Kunstgeschichte nach dem Spatial Turn: Eine Wiederentdeckung mit Kant, Panofsky und Dorner [1. Aufl.] 9783839427156

The shift of attention towards space and time does not pass over Aesthetics: For the first time, this volume discusses i

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German Pages 378 [376] Year 2015

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Table of contents :
Inhalt
Auftakt
Ausgangslage
Erkenntnisinteresse
Ziel
Eingrenzung und Aufbau
Forschungsstand
Quellen und Methodologie
1 Raum / Zeit in Kunstgeschichte und Wissenschaft
1.1 Mieko Shiomi, Spatial Poem (1966–1975)
1.2 Der spatial turn als Supernova
1.3 Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn
1.4 Klassische Referenzen des Geistes
2 Expansion
2.1 Kants Brille
2.2 Die Augen der Geschichte
3 Verengung
3.1 Hegels Geist
3.2 Wölfflins Ausdrucksorgan
4 Re-Theoretisierung
4.1 Panofskys Seele
4.2 Dorners Auge
5 Ausblick
5.1 Mieko Shiomis Spatial Poem, II.
5.2 Perspektiven
Anhang
Glossar
Abbildungen
Quellen
Gedruckte Quellen
Visuelle Quellen
Archivalische Quellen
Periodika zur Datenerhebung zu Raum / Zeit
Weblinks
Zitierte Literatur
Atlanten, Handbücher, Lexika
Artikel, lexikalische Beiträge und Monografien
Danksagung
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Kunstgeschichte nach dem Spatial Turn: Eine Wiederentdeckung mit Kant, Panofsky und Dorner [1. Aufl.]
 9783839427156

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Julia Burbulla Kunstgeschichte nach dem Spatial Turn

Image | Band 67

Julia Burbulla (PD Dr. phil.) forscht und lehrt Kunstgeschichte in Bern. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Ephemeren Künste seit der Frühen Neuzeit, die Geschichte der Ästhetik und Kunsttheorie, das Nachleben der Frühen Neuzeit in der Moderne sowie die Transformationen zwischen Kunst und (Natur-)Wissenschaft.

Julia Burbulla

Kunstgeschichte nach dem Spatial Turn Eine Wiederentdeckung mit Kant, Panofsky und Dorner

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Satz: Jan Wenke, Leipzig Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-2715-2 PDF-ISBN 978-3-8394-2715-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

A uftak t  | 7 Ausgangslage  | 7 Erkenntnisinteresse  | 10 Ziel  | 12 Eingrenzung und Aufbau  | 12 Forschungsstand  | 16 Quellen und Methodologie  | 19

1 R aum  /  Z eit in K unstgeschichte und W issenschaft  | 23 1.1 Mieko Shiomi, Spatial Poem (1966–1975)  | 23 1.2 Der spatial turn als Supernova  | 30 1.3 Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn  | 50 1.4 Klassische Referenzen des Geistes  | 74

2 E xpansion  | 93 2.1 Kants Brille  | 93 2.2 Die Augen der Geschichte  | 129

3 V erengung  | 151 3.1 Hegels Geist  | 151 3.2 Wölfflins Ausdrucksorgan  | 176

4 R e -T heoretisierung  | 195 4.1 Panofskys Seele  | 195 4.2 Dorners Auge  | 227

5 A usblick  | 263 5.1 Mieko Shiomis Spatial Poem, II.  | 263 5.2 Perspektiven  | 267

A nhang  | 277 Glossar  | 277 Abbildungen  | 284 Quellen  | 291 Gedruckte Quellen | 291 Visuelle Quellen | 316 Archivalische Quellen | 317 Periodika zur Datenerhebung zu Raum / Zeit | 324 Weblinks | 328 Zitierte Literatur  | 329 Atlanten, Handbücher, Lexika | 329 Artikel, lexikalische Beiträge und Monografien | 330 Danksagung  | 372

Auftakt A usgangsl age Im Herbst 2010 startete nach einjähriger Vorbereitung ein Forschungsprojekt am Exzellenzcluster Languages of Emotion an der Freien Universität Berlin und der Universität Bern, in dem sich die Autorin als Projektleiterin der Aufgabe stellte, das Bündnis zwischen Emotionen und Raumkunst für den Zeitraum von 1900 bis 1960 zu untersuchen. Der Projektplan folgte dem State of the Art eines spatial turn in der Wissenschaft, verwies auf die zahlreichen Wortmeldungen zum Raum in der Kunst und erkannte die Raumkunst als eine spezielle Kunstform, die in ihrer emotionsbasierten Variation zu analysieren sei. Um eine möglichst widerspruchsfreie theoretische Fundierung der Raumkunst vornehmen zu können, sah das Vorhaben ein umfangreiches Arbeitspaket zur Erhebung zeitgenössischer Quellen vor. Ins Visier kamen nicht nur die großen und bekannten Publikationen zu Raum / Zeit, sondern ebenfalls Wortmeldungen aus der ersten und zweiten Reihe in Egodokumenten oder Zeitschriften. Schnell brachte diese quantitative Exploration ans Licht, dass der gehegte Wunsch nach Widerspruchsfreiheit schon mit der begrifflichen Erfassung der Phänomene Raum, Raumkunst oder Zeit in weite Ferne rückte. Kulturelle Unterschiede, sprachliche Neudefinitionen oder gar die starken Exilbewegungen deuteten diese Größen weit unterschiedlicher aus als ursprünglich angenommen. So bewahrheitete sich nicht nur das von Patrick Unruh geprägte Motto: der »Raum bleibt ein Problem«, sondern es verdichtete sich die Feststellung: Der Raum bleibt ein Problem; das Denken und Schreiben zum Raum nicht weniger!1 Erschwerend kam hinzu, dass mit jeder weiteren Vertiefung heute zum Teil fast vergessene Akteure auf die Bühne traten. Die in der zeitgenössischen Wahrnehmung dominierenden Künstler wie die Groupe Espace (ab 1952), Maria Helena Vieira da Silva (1908–1992) oder Marta Pan (1923–2008) beschrieben, gestalteten und verstanden »Raum« immer neu und vor allem anders (Abb.  1–2). Somit ließen sich geplante Leitfragen zum Künstlerwissen im 1

Unruh 2007, 14.

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Auf takt

20. Jahrhundert aufgrund des rudimentären Quellenstandes weitaus schlechter formulieren als angenommen. In einzelnen Fällen konnte die dezidierte Auseinandersetzung des Künstlers mit raumtheoretischen Werken zwar nachgewiesen werden oder Kunstzeitschriften boten einen Einblick in raumtheoretische Popularisierungsstrategien; vielfach blieb der Anstoß für die künstlerische Absicht, Raum / Zeit im Œuvre zu thematisieren, jedoch im Dunkeln beziehungsweise überstieg im Analyseaufwand die Leistungsfähigkeit des Projekts.2

Abb. 1 und 2: Maria Vieira da Silva, Bibliothèque, 1949 (links). Marta Pan, Maurice Béjart, Equilibre. Théâtre des Champs-Elysées, 1960.

Abb. 3: Julia Burbulla, Markus Moser Burbulla, Statistik zu Raumbeiträgen in Periodika zwischen 1900 und 1980, 2012 / 13.

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Künstler mit einem intensiven philosophischen Reflexionsanspruch sind /  w aren beispielsweise Rudolf Belling (1886–1972), Oswald Herzog (1881–1939), Hans Richter (1888–1976), Klaus Rinke (* 1939) o. Georges Vantangerloo (1886–1965). – Zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit siehe das Kapitel 1.4.

Ausgangslage

Abb. 4: Julia Burbulla, Markus Moser Burbulla, Statistik zu Raumbeiträgen in den Gesamtpublikationen zwischen 1780 und 1980, 2012 / 13.

Allerdings – und dies markiert quasi die eigene Projektwende – erschloss sich zum ersten Mal, wie intensiv Künstler, Kunsthistoriker, -kritiker oder Philosophen Raum / Zeit in ihrem Verhältnis zur Kunst mit ihren Wissenschaften diskutierten. In einer Zeitspanne von über 150 Jahren erhielt dieses Thema den Status eines Periodikums (Abb. 3–4).3 Nicht weniger überraschend war die Tatsache, dass diese Auseinandersetzungen einen starken inter- beziehungsweise transdisziplinären Charakter hatten. Die heute selbstverständliche Trennung zwischen (Ausstellungs-)Praxis und Wissenschaft, Geistes- und Naturwissenschaft oder zwischen Ästhetik und Kunstgeschichte existierte faktisch nicht. Die Akteure arbeiteten, diskutierten und inspirierten sich über Grenzen hinweg.4 Ausschlaggebend für die Neuausrichtung des Projekts war jedoch ein anderer Tatbestand: Nach einjähriger Forschungszeit eröffnete sich eine bis3

Das methodologische Vorgehen dieser Auswertung wird im Unterkapitel Quellen und Methodologie erläutert.

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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich die Kunstkritik verstärkt mit Raum / Zeit auseinander. Besonders hervorzuheben sind dabei die Arbeiten von Carl Einstein (1885–1940), Paul Westheim (1886–1963) o. Carola Giedion-Welcker (1893–1979). Siehe Einstein 1926; Giedion-Welcker 1973; Westheim 1923a; Westheim 1923b; Westheim 1918.

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Auf takt

her völlig unbeachtete methodologische Bedeutsamkeit von Raum / Zeit für die wissenschaftliche Analyse von Kunst. Die bis heute geltende Annahme einer verhältnismäßig homogenen und stringenten Entwicklung vom kunsthistorischen Stammvater Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) zu einer »Kunstgeschichte nach Hegel« (Hans Belting, Beat Wyss) mit den Entitäten Gattung, Stil etc. bereicherte sich um eine Kunstgeschichte nach Kant, die ab 1900 die Organisation der Disziplin zu reformieren suchte.5 Diese progressiven Vertreter einer transzendental-philosophischen Kunstgeschichte (Panofsky) hinterließen in der Forschungsliteratur zwar Spuren, tradieren konnte sich ihr Ansatz allerdings nicht.6 Ebenfalls wurde ihre Bedeutsamkeit für den spatial turn im Allgemeinen oder kunstwissenschaftliche Fragen im Besonderen bislang nicht erkannt.7

E rkenntnisinteresse Vorliegender Text ist eine Studie, in der die Fragen nach der Entstehung, den Modellen und Zielen kunstgeschichtlicher / -wissenschaftlicher Analyse unter den Invarianten Raum / Zeit interessieren. Sie ist keine thematische Studie zum Raum / Zeit in der Kunst. Raum / Zeit als Thema interessiert sie nicht. Auch klärt sie nicht lückenlos über das Raum- / Zeitdenken zentraler Protagonisten auf. Sie behandelt kunsthistorische Größen rudimentär und wirft ein Licht auf disziplinäre Nebenwege. Sie tritt hinter die aktuellen Raumthemen zurück und lässt einen Großteil der aufwändig aufgefundenen Schätze aus dem Vorprojekt beziehungsweise der ersten Projektphase beiseite. Sie ist eine wissenschaftsgeschichtliche beziehungsweise -theoretische Arbeit. Ihre Aufgabe ist es, anhand der angeführten Autoren andere Ordnungsprinzipien der Wissenschaft zur Kunst freizulegen. Dieser Fokus korrespondiert mit den Anliegen der Befürworter des spatial turn, was am Ende die international geführte Diskussion zu bereichern vermag.8 Dieses Ansinnen komplementiert sich durch drei weitere Absichten: Die Erste liegt im Angebot einer kunstgeschichtlichen Auslegung anderer Art. Diese grenzt sich nicht künstlich von der philosophischen Ästhetik 5

Belting 1998, 11; Wyss 1997.

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Hier positioniert sich die Studie gegen Untersuchungen zur postmodernen Ästhetik, wie etwa die Hans Friesens, welche die kantische Transzendentalphilosophie als überwunden ablehnen. Friesen 1995, 30–38.

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Zentraltexte zur »Ästhetik / K unstgeschichte« als Raumwissenschaften sind beispielsweise

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Siehe dazu das Kapitel 1.2.

Dittmann 1969; Kemp 2003; Ott 2006 o. Ott 2003.

Erkenntnisinteresse

ab. Sie versteht die Ästhetik – wie auch schon die US-amerikanischen Kunsthistoriker William J. T. Mitchell (* 1942) und James Elkins (* 1955) darlegten – als unabdingbare Partnerin kunstgeschichtlicher Arbeit.9 Diese Anlegung in einen gemeinsamen Diskursstrang soll die wirkungsmächtigen Traditionen zu Raum / Zeit verdeutlichen helfen und für die laufende Diskussion nutzbar machen. Mit diesem Ansatz einer gemeinsamen Ausgangslage ist der zweite Grund angeschlagen, der auf eine grundsätzliche Weiterentwicklung der kunstgeschichtlichen Wissenschaftstheorie zielt.10 Hinter diesem Vorgehen steht die Ansicht, dass die populäre biografische, auf einen Nenner bringende beziehungsweise objektzentrierte Forschungspraxis zur Kunst im Sinne des historischen Positivismus raum- / zeitlich ausgerichtete Artefakte nicht befriedigend zu erfassen vermag. Oftmals basieren diese Werke auf ephemeren, aktiven beziehungsweise prozessualen Gesichtspunkten oder integrieren diese, was eine adäquate Reproduktion durch die Wissenschaft erschwert. Raum- / Zeitkünste kennen keine Verbindlichkeit gegenüber der dauerhaften Existenz. Auch ist der Verbleib an bestimmten Orten oder das Verharren in bestimmten Formen nicht obligatorisch. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung benötigt demnach eine grundsätzliche wie methodologische Neuausrichtung, die von den hier darzustellenden Positionen und der beabsichtigten Konklusion gewinnen kann.11 Der dritte Grund betrifft die notwendige Erweiterung der aktuellen Denkfigur einer Kunstgeschichte als Bildwissenschaft. Das Ausgehen von der Invariante Bild mit dem Auge als zentralem Erkenntnisorgan benötigt aus Sicht der Autorin eine Durchsicht beziehungsweise Ergänzung, da die historisch ausgerichtete Wissenschaft zur Kunst seit der Frühen Neuzeit von weitaus komplexeren Untersuchungsgegenständen und Erkenntniswegen auszugehen hat. 9

Mitchell notiert dazu: »Together, then, art history and aesthetics provide a completeness: they cover any conceivable question one might have about the visual arts.« Zitiert nach Somaini 2012, 18, o. Elkins 2006. – 1985 wählte Wolfgang Kemp in seiner Herausgabe Der Betrachter ist im Bild. Kunstwissenschaft und Rezeptionsästhetik eine vergleichbare Vorgehensweise. Er bemächtigte sich eines Klassikers der Philosophie: der Wirkungsästhetik, um »das Theoriedefizit seiner Disziplin zu kurieren«. Haverkamp 2005, 112.

10 Gegenwärtig drehen sich methodologische Debatten allein in den Geschichten zur Kunstgeschichte ein oder bieten sich dem (Jung-)Forscher als Methodenkanon an, so z. B. bei Brassat /  K ohle 2009; Locher 2010; Prange 2004. – Alternativansätze, wie die New Art History, werden zwar als methodologische Bereicherung erkannt. Nach Meinung der Autoren kann die klassische Basis aus »Benennung und Klassifizierung, die Einheit der Trias Künstler–Werk– Rezipient« jedoch durch diese Ansätze nicht ersetzt werden. Siehe dazu etwa Beke 2008, 403. 11 Zu dieser Problematik mit einem gartenkünstlerischen Fokus siehe Burbulla 2011.

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Auf takt

Z iel Die vorliegende Studie stellt sich das Ziel, Raum / Zeit als wissenschaftstheoretische Zentralbegriffe seit der Spätaufklärung herauszuarbeiten und auf ihr Lösungspotenzial für gegenwärtige innerdisziplinäre Herausforderungen zu befragen. Diese Problemstellung ordnet sich einerseits in die laufenden Untersuchungen zum spatial turn in den Humanwissenschaften ein und reagiert andererseits auf interne Diskurse zur zukünftigen Ausrichtung der Kunstgeschichte.

E ingrenzung und A ufbau In Anbetracht der geschilderten Ausgangssituation und des Themas verzichtet diese Studie von vornherein auf Vollständigkeit. Sie übernimmt die Aufgabe, methodologische Alternativtendenzen in Forschung sowie Kunstvermittlung darzulegen und erste Anregungen zu einer reformierten Kunstgeschichte vorzulegen. Die hineingelegten Thesen und der Auf bau folgen diesem Ansinnen: Raum- / zeitlich orientiertes Denken, Schreiben und Ordnen, so eine Zentralthese, unternahm seit dem späten 18. Jahrhundert den Versuch, dem Erkenntnissubjekt und raum-  /  zeitlichen Objekten wissenschaftstheoretisch Rechnung zu tragen. Wie in den Begründungsversuchen der klassischen Objektgeschichte à la Winckelmann ging es in diesen Alternativdiskursen um die Analyse überzeitlicher Denk- und Handlungsfiguren. Man suchte nach dem Verbindenden im Unübersichtlichen, um dieses für die wissenschaftlichen Fragestellungen nutzbar machen zu können. In den Prozess dieser Entwicklung, so die zweite These, band sich die für den Diskurs charakteristische Forderung nach einer Wende ein – einer Wende zu einer subjektiven Begründung des ästhetisch-künstlerischen Wissens und einer ganzheitlichen Erkenntnisleistung zwischen Verstand und Gefühl. Zudem plädierten die Befürworter für eine Zusammenarbeit zwischen high & low, für eine Entwicklung von der Einheit zur Pluralität des Wissens und für einen anderen funktionalen beziehungsweise institutionellen Umgang mit Kunst. Entstanden waren diese Reformgedanken angesichts historischer Umbruchsituationen, die sich politisch in der vorrevolutionären Phase zwischen 1780 und 1789, in der Epoche von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (1939) oder im Zusammenbruch des Ostblocks zwischen 1985 und 1990 ausdrückten.12 Die einhergehenden gesellschaftlichen, politi12 Siehe dazu Kapitel 1.4.

Eingrenzung und Aufbau

schen oder auch persönlichen Veränderungen der hier vorgestellten Akteure forderten – häufig analog zum Kunstgeschehen – die Kritik am Wissenschaftsbeziehungsweise Kulturapparat heraus. Der in diesem Prozess traditionelle Rückgriff auf die kantische Philosophie als Ausgangspunkt der Moderne13, so ein weiterer Leitgedanke, weist die internationale und über 150 Jahre geführte Diskussion als eine grundsätzliche aus und den Wissenschaften in ihrem Verhältnis zur Kunst eine weitaus bedeutsamere Rolle zu, als die gegenwärtigen Diskussionen um den cultural turn vermuten lassen. Heute sind wir derart mit den Gedanken einer ausstehenden Legitimation der Funktion und Leistung kunstgeschichtlicher Forschung vertraut, dass ihr Einfluss auf turn-führende Disziplinen, namentlich die Kulturwissenschaft, Soziologie etc., unerkannt bleibt. Im Gegensatz dazu geht diese Studie von einem anhaltenden Dialog zwischen den Disziplinen aus und bemüht sich nachzuweisen, dass selbst die gegenwärtigen Vorreiterdisziplinen an Raum- / Zeitklassikern der Kunstwissenschaften partizipierten. Die Bedeutung des Problemhorizonts einer Wissenschaftswende betont automatisch die enge Bindung zwischen Kunst, Wissenschaft und Ethik. Spätestens seit dem Ausruf des spatial turn durch marxistische US-amerikanische Wissenschaftler am Ende der 1980er-Jahre liegt ein solcher Zusammenhalt vor.14 Im vorliegenden Text wird dieser Ansatz nur begrenzt reflektiert und in Bezug zur ökonomische Seite von Kunst angerissen. Dieser Verweis baut auf der Vermutung auf, dass eine transzendental-philosophische Kunstgeschichte im Sinne Panofskys den bis heute geltenden bürgerlich-kapitalistischen Zugriff auf die Kunst mitsamt ihren Wissenschaften behinderte und aus diesem Grund marginalisiert wurde. Vor dem Hintergrund dieser Leitgedanken steigt das 1. Kapitel mit den jüngsten Beiträgen ein. Nach einem kurzen künstlerischen Intermezzo mit Mieko Shiomis (* 1938) Werk Spatial Poem von 1976 widmet sich das 2. Unterkapitel den Zentralanliegen des spatial turn. Diskutiert werden die Schriften zweier US-amerikanischer Initianten der Bewegung, namentlich die des marxistischen Literatur- und Kulturtheoretikers Fredric R. Jameson (* 1934) und des Humangeografen sowie Urbanisten Edward William Soja (* 1940).15 Jameson 13 Kant als Tor der Moderne weist auch Adler aus. Adler 2010, 122. 14 Die politische Affinität zu Raum / Z eit in Kombination mit Kunst /  K ultur ist nicht nur für die Linke, sondern auch für die Rechte zu konstatieren. Der Nationalsozialismus griff beide Größen zur Legitimierung von Kunst auf. Eine erste Auseinandersetzung dazu mit einem einschlägigen Quellenverweis bietet Burbulla 2012. 15 Soja wird auch in der europäischen Diskussion um den spatial turn als Initiant genannt. Jamesons Rolle ist bisher wenig erforscht. Allerdings gilt er in den USA als bedeutendster Theoretiker des Postmodernismus der 1980er-Jahre. Hans Bertens schreibt zur Leistung

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Auf takt

wie Soja setzten sich intensiv mit der französisch-marxistischen Soziologie der 1970er-Jahre auseinander, was die hier geführte Diskussion über Henri Lefebvres (1901–1991) La production de l’espace erklärt.16 Insgesamt zeichnen sich die US-amerikanischen Beiträge durch ein komplexes Referenzsystem aus, wobei sich keine Fokussierung auf den Geo-Kritizismus des französischen Strukturalismus, Poststrukturalismus beziehungsweise Dekonstruktivismus nachweisen lässt. Völlig gleichberechtigt diskutierte man ebenfalls den deutschen Idealismus, die Phänomenologie oder den französischen Marxismus. Angesichts dieses vollen Reservoirs und des wissenschaftstheoretischen Interesses favorisiert die Studie die Phase nach der ersten und sehr populären Etappe des Postmodernismus (1960–1980).17 Die exklusiven Diskussionen über Architektur und Kunst mit den bekannten Headlines der »Non-Lieux«18, »Heterotopien«19 oder »Leçon sur la leçon«20 und den Autoren Gilles Deleuze (1925–1995), Jacques Derrida (1930–2004), Michel Foucault (1926–1984) oder auch Jean-François Lyotard (1924–1998) treten zurück. Sie machen dem Gedanken einer räumlich orientierten Wissenschaft Platz, welche den Postmodernismus nicht nur mit Blick auf die Moderne und die Gegenwart theoretisierte, sondern – fast unmerklich – in seiner Bedeutung für eine theoretische Neuausrichtung von Wissenschaft überprüfte.21 Hans Bertens bemerkt dazu: »But all of that would change dramatically in the course of the 1980s when postmodernism began to engage the serious attention of professional philosophers and of leftist critics […] postmodernism became an indispensable concept in theories of the contemporary«. 22

Im Sinne dieses Perspektivwechsels stellt sich das 3. Unterkapitel in das kreative Spannungsverhältnis zwischen dem spatial turn und den seit 1987 kursierenden Konzepten einer postmodernen Geschichtswissenschaft. Das 4. Jamesons: »Jamesons work is […] the most significant American contribution to the debate and the first serious attempt to fully contextualize the postmodern, that is, see it the terms of (global) political economy.« Bertens 1995, 114. 16 Jameson erläutert: »The notion of a predominance of space in the postcontemporary era we owe to Henri Lefebvre (to whom, however, the concept of a postmodern period or stage is alien: his experimental framework was essentially the modernization of France in the postwar, but above all in the Gaullist era)«. Jameson 1991, 364. 17 Zu den einzelnen Phasen siehe Bertens 1995. 18 Marc Augé (* 1935) im Jahr 1992. 19 Foucault im Jahr 1967. 20 Pierre Bourdieu (1930–2002) im Jahr 1982. 21 Milich 1998, 26 ff. 22 Bertens 1995, 10.

Eingrenzung und Aufbau

Unterkapitel komplementiert dieses Anliegen durch eine Einbettung in kulturhistorische Zusammenhänge und versucht, dialogische Gemeinsamkeiten in den einzelnen Phasen ab 1770 aufzuweisen. Das 2. Kapitel verlässt die jüngste Vergangenheit und führt zu den von Soja proklamierten Wurzeln der Bewegung zurück: Es beschäftigt sich mit Immanuel Kant (1724–1804) als Gründungsvater des spatial turn. Um sein Verständnis von Raum / Zeit im Kontext seiner transzendental-philosophisch orientierten Wissenschaftstheorie herauszuarbeiten, werden seine drei Kritiken untersucht. Da hierbei hauptsächlich die erkenntnistheoretische Blickrichtung interessiert, finden Kants Geometrieraum oder die einzelnen Stationen seiner Theoriegenese keinen expliziten Eingang.23 Im Anschluss daran wird über die ästhetischen wie kunsttheoretischen Rezeptionen sowie das Raum- / Zeitverständnis in der Geschichtswissenschaft der Spätaufklärung referiert. Dieses mündet ins 3. Kapitel, welches die epochemachenden Gegenvorschläge Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770–1831) beziehungsweise des Kunsthistorikers Gustav Hothos (1802–1873) vorstellt. Es wird davon ausgegangen, dass diese Schriften Indikatoren einer Trendwende waren, welche nicht nur die klassische Kunstgeschichte begründeten, sondern die wissenschaftstheoretische beziehungsweise methodologische Bedeutung von Raum / Zeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts relativierten. In Gegenüberstellung zur anhaltenden Kantrezeption in der Forschung Heinrich Wölfflins (1864–1945) lässt sich zudem die theoretische Zersplitterung unter Berücksichtigung von institutionellen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts aufzeigen. Das 4. Kapitel widmet sich zwei Modifikationen des kantischen Modells im 20. Jahrhundert. Zunächst gilt es, Erwin Panofskys (1892–1968) wissenschaftstheoretische Überlegungen zum eidetischen Charakter von Raum / Zeit in der Kunstgeschichte und -theorie Rechnung zu tragen. Im Kontext dieser Qualifizierung und der Einflussnahme Ernst Cassirers (1874–1945) sowie der Auseinandersetzung Panofskys mit Edmund Husserl (1859–1938) wird gleichfalls die neukantianische beziehungsweise phänomenologische Debatte skizziert. Jenseits dieser dezidiert theoretischen Ausrichtung behandelt das 2. Unterkapitel den kuratorischen Standpunkt mit Hilfe der Projekte Alexander Dorners (1893–1957). Dorners Ansatz einer musealen Ordnung von Kunst unter räum- / zeitlichen Invarianten mit Anleihen an den amerikanischen Pragmatismus, stellvertretend denen John Deweys (1859–1952), wird für die Exilpositionen und die US-amerikanische Kantrezeption der Nachkriegszeit stehen. Geschlossen wird dieses Kapitel mit der Ansicht des britischen Kritikers und Künstlers John Berger (* 1926), den Soja als den postmodernen Kunsttheoretiker anerkannte.

23 Siehe dazu ergänzend Simons 2007; Unruh 2007 u. Woelert 2007.

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Auf takt

Das 5. Kapitel greift auf Shiomis Spatial Poem zurück und stellt dieses Werk frühneuzeitlicher Gartenkunst gegenüber, um vor jener künstlerischen Kulisse abschließend das Für und Wider kunstgeschichtlicher Invarianten im Schatten des spatial turn zu diskutieren. Ein etwas versteckter und parallel zu den Kapiteln laufender Diskursstrang erörtert die zeitgenössischen Interpretamente zur Bedeutung der Sinne für die wissenschaftliche Erkenntnis sowie das Verhältnis dieser Auffassungen zur Wissenschaftsdarstellung. Diese Darlegung der Visualisierungsstrategien zur Frage: »Wodurch ist Erkenntnis möglich?« soll zur Theorie ergänzend verdeutlichen, wie sich die Visualisierungstechniken von Wissenschaft in 150 Jahren veränderten.

F orschungsstand Ein Forschungsstand zum wissenschaftstheoretischen Zentralanliegen dieser Studie und einer transzendental philosophisch orientieren Kunstgeschichte ist faktisch nicht vorhanden.24 Generelle Fragen zu einer theoretischen Wende in der Kunstgeschichte / -wissenschaft nach 1990, welche den hier darzustellenden Themenkreis berühren, stellen vornehmlich US-amerikanische Kollegen im Entwicklungskontext der new humanities an den amerikanischen Universitäten.25 Seit den frühen 1980er-Jahren diskutieren sie neue kunstgeschichtliche Verfahren und legten bis heute die Konzepte der New Art History und World Art Studies vor.26 Die westeuropäische Kunstgeschichte verhielt sich zu diesen Wendemanövern distanziert  – im Gegensatz zur intensiven und bis heute geführten Diskussion in der Allgemeinen Geschichtswissenschaft. Sie ging allein auf den Ansatz einer Bildwissenschaft ein und zog sich sonst auf die eigene eurozentrische Tradition zurück.27 24 Der Stand der Forschung wird an dieser Stelle nur knapp skizziert. In den Folgekapiteln wird an geeigneten Stellen immer wieder auf den Stand in der Sekundärliteratur verwiesen. 25 Im weitesten Sinne etwa David Summers (o. A.) im Kontext des new formalism. Dazu Summers 2003. 26 Siehe dazu Carrier 2008; Elkins 2007, 3–25; Harris 2006 (incl. Literaturverzeichnis); Harris 2001. 27 Die Auseinandersetzung der allgemeinen Geschichtswissenschaft um eine »zeitgemäße« Geschichte zeichnen Conrad / K essel 1994; Goertz 2001; Jordan 2009 u. Wiersing 2007, ab 660, nach. – Die westeuropäische Zurückhaltung dokumentiert sich eindrücklich in den Grundzügen zur Kunstwissenschaft von Jutta Held u. Norbert Schneider. Den US-amerikanischen Beiträgen wird der Status einer »kritischen Intervention« unterlegt, die nur »in die [traditionell westeuropäischen; Anm. JB] Einzeldisziplinen« hineinwirkt. Allerdings, so die Autoren, »spielen [sie; Anm. JB] in den auf wissenschaftliche Innovationen setzenden Pro-

Forschungsstand

Ein Diskussionsstand zu Kants transzendentaler Ästhetik mit Raum / Zeit in ihrer Bedeutung für die Kunst(-geschichte) ist in Anfängen vorhanden und wird ebenfalls entscheidend durch die angloamerikanische Forschung bestritten.28 Das Hauptinteresse dieser Studien liegt darin, die Bedeutung Kants für die deutschsprachige Kunst- und Kulturgeschichte im Allgemeinen und Panofsky im Besonderen herauszuarbeiten. Ein spezifisches Bemühen um die Nachzeichnung einer Wissenschaftswende unter Mithilfe von Raum / Zeit ist diesen Wortmeldungen nicht zu entnehmen.29 Im Gegensatz zur gut erforschten Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts mit Hegel als Gründungsvater ist der lückenhafte Forschungsstand zu alternativen Modellen um 190030 oder zu Panofsky31 überraschend. Bis heute liegt keine schlüssige Monografie zum theoretischen Ansatz Panofskys vor.32 Auch Panofskys Frühwerk mit seinen kantischen beziehungsweise neukantianischen Wurzeln wurde bis heute allein von Mark A. Cheetham intensiv diskutiert.33 Renates Heidts Dissertation zu Panofskys Theorie und Werk (1977) und Audrey Riebers Untersuchung zu Histoire et Signification (2012) bieten nur kurze Abhandlungen.34 Barbara Picht und der Sammelband des Hamburger sowie Princetoner Symposiums (1992 / 1995) widmen dem Frühwerk Panofskys nur einige wenige Seiten.35 Mehr Interesse am Theoriegebäude des jungen Panofsky entwickeln Michael Ann Holly und Babu Thaliath, wobei letzterer jedoch nicht die Kunst- sondern die Philosophiegeschichte im Blick hat.36 Ingrammen der Graduiertenkollegs und der größeren Forschungsprojekte eine entscheidende Rolle«. Held / S chneider 2007, 422. 28 Etwa Frank /  A dler 2012; Imbert / B assirir / A llan 2006 o. Neher 2004. – Als deutschsprachige Beiträge sind zu nennen: Eckl 1996; Esser 1995; Fricke 1998; Scheer 2009; Scheer 2003; Wolandt 1985. 29 Natürlich existiert ein breiter Forschungsstand in der Philosophie. Diese Arbeiten werden im 2. Kapitel aufgeführt. 30 Trotz zahlreicher Publikationen zu Wölfflin schlägt sich sein Neukantianismus allein bei Cheetham 2001, Eckl 1996 u. Eckl 1993 nieder. 31 Z. B. Houlgate 2007; Jamme / V ölkel 1996; Pippin 2012. 32 Eine Übersicht der Panofsky-Literatur ist zu finden bei Bredekamp 2008, 73 f. 33 Cheetham 2009; Cheetham 2001. Weitere Verweise sind zu finden bei Mitrovic 2009; Neher 2004 u. Neher 2000. 34 Etwas ausführlicher äußert sich Rieber in einem Artikel zum philosophischen Unterbau der Ikonologie. Rieber 2009. 35 Heidt 1977; Lavin 1995; Reudenbach 1992; Rieber 2012. – Gert Wolandts Beitrag zu den Transzendentalen Elementen in der Kunstphilosophie und Kunstgeschichte behandelt die Kunstgeschichte marginal u. widmet Panofsky eineinhalb Seiten. Für den hier zu behandelnden Themenkreis hat diese Arbeit nur begrenzte Relevanz. Wolandt 1985. 36 Holly 1984; Holly 1981; Thaliath 2005.

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Auf takt

teressanterweise setzen die meisten Autoren ihre Untersuchungen mit Panofskys Aufsatz zur Perspektive (ab 1924) an und arbeiten eine theoretische Abhängigkeit von Cassirer heraus.37 Dieses Interpretationsmuster gilt es insofern zu relativieren, als dass Panofsky seine Zentralthesen seit 1915 entfaltet und in diesem Kontext ein Textwissen zu Kant und Husserl entwickelt hatte, welches den Einfluss Cassirers zumindest minimiert. Noch geringer als für Panofsky ist die Aufmerksamkeit, welche Dorner oder kunsthistorischen Raumaktivisten aus der zweiten Reihe – wie Pierre Francastel (1900–1970) oder Berger – bisher entgegengebracht wurde.38 Zwar ist momentan eine Auf bruchsstimmung in der Dorner-Forschung zu konstatieren, die auf wenige Arbeiten zu Dorners Person und seiner Tätigkeit am Provinzialmuseum in Hannover auf baut.39 Für das vorliegende Anliegen konnten diese Ausführungen jedoch nur partiell nutzbar gemacht werden, da sich der späte Dorner bis heute nur marginal in die Sekundärliteratur eingeschrieben hat. Ein vergleichbares Schicksal widerfuhr der Arbeit Bergers. Auch dessen Schriften wurden erst in den letzten Jahren verstärkt beachtet und legen den Schwerpunkt auf die pädagogische Vermittlung von Kunst.40 Zur Geschichte des Sammelns und der Darstellung von Wissen entstanden in den letzten zwei Jahrzenten zahlreiche Arbeiten, wobei man sich hauptsächlich auf das Beispiel der Kunstkammer als frühneuzeitliches Ordnungssystem konzentrierte.41 Ergänzt wurde diese Blickrichtung in Untersuchungen zur Visualisierung naturwissenschaftlicher Erkenntnis sowie zur frühneuzeitlichen Ordnung von Geschichte beziehungsweise Wissen.42 Archetypen der Wissensvermittlung, wie das Diagramm oder der Stammbaum, konnten ebenfalls Aufmerksamkeit erregen und wurden besonders für den Zeitraum ab 1900 analysiert.43

37 Crowther 2000; Dittman 1967; Ferretti 1989; Neher 2004; Neher 2000. 38 Francastels Forschung ist heute fast vergessen. Zu den wenigen Beiträgen gehören Colloque Francastel 1976 o. Dufrêne 2010. 39 Zu Dorner siehe z. B. Dorner Kreis 1993; Flacke 1992; Flacke-Knoch 1985; Katenhusen 2008; Katenhusen 2002 u. Lohr 1977. 40 Anker 2009 o. Krautz 2004. 41 Etwa Bredekamp 2002; Herzog-Anton-Ulrich-Museum 2000; Sheehan 2002. 42 Einige Beispiele unter vielen sind Dülmen  /  R auschenbach 2004; Mulsow 2012; Schramm  /  S chwarte  /  L azardzig 2003 o. Zimmermann 2005. 43 Z. B. Schmidt-Burkhardt 2012 o. Schmidt-Burkhardt 2005.

Quellen und Methodologie

Q uellen und M e thodologie Vor dem Hintergrund der in vielen Bereichen ausstehenden Grundlagenforschung war es ein Anliegen dieser Arbeit, einen breiten Quellenkorpus zu Rate zu ziehen. Neben dem Auffinden maßgeblicher Publikationen für das 18. und 19. Jahrhundert wurden für das 20. Jahrhundert, aufgrund der veränderten Publikationspraxis, 40 europäische und US-amerikanische Zeitschriften zur Ästhetik, Kunst und Kunstgeschichte für den Zeitraum von 1880–1980 ausgewertet.44 Dabei zeigte sich, dass der Diskursschwerpunkt zu Raum, Zeit und Kunstwissenschaft bis um 1970 im deutsch- und französischsprachigen Raum lag und erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts von der angloamerikanischen Forschung aufgenommen wurde. Im Zuge der quantitativen Auswertung zu Raum / Zeit ließ sich ein Ereignishorizont mit Akutphasen von 1780 bis 1840 und von 1910 bis 1980 mit den Spitzen um die Jahre 1926, 1938, 1954 sowie 1964 bis 1968 ausweisen. Die ergänzende Websuche im Google Ngram Viewer verdeutlichte, dass der Begriff »Raumkunst« in den von Google gescannten Publikationen vermehrt zwischen 1800 und 1820 und ab 1880 belegt ist (Abb.  5). Für den Begriff »Zeitkunst« zeigt das Diagramm ab 1880 einen parallelen Verlauf, wobei »Zeitkunst« in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitaus häufiger verwendet wurde (Abb. 6). Die sich im Vergleich andeutenden Etappen der Etablierung, Relativierung und Re-Theoretisierung beeinflussten die Gliederung dieser Studie (siehe nochmals Abb. 3–4).

Abb. 5: Google NGram Viewer, Raumkunst, 2013.

44 Aufgesucht wurden u. a. die National- u. Fachbibliotheken, wie beispielsweise die Kunstbibliothek Staatliche Museen (Berlin), die Schweizerische Nationalbibliothek (Bern), die Staatsbibliotheken Preußischer Kulturbesitz (Berlin), die Bayrische Staatsbibliothek (München), das Zentralinstitut für Kunstgeschichte (München) o. das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (Zürich). – Die bearbeiteten Periodika sind im gleichnamigen Verzeichnis im Anhang aufgeführt.

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Abb. 6: Google NGram Viewer, Zeitkunst, 2014.

Die nachgewiesenen Beschäftigungsspitzen zu Raum / Zeit im 20. Jahrhundert korrespondieren mit kunstgeschichtlichen Alternativentwürfen, die direkt auf Kant zurückgehen beziehungsweise sich mit ihm auseinandersetzen. Neben der neukantianischen Stoßrichtung Panofskys45 befasste sich auch der angloamerikanische Pragmatismus mit der Philosophie Kants46. Dorners Pragmatismusrezeption nach 1940 beinhaltet somit einen indirekten Rekurs auf den Idealisten, wobei zu thematisieren bleibt, inwieweit er sich dieses theoretischen Unterbaus bewusst war. Bei der Quellenauswertung zeigte sich einerseits eine große Vielfalt an Textformen und andererseits eine begriffliche beziehungsweise formale Kontinuität, welche bis heute nur rudimentär erfasst ist. Es dominierten deskriptive Textarten wie die wissenschaftliche Monografie, der wissenschaftliche Aufsatz, Vortrag oder das Essay. Normative Wortmeldungen waren in Form von Lehr- und Wörterbüchern vertreten.47 Eine besondere Rolle spielte, und dies ist als Anschluss an die kantische Vorgehensweise zu werten, die Kritik. Darüber hinaus erhielten zentrale Begriffe der Philosophie wie das Absolute, Ganze oder Totale eine herausragende Bedeutung.48 Künstler wie Wissenschaftler werteten diese traditionellerweise mit Raum / Zeit verbundenen Termini bis 45 Siehe das 4. Kapitel sowie die Ausführungen zum »Kantianer Panofsky« (Thaliath) z. B. bei Cheetham 2009; Holly 1984, 91 f., o. Thaliath 2005, ab 153. 46 Z. B. gilt das für die Rückführung des amerikanischen Pragmatismus auf Kants Kritik der reinen Vernunft. 1909 bezeichnete Charles Sanders Peirce (1839–1914), der Begründer dieser philosophischen Strömung, die Kritik Kants als »meine Muttermilch in der Philosophie.« Zitiert nach Höffe 2011, 14 f. 47 Die formale Beschreibung der Textarten wird an dieser Stelle vermieden u. in den einzelnen Kapiteln aufgenommen. 48 Zur Rolle dieser Begriffe in der Kunst- wie Kulturgeschichte siehe Harrington 2002; Körner 1988; Merte 1998; Scheugl 1999.

Quellen und Methodologie

weit in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts um, ohne allerdings zentrale Anliegen der Philosophie oder auch Theologie zu verletzen.49 Am Ende ließen sich drei Sinnebenen zu Raum, Zeit und Kunstwissenschaft eruieren: 1. Ideell. Raum / Zeit interessierten hier als abstrakt-geistige Größen. Dieser Ansatz stand oftmals in einem engen Zusammenhang mit Absolutheitskonzepten in der Kunst. 2. Real. Raum / Zeit bestimmten sich über ihr Verhältnis zur Erfahrung, die sich über die Daten des Realraums konstituiert. In diesem Gebäude fanden Ganzheits- und Totalitätskonzepte sowie sozialhistorische Ansätze einen Platz. 3. Gnoseologisch. Im Zentrum dieser Überlegung standen erkenntnis- beziehungsweise wissenschaftstheoretische sowie raum- / zeitlich orientierte Ordnungsvorstellungen. Je nach Zeitabschnitt wird das Denken über den Raum (1) oder die sinnliche Erfahrung von Raum (2) betont. Diese Studie geht vom schriftlichen Quellenbefund aus und wagt Ausflüge in die Kunst allein im Kontext der Analyse des Spatial Poems von Shiomi. Der interdisziplinäre Quellenkorpus aus Humangeografie, Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte, Kunstwissenschaft und Philosophie orientiert sich dabei hauptsächlich am gnoseologischen Sinnzusammenhang. Die breite Abstützung ist aufgrund der mehrdimensionalen Anlegung des Gegenstandes unumgänglich. Folgendem Forschungsdesign wurde gefolgt: 1. quantitative Exploration mit Hilfe von Primärquellen, 2. qualitative Exploration mit Hilfe von Primärquellen und Sekundärliteratur, 3. hypothesenprüfende Exploration mit anschließender Interpretation wie kulturhistorischer Einordnung. Dementsprechend kamen quantifizierende, textanalytische sowie diskursanalytische Methoden der Geschichtswissenschaft zum Tragen. Methodologisch überwindet diese Untersuchung das aktuelle Schattendasein der Längsschnittstudie. Angesichts zahlreicher Arbeiten zu Raum / Zeit50 und des immer noch bestehenden Desiderates, die grundsätzliche wissenschafts-

49 Dazu Burbulla 2012. 50 Zu Raum / Z eit in der kunstgeschichtlichen Forschung siehe das Unterkapitel Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn.

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theoretische Bedeutung darzulegen, liegt diese Vorgehensweise nahe.51 Mögliche Einwände bezüglich eines stark eingegrenzten Studiencharakters oder einer sehr fokussierten Bearbeitung der hier vorgestellten Autoren wurden bedacht. Die Entscheidung für dieses Vorgehen fiel aus der Einsicht heraus, dass eine geschlossene Darlegung des wissenschaftstheoretischen Raum- / Zeitdiskurses nach 1800 unmöglich ist. Gleiches gilt für den weitverzweigten Diskurs beziehungsweise die Rezeptionsmuster zwischen den hier hervorgehobenen und weiterhin außenstehenden Akteuren. Es erscheint sinnvoller, einen Aspekt im Denken Jamesons, Panofskys, Dorners oder Bergers zu erörtern, als über die gesamte Entwicklung zu reflektieren. Aus dieser Selbstbeschränkung heraus darf der vorliegende Text auch als Gegenentwurf zur derzeitigen dominierenden Kultur in der Turn-Diskussion verstanden werden. Der Regelfall sieht hier die Vereinigung einer unüberschaubaren Anzahl von Standpunkten mit zum Teil ausgesprochen heterogenen Zielsetzungen vor. Die in diesem Ansatz implementierte Ambivalenz aus dem Beibehalten der Metaerzählung einerseits und der parallelen thematischen Diskussion um die Aufhebung der geschlossenen historischen Darstellung andererseits konnte die Autorin nicht für sich auflösen, ohne das vorausgehend skizzierte Problem zu berühren. Abschließend sei auf einige formale Besonderheiten hingewiesen, die über die Richtlinien des Duden hinausgehen: Die Quellenzitate wurden in ihrer historischen Schreibweise übernommen. Auf geschlechtsspezifische Nennungen (Künstler / Künstlerin) wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Auch die begriffliche Verwendung von Raum / Zeit anstatt von Räumen, Zeiten etc. soll einem flüssigeren Erfassen des Textes dienen. Um die begriffliche Ausgangslage nachvollziehen zu können, ist dem Anhang ein Glossar beigefügt. Mehr als sonst üblich wird aus den Schriftquellen zitiert. Diese Vorgehensweise soll dabei helfen, das weitverzweigte Rezeptionsmuster leichter zu erfassen. Um den Haupttext mit Blick auf die Kernaussagen zu entlasten, werden die Anmerkungen als Ort zusätzlicher Informationen genutzt.

51 Die Selektionskriterien waren: Substanzieller Beitrag zu Raum / Z eit; gesicherte Quellenlage; anhaltende u. breite Rezeption sowie eine für das Phänomen charakteristische Stellungnahme.

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Raum  /   Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaft

1.1       M ieko S hiomi , S patial P oem (1966–1975) 1976 verlegte die japanische Künstlerin Mieko Shiomi (* 1938)1 in Zusammenarbeit mit den US-amerikanischen Künstlern Alison Knowles (* 1933) und George Maciunas (1931–1978)2 eine siebzigseitige Publikation unter dem Titel Spatial Poem (Abb. 7). Sie war der Abschluss eines zehnjährigen, transnationalen Events. Seit 1965 hatte Shiomi insgesamt 226 Künstler eingeladen, an thematisch unterschiedlichen Ereignissen teilzunehmen.3 Das Werk zeichnete die neun Events nochmals nach und verlieh ihnen in der Gesamtschau den Charakter einer Serie. Vor dieser Verzahnung lag jedem an sich unabhängigen Anlass das gleiche Prozedere zugrunde: Shiomi lud zu einer Teilnahme mit genauen Instruktionen ein, die Teilnehmenden dokumentierten ihr Engagement mit Hilfe von Beschreibungen, Bildern, Grafiken, Fotografien, Wörtern oder Zeichnungen und sandten diese in die USA zurück. Die Anleitungen waren nicht sehr konkret. Zwei Beispiele (Abb. 8–9): 1

1964 ging Shiomi von Tokyo in die USA u. lebte zum Zeitpunkt des Spatial Poem in New York. Von 1957 bis 1961 studierte sie an der University of Fine Arts and Music in Tokyo Musik bzw. Musikwissenschaften. Ideell stand sie der 1957 gegründeten japanischen Junk-AntiArt-Bewegung (Hangeijutsu) nahe, die gängige Kunstpraktiken zu überwinden suchte. Dazu Merewether 2007, 36 ff.

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Ab Mitte der 60er-Jahre konzentrierte sich der litauischstämmige u. in New York ansässige Maciunas auf publizistische Tätigkeiten. Maciunas war Gründungsmitglied der Kunstrichtung Fluxus u. prägte diese Bewegung hauptsächlich publizistisch u. theoretisch. Seit 1949 studierte er Bildende Architektur, Design, Grafik, Kunst, Kunstgeschichte u. Musikwissenschaft an unterschiedlichen Universitäten in den USA. Zum engeren Tätigkeitsfeld gehörte auch die Konzeption von Ausstellungen o. Veranstaltungen. Kellein 2007; Schmidt-Burkhardt 2011.

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Teilgenommen haben beispielsweise Bazon Brock (* 1936), Christo (* 1935), John Cage (1912–1992), Ian Hamilton Finlay (1925–2006), Daniel Spoerri (* 1930) u. Robert Whitman (* 1935).

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t »Spatial Poem No. 2 (direction event) 1965, October 15, 10:00 pm (Greenwich Time) ›around the time listed – simultaneous – what kind of direction were you facing or moving towards?‹« »Spatial Poem No. 5 (open event) 1972 July 15 – August 5 ›open something which is closed.‹« 4

Abb. 7: Shiomi 1976, Cover.

Bearbeitet wurden diese Aufträge zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einer bestimmten Zeitspanne, welche von einem klar definierten Datum mit Uhrzeit über einen Zeitraum von 20 Tagen bis hin zu drei Monaten reichten. Thematische Ausgangsbasis war das Wort (Event Nr. 1), dem die Musik im 7. Event als künstlerische Verwandte an die Seite gestellt wurde. Naturwissenschaftliche, geografische Anleihen belegten die Events 2 bis 6 und 8. Die letzte Aktion widmete sich dem Verschwinden. Die letzte Seite der Publikation trägt eine Widmung mit der Aufschrift »dedicated to the people of 30th century«.5 Im Gegensatz zum weltumspannenden Cover kamen die teilnehmenden Künstler in der realen Vereinigung hauptsächlich aus Westeuropa und dem nordamerikanischen Kontinent mit vereinzelten Aktionen aus Brasilien, Indien, Japan oder Osteuropa. 4

Shiomi 1976, o.Z.

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Ebd., 70.

1.1       Mieko Shiomi, Spatial Poem (1966–1975)

Abb. 8 und 9: Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 2, 1965 (links). Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 5, 1965.

Der Veröffentlichung gingen Teildokumentationen der Aktion voraus. Im Jahr 1965 fixierte die Künstlerin in vergleichbarer Weltkartenstruktur die Ergebnisse des Spatial Poem No. 1 auf einer Kunstfaserplatte mit beschriebenen Papierfähnchen (Abb. 10). In einer anderen Variation fertigte Maciunas ein Multiples aus einem Holzkasten, einer Handzeichnung und wiederum Papierfähnchen an. Das Spatial Poem No. 2 dokumentierte der Fluxatlas von 1966. 1968 fasste sich No. 3 in Form des Fluxkalenders zusammen.

Abb. 10: Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 1, 1965.

Diese klassischen Dokumentationsformen zu Raum / Zeit aus Atlas, Kalender sowie Karte knüpften nicht nur an frühneuzeitliche Praktiken an, die sich im Umfeld von Entdeckungen und Reformen etabliert hatten.6 Auch rekurrierten sie auf separate Zentralbemühungen Maciunas. Dieser griff bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf Raum / Zeit zurück: In der Zeit / Raum-Tabelle aus dem 6

Z. B. die Entwicklung der Kartografie im Kontext der Entdeckungsreisen des 15.  Jahrhunderts mit ihren begrifflichen Neuausrichtungen (Nennung des Begriffs »Atlas« ab 1595). Zudem kam es in der Frühen Neuzeit zu einer Neukonfigurierung der Zeitvorstellung (Kalenderreform 1582). Siehe dazu den Sammelband Brendecke / F uchs /  K oller 2007.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t

Jahre 1962 erscheinen Raum / Zeit als Tabellenbasis, ordnen künstlerische Strömungen wie Genres und verweisen auf künstlerische Wurzeln (Abb. 11– 12). Im älteren Fluxus-Diagramm oder auch im Künste-Diagramm (jeweils von 1966) interpretierte Maciunas, dass mithin eine der ältesten Raumkünste, die Gartenkunst, die Grundlage zeitgenössischer, räumlich orientierter Kunstformen sei (Abb. 13–14). Versailles als »Garden Spectacle« mit seinen »Visual Theatrical Effects / Simultaneity of Unrelated Acts / Synthetic Structural Complexity / Mixture of Media« 7 muss so als historischer Bezugspunkt des Happenings, der Medien- wie auch Videokunst der 1960er-Jahre begriffen werden (Abb. 15).8 Frühneuzeitliche Kunstpraktiken bereiteten Werke der Künstler Allan Kaprow (1927–2006), Robert Whitman, Nam June Paik (1932–2006) oder Wolf Vostell (1932–1998) vor. Auch Maciunas’ eigene Gedanken zur menschlichen Erkenntnis, dargelegt in Contemporary Man von 1970, griffen auf Darstellungen um 1600 zurück, wie etwa auf die Arbeiten Die vier Erkenntnisvermögen des Menschen (1618) von Robert Fludd (1574–1637) oder Ordo universi et humanarum (1581) von Andrea Bacci (o. A.) (Abb. 16–18).

Abb. 11 und 12: George Maciunas, Zeit / Raum-Tabelle, um 1962 (links). George Maciunas, Fluxus. Seine historische Entwicklung, um 1966.

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Text wurde der Abb. 13 entnommen.

8 Das Erweiterte Künste-Diagramm erläutert zu Versailles: »Versailles – Super – Multi – Media – Spectacles /  S imultaneous presentation of polymorphic mixed media: kinetic sculpture (fountain water play and fire works), kinetic theatre (equestrian events and ballet), auditory events (music, explosions and recitations), culinary events etc. etc. all only for sensory EFFECT.« Textausschnitt aus der Abb. 14.

1.1       Mieko Shiomi, Spatial Poem (1966–1975)

Abb. 13: George Maciunas, Fluxus. Seine historische Entwicklung (Detail), um 1966.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t

Abb. 14: George Maciunas, Erweitertes Künste-Diagramm, um 1966.

1.1       Mieko Shiomi, Spatial Poem (1966–1975)

Abb. 15: George Maciunas, Erweitertes Künste-Diagramm (Detail), um 1966.

Doch belassen wir es bei dieser Kurzvorstellung einer Ordnung von Erkenntnis und Kunst unter den Gesichtspunkten von Raum / Zeit und weiten den Untersuchungsgegenstand in den folgenden Unterkapiteln in einen wissenschaftstheoretischen Zusammenhang aus.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t

Abb. 16–18: George Maciunas, Contemporary Man, 1970. Robert Fludd, Die vier Erkenntnisvermögen des Menschen, 1618. Andrea Bacci, Ordo universi et humanarum scientiarum prima monumenta, 1581 (v. l. n. r.).

1.2       D er spatial turn als S upernova Die Omnipräsenz des Raumes in den Humanwissenschaften hat einschüchternde Ausmaße angenommen. Seit der US-amerikanischen Beschwörung des spatial turn (1989) als Teil des generellen cultural turn,9 welcher im Fahrwasser des linguistischen megaturn (1967) entstand, produziert die transnationale Wissenschaft eine unüberschaubare Zahl von Komposita zum Raum, zu Räumen, zur Räumlichkeit beziehungsweise zur Raumwissenschaft.10 Diese Quantität an Forschung scheint oftmals vom Schwung einer bahnbrechenden Initialzündung inspiriert zu sein. Gemäß der Regenerationslogik führt die Explosion des alten Systems in eine »neue« Wissenschaft mit »neuen Analysekategorien« über.11 Das Alte ist hier die historische Dominanz europäischer Forschung im Sinne des Verfassens einer begrenzten und homogen ausgerichteten Geistesgeschichte. Wissenschaft im traditionellen Sinne zu betreiben bedeutet immer noch, so die Befürworter einer Kehrtwende,

9 Der cultural turn bezeichnet eine wissenschaftstheoretische Wende, welche das hierarchischpositivistische Erkenntnismodell Europas zu überwinden suchte. In diesem Zusammenhang kam es zur Aufwertung populärer Kulturformen, einer Akzentverschiebung von einer Objektkultur zu einer Handlungs- / P rozesskultur sowie einer Integration von Peripheriethemen. 10 Bachmann-Medick 2010a, 8 f. 11 Siehe dazu auch das Kapitel 1.3.

1.2       Der spatial turn als Supernova »einzelne Kulturobjekte herauszuheben, in denen sich die geistige Produktivität niederschlägt, [diese; Anm. JB] unterstellen [ein; Anm. JB] Einheitsmodell des einen menschlichen Geistes, das eben doch nur der europäischen Geistesgeschichte entspringt.«12

Neu ist hingegen der Ansatz in den Kulturwissenschaften, welcher sich »verstärkt auf Materialität, Medialität und Tätigkeitsformen des Kulturellen« fokussiert, eurozentrische sowie Unterschiede des high & low ablegt und so »multiple modernity’s« ermöglicht.13 Diese Darlegung beziehungsweise Inszenierung eines Bruchs mit der europäischen Wissenschaftstradition erzeugt ohne Frage einen Wettbewerbsgedanken zwischen Alt und Neu. Dabei ist das Herausstellen des Neuen, wie sie die Turn-Kultur gerne für sich beansprucht, ein traditioneller Kunstgriff. Grundsätzlich: Das Neue geht immer vom Gegenteil dessen aus, was ein bestimmter Kulturkreis als alt bewertet. Für die Postmoderne ist dieser Kunstgriff geradezu konstitutiv. Die »Dialektik des Bruchs und der regelmäßigen Wiederkehr«, so Jameson, formt erst das postmoderne Profil.14 Im vorliegenden Falle brechen sich Materialität und Medialität am europäischen Geist. Auch ist der Findungsprozess immer an einen neuen gesellschaftlichen Konsens gebunden, welcher der Weiterentwicklung einen Sinn unterlegt und diese von Zeit zu Zeit selbst anstößt. Im vorliegenden Fall entscheidet sich die neue Welt – der nordamerikanische Kontinent – zu einer Abgrenzung gegenüber der alten Welt – Europa. Auch impliziert das Neue immer Auf bruch, Frische und Fortschritt. Es ins Zentrum zu stellen bedeutet auch eine Rezeption am beziehungsweise eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Alten. Der Kritiker und Philosoph Boris Groys (* 1949) nennt diesen Vorgang nicht nur traditionell, sondern ideologisch und für die (Post-)Moderne gar konstitutiv: »Das Alte [muss; Anm. JB] zu jeder Zeit […] neu erfunden werden, und deshalb sind alle Renaissancen gleichzeitig auch große Neuerungen. […] Das Neue ist unausweichlich, unvermeidlich, unverzichtbar. Es gibt keinen Weg, der aus dem Neuen führt, denn ein solcher Weg wäre auch neu. Und in diesem Sinne ist die Forderung nach Innovation, wenn man will, die einzige Realität, die in der Kultur zum Ausdruck gebracht wird. Denn unter Realität versteht man das Unausweichliche, Unverfügbare, Unverzichtbare. Indem die Innovation unverzichtbar ist, ist sie Realität. Real sind also nicht die Sachen selbst, die hinter ihren kulturellen Beschreibungen und Darstellungen angeblich verborgen sind […], sondern real sind die Verhältnisse zwischen kulturellen Aktivitäten und Produkten«.15 12 Bachmann-Medick 2010a, 8 f. 13 Ebd. 14 Jameson 2004, 30 f. 15 Groys 1992, 11 f.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t

Die Einsicht in die Schwierigkeit, eine Studie zum spatial turn mit Hilfe des Konzepts Neu versus Alt anzulegen, verfestigt sich angesichts zahlreicher Bemühungen, den spatial turn historisch zu verorten. Das für diese Bewegung entscheidendste Beispiel mag dies illustrieren: 1989 entwickelte der Humangeograf Soja in seinem Werk Postmodern Geographies. The Reassertion of Space in Critical Social Theory den Begriff des spatial turn als argumentative Stütze gegen den historischen Materialismus und forderte eine verstärkte Auseinandersetzung mit der französisch-marxistischen Soziologie beziehungsweise dem Werk Lefebvres.16 1991 nahm der Kulturtheoretiker Jameson den Begriff des spatial turn auf und nutzte diesen zur Ausdifferenzierung der Postmoderne gegenüber der Moderne. Er hält fest: »A certain spatial turn has often seemed to offer one of the more productive ways of distinguishing postmodernism from modernism proper, whose experience of temporality […] it is henceforth conventional to see as a dominant of the high modern.«17

Mit Sojas Publikation Thirdspace (1996) kleidete sich der Gedanke des spatial turn als wissenschaftliche Aneignungs- wie Ordnungsstrategie endgültig aus. Der Autor erläutert im Klappentext: »Contemporary critical studies have experienced a significant spatial turn. In what may be seen as one of the most important intellectual and political developments in the late twentieth century, scholars have begun to interpret space and the spatiality of human life with the critical insight and emphasis that has traditionally been given to time and history on the one hand, and to social relations and society on the other.«18

Der spatial turn wurde nun als eine »grundlegende Veränderung im Weltbezug und in der Aneignung von Weltwissen« charakterisiert.19 Nicht mehr die anthropologisch-soziale Deutung des Raumes als Kontrapunkt zum materialistischen Raumverständnis stand im Vordergrund. Vielmehr etablierte sich eine doppelte Sichtweise, welche wissenschaftsmethodologische Fragen favorisierte und sich an den Schriften Lefebvres orientierte. Er war es, argumentiert Soja, der sich zur »Methode äußert […]. Im Gegensatz zu Foucault [erläuterte; Anm. JB] Lefebvre ohne Unterlass seinen Gedankengang«.20 16 Soja 1989, 39. 17 Jameson 1991, 154. 18 Soja 1996, Klappentext. 19 Soja 2009, 244. 20 Ebd., 250. – Foucaults Interpretationen, mit denen Soja sein Werk Postmodern Geographies. The Reassertion of Space in Critical Social Theory (1989) einleitete, spielen – entgegen der gängigen Meinung – eine untergeordnete Rolle. Numerisch wie thematisch favorisiert Soja

1.2       Der spatial turn als Supernova

Den dritten, vierten und letzten Deutungshorizont zum spatial turn entwickelte Soja anhand der Schriften des US-amerikanischen Humangeografen und Sozialtheoretikers David Harvey (* 1935) und der US-amerikanischen Stadttheoretikerin Jane Jacobs (1916–2006).21 Beide erforschten um 1970 die Raumordnung unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit und der Prämisse einer egalisierten Stadtplanung.22 Soja beschreibt diese Sichtweise auf den spatial turn in seinen jüngsten Arbeiten unter dem Ansatz des spatial capital beziehungsweise des spatial justice.23 Mit diesen vier Deutungsschwerpunkten im Hintergrund erkennt Soja in seiner Rezeptionsgeschichte zum spatial turn die marxistisch beziehungsweise poststrukturalistisch orientierten Autoren als jüngste Referenz. Er deutet die 1960er-Jahre als Wendepunkt zum »Raum«, ohne sich jedoch die zeitgenössischen Gründe für diese Entwicklung erklären zu können. Seine Vermutung richtet sich auf zwei Ereignisse: »Offensichtlich sind hier der Mai 1968 und die Krise der Städte in den 1960er-Jahren Hauptfaktoren. […] Unsere Modelle besagten, es gebe Tendenzen zum Erreichen des Gleichgewichts, die Sozialstruktur bewege sich in eine bestimmte Richtung, konzentrische Kreise hätten bestimmte Auswirkungen usw. Doch auf einmal gewann die Stadt in weltweitem Ausmaß eine ungeheure Brisanz. Einige radikal neue Auffassung über die Stadt und den städtischen Raum brachen sich Bahn.« 24

Zwischen 1850 und 1960, referiert Soja weiter, herrschte trotz der verkehrstechnischen Meilensteine im 19. Jahrhundert eine theoretische »Raumabstinenz«. Von der Philosophie Hegels angestoßen, entwickelte sich insgesamt ein materialistisch ausgeprägtes Verständnis vom Raum. Er wurde »zunehmend als etwas Totes, Fixiertes, Undialektisches angesehen, als Hintergrund, Container, Bühne, physische Form, Umgebung, als außerhalb, extra-sozial, formge-

Lefebvres Theorien. Siehe die detaillierten Auseinandersetzungen in Postmodern Geographies oder Thirdspace. Soja 2007; Soja 1996; Soja 1989. – Zu einem vergleichbaren Ergebnis in der Rezeption kommt Alan Latham. Siehe Latham 2011, 381 ff. 21 Soja 2009, 249. 22 Soja bezieht sich dezidiert auf die Publikationen: David Harvey, Social Justice and the City (1973), u. Jane Jacobs, The Economy of Cities (1970). – Diesen Bezug erläutert er in Soja 2006. Siehe auch Harvey 1973; Jacobs 1970. 23 Diese erneute Belegung des spatial turn entwickelte sich um das Jahr 2000 u. fand in der letzten Publikation Sojas Seeking Spatial Justice (2010) einen Höhepunkt. Soja 2010. 24 Soja 2009, 249 f.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t bend, nie unsichtbar, nie nicht-existent – immer da, aber niemals eine aktive soziale Größe.« 25

Das 19. Jahrhundert habe – mit der »Vorherrschaft evolutionistischer Auffassungen von Zeit, Chronologie, Geschichte und Fortschritt« – dem Raum seine Bedeutung entzogen.26 Dabei löste es das Raumzeitalter par excellence ab, welches Soja als älteste Wurzel des spatial turn erkennt: das philosophische Denken der Aufklärung und speziell das Kants.27 Aus der Sicht Sojas kam Kant als letzter Theoretiker zu einer gleichberechtigten Bestimmung von Raum / Zeit. Seine Schriften stehen »noch für eine Äquivalenz von räumlichem und zeitlichem Denken«.28 Zwar sei sein transzendentales Raumverständnis für die Geografie zum Teil auch problematisch, da es keinen »purchase on the real world« habe.29 Dennoch bezeichnet Soja die kantischen Darlegungen als epochemachend: »[The; Anm. JB] most powerful source of philosophical legitimacy and elaboration is Kant, whose system of categorical antimonies assigned an explicit and sustaining ontological place to geography and spatial analysis, a place which has been carefully preserved in a continuing neo-Kantian interpretation of spatiality. The Kantian legacy of transcendental spatial idealism pervades every wing of the modern hermeneutic tradition, infiltrates Marxism’s historical approach to spatiality, and has been central to the modern discipline of geography […] since its origins in the late nineteenth century.« 30

Trotz einer Neugewichtung im Neukantianismus oder auch in der Hermeneutik entdeckt der Humangeograf einen vergleichbaren Einsatz für eine Balance 25 Ebd., 245. 26 Bachmann-Medick 2010a, 289 ff. 27 »Genau zu dieser Zeit [1850; Anm. JB] fing man an, Geschichte und Zeit mit der Vorstellung von Prozess, Fortschritt, Entwicklung, Veränderung, Dynamik, Dialektik, Problematik, Gleichgewicht oder Bewegung zu verbinden. Im Gegensatz dazu wurde Raum zunehmend als etwas Totes, Fixiertes, Undialektisches angesehen, als Hintergrund, Container, Bühne, physische Form, Umgebung, als außerhalb, extra-sozial, formgebend, nie unsichtbar, nie nichtexistent – immer da, aber niemals eine aktive soziale Größe. Marx nannte ihn eine unnötige Komplikation seiner Theorie, und das war er gewiss auch.« Soja 2009, 245. 28 Soja interpretiert das kantische Raumdenken nicht nur als »the most powerful source of philosophical legitimacy and elaboration« (Soja 1989), sondern inszeniert den Philosophen auch als Paten der Geografie u. Kronzeugen demokratischer Entwicklung. Soja 2009, 246; Soja 2000, 73–76 u. Soja 1989, 125. – Da der kantische Ansatz im Folgekapitel zentraler Gegenstand ist, wird an dieser Stelle auf eine Erläuterung verzichtet. 29 Ebd. – Dass Soja sich hier irrt, werden die Darlegungen zu Kant zeigen. 30 Ebd.

1.2       Der spatial turn als Supernova

zwischen Raum / Zeit erst wieder in den Schriften des Soziologen Lefebvre.31 Lefebvres La production de l’espace aus dem Jahr 1974, fast genau zweihundert Jahre nach Kants erster Kritik (1781) erschienen, stellt für Soja das Zentraldokument moderner Raumforschung dar (Abb.  19). Lefebvres Raumkonzept charakterisiert sich für Soja durch die Konzentration auf den »Prozess seiner Produktion« sowie »Reproduktion«.32 In seinem Sinne ist Raum nicht, sondern entsteht Raum durch menschliches Handeln. Er erläutert am Beispiel der antiken Polis: »[E]very society […] produces a space, its own space. The city of the ancient world cannot be understood as a collection of people and things in space […] For the ancient city had its own spatial practice: it forged its own – appropriated – space. […] The Greek city is cited here only as an example – as one step along the way. Schematically speaking, each society offers up its own peculiar way«. 33

Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Anerkennung des Raumes als ein veränderliches System relativieren sich die Positionen des räumlichen Materialismus mit dem »Denken« eines Raumbehälters, wie ihn noch der Idealismus beschrieb.34 »(Social) space is a (social) product«, definiert Lefebvre.35 Die lange Tradition von Dualismustheorien, das heißt die Annahme einer sich gegenüberstehenden Zweiheit aus Objekt-Subjekt, löse sich durch die Hinzunahme 31 Dieser eindeutige Ausweis einer Anhängerschaft Sojas ist bei Jameson weitaus nüchterner formuliert. Er erkennt die Bedeutung Lefebvres an, wenn er auch der intensiven Revitalisierung seiner Prämissen kritisch gegenübersteht. Grundsätzlich vertritt er die Ansicht, dass die Postmoderne die Theorien des französischen Marxismus dramatisiert. Hier ist alles räumlich u. »more spatial than everything else.« Dennoch: »[F]or Lefebvre all modes of postmodern theory, however, infers a certain supplement of spatiality in the contemporary period and suggests that there is a way in which, even though other modes of production […] are distinctively spatial, ours has been spatialized in a unique sense, such that space is for us an existential and cultural dominate, a thematized and foregrounded feature or structural principle standing in striking contrast to its relatively subordinate and secondary […] role in earlier modes of production.« Jameson 1991, 365. 32 Dünne /  G ünzel 2006, 297. 33 Lefebvre 2011, 31. 34 »Denkweisen des ersten Raumes haben die Anhäufung des Raumwissens über Jahrhunderte hinweg beherrscht. […] Sie konzentrieren sich vor allem […] auf eine materielle und materialisierte ›physische‹ Räumlichkeit […] Epistemologien […] tendieren dazu, Objektivität und Materialität zu privilegieren und eine formale Wissenschaft des Raumes anzustreben.« Dünne  / G ünzel 2006, 115. 35 Lefebvre 2011, 30. – Gleiches formulierte Lefebvre schon in Là révolution urbaine aus: Zitat Schmid 2005, 192 u. 203.

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Abb. 19: Lefebvre 1971, Frontispiz.

eines dritten Systems auf.36 Um den Wahrnehmungsraum (espace perçu) und die Raumrepräsentation (espace conçu) ordnen sich die Repräsentationsräume – die gelebten Sozialräume (espace vécu) – an.37 Letztere – oder wie es Soja formuliert: die Form unseres »In-der-Welt-Seins«  – involvieren Raum / Zeit gleichermaßen.38 Raum generiert sich durch die Gesellschaft. Zeit generiert sich durch die Gesellschaft.39 Oder noch deutlicher, das »Etre-là […] ist immer sozial und zugleich auch räumlich und zeitlich«.40 Aus dieser Anlage heraus entwarf Soja seine Theorie des alles umfassenden Dritt-Raums oder Thirdspace.41 In diesem trifft seines Erachtens

36 Soja 2007, 101. 37 In ihrer räumlichen Stoßrichtung beschreibt Lefebvre diese Dreiheit als pratique spatial, représentations de l’espace u. espaces de représentation. Lefebvre 2006, 333. 38 Ebd. 39 Ebd., 91 f. 40 Soja 2007, 244. 41 »Der Dritt-Raum ist der Ort, […] in dem alle Orte sind, die von jedem Winkel aus zu sehen sind«. Soja 2007, 96.

1.2       Der spatial turn als Supernova »[alles; Anm. JB] zusammen: Subjektivität und Objektivität, das Abstrakte und das Konkrete, das Reale und das Imaginäre […]. Alles, was den Dritt-Raum in getrennte Bereiche spezialisierten Wissens oder in reservierte Regionen teilt, […] zerstört seine Bedeutung und seine Offenheit.« 42

Die »Trialektik« ersetzt die Dialektik und überwindet den »Binarismus […], [der; Anm. JB] über Jahrhunderte die räumliche Phantasie definiert und begrenzt hat.«43 Anders als bei Lefebvre, welcher den (Sozial-)Raum als Dreiheit aus pratique spatiale 44, représentations de l’espace 45 und espaces de représent

Abb. 20: Giambattista Nolli, Neuer Stadtplan Roms, 1748.

42 Ebd., 96 f. 43 Ebd., 102. 44 »[W]hich embraces production and reproduction, and the particular locations and spatial sets characteristic of each social formation. Spatial practice ensures continuity and some degree of cohesion. In terms of social space, and of each member of a given society’s relationship to that space, this cohesion implies a guaranteed level of competence and a specific level of performance.« Lefebvre 2011, 33. 45 »[W]hich are tied to the relations of production and to the order which those relations impose, and hence to knowledge, to signs, to codes, and to frontal relations.« Ebd.

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Abb. 21: Piero Sartogo, Constantino Dardi, Antoine Grumbach, James Stirling, Paolo Portoghesi, Romaldo Giurgola, Robert Venturi, Colin Rowe, Michael Graves, Robert Krier (u. a.), Roma Interrotta, 1977.

ation 46 auf Grundlage des Naturraums verstand, lässt Soja jegliche Raumformen im Dritt-Raum aufgehen. Die drei Grundeigenschaften des räumlichen Seins entwickeln sich zu einem Metaraum, in dem alle anderen Räume »transzendieren«.47 Architektonisch-künstlerisch geschlussfolgert, etwa im Falle der Gemeinschaftsausstellung Roma Interrotta von 1978, zerfällt der Blick auf den einen klassizistischen Stadtraum in die zahlreichen Individualräume der beteiligten Architekten (Abb.  20–21). Die neue Beschreibung des Originalraums entwickelt sich konsequent aus anthropologischer Richtung und kombiniert für den Betrachter Zeichen höchst subjektiver Realität. In Robert Venturis (* 1925) Beitrag fungiert die herkömmliche kartografische Ordnung

46 »[E]mbodying complex symbolisms, sometimes coded, sometimes not, linked to the clandestine or underground side of social life, as also in art«. Ebd. 47 Soja 2007, 103. – Schmid wertet diesen Entwurf als größten Unterschied zwischen Lefebvre u. Soja. Schmid 2005, 220.

1.2       Der spatial turn als Supernova

Roms allein als Folie, vor der sich die räumliche Neustiftung aus Realraum, biografischen Anleihen und künstlerischen Überresten vollzieht (Abb. 22).48

Abb. 22: Venturi & Rauch, Roma Interrotta, 1977.

Diese kleinen Unterschiede im Raumverständnis bezeichnen für die wissenschaftliche Methodik am Ende unterschiedliche Positionen. Soja weitete seinen Beitrag zum Raum auf die epistemologische Form der Annäherung schlechthin aus. Der eigentliche turn scheint für den Humangeografen am Ende der analytisch-methodologische zu sein, welcher es erlaubt, mit »neuem Werkzeug« die räumliche Komplexität der Moderne zu verstehen. Letzteres erscheint dann auch als Basis aller Überlegungen, da das Leben im Grundsatz als existenzielle Räumlichkeit interpretiert wird.49 Sojas Weiterentwicklung der lefebvrischen Raumtheorie ist demnach eine Art von Ontologie, eine Lehre vom Sein,50 eine Lehre, welche das Räumliche im Allgemeinen und das trialektische Denken im Besonderen als unfertig, als ein ständig im Werden begriffenes deutet. In dieser Dynamik erkennt Soja die Möglichkeit,

48 Hier ist der Bezug zu Venturis Publikation Learning from Las Vegas (1972) gemeint. – Zum Projekt Roma Interrotta siehe Adamson /  P avitt 2011, ab 127; Maciocco 2008, 24 f. 49 Soja 2006, 113. 50 Eine Zentralbegriff Sojas ist die Ontologie. Soja 2009, 244.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t »daß jeder Typ des Nachdenkens über den Raum, jedes Feld menschlicher Räumlichkeit […] gleichzeitig als real und imaginär, konkret und abstrakt, materiell und metaphorisch gesehen werden kann. Kein Typ des räumlichen Denkens ist von sich aus privilegiert.« 51

Sojas Vision ist die Auflösung jeglicher Form von »dauerhafter Konstruktion«, die Aufgabe der Epistemologie und Aufhebung jeglicher Ungleichheit.52 Mit diesem Ziel vor Augen interpretiert er die traditionellen Bemühungen um den Erstraum wie folgt: Der Erstraum ist der Wahrnehmungsraum, den die Formalwissenschaft auf positivistischer Basis mit den Zentralbegriffen der »Objektivität« und »Materialität« untersucht.53 Der Zweitraum als Ideen- beziehungsweise Theorieraum ist das Pendant zum ersten. Dieser verwurzelt sich im Idealismus, der dem Geistigen sowie Ideellen den Vorrang vor dem Materiellen eingeräumt hatte. Es ist der Raum »des kreativen Künstlers, oder des künstlerischen Architekten, der die Welt im Bild seiner subjektiven Phantasie visuell oder schriftlich repräsentiert.«54 Zugleich erscheinen hier »die großen Debatten über das Wesen des Raumes […], die Debatten darüber, ob der Raum >absolut< oder >relativ< und >relationalabstrakt< oder >konkretim Körper des Kapitals< lesen, als neuartige Fragmentierung der Wahrnehmung, die […] auf die Spezialisierung und die Zerstückelung in der kapitalistischen Lebenswelt reagiert.«193

In der geschichtswissenschaftlichen Wahrnehmung hat so das Werk an sich beziehungsweise die spezifische Leistung des Künstlers ihre Bedeutung verloren. Kunst ist neu ein Akt aus Praxis und Produktion. Die Kunstgeschichte wird zur Geschichte dieses Akts und untersucht auf dessen Grundlage die Dominanzen Bild, Raum oder Zeit.194 Zugleich lässt sich an den Schuhen van Goghs  – in der Gegenüberstellung mit dem Postmodernism-Cover, das Andy Warhols (1928–1987) Diamond Dust Shoes (1980) zeigt – die Raumentwicklung von der Tiefe zur Fläche in der künstlerischen Materialisation nachweisen (Abb.  32).195 Warhols Darlegung feiert auf formaler Ebene die leblose Oberfläche mit Hilfe einer gelackten »Röntgenbildeleganz«196. Doch weitaus mehr interessiert der Verlust des Affekts. Angesichts von Edvard Munchs (1863–1944) Schrei (1883) fußt Warhols Darstellung nur noch auf einer »dekorative[n] Heiterkeit« (Abb. 33).197 Der künstlerische Ausdruck des Innenraums mit dem Gefühlsspektrum aus Angst und Entfremdung ist im Verständnis der Postmoderne »ideologisch und metaphysisch«

193 Jameson 1986, 51. 194 Er vermerkt zum Wert der Produktion: »The very word ›production‹ itself […] in hindsight to have meant something after all and to have signaled a genuine renewal in the thing it was supposed to signify.« Jameson 1991, 313. – Dies bedeutet allerdings nicht, dass die abgelöste Universalgeschichte nur thematisch anders ausgerichtet wird u. die Historiografie nun die Großerzählung des Bildes untersucht. Diese Vorgehensweise würde auf dem Missverständnis beruhen, dass die Dominanzen in ihrer Relevanz konstant bleiben. 195 Er schreibt: »Der […] auffälligste Unterschied ist das Hervortreten einer neuen Flachheit und Seichtheit, einer neuen Oberflächlichkeit im wortwörtlichen Sinne, die das vielleicht auffälligste formale Charakteristikum aller Spielarten der Postmoderne ist.« Jameson 1986, 54. – Hier zeigt sich deutlich, dass der Raum- / Z eitdiskurs auch in der Postmoderne doppelt angelegt war, also a) das Wesen von Kunst u. Wissenschaft im Allgemeinen betraf u. b) den Individualgegenstand bezeichnete. 196 Ebd., 55. 197 Ebd.

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Abb. 32 und 33: Jameson 1991, Frontispiz (links). Edvard Munch, Der Schrei, 1893.

stigmatisiert.198 Der Psychophysiologismus wird relativiert und das »entfremdete Subjekt« substituiert sich durch das »fragmentierte Subjekt«.199 Subjektives wurde in eine Verflachung beziehungsweise Dezentralisierung künstlerischen und zugleich auch wissenschaftlich-interpretativen Handels überführt 200  – Verflachung, da das »Tiefenmodell« einer Analyse des Innen (Jameson) durch die »Oberfläche beziehungsweise eine Vielzahl von Oberflächen ersetzt wird«201; Dezentralisierung, da das Subjekt wie der Kultgegenstand seine zentrale Rolle in der wissenschaftlichen Analyse verliert. Aus dieser »Verendung« des Ichs resultiert

198 »Der Schrei gilt als kanonisierter Ausdruck der großen Themen der Moderne: Entfremdung, Anomie, Einsamkeit, gesellschaftliche Fragmentierung und Isolation, programmatisch als Emblem all dessen, was als Zeitalter der Angst bezeichnet wurde. […] Die neuere Theorie hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses hermeneutische Modell von Innen und Außen anzugreifen und zu verwerfen«. Ebd., 56. – Weitere durch die Postmoderne negierte Tiefenmodelle sind: »das dialektische Modell von Wesen und Erscheinung […] das […] Modell vom Latenten und Manifesten […] das existentialistische Modell von Authentizität und Nichtauthentizität […] und […] Signifikant und Signifikat«. Ebd., 56 ff. 199 Ebd. 200 Darüber berichtet das 2. Kapitel. 201 Ebd., 59.

1.3       Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn »auch das Ende vieler anderer Erscheinungen […] zum Beispiel das Ende eines Stilbegriffs im Sinne des Einmaligen und Persönlichen, oder in der Malerei, das Ende der unverwechselbaren individuellen Pinselführung infolge des Primats mechanischer Reproduktion«. 202

Abb. 34: Nam June Paik, TV-Garden, 1977.

Das Eine des Werks verliert sich in »zerstückelte[n] Subsysteme[n]« und »Impulse[n] aller Art«.203 Ein prägnantes Beispiel für diese Entwicklung ist in Jamesons Augen Nam June Paiks TV-Garden aus dem Jahr 1977 (Abb. 34). Angesichts ständig wechselnder Bildfolgen auf zahlreichen unterschiedlich angeordneten Monitoren leitet der Betrachter die Bildwechsel in ihrer Differenz her und überwindet so die selbstverständliche Lesart einer inhaltlichen sowie formalen Gesamtheit des Werks.204 Diese und weitere hier nur am Rande angemerkte Analysen zur postmodernen Architektur oder zum Städtebau laufen, im Sinne Jamesons, auf eine programmatische Neuausrichtung der Ästhetik hinaus. Die Voraussetzung hierfür liegt in der folgenreichen Disqualifizierung des Einen – hier kann der Realraum, der Künstler oder das Kunstwerk gemeint sein – mit seiner an den Intellekt zurückgebundenen Metaphysik. Der neue 202 Ebd., 60. – Im Rekurs auf diesen Verlust des Individuellen erläutert Jameson im Folgenden kulturelle Erscheinungen der Nostalgie o. des Pastiche (Imitat), welche erst durch den Verlust des Signifikanten eine herausragende Bedeutung erhalten. Ebd., 61–71. 203 Ebd., 75. 204 Ebd., 75 f.

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Abb. 35 und 36: Jan Vermeer, Der Geograph, 1668 / 1669 (links). Edward W. Soja, Worldview from Redondo Beach, 1989.

»Welten-Raum« leitet sich aus dem alltäglichen Lebensraum ab und ermöglicht dem Subjekt »eine situationsgerechte Repräsentation dieser endlosen und eigentlich nicht repräsentierbaren Totalität«.205 Die neue Wissenschaft zur Kunst – »definiert als die eines Kartographierens der Wahrnehmung und der Erkenntnis (cognitive mapping)« – verweist nicht nur auf das Verständnis der Raumrepräsentation im Mentalen, sondern dokumentiert ebenfalls ein tiefes Misstrauen gegenüber dem faktischen Dasein.206 Und hier liegt schon das dritte Beispiel vor: Jan Vermeers (1632–1675) Geograph (1668 / 69) bannt den Realraum durch den Glauben der Wissenschaft an das Faktische mit den Praktiken der Beobachtung, Vermessung, Selektion, Generalisierung und Beschreibung in die zweite Dimension (Abb. 35). Die von Jameson geforderte Kartografie bricht diese dem Wissenschaftler vorbehaltene Tätigkeit auf und legt jedem Subjekt die Kartierung seines Lebenszentrums nahe (Abb.  36). Die räumliche Forschung zur eigenen Lage changiert zwischen »abstrakten Begriffe[n] der geographischen Totalität«, subjektiven Fakten sowie Daten.207 Eine Generalisierung für potenziell andere Nutzer ist unerheblich, da es keine allgemeingültigen Karten geben kann.208 Der Grund für diese Aufhebung wissenschaftlicher Zuständigkeit liegt in der Skepsis Jamesons gegenüber 205 Ebd., 97. 206 Ebd., 96. 207 Ebd., 97. 208 Ebd., 98.

1.3       Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn

alten Legitimations- und Ordnungsformen des Seins beziehungsweise von Raum. Seine Neudefinition: »Der kognitive Stadt-Plan, den wir im Auge haben, ist nicht einfach mimetisch, nachahmend im alten Sinne.« Bedeutsam wird vielmehr die »Repräsentation der imaginären Beziehung des Subjekts zu seinen / ihren realen Existenzbedingungen […], eine situationsgerechte Repräsentation dieser endlosen und eigentlich nicht repräsentierbaren Totalität«.209 Das auf die Spitze getriebene Symptom dieser Entwicklung ist die Nutzung von satellitengestützten Navigationssystemen. Die eigene Position bildet sich im digitalen Raum ab und vernetzt sich zum Zwecke der Orientierung mit anderen Personen beziehungsweise Ortsdaten. Der ursprüngliche Orientierungsprozess aus Leib und Gedanke wird im Auto neu durch die Navigation mit einer Ansage aus dem Off unterstützt. Alte, oftmals voneinander getrennte Praktiken, wie die erzählte, kartografische oder literarische Beschreibung von Raum, fallen in eine Simultanität beziehungsweise die alte Bild-Text-Kombinatorik wird intensiviert. Jenseits dieser Frage nach der leibhaftigen Präsenz im Raum helfen Social Media wie Facebook, den thematischen Horizont des Ichs zu markieren. Der eigene Standort zeichnet sich im eigentlich unübersichtlichen Wissensraum ab und lenkt den Wahrnehmungsprozess in geordnete Bahnen.210 Eine weitere Konsequenz dieses Vorgangs ist eine veränderte Wahrnehmung von Zeit. Nicht die Zeit in ihrer absoluten Form (Epoche, Fortschritt oder Tageszeit) tritt in das Bewusstsein, sondern ihr momentaner, simultaner Charakter. Für Jameson ergibt sich auch hier die Unterscheidung »zwischen einer persönlichen und einer kollektiven […] Chronologie, zwischen den Ereignissen individueller Erfahrung und der impliziten oder expliziten Erkennung von Augenblicken […], in denen eine ganze kollektive Zeitlichkeit greifbar wird«. 211

Die Hauptproblemstellung umreißt Jameson grundsätzlich mit dem Leitgedanken eines Gleichgewichts zwischen Individuum und Kollektiv, Kunst und Kultur oder Raum und Zeit. Vergleichbar, wenn auch deutlich kritischer als Soja, greift Jameson die populäre Analogie zwischen (Stadt-)Raum und Architektur in seiner Analyse 209 Ebd., 96 f. 210 Jameson thematisiert in diesem Kontext Kevin Lynchs The Image of the City, welches die postmoderne Stadt als einen Raum thematisiert, in dem die Menschen außer Stande sind, sich ihren eigenen Standpunkt bewusst zu erarbeiten. Ebd.

Zur grundsätzlichen Problematik von Digitalräumen u. Raumpraktiken siehe Ahrens 2004, 167f; Budke  /  K anwischer  /  P ott 2004; Buschauer 2010.

211 Jameson 2004, 24.

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auf. Seiner Ansicht nach unterliegt der »postmodernen Raumgestaltung« ein neuer Raum.212 Auch sieht er das Subjekt »heute in eine Wandlung des gebauten Raumes selbst mit einbezogen«.213 Allerdings ergebe sich so die Situation, »daß wir selbst, die menschlichen Subjekte, die in diesen neuen Raum hineingestellt sind, mit der Entwicklung nicht Schritt halten können«.214 Jameson stellt fest, dass die traditionellen Wahrnehmungskulturen den Strukturen des »Hyperraums« nicht entsprechen. Der Architektur beziehungsweise Kunst obliegt es, wie schon um 1770 im Kontext des Landschaftsgartens, das menschliche Sensorium für den neuen Raum zu schulen.215 Dass sämtliche dieser hier vorgetragenen Sichtweisen auf beziehungsweise Zugänge zur Geschichte im Allgemeinen und Kunstgeschichte im Besonderen große Herausforderungen beinhalten, liegt auf der Hand.216 Es drängen sich automatisch Gedanken zu einer Methodenkontroverse auf, um wissenschaftliche Kernauffassungen zur Autonomie des Werks, zu disziplinären Grenzen oder zur anti-metaphysischen Geschichtsschreibung zu verteidigen.217 Konfrontiert mit dieser Situation reagierten dann auch führende Forscher zum 212 Jameson 1986, 81. 213 Ebd. 214 Ebd. 215 Ebd., 82. – Er verdeutlicht am Beispiel von John Portmans Bonaventure Hotel (1977) in Los Angeles die neue Architektur als Trainingsraum des postmodernen Menschen. Aufgrund dieser spezifischen Interpretation sei an dieser Stelle ein längeres Zitat erlaubt: »Das Ganze befindet sich zwischen fünf symmetrischen Wohntürmen und ihren Fahrstühlen und ist von aufsteigenden Galerien umgeben, denen auf der Höhe der sechsten Etage eine Art Gewächshausdach aufgesetzt wurde. Es ist wohl so, dass man einen derartigen Raum nicht mehr mit der Vorstellung eines Raumvolumens erfassen kann, da seine Ausmaße einfach nicht abzuschätzen sind. […] Verloren geht die herkömmlicherweise zur Wahrnehmung von Perspektive und Volumen notwendige Distanz. Man steht bis zum Hals […] in diesem Hyperraum. Und wenn es zunächst so schien, daß die Unterdrückung von Tiefe, von der ich im Zusammenhang mit der postmodernen Malerei und Literatur gesprochen habe, in der Architektur schwerlich zu erreichen ist, so läßt sich wohl sagen, daß dieses verwirrende Eintauchen in den Raum für das Medium Architektur das formale Äquivalent ist«. Jameson 1986, S. 87 f. – Siehe dazu auch Sojas Ausführungen zum Bonaventure Hotel im Anschluss an Jameson: Soja 1990 (Anhang »Visuelle Quellen«). 216 Siehe die Grundmerkmale des spatial turn im vorhergehenden Kapitel. 217 Zum Thema populärer Kernauffassungen: Bis heute herrschen in der Kunstgeschichte große Vorbehalte gegenüber ästhetisch, universal o. global orientierten Werken. Ihnen wirft man vor, dass sie im ersten Falle »spekulativen« Ansätzen folgen o. im zweiten Falle per se »alten« ontologischen o. gar faschistoiden Mustern unterliegen. Diese Vorbehalte haben in Bezug zur NS-Forschung natürlich ihre Berechtigung. Als generelle Forschungshürde sind diese Vorbehalte jedoch zu überprüfen.

1.3       Die (Kunst-)Geschichte im Auge des turn

Raum, wie der Romanist Jörg Dünne (* 1969) und der Philosoph sowie Medienwissenschaftler Stephan Günzel (* 1971), mit einer explizit europäischen Antwort auf die US-amerikanischen Denkbemühungen. Dem komplexen Ansatz der Spatial-turn-Vertreter stellten die Autoren eine theoretische Analyse gegenüber, um »die Proklamationen des spatial turn im angelsächsischen Bereich mit ihren weitgehenden europäischen Wurzeln zu konfrontieren.«218 Die zentrale Methodik dieser Entgegensetzung bestand darin, relevante Raumtheorien seit Beginn des 17. Jahrhunderts thematisch und zeitlich geordnet vorzustellen.219 Angesichts der europäischen Tradition großer Raumstudien im Sinne Alexander Gosztonyis (1925–2011) oder Max Jammers (1915–2010) ist dieser Ansatz nachvollziehbar, wenn – auch mit Blick auf das methodologische Zentralanliegen der Aktivisten  – am Ende nicht überzeugend.220 Relativiert ist auch die Inszenierung einer europäischen Antwort, wenn man bedenkt, dass sich sämtliche US-amerikanischen Überlegungen dezidiert aus der europäischen Geistesgeschichte ableiteten.221 Neben Benjamin, Berger, Foucault, Lefebvre und Karl Marx (1818–1883) ist besonders Kant der Gründervater des spatial turn.222 Kant markiert für den Humangeografen Soja den Beginn der Bewegung. Er legt dar: »Kant steht noch für eine Äquivalenz von räumlichem und zeitlichem Denken; auch wenn die Neukantianer sich in dieser Hinsicht völlig von seinem Standpunkt lösen. Kant behauptete, dass Raum und Zeit gleichwertig wären. […] Bei ihm […] bekommt keine der beiden Dimensionen einen privilegierten Status. Doch nach Kant hat sich etwas ereignet, das relativ schwer zu ergründen ist.« 223

Schon das programmatische Zitat eines turn – in Anlehnung an Kants Formulierung einer »Wende im Denken« – verweist auf diese Wurzel. In der Hinwen218 Dünne / G ünzel 2006, 13. Ergänzend auch Günzel 2012. 219 Ebd. – Günzel diskutiert allein Lefebvre als Ideengeber für Sojas Konzept bzw. seine Fehlinterpretation zu Lefebvres Überlegungen. Siehe Günzel 2009, S. 11. – Zur US-amerikanischen Interpretation von Lefebvre siehe generell Schmid 2005. 220 Soja 2009, 243 221 Die Dimension eines inhaltlichen Analogons zwischen alten Raumbeiträgen u. den Absichten des spatial turn lässt die Publikation von Dünne / G ünzel 2006 unberücksichtigt. Möglicherweise ist diese Auslassung der Tatsache geschuldet, dass die Autoren nicht aus den historischen Wissenschaften kommen. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Theorie zum physischen Raum im Vordergrund stand u. nicht die Gedanken zur wissenschaftstheoretischen Konnotation. Im ersten Fall kann die enge Beziehung zwischen Alt u. Neu ohne Zweifel unentdeckt bleiben. 222 Soja 2009, 247. 223 Ebd., 246.

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dung zur kantischen Basis, so Soja, denken die Protagonisten des spatial turn seit 1800 erstmals wieder »unvoreingenommen über Raum und Zeit nach«.224 Im Übrigen steht Soja der europäischen Turn-Diskussion sehr kritisch gegenüber. Mit Blick auf die Publikation von Bachmann-Medick (2010) beklagt er die Inszenierung dieser Bewegung als Paradigmenwechsel oder »Neueinsteiger in die Wochencharts.« Er stellt fest: »Ich hingegen behaupte, dass der spatial turn von einer viel tiefer gehenden Wirkung ist als diese Klein-turn-Versammlung in der Sekundärliteratur. […] Ich fordere Sie wiederum dazu auf, Raum neu zu denken. Denn das ist meines Erachtens das Wesentliche, was sich jetzt mit dem spatial turn ereignet«. 225

1.4       K l assische R eferenzen des G eistes Den Beginn des spatial turn begleiteten wichtige kulturhistorische, politische und technische Wenden. Immer stärker hervortretende Globalisierungstendenzen in der Ökonomie, Ökologie oder in überstaatlichen Zusammenschlüssen (UNO etc.) schärften den Blick des Zeitgenossen für universalistische Analysen der Weltgesellschaft. Die Metaartikulation beziehungsweise -ikone dieser Entwicklung ist aus Sicht der Autorin die Globalstudie. Begonnen hatte diese Form des Forschungsberichts mit dem ersten Exposé des Club of Rome, einer 1968 zum Meinungsaustausch gegründeten interdisziplinären wie -nationalen Organisation. 1972 analysierte diese unter dem Titel Grenzen des Wachstums, das lokale Handeln in seiner globalen Wirkung unter den Aspekten der Industrialisierung, des Bevölkerungswachstums, der Unterernährung, Ausbeutung von Rohstoffreserven und Zerstörung des Lebensraums (Abb. 37). Die Untersuchungsergebnisse fassten erstmals Computersimulationen zusammen, die dem Leser die angenommenen Entwicklungen visuell verdichtet vermittelten (Abb. 38). Dass sich die Allgemeinverständlichkeit bei dieser Form der visuellen Darlegung verlor, war den Autoren bewusst. Ein Exempel: Die Regelkreise zu Bevölkerung, Kapital und Dienstleistungen bilden dem Leser den Wirkungsablauf des Zusammenspiels zwischen Bevölkerungsentwicklung, Kapitalformen und Rohstoffen ab (Abb. 39). Dieser sehr abstrakte Anspruch eines Nachvollzugs 224 Soja rekurriert in seinen Überlegungen allein auf Kants Physische Geographie aus dem Jahre 1801. Unerwähnt bleibt die thematische Vielschichtigkeit der Raumkonzepte Kants (ab 1750). Kant 1801; Soja 2009, 246. – In der Sekundärliteratur ist der Kant-Bezug bisher eher marginalisiert worden. Zwar wird die Raumauffassung Kants in Studien zum spatial turn erwähnt; eine an der Quelle ausgerichtete Untersuchung erfolgt jedoch nicht. Daraus resultieren z.T. Fehleinschätzungen zu Kants Anliegen. So etwa bei Krämer 2007. 225 Soja 2009, 243.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Abb. 37: Meadows et al. 1972, Frontispiz.

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Abb. 38 und 39: Meadows et al. 1972, Computersimulationen zum Weltmodell (links). Meadows et al. 1972, Rückkoppelungsschleifen für Bevölkerung, Kapitel, Dienstleistungen und Rohstoffe.

von Wechselwirkungen potenziert sich in seinem Schwierigkeitsgrad in der Gesamtdarstellung des Weltmodells. Dieses kommt nicht mehr ohne eine zweiseitige Legende aus (Abb. 40–41). Zusätzlich erläutern die Autoren: »Das Weltmodell ist hier als Flußdiagramm dargestellt, wie das für dynamische Systeme üblich ist. Physikalische Größen, die direkt messbar sind, sogenannte Pegel, sind durch Rechtecke symbolisiert; Raten, die diese Pegel beeinflussen, durch Ventilsysteme; zusätzliche Variablen, welche die Raten beeinflussen, durch Kreise. Zeitverzögerungen werden durch Kombinationen von Rechtecken gekennzeichnet. Reale Bewegungen von Menschen, Gütern, Geld sind mit durchgezogenen Pfeilen, kausale Beziehungen mit gestrichelten Pfeilen angegeben, die keine Wirkung auf das Modellverhalten ausüben.« 226

Die Zielrichtung einer Analyse von weltumspannenden und parallel verlaufenden »Trends« verfolgte auch der über 1500-seitige Global 2000 Report.227 Er entwarf im Auftrag der US-amerikanischen Regierung (1977) das amerikanische »Weltmodell« unter den Aspekten der Bevölkerung, des Bruttosozialprodukts, 226 Meadows et al 1972, 90. 227 Siehe Kaiser 1981.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Abb. 40: Meadows et al. 1972, Flussdiagramm des Weltmodells.

Abb. 41: Meadows et al. 1972, Legende zum Flussmodell.

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des Klimas, der Technologie, der Nahrungsmittel und Energie.228 Die Ergebnisse waren aus Sicht der Autoren alarmierend. Sie fassten zusammen: »Wenn sich die gegenwärtigen Entwicklungstrends fortsetzen, wird die Welt im Jahre 2000 noch überbevölkerter, verschmutzter, ökologisch weniger stabil und für Störungen anfälliger sein als die Welt, in der wir heute leben. Ein starker Bevölkerungsdruck, einer starker Druck auf die Ressourcen und Umwelt lassen sich deutlich voraussehen. Trotz eines größeren materiellen Outputs werden die Menschen auf der Welt in vieler Hinsicht ärmer sein, als sie es heute sind. […] Die notwendigen Veränderungen übersteigen die Möglichkeiten jeder Nation.« 229

Basierend auf außerordentlich große Datenmengen entwickelte man im Global 2000 Report analytische Modelle, Statistiken und Karten, die den komplexen Erläuterungstext ergänzten (Abb. 42). Die Kennzeichnung einer spezifischen Entwicklung, beispielsweise die Verteilung der Weltbevölkerung, erfolgte in der Studie unter dem Einsatz von kultur- und sprachüberschreitenden Größen (Zahlen) und Symbolen. Die grafische Repräsentation prognostischen Denkens erlebte einen Höhepunkt und grenzte sich vom Vorgehen der Vorgängerstudie

Abb. 42: Kaiser 1981. Population. 228 Am Ende setzte der Report dieses Modell in Beziehung zu fünf weiteren Weltmodellen, wie das Lateinamerikas, der UNO o. der vormals sogenannten 2. /  3 . Welt. 229 Kaiser 1981, 21–25.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

ab: Symbol und Zahl erläuterten nun komplexe Zusammenhänge auf einen Blick. Der Text verlor seine jahrhundertealte Deutungshoheit und konnte – je nach Vorliebe – zur reinen Nebensache avancieren. Am Ende des Global 2000 Report stellt sich das hypothetische Erfassen und Deuten der neuen Welt aus Sicht Amerikas in Opposition zu fünf weiteren Weltmodellen, wie das Lateinamerikas, der UNO oder der in den 1970erJahren sogenannten 2. beziehungsweise 3. Welt (Abb.  43–44). Diese Gegenüberstellung verdeutlicht den Bruch mit dem traditionellen Gedanken einer weltlichen Einheit. Die Weltgemeinschaft produzierte keine einheitliche Vorstellung mehr von Welt beziehungsweise Raum. Welt bezeichnete im Verständnis der Zeitgenossen einen zersplitterten und vor allem dynamischen Raum mit vielen Globalisierungsbewegungen wie Deutungshorizonten. Kartografieren lässt sich dieser Raum nur noch in Bezug zu einem thematischen sowie numerischen Aspekt oder aus Sicht des handelnden Subjekts. Welt bildet sich nicht mehr als Ganzes aus der Vogelperspektive in der objektiven, messbaren Karte ab. Sie ist nun subjektives Territorium mit einer imaginären Raumkarte. Auf diesen Paradigmenwechsel verweist auch Jameson in seiner Analyse zu Kevin Lynchs (1918–1984) The image of the City von 1960:

Abb. 43 und 44: Kaiser 1981. Lateinamerikanisches Weltmodell (links). Kaiser 1981. World 3.

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t »Aus Kevin Lynchs Standardwerk […] kann man lernen, daß die entfremdete Stadt vor allem ein Raum ist, in dem die Menschen nicht in der Lage sind, den eigenen Standort oder die städtische Totalität, der sie ausgeliefert sind, bewusstseinsmäßig zu verarbeiten und zu lokalisieren. […] Eine Aufhebung der Entfremdung in einer dieser Städte, wie wir sie kennen, hängt allein davon ab, ob die praktische Rückeroberung eines Gefühls für den Standort und für die Konstruktion und Rekonstruktion von Markierungspunkten gelingt: Anhaltspunkte, die im Gedächtnis bewahrt werden können und die das Subjekt mit seinen momentanen Bewegungen und Gegenbewegungen gewissermaßen kartographisch aufnehmen und modifizieren kann.« 230

Setzt man diese Diagnose in einen Bezug zur gesellschaftlichen beziehungsweise politischen Realität, verstärkt sich der Eindruck eines Wandels grundlegender Rahmenbedingungen. Um 1980 hatten die nachkriegszeitlichen Werte einer Weltgemeinschaft ihre Bedeutung eingebüßt. Bündnisse waren gemacht. Die Systemkonkurrenz zwischen den westlich-kapitalistischen und östlich-kommunistischen Staaten hatte sich etabliert und potenzierte sich periodisch im Weltlauf um die wissenschaftliche Vorherrschaft in der Raumfahrt. Das Informations-, Kommunikations- wie Unterhaltungswesen egalisierte und globalisierte sich.231 Es rückte der Wunsch nach Individualisierungs-, Emanzipations- beziehungsweise Partizipationskonzepten und einer grundsätzlichen Entspannung in den Vordergrund. Das Motiv »eines individuell befriedigenden« und selbstbestimmten Lebens löste die Strahlkraft des Blockdenkens alter Klassen ab und verselbstständigte sich zum Leitmotiv einer ganzen Generation. Erneut auftretende Radikalisierungsphasen des Kalten Krieges am Ende der Siebziger Jahre konnten die Idee einer Aufhebung bipolarer und doktrinärer (Welt-)Konzepte nicht mehr aufhalten. Politische Bewegungen wie die Solidarność (ab 1980), die DDR-Friedensbewegung (ab 1980), der Pekinger Frühling (1978) oder die Perestroika (ab 1986) forderten den Ostblock heraus. Jenseits dieser drängenden und individualisierenden Dimension nahm das öffentliche Bewusstsein zugleich eine wirtschaftliche Homogenisierung wahr. Mit der Etablierung multinationaler Unternehmen oder der internationalen Finanzindustrie waren nationale Grenzen gefallen. Ereignisse wie die Ölkrise von 1973 mit ihrem globalen Wirtschaftsabschwung verdeutlichten den Grad globaler Abhängigkeit. Auch die Universitäten mit ihrer Wissenschaftskultur unterlagen in dieser Zeit einem dramatischen Wandel. Als Konsequenz der transnationalen studentischen Wegmarke 1968 politisierte sich die Universität, akademischständische Traditionen lösten sich auf und es kam zum hochschulpolitischen Umbau mit dem Schwerpunkt eines vereinheitlichten und standesoffenen 230 Jameson 1986, 96. 231 Siehe dazu Daniel /  S childt 2010.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Studienkonzepts.232 Auf kontinentaleuropäischem Boden erlebten die Geistesund Sozialwissenschaften eine intensive Legitimationsphase mit Auf- und Abschwüngen. Parallel dazu etablierten sich im angloamerikanischen Raum die cultural studies. Diese traten an, die klassischen Fächer der Geisteswissenschaften angesichts einer sich internationalisierenden Wissenschaft zu beerben.233 Zentrales Anliegen dieser Neuorientierung war die Ausweitung der Humanwissenschaften auf den Begriff der »Kultur«, welcher als einziger »potentiell den ganzen Gegenstandsbereich dessen abdeckt, was die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte geistig hervorgebracht hat und was als der große komplexe Zusammenhang von menschlichen Bewusstseinswelten, Handlungen, Beziehungen, Werken, symbolischen Systemen und Institutionen und ihrem Wandel in der Zeit gelten kann«. 234

Die Wissenschaftskultur der nachfolgenden 90er-Jahre mit dem Gedanken der Universität als Dienstleisterin der Gesellschaft unterstützte diese Entwicklung und legte den Grundstein für ein praxisorientiertes Studium der Humanwissenschaften. Für die Geisteswissenschaften – und mithin die Kunstgeschichte – bedeutete dieser Zuschnitt nicht nur eine erneute Zuspitzung in der wissenschaftlichen Legitimation, sondern eine weitere prekäre Konfrontation mit »neuen« Disziplinen auf dem hart umkämpften Markt der Wissenschaften. Neben dem kulturellen Aufweichen der Fachgrenze etablierte sich zusätzlich der Ansatz eines auf die Visualität ausgerichteten Faches: der visual culture. Diese fasst alles, »was Menschen mit einem gewissen Grad an entwickelter Vielfalt und innerer Ausdifferenzierung tun, Anspruch auf den Kulturbegriff hat, speist auch einen wissenschaftlichen shift weg von kanonisierten hochkulturellen Artefakten hin zu jedweder Form menschlicher, sozial relevanter Visualität. […] Dieser Impuls einer Ausdehnung des akademischen Blicks auf Bilder jenseits der Kunst prägt auch das Verständnis der deutschen Bildwissenschaft(en)«. 235

Sämtliche der hier kurz beschriebenen zeittypischen Muster einer Neudefinition von Grenze, Funktion und Inhalt in Gesellschaft, Politik, Technik und Wissenschaft um 1980 lassen sich für die Gesamtheit aller hier relevanten Zeiträume erkennen. Das Lebensgefühl um 1770 oder 1920 drückte sich ebenfalls 232 Müller-Böling 2010, 355 f., u. Koch 2008, ab 225. 233 Zum Prozess der universitären Internationalisierung in der Nachkriegszeit siehe Rüegg 2010, 5. Band, 39. 234 Wiersing 2007, 691. 235 Riemmle /  S tiegler 2012, 18–19.

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im Grundton umfassender Veränderungen aus.236 Politische Umbruchsituationen, wie die Französische Revolution und der Erste Weltkrieg, standen vor der Türe beziehungsweise waren gerade überwunden. Durch Physik, Mathematik und Technik revolutionierte sich das gesellschaftliche und wissenschaftliche Weltbild. In dieser Dynamik verschoben sich die universitären Gewichtungen und die Geisteswissenschaften kamen angesichts der naturwissenschaftlichen Erfolge unter Druck. Eine erste Erläuterung: Kants kritische Auseinandersetzung mit der Philosophie im Allgemeinen und der Metaphysik im Besonderen ist ohne die Popularität der newtonschen Philosophie und Physik um 1760 nicht verständlich. 1686 hatte Isaac Newton (1643–1727) seine Philosophiae Naturalis Principia Mathematica veröffentlicht. Das 600-seitige Werk besteht aus drei Büchern, welche dem seit der Antike geltenden logisch-mathematischen Formalauf bau aus Axiom, Definition, Gesetz, Lemma, Korrelar und Proposition folgten.237 Zentrales Erkenntnisinteresse Newtons war es nicht, die alten theoretischen Bestimmungen des Raumes als leeren238, eines mit Wirbeln gefüllten Behälters239 oder gar als Attribut Gottes240 zu widerlegen. Ihn fesselte die Frage, inwieweit sich Bewegungen von Körpern in ihren Ursachen, Wirkungen und Unterschieden erschließen lassen.241 Im ersten Buch leitete Newton seine berühmten drei Axiome der Bewegung sowie die Gravitation mathematisch her.242 Im Zweiten stellte er die Forschungsergebnisse zur Bewegung von Körpern vor. Das dritte Buch fasste die Erkenntnisse in einen größeren astronomischen Kontext. Newton erklärt dazu: »In den vorangegangenen Büchern habe ich Prinzipien für die Physik dargelegt, allerdings keine physikalischen, sondern nur mathematische, nämlich damit auf deren Grundlage physikalische Dinge behandelt werden können. […] Es bleibt uns nun noch übrig, auf der Grundlage dieser Prinzipien den Aufbau des Weltsystems [Himmelserscheinungen; Anm. JB] auseinanderzusetzen. Über dieses Thema habe ich das dritte Buch in allgemeinverständlicher Form abgefaßt, damit es von recht vielen gelesen werden kann.« 243 236 Im Folgenden werden nicht alle gesellschaftlich, politisch oder technisch relevanten Aspekte für die Entwicklung genannt. Vielmehr erfolgt eine Konzentration auf universitär-wissenschaftliche Kontexte. 237 Simonyi 1990, 262. 238 Blaise Pascal (1623–1662). 239 René Descartes (1596–1650). 240 Benedictus de Spinoza (1623–1677). 241 Newton 1999, 32. 242 Ebd., 33 f. 243 Ebd., 379.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Die Forschungsprinzipien der Physik erklären für Newton ebenso den Auf bau der Welt und lassen sich qua Volksaufklärung von jedem Einzelnen nachvollziehen.244 Die göttliche Schöpfung entziffert und vermittelt sich durch Wissenschaft. Der Mensch tritt neben Gott. Sein Analogon findet dieses Verhältnis im Konzept des relativen und absoluten Raumes. Relativ ist Raum in der subjektiven Alltagserfahrung; seine Silhouette ist die Geometrie.245 In absoluter Form ist Raum – neben seiner physikalischen Bestimmung246 – dauerhaft, unendlich und durch göttliche Prinzipien geprägt. Schon der britische Astronom, Mathematiker und Mitarbeiter Newtons Edmund Halley (1656–1742) betonte 244 »1. Regel: Man darf nicht mehr Ursachen für die in der Natur vorkommenden Dinge zulassen, als wahr sind und zur Erklärung der Erscheinungen dieser Dinge ausreichen. […]

2. Regel: Folglich muss man, soweit es möglich ist, den in der Natur vorkommenden Wirkungen von der gleichen Art die gleichen Ursachen zuschreiben. Beispielsweise dem Atem beim Menschen und beim Tier, dem Herabfallen der Steine in Europa und in Amerika, dem Licht des Herdfeuers und der Sonne, der Lichtreflexion auf der Erde und auf den Planeten.



3. Regel: Die Qualität der Körper, welche weder gesteigert noch gemindert werden können und welche allen Körpern zukommt, an denen man Experimente anstellen kann, muss man für Qualitäten sämtlicher Körper halten.« – Am Ende lassen sich drei besondere Aspekte herausheben. Die 1. Regel besagt: keine Hypothese; 2. Regel: Gleichheitsprinzip; 3. Regel: Überprüfbarkeit. Ebd., 380.

245 »Zeit, Raum, Ort und Bewegung sind allen wohlbekannt« u. werden deshalb nicht erläutert. Ebd., 27. – An anderer Stelle äußert er sich detaillierter: »Wir bestimmen nämlich aufgrund der Stellungen und der Abstände der Dinge von irgendeinem Körper, den wir als unbeweglich ansehen, sämtliche Orte und beurteilen von da an auch alle Bewegungen in Bezug auf die soeben genannten Orte insoweit, wie wir feststellen, dass sich die Körper von eben diesen Orten weg verlagern. […] Bei physikalischen Dingen muss man sich aber von den Sinnen frei machen.« Ebd., 29. 246 Newton definierte den absoluten Raum als »seiner Natur nach ohne Beziehung zu etwas Äußerem, [er, Anm. JB] bleibt immer gleichartig und unbeweglich. Ein relativer Raum ist für diesen Raum ein Maß, beziehungsweise eine beliebige bewegliche Dimension, die von unseren Sinnen durch ihre Lage zu den Körpern bestimmt wird und von den gewöhnlichen Leuten an Stelle des unbeweglichen Raumes benutzt wird«. Ebd., 28. – Der absolute Raum ist als fernwirkendes Kraftzentrum zu verstehen, welches den relativen Raum bestimmt. Auslöser dieser Entdeckung war das berühmte Eimerexperiment. Dazu versetzte Newton einen mit Wasser gefüllten u. an einer Schnur befestigten Eimer in eine Drehung. Er beobachtete, dass sich zu Beginn die Drehbewegung des Eimers nicht in der Wasseroberfläche fortsetzte: d. h., der Eimer verhielt sich relativ zu seinem Inhalt. Nach einiger Zeit reagierte das Wasser u. rotierte konkav. Nach dem Anhalten des Eimers rotierte die Wasseroberfläche weiter. Eimer u. Wasser verhalten sich relativ zueinander. Für Newton lag der Beweis für den absoluten Raum vor, da die gekrümmte Oberfläche weder von der Bewegung des Wassers noch vom Eimer abhängig sein konnte – sie musste sich demnach auf etwa Absolutes beziehen.

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das Miteinander von Raumwissenschaft und Metaphysik. Er deutet für die Leser der Principia: »Seht nun den Aufbau des Himmels, das Gleichgewicht seiner Materie, seht die Berechnungen des Jupiters, wie auch die Vorschriften, die der Allerzeugende Schöpfer befolgte, zur Grundlage seines Werkes ernannte, als er erschuf den Kosmos.« 247

Für Newton wird Raum durch Gott konstituiert. Wie der Mensch den relativen Raum mit seinem Körper oder den Abmessungen zu anderen Körpern bestimmt, bestimmen die Eigenschaften Gottes den absoluten Raum. Newton stellt Gott wie folgt vor: Er »ist ewig und unendlich, allmächtig und allwissend, das heißt, er währt von Ewigkeit zu Ewigkeit und ist von Unendlichkeit zu Unendlichkeit zugegen. Er lenkt alles und erkennt alles, was geschieht bzw. geschehen kann. Er ist nicht die Ewigkeit und die Unendlichkeit, sondern er ist ewig und unendlich. Er ist nicht die Dauer und der Raum, sondern er währt und ist zugegen. Er währt immer und ist überall zugegen, und konstituiert dadurch, daß er immer und überall existiert, die Dauer und den Raum.« 248

Die göttlichen wie menschlichen Eigenschaften strukturieren Raum und Zeit (Dauer) in unterschiedlicher Weise. Dabei darf Gott jedoch nicht als ein personales Gegenüber verstanden werden. Gott ist das Naturprinzip.249 Über ihn »auf Grundlage der Naturerscheinungen zu sprechen gehört zur Physik«.250 Newtons ungewöhnliche Interpretation der göttlichen Schöpfungskraft entzündete  – trotz prominenter Kritik 251  – einen wahren Kult um das neue Weltbild und die Person Newtons selbst.252 Der Newtonian Moment (Morechai 247 Edmund Halley, Widmung in ebd., 1. – Auch Halley hebt das Entziffern des göttlichen Plans durch den Menschen mit der Bemerkung: »Preisgeben muß der besiegte Himmel sein tiefstes Geheimnis.« 248 Ebd., 514. – An anderer Stelle ist zu lesen: »Wird es nicht aus den Naturerscheinungen offenbar, dass es ein unkörperliches […] Wesen geben muss, welches in unendlichem Raume, gleichsam seinem Empfindungsorgan, alle Dinge in ihrem Innersten durchschaut und sie in unmittelbarer Gegenwart völlig begreift«? Ebd., 572. 249 »Er ist nicht nur mit seiner Wirksamkeit allgegenwärtig, sondern auch mit seiner Substanz, denn ohne Substanz kann keine Wirksamkeit bestehen.« Ebd., 514. – Gott ist »nicht der Ort, nicht der Raum, sondern er ist […] im Ort und im Raum, und zwar immer und überall«. Ebd., 569 f. 250 Ebd., 515. 251 Besonders der deutsche Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), Newtons größter Konkurrent im raumwissenschaftlichen Grabenkampf, trug sein Unbehagen deutlich vor. 252 Auf eine kurze u. unvollständige Formel gebracht erklärte Newton der Welt die Gezeiten, die

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Feingold) drang ab 1700 in die Alltagskultur, die kunsttheoretischen Entwürfe oder das architektonische-künstlerische Schaffen ein.253 Kant begeisterte sich jedoch besonders für das wissenschaftsmethodologische Vorgehen Newtons. Seines Erachtens überwand Newton die traditionelle und antike Beschreibung sowie faktische Darstellung von Natur. In der traditionellen Physik war es bis anhin üblich, das »Allgemeine auf das Besondere« zu beziehen und miteinander zu verschränken. Mit und nach Newton ging man nicht mehr »von dem Allgemeinen, z. B. dem Begriff der Schwere aus, um von ihm aus die Erscheinungen der Schwere zu erklären, sondern sie stellten die – wie Kant sagt – ›Data‹ des Problems: des freien Falls, der Planetenbewegung, von Ebbe und Flut sicher, ermittelten quantitativ-fassbare und messbare Zusammenhänge dieser Vorgänge […] und fragten erst dann, ob sich diese Phänomene auf einen gemeinsamen Begriff bringen ließen. […] Das neuzeitliche Denkprinzip, in dem der Funktionsbegriff vor dem Dingbegriff den Vorrang hat, hatte sich durchgesetzt. Man war von dem antiken Prinzip ›Das Sein bestimmt das Verhalten‹ zu dem Prinzip ›Das Verhalten bestimmt das Sein‹ übergegangen, zu einem Denkprinzip, das durch den Begriff der Relation und des Verhältnisses beziehungsweise der […] Ordnungen konstituiert wurde.« 254

Kants Ziel war es nun, das wissenschaftliche Denken und Arbeiten der Physik für die Philosophie fruchtbar zu machen. In diesem Sinne fragte er schon 1761 / 62 disziplinkritisch: »Sind die metaphysischen Wissenschaften derselben Evidenz fähig wie die mathematischen?«255 Dieses Eintreten für eine philosophische Neuausrichtung mit Hilfe der Physik plausibilisiert sich auf mehreren Ebenen. Einerseits agierte der junge Kant in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche Großprojekte einer grundsätzlichen wissenschaftlichen Neuordnung verschrieben hatten, man denke nur an die Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métier (1751) von Denis Diderot (1713–1784), verschrieben hatte.256 Andererseits galt es, der institutionellen Schwäche in Gravitation, die Bewegung des Mondes u. die Optik. Er veränderte den Forschungsbegriff, indem er die Gleichberechtigung zwischen den Dingen annahm, sich für eine Überprüfbarkeit von Wissenschaft (durch das Experiment) einsetzte, die Hypothese ablehnte o. für ein Gleichgewicht zwischen der rationalen (Geometrie) u. der praktischen Mechanik (Technik) eintrat. In Bezug auf Raum /  Z eit legte er beiden dasselbe Prinzip zugrunde u. legte die formale Repräsentation von Raum / Z eit in das Prinzip Gottes bzw. in das Subjekt. – Zu Newtons Optik siehe Newton 1983. 253 Siehe dazu Burbulla 2010 u. Feingold 2004. 254 Wahsner 2001, 382. 255 Ebd. 256 Diderot  / A lembert 1751.

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den Geisteswissenschaften zu begegnen. Einzelne geisteswissenschaftliche Disziplinen befanden sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts entweder im Aufbau oder kämpften mit Abwertungsprozessen. Dies betraf auch die Kunstgeschichte257 wie die Philosophie. Letztere war, nach Meinung Kants, zur »Magd« der juristischen beziehungsweise theologischen Studien verkommen. Er kritisierte den universitären Auf bau, der den Wert der Fächer nicht nach dem »Gelehrtenstand«, sondern nach den Interessen der Regierungen mit ihrem »Einfluss auf das Volk« bemesse.258 Angesichts dieser Situation sei es die Aufgabe der Philosophie, ihre Autonomie wie methodologische Vorreiterrolle für alle Wissenschaften herauszuarbeiten und zu betonen. 1798 wird Kant diese 257 Auch der Kunst mit ihrer »schönen Wissenschaft« stand eine Wende bevor, welche in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in die Ästhetiken Alexander Gottlieb Baumgartens (1714–1762) oder Johann Christoph Gottscheds (1700–1766) mündete. Die wissenschaftliche Ordnung vor diesen Entwicklungen orientierte sich an der Einheit von Naturwissenschaft, Theologie u. Philosophie. Z.T. war diese Sachlage der profanen Tatsache geschuldet, dass im europäischen Sprachraum unterschiedlichste Berufsgruppen das Schreiben zur Kunst übernommen hatten. Neben Künstlern äußerten sich Dilettanten, Literaten, Philosophen, Theologen o. gar Naturwissenschaftler, was zu einem Potpourri von Textsorten u. Funktionshorizonten führte. Der Wunsch nach einem theoretischen Disput zur Kunst erschwerte sich durch eine Vieldeutigkeit im Sprachgebrauch. Es war bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht die Regel, unter dem Begriff der »Kunst« allein ein schöpferisches Gestalten mit seinen Objekten zu verstehen. Kunst als Begriff ließ sich ebenfalls als Synonym für Wissenschaft o. als Bezeichnung handwerklicher Tätigkeit – wie der Jagd-, Mess- oder Kochkunst – anwenden. Ferner beschränkte die Mitgliedschaft in den artes mechanicae, den praktischen o. auch »vulgären« Künsten. Diese mussten sich den artes liberalis, den freien Künsten, mit ihren Einzelfächern aus Logik u. Mathematik unterordnen. Noch um 1750 las man im zedlerschen Universallexicon aller Wissenschaften und Künste: »Ars, die Kunst, der Fleiß, die Geschicklichkeit […], die Übung in denen Studiis und freyen Künsten, die man auch Artes liberalis heisset. […] Ars illiberalis, die mehr mit den Händen als mit dem Kopff verrichtet wird z. B. ein Bild mahlen, Lasten tragen etc. Ars liberalis, eine freye Kunst, die mit dem Verstand, nicht mit der Hände Arbeit, verrichtet wird.« Zedler 1732–1754, Stichwort: Kunst, 0844. Die prominente Interpretation von Kunst als handwerkliche Beschäftigung u. Geschicklichkeit darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich in ihrer theoretischen Grundlegung seit der Antike mit den weit höher geschätzten Disziplinen der Philosophie, Theologie u. der heutigen Naturwissenschaft verband u. sich in einem ständigen Intellektualisierungsprozess befand. Diese theoretische Annährung an die artes liberalis relativierte hinter den Kulissen die institutionelle Abwertung der Kunst. Allerdings blieb diese bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts omnipräsent. Die Autonomiebewegungen der Kunst erläutert z. B. Ullrich 2005, ab 75. – Die »Schöne Wissenschaft« behandelt Strube 1990. 258 Kant 2005, 17.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Forderung mit seiner Schrift Der Streit der Fakultäten selbst erfüllen. Er präsentierte der lesenden Öffentlichkeit sein Konzept der Philosophischen Fakultät, die sich nach theoretischem und historischem Erkenntnisinteresse trennt. Sämtliche dort versammelten Wissenschaften zeichnen sich, so Kant, als freie Wissenschaften aus und seien methodologische Kontrollinstanzen für alle Disziplinen.259 Mit dieser Klarstellung bereitete Kant nicht nur die humboldtsche Universitätsreform des 19. Jahrhunderts vor, sondern bestätigte das wechselseitige Mentorat zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften, welches in den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts eine Renaissance erlebte. Das zweite Beispiel für das Phänomen einer umfassenden Veränderung und Durchdringung von Gesellschaft, Kultur, Kunst und Technik widmet sich dem Physiker Albert Einstein (1879–1955), den »Newton der Moderne«. Seine ab 1905 entwickelte Relativitätstheorie veränderte nicht nur das kosmologische Bild der Weltgemeinschaft, sondern wirkte auch in sämtliche Lebensbereiche ein. Doch kurz zum Inhalt der einsteinschen Forschungen: Einstein beschäftigte sich in seiner Relativitätstheorie unter anderem mit Raum / Zeit und der Gravitation. Der Unterschied zwischen der speziellen (ab 1905) und der allgemeinen Relativitätstheorie (ab 1916) bestimmt sich über den Inhalt. Seine erste Studie setzt sich mit der universellen Struktur von Raum / Zeit auseinander, wie sie schon Newton gefesselt hatte. Einstein gelang es nachzuweisen, dass Raum / Zeit nicht absolut, sondern relativ, das heißt abhängig vom Betrachter und dessen Standpunkt, sind.260 Die zweite Arbeit beschäftigt sich mit dem Symbol newtonscher Forschung: der Gravitation. Einstein legte dar, dass die Gravitation nicht als bahngebende wie richtungsweisende Kraft fungiert. Vielmehr ist sie als Raumkrümmung zu verstehen, die sich aus dem Zusammenspiel von Materie und Raum ergibt. Er ging davon aus, dass Raum sich durch die sich in ihm bewegende Materie verändere. Demzufolge ist der Raum »ohne Massen […] flach; Licht bewegt sich gradlinig […] Sterne mit ihrer großen Masse verkrümmen den Raum, so dass Lichtstrahlen der Krümmung folgen«.261 In Konsequenz verlieren Raum / Zeit den von Newton noch postulierten absoluten und gleichbleibenden Status. Einstein erläutert diesen Paradigmenwechsel: »Früher glaubte man, wenn alle Dinge aus der Welt verschwinden, bleiben noch Raum und Zeit übrig. Nach der Relativitätstheorie jedoch verschwinden mit den Dingen auch Raum und Zeit.«262

259 Ebd., 18 f. 260 Harf 2008, 100. 261 Ebd., 99. 262 Zitiert nach ebd., 98.

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Der breiten Masse wurden die einsteinschen Theorien im Spätsommer 1919 zugänglich. Auslöser war die Sonnenfinsternis vom 29. Mai desselben Jahres, welche endlich die experimentelle Bestätigung seiner Theorie ermöglichte.263 Bis zum Herbst etablierte sich die Darstellung der Ergebnisse in der internationalen Presse, um im November in Headlines wie »Wissenschaftliche Revolution« (Times), »Lichter am Himmel schief« (New York Times) oder »Eine neue Größe der Weltgeschichte: Albert Einstein, dessen Forschungen eine völlige Umwälzung unserer Naturbetrachtung bedeuten« (Berliner Zeitung) zu münden.264 Auf der Welle des Erfolgs entwickelten sich zügig Popularisierungsstrategien der im Grundsatz schwer zugänglichen Forschung.265 Die 1917 veröffentlichte und von Einstein selbst verfasste »gemeinverständliche« Relativitätstheorie erlebte zahlreiche Neuauflagen, auch wenn der Physiker von einer populärwissenschaftlichen Vermittlung seiner Theorie im Grunde nicht überzeugt war.266 1923 drehte Max Fleischer (1883–1972) eine filmische Erklärung der Relativitätstheorie.267 Universitäten boten populärwissenschaftliche Einführungsseminare an.268 1923 deuteten unter vielen anderen Cassirer und Josef Winternitz (1896–1952) die Relativitätstheorie mit Unterstützung Einsteins philosophisch aus.269 1924 veröffentlichte Alfred C. Elsbach (o. A.) eine Schrift zu Kant und Einstein. Untersuchungen über das Verhältnis der modernen Erkenntnistheorie zur Relativitätstheorie.270 Auch die Architektur, Literatur, Kunstgeschichte und -theorie verfielen dem Einstein-Fieber und setzten sich in ihren Arbeiten besonders mit dem relativen Raum271 oder dem wissenschaftstheo-

263 Siehe dazu Bührke 2004, ab 118. 264 Ebd., ab 119. 265 Mit dem Erfolg setzten jedoch auch die Angriffe ein. Besonders das pazifistische Bekenntnis Einsteins forderte die Kritik rechtskonservativer Kreise heraus. Vgl. die Darlegung bei Frank 1979, ab 263. 266 Siehe Einstein 1917. – Noch 1921 hält er in einem Interview fest: »Ob mir das lächerlich vorkommt, diese hier wie dort festzustellende Aufregung der Massen über meine Theorien, von denen die Leute doch kein Wort verstehen? Es ist komisch und auch interessant zu beobachten. Ich bin sicher, dass es das Mysterium des Nicht-Verstehens ist, was sie so oft anzieht.« Zitiert nach Bührke 2004, ab 121. 267 Fleischer 1923 (Anhang »Visuelle Quellen«). 268 Bührke 2004, ab 122. 269 Cassirer 1921; Winternitz 1923. – Eine Zusammenstellung der Reaktionen auf Einsteins Welt findet sich in den Gehrcke Papers am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. (Anhang »Verzeichnis der Weblinks«). 270 Elsbach 1924. 271 Müller 2007 o. Müller 2004.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

retischen Ansatz272 Einsteins auseinander.273 Auf wissenschaftstheoretischer Ebene resultierte daraus, wie schon die Schriften von Cassirer und Winternitz andeuten, eine intensive Austauschphase. Nicht nur die zeitgenössische Philosophie beschäftigte sich mit Einstein, sondern auch Einstein beschäftigte sich mit der Philosophie. Er bezog sich dezidiert und trotz seiner Ablehnung des kantischen Apriorismus auf die Lehre Kants. Aus seiner Sicht war es Kant gelungen nachzuweisen, dass »das Wirkliche uns nicht gegeben ist, sondern aufgegeben (nach Art eines Rätsels), dass heißt, dass es mittels der Begriffe verstanden werden kann, deren Inhalt sich einzig auf Bewährung gründet«.274 Zudem weisen die Forschungen Richard Stuhlmann-Laeisz nach, dass Einstein mit Kant wissenstheoretische Grundannahmen teilte. Im Verständnis Stuhlmann-Laeisz’ stellten beide Naturphilosophen »das Unternehmen empirischer Physik unter bestimmte Adäquatheitsbedingungen […] Diese Bedingungen ergeben sich […] aus Überlegungen über die Struktur von Wissen und Erkenntnis. Sie haben keine Unterstützung an empirischen Unterstellungen und können von solchen auch nicht widerlegt werden. Deshalb sind es apriorische Bedingungen, und ebenfalls a priori ist die Forderung an die zu entwickelnde empirische Theorie der Natur, die Adäquatheitsbedingungen zu erfüllen.« 275

Jenseits der gegenseitigen Teilhabe von Physik und Philosophie reagierte auch die Kunst- beziehungsweise Kulturgeschichte auf die physikalische Wende. Dabei reichte der Rezeptionsgrad von der inhaltlichen Kenntnisnahme – wie im Falle Panofskys276  – bis zur Ausrichtung der eigenen Forschung am ein272 Z. B. Erich Mendelsohns Einsteinturm (ab 1920), mit dessen Hilfe die einsteinsche Theorie bestätigt werden sollte. Siehe dazu Behrens 2008a, ab 110. 273 Zum generellen Einfluss bemerkt Andi Schoon: »Die Reaktion der Kunst […] erfolgte so prompt, weil sie die theoretische Begründung dafür liefert[e], einem lange schwelenden Bedürfnis nachzugehen: die Verpflichtung der Künste auf ihr spezifisches Ideal für obsolet zu erklären und so einer Vermischung von Zeit- und Raumkünsten den Weg ebnen. […] Es waren dabei nicht die Künstler, die ihre Arbeit umfassend zu überdenken hatten. Auch den Betrachtern fiel eine neue Aufgabe zu, nämlich die Selbstpositionierung im Angesicht abstrakter Gemälde, die den Standort nicht mehr qua Zentralperspektive festschrieben. Die individuelle Wahrnehmung der Rezipienten wurde zum integralen Bestandteil der Werke«. Schoon 2006, 22 f. 274 Ebd. 80. 275 Stuhlmann-Laeisz 2002, 104 f. 276 Persönlich lernte Panofsky Einstein erst zu Beginn der 1930er-Jahre kennen. Seine Begegnung beschreibt er im Januar 1935 für Fritz Saxl: »Hier in Princeton wäre es, wenn man nur etwas mehr Ruhe hätte, wirklich sehr nett. Wir gehen schon wieder mehr mit Mathematikern als mit Kunsthistorikern um, und waren sogar einen ganzen Abend fast allein mit Einstein

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1 Raum /  Z eit in Kunstgeschichte und Wissenschaf t

steinschen Gedankengebäude, wie im Falle Aby Warburgs (1866–1929) oder Dorners. Allerdings schlug man hier unterschiedliche Verwertungswege ein: Konzentrierten sich Kunsthistoriker beziehungsweise -kritiker wie Carl Einstein (1885–1940) oder Paul Westheim (1886–1963) auf den einsteinschen Raum als interpretative Stütze für die architektonische und künstlerische Gegenwart 277, interessierte sich Dorner für den experimentellen Nachvollzug des Relativismus im musealen Raum.278 Berufskollegen wie Warburg widmeten sich hingegen den methodologischen Konsequenzen.279 Den Wissenschaften zur Kunst gaben jedoch nicht nur Inhalt beziehungsweise Popularität der physikalischen Theorien Einsteins Anstoß, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wie auch in den vorausgehenden Erläuterungen standen die Geisteswissenschaften um 1920 zum wiederholten Male in der zweiten Reihe wissenschaftlichen Prestigedenkens. Die Bildungspolitik Kaiser Wilhelms II. (1859–1941) hatte die Ingenieur- und Naturwissenschaften durch hochschulinterne wie -externe Maßnahmen in den Stand von Leitwissenschaften mit gesamtgesellschaftlicher Relevanz gehoben. Wissenschaften mit betriebswirtschaftlicher, chemischer, landwirtschaftlicher, medizinischer oder technischer Stoßrichtung erfuhren besondere Förderung. Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wie die neu gegründete Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (ab 1911)280, unterstützten fortan die universitäre Grundlagenforschung unter der finanziellen wie materiellen Beteiligung von Industrie und Staat. Aus Sicht Konrad H. Jarauschs erklärt sich die disziplinäre Ausrichtung der Gesellschaft aus der engen Verknüpfung zwischen Staat und Wirtschaft: Während »die philosophisch-philologischen Fächer eine typische Diskrepanz von hoher Anzahl der Seminare […] und schlechter Infrastruktur zeigen […] entwickelten sich die Naturwissenschaften wesentlich dynamischer als die Geisteswissenschaften […] Die Forschungsschwerpunkte der ersten [außeruniversitären; Anm. JB] Institute (Chemie, physikalische Chemie, Kohleforschung, Biologie [Arbeitspsychologie; Anm. JB]) zeigen den Doppelzweck, den Fortschritt der Naturwissenschaften zu beschleunigen, aber auch eine schnelle Umsetzung in die industrielle Praxis zu gewährleisten.« 281 zusammen. Er hat mir trotz apriorischer Skepsis einen ungeheuren Eindruck gemacht.« Panofsky an den Kunsthistoriker Fritz Saxel am 30.01.1935 in Panofsky 2001a, 805. 277 Z. B. Einstein 1926 u. Westheim 1923a. 278 Siehe dazu Kapitel 4. 279 Diesen Zusammenhang beschreibt Bredekamp 2005. 280 Hierbei handelt es sich um die Vorläuferinstitution der heutigen Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (ab 1948). – Andere Institutionen waren z. B. Technische Hochschulen. 281 Jarausch 1991, 331 f.

1.4       Klassische Referenzen des Geistes

Dieser ersten Überarbeitung des humboldtschen Universitätssystems mit innovativem Charakter folgte in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen die Krise. Der hohen Studierendenzahl, die auf die universitäre Zulassung unterer Bildungsschichten und der Frauen zurückzuführen war, stand ein begrenztes Stellenkontingent gegenüber.282 Das Verhältnis von Studenten zu Ordinarien verschlechterte sich zunehmend. Die traditionelle »philosophische Einheit des Wissens« (Jarausch) zerbrach zugunsten der Fachwissenschaften, Großforschung und des an der Industrie orientierten Forschungsdesigns.283 Die Kunstgeschichte jener Zeitepoche stand in vielen Spannungsfeldern. Extern arbeitete sie sich an den allgemeinen (hochschul-)politischen Rahmenbedingungen ab. Intern polarisierte sie sich in Traditionalisten und Modernisten.284 Hauptsächliche Anliegen der Modernisten waren die methodologische Erneuerung, disziplinäre Anbindung an außeruniversitäre Institutionen, die Bezugnahme der Disziplin auf zeitgenössische Entwicklungen oder die Aufgabe der eurozentrischen Forschung.285 Klärung ihrer Situation erhoffte sie sich von einer intensiven Überprüfung ihrer Bedingungen, Methoden und Theorien. Inspiration und Unterstützung erhielt sie, wie schon um 1770 und wie die nachfolgenden Kapitel zeigen werden, aus dem traditionellen Mentorat zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften.

282 Ebd., 314–319. 283 Ebd., 320–329. 284 Diese Unversöhnlichkeit zeigt sich besonders an dem Verhältnis zwischen Kunstkritik u. Kunstgeschichte. 285 Siehe dazu Kapitel 4.

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2 Expansion 2.1       K ants B rille Zum Zeitpunkt des Eintritts in die Diskussion zur Beziehung zwischen Raum / Zeit / Wissenschaft hatte Kant das Studium der Mathematik, Naturwissenschaft sowie Philosophie in Königsberg abgeschlossen (1747) und seine Stelle als Privatdozent sowie Hauslehrer angetreten.1 Im Frühjahr 1755 begann die publizistische Karriere des Philosophen mit der Arbeit zur Allgemeine(n) Naturgeschichte und Theorie des Himmels, in der er sich intensiv mit der newtonschen Wissenschaft auseinandersetzte.2 Er verfolgte die Absicht, ohne Verweis auf eine theologische Metaursache und mit Hilfe empirischer Methoden zu erläutern, wie das Universum entstanden ist.3 Diese Bemühungen erweiterten sich in den 1760er-Jahren um allgemeine Untersuchungen zum Raumbegriff4, zum Beweis des absoluten Raumes5 sowie um Auseinandersetzungen zum menschlichen Erkenntnisvermögen, wobei sich letzteres zum zentralen Forschungsthema Kants entwickelte.6 Die allgemeine Forschung bezeichnet diese Spanne zwischen 1755 und 1769 als Entwicklungsphase für das komplexe kantische Erkenntnissystem in enger Auseinandersetzung mit den Standpunkten George Berkeleys (1685–1753), Descartes’, Leibniz’, Newtons und Christian Wolffs (1679–1754).7 Parallel dazu entwickelte Kant, indem er sich in Edmund Burkes (1729–1797) Origin of our Ideas of the Sublime and the Beautiful (1757) und Baumgartens Aesthetica (1750–58) vertiefte, seine erste ästhetische Stu1

Zum jungen Kant siehe Schlüter 2003, 18–51.

2

Siehe Beispielsweise Kant 1971, 33–37.

3 Ebd. 4

Hier sind die Schriften Principiorum primorum cognitionis metaphysicae nova dilucidatio (1755) u. Monadologia physica (1756) gemeint. Kant 1968.

5

Von dem Grunde des Unterschieds der Gegenden im Raum (1768). Kant 1968.

6

Siehe seine Dissertationsschrift De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis dissertatio (1770). Kant 1958.

7

Vgl. dazu Strube 1989, 21–24. – Zur allgemeinen Entwicklung Kants siehe Flach 2002, 71–81; Höffe 2011, ab 90; Unruh 2007; Woelert 2007 u. Zöller 2001.

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2 E xpansion

die, die er 1766 unter dem Titel Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen veröffentlichte.8 In dieser Arbeit beschäftigte sich Kant mit der Aufwertung des Gefühls in ästhetischen Prozessen, was die ausschließlich objektiv-rationalen Bestimmungen des Schönen der deutschen Frühaufklärer erweiterte.9 Im Jahr 1781 eröffnete dann endlich die Kritik der reinen Vernunft zur Leipziger Buchmesse den kantischen Ring seiner Darlegung einer neuen »Denkart«.10 Nach einem kurzen Intermezzo mit dem Werk Prolegomena zu einer künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft auftreten können (1783), welches heute als eigentliches Vorwort zur zweiten Kritik gilt, folgte sieben Jahre nach der Kritik der reinen Vernunft und ein Jahr nach dessen zweiter Auflage (1787) die Kritik der praktischen Vernunft (1788)11 und neun Jahre später die Kritik der Urteilskraft (1790). Mit Blick auf das Thema Raum / Zeit in Bezug zum Erkenntnisvermögen beziehungsweise als Ordnungsschemata von (Kunst-)Wissenschaft sind für das Dafürhalten der Autorin die Kritiken von 1781 / 87 und 1790 von immenser Bedeutung: In der Kritik der reinen Vernunft stellte Kant das Thema des wissenschaftlich-theoretischen Erkennens ins Zentrum seiner Überlegungen12; in der Kritik der Urteilskraft analysierte er im ersten Teil die Ästhetik und im zweiten die Teleologie.13 Beide Schriften legen grundlegende Aspekte der kantischen Raum- / Zeitauffassung in erkenntnistheoretischer Perspektive unter den Zentralfragen: »Wie erkenne ich?«, »Was kann ich wissen?« und »Wie urteile ich?« dar.14 Kants Zentralformalie, der kritische Textauf bau seiner Überlegungen, stellt sich bei näherer Betrachtung als populäre Herangehensweise des 18. Jahrhunderts dar. Die »Beurtheilung nach festen Grundsätzen«15 hatte sich ab 1695 mit dem Dictionnaire historique et critique von Pierre Bayle (1647–1706) als Diskursform wieder etablieren können und prägte besonders den wissenschaftstheo-

8

Kant 1766.

9

Dieser Ansatz war schon seiner Dissertationsschrift zu entnehmen.

10 Kant 1781, 28. 11 Kant 1788. 12 Unter »Ausschließung«, so Kant, »des Gefühls, der Lust und Unlust und des Begehrungsvermögens.« Kant 1963, 15. 13 Er erläutert, »ob sie [die Urteilskraft; Anm. JB] dem Gefühle der Lust und Unlust, als Mittelgliede zwischen den Erkenntnisvermögen und Begehrungsvermögen […], a priori die Regel gebe: das ist es, womit sich gegenwärtige Kritik der Urteilskraft beschäftigt«. Ebd., 17. 14 Nicht alle räumlichen Ansätze Kants oder die gesamte Tragweite seiner Überlegungen werden in dieser Studie vorgestellt. Erläuterungen finden sich bei Unruh 2007. – Zu den Zentralfragen siehe Höffe 2011, 19. 15 Jeittles 1835, 410.

2.1       Kants Brille

retischen Diskurs.16 Kants Selbstverständnis als Akteur eines kritischen Zeitalters entspricht demnach seinem Formalverständnis.17 Allerdings richtet sich Kants Kritik nicht gegen andere Autoren, sondern gegen die Vernunft selbst. Sie wendet sich an die theoretische wie praktische Vernunft. Sie beanstandet – wertet aber nicht. Die kritische Position dient einer Standortbestimmung und verfolgt die Vermittlung zwischen eigentlich miteinander konkurrierenden Positionen.18 Einem Gerichtsverfahren gleich gilt es, so Kants selbst gewählte Metapher, sich eine Metaposition zur Sache zu erarbeiten.19 Der Prozess der Vernunft solle dabei die eigenen »Schranken« beziehungsweise »Grenzen« überwinden helfen. Demzufolge sind in der Kritik der reinen Vernunft die üblichen literarischen Denk- und Schreibgewohnheiten der Frühaufklärung überwunden und von Kant durch eine ökonomisierte Sprachstilistik ersetzt worden. Neben der erkenntnisorientierten Stufenfolge in der Gliederung seiner transzendentalen Elementarlehre – Ästhetik als Wissenschaft der Sinnlichkeit versus Logik als Wissenschaft des Denkens mit Analytik 20 und Dialektik 21 – wählt Kant seit der 16 Bayle 1697. – Im gesamten dazu Geyer 2003 o. mit Blick auf die Kunstkritik Vogt 2010, ab 27. Neben Kant legten auch Descartes o. David Hume (1711–1776) ihre Arbeiten als Kritik an. 17 »Unser Zeitalter ist das Zeitalter der Kritik.« Kant 1781, 15. – Eingeführt hatte Kant seinen Kritikbegriff in den Vorlesungen zwischen 1765 u. 1766. In seiner Schrift Prolegomena erläutert er: »[W]er einmal Kritik gekostet hat, den ekelt auf immer alles dogmatische Gewäsche […] Die Kritik verhält sich zur gewöhnlichen Schulmetaphysik gerade wie Chemie zur Alchemie, oder wie Astronomie zur wahrsagenden Astrologie.« Kant 2001, 243. – Nach Irrlitz entwickelte Kant seinen Kritikbegriff hauptsächlich an der englischen Ästhetik, vornehmlich an John Lockes Schrift Of the conduct of understanding (1697). Im Grundsatz meinte »Kritik« in der Mitte des 18. Jahrhunderts: »Methodische Darstellung der Regeln einer Disziplin, Tätigkeit oder Verhaltensweise und Beurteilung von Gegenständen nach prinzipiellen Gesichtspunkten.« Irrlitz 2010, 150. 18 Er definiert: »Ich verstehe aber hierunter nicht eine Kritik der Bücher und Systeme, sondern die des Vernunftvermögens überhaupt, in Ansehung aller Erkenntnisse, zu denen sie, unabhängig aller Erfahrung, streben mag«. Kant 1781, 13. 19 In diesem Vorgehen erkennt Röttgers die besondere Leistung Kants. Er notiert: »Das Überlegene der Kantischen Position, das sie zu ihrer Selbstsicherheit berechtigt, liegt im Begriff der Dialektik, der auf den des Gerichts abbildbar ist. Die abbildbare gemeinsame Struktur liegt in der Überhebung über konkurrierende, sich gegenseitig ausschließende Sätze, durch Entlarvung der Streitsache als Chimäre.« Röttgers 1975, 35. 20 Hier befasst sich Kant mit dem Verstand, dem spontanen Vermögen, die Daten der sinnlichen Anschauung zu ordnen u. diese unter Begriffen / E inheiten zu vereinigen. Kant 1966, 1010. 21 Gegenstand der Dialektik ist die Vernunft, welche auf die Vereinigungen des Verstandes (Begriffe, Einheiten, Regeln etc.) mit dem Erkenntnissystem a priori abhebt. Der Verstand ist das höchste Erkenntnisvermögen des Menschen. Ebd.

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2 E xpansion

Prolegomena zur Illustration seiner Standpunkte logische Tafeln und juridische Textsorten mit den Elementen der Beweisführung oder Paragrafierung (Abb. 45).22 Diese normative Form der Visualisierung von Wissenschaft betont

Abb. 45: Immanuel Kant, Logische Tafel der Urteile / Verstandesbegriffe, 1783. 22 Barbara Bauer deutet die kantischen Tafeln als traditionelle Visualisierungen einer »vollständigen, systematischen Repräsentation des Erkenntnisapparats.« Bauer 2000, 484–490.

2.1       Kants Brille

den raionalen, systematischen Anspruch seiner Forschung. Kant selbst leitet sein Vorgehen aus dem Gedanken einer Architektonik der (reinen) Vernunft ab.23 Der Begriff der Architektonik fasst, so berichtet der Philosoph selbst, »die Kunst der Systeme«.24 Das Ideal einer Handhabung wissenschaftlicher Vermittlung durch die aristotelische »Rhapsodie«25 mit ihrer zusammenhangslosen Aneinanderbindung einzelner Motive habe sich angesichts des Zeitalters der Vernunft neu ausgestaltet. Ein architektonisches System füge nun die mannigfaltigen »Erkenntnisse unter einer Idee« zusammen.26 Er erläutert: »Das Ganze [Wissen; Anm. JB] ist […] gegliedert (articulatio) und nicht gehäuft (coacervatio) […] Das Schema […] gründet [auf eine; Anm. JB] architektonische Einheit. [A]rchitektonisch, um der Verwandtschaft willen und der Ableitung von einem einigen obersten und inneren Zwecke, der das Ganze allererst möglich macht, kann dasjenige entspringen, was wir Wissenschaft nennen, dessen Schema den Umriß (monogramma) und die Einteilung des Ganzen in Glie /  d er, der Idee gemäß, d.i. a priori enthalten, und dieses von allen anderen sicher und nach Prinzipien unterscheiden muß.« 27

Hier sind nun alle Merkmale des kantischen Denkens zusammengefasst: Sein Denken richtet sich auf Universalität aus und verfolgt einen systemischen Ansatz mit unterlegten Zwecken und Ideen. Das Ganze zergliedert sich in zahlreiche Räume, wie auch die Gliederung der Kritik der reinen Vernunft illustriert (Abb. 46). Die traditionelle Metapher des Baums des Wissens mit dem aus dem Stamm beziehungsweise der Natur sich entwickelnden Wissenszweigen wird endgültig durch ein systematisches Lehrgebäude ersetzt (Abb.  47). Otfried Höffe erkennt in diesem Kunstgriff der systemischen Einheit eine Gegenbewegung zur »Balkanisierung des Wissens« im 18. Jahrhundert.28 Es tritt der »Zersplitterung in immer kleinere Fürstentümer, sprich: Spezialitäten« entgegen.29

23 Kant 1966, 839. 24 Ebd. 25 Ebd. – Er bemerkt dazu weiter: »Es ist schlimm, daß nur allererst, nachdem wir lange Zeit, nach Anweisung einer in uns versteckt liegenden Idee, rhapsodistisch viele dahin sich beziehende Erkenntnisse, als Bauzeug, gesammelt, ja gar lange Zeiten hindurch sie technisch zusammengesetzt haben, es uns denn allererst möglich ist, die Idee im helleren Lichte zu erblicken, und ein Ganzes nach den Zwecken der Vernunft architektonisch zu entwerfen.« Ebd., 841. 26 Ebd., 839. – Das Systemkonzept fand Kant u. a. bei Wolff vor. Dazu Zöller 2001. 27 Kant 1966, 840. – Das Bild des architektonischen Entwurfs der Transzendental Philosophie findet sich auch ebd., 76. 28 Höffe 2011, 304. 29 Ebd.

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2 E xpansion

Abb. 46 und 47: Otfried Höffe, Gliederung der Kritik der reinen Vernunft, 2011 (links). Christian Friedrich Wilhelm Roth, Baum des Wissens, 1769.

Der Stellenwert dieses Formalauf baus kann aus kunst- beziehungsweise wissenschaftshistorischer Sicht nicht hoch genug eingeschätzt werden, da sich hier ein Paradigmenwechsel dokumentiert, welcher zu einem späteren Zeitpunkt deutlich wird. An dieser Stelle nur so viel: Die begrenzten Architektur-, Garten- oder Innenräume bilden nach Kant nun nicht mehr eine nach außen gestülpte Wissensmenge ab, sondern reduzieren sich auf zweidimensionale Visualisierungen. Diese fassen neu eine wissenschaftliche Synthesis mit konzeptionell orientierten Hilfsmitteln (Begriff, Gerade etc.). Getreu seinem grenzüberschreitenden und kritischen Leitbild setzt sich Kant zu Beginn seiner Ausführungen in der Kritik der reinen Vernunft detailliert mit dem Standort zeitgenössischer Metaphysik beziehungsweise Philosophie auseinander.30 Angesichts der großen Revolutionen in den Naturwissenschaften erscheint ihm das »Vernunftgeschäfte« des »Vernunftkünstlers« als »unsicherer Gang einer Wissenschaft«.31 Die Verfahren wissenschaftlicher Betrachtung über die Grundlagen menschlicher Erkenntnis können sich seiner Meinung nach nicht mit denen zu den Grundlagen natürlicher Gesetze messen. Sie gleichen, so Kant, einem »Herumtappen«.32 In den gängigen Schulen des Empirismus, Rationalismus oder Skeptizismus »gerät die Vernunft kontinuierlich ins Stecken«.33 Er fragt sich: »Woran liegt es, daß hier noch kein sicherer Weg 30 Übersichtliche Einführungen zum Gesamtprogramm der Kritik bieten Gölz 2006 u. Höffe 1996. 31 Kant 1966, 26 f. 32 Ebd. 33 Ebd.

2.1       Kants Brille

der Wissenschaft hat gefunden werden können?«34 Er äußert die Vermutung, dass wohl die populäre Voraussetzung, »daß alle unsere Erkenntnis sich nach dem Gegenstande richte«, für diese Situation verantwortlich sei.35 Die Ansicht, dass sich das Erkennen auf den Gegenstand richtet, vertreten um 1760 zahlreiche philosophische Denkrichtungen. Beispielsweise geht die rationale Philosophie von einer Gegenüberstellung des Subjekts und der ausgedehnten Welt aus. In ihrem Sinne liegt letzterer eine logische und somit vernünftige Struktur zugrunde, welche sich das denkende Subjekt erschließen kann. Wesentliche Erkenntnisse der Welt werden im Rationalismus nicht aus der Erfahrung, wie im englischen Empirismus, sondern aus der Vernunft entnommen.36 Kant zweifelt diese dogmatische Grundlegung an. Als ersten Schritt einer Gegenargumentation tariert er sie insofern neu aus, als dass er die eindeutig traditionelle Festlegung des Erkenntnissystems auf die zu erkennenden Gegenstände negiert und nach einer Wende von 180 Grad auf das menschliche Erkenntnisvermögen überträgt. Einen Gewährsmann für diese methodologische »Kehre« erkennt Kant in Nikolaus Kopernikus (1473–1543). Dieser hatte in seinem Werk De Revolutionibus Orbium Coelestium (1543) sein seit 1514 entwickeltes heliozentrisches Weltbild dargelegt, welches die bewegliche Erde vom Zentrum des Alls in die Sphäre und die unbewegliche Sonne von der Sphäre ins Zentrum rückte. Nun lenkt, »wie auf königlichem Thron sitzend […] die Sonne die um sie herum tätige Sternenfamilie«37 (Abb. 48). Das Besondere an Kopernikus’ Untersuchungsergebnis war jedoch nicht nur der Positionswechsel von Erde und Sonne im Weltensystem. Bedeutsam waren zudem zwei Aspekte: Einerseits hob sich die theologisch begründete Sonderstellung des Menschen auf. Im geozentrischen Weltbild ging man davon aus, dass das mit dem Menschen in Deckung gebrachte Zentralgestirn – die Erde – den Mittelpunkt des Universums darstelle. Diese Vormacht gab der Mensch nun ab, und zwar aufgrund seiner eigenen Vernunfttätigkeit. Denn und gleichzeitig andererseits: An die Stelle der letzten »Vorstellung« trat die wissenschaftliche Methodik. Kopernikus erklärt diesen erkenntnistheoretischen Vorgang: »Und doch, was von Ptolemaeus und der großen Mehrzahl der anderen allgemein hierüber weitergereicht worden ist, (schien) […] doch auch berechtigte Zweifel mit sich zu bringen. Es reichte nämlich nur dann aus, wenn man sich zusätzlich [zur naturwissenschaftlichen Beobachtung; Anm. JB] bestimmte Ausgleichskreise vorstellte […] Daher

34 Ebd. 35 Ebd., 28. 36 Siehe im Glossar: Subjekt-Objekt-Relation. 37 Kopernikus 1990, 137.

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2 E xpansion schien eine derartige Sicht nicht hinreichend abgeschlossen und auch nicht mit der Vernunft in hinreichender Übereinstimmung.« 38

Abb. 48: Anonymus, Vergleichende Darstellung der Weltkarte nach Kopernikus, Tycho Brahe und Descartes, 17. Jahrhundert.

Gewissheit erhalte der Forscher durch ein Gleichgewicht zwischen empirischen Untersuchungsmethoden und »festen«, das heißt rationalen, Grundsätzen. Er fährt fort: »Ist es doch eigentümliche Aufgabe des Sternenforschers, wissenschaftliche Kunde von den Bewegungen am Himmel mithilfe sorgfältiger und kunstfertiger Beobachtung (a) zu sammeln; hierauf (b) deren Gründe – oder doch wenigstens Grundannahmen, weil er nämlich die wahren Gründe auf keine Weise ermitteln kann, irgendwelcher Art dafür auszudenken und zu ersinnen«. 39

Dieser Perspektivwechsel mit seiner weitreichenden Wirkung schwebt Kant auch für seine Forschung über das Erkennen vor und er animiert den Leser, folgendes Gedankenexperiment zu wagen: »Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser vorkommen, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Er38 Ebd., 4 f. 39 Ebd. 61.

2.1       Kants Brille kenntnis richten […] Es ist hiermit eben so, als mit dem ersten Gedanken des Kopernikus bewandt, der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer [Erde; Anm. JB], versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer [Erde; Anm. JB] sich drehen, und dagegen die Sterne in Ruhe ließ.« 40

Im übertragenen Sinne positioniert Kant die Anschauung / Vernunft  – das heißt den von der Theologie befreiten Menschen – ins Zentrum und umgibt diesen mit sich drehenden Gegenständen.41 Für ihn gilt, dass der Gegenstand sich aus der menschlichen Eigenleistung beziehungsweise das Subjekt das Objekt bestimmt. Eigenleistung meint hier, das menschliche Erkenntnisvermögen aus den Sinnen, der Vernunft und dem Verstand. Er erläutert dazu in Bezug zur Forschung Galileo Galileis (1564–1642): »Als Galilei seine Kugeln die schiefe Fläche mit einer von ihm selbst gewählten Schwere herabrollen, oder Torricelli die Luft ein Gewicht, was er sich im voraus dem einer ihm bekannten Wassersäule gleich gedacht hatte, tragen ließ […] so ging allen Naturforschern ein Licht auf. Sie begriffen, dass die Vernunft nur das einsieht, was sie selbst nach ihrem Entwurfe vorbringt […] Und so hat sogar die Physik die so vorteilhafte Revolution ihrer Denkart lediglich dem Einfalle zu verdanken, demje /  n igen, was die Vernunft selbst in die Natur hineingelegt, gemäß, dasjenige in ihr zu suchen […] was sie von dieser lernen muß«. 42

Dieser Entwurf aus der eigenen Vernunft, die »Zurichtung der Welt der Objekte nach Maßgabe der menschlichen Wahrnehmungs- und Denkausstattung«43, hat allerdings eine beträchtliche Konsequenz. Der unabhängige und hinter der subjektiven Wahrnehmung stehende Kern des Seins, das berühmte kantische »Ding an sich«44, bleibt für das Subjekt unerkannt. Aus Kants Blickwinkel gibt es keinen sinnlich erfassbaren Gegenstand, 40 Kant 1966, 28.  – Die Eignung seines expliziten Bezugs zu naturwissenschaftlichen Methoden erläutert er: »Diese dem Naturforscher nachgeahmte Methode besteht also darin: die Elemente der reinen Vernunft in dem zu suchen, was sich durch ein Experiment bestätigen oder widerlegen läßt. Nun läßt sich zur Prüfung der Sätze der reinen Vernunft […] kein Experiment mit ihren Objekten machen […]: also wird es nur mit Begriffen und Grundsätzen […] tunlich sein«. Ebd., 29. 41 Richtigerweise erkennt Höffe hier einen ersten »Fortschritt Kants: Er löst die Raum- und ZeitLehre von aller Theologie; seine Theorie ist rein säkular.« Höffe 2011, 91. 42 Ebd., 25 f. – »Erkennen« versteht Kant als ein gleichberechtigtes Zusammenspiel aus beiden Erkenntnisvermögen, Sinnlichkeit (Anschauung) u. Denken. Gölz 2006, 17–20. 43 Adler 2010, 122. 44 Das »Ding an sich« fasst einen vom Subjekt unmöglich nachvollziehbaren Anteil. Dieser besteht jenseits aller Erfahrung.

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2 E xpansion »von dem man sagen könnte, man habe ihn durch Beobachtung oder Vernunft jemals erschöpft, wenn es auch ein Wassertropfen, ein Sandkorn oder etwas noch Einfacheres wäre; so unermeßlich ist die Mannigfaltigkeit desjenigen, was die Natur in ihren geringsten Theilen einem so eingeschränkten Verstande, wie der menschliche ist, zur Auflösung darbietet.« 45

Dieser Gedankengang unterscheidet sich maßgeblich von der vorhergehenden Epoche. Ein Beispiel: Der Rationalist Descartes teilte das Sein in zwei »Grundgattungen« – eine res extensa versus eine res cogitans.46 Nach Annahme dieses dualistischen Weltgrundes bestimmte er sämtliche aus den Sinnen entsprungene Erkenntnis als Täuschung. Es müsse davon ausgegangen werden, so Descartes, dass »alles was ich sehe, falsch ist, ich glaube, dass niemals etwas von dem allen existiert, was das trügerische Gedächtnis mir stellt: ich habe überhaupt keine Sinne; Körper, Gestalt, Größe, Bewegung und Ort sind nichts als Chimären«. 47

Eine sichere Wissensgrundlage ist von empirischen Daten – das heißt von den Sinnen  – unabhängig und kann allein auf denkender Grundlage gewonnen werden.48 Descartes stellte sich den Erkenntnisprozess so vor, dass das Subjekt durch seine Sinnesorgane von unterschiedlich stark sendenden äußeren Objekten affiziert wird (Abb. 49). Diese Eindrücke erreichen die Zirbeldrüse des Gehirns (H); eine Art Schaltstelle zwischen Körper und dem spiritus animalis.49 Letzterer wird von Descartes als ein spezifischer durch Blutteilchen erzeugter »Hauch« beschrieben, der »bis ins Gehirn vordringt«: »Je nachdem wo sie dort eintreten oder nur einzutreten versuchen, in die einen mehr als in die anderen, haben sie die Kraft, die Gestalt der Muskeln, in die diese Nerven einmünden, zu verändern und dadurch alle Glieder in Bewegung zu versetzen. So wie 45 Kant 1838, 86. 46 Bezogen auf den Menschen vermerkt er: »Diese Menschen werden – wie wir – aus der Seele und einem Körper zusammengesetzt.« Descartes 1969, 43. 47 Descartes 1972, 17. 48 Der französische Philosoph nahm die grundlegende Täuschung als eine zentrale Welterfahrung an. Diese könne jegliche Erkenntnis relativieren. Allein der menschliche Denkprozess – wie auch die Existenz Gottes (2. Meditation) – bleibt von dieser Täuschung unberührt. Er schreibt: »Er täuscht mich, soviel er kann, niemals wird er es doch fertig bringen, daß ich nichts bin, solange ich denke, daß ich etwas sei. Und so komme ich, nachdem ich derart alles mehr als zur Genüge hin und her erwogen habe, schließlich zu dem Beschluß, daß dieser Satz: ›Ich bin, ich existiere‹ […], notwendig wahr ist.« Ebd., 18. 49 Descartes meint hier den Geist.

2.1       Kants Brille man es in den Grotten und den Fontänen in den Gärten unserer Könige sehen kann, daß allein die Kraft, mit der das Wasser sich bewegt, wenn es auch der Quelle entspringt, hinreicht, um dort allerhand Maschinen in Bewegung zu versetzen«. 50

Abb. 49 und 50: René Descartes, Gedächtnis, 1632 (links). René Descartes, Erinnerung, 1632.

Fasern und (Nerven-)Röhren leiten die Eindrücke zur Zirbeldrüse. Dort empfängt der spiritus seine Ideen und hinterlässt beim Austritt – wiederum über Röhren oder Zwischenräume – Spuren, die sich mit denen der vorangegangenen Denkbewegungen vermischen (Abb. 50). Das Gedächtnis ist, »wie wenn man mehrere Nadeln und Löcher durch eine Leinwand stäche, wie man es […] an der mit A bezeichneten Leinwand sehen kann, so würden die kleinen Löcher, die man dort machte, noch offen bleiben, wie bei a und b, nachdem diese Nadeln schon herausgezogen worden wären. Oder wenn sie sich wieder schlössen, ließen sie Spuren in dieser Leinwand zurück«. 51

Voll entfaltet ist dieser mechanistische Prozess erst durch das Hinzutreten der Seele. In der descartesschen Auffassung hängt der Vorgang des Sehens von der Struktur der Augen und den Eigenschaften der Seele ab. Die Seele sieht die Dinge, bemisst Abstände zwischen den Dingen und erkennt sämtliche Qualitäten der Dinge.52 Die Seele vermag aufgrund ihrer Fähigkeit zur natürlichen Geometrie, wenn auch ihre Messungen aufgrund abweichender Dispositionen ungenau bleiben können, die Entfernung oder Winkel räumlicher Situationen zu bestimmen. Das reine Wissen zum Raum generiert sie allerdings nicht, da 50 Descartes 1969, 56. – Siehe auch 68 f. 51 Ebd., 111 f. – Dieses Beispiel ist auch insofern von Interesse, als dass Descartes das Denken /  E inbilden als räumlich orientiert beschreibt. Erst in der Fixierung nimmt das Denken einen bildlichen Charakter an. Diese Grundlegung von Wissen im Raum widerspricht der populären These eines Denkens in Bildern. Korrekter scheint es, von einer bildlichen Fixierung des räumlichen Denkens auszugehen. Descartes 1972, 21. 52 Ebd.1972, 81 u. 86 ff.

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sie sich täuschen kann.53 Wissen wird allein durch das Denken erreicht. Dieses spaltet von den empfangenen Daten alles ab, was dem Erkennen der reinen Idee im Wege steht. Vor dem Hintergrund dieser Annahme können Fragen zu Raum / Zeit nur beantwortet werden, wenn alles, was nicht zur Idee des Raumes oder der Zeit gehört, vom Korpus übermittelter Daten geschieden wird. Die Darstellungen Spatial Poem, Event No. 2 / No. 5 (siehe nochmals Abb. 8–9) stellen Ausschnitte von realen Weltkarten dar, welche die nicht darzustellende Choreografie des Events dem Betrachter in Form einer Chronik zur Verfügung stellt. Möchte man nun die reine Idee des Raums an Hand dieser spezifischen Darstellung bestimmen, ist man im Denkhorizont Descartes’ genötigt, alles der Idee Fremde von der Darstellung zu trennen. Dies betrifft die Farbe, das Gewicht, die Materialität oder auch gattungsspezifische Zugehörigkeiten, welche die reine Idee verdecken. Nur so lässt sich »feststellen, daß gar nichts in der Idee des Körpers bestehen bleibt, außer daß er etwas in Länge, Breite und Tiefe Ausgedehntes ist, und daß findet sich ebenso in der Idee nicht nur des mit Körpern erfüllten, sondern auch desjenigen Raumes, der Vakuum genannt wird«. 54

Auch Kant nutzt dieses Vorgehen. In seiner Grundlegung einer Existenz von Erkenntnissen a priori rekurriert er in der Kritik der reinen Vernunft auf Descartes’ Herausschälen der reinen Idee und führt als Erfahrungsbeispiel an: »Lasset von euren Erfahrungsbegriffen eines Körpers alles, was daran empirisch ist, nach und nach weg: die Farbe, die Härte oder Weiche, die Schwere, selbst die Undurchdringlichkeit, so bleibt doch der Raum übrig, den er (welcher nun ganz verschwunden ist) einnahm, und den /  /  k önnt ihr nicht weglassen.« 55

Allerdings kommt er zu einem völlig anderen Schluss. Blieb Descartes in denkend meditativer Haltung auf dem Weg zur reinen Erkenntnis, sah Kant in dieser Häutungsmethode den Beweis seiner These, dass dem Erkenntnisvermögen bestimmte Formen zugrunde liegen müssen. Er referiert: »Eben so, wenn ihr von eurem empirischen Begriffe eines jeden, körperlichen oder nicht körperlichen, Objekts alle Eigenschaften weglasst, die euch die Erfahrung lehrt; so könnt ihr ihm doch nicht diejenige nehmen, dadurch ihr es als Substanz […] denkt […] Ihr

53 Ebd., 88 ff. 54 Ebd., 105. 55 Kant 1966, 54.

2.1       Kants Brille müsst also, überführt durch die Notwenigkeit, womit sich dieser Begriff euch aufdringt, gestehen, dass er in eurem Erkenntnisvermögen a priori einen Sitz habe.« 56

Descartes’ denkende Schule folgte der traditionellen Metaphysik. Er zweifelte weder die Existenz der Welt als eine vom Subjekt unabhängige an, noch negierte er das Bild eines göttlichen Wirkungskreises. Kant dagegen verwarf diese Lehrtradition mit Gott, dem (denkenden) Ich und der Welt als Zentrum. Ferner gab er die feste Methodologie der klassischen Metaphysik auf, welche die ersten Prinzipien des Seins aus den Gesetzen der Natur oder denen Gottes ableitet. Vielmehr unterschied er zwischen Dingen, die durch menschliche Anschauungsweisen, das heißt, den Sinnen zu erkennen sind, und Dingen, die sich dem menschlichen Erkennen entziehen.57 Erstere nannte er Phaenomenon (Dinge der Sinne); letztere Noumenon (Dinge des Verstandes). Doch: Welche Rolle spielt hier der Raum? Welche die Zeit? Kant bestimmt, dass der Raum aus erkenntnistheoretischer Perspektive »eine notwendige Vorstellung, a priori, [ist; Anm. JB] die allen äußeren Anschauungen zu Grunde liegt und von dieser auch nicht isoliert werden kann«.58 Raum ist somit weniger Objekt- beziehungsweise Situationsbedingung, sondern vielmehr »absolut erstes formales Prinzip der Sinnenwelt«.59 Das Sein ohne Raum ist nicht vorstellbar, auch wenn der Gedanke eines gegenstandslosen Raumes zweifellos möglich ist.60 Er spitzt zu: Der Raum »wird also als die Bedingung 56 Ebd. 57 Ebd. – Im § 38 erläutert er diesen anspruchsvollen Ansatz: »Wenn man die Eigenschaften des Zirkels betrachtet, dadurch diese Figur so manche willkürliche Bestimmung des Raumes in ihr sofort in einer allgemeinen Regel vereinigt, so kann man nicht umhin, diesem geometrischen Dinge eine Natur beizulegen. So teilen sich nämlich zwei Linien, die sich einander und zugleich den Zirkel schneiden […] doch jederzeit so regelmäßig, daß das Rektangel aus den Stücken einer jeden Linie dem der anderen gleich ist. Nun frage ich: ›Liegt dieses Gesetz im Zirkel, oder liegt es im Verstande?‹ […] Man wird bald gewahr, wenn man den Beweisen dieses Gesetzes nachgeht, daß es allein von der Bedingung, die der Verstand der Konstruktion dieser Figur zum Grunde legte, nämlich der Gleichheit der Halbmesser, könne abgeleitet werden.« Kant 2001, §§ 36 /  37, 80. 58 Kant 1966, 85. – Kant formuliert genau: »Was sind nun Raum und Zeit? Sind es wirkliche Wesen? Sind es zwar nur Bestimmungen, oder auch Verhältnisse der Dinge […] solche, welche ihnen auch an sich zukommen würden, wenn sie […] nicht angeschaut würden, oder sind sie solche, die nur an der Form der Anschauung haften«? Ebd., 84. – Zusammengefasst stellt Kant hier seine ersten Argumente zum Raum vor: Raum ist keine Vorstellung a posteriori (1), sondern eine notwendige Vorstellung a priori (2). 59 Kant 1958, 57. 60 Deutlicher wird dies durch Kants Unterscheidung von empirischen u. reinen Begriffen. Er de-

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der Möglichkeit der Erscheinungen und nicht als eine von ihnen abhängige Bestimmung angesehen«.61 Oder etwas eingängiger mit Hilfe eines kleinen Gedankenexperiments: Stellen sie sich das Spatial Poem 62 abgedruckt in einer Publikation vor, die wiederum auf einem individuellen Möbel in einem spezifischen Büro liegt. Schließen Sie die Augen und isolieren Sie aus dieser Situation das Individuelle und Nichtnotwendige63, zum Beispiel »die Farbe, die Härte oder Weiche« der Gegenstände, ihre spezifischen Lagen zueinander oder die Lage des Büros im Gebäude. Ist das Anschauungsbild von sämtlichen Individualitäten geleert, wird der Raum als reine Form bestehen bleiben. Doch, wie ist das möglich? Kant würde antworten: a) Raum ist empirisch erfahrbar. b) Daneben ist Raum die reine Form aller sinnlichen Erscheinungen. Nur mittels dieser Form ist äußere Anschauung überhaupt möglich. Raum als Form ist notwendig und stiftet eine übergeordnete Einheit der Erscheinungen.64 c) Allerdings kommt er als Anschauungsraum nicht ohne die Identifikation und Benennung des Subjekts aus. Dieses gibt der Anschauung einen Begriff (Raum) und füllt die zuvor leere Anschauung mit einer Vorstellung auf. Löst sich diese Verbindung zwischen der Anschauung beziehungsweise den Sinnen (a / b) und Beilegungen beziehungsweise Denken (c) auf, ist nach Kant der Raum »Nichts«.65 Er vertrat die Ansicht, dass Anschauung und Begriff – finiert: »Der Begriff ist entweder ein empirischer oder ein reiner Begriff (vel empiricus vel intellectualis). Ein reiner Begriff ist ein solcher, der nicht von der Erfahrung abgezogen ist, sondern auch dem Inhalte nach aus dem Verstande entspringt.« Kant 2011, 521. 61 Kant 1966, 86. 62 Siehe nochmals Abb. 8–10. 63 Der Begriff der »Anschauung« meint bei Kant einen der Erfahrung vorangehenden Prozess, der in seiner reinen Form »aus der Gesetzlichkeit des anschauenden Bewusstseins selbst [entspringt; Anm. JB]; sie [die Anschauung; Anm. JB] ist allgemein notwendig, ursprünglich, a priori, eine Bedingung der empirischen Anschauung, für deren Gegenstand daher alle Bestimmungen der reinen Anschauung […] gelten.« Eisler 1989, 18. 64 Oder wie Kant es nennt: Raum ist »Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen.« Kant 1966, 85 f. – Zum zweiten Aspekt führt er aus: »Der Raum ist kein diskursiver, oder wie man sagt allgemeiner Begriff von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung. Hieraus folgt, dass in Ansehung seiner [Raum; Anm. JB] eine Anschauung a priori allen Begriffen von demselben zum Grunde liegt.« Ebd., 86 f. – »Rein« bedeutet im kantischen Sinne allgemein u. notwendig. 65 Ebd., 91. – Für Kant ist es eine unabdingbare Voraussetzung, dass »wir den Dingen a priori

2.1       Kants Brille

entgegen der rationalistischen Auffassung – die Grundlagen des Gemüts und somit der Erkenntnis sind. »Unsere Erkenntnis entspringt aus zwei Grundquellen des Gemüts, deren erste ist die Vorstellung zu empfangen (die Rezeptivität der Eindrücke), die zweite das Vermögen, durch diese Vorstellungen einen Gegenstand zu erkennen (Spontanität der Begriffe); durch erstere wird uns ein Gegenstand gegeben, durch die zweite wird dieser im Verhältnis auf jene Vorstellung (als bloße Bestimmung des Gemüts) gedacht. Anschauung und Begriffe machen also die Elemente aller unserer Erkenntnis aus, so daß weder Begriffe, ohne ihnen auf einige Art korrespondierende Anschauung, noch Anschauung ohne Begriffe, eine Erkenntnis abgeben können.« 66

Berechtigterweise ließe sich gegen dieses Modell argumentieren. Und zwar: Wenn das Außer-mir nur mit Hilfe der subjektiven Beilegung möglich ist, ist der Gedanke des in seinem Sein vom Menschen unabhängig existierenden Gegenstandes obsolet. Diesem Einwurf würde Kant wahrscheinlich entgegnen, dass es an dieser Stelle ja nicht um das zweifellos existierende Ding geht, sondern um die Fragen: »Welchen Gesetzmäßigkeiten unterliegt die Bestimmung des Seins durch das Subjekt?« und »Was können wir angesichts dieser Gesetzmäßigkeiten wirklich wissen?« An dieser Stelle kommt nun Kants Brille ins Spiel: Eine seiner zentralen Leistungen lag im Widersprechen der bis anhin geltenden These des ungefilterten reinen Sehens als Vorstufe des erkennenden Geistes. Sehen band sich für Kant an die unmittelbare Sinnlichkeit, welche sich untrennbar an die Anschauungsformen Raum / Zeit gebunden zeigt. Diese Grundformen menschlicher Wahrnehmungsausstattung lassen sich mit der Funktion einer Brille vergleichen, durch welche sich die Welt in ihrer ihr eigentümlichen Natur erschließt (Abb. 51).67 alle die Eigenschaften notwendig beilegen müssen, / d ie die Bedingungen ausmachen, unter welchen wir sie allein denken. […] Also sind dergleichen Gegenstände nichts weiter, als die Übertragung dieses meines Bewusstseins auf andere Dinge«. Ebd., 424. 66 Ebd., 119. 67 Zu Kants Brille siehe auch Nicola 2007, 366 f. – Hinausgehend über das hier zu verhandelnde Thema verstand Kant den Raum in dreifacher Weise. Einerseits der physikalische WeltenRaum, dann der mathematisch berechenbare Empirieraum u. schließlich der Raum als reine Form sinnlicher Anschauung. Letzterem haftet eine transzendentale Identität an. Er ist nicht real, sondern Grundlage des menschlichen Erkenntnisvermögens. Michael Dück interpretiert diese dreifache Sichtweise auf Raum /  Z eit als Entwicklung in Kants Werk, welche einen Bogen von der physikalischen Perspektive Newtons im Frühwerk zu einem erkenntnistheoretischen Standpunkt in den Kritiken schlägt. Er resümiert: »Kants Raumverständnis hat von seiner Erstlingsschrift (1747) bis zur 2. Auflage der Kritik der reinen Vernunft (1789) einen deutlichen Wandel erfahren. Die ersten Ausführungen standen im Zusammenhang mit phy-

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Abb. 51: Anonymus, Skizze zu Kants Brille, 2007.

Doch wie verhält es sich mit der Zeit? In Anknüpfung der vorhergehenden Darstellung ist Zeit der unabdingbare Partner des Raums. Folgen wir Kants Herleitung: Das Verständnis des Raums als »eine unendliche gegebene Größe«, so erläutert der Philosoph, ist ein verzwicktes. Eigentlich lässt sich der unendliche Raum als Begriff nicht denken, da »kein Begriff, als solcher […] eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich enthielte«.68 Dennoch wird Raum so gedacht, »denn alle Teile des Raumes ins unendliche sind zugleich«.69 »Raum besteht«, so Kant, »nur aus Räumen«, welche im Falle der Dekomposition bis ins Unendliche zu teilen sind.70 Der Raum als Ganzes darf jedoch nicht aus seinen Teilen heraus verstanden werden, sondern seine Teile ermöglichen erst das Ganze. Aus diesem Grund ist Raum »eigentlich nicht Composition, sondern Totum [Totales; Anm. JB] […] Er würde allenfalls ein compositum ideale, aber nicht reale heißen können.« 71 Hier verweist Kant auf die Zeit als gleichberechtigten und unabdingbaren Partner des Raumes. Er bindet diese, wie schon den Raum, an die reine Form der Anschauung und meint damit: Haben wir alles Überflüssige aus dem kleinen Gedankenexperiment Spatial Poem verbannt, bleibt immer auch die Zeit übrig.72 Mit völliger Gewissheit kann gesagt sikalischen Überlegungen u. waren als solche auf den empirisch-physikalischen Raum bezogen, allerdings verquickt mit metaphysischen Argumenten. Gegen Ende der vorkritischen Periode gewinnt die geometrisch-mathematische Betrachtungsweise an Gewicht, um dann in Kants Inauguralschrift 1770 zu einer transzendentalen zu werden.« Dück 2001, 62. 68 Kant 1966, 87. 69 Ebd. 70 Ebd., 247. – Zur Unendlichkeit mittels der Dekomposition siehe Kant 1781, 403. 71 Ebd., 422. 72 Er schreibt: »Ein allgemeiner Begriff vom Raum […] kann in Ansehung der Größe nichts bestimmen. Wäre es nicht die Grenzenlosigkeit im Fortgange der Anschauung, so würde kein

2.1       Kants Brille

werden, dass die Anschauungssituationen irgendwann – wie irgendwo – stattfand. Somit gilt: »Die Zeit ist eine notwendige Vorstellung, die allen Anschauungen zum Grunde liegt. Man kann in Anschauung der Erscheinung überhaupt die Zeit selbst nicht aufheben, ob man zwar ganz wohl die Erscheinungen aus der Zeit wegnehmen kann. Die Zeit ist also a priori gegeben.« 73

Ein zeitlicher Charakter bedeutet für Kant stets ein Nacheinander innerhalb der Zeit und nicht ein Zugleich, wie etwa beim Raum. Seines Erachtens gibt es nur eine Zeit, welche in ein Nacheinander eingefasst ist.74 Jegliche zeitliche Größen lassen sich in die eine zugrunde liegende Zeit zurückführen, was wiederum den unendlichen Charakter der Zeit generiert. Wie schon mehrfach angedeutet diskutierte Kant diesen erfahrungsunabhängigen, allgemeinen Charakter von Raum / Zeit ohne einen Bezug zu empirischen Qualitäten, welche etwa beim Eintritt in einen Raum erfahrbar würden. Geräusche, Farben oder Formen sind für eine Vorstellung a priori irrelevant.75 Reine Formen der Anschauung gelten für alle Seinsformen und Sachlagen. Sie sind Naturgesetze! Vergleichbar mit den »apodiktischen« Gesetzen der Geometrie, wie etwa »der Raum hat nur drei Abmessungen«, ist ihre Form unumstößlich und lässt sich nicht a posteriori76 herleiten.77 Er schließt, »daß überhaupt nichts, was im Raume angeschaut wird, eine Sache an sich, noch daß der Raum eine Form der Dinge sei, die ihnen etwa an sich selbst eigen wäre, sondern daß uns die Gegenstände an sich gar nicht bekannt seien, und was wir äußere Gegenstände nennen, nichts als bloße Vorstellungen unserer Sinnlichkeit seien, deren Form der Raum ist, deren wahres Correlatum aber, d.i. das Ding an sich selbst, dadurch gar nicht erkannt wird«.78 Begriff von Verhältnissen ein Principium der Unendlichkeit derselben bei sich führen.« Ebd., Anmerkung 5, 87. 73 Ebd., 94. 74 Ebd., 247. 75 Etwa: »Die Farben sind nicht Beschaffenheiten der Körper, deren Anschauung sie anhängen, sondern auch nur Modifikationen des Sinns des Gesichts, welches vom Lichte auf gewisse Weise affiziert wird. Dagegen gehört der Raum, als Bedingung äußerer Objekte, notwendiger Weise zur Erscheinung und Anschauung derselben.« Ebd., 92. 76 Zum Begriff des a posteriori siehe das Glossar im Anhang. 77 Ebd., 88. Und weiter: »[D]ergleichen Sätze […] können nicht empirische oder Erfahrungsurteile sein, noch aus ihnen geschlossen werden«. Ebd. 78 Ebd., 93.

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Diesen Gedanken eines Vorausgehens von Raum / Zeit vor allem Erkennen und Seienden gestalteten schon die Philosophen der Antike aus, konkret die Vorsokratiker mit Anaximander (610–547 v. Chr.), Platon (428–348 v. Chr.) oder auch Aristoteles (348–322 v. Chr.). Anaximander wie Platon nahmen den Raum als Urgrund alles Seienden an. Ersterer interpretierte das »Unendliche« beziehungsweise »Unbegrenzte« als »Ursache« aller Dinge.79 Es sei »ewig« und »umfasse sämtliche Welten«.80 Ebenso sei »die Bewegung […] ewig«.81 Platon folgt Anaximander, wobei er den Raum in seinem Timaios (um 360 v. Chr.) in eine Trias mit dem Seienden und Werden einbettet.82 Seines Erachtens war der Raum, »bevor noch der Himmel entstand, als drei in dreifacher Weise«.83 Er ist, wie schon bei Anaximander, ewig und muss vom Realraum geschieden werden.84 Er muss als ein »unsichtbares, gestaltloses, allempfängliches Wesen, auf irgendeine höchst unzulängliche Weise am Denkbaren teilnehmend und äußerst schwierig zu erfassen« verstanden werden.85 Als »Amme« des Werdens, welche alles sinnlich Wahrzunehmende gebiert, bietet er dieser eine Heimstatt.86 Aristoteles hingegen wehrte diese Theorie des einen grundlegenden Raumes ab und entwickelte im IV. Buch seiner Physik unter dem Titel: Veränderung nach den Aspekten: Struktur, Arten, Voraussetzungen der Einheitlichkeit, Konträrfälle eine Theorie des Ortes. Raum definierte er als Gesamtsumme aller Orte.87 Er war davon überzeugt, dass der Ort akzidentiell ist, das heißt, er ist körperlich nicht zu fassen, aber dennoch existent. Er »ist die unmittelbare unbewegbare Grenzfläche des umfassenden Körpers«.88 Da hier in erster Linie jedoch die wissenschaftstheoretische Verwendung von Raum / Zeit interessiert, wird sein Fokus auf die Bezeichnungen für ein Ding oder Subjekt (mit seiner Aussage) mit dem Rekurs auf Raum / Zeit bedeutsam. Aristoteles entwickelte die Gedanken zu einer sprach79 Zitate nach Capelle 1968, 82. 80 Ebd., 84. – An anderer Stelle hebt er besonders die Materie hervor. Ebd., 82. 81 Ebd., 84. 82 Platon 1991, 52 d–e, 174. 83 Ebd. 84 Ebd., 50 d, 172, u. 52 b, 174. 85 Ebd., 51 b, 173. 86 Ebd., 49 a–b, 171. 87 In seiner Metaphysik schreibt er in direkter Auseinandersetzung mit Anaximander: »Es kann aber auch nicht ein unbegrenzter Körper einer und einfach sein [Raum; Anm. JB], auch nicht so, wie einige behaupten, neben den Elementen, woraus sie dieselben entstehen lassen. Denn es gibt keinen derartigen Körper neben den Elementen; denn alles löst sich dahin wieder auf, woraus es stammt«. Aristoteles 2000, 292, sowie Anmerkungen zum XI. Buch, 70 ff. – Siehe dazu auch Jammer 1960, ab 16. 88 Gosztonyi 1976, 1. Band, 92.

2.1       Kants Brille

lichen Unterteilung nicht nur in der Physik, sondern auch in den Kategorien (vermutlich um 347 v. Chr.).89 Diese im Kontext seiner Logik entwickelte Kurzschrift versuchte erstmals die Beziehung zwischen Sprache und Wirklichkeit zu erfassen sowie zu klassifizieren. Die vorausgegangenen Schilderungen zu Raum / Zeit erweiterten sich um die des Sprechens beziehungsweise Schreibens von (künstlerischer) Wirklichkeit. Um diese Weiterentwicklung bemüht sich auch Kant und verlegt seinen Schwerpunkt in der Kritik der reinen Vernunft im zweiten Teil von der Ästhetik in die Logik – von der Wissenschaft der Sinne in die des Denkens. Die Notwendigkeit einer transzendentalen Logik klingt schon bei den zwei Grundquellen menschlicher Erkenntnis – Sinnlichkeit versus Verstand – an. Kants Anlegung der Logik ist von Beginn an durch die Unterscheidung zwischen einer Logik des Allgemeinen und des Besonderen geprägt. Die allgemeine Logik versteht er als »Elementarlogik«, welche »sich mit den notwendigen Regeln des Denkens« auseinandersetzt und aus der empirischen Erfahrung heraus abstrahiert.90 Sie kann auch als angewandte Logik verstanden werden.91 Die besondere Logik entfaltet sich mit Blick auf das wissenschaftliche Denken. Sie »enthält die Regeln, über eine gewisse Art von Gegenständen richtig zu denken«.92 Viele Autoren glauben, so Kant, dass die Wissenschaftslogik einen propädeutischen Charakter hat. Dieser Ansicht widerspricht er vehement und erläutert, dass eine regulative Entscheidung erst sehr spät getroffen werden kann. Die Disziplin muss seine »Gegenstände schon in ziemlich hohem Grade kennen«, wenn sie Regeln entwerfen will.93 Im Gegensatz zur allgemeinen Logik grenzt die reine Logik sich stark von der Empirie ab. In ihr finden sich »keine empirischen Prinzipien, mithin schöpft sie nichts (wie man sich bisweilen überredet hat) aus der Psychologie, die also auf den Kanon des Verstandes keinen Einfluß hat. Sie ist eine demonstrierte Doktrin, und alles muss in ihr völlig a priori gewiß sein.« 94

Die besondere Logik unterteilt Kant nochmals in die transzendentale Analytik und Dialektik. Letztere fasst die drei transzendentalen Ideen (Welt, Mensch und Gott) in sich, welche sich niemals durch Erfahrung bestätigt oder wider89 Aristoteles 2009. – Die Kategorien werden in ihrer Bedeutung für das vorliegende Thema immer noch unterschätzt. Allein Jammer u. Gosztonyi erwähnen die Kategorien, ohne jedoch tiefer in sie einzudringen. 90 Kant 1966, 121. – Zu den empirischen Erfahrungen zählt Kant auch die Psychologie. 91 Ebd., 122. 92 Ebd., 121. 93 Ebd. 94 Ebd., 123.

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legen lässt. Kant wählt für dieses Reich der Erkenntnis das Bild des Ozeans, eines »weiten und stürmischen« Meeres, »dem eigentlichen Sitze des Scheins, wo manche Nebelbank, und manches bald wegschmilzende Eis neue Länder lügt, und /  / […] den […] herumschwärmenden Seefahrer trügt«.95 Die sich in dieser Welt mit dem Namen Noumena96 befindlichen Ideen können nur gedacht, aber niemals mit den Sinnen erfasst werden. Anschauung und Begriff sind an dieser Stelle ihrer Partnerschaft enthoben. Der Gegensatz dazu ist das Land der Empirie  – eine vom Ozean umgebene Insel mit dem Namen Phaenomena97. Sie ist das begrenzte Reich des reinen Verstandes, das »Land der Wahrheit« und für vorliegendes Thema von weiterem Interesse. Per definitionem ist die transzendentale Analytik »die Zergliederung unserer gesamten Erkenntnis a priori in die Elemente der reinen Verstandeserkenntnis«.98 Für Kant ist der Verstand das Organ (wissenschaftlicher) Erkenntnis. Er ist diskursiver, nicht anschauender Natur. Er bezieht sich auf das Reich der Sinne, welches er mit Hilfe von Begriffen analysiert, ordnet und synthetisiert.99 Dabei »klebt« er jedoch nicht »etwa nachträglich einer schon vorab strukturierten Welt gewisse Etiketten auf«, sondern gibt »dem bislang unbestimmten und zusammenhangslosen Etwas seine wohlbestimmte Einheit. Ohne das Denken gibt es für uns keine Welt.«100 An dieser Stelle wird das Erkenntnisprojekt kniffelig: Anschauung sowie Verstand generieren und ordnen Wirklichkeit. Sinnlichkeit ordnet sich durch die apriorischen Anschauungsformen von Raum und Zeit. Das Denken benötigt nun Begriffe – Kategorien –, welche als apriorische Denkformen das sinnliche Material ordnen. Kommen wir nochmals auf das Spatial Poem zurück und stellen uns wieder das abgedruckte Blatt in dem Buch auf einem Möbel in einem spezifischen Büro vor. Müssten wir Aussagen über diese Situation machen, würden mit hoher Wahrscheinlichkeit Sätze fallen wie: »Ich sehe ein Buch. Es liegt vor mir auf dem Tisch.« Buch und Tisch sind ohne Zweifel Begriffe. Allerdings sind es Begriffe a posteriori; sie leiten sich aus unserer Erfahrung ab. Doch Kant benötigt Begriffe a priori, um wissenschaftlich relevante Denkformen zu entwickeln. Die reine Verstandeserkenntnis ist seines Erachtens auf Begriffe angewiesen, die »1. […] reine und nicht empirische Begriffe seien. 2. Daß sie nicht zur Anschauung und zur Sinnlichkeit, sondern zum Denken und Verstande gehören. 3. Daß sie Elementar95 Ebd., 322. 96 Das Gedachte. 97 Das sich Zeigende. 98 Ebd., 132. 99 Ebd., 132 ff. 100 Höffe 2011, 120.

2.1       Kants Brille begriffe seien und von den abgeleiteten, oder daraus zusammengesetzten wohl unterschieden werden.«101

Abb. 52: Otfried Höffe, Kantische Tafel der Urteile, 1783.

Doch woraus lassen sich diese Begriffe ableiten, wenn nicht aus der Anschauung, Erfahrung etc.? Kant verfolgt hier zwei Linien. Einerseits stellt er sich auf die Schultern der aristotelischen Metaphysik mit ihrer Begriffslehre. Anderer101 Kant 1966, 138.

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seits geht er davon aus, dass Begriffe aus dem Verstand selbst entspringen und letzterer als »ein Vermögen zu urteilen« vorgestellt werden kann. Begriffe leiten sich demzufolge aus den unterschiedlichen Funktionen von Urteilen ab.102 Aristoteles erkannte zehn Elementarbegriffe beziehungsweise Kategorien, und zwar: Wesen / Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Wo, Wann, Lage, Haben, Wirken und Leiden. Seine Ästhetik vor Augen verwirft Kant die Kategorien »Wo«, »Wann«, »Lage« sowie »Wirken« und »Leiden«, da diese sich aus den Sinnen beziehungsweise der Reflexion ableiten.103 Ersatz für diese Größen erarbeitet er sich über faktische Aussageweisen, was schließlich zu vier relevanten Urteilsformen führt (Abb. 52). Basis dieser Tafel ist seine Unterscheidung zwischen einem analytischen und einem synthetischen Urteil. Ein analytisches Urteil ist: »Bilder sind zweidimensional.«104 Kant versteht diese Urteile als Erläuterungsurteile. Sie sind aus der Erfahrung gewonnen; beinhalten jedoch keine neue Erkenntnis. Demgegenüber steht das synthetische Urteil – das Erkenntnisurteil. Ein synthetisches Urteil ist: »Die Werke von Édouard Manet (1832–1883) Un bar aux Folies-Bergère (1882) und Pablo Picasso (1881–1973) Glas, Blumenstrauß, Gitarre und Flasche (1919) sind zweidimensional.« Auch hier wird das Urteil aus der Erfahrung gewonnen. Allerdings geht das Prädikat »zweidimensional« nicht notwendigerweise aus den Werktiteln – im Gegensatz zum Begriff des Bildes – hervor.105 Kants Ehrgeiz besteht nun darin, die Bedingungen zu

Abb. 53 und 54: Édouard Manet, Un bar aux Folies-Bergère, 1881–1882 (links). Pablo Picasso, Glas, Blumenstrauß, Gitarre und Flasche, 1919.

102 Ebd., 138 f. 103 Kant 2001, 83. 104 Bei einem synthetischen Urteil fallen Subjekt u. Prädikat immer zusammen. 105 Hier könnten z. B. andere Werktitel angeführt werden, ohne die Aussage grundlegend zu verändern.

2.1       Kants Brille

finden, unter denen synthetische Urteile – Erkenntnisurteile – a posteriori in Erkenntnisurteile a priori überführt werden können. Den Weg dazu eröffnen seine aus den Urteilen abgeleiteten Kategorien (Abb. 53–55). Diese unterscheiden sich

Abb. 55: Otfried Höffe, Kantische Tafel der Kategorien (nach B 106), 2011.

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durch vier Dreiergruppen mit den an der Mathematik orientierten Kategorien (1) Quantität106 sowie (2) Qualität107 und denen an der Physik orientierten Kategorien (3) Relation108 sowie (4) Modalität109. Für den Königsberger Philosophen gibt dieses System der Kategorien eine »Anweisung oder Leitfaden ab, wie und durch welche Punkte der Untersuchung jede […] Betrachtung, wenn sie vollständig sein soll, müsse geführt werden«.110 Doch unter welchen Umständen wählt der Verstand seine Begriffe aus? Das Problem des Auswahlverfahrens behandelt Kant mit Hilfe des von ihm entwickelten transzendentalen Schemas. Letzteres muss als eine Art Vermittler zwischen den Begriffen und Erscheinungen verstanden werden. Es ermöglicht die Anwendung der reinen Verstandesbegriffe auf die Empirie. Kant erklärt sich in einem längeren Abschnitt dazu: »[U]nsern reinen sinnlichen Begriffen [liegen; Anm. JB] nicht Bilder der Gegenstände, sondern Schemata zum /   /  G runde. Dem Begriffe von einem Triangel überhaupt würde gar kein Bild desselben jemals adäquat sein. Denn es würde die Allgemeinheit des Begriffs nicht erreichen, welche macht, daß dieser für alle, recht- oder schiefwinklige etc. gilt, sondern immer nur auf ein Teil dieser Sphäre eingeschränkt sein. Das Schema des Triangels kann niemals anderswo als in Gedanken existieren, und bedeutet eine Regel der Synthesis der Einbildungskraft, in Ansehung reiner Gestalten im Raume. Noch viel weniger erreicht ein Gegenstand der Erfahrung oder Bild desselben jemals den empirischen Begriff, sondern dieser bezieht sich jederzeit unmittelbar auf das Schema der Einbildungskraft, als eine Regel der Bestimmung unserer Anschauung […]. Der Begriff vom Hunde bedeutet eine Regel, nach welcher meine Einbildungskraft die Gestalt eines vierfüßigen Tiers allgemein verzeichnen kann, ohne auf irgend eine einzige besondere Gestalt, die mir die Erfahrung darbietet, oder auch ein jedes mögliche Bild, was ich in concreto darstellen kann, eingeschränkt zu sein. Dieser Schematismus unseres Verstandes, in Ansehung der Erscheinungen und ihrer bloßen Form, ist eine verborgene Kunst in den Tiefen der menschlichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur schwerlich jemals abraten, und sie unverdeckt vor Augen legen werden. So viel können wir nur sagen: das Bild ist ein Produkt des empirischen Vermögens der produktiven Einbildungskraft, das Schema sinnlicher Begriffe (als der Figuren /  / i m Raume) ein Produkt und gleichsam ein Monogramm der reinen Einbildungskraft a priori, wodurch und wonach die Bilder allererst möglich werden […] Dagegen ist das Schema eines reinen Verstandesbegriffs etwas, was in gar kein Bild gebracht werden kann, sondern ist nur die reine Synthesis […] ein transzendentales Produkt der Einbildungskraft«.111 106 Größe, Menge mit Einheit, Vielheit, Allheit. 107 Summe der Beschaffenheit mit Realität, Negation, Limitation. 108 Beziehung mit Substanz, Kausalität, Gemeinschaft. 109 Möglichkeit, Dasein, Notwendigkeit. 110 Ebd., 85. 111 Kant 1966, 216 ff.

2.1       Kants Brille

Über diese Konzepte der kantischen Tafeln beziehungsweise Schemata ist viel diskutiert worden.112 Im Rahmen dieser Arbeit ist dieser Diskurs nicht weiter zu verfolgen. Wichtig sind für vorliegendes Thema zwei Punkte: Kants Bildund Schemabegriff. Das »reine Bild« ist für Kant ein Produkt der empirischen Einbildungskraft.113 Ihm ist es gegeben, den sinnlichen Aspekt der Erscheinungen vorzustellen; eine »adäquate« Darstellung ist ihm nicht möglich. Unterlegt sind dem »reinen Bild« die Anschauungs- und Ordnungsformen aus Raum und Zeit: »Das reine Bild aller Größen (quantorum) vor dem äußern Sinne, ist der Raum; aller Gegenstände der Sinne überhaupt, die Zeit.«114 Das Schema ist ein gedankliches Produkt und kommt ohne ein bildhaftes Verfahren aus. Es hat sein Analogon in der »reinen Einbildungskraft a priori«; das heißt in der natürlichen Verfasstheit des Menschen.115 In ein Bild kann nur die Synthesis eines transzendentalen Schemas gefasst werden. Das »reine Schema der Größe aber (quantitatis), als eines Begriffs des Verstandes, ist die Zahl, welche eine Vorstellung ist, die die Sukzessive Addition von Einem zu Einem (gleichartigen) zusammenfasst. Also ist die Zahl nichts anders, als die /  / E inheit der Synthesis des Mannigfaltigen einer gleichartigen Anschauung überhaupt, dadurch, daß ich die Zeit selbst in der Apprehension der Anschauung erzeuge.«116

Schemata sind die Basis der Bilder. »Sie liegen als Methoden«, so erläutert Peter Baumanns treffend, »die mit der Kategorien-Versinnlichung resultieren, immer schon den geometrischen und mechanischen Raum-Zeit-Operationen zugrunde, jenen Operationen, aus denen die Raum-Zeit-Bilder im Rahmen der Erkenntnistheorie hervorgehen. Das einzige reale Gegenstandsbild ist der empirische Anschauungsgegenstand als Leistung der produktiven Einbildungskraft in ihrem empirischen Gebrauche.«117

Diese Funktion des Bildes als Korrelat der »Kunst des Gemüts«118 nimmt Kant in seinen Ausführungen zur Malerei in der Kritik der Urteilskraft (1790) wieder auf. Er bringt der Malerei als Kunst des Bildes insofern eine besondere Wertschätzung entgegen, als dass sie das Stadium der Empirie durch das

112 Siehe z. B. Irrlitz 2010, ab 208. 113 Kant 1966, 218. 114 Ebd. 115 Ebd., 217. 116 Ebd., 217 f. 117 Baumanns 1997, 536. 118 Der Begriff ist entlehnt von Baumanns. Ebd., 537.

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Eindringen »in die Region der Ideen« zu überwinden vermag.119 Die Darstellung komplexer Zusammenhänge oder gar systematischer Prozesse muss sie jedoch einer anderen Form des künstlerischen Korrelats überlassen. In diese Richtung stoßen aus Sicht der Autorin die räum- / zeitlich orientierten Künste vor. Sie sind das empirische Pendant der prozessual geprägten Seite des Erkennens und verschaffen dem Betrachter einen Zugang zum menschlichen Grundvermögen. Die Übersetzung von über die unmittelbare Erfahrung hinausgehenden Sachverhalten, im Falle einer wissenschaftlichen Architektonik, Baummetapher oder Systematik, kann hier wieder als Voraussetzung für das räum- / zeitliche Verfahren der künstlerischen Abbildung verstanden werden. Vor dem Hintergrund dieses komplexen Sinnhorizonts erbringt die kantische Kritik der Urteilskraft eine Neuakzentuierung zu Raum / Zeit. Generell ist die historische Bedeutung der letzten Kritik längst erkannt und mehrfach beschrieben worden. Ihr Untersuchungsgegenstand ist die bestimmende und reflektierende »Urteilskraft«, die Kant als das »Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken«, beschreibt.120 In dieser Untersuchung legt er zudem die kunsthistorisch relevanten Kernbestimmungen zum Genie, Geschmack oder zur eigenen Erkenntnisfunktion von Kunst vor.121 Aufgrund zahlreicher Untersuchungen zu diesem Thema werden seine einzelnen Standpunkte zur Kunst hier nicht repetiert.122 Die relativ umfangreiche Diskussion verengt sich vielmehr auf drei Aspekte: Kants Definition zur Kunst, seine unterschiedlichen Klassifizierungen zur Kunst sowie das Zusammenfallen von Raum mit der transzendentalen Ästhetik.123 Kant definiert Kunst in Abgrenzung zur Natur.124 Sie muss sich von der Wirklichkeit, das heißt der Natur, unterscheiden beziehungsweise diese vollenden.125 Sie begründet sich aus dem Subjekt und überwindet ihre jahrhunderte119 Kant 1963, 273. 120 Ebd., 33. 121 Ich schließe mich Brigitte Scheers Einschätzung an, dass Kant seine Aufgabe nicht im Verfassen einer ästhetisch-kunsttheoretischen Schrift sah. Allerdings vertrete ich die These, dass Kants »Modelle« für die kunstwissenschaftliche Forschung wichtige Impulse liefern, die bis heute nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Vergleichbar argumentieren Fricke 1998 u. Scheer 2009. 122 Einführend hier Baumeister 2012; Kulenkampff 1998 o. Prange 2004. 123 Eigentlich stand Kant der Ästhetik als Disziplin kritisch gegenüber. Seine transzendentale Ästhetik verstand sich als »Wissenschaft von allen Prinzipien der Sinnlichkeit« u. verfolgte keine Wissenschaft zum Schönen o. gar der Kunst. Kant bestritt die Möglichkeit einer Wissenschaft vom Schönen u. lehnte eine Ästhetik im Sinne Baumgartens als undurchführbar ab. Kant 1966, 82. 124 Kant 1963, 229. 125 Hier folgte Kant Aristoteles in der Definition von Kunst als menschliches Schaffen u. ihrer

2.1       Kants Brille

alte theologische Grundlegung. Die künstlerische Tätigkeit ist freies und nicht monetär orientiertes Handeln auf Basis »menschlicher Geschicklichkeit«.126 Ihr »Zweck« ist die Evokation eines Lustgefühls mit – im besten Falle – »erkennender« Wirkung.127 Im § 51 der Kritik der Urteilskraft stellt Kant, nach seinen Ausführungen zum Genie und vor denen des Geschmacks, seine Einteilung der Künste vor. Ganz im Sinne seines Verständnisses von Kunst als menschliches Schaffen entwickelt er keine Genie- oder Opussystematik, sondern entscheidet sich für eine Klassifizierung aus den menschlichen Ausdrucksmitteln heraus.128 Diesem Ansatz entsprechend entwirft er ein Prinzip in »Analogie der Kunst mit der Art des Ausdrucks, dessen Menschen sich im Sprechen bedienen, um sich, so vollkommen als möglich […] einander, d. i. nicht bloß in Begriffen, sondern auch Empfindungen nach mitzuteilen«129 Dieser Anspruch trifft sich in Wort, Gebärde und Ton. Keines dieser Elemente kann, so Kant, isoliert werden, ohne den ganzheitlichen Ausdruck des Subjekts zu zerstören. »Denn Gedanke, Anschauung und Empfindung werden dadurch zugleich und vereinigt auf den andern übertragen.«130 Eine Einteilung der Künste muss diesem synthetischen Tatbestand Rechnung tragen und umfasst demnach »die redende, die bildenden und die Kunst des Spiels der Empfindungen«.131 Die redende Kunst schließt nach Kant die Dichtkunst, die bildende Kunst die Plastik und Malerei, die Kunst des Spiels der Empfindungen die Musik sowie die Farbenkunst mit ein. Innerhalb dieser Systematik ordnet er der Plastik noch die Bildhauerei und die Baukunst, der Malerei noch die Lustgärtnerei zu (Abb. 56).132 Allerdings beließ es Kant nicht bei dieser etwas konventionell Abgrenzung zur Natur. Aristoteles formulierte in seiner Metaphysik sowie Physik: »Was nun das Werden der Kunst betrifft, so findet dieses bei den Dingen statt, deren Idee in der Seele vorhanden ist«, u. »[ü]berhaupt ist es so, dass die Kunst vollendet, was die Natur zu vollenden nicht vermag, oder dass sie sie nachahmt.« Zitiert nach Tatarkiewicz 1979, 1. Band, 191 f. Zum grundsätzlichen Diskurs zur Kunst siehe Tatarkiewicz 2003. 126 Etwa Kant 1963, 230. 127 Ebd., 233. – Weiter: »Von Rechts wegen sollte man nur die Hervorbringung durch Freiheit […] Kunst nennen.« Ebd., 229. – Die pädagogische Geste der Kunst in der Aufklärung nahm Kant zurück, wenn auch nicht in ihrer Gänze. Der noch von Moses Mendelssohn gestellte Vollkommenheitsanspruch an die Kunst, im Sinne einer Besserung des Verstandes, einer Reinigung des Herzens o. des Lenkens von Leidenschaften, zeigt sich relativiert. Siehe dazu Mendelsohn 2006, 92. 128 Erläuternd macht er darauf aufmerksam, dass diese Ergebnisse nur einen Versuch darstellen, welcher zu einer »möglichen Einteilung« führen könnte. Kant 1963, 256, Anmerkung **. 129 Ebd. 130 Ebd., 257. 131 Ebd. 132 Ebd., 259–263.

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EINTEILUNG DER KÜNSTE BEI KANT NO. 1

Formen menschlichen

a) Bildende Kunst

Ausdrucks Kunst des Spiels

b) der Empfindungen

c) Redende Kunst

Malerei Plastik Lustgärtnerei Farbenkunst Musik

Dichtung

Abb. 56: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Kants Einteilung der Künste I, 2013.

anmutenden Einteilung. Im Kontext seiner Überlegungen zum »Wert der schönen Künste nach der Kultur […] die sie dem Gemüt verschaffen«, vollzieht er eine Wende.133 Er untersucht Künste unter Erkenntnis- und Wirkungsaspekten.134 Aus dieser Argumentationslinie heraus kommt er im Vergleich zwischen den einzelnen Künsten zu dem Schluss, dass im Falle eines rein sensualistischen Zugangs mit unbestimmten Ideen die Dichtkunst und Musik135 sowie, im Falle eines erkennenden und sensitiven Zugangs mit bleibenden Ideen, die Dichtkunst sowie Malerei136 als höchste Form der künstlerischen Tätigkeit zu 133 Ebd., 271. 134 Kunst ist für Kant, im Vergleich zur Wissenschaft, die Erkenntnis anderer Art. Scheer 2003. 135 Die »Dichtkunst« behauptet den »obersten Rang. Sie erweitert das Gemüt dadurch, daß sie die Einbildungskraft in Freiheit setzt […] Sie stärkt das Gemüt, in dem sie es sein freies, selbsttätiges und von der Naturbestimmung unabhängiges Vermögen fühlen läßt, die Natur, als Erscheinung, nach Ansichten zu betrachten und zu beurteilen«. Kant 1963, 266 f. – Ein Parallelschauplatz in dieser Diskussion ist die Rolle der Zeit. Die Konstituierung der Musik als Leitkunst des 18. Jahrhunderts verband sich oftmals mit einer Erörterung der Zeit. So etwa Herder in seinem Beitrag zur Plastik (1778). Götz Pochat bemerkt dazu: »Die Melodie [so Herder; Anm. JB] entstehe durch die Abfolge der Töne, die Malerei entwickele sich in der Fläche, aus der Darstellung der Dinge nebeneinander; und die Plastik trete als Form der Durchdringung in Erscheinung. Die Malerei […] tendiere zum Räumlichen; die Musik entfalte sich in der Zeit als Sukzession, und die Plastik werde in ihrer Materialität als Kraft haptisch erfüllt.« Pochat 2011, 240, u. Ullrich 2005, 92–95. 136 »Unter den bildenden Künsten würde ich der Malerei den Vorzug geben: teils weil sie, als Zeichnungskunst, allen übrigen bildenden Künsten zu Grunde liegt; teils weil sie weit mehr

2.1       Kants Brille

Musik

Zeitkünste (Auge / Ohr)

Farbenkunst Rhetorik / Dichtung

Synthetische Künste Schauspiel / Oper

EINTEILUNG DER KÜNSTE BEI KANT NO. 2 (nach KdU 1787)

Plastik (Bildhauer- / Baukunst) Malerei (Malerei inkl. Gartenkunst)

Raumkünste (Auge / Hand)

Rhetorik / Dichtung

Abb. 57: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Kants Einteilung der Künste II, 2013.

bestimmen sind. Dies war jedoch nicht sein letzter Einteilungsversuch: Unter der Aufgabenstellung einer Strukturierung der Kunst aus dem künstlerischen Gegenstand heraus, änderte Kant nochmals seinen Blickwinkel. Er gab seine Kernargumente zum menschlichen Produktionsvermögen beziehungsweise zu Erkenntnis und Wirkung zugunsten des künstlerischen Wesens auf.137 Er bestimmte Plastik und Malerei mit ihren Unterarten als Raumkünste, denn sie »Gestalten im Raume«; hingegen Musik und Farbenkunst der zeitlichen Einteilung folgen und seines Erachtens somit Künste der Zeit sind. Die Oper und das Theater vertreten als synthetische Künste die Raumzeitkünste (Abb. 57).138 Im Modellvergleich wird ersichtlich, dass die Modelle 1 und 3 keine hierarchische Aufstellung der Kunst verfolgen. Hier geht es vielmehr um die Ordnung von Kunst nach natürlich-kreatürlichen Determinanten wie dem menschlichen Ausdrucksvermögen beziehungsweise dem zugrunde liegenden Prinzip des Dings. Demgegenüber fasst das zweite Modell Kunst hinsichtlich eines Werturteils auf ein Außen (z. B. der Kultur des Gemüts) auf.139 in die Region der Ideen eindringen und auch das Feld der Anschauung, diesen gemäß, mehr erweitern kann, als den übrigen verstattet ist.« Kant 1963, 271 ff. 137 Wesen wird hier im Sinne Günter Seubolds u. Jens Blinnes als ein »dem Gegenstand vorgängiges und ihn bedingendes Prinzip (Platon), eine dem Gegenstand immanente Substanz (Aristoteles) oder ein durch Abstraktion aus der Wahrnehmung gewonnener, nur gedanklich existierender Allgemeinbegriff (nominalistische Positionen)« verstanden. Siehe Blinne /  S eubold 2003. 138 Kant 1963, 265. 139 Diese Wertebene, als übergreifende u. objektive Rahmenbedingung in ihrem wissenschaftli-

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2 E xpansion

Kants trichotomisches Spektrum einer Einteilung der Künste fand am Ende des 18. Jahrhunderts zahlreiche Nachahmer beziehungsweise Rezipienten und schlug sich sogar in ästhetischen Lexika beziehungsweise Lehrbüchern nieder. 1799 veröffentlichte beispielsweise der österreichische Ästhetiker Lazarus Bendavid (1762–1832) in seinem Lehrbuch zur Geschmackslehre eine »Eintheilung der Künste« aus »dreyerlei Hauptgattungen«, und zwar die Künste des Raumes, der Zeit sowie des Raumes und der Zeit zugleich. Konkret umfassen, so Bendavid, die Künste des Raumes: a) »Plastik, Bildekunst [incl. der Architektur; Anm. JB], durch welche der Künstler die Gegenstände des Raumes so darstellt, wie sie der Fühlsinn wahrnehmen kann«, und b) die »Zeichenkunst [incl. der Malerei; Anm. JB], worin der Gegenstand des Raumes von der Kunst bloß dem Gesichte gegeben wird«.140 In den Zeitkünsten vereinigen sich: a) die Dichtkunst, b) die Tonkunst, c) die Farbengebung, »in welcher der Künstler einen ähnlichen Zweck durch nach und nach bewegte Farben zu erreichen sucht«.141 Die Raum- / Zeitkunst nimmt: a) die Schauspielkunst, b) die Gartenkunst, »welche die Teile der Naturerzeugnisse im Raume zusammenstellt, damit sie vom Beobachter gesehen, und durch seine Bewegung nach und nach in der Zeit als schönes Ganzes verbunden werden mögen«, c) die Tanzkunst und d) die Beleuchtungskunst, »worin ein Gegenstand zum Raume, durch die Bewegung des Lichts, nach und nach als ein schönes Ganzes erscheint«, auf (Abb. 58).142 chen Zugriff auf die Kunst, befördert aus Sicht der Autorin die Hierarchisierung zwischen den Künsten. 140 Bendavid 1799, 255–258. 141 Ebd., 314. 142 Ebd., 446 f. – Bendavid entwickelte seine Kategorien hauptsächlich in Bezug auf die Verschiedenheit medial ästhetischer Abfolgen, welche auf das Erkennen des Betrachters zielten. Dabei interessierte einerseits die künstlerische Schöpfung unter dem aristotelischen Gebot der mimêsis (Gartenkunst) u. die äußere Wahrnehmung raumzeitlicher Gegenstände;

2.1       Kants Brille

(Auge / Hand)

Architektur Zeichnung

(Auge / Ohr / Hand)

Wahrnehmung = Anthropologie der Kunst

Literatur

Tanzkunst

Raumkünste

Gartenkunst

Plastik

Beleuchtungskunst

SUMME ALLER KÜNSTE

Raumzeitkünste

SCHEMA B / KUNST – Beispiel Bendavid 1799

Farbengebung

Zeitkünste (Auge / Ohr)

Tonkunst

Abb. 58: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Schematische Darstellung der Summe aller Künste bei Bendavid (1799), 2012.

Andererseits verfassten Philosophen wie Friedrich Bouterwek (1766–1828)143, Johann Gottfried Herder (1744–1803), Karl Heinrich Heydenreich (1764–1801) oder August Schlegel (1767–1845) kritisch getönte Stellungnahmen zu Kants System, unter Hinzunahme der Differenztheorie des Dichters Gotthold Ephandererseits die innere Wahrnehmung in Form des inneren Erlebens (Künste des Raumes). – Mit Bendavid vergleichbare Rezipienten sind etwa Abel 1786, Traugott-Krug 1802, 46 f. u. Jeittles 1837, Eintrag »Schöne Kunst«, 315–318. Letzterer nennt zudem weitere Autoren, welche um 1800 die Kunst mit Blick auf Raum / Z eit systematisierten. 143 Bouterwek erläutert die Einteilung der Kunst unter transzendentalphilosophischen Prinzipen; plädiert am Ende jedoch für eine traditionell-ästhetische Behandlung von Kunst. Er notiert u. kritisiert: »Ordnet man sie zum Beispiel nach transcendentalen Prinzipien des Raumes und der Zeit, so kommen Künste, deren ästhetischer Charakter durchaus verschieden ist, unmittelbar nebeneinander zu stehen. Die architektonischen Künste sind von den plastischen ursprünglich und wesentlich verschieden; und doch steht das Gebäude, wie die Statue, im Raume da. Physiologisch nach den menschlichen Sinnen die schönen Künste zu ordnen, ist natürlicher, und giebt Veranlassung zu lehrreichen Nachforschungen über die Verschiedenheit der Natur der Sinne.« Bouterwek 1826, 245.

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2 E xpansion

raim Lessing (1729–1781). Dieser hatte 1766 Raum / Zeit als kunsttheoretische Abgrenzungsparameter diskutiert und popularisiert.144 Zur Erinnerung: Lessing interpretierte Raum / Zeit als die Differenz zwischen Literatur und Malerei. Die Literatur, so Lessing, unterliege aufgrund ihrer sprachlichen Mittel wie ihrer Handlungsdarstellung der Zeit; die Malerei wegen ihrer Darstellung von Körpern dem Raum.145 Eindeutig sei diese Scheidung allerdings nicht. Er bemerkt, »daß die Mahlerey zu ihren Nachahmungen ganz anderer Mittel, oder Zeichen gebraucht, als die Poesie; jene nehmlich Figuren und Farben in dem Raume, diese aber artikulieren Töne in der Zeit […] Doch alle Körper existieren nicht allein in dem Raume, sondern auch in der Zeit. […] Folglich kann die Mahlerey auch Handlungen nachahmen, aber andeutungsweise auch Körper.«146

In der direkten Auseinandersetzung mit diesen Standpunkten orientierte sich die ästhetisch-philosophische Fachwelt zwar an Kants Prinzip einer erfahrungsunabhängigen Strukturierung durch Raum / Zeit und verwies immer wieder auf die Simultanität (Raum) oder Sukzession (Zeit).147 Gleichwohl be144 Im Allgemeinen werden Lessings Überlegungen als Initialzündung für die neuzeitliche Auseinandersetzung mit den Raum- /  Z eitkünsten angesehen. So ist z. B. Michela Otts Interpretation, dass »in Lessings Laokoon […] der Raum erstmalig als Kategorie zur Unterscheidung von Kunstgattungen« fungiere, vor diesem Hintergrund neu zu diskutieren. Siehe dazu Ott 2003, 129. – Diese mediale Zäsur erkennen auch Sabine Heiser u. Christiane Holm an. Die vorgängige »Aushandlung von Qualitätskriterien« stand ihres Erachtens allein unter dem »Potential der Malerei als Universalwissenschaft«. Heiser /  H olm 2010, 10. – Allerdings zeigte eine im Kontext dieser Arbeit durchgeführte Stichprobe in der Paragoneliteratur, dass nach Aristoteles Poetik besonders die Kunsttheorie der Renaissance Raum /  Z eit als wesentliche Unterscheidungsmerkmale verstand, so z. B. bei Leonardo da Vinci (1452–1519) u. Pomponius Gauricus (1485–1530). Vgl. Aristoteles 2012, z. B. 7; Leonardo 1990; Gauricus 1992. – Demzufolge bedarf auch Wolfgang Kemps Feststellung, dass der Raum erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts »für die Kunstwissenschaft […] fruchtbar gemacht« wurde, einer erneuten Durchsicht. Vgl. dazu Kemp 2003, 367. 145 Lessing 1805, 129. 146 Ebd., 129 f. 147 Z. B. Herder in den Kritischen Wäldern (1769): »[D]ie Künste, die Werke liefern, wirken im Raume; die Künste die durch Energie wirken, in der Zeitfolge, die schönen Wissenschaften, oder vielmehr die einzige schöne Wissenschaft, die Poesie, wirkt durch Kraft – durch Kraft, die den Worten beiwohnt […]. Diese Kraft ist das Wesen der Poesie, nicht aber das Coexistente, oder die Succession.« Herder 1821, 169 f. – Herders Auseinandersetzung mit den Raum- /  Z eitkünsten erstreckte sich bis 1800. Überprüfte er in seinen Ausführungen zur Plastik (1778) weiterhin die Tragfähigkeit des Konzeptes u. äußerte um 1800 in seiner Kalli-

2.1       Kants Brille

vorzugte man am Ende erkenntnistheoretische148, psychologische149 oder soziale150 Einteilungen. Diese vermochten die Gefahr einer metaphysischen Überhöhung der Kunst weitaus besser auszuschließen (Abb. 59).151 Sämtliche dieser Anschlussüberlegungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts erreichten nicht die Tiefe der kantischen Thematisierung. Erinnern wir uns: Die kantische Denkart zur metaphysischen Neuausrichtung richtete das Erkennen nicht auf den Gegenstand, sondern den Gegenstand auf das Erkennen aus. Raum / Zeit interessierten Kant nicht als wissenschaftliches oder künstlerisches Objekt. Ihn beschäftigte die Frage nach der Struktur von Erkenntnis aufgrund einer letzten transzendenten Ursache, dass heißt von Naturgesetzen. Diese letzte gone erste Zweifel, fand das Konzept am Ende dennoch Anwendung. Mit explizitem Bezug auf Kants Kritiken notiert er: »Nach jener Kritik blieben den Sinnen keine Gegenstände, als die leeren Anschauungen von Raum und Zeit […] dem Verstande nichts als leere, übelgeordnete Fächer der Kategorien, bedeutungslos in sich«. Herder 1800, 132 u. 256 f., u. beispielsweise Herder 1778, 120. – Herders Konzept diskutiert auch Pochat 2011, 239 f. 148 Siehe etwa Johann Georg Sulzers (1720–1779) Theorie der schönen Künste, in welcher der Autor jede Gattung aus ihrer Form, dem besonderen Anschauungssinn, der Gemütsverfassung u. »eine[r] eigene[n] Stimmung der Seele« bestimmt. Den »wichtigsten Nutzen haben die Werke der Kunst, die uns Begriffe, Vorstellungen, Wahrheiten, Lehren, Maximen, Empfindungen einprägen, wodurch unser Charakter gewinnt, und die wir, ohne als Menschen oder als Bürger an unserem Werthe zu verlieren, nicht missen können.« Sulzer 1774, 2. Band, 93. 149 Hier ist Heydenreichs »empfindsame« Einteilung der Künste anzuführen. Wie bei Johann Heinrich Gottlieb Heusinger (1766–1837) o. Moses Mendelssohn (1729–1786) wird Kunst aus ihrer psychologischen Wirkung heraus erklärt u. geordnet. Dazu Heydenreich 1790, 5. Betrachtung, ab 146, o. Heusinger 1797, 1. Theil, ab 126. 150 So erläutert Schlegel in seiner Kunstlehre: »Die Künste treiben ihre Wesen im Reich der Erscheinungen, sie stellen sinnlich dar. Nun gibt es aber zwei Formen der sinnlichen Anschauung, Raum und Zeit. Danach lassen sich zwei Gattungen von Künsten denken, solche, die simultan und die sukzessiv darstellen.« Am Ende favorisierte Schlegel – im Schatten Friedrich von Schillers – eine Aufspaltung in nützliche u. schöne Künste, wobei die Tanzkunst für ihn die künstlerische Urform in Raum /  Z eit darstellt. Schlegel 1963, 100; zur schillerschen Einteilung in »Künste des Bedürfnisses« u. »Künste der Freiheit« siehe Dietrich 1930, ab 42. 151 Schlegel führte sein Raum-Zeit-Konzept schon 1799 in seiner gemeinschaftlichen Abhandlung mit Caroline Schelling, Die Gemählde, ein. In diesem Text fallen wichtige Schlüsselzuweisungen, wie die zu Bewegung in Raum / Z eit. Derartige Anspielungen verknüpften die Autoren gleichwohl mit kritischen Untertönen. Beispielsweise antwortet Louise auf Wallers Darlegung zur organischen u. mathematischen Plastik (Architektur): »Sie gerathen mir in die Metaphysik der Künste hinein, womit ich nichts zuthun habe.« Schlegel 1799, 41 f. – Diese Form der Metaphysikkritik deutete sich um 1810 an u. belebte besonders die Diskussion des 19. Jahrhunderts. Siehe etwa Bouterwek 1826, 244 f., u. Kapitel 2.2.

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2 E xpansion

Abb. 59: August Schlegel, Übersicht und Einteilung der schönen Künste, 1801–1804.

Einheit erkannte er in einer vorgängigen Strukturierung im Subjekt mittels der gleichberechtigten Anschauungsformen von Raum / Zeit. Das zu erkennende Objekt, so seine These, zeigt sich abhängig vom Subjekt. Es ist von diesem nicht verschieden und Teil eines strukturell zusammenhängenden Weltbildes. Konkrete Einteilungsfragen zur Kunst beantwortete Kant in mehrfacher Weise: mittels eines äußeren (Modell 1 und 3) und eines inneren Grundes (Modell 2). Das über alles gültige Merkmal des Ausgleichs zwischen Außen und Innen, allgemeiner Gültigkeit und Autonomie prägt in vielerlei Hinsicht den kantischen Denkhorizont zur Ästhetik – so zum Beispiel in seiner Konzeption des sensus communis oder des Genies. Ersteres hält als Regulativ das subjektive Geschmacksurteil in Bann.152 Denn der Geschmack ist nach Kant im Grundsatz autonom.153 Auch die Kunst ist autonom. Sie ist als freier Gegenstand ak152 »[D]ie Funktion des sensus communis ist die regulative Idee in theoretischer Hinsicht in der Absicherung der Allgemeingültigkeit und der Mitteilbarkeit des ästhetischen Urteils […] Für den ästhetisch Urteilenden drückt sich diese Funktion der Sicherung […] in der Art und Weise aus, daß dieser in dem Gefühl der Gewißheit oder dem Für-wahr-Halten der Zustimmung der anderen sein Urteil fällt«. Nachzulesen bei Felten 2004, 195. 153 »Der Geschmack macht bloß auf Autonomie Anspruch. Fremde Urteile sich zum Bestimmungsgrunde des seinigen zu machen, wäre Heteronomie. Daß man die Werke der Alten […] zu Mustern anpreiset […]: scheint Quellen des Geschmacks a posteriori anzuzeigen, und die Autonomie desselben in jedem Subjekte zu widerlegen […]. Aber unter allen Vermögen und

2.1       Kants Brille

zentuiert, was eine Verortung in der Autonomie mit sich zieht. Kant schreibt in seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten: »Mit der Idee der Freyheit ist nun der Begriff der Autonomie unzertrennlich verbunden«.154 Folgerichtig kann die Kunstproduktion nicht durch das Einhalten von Regeln erlernt werden; diese muss das künstlerische »Genie« aus der Natur selbst ableiten.155 Mit diesem Rekurs auf die Natur verfolgt Kant allerdings keine Wiederbelebung des Mimesisprinzips, sondern zielt hier auf die künstlerische Beschreibung eines (Natur-)Dings ab. Denn: »Eine Naturschönheit ist ein schönes Ding; die Kunstschönheit ist eine schöne Vorstellung von dem Dinge.«156 Dieser muss ein Begriff vorausgehen, was Kant zu der Konklusion veranlasst: »So viel von der schönen Vorstellung eines Gegenstandes, die eigentlich nur die Form der Darstellung eines Begriffs ist, durch welche dieser allgemein mitgeteilt wird.«157 Die Aufgabe des Genies besteht somit darin, einer zügellosen Produktion von Kunst durch eine Begriffsbildung Schranken zu setzen. Die Genietheorie zielt auch hier wieder auf ein ausgleichendes Vermögen ab.158 Was aber kann diese gedankliche Anlage eines vorgängigen Strukturkonzepts aus Raum / Zeit für die Wissenschaft von der Kunst bedeuten? Die Autorin erkennt in dem Prinzip einer allgemeingültigen Grundlegung von WissenTalenten ist der Geschmack gerade dasjenige, welches […] nicht durch Begriffe […] bestimmbar ist.« Kant 1963, 195 ff. – Auch Jutta Held verweist auf diese »radikale Autonomietheorie« Kants. Held / S chneider 2007, 315. 154 Kant 1786, 109. 155 Er schreibt: »So kann man alles, was Newton in seinem unsterblichen Werke der Prinzipien der Naturphilosophie, / s o ein großer Kopf auch erforderlich war, dergleichen zu erfinden, vorgetragen hat, gar wohl lernen, aber man kann nicht geistreich dichten lernen«. Kant 1963, 238. 156 Ebd., 242. 157 Ebd., 244. 158 Zeitgenössische Interpretamente des kantischen Geniebegriffs hoben vielfach eine deutliche Aufwertung des künstlerischen Genies vor allen anderen – etwa dem Wissenschaftler – hervor. Diese Einschätzung muss nach Ansicht der Autorin relativiert werden. Zwar besitzt das Genie gegenüber dem Wissenschaftler ein besonderes Talent; gleichfalls bedeutet dies aber keine »Herabsetzung jener großen Männer [Newton /  W issenschaftler; Anm. JB], denen das menschliche Geschlecht viel zu verdanken hat, gegen die Günstlinge der Natur in Ansehung ihres Talents für die schöne Kunst. Eben darin, daß jener Talent zur immer fortschreitenden größeren Vollkommenheit der Erkenntnisse und des Nutzens […] gemacht ist, besteht ein großer Vorzug derselben vor denen, welche die Ehre verdienen, Genies zu heißen«. Nachzulesen beispielsweise bei Prange 2004, 57 f., o. Schneider 1997, ab 50. – Die Einschätzung der Autorin eines durchaus doppeldeutigen Geniebegriffs teilen Tegtmeyer 2008, ab 105, u. Waibl 2009, 142 f.

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2 E xpansion

schaften in die Ordnungs- und Produktionsbedingung des Subjekts einen der wichtigsten wissenschaftstheoretischen Schritte in die Moderne. Zu den kennzeichnenden Merkmalen einer wissenschaftlichen Annährung zählt nicht mehr das Erkennen des (Natur-)Objekts. Ebenso sind die Teilhabe des Artefakts an der einen Gattung oder dem einen Stil, die Isolation von lebensweltlichen Bezügen oder die Funktionalisierung im Sinne einer Beförderung intellektueller Vervollkommnung ihres Werts enthoben. Vielmehr präsentiert sich die Wissenschaft zur Kunst als erkenntnistheoretisch abgesichert. Sie verschiebt ihren Erkenntnisgegenstand vom Objekt zum Subjekt und kann so die Erzeugnisse unter dem Eidos Raum / Zeit zusammenfassen. Darüber hinaus entsteht Kunst aus der naturgesetzlichen Gleichheit zwischen allem Seienden heraus und gestaltet sich unter der Leitung des Künstlers individuell aus.159 Diese Verwurzelung in lebenswirkliche Bezüge schließt auch die Wissenschaftstheorie zur Kunst ein. Kunst ist gleichberechtigt, synthetisch und jeglicher Grenzen (high and low) enthoben. Wolfgang Röd beschreibt diese Form der kantischen Rückkopplung an das Leben mit seiner Annahme, »daß der alltäglichen und der naturwissenschaftlichen Erfahrung dieselben Begriffe des Raumes und der Zeit zugrunde liegen […] so wie er auch überzeugt war, daß für die alltägliche Erfahrung dieselben Determinations- und Erhaltungsprinzipien gelten wie für die naturwissenschaftliche«.160

Auch die Rezeption resultiert nicht allein aus dem bekannten (Un-)Lustprinzip, sondern gewinnt ihren Anfang ebenfalls aus den reinen Anschauungsformen von Raum / Zeit. »Kunstohnmächtigen Menschen«161 gefällt so erst die »bloße« Struktur und in einem zweiten Schritt der künstlerisch-begriffliche Gegenstand.162 Im Gesamten ist der Nachweis einer räum- / zeitlichen A-Priorität in der Anschauung in seiner Reichweite für die Wissenschaft der Moderne somit nicht zu unterschätzen.163 Inwieweit die Kunstgeschichte des ausgehenden 18. Jahrhunderts sich positionierte und diese Gedanken aufnahm, stellt das nachfolgende Unterkapitel vor. 159 Hier ist nicht die politische Gleichheit gemeint. Kant argumentierte mit dieser Form von Gleichheit noch nicht. 160 Röd 2007, 20. 161 Dieser Ausdruck von Friedrich Nietzsche ist zitiert nach Fricke 1998, 682. 162 Kant führt diese Gedanken im Zusammenhang mit dem Natur- u. Kunstschönen aus. Zum besseren Verständnis muss angemerkt werden, dass Kant das Naturschöne in seinem Wert dem Kunstschönen nicht unterordnet. Vielmehr ist es ein gleichberechtigter Partner, da Kant die Natur als »übermenschliche Kunst« versteht. Kant 1963, 242. – Siehe dazu auch Fricke 1998, 682 f. 163 Der Traditionsvorwurf an Kant muss aus Überzeugung der Autorin überarbeitet werden.

2.2       Die Augen der Geschichte

2.2       D ie A ugen der G eschichte Die deutschsprachige Kunstgeschichte wagte im 18. Jahrhundert ihre ersten Schritte als pragmatisch-sachliche Geschichtswissenschaft.164 Begleitet wurde sie von den »Schönen Wissenschaften«165 in Literatur und Philosophie; stützen konnte sie sich auf die großen Vorgänger der Renaissance, wie den Maler und Kunsttheoretiker Giorgio Vasari (1511–1574). Dieser hatte in den Vite de’ più eccellenti pittori scultori e architettori (ab 1550) die für die Kunstgeschichte bis heute relevanten Kriterien der Biografie, Chronologie oder auch Nationalhistoriografie entwickelt.166 In den Mittelpunkt seiner historischen Analyse stellte er die Ordnung des Individuell-Konkreten in generell-abstrakte Kategorien, welche sich an Raum / Zeit orientierten.167 Vasari erläuterte seine Konzeptionen in dem Proemio du tutta l’opera (1568): »All denen zu Ehren, die bereits gestorben sind, und zum Nutzen all jener Studierenden, die sich besonders mit den überaus vortrefflichen Künsten der Architektur, Skulptur und Malerei beschäftigen, werde ich also der Lebensbeschreibungen der Künstler [Italiens; Anm. JB] jeder dieser drei Künste in der zeitlichen Abfolge, in der sie lebten, Schritt für Schritt bis heute niederschreiben«.168

Diesen tradiert-antiken Ansatz definierte Vasari weiter aus. Beispielsweise seien die Kunst dem Vergessen beziehungsweise dem »sehr nahen Tod«169 zu 164 Aufgrund der umfangreichen Literatur zu den Anfängen der Kunstgeschichte wird hier auf eine umfassende Darlegung verzichtet u. auf folgende Publikationen verwiesen: Locher 2010; Prange 2007; Prange 2004 u. Trautwein 1997. 165 Unter dem Begriff »Schöne Wissenschaft« vereinigen sich die »Poesie, Malerei, Musik usf. als Wissenschaften, die […] keine Fakultätswissenschaften« sind. Zudem bezieht sich der Begriff auf die Regelkenntnis der entsprechenden Disziplin. »Und das heißt: Der Ausdruck ›Schöne Wissenschaft‹ wird analog gebraucht, nämlich auf verschiedene Kategorien bezogen: auf die Disposition (z. B. die Kenntnis der Regeln des Dichtens) und auf die entsprechende Disziplin (die Dichtkunst und Poesie) bezogen.« Strube 1990, 139. 166 Hinzu kommen Aspekte der Empirie, Kritik o. Exzellenz. Eine gelungene Historie orientiert sich, so Vasari, ebenfalls an kulturellen Einflussnahmen. Geschichte ist »der wahre Spiegel des menschlichen Lebens« u. bedeutet nicht, »die Geschicke […] trocken nachzuerzählen, sondern die Urteile, Ratschläge, Entschlüsse und Handlungen der Menschen anzuleiten«. Vasari 2004, 77. – Diese Einwirkung der Vergangenheit in die Gegenwart liegt im zeitgenössischen Verständnis immer noch vor. Sie stellt quasi die Basis der gesellschaftlichen Relevanz von Geschichte dar. 167 Zu Vasari siehe z. B. Brassat / K ohle 2009, 9–30. 168 Vasari 2004, 28. 169 Ebd., 27.

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entreißen und Kunstobjekte zu eruieren, welche sich besser als andere »gegen den Zahn der Zeit behaupten«170. Die Mehrfachbestimmung der Zeit im Zusammenhang mit dem Akteur, Objekt und Rezipienten leitete Vasari auch in seinem malerischen Werk zum Ursprung der Malerei in der Sala dell’arti in Florenz an (Abb.  60). In Berufung auf die Darlegung des älteren Plinius (23–79 n. Chr.) in seiner Naturalis historia (veröffentlicht ab 77 n. Chr.) vermutete Vasari den Ursprung der Malerei aus der Kopie des menschlichen Schlagschattens heraus.171 Auch die Gabe der Erfindung legte er in das Subjekt. Im Moment der Schöpfung überfällt den Künstler eine gottgleiche Inspiration, er aktiviert sein besonderes Auge (nach Nikomachos von Theben) und partizipiert am ewig Göttlichen.172 Trautwein legt dar: »Der Künstler kopiert sein Bild im Lichte seines Ingeniums. Im Bild der verursachenden Lichtquelle verbinden sich gleichzeitig praktische Vorstellung und metaphysische Be-

Abb. 60: Giorgio Vasari, Die Erfindung der Malerei, um 1570 / 73.

170 Ebd., 29. 171 Trautwein 1997, 36. 172 Zum Auge des Malers im Sinne Nikomachos von Theben (um 400 v. Chr.) siehe Tatarkiewicz 1979, 1. Band, 334.

2.2       Die Augen der Geschichte dingtheit der Malerei, ein Hinweis auf den Vater der Künste, den disegno, der hier gebunden an den örtlich-zeitlichen Aspekt des Anfangs symbolisch in Erscheinung tritt.«173

Vasaris Argumentationsspektrum zwischen Faktum und Erkenntnis (Metaphysik) kennt die Kunstgeschichte zum Teil noch heute. Dementsprechend agierte auch um 1750 die traditionelle Geschichtstheorie mit den Kategorien Raum / Zeit als allgemeine Grundlage einer Analyse oder Ordnung des historischen Geschehens. Für den Geschichtsphilosophen Giambattista Vico (1668– 1744) sind Geografie und Chronologie »die beiden Augen der Geschichte«. Diese sind nötig, »um die ideale ewige Geschichte zu lesen«.174 Das Lesen der Geschichte folgt rationalen Gesetzmäßigkeiten, schließt jeden emotional-psychologischen Einfluss von Seiten des Sehenden aus und verfolgt das Ziel der Stilkritik.175 Vorbild ist das Sehen in den Naturwissenschaften. »Das Vergleichen und Unterscheiden, Erkennen und Wiedererkennen«, so ist in Vom Sehen in der Kunstwissenschaft nachzulesen, »sind die Hauptziele des Sehens, sowohl in den Naturwissenschaften, als auch beim Kunsthistoriker.«176 Trotz dieser Technik des wissenschaftlichen Sehens begriff das kunsthistorische Denken seinen Untersuchungsgegenstand ebenso als ästhetisch-philosophisches Problem. Ein Beispiel für diese Wissenschaft der zwei Seiten sind die Arbeiten Winckelmanns. Dieser sah in seinen Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst (1755) und seiner Geschichte der Kunst des Alterthums (1764) keinen Anlass, die disziplinäre Zweigleisigkeit aufzuheben. Im Gegenteil: Winckelmann deutete die historische Forschung zur Kunst weitaus komplexer denn nur als eine von der Absicht geleitete »Erzählung der Zeitfolge und der Veränderungen in derselben«.177 Vielmehr verstand er diese als historische Beweisführung unter Hinzunahme der wissenschaftlichen Augenarbeit, des Quellenstudiums und der Stilanalyse. Dabei bedeutete die wissenschaftliche Augenarbeit kein einfaches Anschauen von Gegenständen.178 Mehr noch: Das Sehen von Kunst verband sich mit dem erinnernden Sehen, welches Fludd in seiner Ars memoria von 1619 mit dem im Vorderschädel sitzenden oculus imaginationalis visualisierte und den Vorgang des Erinnerns mit einer aus der Architektur entlehnten Metaphorik – einer Kammer mit Bildräumen – beschrieb (Abb. 61). Die Fähigkeit des Wissenschaftlers erschöpfte sich jedoch nicht in diesem Prozess. Am Ende will Winckelmann die einzelnen Baustei173 Trautwein 1997, 36. 174 Vico 2000, 56. 175 Frimmel 1897, 34. 176 Ebd., 33. 177 Winckelmann 1776, I. 178 Zur Geschichte des Sehens im Kontext der Sinnesbiologie siehe allgemein Aichinger 2003 o. Kamper  / W ulf 1984.

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ne aus Ansicht, Erkennen und Urteilen unter den Kategorien der Chronologie (Zeit) sowie Geografie (Raum) mit Hilfe der Fantasie und des Verstandes kombiniert wissen. Er erläutert, »es wird hingegen diese Erscheinung [kunsthistorische Erkenntnis; Anm. JB] gleichsam zur Wirklichkeit gebracht, wenn ich mir alle Nachrichten von Statuen und Bildern, und zugleich alles, was von diesen übrig seyn kan, nebst der unendlichen Menge erhaltenen Werke der Kunst auf einmal gegenwärtig vorstelle. Ohne diese Sammlung und Vereinigung derselben wie unter einem Blicke ist kein richtiges Urtheil zu fällen, wenn aber Verstand und Auge alle Werke sammelt und in einem Raume zusammensetzet […] befindet sich der Geist wie mitten in denselben.«179

Abb. 61: Robert Fludd, Ars memoriae, 1617.

Der Endzweck kunsthistorischer Forschung ist nicht das Schließen eines Desiderates, sondern die Beantwortung der großen Frage nach dem Wesen der Kunst. Zwar soll die Kunstgeschichte das Kunstwerk durch die Arbeit am Werk, am Künstler und am Kontext wissenschaftlich bestimmen. Jedoch müssen die Augen des Wissenschaftlers, geschult an zahlreichen Objekten, am 179 Winckelmann 1776, 246.

2.2       Die Augen der Geschichte

Ende das künstlerische Wesen selbst untersuchen.180 Nur so wird der sinnlichen Seite Rechnung getragen und der letzte Grund der Kunst, die »Schönheit«, deutlich.181 Die Schönheit ist die Metaeigenschaft der Kunst.182 Sie leitet sich für Winckelmann nicht allein aus dem wohlgestalteten Sein eines Gegenstands ab, sondern generiert sich ebenfalls aus dem Vermögen des Forschers wie Kunstbetrachters.183 Beide müssen für die Schönheit empfänglich sein, um diese zu erkennen und in ein Urteil überführen zu können. Interessant ist, dass Winckelmann den Augen nicht nur das Herz, sondern auch die unterste Körperregion zur Seite stellt. Kunst und Wissenschaft wie auch die gelehrte Kunstliebhaberei manifestieren sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in drei Körperregionen und rekurrieren auf die antike Philosophie. Platon verortet im Timaios die Seele als Empfindungs- wie Erkenntnisorgan in Hirn, Herz und Unterleib.184 In Jean Jacques Mangets (1652–1742) Theatrum Anatonicum von 1711 drückt sich die Hierarchisierung der Sinne von unten nach oben und von außen nach innen aus. Die Tafeln zur Sinnenphysiologie dokumentieren erst den männlichen Unterleib, um über das Herz, das Hirn, das Auge und das Ohr mit dem Geschmack zu schließen (Abb. 62–63). Winckelmann erkennt das erste Motiv der Schönheit beziehungsweise der Kunst auch im Unten – in der Lust – und resümiert, dass »die Begriffe der Schönheit sich bei den mehresten Künstlern aus solchen unreifen ersten Eindrücke« bilden.185 Die zugrunde liegende Denkfigur seiner Darlegung ist offenkundig. Kunst und Wissenschaft generieren sich aus dem kompletten und von der Theorie hierarchisierten Empfindungs-, Denk- und Handlungsvermögen der menschlichen Natur. Auch das Kunstobjekt entsteht aus der Natur.186 Ihr Anfang steht

180 Ebd. 181 Ebd., 247 f. 182 »Die Schönheit [ist] der höchste Endzweck, und […] Mittelpunkt der Kunst«. Ebd., 249. – Die aus den griechischen Werken abgeleitete Schönheit soll der Grund sein, auf dem der Künstler baut »und sich die griechische Regel der Schönheit Hand und Sinne führen lässet, so ist er auf dem Wege, der ihn sicher zur Nachahmung der Natur führen wird.« Ebd. 183 »Denn die Schönheit ist eines von den großen Geheimnissen der Natur, deren Wirkung wir sehen; und alle empfinden […] Wäre dieser Begriff [des Schönen; Anm. JB] geometrisch deutlich, so würde das Urtheil des Menschen über das Schöne nicht verschieden seyn«. Ebd., 249 f. 184 Platon 1991, 69 a–75 a, 190–196. Platon folgte hier einem Aufstiegsprinzip. Er wertete die untere Körperregion als niederstes u. die Augen / d en Geist als höchstes Erkenntnisorgan. 185 Winckelmann 1776, 252. 186 Zur Verdeutlichung des künstlerischen Erwachsens aus der Natur nutzte Winckelmann eine Samenmetaphorik. Die griechische Kunst wurde zum Samen aller nachfolgenden Künste. Winckelmann 1756, 6 o. 9.

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in einem Zusammenhang mit dem natürlichen Material187, der Abstraktionsleistung des Menschen188 und unter dem Eindruck des Himmels189. Die Berührung zwischen Kunst und Natur betrifft auch die Geschichte. Ihre Geschichten aus dem rein chronologisch und geografisch geleiteten Blicken analogisieren sich im Naturzyklus. So soll die Geschichte der Kunst »den Ursprung, das Wachsthum, die Veränderung und den Fall derselben, nebst den verschiedenen Stylen der Völker, Zeiten und Künstler lehren, und dieses aus den übrig gebliebenen Werken des Altherthums, so viel möglich ist, beweisen.«190

Abb. 62 und 63: Jean Jacques Manget, Das Auge, 1711 (links). Jean Jacques Manget, Der Geschmack, 1711.

187 Die Entwicklung der Kunst entwickelte Winckelmann aus der Hierarchie der Materialien. Diese beginnt mit dem Ton u. führt über Holz u. Elfenbein zum wertvollsten Material, dem Stein u. Metall. Ebd., 21. 188 Winckelmann legte kein System der Künste vor. Aus seinen Notizen zum Ursprung der Kunst lässt sich jedoch ableiten, dass er die Bildhauerei als erste Kunstform verstand u. die Malerei entsprechend ihres Abstraktionsgrads als höchste Form der Kunst wertete. Ebd., 5. 189 D. h. die »Wirkung der Lage der Länder« mit der Bildung wie Ernährung der Bewohner. Ebd., 46. 190 Ebd., II.

2.2       Die Augen der Geschichte

Sucht man ein künstlerisches Pendant zum Standpunkt Winckelmanns, findet man es nach Ansicht der Autorin in der Gartenkunst. Keine andere zeitgenössische Auseinandersetzung scheint geeigneter, das Verständnis der Wissenschaft von Raum / Zeit und Kunst zu erhellen, als die Diskussion der Kunstgeschichte zur Gartenkunst am Ende des 18. Jahrhunderts. Primäre Ausgangslage sämtlicher Analysen war das Eindringen des landschaftlichen Gartenstils in den Geometriegarten seit dem Ende der 1710erJahre.191 Die mit dem multimedialen Kunstwerk zuvor verbundenen Gestaltungsdogmen französischer beziehungsweise niederländischer Gärten, wie der Architektur als Raumzentrum, die Eingrenzung des Werks, die geometrische Raumgliederung, die hierarchische Raumstaffelung durch cabinet, salon und salle oder die architektonisch-skulpturale Behandlung von Natur, veränderte sich durch die britische Manier, natürliche Charakteristika in die Gestaltung hineinzuholen (Abb. 64). Der neue Entwurf des Raums verweigerte die Umgrenzung, die Hierarchisierung und Zentralisierung. Er gestaltete den Raum mittels natürlicher Formen aus, arbeitete mit wechselnden Szenerien und favorisierte die unbeschnittene Natur (Abb. 65–66).192 Ein Beispiel im Detail: Eine bedeutende Folge der Renaturierung des Kunstraums war die Aufgabe der Geraden als zentrales Gestaltungsmoment. Der geometrische Ansatz hatte neben der im Unendlichen endenden Geraden als Zentralallee mindestens sieben weitere streng linear ausgerichtete Wegformen entwickelt (Abb. 67). Dabei waren diese Gänge nicht alle zum Betreten freigegeben. Ihre Aufgabe bestand vielmehr darin, die einzelnen unterschiedlichen Kunsträume voneinander abzusondern, das heißt, für den auf den Zentralbahnen verhafteten Besucher visuell zu trennen. Im Anschluss an William Hogarths (1657–1764) Essay The Analysis of Beauty (1753) verloren diese noch von Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville (1610–1765) aufgestellten Gestaltungsregeln endgültig ihre Bedeutung und avancierten zum Symbol für Ein- beziehungsweise Gleichförmigkeit in der Kunst (Abb. 68).193 Grazie, Mannigfaltigkeit und Schönheit band sich nun an die fließende Kontur. Hogarth begründet dies wie folgt: »Wenn die Gleichförmigkeit der Figuren, Teile oder Linien wirklich der Hauptgrund der Schönheit wäre, so würde sich das Auge desto mehr an ihren Erscheinungen erfreuen […] Doch das ist bei weitem nicht der Fall. Denn wenn der Geist erstmal davon befriedigt ist […] dann wird das Auge erfreut sein, wie der Gegenstand sich dreht und wendet.«194 191 In Deutschland beginnt diese Entwicklung ab den 1760er-Jahren. 192 Die Formulierung »der neue Entwurf des Raumes« darf hier wörtlich genommen werden, da sich der (Kunst-)Raum im Schatten der Ergebnisse Newtons umdeutete u. diese neuen Bedingungen von Raum in das Gartenkunstwerk integrierte. Dazu ausführlich Burbulla 2010. 193 Hogarth 1997, 52. 194 Ebd., 52 f.

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Abb. 64: Pierre le Pautre, Die Gartenstadt des Sonnenkönigs Ludwig XIV., 1710.

Abb. 65 und 66: Israel Salomon Probst, Erklärung des Grundrisses des Gartens zu Wörlitz, 1784 (links). Daniel Chodowiecki, Empfindung, 1779.

2.2       Die Augen der Geschichte

Abb. 67: Abbé Delagrive, Étoile royale. Plan de Versailles (Detail), 1746.

Abb. 68: William Hogarth, Analysis of Beauty, 1753.

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Abb. 69: William Hogarth, Five Orders of Perriwigs, 1761–1762.

Die den Essay illustrierenden zwei Tafeln demonstrierten den Mehrwert des Gewundenen in zahlreichen Beispielen. Allein der Bilderrahmen der ersten Tafel mit dem Statuenhof als eigentlichem Bildzentrum nahm mindestens fünf Illustrationen auf, welche den Wechsel von der geometrischen Einförmigkeit zur geschwungenen »variety« dokumentieren.195 Interessanterweise erweiterte Hogarth nicht nur den klassischen Bildraum, indem er den Rahmen hinzuzog, sondern dehnte seine faktische Präsentation auch dadurch weiter aus, dass er 195 Ebd.

2.2       Die Augen der Geschichte

einen Ablauf beziehungsweise eine Serie ausgestaltete. Dem unkundigen Betrachter wird so auf engstem Raum ein künstlerischer Paradigmenwechsel dargelegt. Ein eigentlich für den Künstler und Wissenschaftler komplexer Inhalt verwandelt sich in eine sozial übergreifende Veranschaulichung. Diese Form der Transformation von Wissenschaft »in ein [allgemeinverständliches; Anm. JB] Instrument pädagogischer […] Organisation von Gesellschaft« wird mit Blick auf die Möglichkeit des gesonderten Erwerbs der Tafeln als Wandschmuck noch stärker betont.196 Höhepunkt dieser Übertragung in die Alltagsrealität ist Hogarths Kunstgriff, seine Ideen in der nächsten Umgebung nachzuweisen. Aus seinem Blickwinkel heraus ließ sich die Schönheit der geschwungenen Linie nicht nur an der Medici-Venus, sondern ebenso der Locke oder Welle der nachbarlichen Haarpracht beziehungsweise Perücke erkunden (Abb. 69). Darüber hinaus konnte Schönheit auch beim abendlichen Tanz studiert werden. Die affektierte Manieriertheit des Tanzmeisters polarisiert sich im natürlichen Habitus des Apolls von Belvedere. Er beschreibt: »Die gewöhnliche wellenförmige Bewegung des Körpers beim Gehen […] bekommt beim Tanzen durch den Menuettschritt eine größere Wellenform der Art, dass sich der Körper auf angenehme Weise etwas höher hebt als gewöhnlich und beim Weitergehen im Tanzschritt ebenso wieder niedriger sinkt.«197

Auch der neue Garten entlässt den Besucher aus dem choreografischen Korsett des nach außen gerichteten Theaters und deutet die traditionellen Regieanweisungen für die Agitation des Besuchers hinsichtlich des inneren Ereignisses um (Abb. 70–71). Das Studium natürlicher Schönheiten oder das stille Staunen vor der erhabenen Naturszenerie tritt an die Stelle der theatralisch aufgeladenen »Emotionsmaschinerie« (Doris Kolesch).198 Diese Umdeutung einer Vervollständigung des Werks durch den Betrachter erfordert eine Umdeutung der Aktionsregeln im Raum. Die Partitur des Königs zum Verhalten im Kunstraum mit ihren Vorgaben zum Sehen, Schreiten, Handeln, Fühlen und Interpretieren war bis anhin die geltende soziale Anleitung. Ein Beispiel aus dem Gartenführer Ludwigs XIV. für die Anlagen von Versailles:

196 Ebd., 226. 197 Ebd., 199. 198 »Maschinerie« bezeichnet ein »Ensemble ineinanderwirkender Praktiken, Techniken, Regeln, Verordnungen, Sichtweisen, Apparaturen und Institutionen, das auf die Körper, die Haltungen und das Verhalten der Höflinge wirkt und Einfluss nimmt. Diese Maschinerie darf nicht als ein mechanistisches, determinantes und selbstbezügliches Objekt missverstanden werden, dem die Höflinge passiv ausgesetzt sind, sondern ist […] als eine historische Figuration zur Produktion von Produktion zu präzisieren.« Kolesch 2006, 52.

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2 E xpansion »Man gehe […] an der Pyramide vorbei, wo man einen Augenblick verweile, und dann auf der Marmortreppe […] zum Schloss zurückkehre. Am Ende der Stufen angekommen,

Abb. 70 und 71: Daniel Chodowiecki, Nature et Affectation, 1779 (beide).

Abb. 72: Louis Bonin, Tanzunterricht, 1712.

2.2       Die Augen der Geschichte drehe man sich, um das Parterre du Nord, die Statuen, Vasen, Säulen, die Pyramide und das, was man vom Neptun-Brunnen erkennen kann, anzuschauen, dann verlasse man den Garten durch das gleiche Tor, durch welches man eingetreten.«199

Liest man diese Anweisungen vor dem Hintergrund des tänzerischen Engagements Ludwigs, leuchtet die hogarthsche Anklage einer Normierung ein. Der tanzende Körper ist im Barock betont vertikal aufgerichtet und wird »anschließend nach abstrakten geometrischen Regeln und philosophischen Prinzipien normiert (Abb. 72). […] Er besteht aus Linien, die […] während der Bewegung meist völlig geometrische Figuren bilden.«200 Marie Thérèse Mourey schildert in ihrem Beitrag Galante Tanzkunst und Körperideal in Bezug auf die Révérence im barocken Tanz: Der Kopf muss »mit der Spitze des rechten Fußes perpendicular stehen, die Schultern müssen eine waagerechte, transversale Linie bilden usw. Nicht nur die Positionen, auch die Tanzschritte werden durch die Geometrie bedingt.«201 Im Falle des Ballet royal de la nuit (1653), komponiert von Jean-Baptiste Lully (1632–1687) und choreografiert von Pierre Beauchamp (1631–1705), verdeutlicht die Körperhaltung eine weitere Sinnebene: Das Spektakel offenbart die soziale Ordnung der höfischen Gesellschaft. Der tanzende (Sonnen-)König konstituiert und demonstriert im Finale des zwölfstündigen Balletts mit choreografischer Hilfe wie königlichem Zeigen seine Herrschaft.202 Dieses Konglomerat aus künstlerischer Formalie, Leib, Raum und Ordnung wird seit Mitte des 18. Jahrhunderts bis zu einem gewissen Grade improvisiert. Neben der Aufgabe körperlicher Geometrisierung räumt der neue Fokus auf das Innenleben des Betrachters die Möglichkeit spontaner und unkontrollierbarer Reaktionen ein. Dem begegnet die Ästhetik beziehungsweise Kunsttheorie dadurch, das sie ihre Überlegungen auf das menschliche Regungsspektrum unter den Prämissen der ursprünglichen Charakteristika von Natur ausrichtet. Der Verfasser eines deutschsprachigen Standardwerks zur Gartenkunst, Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742–1792) mit seiner Theorie der Gartenkunst in fünf Bänden, leitet das räumliche Erlebnis auf gewundenem Weg aus den munter-heiteren, sanft-melancholischen, romantischen oder 199 Zitiert nach ebd., 111. 200 Mourey 2008b, 95. – Im Allgemeinen dazu siehe auch Mourey 2008a. 201 Ebd. 202 Zum Zusammenspiel von Kunstraum u. Körper bemerkt Kolesch: »Die affektive Aufladung der […] Wahrnehmungs- und Erlebnisweisen korreliert mit einer präzisen Choreographie der Körper. Auch die Spaziergänge im Park von Versailles sind eine rhythmisierte, vom König dirigierte Abfolge prägnanter Augenblicke, bestehend aus inkorporierten Gesten des Innehaltens, Bewunderns, Genießens und Weiterschreitens. Führung und Verführung, (körperliche) Bewegung und (emotionale) Regung, Motion und Emotion sind während der Promenaden nicht voneinander zu trennen.« Kolesch 2006, 108.

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feierlichen Naturszenen ab.203 Nach Hirschfeld ist die menschliche Gefühlspalette mit den Eigenschaften der Natur kongruent, wobei die (Garten-)Kunst diese Naturen herauszuarbeiten, zu vereinigen und zu inszenieren hat. Ins Zentrum des künstlerischen Anliegens tritt das Porträt dieser Verwandtschaft. Ganz in diesem Sinne bringt Johann Gottlieb Böttger (o. A.) in seinem Stich zum Englischen Sitz im Wörlitzer Garten (1801) die erhaben intonierte Nacht mit der bewegten Gefühlssituation einer jungen Frau zur Geltung (Abb. 73). Mit Hilfe von Abbildungen, Beschreibungen und Theorien gilt es, dieser Verwandtschaft nachzuspüren.204 Das Gewahrwerden der eigenen Bindung an die Natur potenziert sich durch den zur Ansicht gebrachten Wert von Geschichte und Kultur im Raum. Im Falle des mithin bekanntesten deutschen Gartens im landschaftlichen Stil, des Wörlitzer Schlossgartens im Dessau-Wörlitzer-Gartenreich, offenbart sich dem Besucher der Reichtum künstlerischer Aktivität von der Antike bis zur Gotik; vom chinesischen Interieur bis zur englischen Ingenieurstechnik. Kunst und Natur verbinden sich mit Handwerk, Kultur und Technik zu einer Enzyklopädie menschlicher Leistung im Kunstraum. Demzufolge gestaltet sich im Schatten dieser Inszenierungsformen auch die traditionelle Form der nichtdiskursiven Darstellung von Wissenschaft neu aus. Die langläufige Ordnung von Wissen, Methode und Untersuchungsgegenstand mit Hilfe des hierarchisierten, systematisierten Raums deutet sich zugunsten inszenierter räumlicher Ensembles um. Ihren Ursprung findet der Gedanke einer räumlichen Regelung des Seins in der Genesis. Bekanntermaßen ordnete der christliche Gott das universelle Chaos in einem Zeitraum von sechs Tagen und hierarchisierte Raum wie Inhalt nach seinen Vorstellungen: »Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen 203 Hirschfeld 1782, 4. Band, ab 38. 204 Hirschfeld schreibt dazu: »Bey so manchen Scenen der Vergänglichkeit, die auch bey dem schnellen vorüberschwinden Thränen und Trübsinn zurücklassen, bey so vielfältigen Täuschungen unserer Hoffnung und Leidenschaften, scheint nichts dem Bedürfnisse angemessener, als zuweilen den Trost der Einsamkeit und die Weisheit stiller Betrachtung zu suchen. Wir lernen die seltene Kunst, bey uns selbst einzukehren, wenn wir in der Welt keinen Platz oder keine Unterhaltung mehr finden; glücklich genug, wen noch bey sich einkehren, noch bey sich selbst verweilen kann.« Ebd., 81.

2.2       Die Augen der Geschichte bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und […] unter dem Himmel […] habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben.« 205

Abb. 73: Johann Gottlieb Böttger, Englischer Sitz in Wörlitz, 1801.

Abb. 74–76: Record 1596, Titelblatt. Anonymus, Le jardin du Roi. La culture des plantes medicinales, 1636. Anonymus, Schreibzeug in Form einer Architektur, 16.  Jahrhundert (v. l. n. r.).

Die in diesem kurzen Abschnitt versammelten Topoi einer Sozial-, Wissenswie Naturordnung im hierarchisch angelegten System lebten in der Frühen Neuzeit unter anderem in Darstellungen kanonischen Wissens (Abb. 74), dem Aufbau des botanischen beziehungsweise Klostergartens (Abb.  75) oder in Trouvaillen zur kunstgewerblichen Interpretation des Denkens und Schreibens fort (Abb. 76). Als Spitze dieses Systems muss jedoch die metaphorische Inbesitznahme des Gartens als Spiegel des Universums angesehen werden. Dabei reicht die Darstellungspalette von piktografisch orientierten Konzepten 205 Bibel 1978, Gen 1, 26–30.

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bis zu umfassenden Vermittlungen philosophischer Anlagen (Abb.  77). 1611 lässt der Kupferstecher des Blattes Physicae sev naturae theatrum in typum totivs philosophiae naturalis seine Darstellung der aristotelischen Naturphilosophie in einem Amphitheater erscheinen; 1614 dokumentiert der Stich Artificiosa totius logices descriptio die aristotelische Logik in einem streng geometrisch gestalteten und von hohen Mauern umschlossenen Garten (Abb. 78). Das Betreten beider Szenerien über fünf Steinplatten beziehungsweise Stufen ordnet vor den Augen des Betrachters das philosophische Wissen mittels eines komplizierten Bild-Text-Systems. Jenseits der Inhalte stellen sich ebenfalls der Weg des Wissenserwerbs und die Voraussetzungen für das Studium dar. Barbara Bauer fasst ihren Vergleich zwischen Kunst und Text im Falle der Physicae zusammen: »Auf den Sockeln [der Halbbüsten antiker Philosophen; Anm. JB] sind ihre Lehrmeinungen auf der Grundlage der Doxologie in Physica I, 2–5 skizziert. Die Texte vor dem Proszenium und in der Arkadenarchitektur bauen systematisch aufeinander auf. Man kann die Texte des dritten Geschosses nicht begreifen, ohne die Grundlagen der aristotelischen Metaphysik absolviert zu haben.« 206

Abb. 77 und 78: Anonymus, Physica seu naturae theatrum in typum totius philosophiae naturalis, 1611 (links). Anonymus, Artificiosa totius logices descriptio, 1614.

206 Bauer 2000, 498.

2.2       Die Augen der Geschichte

Der neue Entwurf komplexer Visualisierungskunst wissenschaftlicher Systeme ist die Raumkomposition in Bernard Picarts (1673–1733) Fontenelle mit der Marquise de G. von 1728 (Abb. 79). Der Erzählung Entretiens sur la pluralité des mondes des französischen Aufklärers und Schriftstellers Bernard le Bovier de Fontenelle (1657–1757) zugehörig, stellte Picart die physikalisch-historische Erkenntniserweiterung in einen empiristisch-narrativ-poetischen Kontext.207 Der Autor führt mit der Marquise G. in nächtlicher Gartenkulisse einen galanten Dialog, welcher nicht nur die Fakten, sondern auch die Gefühle der Akteure angesichts des Naturtheaters vermittelt.208 Von einer enzyklopädisch-empfindsamen Visualisierung sind 50 Jahre später die Illustrationen in Hirschfelds Theorie der Gartenkunst und Johann Gottfried Grohmanns (1763–1805) Ideen­ magazin bestimmt (Abb.  80–81). Grohmann bemühte sich, dem Leser alle

Abb. 79: Bernard Picart, Fontenelle mit der Marquise de G., 1728.

207 Fontenelle 1789. Diese andere Art der Wissenschaftsvermittlung interpretierte die Postmoderne als modernste »Form der Literatur.« Dazu Elm 2010, 8. 208 Siehe z. B. zum »gefühlten Unterschied« zwischen Tag u. Nacht Fontenelle 1789, 6 f. – Das Fühlen als wissenschaftliche Methode thematisierte auch Daniel Chodowiecki (1726–1801) in seinen Natürlichen und affektierten Handlungen des Lebens von 1779 mit dem Exkurs zum richtigen Empfinden des landschaftlichen Raums. Siehe nochmals Abb. 66.

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historischen Baustile der Welt vorzustellen und diese durch den Abdruck von Auf- und Grundrissen zu popularisieren. Hirschfeld unternahm den Versuch, im Kupferstich die Wirkung von Kunst noch deutlicher herauszuarbeiten und seine schriftlichen Erläuterungen zu stärken.209

Abb. 80 und 81: Anonymus, Der Schlosspark Wilhelmshöhe, zwischen 1780 und 1782 (links). Carl Haller von Hallerstein, Verschiedene Gartenarchitekturen, zwischen 1790 und 1810.

Natürlich nahm die junge Kunstgeschichte die komplexen und bis heute noch wenig erforschten Entwicklungen in Ästhetik und Kunstwelt zur Kenntnis. Allerdings kollidierte die zeitgenössische Vorstellung von Geschichte von Beginn an mit den neuen künstlerischen Ideen einer Entgrenzung, Ephemeride, Multimedialität oder des mitwirkenden Betrachters. Auch die dynamische Inszenierung von Farbe, Licht und Geruch im Raum rief Skepsis hervor und produzierte Kritiken, welche den Gedanken des Kunstraums als Kunstwerk mit Bestimmtheit zurückwiesen. Ihm beziehungsweise der Natur fehle es an »Bestimmtheit« und nur die »Gebäude, Bildsäulen und Denkmäler« könnten die Konkretisierung von Kunst dauerhaft übernehmen. Auch sei es schwer zu akzeptieren, so Friedrich von Schiller (1759–1805) 1795, dass die Natur der Kunst die Regeln vorgebe beziehungsweise Kunst im Garten von der Natur nicht zu unterscheiden sei.210 Für einen konkreten Kunstbegriff trat auch Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) ein. Er bezog 1798 in seiner kunsttheoretischen Schrift Über Laokoon Stellung und plädierte für ein Konzept, welches die Kunst klar von der Natur scheide und die Geschlossenheit des Kunstwerks befördere.211 Zudem argumentierte er gegen die wissenschaftliche Analyse zum Wesen der Kunst à la Winckelmann, denn ein »ächtes Kunstwerk bleibt […] für unseren Verstand immer unendlich; es wird angeschaut, empfunden; 209 Zu seinen schriftlichen Ausführungen in Bezug zu Abb. 80 siehe Hirschfeld 1780, 2. Teil, 60 f. 210 Schiller 1795 zitiert nach Burbulla / K arn 2011, 177. 211 Goethe 1830, 39.

2.2       Die Augen der Geschichte

es wirkt, es kann aber nicht eigentlich erkannt, viel weniger sein Wesen, sein Verdienst mit Worten ausgesprochen werden«.212 Der dynamische Charakter des Gartens stehe dem wissenschaftlichen Blick und den Augen der Geschichte grundsätzlich entgegen. Das Kunstwerk, so bemerkt Friedrich Wilhelm Ramdohr (1757–1822) in seiner Theorie der Gartenkunst (1796), sei für den »ewigen Anblick geschaffen […] Lächerlich sind daher […] Gartenscenen für jede Jahreszeit, welches neuere Schriftsteller sogar auf Gärten für verschiedene Tageszeiten [gemeint ist Christian Cay Lorenz Hirschfeld; Anm. JB] ausgedehnt haben. Lächerlich ist das Lob, welches Chambers den chinesischen Künstlern beilegt, daß sie durch schnelle Abwechslungen und Gegensätze von lachenden und fürchterlichen Scenen die Seele des Genießers zu heben wüssten.« 213

Im Gegensatz dazu knüpften die Befürworter ihre Argumentation an eben dieses dynamische Wesen des Kunstwerks an. Jenem Argumentationsmuster folgend, gehört der Garten zu den Raum- / Zeitkünsten und konzentriert seine künstlerische Praxis auf die Natur des menschlichen Bewusstseins.214 Er unterhält alle Sinne sowie die Einbildungskraft (Hirschfeld) und entfaltet eine besondere Wirkung auf die sittliche Vervollkommnung (Johann Georg Sulzer).215 Darüber hinaus steht er für eine neue Qualität von Kunst ein. Seine Mannigfaltigkeit »läßt sich nicht in eine Nachbildung einsperren; der enge Raum, worin die Vorstellungen sich einschränken müssen, vermindert sehr die Wirkung, welche die freye und ausgebreitete Natur selbst hat«.216 Die Kunst habe den engen Rahmen der Malerei durch die Gartenkunst zu überwunden gewusst und zeichne sich gerade durch die »Nüancen und Zufälligkeiten«217 und das große Gestaltungsspektrum aus. Denn »auf der Leinwand [ist; Anm. JB] nicht für jede Art der Abwechslung Raum […] Endlich bleibt die Zusammensetzung des Landschaftsgemäldes immer dieselbe […] der Künstler kann so wenig, als der Beobachter, die Anordnung ändern, die einmal gemacht ist […] [Der Gartenkünstler; Anm. JB] kann also durch die Abwechslung und Mannigfaltigkeit […] eine Reihe von Bewegungen hervorbringen, die sich durch ihre eigene Kraft unter 212 Ebd., 35. 213 Ramdohr 1796 zitiert nach Burbulla /  K arn 2011, 111. 214 Zur Einordnung der Gartenkunst in das System der Künste siehe nochmals die Systeme von Bendavid o. Kant: Abbildungen 56–58. 215 Siehe dazu ausführlich Burbulla 2010, 153 ff. 216 Hirschfeld 1779, 1. Teil, 188. 217 Ebd., 152 f.

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148

2 E xpansion einander heben und der Seele einen Genuß gewähren, den sie selbst von den Meisterwerken eines […] Elzheimers vergebens erwartet.« 218

Abb. 82: Denis Diderot, Système Figuré des Connaissances Humaines, 1751.

Die Wissenschaft zur Kunst differenzierte sich, wie auch in Diderots Système Figuré, im ausgehenden 18. Jahrhundert in der gegliedert-sachlichen Anschauung des Äußeren mit ihrer chronologischen wie geografischen Blickrichtung aus (Abb. 82).219 Dabei geht es jedoch gleichzeitig immer auch um eine innere, imaginäre Schau.220 Das Schöne oder auch die ästhetische Kategorie des Erhabenen begründen sich durch ihre Wirkung auf das Subjekt. Die Technik des Sehens ist demnach eine doppelte: »Die physiologische so einsichtige vis videndi drängt uns weiter zur kunstvollen Schau, zu einer ars videndi.«221 Diese äs218 Ebd. 219 Diese geografischen Prämissen sind auch die populären Untersuchungen zum Nationalstil o. Nationalgeschmack. 220 Gleiches gilt auch für das Auge des Künstlers. Heinrich Wölfflin schreibt dazu in seinen kunstgeschichtlichen Grundbegriffen: »Wenn ich aber von Anschauungsform spreche, von Sehform und Entwicklung des Sehens, so ist das wohl ein lästiger Ausdruck, doch kann er sich auf die Analogie berufen, daß man auch vom ›Auge‹ des Künstlers und vom Sehen des Künstlers spricht, wo man eben die Art meint, wie sich ihm in der Vorstellung die Dinge gestalten.« Wölfflin 2004, 277. 221 Schipperges 1978.

2.2       Die Augen der Geschichte

thetische, ganzheitliche Ausrichtung im wissenschaftlich-objektiven Zugriff auf Kunst erreichte im deutschsprachigen Raum mit Johann Georg Sulzers Allgemeiner Theorie der schönen Künste (1771–1774) einen weiteren Höhepunkt und wirkte noch bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts nach.222

222 Dieses »Zwitterwesen« der jungen Geschichte ist nachzulesen in Elm 2010.

149

3 Verengung 3.1       H egels G eist Um es gleich vorwegzunehmen: Das auf Gleichberechtigung ausgerichtete Denken zu Raum, Zeit und Kunst zersprang in der ersten Hälfte des 19. und revitalisierte sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch gab man das simultane Sehen zur Natur und menschlichen Kultur auf. Die Notwendigkeit einer ewig geltenden Einheit war unwichtig geworden beziehungsweise verlagerte sich auf die Genese idealtypischer Klassifizierungsmodelle.1 Weitverzweigte beziehungsweise polarisierende Denkmodelle gewannen an Popularität. Im Allgemeinen bestimmte sich das 19. Jahrhundert durch den gesellschaftlichen Fortschritt. Politischer Erfolg definierte sich durch die Expansion nationaler Interessen in die Welt. Wirtschaftliche Höchstleistung stellte sich durch industrielle sowie kommerzielle Organisation sowie Verdichtung und internationale Strahlkraft ein.2 Die technischen Entwicklungen gestalteten die menschliche Lebenswirklichkeit neu aus. In ihrem Fahrwasser dehnte sich der Raum; Zeit beschleunigte sich.3 Anschaulichkeit, Messbarkeit und Präzision

1

Hegel war der zentrale Vertreter des deutschen Idealismus. Natürlich entwarf Hegel seine Studien nicht aus dem Nichts heraus, sondern entwickelte seine Haltungen an den Werken anderer Idealisten, wie denen Johann Gottlieb Fichtes (1762–1814) o. Friedrich Wilhelm Joseph Schellings (1775–1854). Da Fichte Raum /  Z eit im vorliegenden Sinne nicht dezidiert untersuchte, werden seine Überlegungen nicht weiter verfolgt. Schellings Arbeiten zu Kunst u. Raum /  Z eit werden aus dem Wesen der einzelnen Künste heraus dargelegt. Für Schelling ist die Malerei eine Kunst der Zeit, die Plastik eine Kunst des Raums u. die Architektur deutet er als Musik der Plastik. (Raum-Zeitkunst). Schelling 1960, 160 f.; 214 f. u. 216 f. – Hegels Auseinandersetzung mit Fichte u. Schelling erfasst Gethmann-Siefert 2005, ab 112.

2 3

Vgl. zur Geisteskultur des 19. Jahrhunderts Osterhammel 2009 o. Störig 2007 ab 375. Z. B. durch neue Technologien wie die Eisenbahn, den transatlantischen Linienverkehr, die elektrische Beleuchtung o. die neuen Kommunikationssysteme (Telegrafie, Telefon etc.). Siehe dazu auch Kern 2003; Pichler 1991; Schivelbusch 2007 o. Schivelbusch 2004.

152

3 Verengung

verwischten den theoretischen Bedeutungshorizont von Raum / Zeit als grundlegendste Formen der Anschauung.4

Abb. 83: Anonymus, Wissenschaftliche Sammlung von Gabriel von Max, um 1892.

Die Wissenschaft entsprach diesem rasanten Zeitgeist. Sie polarisierte sich intern wie extern. Im Innern folgte sie entweder dem Geist oder der Natur und spaltete sich in unzähligen Fächern, Schulen und Richtungen auf (Abb. 83).5 Extern positionierte sie sich gegen die Kunst. Objektivität und Rationalität ersetzten das ästhetisch-poetologische Wissenschaftsmodell des 18. Jahrhunderts. Antrieb und Rahmen der »neuen« Geschichtswissenschaft waren die historisch-kritische und im späten 19. Jahrhundert die positivistische Metho-

4

Die mediale Wende durch das Aufkommen der Fotografie u. des Films beschreibt Hörisch 2001, ab 222.

5

Die Aufspaltung in Geist u. Natur rekurrierte auf die Zentralthese des Historismus, dass die menschliche Kultur sich von der Natur unterscheidet u. ein eigenes Wissenschaftssystem verlangt. Auch liegt der Kern des Historismus »in der Ersetzung einer generalisierenden Betrachtung geschichtlich-menschlicher Kräfte durch eine individualisierende Betrachtung«. Friedrich Meineke zitiert nach Schulze 1991, 227. – Zudem verweist die obige Darlegung auch auf die Trennung der Geschichtsphilosophie von der Geschichtswissenschaft am Ende des 19. Jahrhunderts.

3.1       Hegels Geist

de.6 Der aus historischer Sicht relevanten Realität stand die verlässliche und zur Hand nehmbare Quelle zur Seite. Diese existierte unabhängig von menschlichen Zuständen oder Prozessen. Sie vergegenständlichte sich in Form / Material / Stoff oder Schrift. Der Kunsthistoriker Franz Kugler (1808–1858) legte in seinem Handbuch der Kunstgeschichte (1842) eine Definition zur Quelle vor, die bis heute die Kunstgeschichte prägt. Es heißt im § 1 – Allgemeine Grundsätze: »Der Ursprung der Kunst liegt in dem Bedürfnis des Menschen, seinen Gedanken an eine feste Stätte zu knüpfen und dieser Gedächtnisstätte, diesem Denkmal eine Form zu geben, welche der Ausdruck des Gedankens sei. Aus solchem Beginn entwickelt sich […] die ganze Bedeutung der Kunst […] Denn überall führt es der Begriff der Kunst mit sich, dass sie in körperlicher Gestalt das Leben des Geistes darstelle; und überall ist es ihr höchstes Ziel, in den Erscheinungen der Körperwelt den geistigen Inhalt, in dem Vergänglichen das Dauernde, in dem Irdischen das Ewige zu vergegenwärtigen.« 7

In diesem Zitat sind die Grundgedanken der jungen Wissenschaft zur Kunst versammelt: Die Kunstgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts handelt vom geformten Geist. Aus dieser Bindung heraus resultiert eine von der Form beziehungsweise vom Material her gedachte Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes. Ihre Quelle ist das Visuelle und nicht die Schrift, wie im Fall der Allgemeinen Geschichte.8 Die Wissenschaft spürt den ewigen Gesetzen der Kunst nach. Kunst wird dabei als etwas Fortschreitendes, von sich aus nach dem »höchsten Ziel« Strebendes verstanden. Ihre Aufgabe ist es, die ablaufende Zeit in Geschichte und den irdischen in einen absolut-ewigen Raum zu übersetzen. Funktionieren kann diese Auffassung nur durch Grundannahmen, die Kugler dem Leser nicht explizit vorstellt: a) Kunst hat einen aufstrebenden Charakter, der ohne ein Zutun von Außen existiert. b) Dadurch entspricht sie dem bewegten Wesen der Natur einerseits, und c) unterscheidet sich von ihr andererseits, da sie den Bereich des Handelns und Herstellens einschließt. d) Doch ist ihr Handeln vom alltäglichen Handeln geschieden, da sie einem Ideal folgt. e) Sie verhält sich zum Irdisch-Vergänglichen wie der absolute zum relativen Raum beziehungsweise die absolute zur relativen Zeit.

6

Darüber berichtet ausführlich Wiersing 2007, ab 314.

7

Kugler 1842, § 1, 5.

8

Zur Schrift als hauptsächliche Quelle der historischen Wissenschaften siehe Wiersing 2007, 371.

153

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3 Verengung

Kugler entwickelte seine Gedanken an wissenschaftstheoretischen Prämissen. Seine Überlegungen sollten Wissenschaft ermöglichen und das Entwicklungspotenzial von Kunst und Kunstgeschichte beweisen. Um seine Dokumentation antreten zu können, benötigte er wertbeständige Kunstformen. Seine Widmung für Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795–1861) erläutert in diesem Sinne: »Wie es das Ziel aller historischen Forschung und Darstellung ist, den Gang der Entwicklung nachzuweisen, welchen das menschliche Geschlecht unter dem Walten eines höheren Geistes gewandelt, auf das Gegenwart sich selbst und ihren Ursprung und die Richtung, die ihr vorgezeichnet ist, erkenne«. 9

Mit dieser Einschätzung zur Kunstgeschichte war Kugler nicht allein. In der Kunst treten, so sein Berufskollege Hotho im Jahr 1833, »die Phantasieformen in eine äußerliche Existenz hinüber«.10 Das Material der Kunst kann nur aus der »toten Natur« bestehen. »Weshalb aber diese tote und nicht die organische und lebendige? Weil in der Kunst der Geist allein als das Material Beseelende erscheint: Es muß darin keine Gestalt schon für sich etwas sein, was unabänderlich durch die Natur gegeben wäre, wie Tier, Mensch.«11

Ein vergleichbares Beharren auf einen eigenen und von der Natur geschiedenen Organismus äußerten zehn beziehungsweise 44 Jahre danach ebenfalls die Kunsthistoriker der Berliner Schule Carl Schnaase (1798–1875) beziehungsweise Johann Rudolf Rahn (1841–1912).12 Zentraler Anstoß für diese Abwendung von der Natur und Hinwendung zum aufstrebenden in Form gegosse9

Kugler 1842, o.Z., 2 Bl. nach Frontispiz.

10 Hotho 2004, 181. – Da Hotho zu einem späteren Zeitpunkt verstärkt in Erscheinung treten wird, folgen hier einige kurze biografische Angaben: Hotho gab 1835 die hegelschen Vorlesungen zur Ästhetik heraus u. prägte die Hegel-Rezeption des 19. Jahrhunderts maßgeblich. Er war Professor für Ästhetik u. Kunstgeschichte in Berlin. Zu Hotho siehe Kultermann 1990, 93 f.; Trautwein 1997, ab 241 o. Ziemer 1994. 11 Hotho 2004, 181. 12 Schnaase 1843–1865, 1. Band, 24. – »Diese auf allen Gebieten der Wissenschaften bemerkbare Wandlung trifft in der Kunstgeschichte mit der neueren Methode zusammen, die sich im Gegensatze zu der ästhetisch-philosophischen Behandlungsweise, wie sie noch im vorigen Jahrhundert herrschend war, einer vorwiegend historisch-kritischen Richtung zugewendet hat. […] erst dann, wenn wir das Kunstwerk als einen Organismus betrachtet haben, in dem sich der Geist seines Schöpfers, seiner Zeit und seines Ortes widerspiegelt, sind wir im Stande ein sicheres Urtheil über den Werth desselben zu fassen.« Rahn 1876, 2 – Vgl. beispielsweise die, wenn auch noch nicht als geschlossene Studie behandelten Überlegungen

3.1       Hegels Geist

nen Geist waren die Arbeiten Hegels.13 Die Natur, so resümiert der Philosoph angesichts des Grindelwaldgletschers im Sommer 1796 in seinem Tagebuch, gebe »dem Geist schlechterdings keine weitere Beschäftigung«.14 Zwar rief das »Lebendige« das »Bild des freien Spiels hervor«.15 Das »Muß der Natur«, ihre »Macht« über die Bewohner der Alpenregion und »der Anblick dieser ewig toten Massen gab mir nichts als die einförmige und in die Länge langweilige Vorstellung: es ist so.«16 Diese Abwertung der Natur konkurriert mit dem lebenslangen mathematischen wie naturwissenschaftlichen Selbststudium Hegels. Obgleich er Evangelische Theologie, Politik und Volkswirtschaft in Tübingen studierte, sah das Arbeitsprogramm seiner Dissertation, mit der er sich 1801 habilitierte, eine naturphilosophische Untersuchung zur schellingschen Interpretation der Physik Keplers und Newtons vor.17 Auch seine sämtlichen Frühschriften diskutieren weitaus mehr naturwissenschaftliche Probleme, und in Zentralwerken, wie der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1817), nimmt die Naturphilosophie ein Drittel des Untersuchungsgegenstandes ein. Diese Vorgehensweise korrespondiert mit der hegelschen Prämisse, dass sich die philosophische Wissenschaft auf der Wissenschaft zur Natur gründet.18 Die Philosophie richtet sich nicht nur nach der »Natur-Erfahrung […] sondern die Entstehung und Bildung der philosophischen Wissenschaft hat die empirische Physik zur Voraussetzung und Bedingung«.19 Angeschlossen ist das Argument, dass das Subjekt sich grundsätzlich »gegen die Naturgegenstände« verhält und diesen somit gegenübersteht. Natur bestimmt sich durch ihre »Aesserlichkeit« und wird durch die begreifende Betrachtung des Subjekts erkannt. Letztere löst das Konkrete am Ende in abstrakte Allgemeinheit auf.20 Natur ist die »Idee von Rumohr zum »höchsten Wollen« der Kunst. Rumohr 1816, 38. – Zur Berliner Schule siehe Kultermann 1990, ab 89. 13 In der Darlegung der sehr komplexen Standpunkte Hegels folge ich – im Sinne einer Vereinfachung – der Methode Erhard Wiersings. Dieser wählte den Weg einer Erläuterung nach zentralen Stichpunkten. Über die Schwierigkeit, das weitverstreute hegelsche Wissen zu repetieren, berichtet Wiersing 2007, ab 321, ausführlich. 14 Hegel 1986b, 614. 15 Ebd. 16 Ebd., 617 f. – In seiner Geschichte der Philosophie präzisiert er: »Die Natur ist, wie sie ist, und ihre Veränderungen sind deswegen nur Wiederholungen, ihre Bewegungen nur ein Kreislauf.« Hegel 2007, 18. 17 Hegel 1801. Dazu Fulda 2003, 31–40, o. Jaeschke 2010, 5–18. 18 Hegel 1817. 19 Hegel 1870, § 246, 206. 20 »§ 227: Im endlichen Erkennen liegt die Voraussetzung […] das gegebene Konkrete [etwa die

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3 Verengung

in der Form des Andersseins« und ist ihrer Struktur nach gesetzt. Sie zeigt in ihrem ursprünglichsten Sein »keine Freiheit, sondern Nothwendigkeit und Zufälligkeit« und diese Tatsache widerspricht der göttlichen Idee von Natur.21 En face mit dem Wahren – der Idee22 – ist die Natur »der Abfall der Idee von sich selbst«.23 Die höchste Entwicklungsstufe der Natur ist allein das Leben und nicht die absolute Idee.24 Beschränkt in der Entwicklung verliert die Natur die Vorbildfunktion für die Kunst. Die Konstruktion der »menschlichen Kunstwerke« aus der Natur, wie sie etwa Sulzer vertritt, bewertet Hegel als ein Missverständnis. Er bemerkt: »Als ob die geistige Form nicht eine höhere Lebendigkeit enthielte und des Geistes würdiger wäre, als die natürliche Form, die Form überhaupt nicht höher als die Materie und in allem Sittlichen nicht auch das, was man Materie nennen kann, ganz allein dem Geiste angehörte, als ob in der Natur, das Höhere, das Lebendige, nicht auch seine Materie von Außen nähme.« 25

Wenn also Hegel die Beschäftigung mit der Natur aufnimmt, versteht er darunter die rationale Beschäftigung mit der Mechanik, Physik oder Organik und nicht etwa die romantische Naturschwärmerei seiner Zeitgenossen.26 Naturphilosophie ist für ihn Physik.27 Die (wissenschaftliche) Naturbetrachtung widmet sich der Ordnung aus »Kräfte[n], Gesetze[n], Gattungen«.28 Sie selbst gliedert sich in den berühmten drei Stufen der hegelschen Dialektik auf. Zum Formalauf bau ist zu bemerken, dass Hegel den dreiteilig und paragrafiert aufgebauten Texten keinerlei grafisches Hilfsmittel zur Seite stellt. Dieser Verzicht einer Systemdarstellung unterstreicht nach Auffassung der Autorin seine Philosophie des Geistes mit der Philosophie und der Schrift als höchste Form Natur; Anm. JB] aufzulösen, dessen Unterschiede zu vereinzeln und ihnen die Form abstrakter Allgemeinheit zu geben; oder das Konkrete als Grund zu lassen und durch Abstraktion von den unwesentlich scheinenden Besonderheiten ein konkretes Allgemeines, die Gattung oder die Kraft und das Gesetz, herauszuheben; – Analytische Methode.« Ebd., 197. 21 Hegel 1870, § 246, 206. 22 § 213: »Die Idee ist das Wahre an und für sich, die absolute Einheit des Begriffs und der Objektivität.« Ebd., 189. 23 Ebd., 207. 24 Nach Hegel kann die natürliche Idee nur an das Äußerliche gebunden sein »und die individuelle Lebendigkeit ist in jedem Momente ihrer Existenz mit einer ihr andern Einzelheit befangen«. Ebd., 207 f. 25 Ebd., § 246, 208. 26 Zu dieser Abgrenzung Hegels zu den Romantikern siehe Schnädelbach 2001, 98–102. 27 Hegel 1870, § 246, 205. 28 Ebd., 206.

3.1       Hegels Geist

der Äußerung. Hegel sieht in der Philosophie die Vereinigung von Kunst und Religion – das heißt die Vereinigung von »äusserlicher Anschauungsweise […] und subjektive[m] Produciren«. Das philosophische Wissen »ist damit der denkend anerkannte Begriff der Kunst und Religion, in welchem das in dem Inhalte verschiedene als notwendig, und dies Notwendige als frei erkannt ist«.29 Mit dem Zentralbegriff der Dialektik meint Hegel nichts anderes als einen Umwandlungsprozess des Endlichen ins Unendliche in drei Schritten. Es ist ein Fortschreiten, welches im Absoluten einen Höhepunkt findet (Abb.  84). Allerdings kommt dieser Entwicklungsprozess nie zu einem Abschluss und »das Sein läuft dem Sollen auf ewig hinterher.«30 Man kann den Dreischritt »auch Leben des Geistes nennen, [er; Anm. JB] vollzieht sich in einem dreischrittigen Rhythmus: Das erste Moment ist die These (das Sein an sich), das zweite ist die Antithese (das Sein außerhalb seiner selbst), das dritte ist die Synthese (die Rückkehr zu sich selbst).« 31

Abb. 84: Helmut Seiffert, Dialektisches Schema bei Hegel, 2006.

29 Ebd., § 572, 477 f. 30 Nicola 2007, 389. 31 Ebd., 388.

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3 Verengung

DIALEKTISCHES SCHEMA IN DER HEGELSCHEN »ENZYKLOPÄDIE DER PHILOSOPHISCHEN WISSENSCHAFTEN«

Grundsätzlicher Aufbau 1. Teil

Die Wissenschaft der Logik

2. Teil

Die Philosophie der Natur

3. Teil Die Philosophie des Geistes

Sein Wesen Begriff

subjektiver Geist objektiver Geist absoluter Geist

Abb. 85: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema der hegelschen Enzyklopädie, 2013.

Im Falle der Naturphilosophie, die in den drei Abschnitten der philosophischen Wissenschaft den mittleren Platz einnimmt32, erscheint das Absolute33 erst nach der logischen Ansicht von Wirklichkeit34 und der vernünftigen Ansicht von Natur35 (Abb. 85). Hegelsch gedacht meint die erste Stufe das Logische als das der göttlichen Idee Vorausschreitende. Es ist »eine Art logisches Skelett […] gleichsam die ewigen, reinen Gedanken Gottes vor Erschaffung der Welt«.36 Die zweite Stufe ist die »Natur als der sich entfremdete Geist«.37 Die Stufe 3 ist der von der Natur entkoppelte Geist: »Als objektiver Geist sucht er, seine […] Freiheit in der Welt des Rechts, der Moralität und der Sittlichkeit […]. Als absoluter Geist erfasst er sich selbst, wird wissendes Wis-

32 In diesem dreiteiligen System fallen Logik, Naturphilosophie u. die Philosophie des Geistes zusammen. Siehe Hegel 1870, Gliederung. 33 Hier spricht Hegel von der absoluten Mechanik u. totalen Physik. Ebd., 232 u. 265. 34 Gemeint ist die erste Stufe, die sich in der Mechanik auf Raum /  Z eit u. in der Physik auf die allgemeine Physik bezieht. Ebd., 212 u. 241. 35 Dem entspricht in der Mechanik Materie u. Bewegung, in der Physik die totale Physik. Ebd., 222 u. 253. 36 Spierling 1992, 237. 37 Ebd.

3.1       Hegels Geist sens von seiner Freiheit, indem er sich in der Kunst anschaut, in der Religion andächtig vorstellt und in der Philosophie abschlusshaft denkend begreift.« 38

DIALEKTISCHES SCHEMA DER NATURPHILOSOPHIE BEI HEGEL

1. Raum / Zeit 2. Materie / Bewegung 3. Absolute Mechanik 1. Logik

1. Mechanik

2. Naturphilosophie

2. Physik

3. Geist

1. Allgemeine Individualität 2. Besondere Individualität 3. Totale Individualität

3. Organik

1. Geologische Natur 2. Vegetabilische Natur 3. Tierischer Organismus

Abb. 86: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema zur Naturphilosophie bei Hegel, 2013.

Schon hier drängen sich die Folgen für Raum / Zeit und Kunst auf. Natur und Geist sind bei Hegel strikt voneinander getrennt (Abb. 86). Der Geist ist das zentrale Prinzip seiner Philosophie.39 Er kommt in drei Stufen zu sich selbst und konkretisiert sich im subjektiven, objektiven und absoluten Geist.40 Raum / Zeit als grundlegendste Naturbestimmung unterliegen der Geschichte als Teil des objektiven Geistes und der Kunst als unterste Stufe des absoluten

38 Ebd. 39 Kant baute sein System auf die unveränderliche Natur in ihrer Gesamtheit auf. Für Hegel, resümiert Wiersing, ist »die Welt insgesamt kein natürliches System mehr, sondern Geschichte […] Geschichte ist der Ort der Wahrheit und somit der Schlüssel zu ihrer Erkenntnis«. Wiersing 2007, 323. 40 Der Begriff des Geistes wird auch als das »wahre und allgemeine Wesen des Menschen verstanden«. Löwith 1988, 387.

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3 Verengung

Geistes41. Die Beziehung von Raum / Zeit auf Augenhöhe ist als grundlegendste Form der sinnlichen Anschauung beziehungsweise subjektiven Anschauung aufgegeben. Raum ist nun die »erste abstrakte Allgemeinheit« des »Außersichseins« der Natur.42 Hegel tituliert: »Alles Sichtbare, Fühlbare ist räumlich.«43 Der Mensch stellt sich den Raum als ein »Nebeneinander« von mehreren Dingen vor.44 Als ideelle Abstraktion der »unmittelbaren Äusserlichkeit«45 ist er »kontinuier­ lich«46. Der wahre Raum ist der relative Raum. Die Konzeption Newtons – und mit ihr die physikalische Realität des 19. Jahrhunderts  – lehnt Hegel ab. Er schreibt: »Der sogenannte absolute Raum ist also nichts als der abstrakte Raum. Der relative ist ein erfüllter und hat mehr Realität als der abstrakte Raum. Der wahre Raum ist eben, materiell erfüllt zu sein – also relativer Raum.«47 Kants Erbe forderte demnach seinen Widerspruch heraus.48 Ihm fehlte es an Verständnis, Raum / Zeit als Anschauungs- beziehungsweise Ordnungskonzepte anzunehmen, da dieses Vorgehen Raum / Zeit am Ende nicht erklärt. Hier irrte Hegel. Kants Raumkonzept überzeugte durch seine vielschichtige Anlegung und behandelte den Realraum nur am Rande. Ihn interessierte nicht das Ding »Raum«, sondern die Anschauungsformen aus Raum / Zeit. Dagegen Hegels Einwand im Detail: »Nach der Kantischen Vorstellung ist der Raum eine Form der sinnlichen Anschauung. Der Raum ist allerdings eine bloße Form, d. h. eine Abstraktion […] Nach Kant ist der Raum nur eine subjektive Vorstellung. Dieser Unterschied geht uns überhaupt nichts an. Er mag objektiv oder subjektiv sein, so ist immer noch die Frage: Was ist denn der Raum? Daß er etwas Subjektives sei, macht gar nicht sein Wesen aus.« 49

Die zentralen Eigenschaften des Raumes sind im hegelschen Sinne die drei üblichen Dimensionen des Raumes, die im Raum enthaltene »unendliche 41 Siehe dazu Abb. 87. 42 Hegel 1870, 212, o. Hegel 1985, 40. – Unter »Außersichsein« u. »Äußerlichkeit« fasste Hegel erstens Begriff, Totalität, Idee u. zweitens Materie. Siehe dazu ebd., 39. 43 Ebd., 40. 44 Ebd. 45 Ebd., 213. 46 Hegel 1870, 212. 47 Hegel 1985, 42. 48 Zudem lehnte Hegel die Raumtheorie von Leibniz ab. Der Gedanke den Raum als Ordnung der Dinge zu bestimmen, sei unsinnig, da, »wenn man die Dinge wegnimmt, doch der Raum bleibt, also auch unabhängig von den Dingen ist. Nimmt man die Erfüllung weg, so bleibt doch Raum.« Ebd. 49 Ebd., 43.

3.1       Hegels Geist

Menge von Punkten als Raumatome«, welche ununterscheidbar und somit kontinuierlich nebeneinander liegen.50 Er konkretisiert, a) dass die Raumdimensionen in Linie, Fläche und Körper geschieden werden müssen. b) Die Bestimmtheit des Raums ist der Punkt mit der Linie als Resultat des Punkts.51 Die zweite Weise des ideellen »Außersichseins« ist die Zeit. Sie ist abstrakte Subjektivität.52 Raum ist abstrakte Objektivität.53 Er geht in die Zeit über. Der Raum als Materie vereint sich mit der Zeit in der Bewegung. Zeit geht dann in Raum über. Materie und Bewegung sind die zwei Formen des Daseins und verbinden sich zur absoluten Einheit.54 Die Dimensionen der Zeit sind die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie ist in ihrem fließenden Charakter kontinuierlich und das Hier  – vergleichbar mit den Atomen im Raum  – ist ebenfalls ununterscheidbar.55 Zeit ist – und dies ist für die Geschichtswissenschaft wie für Sojas Eingangsfrage nach der Ablösung des Raums durch die Zeit bedeutend – »höher« als Raum.56 Sie ist absolut. In ihr verändern sich endliche Dinge in unendliche, ewige Dinge. Die reale Zeit scheidet sich von der Ewigkeit. »Ewigkeit ist die absolute Gegenwart.«57 Sie ist unendliche Dauer. Ewig ist zum Beispiel die Idee oder das Gesetz.58 Das bedeutet, dass die reinen Produkte des Geistes ewig sind. Zeit ist demnach Geist beziehungsweise Geist ist Zeit. Hegel nennt diese Metamorphose in der Zeit auch Umschlagen von Sein in Nichtsein und vom Nichtsein in Sein. Natur zeigt nur das Sein; das Jetzt. Vergangenheit und Zukunft sind im Geist und dieser ist ewig.59

50 Ebd. – Der Ort ist für ihn, wie der Punkt, eine gesetzte Identität des Raums. Hegel 1870, § 262, 220. 51 Hegel 1985, 46 ff. 52 »Die Zeit ist dasselbe Prinzip als das Ich = Ich des reinen Selbstbewußtseins; aber dasselbe oder der einfache Begriff noch in seiner gänzlichen Äußerlichkeit und Abstraktion«. Hegel 1870, § 262, 216. 53 Ebd. 54 Hegel 1985, 60. 55 Ebd., 51. 56 An anderer Stelle heißt es: »Man kann auch die Zeit als das Subjektive bestimmen, gegen den Raum als das Objektive. Die Zeit ist höher oder vielmehr uns näher als der Raum.« Ebd., 71 57 Ebd. 54. 58 Ebd. 59 »Nur das Natürliche ist darum der Zeit unterthan, insofern es endlich ist, das Wahre dagegen, die Idee, der Geist ist ewig.« Hegel 1870, § 258, 216.

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3 Verengung

Die Geschichte ist die Verwirklichung des objektiven Geistes und ein Privileg des Geistes.60 Denn: Natur ist geschichtslos.61 Auch Geschichte unterliegt dem dialektischen Schema Hegels. Er geht von a) der einfachen Geschichte als Erkennen und Beschreiben historischer Ereignisse, Personen etc., b) der reflektierten Geschichte als Bezugnahme des Zeitgenössischen auf das Historische und c) der philosophischen Geschichte als denkende Betrachtung ihrer selbst aus.62 Ihr Gegenstand ist das Geschehen, die Handlung.63 Sie sitzt zu Gericht. Sie, die Geschichte, sondert von der allgemeinen geistigen Wirklichkeit das Besondere ab und stellt diese dar.64 Geografisch konzentriert sie sich auf den Orient, Griechenland, Rom und das germanische Reich.65 Für Hegel reicht die Weltgeschichte von »Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang. […] Die Weltgeschichte ist die Zucht der Unbändigkeit des natürlichen Willens zum Allgemeinen und zur subjectiven Freiheit.«66 Die Geschichte identifiziert das Allgemeine mit Blick auf den absoluten Endzweck: die Freiheit – und ihr Organ: den Staat. Kunst, Recht, Religion, Sitten und Wissenschaft verwirklichen sich in der Wahrnehmung Hegels allein auf Grundlage des Staates. Er ist Mittelpunkt und Zweck der einzelnen Tätigkeiten.67 Die Kunst hat den objektiven Geist der Geschichte überwunden. Sie ist eine sinnliche und wirklichkeitsnahe Gestalt des Staates. Sie untersteht dem absoluten Geist sowie der Religion als höchste Bewusstwerdung des absolu60 Hegel 1821, § 343, 344. 61 Zitiert nach Rosenkranz 1845, 98. 62 Hegel 1848, 3–13. 63 Hegel 1821, §§ 346–347, 346. 64 Ebd., § 341, 344. 65 Ebd., § 354, 350. 66 Diese geografische Ausrichtung führt zur politischen Schlussfolgerung, dass der Orient nur den Despotismus – die Freiheit einer Person –, Griechenland u. Rom nur die Demokratie – die Freiheit einer bestimmten Personengruppe – u. allein das germanische Reich die Freiheit aller mit Hilfe der Monarchie berücksichtigt. Hegel 1848, 128. 67 Zum ungewöhnlichen Staatsverständnis Hegels bemerkt Georg Römpp: »Der Staat im Sinne Hegels ist nicht die Gesellschaft, er ist auch nicht ein gesellschaftlicher Akteur, sondern eine Gemeinschaft, an der sich die Staatsbürger nicht mehr als einzelne Bürger mit speziellen Interessen beteiligen, sondern der sie als Teil einer Ganzheit angehören, die gewissermaßen eine eigene Gesamtperson darstellt«. Römpp 2008, 211.

3.1       Hegels Geist

ten Geistes und teilt mit ihr den metaphysischen Zweck68: »Das Göttliche soll durch sie [die Kunst; Anm. JB] anschaulich werden: sie stellt es der Phantasie und der Anschauung dar.«69 Darüber hinaus ist ihr Werk zweckfrei: »Belehrung, Reinigung, Besserung, Gelderwerb, Streben nach Ruhm und Ehre, gehen das Kunstwerk als solches nichts an«.70 Drängt sich nun die Annahme auf, dass Hegels Bestimmung der Kunst mit ihrer Wissenschaft keinesfalls so komplex ist wie befürchtet, folgt die Enttäuschung. Es ist verhältnismäßig unbekannt, dass Hegel eigentlich gar keine Schriften zur Ästhetik und Kunst hinterließ. Zu Lebzeiten integrierte er die Überlegungen ausschließlich in seinen Schriften zum Recht, zur Geschichte oder philosophischen Wissenschaft. Heute zur Verfügung stehende und nach dem Tode Hegels veröffentliche Werke sind das Ergebnis zeitgenössischer Mitschriften seiner Vorlesungen, wie Hothos Vorlesungen zur Philosophie der Kunst von 1823 oder F. C. V. von Kehlers (o. A.) Mitschrift zur Ästhetik oder Philosophie der Kunst aus dem Jahre 1826.71 Außerdem änderte Hegel seine Systematisierungen und Überlegungen über die Jahre selbst. Annemarie Gethmann-Siefert wies in ihrer komplexen Forschungsarbeit zu Hegels Ästhetik nach, dass Hothos Hegelianismus sich von den Standpunkten Hegels maßgeblich unterschied, Hegel selbst zahlreiche Bestimmungen modifizierte und weit weniger Kunstwerke besprach als bisher angenommen.72 Angesichts dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass die hegelsche Ästhetik in ihrer Grundstruktur für Kunstgeschichte von neuem zu entdecken ist.73 Für diese Studie interessiert jedoch nicht das gesamte ästhetische Gebäude Hegels, sondern seine Denkübungen bezüglich des Verhältnisses der Kunst 68 Hegel 1848, 6; Waibl 2009, ab 162. 69 Hegel 1848, 61. – Dies bedeutete allerdings nicht, dass das Kunstwerk in die Nähe eines Kultobjekts rückt. Wir reflektieren vor dem Werk u. »beten« es nicht mehr an. Hegel 2007, 6. 70 Hegel 1986b, 1. Band, 82, o. Hegel 2007, ab 25. 71 Hotho u. Kehler erweiterten ihre Dokumente wiederum mit Hilfe studentischer Unterlagen zu den Vorlesungen Hegels. Zu diesem Vorgang siehe Gethmann-Siefert 2005, 15–24. – Zu den Mitschriften von Hotho bzw. Kehler siehe Hegel 2007 bzw. Hegel 2005. 72 Gethmann-Siefert 2005. 73 Sie resümiert: »Was wir kennen […] ist ein Konglomerat von Hegels Notizen und ausformulierten Informationen aus den Vorlesungsquellen, die sich durch die systematische Konstruktion und inhaltliche Aufbesserung (bzw. Verfremdung) des Herausgebers Hotho weit vom Original entfernt hat.« Gethmann-Siefert 2005, 24. – Im Zuge dieser neuen Hegelforschung hat sich die prominente These vom Ende der Kunst, der Vorwurf einer klassizistischen Präferenz sowie einer Überhöhung der Kunst relativiert. Dazu die Erläuterungen von Gethmann-Siefert /  C ollenberg-Plotnikov 2008; Gethmann-Siefert in Hegel 2007, XXXVI f.

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3 Verengung

zur empirisch erfahrbaren Welt beziehungsweise Natur sowie die systematische Bestimmung der Kunst durch das Zusammendenken mit Raum / Zeit.74 Im Gegensatz zu Kant bestimmte Hegel die Kunst, wie schon mehrfach angedeutet, aus seinem wissenschaftlichen System des Geistes beziehungsweise der philosophischen Wissenschaften mit ihrem physikalischen Fundament heraus.75 Kunst als Basis des absoluten Geistes unterliegt der Religion und Philosophie (Abb. 87).76 Sie realisiert sich im vom allgemeinen Sein abgeleiteten Ideal.77 Sie ist »kein Naturprodukt, sondern ein vom Menschen Gemachtes […] und für den Menschen produziertes […] und zunächst aus dem Sinnlichen für den Sinn genommen. Die Kunst in ihrer Weite grenzt an das Sinnliche, und die Grenze läßt sich nicht ziehen. Das dritte ist, daß das Kunstwerk einen besonderen Zweck in sich /  / h abe.« 78

Ihre Aufgabe  – das Göttliche zu veranschaulichen  – kann sie nur erfüllen, wenn ihr Dasein kein »Belebtes« ist.79 Sie existiert nur als »Geistiges«, wenngleich ihr Gegenstand nicht der Gedanke ist.80 Hegel stellt fest:

74 Textgrundlage der nachfolgenden Ausführungen ist die Nachschrift der hegelschen Vorlesung von 1823 in Kombination mit den verstreuten Auseinandersetzungen. Auf Hothos Ausarbeitungen aus dem Jahr 1833 wird hauptsächlich in Bezug auf die Definition der Kunstgeschichte zurückgegriffen. – In Bezug auf Hegels Nachlass folgt die Autorin Gethmann-Sieferts Empfehlung. Siehe dazu Gethmann-Siefert in Hegel 2007, XV–XLVI, u. Gethmann-Siefert 2005, 37–46. 75 Dies unterstreicht auch die Tatsache, dass Hegel gleich zu Beginn seiner Ausführungen (1823) die Kunst in ihrem Potenzial als wissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand diskutiert. Hegel 2007, 1 ff. 76 Hegel 1870, ab 467. 77 Der Begriff des Ideals meint, allein bezogen auf die Kunst, die Idee des Schönen sinnlich zur Erscheinung zu bringen. O. wie Hegel formuliert: »Die Mannigfaltigkeit […] in einen Ausdruck zusammenzufassen (so, daß noch ein Außereinander ist, aber jeder Teil an ihm zeigt das Ganze als in Eins gefaßt […]): Dies ist die nähere Bestimmung des Ideals, die Schönheit, wie sie als Kunstschönheit sein soll.« Hegel 2007, 79. – Weitere Erläuterungen zum Ideal bietet Gethmann-Siefert 2005, 46–63. 78 Hegel 2007, 7. 79 Einen zusätzlichen Endzweck der Kunst machte Hegel in der »Enthüllung der Wahrheit« aus. Sie soll vorstellen, »was sich in der Menschenbrust bewegt, und zwar auf bildliche, konkrete Weise. Solchen Endzweck hat die Kunst mit der Geschichte, der Religion und anderem gemein.« Ebd., 30. 80 Der künstlerische Gegenstand ist die sinnliche Darstellung; der Gedanke ist der Gegenstand der Philosophie. Ebd., 205.

3.1       Hegels Geist »Das Kunstwerk also ist aus dem Geist und für den Geist und hat schon den Vorzug, dass das Naturprodukt, wenn es Lebendiges ist, ein Vergehendes ist, das Kunstwerk aber ein Bleibendes, Dauerndes. Schon die Dauer ist sogar ein höheres Interesse. […] In der Natur ist das Göttliche […] durch ein Medium gegangen, durch das Medium der Äußerlichkeit, welches Medium als das Sinnliche schon dem Bewußtsein bei weitem nachsteht. Das Göttliche also im Kunstwerk ist durch ein viel höheres Medium hervorgebracht.« 81

DIALEKTISCHES SCHEMA ZUM GEIST BEI HEGEL

1. subjektiver Geist

Bewusstsein

2. objektiver Geist

3. Erscheinungen des absoluten Geistes

1. Kunst 2. Religion 3. Philosophie

Abb. 87: Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema zum Geist bei Hegel, 2013.

Neben den nun schon bekannten Argumenten zur Aufwertung von Kunst deuten sich zwei Konsequenzen an: a) die Aufhebung der für das Kunstwerk bis zu diesem Zeitpunkt konstitutiven Spannung zwischen Kunst und Leben / Natur sowie b) die Abwertung der Sinne. Traten die Theoretiker der »schönen Wissenschaften« (Hegel) noch vehement für eine Regelung künstlerischer Produktion aus der Natur ein, kündigt Hegel dieses Verhältnis endgültig auf.82 Kunst analog zur Natur zu entwickeln widerspricht aus seiner Sicht dem künstlerischen Trieb des Menschen zum Zwecke der Selbstvergewisserung. Der Mensch will sein »Siegel aufdrücken«.83 Nach Hegel fasziniert ihn nichts mehr als »die vorgefundene Äußerlichkeit und sich

81 Ebd., 12. 82 Ebd., 8–11. 83 Ebd., 13.

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3 Verengung

selbst als ein Natürliches zu verändern«.84 Diesen Drang von Natur zu Geist diagnostiziert Hegel selbst am Ohr des »Barbaren«, denn selbiger kann dieses nicht untätowiert belassen. Unfähig ist der Mensch, sich zu »lassen, wie man von Natur ist«.85 Natur beziehungsweise die Welt existieren in Hegels Gedankengebäude nur unabhängig vom Subjekt. Im Gegensatz zu Kant behauptet Hegel, dass das Subjekt das Außen auffindet und dieses in seinem Sinne modifiziert. (Natur-)Raum wird (Kultur-)Raum. Konsequenterweise erhebt sich in diesem Prozess auch das einfache Sehen. Kunst, so Hegel, erschließt sich aus der betrachtenden Prüfung. Das Sehen des physischen Seins von Kunst ist nicht das Letzte – das Letzte ist das Denken über sie.86 Diese Abwertung des Sehens hat die Abwertung des Gefühls an der Hand. Die gefühlvolle Bestimmung der Kunst, welche etwa die Raum- / Zeitkünste des 18. Jahrhunderts fundamentierte, lehnte Hegel kategorisch ab. Seine Argumente gegen dieses Konzept treffen sich im Vorwurf der Subjektivität. Er beschreibt den Ansatz seiner lebensnah orientierten Berufskollegen genau, stellt dann aber abwehrend fest: »Was empfunden wird, ist verdumpft, eingehüllt und subjektiv. […] Das Gefühl ist subjektiv, das Kunstwerk aber soll ein Allgemeines, Objektives zum Inhalt haben. Es anschauend soll ich mich darin vertiefen, mich darüber vergessen, und im Gefühl ist immer nur eine Besonderheit erhalten. Und darum fühlen Menschen gern. Das Kunstwerk, die religiöse Betrachtung muß die Besonderheit vergessen lassen.« 87

Noch deutlicher wird Hegels Ablehnung sinnlicher Pluralität in seiner Systematik der Künste. Akzeptiert wird allein das Hören und Sehen. Geruch, Geschmacks- und Tastsinn bleiben unberücksichtigt. Sie sind keine »theoretischen Sinne« und ihre Wirkung ist im Prozess der Aneignung beziehungsweise der Ordnung von Kunst unerheblich.88 Hegels Denken zur Kunst und Kunsterkenntnis ist hier pyramidal: Die sinnliche Basis der Kunst ist das Hören und Sehen; die Spitze der Geist. Es folgt eine Ordnung in »drei Arten der Kunst: Künste der Sichtbarkeit, die tönende Kunst und die Kunst für die Vorstellung oder die redende Kunst«89 (Abb. 88). Raum / Zeit spielen auf den ersten Blick keine Rolle. Die traditionelle Gleichung aus Erkenntnisorgan plus 84 Ebd. 85 Ebd. u. 23 ff. 86 Ebd., 6. – »Das Auge«, so Hegel, »ist blind, blind jedenfalls für das Schaugepräge der Oberfläche und das bunte Gewühl der Begebenheiten«. Wer es im philosophischen Denken zu etwas bringen will, dem muss »zuerst das Hören und Sehen vergehen, er muss »in die innere Nacht der Seele zurückgezogen werden.« Zitiert nach Konersmann 1999, 11. 87 Hegel 2007, 16. 88 Siehe auch Hegel 1986b, 2. Band, 254 f. 89 Ebd., 205 f.

3.1       Hegels Geist

Gegenstand unter dem Diktat des Geistes dominiert. Kants Konzept einer Ordnung von Kunst unter den Anschauungsformen Raum / Zeit scheint überwunden. Auf den ersten Blick lässt auch Hotho Kant an dieser Stelle stehen und verkündet 1833 zur Einteilung der Künste ganz im Sinne des Hegelianismus: »Unsere Einteilung weicht von der gewöhnlichen sehr ab: Das ist /  / d ie Abstraktion von Raum und Zeit. [Gewöhnlich teilt man ein] in räumliche Künste und Zeitkünste, die wieder die tönenden und redenden Künste sind: Aber Raum und Zeit ist nicht der Grund der Einteilung, sondern das ist die schöne Phantasie.« 90

Abb. 88: Anonymus, Einteilung zur Kunst bei Hegel, 2010.

Folgt man diesem Tenor, dann trifft man eine fundamentale Entscheidung im Umgang mit der Kunst. Die kantische Trias einer Ordnung nach entweder a) dem menschlichen Produktionsvermögen, b) dem menschlichen Erkenntnisvermögen oder c) der reinen auf Allgemeingültigkeit zielenden Erforschung von Kunst verengt sich zu einer Ordnung nach den »Weisen der Sinnlichkeit«.91 Das sinnliche Potenzial des Geistes deckt sich mit der Sinnlichkeit von Kunst. Oder 90 Hotho 2004, 187. 91 Hegel 2007, 205.

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3 Verengung

wie Hegel es ausdrückt: »In der Kunst verhält sich der Geist zu den Gegenständen, zu dem Schönen, dem Scheinenden.«92 Gebunden an epochale, geografische und kulturelle Daseinsbedingungen und auch Einschränkungen – man denke hier nur an Hegels Eurozentrismus – entwickelt sich die Ordnung zur Kunst zu einer Ordnung des Sinnlichen im absolut Geistigen mit Hilfe der künstlerischen Form. Nur aus dieser Komplexität heraus plausibilisiert sich die bis heute geltende Gliederung der Kunst in bildende, klingende und redende Kunst. Eigentlich, und dies bleibt leider oftmals unberücksichtigt, ist dieses Ordnungssystem nicht logisch. Kunst kann – aus Sicht des künstlerischen Erzeugnisses als Objekt93  – weder bilden noch reden. Kunst bezeichnet hier Tat plus Gegenstand in dreifacher Weise: und zwar in Geist, Sinn und Hand. Erwartungsgemäß ist der handwerkliche Charakter der Kunst – und somit das Erzeugnis – bei Hegel dem Sinn und dem Geist untergeordnet.94 Gleiches gilt für den Nutzen. »Eine Hütte«, so heißt es in Hegels Analyse zu einzelnen Kunstformen, ist noch lange »kein Gegenstand der schönen Kunst.«95 Grundsätzlich ist Architektur »nur Einschränkung des maßlosen Raums, ein Partikulieren des allgemeinen Raums. Geschlossene Umgebung ist der Begriff der Architektur, Begrenzung der organischen Natur. Wenn wir die Bestimmung nehmen, haben wir zwei: das Subjekt und die unorganische Natur, die es soll umschließen.« 96

Während Hegel und Hotho die Ordnungsfragen zur Kunst mit Raum / Zeit nicht zusammendenken wollen, bleiben Raum / Zeit in ihren Erläuterungen zu den einzelnen Kunstformen bestimmende Größen.97 Architektur zu begrei92 Ebd., 206. – Sinnlichkeit meint bei Hegel stets ein Doppeltes: »sinnliche Anschauung und sinnliche Vorstellung« o. die Sinnlichkeit des Geistes bzw. der Kunst. Ebd. 93 Hier sind die Gedanken der Autorin nicht auf den Begriff des Erzeugnisses im Sinne eines Bildes o. einer Skulptur eingeschränkt, sondern umfasst ebenfalls die Aktionskunst o. einen gartenkünstlerischen Entwurf. 94 Hotho beschreibt diese drei Seiten folgendermaßen: »Erstens das sinnliche Material: Wie wandelt es sich zu Kunstmaterial um? – Dann ist es zweitens nicht als Sinnliches Zweck, sondern nur insofern der Geist es ummodelt und sich hineinbegibt; dem bestimmten Material entsprechen nur bestimmte Phantasieformen. Wie muß daher die Phantasie so schaffen, daß ihre Gebilde in die Formen eingehen können? Drittens endlich die besonderen Arten der Künste, z. B. wie es lyrische, dramatische, epische Poesie, bürgerliche etc. gibt«. Hotho 2004, 187. 95 Hegel 2007, 206. 96 Ebd., 208. 97 Die Erläuterungen Hegels zu diesem Vorgehen: »Dieser allgemeine Begriff aber der Kunstformen hat sich zu realisieren, sich zu bestimmen, seine Unterschiede zu setzen, ins Dasein zu

3.1       Hegels Geist

fen hieß für Hotho, ihre »schwere« und »totale« Räumlichkeit zu verstehen.98 Architektur ist Raumkunst. Sie »nimmt die höchsten Figuren aus der vegetabilischen Natur, wandelt sie um nach dem Verstand jener abstrakten Raumfiguren und macht sie harmonisch«.99 Die Skulptur verfolgt für Hegel die Aufgabe, »den Geist in unmittelbarer Materialität […] in vollständiger Räumlichkeit« darzustellen.100 »Man kann also sagen«, so Hegel weiter, »hier werde der Geist dargestellt, wie er ist. Die Skulptur ist hiermit das Natürlichste der Darstellung.«101 Der Mangel der Skulptur liegt in ihrer Fixierung auf den Augenblick. Sie ist nach dem künstlerisch erfassten Moment »bewegungslos«.102 Die Malerei stellt das Flächige ins Zentrum. »Die räumliche Totalität« löst sich auf.103 Dieser Vorgang ließe sich, äußert Hegel, als Beschränkung interpretieren. Doch sei er ein »durch den Begriff bestimmter Fortgang«.104 Deutlicher formuliert es Hotho: Der Raum genügt den Ansprüchen des absoluten Geistes nicht. Er argumentiert: »Das Material der Malerei ist flächenhaft. Sie negiert dadurch die Raumdimension, weil Räumlichkeit nicht das adäquate Material des Geistes ist: Sie soll als sinnliche Erscheinung eine vom Geist gesetzte sein, die den Schein der Räumlichkeit hat.«105

Auch die im 18. Jahrhundert so hochgeschätzte Gartenkunst genügt Hotho nicht mehr.106 Man kann sie für die wissenschaftliche Untersuchung »liegen lassen«. Als Amphibien- und Zwitterkunst positioniert sie sich treten […] Diese aber nun können keine anderen sein als die Unterschiede des Begriffs selbst […] Und so wollen wir sie denn auch nach den genannten Unterschieden erst abstrakt und zum Bewusstsein bringen und dann sie in ihrer konkreteren Gestalt ins Auge fassen; sowie nach der mechanischen Seite und der abstrakt sinnlichen, Raum und Zeit.« Hotho 2004, 38 f. 98 Ebd., 187 ff. 99 Ebd. – Hegels vergleichbare Bestimmung der Architektur als Kunst des Raums ist nachzulesen in Hegel 2005, ab 207. Allerdings wies Hegel die Ableitung der Architektur aus der Natur ab. Architektur »gehört rein dem Verstande an«. Ebd., 221. 100 Ebd., 229. 101 Ebd. 102 Ebd., ab 229. – An anderer Stelle vermerkt Hegel, dass die Skulptur auf den Raum beschränkt bleibt. Ebd., 230. 103 Ebd., 250. 104 Ebd. 105 Hotho 2004, 202. 106 Die Musik u. die Poesie wertete Hotho ab. Beide gehören der »Zeit« an u. zielen auf die Empfindung. Musik ist eine weniger bedeutende Kunst, da der Inhalt »nur« Empfindung ist. Poesie kann sich zwar objektivieren. Allerdings gibt sie sich in »keinem sinnlichen Material eine adäquate Wirklichkeit […] und das Material schwindet, wird bedeutungslos«. Ebd., 215–223. –

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3 Verengung »zwischen Natur und Kunst […] Sie [ist; Anm. JB] gebunden an Naturmängel und -vorteile. Sie [die Zwitterkünste; Anm. JB] tragen die Formen und Bedeutungen der Natur mit hinüber: Dies ist z. B. in Gartenkunst, Tanzkunst der Fall. Es ist nur ein kunstgemäßer Gebrauch, [eine; Anm. JB] Ausbildung des schon Gegebenen […] Dann schwanken diese Künste durch alle Künste durch: z. B. ist die Tanzkunst plastisch, malerisch und musikalisch-rhythmisch. Doch keine dieser hält sie fest und ist daher keine echte Vermittlung derselben.«107

Diese Ordnung der Kunst weist sich bis 1870 als fundamental für die europäische Kunstgeschichte aus.108 Nach Hotho muss die Kunstgeschichte die künstlerische Vergangenheit unter den Aspekten der »Individualität und Originalität« fassen.109 Diese Selektion – das heißt die Kritik an der Kunst – tritt in den eigenen Institutionen vor das Publikum. Die Museumsbesucher müssen die Fähigkeit besitzen, den objektivierten Geist des Künstlers im Werk zu erkennen und im eigenen Geist nochmals zu gebären.110 Die Trias, Künstler–Kritik– Publikum, macht für Hotho den eigentlichen Kunstgeist aus. Dieser »würdigt, richtet alles«.111 Jedes Kunstwerk muss diesen Marsch durch die Institutionen und Köpfe bewältigen; »was nicht vergessen wird von seiner Zeit und den folgenden Zeiten«, schließt Hotho, »das verdient es auch«.112 Hothos und Hegels Überzeugung, dass Raum / Zeit – jenseits von Chronologie beziehungsweise Geografie  – für den wissenschaftlichen Umgang mit Kunst unbrauchbar sind, teilten im 19. Jahrhundert zahlreiche Zeitgenossen (Abb. 89). Während einzelne Vertreter der Kunstwissenschaft oder des Voluntarismus wie Theodor Alt (o. A.)113, Arthur Schopenhauer (1788–1860)114 oder Die Gartenkunst, hebt Hotho hervor, enthält architektonisch-malerische, die Schauspielkunst plastische, malerische u. musikalische Anteile. Ebd., 186. – Auch Hegel ordnet die Musik bzw. Poesie der Zeit zu. Zur Gartenkunst o. anderen »Zwitterkünsten« äußert er sich nicht. Hegel 2003, 42–45, o. Hegel 1986b, 2. Band, 262 f. 107 Hotho 2004, 185 f. 108 Ab 1840 beginnt eine Phase der Relativierung des Hegelianismus. 109 Ebd., 239. 110 Ebd., 231. 111 Ebd. 112 Ebd. 113 Alts Ordnung der Künste unter Raum / Z eit ist zu finden in Alt 1888, 3–6. 114 Schopenhauer hebt in Die Welt als Wille und Vorstellung (ab 1810) die Bedeutung des kantischen Konzepts von Raum /  Z eit für seine Arbeit hervor u. stellt sich im erkenntnistheoretischen Teil in dessen gedankliche Tradition. Er schreibt: »Wir haben vom großen Kant gelernt, dass Zeit, Raum und Kausalität, ihrer ganzen Gesetzmäßigkeit und der Möglichkeit aller ihrer Formen nach, in unserem Bewusstseyn vorhanden sind, ganz unabhängig von den Objekten, die in ihnen erscheinen, die ihren Inhalt ausmachen«. Im Verlauf seiner Studie integriert

3.1       Hegels Geist

Friedrich Nietzsche (1844–1900)115 gegen die »Hegelei« (Schopenhauer) polemisierten, entschied sich der Großteil der kunsthistorischen Akteure für eine Negierung116 beziehungsweise Relativierung117 im Sinne Hegels. Zwar gliedern zwischen den Buchdeckeln kunsthistorischer Untersuchungen Raum / Zeit das Wissen zur Kunst oder beschreiben den künstlerischen Gegenstand, wenn etwa Schnaase in den 1840er-Jahren die künstlerischen Erscheinungen grundsätzlich aus Raum, Zeit und Leben heraus vorführt und den Leser ermuntert: »Stellen wir uns […] eine wirkliche Erscheinung vor, etwa eine Gegend […] Halten wir dabei alles fern, was nicht diesem Elemente angehört […] Es bleibt dann nur der Raum mit dem Bild […] Treten wir aufs neue vor die Landschaft und denken jetzt [Bewegung, Geräusch etc., nehmen wir; Anm. JB] das Maas der Zeit [wahr; Anm. JB]«.118

Und doch bleibt auch für Schnaase der kantische Einfluss auf die kunsthistorische Wissenschaftsmethodologie rudimentär. Er folgt ganz entschieden dem er Raum / Z eit als medialen Willensakt. Schopenhauer 1998, § 24, 174 f. – Anders als Kant führt er seine Ordnung der Kunst am Ende auf die platonische Idee zurück u. nicht auf einen räum- / z eitlichen Kern. Allerdings kategorisiert er die Wissenschaft aus den Bestimmungen Raum /  Z eit heraus. Schopenhauer 1985, 64 f. – 1906 polemisiert Georg Simmel gegen Schopenhauers Konzept einer Raumnegation für die Kunst in einem kleinen Artikel in der Neuen Frankfurter Zeitung. Er kommt zum Schluss, dass Schopenhauers Ablehnung des Raums als Teil der Naturnachahmung in der Kunst ein Fehlschluss sei. Raum /  Z eit in der Kunst seien ebenfalls »Idee« u. für das Verständnis der Moderne unerlässlich – aussichtslos sei so Schopenhauers Kritik am kantischen Konzept von Raum / Z eit. Simmel 1906, 1. 115 Auch Nietzsche entwickelt Kants Gedanken zu Raum /  Z eit im Kontext seiner Willenstheorie weiter. Ebenso fließen Raum /  Z eit in seine Ausführungen zur Geopolitik ein. Da diese Blickrichtungen für den hier gewählten Schwerpunkt nur marginal interessieren, sei auf die Arbeit von Stephan Günzel verwiesen. Günzel 2006. 116 Etwa Friedrich Theodor Vischer (1807–1887) in seiner Ästhetik von 1851. Er war davon überzeugt, dass Kunst nicht mittels Größen außerhalb ihrer selbst (z. B. Organ, Raum, Zeit etc.) bestimmt werden kann. Ebenso sind Künste nicht entweder Raum, Zeit o. Raum /  Z eit, sondern sie weisen »oftmals einen Bezug zu Raum wie Zeit« auf. Vischer 1851, 345 ff. 117 So unterscheidet z. B. Friedrich Schleiermacher (1768–1834) zwischen »simultane[n] und successive[n] Künste[n]«. Auch diskutiert er den Raum in Bezug zu den Gattungen, wobei diese Überlegungen nicht in ein wesentliches Konzept mündeten. Er notiert beispielsweise: »Im Vergleich nun mit den andern bildenden Künsten, kann man zwei Formeln für die Architektur anlegen: daß sie den Typus der mathematischen Gestalten darstellt, wie die Skulptur die organischen; und dann, daß, wie die Malerei Gestalten im Raume bildet, die Skulptur Gestalten ohne Raum, so die Architektur Raum für die Gestalten.« Schleiermacher 1984, 81 u. 45. 118 Schnaase 1843–1865, 1. Band, 38.

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3 Verengung

Abb. 89: Bruno Bucher, Synchronistische Übersicht der neueren Kunstgeschichte, 1880.

hegelschen System und damit dem Gedanken einer fortschreitenden künstlerischen Entwicklung wie dem wissenschaftlichen Nachvollzug derselben.119 Einige wenige seiner zentralen Gedanken: Kunst besteht für Schnaase aus einer Einheit von Form und Inhalt. Allerdings verleiht nur der Geist dem Kunstwerk am Ende seine volle Bedeutung. Kunstbetrachtung ist – wie auch bei Hegel  – denkende Tätigkeit. Das Werk steht »als eine geistige Aeusserung des Menschen […] in Verbindung mit der denkenden Funktion […] wenn es auch eine Bindung an das Gefühl kennt«.120 In diesem Sinne bindet die »Idee des Kunstwerks« Geist und Gefühl aneinander.121 Jenseits dieser Voraussetzung eines »fühlenden Geistes« in der Idee steht das Werk in einem Verhältnis zur »Unendlichkeit der Dinge, [in dem; Anm. JB] der Widerschein der höchsten 119 Schnaases »Hegelei« ist aus Sicht der Autorin plausibel. Zum einen studierte Schnaase bei Hegel u. zum anderen zeigen seine Äußerungen eine wissenschaftstheoretische Konvergenz zum Gedankengebäude Hegels. Die Negierung einer Prägung, wie sie etwa Henrik Karge o. Regine Prange vertreten, bedarf so einer erneuten Durchsicht. Dazu Karge 2010, 97f; Prange 2004, ab 137. 120 Schnaase 1843–1865, 1. Band, 20 f. 121 Ebd., 22.

3.1       Hegels Geist

Gesetze des Geistes in der Materie, die zarten Beziehungen des Weltlebens anschaulich und in einer wohltätigen Harmonie hervortreten«.122 Kunst entsteht aus einem religiösen Trieb und enthält religiöse Bedeutungen.123 Sie ist demnach auch Moral.124 Sie ist Teil »ethischer Vollendung und [unbewusste; Anm. JB] Uebung des Ganzen […] in dem sie die höchste Durchbildung des Aeusseren durch die innere Regel […] anschaulich macht«.125 Die Kunstgattungen entwickeln sich aus Raum / Zeit. Aus den »Elementen des Raumes und aus dem Stoffe der Körperlichkeit entwickeln sich die bildenden Künste, die Kunst der Zeit und des Klanges ist die Musik, die Kunst der Vorstellung und der Sprache die Poesie«.126 Die Reihenfolge der Künste ergibt sich aus Stoff und Dauer. Die Architektur geht »voran […]; der Sinn [eines Volks; Anm. JB] muss sich erst für die reinen Verhältnisse gebildet haben […] Ihr folgt die Sculptur, welche eben diese Verhältnisse an dem Einzelnen [Individuellen; Anm. JB] darstellt. Die Malerei folgt erst auf die Sculptur […] Man lernt allmählich, dass eine Schönheit des Verhältnisses […] bestehe. […] Wir erkennen, wie jede Kunstrichtung anregend und fördernd für die andere, wie jede Kunststufe vorbereitend für die folgende ist«.127

An diese Sicht auf die Kunst ist die allgemeine kulturelle Entwicklung gebunden. Die Kunst bildet mit der »Geschichte der Menschheit ein zusammenhängendes Ganzes«.128 Ihre Gesetze sind auch die Gesetze des Volksgeists.129 Künstlerischer Geist ist nicht autonom und das Werk nicht von Dauer. Geist und Werk integrieren sich zwangsläufig in die höhergelegene Ebene (Volk).130 Das Volk überlebt die Kunst.131 Die wahre künstlerische Leistung erfasse »den Geist seines Volkes« und handle »ihm gemäß«.132

122 Ebd., 25. 123 Ebd. 124 Ebd. 125 Ebd., 28. 126 Schnaase 1843–1865, 1. Band, 41 f. 127 Ebd., 92 f. 128 Ebd., 84. – Schnaase sieht die Kunstentwicklung in enger Verbindung zu Ethik, Industrie, Politik o. Wissenschaft. Ebd., 94. 129 Ebd., 89. 130 Ebd. 131 »Die Lebensdauer der Kunst ist kürzer als die des Volkes; sie gehört weder dem rohen Knabenalter noch der Periode der letzten Altersschwäche an, sondern dem Zeitpunkte jugendlicher Reife und edler Männlichkeit, ein Product des Selbstgefühls der Völker.« Ebd., 94. 132 Ebd., 80.

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3 Verengung

Die historische Kunstwissenschaft folgt diesem Entwurf von Aufstieg, Abstieg, Verfall, geistesgeschichtlichem Ganzen und volkstümlicher Dauer.133 Sie erzählt die eine und wahre Geschichte der Kunst. Diese beginnt mit Europa, konkret mit der griechischen Kunst, und widmet sich den Gattungen Architektur, Skulptur und Malerei.134 Außereuropäische Künste sind für die Kunstgeschichte nur von Interesse, wenn sich im Vorfeld ein hoher und von Tradition durchdrungener Entwicklungsstand der Völker bestimmen lässt. Unter diesen Selektionskriterien böten sich zum Beispiel, so Schnaase, China und Indien als Forschungsgegenstand an, wobei sich die indische Kultur am Ende in allem überlegen und von der Natur bevorzugt zeige.135 Der Formalauf bau umrahmt den vergeistigten Ansatz: Schnaase konzentriert sich in den ersten Bänden seiner Geschichte der bildenden Künste auf die sprachliche Vermittlung. Formal ordnet er seinen Text unter chronologischen wie geografischen Aspekten. Die einzelnen Abschnitte sind in Kapitel und nicht – wie etwa in Kuglers Handbuch der Kunstgeschichte (1842) – in Paragrafen gefasst.136 Die Anmerkungen bieten dem Leser ausschließlich Informationen zur Sekundärliteratur und zu den genutzten Quellen. Zusätzliche Informationen oder weiterreichende Diskussionsansätze sucht man vergebens.137 Abbildungen setzte Schnaase nur in Ausnahmefällen ein. Dieser grundsätzliche »Mangel« an Abbildungen bei den Vertretern der Berliner Schule löst sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts und bei Schnaase mit dem zweiten Band von 1843 auf.138 Er schränkt den Sinn einer Verwendung von Abbildungen auf die 133 »Eine vollendete Darstellung der Kunstgeschichte [würde; Anm. JB] von allen jenen Wechselwirkungen [zwischen Kunst u. Kultur; Anm. JB] Rechenschaft […] geben. Sie würde das Wesen des Volkes zusammen gefasst, wie in einem kleineren Spiegel zeigen«. Ebd., 94. 134 Schnaase geht von einer singulären, alles umfassenden u. stark begrenzten Kunstgeschichte aus. 135 Diese partielle Ausdehnung der hegelschen Verengung verliert sich angesichts des achtbändigen Gesamtwerks u. betont am Ende den eurozentrischen Ansatz Schnaases umso mehr. Ebd., 99 f. – Auch andere Mitglieder der Berliner Schule konzentrierten ihre Forschungen auf Frankreich, Großbritannien, Italien u. die Niederlande. Siehe Waagen 1862 o. Rumohr 1827– 1831 – Eine Ausnahme sind die Forschungen Kuglers. In seinem Handbuch (1842) behandelt er die europäische, amerikanische u. asiatische Kunstgeschichte. Siehe z. B. Kugler 1842. 136 Ebd. 137 Diese Reduktion ist in vergleichbaren Publikationen nicht zu finden. Kugler, Rumohr o. Waagen nutzen die Anmerkungen weitaus stärker. 138 Bickendorf 2007, 57. – Gabriele Bickendorf begründet diesen Verzicht mit drucktechnischen Problemen sowie einer grundsätzlichen »Konzentration auf die narrative Darstellung der kunsthistorischen Zusammenhänge […] Die kunsthistorische Erzählung stand sowohl in den Monographien als auch in den Universalgeschichten zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Vordergrund«. Ebd., 58.

3.1       Hegels Geist

Abb. 90 und 91: Hans Holbein d. Ä., Die Enthauptung der heiligen Dorothea, ab 1843 (links). Hans Holbein d. Ä., Basilika Santa Maria Maggiore, 1499.

»nützliche Zierde« und Unterstützung des wissenschaftlichen Textes ein. Im Sinne dieses Zuschnitts auf die sprachliche Vermittlung von Wissenschaft ein Exempel: Im posthum veröffentlichten achten Band seiner Geschichte nutzt Schnaase die Heilige Dorothea von Hans Holbein d. Ä. (1465–1524). Im Vergleich zum Original zeigt sich die Abbildung aus ihrem originären Kontext gelöst und erheblich formalisiert beziehungsweise reduziert (Abb.  90–91). Dies betrifft auch die Bildunterschrift, welche lautet: »Die Enthauptung der heil. Dorothea. Von H. Holbein d. Aelt. Augsburg«. Der Leser gewinnt den Eindruck, dass die Heilige Dorothea ein selbstständiges Werk Holbeins sei. Erst der Text erläutert, dass es sich hier um den Ausschnitt eines Basilikenzyklusses handelt. Diese Ausrichtung auf die schreibende Vermittlung von Kunst macht den Willen zur methodologischen Genauigkeit deutlich. Die Illustration ist Beiwerk; die sinnlich-visuelle Komponente wissenschaftlicher Arbeit eignet sich bestenfalls zur Ergänzung. Dieser streng methodologische und an der Ratio ausgerichtete Charakter in der Abbildungsverwendung verliert sich in der Jahrhundertmitte. Das Bild leistet immer mehr einen inhaltlichen Beitrag. Es bietet unter anderem, wie der Landschaftsgarten der 1780er-Jahre, kunsthistorische Überblicke, gibt Aufschluss über künstlerische Standards oder bemüht sich, den Werkausdruck zu vermitteln (Abb. 92–94). Apropos, der europäische Garten blieb seiner wissenschaftstheoretischen Grundlegung auch – und trotz seiner kunsthistorischen Abwertung  – im 19. Jahrhundert treu. Er nahm in seiner Rolle als musée de plein air nicht nur weiterhin sämtliche Stile oder geografische Besonderheiten der Kunst auf, sondern integrierte  – ganz im Sinne des naturwissenschaftlichen Zeitgeistes  – botanische Neuerungen beziehungsweise Lehrgebäude in seine Gestaltung (Abb. 95–96).

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Abb. 92–94: Anonymus, Deutsche Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts. Kunsthistorischer Bilderbogen, 1879–1884. Anonymus, Italienische Renaissance. Dekoration und Kunstgewerbe. Kunsthistorischer Bilderbogen, 1879–1884. Nicolas Chapuy, Ansicht des Straßburger Münsters, 1827 (v. l. n. r.).

Abb. 95 und 96: Charles McIntosh, Practical Gardener, 1838 (links). Plan zur Einteilung eines Botanischen Gartens, 1825.

3.2       W ölfflins A usdrucksorgan Der Ausgang der 1860er- und Übergang in die 1870er-Jahre ist für das vorliegende Thema in vielerlei Beziehung bemerkenswert. Nach dem Tode Hegels (1831)

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

und der deutschen Revolution von 1848 / 49 wankte das »ideale« beziehungsweise »hegelsche« Gedankengebäude auf deutschem Boden.139 Der für diese Studie relevante und zuvor beschriebene Paradigmenwechsel zum Geist mit einer Abwertung von Raum / Zeit, die Auflösung des gleichberechtigten Zusammenspiels menschlicher Erkenntnisorgane (Sinne, Verstand und der Vernunft), die wissenschaftsrelevante Verengung der Künste mit der Überhöhung der kantischen Idee in den hegelschen Geist standen im übergeordneten Kontext einer grundsätzlichen Philosophiekritik immer mehr zur Disposition.140 1870, so schreibt Manfred Pascher in seiner Arbeit zum Neukantianismus, hatte Hegel »nur mehr wenige Anhänger«.141 Besonders die Annahmen einer über allen Wissenschaften stehenden Philosophie142, einer Gesetzesstruktur für alles real Seiende aus den Gesetzen des absoluten Geistes143 oder eines von den Sinnen beziehungsweise Stoffen autonomen Erkenntnisprinzips144 lösten vehemente Einsprüche in zahlreichen philosophischen Modellen aus.145 Während die am Idealismus orientierte Geschichtswissenschaft weiterhin an Hegels Position festhielt, initiierte die Philosophie auf zweierlei Art und Weise einen Richtungswechsel. Auf der einen Seite stärkte sie Positionen des 18. Jahrhunderts wie die des Materialismus, auf der anderen Seite initialisierte sie neue Strömungen wie die des Historismus oder Positivismus146. Der Historismus nahm besonders die Geschichtsphilosophie Hegels ins Visier. Er bezweifelte die hegelsche Auslegung der Geschichte als stetiges Voranschreiten des objektiven Geistes mit einem freiheitlichen beziehungsweise staatlichen Endzweck. Geschichte setze sich vielmehr das Ziel, einen klar begrenzten und individuellen Sachverhalt auf objektiver Grundlage zu erkennen, zu verstehen und zu erklären. Geschichte mache keine absoluten Ansprüche geltend oder vertrete gar ideale Systeme. Auch sei ihr der Gedanke einer fortschreitenden Entwicklung fremd, denn diese Betrachtungsweise bedeute nichts weniger als eine Sinnentleerung histori139 Siehe dazu Pascher 1997, 27. 140 Heftige Auseinandersetzungen riefen auch die Positionen des Materialismus u. Spiritualismus hervor. Siehe dazu Tesak 2003b o. Pascher 1997, ab 40. 141 Ebd., 28. 142 Sieg 1994, 32. 143 Pascher 1997, 31. 144 Hirschberger 1991, 2. Band, 437. 145 Auch mutete Hegels Philosophie angesichts der aufblühenden Naturwissenschaft rückständig an. Pascher 1997, 38 f. 146 Der Positivismus ging allein vom sinnlich gegebenen Gegenstand aus. Zentrale Ausgangspunkte des Positivismus sind a) die beobachtbare bzw. wahrnehmbare Tatsache mit dem Ausschluss des Transzendenten u. b) die methodologische Absicherung durch eine breite Materialbasis. Begründer des Positivismus war der Soziologe Auguste Comte (1798–1857). Vgl. Wiersing 2007, ab 342.

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scher Wissenschaft. 1854 äußert sich dazu der Historiker Leopold von Ranke (1795–1886) in einem Vortrag: »Wollte man […] annehmen, [der] Fortschritt [der Menschheit; Anm. JB] bestehe darin, daß in jeder Epoche das Leben der Menschheit sich höher potentiert, daß also jede Generation die vorgehende vollkommen übertreffe, mithin die letzte allemal die bevorzugte, die vorhergehenden aber nur die Träger der nachfolgenden wären, so würde das eine Ungerechtigkeit der Gottheit sein. Eine solche gleichsam mediatisierte Generation würde an und für sich eine Bedeutung nicht haben; sie würde nur insofern etwas bedeuten, als sie die Stufe der nachfolgenden Generation wäre […] Ich aber behaupte: jede Epoche ist unmittelbar zu Gott und ihr Werth beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst […] dadurch bekommt die Betrachtung der Historie, und zwar des individuellen Lebens in der Historie, einen ganz eigentümlichen Reiz«.147

In der Geschichtswissenschaft bestimmt fortan das triassische Schema aus Problem, Gegenstand und Quelle die wissenschaftliche Zuwendung. Zudem treffen sich in der Historik, Wertfreiheit, Objektivität, Überparteilichkeit und Anschauung. Mit dem Begriff der Anschauung antwortete Ranke der idealistischen Philosophie Kants. Durch sein Selbststudium kantischer Texte inspiriert, schrieb er zentrale Aspekte der Transzendentalphilosophie in seine Geschichtswissenschaft ein. Aus diesem Wissen heraus überwand er den üblichen Realismus und gelangte »zu einer Identität von Subjekt und Objekt, die sich im Bewusstsein des Subjekts bildete«. Ranke schrieb dazu: »Der menschliche Geist tritt sich [in der Geschichtswissenschaft; Anm. JB] selbst gegenüber und erkennt sich […] In dieser Theorie des Gewissens ist das Subjektivste zugleich das Allgemeinste.«148 Maßgebend für die Geschichte ist nicht das Allgemeine, welches das Besondere deduziere, klassifiziere und subsumiere.149 Maßgebend ist der vom Historiker wahrgenommene Einzelfall. Aus diesem ließe sich ohne Zweifel »kühn zu dem Allgemeinen aufsteigen; aus der allgemeinen Theorie gibt es keinen Weg zur Anschauung«.150 Zentrales Werkzeug der Geschichte ist die historisch-kritische Quellenforschung. Aus den Quellen allein erhebt sich die Vergangenheit in die Gegenwart. Auf der berufsständischen Ebene verschmelzen Quellenarbeit und Wissenschaftlichkeit. »Der Historiker« versucht, erläutert Ulrich Muhlack mit Blick auf die Standpunkte Rankes,

147 Ranke 1854 zitiert nach Wiersing 2007, 374. 148 Muhlack 2006, 52. 149 Dazu auch Jaeger / R üsen 1992, ab 34. 150 Muhlack 2006, 52.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan »von jetzt an planmäßig jeweils alles irgend verfügbare Material zu erfassen und ihm durch geeignete […] Verfahrensweisen das Äußerste an gesicherten Erkenntnissen abzugewinnen. Eine in diesem Sinne betriebene historisch-kritische Quellenforschung wurde folgerichtig zum Inbegriff der Geschichte als Wissenschaft, zum Ausweis ihrer Wissenschaftlichkeit und ihrer Professionalität.«151

Einen ganzen anderen Oppositionsweg zur allgemeinen »Hegelei« schlug der Neukantianismus ein.152 Unter dem Motto »Auf Kant muß zurückgegangen werden« (Otto Liebmann)153 positionierte sich seit den 1860er-Jahren die europäische Philosophie in Anlehnung an die kantische Philosophie neu.154 Zentrale Standpunkte dieser erkenntnistheoretischen Strömung sind schwer auf einen Nenner zu bringen, da sich der Neukantianismus immer anders darstellte und in unterschiedlichen Schulen mit individuellen Protagonisten aufspaltete.155 Während sich die südwestdeutsche Richtung der geisteswissenschaftlichen Methodologie widmete und ihre Gedanken aus der Sicht einer Wertephilosophie entwarf, verfolgte der Marburger Neukantianismus mit dem hier relevanten, wenn auch etwas späten Hauptvertreter Cassirer eine Theorie der logischen Wissenschaften mit den Schwerpunkten Mathematik, Psychologie und Recht.156 Jenseits dieser Differenz nahmen beide Schulen die transzendentale Methode und das Programm Kants zur Grundlage, um dem

151 Ebd., 53 f. 152 Zum Festhalten der Historiker an Hegel notiert Pascher: »Wenn sich Leopold Ranke, Jacob Burkhardt und Johann Gustav Droysen an Denkfiguren Hegels orientieren, tun sie dies in einem methodologischen Kontext […] Durch Hegels Grundgedanken einer durchgängigen historischen Vermitteltheit des Geistes würde die Hinwendung zum Historischen außerordentlich gefördert«. Pascher 1997, 31; Sieg 1994, 32. – Diese Einschätzung einer Legitimationsstrategie plausibilisiert sich angesichts der methodologischen Grundpfeiler in der Geschichtswissenschaft. In den Annahmen des historischen u. sich entwickelnden Individuums (Geistes) o. der Polarisierung von Kultur versus Natur fließen die Gedanken Hegels mit denen der historischen Wissenschaft zusammen. 153 Liebmann 1865, 215. 154 Zur europäischen Dimension des Neukantianismus siehe Ollig 1996, 199 ff. 155 Die Forschungsliteratur geht von mindestens drei Entwicklungsphasen aus: a) 1849–1865; b)1865–1875; c) 1875–1881. Siehe dazu Köhnke 1986. – Dem stehen die vier Problemkreise des Neukantianismus zur Seite: »(1) Erkenntnis- und Wissenschaftslogik, (2) die Systemproblematik, (3) die Auseinandersetzung mit den kulturellen und gesellschaftlichen Problemen der Gegenwart und schließlich (4) die religiös-existentielle Problematik.« Ollig 1996, 200. 156 Zentrale Vertreter der südwestdeutschen Schule waren Wilhelm Windelband (1848–1915) o. Heinrich Wickert (o. A.). Die Marburger Schule prägten besonders Hermann Cohen (1842– 1918) u. Paul Natrop (1854–1924).

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3 Verengung

Materialismus wie Positivismus zu begegnen157, setzten sich für die nochmalige Beantwortung der kantischen Frage: »Wie ist Wissenschaft möglich?« ein und analysierten in diesem Zusammenhang die Rolle der Rationalität. Trotz aller Begeisterung für Kant lehnte der Neukantianismus jedoch dessen Konzept des Dings an sich ab und trat für eine Weiterentwicklung der kantischen Lehre unter den Gegebenheiten der Zeitgeschichte ein. Zudem wies man gemeinsam alle metaphysischen und lebensphilosophischen Ausrichtungen der Philosophie weit von sich. Helmut Holzhey fasst die Zentralanliegen wie folgt zusammen: »Die Neukantianer zielten auf den Ausweis und die Sicherung der Rationalität der Kultur. Von erstrangiger Bedeutung erschien ihnen dafür eine überzeugende philosophische Begründung wissenschaftlicher Erkenntnis. [Sie; Anm.; JB] setzten auf die philosophisch herauszuarbeitende Vernunft in der Wissenschaft. Doch tauchten […] Gegenspieler auf, die der Auffassung, dass die Wissenschaft als solche vernünftigen Wesens sei, die Behauptung ihres irrationalen Grundes im ›Leben‹ entgegensetzten. […] Der Neukantianismus lehnte die Lebensphilosophien aller Couleurs ab«.158

Neben inhaltlichen Argumenten waren außerphilosophische Faktoren für den Aufstieg des Neukantianismus zur führenden philosophischen Richtung um 1920 nicht weniger bedeutend. Mit dem Eintritt in die 1870er-Jahre positionierten sich die deutschen Staaten nicht nur im zweiten Deutschen Reich (1871) neu. Auch auf akademischer Ebene institutionalisierte sich der Staat im Modell der deutschen Forschungsuniversität. Es begann »der rasante Ausbau, die Ausdifferenzierung und Spezialisierung der naturwissenschaftlichen, philosophisch-historisch-philologischen Disziplinen und der Medizin«.159 Mithin entwickelten sich die bis heute geltenden akademischen Kriterien von Lehre, Leistung sowie Aufstieg, und es begannen die Verteilungskämpfe um Etats, Monopole und Prestige unter den Disziplinen.160 Die Hauptakteure dieser Ereignisse kamen aus der kaisertreuen Schicht des Bürgers.161 An die Stelle des adligen oder kleinbürgerlichen Dichters, Theoretikers oder Philosophen trat der Archivar wie verbeamtete Schul- und Hochschullehrer mit zum Teil liberaler beziehungsweise konservativer Prägung. Diese Schicht der »Bismarckspießer« (Klaus Köhnke) teilte mit anderen gesellschaftlichen Aufsteigern des 19. Jahrhunderts, beispielsweise den Unternehmern, Überzeugungen und Werthal157 Pascher 1997, 57. 158 Holzhey /  R öd 2004, 37 f. – Dies betrifft auch Wilhelm Diltheys (1833–1911) Grundlegung der Geisteswissenschaften im subjektiven Erleben. 159 Paletschek 2010, 31. Siehe auch Nipperdey 2013, 1. Band, ab 568. 160 Ebd. 161 Siehe dazu ebd., ab 590, u. Ringer 1983, 33–47.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

tungen der bürgerlichen Gesellschaft. »Nützlichkeit, Rationalität und Moral« waren die drei Kerntugenden.162 Auch gab nun der neue Akteur im Spiel der Wissenschaft bildungspolitische Stoßrichtungen vor. Denn die Universität war eine Körperschaft des Staates und somit stand auch die Wissenschaft – wie die Kunst und die Kunstgeschichte – »im Dienst obrigkeitlicher wie bürgerlicher Selbstdarstellung [sowie; Anm. JB] öffentlicher Erziehung«163 und verband sich eng mit der Kultur des Beamtentums.164 Man stand in der Pflicht zur »Bildung« des »Gemeinwesens«.165 Die Neuausrichtung der Philosophie auf Kant passte in dieses Klima. Klaus Köhnke weist in seiner Untersuchung der Entstehung und des Aufstiegs des Neukantianismus einen Berufungsboom der neukantianischen Vertreter im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nach.166 Die Gründe für diesen Boom lagen jedoch nicht nur im Ausbau und in der Neuorientierung der Universitäten. Ebenso bedeutsam war die Stilisierung Kants als »nationalen Heros« und sein Aufstieg zum »meistgelesenen philosophischen Klassiker«.167 Angesichts eines aufgeheizten gesellschaftlichen Klimas mit dem eskalierten Kulturkampf (1871) auf der einen und den Ereignissen um das Sozialistengesetz (1878) auf der anderen Seite bot es sich an, zur Stabilisierung einen liberalen Wertekanon mit kantischer Exaktheit und Logik zu fundieren.168 Die heranwachsende Professorengeneration erkannte diese Möglichkeit und wandte sich vermehrt dem Neukantianismus zu.169 Diese epochale Charakteristik als ein äußerst polarisiertes Gemisch aus Bewegungen, Institutionalisierungen und Oppositionen hatte für die Kunstgeschichte weitreichende und bis heute wenig beachtete Folgen: Sie führte nicht nur zu einer wissenschaftlichen Umdeutung des Künstlers170, zur Verengung des forschungsrelevanten Gegenstands171 oder zur Weiterentwicklung kultu162 Schäfer 2009. 163 Nipperdey 1998, 16. 164 Beispielsweise waren alle Mitglieder der Berliner Schule verbeamtet. Siehe dazu Kultermann 1990, ab 89. – Die staatliche Einflussnahme machte sich auch in den Museen bemerkbar, da diese sich nach staatlichen Bildungsaufträgen zu orientieren hatten. Zum Bildungsauftrag siehe Vieregg 2008, ab 43. 165 Nipperdey 1998, 20 f. – Dieses Bündnis zwischen Wissenschaft u. Staat interpretierten die Zeitgenossen keinesfalls negativ. Man war sich bewusst, dass der vom Staat gebotene Rahmen erst die »Freiheit der Wissenschaft« ermöglichte. Nipperdey 2013, 1. Band, ab 572. 166 Köhnke 1986, 302. 167 Sieg 1994, 77. – Siehe dazu auch Köhnke 1986, ab 302. 168 Siehe dazu umfassend Sieg 1994, ab 75, o. Winkler 2009, 833. 169 Sieg 1994, 77. 170 Kauffmann 1993, 29. 171 Ebd., 25–28. – Bisher ungeklärt ist die Frage, inwieweit der sich etablierende Kunstmarkt auf

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3 Verengung

reller Institutionen172, sondern auch zur Ausbildung eines wissenschaftlichen Establishments, welches die Verbindung zur Gegenwartsgesellschaft173 sowie Ästhetik beziehungsweise Philosophie immer mehr aufkündigte. Georg Kauffmann erläutert in seinem Beitrag Die Entstehung der Kunstgeschichte im 19. Jahrhundert den letztgenannten Aspekt: »Die Philosophie verlor [für die Kunstgeschichte; Anm. JB] ihre zusammenbindende Kraft. Für den Geniekult war es undenkbar gewesen, daß die Kunst in bestehende Einrichtungen gefaßt werden könnte, ihr inneres Gesetz duldete keine übergeordnete Instanz. Aber das ist institutioneller Nihilismus, mehr noch: die Verheißung einer absoluten Kunst rechnet mit einer utopischen Gesellschaftsordnung. Die bürgerliche Gesellschaft aber ist keine Gesellschaft des Naturzustandes, hier konnte sich der Künstler nicht frei entwerfen, das Ordnungsgefüge der Institutionen steht dem entgegen.«174

Die Philosophie bot Teilen der jungen Kunstgeschichte also keine Heimstatt mehr. Diese lag nun in der (Kultur-)Geschichte.175 Eine an der Tradition der Historie orientierte Wissenschaft forderte beispielsweise Jakob Burckhardt (1818–1897) ein. Mit einer großen Sympathie für den Historismus und einer Leidenschaft für den Empirismus machte sich Burckhardt für die völlige Loslösung der Kunst- und Kulturgeschichte von der (Geschichts-)Philosophie stark. Er erläutert dazu in seinen Weltgeschichtlichen Betrachtungen: »Wir verzichten ferner auf alles Systematische, wir machen keinen Anspruch auf weltgeschichtliche Ideen, sondern begnügen uns mit Wahrnehmungen und geben Querschnitte durch die Geschichte […] wir geben vor allem keine Geschichtsphilosophie. Diese ist ein Kentaur […] denn Geschichte, d. h. das Koordinieren, ist nicht Philosophie, d. h. das Subordinieren, ist Nichtgeschichte.«176

Allerdings befriedigten diese Anbindung und sein Konzept einer »Kunstgeschichte nach Aufgaben«177 am Ende doch nicht. Im letzten Dezennium des diese Verengung des Forschungsgegenstandes Einfluss nahm. Dass es zu einer Wechselwirkung kam, ist anzunehmen. Siehe dazu Dilly 1979, ab 137; Haupt 2003; Thurn 1994. 172 Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts stand zudem ganz im Zeichen von Akademie- u. Museumsgründungen. Darüber berichten Mai 2010; Sheehan 2002 o. Wall 2006. 173 Dieser Aspekt beförderte besonders die harten Auseinandersetzungen zwischen der Kunstkritik u. Kunstgeschichte in den 1910er- u. 1920er-Jahren. Siehe dazu Kultermann 1990, 162–201. 174 Kauffmann 1993, 30. 175 Diese Wende erläutert Dilly 1979. 176 Burckhardt 2011, 4. 177 Wie später auch Wölfflin bemühte sich Burkhardt um die Überwindung der wissenschaftli-

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

19. Jahrhunderts sah man die Disziplin weiter in der Krise und beurteilte die Kunstgeschichte als »Aschenbrödel am Tisch der modernen Wissenschaften« (Bruno Meyer).178 Auch wünschte man, endlich die zutragende Rolle für die Allgemeine Geschichtswissenschaft aufgeben zu können.179 Einen Ausweg aus dieser Situation bot der Anschluss an die äußerst erfolgreichen Naturwissenschaften. Ganz in diesem Sinne ließ sich beispielsweise der Kunsthistoriker Giovanni Morelli (1816–1891) von der Biologie beziehungsweise Morphologie inspirieren.180 Seine Experimentalmethode zielte darauf ab, mittels eines genauen Studiums der künstlerischen »Form und Technik« zur wissenschaftlichen Kennerschaft zu gelangen. Bücher und Schriften beziehungsweise das Lesen im Allgemeinen ständen dem kunstwissenschaftlichen Studium entgegen.181 Das einzig wahre Instrument sei das Kunstwerk selbst, aus dem das hineingelegte Individuelle mittels des wissenschaftlichen Vergleichs herauszuschälen sei. Konzentrieren solle man sich dabei auf anatomische »Grundformen«.182 An Hand dieser künstlerischen Fragmente ließen sich, so Morelli, kunsthistorisch relevante Zuschreibungen ausführen.183 Ebenfalls naturwissenschaftlich ausgerichtet war die Methodologie des französischen Wissenschaftlers Arcisse de Caumont (1802–1873).184 Seine am Positivismus ausgerichtete Architekturgeschichte ordnete sich in ein naturwissenschaftlich orientiertes Klassifizierungssystem ein. Klassifiziert wurden »Einzelformen in Verbindung mit bestimmten Eckdaten«.185 Das Ziel war eine »lückenlose Evolutionsgeschichte der Bau- und Bodendenkmäler«.186 Ihr Vorbild fand diese Vorgehensweise in den Naturwissenschaften. Die Tafelreihen Charles Darwins (1809–1882), Ernst Haeckels (1834–1919) oder Thomas Henry Huxleys chen Größen Biografie, Chronologie, Werk sowie des erzählerischen Sprachstils in der Kunstwissenschaft. Er entwarf eine Kunstgeschichte, welche die Kunst in einer gemeinsamen Lesart mit der Kultur u. ihrer gesellschaftlichen Funktion zu interpretieren in der Lage ist. »Es soll demnach das Schaffen des Künstlers einerseits als ein Lösen ihm von außen, das heißt durch die Instanzen der Religion und der Politik, gestellter Aufgaben dargestellt werden, zugleich soll sichtbar werden, dass und inwiefern das Kunstwerk alle die ›Präcedentien‹ übersteigt, es soll auch und gerade in diesen spezifischen Qualitäten zur Sprache gebracht werden.« Locher 2007, 117. 178 Zitiert nach Hellwig 2005, 168. 179 Ebd. 180 Zu Morelli incl. neuerer Forschungsliteratur siehe Pfisterer 2008b. 181 Siehe dazu Morelli 1890, 1. Band, 1. Kapitel »Princip und Methode«. 182 Pfisterer 2008b, 97–105. 183 Ebd., 99. 184 Grundsätzlich zu Caumont siehe Freigang 2007. 185 Ebd., 78. 186 Ebd.

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(1825– 1895) legten dem Betrachter zeitlich gerafft natürliche Entwicklungen vor (Abb. 97–98). Hier wurde Wissenschaft als Prozess vorgeführt und für das vergleichende Sehen des Betrachters als Serie präpariert.

Abb. 97 und 98: Ernst Haeckel, Die Familiengruppe der Katarrhinen, Kopf-Profile von typischen Repräsentanten der zwölf Menschenarten, 1870 (links). Thomas Henry Huxley, Frontispiz zu Evidence as to Man’s Place in Nature, 1863.

Darüber hinaus faszinierten den Zeitgenossen psychologisch orientierte Raumanalysen durch bildliche Analysen zur räumlichen Tiefenwirkung. Man begann sich für das Tiefenphänomen des Raumes als solches zu interessieren.187 Besonders die nativistisch orientierte Psychologie versuchte, die Tiefenwahrnehmung als angeboren auszudeuten und gegen den populären empiristischen Standpunkt zu positionieren (Abb.  99).188 Angesichts des Aufkommens des Fotoapparats, der Popularisierung des Panoramas oder der Verbesserung des mikroskopischen Auflösungsvermögens trat zugleich eine gegenläufige Entwicklung ein. Das Sehen band sich immer mehr an das Bild beziehungsweise die Fläche. Dieses grundsätzliche Spiel zum Raum aus Serie, Tiefe und Fläche schlug sich in Kultur und Kunst(-theorie) in zahlreichen Spielarten nieder und beeinflusste, wie sich weiter zeigen wird, auch die Darstellung von Wissenschaft. Der bekannteste und wirkmächtigste Vertreter dieses Ansatzes war August Schmarsow (1853–1936).189 Schmarsow sah in der physiologischen Psychologie190 nicht nur die Möglichkeit, die Wissenschaften zur Kunst theoretisch zu begründen, sondern hauptsächlich das Architektonische Schaffen 187 Vogl-Bienek 2009. 188 Vgl. etwa Stumpf 1873 im Gegensatz zum empiristischen Standpunkt von Jaensch 1911, 130–135. – Angemerkt wird dieser Diskurs auch in Gosztonyi 1976, 2. Band, etwa 726. 189 Zu Schmarsow siehe Locher 2010, ab 348; Pinotti 2012 o. Zug 2006. 190 Heute unter dem Begriff der naturwissenschaftlichen Psychologie gefasst. Galliker /  K lein / Rykart 2007, ab 180.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

Abb. 99: Robertson, Spectacle des fantasmagories, um 1800.

im Kanon der Künste aufzuwerten. Übrigens opponierten auch die Vertreter der physiologischen Psychologie gegen den Idealismus Hegels und wandten sich einer Art psychologisch verankertem Materialismus zu. Man suchte nach »körperlichen Anhaltspunkten, die mit den Empfindungen und anderen elementaren psychischen«191 wie auch völkerpsychologischen Erscheinungen im Einklang standen. Im Grunde gingen die Anhänger von einer »einfachen Widerspiegelungstheorie« aus, »die letztlich auf einem mechanistischen Weltverständnis basierte, das sich insbesondere bei ihrer Zuwendung zum Experiment auch methodisch auswirkte.«192 Die methodologische Verankerung im Experiment beinhaltet die grundsätzliche Kritik an a priori orientierten Forschungsdesigns, wie sie etwa Kant vertreten hatte.193 Sämtliche Axiome der Wissenschaft mussten aus der menschlichen Natur abgeleitet werden. Hier knüpfte Schmarsow an. Er vertrat die feste Überzeugung, dass die klassische, mathematische Erklärung der Architektur dem künstlerischen Gegenstand nicht gerecht werde. Nur der, welcher »auf dem Boden der physiologischen Psychologie die genetische Erklärung für unsere Raumanschauung gesucht hat und den Beitrag der verschiedenen Sinnessphären auch noch erkennt, wo die Dreifaltigkeit der Coordinaten schon in unantastbarer Abstractheit 191 Ebd. 192 Ebd. 193 Diese Kritik an Kant findet sich etwa bei Hermann von Helmholtz (1821–1894).

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3 Verengung dazustehen scheint, dem wird die Aufgabe der Raumgestaltung für den bildnerischen Trieb des Menschen keine taube Nuss mehr sein.«194

Mit Hilfe dieser Methode gewann Schmarsow am Ende ein Modell, welches die Wurzeln der Kunst aus den menschlichen Dimensionen abzuleiten suchte. Es kanonisierte die Künste aus der menschlichen Höhen-, Breiten- und Bewegungsdimension. Der ersten Dimension (Höhe) entspricht die Plastik195, der zweiten (Breite) die Malerei196 und der dritten die Architektur197. Die Bewegungsdimension ist die eigentlich psychologische. Mit ihr und somit mit der Architektur »begreifen wir die innere Gesetzmäßigkeit unserer subjektiven Auffassung von der objektiven Ausdehnung des Raumes, begreifen wir die eigentliche Triebfeder der Kunst, die solche Darstellung des Raumes in Vollzug bringt. Hier darf behauptet werden, was zum Verständnis ihrer Stellung zu den Nachbarkünsten Plastik und Malerei noch fehlt: die psychologische Wurzel der Architektur liegt in der dritten Dimension.«198

Zu einem späteren Zeitpunkt überführte Schmarsow die drei Dimensionen in ein Schema mit den Begriffen der Proportionalität, Symmetrie und des Rhythmus und veröffentlichte dieses unter dem Titel Grundbegriffe für die Kunstwissenschaft (1905).199 Der in diesen Termini implementierte Fortgang künstlerischer Gestaltung mit den wohlbekannten Ereignissen des Auf- und Abstiegs zeichnet die menschlichen Entwicklungsstufen nach. Allerdings waren diese Axiome nur für die Kunstwissenschaft forschungsleitend. Sie war es, welche die Gesetze entwickelte und der die Kunstgeschichte in ihrer Bearbeitung einzelner Geschichten immer wieder begegnete. Einen völlig anderen Weg schlug Wölfflin ein.200 Zwar wollte auch er das Werk beschreiben, die Ursachen künstlerischer Gestaltung benennen und die biografisch-chronologische Kunstgeschichte überwinden, doch integrierte er in sein anthroplogisch orientiertes Konzept auch ein erkenntnistheoretisches Moment. Schon 1886 deutet sich dieses Ansinnen in seiner Dissertation Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur an. Er schreibt: 194 Schmarsow 1896, 45. 195 Ebd., ab 46. 196 Ebd., ab 51. 197 Ebd., ab 55. 198 Ebd., 57. 199 Schmarsow 1905. 200 Das Konzept Wöfflins wird im Folgenden nur kurz skizziert, da es im nachfolgenden PanofskyKapitel immer wieder Thema ist.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan »Eine Geschichte, die immer nur konstatieren will, was nacheinander gekommen ist, kann nicht bestehen; sie würde sich namentlich täuschen, wenn sie glaubte, dadurch exakt geworden zu sein. Man kann erst da exakt arbeiten, wo es möglich ist, den Strom der Erscheinungen in festen Formen aufzufangen.« 201

Vorbild für diese Entwicklung ist die Physik. Dort sei es die Mechanik, welche dem Fach Festigkeit verleihe.202 Für Wölfflin benötigen die Geisteswissenschaften die Psychologie, um sich im festen Gesetz selbst zu rahmen. Zwar sei die Psychologie »weit entfernt vom Zustand der Vollkommenheit, wo sie sich der geschichtlichen Charakteristik als Organon anbieten könnte, aber ich halte das Ziel nicht für unerreichbar«.203 Das Bündnis zwischen Geschichte und Psychologie richte die Methodik des Fachs aus. Grundlage aller Erkenntnis sei, wie auch bei Schmarsow, der Mensch. Die »Organisation des menschlichen Körpers« ist der »bleibende Nenner« aller (Stil-)Entwicklung.204 »Die Gleichförmigkeit dieser Organisation« verbürgt sich für die »Gleichförmigkeit des Formgefühls«.205 Unzweifelhaft spielen auch kulturelle Besonderheiten eine wesentliche Rolle bei der Form- beziehungsweise Stilausbildung.206 Dreh- und Angelpunkt aller Analysen bleibt jedoch der Mensch an sich. Erst »wenn man weiß, mit welchen Fasern der menschlichen Natur die Formphantasie zusammenhängt«, stehe die Kunstgeschichte nicht mehr auf tönernen Füßen. Die Suche nach diesem Wissen ist eine »Tatsache von großer Wichtigkeit, um den materialistischen Unfug zu bekämpfen, der die architektonische Formgeschichte aus dem bloßen Zwang des Materials, des Klimas, der Zwecke glaubt erklären zu müssen«.207 Wenn auch Wölfflin diesen von der Psychologie bestimmten Zugang zur Kunst nach seiner Dissertation überwand, so stand er mit der Absicht und dem Arbeitsprogramm einer Wissenschaft in Analogie zum Menschen und dessen Erkenntnisleistung nicht allein: Die Neubestimmung der künstlerischen Form aus dem Gedanken einer grundsätzlichen Korrespondenz zum psychischen wie physischen Auf bau des Menschen beschäftigte zur selben Zeit auch andere Wissenschaftler. Auf philosophischer und wissenschaftsbegründender 201 Wölfflin 1999, 41. 202 Ebd. 203 Ebd. 204 Ebd., 42. 205 Ebd. 206 Hier spielt Wölfflin auf den Einfluss des Volksgefühls an u. hebt die Bedeutung der Alltagskultur für die wissenschaftliche Analyse hervor. Letztere ist für ihn der »Pulsschlag der Zeit«: »Hier befriedigt sich das Formgefühl in reinster Weise, hier muß auch die Geburtsstätte des neuen Stils gesucht werden.« Ebd. 207 Ebd.

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Seite kann der Neukantianer Johannes Volkelt (1848–1930) genannt werden. Bei Volkelt komplementierte Wölfflin im Jahr 1884 seine Kantstudien und referierte in seinem Seminar über die Einfühlungsästhetik mit dem spezifischen Fokus auf der Theorie einer Beseelung der Form, wobei er die Beseelung als Symbolisierung verstand.208 Volkelt vertrat die metaphysische Richtung des Neukantianismus und wollte Kants Kritik der reinen Vernunft wie seine Kritik der Urteilskraft vervollständigen.209 Zugleich opponierte er gegen den Hegelianismus wie Materialismus seiner Zeit und bemühte sich, die Philosophie neu auszurichten.210 Neben seinem System der Ästhetik211 beeindruckte Wölfflin besonders Volkelts Habilitationsschrift Der Symbolbegriff in der neueren Ästhetik (1876). Dort verfolgte Volkelt in der Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Philosophie das Ziel, »die beiden Hauptgegensätze der Welt: Natur und Geist, Theorie und Bewusstsein, einander näher zu bringen […] Ich suche hier darzuthun, wie erst durch den Begriff des unbewusst Logischen die Einheit und Harmonie der Welt metaphysisch begreifbar wird.« 212

Volkelt verstand das Äußere nicht ohne das Innere. Natur und Geist bildeten für ihn eine Einheit. Das ästhetisch-künstlerische Symbol folgt dieser Anlegung. Der Philosoph erklärt: »Schon wenn wir eine Erscheinung als Ding bezeichnen, gilt sie uns als innere Einheit, welche mannigfache Eigenschaften in sich bindet. Wenn wir sie dann weiter nach den Kategorien von Ursache und Wirkung behandeln, Wesentliches und Unwesentliches an ihr scheiden, Kräfte und Gesetze in ihr wirken sehen, so sind dies weitere Stadien des Vergeistigungsprozesses.« 213

Die apriorischen Konstruktionen Kants mit Raum / Zeit lehnte Volkelt mit der Begründung einer »abstrakt-logischen Konstruktion« allerdings ab. Er setzte sich für ein »dialektisch verarbeitendes« Vorgehen mit Hilfe der »denkenden

208 Lurz 1981, 54 u. 59. – Bei Dilthey hielt er ein Referat zum Thema »Stoff und Form«. Ebd. – Zu Wölfflins Arbeit an Kants Philosophie siehe ebd. 209 Volkelt 1876, 121. 210 Ebd., 122. 211 Volkelt 1925–1927. 212 Volkelt 1876, 117. 213 Ebd., 116.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

Durchdringung« ein.214 Wölfflin folgte diesem Ansatz, wobei ihn besonders der volkeltsche Symbolbegriff faszinierte.215 Auf kunsthistorischer und somit wahrnehmungstheoretischer Seite fand Wölfflin, neben Kollegen wie Schmarsow, einen weiteren Mitstreiter im österreichischen Kunsthistoriker Alois Riegl (1858–1905). Auch Riegl wandte sich, neben seinen Arbeiten zur Denkmalpflege, zum Kunstgewerbe und Museum, der theoretischen Grundlage der Kunstgeschichte zu und entwickelte diese eng an bleibenden menschlichen Sehgewohnheiten. Zudem wertete er die künstlerische Produktion des Menschen als solches auf, da er den klassischen Kanon der Kunstgeschichte fortlaufend um die sogenannten angewandten Künste erweiterte.216 Gleichwohl setzte er sich nicht für Grundbegriffe, sondern epochenübergreifende und forschungsleitende »Faktoren« ein.217 Diese sollten der kunsthistorischen Methodologie ein allgemeingültiges Dach geben und die traditionellen Begriffe kunsthistorischer Erkenntnis ablösen. Doch, wenden wir uns dem Kern des wölfflinschen Konzepts zur Kunstgeschichte zu: Dreh- und Angelpunkt seiner Wissenschaft ist die Beziehung zwischen der künstlerischen Form und der menschlichen Wahrnehmung. Erstere baut sich für Wölfflin aus dem äußeren Gepräge und inneren Aufbau auf. Darüber hinaus gebraucht er den Formbegriff als Bezeichnung für »Auffassungs- und Darstellungsformen« in der Kunst, welche wiederum den Stil und seine Unterkategorien bestimmen. Den »Auffassungs- und Darstellungsformen« unterstellt er seine berühmten fünf Grundbegriffspaare: linear / malerisch, Fläche / Tiefe, geschlossene Form / offene Form, Vielheit / Einheit sowie Klarheit / Unklarheit. Letztere nennt er auch Kategorien, wobei er diese von den kantischen Kategorien geschieden wissen will. »Obwohl sie offenbar eine gleichlaufende Tendenz haben, sind sie doch nicht aus einem Prinzip abgleitet. Für eine kantische Denkart müssten sie bloß aufgerafft erscheinen.«218 Dennoch konzipiert Wölfflin seine Theorie unter Hinzunahme kantischer Ideen, wenn auch mit einer völlig anderen Absicht. Will Kant die Wissenschaft aus dem menschlichen Erkennen unter apriorischen Prämissen heraus entwickeln, zielt Wölfflin darauf ab, die Kunstgeschichte aus allgemeinen Prinzipien des künstlerischen Schaffens zu reformieren.219 Aus diesem Grund verfolgt 214 Ebd., 122. 215 Dazu Lurz 1981, ab 69. – Darüber hinaus wies Lurz nach, dass Wölfflin sich unter vielen anderen mit den Ansätzen Robert Vischers o. Hippolyte Taines beschäftigte. Ebd. 216 Rampley 2007. – Einführende Informationen zu Riegl finden sich bei Kemp 1990, Hofmann 2010 u. Noever /  R osenauer  /  Voland 2010. 217 Weitere Informationen zu Riegl sind dem Kapitel 4.1, »Panofskys Seele«, zu entnehmen. 218 Wölfflin 2004, 264. 219 Auch Kant erkannte die Bedeutung des Formalismus für die Kunst in seiner Kritik der Urteils-

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er das »Wie?« nicht in Bezug zum wissenschaftlichen Erkennen als solches, sondern in Bezug zur künstlerischen Gestaltung. Ästhetisch-künstlerisches Schaffen stellt Wölfflin so den theoretischen Wissenschaften gleich und impliziert die Möglichkeit einer vergleichbaren objektiven, das heißt wissenschaftlichen, Beurteilung. An dieses Grundkonzept angebunden ist seine Annahme, dass die Art des Sehens von Seiten des Künstlers wie der spezifischen Epoche die Produktion und den Stil von Kunst bestimmt. Ein Exempel: »Der zeichnerische Stil sieht in Linien, der malerische in Massen«, differenziert der Kunsthistoriker am Beispiel von Dürers Christus von Kaiphas und Rubens Beweinung Christi (Abb. 100–101). Er führt weiter aus: »Linear sehen heißt dann, dass Sinn und Schönheit der Dinge zunächst im Umriss gesucht werden […] dass das Auge den Grenzen entlang geführt und auf ein Abtasten der Ränder hingeleitet wird, während ein Sehen in Massen da statthat, wo die Aufmerksamkeit sich von der Rändern zurückzieht […] und die Dinge als Fleckenerscheinungen das Primäre des Eindrucks sind.« 220

Abb. 100 und 101: Albrecht Dürer, Christus vor Kaiphas, um 1508 / 09 (links). Peter Paul Rubens, Beweinung Christi, 1614.

Darüber hinaus hat das lineare Sehen sein Analogon im »körperlichen Greifen«.221 Das Abtasten eines Körpers mit der Hand gleicht dem Abtasten

kraft (1790). So bestehe »in aller schönen Kunst das Wesentliche in der Form«. Kant 1963, 229. 220 Wölfflin 2004, 33. 221 Ebd., 36.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan

des Gegenstands mit dem Auge.222 Über diese Fähigkeit verfügt die malerische Darstellung nicht mehr. Das Malerische fußt allein im Auge. Es ist die höher entwickelte Kunstform und hat »gelernt, der bloßen Erscheinung sich zu überlassen. Damit hat die ganze Idee des Bildwerks sich verschoben: das Tastbild ist zum Sehbild geworden, die kapitalste Umorientierung, die die Kunstgeschichte kennt.«223 Demzufolge geht Wölfflin davon aus, dass das »Ausdrucksorgan« des Künstlers einer Entwicklung unterliegt. Die Anschauung ist für ihn kein »Spiegel«, welcher die Umwelt abbildet.224 Vielmehr ist sie »eine lebendige Auffassungskraft, die ihre eigene innere Geschichte hat und durch viele Entwicklungsstufen gegangen ist«.225 Das Auge als Zentralorgan des Künstlers wird zum Untersuchungsgegenstand des Kunsthistorikers und relativiert die traditionellen Größen der Biografie beziehungsweise Chronologie. Allerdings beinhaltet dieser Ansatz ein nicht zu unterschätzendes Problem: Wie verhält sich das Erkenntnisorgan des Historikers zum zu erkennenden Anschauungs- / Darstellungsorgan des Künstlers? Wölfflin löst dieses für diese Arbeit relevante Problem, indem er dem Historiker die Fähigkeit unterstellt, historisch sehen zu können.226 Der Historiker neutralisiert in dieser Annahme sein zeitgenössisches Sehen und greift auf ein ihm zur Verfügung reproduzierendes Sehrepertoire zurück, um die Kunstgeschichte als Seh- und Seelengeschichte schreiben zu können.227 Zu einem späteren Zeitpunkt formuliert Wölfflin diese erste und etwas einfache Bestimmung zur kunsthistorischen Forschung weiter aus. In dem kleinen Bändchen Das Erklären von Kunstwerken (1921) legt er dar, das sich ein Werk idealerweise mittels eines Dreischritts ermitteln lässt. Ist der Prozess des kunstgeschichtlichen Sehens228 abgeschlossen (erster Schritt), erfolgt die Kontextualisierung in die allgemeine Kultur- wie Kunstgeschichte sowie in das Œuvre des Künstlers (zweiter Schritt) und schließt mit einem Werturteil (dritter Schritt) ab. Forschungsleitende Determinanten sind die Grundbegriffe, der natürlich bedingte Entwicklungsdrang der Kunst 229 sowie das »Organ« des Historikers, dass

222 Ebd. 223 Ebd. Hier sei nochmals an das kantische Grundkonzept des Raumes als formales Prinzip der Sinnenwelt erinnert. Wöfflin scheint diesen Aspekt herauszugreifen und zu historisieren. 224 Ebd., 263. 225 Ebd. 226 Ebd., 5. 227 »Kunst ist Ausdruck, Kunstgeschichte ist Seelengeschichte.« Wölfflin 1921, 12 f. 228 Nach Wölfflin muss diese Form des Sehens mit Hilfe der kunstgeschichtlichen Unterweisung erlernt werden. 229 Zu diesem Ansatz vermerkt Wölfflin: »Wo man hinsieht, findet man Entwicklungen, ein heimliches inneres Leben und Wachsen der Form.« Ebd., 14.

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die Formen wie Wirkungen zu erkennen in der Lage ist.230 Denn: Die Fähigkeit zu sehen ist gleichsam die Fähigkeit, künstlerische Gestaltungsstufen erkennen und ein wissenschaftliches Urteil fällen zu können. In diesem Sinne kennen wir »altertümlich-unreife Sehweisen, wie wir andererseits von hohen und späten Kunstperioden sprechen. Die archaische griechische Kunst oder der Stil der alten Portalskulpturen von Chartres darf nicht so interpretiert werden, als ob die Dinge heute gemacht worden wären. Anstatt zu fragen: ›Wie wirken diese Kunstwerke auf mich (den modernen Menschen)?‹ und danach den Ausdrucksgehalt zu bestimmen, muss der Historiker sich vergegenwärtigen, welche Auswahl von Formmöglichkeiten die Zeit überhaupt hatte.« 231

Wie das Sehen fortschreitet, so schreitet auch die Gestaltung fort. Wölfflin notiert: »Es gibt ein stufenweises Weiterschreiten, und wenn wir dieses gesetzmäßig nennen, so tun wir es deswegen, weil wir die Folge sich wiederholen sehen und die Ordnung sich nicht umkehren läßt. Im allgemeinen ist es der Fortschritt von den psychologisch einfacheren Vorstellungsarten zu den psychologisch schwierigeren. Die Form der Subordination ist immer eine jüngere Form als die Form der Koordination. Tiefenhafte Darstellung kommt erst nach der flächenhaften Darstellung. Vom isolierten Sehen gelangt man mit der Zeit zu immer höheren Graden des zusammenfassenden Sehens und der Wirkungseindruck springt von den plastisch-greifbaren Motiven auf die ungreifbaren über.« 232

Im Sinne einer Teilhabe an diesem Wissenschaftsmodell reflektiert Wölfflin nicht nur über neue Grundbegriffe der Kunstgeschichte. Er geht weiter und setzt sich ab 1907 intensiv für eine Reform der kunsthistorischen Lehre ein. Diese umfasst die bekannte technische Neuerung des Einsatzes von zwei Diaprojektoren in der Unterrichtsstunde, dem Entwurf eines humanistischen Erziehungskonzepts sowie die Absicht, an das Studium der Kunstgeschichte eine praktische Ausbildung anzugliedern.233 Zudem stellt er das Kunstwerk ins Zentrum der Lehre. Die Werkanalyse löst er immer mehr von traditionellen kunsthistorischen Kontexten ab und reduziert die Aufgabenstellung auf »künstlerisch-sachliche Probleme«.234 Mittels dieser Reform »sollte die Kunstgeschichte von einer bloß historischen Disziplin zu einer relativ normativen werden. Das Ziel einer vollkommenen Analyse könnte nur durch eine grundsätzli230 Ebd., 6. 231 Ebd., 15. 232 Ebd., 14. 233 Lurz 1981, 161 f. 234 Zitiert nach ebd., 161.

3.2       Wölfflins Ausdrucksorgan che Veränderung der Kunstgeschichte erreicht werden, die noch einmal von Grund an aufgebaut werden müsste.« 235

Diese bisher wenig beachteten Nova sind aus Sicht der Autorin, neben der begrifflichen Erschließung und somit Neuordnung künstlerischer Tätigkeit unter der Prämisse des künstlerischen Problems, eine der großen Leistungen Wölfflins. Fraglich bleibt allerdings, ob sein Ansatz des wissenschaftlichen Sehens am Ende völlig überzeugt. Ist der Historiker wirklich in der Lage, sein Tun von seinem modernen Auge zu trennen? Oder unterliegt das wissenschaftliche Sehen nicht ebenso historischen Entwicklungen wie das des Künstlers? Ebenso bleibt zu diskutieren, ob sich Wölfflins Blickrichtung immer im Sinne des Anliegens plausibilisiert. Zur Erinnerung: Seine Überlegungen »entstanden aus dem Bedürfnis, der kunsthistorischen Charakteristik eine festere Basis zu geben«.236 Demnach müssten sich nach Auffassung der Autorin sämtliche seiner Überlegungen auf das Wesen der wissenschaftlichen Erkenntnis beziehen. Wölfflin verortet seine Analyse jedoch in der künstlerischen Schöpfung. Dieser Schwerpunkt tariert nicht nur das klassische Erkenntnisideal aus Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft neu aus, sondern führt auch zu völlig anderen Fragestellungen.237 Mit Blick auf die Kunst im Kontext empirischen Erlebens ist es legitim zu fragen: »Welche allgemeinen Anschauungs- beziehungsweise Darstellungsformen lassen sich aus der Kunst der Renaissance / des Barocks entwickeln?« Im Sinne einer allgemeinen und wissenschaftlichen Charakteristik sind nachfolgende Fragen allerdings plausibler: a) »Wie lassen sich epochal, geografisch oder kulturell übergreifende Aussagen über Ergebnisse künstlerischer Tätigkeit treffen?« und b) »Welche allgemeingültigen Kategorien leiten sich daraus ab?« Dieser Ansatz setzt bei der Erkenntnis mittels des Resultats238 an und nicht – wie bei Wölfflin – beim Vorgang der künstlerischen Schöpfung beziehungsweise Wahrnehmung. Letztere geht von Abläufen und Voraussetzungen aus, die wissenschaftlich nicht gesichert werden können. Ein Beispiel: Dem Begriff des linearen oder malerischen Stils ist impliziert, dass einerseits alle je geschaffenen Kunstwerke in die Begriffsfindung integriert wurden und andererseits alle Künstler aus allen Kulturkreisen in dieser oder jener Epoche über dieselbe Sehgewohnheit verfügten. Eine kunsthistorische Methode, die mit Fug und Recht eine wissenschaftstheoretische Neuausrichtung für sich be235 Ebd., 161 f. 236 Wölfflin 2004, 5. 237 Nach Wölfflin basiert die Wissenschaft so nicht im Verstand, sondern in der Sinnlichkeit. 238 Resultat meint hier nicht allein das Werk, sondern auch z. B. das künstlerische Konzept.

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haupten kann, müsste diese Komplexität der Bezüge nachweisen können. Dieser Problematik war sich Wölfflin bis zu einem gewissen Grade selbst bewusst. In seinem Vorwort zur sechsten Auflage der Kunstgeschichtlichen Grundbegriffe betont er die Notwendigkeit, seine Positionen für andere Epochen zu erweitern.239 Seine Grundannahmen zum wissenschaftlichen wie künstlerischen Sehen hinterfragt er zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht.

239 Ebd., 6.

4 Re-Theoretisierung 4.1       Panofsk ys S eele Im Februar 1930 beschäftigte sich der Kunsthistoriker Erwin Panofsky an der Universität Hamburg mit der thematischen Vorbereitung des 4. Kongresses für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft im Oktober desselben Jahres.1 Panofsky und seine Mitstreiter beabsichtigten, die Konferenz unter das Motto »Die Gestaltung von Raum und Zeit in der Kunst« zu stellen, wobei diese Maxime nicht die erste Wahl war.2 Das Komitee, dem der Psychologe Georg Anschütz (1886–1952), der Philosoph Cassirer, Albert Görland (1869–1952), Hermann Noack (1895–1977), der Komponist Robert Müller-Hartmann (1884–1950), die Kunsthistoriker Fritz Saxl (1890–1948), Aby Warburg und Panofsky sowie der Philologe Bruno Snell (1896–1986) angehörten, hatte ursprünglich beschlossen, eine Veranstaltung anlässlich des 200-jährigen Lessing-Jubiläums zum Thema »Wort und Bild – ut pictura poesis« durchzuführen. Der Tod Warburgs und zahlreiche organisatorische Unwägbarkeiten zwangen jedoch dazu, den Kongress thematisch neu auszurichten und in das Jahr 1930 zu verlegen. Auf Vorschlag von Cassirer, Panofsky und Saxl entschied sich der Vorstand der Gesellschaft für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, das Alternativthema »Raum / Zeit« zu realisieren. Diese Idee ist in dreifacherweise schlüssig: Auf der einen Seite beschäftigten sich Cassirer und Panofsky seit dem ersten Dezennium des 20. Jahrhunderts mit Raum / Zeit. Seit 1915 entwickelte Panofsky eine räum- / zeitlich ausgerichtete kunsthistorische Methodik und hatte seinen 1924 / 25 verfassten Raumbeitrag Die Perspektive als symbolische Form der Öffentlichkeit im Jahr 1927 vorgestellt.3 Cassirer thematisierte den Raum erstmals in seiner Publikation Substanzbegriff und Funktionsbegriff. Untersu-

1

So schrieb Panofsky an den Kunsthistoriker Wolfgang Stechow am 28. Februar 1930, Panofsky 2001a, 355 f.

2

Siehe Noack 1931, 1–17.

3

Panofsky 1998f. – Vorliegende Studie geht davon aus, dass zum Thema Raum /  Z eit das Frühwerk maßgeblich ist.

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4 Re-Theoretisierung

chungen über die Grundfragen der Erkenntniskritik (1910).4 Um 1930 hatte er sich zudem zur Relativitätstheorie Einsteins geäußert und den Raum in seiner Philosophie der symbolischen Formen als erkenntnistheoretisches Ordnungsprinzip gedeutet.5 Neben diesen Forschungsinteressen initiierten auch institutionelle Voraussetzungen das Thema Raum / Zeit: Max Dessoir (1867–1947), der Mediziner, Philosoph und Herausgeber der Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, die 1906 unter seiner Führung entstanden war, forschte und publizierte ebenfalls zu Raum / Zeit. Ihn interessierte vor allem – und diesen Ansatz teilte er mit Cassirer und Panofsky – der erkenntnistheoretische beziehungsweise ordnende Charakter beider Größen. In seiner 1906 erschienen Ästhetik und Allgemeinen Kunstwissenschaft interpretierte er den »Raum« mit dem »Bild« als ein »alle Arten umfassendes gemeinsames Merkmal« und in seinem Bündnis mit der »Zeit« als Einteilungsgrund der Künste schlechthin (Abb. 102).6 1908 gründete Dessoir die Berliner Vereinigung für ästhetische Forschung. Ihr gehörten auch Peter Behrens (1868–1940), Robert Corwegh (o. A.), Max Deri (1878–1938), Wölfflin, Oskar Wulff (1864–1946) und Theodor Ziehen (1862–1950) an.7 1923 rief er diese Vereinigung unter dem Titel Gesellschaft für ästhetische Forschung erneut ins Leben, da sie sich 1914 mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs aufgelöst hatte. Der geplante Kongress ließ sich somit ohne thematische Probleme in diesen institutionellen Rahmen integrieren.

Abb. 102: Max Dessoir, Entstehung und Gliederung der Kunst, 1906.

Darüber hinaus war die Zeit, in der Dessoir, Cassirer und Panofsky ihre ersten Schritte zu Raum / Zeit absolvierten, eine Zeit der großen Erkenntnisse und Publikationen zu Raum / Zeit. Neben physikalischen Durchbrüchen8 gaben besonders die philosophischen Entwürfe zu Raum / Zeit Anlass zur Diskussion. Um 4

Cassirer 1910.

5

Cassirer 2009c; Cassirer 1921; Cassirer 1923–1928.

6

Dessoir 1906, 302–311 u. 389.

7

Bernhart 2010.

8

Siehe nochmals das Unterkapitel Klassische Referenzen des Geistes.

4.1       Panofskys Seele

1900 erschienen die beispielgebenden Interpretationen aus dem Liberalismus, der Lebensphilosophie und Phänomenologie oder dem Neukantianismus heraus: 1889 Henri Bergsons (1859–1941) Essai sur les données immédiates de la conscience9, 1907 Edmund Husserls Ding und Raum10, 1910 Wilhelm Diltheys Aufbau der geschichtlichen Welt11 oder 1927 Martin Heideggers (1889–1976) Sein und Zeit12. Auch die Ästhetik beteiligte sich an diesen Überlegungen. 1902 reflektierte Benedetto Croce (1866–1952) in seiner Estetica über das Bündnis zwischen intuitiver Erkenntnis und Raum / Zeit.13 Zwischen 1905 und 1912 diskutierten Volkelt im System der Ästhetik14 und Hermann Cohen (1842–1918) in der Ästhetik des reinen Gefühls Raum / Zeit als Ordnungsgrößen künstlerischer Artikulationen.15 9

1911 erschien die deutsche Übersetzung unter dem Titel Zeit und Freiheit. Bergson 1911. – Bergson thematisierte hier den prozessualen, zeitlichen Charakter von Freiheit bzw. Handlung. Ihm war es ein Anliegen, den »Vollzug- und Kreativcharakter« der Handlung als autonomen Forschungsgegenstand zu entwickeln. Das künstlerische Analogon war für Bergson der Film. Strube 2003.

10 Husserl wird in diesem Kapitel besprochen. 11 Dilthey interpretierte die Architektur als Raumkunst u. verstand diese als Gegenstand der Geisteswissenschaften. Dilthey 1992, 79. 12 Zu Heideggers Position äußert sich ausführlich Burbulla 2011. 13 Am Ende lehnte er ein räum- / z eitliches Ordnungsprinzip für die (künstlerische) Intuition ab u. resümiert: »Ed in altre intuizioni si può ritrovare la spazialità e non la temporalità, e viceversa; ma dove anche si ritrovano tutte due, l‘ appercepirle è una riflessione posteriore: esse possono fondersi nell‘ intuizione allo stesso modo di tutti gli altri suoi elementi: vi staranno materialiter e non formaliter, come ingredienti e non come ordinamento. Chi, senza un atto di riflessione che interrompa per un momento la contemplazione, s‘accorge dello spazio innanzi a un ritratto o magari innanzi ad un paesaggio? Chi, senza un simile atto riflessivo e interruttivo, s‘accorge della serie temporale innanzi ad un racconto o un pezzo musicale? Ciò che s‘intuisce in un‘opera d‘arte non è spazio o tempo, ma carattere, fisonomia individuale.« Croce 1902, 6 f. 14 Volkelt vertrat die Kritiker zu Raum /  Z eit in den Künsten. Er bemängelte die gängige Einteilung der Künste nach »einer Raum- und Zeitanschauung« als einen »abstrakt-logischen Akt« u. setzte sich für eine komplexere Differenzierung ein. In der Folge diskutierte er die Einteilung nicht nur unter dem Aspekt der »verschiedenen Arten der Sinnlichkeit« u. des zu »verkörpernden Gehalts«, sondern auch »der formenden Tätigkeit des Künstlers« u. des »Gebrauchszwecks«. Volkelt 1925-1927, III. Teil, 383 f. u. 410. 15 Cohen bemühte sich, einen Brückenschlag zwischen Ästhetik u. Kunst zu schlagen. So interpretierte er einerseits die Raumkunst »als die Raum bildende Kunst. Der Raum selbst wird zum Gegenstande, zum Gebilde der Kunst. Das muß für die […] drei Künste gelten, vorzugsweise aber für die Baukunst.« Parallel dazu analysierte er den Raum als erkenntnistheoretische Kategorie. Seiner Ansicht nach muss die Ästhetik »für die Kunstwissenschaft Vorsorge […] treffen, mithin den Raum […] bestimmen«. Cohen 1912, 2. Band, 196 u. 198 ff.

197

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4 Re-Theoretisierung

Der ästhetisch-philosophischen Auseinandersetzung stand eine breite kunsthistorische Forschung zur Seite. Im Groben lässt sich die Kunstgeschichtsschreibung damaliger Zeit zu Raum / Zeit in vier Themenbereiche einteilen: Eine Beschäftigung erschien verstärkt zunächst dort, wo die künstlerische Tätigkeit erstmals Raum / Zeit in das Zentrum gerückt hatte. Bekanntermaßen war dies im Zuge der perspektivischen Genese der Fall.16 Diese Analyse weitete sich bis in die 1920er-Jahre immer mehr zugunsten perspektivgeschichtlicher Theorien aus. Wissenschaftler wie Dagobert Frey (1883–1962) oder Panofsky erkannten unter anderen Aspekten den psychologisch-kulturellen Anteil perspektivischen Denkens und werteten diesen Gesichtspunkt der »Ich-Sphäre« (Panofsky) für die wissenschaftliche Auseinandersetzung weiter auf.17 Dieser neuartige Forschungsschwerpunkt reagierte unter anderem auf die Etablierung der Psychologie als empirischer Wissenschaft mit ihren zahlreichen Unterkategorien wie etwa die der Physiologischen Optik.18 Forschungen zum Raum als Form, beispielsweise von dem Künstler Adolf von Hildebrand (1847–1921) mit seiner Schrift Das Problem der Form in der bildenden Kunst (1893) begonnen und durch den Kunsthistoriker Hans Cornelius (1863–1947) in seiner Publikation Elementargesetze der bildenden Kunst. Grundlagen einer praktischen Ästhetik (1908) weiterentwickelt, griffen in vergleichbarer Weise auf diese Entwicklung zurück.19 Man wollte naturwissenschaftlich orientierte Erklärungen für den Sehakt beziehungsweise das Erkennen räumlicher Formen entwickeln und entwarf empirisch orientierte Lehren von der Abhängigkeitsbeziehung zwischen künstlerischer Form, Psyche und Physis.20 Diese Blickrichtungen ergänzten Fallstudien zum Raum in der Architektur21, zur Plastik 22, Malerei23 oder zur Raumtheorie im Allgemeinen.24 Ein weiteres und populäres Anliegen war die Entwicklung einer eigenständigen Fachterminologie mit Hilfe von Raum / Zeit. Ab 1900 entstanden Begriffskreationen wie: 16 Etwa Zucker 1913. 17 Panofsky 1998f. – Frey interpretierte den Raum in der Architektur als idealistische Grundlage, welche einer kulturellen Veränderung unterstand. Frey 1929, 90–95. – Um 1900 erschienen die ersten Untersuchungen zum Perspektivraum. Diese Studien stärkten die Untersuchungen der 20er-Jahre. Siehe z. B. die zu jener Zeit sehr populären Werke des Mathematikers Guido Hauck (1845–1905). Hauck 1882 u. Hauck 1885. 18 Einen sehr guten Überblick zu diesem komplexen Sachverhalt sowie zu den bedeutendsten Akteuren – Lipps u. Wilhelm Wundt (1832–1920) – bietet Allesch 1987. 19 Cornelius 1908. 20 Zum Werk Schmarsows siehe Pinotti 2012; Porter 2006; Zug 2006. 21 Grasshof 1938; Heufelder 1928; Knapp 1921. 22 Brinckmann 1924. 23 U. a. Berstl 1920; Eisler 1916; Lowinsky 1916; Schitomirsky 1912; Tross 1914; Tross 1913. 24 Tross 1914.

4.1       Panofskys Seele

die Kunst beziehungsweise Architektur als »Raumbildnerin« (Schmarsow), die »Raumkunst« (Brinckmann, Emmel) beziehungsweise Anleihen an ästhetische Überlegungen wie der »Raumeindruck«, das »Raumempfinden« oder der »Raumsinn« (Albiker, Schmarsow). Allerdings konturierten sämtliche Verknüpfungen das Phänomen nicht deutlicher, denn der dazugehörige Inhalt blieb in seinem Grundsatz für die Kunstgeschichte schlichtweg nur schemenhaft skizziert. Das erfolgreichste Modell zur »Raumkunst« war am Ende eine derartige Zuspitzung, dass sie allein für das Interieur Gültigkeit erhielt. Doch auch hier wurden ästhetische Traditionen aufgegriffen. So lehnte sich der Begriff der Raumkunst an das ästhetische Konzept des 18. Jahrhunderts zur »Farbengebung« an und band sich an das traditionelle Bündnis zwischen Werk und Betrachtererleben (Raumgefühl). Im kollektiven Gedächtnis war die Verknüpfung Raumkunst = Interieur spätestens um 1930 etabliert. Im Großen Herder findet sich in einer Ausgabe von 1934 ein umfangreicher Artikel zur Raumkunst, welche  – so die anonymen Autoren  – »Räume mit festem oder beweglichem Hausrat zu einer abgestimmten Gesamtwirkung ausstattet«.25 Das junge 20. Jahrhundert brachte also eine große Anzahl thematischer Auseinandersetzungen zu Raum / Zeit vor. In Hamburg arbeitete man im Zuge der Vorbereitung des Kongresses demnach an einem Thema von beträchtlicher Popularität und Relevanz. Zudem verstanden die Organisatoren die thematische Wahl als Anschluss an die naturwissenschaftliche Forschung jener Zeit. Zur Erinnerung: Einstein, Mach26 und Minkowski27 revolutionierten seit dem ersten Dezennium die Physik. Kultur und Kunst partizipierten an diesem Ereignis.28 Auch die Ästhetik und Kunstwissenschaft sollten nun »diese beiden Begriffe [Raum /  Z eit; Anm. JB], [die] innerhalb der Naturwissenschaft ins Wanken geraten [sind] in ihrer geisteswissenschaftlichen, genauer in ihrer ästhetischen Bedeutung [prüfen; Anm. JB]. Die Problemstellung erscheint […] zeitgemäß.« 29

Das »verhältnismäßig rationale Problem« von Raum / Zeit, so die Initianten, sei eine dringende wissenschaftliche Auseinandersetzung, wenn auch im Kontext einer solchen Veranstaltung nicht in seiner Gänze zu erfassen.30 Dieser Einschätzung trug dann auch der Arbeitsplan insofern Rechnung, als dass die Beiträge zu Raum / Zeit im Idealismus, als Urformen der Künste, im Kontext 25 Anonymus 1934. 26 Mechanik in ihrer Entwicklung (1883). 27 Vortrag Raum und Zeit (1908). 28 Siehe dazu z. B. Müller 2007. 29 Noack 1931, 10. 30 Ebd.

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4 Re-Theoretisierung

psychischer Störungen, in der Graphik oder dem Barocken Drama die Bandbreite des Untersuchungsgegenstandes darlegen sollten (Abb.  103). Panofsky selbst leistete keinen Beitrag, sondern beteiligte sich allein in den Aussprachen, welche den einzelnen Vorträgen folgten. Verwunderlich ist diese Zurückhaltung nicht. Einerseits vertrat Cassirers Beitrag zum Mythischen, ästhetischen und theoretischen Raum eine Zentralthese Panofskys. Cassirer und Panofsky pflegten als Kollegen an der Hamburger Universität einen engen und freundschaftlich geprägten Austausch, welcher in seiner Intensität bis heute jedoch noch nicht eindeutig geklärt ist.31 Andererseits boten seine Arbeiten zur kunsthistorischen Methodologie aus Raum / Zeit keinen interdisziplinär relevanten Anknüpfungspunkt und eigneten sich eher für innerdisziplinäre Veranstaltungen. Auch Panofskys komplexe methodologische Denkart und die konsequente Ausrichtung seiner Kerngedanken an disziplininternen Entwicklungen eigneten sich kaum für eine an einer Übersicht orientierten Veranstaltung. Ferner war er zu diesem Zeitpunkt ganz auf seine ikonologische Forschung fixiert, welche am Ende der 1930er-Jahre erschien. Seine Studien zur Ikonologie integrierten zwar die Größen Raum / Zeit, thematisierten diese aber nicht mehr dezidiert wie noch in den Frühschriften.32 Panofsky war es spätestens um 1924  – also mit zweiunddreißig Jahren und sechs Jahre vor der Hamburger Veranstaltung – gelungen, eine eigene theoretische Basis zur Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft vorzulegen. Seine Aufsätze Das Problem des Stils 31 Unbestritten beeinflusste Cassirer Panofskys Denken. Allerdings muss die populäre Annahme des »Schülers Panofsky« hinterfragt werden. Panofsky selbst bezeichnete Cassirer 1922 als seinen »Gönner«, 1927 als Forschungspartner u. 1929 als »Kameraden«. Diese sich am akademischen Aufstieg orientierende Einordnung erscheint plausibler, zumal Panofsky zentrale Gedanken seines Konzeptes kurz vor seiner Anstellung als Privatdozent (1921) u. kurz nach dem ersten Zusammentreffen mit Cassirer in der Warburg Bibliothek entwickelte. Demnach ist zu vermuten, dass eine grundsätzliche Interaktion zwischen Panofsky, Cassirer u. Warburg zu den spezifischen Theoriebildungen der Akteure führte u. z. B. im Falle des Aufsatzes Die Perspektive als symbolische Form (Panofsky 1998f) engerer Natur war. – Zur Beziehung zwischen Panofsky u. Cassirer siehe die Briefe Panofskys an Kurt Badt vom 24. Juli 1922, Panofsky 2001a, 117, an Dagobert Frey vom 31. März 1927, ebd., 224 o. an Alfred Weber vom 11. Oktober 1929, ebd., 337. – Zur populären Einschätzung in der Forschungsliteratur vgl. Holly 1984, 114–130 o. Ströker 1958 / 5 9, 141. Eine Interpretation im Sinne einer eigenständigen Arbeit Panofskys bieten Thaliath 2005 u. Veltman 1980. – Diese Stellungnahmen sind allerdings rar. Im kollektiven Gedächtnis dominiert das Bild einer engen Zusammenarbeit, wie der kürzlich erschienene Sammelband von Ernst Cassirer u. Erwin Panofsky, Eidos und Eidolon. Idea, dokumentiert. Cassirer /  P anofsky 2008. – Angesichts dieser nachträglichen Vermählung zwischen Cassirer u. Panofsky durch die Wissenschaft wird das Verfolgen einer eigenständigen Strategie der Akteure immer schwieriger. 32 Siehe Panofsky 1935; Panofsky 1979.

4.1       Panofskys Seele

Abb. 103: Anonymus, Arbeitsplan des Kongresses, 1930.

in der bildenden Kunst (1915)33, Der Begriff des Kunstwollens (1920)34, Über das Verhältnis der Kunstgeschichte zur Kunsttheorie (1924)35 mit den zur gleichen Zeit entstandenen Fallstudien zur Perspektive, Proportion und Albrecht Dürers rhythmischer Kunst (1926)36 entfalteten in der Tat nichts weniger als den 33 Panofsky 1998b. 34 Panofsky 1998c. 35 Panofsky 1998g. 36 Panofsky 1998a.

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Entwurf einer Wissenschaft, welche die zentralen Begründungen der kantischen und phänomenologischen Erkenntnistheorie aufnahm, sich an zeitgenössischen Strömungen der Kulturphilosophie orientierte und in ein eigenes System überführte.37 Panofskys Weg zu seiner eigenen »Art« begann – und die Parallele zu Kant ist offenkundig – mit der Kritik. Im Jahr seiner Promotion (1915), welche er bei Wilhelm Vöge (1868–1952) über Dürers Kunsttheorie abgelegt hatte, insistierte er gleichzeitig in der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft auf einer Revision der Forschung Wölfflins. Anlass zu diesem Ansinnen gab dessen Schrift Das Problem des Stils in der bildenden Kunst von 1912 – dem gedanklichen Vorläufer der bekannten Kunstgeschichtlichen Grundbegriffe (1915).38 Im Gegensatz zu den zahlreichen Darstellungen einer harschen Kritik Panofskys an Wölfflin (Lüdeking) oder einer »entschiedenen Zurückweisung« des wölfflinschen Gedankengebäudes (Dittmann) kann das Motiv für diese Replik auch im Sinne des Verfassers verstanden werden.39 Denn Panofsky erläutert seinen Beweggrund für eine Entgegnung selbst: »Wölfflins Gedanken [sind; Anm. JB] von so hoher methodischer Bedeutung, daß es unerklärlich und ungerechtfertigt erscheinen muß, wenn weder die Kunstgeschichte noch die Kunstphilosophie bis jetzt zu den darin ausgesprochenen Ansichten Stellung genommen hat. Dies nachzuholen soll im folgenden versucht werden.« 40

Ausgehend von Wölfflins doppelter Anlegung des Stilbegriffs in einen Ausdrucks- beziehungsweise einen Individual- sowie Formalstil41 und seiner Me37 Bekanntermaßen überarbeitete Panofsky seine eigenen Gedanken fortlaufend. Diese Korrekturen berührten seine grundsätzlichen Anlagen jedoch nur marginal. Eine Übersicht zu Panofskys Veröffentlichungen mit etwaigen Wiederauflagen bietet Panofsky 1975a, 473– 491. – Zu den Fallstudien siehe Panofsky 1998a; Panofsky 1998e; Panofsky 1998f. – Karlheinz Lüdekings Einschätzung, dass die frühen Theorieentwürfe auf das Denken des späten Panofsky keinen Einfluss hatten u. nach 1930 eine neue Methodologie entstand, teilt die Autorin nicht. Gerade die von Lüdeking angeführte Zäsurschrift Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung der bildenden Kunst (Panofsky 1998h, zuerst 1932) rekurriert nach Auffassung der Autorin auf die systemische Anlegung in den Frühschriften. Lüdeking 2007, 223 f. 38 Wölfflin 2004; Wölfflin 1912. 39 Dittmann 1967, 110; Lüdeking 2007, 202. 40 Panofsky 1998b, 1009. 41 Unter Ausdrucksstil verstand Wölfflin den Stil »als Ausdruck einer Zeit- und Volksstimmung«; unter Individualstil den Stil »als Ausdruck eines persönlichen Temperaments« u. unter Formalstil »den stofflichen Einschlag« in der künstlerischen Produktion. Wölfflin 2004, 23 f.

4.1       Panofskys Seele

tatheorie des historischen Sehens42 setzte sich Panofsky weniger mit der kunsthistorischen Richtigkeit der abgeleiteten Kategorien43 auseinander als mit der, wie er es selbst nennt, »methodologisch-philosophischen« Plausibilität.44 Letztere zweifelte er in zwei Positionen Wölfflins an. Erstens hätten die »Begriffe des ›Sehens‹, des ›Auges‹, des ›Optischen‹ […] keinen absolut eindeutigen Sinn«.45 Das »physiologisch-objektiv« verstandene Sehen reiche für eine kunsthistorische Methodik nicht aus, da das Auge allein »formaufnehmend, nicht formbildend wirkt, [es; Anm. JB] weiß nichts von ›malerisch‹, nichts von ›flächenmäßig‹, nichts von ›geschlossener‹ oder ›offener‹ Anschauungsform«.46 Doch welches Organ kann diese formbildende Aufgabenstellung dann bewältigen? Panofsky kannte auf diese Frage nur eine Antwort: die Seele. Sie ist es, welche die alltägliche Wahrnehmung des Auges in eine künstlerische zu transformieren versteht. Aus diesem Grunde müsse streng genommen, so Panofsky, »›das Verhältnis des Auges zur Welt‹ in Wahrheit [als; Anm. JB] ein ›Verhältnis der Seele zur Welt des Auges‹ verstanden werden«.47 Er sah es als erwiesen an, dass die für eine Epoche »typische Darstellungsart […] trotz ihrer intersubjektiven Verbindlichkeit nicht leere Form ist, sondern einen bestimmten eigenen Ausdrucks-« beziehungsweise Seelenwert besitzt.48 Der zweite Einspruch Panofskys richtete sich gegen Wölfflins vertretene Antithetik »Form versus Inhalt«. Diesem traditionellen Dualismus stellte er das Begriffspaar »Form und Gegenstand« gegenüber. Dabei rekurrierte die panofskysche »Form« auf das kantische Modell und verstand »Form« nicht als materielle Gestalt mit variablem Inhalt, sondern als »ästhetisches Moment«.49 42 Zur Anschauung bzw. zum Sehen bemerkt Wölfflin: »[D]ie Anschauung ist eben nicht ein Spiegel, der immer derselbe bleibt, sondern eine lebendige Auffassungskraft, die ihre eigene innere Geschichte hat und durch viele Entwicklungsstufen durchgegangen ist.« Ebd., 263. 43 Kategorien sind bei Wölfflin »Kategorien der Anschauung«, wie das Linearplastische, Architektonisch-Fließende o. Impressionistisch-Malerische. – Dabei möchte Wölfflin seine Kategorien von denen Kants geschieden wissen, da die kantischen seines Erachtens »bloss aufgerafft« seien. Ebd., 264. 44 »Wir fragen nicht, ob es gerechtfertigt ist, die Entwicklung vom Cinquecento zum Seicento als eine Entwicklung vom Linearen zum Malerischen, vom Flächenhaften zum Tiefenhaften usw. aufzufassen, sondern wir fragen, ob es gerechtfertigt ist, die Entwicklung vom Linearen zum Malerischen, vom Flächenhaften zum Tiefenhaften als eine bloß formale zu bezeichnen [u.; Anm. JB] ob die Stilmomente, die sie bestimmen, wirklich als bloße Darstellungsmodalitäten hinzunehmen sind«. Panofsky 1998b, 1010. 45 Ebd., 1011. 46 Ebd., 1012. 47 Ebd. 48 Ebd., 1013. – Zur Geschichte der Seele siehe Jüttemann / S onntag /  W ulf 2005. 49 Ebd., 1015 f.

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Form ist nicht inhaltsleerer Gegenstand oder objektiver Begriff. Vielmehr muss Form als individuelle und ganzheitliche Ordnung aus Außen und Innen verstanden werden. In ihr ist alles bezeichnet, was nicht Gegenstand ist.50 Vor dem Hintergrund dieser Unwägbarkeiten in der wölfflinschen Forschung, so schlussfolgert Panofsky, sei dessen Gedanke einer doppelten Stilwurzel nochmals zu überprüfen.51 Er konkludiert: »Das individuelle Ausdrucksstreben, das den einzelnen Künstler zu einer nur ihm eigentümlichen Formgebung und zu einer persönlichen Auffassung oder Bestimmung des Gegenstandes führt, äußert sich zwar in allgemeinen Formen, aber diese selbst sind ihrerseits nicht weniger aus einem Ausdrucksstreben hervorgegangen: aus einem der ganzen Epoche gewissermaßen immanenten Gestaltungswillen, der in einer grundsätzlich gleichen Verhaltungsweise der Seele, nicht des Auges, begründet ist.« 52

Diese vergleichsweise arglose Kritik an Wölfflin muss allerdings nur als die Pforte verstanden werden, durch die Panofsky den Leser in sein Gedankengebäude führte. Sein Aufsatz über den Begriff des Kunstwollens (1920)53 zeichnete einen weitaus kritischeren Grundriss. Panofsky opponierte in diesem Beitrag gegen jeglichen »puritanischen Rationalismus«54, »völker- oder einzelpsychologischen Empirismus«55, »Theoretiker des künstlerischen Schaffensprozesses«, Spekulanten56 oder weitere »Begriffsverschlingungen«57 in der Kunstwissenschaft.58 Überhaupt sei die inhalts- beziehungsweise formalgeschichtliche Methodik aufzugeben, da sie das Phänomen »Kunst« beständig aus anderen Phänomenen, wie etwa aus der Ikonografie, erläutere. Man bemühe sich nicht, Kunst aus einer »Erkenntnisquelle höherer Ordnung« abzuleiten. Vergleichbar mit der Erkenntnistheorie in der Philosophie müsse man sich doch endlich der Aufgabe stellen, »ein Erklärungsprinzip zu finden, auf Grund dessen das künstlerische Phänomen nicht nur durch immer weitere Verweisungen an andere Phänomene in seiner Existenz begrif50 Ebd., 1016. 51 Ebd., 1017. 52 Ebd. 53 Panofsky 1998c. 54 Hier ist die Normative Ästhetik gemeint. 55 Hier bezieht er sich auf die Leipziger Schule mit dem prominenten Vertreter Wundt. 56 Im Detail schreibt Panofsky hier über die Forschung von Wilhelm Worringer (1881–1965). 57 Hier zielt seine Kritik auf Fritz Burgers (1877–1916) Untersuchungen zur Moderne ab, welche dieser mit den Begriffen des periodischen Wesenstils o. der Ausdruckskunst zu erläutern versuchte. Siehe Burger 1917. 58 Panofsky 1998c, 1019 f.

4.1       Panofskys Seele fen, sondern auch durch eine unter die Sphäre des empirischen Daseins hinabtauchende Besinnung, den Bedingungen seiner Existenz erkannt werde.« 59

Im Sinne einer »ernsten Kunstphilosophie«, heißt es, zu einer »mehr – als – phänomenalen Erfassung« vorzudringen.60 Einen Bruder im Geiste für dieses Ansinnen erkannte Panofsky in Riegl. Mit Wölfflin teilte Panofsky die Ziele, die Kunstgeschichte als universitäre Disziplin weiterzuentwickeln, nach einer übergeordneten Einheit in der Kunstgeschichte zu suchen beziehungsweise einen immanenten Sinn künstlerischer Erscheinungen aufzudecken sowie menschliche Wahrnehmung zu historisieren. Seit 1900 ahnte die Kunstgeschichte, dass die im 19. Jahrhundert vorangetriebene Trennung vom Ästhetischen auf Dauer nicht trägt. So schreibt schon Cornelius Gustav Gurlitt (1840–1938) im Vorwort seiner zweibändigen Geschichte der Kunst im Jahr 1902: »Die Kunst für die Kunst! lautet ein Stichwort unserer Zeit. […] Großes ist geleistet worden, indem die Kunstgeschichte als Geschichte der künstlerischen Formen betrachtet wurde. […] Aber mir will scheinen, als biete sie nicht zugleich das letzte Ziel. Die Kunst ist doch nur zu verstehen als Ausdruck einer schaffenden Seele, und eine solche steht nicht allein in der Welt, sondern bildet einen Teil des Volkes, der Zeit, des allgemeinen Lebensstandes der Geister. Neben der Geschichte der Form muß auch, will man das Wesen der Kunst möglichst tief erfassen, der innerste Grund zum Wandel der Form gesucht werden.« 61

Für Panofsky geriet die Dominanz der Gründerjahre durch den wissenschaftlichen Protest Riegls endgültig ins Wanken.62 Dabei war dessen Einspruch weitaus generellerer Natur, als Panofsky notierte: Die Kunstgeschichte, so die Meinung des österreichischen Kunsthistorikers Riegl, umfasse mehr als die »chronistische Aufzählung und systematische Beschreibung von Kunstwerken und Künstlerbiografien«.63 Vielmehr zeichne sie mit seinem ersten Vertreter, Winckelmann, ein »Streben nach Fixierung und Heraushebung des Ge59 Ebd., 1019. 60 Ebd., 1020. 61 Gurlitt 1902, III. 62 Neben einer vergleichbaren methodologischen Suche beschäftigte sich Panofsky sicherlich auch aufgrund Riegls generellen Interesses am Raum in der Kunst. Inwieweit ebenfalls dessen Nähe zu Kant einen Ausschlag gab, ließ sich nicht abschließend klären, da die generelle Kantrezeption in der Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts noch am Anfang steht. Einige Hinweise finden sich bei Crowther 2002, ab 12, u. Murray 2003, ab 221. 63 Riegl 1928b, 43.

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meinsamen« aus, was Winckelmanns Konzept der klassischen Kunst bestens verdeutliche.64 Der im 19. Jahrhundert einsetzenden Skeptizismus gegenüber einer reinen Stilgeschichte, die Gegenbewegung in Form einer Aufwertung des Einzelwerks ab 1850 und schließlich die Rückbesinnung auf die Suche nach einer Einheit zwischen den Artefakten am Ende des 19. Jahrhunderts war, folgt man Riegls Darlegung, zwangsläufig. Nur das Gemeinsame – die übergeordnete Einheit – kann die »ganze Kunstgeschichte in ihrem ununterbrochenen Verlaufe erklären«.65 Die drängendste und modernste Frage sei dabei, so Riegl: »Was ist das Eine im Wandel, und wodurch ist sein scheinbarer Wandel bedingt?«66 Die Suche nach dem Grund für die ständigen Paradigmenwechsel in der Kunst ließe sich mit der Entscheidung vergleichen, »an die Aufführung der krönenden Kuppel [der Wissenschaft; Anm. JB] zu schreiten«.67 Der Weg zur Reform, so das Verständnis Riegls, kann in zweierlei Weise beschritten werden. Die wissenschaftlich strenge synthetische Methode nimmt das Werk mit seinem spezifischen Erkenntnisgehalt in den Blick68; die analytische geht von einer Einheit von Kunst und Gesamtkultur aus. Diese auf eine Gemeinsamkeit ausgerichtete Lesart sei vorzuziehen, da nur sie »den Drang nach absoluter Einheit in der Vorstellung […] sofort zu stillen [vermag; Anm. JB], während wir von der synthetischen Methode zunächst im besten Falle bloß eine Anweisung auf eine künftige Lösung empfangen«.69 Künstler gäben dem analytischen Verfahren ebenfalls den Vorrang, da dieses dem künstlerischen Grundbedürfnis nach »formaler Einheit« entspräche.70 Zu wählen braucht man zwischen diesen zwei Erkenntnismöglichkeiten nicht; vielmehr stehen sie in Riegls methodischen Ausführungen gleichberechtigt nebeneinander. Blättert man in seinem Gesamtwerk zurück oder zieht das 64 Ebd., 43 f. Er beschreibt die Aufgabe der Kunstgeschichte: »Die Kunstgeschichte will uns in den Stand setzen, jedes Kunstwerk, das uns unter die Augen kommt, sofort unter ein uns bereits bewußtes Allgemeineres […] zu subsumieren, so daß das Kunstwerk den störenden Charakter des Fremdartigen verliert«. Ebd., 44. 65 Ebd., 46. 66 Ebd. 67 Ebd. 68 Mit diesem Forschungsweg »handelt es sich sozusagen um eine Ökonomie der Forschungsmomente, wodurch ein leichteres Aufsteigen vom Einzelnen zum Allgemeinen ermöglicht werden soll. [U]m ein konkretes Beispiel zu wählen […] Begriff der einzelnen Schaffensperioden Dürers, der Gesamtkunst Dürers, der gesamten oberdeutschen Malerei seiner Zeit, der damaligen deutschen Malerei überhaupt«. Ebd., 47. 69 Ebd. 70 Ebd. – Dieser Zuspruch erfolgte sicherlich auch aufgrund empirischer Grundsätze, welche mit der synthetischen Methode nicht gänzlich ausgeschlossen wurden.

4.1       Panofskys Seele

gleichzeitig erschienene Holländische Gruppenporträt 71 hinzu, dominiert allerdings der Anspruch, die analytische Methode als Fundamentalmethode zu etablieren. Die stringente Anwendung von »leitenden Faktoren« über alle Epochen oder Kulturen hinweg – wie etwa die des Kunstwollens oder des Stils – ermöglichte es Riegl, die Entwicklung von einer rein mechanischen zu einer teleologisch orientierten Methodologie zu forcieren.72 Mit teleologisch meinte er die Anwendung von gleichbleibenden Termini als immanente Ursache für die Kultur im Allgemeinen und das künstlerische Gestalten im Besonderen.73 Ein Beispiel: Zu Beginn seiner Untersuchung zum Gruppenporträt erkennt Riegl den engen Zusammenhang zwischen der gesellschaftlichen Organisation in den Niederlanden und der Porträtpraxis, wie im Falle von Frans Hals’ Amsterdamer Schützen-Compagnie von 1637 (Abb. 104). Diese Verknüpfung zwischen Kultur und Kunst möchte er allerdings nicht als die üblich kausale, sondern als universale verstanden wissen. Er erläutert: »Richtiger dürfte es allerdings sein, beide als parallele Folgeerscheinungen eines höheren Dritten [und nicht kausalen; Anm. JB] anzusehen, das auch auf allen übrigen Gebieten des holländischen Culturlebens analoge Erscheinungsformen hervorgebracht hat […] Corporationswesen und Gruppenporträtmalerei stehen also im demokratischen Holland in engen Beziehungen und ihre Schicksale sind unauflöslich miteinander verknüpft […] Wer sich nun jeweilig mit der nächsten Ursache begnügt, kann die unbestreitbare Wechselbeziehung […] als eine causale auffassen«.74

71 Riegl 1902. 72 Für Riegel war der Vertreter der mechanischen Methodologie Gottfried Semper (1803–1879). Demzufolge soll »das Kunstwerk nichts anderes sein […] als ein mechanisches Produkt aus Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik.« Im Gegensatz dazu erblickte »ich im Kunstwerke das Resultat eines bestimmten und zweckbewußten Kunstwollens […] das sich im Kampfe mit Gebrauchszweck, Rohstoff und Technik durchsetzt.« Riegl 1927, 8 f., sowie schon in Riegl 1975, 22 f. 73 Ebd. 74 Riegl 1902, 72. – Unter dem »Dritten« verstand Riegl selbstverständlich das »Kunstwollen«, welches für die Niederlande im Gruppenporträt bestens zu erkennen ist. Ebd., 73. – Im Verlauf der Studie definierte er den übergreifenden Charakter des »Kunstwollens« immer deutlicher. Mit Blick auf die unterschiedliche Entwicklung von Porträt u. Gruppenporträt hält er beispielsweise fest: »Nun darf man freilich nicht vergessen, dass nicht die Kunstgattungen als solche zwingend gegeben sind, sondern das oberste Kunstwollen, das im letzten Grunde die Dinge psychisch und physisch isoliert oder verbunden sehen und so im Kunstwerk wiedergeben will. Dieses Kunstwollen schafft und wählt sich die ihm jeweilig passenden Kunstgattungen völlig frei nach seinen Bedürfnissen.« Ebd., 262. – Diese Metaebene jenseits aller Gattungen wurde auch für Panofsky bedeutsam.

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Abb. 104: Frans Hals, Die Amsterdamer Schützen-Compagnie des Capitäns Reynier Reael und des Lieutenants Cornelis Michielsz Blau, 1637.

Diese Einmündung der künstlerischen Vielfalt in einen höchsten und einheitlich geltenden Begriff wird zum unausweichlichen Akt. Cassirer resümierte zu dieser Praxis rund vierzig Jahre später und in Auseinandersetzung mit Riegls Positionen: »Alle echten Stilbegriffe […] führen, schärfer analysiert, auf solche Sinnbegriffe zurück. Der künstlerische Stil läßt sich nicht bestimmen, wenn man nicht alle ihre verschiedenartigen und oft scheinbar disparaten künstlerischen Äußerungen dadurch zu einer Einheit zusammensieht, daß man sie, um den Rieglschen Ausdruck zu gebrauchen, als Äußerungen eines bestimmten ›Kunstwollens‹ versteht.« 75

Panofsky interpretierte das Kunstwollen Riegls am Ende allerdings als ergänzungsbedürftig. Trotz des gemeinsam gewünschten Ausgangspunkts einer Einheit »durch eine höhere Ordnung« störe die psychologische Verengung.76 Ein gewichtiger Einwand gegen das rieglsche Modell sei auch die unzureichende Berücksichtigung der »künstlerischen Absicht«, welche quasi das Pendant zum Kunstwollen darstelle.77 Die kollegialen Vorschläge zu einer begrifflichen Fortarbeit in einem künstlerpsychologischen78, zeitpsycholo75 Cassirer 2011, 76 f. – Riegls begriffliche Entwicklung incl. seiner Vor- wie Mitdenker (wie Worringer o. Rumohr) u. die Bezugnahmen auf Kant sowie Schopenhauer legen dar: Olin 2012; Prange 2004; Wiesing 2008. 76 Panofsky 1998b, 1020. 77 Ebd., 1021. 78 Als Beispiel nannte Panofsky hier die Arbeit des Archäologen Gerhardt Rodenwaldt (1886– 1945) zur Bedeutung des Klassischen in der Kunst von 1919. Dieser versuchte in seinem Beitrag das künstlerische Können durch das Wollen zu ersetzen. Jenseits dieses spezifischen

4.1       Panofskys Seele

gischen79 oder gar apperzeptionspsychologischen80 Umfang seien ebenfalls nicht plausibel. Im Grunde ließe sich die Tatsache nicht verschweigen, dass das »Kunstwollen als Gegenstand möglicher kunstwissenschaftlicher Erkenntnis keine (psychologische) Wirklichkeit ist«.81 Mit dieser Abwehr rein psychologisch orientierter Auslegungen (Physiologie, Psychophysik etc.) unter gleichzeitiger Beibehaltung wirkungsästhetischer Fragestellungen sicherte Panofsky die Kunstgeschichte gegen zeitgenössische Strömungen eines interdisziplinären Handlungsrahmens zur Kunst ab.82 Dabei beschränkten sich zahlreiche Befürworter einer Stärkung der psychologischen Ästhetik allein auf das Ziel, die Kunstgeschichte zu ergänzen – so etwa auch der Kunsthistoriker und Psychologe Deri, welcher mit Panofsky durch die gemeinsame Arbeit in den zahlreichen Vereinigungen Dessoirs bekannt war. Dieser gab 1912 seine

Anliegens diskutierte Panofsky die Möglichkeit einer objektiven Erforschung der künstlerischen Absicht bzw. des Willens. Er interpretierte, im Gegensatz zu Rodenwaldt, das theoretische Nachdenken des Künstlers als Parallelphänomen u. nicht als Erläuterung des Künstlerischen. Rodenwaldt 1916; Panofsky 1998b, 1021 ff. 79 Den Ansatz der zeitpsychologischen Interpretation, wie er von Wölfflin angelegt u. von Worringer weiterentwickelt wurde, verstand Panofsky ebenfalls als Parallelphänomen. Die zeitgenössische Kunstkritik /  - theorie kann seiner Ansicht nach keine wissenschaftsrelevanten Deutungen produzieren. Sie benennt allein »Tendenzen« u. ist nicht in der Lage, die zeitgenössischen Künste abschließend zu beurteilen. Dies ermöglicht erst der Rückblick. Ebd., 1025. – Worringers Einsprache gegen die »ausschließliche Bedeutung« des Kunstwollens bei Riegl, die psychologische Aufladung im Sinne eines »absoluten Kunstwollens […] als der Gradmesser für die Qualität […] psychischer Bedürfnisse« u. die Einführung des »Abstraktionsdrangs« als Gegenpol ist nachzulesen bei Worringer 2007, 128 f. sowie 131. 80 Die apperzeptionspsychologische Lösung Lipps’, die dieser in seiner Ästhetik. Psychologie des Schönen und der Kunst (1903–1906) darlegte, verwarf Panofsky aufgrund der fehlenden historischen Dimension. Er beurteilte Lipps’ Zuordnung der Ästhetik zur Psychologie mit ihrem alltäglich orientierten Erfahrungszugang als ahistorisch. Er notiert: »Bezogen nicht auf eine historische Gegebenheit, sondern auf ihre Spiegelung in einem modernen Bewusstsein haben solche Urteile […] als ihr eigentliches Objekt weder das Kunstwerk noch den Künstler, sondern die Psyche des heutigen Betrachters«. Panofsky 1998b, 1025, sowie Lipps 1903– 1906, 1. Band, 1. 81 Panofsky 1998b, 1026. 82 So widmete sich beispielsweise der 2. Kongress für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft (1924) dem Verhältnis zwischen Psychologie u. Ästhetik. – Neben den populären Arbeiten zum Ende des 19. Jahrhunderts von Gustav Theodor Fechner (1801–1887), Robert Vischer (1847–1933), Lipps o. Wundts wurden die 20er-Jahre durch die Arbeiten von Richard Müller-Freienfels (1882–1949) o. Worringer bestimmt. Dazu z. B. Allesch 1987; Dessoir 1925; Hirn 1904; Müller-Freienfels 1912; Worringer 2007.

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Kunstlehre als wissenschaftliches Gegenüber der Kunstgeschichte mit der Begründung heraus: »Ein Kunstwerk wird um seiner Wirkung willen geschaffen. Diese Wirkung hat es ohne Rücksicht auf irgendetwas Historisches […] Die Wissenschaft, die Art und Weg dieser Wirkungen feststellt, ist die Kunstlehre, als philosophische Disziplin unter dem Namen der Ästhetik sehr hohen Alters, als psychologische Disziplin erst seit einer Reihe von Dezennien im Entstehen begriffen.« 83

Die Aufgabe der Kunstlehre sei es, die Lücken der Kunstgeschichte beziehungsweise der historischen Analyse zu schließen.84 Am Ende zog Panofsky jedoch eine andere Art des Vorgehens vor und überführte seine Kritik endlich in die Darlegung eines Lösungswegs. Als Einfassung diente ihm Kants Prolegomena von 1783. Dieses »Vorwort« zur ersten Kritik von 1781 stand ganz im Zeichen des kantischen Ziels der Begründung einer »neuen« Metaphysik beziehungsweise dessen Wunschs, die »Erkenntnis als Wissenschaft darzustellen«.85 Seine Maßnahmen zur Befestigung des Wegs  – bestehend aus der Erkenntnis a priori, der Unterscheidung analytisches / synthetisches Urteil oder der kategorialen Begriffsbildung  – boten Panofsky zusätzliche Orientierung. Ausgehend von Kants berühmtem Satz »Die Luft ist elastisch« erläutert der Kunsthistoriker die Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung.86 So könne dieser Aussagesatz historisch, psychologisch, grammatikalisch-diskursiv oder logisch-diskursiv überprüft werden. Wie auch immer man sich entscheidet: Reine Erkenntnis, bilanzierte Panofsky, ermögliche diese Zugänge nicht. Allein die »transzendental-philosophische« Herangehensweise mit der Frage, »ob ein analytisches oder ein synthetisches, ein Wahrnehmungs- oder Erfahrungsurteil in ihm ausgesprochen sei«, könne den immanenten Sinn dieser Aussage aufdecken.87 Zurückgebunden an das Thema der künstlerischen Absicht beziehungsweise des Kunstwollens müssten diese Größen ausschließlich auf ihr eigenes Sein hin betrachtet werden. So 83 Deri 1912, 1. 84 Ebd., 2. 85 Kant 2001, 16. 86 Kant 2011, 165. 87 Panofsky 1998b, 1028. – Kant erläutert diese Suche nach einem immanenten Sinn in einem sehr eindrücklichen Beispiel, welches der Kunsthistoriker leider nicht anführt. »Um ein leichter einzusehendes Beispiel zu haben, nehme man folgendes. Wenn die Sonne einen Stein bescheint, so wird er warm. Dieses Urteil ist ein bloßes Wahrnehmungsurteil […] Sage ich aber: die Sonne erwärmt den Stein, so kommt über die Wahrnehmung noch der Verstandesbegriff der Ursache hinzu […] und das synthetische Urteil wird notwendig allgemeingültig, folglich objektiv«. Kant 2011, 167.

4.1       Panofskys Seele »kann auch in den Objekten der Kunstwissenschaft, in den weiter oder enger, epochal, regional oder individuell begrenzten künstlerischen Erscheinungen, ein immanenter Sinn – und damit ein Kunstwollen in nicht mehr psychologischer, sondern gleichsam auch transzendental-philosophischer Bedeutung – erschlossen werden«. 88

Allerdings ergebe diese Entwicklung zu einer Betrachtung sub specie (aeternitatis) die Notwendigkeit, Bestimmungsmaßstäbe a priori zu erarbeiten. Diesen Schritt zu wissenschaftlichen Kategorien habe Riegl gewagt, wenn auch nicht widerspruchsfrei absolviert.89 Die zukünftige Kunstwissenschaft müsse dieses Traktandum behandeln, um die Desiderate der traditionellen Kunstgeschichte endgültig zu überwinden.90 Vier Jahre später entschloss sich Panofsky, seinem eigenen Aufruf zu folgen und die Entwicklung transzendental-orientierter Kategorien voranzutreiben. 1925 veröffentlichte er den für sein Denken zentralen Aufsatz Über das Verhältnis der Kunstgeschichte zur Kunsttheorie. Ein Beitrag zur Erörterung über die Möglichkeit »kunstwissenschaftlicher Grundbegriffe« in der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft.91 Im Wesentlichen konzentrierte sich dieser Beitrag auf Erläuterungen rund um seine Tafel »Künstlerische Grundbegriffe und -probleme«. Nebenbei verstand sich diese Wortmeldung auch als Replik auf die Kritik Dorners zum Aufsatz »Kunstwollen« aus dem Jahre 1920.92 Hierbei ist zu betonen, dass Panofsky Dorner grundsätzlich hoch schätzte und ihn 1937 als »one of the most progressive personalities in our field« beschrieb.93 Er bewertete Dorners Argumente gegen den Ansatz einer Begriffsbildung a priori als Missverständnis und schilderte seinen Ansporn, die gemachten Aussagen »eingehender zu erörtern«.94 Diese Falschauslegung räumte der Autor dadurch aus, dass er eine komplexes Gedankengebäude vorstellte, in das er Raum / Zeit als zentrale Kategorien der Kunstwissenschaft integrierte (Abb. 105). Aus der visuellen Darlegung der »Grundbegriffe« schälen sich zwei Problemkreise heraus: Dabei handelt es sich einerseits um das Problem der Überführung von subjektiver Wahrnehmung in ein wissenschaftlich haltbares Urteil und andererseits um die Theoretisierung des künstlerischen Schaffens. Indem Panofsky der Wissenschaftsebene (erster Problemkreis) die Ebene der Kunst 88 Panofsky 1998b, 1028 f. 89 Ebd., 1030. 90 Ebd., 1029. 91 Panofsky 1998g. 92 Dorner 1922. 93 So schrieb Panofsky an John White am 08. März 1937, Panofsky 2001b, 12 f. 94 Panofsky 1998b, 1029.

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(zweiter Problemkreis) zur Seite stellte, löste er die gesamte Untersuchung in den Unterschied von Methode und Sein auf. Er diskutierte nicht mehr die Ordnung von (Kunst-)Wissenschaft (mittels Raum / Zeit), sondern die spezifische Eigenart des wissenschaftlichen Untersuchungsgegenstandes mit dem Problem der wissenschaftlichen Annäherung. Dieser Ansatz ist für die Kunstgeschichte mehr als bedeutsam, da das Gerüst ihres Denkens erstmals einer fundamentalen Kritik unterzogen wurde und Panofsky seine Kritik vom Ergebnis her interpretierte.95

Abb. 105: Erwin Panofsky, Tafel zu Grundbegriffen der Kunstwissenschaft, 1924.

Doch zurück zur Tafel: Entscheidende Grundlage aller Ausführungen ist die Annahme Panofskys, dass die kunstwissenschaftlichen Grundbegriffe Begriffspaare bezeichnen, »in deren Antithetik die a priori gesetzten ›Grundprobleme‹ des künstlerischen Schaffens ihren begrifflichen Ausdruck finden«.96 Über den basalen Gegensatz Kunst und Wissenschaft ordnet Panofsky die allgemeinen Antithetiken Fülle und Form sowie Zeit und Raum an. Die ontologische Totalität des Kunstwerks bezeichnet Fülle und Form. Panofsky schreibt: »Damit ist ausgedrückt, daß die Hervorbringung der Kunst zugleich die der sinnlichen Wahrnehmung eignende Fülle bewahren, und dennoch diese Fülle einer gewissen Ordnung unterwerfen und insofern durch diese Ordnung beschränken will – daß, anders 95 Zudem opponierte dieses Vorgehen gegen die seit Platon vertretene Annahme, dass wissenschaftliche Urteile über /  z ur Kunst unmöglich sind. »Denn der Kunst«, so erläutert Cassirer in Eidos und Eidolon (1924), »haftet an der sinnlichen Erscheinung der Dinge, von der es niemals ein strenges Wissen, sondern immer nur Meinen und Wähen geben kann«. Cassirer /   P anofsky 2008, 10. 96 Panofsky 1998g, 1036.

4.1       Panofskys Seele ausgedrückt, in jeglichem Kunstwerk ein wie immer gearteter Ausgleich zwischen ›Fülle‹ und ›Form‹, als den zwei Polen jenes grundsätzlichen Gegensatzes, sich vollziehen muß.« 97

Identisch beziehungsweise ergänzend, hier konnte Panofsky sich nicht zu einer endgültigen Entscheidung durchringen, verhalten sich Zeit und Raum. Sie kennzeichnen die methodologische Ebene des Werks und stehen Fülle und Form gegenüber, wobei die Anschauungsform der Zeit dem Prinzip der Fülle und die Anschauungsform des Raumes dem Prinzip der Form zugeordnet ist. Panofsky beurteilte Fülle und Form im Kern als »apriorische Voraussetzung für das Dasein der künstlerischen Probleme«, Zeit und Raum als »apriorische Bedingung für die Möglichkeit ihrer Lösung«.98 Hier ist es wichtig, den Bruch Panofskys mit dem traditionellen kunsthistorischen Verständnis einer »Problemlösung« zu bemerken. Erstmals ist das Kunstwerk nicht die sinnliche Gestaltung eines wie auch immer gearteten Individualproblems.99 Vielmehr unterlegte er dem Werk die generelle Bedeutungsebene einer Problemlösung, die das Ziel – in diesem Fall die allgemeinen Antithetiken – von Beginn an im Blick hat. Konsequenterweise, und dessen war er sich durchaus bewusst, relativiert sich durch diesen Gedankengang die Bedeutung sämtlicher gängiger Werkkriterien (Gattung, Genre, Stil etc.). Der Schwerpunkt der Eruierung eines besonderen künstlerischen Lösungswegs mit seinen Kategorien verschiebt sich zugunsten der Problemstellung innerhalb der künstlerischen Artikulation mit Blick auf die Lösung apriorisch angelegter Grundprobleme.100 Letzteren stehen die aus Einzelproblemen abgeleiteten Spezialbegriffe zur Seite. Erst mittels dieser Zu- und Unterordnung kann sich, so Panofsky, ein tragfähiges kunsthistorisches Begriffssystem entwickeln.101 Er fasst zusammen: »Diese doppelte Problematik [des Gesamten versus des Einzelnen; Anm. JB] […] beherrscht […] das künstlerische Schaffen überhaupt, d. h. ohne Rücksicht darauf, ob es sein sinnliches Material der visuellen oder der akustischen Anschauung entnimmt. Un97 Ebd. 98 Ebd., 1037. 99 Panofsky bestreitet nicht, das künstlerische Einzelprobleme existieren. Diese müssen seines Erachtens gleichfalls in »Spezialbegriffen« erfasst u. den »Grundbegriffen« zur Seite gestellt werden. Ebd., 1044. 100 Ebd., 1037. 101 Dieses folgt »beinahe« dem dreistufigen »Hegelschen Schema«, da »die Lösungen der allgemein gültigen künstlerischen Grundprobleme im Verlauf der historischen Entwicklung ihrerseits zu Polen eines speziellen künstlerischen Einzelproblems werden, daß sodann die Lösung des Einzelproblems wiederum die Pole eines noch spezielleren Einzelproblems ›zweiter Ordnung‹ bilden und so weiter infinitum.« Ebd., 1045.

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4 Re-Theoretisierung ter den besonderen Bedingungen der visuellen Anschauung […] muß sich die genannte Problematik naturgemäß in spezifischeren Gegensätzen ausdrücken, und diese spezifisch visuellen Gegensätze, oder genauer gesagt, diese Grundsätze spezifisch visueller Werte nun sind es, die wir als die Grundprobleme des bildnerischen und architektonischen Schaffens bezeichnen dürfen, und deren begriffliche Formulierung daher als ›Grundbegriffe der Kunstwissenschaft‹ zu gelten haben.«102

In dieser Vorstellung einer Konstitution der Erkenntnis von Kunst durch apriorisch gesetzte Bedingungen folgte Panofsky natürlich Kant. Allerdings muss er sich auch mit Husserls transzendentaler Phänomenologie und dem Problem der Intentionalität beschäftigt haben.103 Husserl entwickelte seit 1900 seine neue Wissenschaft, welche unter dem Motto: »Zu den Sachen selbst!« stand.104 Diese Bewegung forderte die geisteswissenschaftliche Zeitlage heraus, und zwar durch den schon von Panofsky kritisierten Hypermaterialismus und Psychologismus. Ausgehend von dieser Situation rückte die schon von Kant gestellte Frage nach der wahren Anschauung und Erkenntnis ohne ein Äußeres wieder ins Zentrum. Husserl fasste diese Erkundungsbemühungen als Suche nach dem Wesen der Erfahrung zusammen. Er schreibt 1907 in Ding und Raum: »Wir fragen nicht, wie Erfahrung entsteht […] sondern was in ihr liegt, was aus ihr als absolute Gegebenheit vermöge ihres Wesens zu entnehmen ist, was sie als ihren eigenen Gehalt und Sinn phänomenologisch ausweist. Was wesenhaft, also unaufhebbar in ihr liegt, das kann durch keine theoretischen Annahmen überschritten, das kann durch 102 Ebd. 103 Martin Warnke vermutet, dass Panofsky nachfolgende Überlegungen zu »Fülle und Form« aus Edgar Winds Dissertation Ästhetischer und kunstwissenschaftlicher Gegenstand. Ein Beitrag zur Methodologie der Kunstgeschichte (1922) entnahm. Wind promovierte bei Panofsky u. war Angehöriger der Warburg-Schule. Wind nimmt in seiner Schrift Bezug zu Husserls Idee zur Phänomenologie u. Kants Kritik der Urteilskraft bzw. Kritik der reinen Vernunft. Panofsky 1998h; Wind 2011, 330 u. 335 ff. – Die Autorin geht jedoch davon aus, dass Panofsky sich autonom mit Husserl beschäftigte. Es ist bekannt, dass sie sich trafen. Beispielsweise hörte Husserl am 18. Dezember 1926 einen Vortrag Panofskys unter dem Titel Zur Entwicklung der perspektivischen Raumanschauung in der kunstwissenschaftlichen Gesellschaft Hamburg. Schumann 1977, 314. – Vermutet wird eine Nähe zu Husserl auch von Holly 1984, 38 f., o. Michels 1993, 62, Anmerkung 10. – Edgar Winds Dissertation findet in dieser Studie keine weitere Berücksichtigung, da sie die Tradition der Kunstgeschichte nicht weiter prägte. Erst seit jüngster Zeit erfährt die Arbeit Aufmerksamkeit. Allerdings wird sie in der zukünftigen Panofsky-Forschung eine wichtige Rolle spielen, da sie den Denkhorizont der Hamburger Kunsthistoriker gut dokumentiert. Wer sich von wem inspirieren ließ, wird dann zu untersuchen sein. 104 Zitiert nach Helferich 1998, 400.

4.1       Panofskys Seele keine vermeintlichen Selbstverständlichkeiten empirischer Psychologie und metaphysischer Beurteilung verletzt werden [Das Wesen; Anm. JB] muß die letzte Norm abgeben für die Bemessung des berechtigten Sinns aller Interpretationen des realen Seins.«105

Allerdings verbarg sich hinter diesem Anspruch wiedermal ein Erkenntnisproblem par excellence. Denn: Wie lässt sich das Wesen eines Dings erkennen? Kant hatte gelehrt, dass das Erkennen eines Dings an sich nicht möglich ist. Erkennen war in seinem Verständnis transzendental. Das Erkennen der essentia, so nun Husserl, gelingt im »evidenten Schauen«106 beziehungsweise unmittelbaren Hören. Er verband diese Methode mit dem Begriff der epoché. Dieser argumentiert mit der grundsätzlichen Zurücknahme von Urteilen und findet seinen Anfang im antiken Skeptizismus. Letzterer bestritt – und dies auch in seiner Ästhetik  – die Möglichkeit von Erkenntnis, da der Weg zum Erkennen mit zahlreichen subjektiven Zuflüssen (Intention, Kultur, Vorwissen etc.) verbunden ist.107 Erst wenn diese Zutaten von der Wahrnehmung und Existenz des Dings isoliert sind, wird Erkennen möglich. Husserl liefert für diesen Vorgang ein schönes Beispiel: »Höre ich den gleichmäßig gedehnten Pfiff einer Dampfpfeife, so sage ich, mich annähernd, es sei derselbe und immerfort gleichmäßige Pfiff; das ist der Gegenstand. Achte ich aber auf das phänomenologisch Gegebene, so finde ich für jedes Zeitstück des Erscheinenden eine wesentlich andere Erscheinung; dieses Quale ist nicht dasselbe. Ich sondere also Erscheinung und Erscheinendes, und in der Erscheinung, in der der Dampfmaschinenpfiff erscheint, finde ich ein sinnliches Quale, das prä sinnliche Datum.«108

Dieses von Husserl beschriebene »präempirische Datum« betrifft hier die zum Wesen des Dings zugehörige Zeitlichkeit. Das Wahrnehmen des Tons erfolgt in einer bestimmten Zeitspanne. Diese lässt sich unterteilen. Zu jedem Teil dieser Spanne – also der ersten zehn Sekunden von einem etwa einminütigen Wahrnehmungsprozess – gehört ein Ton. Zeit gibt diesem Vorgang demnach Form. Doch sie gibt auch Fülle, denn das Ding in der Zeit »dehnt sich durch die Zeit hindurch, es füllt sich mit seinem inhaltlichen Sein die und die Zeit­ strecke. Also die Zeit ist eine Form, die ihre Fülle hat, und diese Fülle ist das, was wir soeben Inhalt des Dings nannten.«109 105 Husserl 1991, 141. 106 Husserl 1950, 75. – An anderer Stelle: »Schauende Erkenntnis ist die Vernunft, die sich vorsetzt, den Verstand eben zur Vernunft zu bringen.« Ebd., 62. 107 Zum Skeptizismus in der Ästhetik siehe Tatarkiewicz 1979, 1. Band, ab 215. 108 Husserl 1991, 144. 109 Ebd., 63.

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Vergleichbar verhält es sich beim Raum, dem Bruder der Zeit.110 Alle Wahrnehmung, visuell oder taktil, führt auch zum räumlichen Wesen des Dings. Methodologisch hilft dabei die eidetische Reduktion. Sie ist neben der Epoché das zweite Vorgehen in der Wesenserkennung.111 Mit ihr kann ebenfalls das Allgemeine, das »invariable Was« erfasst werden.112 Es gilt, Variationen von erschienenen Dingen zu finden, um einen möglichst großen Fundus zu einem bestimmten Thema zu erhalten. Warburg setzte dieses Verfahren ein. In seinen Bilderreihen mischen sich Reproduktionen von Architektur, Briefmarken, Grafik, Literatur, Malerei, Münzwesen, Skulptur, Zeichnung, Zeitung etc. durcheinander und stehen in Bezug zueinander (Abb. 106). Die realen Dinge können durch nicht Seiendes (z. B. thematische Vorstellungen zu einer Tatsache) ergänzt werden.113 In dieser Gesamtschau offenbaren sich Differenzen und Gemeinsamkeiten. Letztere, die Invarianten, führen dann zum Wesen (Eidos) des Dings, welches vom Transzendenten gelöst ist.114 Transzendenz versteht Husserl als ein doppeltes. Es kann einerseits das »im Erkenntnisakt Nicht-reel-enthaltensein des Erkenntnisgegenstandes [sein; Anm. JB]. Es gibt aber noch eine andere Transzendenz […] nämlich absolute und klare Gegebenheit, Selbstgegebenheit im absoluten Sinn.«115 Auch der Raum, als Mög-

110 Ebd., 65. 111 Ziel beider Methoden ist der »Ausschluß aller transzendenten Setzungen« im Erkennen. Husserl 1950, 5. – Weitere Erläuterungen zur Reduktion finden sich ebd., 57–63. 112 Husserl 1991, XV. 113 Das Psychologische ist hier jedoch dezidiert nicht gemeint. Im Sinne Husserls muss dieses ja gerade von den eidetischen Wissenschaften geschieden werden: »Von der fundamentalen Verwechselung zwischen dem reinen Phänomen […] und dem psychologischen Objekt der naturwissenschaftlichen Psychologie muss man sich hüten. Blicke ich als natürlich denkender Mensch auf die Wahrnehmung hin, die ich gerade erlebe, so apperzipiere ich sie alsbald und fast unausweichlich […] in Beziehung auf mein Ich […] Das Ich als Person, als Ding der Welt, und das Erlebnis dieser Person, eingeordnet […] in die objektive Zeit: das alles sind Transzendenzen und sind also erkenntnistheoretisch Null. Erst durch eine Reduktion […] gewinne ich absolute Gegebenheit«. Husserl 1950, 44. 114 Den Wesensbegriff formulierte Husserl weitaus sachlicher aus, als es in unserem heutigen Sprachgebrauch üblich ist. Er verstand unter Wesenswissenschaft »die reine und konsequente Übung der schon von Sokrates-Platon in die Wissenschaft eingeführten Methode der Ideenschau und der prädikativen Erkenntnis, die auch apriorische Erkenntnis heißt«. Husserl 1989b, 13. – Neben Husserl partizipierten auch Heidegger o. Scheler an der Wesensschau. In der Kunstgeschichte ist diese Arbeit bis heute belastet. Beispielsweise stellt Jutta Held die Wesensschau neben die nationalsozialistische Ideologie. Dieser Ansatz ist zweifelsfrei richtig; wenn auch nur einer unter vielen. Held 2003, 40. 115 Husserl 1950, 35.

4.1       Panofskys Seele

lichkeit der erscheinenden Dinglichkeit, ist ein Doppeltes.116 Wie die Zeit ist er gleichzeitig Form und Fülle beziehungsweise Materie. Husserl erläutert: »Auf der einen Seite haben wir Körpergestalt und Bestimmtheiten derselben, wie Flächen, Ecken, Kanten, auf der anderen Seite die raumbedeckenden und füllenden Qualitäten, die Färbungen, die sich über die Flächen dehnen und an den Kanten sich schneiden, ebenso die taktilen Bestimmtheiten, Glätte, Rauigkeit, Klebrigkeit, auch die Temperaturbestimmungen u. dgl.«117

Abb. 106: Anonymus, Aby Warburg. Urworte leidenschaftlicher Gebärdensprache, Zustand vom 06. Februar 1927.

Panofsky schloss sich diesen Überlegungen an. Seine Tafel zu den »Grundbegriffen« dokumentiert (siehe nochmals Abb. 105): a) Er übernahm das prinzipielle Verfahren der ontologisch-methodologischen Antithetiken inklusive Fülle / Form sowie Raum / Zeit. b) Er öffnete seine Überlegungen den phänomenal-visuellen Gegensätzen Husserls unter der Hinzunahme rieglscher Termini.

116 Nach Husserl ist »Realität […] raum-zeitliche Wirklichkeit.« Ebd., 75. 117 Husserl 1991, 66.

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Grundsätzlich differenzierte er diese phänomenologische Tafelmitte durch die Gegensätze »Elementar-, Figurations- und Kombinationswerte« aus. Hinter diesen Werten verstecken sich die an Riegl angelehnten Termini optischer versus haptischer, tiefer versus flächiger und ineinander greifende versus nebeneinander stehende Werte.118 Im Detail beziehen sich die Elementarwerte mit optisch versus haptisch auf die Werte, durch die »eine sichtbar gestaltete Einheit […] allererst entstehen kann«.119 Die Figurationswerte mit tief versus flächig widmen sich der sichtbar gestalteten Figur. Die Kompositionswerte als höchste Ebene umschreiben »diejenigen Werte, durch deren Ausgleich eine Mehrzahl von sichtbar gestalteten Einheiten […] zu einer Einheit höheren Grades verknüpft wird«.120 Zusätzlich sind diese Grundstrukturen mit unterschiedlich starken Affinitäten zu den alles einfassenden Antithetiken ausgestattet. Die Elementarwerte richten sich ontologisch, die Kompositionswerte methodologisch aus. Ein von Panofsky selbst angeführtes Beispiel erläutert diesen Kontext (Abb. 107–108)121: Wie allgemein bekannt lässt sich der ägyptische vom griechisch-klassischen Reliefstil insofern unterscheiden, als dass die ägyptische Kunst eine Reliefierung in der Fläche, die griechisch-klassische eine in der Tiefe vorzog (zweiter Gegensatz). Diese Präferenzen lösen in Panofskys Denken automatisch ein Zusammenfallen von verschiedenen Werten aus. Die Fläche (ägyptisch) impliziert das Haptische (erster Gegensatz) beziehungsweise Ruhe und Isolation (dritter Gegensatz mit den Werten des Nebeneinanders), die Tiefe (griechisch) das Optische (erster Gegensatz) beziehungsweise Bewegung und Verschmelzung (dritter Gegensatz mit den Werten des Ineinander).122 Der zweite Gegensatz des phänomenalen Grundproblems »Tiefenwerte und Flächenwerte« verdeutlicht die unumstößliche Tatsache, so Panofsky, dass innerhalb eines Stils oder Werks alle drei Grundprobleme des Phänomenologischen einfließen beziehungsweise im Falle des ersten und dritten Gegensatzes ebenso auf die allgemeinen Antithetiken aus Fülle / Form respektive Raum / Zeit rekurriert wird. Er hebt hervor: »Schon aus dem eben Angeführten geht hervor, wie irrig die fast überall vertretene Auffassung ist, wonach die Grundbegriffe der Kunstwissenschaft den Ehrgeiz oder die Aufgabe hätten, die stilistische Eigenart eines Kunstwerks oder einer Kunstepoche unmit118 Zu Riegl: Panofsky betont, dass er sich bei Riegl bedient, die psychologische Kontextualisierung allerdings ablehnt. Panofsky 1998g, 1038, Anmerkung 8. 119 Panofsky bezeichnet diesen Wert nachfolgend als Stellungswert. 120 Ebd. 121 Hier wird Panofsky gefolgt. 122 Dahinter steht die Annahme Panofskys, dass die Elementarwerte sich in optisch / h aptisch, die Kompositionswerte in integrativ /  r elativ u. die Figurationswerte in Verschmelzung–Bewegung /  I solation–Ruhe zergliedern. Ebd., 1038 f.

4.1       Panofskys Seele telbar als solche auf eine Formel zu bringen. Was sie, insoweit sie wirklich den Namen von Grundbegriffen verdienen, auf eine Formel zu bringen versuchen, das ist durchaus nicht die Art und Weise, wie die künstlerischen Probleme gelöst, sondern wie sie gestellt sind«.123

Abb. 107 und 108: Anonymus, Festprozession mit ägyptischen Soldaten, 1479–1458 v. Chr. (links). Pergamonaltar, Großes Fries, 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.

Panofsky behauptete nicht, dass die von ihm vorgestellten Grundbegriffe einer transzendental-philosophisch orientierten Kunstgeschichte in ihrer Gänze von ihm erkannt wurden. Er stellte jedoch klar, dass die zukünftige theoretische Arbeit an diesen Grundbegriffen nur in antithetischer Form möglich sei.124 Dabei sind die Antithesen nicht absolut. Vielmehr solle man sich das Bild einer gleitenden Skala vorstellen. Diese unterteile sich in Punkte, welche die Stellung eines künstlerischen Grundproblems fassen (haptisch, optisch) oder die Lösung des Problems präsentieren (malerisch, plastisch). Abgesehen davon, dass hier wieder Raum / Zeit anklingen, betonte Panofsky, dass diese verschiedenen Ansätze keine Gegensätze, sondern »graduelle Unterschiede« sind.125 Je nach Werk schlägt nun das Pendel mehr in die eine oder andere Richtung aus und verlegt den Schwerpunkt auf den ersten, zweiten oder dritten Gegensatz.126 Trotz dieses »gleitenden« Charakters müssen die zu eruierenden Grundbegriffe »apriorische Geltung« besitzen, »Anschauliches betreffen« und in einem »systematischen Zusammenhang« stehen.127 Auch sollen sie nicht allein aus dem

123 Ebd., 1040. 124 Aus Sicht Panofskys ist es die Aufgabe der Kunsttheorie, diese Arbeit an den Grundbegriffen zu leisten. 125 Hier spielt er nochmals auf Wölfflins Pole linear / m alerisch, Fläche /  T iefe o. geschlossene / o ffene Form an. Wölfflin 2004. 126 Siehe dazu das Beispiel Panofskys in Panofsky 1998g, 1042. 127 Ebd., 1045.

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Verstand abgeleitet werden, da sie oftmals nur in der Erfahrung entdeckt werden können.128 Verdichtet formuliert liegt die Aufgabe der Theorie darin, durch »ein a priori legitimiertes Reagens […] die Erscheinungen zum Sprechen zu bringen: indem sie nur die Stellung, nicht aber die möglichen Lösungen der künstlerischen Probleme auf Formeln bringen, bestimmen sie gleichsam nur die Fragen, die wir an die Objekte zu richten haben, nicht aber die individuellen und niemals vorauszusehenden Antworten, die diese Objekte uns geben können.«129

Nach diesem für Panofsky so notwendigen »Denkexerzitium« scheint er in den Jahren von 1925 bis 1932 an der Aufdeckung fundamentaler Grundprobleme das Interesse verloren zu haben. In diesem Zeitraum veröffentlichte er zahlreiche Einzelstudien, ohne dabei die Theorie näher zu berühren. Panofsky untersuchte beispielsweise die Perspektive (Raum) oder den Rhythmus (Zeit).130 Dazu verarbeitete er für einen Aufsatz Zeiträume vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 16. Jahrhundert und griff auf Gattungen, Stile und Materialien zurück. Allein im Perspektive-Aufsatz von 1927131 gelangte er zu einem Ergebnis mit Hilfe der europäischen und nordafrikanischen Architektur, dem Bild, dem Fries, dem Kanonblatt, der Keramik, der Konstruktion, dem Kupferstich, der Miniatur, dem Mosaik und Relief (Abb. 109–114). In einer Gesamtschau wies er anhand dieser Einzelwerke nach, dass die Perspektive als symbolische Kulturform verstanden werden kann und dieses Faktum in der Geschichte der Kunst sich stets unter anderen Aspekten entwickelte.132 Dabei werden die Werke immerwährend mit Rücksicht auf das in ihnen phänomenologisch Angelegte be128 Ebd., 1046 f. 129 Ebd., 1044. – Verfahren wir nach dem altbekannten Muster der Epoche o. des Stils, thematisieren wir nur die Lösung. Die im Werk manifestierten Fragen bleiben unbearbeitet. 130 Hier sind seine Arbeiten zur Perspektive als symbolische Form (Panofsky 1998f), Zur malerischen Perspektive o. zu Dürers rhythmischer Kunst (Panofsky 1998a) gemeint. 131 Panofsky 1998f. 132 Diese Methodologie einer Gesamtschau verfolgte Panofsky auch in seinen Vorträgen. Die schriftliche Fassung seines Referats zur Rezeptionsgeschichte der platonischen Idee des Schönen im Jahr 1924 diskutierte das »Schicksal eben dieses Begriffs« von der Antike bis zum Ende des Klassizismus. Siehe Cassirer / P anofsky 2008. – Hier besteht natürlich die Aufgabe, auf Cassirers symbolische Formen zu verweisen u. nochmals zu verdeutlichen, was er darunter verstand: »Unter einer symbolischen Form soll jene Energie des Geistes verstanden werden, durch welche ein geistiger Bedeutungsgehalt an ein konkretes sinnliches Zeichen geknüpft und diesem Zeichen innerlich zugeneigt ist. […] Eine Welt selbstgeschaffener Zeichen und Bilder tritt dem, was wir die objektive Wirklichkeit der Dinge nennen, gegenüber und behauptet sich gegen sie in selbstständiger Fülle und ursprünglicher Kraft.« Cassirer 2009b, 67.

4.1       Panofskys Seele

schrieben und analysiert. In einem weiteren Schritt untersuchte Panofsky die in der künstlerischen Gestaltung präsentierte Sinnebene. Dazu erwächst die Aufgabe, zum Erkannten auch »außerkünstlerische Phänomene in Parallele zu setzen«.133 Die Kulturen des Geistes wirken zusammen und bilden am Ende einen Lösungsversuch: »Denn schlechthin alle geistigen Formungen, philosophische und religiöse Lehren ebenso wie rechtliche Satzungen oder Sprachsysteme, können und müssen als Lösungen philosophischer, religiöser, rechtlicher und sprachlicher Probleme verstanden werden […] so kann eine allgemeine Geisteswissenschaft den Nachweis versuchen, daß innerhalb einer bestimmte Kultur […] alle geistigen Probleme […] in einem und demselben Sinne gelöst seien.«134

Abb. 109–111: Anonymus, Ägyptische Gartendarstellung, o. A. Anonymus, Wiener Genesis, Mitte 6. Jahrhundert. Anonymus, Hospitalité d’Abraham, 527–547 (v. l. n. r.).

Abb. 112–114: Naumburger Meister, Abendmahl, 1243–1249. Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, 1415–1435. Albrecht Dürer, Hieronymus im Gehäuse, 1514 (v. l. n. r.).

133 Panofsky 2008, 1057. 134 Ebd.

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4 Re-Theoretisierung

Abb. 115: Matthias Grünewald, Auferstehung Christi, um 1512.

4.1       Panofskys Seele

Das traditionelle Zentrum wissenschaftlichen Arbeitens, die in ein Werk gegossene »historische Wirklichkeit«, verlor seine Relevanz. Die neue Kunstwissenschaft stellte nun die künstlerische Problemlösung ins Zentrum. Die Tragweite dieser anderen Denkart erläuterte Panofsky am 20. Mai 1931 in einem Vortrag vor der Kieler Kantgesellschaft.135 Auch tauchen hier seine Weiterentwicklungen seit 1924 auf. Am Beispiel von Matthias Grünewalds (1470–1528) Auferstehung Christi (etwa 1512 / 16) verdeutlichte Panofsky seine Methodik des Dreischritts in der kunsthistorischen Deutungsarbeit (Abb.  115). Die basale Sichtweise auf das Werk bezeichnet die phänomenale Annäherung. Diese ersetzt die Formanalyse.136 Die Erscheinung des Werks gilt es, unter formalen wie inhaltlichen Fragestellungen empirisch herauszuarbeiten. Der Struktur dieser Arbeit liegen subjektive Interpretationsquellen, wie die Erfahrung und das Wissen des Forschers, zugrunde.137 Das Wissen umfasst im Falle Grünewalds dabei nicht nur das Wissen zur Person Jesu, sondern auch zu zentralen künstlerischen Grundproblemen. Denn: »Woran sehen wir, daß Christus schwebt?«, fragt Panofsky.138 Seine Antwort: Dies erkennen wir nur, indem wir Kenntnis vom Raumbegriff in der Renaissance haben. Allein so lässt sich feststellen, dass »in einer solchen [mittelalterlichen; Anm. JB] Miniatur der dunkle Hintergrund nicht Himmel, sondern abstrakte Folie [ist; Anm. JB], und die Menschen und Dinge sind nicht als raumverdrängende und der Schwerkraft unterworfene Naturkörper aufgefaßt und dargestellt, sondern als gleichsam gewichtslose Gefäße eines geistigen Gehalts oder einer sachlichen Bedeutung. Der Christus Grünewalds schwebt, weil hier die ganze Dar-

135 Kurz zuvor veröffentlichte Panofsky sein erstes ikonographisches Buch: Herkules am Scheidewege (1930). Darin erläuterte er seine kunsthistorische Deutungsarbeit ebenfalls – allerdings weit weniger klar. Aus diesem Grund bot sich der Kieler Vortrag für eine Analyse an. Panofsky 1930b. 136 Panofsky erläuterte sehr genau, warum der Formalismus für die Kunstgeschichte eine unbrauchbare Methodologie darstellt. Für ihn ist er schlichtweg nicht möglich, da schon die kleinste formale Betrachtungsweise »in Wahrheit nicht nur die Form […] sondern daneben auch bereits der Sinn der Form den Gegenstand der Bildbeschreibung« einschließt. Panofsky 1998h, 1065. 137 Panofsky bezeichnete die Erfahrung als vitale Daseinserfahrung, die z. B. die Erfahrung des Menschseins enthält. Nur so ist es möglich, Personen im Werk zu identifizieren. Ebd., 1067. – Im Grunde ging Panofsky davon aus, dass kein Schritt der Interpretation objektiv ist. Schon die Textauswahl der Autorin mit ihrer Zitation ist keine bloße Wiedergabe, sondern eine Interpretation seiner Gedanken. Ebd., 1072. 138 Ebd., 1067.

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4 Re-Theoretisierung stellung von einem […] perspektivischen und […] plastischen Naturalismus beherrscht wird«.139

Der Naturalismus markiert nicht nur die Überwindung des »aperspektivischen und unplastischen Spiritualismus«, sondern auch den Beginn des modernen Raumverständnisses.140 Die Fragen zum Phänomen (erster Schritt) und zur Bedeutung (zweiter Schritt) führen Panofsky in seiner Darlegung zur kunsthistorischen Deutungsarbeit zum letzten Schritt: dem Dokumentsinn. Diesem fällt die Aufgabe zu, das Erkannte in den geistesgeschichtlichen Zusammenhang einer Epoche oder eines Kulturkreises zu stellen, und bildet ein Korrektiv zu den vorgängigen Untersuchungsschritten. Korrigiert die Geistesgeschichte den Dokumentensinn, so korrigiert die Gestaltungsgeschichte den Phänomensinn und die Typengeschichte den Bedeutungssinn. Empirisches gelangt vor den Richterstuhl dieser »Oberinstanzen« (Panofsky). Das Subjektive ist einbezogen in zuvor erkannte und benannte Grundprobleme oder Regelmäßigkeiten der Kunstgeschichte.141 Dass Panofsky hier in die Fußstapfen Kants tritt, ist augenfällig: Schon die Tafel zu Kants Grundsätzen der Naturwissenschaft von 1783 vermittelt die Wirksamkeit seiner Überlegungen auf die Grundpositionen Panofskys (Abb. 116–117). Die Axiome der Anschauung beziehungsweise Erfahrung entsprechen dem Phänomensinn; das Axiom der Analogie dem Bedeutungs- und das des Postulates dem Dokumentensinn.142 Allerdings erweiterte Panofsky diese Konzeption wie auch schon seine Rezeption an den kantischen Zentralbegriffen oder die Methodologie Husserls um die Symboltheorie Cassirers.143 Sieben Jahre nach dem Vortrag in Kiel veröffentlichte er seine Tafel zur Deutungsarbeit erneut. Dieser Ausgabe ist unter anderem zu entnehmen, dass er den Dokumentensinn um den symbolischen Wert erweitert hat (Abb.  118).144 Die Grundprobleme mit Raum / Zeit, welche 139 Ebd., 1068. 140 Ebd. 141 Ebd., 1069–1072. 142 Auch Cheetham deutet das Werk Prolegomena als einen der kantischen Zentraltexte Panofskys. Cheetham 2001, 68. 143 Welche Rolle der Symbolbegriff Warburgs spielte, konnte im Rahmen dieser Studie nicht geklärt werden. In Warburgs Schriften um 1900 finden sich Beispiele, wo dieser Raum /  Z eit im Kontext des Symbolbegriffs untersucht. Eine Einflussnahme kann erst nach einer Durchsicht der Notizen Panofskys belegt werden. Warburg 2009, 77. 144 Ebenfalls rekurrierte er in dieser Fassung nochmals auf Riegls Ansatz eines Ausgleichs zwischen der analytischen u. der synthetischen Methode. Riegls Position zur Analyse kam Panofsky in den frühen Auseinandersetzungen entgegen. Die Synthetische Intuition betonte nach Ansicht der Autorin Panofskys Anspruch nach Objektivität in der geisteswissenschaftlichen Forschung.

4.1       Panofskys Seele

den Phänomensinn fundierten und in den Frühschriften von Panofsky erarbeitet wurden, lassen sich nicht mehr auf den ersten Blick ableiten. Wie bei einem Fundament üblich tragen sie das gesamte Modell, ohne selbst in Erscheinung zu treten.

Abb. 116 und 117: Erwin Panofsky, Tafel zur kunsthistorischen Deutungsarbeit, 1932 (links). Immanuel Kant, Reine physiologische Tafel allgemeiner Grundsätze der Naturwissenschaft, 1783.

Abb. 118: Erwin Panofsky, Tafel zu Ikonographie und Ikonologie, 1939.

Lässt man den Blick über Panofskys nachfolgendes Werk schweifen, wird schnell deutlich, dass ihn Raum / Zeit nicht nur theoretisch fesselte. Auch inhaltlich blieb er diesem Thema treu. Seine Briefe an Kollegen dokumentieren seine begeisterte Suche nach dem Raum in Kunst und Architektur. Am 18. Ok-

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tober 1948 schrieb er beispielsweise an den Medienwissenschaftler Rudolf Arnheim (1904–2007) mit Blick auf sein Buch Gothic Architecture and Scholasticism (1951): »Many thanks for your article which was of quite particular interest to me. As an art historian I have, of course, developed my own little system of ›spaces‹ (nine in all), and the three basic categories I named ›positive‹, ›negative‹, and ›ambivalent.‹ I was most enthusiastic to see that you quite independently use the word ›negative‹ in precisely the same way that I presume to do. Whereas my ›ambivalent‹ space roughly corresponds to your espace-partner.«145

Panofskys inhaltliche Arbeit an Raum / Zeit begründet sich nach Auffassung der Autorin in der konsequenten Weiterentwicklung der kunsthistorischen Quelle, Fragestellung und Urteil. Raum / Zeit in der vorliegenden Weise zu thematisieren bedeutet nicht weniger, als die Struktur menschlicher Erkenntnis in ihrer historischen Dimension für die Kunstgeschichte zu erschließen. Auch überzeugt seine methodologische Komplexität und Systematik. An höchster Stelle stand bei ihm die Entwicklung künstlerischer Grundprobleme. Diese betrachtete er als Rückgrat einer neuen Kunstgeschichte und mithin einer neuen Methodologie. Nur mit ihrer Hilfe ließe sich der Hyperidealismus und Materialismus um 1900 relativieren. Diese Abwehr macht dem neuen Leitbild Panofskys Platz: der Seele. Sie steht für ein ausgeglichenes Erkenntnisvermögen aus Erfahrung, Intuition, Vernunft und Wissen. Vermutlich griff Panofsky hier auf die antike Definition zurück. Aristoteles, Platon wie Augustinus (435-?) deuteten die Seele als zentrales Erkenntnisorgan.146 Sie kennzeichnet »die seelisch-geistige Innenausstattung des Menschen; nicht in der Außenwelt, sondern nur in der Seele ist nach Augustinus die göttliche Wahrheit zu erfassen«.147 Mit diesem Werkzeug kann sich die traditionelle Kunstgeschichte zur transzendental-orientierten Wissenschaft entwickeln. Dabei zählt für letztere nicht mehr der einzelne Gegenstand, sondern die sich im Künstlerischen ausdrückende Fragestellung. Nun legt die Fragestellung des Künstlers fest, was und wie Kunst beziehungsweise Gegenstand der Wissenschaft wird. Panofsky ging davon aus, dass es apriorische Voraussetzungen für die145 Siehe den Brief Panofskys an Rudolf Arnheim vom 18. Oktober 1948, Panofsky 2001b, 982. – Nachfolgend entspann sich zwischen Panofsky u. Arnheim eine kleine Korrespondenz zu diesem Thema. Siehe Arnheims Brief an Panofsky vom 24. Oktober 1948, ebd., 987, o. den Brief Panofskys an Arnheim vom 25. Oktober 1948, ebd., 988. – Allerdings verlor sich diese schriftliche Auseinandersetzung. Auch konnte Panofskys Raum-Schema im Projektverlauf nicht aufgefunden werden. 146 Siehe dazu Wulf 2005. 147 Ebd., 5. – Zu Platon / A ristoteles siehe Treusch-Dieter 2005.

4.2       Dorners Auge

sen Prozess gibt. Diese goss er in die basalen Antithetiken mit Fülle / Form und Raum / Zeit. Raum / Zeit sind hier Methode der Gestaltung und Leitfaden für die wissenschaftliche Analyse.148 Ihre Historisierung hebt die Scheidung zwischen subjektivem und objektivem »Sinn« auf. Beide können unter historischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Der Anspruch auf einen Wechsel vom Ding zur Erschließung der drei Wertebenen mit den darin eingeschlossenen Fragestellungen implementiert auch die Demokratisierung zwischen den Gattungen und Kulturkreisen wie die Integration von Kunst in ein gleichberechtigtes System kultureller Leistungen.149 Ganz in diesem egalitären, globalen Sinne schreibt Panofsky am 15. November 1935 aus Princeton an die Kunstwissenschaftlerin Gertrud Bing (1892–1964): »Uns geht es nach wie vor sehr gut […] und ich muss nebbich meinen Gesichtskreis immerfort erweitern, jetzt sogar bis China, da ein sehr netter Kollege hier seine Raumtheorien in der chinesischer Malerei mit mir als berufsmäßigen Perspektiviker durchzudiskutieren wünscht – was mir übrigens Spaß macht. Nach einem halben Jahr werde ich über Tang, Ming, Sung und Rin-Tin-Tin reden können wie ein Alter.«150

4.2       D orners A uge Innerhalb der Kunstgeschichte war die Arbeit Panofskys zur wissenschaftstheoretischen Neuausrichtung in den 1920er-Jahren ein öffentliches Anliegen. Wer über das Wie der Kunstgeschichte sprach, erhob seine Stimme zumeist für eine überfällige Reform auf den Ebenen der Institution, der Lehre, der musealen Vermittlung und der wissenschaftstheoretischen Grundlegung der Disziplin. Wenn die Kunstgeschichte zukünftig erfolgreich arbeiten wolle, so der gemeine Konsens, müsse eine Zeit der »Abrechnung« sowie »harter theoretischer« und »institutioneller Auseinandersetzung« (Heinrich Dilly) durchgestanden werden.151 Diese Diskussionen führten die frisch promovierten und gerade habilitierten Kunsthistoriker jener Jahre bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten (1933), um im Anschluss daran als geschlossene Wissenschaftsgeneration in die Vereinigten Staaten zu emigrieren. 148 Das Ordnungssystem von Kunst durch Raum / Z eit geht hier weitaus mehr ins Detail als im 18. Jahrhundert. Raum /  Z eit ordnen nicht mehr die einzelnen Gattungen, sondern unterscheiden die Grundlagen künstlerischer Gestaltung. 149 Gemeint ist hier die Ablehnung geografischer o. medialer Dominanzen, wie sie noch Hegel propagierte. 150 Siehe den Brief Panofskys an Gertrud Bing vom 25. November 1935, Panofsky 2001a, 865. 151 Dilly 1979, 33.

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Auch der junge Dorner beteiligte sich an diesen Entwicklungen. Zum Zeitpunkt seiner ersten öffentlichen Wortmeldung zur kunsthistorischen Methodologie befand er sich am Anfang seiner Karriere. 1918 hatte er seine Promotion mit einer Arbeit zur Romanischen Baukunst in Sachsen und Westfalen abgeschlossen und eine Stelle als Kurator am Provinzialmuseum in Hannover angetreten.152 In seiner Methodik der Kunstgeschichte, welche im Jahr 1919 in der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft erschien, stellte Dorner seinen Blick auf das breit diskutierte wissenschaftstheoretische Grundproblem dar. Er diagnostiziert: »Alle Wissenschaft hat das Bestreben, in einer vernunftmäßigen, absoluten göttlichen Einheit den Gegensatz von Gesetz und Willkür begründet zu finden. Dieser Gegensatz tritt stärker als z. B. in der Philosophie, in der Geschichte, zumal in der Geschichte der bildenden Kunst zutage, wo subjektive Willkür des Künstlers und Zufälligkeiten des stofflichen Materials notwendige Voraussetzungen sind. In uns liegt die apriorische Tendenz zur Gesetzesbildung, um Herr über dieses Chaos zu werden.«153

Die Gegenstände der Kunst entstammen gemäß Dorner der zügellosen Schöpfungskraft des Künstlers. Nur die Wissenschaft gehorcht dem Gesetz. Die bisher vorgelegten Lösungswege einer Annäherung von Kunst und Wissenschaft seien aufgrund der resultierenden Ausgrenzungen künstlerischer Objekte unbefriedigend. Die ideelle, hegelsche Art der »frühen Kunstgeschichte« begegnete der Kunst mit einem vorgefassten Muster.154 Werke, die diesem Muster nicht entsprachen, »wurden nicht gesehen« und aus der Kunstgeschichte entfernt.155 Die nachfolgende, von der Empirie geleitete Art des späten 19. Jahrhunderts produziere gleichfalls Probleme. Sie konzentriere sich auf eine »Vergötterung der reinen Tatsachen, und so häufte man Berge von Material an und hatte den Bauplan nicht, an seiner Hand das Material zu ordnen.«156 Aus Sicht Dorners kann der richtige Weg der Kunstgeschichte nur zwischen diesen beiden Positionen liegen. Die Trennung zwischen Idealismus und Empirismus müsse endgültig aufgehoben werden. »Aus ihrer gleichberechtigten Zusammenarbeit entstehen Gesetze, die durch Tatsachen belegbar auch vor dem Tribunal der Tatsachenforschung Bestand haben.«157 Überschrieben sei 152 Veröffentlicht wurde die Dissertation 1923 unter dem Titel Die romanische Baukunst in Sachsen und Westfalen. Dorner 1923. 153 Dorner 1919, 248 f. 154 Ebd., 249. 155 Ebd. 156 Ebd. 157 Ebd.

4.2       Dorners Auge

diese andere Theorie mit dem Begriff der »Synthesis«.158 Nur die synthetisch ausgerichtete Forschung mit gleichberechtigten Gegensätzen ermöglicht sowohl eine »Reduzierung auf dualistische Grundideen […] als auch unbegrenzte Variationen […] das heißt, das Gesetz erfüllt in der abstrakten Reduzierung auf Ideen seine ideelle Einheit und in der Unendlichkeit der möglichen Variationen seine reale Vielheit, ist also Symbol Gottes.«159

Die Basis wissenschaftlicher Betrachtung ist die doppelte Verwurzelung des »autonomen« Kunstwerks160 im »Reich der Ideen« einerseits und in dem der »Wirklichkeit« andererseits.161 Diesen Wurzeln entsprechen zwei unterschiedliche Ausrichtungen in der Kunstgeschichte: 1. »Die Harmonie von Ideen und Wirklichkeit« und 2. »Die Diskrepanz beider«.162 In Dorners Verständnis realisiert sich die erste Grundart in der »klassischen Kunst […] wo das Reale zum Typischen idealisiert ist«.163 Die zweite findet sich in der »orientalischen und […] primitiven Kunst, wo der Gegensatz zwischen Wirklichkeit und Idee im abstrakten Ausdruck der letzteren und im einseitig realen oder unnatürlich gesteigerten Ausdruck der ersteren gegeben ist.«164 Diese Verankerung der Werkanalyse in der Annahme einer ursprünglichen Zweiheit bestimmt auch die Grundgesetze des künstlerischen Schaffens. Die Gotik, so erläutert Dorner dem Leser, plausibilisiere sich nicht durch eine kulturhistorische Analyse. Das gotische Schaffen fasse ebenfalls »Idee« und »Wirklichkeit« zusammen. Mit Hilfe dieser zwei Seiten definiere sich die Gotik am Ende aller Überlegungen »als ein ganz bestimmtes Kreuzungsprodukt logisch-konstruktiver Tendenzen klassischen Ursprungs präponderierender transcendental-realistischer Tendenzen […] die aus der Harmonie der apriorischen subjektiven Tendenz zur Gesetzesbildung und der objektiven Tatsachen entstanden sind«.165 158 Ebd. 159 Ebd. 160 Dorner schließt die angewandten Künste von seiner Betrachtung aus. Ebd. 161 Ebd. 162 Ebd., 250. 163 Ebd. 164 Ebd. 165 Ebd.

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Drei Jahre nach dem Erscheinen der Methodik arbeitete Dorner seine Idee zur dualistischen Auffassung kunsthistorischer Arbeit noch stärker heraus. Anlass war seine Auseinandersetzung mit Panofskys Aufsatz zum Begriff des Kunstwollens aus dem Jahre 1920. Neben dem aus seiner Sicht detaillierten Nachweis eines »Fehltritts« Panofskys stellte Dorner seine Forderungen an das wissenschaftliche Arbeiten über Kunst den Gedanken Panofskys gegenüber.166 Grundsätzlich ging er wieder von einer Zweiheit, und zwar von einer Trennung zwischen Kunsttheorie und Kunstgeschichte aus. Erstere befasse sich mit der theoretischen Dimension des Kunstwerks. Letztere habe das Werk mit seiner historischen Perspektive zum Gegenstand. Beide Wissenschaften bedürften einer eigenen Methode und ließen sich nicht, wie Panofsky zu beweisen versuchte, im kantischen Denkmodell verankern. Dorner widerspricht dem Hamburger Kunsthistoriker: »Auf kantischer Grundlage fußend, kann man zweifellos die apriorischen Existenzbedingungen des Kunstwerks an sich, formal analytisch, zeitlos als reinen Verstandesbegriff festlegen, man kann aber niemals die jeweilige Entstehung der praktischen Einzelerscheinung eines zeitlich bedingten, geschichtlichen Kunstwerks aus diesen abstrakt formalen Begriffen heraus, als historisch notwendig erklären.«167

Dualistische und gleichzeitig apriorische Begriffspaare aus theoretischer Stoßrichtung  – etwa realistisch versus idealistisch, inhaltlich versus formal oder subjektivistisch versus objektivistisch – trügen zum Verständnis des historischen Werks nichts bei und seien auch kein spezifisch an der Kunst ausgerichtetes Vokabular.168 Das andere Leitmotiv kunsthistorischer Forschung, die dualistische Lehre vom Transzendental-Idealistischen und dem Idealistisch-Naturalistischen, sei ebenfalls strittig. Diesem Prinzip liege die grundsätzliche Spaltung des Daseins und des Kunstschaffens in Materie und Geist zugrunde. Im Denkhorizont Dorners geht dieses Konzept auf Schellings System des transzendentalen Idealismus (1800) zurück und hatte – im kantischen Sinne – den Erkenntnisprozess als Konstruktion des Subjekts zum Thema.169 Allerdings sei der An166 Da die Kritik an Panofsky hier eher unwichtig ist, wird auf eine Darlegung verzichtet. 167 Dorner 1922, 217. 168 »Damit, dass ich an einen praktischen kunsthistorischen Fall ein solches Denkexerzitium anschließe, die Materie gleichsam zerlege auf der Querschnittsebene des reinen Denkens, habe ich für die Klärung dieses Falls nichts getan.« Ebd. 169 Zitiert nach ebd., 218. – Schellings System des transzendentalen Idealismus bestimmte die Kunst als Ort des »absoluten Wissens«. In ihr tritt das Absolute – o. das Unbedingte im kantischen Sinne – in Erscheinung. Das Kunstwerk ist »bewusstlose Unendlichkeit, Verbindung von Natur und Freiheit, Identität des Bewussten und Bewusstlosen als einzige und ewige

4.2       Dorners Auge

satz Schellings am Ende ebenfalls kein Gewinn. Dessen Gedanken seien ein zu »starres Gerüst«. Es könne die Menge der »kunstgeschichtlichen Neuentdeckungen« oder Epochen nicht fassen.170 Diesem Vorwurf der methodischen Statik musste sich abschließend auch Wölfflin aussetzen. Dessen Kunstgeschichtliche Grundbegriffe seien als formal-sinnliche Kriterien zwar wegweisend, als geschichtliche Gesetze der Kunst jedoch untauglich  – untauglich, da die Gänze künstlerischer Entwicklung wie die Spezifik eines Kunstwerks ebenfalls nicht zu erfassen sei. Wölfflins Entwurf leide, wie auch der Panofskys, an der Aufhebung der Grenze zwischen Theorie und Geschichte.171 Die Kunstgeschichte könne nicht theoretisch denken. Sie »kann keine Gesetze haben, denn dann wäre sie für alle Zeiten festgelegt und würde durch Begrenzung und Erstarrung auf hören, lebendig wachsende Geschichte zu sein«.172 Ihre Aufgabe sei die historische Analyse nach der Maßgabe von Zeit und Raum bzw. Chronologie und Geografie. Darüber hinaus kann sie die sinnliche Komponente des Werks mittels »in der Gegenwart vorhandener Begriffe« diskutieren. Allein in diesem Vorgehen kann die Kunstgeschichte das erfüllen, »was sie imstande ist.«173 Interessant ist, dass Dorners Entwicklung eines Einspruchs auf einem bis heute sehr populären Irrtum auf baut, welcher für seine eigenen Überlegungen weitreichende Konsequenzen hatte: Wölfflin und Panofsky ging es in den hier besprochenen Beiträgen nicht vorrangig um die historische Analyse von Kunstobjekten. Es ging ihnen um die Frage der Möglichkeit kunsthistorischen Erkennens unter streng wissenschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Fundierung dieser Möglichkeiten in Grundbegriffen. Letztere sollten die Basis einer kunsthistorischen Methodologie stellen und so weit allgemeingültig definiert sein, dass sie als begriffliches Axiom die Disziplin erkenntnistheoretisch wie methodisch zu verankern helfen. Aus diesem Grund folgten sie dem kantischen System einer Verstandesleistung mit Hilfe apriorischer Begriffe. Diese sind die Voraussetzungen der gegenständlichen und von den Sinnen geOffenbarung die es gibt.« Helferich 1998, 275. – Kunst wird so zum hochgeschätzten Sprachrohr der Philosophie. Schelling schreibt: »So versteht sich von selbst, daß die Kunst das einzige und wahre Organon zugleich und Document der Philosophie sey, welches immer und fortwährend aufs neue bekundet, was die Philosophie äußerlich nicht darstellen kann, nämlich das Bewusstlose im Handeln und Produciren und seine ursprüngliche Identität mit dem Bewußten. Die Kunst ist eben deswegen dem Philosophen das Höchste«. Zitiert nach ebd., 276. Siehe auch Schelling 1800. 170 Dorner 1922, 218 f. 171 Ebd., 221. 172 Ebd. 173 Ebd., 222.

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leiteten Erkenntnis und treffen sich in den Begriffen der Anschauung (Raum, Zeit), der Kategorien und der Vernunft (Idee).174 Dieser Unterschied zwischen einer Erkenntnis- und Analysefrage ist bedeutend. Er relativiert nicht nur traditionelle Bezüge der Kunstgeschichte wie die epochale Einteilung, das Werk oder den Stil. Er stellt das Künstlerische im Allgemeinen als kunsthistorisches Erkenntnisproblem in den Vordergrund. Diese forschungsleitenden Denkrichtungen bemerkte Dorner in seinen Frühschriften nicht beziehungsweise ließ sie unkommentiert. Seine Kunstgeschichte hat nicht das Erkennen, sondern weiterhin das Verstehen des Werks zum Gegenstand. Kunst ist das Ideal allen menschlichen und sich verändernden Schaffens. Die Kunstgeschichte ist die Disziplin, um diese Sachverhalte unter Hinzunahme bekannter Größen zu rekonstruieren und darzustellen. Sie ist als Wissenschaft zur Kunst ein lebendiges und stetig wachsendes Fach. Mit diesem aus dem Biologismus entlehnten Vokabular bemühte sich Dorner, den für ihn unüberbrückbaren Konflikt zwischen Kunst und (historischer) Wissenschaft zu lösen. Die Logik der Wissenschaft muss sich an der Logik und Dynamik der Kunst ausrichten. Nur so ist empirische Adäquatheit möglich. Jedes methodologische und somit auch reduktionistische Zugreifen der Wissenschaft unter Anwendung der ihr spezifischen Begriffe auf die Kunst produziert Widerstand. Nach diesen schriftlichen Beiträgen konzentrierte sich Dorner jedoch zunächst erfolgreich auf die praktische Seite der Kunstgeschichte – die museale Kunstvermittlung. Dies ist kein Wunder, dominierte sein Alltag doch die kuratorische Tätigkeit am Provinzialmuseum in Hannover (1919–1936). Er selbst beschrieb seinen Wechsel von der Universität in die Museumslandschaft als Praxistest.175 In den »kunstgeschichtlichen Glauben« drangen »Energien« aus zwei Richtungen ein: »vom Kontakt mit den Problemen des praktischen öffentlichen Lebens und […] mit den Pionieren auf allen Gebieten der bildenden Kunst«.176 Unter diesem Eindruck drängten sich schon kurz nach dem Stellenantritt in Hannover und der anschließenden Übernahme des Direktorats (ab 1925) der Gedanke an Reformen auf: Die Bestände galt es zu ordnen, die Hängung zu überarbeiten, pädagogische Konzepte zu verfassen, die baulichen Rahmenbedingungen zu verbessern und einen tieferen, konzeptionell tragfä-

174 Zahlreiche Einsprachen gegen den Apriorismus Kants aus den Reihen der Kunstgeschichte beruhen aus Sicht der Autoren oftmals auf Missverständnissen. Das Konstrukt des a priori ist abhängig von der Frage kunsthistorischen Erkennens und nicht nach der des Kunstobjekts. Demzufolge zwingt Kant das Objekt nicht in ein starres System, sondern beschäftigt sich mit dem Erkenntnisprozess aufgrund einer allgemeinen und letzten Ursache. 175 Dorner 1959, 19. 176 Ebd.

4.2       Dorners Auge

higen Zusammenhang zwischen den Artefakten zu finden.177 Seiner eigenen Schilderung nach gab das akademische Konstrukt von der Kunst unter der Last dieser Bemühungen endgültig nach. Er erinnert sich in den 40er-Jahren: »Unter dem Druck der praktischen Notwendigkeit, die reichhaltigen Sammlungen eines Museums so einzuordnen, daß sie eine positiv fördernde Energie für das öffentliche Leben wurden, brach das Gebäude der idealistischen Kunstphilosophie Rieglscher Observanz zusammen. Das kunstgeschichtliche Leben hatte offenbar Kräfte, die viel stärker waren, als die starre Körper-Geist-Dialektik sie erfassen konnte, und nur diese Kräfte hatten eine lebensfördernde Wirkung in der Gegenwart. So wurde ich tastend zu einer praktischen sinnlichen Darstellung der kunstgeschichtlichen Entwicklung gebracht«.178

Am Ende dieses Prozesses stellt sich die museale Präsentation kunstgeschichtlicher Entwicklung unter »praktisch-sinnlichen« Prämissen ewig gültiger Ideen dar. Die veränderlichen, wahrnehmbaren Einzeldinge wurden von Dorner nach dem Grad ihrer Teilhabe »an der geistige[n] Idee«179 einer Epoche subsumiert. Die Räume des Museums fangen diesen »Geist« mittels ihrer Ausstattung ein. Sie verdeutlichen dem Besucher »die historische Sicht« auf die epochale Wirklichkeit mittels Form und Farbe.180 Der räumliche Ablauf ist chronologisch geordnet und vom Charakter »dynamischer Ausdehnung. Der Besucher war sozusagen auf einer geleiteten Bahn, obgleich die einzige Führung seine eigene Reaktion der zielstrebigen visuellen Darbietung gegenüber war.«181 Ganz in diesem Sinne bot sich das Mittelalter als Atmosphärenraum mit »schweren und stimmungswarmen Tönen« an.182 Demgegenüber zeichnete sich die Renaissance durch einen klaren und hellen Raumcharakter aus. Barock und Rokoko erhielten die Aufgabe, einen lebhaften, schwebenden, und die Romantik, einen isolierten Wesenszug zu vermitteln (Abb.  119–121).183 Im Raum der Nazarener waren »die charakteristischen großen Kartons in weißem Rahmen auf Wänden von grünlichem Hellblau untergebracht, unterbrochen von porzellan-weißen Marmorskulpturen der Epoche, die in ausgebauten Nischen standen. Diese weißen Elemente, beinahe losgelöst von ihren dunklen Wänden und Böden, brachten den neuen, freien und schwe177 Die Details der Museumsreform in Hannover sind nachzulesen bei Gough 2003 o. Katenhusen 2002. 178 Dorner 1956, 20. 179 Ebd., 19 f. 180 Caumann 1960, 92. 181 Ebd. 182 Ebd. 183 Ebd., 97.

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4 Re-Theoretisierung benden Charakter der romantischen Kunst so recht zur Geltung. In anderen Räumen der Romantik zeigten die Wände eine dunkel-violette Farbe; bei den Impressionisten herrschten Töne vor, die sich dem Weiß näherten.«184

Abb. 119 und 120: Saal der Renaissance, 1960 (links). Saal des Barock, 1960.

Abb. 121: Raum der Nazarener, 1960.

Entwicklungstheoretisch gedacht müssen diese Etappen in das Jahr 1925, mithin in die Gegenwart führen – eine Gegenwart, die wohlbekannt den Raum nach Einstein und das neue Raumgefühl zum zentralen Thema hatte. Der Archäologie und Kunsthistoriker Walter Riezler (1878–1965) beschrieb diese räum- / zeitliche Passion von ganz 184 Ebd.

4.2       Dorners Auge »neuer Art: wie der Raum, rein als optisches Erlebnis betrachtet, nicht mehr eigentlich für die Bedürfnisse des schauenden Auges gestaltet ist, hat er auch als absolute Existenz mit dem statischen Raum der Renaissance nichts mehr zu tun, – unterscheidet sich aber auch in seiner ›Dynamik‹ wesentlich von dem Dynamischen Raume der Gotik oder des Barock: seine Bewegtheit entbehrt der großen einheitlichen Grundrichtungen, es ist ein erst werdender oder wieder ins Gleiten geratener Raum, dessen Richtung sich gegenseitig beeinflussen und ablenken, – bildlich gesprochen ein ›mehrdimensionaler‹ oder, wie man auch sagen könnte, ein ›atonaler‹ Raum«.185

Der moderne Raum in der Kunst fand sein Analogon in der modernen »Sehnsucht nach Raum«.186 Sie durchdringt, so schreibt der Systemtheoretiker Karl Ludwig von Bertalanffy (1901–1972) im Jahr 1926, alle Bereiche westlicher Kultur.187 »Entdeckungsreisen, Luftschifffahrt, Imperialismus, moderne Verkehrsmittel« sind die Beweise dieser Leidenschaft.188 Auch die neue »Zeit« erregte Schwindel. Sie animierte zum Theoretisieren über ihr Wesen. In diesem Sinne philosophierte der zentrale Protagonist Hans Castorp in Thomas Manns Zauberberg (1924) unter zahlreichen Blickrichtungen über die Zeit. Ein Beispiel: »Was ist denn die Zeit? […] Den Raum nehmen wir doch mit unseren Organen wahr, mit dem Gesichtssinn und dem Tastsinn. Schön. Aber welches ist unser Zeitorgan? […] Wir sagen: Die Zeit läuft ab. Schön, soll sie also mal ablaufen. Aber um sie messen zu können … warte! Um meßbar zu sein, müsste sie doch gleichmäßig ablaufen, und wo steht denn das geschrieben, daß sie das tut? Für unser Bewußtsein tut sie es nicht, wir nehmen es nur der Ordnung halber an, daß sie es tut, und unsere Maße sind doch bloß Konvention«.189

Der 1927 von Dorner vergebene Auftrag an den Konstruktivisten El Lissitzky (1890–1941) für einen Kunstraum stand ganz unter dem kulturellen Einfluss der Gegenwart.190 Lissitzky konzipierte ein abstraktes Sammlungskabinett, welches jedoch nicht wie üblich das Vergangene, sondern das Gegenwärtige aufnahm. Im traditionellen Sinne wurde die Präsentation von Kunstwerken sowie Objekten unterschiedlichster Herkunft in einem gemeinsamen Umfeld beibehalten. Vergleichbar mit den Raumtypen des studiolo oder der Wunder185 Riezler 1931, 199. 186 Bertalanffy 1926, 308. – Siehe zum Raum in der Kunst auch Kambartel 1993. 187 Ebd. 188 Ebd. – Allgemein dazu Kaschuba 2004. 189 Mann 1989, 71. 190 Einen guten Überblick zur Ausstattung des Abstrakten Kabinetts bieten Dabrowski 1999 wie Østfoldmuseene 2010 (Anhang »Visuelle Quellen«).

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kammer unterstützte der »neue Raum« die Denkarbeit des Betrachters. Dabei war der Denkraum der 1920er-Jahre nicht mehr im herkömmlichen Sinne eine Schreib- oder Sammlungsstube, sondern reiner Demonstrations- wie Interaktionsraum (Abb. 122).

Abb. 122: Anonymus, Kabinett des Franceso Calzolari, 1622.

Eine völlige Neuinterpretation leistete das Abstrakte Kabinett in Bezug zur wissensvermittelnden Raumfunktion im Museum.191 Just bildete der Ausstellungsraum mit den Kunstwerken eine Einheit – eine Einheit deshalb, da die Wand ihre tragende und präsentierende Rolle verlor. Auch war sie nicht mehr »nur« epochaler Stimmungsträger, wie in den vorgängigen Atmosphärenräumen. Vielmehr trug sie maßgeblich zur Erarbeitung des zu vermittelnden Inhalts bei. Auf die Wand aufgetragene vertikale und grau bzw. weiß gestrichene Lamellen ermöglichten – je nach Betrachterbewegung – eine andere Wirkung 191 Für den Garten war dieser Einsatz keine Neuheit. Zwischen 1720 u. 1780 verstand sich der natürliche Kunstraum englischer Prägung als räumlich-physikalischer Vermittlungsraum.

4.2       Dorners Auge

des Umfeldes. Für den Betrachter war so die Raumrelativität erlebbar. In Gänze bestand die Komposition aus »Flächen und Linien«, »die masselos und durchsichtig […] sich durchdringen. So entsteht an Stelle des mit feststehender Masse erfüllten, kubischen, ruhenden und ausgedehnten Raumes der Raum als Durchkreuzung von Bewegungs- und Energieströmen. An die Stelle der raumverdrängenden und zugleich raumbauenden Ausdehnung fester Körper tritt die Aktivität ausdehnungsloser Energiewerte, die zu ewiger Bewegung drängende Spannung zwischen ihnen.«192

Indem die traditionelle Bildhängung und Rahmung aufgelöst wurde, verstärkte sich diese Variabilität. Die ausgestellten Kunstwerke von Willi Baumeister (1889–1955), Naum Gabo (1890–1977), Albert Gleizes (1881–1953), Ferdinand Léger (1881–1955), Lissitzky, Piet Mondrian (1872–1944) oder Picasso fügten sich in die Wandkonstruktion ein und setzten sich nicht mehr durch ihre Rahmung von der Wand ab.193 Zudem bestand die Möglichkeit, die Gemälde mittels gleitender Paneelen ab- bzw. aufzudecken. Die Hand des Besuchers konnte nun schieben, drehen und Raum verändern (Abb. 123–126).194 Eine visuelle Allseitigkeit des Kunstwerks, wie im Falle der aufgestellten Plastik von Alexander Archipenko (1887–1964), garantierte der Einsatz von Spiegeln (Abb. 127). Sie erweiterten den Raum und erlaubten es, die Plastik »mit einem Blick simultan von vorn und rückwärts zu [erfassen; Anm. JB] […] Gleichzeitig reflektierte der Spiegel die verlängerte Wand, die sich unter dieser Sicht änderte.«195 Parallel avancierte die Wand zur Leinwand bzw. entwickelte sich Architektur zur Malerei. Die Wand nahm das traditionelle Farbschema des Konstruktivismus aus Blau, Rot, Schwarz und Weiß auf und kombinierte dieses mit den Quadraten der Suprematisten (Abb. 128).196 Auf inhaltlicher Ebene erweiterten sich die Grenzen durch die Berücksichtigung der Alltagskultur. Diese wurde in Schaukästen unterhalb des zugeklebten Fensters illustriert. In ihnen lagen Drucke zum Bauen, zur Mode und Reklame aus. Sie erläuterten dem Besucher mit Hilfe eines zusätzlichen 192 Ebd., 33. 193 Dorner 1931c, 33. – Zum Kontext der Rahmung vermerkt Dorner: »Es ist nur eine natürliche Folge der Umstellung in der Vorstellung vom Raum, dass der Rahmen des Bildes verschwinden muss, da die mit der Perspektive verbundene Vorstellung des Durchblicks aus einem Fenster aufgegeben ist.« Dorner 1931b, 33. 194 Eine sehr deutliche Darstellung dazu findet sich bei Østfoldmuseene 2010, ab 02:40 (Anhang »Visuelle Quellen«). 195 Caumann 1960, 109. 196 Dabrowski 1999, 46.

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4 Re-Theoretisierung

Abb. 123 und 124: El Lissitzky, Pläne zum Abstrakten Kabinett, 1926 (links). Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928.

Abb. 125 und 126: Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928 (links). Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928.

Abb. 127: El Lissitzky, Kabinett der Abstrakten. Stirnseite, um 1928.

4.2       Dorners Auge

Abb. 128: El Lissitzky, Aufriss für das Kabinett der Abstrakten, ab 1926.

Einleitungstextes die »Wirkung der abstrakten Kunst auf die Grundzüge des täglichen Lebens«.197 An dieser Stelle relativierte sich die eigentliche Grenze zwischen Bibliothek und Sammlung. Objekte der Alltagskultur vermischten sich mit künstlerischen Originalen wie Repliken.198 Dieses Ordnungsprinzip ist das der Institution Bibliothek. Sie sieht von jeher dieses Miteinander vor. Die Aura des Originals oder die Isolation der Hochkultur von der Alltagskultur kennt sie nicht.199 Mit seinem Museumskonzept näherte sich Dorner diesem Ideal an und ergänzte das traditionelle Museum um andere Präsentations-, Sammlungs- wie Wissenskulturen.

197 Caumann 1960, 113. 198 Wall 2006, 210 f. 199 Siehe im Allgemeinen dazu Oechslin 2011.

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4 Re-Theoretisierung

Die Resonanz auf das Abstrakte Kabinett war bemerkenswert.200 1929 besprach beispielsweise Sigfried Giedion (1888–1968) Dorners Bemühungen um das Abstrakte Kabinett in der Zeitschrift Cicerone. Er bewertete dessen Anstrengungen als gelungenen Beweis dafür, dass »Museen keineswegs tote Angelegenheiten sein müssen, es kommt nur auf die Hand an, die den Griff hat, die Materie zu beleben«.201 Auch beruflich zeigte das Kabinett Wirkung. 1928 erhielt Dorner die professorale Würde aufgrund seiner »vorbildlichen« Museumsarbeit.202 Neben aller Begeisterung über den neuen Kunstraum in Hannover muss festgehalten werden, dass sich Dorners Vorstöße in die allgemeinen Reformbewegungen zum »Zeitgenössischen Museum« bzw. »Gegenwartsmuseum« jener Zeit integrierten. Die moderne Ausstellungspraxis stand wie auch die Wissenschaft um 1920 auf dem Prüfstand. Die Stimmen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, die den Museumsraum neu ordnen und Kunstgewerbe und Handwerk sowie ethnologische Artefakte aufwerten wollten, wurden nach dem Ersten Weltkrieg lauter.203 Nun sollte ebenfalls das Sammlungsniveau gehoben, die Gegenwartskunst ins Museum geholt und der Vermittlungsauftrag gestärkt werden. Am Ende stand die Vision eines Museums als Begegnungsort zwischen Kunst, Künstler und Betrachter sowie zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Das sinnenhafte Ereignis eines Museumsbesuchs sollte den gelehrten Augenblick des Besuchers ersetzen. Kunst exponierte sich in seiem Kontext. Der Kunsthistoriker und Direktor der Mannheimer Kunsthalle Gustav Hartlaub (1884–1963) erläutert 1926 in seinem Beitrag Aufgaben des modernen Kunstmuseums: »Sowohl das Sammelwesen wie das Ausstellungswesen bleibt unlebendig und unerschlossen, ohne die dritte lebenswichtige Funktion des modernen Kunstmuseums: das helfende Wort. […] Am meisten gilt es natürlich von den noch ungewohnten Werken neuer Kunstrichtung. Hier hilft nicht nur eine Klarstellung dessen, was der Künstler gewollt und angestrebt hat, sondern auch Parallelen zu verwandten Entwicklungserschei-

200 Eine Zusammenstellung zur Resonanz bietet Caumann 1960, 114 ff. 201 Giedion 1929, 106. – Im Nachgang entwickelte sich ein reger Briefwechsel, der bis um 1933 anhielt u. besonders von Dorner gewünscht war. In einem Brief vom 12. Mai 1928 beklagt sich dieser bei Giedion über dessen Zurückhaltung: »Warum behandeln Sie mich so schlecht? Macht Ihnen unser ›Abstrakter Raum‹ keinen Spass mehr? Wenn nicht, dann schreiben Sie doch mir ein paar passende Worte. Das kann Ihnen doch nicht so schwer fallen.« gta Archiv, ETH Zürich, Nachlass Giedion B), 43-K-1928-05-12, VS. 202 Zu Dorners Berufung siehe Heftrig / P eters / R ehm 2013, 62 f. 203 Beyme 2005, 199–212; Heesen 2012, ab 105; Joachimides 2001; Wall 2006, ab 193.

4.2       Dorners Auge nungen auf anderen Lebensgebieten geben manchem Besucher eine erste wirksame Hilfe.« 204

Allen voran traten, neben Dorner und Hartlaub, Museumsdirektoren und Theoretiker wie Ernst Gosebruch (1872–1953)205, Ludwig Justi (1876–1957)206, Max Sauerlandt (1880–1934)207 oder Wilhelm Reinhold Valentiner (1880–1958) für diese Entwicklung in Deutschland ein. Im Strom dieser Bewegung erhielt Dorner den notwendigen Rückhalt für seine Ansätze. Allerdings belasteten Unstimmigkeiten zwischen den Kollegen die sachliche Diskussion. Während sich Dorner im Faksimilestreit (1929 / 30) vehement für die Existenz der Reproduktion in der Ausstellungspraxis sowie Kunstvermittlung einsetzte, plädierte die Mehrzahl der Kunsthistoriker für eine zurückhaltende Integration der Reproduktionen.208 Bedauerlicherweise hatte diese Meinungsverschiedenheit für Dorner berufliche Konsequenzen. So wies etwa der Vorstand des Deutschen Museumsverbands Dorners Anträge zur Mitgliedschaft zurück, da man in diesem Verbund die »Achtung […] des Originals« pflege und der hannoversche Museumsdirektor diesen Ansatz nachweislich nicht teile.209 Doch zurück zu Dorners theoretischer Arbeit: Nach der Realisierung des Abstrakten Kabinetts trat er zwischen 1929 und 1931 wieder verstärkt mit schriftlichen Beiträgen an die Öffentlichkeit. Allerdings schenkte er in seinen Artikeln in den Cahiers d’Art, dem Museum der Gegenwart und der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeinen Kunstwissenschaft der Grundlegung kunsthistorischer Erkenntnis keine Beachtung.210 Wie viele seiner Zeitgenossen, allen voran Panofsky mit seinem Artikel die Perspektive als symbolische Form (1927)211, beschäftigte er sich mit der Genealogie von Raum in der Kunst im Allgemeinen. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die »neue Raumvorstellung der Gegenwart« sowie die Kunst der abstrakten Malerei und Skulptur.212 In der Architektur ist es das Bauhaus, welches diese Kunstrichtung als »ein masseloses, 204 Hartlaub 2010, 227. 205 Gosebruch war Leiter des Museum Folkwangs in Essen. 206 Justi war Leiter der Neuen Abteilung der Nationalgalerie Berlin im Kronprinzenpalais. 207 Sauerlandt war Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg. 208 Dorner 1928; Dorner 1929; Panofsky 1930a; Sauerlandt 1929. Die Auseinandersetzung wird im Detail beschrieben bei Caumann 1960, ab 118; Flacke-Knoch 1985, ab 100; Wall 2006, ab 193. 209 Im Folgenden entspann sich zwischen Dorner u. Sauerlandt ein einjähriger Disput. Dieser ist für die Studie jedoch nicht weiter relevant. Siehe dazu Flacke-Knoch 1985, 100–110. 210 Dieser Ansatz prägt die Beiträge Dorner 1931c; Dorner 1931b o. Dorner 1931a. 211 Panofsky 1998h. 212 Dorner 1931b, 34 f. – Hier spricht Dorner hauptsächlich vom Kubismus. Er vermerkt: »Das

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4 Re-Theoretisierung

aus reinen Flächen und Linien bestehendes Gebilde, das allseitig in den Raum ausstrahlt und allseitig vom Raum durchflutet wird«, entwarf.213 Dem stehen die »alten« Raumlösungen in der Renaissance und dem Barock gegenüber.214 Sie »objektivierten« den Raum durch die Perspektive. Raum ist in diesem Kontext immer ein Bildkonzept: ein »Ausblick aus einem Fenster; der Rahmen vertritt den Fensterrahmen; der Raumausschnitt liegt vor uns wie eine Bühne, die von einem festen Standpunkt aus betrachtet wird«.215 Allerdings darf dieser geometrisch dominierte Raum nicht als Absolutes, sondern nur als eine räumliche Spielart verstanden werden. Der neue Raum kündigte sich spätestens mit der Romantik an.216 Der freiheitsliebende Romantiker denkt Kunst nicht mehr in konstanten Zusammenhängen, sondern entdeckt die eigene schöpferische Kraft geleitet von konstanter Veränderlichkeit. Das Viele tritt neben das Eine. Die Ewigkeit verlagert sich von absoluten Gestaltungsdogmen in die freien »Gestaltungskräfte [des; Anm. JB] Künstlers« und seinen persönlichen »Stil«.217 Der Kampf zwischen dem Alten und dem Neuen, so erläutert Dorner dem Leser, dominierte das gesamte 19. Jahrhundert. Der Expressionismus ist der Abschluss dieser Auseinandersetzung. Er »endet mit der völligen Auflösung der Bildform. Romantik ist so lange vorhanden, als die Vorstellung vom Raum jenen Zwitterzustand enthält, in dem die Basis des alten Raumbildes noch nicht verlassen ist, diese aber durch Elemente erschüttert wird, die als Vorbereitung eines neuen Raumbildes zu gelten haben. Eine grundsätzlich neue Basis bringt erst die abstrakte Kunst.« 218

In diesem allgemeinen Individualisierungsprozess fordert der Raum mehr. Er löst das perspektivische Korsett und die Deckkraft der Farben endgültig auf.219 Zudem ist Raum nun »allseitig« und nicht mehr nur frontal ausgerichtet.220 Man muss ihn sich durch Bewegung erschließen, »um ihn wirklich dreidimensional zu erleben; daß heißt an Stelle des absoluten Standpunktes

entscheidende Novum des Kubismus ist die Verdrängung des absoluten Standpunkts durch den relativen.« Ebd., 31. 213 Ebd., 34. 214 Siehe Dorners Publikation zum Renaissanceraum: Dorner 1929. 215 Dorner 1931b, 30. 216 Ebd. 217 Ebd., 33. 218 Ebd., 31. 219 Dorner 1929, 34 f. 220 Dorner 1931b, 31.

4.2       Dorners Auge

tritt der relative«.221 Alle Ansichten des Raumes sind nun gleichberechtigt.222 Ferne und Nähe haben »dieselbe Begrenzungslinie. […] Einmal scheint das Ferne nach vorne zu drängen, einmal das Nahe. So wird das Moment der Zeit Bestandteil der Raumvorstellung. Es ist dies eine notwendige Parallelerscheinung zur Relativität des Standpunkts.«223 Die kompakte Masse des alten Raumes verschwindet. Sie löst sich in sich durchdringenden Flächen und Linien auf. Raum ist nun »Durchkreuzung von Bewegungs- und Energieströmungen. An die Stelle der raumverdrängenden und zugleich raumbauenden Ausdehnung fester Körper tritt die Aktivität ausdehnungsloser Energiewerte, die zu ewiger Bewegung drängende Spannung zwischen ihnen.«224 Anders als die Masse seiner Mitstreiter diskutierte und demonstrierte Dorner in diesen Auslegungen von Beginn an, welche Rolle die neuen künstlerischen Techniken spielten und welche Konsequenzen die Einsichten für die Vermittlungsarbeiten forderten.225 Die neuen Medien (Film, Foto etc.) sind für ihn zentrale Gegenstände des gegenwärtigen Raum- / Zeiterlebnisses. Sie führen das Neue »befreit und selbstverständlich« vor. Besonders der Film kommt der simultan gelebten »Vorstellung von Wirklichkeit« entgegen.226 »Hier ist die Relativität des Standpunkts in jeder Form, hier die Durchdringung von Räumen möglich. Hier ist die Raum=Zeitgebundenheit in absoluter Form da. Die abstrakten Künstler sind aus der inneren Notwendigkeit […] von selbst und sehr bald zum Film, ja, überhaupt zum Kinetischen übergegangen: Eggeling, die Kubisten, Moholy. Wird die kinetische Gestaltung nicht die Führung übernehmen müssen?« 227

221 Ebd., 32. 222 Ebd. 223 Ebd. 224 Ebd., 33. 225 Mit diesem Interesse befand er sich in guter Gesellschaft: Besonders Carl Einstein, Giedion u. Giedion-Welcker o. Westheim teilten Dorners Überlegungen. Z. T. war er mit diesen Mitstreitern persönlich verbunden. Dorner studierte wie auch Panofsky am Kunsthistorischen Seminar der Humboldt Universität unter Adolph Goldschmidt (1963–1944), dem Nachfolger Wölfflins. Einstein u. die Eheleute Giedion u. Giedion-Welcker lernte er anlässlich einer Besichtigung des Abstrakten Kabinetts kennen (1928) u. im Kontext der gemeinsamen Bemühungen um das Musée Contemporain schätzen. Max Raphael (1889–1952) u. Westheim studierten – wie auch Dorner, Einstein, Paul Frankl (1878–1962), Panofsky u. Saxl – unter Wölfflin u. prägten das publizistische Milieu der Kunstwissenschaft zwischen den Weltkriegen. Siehe dazu Brands / D illy 2007; Katenhusen 2007b, 359; Ockman 1997, 83. 226 Dorner 1931b, 36. 227 Ebd., 36.

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4 Re-Theoretisierung

Konsequenterweise müssen die »neuen Medien« (Film, Foto etc.) auch Eingang in die wissenschaftlichen Betrachtungen zur Kunst finden.228 Wer Raum / Zeit zum Gegenstand seiner Analyse macht, kann, so Dorner, das gegenwärtige Kunstschaffen nicht ausschließen.229 Die praktische Übersetzung dieser Überlegungen testete er in der parallelen und von ihm nachhaltig geprägten Diskussion um die Konzeption des zweiten zeitgenössischen Raums in Hannover und das internationale Projekt zum Schweizerischen Musée Contemporain230 (ab 1930).231 Im ersten Fall, dem am Ende nicht realisierten Raum der Gegenwart von 1930, sollte sich dem Künstler Lázló Moholy-Nagy (1895–1946) eine Plattform für seine Rauminterpretation und zeitgenössischen Theorien bieten (Abb.  129).232 Moholy-Nagys räumliche Variation des Jetzt hätte die Entwicklung visueller Kultur unter den thematischen Schwerpunkten Architektur, Design, Industrie, Interieur, Kinetik, Kultur und Stenografie zum Gegenstand gehabt.233 Es war vorgesehen, dass sich die traditionellen Künste, parallel zum Œuvre Moholy-Nagys und dem Anliegen Dorners, um den Film, die Fotografie und die kinetische Skulptur durch den bekannten Licht-Raum-Modulator (1922) erweiterten (Abb. 130).234 Das grundlegende Raumkonzept wies der architektonischen Wand wieder ihre angestammte Rolle zu und fokussierte sich auf die Entwicklung von Subräumen aus im Raum stehenden Raumkästen und zum Teil transparenten oder durchlöcherten Raumteilern.235 Mit ihrer Hilfe sollte sich Raum nicht nur aus dem »klassischen« Rundgang konstituieren. Der 228 Die künstlerische Fassung des Bündnisses zwischen Raum / Z eit sah Dorner allein im Film verwirklicht. Für ihn war der Film die absolute Form der Verbindung. Ebd., 37. 229 Diesem Vorwurf musste sich Panofsky stellen. Dieser bezog erst am Ende der 1930er-Jahre den Film in seine Betrachtungen ein. Siehe dazu Panofsky 1935. 230 Congres Preparatoire du Musee Contemporain (Tagung im Schloß La Sarraz 1930 /  1931). Dazu etwa gta Archiv, ETH Zürich, Nachlass Giedion B), 43-K-1931-06-10(G):1 wie 43-K-1931-06-10(G):2. 231 Anlass zur Raumkonzeption war eine Ausstellung im Grand Palais in Paris (1930) an dem der Werkbund beteiligt war. Zu diesen Voraussetzungen u. Werkkomponenten, welche für die vorliegende Fragestellung nicht relevant sind, siehe Gebert /  H emken 2009; Hemken 2009 u. Lange 1987. 232 1930 sah Dorner eine Ausstellung des Werkbundes in Paris. Den dort ausgestellten Raum von Walter Gropius (1883–1969), Moholy-Nagy u. Herbert Bayer (1900–1985) übernahm Dorner u. übergab ihn Moholy-Nagy zur Erweiterung. Ebd. 233 Hemken 2009, 170, u. Lange 1987, 63. 234 Ein Verweis auf eine filmische Dokumentation zum Licht-Raum-Modulator mittels einer Re­ konstruktion aus dem Jahre 1970 findet sich unter Anonymus 1970 (Anhang »Visuelle Quellen«). 235 Ein filmischer Beleg zum Raum der Gegenwart entstand im Rahmen der László-Moholy-Nagy-

4.2       Dorners Auge

Einsatz von Betrachter abhängigen Sichtachsen, wie es schon im gartenkünstlerischen Raum Usus war, schuf die Möglichkeit, vielfältige Perspektivwechsel im Raum zu installieren. Insgesamt bot sich der Raum der Gegenwart dem Betrachter als eine Art Bühne an, wobei die Bühne hier als Interaktionsraum verstanden werden muss. Kai-Uwe Hemken erläutert dazu: »Die Begehung des Raums der Gegenwart gleicht dem Besuch eines Kaleidoskops: Unaufhörlich wird der Betrachter mit einer visuellen Fülle konfrontiert, die sich mit der damaligen Sinnesüberreizung im beginnenden massenmedialen Alltag vergleichen ließ. Offenbar wollte Moholy-Nagy im Raum all jene Erscheinungsweisen des Bildes in Anschlag bringen, die er im Verlauf der 1920er-Jahre entdeckt […] hatte: das Bild in mechanischer Bewegung […] das fotografische Bild […] das laufende Bild […] das projizierte Bild […] die pure und rein prozessuale, visuelle Formation«. 236

Abb. 129 und 130: Lázló Moholy-Nagy, Kai-Uwe Hemken, Jakob Gebert, Raum der Gegenwart, 1930, Pläne mit der Rekonstruktion von 2009 (links). Lázló Moholy-Nagy, Licht-Raum-Modulator, 1922–1930.

Die Möglichkeiten zur Interaktion hätten sich im Vergleich zum Abstrakten Kabinett nicht wesentlich erweitert. Wie im ersten zeitgenössischen Kunstraum erhielt der Besucher die Möglichkeit, die ausgestellte Werke durch Abwie Aufdeckungen miteinander zu kombinieren oder sich Raumteile durch Jalousien zu erschließen. Darüber hinaus wäre es möglich gewesen, mittels Dreh- und Druckvorrichtungen Filmprojektionen zu starten oder Bildflächen zu verändern. Mit Blick auf Dorners theoretisches Werk überrascht der Entwurf zum Raum der Gegenwart nicht. Aus seiner Perspektive markierten die zeitgenössischen Kunsträume, ob realisiert oder nicht, den Höhepunkt seiner MuseRetrospektive in der Schirn Kunsthalle im Jahr 2009, siehe Schirn Kunsthalle 2009 (Anhang »Visuelle Quellen«). 236 Hemken 2009, 160.

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4 Re-Theoretisierung

ums- wie Wissenschaftstheorie. Erinnern wir uns: In Dorners Denkhorizont bereitet sich die künstlerische Produktivität in den biologischen Determinanten des Menschen vor. Die Natur verändert sich, die künstlerische Schöpfungskraft ebenso. Die Kunst ist – epochenunabhängig – Medium dieser lebendigen Entwicklung. Diese Medien menschlicher Produktivprozesse verdrängen das historisch relevante Kunstwerk. Die wissenschaftliche Aufmerksamkeit richtet sich nun auf den Wunsch, diese auf den Menschen bezogenen Abläufe verstehen zu lernen. Die physikalischen Größen Energie, Raum, Reiz oder Zeit bieten dabei eine begriffliche Heimat. Unter ihnen lassen sich sämtliche Kunstund Produktivitätsformen subsumieren. Kunst hat so zahlreiche inhaltliche Abkömmlinge in der Alltagskultur oder anderen Epochen. Sie integriert nicht nur die angewandte Kunst, sondern schlägt eine Brücke zur Kultur. High and low vereinigen sich. Dieses Bild zur Kunst soll sich in dem der Wissenschaft niederschlagen. Die Kunstgeschichte wird zu einer lebendigen, wachsenden Disziplin. Wissenschaftliche und auf Logik auf bauende Begriffe, Kulturen oder Methoden werden irrelevant. Gleiches gilt für die Kunstvermittlung. Die Auflösung der sonst statischen Ausstellungsarchitektur, die Verwendung von Reproduktionen, die Aufwertung der Aktivität, die Integration des zeitgenössischen Künstlers in die an der Historie orientierte Institution »Museum« oder das zwanglose Nebeneinander von alten und neuen Raum- / Zeitkünsten237 sind die gezogenen Konsequenzen dieser Gedanken.238 Trotz aller Aufmerksamkeit müssen sich Raum / Zeit am Ende aller Diskussionen bescheiden. Nach Dorner sind es der »dynamisch-produktive Gesamtprozess« und das »Neue Sehen« der Gegenwart, welche die zukünftige Auseinandersetzung mit der Kunst leiten.239 Raum / Zeit, so der Kunsthistoriker Giedion 1931, sind »nur eine Seite der Kunst«.240 Sie helfen, »überhaupt einmal zu Begriffen in der Kunstwissenschaft [zu] kommen«.241 Der »dynamisch-pro-

237 Dorner 1931a wie Dorner 1931b. – Dorners Traditionalismus, so resümiert Tobias Wall in seinem Beitrag, zeichnet sich dadurch aus, dass er einer Kunst verpflichtet blieb, »die unter dem Begriff ästhetische Erlebniskunst gefasst wurde. Neuartige Kunstströmungen, die als Ereigniskunst beschrieben wurden, d. h. als prozesshafte vergängliche Werke, hatten in seinen Augen keine Relevanz.« Wall 2006, 222. – Dieser Einschätzung steht der dornerschen Auseinandersetzung mit der Gartenkunst des 17. Jahrhunderts gegenüber, welche das Ephemere bzw. den Prozess ebenfalls thematisierte. Dorner 1931c; Dorner 1931a. 238 Ausführlich analysiert sind diese kuratorischen Aspekte in ihrem historischen Umfeld bei Hemken 2008. 239 gta Archiv, ETH Zürich, Nachlass Giedion B), 43-K-1931-03-26: 1 /  3, VS. 240 Ebd. 241 Ebd.

4.2       Dorners Auge

duktive Gesamtprozess« in der Kunst erhebt sich zur dornerschen Chiffre für das wissenschaftliche Erkennen. Diesen Standpunkt vertrat er auch gegenüber Moholy-Nagy. Der Raum der Gegenwart solle dem Besucher eine breite Spanne von Neuinterpretationen zur Verfügung stellen. Aus diesem Grund müssten die Themenbereiche Architektur, Bühne, Film, Foto, Geschirr, Industrie, Malerei, Möbel, Plakate, Plastik, Sport, Stoffe, Tapeten, Tanz und Theater im Kunstraum vertreten sein. Der Künstler erhob gegen diese Komplexität Einspruch und setzte Dorner darüber in Kenntnis, dass »meiner Ansicht nach […] das Programm zu [groß ist; Anm. JB], doch ich bin bereit, es noch größer zu machen, wenn der Herr Direktor es wünscht«.242 Sämtliche dieser Aktivitäten mit ihren eingeschlossenen Möglichkeiten zerschlugen sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und endeten endgültig im November 1937 mit dem Exil Dorners in die USA.243 Dorner war Teilnehmer der zweiten Flüchtlingswelle, in der auch Arnheim, Kurt Badt (1890–1973), Max Friedländer (1867–1958), Goldschmidt oder Edgar Wind (1900–1971) Europa verließen. Sie konnten auf die Erfahrungen der schon in den USA integrierten Kollegen auf bauen. Ernst Gombrich (1909–2001), Panofsky oder auch Walter Friedländer (1891–1984) waren schon kurz nach 1933 geflohen und boten den ankommenden Kollegen Unterstützung an – so auch im Falle Dorners, dem der Studienkollege Panofsky sowie der amerikanische Kunsthistoriker und Gründungsdirektor des Museum of Modern Art Alfred H. Barr (1902–1981) halfen. Barr, der Dorner anlässlich einer Deutschlandreise im Jahr 1935 kennen lernte, erinnert sich: »Das erste, was ich zu sehen begehrte, nachdem mich Dr. Dorner begrüßt hatte, war das abstrakte Kabinett. Überall in Deutschland waren die modernen Gemälde von den Wänden der Museen verschwunden, und so erwartete ich beinahe, dass auch dieser berühmte Raum zerstört worden sei. Aber er war noch da […] Aber er war ein letztes Bollwerk. Ein paar Monate später – 1936 – war der Raum geschlossen, die Kunstwerke herausgerissen, zerstört oder ins Ausland verkauft und sein Direktor ein freiwilliger ›Kultur‹Flüchtling in den Vereinigten Staaten. Deutschlands Verlust war unser Gewinn.« 244

Aufgrund ihrer Fürsprache konnte Dorner die Direktion des Kunstmuseums an der Rhode Island School of Design übernehmen. Zwischen 1938 und 1941 reformierte er seine neue Wirkungsstätte auf Grundlage seiner in Hannover erarbeiteten Konzepte (Abb.  131–132). Zudem gründete er einen Museums­­ 242 Zitiert nach Botar 2010, 167. 243 Katenhusen 2002; Katenhusen 2007a wie Katenhusen 2007c. 244 Zitiert nach Caumann 1960, 116.

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4 Re-Theoretisierung

verlag (1939), organisierte Sonderausstellungen und richtete eine Erziehungs- und Bildungsabteilung für das Museum ein.245 1941 endete die junge Museumskarriere in den USA. Man warf Dorner eine nationalsozialistische Gesinnung vor und forderte seinen Rücktritt.246

Abb. 131 und 132: Herbert Bayer, Atmosphären Raum 2. Raum der italienischen Renaissance, 1958 (links). Richard Neutra, Rhode Island Architektur, Ausstellung 1939.

1947 hatte sich Dorner von diesem persönlichen Rückschlag erholt. Er unterrichtete Ästhetik und Kunstgeschichte an der Brown University in Rhode Island und vollendete seine Monografie The Way beyond Art, welche in der Wittborn-Reihe Problems of Contemporary Art veröffentlicht wurde (Abb. 133).247 Die Schrift begleitet, wie schon so oft in Dorners Œuvre, die museumstheoretische Forschung. Dorner arbeitete zur selben Zeit am Entwurf des Lebendigen Museums, welches er im Januar 1947 an der Harvard Graduate School of Design vorstellte.248 Gedankliche Fortschritte lassen sich in diesem Konzept nicht erkennen. Vielmehr muss es als Essenz seiner in den Frühschriften entwickelten Museumstheorie verstanden werden.249 Neu ist die dezidiert in der Biologie verankerte Konzeption. Im Sinne dieses Verbunds von Museumsmodell und conditio humana muss die ständige Ausstellung als »Stammbaum unserer gegenwärtigen visuellen Sprache« konzipiert sein.

245 Ebd., 143. 246 Katenhusen 2002. 247 Ab 1948 unterrichtete er am Bennington College in Vermont. 248 Das ganze Konzept ist abgedruckt in Caumann 1960, 180–183. 249 Um eine Wiederholung zu vermeiden, werden an dieser Stelle allein zentrale Stichpunkte des Konzepts erwähnt, und zwar: Die museale Verbindung zwischen Kunst u. Leben; die Relativierung apriorischer Begriffe in der Kunstgeschichte (z. B. die Schönheit) o. die Deutung der Kunst als aktiver Produktionsprozess. Siehe dazu ebd., 180 f.

4.2       Dorners Auge »Sein Stamm und seine Zweige vermitteln dem Besucher die Evolution der menschlichen Wirklichkeit und dabei die treibenden Kräfte der Gegenwart. Sie machen das evolutionäre Wachstum unserer kulturellen Kräfte sichtbar, demonstriert am Wachsen der menschlichen visuellen Sprache. Da er gezwungenermaßen eine Vereinfachung und auch eine Erstarrung eines in Wirklichkeit völlig beweglichen und sehr komplizierten Vorgangs sich gegenseitig durchdringender Umwandlungen ist, soll er zunächst nur aus dem Stamm bestehen d. h. aus der Folge von zehn Räumen.« 250

Abb. 133: Dorner 1947, Frontispiz.

Darüber hinaus unterstreicht Dorner die gesellschaftliche Funktion des Museums. Die Institution Museum müsse künftig zur Verbesserung der Lebensbe250 Ebd., 181.

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4 Re-Theoretisierung

dingungen beitragen.251 Die Darlegung der »treibenden Kraft« in der Vergangenheit könne sich »in eine bessere Zukunft« verwandeln.252 Teile dieser Ansichten prägen auch The Way beyond Art, wenngleich die Stärke dieser Schrift woanders liegt. Dorner selbst bezeichnet sie als »Kunstphilosophie«, wobei sie einen stark poetischen Anteil aufweist und die argumentierende logische Philosophie vernachlässigt. The Way beyond Art changiert zwischen einer Studie, einem Essay, einer Fiktion, einer Gedankenskizze und einer Polemik. Im Kern solle sie aufzeigen, »daß stärkere Veränderungskräfte unsere Existenz bestimmen als gemeinhin angenommen wird. Diese Kräfte untergraben jede zeitlose Basis der Geschichte. Sie bestehen aus einem unermüdlichen Ineinanderwirken von Energien, und das Resultat ist ständige Veränderung. Diese völlig relative und dynamische Geschichte entwickelt aus sich heraus neuartige richtungsgebende Kräfte. So geschieht es, daß die Geschichte ein Substrat positiver und äußerst notwendiger Energien für unser ganzes Verhalten […] erschließt.« 253

Auf den ersten Blick leistet sie diesen Beitrag mit den gewohnten Etappen von der Renaissance über die Romantik bis zur Gegenwart.254 The Way beyond Art ähnelt dem Frühwerk in Teilen so sehr, dass Früh- und Spätwerk auf inhaltlicher Ebene fast unmerklich ineinander übergehen. Abgesehen von dieser Kongruenz handelt es sich jedoch um einen kunsthistorischen Beitrag, welcher das postmoderne Schreiben zur Geschichte in den 1970er-Jahren in vielen Bereichen vorwegnimmt. Deutlicher: Dorners Schwerpunkt der inhaltlichen Arbeit an der künstlerischen Produktion bzw. an Raum / Zeit verlagert sich am Ende der 1940er-Jahre hin zur formalen Erneuerung kunsthistorischer For-

251 Dorner führt den Anspruch: »Wie konnten Kunstsammlungen das Leben des einzelnen, des Schülers, des Studenten und des Erwachsenen aller Schichten und Professionen verbessern?« Dorner 1959, 19. 252 Zitiert nach Caumann 1960, 180. 253 Ebd., 22 f. 254 Dorners Wille zur Überwindung des klassischen Verständnisses der Kunst mit ihren isolierenden Institutionen drückt sich gut durch eine von Caumann geschilderte Anekdote aus. »1922 traf Dorner anlässlich einer Veranstaltung auf einen Goldschmidt-Kommilitonen. Diesen fragte er: ›Warum studieren wir Kunstgeschichte?‹ Die erstaunte Antwort war: ›Warum schauen wir ein schönes Mädchen an? Müssen wir darüber Rechenschaft ablegen?‹ Als Dorner weiterfragte: ›Halten Sie das für eine ausreichende Begründung, um öffentliche Gelder für den Bau und die Unterstützung von Kunstmuseen und kunstgeschichtlichen Seminaren an den Universitäten auszugeben?‹, wurde die Unterhaltung abrupt beendet.« Ebd., 37.

4.2       Dorners Auge

schung. Neben dem Interesse an der Historizität menschlicher Gestaltungsprozesse tritt die formal-methodologische Neubegründung. Der Studienauf bau spiegelt diese Wende. Zur Erinnerung: Panofsky betrieb eine logisch-basierte, argumentativ ausgerichtete und in neutraler Sprache verfasste Wissenschaft, die Gegenstand, Ziel und Methode bestimmte und dafür ein nachvollziehbares Verweissystem (Zitation) verwendete. Zudem stattete er seine Beiträge mit visuellen Nachweisen in Form von Abbildungen und tabellarischen Visualisierungen aus (siehe nochmals Abb. 116). Demgegenüber präsentiert Dorner seine »Kunstphilosophie« unter Preisgabe dieser wissenschaftlichen Größen. Seine Anliegen formuliert er – im Gegensatz zu Panofskys wissenschaftsmethodisch routinierten Beiträgen – selten in der gängigen Sprache aus. Dorner erzählt seine Kunstgeschichte. Außerdem ignoriert er den methodischen Horizont der Geschichtswissenschaft. Eine objektive Begründung der Quellenzusammenstellung, Exaktheit in der Begriffsverwendung, eine nachvollziehbare Aufarbeitung der Grundlagenlagenliteratur oder auch die Praxis der Zitation sucht man vergebens. Erkenntnis scheint aus schnell aufeinanderfolgenden Experimenten zu resultieren. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich eine dreiteilige Systematik. Sie fasst die scheinbar beliebig ausgewählten Bildbeispiele oder eigene Zeichnungen unter den Gedanken des Absoluten255, der Individualisierung256 und des selbstverändernden Prozesses257 zusammen (Abb. 134–135). Alles in allem entsteht der Eindruck, dass sich Dorners Wissen aus einem intuitiven Erkenntnisprozess mit praktischer Stoßrichtung speist. So erläutert er zum Beispiel die Geburt des Bildes anhand der Höhlenmalerei wie folgt (Abb. 136): »Hier von einem ewigen eingeborenen Kunsttrieb zu sprechen, heißt die Arbeitsweise eines entwicklungsgeschichtlichen späteren Intellekts als etwas Zeitloses einzufrieren und früheren Entwicklungsstadien aufzuzwingen. Nichts an diesen Bildern berechtigt zu diesem Vorgehen. Alles an ihnen kennzeichnet sie als magischen Akt, als triebhafte Erzeugung eines kraftvoll-lebendigen handelnden Dinges. Denn dieses Bilderlebnis wird ja beim magischen Denken zum ersehnten wirklichen Sinnenerlebnis. Der gemalte Bison riecht und bewegt sich; er wird gut schmecken. Er ist kein Symbol einer Idee ›Bison‹.« 258 255 Kapitel II.1: Der Künstler als Diener der absoluten Form u. Kapitel III.2: Die dreidimensionale Welt und ihre Selbstveränderung. 256 Kapitel II.2: Der Künstler als spontaner Schöpfer des Stils u. Kapitel III.3: Die Auflösung der dreidimensionalen Wirklichkeit. 257 Kapitel II.3: Der Künstler als Energie im selbstveränderlichen Lebensprozess u. Kapitel III.4: Die überräumliche Wirklichkeit reiner Energien. 258 Dorner 1959, 48.

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4 Re-Theoretisierung

Abb. 134 und 135: Alexander Dorner, Formalauf bau zwischen Bild / Zeichnung, 1959 (beide).

Abb. 136: Alexander Dorner, Formalauf bau in Thema Höhlenmalerei, 1959.

Ein solches Verständnis von historischer Darlegung • erklärt die menschliche Erfahrung als Basis allen Erkennens259, • bezeichnet das Urteil a priori als unerheblich260, • führt den Gesamtzusammenhang von historischen Fakten auf kulturanthropologische Begriffe zurück 261 und • leitet die künstlerische Genealogie aus der Biologie ab262 . 259 Dorner: Der »Bison riecht und bewegt sich«. Ebd. 260 Dorner: »Er ist kein Symbol einer Idee ›Bison‹.« Ebd. 48 u. 51. 261 Dorner spricht hier von Magie. Ebd., 52 ff. 262 Dorner nennt es die »triebhafte Erzeugung eines kraftvoll-lebendigen handelnden Dings«. Ebd. 48.

4.2       Dorners Auge

Die Skizzierung historischer Fakten reduziert sich auf das Notwendige. Kunsthistorische Zentralbegriffe, wie die Form, werden als unwesentlich erkannt. Die Darstellung der historischen Ereignisfolge konzentriert sich auf die Bedeutungsebene des handelnden Subjekts in ihrer visuellen Zuspitzung.263 Die angestrebte Wirkung einer Erkenntnisleistung aus der Visualität heraus potenziert sich in der zur Seite gestellten Zeichnung, welche die präevolutionäre Form des Bisons als »Diagramme«264 bzw. diagrammatische Fragmente ausdeutet (siehe nochmals Abb. 136). Allein Diagramme oder Filme vermögen die Kunstentwicklung zu fassen. Denn: »Sie verkörpern keine feste Idee, sondern sind ungeschlachte Kondensierungen von selbstveränderlichen Prozessen. Die evolutionäre Kunstgeschichte kann einzig durch die moderne Filmkunst adäquat dargestellt werden, weil nur hier die Möglichkeit besteht, Selbstveränderung visuell zu demonstrieren.« 265

Die Notwendigkeit der visuellen Ergänzung liegt in dem von Dorner deutlich formulierten Misstrauen gegenüber der Sprache begründet. Sie, die Sprache, vermag es nicht, das Denken und Erkennen adäquat zu erfassen. Der Autor erläutert diese Unzulänglichkeit gleich zu Beginn seiner »Philosophie«. Demnach steht die Statik der Sprache dem künstlerischen Veränderungsdrang gegenüber. Die neue Sicht auf die Kunst verlangt nach Begriffen, die eine »viel intensivere Veränderungskraft haben, die das angeblich zeitlose Rahmenwerk selbst angreifen. […] Dieses Problem unserer Sprache nimmt teil an dem Problem unseres ganzen Lebens, nämlich an dem Übergang von einem Denken in elementaren Zuständen zu einem Denken in der Selbstveränderung dieser elementaren Zustände.« 266

Im Denken Dorners verliert die Sprache die Fähigkeit, Kunst oder Wissenschaft abzubilden. Auch hat sie das Vermögen zur »Wirklichkeitskonstruktion« verloren. Die Begriffe »Umbildung« oder »Selbstveränderung« fassen die Komplexität der menschlichen Gestaltungsprozesse nicht. Zu einer vergleichbaren Diagnose werden auch die 1970er- und 1980erJahre kommen.267 1972 leitet Berger seine Publikation Ways of Seeing mit dem Absatz ein: 263 Sehen, Essen, Tasten etc. 264 Ebd., 51. 265 Ebd. – Zur Diagrammatik in der Kunstgeschichte siehe Schmidt-Burkhardt 2012. 266 Ebd., 18. 267 Hier sei auch nochmals auf das Problembewusstsein der Allgemeinen Geschichtswissenschaft jener Jahre verwiesen, welche die Grenzen der Sprache u. die Sprache des Wissenschaftlers analysierte. Conrad /  K essel 1994 u. White 1986.

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4 Re-Theoretisierung »Seeing comes before words. The child looks and recognizes before it can speak. But there is also another sense in which seeing comes before words. It is seeing which establishes our place in the surrounding world; we explain that world without words, but words can never undo the fact that we are surrounded by it.« 268

Allerdings entwickelte Berger seine Überlegungen vor dem Hintergrund neuartiger und ungewöhnlicher Ansätze in der angloamerikanischen Forschung. Diese entfalteten ihre Untersuchungen nicht mehr vom Kunstwerk aus, sondern stellten das Ding bzw. Medium in genere in das gedankliche Zentrum ihrer Überlegungen. Zwei Beispiele: Der Kunsthistoriker George Kubler (1912– 1996) entwarf in seinem Buch The shape of time (1962) im Anschluss an die Schrift des Anthropologen und Kulturrelativisten Alfred Kroeber (1878–1969), Style and Civilizations (1953), eine Globalgeschichte der Dinge und setzte sich für eine Renaissance der Formanalyse ein.269 Wie im New Criticism270 üblich, zielte seine Kunstgeschichte nicht mehr auf die Bedeutungsebene des Werks, die Biografie des Künstlers oder den europäischen bzw. nordamerikanischen Kulturraum ab.271 Vielmehr sah sie ihre Aufgabe im globalen Nachvollzug eines künstlerischen Problems, dass sich im Sein des Kunstwerks  – etwa der Form – selbst darstelle.272 Dabei betonte Kubler, dass sein Ansatz keinen materialhistorischen Fokus verfolge. Vielmehr intendiere die Idee einer history of things »to reunite ideas and objects under the rubric of visual forms: the term includes both artefacts and works of art, both replicas and unique examples, both tools and expres-

268 Berger 2010, 7. 269 Siehe Kroeber 1957. 270 Der New Criticism ist eine literaturtheoretische Bewegung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA entstand. Sie betonte die Autonomie des Werks u. lehnte eine Interpretation unter Hinzunahme biografischer, historischer o. sozialer Aspekte ab. Der New Criticsm nahm Gedanken des französischen Poststrukturalismus der 1960er-Jahre vorweg. Siehe dazu Wellek 1990, 504–520. 271 Die wegweisende, methodologische u. immer noch unterschätzte Bedeutung Kublers für die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts betonte schon Ulrich Pfisterer. Siehe dazu Pfisterer 2008a. 272 Dazu Kubler: »Jedes Kunstwerk kann als ein historisches Ereignis angesehen werden und als die schwer erarbeitete Lösung eines Problems. […] Entscheidend ist, dass jede Lösung auf die Existenz eines Problems verweist, für das es bereits andere Lösungen gegeben hat […] Man kann das Problem, dass sich aus einer Sequenz von Artefakten erschließen lässt, als deren geistige Form bezeichnen und die Lösungskette als deren Daseinskategorie«. Kubler 1982, 71 f.

4.2       Dorners Auge sions – in short all materials worked by human hand under the guidance of connected ideas developed in temporal sequence«. 273

In einem anderen und nicht weniger interessanten Modell bemühte sich der Medientheoretiker Herbert Marshall McLuhan (1911–1980), den visuellen Paradigmenwechsel in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu erläutern. Er ging davon aus, dass die neuen Technologien nicht nur Raum / Zeit veränderten, sondern auch das Erkennen und den Erkenntnisgegenstand umorganisierten.274 Das Medium löst die Schrift und demzufolge auch die Sprache ab. Die Natur der Medien, so McLuhan in The Medium is the Massage. An Inventory of Effects (1967), formen die Gesellschaften weitaus stärker aus als der Kommunikationsinhalt. »So ist beispielsweise das Alphabet eine Technologie […] Wörter und die Bedeutung von Wörtern lenken das Denken und Handeln […] automatisch in bestimmte Bahnen. Die Technologien Alphabet und Buchdruck begünstigen und verstärken den Prozess der Fragmentierung, Spezialisierung und Distanzierung.« 275

Medien sind die Erweiterung der »psychischen« und »physischen« Vermögen des Menschen.276 Das Buch erweitert das Auge. Das Rad den Fuß (Abb. 137– 140). Die Sprache lässt also dem Auge den Vortritt. Allerdings erhält dieses einen Partner: das Ohr. Auge und Ohr gehören im Zeitalter der »Geschwindigkeit elektronischer Kommunikation« und des »Happenings der Gleichzeitigkeit«277 zusammen. Das Auge ist zu »langsam, um relevant und effektiv zu sein«.278 Versteht man den »visuellen Raum [als; Anm. JB] ein einförmiges und verbundenes Kontinuum, so ist die Welt des Ohrs eine aus simultanen Verbindungen«.279 Diese Abwendung von der reinen Visualität kommt nicht ohne ein Bemühen um die traditionelle Raum / Zeit-Formel aus. Allerdings ist diese Rückblen273 Kubler 1962, 9. – Auch Dorner setzte sich für eine Art der Formanalyse u. die Aufwertung der Zeit ein. 274 Dieser erkenntnistheoretische Rekurs erklärt sich mit Blick auf den Adaptionsprozess des Slogans »The medium is the massage«. Diese Formulierung geht auf den britischen Anthropologen Ashley Montagu (1905–1999) zurück, der in den 1950er-Jahren einen Vortrag zum Thema The method is the message hielt. Dabei handelte es sich um einen Ansatz, der die Bedeutung der Methode hervorzuheben versucht. Siehe dazu Grampp 2011, 120–124. 275 McLuhan 2012, 8. 276 Ebd., 26. 277 Ebd., 63. 278 Ebd. 279 Ebd., 112.

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4 Re-Theoretisierung

de auf ein ästhetisches wie erkenntnistheoretisches und vor allem europäisches Traditionsgut bei näherem Hinsehen wenig reflektiert. Der Medienwissenschaftler erklärt Alt und Neu durch den Kunstgriff der Polarisierung und nicht durch eine historisch abgesicherte Genealogie: Die Renaissance abstrahierte Raum mittels der Perspektive und ließ eine Vorherrschaft der Vertikalen und Horizontalen zu. Das »Primitive« und das Jetzt der 60er-Jahre haben dieses Korsett abgeschüttelt.

Abb. 137 und 138: Marshall McLuhan, Das Rad …, 1967 (links). Marshall McLuhan, … ist eine Erweiterung des Fußes, 1967.

Abb. 139 und 140: Marshall McLuhan, Das Buch …, 1967 (links). Marshall McLuhan, … ist eine Erweiterung des Auges, 1967.

»Primitive und voralphabetische Kulturen verstehen Raum und Zeit als Einheit und leben weniger in einem visuellen, sondern eher in einem von Geräuschen und Gerüchen bestimmten Raum ohne Horizont und Grenzen. Ihre graphischen Darstellungen gleichen Röntgenaufnahmen. Man findet darin alles, was sie wissen, und nicht nur das, was sie

4.2       Dorners Auge sehen. […] Der elektronische Schaltkreis lässt uns die multidimensionale Raumorientierung des ›Primitiven‹ von neuem entstehen.« 280

Dieses Zusammensetzen von Raum / Zeit greift bei McLuhan bis in die mediale Verkörperung seines Denkens ein. Fünf Jahre nach dem Erscheinen von The Medium is the Massage veröffentlichte CBS-Records (1967) eine Tonaufnahme des Werks, welche die Lesung McLuhans mit fremden Ton- wie Musikbeiträgen kombinierte.281 Auf diese mediale Komplexität wissenschaftlicher Theorie trifft man ebenso bei Berger, auch wenn sich die Abfolge umkehrt. Wie schon erwähnt komplementierte er seine BBC-Produktion durch eine Publikation. Wie bei McLuhan wechseln sich Bild- und Schriftargumentation in ihrer Bedeutsamkeit ab. Der kunsthistorische Gedanke formt sich nicht mehr nur durch Schrift und Sprache auf Basis der visuellen Quelle aus, sondern argumentiert in Teilen ausschließlich über das Visuelle (Abb. 141). Theoretisches Wissen oder wissenschaftliche Axiome werden hier nicht, wie im Falle der zuvor erläuterten Architektonik oder einer räumlichen Systematik, visualisiert. Das »Argument« besteht nun aus einer nichtaxiomatisch ausgedeuteten, primär nichtsystematisch erfassten und visuell vermittelten Aneinanderreihung von Objekten. Behauptung und Beweis gießen sich gleichzeitig in zahlreiche Werke und erwarten vom Betrachter die Entschlüsselung des Sachverhalts. Die Relativierung der Sprache verbindet Berger, ebenso wie Dorner oder später McLuhan, mit einem erkenntnistheoretischen Standpunkt. Allein das Sehen entspricht den komplexen Zusammenhängen und kann diese als Bilder vermitteln.282 Zugang zu den Erscheinungen erhält der Mensch über das Gefühl oder in der dornerschen Spezifizierung über das »magische Denken«. Denken ist für Dorner das sinnliche Erlebnis, welches magisch genannt wird.283 Das Gefühl als Voraussetzung für das Erkennen oder Verstehen ist um 1950 in mehreren Schwerpunkten theoretisch abgesichert. Beispielsweise diskutierte die Kunst­ geschichte seit Wilhelm Worringers Abstraktion und Einfühlung (1906) die Einfühlungstheorie in Bezug zum ästhetischen Genuss und als Motiv künstlerischer Gestaltung.284 Die an der Wissenschaftstheorie und nicht an der Kunst orientierten Anliegen konzentrierten sich entweder auf sozialpsychologische Modelle285 280 Ebd., 56 f. 281 Siehe dazu McLuhan 1963 (Anhang »Visuelle Quellen«). 282 Berger dazu: »Das Sichtbare war schon immer und bleibt die Hauptquelle für unsere Kenntnis der Welt. Wir orientieren uns am Sichtbaren. Sogar unsere Sinneswahrnehmung übersetzen wir in visuelle Begriffe.« Berger 2013, 231. 283 Dorner 1959. 284 Siehe Worringer 2007. 285 Das gilt z. B. für die Methode des Historikers Karl Lamprecht (1856–1915). Siehe dazu Metzger 2011, 199–208, u. Wiersing 2007, 459–480.

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4 Re-Theoretisierung

Abb. 141: Marshall McLuhan, »Das große Dorf«, 1967.

oder favorisierten die Hermeneutik als Methode des sich einfühlenden Verstehens. Prominente Diskutanten der letzten Richtung waren etwa Benjamin, Dilthey oder auch Georg Simmel (1858–1918). Sie formulierten den Einfühlungsbegriff als zentrales Moment historischer Erkenntnis aus. Dem Wissenschaftler oblag es, das historisch relevante Ereignis gedanklich »nachzuerleben«, das Handeln des Subjekts ins Analysezentrum zu stellen und die »Individualität« einzelner Erfahrungsprozesse zu erkennen.286 Das Sichhineinversetzen erhielt einen methodologischen Charakter: Geschichtswissenschaft wird im Sinne Diltheys zur »Erfahrungswissenschaft«.287 In die Vorstellung vom Erkennen mit Auge, Hirn und Herz wird somit auch der Hand Raum gegeben. Die Geschichtswissenschaft wendet sich dem menschlichen Handeln zu und von der Objektwelt ab. Croce und Robin George Collingwood (1889–1943) deuteten diesen an der Handlung orientierten Ansatz geschichtsphilosophisch aus und beeinflussten mit ihren Werken wie-

286 Metzger 2011, 202. 287 Ebd., 199.

4.2       Dorners Auge

derum die Arbeit Foucaults.288 Rein philosophisch festgezurrt wurde diese Kombination im angelsächsischen Pragmatismus, einer in den 1890er-Jahren entstandenen philosophischen Schule. Zentralanliegen des Pragmatismus war es, das denkende durch das handelnde Potenzial des Menschen zu ersetzen. Die Handlungsdimension ist das Primat menschlicher Vermögen. Das kantische Konzept des Ausgleichs aus Denken und Handeln wird aufgegeben. Ebenso stand seine »Apriori-Philosophie«289 zur Disposition. Das Denken bzw. Erkennen sind nun die Werkzeuge des Handelns. Erkennen und Handeln dienen einem pragmatischen Zweck. Jedes Handeln unterliegt der Maxime des Pragmatismus  – auch die Wissenschaft. Sie gewinnt ihre Erkenntnis durch das Experiment. Ihre Grundlage ist die Gewissheit, dass es kein absolutes Fundament gibt und durch die Wissenschaft Erkanntes selbst relativ ist. Die Gültigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis bestimmt sich durch den zu erreichenden Konsens einer unbegrenzten Forschergemeinschaft, das heißt durch den »Mehrheitswillen« (William James). Die Frage nach der Entstehung von Erkenntnis beantwortet der Pragmatismus mit Hilfe des Diskurses. Er geht weder vom Geist als einer res cogitans, noch vom Objekt als einer res extensa aus und sieht das descartessche Subjekt-Objekt-Problem als überwunden an. Hans-Joachim Schubert erläutert: »Die Objektivität oder Wahrheit von Aussagen ist schließlich Ergebnis des Diskurses der Kommunikationsgemeinschaft. Der Pragmatismus setzt also weder das Bewusstsein des Menschen noch den Wert von Objekten als gegeben voraus, sondern untersucht, wie Bewusstsein und Bedeutungen im Handlungsprozess entstehen. Ausgangspunkt […] [dafür; Anm. JB] ist weder das Bewusstsein Einzelner noch die materielle Umwelt, sondern das soziale Handeln, der Prozess symbolischer Interaktion.« 290

In Dorners Kunstphilosophie ist der Pragmatismus eine zentrale Größe. Dorner kennt und schätzt besonders den Philosophen John Dewey, der mithin als einer der prominentesten Vertreter des Amerikanischen Pragmatismus gilt.291 Ihm widmete Dorner The Way beyond Art und bat ihn zudem, das Vorwort zu verfassen. Welche Motive des deweyschen Werks ihn besonders inspirierten, ist zum heutigen Zeitpunkt unklar.292 In Betracht kommt seine Ästhetik der 288 Collingwood 1955; Croce 1944. 289 Dieses Zitat stammt von Peirce, dem Pragmatisten erster Stunde. Martens 2002, 94. 290 Schubert 2010, 13 f. 291 Zusätzlich nennt Dorner den Mathematiker u. Philosophen Peirce, den Philosophen u. Psychologen William James (1842–1919) u. Joseph Ratner (1901–1979) als Herausgeber des deweyschen Werks. Dorner 1959, 22. 292 Auch Deweys sehr allgemein gehaltenes Vorwort zu The Way beyond Art beantwortet die Frage nach dem textuellen Rückgriff Dorners nicht. – Tobias Wall analysiert diesen Rückgriff

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4 Re-Theoretisierung

Erfahrung, welche 1934 in der richtungsgebenden Schrift Art as Experience der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.293 Vorstellbar wäre ebenso eine Orientierung an der 1938 erschienenen Logik. Die Theorie der Forschung.294 In beiden Schriften verfolgte Dewey das Ziel, die traditionelle Ästhetik wie Logik durch die Inbezugnahme menschlicher Erkenntnis- wie Handlungsprozesse als »Grundbedingung des Lebens«295 zu reformieren. Sein Ansatz war dynamisch-energetisch. So verstand er etwa die Ordnung von Kunst und Wissenschaft nicht als statische oder von außen gegebene Größe. Die Ordnung des Lebens »besteht aus der harmonischen Interaktion, die die Energien gegenseitig aufrechterhalten. Da sie dynamisch ist, entfaltet sich Ordnung aus sich heraus. So birgt ihre ausgewogene Bewegung eine größere Vielfalt von Veränderungsmöglichkeiten in sich.«296 Darüber hinaus wertete er die Interaktion mit der Umwelt auf. Gesellschaft, Kultur, Kunst, Technologie und Umwelt sind eins und verändern sich in einem bestimmten Rhythmus. Der in der Veränderung implementierte Erkenntnisprozess unterliegt demselben Geschehen. Der intellektuell analysierende Geist durchlebt die Phasen aus der »Analyse der Situation, dem Entwerfen von Hypothesen, der Verknüpfung mit früheren Erfahrungen, die Bildung von Ideen«.297 Die nach diesem Kreislauf entstandene »neue« Ausgangslage ist wieder »Ausgangspunkt für [situationsändernde; Anm. JB] Zweifel«.298 Allgemeingültige Kategorien wie Raum / Zeit haben in diesem auf ständige Modifizierung ausgerichteten Erkenntnisakt keinen Platz. Aus diesem Grund lehnte auch Dewey alle starren Klassifizierungen ab und erkannte die »Einteilung der Künste in räumliche und zeitliche« als ergänzungsbedürftig.299

Dorners auf den Pragmatismus nur am Rande u. resümiert: »Daneben beeinflusste ihn entscheidend die Philosophie der amerikanischen Pragmatisten […] da auch sie sich von der Vorstellung von statischen oder fixen unabänderlichen Gesetzmäßigkeiten verabschiedet hatten.« Siehe dazu Wall 2006, 201. 293 Dewey traf sich mit den Eheleuten Dorner am 22. Juni 1947, http://deweycenter.siu.edu/ pdf/CHRONO.pdf (01.05.2013). 294 Dewey 2008. – In seiner Logik unternimmt Dewey den Versuch, logische Prozesse von transzendentalen Grundstrukturen zu lösen u. aus der handelnden Praxis des Subjekts zu erläutern. Demzufolge analysiert Dewey die Logik aus biologischen, naturalistischen, sozialen wie autonomen Prozessen heraus. Nur aus diesen können Erkenntnisregeln abgeleitet werden. Siehe dazu ebd., 28–38. 295 Suhr 1994, 110. 296 Dewey 1988, 22. 297 Suhr 1994, 113. 298 Ebd. 299 Dewey 1988, 257–265.

4.2       Dorners Auge

Diese Skepsis teilte Dorner am Ende nicht. Zwar quälte ihn wie auch Berger der Gedanke einer von der Wahrnehmung unabhängigen Bedingung des Erkennens. Den Entwurf eines adäquaten Ersatzes für diesen allgemeingültigen Endpunkt aller Prozesse bleiben beide allerdings schuldig. Bei aller Apriorikritik und Aufwertung des subjektiv-dynamischen Erkennens rekurrierten Dorner wie Berger abschließend wieder auf Raum / Zeit. Der Raum, so Berger noch 1982, ist die Vorbedingung »unserer physischen Existenz«.300 In der Anschauung, der »Offenbarung, wenn Erscheinung und Sinn identisch werden, fällt der innere Raum des oder der Sehenden mit dem physikalischen Raum zusammen: für Augenblicke und ausnahmsweise erreicht er oder sie eine Gleichheit mit dem Sichtbaren. Man verliert jedes Gefühl des Ausgeschlossenseins; man ist im Mittelpunkt.« 301

Am Ende bleibt Dorner die Wende verwehrt. Er arbeitet an einer Reform der Kunstgeschichte, aber weist die Substanz kunsthistorischen Denkens weiterhin unter den Traditionen Epoche, Genealogie, Kunst, Stil oder Werk aus. Auch bleibt er, im Gegensatz zu Panofsky oder Kubler, auf die europäische Tradition konzentriert. Das Wendemanöver bezieht sich auf eine Dynamisierung der Wissenschaft unter den Prämissen der Kunst. Sie dringt mit ihrer medialen Pluralität, ihrer Ablehnung von Kunst und Gewerbe oder ihrem von der Natur gegebenen »Selbstveränderungsdrang« in die Wissenschaft ein. Doch vermag sie die Bereitschaft, das gängige Historisieren in Gänze aufzugeben, nicht zu evozieren. Trotz dieser Widersprüchlichkeit und einigen theoretischen Missverständnissen deuten sich Dorners Meilensteine in seinem theoretischen Spätwerk an: Um 1950 denkt die Kunstgeschichte ihre Disziplin als Disziplin visueller Kommunikation, sie thematisiert die Sprache des Wissenschaftlers in Bezug zum Erkenntnisgegenstand, hebt die Relevanz des handelnden Subjekts hervor und diskutiert Raum / Zeit als gleichberechtigte Anschauungstheorien. Sie hat ein Augenmerk auf vermeintliche kunsthistorische Randthemen und greift die Heterogenität ihrer Objekte auf. Darüber hinaus nimmt sie die Reform ihrer eigenen Institutionen in den Blick.302

300 Berger 2013, 231. 301 Ebd., 234. 302 Einige weitere Beispiele: Zudem dachte er daran, die Dramatisierung der Institution »Museum XY mit seiner speziellen Sammlung« sowie die Tendenz zur Standardisierung (z. B. Austauschbarkeit / R eproduktion der Werke) aufzuheben und trat für eine standesunabhängige Zugänglichkeit oder den Ausbau des Serviceangebots (Zeitschriften, Veranstaltung) ein. Zentral war der Ansatz, die Gegenwart museal zu integrieren, die Objektforschung zu relativieren und ein »anderes« Institut für Kunstwissenschaft zu entwickeln.

261

5 Ausblick 5.1       M ieko S hiomis S patial P oem , II. Blicken wir noch einmal auf Mieko Shiomis Spatial Poem zurück. Zur Erinnerung: 1976 erschien die siebzigseitige Publikation unter dem Titel Spatial Poem, welche einen vorausgehenden zehnjährigen, transnationalen Event dokumentierte. Seit 1965 hatten über 200 Künstler an neun Aktionen teilgenommen, die von Shiomi mit genauen Instruktionen eingeleitet worden waren. Die Teilnehmenden dokumentierten ihr Handeln mit Hilfe von Beschreibungen, Bildern, Grafiken, Fotografien, Wörtern oder Zeichnungen und stellten diese der Künstlerin zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung. Die formale Matrix des Spatial Poem wird von vier und nicht voneinander zu trennenden Faktoren bestimmt: 1. 2. 3. 4.

der Faktor der Anleitung, der des Ereignisses, der Auswertung / Dokumentation und dem der Zusammenführung der künstlerischen Einzelaktionen zu einem Gedicht.1

Die Kohärenz des Werks wird durch die Interaktion zwischen der Künstlerin und den Mitspielern, die Reduktion verbindlicher Regeln durch die Betonung der ephemeren, weltweiten Handlungen sowie durch die Dokumentation in textuellen wie visuellen Klassikern bestimmt. Letztere schließen neben unterschiedlichen Abbildungsformen den Atlas, die Karte und die literarische Gattung des Poems ein. Mit Hilfe dieser Grundstruktur lassen sich folgende Invarianten ausmachen:

1

Es sei nochmals daran erinnert, dass aufgrund des Forschungsziels auf eine dezidierte inhaltliche Auseinandersetzung verzichtet wird. Für weitere Informationen siehe Richter 2012; Yoshimoto 2005.

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5 Ausblick

1. Die Größen Raum / Zeit sind konstitutive Momente des Werks. 2. Zwischen der Künstlerin und den Mitspielern entsteht eine Form der Interaktion. 3. Der klassische Werkbegriff zeigt sich überwunden. 4. Geografische oder kulturelle Begrenzungen sind aufgehoben. 5. Die Strategien der Auswertung und Dokumentation sichern die historische Repräsentation des Werks. Shiomis Spatial Poem agiert auf vielfältigen Ebenen. Durch ihre Anleitungen werden nicht nur die gängigen Wechselbeziehungen zwischen den Akteuren im Raum initiiert, sondern auch als Teil des Werks anerkannt und in historisch relevante Dokumentationspräsentationen übersetzt. Hier ist nicht der Raum die Kunst. Raum wird einerseits erst durch die menschliche Interaktion als Kunstraum konstituiert und bietet anderseits Raum für die Interaktion zwischen den Akteuren. Angedacht wurde diese Mehrschichtigkeit schon in frühneuzeitlichen Raumkünsten wie etwa der Gartenkunst. Die Gartenkunst erweitert sich von Beginn an über das Bild und die Sprache. Zudem ist der mediale Verbund 2, die Integration künstlerischer Konzepte3, der Einbezug der realen Umgebung und ein grundlegender Ereignischarakter für diese Kunstform konstitutiv. Letzterer ergibt sich aus den Naturabläufen4 und interaktiven Modulen5. Dabei geht die Gartenkunst nicht nur von der traditionellen, ästhetischen Beziehung zwischen Betrachter und Werk aus. Vielmehr betont sie eine wechselseitige Bezugnahme. Das bedeutet, dass Betrachter und Werk interagieren bzw. das Werk sich erst in der menschlichen Aktion gänzlich vollzieht. Der Ablauf wird vom Kunstraum unterstützt, wie etwa die Konzeption der großen Achse im Versailler Garten beweist.6 Dort spielt der terrassierte Achsenauf bau bewusst die Bedingungen des Raumes für den Betrachter aus, wobei sich diesem das künstlerische Konzept erst in der Handlung eröffnet. Die Ereignisse zu verarbeiten obliegt allerdings nicht dem Künstler, stattdessen verbleibt diese Aufgabe beim Betrachter. Während Shiomi der traditionellen Vorstellung von künstlerischen Aufgabenbereichen treu bleibt, verteilen sich die Module »Anleitung, Ablauf, Verarbeitung und Dokumentation« in der Gartenkunst auf mehreren Schultern: Der konzeptionelle Aspekt vermittelt sich durch die Initianten, Kunsttheoretiker und Philosophen, die künstleri2

Zu denken wäre z. B. an die Skulptur.

3

Hier sind z. B. die lebenden Bilder o. die kinetische Skulptur gemeint, Wassermusik u. Air Performances.

4

Gemeint sind die Tages- o. Jahreszeiten.

5

Hier ist z. B. an Raumaktionen im Sinne von Festen etc. zu denken.

6

Siehe dazu die Rekonstruktion zur Betrachterbewegung u. dem Raumaufbau in Versailles. Versailles 2014 (Anhang »Visuelle Quellen«).

5.1       Mieko Shiomis Spatial Poem, II.

sche Technik durch den Gartenkünstler, und der Ablauf bzw. die Wirkung des Ereignisses schlagen sich in Bild- und Egodokumenten der Beteiligten nieder. Dieses schon moderne arbeitsteilige Vorgehen wird, nach unserem heutigen Verständnis, durch alternative Deutungen zur Kunst ergänzt. Die bis heute geltenden Konzepte der europäischen Kunstgeschichte einer notwendigen Begrenzung und morphologischen Kontinuität des Werks, die Isolation der Kunst vom Leben beziehungsweise von der Natur, die Heraushebung des Originals oder die Betonung der Augenarbeit als Erkenntnisarbeit wurden in der vorliegenden Kunstform Garten zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen.7 Betonungen des 20. Jahrhunderts wie die völlige künstlerische Unabhängigkeit in der Aktion, das Negieren sozialer Konstruktionen, der Verzicht eines rahmenden Kunstraums oder die transnationale Ausrichtung konnte das 17. Jahrhundert allerdings noch nicht entwerfen. Des Weiteren liegt ihm die moderne Passion zur Fragmentierung fern. Sämtliche Werkkomponenten ergaben am Ende einen Kunstraum. Das 20. Jahrhundert interpretierte dieses Konzept. Einzelne Aspekte, wie die Aktion im (Natur-)Raum, Kunsttechniken wie die Sichtachse oder generelle Dokumentationspraktiken wurden weiterentwickelt. Trotz dieser Unterschiede lässt sich festhalten, dass im 17. und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein ähnlich gelagertes Interesse zu belegen ist. Es steht für die und in ihrer Geschichte bisher stark vernachlässigte Zweite Kultur der Kunst.8 Kunst ist hier ein multipler und oftmals ephemerer Gegenstand, welcher sich nicht von ihrer produktiven Seite löst. Zudem verweigert sich diese Kultur in Teilen der nachträglichen Inbesitznahme durch die Historie mit ihren Institutionen wie den Märkten. Sie agiert in enger Korrespondenz mit den zeitgenössischen Wissenschaften und reflektiert über ahistorische, epochenübergreifende sowie geografisch ungebundene Zentralbegriffe – dass heißt kunsthistorischen Invarianten. Bemerkenswert sind die Zeitpunkte, an denen die sogenannte Zweite Kultur in das Gesamtorchester der westlichen Kunst einstimmte. Nach heutigem Kenntnisstand erlebten räum- / zeitlich orientierte Artikulationen ihre ersten Höhepunkte zwischen dem beginnenden 16. und dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts, um im 20. Jahrhundert wieder populär zu werden. In dem Maße, in dem sich die Vorliebe zu diesen Kunstformen herausbildete, relativierte sich interessanterweise die zeitgenössische Bedeutung der Historie. Wohlbekannt, wenn auch unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen, pflegten 7

Kunst u. Wissenschaft sehen hier noch von hierarchischen Strukturen ab.

8

Diese kulturelle Unterscheidung riss auch Kant in seinen Überlegungen zum Unterschied zwischen Bild u. System an. – Zudem lassen sich vergleichbare Überlegungen in der Publikation von David Summers Real Spaces finden. Summers Ansatz einer Unterteilung der Künste in die Visual und Spatial Arts ist ein bis heute wenig beachteter Gewinn. Allerdings vernachlässigt dieser den ephemeren Aspekt von Kunst. Summers 2003, 41.

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5 Ausblick

die Frühneuzeit wie auch die Postmoderne eine distanzierte Haltung zur Geschichte. Sehr vereinfacht formuliert, entdeckte die Frühneuzeit die Antike und einen säkularisierten, universalistischen Ansatz historischer Betrachtung.9 Im Wesentlichen prägte sie jedoch der ahistorische Denkstil der Naturwissenschaften. Man nahm in der Frühneuzeit, so Wiersing, die »größte theoretische Distanz zum Prinzip der Geschichtlichkeit der Welt« ein. »Dem entspricht, dass […] man der historischen Erfahrung nicht nur jeden Wert [absprach; Anm. JB], sondern sie zumeist auch [verdächtigte; Anm. JB], eine Quelle falscher Gewohnheiten, Irrtümer und Täuschungen zu sein. Wahres Wissen scheint ihnen nur im Rückgang auf die zeitlosen rationalen und empirischen Erkenntnisfähigkeiten und -leitungen des menschlichen Subjekts möglich.«10

Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass die Kunst diesen Denkstil des wissenschaftlichen Kollektivs mittrug. Darüber hinaus bereicherte sie ihre Arbeit in diesen Zeiträumen um ahistorische wie erkenntnistheoretische Interessen und richtete ihr Tun auf ephemere sowie räum- / zeitliche Techniken aus. Dafür spricht auch die Tatsache, dass in diesen Perioden die Gesetze der Physik zu Gesetzen der Kunst wurden. Das bis heute geltende »widerständigste Gegenkonzept zur Geschichtlichkeit der Dinge«11 – die Natur und Technisierung der Dinge – drang nachweisbar in die künstlerische Auseinandersetzung und Produktion ein. Der französische Mediävist und Historiker Philippe Ariès (1914–1984) konnte die Möglichkeit einer anderen Kultur der Kunst im Übrigen ebenfalls denken. 1954 analysierte er den Zusammenhang zwischen Zeit, Geschichte und Kunst. Anhand des französischen Porträts gelang es ihm nachzuweisen, dass sich das historische Porträt in Frankreich erst in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts für einen kurzen Zeitraum durchsetzte.12 Bilder hörten in diesem begrenzten Zeitfenster auf, »der Gegenwart, die sie informiert hatten, anzugehören, und werden Zeugen einer nunmehr festgelegten Vergangenheit: dem zeitgenössischen Porträt folgt also zu Beginn des 17. Jahrhunderts das historische Porträt«.13 Im Zeitalter Ludwigs XIV. fand Ariès diesen Blick zurück mit Hilfe der Kunst wieder ins Gegenteil verkehrt und auf die Gegenwart ausgerichtet.

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Demgegenüber forderte die Postmoderne gar das Ende der Geschichte.

10 Wiersing 2007, 223. 11 Ebd. 12 Auch historisierten die gesellschaftlichen Schichten durchaus unterschiedlich, was Form u. Inhalt betraf. 13 Ariès 1988, 161.

5.2       Perspektiven

5.2       P erspek tiven Die Annahme einer Kunst aus mindestens zwei Kulturen hat für die Wissenschaften zur Kunst wesentliche Konsequenzen. Fassen wir nochmals zusammen: Die bis heute geläufigste Umschreibung des kunsthistorischen Forschungsgegenstands ist die mit Hilfe des künstlerischen Artefakts aufgrund eines komplizierten Zuschreibungsprozesses. Die Kunstgeschichte beschäftigt sich mit der »Kunst und ihrer Geschichte«.14 Die Bestimmung darüber, was Kunst ist, fällt nicht der Künstler. Vielmehr benötigt das Artefakt die Zusprache »befugter Individuen, Gruppen, Interessenten, Institutionen, die oft erst nach kontroverser Auseinandersetzung darin übereinkommen, dem angebotenen Artefakt das Prädikat ›Kunst‹ zu verleihen«.15 Bei einem positiven Ergebnis »tritt jenes Artefakt in einen Sonderstatus ein, es genießt einen gesetzlichen Schutz, steuerrechtliche Privilegien, es wird ausgestellt und angeboten, erreicht besondere Preise, wird sammel- und museumswürdig und schließlich auch wissenschaftsfähig ein Gegenstand der Kunstgeschichte«.16

Das erklärte Erkenntnisziel besteht darin, wissenschaftliche Befunde über die als historisch relevant erkannten Kunstwerke zu gewinnen.17 In diese Objekt- oder Werkzentrierung ist eine wissenschaftsgenuine Fokussierung eingeschlossen. Kunst bezeichnet nicht den breit angelegten Produktionsprozess mit dem Ergebnis eines wie auch immer gearteten Werks. In den Augen der Kunstgeschichte ist Kunst ein der Wissenschaft zugängliches Werk, dass von einem besonders begabten und historisch bedeutsamen Individuum geschaffen wurde. Die Aufgabe der kunsthistorischen Zunft ist die Erforschung sowie Erklärung dieser herausragenden Werke unter den Zentralfragen: • »Was stellt das Kunstwerk dar?«, • »Warum entschloss sich der Künstler zu dieser Gestaltung?« oder • »Welche Relevanz besitzt das Werk für die Kunstgeschichte?«.

14 Unter den Aspekten von Geografie u. Chronologie. 15 Warnke 2008, 24. 16 Ebd. 17 Häufig bleibt dabei unklar, welche Gründe am Ende dafür ausschlaggebend waren, dass die Community zu einer abschließenden Erkenntnis gelangte. Neben individuellen Werkaspekten sind ebenso institutionelle, kulturelle oder monetäre Gründe denkbar, die eine Aufwertung des Werks begünstigten beziehungsweise das wissenschaftliche Urteil verstärkten.

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5 Ausblick

Erkenntnistheoretisches Basisinstrument ist das neutrale und vergleichende Sehen, welches mit dem Studienbeginn erlernt wird. Im Verbund mit den Methoden der Grundlagensicherung und Interpretation sowie einer forschungsleitenden Frage dringt der Wissenschaftler in das Erkennen und Deuten des historischen Gegenstands ein.18 An diesen Kern binden sich weitere wissenschaftstheoretische Größen wie etwa die Epochen an.19 Die kunsthistorischen Epochenbezeichnungen sind als Bemühungen zu verstehen, welche die Allgemeinvorstellung eines Zeitraums zu fassen suchen und die Kunst ordnen sollen. Dabei können sie einen politischen Zeitraum repräsentieren. Die Kunstgeschichte Asiens bevorzugt beispielsweise diese machtpolitische Ordnungsform von Kunst.20 Ferner besteht die Möglichkeit, Kunst nach religiösen Gesetzmäßigkeiten zusammenfassen. Diesem Phänomen begegnen wir in der buddhistischen, hinduistischen oder islamischen Kunstgeschichte, wobei sich diese Einordnungen zusätzlich nach politischen Systemen ausdifferenzieren (Dynastien etc.). Des Weiteren gibt es an der Kultur oder Philosophie orientierte Ordnungscharaktere. Dieses Vorgehen schätzt beispielsweise die südamerikanische oder auch die westliche Kunstgeschichte.21 Dennoch hebt letztere hauptsächlich empirisch zu erfassende Merkmale der Kunst für eine wissenschaftliche Ordnung hervor. Ihre Taxonomie klassifiziert die hauptsächlich in Europa und Nordamerika entstandenen Objekte nach Gruppen wie Architektur, Malerei, Kunstgewerbe oder Skulptur und Schlüsselmerkmalen wie Form, Material, Motiv oder Stil. Darüber hinaus verfügt die Kunstgeschichte über die Alternative der sich seit den 1980er-Jahren aus den Kultur- wie Medienwissenschaften entwickelnden Bildwissenschaft(-en). Eine Analyse der zum Teil sehr unterschiedlichen Bemühungen der Kunsthistoriker Belting, Gottfried Boehm (* 1942) oder Horst Bredekamp (* 1947) ist an dieser Stelle nicht notwendig.22 Es genügt der Verweis, dass die Bildwissenschaft, wie auch die Medienwissenschaft, von einer Präsentation der Kunst in visuellen und vorzugsweise zweidimensionalen Artefakten ausgeht.23 Ihr Erkenntnisinteresse richtet sich darauf, 18 Siehe dazu Belting  /  D illy  /   K emp  /  S auerländer  /  Warnke 2003. 19 Andere sind etwa Form, Stil etc. 20 Siehe dazu The Metropolitan Museum of Modern Art 2014a wie 2014b (Anhang »Visuelle Quellen«). – Z. B. Yuang Dynastie, Ming Dynastie o. Edo- u. Kamakura-Zeit. 21 Siehe dazu The Metropolitan Museum of Modern Art 2014c (Anhang »Visuelle Quellen«). – Z. B. Die Kunst der Azteken, Mayas etc. o. die Kunst der Aufklärung wie des Humanismus. 22 Siehe dazu die kürzlich erschienene Untersuchung von Daniel Hornuff. Hornuff 2012. 23 Die Medienwissenschaft grenzt ihren Untersuchungsgegenstand auf die »mediale Verlängerung“ des Hör- und Sehsinns ein. In ihrem Verständnis sind Medien Objekte des Alltags, der Wissenschaften oder der Dokumentation. Ihre Funktionen sind: »Gestalten, Fixieren, Ordnen, Strukturieren, Speichern, Erinnern, Überliefern sowie Übermitteln“. Medien sind »Austritte“

5.2       Perspektiven »die Herstellung, Verbreitung und [den; Anm JB] Gebrauch aller Arten von visuellen Artefakten in ihren historisch veränderlichen kulturellen Kontexten zu erforschen, zu beschreiben und zu reflektieren. [...] Die differentia specifica der Bildwissenschaft besteht darin, dass sie über die Grenzen der Fachwissenschaften hinaus nach kulturellen Zusammenhängen von natürlicher und technisch-instrumenteller optischer Wahrnehmung sowie menschlicher wie technischer-instrumenteller bildlicher Darstellung fragt.« 24

Ginge man nun zukünftig von einer gestalterisch-kulturell ausdifferenzierten Kunstgeschichte aus, ließe sich das Problembewusstsein der traditionellen Kunstgeschichte mit seinen Ordnungen und Voraussetzungen wie etwa den künstlerischen Autonomie- oder Geniebegriff in Teilen aufgeben. Die bis heute ausgebildeten Theorien der Bildwissenschaft könnten integriert beziehungsweise erweitert werden.25 Das disziplinäre Grundverständnis nähme an, dass das eigene Erkennen historischen Veränderungen unterliegt.26 Demzufolge entbände diese kunsthistorische Sicht sich, wo nötig, wissenschaftstheore-

des Menschen aus seiner »unreflektierten Unmittelbarkeit“. Sie strukturieren die menschliche »Wirklichkeitserfahrung“. Sprache, Gestik und Mimik sind primäre, Bild und Schrift sekundäre und technischen Geräte tertiäre Medien. Auge und Ohr sind die ihnen zugeordneten Sinne. Das Visuelle präsentiert »sich in allen Fällen auf zweidimensionalen Flächen“. Das Auditive gießt sich in und übermittelt sich über Tonträger, Funk, Multimedia etc.

Die Dreidimensionalität der Welt klammert die Medienwissenschaft aus und führt alle Erscheinung mittels eines induktiven Vorgehens auf die zweidimensionale Fläche zurück. Dieter Kerlen erläutert: »Die zur Definition gehörende Zweidimensionalität der optisch wahrgenommenen Präsentationsfläche wird durch runde Plakatsäulen oder leicht gekrümmte Bildschirme nicht ausgehebelt. Und wenn gegen die Zweidimensionalität die dreidimensionale virtual reality im Multimedia-Szenario geltend gemacht wird: Letztere bleibt fiktiv, die zweidimensionale Präsentationsfläche aber real. Auch die Renaissance-Maler mit ihrer Zentralperspektive fingierten auf zweidimensionalen Wand- und Tafelbildern Dreidimensionalität.“ Insgesamt dazu Kerlen 2003, 13–16.

24 Frank  /  L ange 2010, 10. 25 Grundsätzlich ist die Bildwissenschaft insofern eine zu begrüßende Wende, als dass sie die Möglichkeit bietet, geografische, interdisziplinäre oder kulturelle Grenzen aufzuheben, u. die Subjekt-Objekt-Problematik durch einen anthropologischen Fokus relativiert. Auch gerät die künstlerische wie kulturelle Praxis in den Blick der Wissenschaft. Im Verständnis der Autorin löst sie sich jedoch nicht vom Kult des überlieferten Objekts. Daneben bleibt eine Disparität zwischen Anschauung, Begriff u. System bestehen. Denn: Mit dem Begriff des Bildes lassen sich nicht alle künstlerischen Produktionsformen erfassen. 26 Diesen Gedanken einer Selbstveränderung vertrat schon die postmoderne Geschichtswissenschaft.

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5 Ausblick

tischen Traditionen und würde die theoretische Reflexion sowie den methodischen Disput zur eigenen Disziplin befördern. Gewicht bekämen Fragen nach der grundsätzlichen Genese künstlerischer Gestaltung, nach den Präferenzen mit ihren angeschlossenen Relationen sowie funktionalen Bedeutungsebenen von Kunst.27 Feststehende und homogene Ordnungsprinzipien gäbe es nicht, sondern ein heterogenes Gesamtsystem. Horizontal betont wäre letzteres durch ein globales Zeitmaß; vertikal differenzierten die künstlerischen Invarianten beziehungsweise Varianten das System aus. Insgesamt bestünde die kunstgeschichtliche Aufgabe darin, die gestalterischen, medialen oder auch thematischen Invarianten, etwa Bild, Raum oder Zeit, mit den zugehörigen Peripheriethemen und Problemstellungen zu untersuchen. Der entscheidende Unterschied zum gängigen Vorgehen läge darin, dass die Kunstgeschichte ihr wissenschaftliches Erkennen nicht aus den Objekten, sondern aus der historischen Variabilität und kulturellen Mehrdimensionalität künstlerischer Gestaltung gewinnt. Sie fragt nach den historischen Prozessen im Grundphänomen der menschlichen Artistik, untersucht die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen künstlerischen Ausdrucksformen, stellt Lösungsansätze für künstlerische Zentralprobleme einander gegenüber und diskutiert diese in Bezug zu ihrer Tragfähigkeit. Eine sich daran anschließende Konsequenz wäre die Methode eines universalen orts-, epochen- und kulturübergreifenden Vergleichs unter der gleichzeitigen Aufgabe des eurozentrischen Schwerpunkts.28 Dabei höbe sich ebenfalls die Unterscheidung zwischen den Werken der Hoch- und Alltagskultur auf.29 Diesem Vorgehen läge die Annahme zugrunde, dass kulturelles und künstlerisches Schaffen nur aus einem direkten Austausch erfolgen kann.30 Eine weitere Konsequenz beträfe das kunstgeschichtliche Quellenverständnis. Das Kunstobjekt, das die Bedingungen einer Werkimmanenz, -präsenz und notwendigen kulturellen Kongruenz enthält, träte in die Reihe einer Vielzahl von relevanten Quellen zurück. Die Vorliebe eines bestimmten Zeitabschnitts für ephemere sowie räumlich orientierte Kunstformen, wie etwa im Fall des Spatial Poem, müsste nicht länger als Ausnahme, methodischer 27 Funktion wird hier nicht allein im Sinne eines Nutzens verstanden, sondern bezieht sich z. B. auch auf erkenntnistheoretische oder kommunikative Kontexte in der künstlerischen Gestaltung. 28 Diese Vergleichsmöglichkeiten zwischen der Frühen Neuzeit u. der Moderne prägte die vorliegende Arbeit an zahlreichen Stellen. Man denke nur an Maciunas Neuinterpretation des menschlichen Erkenntnisvermögens. 29 Hier sei nochmals an die Schlagworte der Egalisierung, Produktivität und Gruppenleistung erinnert. 30 Hier sei an die hogarthsche Theoriebildung zur Schönheitslinie unter Mithilfe von Kunst, Mode u. Tanz erinnert.

5.2       Perspektiven

Problemfall und für die Kunstgeschichte zweitrangig gedeutet werden, sondern ließe sich mit Hilfe von Reproduktions- und Schriftquellen problemlos ausdeuten. Die trotz eines methodologisch geleiteten Verfahrens auftretenden Diskrepanzen zwischen Original(-absicht) und Reproduktions(-absicht) würden thematisiert und als erkenntnistheoretisches sowie noch zu lösendes Problem gekennzeichnet.31 Kunsthistorische Quellen wären demnach untereinander gleichberechtigte Überreste in auditiver, gegenständlicher, schriftlicher oder visueller Form, welche die Unterscheidung in Primär- und Sekundärquellen nicht mehr bemühten. Das zentrale Erkenntnisorgan wäre nunmehr das Gehirn und nicht mehr das kunsthistorische Sehen.32 Es führt, und hier wird den aktuellen Argumentationslinien der Hirnforschung gefolgt, sämtliche Wahrnehmungselemente zusammen. Erkenntnis und Wahrnehmung werden heute als Netzwerk verstanden.33 Das Sehen im Besonderen und die Wahrnehmung im Allgemeinen erscheinen als Gemeinschaftsleistung der Leitsinne (Auge, Ohr), der Ergänzungssinne (Geruch, Geschmack, Tasten) und des für die menschliche Aktion notwendigen Körpersinns.34 Das Gehirn ist ein multisensorisches Organ. »Es kombiniert unaufhörlich die Informationen unterschiedlicher Sinnesmodalitäten. [...] Wie Forscher seit einigen Jahrzehnten wissen, kombinieren gewisse Hirnregionen die Daten unterschiedlicher Sinne. Beispielsweise mischte eine davon visuelle Informationen mit somatosensorischer Wahrnehmung wie Tastgefühl und Temperatur.« 35

Im Prozess des Erkennens greift das Gehirn zusätzlich auf gespeicherte Informationen zurück oder stellt Verbindungen zu Erwartungen her. Der Hirnforscher Heinrich H. Bülthoff erklärt diesen komplexen Prozess wie folgt: »Unser Gehirn zerlegt [...] das, was auf der Netzhaut erscheint, in höchst abstrakte Informationen, die letztlich eine Art symbolische Re-präsentation der Außenwelt darstellen, ein selbst gefertigtes Modell der Welt. Was wir wahrnehmen, hängt ganz wesentlich von unbewussten, kognitiven Entscheidungen und Schlussfolgerungen ab. [...] Wenn das Gehirn erst einmal etwas gelernt hat, so kümmert es sich oft nicht mehr besonders um die eigentlichen Realitäten. Wir können nicht durch die Nerven nach außen dringen, 31 Dieser Ansatz steht dem heute gängigen Verfahren eines Ausschlusses gegenüber. 32 Dieser Anschluss lehnt sich an den kantischen Gedanken einer Erkenntnis aus dem Verstand an. 33 Dieser Bedeutungsverlust des Sehens als Erkenntnisorgan wird in der Kunstgeschichte bis heute weinig bis gar nicht diskutiert. Auch die Bildwissenschaft operiert hauptsächlich aus dem Gedanken eines erkennenden Sehens heraus. Z. B. ebd., 16 f. 34 Siehe Smith /   N olen-Hoeksema  /  F redrickson  /  L oftus 2007, 139–187. 35 Rosenblum 2014, 25 u. 27.

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5 Ausblick um die wahre Wirklichkeit zu gelangen, zum Kantʼschen Ding an sich. Alles was von außen in unser Bewusstsein kommt, wird durch die Verrechnungsstellen unserer Sinnesorgane vermittelt – Formen, Gesichter, Bewegungen. Aber auch scheinbar absolute Dinge wie Materie, Raum, Zeit und sogar das von uns erlebte Ich sind [...] etwas Künstliches, Selbstgemachtes, von unserem Hirn Konstruiertes.« 36

Fester Bezugspunkt der Kunstgeschichte wären demnach die Forschungsergeb­ nisse aus der Evolutionsbiologie, Medizin oder auch Psychologie. Diese An­bin­ dung begründet sich in der Überzeugung, dass die historische Forschung zur Kunst nicht ohne die Forschung zum Menschen auskommt. Hier unterscheidet sich die Kunstgeschichte von der Allgemeinen Geschichtswissenschaft. Kenntnisse zu invarianten Aspekten des künstlerischen Schaffens erleichtern und fundieren die Einordnungen historischer Phänomene wesentlich. Darüber hinaus träte die Kunstgeschichte für eine intensive Zusammenarbeit mit der systematisch orientierten Kunstwissenschaft ein. Letzterer obläge es, in interdisziplinären Kooperationen Invarianten zur menschlichen Gestaltungsfähigkeit zu erforschen.37 Unter Invarianten sind keine theoretischen und von der Kunst unabhängigen Metakonstruktionen zu verstehen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es immer wieder in Erscheinung tretende Begriffe, Handlungssystematiken oder auch mediale Zugriffe gibt, die sich unabhängig von spezifischen Ereignissen, Künstlern oder Orten zeigen. Diese eruierten Größen könnten von der Kunstgeschichte als Forschungsgegenstände – wie bei Panofsky die Perspektive und in der Bildwissenschaft das Bild – oder auch als thematische (Vermittlungs-)Strukturen – wie bei Dorner – eine Anwendung finden. Implementiert in dieses Konzept der Invarianten ist übrigens das Bewusstsein einer Bedeutungsdynamik. Die Relevanz der Invarianten bleibt nicht konstant, sondern ist durch Ab- und Aufschwünge geprägt. Sämtliche der hier kurz skizzierten Aspekte einer überarbeiteten Wissenschaft zur Kunst böten die Chance zur Überwindung heute nicht zu unterschätzender Widerstände.38 Diese behindern die Entwicklung einer unter den Kunstformen gleichberechtigten beziehungsweise auf globale Kontexte ausgerichteten Kunstgeschichte. Um hierfür nur vier Beispiele bestehender Schwierigkeiten zu geben: 36 Bülthoff 2001, 44. 37 Dieses Eintreten für eine systematische Kunstwissenschaft prägte nicht nur Panofskys Arbeit. Von Sedlmeyer bis Kubler lassen sich diese Überlegungen finden. Zurück gehen diese Überlegungen auf die kantische Unterteilung von Geschichte und System. 38 Andere Widerstände sind zudem der Unterschied zwischen dem westlichen u. dem östlichen Geschichtsdenken, die kulturell unterschiedliche mediale Ausgestaltung o. die Konzeption des Künstlers.

5.2       Perspektiven

1. Politische, religiös orientierte oder morphologisch ausgerichtete Ordnungssysteme fokussieren sich auf eine innere Perspektive und etablieren autonome Epocheneinteilungen, die ein vergleichendes und methodisch abgesichertes Arbeiten über nationale oder kontinentale Grenzen hinweg unmöglich machen. 2. Eine Ordnung der Kunst nach dem autonomen oder nützlichen Charakter der Kunst ist ebenfalls nicht unproblematisch. Der Ansatz einer sich als autonom erklärenden Kunst betrachtet diese als ein freiheitlich orientiertes und sich selbst gesetzlich fassendes Wesen. Kunst kann jedoch nicht autonom sein, wenngleich sich der Künstler durchaus als freiheitliches und eigengesetzliches Subjekt verstehen kann. Die Kunst ist immer abhängig von Prozessen und Zuschreibungen außer ihrer selbst. Ist sie es nicht, ist sie nichts weiter als ein unerkannter Gegenstand. Demzufolge ist Kunst in jedem Fall heteronom. Auch in der Moderne zeigt sie sich, trotz ihrer Loslösung von Mythos und Theologie, abhängig vom produzierenden Individuum, von kulturellen wie kollektiven Denkstilen oder politischen wie monetären Systemen. Die Bestimmung nach einem autonomen oder nützlichen beziehungsweise angewandten Charakter impliziert zudem ein Werturteil, dem auch besonders die Architekturgeschichte ausgesetzt ist. Dieses unterscheidet zwischen einer Hoch- und Populärkultur beziehungsweise besonders und weniger wertvollen Artefakten. Im Kontext einer sich immer stärker etablierenden Weltgeschichte und der damit beginnenden Diskussionen zwischen den Kulturen löst sich diese Trennung allerdings zunehmend auf. Die im Zeitalter des Kolonialismus und der Industrialisierung generierten Vorurteile gegenüber nichtautonomer Kunst wird in Zukunft ihre Bedeutung verlieren. 3. Der in der Kunstgeschichte genutzte Gattungsbegriff erscheint angesichts der Vielheit von sich verändernden künstlerischen Anschauungen, Ausdrucks- oder auch Erkenntnisweisen nicht haltbar. Künstlerische Gattungen erweitern und verändern sich ebenso wie die Kunst. Sie sind keine natürlichen Metakategorien, sondern dem künstlerischen Schaffen nachgeordnet und von diesem abhängig. Die Wissenschaftstheorie orientiert sich an der Kunst und nicht umgekehrt. Zudem schafft die Beibehaltung eines starren Gattungssystems zwei fundamentale Probleme: Zuallererst fallen Anschauung und wissenschaftliches Grundgerüst auseinander. Das, was eins zu eins über die Anschauung als Kunstform erkannt wird, schlägt sich zum heutigen Zeitpunkt wissenschaftlich nicht adäquat nieder. Würden andere Disziplinen vergleichbar agieren, müsste etwa die Biologie zahlreiche wiederentdeckte oder neue Spezies mit der Begründung marginalisieren, dass sich diese nicht in das bestehende Wissenschafts-, Vermittlungs- oder Vertriebssystem einfügen. Das zweite Problem betrifft die in dieser Verwendung implizierte Annahme einer (Kunst-)Gattung als

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5 Ausblick

natürliche Art. Im Gegensatz zur Systematik von Lebewesen etc. in der Biologie entwirft die Kunstgeschichte ein Artenkonzept, welches künstlich geschaffene, variable, wenig in sich geschlossene und auch auf Handlungen konzentrierte Arten erfasst. Dieser Unterschied ist beträchtlich, verweist er doch von vornherein auf die Entwicklungsschwierigkeit eines Ordnungsgefüges für künstlerische Artikulationen.39 4. Das letzte Beispiel berührt einen wissenschaftstheoretischen Stolperstein, den schon Kant thematisierte. Klassifizierungsmethoden nach morphologischen und werkimmanenten Gesichtspunkten müssen davon ausgehen können, dass alle für den Klassifizierungsprozess relevanten Daten vorliegen. Diese Gewissheit ist jedoch nicht zu erreichen. Es besteht immer die Möglichkeit, dass Künste vergessen, abgeschlagen oder in ihrer Relevanz für eine Klassifizierung bisher nicht erkannt wurden. Diese Unwägbarkeiten legen eine Entwicklung alternativer Ordnungskriterien nahe. Gehen wir mit diesen Informationen, Argumentationen, Einsprachen und Problemskizzen nochmals an den Anfang der Arbeit: Wie sich zeigte, bezeichnet den spatial turn zweierlei: auf der einen Seite eine wissenschaftstheoretische Neuausrichtung beziehungsweise wissen­ schaftsmethodologische Wende, auf der anderen Seite eine thematische Hin­wendung zum Raum, weniger zur Zeit. Die Leitwissenschaften dieser Bewegung sind im öffentlichen Verständnis unter anderen die Kultur-, die Medienwissenschaften und die Soziologie. Diese im weiteren Sinn zu verstehenden Wendewissenschaften grenzen sich zu den alten und oftmals historischen Disziplinen ab. Dabei ist dieser Abgrenzungsreflex häufig mit dem Vorwurf einer Leistungsunfähigkeit des Alten angesichts des Neuen verbunden. Die faktische Untersuchung dieses Zusammenhangs konnte jedoch verdeutlichen, dass die Kunstgeschichte die Anliegen des spatial turn nicht nur seit 1900 in den unterschiedlichsten Ausprägungen untersuchte sowie vorbereitete, sondern auch die methodologische Problematik räum- / zeitlich orientierter Künste seit Mitte des 18. Jahrhunderts immer wieder thematisierte. Die populäre Argumentationslinie gegen die alte Kunst / Wissenschaft und für eine neue Kunst / Medien- / Wissenschaft bedarf demnach einer Durchsicht. Allerdings genügt die Feststellung einer thematischen Teilhabe der Kunstgeschichte am spatial turn nicht. Denn obwohl sie über ausgezeichnete Wissenschaftstheoretiker verfügt(-e), zeichnet sie sich durch eine lästige Geringschätzung theoretischer Entwürfe aus den eigenen Reihen wie eine bemerkenswerte Kritikresistenz 40 aus. Bis heute schlägt sich die disziplinä39 Sinnvoller wäre die Einordnung der künstlerischen Gestaltung in die Natur. 40 Hier muss man bedenken, dass die letzten Wortmeldungen zu einer unzulänglichen theoretischen Grundlage schon um 1980 entstanden. Neben Hervé Fischers, Histoire de l’art est

5.2       Perspektiven

re Wissenschaftstheorie wenig bis gar nicht ins Curriculum oder in der Forschungspraxis nieder.41 Dieses Vorgehen hat weitreichende Konsequenzen: Sofern man Kunstgeschichte lediglich als historische Analyse von Malerei, Skulptur etc. versteht, werden nicht nur die Möglichkeiten kunsthistorischer Erkenntnis beschränkt, sondern auch die Traditionslinien der eigenen Disziplin verdeckt. Dass die wissenschaftstheoretischen Vorarbeiten Panofskys zum spatial oder pictural turn zwar von den Kulturwissenschaften und der Soziologie erkannt und von der Kunstgeschichte fast vergessen werden, ist dabei nur ein eindrückliches Beispiel.42 Versuche, an interdisziplinären und theoriebasierten Forschungsprojekten teilzunehmen, können zudem kaum als aussichtsreich gelten, wenn die eigene Disziplin zwar aus wissenschaftshistorischer, aber nicht aus wissenschaftstheoretischer Perspektive aufgearbeitet ist. Fragen nach dem Erkenntnisgegenstand, dem Wie und den disziplinären Grenzen des Erkennens müssen intensiv diskutiert und in einer globalen Perspektive beantwortet werden. Von größter Wichtigkeit wäre zudem eine Einbindung der Theorie in die universitäre Lehre. Der überwiegenden Meinung, dass ein theoretisches Minimalwissen der Studierenden ausreicht, schließt sich die Autorin nicht an. Wissenschaftliches Denken ist theoretisches Denken. Es muss erlernt, in seinen Möglichkeiten erkannt und in der Praxis erprobt werden. Dies thematisierten schon Wölfflin und Panofsky, die sich übrigens beide vehement für eine Erneuerung der Lehre angesichts ihrer Entwürfe zu einer kunstgeschichtlichen Wissenschaftstheorie einsetzten. Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier geht es nicht darum, die klassischen Kunstgeschichte einer schonungslosen Kritik zu unterziehen und ihre Bedeutung zu relativieren. Vielmehr muss diese Arbeit als Plädoyer für eine Weiterentwicklung unter Beibehaltung der eigenen Traditionen und auf Grundlage einer theoretischen Renaissance gewertet werden. Die Anliegen der Bildwissenschaft haben den Anfang für diese Entwicklung gemacht. Sie unter Anerkennung kultureller Unterschiede in der künstlerischen Gestaltung zu erweitern könnte der nächste Schritt sein und, analog zur Kultur der künstlerischen Gestaltung, zu einer Kunstgeschichte von mindestens zwei Kulturen führen. terminée aus dem Jahr 1981, diskutierte auch Norman Bryson das Theoriedefizit der Kunstgeschichte. Er leitete seine Publikation Vision and Painting (1983) mit den Worten ein: »It is a sad fact: art history lags behind the study of the other arts.« Bryson 1983, XI. wie Fischer 1981. 41 Etwas besser sieht es in Bezug zur Kunsttheorie aus. 42 Hier meint die Autorin nicht die thematische Analyse Panofskys zur Perspektive, sondern seine Arbeit im Frühwerk.

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Anhang G lossar a posteriori (lat.: der Spätere) In der Philosophie und seit Kant bezeichnen Erkenntnisse beziehungsweise Urteile a posteriori jene Formen, welche sich in der Wahrnehmung beziehungsweise Erfahrung des Subjekts begründen. Demnach sind es empirische Erkenntnisse, welche besonders in den empirisch ausgerichteten Naturwissenschaften zum Tragen kommen. (Spree 2003c)

a priori (lat.: vom Früheren her) In der Philosophie und seit Kant bezeichnen Erkenntnisse beziehungsweise Urteile a priori jene Formen, welche sich analytisch begründen und keinen Bezug zur Erfahrung aufweisen. Zwei wichtige Kritrien der Erkenntnis a prori sind nach Kant die »Allgemeingültigkeit« und die »Notwendigkeit«. (Spree 2003d)

Absolute (von lat. absolutum: das Losgelöste) Das Absolute erhält seine Geltung ohne den Bezug auf ein anderes und ist der Gegensatz zum Endlichen beziehungsweise Relativen. Es unterliegt keinen Bedingungen oder Beziehungen und steht in keiner Abhängigkeit. Dementsprechend ist es ohne Ursache, unendlich und vollkommen. Das Absolute wird somit als letzter Grund des Seins angesehen. Der Begriff des Absoluten goss sich nicht nur in Konzepte wie das absolut Sittliche (Kant), das absolute Ich (Fichte) oder den absoluten Geist (Hegel), sondern prägte zum Beispiel staatstheoretische Untersuchungen zur Möglichkeit eines absoluten Staates. (Spree 2003a)

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Anhang

Akzidens (von lat. accidens) Das Akzidens ist der Gegensatz zur Substanz (zum Beispiel ein Haus) und bezeichnet die hinzukommende, wechselnde beziehungsweise zufällige Eigenschaft eines Dings, welche dieses um seine ewige Substanz ergänzt (zum Beispiel die Farbe des Hauses). Die Substanz eines Dings bestimmt sich nach Aristoteles in der causa efficiens, der causa materialis, der causa formalis sowie der causa finalis. Unterschieden wird die Akzidens noch vom Attribut als wesentliche Eigenschaft eines Dings. (Rehfuss 2003b)

Anschauung Ursächliches, sinnliches Wahrnehmen der Welt, welches den menschlichen Wahrnehmungsprozess ausgestaltet. Bis Kant verwendete die Philosophie den Begriff der Anschauung synonym mit dem der Intuition. Nach Kant und vor dem Hintergrund des englischen Sensualismus verband sich Anschauung mit dem sinnlich erfahrbaren Gegenstand. Die Anschauung kann außerhalb (äußere Anschauung) oder innerhalb des Betrachters liegen (innere Anschauung). Grundlage dieser Synthese zwischen Anschauung und Gegenstand ist der Verstand. Für Kant bezieht sich alles Denken auf diesen Syntheseprozess. Das rein analytische Anschauen, so seine Auffassung, ermöglicht keine Erkenntnis: »Alle Erkenntnis bedarf der sinnlichen Anschauung, der äußeren und inneren. Ohne Anschauung sind unsere Begriffe leer, sind rein formale Gedanken ohne Gegenstand. Das Denken liefert nur an der Hand von Anschauungsmaterial Erkenntnis«. (Eisler 1989, 15; siehe auch Spree 2003b)

Antithetik Die Antithetik bezeichnet das Denken in inhaltlichen Gegensätzen. Neben der lyrischen Verwendung im Barock (zum Beispiel: Sinnlichkeit versus Verstand; Diesseits versus Jenseits) behandelte Kant die Antithetik in seinen Überlegungen zu den Antinomien, das heißt in seinen Überlegungen zur Erkenntnis aus dem Widerstreit. Er definiert: »Wenn Thetik ein jeder Inbegriff dogmatischer Lehren ist, so verstehe ich unter Antithetik nicht dogmatische Behauptungen des Gegenteils, sondern den Widerstreit der dem Scheine nach dogmatischen Erkenntnisse (thesin cum antithesi), ohne dass man einer vor der anderen einen vorzüglichen Anspruch auf Beifall beilegt.« (Eisler 1989, 32)

Deduktion / Induktion Induktion ist die wissenschaftliche Methodik, durch die eine hohe Anzahl von Beobachtungen zu einem allgemeingültigen Schluss führen bzw. die Richtig-

Glossar

keit eines Schlusses an Einzelfällen bewiesen werden kann. »Sie stellt eine Verallgemeinerung dar.« Demgegenüber geht die Deduktion von allgemeingültigen und erfahrungsunabhängigen Sätzen aus, die auf jeden beliebigen Erkenntnisgegenstand anwendbar sind. Die deduktive Methode gilt als sicherer, da die Induktion immer annehmen muss, dass »es Einzelfälle gibt, bei denen sich der Satz nicht bestätigt«. (Nicola 2007, ab 326; siehe auch Seiffert 2003, ab 153)

Dialektik (von griech. dialektiké) Methode der Philosophie, unter der die Antike die Kunst der Unterredung und die Frühneuzeit die Logik verstand. Mit der Frühaufklärung wandelte sich das Verständnis von der Dialektik durch das veränderte Verständnis von der Logik, welche sich in Analytik und Dialektik aufspaltete. Die Dialektik bezieht sich stets auf die Aussagen zweier Gesprächspartner, strebt den Ausgleich der Gegensätze an und hat nicht – wie die Analytik – die Untersuchung eines realen Dings oder Sachverhalts im Auge. Die Dialektik unterliegt dem naturgegebenen Dreierschritt: »1. A behauptet etwas, 2. B behauptet etwas, 3. In der Diskussion wird nach einer gemeinsamen Lösung gesucht.« (Seiffert 2006, 275) Dabei wird die Aussage von A meist als Thesis, die von B als Antithesis und die Lösung als Synthesis begriffen; wobei das Wort Thesis (von griech. thésis: Setzung, Behauptung) die sprachlich-gedankliche Ebene dieses Prozesses betont. (Nicola 2007; Pätzold 2003; Seiffert 2006)

Geist Hegel konzipierte den Geist als dialektisch Absolutes, das sich in drei Stufen erhöht. Diese teilen sich in den subjektiven, objektiven und absoluten Geist auf. Der höchste Entwicklungsstand des Geistes ist der absolute Geist. Der subjektive Geist stellt sich im Individuum dar, der objektive Geist in den menschlichen Kulturleistungen und der absolute Geist in Kunst, Religion und Philosophie. (Bräuer 2003; Jaeschke 2010, ab 208; Tesak 2003a)

Kategorie (von griech. kategoria: Aussage, Prädikat) In der Philosophie ist die Kategorie die Benennung für die allgemeinste Seinsweise und Erkenntnisform. Begründet wird die Kategorienlehre bei Aristoteles. Dieser verstand die Kategorien als Größen des Seins und der Aussage. Mit Kant änderte sich diese Ansicht zugunsten einer erkenntnistheoretischen Ausrichtung. Kategorien sind demzufolge notwendige Denkformen, die das sinnliche Material für den Erkenntnisprozess ordnen. Sie sind »die fundamentalen Formen der Synthese von Daten zur Einheit objektiver Erfahrung, apriorische

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Bedingung, Konstituenten der Erfahrung, die daher für alle mögliche Erfahrung gelten«. (Eisler 1989, 282; siehe auch Rehfuss 2003a)

metempirisch Unter metempirisch wird der Gegensatz zu empirisch verstanden. Das Metempirische liegt außerhalb des Erfahrbaren. Panofsky wendet den Begriff des Metempirischen als charakteristische Voraussetzung für die wissenschaftliche Auseinandersetzung an. Beispielsweise kann das rieglsche Kunstwollen nur in einer metempirischen Perspektive zum wissenschaftlichen Gegenstand werden.

Ordnung Ordnung wird hier als geregeltes Verhältnis verstanden zwischen den erfassten ähnlichen Erscheinungen unter einem Prinzip, zusammengefügt zu einem Ganzen. Es gibt, unter anderen, ästhetische, göttliche, natürliche, politische oder wissenschaftstheoretische Ordnungen. Diese können mit- und untereinander verglichen werden. Ergebnisse von Ordnungen sind Modelle, Systematiken, Verzeichnisse oder räumliche Speicher (Bibliothek, Museum etc.). Der Ordnungsprozess ist an das Erfassen, Auswählen, Sortieren, Speichern und Präsentieren gebunden. Naturgemäß schließt der Gedanke an Ordnung den Ausschluss oder auch das Chaos ein. Was nicht zu ordnen ist, verliert an Relevanz oder versinkt im Chaos. (Foucault 1974, ab 82; Wetzel 2012)

Raum Unter anderem bezeichnet der Begriff Raum a) ein in einer bestimmten Ausdehnung (Höhe, Länge, Breite) und somit ein messbares bestehendes Seiendes (z. B. Frei-, Landschafts- oder Wohnraum), b) eine Kategorie der Realität (Aristoteles / Descartes) oder c) eine Ordnungsvorstellung (Leibniz) oder metaphorische Größe (Totalität, Universalität etc.). Neben dieser Vielschichtigkeit sind die Theorien bzw. Vorstellungen zum Raum abhängig vom Kontext ihrer Entstehung, von disziplinären Fixierungen oder geografischen Blickrichtungen. Der Gedanke des einen und alles umfassenden Raumes muss zugunsten gleichzeitig existierender Gebilde aufgegeben werden. Auch die Annahme einer ausschließlich substanziellen Relevanz von Räumen ist irrtümlich. Raum beziehungsweise Räume erklären und ordnen ebenso theoretisches Denken oder bezeichnen – in ihrer Bindung an Leib-

Glossar

Seele – psychische Aktivitäten (etwa in der Gedächtniskunst). Dabei treten sie in eine enge Beziehung zur Zeit, wobei auch die räumliche Realerfahrung nicht von der Zeit zu trennen ist (Wetzel 2012). Diese Mehrdimensionalität von Raum beziehungsweise Räumen reduziert sich in dieser Studie hauptsächlich auf die ordnende bzw. (wissenschafts-)theoretische Bedeutung. (Cohen 1990; Kambartel 1993; Köster 2007; Ott 2003; Pulte / Gierl 2010; Stöckler 2012; Zekel / Breidert / K aulbach 1993)

Raum-Zeit Bis Einstein behandelte die Wissenschaft Raum und Zeit als in der Alltagserfahrung voneinander getrennt, wenn auch mit vergleichbaren Eigenschaften. Man ging davon aus, dass beide Größen die menschliche Erfahrung strukturieren, einen absoluten Bezugspunkt benötigen (absoluter Raum / absolute Zeit) und teilbar sind. In Albert Einsteins Relativitätstheorie (ab 1914) verbinden sich Raum und Zeit in der Lichtgeschwindigkeit zu einem vierdimensionalen Kontinuum (vierdimensionale Raum-Zeit). Neben dieser naturwissenschaftlichen Einsprache bezweifelt heute auch die Philosophie, dass man Raum und Zeit separat betrachten kann. Zum Beispiel: »Der Raum wird von Subjekten erfahren im Zustand der Bewegung wie der Ruhe [...], dergestalt, dass ein Stück Raum so und so in der Zeit durchlaufen wird oder an einer bestimmten Stelle im Raum ein Aufenthalt in der und der Zeit stattfindet; Bewegung ist dabei Ortsbewegung, d.i. von einem Ort im Raum zu einem anderen, Ruhe Befindlichkeit an einem Ort im Verhältnis zu anderen Örtern. Umgekehrt wird die Zeit erfahren als Durchlaufen eines bestimmten Raumes ebenso wie als Aufenthalt in einem bestimmten Raum, einem Ort. Insofern gilt: Keine Raumerfahrung ohne Zeit, keine Zeiterfahrung ohne Raum«. (Wetzel 2012; Wiesen 2003a)

Subjekt-Objekt-Relation Die Subjekt-Objekt-Relation meint die Trennung von Subjekt und Objekt bzw. Geist und Körper. Dieser Dualismus von Geist und Körper bestimmte die frühneuzeitliche Philosophie, besonders den französischen Rationalismus (Descartes). Der Geist steht dabei dem Objekt gegenüber. Er ist von Letzterem unabhängig, unsterblich und zur Erkenntnis fähig. Nach Descartes entwickelten sich mannigfaltigste Versuche, diese Trennung zwischen Subjekt und Objekt zu überwinden. (Preussner 2003; Wetzel 2012)

Substanz (von lat. substantia: das Zugrundeliegende) Die Substanz deutete Aristoteles als das Höchste alles Seienden. Die Substanz bezieht sich allein auf sich selbst. Sie begründet sich nicht, wie umgangs-

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sprachlich oft üblich, allein aus einer materiellen oder immateriellen Ursache. Die Substanz trägt ebenfalls formale oder funktionale Eigenschaften in sich. Den Substanzen stehen die Akzidenzien gegenüber. Ein Exempel: Akzidenzien bestimmen eine Sache nicht, sondern sind variable Größen. Das Blau in einem Bild ist ein Akzidens, hingegen das Bild an sich eine substanzielle Größe ist. (Rehfuss 2003b, Nicola 2007, 110 f.)

transzendental (wie oben) Dieser Begriff geht auf die Scholastik zurück und beschreibt Bestimmungen des Seins, welche die üblichen Erkenntniskategorien überschreiten. Demzufolge ist das »Transzendentale« Teil der Erkenntnistheorie, wobei hier nicht das Moment des Überschreitens betont wird. Vielmehr wird das bezeichnet, was vor jeglicher Erfahrung liegt. Dieses »vor der Erfahrung« drückt sich durch Anschauungen, Begriffe sowie Urteile a priori aus. Zentral in der Philosophiegeschichte ist Kants Bestimmung des Transzendentalen in der Einleitung seiner Kritik der reinen Vernunft: »Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, insofern diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt.« (Eisler 1989, 538 f.; siehe auch Zwenger 2003)

Transzendenz (von lat. transcendere: überschreiten) Transzendenz bezeichnet in Philosophie und Theologie etwas außer oder über allem Seiendes. Das Transzendente liegt außerhalb jeglicher Erfahrung und jeglichen Bewusstseins. (Nicola 2007)

turn (engl.: Wende) Unter dem Begriff turn versteht man in der Wissenschaftsgeschichte eine Übergangssituation. Zu den bekanntesten turns gehören die kopernikanische Wende (1543), die kantische Revolution der Denkart (ab 1781), die linguistische Wende (Anfang 20. Jahrhundert) oder der pictural turn (1992) proklamiert durch William J. T. Mitchell. Eine besondere Charakteristik des turn ist die Abhängigkeit bzw. Wiederaufnahme vorausgegangener Entwürfe. In sämtlichen Wechselbewegungen des 20. Jahrhunderts gilt, neben spezifisch disziplinären Orientierungen, die kantische Wende als Ursprung der Bewegung. (Bachmann-Medick 2010a)

Glossar

Zeit Zeit drückt die Abfolge und Dauer von Jetzt-Momenten aus, welche in Einheiten gefasst sind (Sekunde, Minute, Stunde, Tag etc.). Die Richtung der Zeit ist kulturell determiniert. Jüdisch-christlich geprägte Kulturen sind von einem linearen Zeitverständnis geprägt, wohingegen bei asiatisch-buddhistischen Kulturen eine zyklische Struktur gilt. Demnach impliziert Zeit auch ein erlernbares Potenzial. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zeit ist, wie auch die mit dem Raum, disziplinär ausgerichtet und historisch konzeptualisiert. Auch kann der Begriff der einen Zeit nicht gelten. Wahrnehmbar ist allein die Gegenwart. Sie breitet sich um den point of view (Pieper 2012) des Subjekts aus und wirft ihren Schatten in das Vergangene wie das Zukünftige – Zeit ist subjektgenuin (Wetzel 2012). Durch diese Abhängigkeit der Zeit vom Subjekt muss die Zeit ebenfalls plural gedacht werden. Zeit existiert so auf zwei Ebenen: empirisch erlebbar und als Grundkategorie ohne realen Bezug. In der Wissenschaft wird die Zeit – wie auch der Raum – zur Ordnungsgröße (z. B. als Epoche). Diese Studie beschäftigt sich hauptsächlich mit der ordnenden bzw. (wissenschafts-)theoretischen Funktion der Zeit. (Elias 2004; Nicola 2007, 168 f.; Pieper 2012; Wiesen 2003b; Wetzel 2012)

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A bbildungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Maria Vieira da Silva, Bibliothèque, 1949, 114 × 146 cm, Öl auf Leinwand, Musée d’art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris | 8 Marta Pan, Maurice Béjart, Equilibre. Théâtre des Champs-Elysées, 1960, in: Cimaise 7 (1960), 36 | 8 Julia Burbulla, Markus Moser Burbulla, Statistik zu Raumbeiträgen in Periodika zwischen 1900 und 1980, 2012 / 13 | 8 Julia Burbulla, Markus Moser Burbulla, Statistik zu Raumbeiträgen in den Gesamtpublikationen zwischen 1780 und 1980, 2012 / 13 | 9 Google NGram Viewer, Raumkunst, 2013 | 19 Google NGram Viewer, Zeitkunst, 2014 | 20 Shiomi 1976, Cover | 24 Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 2, 1965, in: dies. 1976, 10 | 25 Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 5, 1965, in: dies. 1976, 38 | 25 Mieko Shiomi, Spatial Poem No. 1, 1965, o. A., Landkarte auf Faserstoffplatte, Klebeband, Reißzwecken, Papier, Museum of Modern Art, New York | 25 George Maciunas, Zeit / Raum-Tabelle, um 1962, abgebildet in: Schmidt-Burkhardt 2005, 369 | 26 George Maciunas, Fluxus. Seine historische Entwicklung, um 1966, abgebildet in: Schmidt-Burkhardt 2005, 371 | 26 George Maciunas, Fluxus. Seine historische Entwicklung (Detail), um 1966, abgebildet in: Schmidt-Burkhardt 2005, 369 | 27 George Maciunas, Erweitertes Künste-Diagramm, um 1966, abgebildet in: Schmidt-Burkhardt 2005, 373 | 28 George Maciunas, Erweitertes Künste-Diagramm (Detail), um 1966, abgebildet in: Schmidt-Burkhardt 2005, 371 | 29 George Maciunas, Contemporary Man, 1970, in: Schmidt-Burkhardt 2011, 30 | 30 Robert Fludd, Die vier Erkenntnisvermögen des Menschen, 1618, abgebildet in: ders. 1618, 217 | 30 Andrea Bacci, Ordo universi et humanarum scientiarum prima monumenta, 1581, abgebildet in: Siegel 2009, 25 | 30 Lefebvre 1971, Frontispiz | 36 Giambattista Nolli, Neuer Stadtplan Roms, 1748, abgebildet in: Adamson / Pavitt 2011, 128 | 37 Piero Sartogo, Constantino Dardi, Antoine Grumbach, James Stirling, Paolo Portoghesi, Romaldo Giurgola, Robert Venturi, Colin Rowe, Michael Graves, Robert Krier (u. a.), Roma Interrotta, 1977, Collage, Biennale von Venedig, abgebildet in: Adamson / Pavitt 2011, 129 | 38



22 Venturi & Rauch, Roma Interrotta, 1977, Collage, Biennale von Venedig, abgebildet in: Adamson / Pavitt 2011, 131 | 39 23 Berger 2010, Frontispiz | 46 24 Berger 1972b, 1. Episode (Anhang »Visuelle Quellen«), BBC, 0:01–0:25 min, Screenshot | 46 25 Fra Angelico, Saint conversation, 1440, in: Francastel 1977, 68 f. | 47 26 Vincent van Gogh, Les souliers, 1888 / Fernand Léger, Composition d’objets, 1937, abgebildet in: Francastel 1977, 248 f. | 47 27 Berger 2000, Kapitelauszug, 46 f. | 48 28 Berger 2000, Kapitelauszug, 66 f. | 48 29 Anonymus, 6700 scholars have joined together to change the world of art history. Verlagsankündigung für »The Dictionary of Art«, 1994, abgebildet in: Belting 1995, Abb. 3 | 51 30 Stanford University, Prostitution in Philadelphia, Screenshot, 2014. | 54 31 Vincent van Gogh, Ein Paar Schuhe, 1887, 34 × 41,5 cm, Öl auf Leinwand, Museum of Art, Baltimore | 66 32 Jameson 1991, Frontispiz | 68 33 Edvard Munch, Der Schrei, 1893, 83,5 × 66 cm, Öl auf Leinwand, Munch-Museet, Oslo | 68 34 Nam June Paik, TV-Garden, 1977, Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe | 69 35 Jan Vermeer, Der Geograph, 1668 / 1669, 53 × 46,6 cm, Öl auf Leinwand, Städel Kunstinstitut, Frankfurt | 70 36 Edward W. Soja, Worldview from Redondo Beach, 1989, abgebildet in: ders. 1989, 232 | 70 37 Meadows et al. 1972, Frontispiz | 75 38 Meadows et al. 1972, Computersimulationen zum Weltmodell, abgebildet in: ebd., 113 | 76 39 Meadows et al. 1972, Rückkoppelungsschleifen für Bevölkerung, Kapitel, Dienstleistungen und Rohstoffe, abgebildet in: ebd., 86 | 76 40 Meadows et al. 1972, Flussdiagramm des Weltmodells, abgebildet in: ebd., 88 f. | 77 41 Meadows et al. 1972, Legende zum Flussmodell, abgebildet in: ebd., 90 f. | 77 42 Kaiser 1981. Population, abgebildet in: Kaiser 1981, 40 f. | 78 43 Kaiser 1981. Lateinamerikanisches Weltmodell, abgebildet in: Kaiser 1981, 1237 | 79 44 Kaiser 1981. World 3, abgebildet in: Kaiser 1981, 1273 | 79 45 Immanuel Kant, Logische Tafel der Urteile / Verstandesbegriffe, 1783, abgebildet in: ders. 1783, 169 | 96 46 Otfried Höffe, Gliederung der Kritik der reinen Vernunft, 2011, abgebildet in: ders. 2011, 84 | 98

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47 Christian Friedrich Wilhelm Roth, Baum des Wissens, 1769, abgebildet in: Markschies et al. 2011, 280 | 98 48 Anonymus, Vergleichende Darstellung der Weltkarte nach Kopernikus, Tycho Brahe und Descartes, 17. Jahrhundert, o. A., Kupferstich, abgebildet in: Jacoby / Braun 2006, 117 | 100 49 René Descartes, Gedächtnis, 1632, abgebildet in: ders. 1969, 107 | 103 50 René Descartes, Erinnerung, 1632, abgebildet in: ders. 1969, 111 | 103 51 Anonymus, Skizze zu Kants Brille, 2007, abgebildet in: Nicola 2007, 367 | 108 52 Otfried Höffe, Kantische Tafel der Urteile, 1783, abgebildet in: ders. 2011, 174 | 113 53 Édouard Manet, Un bar aux Folies-Bergère, 1881–1882, 96 × 130 cm, Öl auf Leinwand, The Courtauld Institute Gallery, London | 114 54 Pablo Picasso, Glas, Blumenstrauß, Gitarre und Flasche, 1919, 100 × 81 cm, Öl auf Leinwand, Nationalgalerie, Sammlung Berggruen, Berlin | 114 55 Otfried Höffe, Kantische Tafel der Kategorien (nach B 106), 2011, abgebildet in: ders. 2011, 130 | 115 56 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Kants Einteilung der Künste I, 2013 | 120 57 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Kants Einteilung der Künste II, 2013 | 121 58 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Schematische Darstellung der Summe aller Künste bei Bendavid (1799), 2012 | 123 59 August Schlegel, Übersicht und Einteilung der schönen Künste, 1801–1804, abgebildet in: Albert 2010, 112 | 126 60 Giorgio Vasari, Die Erfindung der Malerei, um 1570 / 73, o. A., Fresko, Casa Vasari, Florenz | 130 61 Robert Fludd, Ars memoriae, 1617, abgebildet in: ders. 1617, 2. Band, 48 | 132 62 Jean Jacques Manget, Das Auge, 1711, abgebildet in: ders. 1711, Tab. CI | 134 63 Jean Jacques Manget, Der Geschmack, 1711, abgebildet in: ders. 1711, Tab. CVIII | 134 64 Pierre le Pautre, Die Gartenstadt des Sonnenkönigs Ludwig XIV., 1710, abgebildet in: Vercelloni 1994, Tafel 87 | 136 65 Israel Salomon Probst, Erklärung des Grundrisses des Gartens zu Wörlitz, 1784, 53 × 46 cm, Kupferstich, Kulturstiftung Dessau-Wörlitz | 136 66 Daniel Chodowiecki, Empfindung, 1779, o. A., Radierung, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin | 136 67 Abbé Delagrive, Étoile royale. Plan de Versailles (Detail), 1746, abgebildet in: Brix 2009, 205 | 137 68 William Hogarth, Analysis of Beauty, 1753, 36,9 × 49 cm, Kupferstich, Staatliche Graphische Sammlung, München | 137 69 William Hogarth, Five Orders of Perriwigs, 1761–1762, abgebildet in: Jedding-Gesterling / Brutscher 1988, 128 | 138



70 Daniel Chodowiecki, Nature et Affectation, 1779, Nr.-1-Serie, fol. 11, abgebildet in: Focke 1901, Taf. VI, Abb. 11 | 140 71 Daniel Chodowiecki, Nature et Affectation, 1779, Nr.-1-Serie, fol. 12, abgebildet in: Focke 1901, Taf. VI, Abb. 11 | 140 72 Louis Bonin, Tanzunterricht, 1712, Titelkupfer, abgebildet in: Mourey 2008, 286 | 140 73 Johann Gottlieb Böttger, Englischer Sitz in Wörlitz, 1801, abgebildet in: Boettiger 1999, 58 | 143 74 Record 1596, Titelblatt | 143 75 Anonymus, Le jardin du Roi. La culture des plantes medicinales, 1636, abgebildet in: Hobhouse 1999, 124 | 143 76 Anonymus, Schreibzeug in Form einer Architektur, 16. Jahrhundert, abgebildet in: Siegel 2009, 14 | 143 77 Anonymus, Physica seu naturae theatrum in typum totius philosophiae naturalis, 1611, abgebildet in: Siegel 2009, 121 | 144 78 Anonymus, Artificiosa totius logices descriptio, 1614, o. A., Stich, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek | 144 79 Bernard Picart, Fontenelle mit der Marquise de G., 1728, abgebildet in: Fontenelle 1789, 3 | 145 80 Anonymus, Der Schlosspark Wilhelmshöhe, zwischen 1780 und 1782, abgebildet in: Hirschfeld 1779–1784, planche 15 | 146 81 Carl Haller von Hallerstein, Verschiedene Gartenarchitekturen, zwischen 1790 und 1810, abgebildet in: Philipp 1997, 109 | 146 82 Denis Diderot, Système Figuré des Connaissances Humaines, 1751, abgebildet in: Diderot 1751, 1. Band, 3 | 148 83 Anonymus, Wissenschaftliche Sammlung von Gabriel von Max, um 1892, abgebildet in: Kort / Hollein 2009, Abb. 171:2 | 152 84 Helmut Seiffert, Dialektisches Schema bei Hegel, 2006, abgebildet in: ders. 2006, 285 | 157 85 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema der hegelschen Enzyklopädie, 2013 | 158 86 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema zur Naturphilosophie bei Hegel, 2013 | 159 87 Julia Burbulla, Nicola Rüdiger, Dialektisches Schema zum Geist bei Hegel, 2013 | 165 88 Anonymus, Einteilung zur Kunst bei Hegel, 2010, abgebildet in: Albert 2010, 116 | 167 89 Bruno Bucher, Synchronistische Übersicht der neueren Kunstgeschichte, 1880, abgebildet in: ders. 1880, 294 f. | 172 90 Hans Holbein d. Ä., Die Enthauptung der heiligen Dorothea, ab 1843, abgebildet in: Schnaase 1843–1865, 8. Band, 441 | 175

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Anhang

91 Hans Holbein d. Ä., Basilika Santa Maria Maggiore, 1499, o. A., Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Augsburg | 175 92 Anonymus, Deutsche Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts. Kunsthistorischer Bilderbogen, 1879–1884, Nr. 139, abgebildet in: Krause / Niehr / Hanebutt-Benz 2005, 144  |  176 93 Anonymus, Italienische Renaissance. Dekoration und Kunstgewerbe. Kunsthistorischer Bilderbogen, 1879–1884, abgebildet in: Krause / Niehr / Hanebutt-Benz 2005, 145  |  176 94 Nicolas Chapuy, Ansicht des Straßburger Münsters, 1827, aus: Vue pitoresques, Tafel 6, abgebildet in: Krause / Niehr / Hanebutt-Benz 2005, 99 | 176 95 Charles McIntosh, Practical Gardener, 1838, abgebildet in: Hobhouse 1999, 246 | 176 96 Plan zur Einteilung eines Botanischen Gartens, 1825, abgebildet in: Sckell 1825, Tab. 5 | 176 97 Ernst Haeckel, Die Familiengruppe der Katarrhinen, Kopf-Profile von typischen Repräsentanten der zwölf Menschenarten, 1870, o. A., Druckgrafik, Ernst-Haeckel Haus, Jena | 184 98 Thomas Henry Huxley, Frontispiz zu Evidence as to Man’s Place in Nature, 1863, abgebildet in: Markschies et al. 2011, 321, Abb. 1a | 184 99 Robertson, Spectacle des fantasmagories, um 1800, abgebildet in: Musée d’art moderne et contemporain 2011, 104 | 185 100 Albrecht Dürer, Christus vor Kaiphas, um 1508 / 09, abgebildet in: Wölfflin 2004, 32 | 190 101 Peter Paul Rubens, Beweinung Christi, 1614, abgebildet in: Wölfflin 2004, 92 | 190 102 Max Dessoir, Entstehung und Gliederung der Kunst, 1906, abgebildet in: ders. 1906, 310 | 196 103 Anonymus, Arbeitsplan des Kongresses, 1930, abgebildet in: Noack 1931, 3 | 201 104 Frans Hals, Die Amsterdamer Schützen-Compagnie des Capitäns Reynier Reael und des Lieutenants Cornelis Michielsz Blau, 1637, o. A., Öl auf Leinwand, Rijksmuseum, Amsterdam | 208 105 Erwin Panofsky, Tafel zu Grundbegriffen der Kunstwissenschaft, 1924, abgebildet in: ders. 1998f, 1038 | 212 106 Anonymus, Aby Warburg. Urworte leidenschaftlicher Gebärdensprache, Zustand vom 06. Februar 1927, abgebildet in: Warburg 2012, 74 u. 81 | 217 107 Anonymus, Festprozession mit ägyptischen Soldaten, 1479–1458 v. Chr, o. A., Relief, bemalter Kalkstein, Ägyptisches Museum und Papyrus Sammlung, Staatliche Museen zu Berlin | 219



108 Pergamonaltar, Großes Fries, 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr, abgebildet in: Heilmeyer 1997, 84 f. | 219 109 Anonymus, Ägyptische Gartendarstellung, o. A., abgebildet in: Panofsky 1998a, 694 | 221 110 Anonymus, Wiener Genesis, Mitte 6. Jahrhundert, fol. 22v, 25 × 30 cm, Handschrift, Österreichische Nationalbibliothek, Wien | 221 111 Anonymus, Hospitalité d’Abraham, 527–547, o. A., Mosaik, San Vitale, Ravenna | 221 112 Naumburger Meister, Abendmahl, 1243–1249, o. A., Passionsrelief am Westlettner, Dom, Naumburg | 221 113 Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, 1415–1435, o. A., Öl auf Eichenholz, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin | 221 114 Albrecht Dürer, Hieronymus im Gehäuse, 1514, o. A., Kupferstich, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin | 221 115 Matthias Grünewald, Auferstehung Christi, um 1512, 269 × 143 cm, Öl auf Leinwand, Museum Unter den Linden, Colmar | 222 116 Erwin Panofsky, Tafel zur kunsthistorischen Deutungsarbeit, 1932, abgebildet in: ders. 1998 f., 1076 | 225 117 Immanuel Kant, Reine physiologische Tafel allgemeiner Grundsätze der Naturwissenschaft, 1783, abgebildet in: ders. 2001, 70 | 225 118 Erwin Panofsky, Tafel zu Ikonographie und Ikonologie, 1939, abgebildet in: ders. 1975b, 50 | 225 119 Saal der Renaissance, 1960, abgebildet in: Cauman 1960, 98 | 234 120 Saal des Barock, 1960, abgebildet in: Cauman 1960, 99 | 234 121 Raum der Nazarener, 1960, abgebildet in: Cauman 1960, 100 | 234 122 Anonymus, Kabinett des Franceso Calzolari, 1622, abgebildet in: Schnapp 1996, 169 | 236 123 El Lissitzky, Pläne zum Abstrakten Kabinett, 1926, abgebildet in: Dabrowski 1999, 48 | 238 124 Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928, abgebildet in: Cauman 1960, 108 | 238 125 Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928, abgebildet in: Cauman 1960, 109 | 238 126 Alexander Dorner, El Lissitzky, Abstraktes Kabinett, um 1928, abgebildet in: Cauman 1960, 109 | 238 127 El Lissitzky, Kabinett der Abstrakten. Stirnseite, um 1928., abgebildet in: Gebert / Hemken 2009, 152 | 238 128 El Lissitzky, Aufriss für das Kabinett der Abstrakten, ab 1926, abgebildet in: Gebert / Hemken 2009, 151 | 239 129 Lázló Moholy-Nagy, Kai-Uwe Hemken, Jakob Gebert, Raum der Gegenwart, 1930, Pläne mit der Rekonstruktion von 2009, abgebildet in: Pfeiffer / Hollein 2009, 170 | 245

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Anhang

130 Lázló Moholy-Nagy, Licht-Raum-Modulator, 1922–1930, abgebildet in: Otto 1999, 230 | 245 131 Herbert Bayer, Atmosphären Raum 2. Raum der italienischen Renaissance, 1958, abgebildet in: Cauman 1960, 150 | 248 132 Richard Neutra, Rhode Island Architektur, Ausstellung 1939, abgebildet in: Cauman 1960, 165 | 248 133 Dorner 1947, Frontispiz | 249 134 Alexander Dorner, Formalauf bau zwischen Bild / Zeichnung, 1959, abgebildet in: Dorner 1959, 116 f. | 252 135 Alexander Dorner, Formalauf bau zwischen Bild / Zeichnung, 1959, abgebildet in: Dorner 1959, 132 f. | 252 136 Alexander Dorner, Formalauf bau in Thema Höhlenmalerei, 1959, abgebildet in: Dorner 1959, 50 f. | 252 137 Marshall McLuhan, Das Rad …, 1967, abgebildet in: McLuhan 2012, o. A. | 256 138 Marshall McLuhan, … ist eine Erweiterung des Fußes, 1967, abgebildet in: McLuhan 2012, o. A. | 256 139 Marshall McLuhan, Das Buch …, 1967, abgebildet in: McLuhan 2012, o. A. | 256 140 Marshall McLuhan, … ist eine Erweiterung des Auges, 1967, abgebildet in: McLuhan 2012, o. A. | 256 141 Marshall McLuhan, »Das große Dorf«, 1967, abgebildet in: McLuhan 2012, o. A. | 258

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Quellen

Winternitz 1923 Josef Winternitz, Relativitätstheorie und Erkenntnislehre. Eine Untersuchung über die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Einstein’schen Theorie und die Bedeutung ihrer Ergebnisse für die allgemeinen Probleme des Naturerkennens, Stuttgart: Teubner 1923. Wölfflin 2004 Heinrich Wölfflin, Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst (1915), 19. Auflage, Basel: Schwabe 2004. Wölfflin 1999 Heinrich Wölfflin, Prolegomena zu einer Psychologie der Architektur (1888), Berlin: Gebrüder Mann Verlag 1999. Wölfflin 1921 Heinrich Wölfflin, Das Erklären von Kunstwerken, Leipzig: Seemann 1921. Wölfflin 1912 Heinrich Wölfflin, »Das Problem des Stils in der bildenden Kunst«, in: Sitzungsberichte der königlich preußischen Akademie der Wissenschaften 31 (1912), 572–578. Worringer 2007 Wilhelm Worringer, »Abstraktion und Einfühlung (1907)«, in: Thomas Friedrich, Jörg H. Gleitner (Hg.), Einfühlung und phänomenologische Reduktion. Grundlagentexte zu Architektur, Design und Kunst, Berlin: Lit 2007, 123–139.

Z Zedler 1732–1754 Johann Heinrich Zedler, »Kunst«, in: ders., Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Halle, 2. Band, Leipzig: Zedler 1732–1754, 0844. Zimmermann 1858 Robert von Zimmermann, Geschichte der Ästhetik, Wien: Braumüller 1858. Zucker 1913 Paul Zucker, Raumdarstellung und Bildarchitekturen im Florentiner Quattrocento, Leipzig: Klinkhardt & Biermann 1913.

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Anhang

Visuelle Quellen Anonymus 1970 Anonymus, Licht-Raum-Modulator of László Moholy Nagy. Reproduktion, 1970, http://www.youtube.com/watch?v=GkPmyFt_U4E (17.02.2014). Berger 1972 John Berger, Ways of Seeing. BBC Series in four Episodes, 1972, http:// www.youtube.com/watch?v=utEoRdSL1jo (20.06.2013). Fleischer 1923 Max Fleischer, The Einstein Theory of Relativity (1923), http://www. youtube.com/watch?v=nb7GzyUemO0 (01.02.2014). McLuhan 1963 Marshall McLuhan, The Medium is the Massage, 1963, http://www. youtube.com/watch?v=jVnjiASvCOU (02.03.2014). The Metropolitan Museum of Modern Art 2014a The Metropolitan Museum of Modern, China 500–1000 A. D., 2014, http://www.metmuseum.org/toah/ht/?period=06®ion=eac (20.05.2014). The Metropolitan Museum of Modern Art 2014b The Metropolitan Museum of Modern, Japan 1000–1400 A. D., 2014, http://www.metmuseum.org/toah/ht/?period=07®ion=eaj (20.05.2014). The Metropolitan Museum of Modern Art 2014c The Metropolitan Museum of Modern, Maya Area 500–1000 A. D., 2014, http://www.metmuseum.org/toah/ht/?period=06®ion=caa (20.05.2014). Østfoldmuseene 2010 Østfoldmuseene, Det abstrakte kabinettet, 2010, http://www.youtube. com/watch?v=3CqU9QDOyvM (20.02.2014). Schirn Kunsthalle 2009 Schirn Kunsthalle, László MOHOLY-NAGY, 2009, http://www.youtube. com/watch?v=tlnyJyJgh-Q (17.02.2014), 04:45–05:56. Soja 1990 Edward W. Soja, The Postmodern City. Bonaventure Hotel, BBC 2, um 1990, http://www.youtube.com/watch?v=hhyQ0HES8mM (01.07.2013). Stanford University 2013 Standford University, Prostitution in Philadelphia. Arrests 1912–1918, 2013, http://www.stanford.edu/group/spatialhistory/cgi-bin/site/viz. php?id=267 (01.05.2014).

Quellen

Versailles 2014 Château de Versailles, La construction du grand axe de Versailles, 2014, http://www.youtube.com/watch?v=-RnjYn-pWWU (03.03.2014).

Archivalische Quellen gta Archiv, Eidgenössisch-technische Hochschule (ETH), Zürich

Nachlass Sigfried Giedion Korrespondenz Sigfried Giedion mit den Herausgebern der Zeitschrift Architecture d’Aujourd’hui (Boulogne  /   S eine) 43-K-1954-09-10(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 10.09.1954 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / S. 43-K-1954-08-17 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui Pierre Lacombe; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 17.08.1954 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / S. 43-K-1954-08-10 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 10.08.1954 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / S. 43-K-1954-02-09 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui Danielle Valeix; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 09.02.1954 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1953-05-22 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 22.05.1953 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / 2 S. 43-K-1953-09-10(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 26.01.1953 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / S.

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Anhang

43-K-1952-10-25(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexandre Persitz / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 25.10.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-10-31:1 Brief / Verfasser: Architecture d’Aujourd’hui; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 31.10.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet von der Sekretärin; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-10-31:2 Brief / Verfasser: Architecture d’Aujourd’hui; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 31.10.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet von der Sekretärin; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-06-04(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 04.06.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-04-08(G):2 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Paris / Chronologie: 08.04.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-03-24 Brief / Verfasser: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc, Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Boulogne / Seine / Chronologie: 24.03.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Beilage: Dessins F. L. Wright, Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1952-03-28(G):3 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Herausgeber der Architecture d’Aujourd’hui André Bloc / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 28.03.1952 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S.

Korrespondenz Sigfried Giedion mit Alexander Dorner 43-K-1928-05-12 Brief / Verfasser: Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 12.05.1928 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S.

Quellen

43-K-1928-05-21(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Zürich / Chronologie: 21.05.1928 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1929-06-19 Brief / Verfasser: Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 19.06.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. / Bemerkungen: Viereck am oberen Rand herausgeschnitten. 43-K-1929-06-24(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Provinzial-Museum (Hannover); Alexander Dorner; Betreff: Kollaboration, Ausstellung, Neue Optik, Kunsthaus Zürich; Erwähnt: Werkbundausstellung, Film und Foto, Stuttgart / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 24.06.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1929-07-31(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 31.07.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1929-08-09 Brief / Verfasser: Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 09.08.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1929-08-13 Brief / Verfasser: Kurt Schwitters; Empfänger: Sigfried Giedion: Erwähnt: Alexander Dorner; Betreff: Ausstellung, Kunsthaus Zürich, Neue Optik / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 13.08.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1929-09-11(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 11.09.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1929-10-31 Brief / Verfasser: Kunstsammlungen der Provinz Hannover, Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 31.10.1929 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. / Wissenschaftlicher Kommentar: Zur allfälligen Übernahme der Ausstellung Abstrakte und Surrealistische Kunst nach Berlin und Hannover.

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Anhang

43-K-1930-11-26:1 Brief / Verfasser: Provinzialmuseum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 26.11.1930 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1930-12-14(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Paris / Chronologie: 14.12.1930 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1930-12-17 Brief / Verfasser: Provinzialmuseum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 17.12.1930 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-01-20 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 20.01.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-02-03 Brief / Verfasser: Provinzialmuseum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 03.02.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-02-04(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Frauenkirch / Chronologie: 04.02.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-02-28(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Provinzial-Museum (Hannover); Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 28.02.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-03-04 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 04.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1931-03-06(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 06.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S.

Quellen

43-K-1931-03-09 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 09.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-03-24(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 24.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-03-26:1 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 26.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-03-28 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 28.03.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-04-07(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Davos / Chronologie: 07.04.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-04-13(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 13.04.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-05-12(G):2 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 12.05.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-06-10(G):1 Rundschreiben / Verfasser: Congrès Préparatoire du Musée Contemporain / 1931 – Geneve; Arnold Kohler, Sigfried Giedion, AndryFarcy, Alexander Dorner; Empfänger: Name nicht genannt / Chronologie: 10.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: franz.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S.

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Anhang

43-K-1931-06-10(G):2 Rundschreiben / Verfasser: Museum von Heute / Vorbereitender Kongress; Arnold Kohler, Sigfried Giedion, Andry-Farcy, Alexander Dorner; Empfänger: Name nicht genannt / Ortsangaben: Genf / Chronologie: 10.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K(DD)-1931-06-24 Brief / Verfasser: Noack; Empfänger: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner / Ortsangaben: Freiburg i. Br. / Chronologie: 24.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S.; Beilage: Rundschreiben an die Mitglieder des Deutschen Museumsbundes / Abteilung A (Kunst und Kulturmuseen): 2 (je 1Bl. / S.). 43-K(DD)-1931-06-29 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Augustiner Museum (Freiburg i. Br.), Noack / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 29.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1931-06-29 Brief / Verfasser: Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 29.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K(DD)-1931-06-30 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Nationalgalerie (Berlin); Ludwig Justi / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 30.06.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1931-07-02(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Zürich / Chronologie: 02.07.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-07-27 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 27.07.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S.

Quellen

43-K-1931-08-3(G):1 Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: ProvinzialMuseum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 03.08.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-08-22(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: Le Lavandou / Chronologie: 22.08.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S. 43-K-1931-08-25:2 Brief / Verfasser: Provinzial-Museum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 25.08.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1931-10-29 Brief / Verfasser: Provinzialmuseum / Museum für Kunst & Landesgeschichte (Hannover); Alexander Dorner; Empfänger: Sigfried Giedion / Ortsangaben: Hannover / Chronologie: 29.10.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / 2 S. 43-K-1931-11-10(G) Brief / Verfasser: Sigfried Giedion; Empfänger: Alexander Dorner / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 10.11.1931 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; nicht unterzeichnet; Kollation: 1 Bl. / S.

Nachlass diverse Dokumente 69-K-undatiert Liste / Groupe Espace Suisse / Adresses des Membres / Chronologie: o. A.; Sprache: franz.; Kollation: 1Bl. / S. 69-K-1954-05-30 Statuten / Groupe Espace Suisse / Ortsangaben: La Sarraz / CH / Chronologie: 30.05.1954; Sprache: dt.; Kollation: 3Bl. / S. 69-K-1954-02-09 Manifest (Kopie) / Groupe Espace France / Ortsangaben: Paris / Chronologie: 09.02.1954; Sprache: franz.; Kollation: 5Bl. / S.

Nachlass Alfred Roth 32-K-1954-06-14 Brief / Verfasser: Alfred Roth; Empfänger: C. E. Geisendorf, Stockholm / Ortsangaben: o. A. / Chronologie: 14.06.1954 / Bestand: 1 Brief; Sprache: dt.; unterzeichnet; Kollation: 1Bl. / S.

323

324

Anhang

Tagebuch aus dem Jahr 1954 mit den Einträgen zur Groupe Espace (Suisse) vom 29. bis 30.05.1954 u. vom 08. bis 11.09.1954.

Periodika zur Datenerhebung zu Raum / Zeit A Aktion 1911–1932 Die Aktion, Hamburg: Nautilus 1911–1932. Apollo 1925– Apollo. A journal of the arts, London: Apollo Magazine 1925–. [ausgewertet 1962–1980] Art Bulletin 1900– The Art Bulletin, New York: College Art Association of America 1900–. [ausgewertet 1900–1980] Art d’aujourd’hui 1955–1969 André Bloc (Hg.), Art d’aujourd’hui. Art et Architecture, Paris: Ed. de l’architecture aujourd’hui 1955–1969. Art d’aujourd’hui 1949–1954 André Bloc (Hg.), Art d’aujourd’hui. Revue d’art contemporaine, Paris: Ed. de l’architecture aujourd’hui 1949–1954. Art-documents 1950–1954 Art-documents. Encyclopédie générale des beaux-arts aux XIXe et XXe siècles, Genf: Cailler 1950–1954. Artforum 1962– Artforum, New York : Artforum 1962–. [ausgewertet 1962–1980] Art 1913– Art in America, New York: Brant Art Publications 1913–. [ausgewertet 1940–1980]

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D anksagung Diese Schrift ist aus dem Forschungsprojekt Emotionen und Raumkunst. Geschichte eines Bündnisses von 1900–1960 hervorgegangen, welches in den Jahren 2010–2012 am Exzellenzcluster Languages of emotion an der Freien Universität Berlin und dem Institut für Kunstgeschichte an der Universität Bern bearbeitet wurde. Fertiggestellt wurde die vorliegende Arbeit im Frühjahr 2014 und im Herbstsemester desselben Jahres von der historisch-philosophischen Fakultät der Universität Bern als Habilitationsschrift angenommen. Mein Dank gilt all jenen, die zum Gelingen dieses Projekts beigetragen haben. Allen voran danke ich Prof. Dr. Christine Göttler (Universität Bern), Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken (Kunsthochschule Kassel) und Prof. Dr. Bernd Nicolai (Universität Bern) für die fachliche wie persönliche Unterstützung. Gedankt sei auch nochmals meinem Doktorvater Prof. Dr. em. Oskar Bätschmann, der immer ein offenes Ohr für die Anliegen seiner ehemaligen Doktorandin hatte. Nicht vergessen werden sollen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der zahlreichen Archive sowie Bibliotheken. Ihr Einsatz hat die Studie mit ermöglicht. Dem Schweizerischen Nationalfonds danke ich für die Förderung durch ein Stipendium für fortgeschrittene Forschende. Abschließend gilt mein Dank Freunden, Kollegen und Verwandten, die mich durch diesen Lebensabschnitt begleitet haben. Gewidmet ist diese Arbeit meinem Mann, Markus Moser Burbulla. Julia Burbulla (Juni 2014)

Image Lotte Everts, Johannes Lang, Michael Lüthy, Bernhard Schieder (Hg.) Kunst und Wirklichkeit heute Affirmation – Kritik – Transformation Januar 2015, 246 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2733-6

Lilian Haberer, Annette Urban (Hg.) Bildprojektionen Filmisch-fotografische Dispositive in Kunst und Architektur Februar 2016, ca. 308 Seiten, zahlr. Abb., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-1711-5

Kai-Uwe Hemken (Hg.) Kritische Szenografie Die Kunstausstellung im 21. Jahrhundert (in Zusammenarbeit mit Ute Famulla, Simon Großpietsch und Linda-Josephine Knop) Januar 2015, 468 Seiten, kart., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-2569-1

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Image Henry Keazor, Dominik Schmitt, Christiane Solte-Gresser (Hg.) In Bildern erzählen Frans Masereel im intermedialen Kontext Februar 2016, ca. 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 32,99 €, ISBN 978-3-8376-2821-0

Annette Jael Lehmann Environments: Künste – Medien – Umwelt Facetten der künstlerischen Auseinandersetzung mit Landschaft und Natur Mai 2016, ca. 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1633-0

Ulrich Richtmeyer, Fabian Goppelsröder, Toni Hildebrandt (Hg.) Bild und Geste Figurationen des Denkens in Philosophie und Kunst 2014, 222 Seiten, kart., 26,99 €, ISBN 978-3-8376-2474-8

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Image Elize Bisanz, Marlene Heidel (Hg.) Bildgespenster Künstlerische Archive aus der DDR und ihre Rolle heute 2014, 416 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 38,99 €, ISBN 978-3-8376-2461-8

Julia Bulk Neue Orte der Utopie Zur Produktion von Möglichkeitsräumen bei zeitgenössischen Künstlergruppen Juni 2015, ca. 308 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 33,99 €, ISBN 978-3-8376-1613-2

Sidonie Engels Kunstbetrachtung in der Schule Theoretische Grundlagen der Kunstpädagogik im »Handbuch der Kunst- und Werkerziehung« (1953-1979) April 2015, 474 Seiten, kart., zahlr. Abb., 54,99 €, ISBN 978-3-8376-3034-3

Susi K. Frank, Sabine Hänsgen (Hg.) Bildformeln Visuelle Erinnerungskulturen in Osteuropa Juli 2015, ca. 350 Seiten, kart., ca. 38,99 €, ISBN 978-3-8376-2717-6

Hans Christian Hönes Kunst am Ursprung Das Nachleben der Bilder und die Souveränität des Antiquars 2014, 330 Seiten, kart., zahlr. Abb., 37,99 €, ISBN 978-3-8376-2750-3

Franziska Koch Die »chinesische Avantgarde« und das Dispositiv der Ausstellung Konstruktionen chinesischer Gegenwartskunst im Spannungsfeld der Globalisierung September 2015, ca. 600 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 42,99 €, ISBN 978-3-8376-2617-9

Fiona McGovern Die Kunst zu zeigen Künstlerische Ausstellungsdisplays bei Joseph Beuys, Martin Kippenberger, Mike Kelley und Manfred Pernice August 2015, ca. 450 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 44,99 €, ISBN 978-3-8376-2948-4

Emmanuel Mir Kunst Unternehmen Kunst Die Funktion der Kunst in der postfordistischen Arbeitswelt 2014, 480 Seiten, kart., 44,99 €, ISBN 978-3-8376-2783-1

Alexia Pooth Kunst, Raum, Autorschaft Der Nachlass des US-amerikanischen Malers C.H. Phillips (1889-1975) aus autorgeografischer Perspektive 2014, 422 Seiten, kart., zahlr. Abb., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-2465-6

Stephan Schwingeler Kunstwerk Computerspiel – Digitale Spiele als künstlerisches Material Eine bildwissenschaftliche und medientheoretische Analyse 2014, 376 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,99 €, ISBN 978-3-8376-2824-1

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Zeitschrif t für Kultur wissenschaf ten Siegfried Mattl, Christian Schulte (Hg.)

Vorstellungskraft Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 2/2014

Dezember 2014, 136 Seiten, kart., 14,99 €, ISBN 978-3-8376-2869-2 E-Book: 12,99 € ISBN 978-3-8394-2869-6 Vorstellungs- oder Einbildungskraft bezeichnet die Fähigkeit zur Erzeugung innerer Bilder, die entweder Wahrnehmungen erinnernd reproduzieren oder produktiv Gegebenheiten überschreiten. Vorstellungen konstruieren imaginativ zukünftige Szenarien oder erzeugen – wie in der Kunst – ästhetische Alterität. Die interdisziplinären Beiträge dieser Ausgabe der ZfK untersuchen Figurationen und Agenturen des Imaginären: von den Todes- und Jenseitsimaginationen der christlichen Kunst, den Denk- und Sehräumen in Kunst und Medizin über Rauminszenierungen der Moderne, dem frühen Amateurfilmdiskurs bis hin zur Techno Security und Big Data. Der Debattenteil befasst sich unter dem Titel »Transparenz und Geheimnis« mit medien- und kulturwissenschaftlichen Zugängen zu Dispositiven der Überwachung.

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