“ wurde, sondern ihre gewollte Funktion eines Rechtsübertragungsgeschäfts; die legis actio sacramento in rem lieferte mit ihren Elementen nur die Bausteine. 13. Das Anerkenntnis einer Geldschuld im Vollzug des Begründungsrituals der legis actio sacramento in personam scheint schon durch die XII Tafeln belegt zu sein40. Von einem Anerkenntnis im dinglichen Sakramentsprozeß weiß die gesamte literarische Überlieferung dagegen nichts41. Gleichwohl sind viele überzeugt, daß auch im Begründungsritual der legis actio sacramento in rem ein Anerkenntnis möglich gewesen sein muß: daß nämlich der zweite Prätendent statt auch zu vindizieren, der Eigentumsbehauptung des ersten Prätendenten nicht widersprach oder gar förmlich zustimmte42. Nach diesem Anerkenntnis, daß der erste Prätendent EiWlassak (cit. A. 38), 350 / 1. XII T. 3,1 (Gellius 20,1,45): Aeris confessi rebusque iure iudicantis triginta dies iusti sunto. Das Verständnis dieses Satzes ist umstritten. Nach J. B. Hofmann / A. Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik, 1965, 1972, 142, ist aeris confessi „keinesfalls“ ein Genitivus absolutus. Nach Gellius selbst (20,1,42) ersetzt die confessio nicht das Urteil, wird vielmehr der Beklagte, der seine Geldschuld anerkennt, noch verurteilt. Der XII Tafelsatz wird aber auch dahin verstanden, daß die Vollstreckung erfolgt 30 Tage nach dem Anerkenntnis der Geldschuld oder der Verurteilung: siehe etwa Kaser, Zivilprozeßrecht, 54 / 5: „Für die actio in personam bestimmt ein XII-Tafelsatz, daß aus dem Anerkenntnis, für eine bestimmte Geldsumme zu haften, ebenso wie aus dem Urteil binnen 30 Tagen die Vollstreckung offenstehe.“ 41 Kaser, Ius, 107, indessen: der Hergang der in iure cessio sei „nicht mehr und nicht weniger … als der vollständige Ablauf eines Anerkenntnisprozesses“ gewesen. 42 Siehe etwa Kaser, Privatrecht, 48: „Man verwendet dazu (zur Nachformung der in iure cessio) den Formalakt, mit dem der Kläger den dinglichen Prozeß, die vindicatio im Verfahren der legis actio sacramento in rem, einsetzt, und läßt diesem Akt ein Anerkenntnis des Beklagten folgen.“ Anm. 2: „Die weiteren Stücke der Streitformel … fallen hier fort, ebenso anscheinend die festuca.“ Bethmann-Hollweg, Civilprozeß, I 116: „Nachdem der Kläger den Rechts39 40
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gentümer – in unserem Beispiel – des Sklaven sei, habe der Magistrat diesem den Sklaven durch addictio zugesprochen. Als Argument wird durchweg die in iure cessio angeführt. Aus ihr wird gleichsam zurück geschlossen auf die Vorlage, der sie nachgeformt worden sein soll. Denn daran, daß sie „ein nachgeformter Anerkenntnisprozeß war“, sei, so etwa Kaser, entschieden festzuhalten43. Und daß nach dem Anerkenntnis durch den Beklagten dem Kläger durch addictio das Eigentum zugesprochen werde, sei „aus der Parallele zwischen in iure cessio und confessio“ zu folgern44. 14. Diese Begründung verkennt die Unabänderlichkeit des Rituals. Gaius selbst belehrt uns darüber45: Legis actiones habe man die Gerichtsverfahren deshalb benannt, weil sie durch Gesetze eingeführt oder weil sie den Worten der Gesetze angepaßt und deshalb unveränderbar ebenso wie die Gesetze befolgt wurden: actiones, quas in usu veteres habuerunt, legis actiones appellabantur vel ideo quod legibus proditae erant … vel ideo quia ipsarum legum verbis accommodatae erant et ideo immutabiles proinde atque leges observabantur. Bethmann-Hollweg46 bringt den Satz auf den Wortlaut: legis actiones habe man die Formulare genannt, weil die Klagrechte durch die Gesetze begründet wurden und „weil ihre Form den Worten des Gesetzes genau nachgebildet und vor Gericht ebenso streng wie diese beachtet wurde“. Und Kaser47 folgert offenbar aus der Unabänderlichkeit des Rituals, daß der Beklagte bereit sein mußte, „sich auf die Klage einzulassen“. 15. Wenn das Ritual – wie einem Ritual ohnehin eigentümlich – unabänderbar war, ist der Schluß unabweisbar, daß die in iure cessio nicht dem durch eine confessio des Beklagten abgekürzten Ritual der legis actio sacramento in rem nachgebildet ist. Zwar ist die Vermutung nicht auszuschließen, daß die in iure cessio einem Anerkenntnisprozeß nachgeformt wurde. Dieser Prozeß muß dann aber ein selbstständiges Verfahren neben dem streitigen dinglichen Sakramentsprozeß gewesen sein48. Die Überlieferung, die von einem solchen Anerkenntnisprozeß schlechterdings nichts weiß, wäre dieser Vermutung allerdings nicht günstig. Was bleibt, ist die Hypothese, daß die Gestaltung der in iure cessio durch ihre Funktion bestimmt ist und für ihre Gestaltung Elemente der legis actio sacramento in rem wie Bausteine verwendet wurden.
streit also eröffnet hat, kann der Beklagte diesen noch abwenden durch Geständnis (confessio) oder Vergleich (pactum).“ 43 Kaser, Zivilprozessrecht, 54 A. 17. 44 Kaser, Zivilprozessrecht, 54 mit A. 17. So auch Pugliese, Processo, 282 mit A. 111. 45 Gai. 4,11. 46 Bethmann-Hollweg, Civilprozeß, I 49. 47 Kaser, Zivilprozessrecht, 69. 48 Daß die Vorlage der in iure cessio das Versäumnisverfahren war, was ich in manumissio, 87 ff. vertreten habe, überzeugt mich heute nicht mehr.
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II. Die manumissio vindicta, die in iure cessio und die causa liberalis 1. Der römische Sklave wurde mit der Freilassung römischer Bürger, wenn er älter als dreißig Jahre, in quiritischem Eigentum gewesen und in gesetzmäßiger Form freigelassen worden war. Iusta et legitima manumissione konnte er vindicta oder censu oder testamento freigelassen werden49. Die manumissio vindicta gilt als ein Anwendungsfall der in iure cessio50 und wie sie als ein „nachgeformtes Rechtsgeschäft“. Wie die in iure cessio der legis actio sacramento in rem so soll die manumissio vindicta dem Freiheitsprozeß, der liberalis causa oder auch der vindicatio in libertatem, nachgebildet sein51. Die Quellenlage ist indessen miserabel. Eine Beschreibung weder des Rituals der manumissio vindicta noch des Rituals der liberalis causa ist überliefert. Überliefert sind von beiden Rechtsakten nur einzelne Elemente, Bruchteile, wenn man so will. Einige Grunddaten stehen allerdings fest. 2. Es versteht sich, daß der Freiheitsprozeß, die liberalis causa, auf dem Tribunal vor dem Prätor und unter seiner Mitwirkung stattfand. Beteiligt war der wirkliche oder vermeintliche Eigentümer, der die umstrittene Person als seinen Sklaven beanspruchte, und ein Dritter, der adsertor in libertatem52, der für dessen Freiheit eintrat; er mußte ein Bürger sein53. Wie das Ritual der legis actio sacramento in rem so sah auch die Begründung des Freiheitsprozesses die Vereinbarung einer Wette vor. Das ist der Nachricht bei Gaius zu entnehmen, daß bei einem Streit über die Freiheit eines Menschen die poena sacramenti, die Wettsumme, unabhängig vom Wert der umstrittenen Person, stets 50 As betrug54. Wurde aber eine Wettsumme vereinbart, so ist weiter zu folgern, daß über Freiheit oder Unfreiheit nur inzidenter entschieden wurde, der Prätor mithin in seiner addictio nur darüber befand, wer die Wette gewonnen, wer sie verloren hat. Der favor libertatis, schließlich, bestimmte, daß die vindiciae stets secundum libertatem erteilt wurden mit der Folge, daß die umstrittene Person jedenfalls bis zum Ende des Verfahrens in Freiheit war55. Gai. 1,17. Wlassak, Addicere, in: RE 1 (1893), 350 Z. 17; Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, Zweiter Band, 1901, 133; R. Sohm, Institutionen, 15. Aufl. 1917, 195; Kaser, Privatrecht, I 116; Kaser, Zivilprozessrecht, 134. 51 Kunkel, Römisches Privatrecht, 69; Kaser, Privatrecht, I 116: „Nachformung eines Anerkennungsprozesses über die vindicatio in libertatem“; H. Hausmaninger / W. Selb, Römisches Privatrecht, 8. Aufl. 1997, 133; M. Talamanca, Istituzioni di diritto romano, 1990, 93; anderer Ansicht Fritz Schulz, Classical Roman Law, 1951, 1954, 83. 52 Gai. 4,14,175; PS 5,1,5; Festus p. 340 M. s. v. sertorem; Livius 3,45,3; Martialis 1,52,5. 53 Später soll diese Aufgabe auch ein lictor übernommen haben: D. 40,2,23 Hermog 1 iur epit; Boethius, Comm. in Cic. topica 1,288 / 9. 54 Gai. 4,14: Ac si de libertate hominis controversia erat, etiam si pretiosissimus homo esset, tamen ut L assibus sacramento contenderetur, eadem lege cautum est favore scilicet libertatis, ne onerarentur adsertores; Keller / Wach, Der römische Civilprocess und die Actionen, 59 / 60; Pugliese, Processo, I 294; Kaser, Privatrecht, 115. 49 50
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3. Auch die manumissio vindicta wurde auf dem Tribunal vor dem Prätor56 und unter seiner Mitwirkung vollzogen – später auch wo immer man den Prätor antraf 57. Vor ihm fanden sich der Eigentümer ein mit dem Sklaven, den er freilassen wollte, und ein Dritter, ein beliebiger Bürger, später offenbar ein lictor58, der die Rolle des adsertor in libertatem übernahm. Hermogenian und Boethius wissen, daß der adsertor eine Formel sprach, verba sollemnia59, bevor der Prätor mit seiner addictio der Behauptung des adsertor zustimmte und damit das Verfahren abschloß60. 4. Was die Einleitung der liberalis causa und das Verfahren der manumissio vindicta im einzelnen vorsah, wird verschieden gesehen. Es ist nicht zu bestreiten, daß im Freiheitsprozeß die einleitenden Spruchformeln der Prätendenten nicht wie im Ritual der legis actio sacramento in rem identisch waren, sondern einander widersprachen. Man darf vermuten, daß der Spruch des wirklichen oder vermeintlichen Eigentümers Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio oder ähnlich lautete, der des adsertor dagegen Hunc hominem ex iure Quiritium liberum esse aio oder auch ähnlich61. Wie allerdings die Spruchformeln der eigentlichen Prozeßbegründung, der Wettvereinbarung, lauteten, steht dahin; in ihrer Struktur werden sie wahrscheinlich der Prozeßbegründung der legis actio sacramento in rem entsprochen haben62. 5. Die Parteibehauptungen werden in unserer Literatur auch vindicationes genannt, die Behauptung des Freiheitsprätendenten: vindicatio in libertatem, die des Eigentumsprätendenten, der die umstrittene Person als seinen Sklaven beansprucht: vindicatio in servitutem63. Belege dieser Benennungen gibt es nicht, wohl aber lesen wir bei Paulus und Ulpian gelegentlich den Ausdruck in libertatem vindicare64. Diese Ausdrucksweise könnte auf eine Verwendung der vindicta im Einleitungsritual des Freiheitsprozesses deuten. Indessen gibt es dafür auch nicht die Spur eines D. 1,2,2,24 Pomp l. s. enchiridii; Liv. 3,44,5 und 12, auch 3,47,5. Oder einem anderen hauptstädtischen Magistrat: Liv. 41,9. 57 D. 40,2,7 Gai 1 rerum cottidianarum; D. 1,16,2 pr. Marcianus 1 inst. 58 Hermogenian und Boethius cit. A. 5. Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, II 131; Kaser, Privatrecht, 116 A. 11. 59 Hermogenian und Boethius cit. A. 5. 60 Cicero, epistulae ad Atticum 7,2,8: itaque usurpavi vetus illud Drusi, ut ferunt, praetoris in eo, qui eadem liber non iuraret, me istos liberos non addixisse … 61 Bethmann-Hollweg, Civilproceß, I 138 A. 15; Pugliese, Processo, I 293 / 4; Kaser, Zivilprozessrecht, 75. – Festus-Paulus p. 159 M.: Manu mitti servus dicebatur, cum dominus eius, aut caput eiusdem servi, aut aliud membrum tenens dicebat: Hunc hominem liberum esse volo, et emittebat eum e manu. 62 Siehe oben I. 5. 63 Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, II 131; Pugliese, Processo, I 294; Kaser, Privatrecht, 115, Kaser, Zivilprozessrecht, 75. 64 D. 10,4,12 pr. Paul 26 ad ed; D. 40,12,3 pr. Ulp. 54 ad ed. Häufiger begegnet libertatem sibi vindicare, etwa in D. 40,12,32 Paul 6 reg, D. 40,4,59. 2 Scaev 28 dig oder D. 36,1,23,1 Ulp. 5 disp. 55 56
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Belegs. Belegt ist für den Freiheitsprozeß nur der Handgestus. Plautus, Terenz, Varro, Festus und Livius lassen uns wissen65, daß der adsertor in libertatem, der für den vermeintlichen Sklaven mit den Formelworten Hunc hominem ex iure Quiritium liberum esse aio die Freiheit behauptet und fordert, dem vermeintlichen Sklaven die Hand auflegt. Manu adserere wird ausschließlich von dem gesagt, der vor Gericht die umstrittene Person in libertatem fordert, der für sie die Freiheit beansprucht66. Anders als im Einleitungsritual der legis actio sacramento in rem und anders als im Ritual der in iure cessio ist der Handgestus hier, im Ritual der causa liberalis, keine sichtbare Bekräftigung einer Eigentumserklärung, hat aber wie dort auch deiktische Bedeutung: er ist hier die sichtbare Bekräftigung der Behauptung, daß diese umstrittene Person frei ist. 6. Bei der manumissio vindicta ist nach einem Exzerpt des Paulus Diaconus ex libri Pompei Festi nur die Hand im Spiel67: Der dominus soll seinen Sklaven am Kopf oder an einem anderen Körperteil gehalten und mit den Worten Hunc hominem liberum esse volo aus seiner manus entlassen haben. Diese Überlieferung steht allein gegen alle anderen Nachrichten, die im Ritual der manumissio vindicta ausschließlich die vindicta angewandt sehen. Allerdings ist auch dieser Überlieferungsbestand differenziert und nicht ohne Widerspruch. Persius, der Dichter der nachaugusteischen Zeit68, sieht die vindicta in der Hand des lictor69: des adsertor in libertatem. Ebenso Boethius in seinem Kommentar in topica Ciceronis – ohne daß der Cicero-Text Anlaß zu dieser Unterstellung böte70. Plautus und Horaz lassen offen,
65 Platus, Curculio 490: memento promisisse te, si quisquam hanc liberali caussa manu adsereret, mihi omne argentum redditum eiri; 668: quia illic ita repromisit migi: si quisquam hanc liberali adseruisset manu sine controversia omne argentum reddere; (quisquam ist hier und dort der Kläger in libertatem); Terentius, Adelphoe 196 / 7: neque vendundam censeo, quae liberast; nam ego liberali illam adsero causa manu; Varro, De lingua latina 6,64: sic conserere manu dicimur cum hoste; sic „ex iure manum consertum“ vocare; hinc adserere manum in libertatem cum prendimus; Festus p. 460 M.: Sertorem quidam putant dictum a prendendo, quia cum cuipiam adserat manum, educendi eius gratia ex servitute in libertatem, vocetor adsertor; Livius 3,45,2: in iis enim, qui adserentut in libertatem, quia quivis lege agere possit, id iuris esse. – Gai. 4,14: At si de libertate hominis controversia erat, etiamsi pretiosissimus homo esst, tamen ut L assibus sacramento contenderetut, eadem lege cautum est favore scilicet libertatis, ne onerarentur adsertores. 66 Manu adserere hat darum im Laufe der Zeit die Bedeutung angenommen: vor Gericht die Freiheit behaupten und beanspruchen. 67 Festus-Paulus p. 159 M.: Manu mitti servus dicebatur, cum dominus eius, aut caput eiusdem servi, aut aliud membrum tenens dicebat hunc hominem liberum esse volo, et emittebat eum e manu. 68 Geboren in Volterra 34 n. Chr., gestorben in Rom 62 n. Chr. 69 Persius 174 / 5: hic quod quaerimus hic est non in festuca lictor quam iactat ineptus … 70 Cicero, topica II 10: Si neque censu nec vindicta nec testamento liber factus est, non est liber. – Boethius, Comm. in Cic. topica cap. 2. 10: Erat etiam pars altera adipiscendae libertatis, quae vindicta vocabatur. Vindicta vero est virgula quaedam, quam lictor manumittendi servi capiti imponens eundem servum in libertatem vindicabat, dicens quaedam verba sollemnia …
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wer die vindicta führt71, während Gaius und Marcellus mit vindicta das Verfahren der manumissio vindicta benennen72. Keinen Zweifel lassen indessen die Juristen Tryphonin, Ulpian und Paulus, daß der manumissor, mithin der Eigentümer, im Ritual der manumissio vindicta seinem Sklaven die vindicta auflegt73. 7. Diese Quellenlage hat zu unterschiedlichen Darstellungen der manumissio vindicta geführt. Rudolph Sohm74 war der Ansicht, daß beide Prätendenten, der Freiheitsprätendent zuerst und nach ihm der manumissor den Sklaven mit der vindicta berührten75, wobei jener den Sklaven als frei in Anspruch nahm und dieser seinen Freilassungswillen erklärte, den darauf der Magistrat in seiner addictio bekräftigte. Nach Schulz76 war es dagegen der Prätor, der förmlich behauptete der Sklave sei frei und römischer Bürger, und ihn – in der Regel by the hand of his lictor – mit der vindicta berührte, während der Eigentümer des Sklaven der Erklärung des Prätors zustimmte oder sich verschwieg. Ein Freiheitsprätendent ist bei ihm offenbar nicht beteiligt. Talamanca77 sieht für die ursprüngliche manumissio vindicta lediglich die Erklärung des adsertor in libertatem vor; der Eigentümer verschweige sich und die addictio des Prätors habe konstitutive Wirkung. Gegen Ende der Republik allerdings habe sich das Ritual total verändert: der adsertor in libertatem sei abgeschafft worden, während nun der Eigentümer eine „formula liberatoria“ gesprochen und zugleich eine „unilaterale impositio vindictae“ vorgenommen habe. Guarino78 dagegen läßt den adsertor in libertatem nicht nur die Formelworte Hunc ego hominem liberum esse aio sprechen, sondern auch den Sklaven mit der vindicta berühren, während der dominus sich verschweige. Im klassischen Recht habe allerdings ausgereicht, daß der dominus seinen Sklaven mit der vindicta berührte und erklärte, daß er ihn freilassen wolle. Nach Juan Iglesias79 habe der adsertor libertatis die 71 Plautus, Miles gloriosus 4,1,15: quid ea? Ingenuan an festuca facta e serva liberast?; Horatius serm. 2,7. Zeilen 75 / 77: tunc mihi dominus … quem ter vindicta quaterque inposita haud umquam misera formidine privet? 72 Gai. 1,18: … nam ea lex (Aelia Sentia) minores XXX annorum servos non aliter voluit manumissos cives Romanos fieri quam si vindicta apud consilium iusta causa manumissionis adprobata liberati fuerint; Marcellus D. 40,2,23: sed quem si vindicta eum liberaret absolute, scilicet quia moriturum se putet, mors eius exspectabitur. Außerdem siehe Iul D. 40,2,5; Scaev D. 4,3,32; Pomp D. 40,4,4,2; Paul D. 40,2,15,2 und 17; Paul D. 41,7,8. 73 Tryph D. 49,17,19,4: ut heres vivo filio vindictam servo imposuit; Ulp D. 40,12,12,2: ut puta … vel vindicta ei imposita est ab eo, quem dominum esse putavit, cum non esset … ; Paul D. 40,1,14: Imperator eum servum manumittit, non vindictam imposuit, sed cum voluit, fit liber is qui manumittitur ex lege Augusti. 74 Institutionen. Geschichte und System des römischen Privatrechts, 15. Aufl. 1917, 195. 75 Ebenso Barry Nicholas, An Introduction to Roman Law, 1962, 73: „The adsertor, when making his claim, touched the slave with a wand – vindicta – and so did the manumitting master.“ 76 Classical Roman Law, 1951, 1954, 83. 77 Istituzioni di diritto romano, 1990, 93. 78 Diritto privato romano, 1992, 683. 79 Derecho romano (4. ed. 1958), 112.
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Formelworte Hunc ego hominem liberum esse aio gesprochen und den Sklaven mit der vindicta berührt, während der dominus nicht widersprochen und daraufhin der Magistrat die Erklärung des adsertor bestätigt habe. Mit Iglesias stimmen Kunkel80 und Kaser81 überein: Kunkel mit dem Zusatz, daß in der Kaiserzeit die Förmlichkeit dieses Verfahrens nachgelassen habe; Kaser, daß die Form sich gewandelt und solche Elemente hervorgetreten seien, die der in iure cessio fremd sind, wie die Anlegung der vindicta durch den Eigentümer82, der vielleicht auch die Formelworte Hunc hominem liberum esse volo gesprochen habe. 8. Dieses bunte Tableau überrascht vor allem dadurch, daß in den meisten Darstellungen der adsertor in libertatem dem Sklaven die vindicta auflegt, und daß einige außerdem eine Änderung des Rituals der manumissio vindicta gegen Ende der Republik oder in der Kaiserzeit dahin annehmen, daß nunmehr der dominus die vindicta führte und mit ihr den Sklaven berührte. Wie wir sahen, sind es nur Perseus und Boethius, die die vindicta in der Hand des adsertor sehen. Perseus’ überlieferte Satiren erörtern, von der ersten abgesehen, Sätze der stoischen Philosophie: sie werben für die stoische Philosophie als Lebensform83. Die 5. Satire ist in ihrer zweiten Hälfte der Freiheit gewidmet, die uns lehre, das Rechte zu tun. In diesem Kontext ist in der Rolle des adsertor in libertatem ein närrischer oder pedantischer lictor, der die vindicta führt und schwingt84. Doch komme auf die vindicta, die Freilassung, nichts an: ius habet ille sui – nach eigenem Recht möge jener leben. Kontext und Ausdrucksweise schließen diesen Text als Zeugnis aus. Nicht anders ist Boethius Kommentar in Ciceronis topica zum Stichwort vindicta einzuschätzen. Bei Cicero ist lediglich zu lesen85: Si neque sensu nec vindicta nec testamento liber factus est, non est liber. Boethius holt weiter aus und knüpft an vindicta eine Darstellung des Rituals der manumissio, soweit die vindicta im Spiel ist86: Vindicta vero est virgula quaedam, quam lictor manumittendi servi capiti imponens eundem servum in libertatem vindicabat, dicens quaedam verba sollemnia, atque illa virgula vindicta vocabatur. Boethius wurde Ende des Jahres 524 hingerichtet, deutlich bevor die Arbeit an den Digesten aufgenommen und die ursprüngli-
Kaser, Römisches Privatrecht, 1935, 69. Kaser, Privatrecht, 116 und 294. 82 Von der in der Darstellung (116) des ursprünglichen Rituals allerdings keine Rede ist. 83 Manfred Fuhrmann, Neues Handbuch der Literaturwissenschaft, Römische Literatur, 1974, 274 / 6: Martin Schanz / Carl Hosius, Geschichte der römischen Literatur, 2. Teil, 4. Aufl. 1980, 479; W. S. Teufels, Geschichte der römischen Literatur, neu bearbeitet von W. Kroll und F. Skutsch, 7. Aufl. 1920, 259: „Deklamationen über Sätze der stoischen Lehre, voll dramatischer, oft ans Possenhafte streifender Szenen“. 84 Perseus 5,174 – 176: … hic quod quaerimus hic est non in festuca lictor quam iactat ineptus ius habet ille sui. 85 Topica II 10. 86 Boethii commentarii in Ciceronis topica, in: Casp. Orellius et Io. Georgius Baiterus (editores), M. Tullii Ciceronis scholiastae I, 1833, p. 288 / 9. 80 81
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che manumissio vindicta wieder belebt wurde87. Bis dahin war die manumissio vindicta in verkümmertem Zustand in Geltung: Es reichte aus, daß der dominus vor dem kaiserlichen Konsilium oder einem Magistrat erklärte, daß der Sklave frei sei, und ihm, während er die Freierklärung sprach, die vindicta auflegte88. Boethius muß mithin seine Kenntnis aus älteren Quellen gewonnen haben, die offenbar den Schluß zuließen, daß der lictor, in der Rolle des adsertor in libertatem, den Sklaven mit der vindicta berührte. 9. Verstehen wir die Quellenlage richtig, so läßt sie keine Wahl: Zu folgen ist den Juristen Tryphonin, Ulpian und Paulus, die ohne wenn und aber erkennen lassen, daß im Ritual der manumissio vindicta der manumissor dem Sklaven die vindicta auflegte89. Was auch sollte die vindicta in der Hand des adsertor in libertatem: er erklärt in gesetzter Rede, daß der Sklave frei ist. Die vindicta aber ist ein Symbol der Herrschaft, ein Instrument der Züchtigung, die allein dem Herrn des Sklaven zusteht90. Herrschaft aber hat bis zum Augenblick der addictio von den Beteiligten nur der manumissor, der Herr des freizulassenden Sklaven. Und diese Herrschaft bekundet er zu seiner Legitimation, indem er dem Sklaven, vermutlich wortlos, die vindicta auflegt. 10. So kommen wir zu folgendem Ergebnis: Vor dem Prätor treten der Eigentümer mit seinem freizulassenden Sklaven und eine dritte Person auf, ein Bürger, der die Aufgabe des adsertor in libertatem übernehmen wird. Nach Absprache mit dem Prätor vollziehen die Beteiligten das Ritual der manumissio vindicta. Zum Zeichen seiner Herrschaft und Zuständigkeit legt der Eigentümer seinem Sklaven die vindicta auf. Der adsertor spricht die Formelworte Hunc ego hominem ex iure Quiritium liberum esse aio. Der Eigentümer widerspricht nicht, vielleicht stimmt er förmlich zu, vielleicht aber verschweigt er sich auch. Darauf spricht der Prätor die addictio, mit der er die Behauptung des adsertor in libertatem bekräftigt. Damit ist der Sklave nunmehr ein freier Mann. 11. Die manumissio vindicta gilt als Anwendungsfall der in iure cessio91. In ihren Strukturen decken sich die beiden Rechtsakte auch. Wie bei der in iure cessio Veräußerer und Erwerber, so stehen bei der manumissio vindicta manumissor und adsertor in libertatem einander gegenüber. Wie der Veräußerer Eigentümer der Sache ist, die übereignet werden soll, ist der manumissor Eigentümer des Sklaven, der freigelassen werden soll. Und wie der Erwerber förmlich behauptet Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio, so behauptet der adsertor, ebenfalls förmlich, Hunc ego hominem ex iure Quiritium liberum esse aio. Wie dort der Veräußerer der Behauptung des Erwerbers zustimmt, in förmlicher Rede oder durch Schweigen, so
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Siehe D. 40,2. De manumissis vindicta. Kaser, Privatrecht, II 134. Siehe oben A. 73. Siehe oben nach A. 69 und 72. Siehe oben A. 50.
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stimmt hier der manumissor der Behauptung des adsertor zu, in förmlicher Rede oder auch durch bloßes Schweigen. Beide Rechtsakte beschließt der Magistrat mit einer addictio, die im einen Fall die Behauptung des Erwerbers, im anderen Fall die des adsertor in libertatem bekräftigt und dort die Übereignung der Sache, hier die Freiheit des Sklaven endgültig bewirkt. Die Teile, in denen, soweit wir bisher sehen, die in iure cessio und die manumissio vindicta von einander abweichen, sind, wie ohne weiteres einzusehen, durch ihre verschiedenen Funktionen bestimmt. Inkongruent sind die beiden Rechtsgeschäfte allerdings in den Gesten, die ihre Rituale vorsehen. Bei der in iure cessio legt der Erwerber seine Hand auf die Sache, die ihm übereignet wird92; bei der manumissio vindicta dagegen legt der manumissor die vindicta auf den Sklaven, den er freilassen will93. Die manumissio vindicta kann darum kaum als Anwendungsfall der in iure cessio gelten. Im Ritual der in iure cessio gibt es keine vindicta, im Ritual der manumissio vindicta nicht den Handgestus, und dort ist es der Erwerber, der die Hand, hier der manumissor, der die vindicta auflegt. Die Einsicht kann darum nur lauten: das Ritual der manumissio vindicta folgt zwar in seiner Struktur weithin dem der in iure cessio, ein Anwendungsfall der in iure cessio ist sie nicht. 12. Wie die in iure cessio der legis actio sacramento in rem, so soll die manumissio vindicta dem Freiheitsprozeß, der vindicatio in libertatem nachgebildet sein. Wie in der Einleitung der vindicatio in libertatem spricht auch im Ritual der manumissio vindicta der adsertor in libertatem die Spruchformel Hunc ego hominem ex iure Quiritium liberum esse aio. Während aber im Freiheitsprozeß der wirkliche oder vermeintliche Eigentümer des umstrittenen Sklaven dem adsertor widerspricht, nämlich förmlich behauptet Hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio, stimmt der Eigentümer im Ritual der manumissio vindicta der Behauptung des adsertor förmlich zu oder gibt sein Einverständnis, indem er sich verschweigt. Schon damit ist ausgemacht, daß auch die manumissio vindicta, wie die in iure cessio, nicht dem streitigen Verfahren, sondern allenfalls dem Anerkenntnisprozeß nachgebildet ist, dem Prozeß, in dem der wirkliche oder vermeintliche Eigentümer die Freiheitsbehauptung des adsertor anerkennt94. Und dieser Prozeß muß neben der streitigen vindicatio in libertatem sein eigenes Ritual gehabt haben. 13. Wie der in iure cessio, so war auch dem streitigen Freiheitsprozeß die vindicta fremd, und wenn sie dem streitigen Prozeß fremd war, wird auch der Anerkenntnisprozeß sie nicht gekannt haben. Zum Ritual der causa liberalis gehörte vielmehr der Handgestus, und es war auch nicht der wirkliche oder vermeintliche Eigentümer, der dem Sklaven die Hand auflegte, sondern der adsertor in libertatem95.
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Siehe oben I. 9. Siehe oben A. 73 und unter II. 9. Siehe oben I. 15. Siehe oben II. 5.
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Diese Differenzen schließen aus, in der manumissio vindicta ein Derivat, eine Nachbildung der vindicatio in libertatem zu sehen. Das Konstruktionsprinzip der manumissio vindicta war, wie das der in iure cessio96, ihre Funktion. Für ihre Gestaltung wurden, in ökonomischer Absicht, Elemente schon vorhandener benachbarter Institute verwendet, die dem durch ihre Funktion verfügten Bauplan der neuen Einrichtung genügten. Im Freiheitsprozeß hatte der Handgestus des adsertor in libertatem, wie schon gesagt, deiktische Bedeutung: er begleitet und bekundet sichtbar die Behauptung des adsertor, daß die Person, deren Status umstritten ist, daß diese Person frei ist97. Im Ritual der manumissio vindicta dagegen legt, vermutlich wortlos, der dominus dem Sklaven, den er freilassen will, die vindicta auf, um zu bekunden, daß er der Eigentümer des Sklaven ist und darum befugt, ihn freizulassen98.
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Siehe oben I. 12 und 15. Siehe oben II. 5 i. f. Siehe oben II. 10.
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe I. Monographien und Editionen 1.
Proculi Epistulae, Eine frühklassische Juristenschrift, Karlsruhe 1970, Freiburger Rechts- und Staatswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 34
2.
Die Konversion des Rechtsgeschäfts, Frankfurt a.M. 1980, Juristische Abhandlungen, Bd. 16
3.
Die Garantiehaftung des Vermieters für Sachmängel, Ein Beitrag zur Kasuistik, Berlin 1980, Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 60
4.
Die Unklarheitenregel, Bürgerliches und Römisches Recht, Berlin 1983, Schriften zum Bürgerlichen Recht, Bd. 83
5.
Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, herausgegeben zusammen mit Werner Schubert und Burkhard Schmiedel, 2 Bände, Bd. 2 in 2 Halbbänden, Frankfurt a.M. 1986 – 1988
6.
Testamente zugunsten von Menschen mit geistiger Behinderung, Verfassungsrechtliche, zivilrechtliche, sozialrechtliche Aspekte, herausgegeben zusammen mit Renate Heinz-Grimm und Bodo Pieroth, Lebenshilfe-Verlag, Marburg 1991, 2. Aufl. 1995, 3. Aufl. 1997; Große Schriftenreihe, Bd. 27
7.
Quaestiones Iuris, Festschrift für Joseph Georg Wolf zum 70. Geburtstag, herausgegeben zusammen mit Ulrich Manthe, Berlin 2000, Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, N.F., Bd. 36
II. Beiträge in Zeitschriften und Sammelwerken 8.
Bericht: XIX. Rechtshistorikertag (Nürnberg-Erlangen, 24. – 27. 9. 1972), in: IVRA 22 (1971) S. 287 – 293
9.
Anmerkung zum Urteil des OLG Stuttgart v. 21. 11. 1974, Zur Frage der Umdeutung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages, in: JZ 1975, S. 574 – 576
10.
Rez. zu Olivier Verrey, Leges geminatae à deux auteurs et compilation du Digeste, Lausanne 1973, in: SZ (Rom. Abt.) 93 (1976) S. 369 – 380
11.
Rez. zu Jürgen Rödig, Erfüllung des Tatbestandes des § 823 Abs. 1 BGB durch Schutzgesetzverstoß. Zugleich ein Beitrag zum Deliktsschutz relativer Rechte, Bielefeld 1973, in: AcP 176 (1976) S. 453 – 461
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Schriftenverzeichnis Christoph Krampe
12.
Rez. zu Robert Röhle (Herausgeber), Iulius Paulus, Gelehrte Untersuchungen einzelner Rechtsfragen, Kassel 1975, in: SZ (Rom. Abt.) 94 (1977) S. 424 – 429
13.
Anmerkung zum Urteil des BGH v. 20. 4. 1977, in: JZ 1978, S. 438 – 440
14.
Rez. zu Josef Huber, Der Ehekonsens im Römischen Recht, Roma 1977, in: SZ (Rom. Abt.) 97 (1980) S. 410 – 415
15.
Die ambiguitas-Regel: Interpretatio contra stipulatorem, venditorem, locatorem, in: SZ (Rom. Abt.) 100 (1983) S. 185 – 228
16.
Jura-Klausurenwettbewerb, Anmerkungen und zusammenfassende Würdigung der Arbeit von stud. iur. A. Neumann, in: Jura 1983, S. 217 – 220
17.
Rez. zu Jürgen Rastätter, Marcelli notae ad Iuliani Digesta, Diss. Freiburg i. Br. 1980, in: TR 52 (1984) S. 58 – 62
18.
Rez. zu Franco Casavola, Giuristi Adrianei, Napoli 1980, in: TR 52 (1984) S. 165 – 168
19.
zusammen mit Bernd Kauffmann, Der praktische Fall, Bürgerliches Recht: Familienzwist um ein Sparbuch, in: JuS 1984, S. 374 – 378
20.
An inutilis acceptilatio utile habeat pactum quaeritur – D.46,4,8 pr. (Ulp. 48 Sab.), in: TR 53 (1985) S. 3 – 25
21.
Rez. zu Vincenzo Scarano Ussani, Valori e storia nella cultura giuridica fra Nerva e Adriano, Studi su Nerazio e Celso, Napoli 1979, in: SZ (Rom. Abt.) 102 (1985) S. 586 – 598
22.
Rez. zu Ulrich Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, Berlin 1982, Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, N.F. Bd. 4, in: Gnomon 57, 1985, S. 715 – 718
23.
Nachruf Uwe John, in: JZ 1985, S. 783 f.
24.
Zur Entstehung des Dritten Buches: Handelsgeschäfte, in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd.1 (vgl. 5), Frankfurt a.M. 1986 – 1988, S. 77 – 96
25.
Zwischenprüfungsklausur Zivilrecht, Die verwechselten Teppichhändler, in: Jura 1986, S. 545 – 549
26.
zusammen mit Matthias Berg, Übungsklausur Zivilrecht, Ein willkommener Druckfehler, in: Jura 1986, S. 206 – 210
27.
Rez. zu Ernst E. Hirsch, Rezeption als sozialer Prozeß. Erläutert am Beispiel der Türkei, Berlin 1981, Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung, Bd. 50, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 1987, S. 114 – 119
28.
Der Wahlschein im Wahlfach, Zur Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 c JAG NW, in: Jura 1987, S. 276 f.
29 – 31. Stichworte: „Privatautonomie“, „Privatrecht“, „Rechtsgeschichte“, in: Staatslexikon, hg. von der Görres-Gesellschaft, Bd. 4, 7. Aufl., Freiburg, Basel, Wien 1988, Sp. 556 f.; 570 – 579, 696 – 700 32.
Qui tacet, consentire videtur – Über die Herkunft einer Rechtsregel, in: Festschrift Paul Mikat, Berlin 1989, S. 367 – 380
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe
395
33.
Rez. zu Dieter Medicus, Bürgerliches Recht, 13. Aufl., Köln 1987, in: Jura 1989, S. 167 f.
34.
Rez. zu Dietrich Reinicke / Klaus Tiedtke, Kaufrecht, 3. Aufl., Darmstadt 1987, in: Jura 1989, S. 56
35.
Der praktische Fall, Bürgerliches Recht: Ein Fußball zum Geburtstag, in: JuS 1989, S. 390 – 392
36.
Die Rückabwicklung des Pfandverkaufs – D.20,6,10 Paulus libro tertio quaestionum, in: TR 59 (1991) S. 13 – 36
37.
Grundgesetzliche Testierfreiheit, sozialhilferechtliches Nachrangprinzip, Sittenwidrigkeit im Erbrecht, in: Testamente zugunsten von Menschen mit geistiger Behinderung, Verfassungsrechtliche, zivilrechtliche, sozialrechtliche Aspekte, herausgegeben zusammen mit Renate Heinz-Grimm und Bodo Pieroth, Lebenshilfe-Verlag, Marburg 1991, Große Schriftenreihe, Bd. 27, S. 57 – 91
38.
Testamentsgestaltung zugunsten eines Sozialhilfeempfängers, Überlegungen zum „Behindertentestament“-Urteil des BGH vom 21. 3. 1990, in: AcP 191 (1991) S. 526 – 562
39.
Rez. zu Herbert Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, München 1988, Münchener Universitätsschriften, Bd. 71, in: AcP 191 (1991) S. 163 – 171
40.
zusammen mit Jan Maifeld, Zwischenprüfungsklausur Zivilrecht, Der spät genehmigte Mopedkauf, in: Jura 1991, S. 38 – 40
41.
Wohin mit dem „Leidenden Menschen“ (76,50 m x 12 m)?, Ein atypischer Rechtsstreit zwischen Künstler und Kunstakademie über die Behandlung seines Kunstwerks, in: NJW 1992, S. 1264 – 1270
42.
Rez. zu Haimo Schack / Harry Westermann, BGB-Allgemeiner Teil, Schwerpunkte, Bd. 1, 6. Aufl., Heidelberg 1991, in: Jura 1992, S. 671 f.
43.
Der praktische Fall, Bürgerliches Recht: Ein neues Bett per Telefax, in: JuS 1992, S. 852 f.
44.
Sigmund Wihelm Zimmern, Systematiker des römischen Rechts in der Frühzeit der Emanzipation, in: Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, München 1993, S. 27 – 43
45.
Stichwort „Collatio legum Mosaicarum et Romanarum“, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur (LACL), hg. von Siegmar Döpp und Wilhelm Geerlings, Freiburg i. Br. 1998, S. 135 f.
46.
Aufrechterhaltung von Verträgen und Vertragsklauseln, Eine Bestandsaufnahme zur neueren Rechtsprechung und Literatur, in: AcP 194 (1994) S. 1 – 41
47.
Rez. zu Alles was Recht ist. Zur Geschichte des Gerichtswesens in Münster 793 – 1993, Hg. Landgericht Münster, Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Stadtarchiv Münster, Münster 1993, in: NWVBl. 1994, S. 360
48.
Anmerkung zum Urteil des BGH v. 30. 3. 1994, in: ZEV 1994, S. 299 f.
49.
Der Seedarlehensstreit des Callimachus – D.45,1,122,1 Scaevola 28 digestorum, in: Collatio iuris Romani. Études Hans Ankum, Bd. I, Amsterdam 1995, S. 207 – 222
396
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe
50.
Strukturwandel im Ruhrgebiet der Gründerjahre, Landwirt Vierhaus zu Wiemelhausen . / . Zeche Dannenbaum zu Bochum, Ein Bergschadenprozeß, in: Akademische Feierstunde, Paul Mikat zum 70. Geburtstag, Bochum 1995, S. 17 – 42
51.
Beitrag zur Übersetzung von: Digesten, Buch 2, Titel 13 – 15, Buch 3, Titel 1 – 2, in: O. Behrends, R. Knütel, B. Kupisch, H. H. Seiler (Hg.), Corpus iuris civilis, Das Gesetzgebungswerk Justinians im lateinischen Original mit neuer Übersetzung, Bd. II, Heidelberg 1995, S. 216 – 282
52.
Anmerkung zum Urteil des BGH v. 25. 10. 1994, in: ZEV 1995, S. 189 f.
53.
Stichwort acceptilatio, in: Der Neue Pauly, Reallexikon der Antike, Bd. 1, Stuttgart 1996, Sp. 48 f.
54.
Rez. zu Gerold Hoop, Kodifikationsgeschichtliche Zusammenhänge des Abtretungsverbots, Berlin 1992, Schriften zur Rechtsgeschichte, Heft 58, in: ZNR 1996, S. 164 f.
55.
Rez. zu Henrike Schlei, Schenkungen unter Ehegatten: Zu ihrer Behandlung nach römischem Recht und in der Rechtsprechung des Reichsgerichts mit Ausblicken auf das geltende Recht, Göttingen 1993, Göttinger Studien zur Rechtsgeschichte, Bd. 21, in: TR 64 (1996), S. 260 – 262
56.
Anmerkung zum Urteil des BGH v. 10. 10. 1995, in: ZEV 1996, S. 63 f.
57.
Anmerkung zum Urteil des BGH v. 14. 12. 1995, in: ZEV 1996, S. 231
58.
Laudatio in honorem Ioanis Ankum, in: Secundum datur, Negen studies en een laudatio in honorem Hans Ankum, Amsterdam 1997, S. 207 – 213
59.
Das wissenschaftliche Werk Hermann Dilchers, in: In memoriam Hermann Dilcher, Ruhr-Universität Bochum 1998, Universitätsreden, Neue Serie, Nr. 5, S. 21 – 48
60.
Stichwort „Collatio legum Mosaicarum et Romanarum“, in: Lexikon der antiken christlichen Literatur (LACL), hg. von Siegmar Döpp und Wilhelm Geerlings, Freiburg i. Br. 1998, S. 135 f.
61.
Stichworte, fenus nauticum und naufragium, in: Der Neue Pauly, Reallexikon der Antike, Bd. 4, Stuttgart 1998, Sp. 332 – 334 und 471 – 473
62.
Vertragsauslegung im römischen, französischen, deutschen und japanischen Recht, in: A Century of the Japanese Civil Code, Its History in International Context, Vol. 1, Fukuoka 1998, S. 127 – 139 = Nippon Minpôten to Seiô-Hôdentô (Das japanische Zivilgesetzbuch und die europäische Rechtstradition, hg. von Hiroshí Kodama und Shigeo Nishimura, Fukuoka 2000, S. 229 – 245)
63.
Europa und das römische Recht, in: Einwirkungen der Grundrechte auf das Zivilrecht, Öffentliche Recht und Strafrecht, Mannheimer Fakultätstagung über 50 Jahre Grundgesetz, Heidelberg 1999, S. 345 – 365, Mannheimer rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 24
64.
Celsus bei Ulpian D.2,14,51: Ein ungerechtes Verrechnungs-pactum, in: Mélanges Fritz Sturm I, Brüssel 1999, S. 267 – 276
65.
Die Celsinische Regel ‚ambiguitas contra stipulatorem est‘, in: Règle et pratique du droit dans les réalités juridiques de l’antiquité, a cura di Isabella Piro, Atti della 51a Sessione della SIHDA, Crotone-Messina, 16 – 20 settembre 1997, Catanzaro 1999, S. 389 – 396
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe
397
66.
Das Mandat des Aurelius Quietus, Celsus bei Ulpian D.17,1,16 und die Kreditmandatsdiskussion, in: Quaestiones Iuris, Festschrift Joseph Georg Wolf, hg. von Ulrich Manthe / Christoph Krampe, Berlin 2000, Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, N.F., Bd. 36, S. 125 – 149 (vgl. 7)
67.
Europa und das römische Recht, in: Europa, Die Gegenwärtigkeit der Überlieferung, hrsg. von Justus Cobet, Carl Friedrich Gethmann und Dieter Lau, Aachen 2000, Essener Beiträge zur Kulturgeschichte, Bd. 2, S. 383 – 402
68.
L’obligation comme bien, in: Archives de philosophie du droit, Tome 44, Paris 2000, S. 205 – 215
69.
Stichwort naufragium, in: Der Neue Pauly, Reallexikon der Antike, Bd. 8; Stuttgart 2000, Sp. 744
70.
Alfenus D. 9,2,52 pr. – Ein Rechtsgutachten –, in: Festschrift Andreas Wacke, München 2001, S. 247 – 250
71.
Rez. zu Jean Gaudemet, Les naissances du droit, Le temps, le pouvoir et la science au service du droit, 2e édition, Paris 2000, in: SZ (Rom. Abt.) 118, 2001, S. 540 f.
72.
Eine Auslegungs-distinctio Alfens: D. 17,2,71 pr. Paulus 3 epitomarum Alfeni digestorum, in: Iurisprudentia universalis, Festschrift Theo Mayer-Maly, Köln,Weimar, Wien 2002, S. 357 – 362
73.
Tabernarius consulebat – Alfenus respondit – D. 9,2,52,1 Alfenus 2 digestorum, in: Viva vox iuris Romani, Essays in honour of Johannes Emil Spruit, Amsterdam 2002, S. 133 – 140
74.
Wohin mit dem „leidenden Menschen“, Ein atypischer Rechtsstreit zwischen Künstler und Kunstakademie, in: Hermann Weber (Hg.), Prozesse und Streitigkeiten um Recht, Literatur und Kunst; Recht, Literatur und Kunst in der Neuen Juristischen Wochenschrift (3), Baden-Baden 2002, S. 52 – 72 (= NJW 1992, S. 1264 – 1270, vgl. 41)
75.
La réforme du Code civil allemand: Un nouveau droit des obligations, Conférence am 12. 03. 2003, in: Université Panthéon-Assas Paris II, Institut de Droit Comparé, Paris.
76.
Vertragsauslegung im römischen, französischen, deutschen und Japanischen Recht in: Hundert Jahre Japanisches Zivilgesetzbuch, hg. von Rolf Knütel und Shigeo Nishimura, Köln 2004, S. 185 – 199, Schriftenreihe Japanisches Recht, 38
77.
Die Celsinische Regel ‚ambiguitas contra stipulatorem est‘, in: Académie des Privatistes Européens (Hg.), A l’Europe du troisième millénaire, Mélanges offerts à Giuseppe Gandolfi II, Milano 2004, S. 875 – 886
78.
Emptorem tuebitur praetor – Papinian bei Ulpian: Digesten 6,2,14, in: Ex iusta causa traditum, Essays E.H. Pool, Pretoria 2005, S. 182 – 189
79.
Eichen am Wasser, Der Ruisdael-Fall: RGZ 135, 339, in: JuS 2005, S. 773 – 778
80.
Les principes directeurs du Code civil allemand, in: Le Code civil français et le dialogue des cultures juridiques, Colloque de Beyrouth, 3. – 5. Mai 2004, Hg. Université Saint-Joseph, Faculté de Droit et de Sciences Politiques, Centre d’Etudes du Monde Arabe, Beyrouth, Bruxelles 2007, S. 119 – 128
398
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe
81.
Hundert Jahre Tongji-Universität Shanghai, Die Zeit des Gründungsdekans Bernhard Berrens, Universitätsreden N.F., Bd. 20, Hg.: Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Antike Rechtsgeschichte und Römisches Recht in Verbindung mit der Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum, 2007
82.
Aedilis lectos emptos concidit, Paulus, Alfenus D. 18.6.13,15, in : Fides Humanitas Ius, Studi in onore di Luigi Labruna, Napoli 2007, S. 2695 – 2700
83.
Periculum est emptoris, in: Strafrecht zwischen System und Telos, Festschrift Rolf Dietrich Herzberg, Tübingen 2008, S. 1023 – 1031
84.
Auslegung und Inhaltskontrolle, in: Karl Riesenhuber, Ioannis K. Karakostas (Hg.), Inhaltskontrolle im Europäischen Privatrecht, Berlin 2009, S. 19 – 23, Schriften zum europäischen und internationalen Privat-, Bank- und Wirtschaftsrecht, 33
85.
zusammen mit Andrea Amshoff, (Original-)Referendarexamensklausur – Zivilrecht: Der minderjährige Nichtberechtigte – Pannen beim Erwerb eines Fahrrads, in: JuS 2009, S. 55 – 58
86.
Ambigua lex venditionis, Paulus / Alfenus D. 18,1,40 pr., in : Vis ac potestas legum, Liber amicorum Zoltán Vegh, Frankfurt am Main 2010, S. 65 – 73, Schriften zum Europäischen Privatrecht, 27
87.
Lex Rhodia de iactu: Contributio nave salva, in: Festschrift Rolf Knütel, Heidelberg 2010, S. 585 – 599
88.
Vom Weinfässerfall zur Garantiehaftung des Vermieters, in: Ius Romanum – Ius commune – Ius Hodiernum, Studies in honour of Eltjo Schrage, Amsterdam & Aalen 2010, S. 267 – 272
89.
Afrikan und Julian im Dialog über das Darlehen – D.17,1,34 pr. libro octavo quaestionum, in: Römische Jurisprudenz – Dogmatik, Überlieferung, Rezeption, in: Festschrift Detlef Liebs, Berlin 2011, S. 347 – 359, Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, N. F., Bd. 63
90.
Beute durch Seeräuber, Rechtsfragen seit der Antike, in: Horst Carl / Hans-Jürgen Bömelburg (Hg.), Lohn der Gewalt, Beutepraktiken, von der Antike bis zur Neuzeit, Paderborn 2011, S. 55 – 72
91.
Römisches Recht auf hoher See, in: Iole Fargnoli / Stefan Rebenich (Hg.), Das Vermächtnis der Römer, Römisches Recht und Europa, Berner Universitätsschriften , Bd. 57, Bern 2012, S. 111 – 150
92.
Beitrag zur Übersetzung von: Digesten, Buch 33, Titel 6 – 10, in: R. Knütel / B. Kupisch / T. Rüfner / H. H. Seiler (Hg.), Corpus iuris civilis, Das Gesetzgebungswerk Justinians im lateinischen Original mit neuer Übersetzung, Bd. V, Heidelberg 2012
93.
Seeraub und Lösegeld aus rechtshistorischer Sicht, in: Nikolas Jaspert / Sebastian Kolditz (Hg.), Zentrum für Mittelmeerstudien, Internationale Tagung: Gefährdete Konnektivität, Piraterie im Mittelmeerraum, Ruhr-Universität Bochum, Paderborn 2013
94.
Die Form des Testaments auf dem Prüfstand, Vortrag auf dem 3. Bochumer Erbrechtssymposion: Bevormundung im Erbrecht, Vortrag am 4. Mai 2012
Schriftenverzeichnis Christoph Krampe 95.
399
In corpus consentimus, in causis dissentimus (D.41,1,36 Iul.13 dig.), Vortrag am 22. Mai 2012, Universiteit van Amsterdam, „Forum Romanum“, 2013
III. Varia 96.
Erweiterte Pantoffeln, in: „Testschrift“ für Gert König anlässlich seiner Emeritierung, Bochum 2002, S. 44 – 46, teilweise abgedruckt in: Gert König / Lutz Geldsetzer (Hrsg.), Jakob Friedrich Fries, Sämtliche Schriften, Bd. 26, Aalen 2004, Vorwort der Herausgeber, S. 87* f. (zu S. 408 f.)
97. – 98. Kurzbeiträge im „Adventskalender“ der Ruhr-Universität Bochum: Römisches und jüdisches Eherecht 2004, S. 23 f.; Verbrechen und Strafen 2005, S. 58 – 60 99.
Antikes Seerecht – heutiges Seerecht, in: Schiff & Hafen 9, Hamburg 2006, S. 61 f. (Auszüge aus 63)