Kommunikationsmittel Fachsprache [2., überarbeitete Auflage, Reprint 2021]
 9783112573327, 9783112573310

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HOFFMANN KOMMUNIKATIONSMITTEL FACHSPRACHE

SAMMLUNG AKADEMIE-VERLAG 44

SPRACHE

LOTHAR HOFFMANN

KOMMUNIKATIONSMITTEL FACHSPRACHE EINE EINFÜHRUNG 2., überarbeitete Auflage

AKADEMIE-VERLAG-BERLIN 1984

ISSN 0138-550X E r s c h i e n e n i m A k a d e m i e - V e r l a g , D D R - 1086 B e r l i n , Leipziger S t r a ß e 3—4 © A k a d e m i e - V e r l a g B e r l i n 1984 L i z e n z n u m m e r : 202 • 100 160/84 P r i n t e d in t h e G e r m a n D e m o c r a t i c R e p u b l i c Gesamtherstellung: IV/2/14 V E B Druckerei „Gottfried Wilhelm Leibniz", 4450 G r ä f e n h a i n i c h e n • 6229 B e s t e l l n u m m e r : 754 329 9 (7544) • L S V 0805 02400

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur zweiten, überarbeiteten Auflage

11

0.

Einleitung

15

1.

Das Wesen der Fachsprachen

21

1.1. 1.1.1. 1.1.1.1. 1.1.1.2. 1.1.1.3. 1.1.1.4. 1.1.1.4.1. 1.1.1.4.2. 1.1.1.4.3. 1.1.1.4.4. 1.1.1.5. 1.1.2. 1.1.2.1. 1.1.2.2. 1.1.2.3. 1.1.2.4. 1.1.2.5. 1.1.3. 1.1.3.1. 1.1.3.2. 1.1.3.3. 1.1.4. 1.1.4.1. 1.1.4.2. 1.1.4.3. 1.1.4.4. 1.1.5. 1.1.6. 1.1.7. 1.1.7.1. 1.1.7.2.

Die Grundströmungen in der Fachsprachenforschung Die lexikologisch-terminologische Richtung Die Untersuchung der Wort-bzw. Terminusbildung Die Bestimmung der Herkunft des Fachwortschatzes Die Suche nach einer Theorie Die Terminologiearbeit Die Terminologie und das Begriffssystem Die Terminologienormung Die internationale Terminologiearbeit Die allgemeine Theorie der Terminologie Das Wesen der Fachsprachen in lexikologiscli-terminologischer Sicht . Die funktionalsprachliche Betrachtung Die funktionale Differenzierung der Sprache(n) Die Kriterien für die Klassifizierung von Fachtexten . . . . . . . . Die Fachsprachen als Erscheinungsform der Sprache Die Fachsprachen als eingeschränkter Sprachgebrauch Die Fachsprachen zwischen Kommunikationsprozeß und Zeichensystem Die Wirtschaftslinguistik Die diachronische Wirtschaftslinguistik Die synchronisch-funktionale Wirtschaftslinguistik Die Fortführung der Wirtschaftslinguistik Die funktionale Stilistik Die stilistische Differenziertheit der Sprache(n) Die klassische Funktionalstilistik Die Stilstatistik Die angewandte Funktionalstilistik Die naturwissenschaftlich-philosophische Sicht Die übersetzungswissenschaftliche Orientierung Die Lehre von den Subsprachen Der Kommunikationsinhalt als Hauptkriterium Die Gesamtsprache und die Subsprachen

21 21 22 22 23 24 24 25 27 28 30 31 31 32 34 35 36 37 37 38 39 40 40 41 42 43 44 45 47 47 48

5

1.1.7.3. 1.1.7.3.1. 1.1.7.3.2. 1.1.7.4. 1.1.7.5. .1.1.7.6. 1.1.7.7.

Die Definition der Fachsprache Die Gesamtheit sprachlicher Mittel Der Kommunikationsbereich Die horizontale Gliederung der Fachsprachen Die „allgemeine wissenschaftliche Fachsprache" Die vertikale Schichtung der Fachsprachen Die Fachsprache als differenzierte Ganzheit

53 53 53 58 62 64 71

2.

Die spezifischen Merkmale der Fachsprachen auf den einzelnen sprachlichen Ebenen und Zwischenebenen

72

Die unterschiedliche Ausprägung der fachsprachlichen Spezifik

72

.1.

. . .

2.2.

Die Ebene der Grapheme und Phoneme

2.2.1.

Die Grapheme und Phoneme als Untersuchungsgegenstand der angewandten Sprachwissenschaft Die Häufigkeit der Grapheme und Phoneme in einzelnen Sprachen . . Die Häufigkeit der Grapheme und Phoneme in unterschiedlichen Stilen und Subsprachen Die Bedeutung der Graphem- und Phonemdistribution für die 'fachsprachliche Forschung und Lehre

2.2.2. 2.2.3. 2.2.4.

2.3.

Die Ebene der Morpheme und grammatischen Kategorien

2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.3.3.1. 2.3.3.1.1. 2.3.3.1.2. 2.3.3.1.3. 2.3.3.1.4. 2.3.3.1.5. 2.3.3.2. 2.3.3.3. 2.3.3.3.1. 2.3.3.3.2. 2.3.3.3.3. 2.3.3.4. 2.3.3.4.1. 2.3.3.4.2. 2.3.3.5. 2.3.4. 2.3.4.1. 2.3.4.2. 2.3.4.3.

Die Formenbildung und die Wortbildung Die Formenbildung Die grammatischen Kategorien .' Das Verb Das Tempus Die Person Das Passiv Die Deverbalisierung Das Adverbialpartizip bzw. Gerundium Das Prädikativum Das Adjektiv Die Langform und die Kurzform Die Steigerungsstufen Die Substantivierung Das Substantiv Der Numerus ' Der Kasus Die anderen Kategorien Die Wortbildung Die Derivation Die Komposition Die Bedeutung der Wortbildung für die fachsprachliche Lehre und Forschung

6

79 79 82 84 95 96 96 97 103 105 105 105 106 107 107 108 108 109 110 111 112 112 113 114 115 115 121 122

2.4.

Die Ebene der Lexeme und Wortformen

124

2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. 2.4.4.1. 2.4.4.2. 2.4.5. 2.4.5.1. 2.4.5.2. 2.4.5.3. 2.4.6. 2.4.7. 2.4.7.1. 2.4.7.2. 2.4.7.3. 2.4.7.4. 2.4.7.5. 2.4.7.5.1. 2.4.7.5.2. 2.4.7.6. 2.4.8.

Das Wort als Benennung von Gegenständen und Begriffen Der Wortschatz der Fachsprachen Die Methoden zur Ermittlung des Fachwortschatzes Die allgemeinen Merkmale des Wortschatzes der Fachsprachen . . . Die Wortlänge Die Häufigkeit der Wortarten Der lexikalische Bestand der Sub- und Fachsprachen Der Vergleich der Wortschätze Der Umfang der Wortschätze Die Spezifik der Wortschätze Die Herkunft der Wortschätze Die Terminologie und der Terminus Die Definition von Terminologie und Terminus Das Verhältnis von Terminologie und Nomenklatur Die Gütemerkmale des Terminus Die Zuordnung von Benennungen (Termini) und Begriffen . . . . . Die sprachliche Form der Termini Die Mehrworttermini Die Tendenz zur Kürzung Die Zugehörigkeit der Termini zu den Wortarten Das Fachwort als Schlüsselwort und Deskriptor

124 126 129 132 135 136 141 141 14V 150 153 158 158 162 163 165 169 170 173 176 177

2.5.

Die Ebene der Syntagmen, Phrasen und Sätze

183

2.5.1. 2.5.2. 2.5.2.1. 2.5.2.2. 2.5.2.3. 2.5.2.4. 2.5.3. 2.5.3.1. 2.5.3.2. 2.5.3.2.1. 2.5.3.2.2. 2.5.3.2.3. 2.5.3.2.4. 2.5.4. 2.5.4.1. 2.5.4.2. 2.5.4.3. 2.5.4.3.1. 2.5.4.3.2. 2.5.4.4. 2.5.4.4.1. 2.5.4.4.2.

Die Mehrworttermini und die freien Wortverbindungen Die Syntagmen Die Substantivgruppen Die Verbgruppen Die Beziehungen zwischen den Konstituenten Die Bedeutung der Syntagmen für den Spracherwerb Die Phrasen Die Phrasenlänge Die Konstituenten in Subjekt- und Prädikatsphrase Die Subjektphrasen Die Prädikatsphrasen : Die adverbiellen Ergänzungen Die Objektergänzungen Die Sätze Die Satzlänge Die Satztypen Die Funktionalität der Sätze Die Funktion und ihre formale syntaktische Realisierung Von der Funktion zur Bedeutung des Satzes und seiner Konstituenten Die aktuelle Satzgliederung Die Grundpositionen Die Typen der aktuellen Satzgliederung

183 184 185 187 188 191 192 194 195 195 198 202 203 204 204 206 209 209 214 216 216 219

7

2.5.4.4.3. 2.5.4.4.4. 2.5.4.5. 2.5.4.5.1. 2.5.4.5.2.

220 223 224 224

2.5.4.6.

Die Typen der aktuellen Satzgliederung ini Fachtext Die Spezifik der Fachsprachen in der aktuellen Satzgliederung . . . . Der valenztheoretische Ansatz Das Verb und seine Umgebung Die Valenz, die syntaktische und die semantische Umgebung, die Verbbedeutung Die Analyse spezieller syntaktischer Erscheinungen der Fachsprachen

2.6.

Die Ebene der Texte

230

2.6.1. 2.6.2. 2.6.3. 2.6.4.

230 231 232

2.6.4.1. 2.6.4.2. 2.6.5. 2.6.6.

Die Kohärenz im Fachtext , Der Stil des Fachtextes Der Fachtext im Kommunikationsmodell Der Fachtext als strukturierte und funktionale (linguistische) Einheit höherer Ordnung Die Makrostrukturen (Textbaupläne) Die Kohärenz Die kumulative Analyse von Fachtexten Die Fachtextsorten

234 235 236 237 240

3.

Methoden zur Ermittlung der Spezifik der Fachsprachen

243

3.1.

Die besondere Bedeutung quantitativer Methoden für die Fachsprachenforschung

243

Die Materialerfassung

244

3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. 3.2.5. 3.2.6. 3.2.7.

Die Die Die Die Die Die Die

Auswahl des Korpus Begrenzung des Korpus Portionierung des Korpus Stichprobenplanung Wichtung Identifizierung der sprachlichen Einheiten Struktur der sprachlichen Einheiten

3.3.

Die Auswertung

3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4.

Die Die Die Der

. . . . . . . • • • . . . .

. . . . . . .

244 246 248 249 249 250 253

. . . .

255 255 258 260 263

Literatur

. . . .

272

Personenregister

. . . .

295

Sachregister

. . . .

301

8

. . . .

. . . . . . .

. . . .

Ordnung der sprachlichen Einheiten Wertung der sprachlichen Einheiten Zuverlässigkeit der Wertung Vergleich von Inventaren sprachlicher Einheiten

. . . . . . .

. . . . . . .

225 229

. . . .

Eine lediglich poetische Literatur, ohne wissenschaftliches Schrifttum, ist geschriebener Dialekt, keine vollwertige Literatur. (Karl Voßler)

Vorwort zur zweiten, überarbeiteten Auflage

Seit dem ersten Erscheinen von „Kommunikationsmittel Fachsprache" ist fast ein Jahrzehnt vergangen. Das Interesse an clen Fachsprachen hat in diesem Zeitraum ständig zugenommen und zu einer wahren Blüte der Fachsprachenforschung geführt. Davon zeugen unter anderem vier Europäische Fachsprachensymposien (Wien 1977, Bielefeld 1979, Kopenhagen 1981, Bordeaux 1983), die letzten Kongresse der AILA, der MAPR JaL, der FIPLV und des IDV sowie zahlreiche andere internationale und nationale Veranstaltungen, die Arbeit der Commission on L S P der AILA, das Wirken des Fagsprogligt Center an der Handelshochschule Kopenhagen, das das UNESCO ALSED L S P Network aufgebaut hat und den UNESCO ALSED L S P Newsletter herausgibt, die Aktivitäten von Infoterm beim Österreichischen Normungsinstitut mitsamt der Infoterm Series und Termnet News, die Tätigkeit von GIRSTERM und des OLF, die Gründung einer Internationalen Zeitschrift für Fachsprachenforschung, -clidaktik und Terminologie mit dem Namen „Fachsprache" in Wien, die Erweiterung der fachsprachlichen Ausbildung in vielen Ländern der Welt und nicht zuletzt die Veröffentlichung einer stattlichen Zahl von Monographien, Sammelbänden, Zeitschriftenaufsätzen und Lehrmaterialien (z. B. Arntz/Picht 1981; Bausch/ Schewe/Spiegel 1976; Bausch/Bliesner/Christ/Schröder/Weisbrod 1978; Beier 1980; Bungarten 1981: Ciliberti 1981; Danilenko 1977; Drozd/Seibicke 1973; Felber/Lang/Wersig 1979; Fluck 1976; 1978; Gläser 1979; Gnutzmann/ Turner 1980; Gorosch 1978; v. Halm 1981; Heedt/Turner 1981; 1981a; Hoedt/ Lundquist/Picht/Quistgaard 1982; Hoffmann 1975b; 1978b; 1982; Hoffmann/ Piotrowski 1979; Kalverkämper 1980; Kandelaki 1977; Klute 1975; Kocourek 1982; Lariochina 1979; Mackensen 1981; Mitrofanova 1976; Möhn 1977; Neubert 1981; Rall/Schepping/Schleyer 1976; Razinkina 1978; Reinhardt 1975; Rondeau 1981; Sager/Dungworth/McDonald 1980; Scheie 1975; Wüster 1979). Es war ein schwieriges Unterfangen, von einer solchen Fülle neuer Entwicklangen und Erkenntnisse wenigstens einen Teil in die zweite Auflage dieses Buches aufzunehmen, ohne sein Hauptanliegen und seine Grundpositionen anzutasten. Wenn der Versuch dennoch unternommen wurde, dann auch, weil sich die Einsichten des Verfassers selbst in Wesen und Erscheinung der Fachsprachen fortgebildet haben. Die Aufnahme der ersten Auflage durch Leser und Rezensenten war eine weitere Ermutigung. 11

Bei der Überarbeitung haben sich vor allem folgende Veränderungen ergeben: Die Überlegungen zum Inhalt, zum Umfang und zu den Mitteln der sprachlichen Kommunikation sind weggefallen, weil die Bedeutung der Fachsprachen nicht mehr nachgewiesen werden muß. Im Abschnitt über das Wesen der Fachsprachen (1.) werden einzelne Standpunkte zu Grundströmungen zusammengefaßt. Dadurch wird einerseits eine Straffung, anderseits eine Ausweitung auf früher vernachlässigte (Wirtschaftslinguistik) oder noch nicht manifeste (Lehre von den Subsprachen) Strömungen der Fachsprachenforschung erreicht. Die ehemals ausgedehnte, zum Teil polemische Auseinandersetzung mit bestimmten Autoren und ihren Publikationen ist infolgedessen weggefallen. Sie ist unter anderem auch deshalb gegenstandslos geworden, weil ein Teil der Zitierten neue Positionen bezogen hat; ein anderer hat keinen Einfluß mehr auf die Entwicklung, und auf alle neuen Auffassungen gesondert einzugehen, ist wegen ihrer großen Zahl einfach unmöglich. Die Darstellung der spezifischen Merkmale der Fachsprachen auf den einzelnen sprachlichen Ebenen und Zwischenebenen (2.) geht jetzt über dieformale Struktur und Andeutungen zur Funktion des Satzes hinaus, um die Bedeutung des Satzes und seiner Konstituenten besser zu erfassen (2.5.4.3.2.). Erhöhte Aufmerksamkeit wird der aktuellen Satzgliederung (2.5.4.4.) und dem valenztheoretischen Ansatz (2.5.4.5.) geschenkt. Völlig neu sind die textlinguistischen Betrachtungen (2.6.). Die ursprünglich gehegte Absicht, den Teil über Methoden zur Ermittlung der Spezifik der Fachsprachen (3.) durch Beispiele für strukturelle, semantische, funktionale und komparative Verfahren zu bereichern, ließ sich aus Raumgründen nicht verwirklichen. So bleibt der für Leipzige' fachsprachliche Forschungsvorhaben lange Zeit typische statistische Grundansatz erhalten. Daß die Entwicklung dabei nicht stehengeblieben ist, lassen die neuen Partien des Buches und andere Publikationen des Autors und seiner Mitarbeiter unschwer erkennen. Die Kleine Bibliographie fachsprachlicher Untersuchungen, zu der in jedem Jahr eine hektographierte Fortsetzung erschienen ist, ließ sich wegen ihres inzwischen erreichten Umfanges nicht mehr in der überarbeiteten Auflage unterbringen. Teile daraus werden regelmäßig in der Zeitschrift „Fachsprache" abgedruckt. Durch die Herausnahme der Verweise aus den Fußnoten ist ein Literaturverzeichnis entstanden, das mit gewissen Einschränkungen als Schlüsselbibliographie verwendet werden kann. Die im Text in Klammern stehenden Literaturhinweise belegen nicht in jedem Falle Zitate oder frei übernommene Standpunkte; sie dienen oft der Aktualisierung oder Weiterweisung, besonders dort, wo zu den in der ersten Auflage dargestellten Sachverhalten neue Veröffentlichungen erschienen sind. Vollständigkeit wurde dabei nicht angestrebt. Die stärkere Durchgliederung mit Hilfe der Dezimalklassifikation und einer größeren Zahl von Zwischentiteln soll die Benutzung des Buches als Nach12

Schlagewerk erleichtern. Demselben Zweck dienen die Erweiterung des Sachund die Aufnahme eines Personenregisters. Wie in den Schlußbemerkungen zur ersten Auflage, so muß auch nach so vielen Jahren betont werden, daß das Bild von den Fachsprachen, das hier entworfen wird, immer noch lückenhaft bleibt, weil viele von ihnen bisher nicht analysiert worden sind. Es kam uns in erster Linie darauf an, ihm einen Rahmen zu geben und die großen Umrisse zu zeichnen. Weitere Einzeluntersuchungen werden es in allen Details und Farben vor uns erstehen lassen. Zurück- und vorausblickend sei all jenen Dank gesagt, die durch Lob und Tadel, vor allem aber durch sachliche Hinweise bei der Überarbeitung des Buches mitgeholfen und darüber hinaus schon zu neuem Nachdenken über die Fachsprachen angeregt haben.

0.

Einleitung

Im Titel des vorliegenden Buches kommt zweierlei zum Ausdruck: das, wovon die Rede sein wird, und das, was nicht zur Betrachtung steht. Geschrieben werden soll von der Sprache als Kommunikationsmittel, nicht über das Verhältnis Sprache — Denken. Dabei gebrauchen wir den Begriff der Kommunikation in seinem weiteren Sinne und meinen nicht die kommunikative Funktion der Sprache, wie sie zum Beispiel die Prager Schule gefaßt hat. Dargestellt werden soll ein Teilbereich der Verwendung von Sprache(n), nicht die Sprache oder eine Sprache als Ganzes. Es mag seltsam erscheinen, daß wir gerade bei der Untersuchung von Fachsprachen die kognitive Funktion der Sprache(n) in den Hintergrund drängen wollen, und vollständig wird uns das auch nicht gelingen; denn hier, wo vor allem davon die Rede ist, wie sich der Mensch mit Natur und Gesellschaft auseinandersetzt, wo die Dialektik des Erkenntnisprozesses — die Widerspiegelung der objektiven Wirklichkeit im Bewußtsein und das produktivtätige, schöpferische Einwirken des Menschen auf seine Umwelt — unmittelbar und deutlicher als in anderen Anwendungsbereichen der Sprache zum Ausdruck kommt, lassen sich zum Verhältnis Sprache — Denken sehr aufschlußreiche Beobachtungen anstellen, in erster Linie an den Korrelaten Benennung (besonders Terminus) — Begriff — Gegenstand der objektiven Realität und Satz — Aussage — Sachverhalt der objektiven Realität, ganz im Sinne der marxistischleninistischen Erkenntnistheorie. Es gibt jedoch einleuchtende Gründe für diese Einschränkung: Will man nicht bei den sattsam bekannten Allgemeinplätzen stehenbleiben, die einige Sprachwissenschaftler nun schon seit Jahrzehnten der Erkenntnistheorie entlehnen, oder andererseits das menschliche Denken in das Prokrustesbett kybernetischer und anderer Modelle pressen, dann sind zunächst einmal gründliche und repräsentative Materialuntersuchungen nötig. Die bisherigen Ergebnisse unserer fachsprachlichen Forschung reichen dazu noch nicht aus. Auch führt bei dieser schwierigen Fragestellung ein linguistischer Alleingang — womöglich noch auf die Fachsprachen beschränkt — schwerlich zum Ziel. Hier eröffnet sich nicht nur die Möglichkeit, hier stehen wir vor der Notwendigkeit zur Kooperation mit Philosophen, Psychologen, Hirnphysiologen und Vertretern anderer Disziplinen, die sich mit dem menschlichen Denken, seinen Grundlagen und seinen 15

Gesetzmäßigkeiten, beschäftigen. Auch diese Zusammenarbeit ist noch ungenügend entwickelt. So mangelt es nicht an Hypothesen, wohl aber an Theorien, die ihre Gültigkeit bereits in der Praxis erwiesen hätten, und auch an einer systematischen Übersicht bzw. Analyse einfacher, der Beobachtung zugänglicher Fakten. Selbst wenn die Dinge anders lägen, wäre eine getrennte Behandlung der beiden Hauptfunktionen der Sprache in Spezialuntersuchungen gerechtfertigt, übrigens auch vom jeweiligen Ziel und vom Umfang der Arbeit her, wenn dabei nicht in Vergessenheit gerät, daß kommunikative und kognitive Funktion nur zwei Aspekte ein und derselben Sache — eben der Sprache — sind. Weniger überraschend mag die zweite Einschränkung sein. Nachdem sich Sprachwissenschaft und Einzelphilologien in der Vergangenheit fast ausschließlich mit der Sprache der künstlerischen Literatur und der Publizistik beschäftigt und dabei tiefe Einsichten auch in das allgemeine Wesen der Sprache erzielt haben, verlangen nun die Fachsprachen oder besser: die verschiedenen Spielarten des Sprachgebrauchs in bestimmten spezialisierten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, nach näherer Untersuchung und Darstellung. Die Ursachen dafür liegen außerhalb der Sprache und sind auch unabhängig vom Willen und von den Wünschen der Sprachwissenschaftler. Sicher haben schon früher einige — besonders lexikalische — Besonderheiten gewisser sozialer und beruflicher Gruppen (Argot) bei den Philologen Interesse gefunden, so z. B. der Wortschatz der Handwerker und der Jäger, die Gaunersprache (Rotwelsch), der Slang von Schülern und Studenten usw. Doch wurden diese mehr als Kuriositäten denn als Produkt der sozialen Wirklichkeit betrachtet und ihre Wurzeln nur selten in den Widersprüchen der Klassengesellschaft gesucht. Durch einen gewaltigen Aufschwung in Wissenschaft, Technik, Kultur und Bildung hat die Sprache als „das praktische . . . Bewußtsein" (Marx/Engels 1962, 30) des Menschen helfen müssen, viele neue Bereiche von Natur und Gesellschaft zu erschließen. Das hat zu ihrer Gesamtentwicklung beigetragen; das hat aber auch zu einer gewissen Verzweigung und Spezialisierung geführt, die einer ebensolchen Verzweigung und Spezialisierung der Kenntnisse und der Fähigkeiten des Menschen entspricht. Dabei sind neue sprachliche Elemente — vor allem im Wortschatz — entstanden; es haben sich aber auch feste Gewohnheiten in der Wahl und in der Verwendung vorhandener sprachlicher Mittel entwickelt. Der Romanist K. Voßler hat diese Entwicklung, was den Einfluß der Naturwissenschaften auf die Sprache betrifft, schon 1925 sogekennzeichnet: „Durch die Arbeit der modernen Naturwissenschaften ist seit Ende des Mittelalters den europäischen Sprachen eine beispiellose Vermehrung des Wortschatzes zuteil geworden und zugleich eine grammatische Stählung und Zucht, zwar nicht unmittelbar geschenkt, aber, was mehr ist, mit unabweislichem Nachdruck von ihnen verlangt, ihnen zugemutet und auferlegt worden. Die Anforderungen, die in Zukunft von der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung an 16

unsere Kultursprachen gestellt werden, dürften sich eher steigern als verringern" (Voßler 1925, 226). Da der berufliche Umgang mit Sprache heute vielfach schon einen breiteren Raum einnimmt als die übrige sprachliche Betätigung, da der Anteil der Fachpublikationen schon jetzt sowohl in der Produktion als auch in der Konsumtion den der übrigen Literatur bei weitem überwiegt, da Berichte über Fragen der Produktion und über die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik neben dem politischen, dem unterhaltenden und dem Sportteil in der Presse und den übrigen Massenmedien immer mehr Verbreitung finden, da schließlich der gesamte Bildungsweg von der Grundstufe über die Oberstufe der allgemeinbildenden Schule, die Berufsschule, die Fachschule sowie die Hochschule oder Universität in erster Linie mit fachlichem Wissen gepflastert ist, wird der Einfluß der Fachsprachen immer mächtiger. Das gilt bezeichnenderweise nicht nur für das Lesen und Schreiben, sondern auch für das Sprechen. Während nun die Beachtung der fachsprachlichen Spezifik, der mehr oder weniger konsequente Gebrauch der fachsprachlichen Mittel, in der beruflichen Kommunikation eine entscheidende Voraussetzung für das gegenseitige Verstehen und damit für den ordnungsgemäßen Ablauf der Arbeitsprozesse ist, könnten andere Kommunikationsbereiche bequem ohne diese auskommen, wenn nicht Wissenschaft und Technik immer stürmischer in fast alle Sphären unseres Lebens eindrängen. Die unausweichliche Konsequenz ist ein Prozeß der Integration, dessen Ursachen eigentlich in der Differenzierung liegen — ein echt dialektischer Prozeß also. Ebenfalls auf einen Grundzug der Dialektik läßt sich der Umstand zurückführen, daß die ständige Zunahme des Fachlichen in Leben und Sprache schließlich auch zu qualitativen Veränderungen, d. h. zu Veränderungen in den Normen des allgemeinen Sprachgebrauchs führt. Es gibt also mindestens zwei Gründe, weshalb uns die Fachsprachen interessieren sollten: erstens, ihre Bedeutung für das Funktionieren und darüber hinaus die möglichst effektive Gestaltung der sprachlichen Kommunikation in lebenswichtigen Bezirken der menschlichen Gesellschaft; zweitens, ihr Einfluß auf die allgemeine Entwicklung der Sprache (n) als Instrument des Denkens und als Mittel zur Weitergabe gewonnener Erkenntnisse, d. h. als „unmittelbare Wirklichkeit des Gedankens" (Marx/Engels 1962, 432). Aus einem weiteren Grunde noch mußte dieses Buch geschrieben werden: Seit mehr als dreißig Jahren existiert an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR eine fachsprachliche Ausbildung, die aus dem 1951 eingeführten obligatorischen Fremdsprachenunterricht hervorgegangen ist. Mehrere internationale Tagungen * haben gezeigt, wie groß das Interesse an dieser neuen Ausbildungsform ist. Um sie auf eine exakte Grundlage zu stellen, * Berlin 1965, Leipzig Rostock 1982. 2

Fachsprache

1968, Dresden 1971, Karl-Marx-Stadt 1974, Berlin 1977,

17

Wurden zahlreiche Untersuchungen an wissenschaftlichen und technischen Texten durchgeführt. Die Ergebnisse sind bereits in der Praxis wirksam,, wurden aber nur zum Teil veröffentlicht, einige von ihnen in Publikationsorganen mit geringem Verbreitungsgrad. Außerdem haben sich die Verfasser unterschiedlicher Methoden bedient und oft ganz spezielle Einzelfragen behandelt. Wir halten deshalb den Zeitpunkt für gekommen, ein paar grundsätzliche Fragen aufzuwerfen, einen allgemeinen Überblick über den Fragenkomplex Fachsprachen zu geben und die Wirksamkeit einiger Untersuchungsmethoden zu analysieren. Dabei handelt es sich durchaus nicht um eine abgeschlossene und auch nicht um eine rein linguistische Arbeit, sondern mehr um eine Einführung, die den Forschungsstand in groben Zügen andeutet und auf Probleme hinweist, die noch der Lösung harren. Sie will denjenigen Anregungen und methodische Fingerzeige geben, die in irgendeiner Form mit Fachsprachen zu tun haben oder aiif diesem Gebiet weiterarbeiten wollen. Dabei berücksichtigt sie internationale Erfahrungen, besonders Erkenntnisse, die von Wissenschaftlern in der Sowjetunion gewonnen wurden, und eigene Forschungsergebnisse. Auf die Frage, wo fachsprachliche Untersuchungen innerhalb der Sprachwissenschaft anzusiedeln sind, sollte man antworten: Es handelt sich um ein Stück angewandte Sprachwissenschaft. Ihre Ergebnisse können Eingang finden: a) in den muttersprachlichen Unterricht, die Sprachpflege, die Sprachberatung, die Sprachnormung, insbesondere die Terminologienormung; b) in den Fremdsprachenunterricht, vor allem bei der Auswahl des zu vermittelnden Sprachmaterials und dessen Einschränkung in Gestalt von Minim a ; c) in die Sprachmittlung, besonders in die Translation; d) in die maschinelle Informationsverarbeitung und Übersetzung und in die Vorbereitungen zur Anlage von Sprachdatenbänken; e) in die Sprachpragmatik, d. h. in die Bemühungen um die Wirksamkeit der Sprache (Hoffmann 1971, 1210). Sie erhebt aber keinen Anspruch darauf, deren Aufgaben zu lösen. Deshalb beschränken wir uns fast überall in diesem Buch auf die Erfassung und Darstellung fachsprachlicher Phänomene, enthalten uns aber jeder Wertung im Sinne der Stilistik oder der Sprachpflege. Wenn es in der fachsprachlichen Forschung irgendwelche Berührungspunkte mit der Stilistik, besonders mit der Lehre von den Funktionalstilen geben sollte, dann nicht in dem Sinne, daß die Fachsprachen insgesamt ein Funktionalstil sind oder einem Funktionalstil angehören. Es gibt vielmehr innerhalb der Fachsprachen eine starke stilistische Differenzierung, die in erster Linie vom Zweck und vom Inhalt der Mitteilung und auch von der Darstellungsart bestimmt wird. Es kann also nicht unsere Hauptaufgabe sein, die Fachsprachen daraufhin zu untersuchen, ob in ihnen diese oder jene stilistischen Mittel vorhanden sind oder fehlen, die uns aus der künstlerischen Literatur oder anderen Genres bekannt sind. Der richtige Weg führt vielmehr über die Analyse eines repräsentativen Korpus fachsprachlicher Texte 18

(gedruckter wie gesprochener) zu Registern der in ihnen verwendeten sprachlichen Mitte], die dann einen Vergleich mit anderen sprachlichen Korpora gestatten. Da aber die Erfassung und Darstellung der Gesamtheit aller relevanten sprachlichen Mittel eines Textes noch keine ausreichende stilistische Charakteristik liefert, zumindest nicht im Sinne der literarischen Stilistik, kann uiid will die fachsprachliche Forschung mit ihrer stark praxisbezogenen Zielstellung und Arbeitsweise keine Disziplin der Stilistik sein, wohl aber gewisse Gemeinsamkeiten mit ihr pflegen. Das vorliegende Buch ist aus einem Zyklus von Vorlesungen — vorwiegend für Studenten der Erwachsenenbildung der Fachkombination Russisch/Englisch, die einmal an Universitäten, Hoch- und Fachschulen unterrichten werden — entstanden. Das Russische und das Englische stehen also im Vordergrund der Betrachtung. Damit wird auch der speziellen Situation der D D R im Hinblick auf die Auswertung fremdsprachiger Fachliteratur und die Pflege internationaler Verbindungen bis hin zur unmittelbaren Zusammenarbeit Rechnung getragen. Darüber hinaus sind aber auch fachsprachliche Eigentümlichkeiten des Französischen und Deutschen berücksichtigt. Aus der Vielzahl der Fachsprachen wurden vor allem die der Wissenschaft und Technik ausgewählt, und auch hier konnten die Beispiele immer nur bestimmten Disziplinen entlehnt werden. Wir haben uns dabei allerdings bemüht, diejenigen zu treffen, die Verallgemeinerungen zulassen; denn es kommt uns vor allem darauf an, Grundzüge und -tenden'zen zu erfassen. Neben dem Gemeinsamen tritt aber auch so manches Besondere hervor, was die einzelnen Fachsprachen voneinander trennt. Deshalb werden wir zu einer horizontalen und zu einer vertikalen Anordnung bzw. Gliederung gelangen, die uns zu einem besseren Überblick verhilft. Was den Forschungsstand betrifft, so haben wir uns mit Zitaten und Literaiturhinweisen auf die Haupttendenzen beschränkt. Wir sind der Auffassung, daß das Buch dadurch leichter lesbar wird; denn wir wenden uns damit nicht nur an Sprachwissenschaftler bzw. Philologen, sondern vor allem an Lehrkräfte in der fachsprachlichen Ausbildung der Universitäten, Hoch- und Fachschulen, an Studenten der Erwachsenenbildung, an Fachübersetzer, Teilnehmer an der Sprachkundigenausbildung, Autorenkollektive oder Einzelautoren von Sprachlehrbüchern, Terminologienormer, Informatiker sowie an Vertreter aller möglichen wissenschaftlichen und technischen Disziplinen, die ihre Fachliteratur im Original lesen und ihre Fachsprachen selbst — inPublikationen, bei Vorträgen und anderswo — bewußt und wirkungsvoll handhaben wollen, und hier besonders an den wissenschaftlichen Nachwuchs. Wir konnten auch nicht alle Meinungsäußerungen zu Einzelfragen berücksichtigen, geschweige denn uns mit ihnen auseinandersetzen, wo wir anderer Auffassung sind. Das ist kein Ausdruck der Unterschätzung, sondern notwendige Selbstbeschränkung zugunsten einer klaren Linienführung. Bei der Untersuchung und Darstellung der Fachsprachen überwiegt — nicht 2»

19

nur in diesem Buch — die synchrone Sicht. Die angewandte Sprachwissenschaft im oben angedeuteten Sinne interessiert sich in erster Linie für das Funktionieren der sprachlichen Kommunikation auf ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstand. Und dennoch erschließt die fachsprachliche Forschung so manchen Einblick in die Gesetzmäßigkeiten der Sprachentwicklung, um nicht zu sagender Sprachgeschichte. Wie in anderen Bezirken von Natur und Gesellschaft der gegenwärtige Zustand die Keime des Künftigen in sich birgt, so läßt auch der gegenwärtige Sprachzustand Entwicklungstendenzen erkennen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf den bereits erwähnten starken Einfluß, den die Fachsprachen auf die Entwicklung der Sprache insgesamt ausüben; das gilt auch innerhalb der Fachsprachen selbst. Wir werden das am Beispiel konkurrierender Formen und Strukturen in der Terminologie veranschaulichen können. Wenn der Verfasser dieses Buch schreiben konnte, dann nur, weil viele andere mit und neben ihm seit mehr als dreißig Jahren unermüdlich der gemeinsamen Sache der fachsprachlichen Ausbildung und Forschung gedient haben. Ihnen allen, den vielen Lehrern im Hochschuldienst und Lektoren, den Assistenten und Oberassistenten, den technischen Mitarbeitern, den Dozenten und Professoren und nicht zuletzt den zuständigen Mitarbeitern im Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der Deutschen Demokratischen Republik, soll an dieser Stelle Dank gesagt werden.

20

1.

Das Wesen der Fachsprachen

1.1.

Die Grundströmungen in der Fachsprachenforschung

D a s Interesse an Fachsprachen reicht weit zurück, in der europäischen Sprachwissenschaft vereinzelt bis zum Beginn des 19. J a h r h u n d e r t s (Drozd/Seibicke 1973, 4—6). Wir beschränken uns hier auf eine Übersichtsdarstellung der neueren Entwicklungsrichtungen in der Fachsprachenforschung, die den gegenwärtigen Stand in mehr oder weniger starkem Maße prägen. Das sind: 1. die lexikologisch-terminologische Richtung; 2. die funktionalsprachliche Betrachtung; 3. die Wirtschaftslinguistik; 4. die funktionale Stilistik; 5. die naturwissenschaftlich-philosophische Sicht; 6. die übersetzungswissenschaftliehe Orientierung; 7. die Lehre von den Subsprachen.

1.1.1.

Die lexikologisch-terminologische

Richtung

Die Besonderheiten der Fachsprachen wurden sowohl von Philologen als auch von Fachleuten zuerst in ihrem Wortschatz erkannt, und auch heute noch ist die Terminologiearbeit eines der wichtigsten Gebiete der Fachsprachenforschung. Die starke Betonung des lexikalischen Aspekts h a t dazu geführt, daß das Wesen der Fachsprachen lange Zeit fast ausschließlich in ihrem Benennungsbestand, insbesondere in ihren Terminologien, gesucht wurde; die Begriffe .Fachsprache' und .Fachwortschatz' oder,Sondersprache' und ,Sonderwortschatz' wurden gewissermaßen als Synonyme verwendet. Diese Betrachtungsweise, mag sie aus heutiger Sicht auch als einseitig erscheinen, h a t t e und hat zweifellos ihre Berechtigung, wenn man von ihrem eigentlichen Anliegen ausgeht. Dieses Anliegen ist nicht so sehr der Wunsch der Sprachwissenschaftler, bestimmten beruflichen oder sozialen Varianten der Sprachverwendung (Jägersprache, Wortschatz der Fischer; Rotwelsch, Argot, Slang), etymologischen Entwicklungen einzelner Wörter und ganzer Wortfelder (Stuhl, Anker, R a u m , Prozeß, Atom) oder stilistischen Phänomenen (Nominalisierung; Metaphorik, Metonymie u. a.) nachzugehen, als vielmehr die Befriedigung des ständig wachsenden Bedarfs der Fachleute an Begriffen und Benennungen f ü r neue Erkenntnisse und Erfindungen in Wissenschaft und Technik, der „größten Auftraggeber" der Sprache der Gegenwart (Mackensen 1959, 295). 21

1.1.1.1.

Die Untersuchung der Wort- bzw.

Terminusbildung

Aus diesem Blickwinkel kommt den Potenzen des Sprachsystems zur Bildung neuer lexikalischer Einheiten besondere Bedeutung zu. Deshalb hat sich die lexikalisch-terminologische Richtung zunächst vor allem auf Fragen der Wortbildung in ganz bestimmten Sprachen konzentriert. Dabei ist deutlich geworden, daß die in natürlichen Sprachen vorhandenen Mittel und Verfahren der Wortbildung im wesentlichen dazu ausreichen, den Benennungsbedarf von Wissenschaft und Technik zu befriedigen. Absolute Neuschöpfungen sind die Ausnahme. Die Wortbildung in den Fachsprachen bedient sich also — ebenso wie in anderen Subsprachen, z. B. in denen der künstlerischen Prosa oder Presse — solcher Methoden wie der Derivation, der Komposition, der Konversion, der Kürzung oder der Bildung von terminologischen Wortverbindungen (Mehrworttermini). Allerdings schöpft sie deren Möglichkeiten in ganz unterschiedlichem Maße aus, so daß man am Fachwortschatz insgesamt und an den Terminologien einzelner wissenschaftlicher und technischer Disziplinen spezifische Produktivitätsverhältnisse beobachten kann". In der Technik kommt es häufiger auch zur Bildung von anderswo nicht gebräuchlichen Benennungen. Die Untersuchung dieser quantitativen und qualitativen Besonderheiten der Fachlexik und ihrer in der wissenschaftlich-technischen Kommunikation begründeten Ursachen steht im Mittelpunkt vieler Arbeiten der ersten Richtung, die dabei oft nicht nur den jeweils erreichten Stand festhalten, sondern auch Empfehlungen für die weitere Entwicklung geben wollen (Auger 1979; Danilenko 1977; Drozd/Seibicke 1973; Faulseit 1975; Heller 1970; Phal 1968; Reinhardt 1975; Sager/Dumgworth 1977; Savory 1953; Wüster 1931).

1.1.1.2.

Die Bestimmung der Herkunft des

Fachwortschatzes

Hand in Hand mit Untersuchungen zur Wortbildung geht oft die Bestimmung der Herkunft von Fachwörtern. Dabei wird im wesentlichen zwischen folgenden Prozessen unterschieden: Bedeutungs- bzw. Funktionswandel (Terminologisierung) vorhandenen nationalsprachlichen Wortgutes, Rückgriff auf internationale Termini und Terminuselemente lateinischer und griechischer Provenienz, Entlehnung und Lehnübersetzung aus anderen Sprachen. Sie spielen neben der Wortbildung eine ganz entscheidende Rolle beim systematischen Aufbau und bei der Auffüllung terminologischer Systeme. Die lexikologisch-terminologische Fachsprachenforschung bemüht sich hier, Möglichkeiten und Grenzen dieser oft komplementären Prozesse zu fixieren. Das geschieht überwiegend durch die Beschreibung von Phänomenen wie Bedeutungseinengung, Bedeutungserweiterung, metaphorischer Gebrauch und definitorische Festlegung bei nationalsprachlichen Benennungen. Die 22

Verwendung von Wörtern und Wortbildungsmitteln aus den alten Sprachen wurde früher zuweilen einer puristischen Kritik unterzogen; die Entwicklung kommunikativer Bedürfnisse über Ländergrenzen hinweg hat jedoch zur weitgehenden Überwindung dieses Standpunktes geführt. Damit ist der Weg zur Analyse von Eingliederungs- und Assimilationsvorgängen freigeworden. Auch die Berechtigung zur Entlehnung aus anderen lebenden Sprachen wird im Zeitalter der internationalen Terminologiearbeit kaum noch in Frage gestellt. In den Vordergrund sind hier Äquivalenzprobleme gerückt (Akulenko 1972; 1980; Danilenko 1977; Drozd/Seibicke 1973; Faulseit 1975; Heller 1966; Reinhardt 1975; Savory 1953; Wüster 1931).

1.1.1.3.

Die Suche nach einer Theorie

E s hat nicht an Versuchen gefehlt, die lexikologisch-terminologische Bet r a c h t u n g und mit ihr die weitgehende (Sieichsetzung von Fachsprache und -Fachwortschatz auf eine theoretische Grundlage zu stellen. Alis heutiger Sicht ist es fast verständlich, daß in den 50er J a h r e n viele Vertreter dieser Richtung die Weisgerbersche Formel vom „Worten der Welt", hinter der seine idealistische Konzeption von der „sprachlichen Erschließung der Welt" (Weisgerber 1954) stand, mehr oder weniger deutlich aufgegriffen haben (Buchmann 1960; Gremminger 1954; Mackensen 1956; 1959; Müller-Tochtermann 1959; Seibicke 1959; Ule 1960). Mit ähnlichen Anschauungen trugen auch andere Sprachwissenschaftler dazu bei, daß das Wesen der Fachsprachen vor allem in ihrer Lexik gesucht wurde (Porzig 1957; Stroh 1952). Die philosophischen Positionen L. Weisgerbers und seiner Anhänger sowie ihre linguistischen Konsequenzen sind inzwischen vom Standpunkt der marxistisch-leninistischen Sprachwissenschaft einer gründlichen Kritik unterzogen worden (Heibig 1961; 1963; 1973, 119-145; H o f f m a n n 1976a, 8 6 - 1 1 0 ; N e u m a n n 1976, 319—323). Wir können uns deshalb hier mit der Feststellung begnügen, daß diese sprachwissenschaftliche Schule die Fachsprachenforschung in einem wichtigen Teilbereich nicht n u r durch Einzelerkenntnisse vorangebracht, sondern auch durch eine im wesentlichen dialektische Theorie bereichert hat, die n u r — im Engelsschen Sinne — dadurch vom Kopf auf die F ü ß e gestellt werden muß (Engels 1962, 293), daß das Verhältnis von Realität, Bewußtsein und Sprache korrigiert und damit die Überhöhung der Sprache abgebaut wird (Lorenz/Wotjak 1977; Neumann 1976, 262-423; W o t j a k 1977). I m übrigen hat sie außerhalb der Germanistik k a u m Beachtung gefunden, ist in der Terminologiearbeit aufgegangen oder von soziolinguistischen (Fluck 1976; Möhn 1968; 1975; 1976; 1977), kommunikativen (Bausch/Schewe/Spiegel 1976; v . H a h n 1980; Hüllen 1981a; Pelka 1971; Spiegel 1970), semantischen (Weidmann 1975), textlinguistischen (KalverJiämper 1980) und didaktischen (Bausch/Bliesener/Christ/Schröder/Weisbrod 23

1978; Fluck 1977; 1978; Hüllen 1981b; Klute 1975; Ladnar/v. Plottnitz 1976; Rall/Schepping/Schleyer 1976; Sprissler 1972ff.) Konzeptionen verdrängt worden. Da sich auf Sonderwortschätzen allein schwerlich eine Theorie der Fachsprachen aufbauen läßt, haben sich die meisten lexikologisch-terminologischen Untersuchungen, sofern sie sprachwissenschaftlich orientiert waren, in die allgemeine Lexikologie eingereiht: Der Fachwortschatz wurde auf Grund einer Differenzierung der Gebrauchssphären als Teil- oder Subsystem des lexikalischen Gesamtsystems betrachtet und auf seine Spezifik hin untersucht (Danilenko 1971; 1977; Denisov 1965; Kapanadze 1965; Reforniatskij 1968; Tolikina 1970; Sanskij 1972). Selbstverständlich haben der Fachwortschatz bzw. die Terminologie auch ihren festen Platz in der funktionalsprachlichen, wirtschaftslinguistischen, funktionalstilistischen, naturwissenschaftlich-philosophischen und übersetzungswissenschaftlichen Darstellung sowie in der Lehre von den Subsprachen, allerdings nicht mehr als einziges signifikantes Merkmal der Fachsprachen. K o n sequent wird die ausschließlich lexikologisch-terminologische Sicht nur in der Terminologiearbeit fortgeführt.

1.1.1.4. 1.1.1.4.1.

Die Terminologiearbeit Die Terminologie und das

Begriffssystem

Im Gegensatz zu den bisher skizzierten Ansätzen lag und liegt die Terminologiearbeit vor allem in den Händen von Technikern und Naturwissenschaftlern. Linguisten sind mit wenigen Ausnahmen erst später hinzugekommen. Der Fachmann sieht seine Terminologie naturgemäß nicht in erster Linie von der Systematik der Wortbildung her. Für ihn stehen die Objekte der Wirklichkeit (Denotate) und besonders deren Abbilder im Bewußtsein (Designate) im Vordergrund. E r geht deshalb gewöhnlich vom Begriffssystem seiner Wissenschaft bzw. seines Arbeitsgebietes aus und entwickelt als Pendant dazu ein geeignetes Benennungssystem. So strebt die Terminologiearbeit zunächst einmal nach Klarheit über das Wesen der Begriffe, nach der Abgrenzung von Begriffsinhalt und Begriffsumfang sowie nach einer grundsätzlichen Bestimmung des Verhältnisses von Begriff und sprachlichem Zeichen. Große Aufmerksamkeit schenkt sie dann den Beziehungen zwischen den Begriffen in den einzelnen Begriffssystemen. Einen besonderen Platz nehmen dabei die hierarchischen Beziehungen (Abstraktions- und Bestandsbeziehungen) ein. Aber auch andere Arten von Begriffsbeziehungen werden berücksichtigt, z. B . genetische, funktionelle, kausale, instrumentelle usw. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Terminologiearbeit ist die Bestimmung, Einteilung und Anordnung der wesentlichen Begriffsmerkmale, die später auch bei der Definition der Begriffe eine ent24

scheidende Rolle spielen. Das sind vor allem Beschaffenheitsmerkmale (Form., Stoff, Farbe, Lage u. a.), Relationsmerkmale (Herkunft, Gebrauch u. a.) und Funktionsmerkmale (Leistung, Verwendungszweck u. a.) mit ihren unterschiedlichen Äquivalenzgraden. Die Definition des Begriffes bildet den Abschluß dieser Hauptphase der Terminologiearbeit. In Betracht kommen hier Inhalts-, Umfangs- und Relationsdefinitionen oder auch Begriffsverknüpfungen, an die hohe Anforderungen in bezug auf Genauigkeit und gegenseitige Abstimmung gestellt werden. Mag sich auch die Arbeit an Begriffen und Begriffssystemen nie vollends von der sprachliehen Materie lösen können, die sprachliche Realisierung im eigentlichen Sinne tritt mit Nachdruck erst bei der Formulierung der Definitionen wieder auf den Plan, und zwar sowohl im Hinblick auf die Benennungen für die zu definierenden Begriffe selbst als auch bei der Wahl der sprachlichen Mittel zur Charakterisierung ihrer Merkmale. Hier greift die terminologische Benennungslehre auf die im sprachlichen System insbesondere für die Wortbildung (vgl. 1.1.1.1.) angelegten Möglichkeiten zurück. Doch tut sie das nicht willkürlich, sondern in dem Bestreben, zu möglichst strengen Regeln bei der Zuordnung von Terminologien und Begriffssystemen zu gelangen (Auger 1981; Beling/Schewe/Spiegel/Wersig 1979; DIN 2330; Drozd/Roudny 1980; Fleischer 1973; Kandelaki 1977; Lotte 1961; Möhn 1977; Pelka/Dubrulle/Schnegelsberg/Blechschmidt/Fugmann/Beling/Wersig 1977; Rondeau 1981; Wersig 1976; Zimmermann 1977).

1.1.1.4.2.

Die Terminologienormung

Das Bestreben, regulierend in die Beziehungen zwischen begrifflichen und terminologischen Systemen einzugreifen und die Terminologien bewußt zu gestalten, äußert sich am deutlichsten in der Terminologienormung. „Sprachnormung ist ein Teil der Rationalisierung des technischen Hauptwerkzeuges: des Menschen; sie ist Ersparung menschlicher Arbeitskraft" (Wüster 1970, 3). „Sie beschränkt sich nicht auf Vereinheitlichung der vorhandenen Ausdrücke, sondern schafft systematisch neue Benennungen und neue Begriffsabgrenzungen. Auch,die Sachnormung ist ja nicht nur Vereinheitlichung, sondern zugleich Verbesserung, also überhaupt Rationalisierung" (Wüster 1970, 2). Setzen wir Sprachnormung gleich Terminologienormung, dann heißt das mit anderen Worten: „Die Absicht der Terminologienormung ist, die Kommunikation zu verbessern, Mißverständnisse auszuschalten und dadurch eine größere Sicherheit im Verkehr zwischen den Partnern herzustellen" (Ischreyt 1965, 48f.). Dieser Absicht geht sie durch drei Tätigkeiten nach: Sprachgestaltung, Vereinheitlichung und Durchsetzung. „Die ,Wörter' werden umgewandelt in .Termini', das heißt sie sollen alleinstehend für das Verständnis so viel leisten 25

wie die in einem Kontext eingebetteten Wörter der Gemeinsprache. Dabei müssen sie weitgehend auf die Unterstützung durch syntaktische Mittel und •die Sprechsituation verzichten. Statt der sprachlichen Inhalte' gibt es nun ,Begriffe' . . .". „Während sich die .sprachlichen Inhalte' durch Definitionsversuche kaum erschließen, werdeh clie Begriffsinhalte durch Definition festgelegt" (Beier 1961, 195). Sinn der Definition ist es, Begriffe und Benennungen in eine eindeutige Relation zueinander zu setzen. Die Terminologienormung bemüht sich auf diese Weise, Erscheinungen der Homonymie, Synonymie, Quasi-Synonymie und Polysemie auszumerzen. Träger der Terminologienormung sind nationale Normenvereinigungen und -ausschüsse sowie staatliche Institutionen, z. B. GOSSTANÖART (Gosudarstvennyj standart) und V N I I K I (Vsesojuznyj Naucno-Issledovatel'skij Institut Techniceskoj Informâcii, Klassifikacii i Kodirovanija) in der U d S S R , AS A (American Standards Association) in den USA, B E S A (British Engineering Standards Association) in Großbritannien, AFNOR (Association Française de Normalisation) in Frankreich, DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.) und VDI (Verein Deutscher Ingenieure) in der B R D , GfS (Gesellschaft für Standardisierung) und ASMW (Amt für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung) in der DDR. Zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen arbeiten sie mit Normen (Standards), Richtlinien und Empfehlungen, die im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung von Wissenschaft und Technik und auf Grund von Anregungen der Anwender in regelmäßigen Abständen überarbeitet und so ständig vervollkommnet werden. Die genormten Terminologien selbst erscheinen in einer besonderen Art von Wörterbüchern (Normwörterbücher), begrifflich oder/und alphabetisch geordnet, definiert, zum Teil durch Abbildungen illustriert und mit den wichtigsten fremdsprachigen Äquivalenten (russisch, englisch, französisch, deutsch) (z. B. Belachov/Popov-»• Wissenschaftler • B = Wissenschaf tler (Techniker) - Facharbeiter (Angestellte) E = Vertreter der materiellen Produktion Vertreter des Handels «->Konsumenten«-»-Konsumenten Diese vier Stratifikationen lassen sich durch einfache Addierung der Merkmale der einzelnen Schichten ohne Mühe zu einer einzigen zusammenfassen, ohne daß dabei irgendwelche Widersprüche auftreten, obwohl die Merkmale ganz verschiedene Seiten des Kommunikationsaktes bezeichnen: A = l . höchste Abstraktionsstufe, 2. künstliche Symbole für Elemente und Relationen, 3. theoretische Grundlagenwissenschaften, 4. Wissenschaftler Wissenschaftler; B = l . sehr hohe Abstraktionsstufe, 2. künstliche Symbole für Elemente, natürliche Sprache für Relationen (Syntax), 3. experimentelle Wissenschaften, 4. Wissenschaftler (Techniker) -«-• Wissenschaftler (Techniker) •**• wissenschaftlich-technische Hilfskräfte; C = l . h o h e Abstraktionsstufe, 2. natürliche Sprache mit einem sehr hohen Anteil an Fachterminologie und einer streng determinierten Syntax, 3. angewandte Wissenschaften und Technik, 4. Wissenschaftler (Techniker) — wissenschaftliche und technische Leiter der materiellen Produktion ; D = 1. niedrige Abstraktionsstufe, 2. natürliche Sprache mit einem hohen Anteil an Fachterminologie und einer relativ ungebundenen Syntax, 3. materielle Produktion, 4. wissenschaftliche und technische Leiter der materiellen Produktion Meister •«-»• Facharbeiter (Angestellte); E = l . s e h r niedrige Abstraktionsstufe, 2. natürliche Sprache mit einigen Fachtermini und ungebundener Syntax, 3. Konsumtion, 4. Vertreter der materiellen Produktion Vertreter des Handels —• Konsumenten Konsumenten. All diese Übersichten über die vertikale Schichtung der Fachsprachen nehmen Vereinfachungen in Kauf und tragen z. T. virtuellen Charakter. Das bedeutet: 1. Eine Fachsprache kann alle Schichten (A —E) haben, muß es aber nicht. So gibt es wissenschaftliche Disziplinen, die nie in die materielle Produktion einmünden, und umgekehrt Sphären der materiellen Produktion, die keine eigene wissenschaftliche Forschung kennen. Bestimmte Disziplinen treiben ihre Abstraktionen nicht unbedingt bis zur Stufe A. 66

Das Schema läßt sich aber — auch wenn darin nur von der materiellen Produktion die Rede ist — auf andere Kommunikationsbereiche sinngemäß übertragen. Oft muß nur „materielle Produktion" durch „(gesellschaftliche) Praxis" ersetzt werden. Vielleicht sollte man „materielle Produktion" überhaupt durch „produktive (gesellschaftliche) Tätigkeit" ablösen. Das gilt z.B. für die Fachsprachen der Politik, der Kultur und einer ganzen Reihe von Gesellschaftswissenschaften. So könnte man für die Philosophie oder Geschichtswissenschaft die Stufe C als Weiterbildung für politische Führungskader (Parteischule, Marxistisches Kolloquium u . a . ) verstehen. Die Schicht D tritt vor allem in der täglichen politischen Überzeugungsarbeit (Agitation und Propaganda) auf, und in der Schicht E ist schließlich das Gespräch über aktuelle Probleme erfaßt. In der Musik, bei der man sich darüber unterhalten könnte, ob die „Notensprache" und die Komposition in Schicht A gehört, werden B und C vorwiegend in der Lehre auftreten; D wäre dann z. B. die Verständigung innerhalb eines Orchesters oder Chores und E der Gedankenaustausch der Konzertbesucher, Beat-Fans usw. In Schicht E gehören übrigens die früher erwähnten Gespräche der Patienten über ihre Krankheiten, der Zuschauer über den Sport, der „Bekleidungsbedürftigen" über die Mode usw. Wir überlassen es den Einzeluntersuchungen, das Bild zu vervollständigen. Für jede Fachsprache läßt sich also im Hinblick auf die Vollständigkeit der vertikalen Schichtung eine einfache Matrix entwerfen, z. B. Abb. 10 A B C D E

+ -r

+ +

oder

A B

+

+

usw.

D E .

2. Die Schichten treten im konkreten Kommunikationsakt bzw. im sprachlichen Text selten rein auf. Der Mathematiker geht, nachdem er ganze Seiten mit Gleichungen gefüllt haben mag, wieder zur natürlichen Sprache über. Der Logiker erläutert seine formalisierten Ausdrücke mit den Mitteln der natürlichen Sprache. Der Mediziner „übersetzt" dem Patienten seine Diagnose aus Schicht C in Schicht D. Der Soziologe streut in seinen Text statistische Formeln und Werte ein. Der Ökonom veranschaulicht seine verbale Darstellung durch ein Flüßdiagramm usw. usf. Auch in der Schicht D spielen — selbst in mündliche Rede eingebettet — Zahlen, Formeln, Zeichnungen u. ä. eine wesentliche Rolle. 3. Die Pfeile für die reziproken Relationen gelten nicht nur für das jeweils bezeichnete Paar von Kommunikationspartnern, sondern für alle unter (4) in 67

der gleichen Schicht erwähnten (s. besonders die Schichten D und E). Außerdem hätte eine ausführlichere Aufzählung der noch am Kommunikationsprozeß Beteiligten die schematische Darstellung unübersichtlich gemacht. Natürlich bestehen in Schicht C nicht nur sprachliche Kontakte zwischen Wissenschaftlern (Technikern) einerseits und wissenschaftlichen und technischen Leitern der materiellen Produktion andererseits, sondern auch zwischen Wissenschaftlern, Meistern, Arbeitern, Angestellten usw. Es kommt uns hier' nur auf die Hauptleitlinie an. 4. Der Begriff der „Fachterminologie" wird hier sehr weit gefaßt. Im Grunde genommen ist damit der gesamte Fachwortschatz — ob streng definiert und genormt oder nicht — gemeint. Daß in bezug auf die Verwendung und die Erfassung der semantischen Merkmale, oder anders ausgedrückt: die Begrifflichkeit des Terminus, zwischen den Schichten C, D und E große Unterschiede bestehen, ist oft genug betont worden. 5. Unter „Relationen" und „Syntax" verstehen wir im wesentlichen dasselbe. Von „Relationen" sprechen wir dann, wenn die Beziehungen zwischen den Zeichen durch Symbole ausgedrückt sind ( = U, H, ü u.a.), von „Syntax", wenn das mit den Mitteln der natürlichen Sprache geschieht. Mit einer „streng determinierten Syntax" haben wir es dann zu tun, wenn gleiche Relationen der Aussage durch gleiche syntaktische Konstruktionen verkörpert werden; eine „relativ ungebundene Syntax" läßt syntaktische Synonymien zu, die „ungebundene" ist vor allem für den mündlichen Sprachgebrauch charakteristisch, zeichnet sich also durch Abweichungen von der normalen Satzgliedfolge, unvollständige oder ungrammatische Sätze u. ä. aus. 6. Man kann verschiedener Ansicht darüber sein, ob es richtig ist, die Schicht A in unsere Betrachtung der Fachsprachen mit einzubeziehen, da es sich hier nicht um Zeichen der natürlichen Sprache handelt. Wir haben uns vor allem aus drei Gründen dafür entschieden: a) Wie die von uns zitierten Naturwissenschaftler ausnahmslos bestätigt haben, existieren die Zeichen der künstlichen Sprachen nicht unabhängig von der natürlichen Sprache, b) Wir ließen eine wichtige Form der Materialisierung fachbezogener Bewußtseinsinhalte außer acht, ohne die fachsprachliche Kommunikation in einigen Wissenschaften gar nicht mehr möglich ist. c) In der angewandten Sprachwissenschaft gewinnt diese Schicht immer mehr an Bedeutung, vor allem bei der automatischen Sprachdatenverarbeitung in Information und Dokumentation, in der statistischen Linguistik, in der Programmierung des Fremdsprachenunterrichts usw. Für die mehrsprachige Kommunikation und den Fremdsprachenunterricht spielt natürlich auch die Tatsache eine Rolle, daß der Fachmann in der Lage sein muß, mathematische Formeln, Zeichen für chemische Verbindungen, logische Ausdrücke u. ä. richtig zu lesen und auszusprechen. 7. Wir wissen, daß in den Schichten D und E auch Metaphern, Jargonismen, 68

Vulgarismen u. a. Erscheinungen in größerer Zahl auftreten, lassen diese aber hier unberücksichtigt. Außerdem könnte man Zweifel daran hegen, daß die Schicht E noch zu den Fachsprachen gehört (Beier 1961, 194). Behielte man die ursprüngliche Konzeption von der Gemeinsprache bei, dann läge hier der Übergang von der Fachsprache in die Gemeinsprache. Wenn wir aber von unserer Einteilung in Kommunikationsbereiche ausgehen, die bestimmten Sachbereichen entsprechen, dann handelt die sprachliche Verständigung in der Schicht E eben auch von Sachen, und zwar von denen, die in der Tätigkeitssphäre der Schicht D (Produktion) erzeugt worden sind. Veranschaulichen wir uns die einzelnen fachsprachlichen Schichten noch durch ein paar Beispiele: A: lim Hn (Shannons Formel zur Bestimmung der Entropie einer Sprache) oder a2 + b2 = c2 (Lehrsatz des Pythagoras) B : Wenn a kleiner ist als b und b kleiner als c, dann ist auch a kleiner als c. Am Ende der 1. Sekunde beträgt die Geschwindigkeit (etwa) 10 m, am Ende der 2. Sekunde 20 m, am Ende der 3. Sekunde 30 m . . . am Ende der ¿-ten Sekunde vt = g • trn (jeweils pro Sekunde). C: Die eruptiven Protuberanzen bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff, Helium und ionisiertem Kalzium, d. s. Kalziumatome, von denen Elektronen abgetrennt sind. I n der sozialistischen Wirtschaft sind infolge der Vergesellschaftung der Produktionsmittel solche Barometer des Wirtschaftslebens der bürgerlichen Gesellschaft liquidiert wie spontane Schwankungen der Marktpreise, der Profitrate, des Zinsfußes, der Aktienkurse, von denen sich die Kapitalisten leiten lassen, wenn sie ihr Kapital in diese oder jene Produktionszweige dirigieren. D : Biegen Sie das Scherblatt so, daß sich die Klemmbügel auf der Innenseite befinden; dann führen Sie es von unten in den Scherkopfrahmen ein; dabei wird die entsprechende Öffnung des Scherblattes über die klammerförmige Kupplung geschoben. Nimm dir mal den Zwölferschlüssel, ziehe die Muttern gut nach und schmiere alle Nippel ab. E : Hier auf der Rückseite des Fernseh-Chassis befinden sich die Netzsicherung und die Anodensicherung; bevor Sie die Sicherungen auswechseln können, müssen Sie den Netzstecker aus der Steckdose ziehen, die vier Schrauben und die Rückwand herausziehen. Der neue „Moskwitsch 4 1 2 " hat einen Motor mit obenliegender fünffach gelagerter Nockenwelle, einen Hubraum von 1478 cm 3 , eine verstärkte Kupplung und ein vollsynchronisiertes Getriebe. Ähnliche Beispiele lassen sich ohne Mühe für das Russische, Englische und Französische finden.

69

Wollen wir nach alledem doch noch Benennungen für die einzelnen Schichten der Fachsprachen finden, die kein allzu heterogenes Bild ergeben, dann bietet uns wohl das Kriterium des Milieus — des großen Rahmens, in dem die sprachliche Kommunikation stattfindet — am ehesten eine Grundlage dafür, die auch Überschneidungen mit der horizontalen Gliederung ausschließt. Wir könnten also innerhalb der einzelnen Fachsprachen und quer durch sie alle hindurch von folgenden fünf Hauptschichten sprechen: A. Sprache der theoretischen Grundlagenwissenschaften B . Sprache der experimentellen Wissenschaften C. Sprache der angewandten Wissenschaften und der Technik D. Sprache der materiellen Produktion E . Sprache der Konsumtion Diese Einteilung ist zwar klarer und einheitlicher als die bisherigen, und nach den vorangegangenen Ausführungen müßte auch deutlich geworden sein, was mit den einzelnen Schichten gemeint ist, aber ganz befriedigen kann sie immer noch nicht, weil keine der Schichten in reiner Form auftritt. Am stärksten sind die Interferenzen zwischen A, B und C; deutlicher abgrenzbar, wenn auch in ihrem Material schwer zu fassen, sind D und E. A ließe sich dann völlig eindeutig bestimmen, wenn man darunter, wie wir es beim zweiten Kriterium getan haben, eine nur aus künstlichen Symbolen bestehende Sprache verstünde; dann könnten wir sie aber nicht als „Sprache der theoretischen Grundlagenwissenschaften" bezeichnen, weil diese auch Mittel der natürlichen Sprache verwendet. Die Schwierigkeiten mit der Benennung dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß es eine vertikale Schichtung der Fachsprachen gibt, deren wesentliche Kennzeichen wir mit unseren vier Kriterien erfaßt zu haben glauben. Die Verzahnung von horizontaler Gliederung und vertikaler Schichtung zeigt Abbildung 11. Abb. 11 Gesamtsprache Fachsprache 1

70

Fachsprache 2

Fachsprache 3

, Faehsprache n — 1

Fachsprache n

1.1.7.7. Die Fachsprache als differenzierte Ganzheit Unsere Definition, clie damit verbundenen Erläuterungen und besonders die Überlegungen zur Gliederung und Schichtung der Fachsprachen sollten vor allem zweierlei zeigen: 1. daß eine Fachsprache sich als Gesamtheit aller sprachlichen Mittel, die in einem fachlich begrenzbaren Kommunikationsbereich verwendet werden, und damit als Einheit und Vielheit zugleich, fassen und definieren läßt; 2. daß jede Fachsprache der Abgrenzung gegenüber anderen Fach- und Subsprachen bedarf und in sich aus mehreren Schichten besteht. Das komplizierte Bild, das beim Vergleich der Fachsprachen untereinander u n d mit den übrigen Subsprachen, aber auch bei näherer Betrachtung der einzelnen fachsprachlichen Schichten entsteht, sollte uns veranlassen, nicht voreilig allgemeine Behauptungen über das Wesen der Fachsprachen insgesamt, und seien es nur die der Wissenschaft, aufzustellen, die dann womöglich nur auf einige von ihnen zutreffen, und unter Umständen sogar nur auf bestimmte Schichten. Da die Fachsprachen sich auf Grund spezieller kommunikativer Bedürfnisse, d. h. als Mittel der Verständigung über ganz bestimmte fachlich determinierte Sachverhalte, herausgebildet haben, sollte es das Grundanliegen der fachsprachlichen Forschung sein, herauszufinden, ob dem besonderen Bezeichneten auch ein besonderes Bezeichnendes entspricht und wie dieses beschaffen ist. Dazu sollen die folgenden Betrachtungen und Beobachtungen ein Beitrag .sein.

71

2.

Die spezifischen Merkmale der Fachsprachen auf den einzelnen sprachlichen Ebenen und Zwischenebenen

2.1.

Die unterschiedliche Ausprägung der fachsprachlichen Spezifik

Die Spezifik der einzelnen Fachsprachen gegenüber anderen Fach- oder Subsprachen

kommt auf

den Ebenen

der innersprachlichen

Hierarchie

(Benveniste 1962, 491—498) unterschiedlich stark zum Ausdruck.

Davon

kann man sich an jedem beliebigen Fachtext leicht überzeugen. W i l l man jedoch tiefere Einsichten in diese Unterschiede gewinnen, dann muß man schon ein repräsentatives Korpus fachsprachlicher T e x t e gründlicher analysieren. W i e das geschieht, werden wir später erklären. W e r f e n wir zunächst einen oberflächlichen Blick auf einige Texte, die verschiedenen Sprachen — Russisch, Englisch, Französisch, Deutsch — angehören und unterschiedlichen Fachgebieten entstammen. Der erste T e x t in russischer Sprache behandelt die Frage des Isomorphismus im Zusammenhang mit der K y b e r n e t i k .

Text 1 PaccMOTpiiM eme cami ocooemio iiHTepecHbiii ajia ftajibHeiimero npiuiep. Ha pnc. 1 H3o6pa>KeHa MexainwecKafi CHCTeMa, cocTonman 113 ocii /, nepesaiomeü Bpamemie nepe3 npy/KHHy S 11 MaxoBiiK M wecTKO CBH3aiiH0My c nocjie;umM nany 0. MaxoBHK HCnblTblBaeT COnpOTIIBJieilHC /KHSKOCTII, HajIIITOH B KOpblTIje F. ConpOTHBJieHIie 3T0, Kau H3BecTHo, nponopiinoHaabiio cnopocTii BpameiiHH MaxoBHKa. IIojiomeHHe OCH I oTMenaeTCH CTpejinoii Ha iuKane u, nono/Kernie Bana 0 — narnnaiiev. Ha pnc. 2. H3o6pa»Kniibi, nHepmui MaxoBHKa 11 TpeHiiio >KIIAKOCTH, TO o6e CHCTeMbi oÖHapy?KHBaK)T 3aMeHaTejibHoe CXO^CTBO. npHJiowHM K „BxoaaM" u H x oaiiHaKOBbie nocjiGAOBarejibHocTH siranem-iii — na ,,Bbixoaax" v 11 y TaK>KC 3a$nKCKpyioTCH paBHbie nocjieAOBaTenbHOCTH nx noKa3aHHii. 3aKpoeji Tenepb HenpoHimaeMbiM KowyXOM D;eiiTpanbHi>ie nacmi CIICTCM, T. e. Bce, itpojie B X O S H M X II Bbixoanbix iunaji, 11 «onyCTHM, 4T0 B X O f l H b i e 3Ha'ieHHH X 11 y MOryT ßblTb 3 a a a H b I C O O T B e T C T B y r o m U M nOBOpOTOM pyKOHTKii. Tor«a 3TH CHCTeMbi SyayT npaKTimecKii HeoTJinniMbi. KaatflaH H3 HHX MO/KÖT cjiyjKHTb „Moflejibio'' ÄJIH apyroit. Ho nponoji?KHM nccjieaoBaiHie namero npiiMepa. PaccMOTpuM ^«{KpepenmiajibHoc

72

YPABHEIIHE c-nocTOHHHbiMii KOA$$HIIHEHTAMH BIIGA: d-z a-—dt2

dz + b -

r

+ cz =

w.

dz

ECJIH BbiSpaTb onpeRejieHHtiM o6pa30M anaiemiH ero K03$a usw.). Wenn also fachsprachliche Untersuchungen zu diesem Gegenstand angestellt werden, dann sollten sie sich auf die einzelnen Grapheme oder Phoneme konzentrieren, nicht auf ganze Klassen, auch nicht auf Palatale und Nicht-Palatale, Stimmhafte und Stimmlose oder ähnliche. Eine solche Analyse der Fachsprache der Radioelektronik 89

im Russischen, Englischen, Französischen und Deutschen hat z. B. zu folgenden Ergebnissen geführt: Tab. 6 Russisch a 6 B r A e JK 3 H it K JI M H o n p

0,060 0,0102 0,036 0,0092 0,0245 0,0765 0,0057 0,014 0,074 0,0108 0,027 0,0355 0,027 0,0605 0,0955 0,0275 0,0445

Englisch c 0,044 T 0,061 y 0,020 $ 0,0047 x 0,0112 Ii 0,0044 H 0,0145 in 0,0050 m 0,0037 -b 0,000 bi 0,0175 b 0,0106 3 0,0054 •K> 0,0094 H 0,019 Komma 0,0093 Punkt 0,0063 Lücken 0,109

90

0,062 0,012 0,033 0,028 0,106 0,022 0,016 0,038 0,074 0,001 0,002 0,032 0,020 0,059 0,059

p 0,019 q 0,003 r. 0,054 s 0,054 t 0,085 u 0,024 v 0,009 w 0,010 x 0,002 y 0,010 z 0,001 Lücke 0,147 Komma 0,009 Punkt 0,007 Gedankenstrich 0,002 Apostroph 0,000

Deutsch

Französisch a 0,060 b 0,007 c 0,034 d 0,0345 e 0,117 f 0,009 g 0,008 h 0,0035 i 0,059 j 0,0009 k 0,000 1 0,043 m 0,023 n 0,068 o 0,043 p 0,026 q 0,008 r 0,058 s 0,073 t 0,068

a b c d e f g h i j k 1 m n o

u 0,044 v 0,007 w 0,0001 x 0,003 y 0,0008 z 0,0003 e 0,025 ä 0,004 e 0,003 e 0,0007 i 0,0004 ü 0,0003 9 0,0003 o 0,0001 Lücke 0,129 Apostroph 0,008 Komma 0,008 Punkt 0,0061 Klammer 0,003 Semikolon 0,0015

a 0,042 b 0,0155 c 0,0205 d 0,048 e 0,143 f 0,0109 g 0,0335 h 0,031 i 0,069 j 0,0006 k 0,014 1 0,033 m 0,0215 n 0,0935 o 0,022 p 0,0093 q 0,0013 r 0,0695

s 0,056 t 0,0565 u 0,034 v 0,0068 w 0,0109 x 0,0002 y 0,0003 z 0,0092 ä 0,0066 ü 0,0041 ß 0,0035 ö 0,0029 Lücke 0,116 Komma 0,0070 Punkt 0,0071 Gedankenstrich 0,0006 Klammer 0,0005 Anführungsstriche 0,0004 Semikolon 0,0003-

Französisch ü 0,0001 i 0,0001 ce 0,000 ä 0,000

Gedankenstrich 0,0015 Bindestrich 0,0012 Doppelpunkt 0,0007 Anführungsstriche 0,0005

(N. D. Andreev, Statistiko-kombinatornye metody v teoreticeskom i prikladnom jazj'kovedenii, Leningrad 1967, S. 226f., 231f., 233f.)

Für die Sprache der Wissenschaft im allgemeinen ergeben sich folgende Zahlen: Tab. 7 Russisch a

0,059

6 0,011 0,038 r 0,011 Ä 0,023 e 0,080 >K 0,007 3 0,014 Ii 0,068 ii 0,012 K 0,025 JI 0,037 B

M 0,033 0,060 O 0,094 n 0,027 P 0,045 c 0,047 T 0,058 y 0,019 $ 0,004 X 0,010 U 0,005 H 0,013

H

in 0,005 m 0,005 T. 0,000 bi 0,019 b 0,014 3 0,005 io 0,006 H 0,018 Lücke 0,110 Komma 0,0093 Punkt 0,0063

(N. D. Andreev, Statistiko-kombinatornye metody v teoreticeskom i prikladnom jazykovedenii, Leningrad 1967, S. 226f. Für andere Sprachen liegen uns keine zusammenfassenden Angaben zur Sprache der Wissenschaft vor.)

Die Zahlen der vorstehenden Tabellen lassen zwar Unterschiede für die Subsprachen erkennen, z. B. für die Grapheme h, t, h, m, io, r, jk, 3, K> HH

0,89 0,82 0,74 0,69 0,61 0,61 0,56 0,50 0,47 0,45 0,26 0,22 0,20 0,19 0,17 0,15 0,13 0,09 0,06 0,06 0,04 0,04 0,04 0,02

92,88 93,70 94,44 95,13 95,74 96,35 96,91 97,41 97,88 98,33 98,59 98,81 99,01 99,20 99,37 99,52 99,65 99,74 99,80 99,86 99,90 99,94 99,98 100,00

eTe

-

-

HT

aMH 10 felMH

ee He ax iiii OMy BIO B HX HMH

aM HT IlMH yT

eMy

HTe

euib HUIb

— — —

— -

97

V. S. Perebijnis (1967, 84f.) führt als die 18 häufigsten formenbildenden; Affixe des Ukrainischen, die 25 % aller Affixe in einem Text von 10000 Wortformen ausmachen, die folgenden an: Tab. 15 Nr. 1.

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Affix

Nr.

Affix

-a

10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

-a -i

-IIX -B

-y -e

-H -JIM

-iß -TU

-o

-i -0 -a

-y -Hj -a

(Die mehrfach aufgeführten Affixe sind der Funktion nach unterschieden.)

Nimmt man eine Differenzierung nach „Stilen" vor, so ergibt sich folgendes Bild: Tab. 16 Mittlere Häufigkeit der formenbildenden Affixe des Ukrainischen bei 500 Wortformen als statistischer Parameter des „Stils" Stile

m

% von 500 Wortformen

Dramatik Künstl. Prosa Poesie Polit. Literatur Wiss.-techn. Literatur Null-Stil

107,1 121,3 102,9 133,3 133,8 127,6

21,4 22,3 20,6 26,7 26,8 25,5

Rechnet man die statistischen Parameter so um, daß sie graphisch darstellbar werden, dann ergibt sich Abbildung 15 für die Schwankungen der mittleren Häufigkeit der Affixe im Ukrainischen. Die Häufigkeit der formenbildenden Morpheme kann also als Kriterium zur Unterscheidung oder Identifizierung von Subsprachen verwendet werden, wie z. B. an der relativ starken Abweichung gerade zwischen einigen Formantien der wissenschaftlich-technischen Literatur und der Poesie zu beobachten ist, die hier im einzelnen nicht dargestellt werden soll. Es mag lediglich darauf verwiesen sein, daß mit Hilfe der statistisch-kombinatorischen Methode die bedingte Wahrscheinlichkeit für eine ganze Reihe von Endungen in Texten 98

95

99

103

107

111

115

119

123

127

131

135

139

143

Dramatik kunstl. Prosa Poesie Polit. Lit. Wiss.-techn. Lit. Null-Stil Abb. 15

der Radioelektronik für das Russische (Andreev 1965, 232) bereits untersucht ist; für das Englische, Deutsche und Französische verursacht diese Methode — abgesehen von der wenig ausgeprägten Flexion dieser Sprachen — einen großen Aufwand, wenn man Endungen und Affixe eindeutig voneinander trennen will. Hier führen einfache Zählungen schneller zum Ziel. Häufigkeitslisten, die im Zusammenhang mit den Leipziger Untersuchungen zum Fachwortschatz ausgewählter Bereiche entstanden sind, bilden noch keine repräsentative Auswahl; sie weisen jedoch teilweise starke Abweichungen von A. G. Oettingers Verzeichnis auf (Heckel 1971). Mancher mag- sich fragen, welchen praktischen Wert solche Zählungen der formenbildenden Morpheme in den Fachsprachen und der Vergleich ihrer Häufigkeit mit der in anderen Subsprachen'wohl haben soll. Nur um die Unterschiede und Übereinstimmungen festzustellen, lohnt sich der Aufwand sicher nicht. Wir wollen deshalb einige praktische Ziele nennen, die wir mit diesem Teil der fachsprachlichen Forschung, der übrigens nicht im Mittelpunkt unseres Interesses steht, sondern beiläufig mit erledigt wird, verfolgen. Ansatzpunkt für die meisten Überlegungen ist die Vorstellung, daß sowohl der Mensch als auch die Maschine bei der Anatyse des Fachtextes nach einem bestimmten Algorithmus verfährt, der sich bei beiden natürlich unterscheidet, aber zumindest auch eines gemeinsam hat: das Streben nach Ökonomie und Effektivität in einem Prozeß, den man sicher in beiden Fällen als Suchvorgang bezeichnen kann. Dieses Streben kann durch eine möglichst zweckmäßige Anordnung wesentlich gefördert werden, bei der das'häufigste Element an der Spitze steht und ihm die anderen in der Reihenfolge der abnehmenden Häufigkeit folgen. Auf diese Weise wird verhindert, daß beim Suchprozeß unnötig viele Elemente „abgetastet" werden müssen, ehe das richtige gefunden ist. Auch der Mensch, der für solche Vorgänge wesentlich mehr Zeit benötigt als 7*

99

eine moderne E D V A , sucht beim Lesen eines fremdsprachigen Textes gewisse Orientierungsstützen. I n den stark flektierenden Sprachen sind das unter anderem auch die Endungen und andere Formantien. Übrigens spielt der Unterschied zwischen häufigem und seltenem Auftreten nicht nur bei dieser A r t Denk- oder Gedächtnisleistung eine Rolle, sondern bei fast jeder geistigen Tätigkeit. Der Einsatz des Häufigkeitsprinzips ist also eine völlig natürliche Angelegenheit auch in unserem Falle. Weshalb sind die Formantien eine Orientierungsstütze? Sie verwandeln das W o r t aus einem durch Abstraktion und künstliche Segmentierung gewonnenen Einzelelement bzw. Repräsentanten einer K a t e g o r i e oder Klasse v o n Kategorien zurück in das, was es eigentlich ist : in einen organischen Bestandteil der R e d e (des Kommunikationsaktes), der zu anderen eben solchen Bestandteilen in festen Beziehungen steht, und diese Beziehungen macht das Formans sichtbar, selbst wenn es im Hinblick auf seine grammatische K a t e gorie nicht eindeutig ist; es schränkt die Zahl der Wahlmöglichkeiten ein. Es gibt T e x t e , deren grammatische Konstruktionen für den weniger Geübten schwer zu überschauen sind. Hier mag als Beispiel die diskontinuierliche Satzgliedfolge im Russischen dienen. Die Aussagen, die in den folgenden Sätzen enthalten sind, werden, wenn nicht überhaupt, dann doch schneller dadurch verständlich, daß die Relationen zwischen den Satzgliedern in den Endungen zutage treten. Das beginnt mit dem isolierten Attribut : B

ÖETATPOHE 3JIEKTPOHBI HMEIOT

citopocTH, Jimiib

HEMHORO OT,IIIQAH»MNECA OT

CKopocTH CBeTa. Pa3JiHinwe no CBoeft MaTepHajibHoË npHpofle ycTpoiicTBa, sa^a^eH noToptix

RBJIRGTCH

xpaHemie, nepepaöoTKa

H

nepe^a^a HHopMa-

m w , oôecneraBaiomeii b KOHeHHOM c^eTe Tpeöyeiioe ynpaBJieHwe paccM&TpnBAEMORO OÔTEKTA, H3YQAIOTCH KHÖEPHETHKOÜ HCKJIROMITEJIBHO KAK HOCHTEJIH HJIII

npe0Ôpa30BaTejiH

HHOPMAI;IIN. EJIH3KOH K

pHMCKOÜ,

XOTH H

HecKOJibKO

OTJIHHHOH OT Hee, HBJiaeTCH CJiaßaHCKaa CHCTenta Hyuiepaijmi. OÔBiraojipnMenaioin;aaca BceMH B Hacronmee BpeM« HJIH 3anncii inceji cncTenia HBJIHeTCH n03IIII,H0HH0H.

Aber auch Adverbialpartizipkonstruktionen der folgenden A r t gehören hierher : ^ITOGH nojiyqHTB BanyyM 6e3 Hacoca, HyjKHo nacTb ra3a, CHJILHO OXAAJRRAA

ero,

NPEBPATHTB

B JKH/ÎKOCTB.

Onpe^ejieHHe MaccH

T e j i a MOÎKHO NPOH3BECTH ;

B3BeniHBafl ero, TO ECTB cpasiiHBaa CMacc0fipa3H0Bec0K H3BCCTHOHBejnniiiiBi. Besonders häufig treten solche Konstruktionen in der wissenschaftlich-technischen Literatur des Russischen auf. Das Englische, Französische und Deutsche kennen die diskontinuierliche Satzgliedfolge zwar auch, allerdings mehr in Gestalt der sogenannten Distanzkomponenten analytischer Formen, die für das Verstehen keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, z. B. : T h e y werc also determincd for control purposes. T h e fluorine-containing Compounds that have so far bcen encountcred contain, besides the usual elements, only chlorine and nitrogen. — I l est fortement oxydé. D e plus, toutes les espèces ne sont pas également aptes à assimiler les ions ammonium. — D i e

100

R u h r wird durch Ruhrbakterien verursacht. An die Stelle der regelmäßigen Läppchenanordnung sind unregelmäßige Leberzellinseln und Leberzelladenome getreten. Die von Uebermuth verfaßte Spezielle Chirurgie ist schon 1962 in der 3. Auflage erschienen. In Übereinstimmung mit der späteren Stellung der Formantien bei der praktischen Arbeit mit Fremdsprachen, besonders mit dem Russischen, sollten die entsprechenden Morpheme auch schon ihren Platz in der Ausbildung erhalten, d. h. in einer bestimmten Reihenfolge je nach ihrer Häufigkeit auftreten. Dieser Vorschlag läßt sich nicht zum absoluten Prinzip erheben. Es gibt aber in der modernen fachbezogenen Fremdsprachenausbildung — viel stärker als in den früheren traditionellen Lehrmaterialien — eine sehr einfache Möglichkeit, ihn zu berücksichtigen: Das sind die Programmlehrbücher für die (teil-)programmierte Ausbildung. Sie enthalten einen Rückkopplungsteil, der für die formenbildenden Morpheme aus einer einfachen Übersicht über die vorhandenen Mittel besteht (Krampitz/Franz/Reinecke 1971, 139ff.). Hier wäre der Suchvorgang durch Berücksichtigung der Häufigkeiten zu rationalisieren. Vielleicht — aber das ist wenig wahrscheinlich — ließe sich sogar eine Restriktion im Vergleich zum Gesamtbestand der bisherigen normativen Grammatiken erreichen, also sozusagen eine subsprachliche Morphologie. Wenn wir bisher fast ausschließlich von Endungen als formenbildenden Morphemen gesprochen und sie als Beispielmaterial herangezogen haben, so wollen wir doch darüber nicht vergessen, daß es neben ihnen noch andere Formantien gibt, die in den einzelnen Subsprachen eine unterschiedliche Rolle spielen und von denen auch in den Fachsprachen unterschiedlicher Gebrauch gemacht wird. Wir zählen sie nicht zur Lexik, weil sie zwar formal als selbständige „Wortkörper", aber ohne eigene Semantik (nicht als Lexeme) auftreten und nur der Formenbildung — in diesem Falle der analytischen — dienen. Gemeint sind z. B. russisch öojiee, cajinii, Hanôojiee, ÔBITB (Futur, Präteritum Passiv); englisch more, most, hcive, be; französisch plus, le plus, avoir, être; deutsch haben, sein usw. Die meisten von ihnen sind vom grammatischen System her gebunden. Das gilt für die Bildung der Tempora, Modi, Genera verbi usw. Auch die Bildung der Steigerungsformen im Englischen entweder auf -er, -est oder mit more, most ist weitgehend fixiert. Für das Deutsche und Französische sind uns in den Fachsprachen keine Varianten aufgefallen. I m Russischen jedoch gibt es eine ausgesprochene Konkurrenz zwischen caMkiii und nanôoaee bei der Bildung des Superlativs der Adjektive. Bei unseren ersten Untersuchungen hatten wir den Eindruck, Haaôojiee sei in der wissenschaftlichen Literatur auf dem besten Wege, caniHH immer weiter zu verdrängen (60% aller Formen). Auf die Medizin traf das voll zu (Alexander 1968, 477). I n Physik und Chemie fiel das Verhältnis schon nicht mehr so eindeutig aus; und in der Philosophie (Schneider 1971, 38) dominierten gar die Bildungen auf -eHimiii und -aflini-ifi (53,6 %), während naiiGoJiee an letzter Stelle stand (8,2 %). 101

Ein solcher Untersuchungsverlauf mit ganz verschiedenen Ergebnissen zeigt dreierlei: 1. Das gehäufte Auftreten bestimmter Formen kann eine generelle Entwicklungstendenz in der Sprache andeuten. Eine Reihe davon ist ja auch schon von der „praktischen Stilistik" registriert worden: das Schwanken im Gebrauch der Endung -y im Genitiv und Präpositiv Singular bei einigen maskulinen Substantiven, das verstärkte Auftreten der Endung -a im Nominativ Plural, Verschiebungen in der Deklination bzw. der Deklinierbarkeit von Eigennamen, der unterschiedliche Gebrauch von Larigform und Kurzform im Komparativ der Adjektive, bei dem übrigens behauptet wird, daß die analytische Form des Komparativs für die Subsprache von Wissenschaft und Technik charakteristisch sei (npon;eHT y c n e B a e M O C T i i B rpyime ceü'iac 6o:iee BBICOKHII, leai B npoimioM ro/jy), im Superlativ dagegen die einfache Form für diese Subsprache zeuge (r.ny6o4aüiiiMe IT^CII) usw. usf. (Mamonov/Rozental' 1957, 57ff.). In dieser Hinsicht können wir von H a i i ö o j i e e auf Grund unserer Untersuchungen noch nichts aussagen. 2. Umgekehrt hatten wir angenommen, die große Häufung von nanöojiee sei für alle oder fast alle Fachsprachen typisch. Jetzt wissen wir — ganz im Gegenteil — daß sie sich als morphologisches Unterscheidungsmerkmal zwischen den Fachsprachen verwenden läßt. Das ist für unser Forschungsanliegen ein positives Ergebnis. 3. Die große Häufigkeit bestimmter Formantien sollte uns nicht zu vorschnellen Urteilen verleiten. Eine ganze Reihe von Morphemen ist lexikalisch gebunden. Das eben erwähnte Formans -efiiHHH bzw. -aimniii kann nicht an alle Adjektive treten, und auch die Substantivendung -y im Genitiv oder Präpositiv Singular maskuliner Substantive läßt sich nicht beliebig gegen -a bzw. -e austauschen. Wir haben bisher nur zwei Varianten des Verhältnisses zwischen Formans und grammatischer Kategorie berücksichtigt: die eineindeutige Zuordnung und die Möglichkeit, daß ein und dieselbe Kategorie durch verschiedene Formen repräsentiert werden kann. Die dritte Variante ist die Mehrdeutigkeit des Formans in bezug auf die Kategorien, die es materialisiert. Gerade sie kann zu einer starken Erhöhung der Häufigkeit eines Morphems führen. So ist die Spitzenstellung der Endung -a in einer Häufigkeitsliste der Endungen des Russischen — sehen wir einmal von der noch größeren Häufigkeit der NullEndung ab — nicht nur durch die große Häufigkeit der entsprechenden Wertformen im Text, sondern auch dadurch bedingt, daß sich hinter dem -a unter anderem folgende Kategorien verbergen: Genitiv, belebter Akkusativ Singular, eventuell Nominativ und Akkusativ Plural maskuliner Substantive; Nominativ Singular femininer Substantive; Genitiv Singular, Nominativ und Akkusativ Plural neutraler Substantive; Nominativ und Akkusativ Plural der Substantive auf -MH; feminine Kurzform der Adjektive und Passivpartizipien usw., wogegen -aT, -K>K>, - H H die untersten Ränge belegen 102

und die Kategorien der 2. Person Singular und Plural in Fachtexten fast gar nicht vertreten sind. Zur Mehrdeutigkeit der Formantien in den Fachsprachen liegen noch keine Untersuchungen vor. Sie versprechen auch wenig Erfolg, weil die Verhältnisse in den meisten Subsprachen ähnlich sein werden, bis auf einige Einzelphänomene wie die eben genannte 2. Person, die in der Dramatik, der wörtlichen Rede der künstlerischen Prosa, dem Alltagsgespräch und sicher auch anderswo als gerade im Fachtext auf Grund der anderen kommunikativen Situation eine größere Rolle spielen muß.

.2.3.3.

Die grammatischen

Kategorien

Erscheinungen wie die zuletzt genannte k a n n man mit weniger Aufwand feststellen, wenn m a n nur die Häufigkeit der grammatischen Kategorien berücksichtigt (Josselson 1953, 18): T a b . 17 Russisch Singular

Russisch Plural

Reihenfolge der Häufigkeit nach

Kasus

Prozent

Reihenfolge der Häufigkeit nach

1 2 3 4 5 6

Xom. — 28.5 1 Akk. — 26,3 _ _ _ Gen. 14,3 Instr. — 14,0 r- 4 Präp 10,9 L 5 Dat. 6.0 1—6

I

:

Kasus

Gen. — Nom. — Akk. Instr. Präp. Dat.

Prozent

26,4 25,0 21,4 13,9 8,5 4,8

Aus solch einfachen Tabellen ist die statistische Distribution der grammatischen Kategorien — in dieser Tabelle der Kasus in Singular und Plural — sofort abzulesen und außerdem durch eine graphische Darstellung der Korrelationen zu veranschaulichen: I n Singular und Plural bestehen unterschiedliche Rangfolgen, wobei die Divergenzen z. T. erheblich sind (Genitiv 3 = 14,3 % ; 1 = 26,4 %). Aber auch gleiche Ränge sind nicht immer durch gleiche Prozentwerte belegt (Präpositiv, Dativ). Weit wichtigere Erkenntnisse lassen sich jedoch aus den getrennten Anteilen der K a s u s a n Singular und Plural •ziehen. Vor allem m u ß es möglich sein, die hohe Frequenz von Nominativ und Akkusativ im Singular sowie von Genitiv, Nominativ und Akkusativ im P l u r a l aus der Funktion des Substantivs in den höheren sprachlichen Ebenen herzuleiten. Dabei darf — besonders später bei der Untersuchung der einzeln e n Sub- und Fachsprachen — nicht unbeachtet bleiben, was aus der obenstehenden Tabelle nicht zu ersehen ist: Im Singular stehen 77,7 % , im Plural 103

22,3 % aller Kasusformen. Vier Kasus, und zwar der Nominativ Singular, der Akkusativ Singular, der Genitiv Plural und der Nominativ Plural machen zusammen 73 %, also fast drei Viertel aller Flexionsformen des Substantivs im Russischen aus. Man könnte dabei an folgende einfache funktionale Interpretation denken: Die Hauptrelation im Satz ist die vom Subjekt ( = Nominativ) auf das direkte Objekt ( = Akkusativ) übergreifende Handlung; das wird auch dadurch bestätigt, daß die Masse der Verben den Akkusativ regiert, und gilt in Singular und Plural. Tritt ein nicht-adjektivisches Attribut, also ein Substantiv, zu Subjekt oder Objekt, so steht es im Normalfall im Genitiv. Da die Eigenschaften, die dem Subjekt und dem Objekt anhaften, meist nicht nur für einen, sondern für viele Gegenstände gelten, darf uns die größere Häufigkeit des Genitivs im Plural nicht verwundern. Diese wenigen Sätze der Interpretation sind keine Offenbarung, sondern sollen nur eine Anregung sein, wie man aus rein quantitativen Daten qualitative Aussagen gewinnen kann. Das ist auf den höheren sprachlichen Ebenen noch weit wichtiger als bei der Morphologie. Nehmen wir ein anderes Beispiel aus dem verbalen Bereich, die statistische Verteilung der Modi in Verbindung mit den Aspekten: Tab. 18 Modus

Perfektive Verben %

Imperfektive Verben %

Infinitiv Indikativ Imperativ Konjunktiv

13,2 85,4 0,4 1,0

13,5 85,7 0,5 0,3

Auffallend, aber nicht überraschend ist hier der hohe Anteil des Indikativs. Die Masse der menschlichen Kommunikation besteht eben aus Aussagen über reale Sachverhalte. Daß der perfektive Indikativ fast ebenso stark vertreten ist wie der imperfektive, liegt an seiner starken Vertretung im Präteritum (91,7 %), die im imperfektiven Aspekt nur durch Addition von Präsens (33,6 %) und Präteritum (66,1 %) aufgewogen werden kann. Die relativ hohen Werte für den Infinitiv stammen nicht — wie man vermuten könnte — aus dem imperfektiven Futur, sondern vorwiegend aus modalen und unpersönlichen Konstruktionen. Wir brechen unsere Betrachtungen über die Häufigkeit der grammatischen (morphologischen) Kategorien in der Sprache schlechthin und ihre mögliche Interpretation ab. Es ging uns dabei nur um ein paar einführende Hinweise; denn eigentlich haben wir es ja mit den Fachsprachen zu tun. Gerade zu den grammatischen Kategorien der Fachsprachen liegt uns eine Fülle von Material vor, das für alle vier uns interessierende Sprachen gilt, weil diese Gültigkeit 104

nicht davon abhängt, ob und wie die einzelne Kategorie morphologisch explizit zum Ausdruck kommt. Die funktionale Stilistik (vgl. 1.1.4.)' hat deshalb die im folgenden zusammengefaßten Merkmale der Fachsprachen, die allerdings wieder fast ausschließlich aus der wissenschaftlichen Prosa gewonnen sind, für allgemeingültig erklärt und damit sicher nicht unrecht. 2.3.3.1. 2.3.3.1.1.

Das Verb Das Tempus

Das Verb verliert seinen konkreten Zeitbezug. Die große Häufigkeit der Präsensformen ergibt sich nicht etwa daraus, daß alles Wissenschaftliche und Technische als „gegenwärtig" betrachtet wird, sondern aus dem Streben nach Abstraktion und Verallgemeinerung. E s wird von dauerhaften Merkmalen und Eigenschaften der untersuchten Erscheinungen gesprochen, und es werden allgemeingültige Aussagen getroffen. Auch wenn bestimmte Erkenntnisse der Vergangenheit angehören, längst überholt sind oder sich in der Zwischenzeit gar als falsch herausgestellt haben — im Augenblick ihrer sprachlichen Formulierung und Mitteilung wurden und werden sie als wahr und dauerhaft gedacht, deshalb also im Präsens ausgesprochen und sogar niedergeschrieben. B pa3oiiiHHHx ciicTeaiax OTCNETA 3in, KOJikijeBHflHHii, njieqejiy leBOii, nHTOHHOKyöoBHflHBiii, peßepHOJionepeHH&ift ) (Alexander/Merian 1963). Die Wortbildung des Russischen ist also von den Fachsprachen her in Bewegung geraten. Das Englische kennt in den Fachsprachen normale Komposita mit und ohne Bindestrich (cross-section, so-called, x-ray, cardiovascular, headache, longterm, backbone, hydrocarbon, macromolecular, organometallic). Weit häufiger ist jedoch die Wiedergabe komplexer Begriffe durch mehrere Substantive, die äußerlich keine Verbindungen eingehen, sich aber als Konstituenten einer inneren Hierarchie fügen, die nur formal weniger deutlich wird als bei den russischen Mehrworttermini. Man spricht in diesem Zusammenhang oft von einer Adjektivierung der Substantive und meint damit vor allem die Verwendung von Substantiven als Attribut (group size, sodium hydroxide, barium sulphate, conversion process, cotton-wool plugs, trace-metal content, machine tool chatter, pilot scale test data). Damit werden jedoch bereits Fragen der Syntax berührt. In den Fachsprachen des Französischen sind Komposita selten (phosphorylcholine, photosynthèse, corticosurrénal, radiographie, cristallographie, quadripolaire, électronégatif, brome-sulfone-phtaléin, oxydo-réducteur, amino-alcool) wie in den anderen Subsprachen des Französischen auch. Ähnlich wie im Russischen werden komplexe Begriffe vorwiegend durch adjektivische oder substantivische Attribute ausgedrückt (poids moléculaire, synthèse desstéroles). Lediglich in der Chemie und in artverwandten Disziplinen kommt es zur Verknüpfung der Konstituenten von Verbindungen mit und ohne Bindestrich. Für die Bildung von Komposita in den Fachsprachen des Deutschen bedarf es keiner größeren Zahl von Beispielen. Sie ist beinahe sprichwörtlich und wirkt zuweilen grotesk (Flachrundstrickautomat, Fernsprechvermittlungsanlage, Flüssigkeitsraketentriebwerk, Ladungsträger strahl, Schlepper Scheibenegge, Schleuderprallmühle, Ultrakurzwellenüberreichweitenfernsehrichtfunkverbindung usw.) (Schmidt/Scherzberg 1968). Übrigens haben daran nicht nur die Substantive, sondern auch die Verben teil (einsatzhärten, kaltaushärten, preßglanzpolieren, durchlaufschleifen, naßgleitschleifen (Reinhardt 1966, 186).

2.3.4.3.

Die Bedeutung der Wortbildung und Forschung

für die fachsprachliche

Lehre

Stellen wir auch hier zum Schluß die Frage: Welche Schlußfolgerungen lassen sich aus der Untersuchung der Wortbildung und besonders der dabei verwendeten Affixe ziehen? Da ergibt sich zunächst einmal die Möglichkeit, für die fachsprachliche Ausbildung zu einem Minimum an Wortbildungsmitteln und Wortbildungsmodellen zu kommen, d. h., durch die Beschränkung auf die wirklich relevanten 122

Affixe eine Entlastung von unnötigem Ballast zugunsten einer gründlichen Aneignung des Nötigsten zu erzielen und damit eine höhere Effektivität der Ausbildung zu gewährleisten. Natürlich wird hier die rezeptive Seite, das Erkennen eines bekannten Affixes als Bestandteil èines unbekannten Wortes, an erster Stelle stehen. Die Kenntnis der häufigsten Affixe wird das Nachschlagen im Wörterbuch überflüssig machen, wenn das motivierende Wort oder ein anderes motiviertes mit derselben Wurzel oder demselben Stamm bereits bekannt ist (russisch K P O B B — KpoBHBiü — KpoBaBtift — K P O B H H H C T B I H — KpoBHHOH;

PA3BHTB



pa3BHTHe

— pa3BHT0ii;

06PA30BATB —

NPEO6PA30BATB—

npeo6pa30BaHHe; englisch relate—relation—relational—relationship—relative — relativity — relativism — relator ; französisch procéder — procédé — procédure — processus — procès — processif — procession — processionnaire — processionnel — processionner ; deutsch hart — härten — das Härten — abhärten — die Abhärtung — aufhärten — aushärten — durchhärten — enthärten — mithärten — nachhärten—verhärten). . Die Fähigkeit, mit Hilfe von Wortbildungsmodellen den Wortschatz beträchtlich zu erweitern, führt zu einer Entwicklung zumindest der Lesefähigkeit. Das ist im Grunde genommen längst bekannt; nur daß die Häufigkeit dabei eine große Rolle spielt, ist wenig beachtet worden. Wir wollen es noch einmal anders formulieren : Die Speicherung der häufigsten Affixe im Gedächtnis des Menschen erleichtert ihm die Erschließung, Speicherung und Reproduktion neuer lexikalischer Einheiten, die vorher nicht im Speicher enthalten waren. Wir gebrauchen diese kybernetisch klingende Formulierung bewußt, um auf eine weitere Anwendungsmöglichkeit hinzuweisen : die maschinelle Analyse — und in beschränktem Umfang auch Synthese — sprachlicher Texte. Da in der Sprache, besonders in den Fachsprachen, ständig neue Termini entstehen, wird ein maschineller Speicher nie vollständig sein, sondern laufend der Ergänzung bedürfen. Seine Auffüllung kann natürlich vom Menschen übernommen werden. Eine volle Automatisierung ist aber erst erreicht, wenn auch der Speicher sich selbständig ergänzt. Bei den dazu notwendigen Analysevorgängen spielt die richtige Segmentierung des Textes und damit auch die Erfassung der Affixe eine wesentliche Rolle. Wie schon bei den Endungen, sollte man sich bei den Suffixen und Präfixen die Reihenfolge der abnehmenden Häufigkeit auf die Reihenfolge der Aneignung im Lernprozeß und auf die Anordnung im Rückkopplungsteil eines (teil-)programmierten Lehrmaterials auswirken lassen. Von der dadurch zu erzielenden Abkürzung des Suchproizesses haben wir schon im Zusammenhang mit der Formenbildung gesprochen. Wenn wir bisher die rezeptive Seite betont haben, so dürfen wir darüber eine weitere Möglichkeit nicht vergessen, bei der die Kenntnis der häufigen und produktiven Affixe in den Fachsprachen genutzt wird: die Schaffung neuer Termini und die Terminologienormung. Die Berücksichtigung von Häufigkeit und Produktivität kann hier vor Irrwegen bewahren und eine strengere 123

Einheitlichkeit und Systematik in die Benennung von Phänomenen bringen, die von der N a t u r oder vom Menschen eine bestimmte objektive oder begriffliche Systematik erhalten haben. Wir werden diese Frage noch im Zusammenhang mit der Lexik berühren. Vorläufig begnügen wir uns mit der Andeutung, d a ß die Derivation eine sehr rationelle Methode der Wortbildung ist und am E n d e eines Abkürzungsprozesses stehen kann, den man als Univerbierung bezeichnet und bei dem im Sinne der Sprachökonomie aus einem Mehrwortt e r m i n u s ein E i n w o r t t e r m i n u s wird (copTupoBajitHafl Mamima — copTiipoBKa, 8JieKTpHHecKHH,noe3,D( — ajieKTpiiiKa, vJHHaMiiHecKiifi rpoMKoroBopuTejit —

AimaMHK, KOMMyTaTopHan jiajina — KoauiyTaTop usw.) (Scholz 1971,171).

2.4.

Die Ebene der Lexeme uncl Wortformen

2.4.1.

Das Wort als Benennung von Gegenständen und Begriffen

Bei allen, die sich jemals mit Fachsprachen beschäftigt haben, herrscht Einmütigkeit darüber, daß deren Spezifik am deutlichsten in ihrem Wortschatz zum Ausdruck kommt. Die Gründe dafür liegen auf der H a n d : D a s Wort ist, weniger f ü r den Sprachwissenschaftler als f ü r den linguistisch unbefangenen Teilnehmer an der Kommunikation, die sprachliche Einheit, die sich als materielles Phänomen — geschrieben oder gesprochen — intuitiv einfach erfassen läßt. E s steht als Bezeichnendes in einer mehr oder weniger direkten Relation zum Abbild einer Erscheinung der objektiven Realität im Bewußtsein oder zu einem durch gedankliche Arbeit geschaffenen Begriff. Bei Gegenständen, die durch die Sinnesorgane wahrnehmbar sind, entsteht sogar oft der erkenntnistheoretisch irrige Eindruck, als gäbe es eine direkte E n t sprechung zwischen diesen Gegenständen und den sie benennenden Wörtern. E s wird leicht vergessen, daß das Wort ein im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung entstandenes oder — das gilt vor allem f ü r den Fachterminus — durch Übereinkunft bestimmtes bzw. geschaffenes Zeichen ist, es also keinen unmittelbaren, sondern nur einen mittelbaren Zusammenhang zwischen „Wörtern" und „Sachen" gibt. Da nun jede Fachdisziplin in einer Gesellschaft mit fortgeschrittener Arbeitsteilung einen ganz bestimmten Bereich der objektiven Realität zu erschließen oder umzugestalten hat, operieren ihre Vertreter ständig entweder mit den ^Gegenständen dieses Abschnitts der wirklichen Welt selbst oder mit deren Abbildern und den entsprechenden Begriffen. Diese Gegenstände (bzw. ihre Abbilder) und Begriffe sind demzufolge auch Hauptinhalt ihrer Gespräche, Vorträge und Veröffentlichungen; eine besonders große Rolle spielt ihre sprachliche Darstellung bei der Ausbildung junger und der Weiterbildung älterer Fachleute. Voraussetzung f ü r Aussagen über Gegenstände und Begriffe ist das Vorhandensein von Benennungen dafür. Diese Benennungen sind wie die Pfeiler einer Brücke: Sie müssen fest gegründet, d. h. von seiten des 124

Expedienten klar definiert und vom Rezipienten voll begriffen sein, um das darauf ruhende übrige Gebäude tragen zu können. Sie sind im Satz meist das Neue, der Hauptinformationsträger. Deshalb konzentriert sich die Aufmerksamkeit beim praktischen Gebrauch der Fachsprachen wie auch beim Nachdenken über sie auf das fachsprachliche Wort, den Terminus oder wie immer man das Bezeichnende auf dieser Ebene nennen mag. Von der Sprachwissenschaft ist das Wort sehr unterschiedlich definiert worden (Hoffmann 1972, 40f.). Dabei spielen gewisse sich aus dem jeweiligen Blickwinkel ergebende Grundanschauungen eine Rolle. Das Ergebnis ist «ine Aufspaltung des zwar komplexen, aber doch einheitlichen Wortbegriffs, bei der ein Aspekt in den Vordergrund tritt. So haben wir dann am Ende .zwischen dem „phonetischen", „graphischen", „lexikalischen", „grammatischen" und dem sogenannten „ganzheitlichen" Wort zu wählen (Jachontov 1963). Die Entscheidung ist mehr eine Frage der Zweckmäßigkeit; sie wird vor allem vom Ziel der lexikologischen Untersuchung bestimmt. Wir haben an anderer Stelle (Hoffmann 1972, 40ff.) begründet, weshalb für die fachsprachliche Forschung eine Synthese aus „graphischem" und „lexikalischem" Aspekt vorteilhaft ist. Die graphische Seite ist deshalb wichtig, weil wir es hei dem uns zugänglichen Korpus vor allem mit gedruckten Texten zu tun haben und weil wir diese maschinell bearbeiten; das „lexikalische", d. h. das Wörterbuchwort, verdient unsere Aufmerksamkeit, weil es die Vielzahl der im Text aktualisierten Formen, „die in bezug auf Bedeutung und Struktur eine Einheit bilden" (Jarceva 1963, 52), in einer Form komprimiert, mit der es sich bei der Auswertung statistischer Untersuchungen an Fachtexten und beim Vergleich der Fachsprachen mit anderen Subsprachen und zwischen den Fachsprachen selbst leichter arbeitet. Diese und andere Überlegungen haben uns folgende Arbeitsdefinition vorschlagen lassen: Das Wort ist eine in Blorpheme gegliederte relativ selbständige Graphemkette, die durch Lücken begrenzt — und in bestimmten Fällen geteilt — wird, als Träger einer einheitlichen grammatischen Bedeutung auftritt und als Lexem repräsentiert werden kann. Diese Definition stellt durch den Hinweis auf die Gliederung in Morpheme die Verbindung zwischen graphischem uncl grammatischem Wort her. Von einer absoluten Selbständigkeit der Graphemkette kann deshalb nicht die Rede sein, weil diese Selbständigkeit durch einen linguistischen Eingriff von außen, nämlich die Isolierung, die Herauslösung aus der linearen sprachlichen Äußerung bewirkt wird. Mit der Teilung der Graphemkette sind die analytischen Formen charakterisiert. Die semantische Seite wurde bewußt vernachlässigt, weil sie einer maschinellen Bearbeitung nur schwer zugänglich ist. Sie muß in der fachsprachlichen Forschung einen gesonderten Platz einnehmen, kann sich dann aber schon auf umfangreiche quantitative und formale Angaben stützen. Die Möglichkeit der Repräsentation des Wortes durch das Lexem schließlich entspringt statistisch-lexikologischen Bedürfnissen. 125

2.4.2.

Der Wortschatz der

Fachsprachen

Ehe wir das Wesen des Fachwortschatzes (Mattusch 1972) näher untersuchen können, müssen wir uns darüber einigen, welche lexikalischen Einheiten wir überhaupt dazu zählen. Man kann hier sehr extremen Auffassungen huldigen. Die eine bestünde darin, daß man den Kreis sehr eng zieht und nur die eigentliche Fachterminologie berücksichtigt; der anderen zufolge könnte m a n alle lexikalischen Einheiten, die in einer Fachsprache auftreten, als Fachwortschatz ansehen. Eine dritte Möglichkeit bestünde darin, innerhalb des Fachwortschatzes zu differenzieren und ihn auf Grund bestimmter Kriterien in mehrere Gruppen einzuteilen. Der letzte Weg wird häufig beschritten. So unterscheidet E. Benes Fachterminologie und nichtterminologischen fachlichen Wortschatz (Benes 1968). W. Schmidt f ü h r t die Differenzierung noch weiter. Er unterbreitet als Vorschlag die folgende Übersicht (Schmidt 1969, 20): Fachwortschatz Termini Halbtermini Fachjargonismen standardisierte nicht standardisierte Als Oberbegriff verwendet er „Fachausdruck" oder „Fachwort" und erkennt als „Termini" nur Fachwörter an, deren Inhalt durch eine Festsetzungsdefinition bestimmt ist. Die Termini machen jedoch nur einen Teil des Fachwortschatzes aus. Daneben stehen nicht definierte Fachwörter, die aber nach Schmidt das Denotat ausreichend genau bezeichnen — die Halbtermini (Professionalismen, Warenbezeichnungen, Fachwörter aus Politik, K u l t u r und Sport). Die dritte Schicht besteht aus den sogenannten Fachjargonismen, Bezeichnungen f ü r Gegenstände und Erscheinungen des Fachbereichs, die keinen Anspruch auf Genauigkeit erheben; z. T. handelt es sich dabei um Doppelungen, d. h. um Synonyme f ü r exakte Termini. Seine Gliederung verbindet Schmidt mit der Vermutung, „daß die wissenschaftliche Fachsprache durch einen besonders hohen Anteil an definierten Termini ausgezeichnet ist, während etwa die sogenannte Werkstattsprache viel mehr nicht definierte Fachwörter und auch Fachjargonismen aufweisen d ü r f t e " (Schmidt 1969, 20). I n unserer fachsprachlichen Forschung hat sich im Laufe der J a h r e eine Dreiteilung eingebürgert, die von den in einem Fachtext enthaltenen lexikalischen Einheiten ausgeht: allgemeiner Wortschatz — allgemein-wissenschaftlicher Wortschatz — spezieller Fachwortschatz (Schilling 1959; Hoffmann 1969, 73; Hoffmann/Piotrowski 1979, 174-185). Für den Fachwortschatz selbst bedeutet das natürlich nur eine Zweiteilung. Unter allgemeinem Wortschatz versteht man gewöhnlich den der schöngeistigen Literatur lind der Presse, z. T. auch den der Umgangssprache. Als allgemeinwissenschaftlichen Wortschatz bezeichnet man diejenigen 126

lexikalischen Einheiten, die in mehreren bzw. sehr vielen Fachsprachen auftreten; der Grenzfall, daß ein Wort in allen Fachsprachen vertreten ist, besitzt einen geringen Grad von Wahrscheinlichkeit. Den speziellen Fachwortschatz bilden die Lexeme, die nur in einer Fachsprache Verwendung finden; dazu gehört auch ein großer Teil der Terminologie. Diese Dreiteilung ist auf den ersten Blick einleuchtend und scheint für die Praxis, besonders die des Fremdsprachenunterrichts, große Vorteile zu besitzen, kann man sie doch der Schaffung lexikalischer Minima für verschiedene Ausbildungsstufen zu Grunde legen: Der allgemeine Wortschatz fällt vorwiegend der Schule zu; der allgemein-wissenschaftliche Wortschatz wird im Anfangsstadium, der spezielle Fachwortschatz in der Hauptetappe des Hoch- oder Fachschulstudiums vermittelt. Betrachtet man die Dinge jedoch näher, d. h. geht man daran, jedes einzelne Wort in eine der drei Gruppen einzuordnen, dann ergeben sich einige Schwierigkeiten : a) Sieht man einmal von einem ganz begrenzten Grundwortschatz ab, zu dem die Masse der Synsemantika und ein paar Autosemantika gehören, so ist es kaum möglich, genau zu bestimmen, welche Wörter wirklich zum allgemeinen Wortschatz gehören. Das ist, auf die lexikalische Ebene projiziert, das Problem, das uns schon bei der Definition der „Gemeinsprache" entgegengetreten ist. Wollten wir den allgemeinen Wortschatz exakt ermitteln, dann müßten wir feststellen, welche lexikalischen Einheiten in a l l e n Subsprachen auftreten. Nur sie hätten Anspruch auf diese .Bezeichnung. Selbst wenn es gelänge, diese Aufgabe technisch zu lösen, so brächte uns das Ergebnis doch wenig Nutzen; denn wir könnten mit diesem allgemeinen Wortschatz ohne einen beträchtlichen Zusatz an Wörtern mit hohem Informationsgehalt für einen bestimmten Kommunikationsbereich nichts anfangen, weil es keine allgemeinsprachliche Kommunikation gibt. Dann ist es schon besser, man ermittelt den wesentlichen Wortschatz der einzelnen Subsprachen, entscheidet, welche Subsprache(n) z. B. in der entsprechenden Ausbildungsstufe Hauptinhalt der sprachlichen Kommunikation sein sollte(n), und wählt daraus das lexikalische Minimum aus. b) Auch der allgemeinwissenschaftliche Wortschatz, selbst wenn m a n ihn aus allen Fachsprachen von Wissenschaft und Technik exakt ermitteln könnte, reicht nicht aus, um ein echtes Kommunikationsbedürfnis zu befriedigen. Er ist allerdings eine gute Orientierungshilfe beim Übergang aus anderen Subsprachen in die Fachsprachen und die Basis für die Verständigung zwischen Vertretern unterschiedlicher Fachdisziplinen. Gewiß kann man ihn auch zur Erörterung von Prinzipien- und Methodenfragen einsetzen, die zahlreiche Wissenschaften gleichermaßen bewegen. c) Am deutlichsten zeichnen sich noch die Grenzen des speziellen Fachwortschatzes der einzelnen Disziplinen ab. Hier gibt es eine große Menge von Benennungen, die nur in einem Gebiet auftreten. Allerdings machen die 127

tiefgreifenden Integrationsprozesse in Wissenschaft und Technik auch -diese Grenzen immer durchlässiger. Die Erfassung des speziellen Fachwortschatzes bzw. der Terminologie ist ein zentrales Anliegen der fachsprachlichen Lexikologie. Wir werden darauf noch ausführlich zu sprechen kommen. 'In begrenztem Umfang kann der spezielle Fachwortschatz sogar unabhängig von der übrigen Lexik für kommunikative Zwecke verwendet werden, und zwar in der Deskriptorensprache der Informatik. In der natürlichen Sprache, im Text, tritt er jedoch nur in Verbindung mit dem allgemein wissenschaftlichen und dem allgemeinen auf. I m Grunde genommen ist j e d e Einteilung des Wortschatzes in bestimmte Schichten oder Gruppen problematisch (Hornung 1978). Sie entspringt dem natürlichen Bedürfnis nach Systematisierung, gelangt aber selten an ihr endgültiges Ziel. Solange man sie theoretisch betreibt und nur mit Beispielen zu belegen hat, findet man Argumente für diese oder jene Lösung. E s ist auch möglich, mit Hilfe bestimmter Auswahlkriterien Materialsammlungen zusammenzustellen. Die durch die Klassifizierung bewirkte Trennung bleibt aber immer künstlich und unvollkommen. Das liegt nicht nur daran, daß die L e x i k sich in ständiger Bewegung befindet, .indem sie • Veraltetes ausstößt und Neues aufnimmt, Vorhandenes umfunktioniert, formal verändert und aus einer Subsprache in die andere transferiert, sondern vor allem daran, daß im echten Kommunikationsakt die ganze Klassifizierung keinerlei Berücksichtigung findet und die Wörter entsprechend den kommunikativen Inhalten eingesetzt werden. So wäre es wahrscheinlich das beste und im Sinne unserer Auffassung von den Subsprachen nur konsequent, wenn wir nicht sofort mit einer Aufteilung der Lexik begännen und auch nicht so viel von Fachwortschatz allgemein, sondern mehr über den Wortschatz der Subsprache X oder der Fachsprache Y sprächen. Das stünde auch im Einklang mit unserer These von der Fachsprache als der Gesamtheit der darin verwendeten sprachlichen Mittel und wäre der Praxis förderlicher, der es ja in erster Linie darum geht, einen Überblick über diese Mittel zu gewinnen und sie dann möglichst zweckmäßig und rationell einzusetzen. Wir haben deshalb in unsere fachsprachlichen Häufigkeitswörterbücher (Hoffmann 1970; 1970a; 1973; 1976; 1976a; 1978) die drei obengenannten Gruppen zunächst einmal undifferenziert aufgenommen, was uns — wie nicht anders zu erwarten — von Seiten einiger Sprachler den R a t eingebracht hat, wir hätten den allgemeinen Wortschatz besser draußen lassen sollen, wogegen einige Fachleute der Meinung waren, der spezielle Fachwortschatz und besonders die terminologischen Internationalismen wären entbehrlich gewesen. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht von Nutzen, noch einmal darauf hinzuweisen, daß solche Materialsammlungen nur Zwischenprodukte sind, auf denen weiterführende Untersuchungen aufbauen sollen. Der eine filtert daraus den allgemeinen, der andere den allgemeinwissenschaftlichen, der dritte den speziellen Wortschatz, der vierte die 128

Internationalismen, der fünfte die Substantive und der sechste Deskriptoren für den Thesaurus eines Informationssystems heraus, und jeder von ihnen findet wenigstens einen Teil dessen, was er sucht. Er fände ihn nicht, wenn wir von vornherein selektiv vorgingen, wenn wir nicht den W o r t s c h a t z d e r F a c h s p r a c h e n , sondern den Fachwortschatz erfaßten.

2.4.3.

Die Methoden zur Ermittlung des Fachwortschatzes

Dieser Standpunkt erfährt eine weitere Bekräftigung, wenn man die Methoden betrachtet, mit denen die Ermittlung des Fachwortschatzes betrieben wird. Wir deuten diese hier nur an und behandeln sie ausführlicher im Zusammenhang mit einem Überblick über die Methoden der fachsprachlichen Forschung überhaupt. Die meisten lexikologischen und lexikographischen Arbeiten dieser Art gehen rein empirisch-induktiv vor. Solange es darum geht, die Materialbasis zu schaffen, ist das vollauf gerechtfertigt, und auch erste Verallgemeinerungen sind auf diesem Wege möglich. Über spätere semantische Untersuchungen des Fachwortschatzes, bei denen man ruhig einmal versuchen soll, die Methoden der strukturellen Semantik zu erproben, sprechen wir hier nicht (Enke 1980, 87-159). Für ein empirisch-induktives Vorgehen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. a) Die rein empirische Sammlung dominiert bisher bei der Schaffung einund mehrsprachiger Fachwörterbücher. Sie besteht nach einer ersten Zusammenstellung in der ständigen Erweiterung und Vervollkommnung der Sammlung, die ihren Niederschlag in den Neuauflagen der Wörterbücher findet. Als Grundlage dafür dient vor allem die neueste Zeitschriftenliteratur. Für manchen Wörterbuchautor ist diese Sammeltätigkeit ein Lebenswerk, für manchen eine Nebenbeschäftigung; in modernen Einrichtungen arbeiten ganze Kollektive an der Schaffung von Fachwörterbüchern. Das ist eine außerordentlich verdienstvolle und wichtige, aber auch mühselige Tätigkeit; es ist allerdings abzusehen, daß sie in nicht allzu ferner Zukunft durch die Schaffung von Sprachdatenbänken wesentlich erleichtert wird. Beim gegenwärtigen Stand kommt man um die Feststellung nicht herum, daß die Kriterien für die Aufnahme einer lexikalischen Einheit in ein Fachwörterbuch und die Prinzipien für dessen Anlage noch recht unterschiedlich sind. Dabei gibt es für die Gestaltung von mehrsprachigen Fachwörterbüchern bereits Empfehlungen, die von einem Komitee der ISO (International Organization for Standardization) — ISO/TC 37 „Terminologie (Grundsätze und Koordination)" — auf der Grundlage früherer Arbeiten des ISA 37 (International Federation of National Standardizing Associations) mit Hilfe der UNESCO herausgegeben worden sind. Diese Empfehlungen stellen folgende Anforderungen: 1. Jeder Begriff soll definiert werden. 2. Jeder Begriff 9

Fachsprache

129

soll womöglich durch ein Bild veranschaulicht werden. 3. Die Fachwörterbücher sollen nach Begriffen und nicht nach dem Alphabet geordnet werden. 4. Jedem Begriff soll eine DK (Dezimal-Klassifikations)-iNTr. beigegebeil werden, damit der Stammbaum der Begriffe ersichtlich ist. 5. Jede Wortstelle soll verzettelbar sein (Format A 7 ; 8 Wortstellen zusammen ergeben das Format A 4 = 210mm mal 297mm) (Wüster 1955; ISO 1969). Sie werden, aber bisher nur selten eingehalten. Noch unklarer oder zumindest uneinheitlicher sind die Kriterien für die Aufnahme in ein Fachwörterbuch. Die Schwierigkeiten beginnen hier bei der Abgrenzung des Fachgebietes und der Entscheidung, welche Wortarten, berücksichtigt werden sollen, und enden beim Einzelwort. Es ist mehr oder weniger dem Gutdünken der Verfasser überlassen, was sie berücksichtigen und was nicht. Die Lösungen liegen zwischen zwei Extremen: der Beschränkung auf die ganz spezifische Lexik einerseits und der Einbeziehung aller möglicher allgemeinwissenschaftlicher, polytechnischer und sogar allgemeinsprachlicher Lexeme. Trotz der Unvollkommenheit dieser Methode wird man in absehbarer Zeit nicht auf solche Arbeiten verzichten können. Im Gegenteil: Die Anforderungen der Praxis haben einen gewaltigen Aufschwung der Wörterbuchproduktion mit sich gebracht. Wie so oft auch in anderer Hinsicht kann die Praxis nicht warten, bis zwischen den Theoretikern völlige Einigung erzielt worden ist, zumal ein solcher Zustand wahrscheinlich nie eintreten, wird. Sicher lassen sich auf dem soliden Fundament einer fleißigen und gewissenhaften Materialsammlung Übereinkünfte für eine einheitlichere Fassung späterer Ausgaben leichter erzielen. b) Auch die systematische Erfassung des Fachwortschatzes geht im wesentlichen den empirisch-induktiven Weg. Sie gibt die horizontale Einteilung und die vertikal-hierarchische Gliederung des Fachgebietes vor und füllt diesen Rahmen mehr oder weniger vollständig mit den notwendigen lexikalischen Einheiten. Ein Musterbeispiel für diese Art des Vorgehens ist das von G. Fischer entwickelte Verfahren der „thematischen Einengung ', das zu einem Minimum für die fachliche Ausbildung führen soll. Es geht von folgenden Hypothesen aus: Die Systematik des technischen Wissensgebietes muß die Grundlage für die Erfassung des Sprachmaterials sein; es ist möglich, einen systematisch erfaßten Grundwortschatz der Fachsprachen tauglich klein zu halten, um die Grundzusammenhänge des Wissensgebietes in einem Minimum von Texten darstellen zu können, die zur Lektüre und — falls gefordert — zur Herübersetzung der betreffenden Fachliteratur befähigen (Fischer 1964; 1972). Die thematische Einengung besteht in der vergleichenden Analyse systematisch ausgewählter Kurzdarstellungen der wesentlichen Zusammenhänge des Fachgebietes und liefert das „grundlegende Sprachmaterial" bzw. den „grundlegenden Wortschatz" für die fachsprachliche Ausbildung, in diesem. Fall auf dem Gebiet der Polygraphie. 130

Systematisch geht auch die Terminologienormung vor (vgl. 1.1.1.4.2.). Nur ist ihr Ausgangsmaterial nicht der Text und ihr Ziel nicht das Stoffmininram für den Fremdsprachenunterricht; sie erfaßt nicht nur Vorhandenes, sondern greift aktiv in den Prozeß der Neubildung ein. Dennoch gehört sie ihrem Wesen nach hierher; denn auch sie geht von der Gliederung des Fachgebietes aus. Das Fachgebiet wird für sie aber nicht durch Texte repräsentiert, sondern durch ein Gerüst von Begriffen oder ein Begriffssystem mit vielen Teilsystemen, in denen jeder Begriff seinen festen Platz hat. Die linguistische Seite der Terminologienormung besteht dann darin, für alle diese Begriffe die geeignetsten sprachlichen Zeichen zu finden, selbstverständlich unter Berücksichtigung der Gegebenheiten der natürlichen Sprache als historisch gewachsenen Gebildes, aber auch durch begrenzte künstliche Eingriffe. E. Wüster hat das einmal folgendermaßen formuliert: „Für den Terminologen ist die Sprache ein System von Benennungen (etwas Wahrnehmbares), durch welches ein System von Begriffen (etwas nur Gedachtes) symbolisiert wird" (Wüster 1955, 54). Eine gewisse Systematik liegt auch der Erfassung der Lexik nach Themenkreisen zu Grunde. Ihr fehlt jedoch die Strenge der beiden eben geschilderten Methoden. Bisher vorgelegte thematische Wörterverzeichnisse spiegeln in starkem Maße die subjektiven Ansichten ihrer Verfasser wider. Sie könnten an Aussagekraft gewinnen, wenn sie sich an den Methoden der Terminologienormung und der thematischen Einengung orientierten. Auch die statistische Ermittlung der sogenannten „mots disponibles", wie sie für das Französische mit Erfolg angewendet worden ist (Michea 1953; Gougenheim 1956), geht in diese Richtung. c) Kennzeichnend für die dritte Variante des empirisch-induktiven Herangehens an den Fachwortschatz ist die Anwendung statistischer Methoden (Hoffmann 1966; 1975a; Heckel 1971; Schneider 1971; Eder 1974; Krug 1975; Buchholz 1975; Alekseev 1975; Lehmann 1978; Spitzner 1980). Wie schon bei der thematischen Einengung so ist auch hier der sprachliche Text die Ausgangsbasis. Nur werden die für die Analyse bestimmten Texte nicht ausschließlich und nicht in erster Linie nach systematischen Gesichtspunkten ausgewählt, sondern mit Hilfe des Stichprobenverfahrens (Hoffmann 1975a). Das Stichprobenverfahren verfolgt die Absicht, durch die exakte Analyse einer begrenzten Anzahl von Texten aus einer Fachsprache Schlüsse auf die Fachsprache insgesamt zu ermöglichen, da es praktisch unmöglich ist, eine Subsprache in ihrer Totalität zu erfassen. Soll dieses Vorhaben gelingen,dann müssen die Stichproben repräsentativ für das .Ganze sein. Dazu ist erstens ein bestimmter Mindestumfang der Gesamtstichprobe erforderlich; zweitens muß das Textkorpus von seiner Thematik her den kommunikativen Inhalt der zu untersuchenden Disziplin insgesamt und proportional richtig wiedergeben, d. h., es muß das gesamte Fachgebiet erfaßt und in seinen Teilen pro9*

131

zentual richtig vertreten sein; drittens dürfen die Teilstichproben nicht zu groß und nicht zu klein sein; viertens ist eine möglichst günstige Verteilung der Teilstichproben über das ganze Textkorpus anzustreben. Sind alle diese Voraussetzungen gegeben, dann werden die Stichproben zu Miniaturbildern der Fachsprache. Das Ergebnis solcher Untersuchungen kann bei der Lexik kein vollständiges Fachwörterbuch sein. Das ist auch gar nicht beabsichtigt. Der Gewinn besteht vielmehr darin, daß nicht nur festgestellt wird, welche Lexeme in einer Fachsprache überhaupt auftreten, sondern darüber hinaus, welche Rolle sie darin spielen. Am Ende der statistischen Analyse steht ein Verzeichnis der häufigsten Lexeme der betreffenden Fachsprache, die darin nach dem Prinzip der abnehmenden Häufigkeit angeordnet sind. Enthält es tatsächlich die 1100 bis 1200 häufigsten lexikalischen Einheiten, dann machen diese durchschnittlich 80—90 % eines jeden Textes aus, bilden also eine Art Grundwortschatz der betreffenden Fachsprache mit außerordentlich hoher Effektivität. Der Nutzen einer solchen Häufigkeitsliste für die fachsprachliche Ausbildung (Hoffmann 1969; Hoffmann/Piotrowski 1979, 174—185), für die Informatik und für andere Anwendungsgebiete liegt auf der Hand. Uns interessieren hier mehr die Möglichkeiten, die sich daraus für die Beschreibung der Lexik einer Fachsprache und für den Vergleich zwischen mehreren Sub- bzw. Fachsprachen ergeben. Bei statistischen Untersuchungen dieser Art muß man nicht in jedem Fall die genauen Häufigkeiten ermitteln. Manchmal genügt eine gröbere Rangverteilung. Und dann gibt es noch einen ganz anderen Weg, nämlich die Ermittlung der Zahl der Quellen, d. h. der Teilsticliproben oder der Gesamtstichproben, in denen ein Lexem auftritt, des sogenannten „ränge". Der „ränge" ist ein Maß für die Verbreitung des Lexems innerhalb einer Fachsprache oder über mehrere Fachsprachen, das z. B. bei der Zusammenstellung des allgemeinwissenschaftlichen Wortschatzes angewendet wird. Bei unseren Häufigkeitsuntersuchungen wurde er als sekundäres Kriterium, gewissermaßen als Kontrollwert verwendet, um zufällige thematische Konzentrationen auszuschalten.

2.4.4.

Die allgemeinen

Merkmale

des Wortschatzes

der

Fachsprachen

Bevor wir uns konkreten Vergleichen zuwenden, wollen wir noch einige allgemeine Merkmale und Parameter betrachten, die die Lexik der Fachsprächen von der Lexik anderer Subsprachen unterscheiden.

132

Tab. 26 Russisch Wortlänge in Buchstaben

Künstl. Prosa

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 und mehr

0,114 0,104 0,113 0,095 0,114 0,111 0,106 0,081 0,060 0,036 0,022 0,017 0,012 0,006 0,002 0,001 0,002 0,001 0,001 0,001 0,001

Publizistik

-

0,009 0,054 0,049 0,096 0,116 0,110 0,123 0,117 0,079 0,071 0,061 0,033 0,040 0,016 0,014 0,007 0,001 0,002 0,001 0,001

Allgem. wiss.-techn. Texte

Radioelektronik

Philosophie

0,083 0,064 0,063 0,063 0,099 0,088 0,122 0,098 0,083 0,077 0,047 0,043 0,028 0,015 0,008 0,006 0,005 0,004 0,003 0,001 0,001

0,104 0,059 0,073 0,059 0,095 0,081 0,105 0,098 0,087 0,073 0,058 0,040 0,028 0,018 0,009 0,004 0,006 0,002 0,001 0,001 0,001

0,113 0,038 0,066 0,075 0,085 0,085 0,095 0,097 0,089 0,067 0,055 0,052 0,027 0,017 0,010 0,017 0,010 0,005 0,007 -

Englisch Wortlänge

Radioelektronik

Künstl. Prosa

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 und mehr

0,046 0,190 0,186 0,114 0,092 0,062 0,093 0,056 0,067 0,036 0,022 0,013 0,012 0,005 0,002 0,002

0,04 0,18 0,23 0,19 0,10 0,08 0,06 0,02 0,05 0,02 0,01 0,01 — — — -

133

Französisch Wortlänge

Radioelektronik

Wortlänge

Radioelektronik

1 2 3 4 5 6 7 8 9

0,080 0,238 0,117 0,100 0,065 0,063 0,083 0,074 0,059

10 11 12 13 14 15 16 17

0,043 0,025 0,022 0,011 0,008 0,008 0,001

Wortlänge

Publizistik

Radioelektronik

1 2 3 4 5 ' 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 und mehr

0,060 0,294 0,092 0,102 0,080 0,063 0,062 0,049 0,047 0,044 0,031 0,019 0,013 0,016 0,009 0,007 0,004 0,002 0,004 0,001 0,001 0,002 0,001

-

Deutsch

134

0,059 0,279 0,099 0,083 0,076 0,060 0,057 0,059' 0,050 0,040 0,033 -0,028 0,020 0,012 0,013 0,007 0,007 0,003 0,007 0,003 0,001 0,002 0,002

2.4.4.1.

Die Wortlänge

Beginnen wir mit einem rein quantitativen Merkmal: der Wortlänge (Andreev 1967, 240ff.). Die durchschnittliche Wortlänge in den vier Sprachen und in den erfaßten Subspracben beträgt: Tab. 27 Ivünstl. Prosa

Russisch Englisch Französisch Deutsch

5,0 4.5 — —

Publizistik

Allgem. wiss.-techn. Texte

Radioelektronik

Philosophie

4,7

6,9

6,7 5,1 5,1 6,6

6,98

6,2

Aus der letzten Übersicht lassen sich zwei einfache Tatsachen ablesen: a) Die mittlere Wortlänge ist in den untersuchten Fachsprachen größer als in den Subsprachen der künstlerischen Prosa und der Publizistik; b) die Unterschiede sind im Russischen wesentlich auffälliger als im Englischen und Deutschen. (Für das Französische liegen leider keine Vergleichswerte vor.) Wie einige Stichproben aus anderen Fachsprachen zeigen, kann man diese Feststellungen getrost verallgemeinern. Sie werden auch durch die Untersuchung der Wortlänge nach der Silbenzahl, wie sie N. S. Trubeckoj durchgeführt hat, bestätigt (vgl. 2.2.3.). Die mittlere Wortlänge ist aber nur ein sehr allgemeines Maß. Es lohnt sich, die vorangehenden Tabellen einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Dabei stellt sich folgendes heraus: Für die künstlerische Prosa des Russischen gilt tatsächlich im wesentlichen die Funktion, die G. K. Zipf einmal für das Verhältnis zwischen Wortlänge und Worthäufigkeit aufgestellt hat, um sein Prinzip des geringsten Kraftaufwandes (principle of least effort), das wir heute als „Sprachökonomie" bezeichnen würden, zu begründen: Die Häufigkeit nimmt mit zunehmender Wortlänge ab (Zipf 1946; 1949). In der Fachsprache der Radioelektronik des Englischen und Französischen gilt das von den Zwei-Buchstaben-'Wörtern an, da beide Sprachen nur sehr wenige Wörter mit einem Buchstaben kennen. In der künstlerischen Prosa des Englischen sind Wörter mit drei Buchstaben am häufigsten. Das erklärt sich z. T. aus der fehlenden Flexion. Auch im Deutschen liegt der Gipfel der Kurve bei den Drei-Buchstaben-Wörtern, und zwar sowohl in der Publizistik als auch in der Fachsprache der Radioelektronik. Die russische Sprache der Publizistik widersetzt sich ganz entschieden diesem „Gesetz" der umgekehrten Proportionalität von Länge und Häufigkeit. 135

Sie erreicht ihren Gipfel erst bei den Wörtern mit acht Buchstaben; ihre häufigsten Wörter (Wortformen) haben sechs, sieben, acht und neun Grapheme. Ausgesprochen unregelmäßig sind die Häufigkeiten in den untersuchten Fachsprachen des Russischen, besonders in der Radioelektronik, bei den Einsbis-sieben-Buchstaben-Wörtern verteilt. Erst die Wörter mit acht und mehr Buchstaben weisen einen stetigen Rückgang der Häufigkeiten auf. Betrachtet man schließlich die Zone der langen Wörter (etwa von acht Buchstaben im Russischen und von sieben im Englischen), dann stellt man fest, daß im Russischen und Englischen alle fachsprachlichen Positionen stärker besetzt sind als in der künstlerischen Prosa. Lediglich die russischsprachige Publizistik steht den Fachsprachen in der Wortlänge um nichts nach, und auch im Deutschen sind kaum Unterschiede zwischen der Sprache der Publizistik und der Fachsprache der Radioelektronik zu beobachten.

2.4.4.2.

Die Häufigkeit

der

Wortarten

Allgemeineren Charakter trägt auch ncfch die Häufigkeit der Wortarten in den einzelnen Subsprachen. Sie ist übrigens ein eindeutiges Kriterium für die Spezifik der Fachsprachen. Das zeigt uns der folgende Überblick über den Anteil der einzelnen Wortarten an russischsprachigen Texten (s. S. 137). Die großen Unterschiede in den Angaben von Stejnfel'dt und Josselson erschweren uns den Vergleich zwischen den Fachsprachen und den anderen Subsprachen sehr. Wir nehmen deshalb lieber die Zahlen Markovs als Kennziffern der Subsprache der künstlerischen Prosa, zumal sie nahe bei denen von Stejnfel'dt liegen. Schon aus der Verteilung der Wortarten in den wenigen hier aufgeführten Fachsprachen lassen sich einige grundsätzliche Schlußfolgerungen ziehen, die etwa so lauten könnten: Die Fachsprachen zeichnen sich gegenüber anderen Subsprachen, insbesondere der künstlerischen Prosa, durch einen sehr hohen Anteil an Substantiven aus (bis zu 44 % gegenüber 28 %). Die Ursachen dafür liegen in der Fülle der Erscheinungen der objektiven Realität und ihrer Abbilder im Bewußtsein, mit denen sich der Mensch auseinanderzusetzen hat und über die er sich mitteilen muß. Sie liegen aber auch in deren Komplexität, die selten mit einem Wort zu erfassen ist; sie liegen in der ständigen Vervollkommnung des Erkenntnisprozesses, der zur präzisen sprachlichen Äußerung drängt. Diese Präzision wird, wie schon an anderer Stelle erwähnt, durch Attribuierung erreicht, und ein Teil der Attribute besteht, wie wir wissen, aus Substantiven, im Russischen aus Substantiven im Genitiv oder mit einer Präposition (aHKep T p e H H H , CTepjKeHB pemeTKii, CBO^ ycmieHHH, MoayjiB n o ß e p x HOCTH K 0 H C T P Y K U ; H H , n p o r o H c mapHHpaMii, ÖOJIT c VIHKOM, njiHTa AJIH nepeKp&iTHH, CKo6a fljiH npiiKpenjieHiiH, no^roTOBKa 113 p a c T B o p a , K p n i u a B BHFLE

136

CBOjna-o6ojioHKnusw.) (Starke 1970, 166ff.). I m Englischen, Französischen und Deutschen liegt der Prozentsatz der Substantive in Fachtexten aus den gleichen Gründen außerordentlich hoch. Eine Folge des Strebens nach Präzision und Sachlichkeit ist auch die verstärkte Verwendung von Verbalsubstantiven an Stelle von Verben, die ganz wesentlich zur Erhöhung des Anteils der Substantive beiträgt (nojiyneHHe, 0Öpa30BaHHe, npHMeHeHwe; finding, groiving, filtering ; observation, absorption, réaction; das Beschicken, die Verteilung, das Einstechschleifen). A n zweiter Stelle stehen die Adjektive (bis zu 16,22 % gegenüber 9,6 % ) . Von ihrer Rolle als Attribut ist schon im Zusammenhang mit der großen Häufigkeit der Langform die Rede gewesen (onopHBlfi ßpyCOK, 3ByK0H30JIHi;HOHHLUI MaTepwaji, $yH^aMeHTHtift 6JIOK ; eflUHaH MOflyjibHan CHCTeMa, BHCHHan cTepjKHeBan CHCTejia, öpycnaTaa flßepHaa KopoÖKa, rjiyxan CTponHJibHan Hora; rB03flb c ixihpOKOH rOJIOBKOÜ, KIipnHH c BeHTMJIHi;HOHHMMH KaHajiaMi'i, CTeHa 113 cyxoii KJiaflKii usw.) (Starke 1970,166ff.). In englischen und französischen Fachtexten nimmt das Adjektiv ebenfalls eine wichtige Stellung als Attribut ein (englisch polarografhic wave, ne-

d

, a s P -P

i »cS 2 o is 3

c .2 ts s f-i o

N

«

rt

O h 95 O T, (fmpeHreiÎT. acfxjieKT (Dapale«, Kiopn ; Faraday e.ffect, ampère, watt, Pullmann; ampère, volt, voltampère, curie, guillotine; Faraday-Effekt, Hodgkinsche Krankheit, Ohm, Gauß, Ampere, Watt usw.). Diese Bildungen sind allerdings bei den Vertretern der Terminologienormung nicht sehr beliebt, weil sie oft keinerlei Assoziation zum Denotat auslösen. e) Die definitorische Erweiterung oder Einengung. Sie ist die Hauptmethode, vorhandene Lexeme der eigenen Sprache in den Fachwortschatz zu überführen. Durch die Definition wird das Wort in der jeweiligen Fachsprache einem bestimmten Begriff mit festem Inhalt und Umfang zugeordnet ; es handelt sich also um eine semantische oder, wie man in der traditionellen Logik sagt, um eine Begriffsdefinition, noch genauer: um eine Feststellungs155

definition, die die Bedeutung des Fachwortes innerhalb eines Kommunikationsbereiches festlegt. Es besteht jedoch ein enger dialektischer Zusammenhang zwischen dieser Nominaldefinition und der Realdefinition, die das eigentliche Anliegen des Fachmannes ist; denn erst wenn das Wort definiert ist, kann mit seiner Hilfe die Sache definiert werden, und umgekehrt: durch die Real- oder Sachdefinition wird die Bedeutung des Wortes erst vollends klar. Wenn wir uns das Beispiel ansehen, das G. Klaus und M. Buhr (Klaus/Buhr 1964, 98) für die klassische Realdefinition anführen: Ein Parallelogramm (Definiendum)

ist

ein Viereck mit zwei Paar parallelen Gegenseiten (Gattungs(artbildender Unterschied, begriff ; differentia specifica) gemís proximum) (Definiens),

dann ist nicht ohne weiteres zu erkennen, ob hier das Parallelogramm als Sache, der Begriff des Parallelogramms oder das Wort „Parallelogramm" definiert wird. Die Nominaldefinition könnte auch nur lauten: Unter einem Parallelogramm verstehen wir in der Planimetrie ein Viereck mit zwei Paar parallelen Gegenseiten. Oder: Das Wort „Parallelogramm'' bezeichnet in der Planimetrie ein Viereck mit zwei Paar parallelen Gegenseiten. Oder: „Parallelogramm" heißt in der Planimetrie ein Viereck mit zwei Paar parallelen Gegenseiten. Ein Unterschied zwischen beiden Definitionen ist also vorhanden; er liegt im Prädikat, das einmal sagt, was ist, das andere Mal, wie etwas genannt wird. Aber gleichzeitig wird gerade an dieser Art Definition der enge Zusammenhang zwischen Sprache und Denken sichtbar. Vielleicht sollte man, um den Unterschied zwischen Realdefinition und Nominaldefinition spürbarer zu machen, einen kleinen syntaktischen Trick anwenden und den Gattungsbegriff mit dem artbildenden Unterschied an den Anfang des Satzes stellen und das Definiendum in Anführungszeichen setzen: Ein Viereck mit zwei Paar parallelen Gegenseiten heißt in der Planimetrie „Parallelogramm". Das bedeutete auch eine Annäherung an die einfache Festlegung von Benennungen für Gegenstände cler materiellen Welt, z. B . : Diesen Keil nennt man 1 im Maschinenbau „Nutenkeil". Ein und dasselbe Lexem kann in mehrere Fachsprachen aufgenommen und in j eder anders definiert werden. So ist die „Entropie" in der Thermodynamik etwas anderes als in der Informationstheorie, eine „Brücke" im Bauwesen etwas anderes als in der Stomatologie, der „Strom" in der Physik oder Elektrotechnik etwas anderes als in der Geographie, der „Anker" in einem Elektromotor etwas anderes als in einer Uhr oder an einem Schiff, das „Feld" in der Physik und Mathematik etwas anderes als in der Landwirtschaft. Durch Nominal- bzw. Feststellungsdefinitionen sind den Fachsprachen gewaltige Reserven erschlossen worden. Viele Grundbegriffe haben auf diese 156

W e i s e ihren sprachlichen Ausdruck erhalten, z. B . in der P h y s i k : R a u m (np0CTpaHCTB0, space, espace), Zeit (ßpeMfi, time, temps), Bewegung (ABM»;eHHe, •movement, mouvement), Masse (¡uacca, mass, masse), K r a f t (cinia, force, force), Geschwindigkeit (cKopocTB, velocity, vélocité), F e l d (nojie, field, champ) usw. D e r neue Begriff, der durch die Definition gewonnen wird, ist „nicht einfach durch eine besondere K o m b i n a t i o n der alten Begriffe zustande g e b r a c h t " worden; er „kann aus den alten auch nicht einfach durch logisches Schließen abgeleitet werden. E r l ä ß t sich weiterhin nicht mit Hilfe der aussagenlogis c h e n K o n s t a n t e n aus alten Begriffen k o n j u n k t i v oder alternativ usw. aufbauen. D e r neue Begriff ist a b e r auch keinesfalls etwa nur eine K o n v e n t i o n . H i e r liegt vielmehr ein Spezialfall des Übergangs von relativen W a h r h e i t e n niederer Ordnung zu relativen Wahrheiten höherer Ordnung vor. Die Art und Weise der Gewinnung des neuen Begriffs aus dem alten enthält» zwar eine s u b j e k t i v e K o m p o n e n t e , ist aber primär durch den Entwicklungsgang der Wissenschaft, der Produktion usw. selbst bedingt oder zumindest entscheidend beeinflußt" (Klaus 1963, 17). f) D i e verschiedenen Methoden der Wortbildung. Sie sind eine schier unerschöpfliche Quelle zur Auffüllung des Fachwortschatzes. D i e Möglichkeiten der Derivation und der Komposition haben wir schon im Abschnitt über die Morphologie behandelt. Auf die Verwendung-ganzer Wortgruppen werden wir im Zusammenhang mit der Terminologie eingehen, wenn von den sogen a n n t e n Mehrworttermini die R e d e sein wird. F ü r die E l e k t r o t e c h n i k findet sich bei E . W ü s t e r ein ausgezeichneter Überblick über die Verwendung von Wortgruppen, Wortzusammensetzungen und Wortableitungen (Wüster 1970, 13—70), den man getrost auf andere Fachsprachen übertragen k a n n . Die F a c h sprachen schöpfen im Grunde genommen alle Möglichkeiten aus, die ihnen zur Bildung von Benennungen zur Verfügung stehen, bis hin zur Bildung künstlicher Wörter, und entwickeln darüber hinaus eigenartige neue Modelle. Zu beachten ist dabei zweierlei: a) daß die Terminologienormung versucht, die Wortbildung nicht wild wuchern zu lassen, sondern sie in ein gewisses S y s t e m zu bringen, in dem eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Begriffsbildung und Wortbildung erzielt wird, und b) daß auch die W o r t gruppen, Wortzusammensetzungen und Wortableitungen in i m m e r stärkerem Maße durch Definitionen präzisiert werden. E i n e Besonderheit der Wortbildung in den F a c h s p r a c h e n ist die Schaffung künstlicher Wörter, z. T . durch Verwendung neu geschaffener oder mit neuer B e d e u t u n g versehener Affixe, z. T . in Gestalt von Abbreviaturen (Plast, F i t , A t a ; Plastilin, Phenol, Induktanz, Chlorat, Chlorid; Algol, F o r t r a n s , S m a r t , R a d a r , L o r a n usw.). g) D i e schöpferische Definition. G. K l a u s führt sie als weitere wichtige Möglichkeit an. W i r zitieren: „Dabei werden ideelle O b j e k t e geschaffen, deren B e s t i m m u n g von den praktisch auftretenden, in der Wirklichkeit existierenden O b j e k t e n abweicht. W e n n wir in der P h y s i k Massenpunkte der Aus157

dehnung Null, elektrische Probekörper, die das elektrische Feld nicht beeinflussen, unendlich große Plugzeugtragflächen, inkompressible Flüssigkeiten usw. einführen, dann schaffen wir Idealobjekte. Solche Objekte gibt es in der wirklichen Welt nicht. Die Begriffe, die diese Objekte beschreiben, sind also nicht direkte und unmittelbare Abbilder der Wirklichkeit. Dennoch treffen sie das Wesen der Wirklichkeit, und ihre Bildung ist gerade eines der wesentlichsten Mitte], iim ausgehend von der natürlichen Sprache eine wissenschaftlich gediegene Fachsprache zu schaffen" (Klaus 1963, 19). Die natürlichen Sprachen verfügen über die Mittel, auch diese „Idealobjekte" in eine materielle Hülle zu kleiden und sie dadurch kommunizierbar zu machen (Massenpunkt der Ausdehnung Null, *TO t iKa Jiaccti c H y JI EN BIM i i 3 M e peHHeii, *mass point of zéro expansion, *point de masse d'étendue zéro). Die acht bis neun Möglichkeiten zur Erweiterung des Wortschatzes der Fachsprachen, die wir gerade aufgezählt und erläutert haben, gelten ebenso für die Bildung des Fachwortschatzes im engsten Sinne — der Terminologie, der wir uns jetzt zuwenden (Lotte 1971, 4; Danilenko 1972, 6f.).

2.4.7.

Die Terminologie und der

Terminus

Die Terminologie gehört, wenn wir von der bekannten Dreiteilung in allgemeinen, allgemeinwissenschaftlichen und speziellen Wortschatz ausgehen, zur dritten Kategorie. Sie ist der ganz spezielle Wortschatz jeder Fachsprache. Aber mit dieser Feststellung ist sie nur grob eingeordnet und noch nicht charakterisiert, geschweige denn definiert.

2.4.7.1.

Die Definition von Terminologie und

Terminus

Eine der allgemeineren Definitionen, der wir uns zunächst einmal anschließen können, lautet: „Die Gesamtheit der Termini eines bestimmten Produktionszweiges, Tätigkeitsbereiches oder Wissensgebietes, die einen besonderen Sektor (eine besondere Schicht) der Lexik bilden, der sich am ehesten bewußt regulieren und ordnen läßt", heißt „Terminologie" (Achmanova 1966, 474). Hier ist im Grunde genommen dreierlei gesagt: a) daß die Terminologie ein Teil des Wortschatzes bestimmter Bereiche produktiver menschlicher Tätigkeit ist, b) daß sie innerhalb der Lexik einer Sprache einen besonderen Platz einnimmt bzw. eine besondere Schicht bildet und c) daß sie dem lenkenden und ordnenden Eingriff des Menschen gefügiger ist als der übrige Wortschatz; man kann hinzufügen: daß sie ihre Existenz z. T. einem bewußten sprachschöpferischen oder sprachgestaltenden Prozeß zu verdanken hat. Unter den Beispielen, die genannt werden, befinden sich: die internationale Terminologie, die wissenschaftliche Terminologie, die wissenschaftlich-tech158

nische Terminologie der Produktionstechnik, die berufliche Terminologie, aber auch die politische und die publizistische Terminologie. Wir setzen an die Stelle dieser Beispiele mit z. T. unscharfen Grenzen: die Terminologie der Fachsprache^ der Fachsprache 2 , der Fachsprache-) . . . der Fachsprache^^, der Fachsprache^. J . Marouzeau sieht in der Terminologie „ein System von Termini, die dazu verwendet werden, Begriffe auszudrücken, die einer bestimmten Wissenschaft angehören" (Marouzeau 1951, 226). A. A. Reformatskij, der die Terminologie im Zusammenhang mit einigen grundsätzlichen Erörterungen über den Systemcharakter betrachtet, wobei er die Existenz- eines lexikalischen Systems bejaht und in Anlehnung an F. de Saussure die Untersuchung der Relationen zwischen den Elementen dieses Systems als Hauptanliegen der Linguistik ansieht, gelangt zu der folgenden Definition: „Die Terminologie ist ein klar umrissenes Subsystem innerhalb des lexikalischen Gesamtsystems einer Sprache und dazu ein sehr gxit überschaubares und auszählbares Subsystem, weil die Terminologie als Subsystem ihrerseits wieder nach theoretischen Merkmalen in Subsysteme zerfällt" (Reformatskij 1968, 121 f.). Ob System oder nicht — die Lexik bleibt auf jeden Fall im Vergleich zum phonologischen und morphologischen System eine schon vom Umfang her in ihren Relationen schwer zu fassende Masse sprachlicher Zeichen — uns genügt gegebenenfalls auch die Definition der Terminologie als S u b m e n g e der Lexik, die weitere Submengen in den einzelnen Fachsprachen hat. Und doch hat die Terminologie Systemcharakter, allerdings nicht nur und nicht in erster Linie im Sinne des sprachlichen Systems. Der Terminus steht nun einmal für einen Begriff oder für eine Erscheinung der objektiven Realität und hat somit „Bedeutung" als Relation zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem. Zwischen den Begriffen und den Erscheinungen der materiellen Welt besteht ein universeller Zusammenhang; sie bilden also selbst ein System mit vielen Subsystemen (Kosing 1967, 207ff.). Aus dem universellen Zusammenhang lassen sich spezielle, wesentliche Zusammenhänge herauslösen. Das ist das Anliegen der wissenschaftlichen und technischen Einzeldisziplinen. Diese speziellen Relationen spiegeln sich in den Begriffssystemen und in der Terminologie der Fachsprachen wider. Das ist es wohl auch, was A. V. Isacenko meint, wenn er sagt: „. . . in der modernen Wissenschaft kann die Mehrzahl der theoretischen Termini nicht einfach mit den Mitteln der Umgangssprache erklärt oder interpretiert werden . . . Alle diese Termini sind Elemente einer bestimmten Theorie. Um einen solchen Terminus ,zu verstehen', muß man die ganze Theorie verstehen und den Platz kennen, den der betreffende Terminus in dieser Theorie einnimmt. Die ,Bedeutung' des Terminus in der modernen Wissenschaft ist sein Platz in der Theorie" (Isacenko 1962, 24). Ob durch die Zusammenhänge zwischen den Begriffen die „natürlichen" lexikalischen Zusammenhänge „entstellt" werden, wie A. A. Reformatskij das 159

empfindet (Reformatskij 1968, 122), ist für die fachsprachliche Forschung irrelevant, selbst wenn sie sich dadurch den Vorwurf einhandelt, daß sie über den eigentlichen Gegenstand der Linguistik hinausgeht; das t u t sie auch bei anderer Gelegenheit ständig, weil sie weniger die inneren Gesetzmäßigkeiten des sprachlichen Systems, sondern in erster Linie die Wirksamkeit der sprachlichen Kommunikation in der Auseinandersetzung des Menschen mit der materiellen Welt und ihre Widerspiegelung in seinem Bewußtsein interessiert. Will man die Terminologie auch als innersprachliches System oder Subsystem behandeln, dann kommt es zu einem Widerspruch, den A. A. Reformatskij selbst erkennt, wenn er meint, die Terminologie sei „Diener zweier Herren": des Systems der Lexik und des Systems der wissenschaftlichen Begriffe (Reformatskij 1968, 122). Nur zeigt gerade die Terminologie, daß sie sehr gut mit dieser Rolle fertig wird, auch wenn es zuweilen schwierig ist, der begrifflichen Systematik durch eine entsprechende Systematik im Aufbau der Terminologie gerecht zu werden. Wir begnügen uns mit diesen wenigen Bemerkungen über die Terminologie im allgemeinen; eine vollständigere Übersicht über die zahlreich vorhandenen unterschiedlichen Definitionen wäre nur dazu angetan, Verwirrung zu stiften. Auch bei der Definition des Terminus wollen wir uns nicht länger aufhalten, zumal die meisten Einzeluntersuchungen darauf schon gar nicht mehr eingehen. Einige Beispiele mögen genügen: Der Terminus ist „ein Wort oder eine Wortverbindung einer speziellen (wissenschaftlichen, technischen u. ä.) Sprache, die geschaffen (übernommen, entlehnt u. ä.) wurden, um spezielle Begriffe exakt auszudrücken und spezielle Gegenstände zu benennen" (Achmanova 1966, 474). „Der Terminus ist ein Wort oder eine Wortverbindung, die als Benennung für einen wissenschaftlichen, technischen, landwirtschaftlichen oder ähnlichen Begriff dient" (Kalinin 1966, 137). „Terminus nennt man ein Wort als Benennung für irgendeine Sache, einen Gegenstand oder einen abstrakten Begriff in einem speziellen Wissenszweig" (Galkina-Fedoruk/Gorskova/Sanskij 1962, 79f.). „Der technische Terminus ist ein Wort oder eine Wortverbindung, die einen technischen Begriff benennt" (Terpigorev 1953, 72). „Der Terminus ist ein Wort oder eine Wortverbindung einer speziellen Gebrauchssphäre; er dient zur Benennung eines Begriffs der Wissenschaft oder der Produktion bzw. Technologie und hat eine Definition" (Danilenko 1971, 11). All diese Definitionen lassen eine gewisse Verlegenheit spüren — die Verlegenheit dessen, der über etwas sprechen muß, wofür es „in der Sprachwissenschaft noch keine allgemein anerkannte, allseitige und erschöpfende Definition gibt" (Levkovskaja 1962, 198). Wir stehen also vor der kuriosen Tatsache, daß ungezählte Termini bzw. die durch sie vertretenen Begriffe bereits wohldefiniert sind, der Begriff des Terminus selbst aber nicht. 160

Wesentlich besser steht es um die Beschreibung der Merkmale des Terminus oder genauer: der Forderungen, die an seine Qualität gestellt werden. A. A. Reformatskij hatte die wesentlichen schon in einer früheren Publikation zusammengefaßt (Reformatskij 1961, 46—54): die verstärkte Benennungsfunktion; die Zugehörigkeit zu einem terminologischen System bzw. „ F e l d " , die ihm Exaktheit und Eindeutigkeit verleiht und ohne die ein Wort seinen terminologischen Charakter einbüßt; die Kontextunabhängigkeit, die durch die Verbindung zum terminologischen Feld gewährleistet wird; das rationale Wesen; das Fehlen von Modalität und Expressiyität; die Systemgebundenheit. T. L . Kandelaki zieht die Quintessenz aller bisherigen Definitions- und Beschreibungsversuche des Terminus in den folgenden Sätzen: „Bei der' Definition des Begriffs Terminus werden in der russischen wissenschaftlichen Literatur als Gattungsbegriff (genus proximum, L . H.) genannt: ,das Wort', ,das Wort und die Wortverbindung', ,das Wort und die lexikalisierte Wortverbindung' und ,das Substantiv und die substantivische lexikalisierte Wortverbindung'. Als artbildende Unterschiede (differentiae specificae, L . H.) werden erwähnt: 1. die Begrenztheit und Spezifik der Verbreitungssphäre des Terminus; 2. die besondere Funktion des Terminus: die benennende' (nominative Funktion, die Funktion des ,Ausdrückens', die ,definitorische', .professionelle', gnoseologische', .erklärende' Funktion, und 3. die semantischen Besonderheiten der Termini: a) .Gegenstand eines bestimmten Wissensgebietes' ; b) .Begriff' — in letzterem Fall ist die Bedeutung des Terminus .exakt' (mit exakten semasiologischen Grenzen), .eindeutig', .spezifisch begrenzt', intellektuell rein', ,eine Definition', ,systemgebunden' (in diesem Fall weist der Terminus ,auf den Platz des von ihm ausgedrückten Begriffs in der logischen Klassifikation' hin, .spiegelt er die objektiven Zusammenhänge wider, die zwischen den benannten Gegenständen und Begriffen bestehen')" (Kandelaki 1970, 3f.). Man könnte versuchen, aus dieser Sammlung von Merkmalen auf dem Wege einer Synthese, die die Widersprüche eliminiert, eine umfassendere Definition aufzustellen, als wir sie im einzelnen vorgefunden haben. D a s wäre allerdings die Aufgabe einer Spezialabhandlung (Schulze 1978). In den wissenschaftlichen und technischen Terminologien werden vor allem Begriffe der folgenden Kategorien erfaßt: „1.'Gegenstände der Technik (Hierher gehören: Materialien, Instrumente, Mechanismen und Maschinen, Halbfabrikate, Einzelteile und ganze Anlagen u. a.); 2. Prozesse (Vorgänge, Erscheinungen); 3. Eigenschaften, Qualitäten, Zustände; 4. quantitative Parameter (physikalische und geometrische Größen, Rechenbegriffe aller Art u. a.); 5. Methoden (der Leitung und Realisierung technologischer Prozesse usw.)" (Lotte 1971, 14). Diese allgemeine Kategorisierung muß in jeder Fachsprache um die entspre11 Fachsprache

161

chenden Subkategorien erweitert werden, um eine möglichst vollständigeErfassung der Begriffe und der Relationen zwischen ihnen zu gewährleisten. Beispiele dafür finden sich in den Normblättern.

2.4.7.2.

Das Verhältnis von Terminologie und

Nomenklatur

Ehe wir uns ein paar Besonderheiten der Terminologie näher ansehen, müssenwir noch kurz auf das Verhältnis von Terminologie und Nomenklatur eingehen. E s ist in mancher Beziehung ungeklärt; das k a n n nicht anders sein,, solange der Begriff des Terminus nicht eindeutig definiert ist. Beginnen wir auch hier mit einem Definitionsversuch : „Die Gesamtheit der speziellen terminologischen Benennungen, die in einem bestimmten Wissenschaftsgebiet verwendet werden; die Benennungen f ü r die typischen Objekte der betreffenden Wissenschaft (im Unterschied zur Terminologie, der die Benennungen abstrakter Begriffe und Kategorien angehören)", heißt „Nomenklatur" (Achmanova 1966, 270). Das hieße also: Die Benennungen f ü r abstrakte Begriffe und Kategorien bilden die Terminologie, die Benennungen f ü r (materielle) Objekte die Nomenklatur. Diese Einteilung ist schwer aufrecht zu erhalten, vor allem in den technischen Wissenschaften, und überhaupt, weil die Wi ssenschaft j a meistens nicht mit konkreten Objekten, sondern mit ihren Abbildern arbeitet. In der gleichen Richtung wie das eben angeführte Zitat liegt die Äußerung A. A. Reformatskijs: „Die Terminologie steht vor allem im Zusammenhang mit dem Begriffssystem der betreffenden Wissenschaft, die Nomenklatur etikettiert nur ihre Objekte" (Reformatskij 1961, 47). Der bekannte sowjetische Terminologe D. S. Lotte und seine Anhänger sehen auch in der Nomenklatur Benennungen von Begriffen. Für sie ergibt sich die Grenze zwischen Nomenklatur und Terminologie aus der Unterscheidung von allgemeinen Begriffen, Einzelbegriffen und Sammelbegriffen, wie sie in der klassischen Logik üblich ist. So entsprechen die Termini den allgemeinen Begriffen, die Nomenklaturzeichen den Einzelbegriffen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß sich allgemeine Begriffe definieren lassen, Einzelbegriffe jedoch nicht, weil f ü r die Definition die artbildenden Unterschiede (differentia specifica), durch die sie sich von anderen dem gleichen Gattungsbegriff untergeordneten Begriffen unterscheiden könnten, fehlen. Der Einzelbegriff unterscheidet sich von anderen Einzelbegriffen n u r durch eine bestimmte Anzahl z. T. unterschiedlicher Merkmale; er wird deshalb nicht definiert, sondern beschrieben. Diese Beschreibung kann übrigens die Bedeutung des Nomenklaturzeichens und den Platz des von ihm repräsentierten Begriffs im Begriffssystem des entsprechenden Wissensgebietes sehr genau fixieren (Kandelaki 1970, 7f.). Theoretisch scheint damit eine Abgrenzung zwischen Terminologie und No162

menklatur erreicht zu sein. In der Praxis, d. h. bei der Einordnung der einzelnen Fachwörter, ergeben sich jedoch immer wieder Schwierigkeiten, und bei früher aufgestellten Nomenklaturen, wie etwa der Baseler, Pariser oder Jenenser f ü r die Medizin und der Linneschen f ü r Botanik und Zoologie, haben die Erwägungen der Logik noch keine solche Rolle gespielt wie heute. Man k a n n von ihnen wohl behaupten, daß sie in erster Linie (materielle) Objekte ihrer Wissenschaft, aber nicht, daß sie keine Allgemeinbegriffe enthalten. Im übrigen verwendet gerade die binäre Nomenklatur Linnes grundsätzlich als erste Konstituente den Gattungs-, als zweite den Ärtnamen (Vulpes felox — Kittfuchs, Vulpes fulva — Rotfuchs, Vulpes lagopus — Polarfuchs usw.). Die Abgrenzung von Terminologie und Nomenklatur wird also weiterhin Diskussionsgegenstand bleiben.

2.4.7.3.

Die Gütemerkmale des Terminus

Obwohl in T. L. Kandelakis Zusammenfassung der Definitionen schon einige Forderungen an die Qualität des Terminus enthalten sind, so kann es doch nichts schaden, wenn wir uns die wichtigsten von ihnen noch einmal genauer vor Augen führen. E s handelt sich im wesentlichen um die Eigenschaften, die W. Schmidt in Anlehnung an A. A. Reformatskij, E. Wüster, W. Seibicke u. a. unter der Überschrift „Merkmale und Tendenzen'' der Fachsprachen bzw. des fachsprachlichen Wortschatzes aufzählt: Fachbezogenheit, Begrifflichkeit, Exaktheit, Eindeutigkeit, Eineindeutigkeit, Selbstdeutigkeit, K n a p p heit, weitgehende oder absolute ästhetische, expressive und modale Neutralit ä t (Schmidt 1969, 12). Unter Fachbezogenheit ist sowohl die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fachsprache und ihrem terminologischen System als auch die besondere kommunikative Funktion bei der Lösung spezifischer Aufgaben mit spezifischen Methoden des jeweiligen Fachgebietes zu verstehen. Begrifflichkeit bedeutet, daß der Terminus sprachliches Zeichen f ü r einen Begriff, also f ü r ein Grundelement rationalen Denkens, ist. Die Exaktheit des Terminus ergibt sich aus seiner Definition oder Beschreibung, die die Abgrenzung gegenüber anderen Termini gewährleistet. Eindeutigkeit heißt, daß der Terminus als Element der Terminologie einer Fachsprache eine ganz bestimmte Erscheinung, einen ganz bestimmten Begriff bezeichnet. Eineindeutigkeit ist die umkehrbare Zuordnung von Bezeichnendem und Bezeichnetem, d. h., der Terminus bezeichnet nur e i n e Erscheinung, und diese Erscheinung hat n u r diesen e i n e n Terminus als Benennung. Mit Selbstdeutigkeit ist gemeint, daß der Terminus keinen K o n t e x t braucht, um verstanden zu werden. Seine Bedeutung ergibt sich aus dem Platz des Terminus im System und seinen Relationen zu den anderen Termini; aber n*

163

auch seine materielle Hülle [Lautform) ist so beschaffen, daß seine Verständlichkeit — zumindest durch Assoziation — gewährleistet ist. Die Forderung nach Knappheit ist gleichbedeutend mit dem Streben nach Kürze auf der Ausdrucksebene, nach Sprachökonomie. Die weitgehende oder absolute ästhetische, expressive und modale Neutralität soll die Brauchbarkeit des Terminus als Benennung eines Begriffs erhöhen, den rationalen Charakter der Denkprozesse gewährleisten. Wir wollen nicht vergessen, daß dies Forderungen sind, denen gewisse Idealvorstellungen zu Grunde liegen. Bei weitem nicht alle bereits in Gebrauch befindliche Termini erfüllen sie in vollem Umfang. Nehmen wir nur die expressive Neutralität: In den Naturwissenschaften und in der Technik mag sie im wesentlichen vorhanden sein. Wörter wie Elektron, Wasserstoff, Kran, Planierraupe rufen keine Gefühle hervor, es sei denn bei Kindern, die damit künftige Berufswünsche verbinden. In den Gesellschaftswissenschaften ist es anders. Welcher kapitalistische Unternehmer spürte bei den Wörtern Kommunismus, Sozialismus, Volkseigentum, Klassenkampf usw. nicht, „ein Gespenst geht um in Europa"?! Welcher Kommunist empfände nicht Abscheu vor Ausbeutung und Unterdrückung, wenn er die Termini Imperialismus, staatsmonopolistischer Kapitalismus, Kolonialismus, Sozialpartnerschaft, Lohnkampf usw. hört oder selbst gebraucht ?! Auch mit der Knappheit ist es so eine Sache. Sie steht oft im Widerspruch zur Forderung nach Ein- und Selbstdeutigkeit, und die Terminologien enthalten nicht wenige Wortungetüme wie das schon erwähnte Ultrakurzwellenüberreichweitenfernsehrichtfunkverbindung oder umständliche Wortgruppen wie Eimerkettenbagger, nicht schwenkbar, Einfachschütter auf Gleisfahrwerken, mit Aufgabe des Baggerbereiches, mit Planierstück als Tiefbagger. E s sind auch durchaus noch nicht alle Termini wohldefiniert. Damit wird die Terminologienormung noch geraume Zeit beschäftigt sein. Und auch Polysemie, Synonymie, Homonymie u. a. Erscheinungen, die die Eindeutigkeit und die Eineindeutigkeit beeinträchtigen, sind bisher nicht aus den Terminologien verschwunden. Aber im Rahmen der ständigen Vervollkommnung der GOST(SU), B S I - (Großbritannien), ASA- (USA), AFNOR- (Frankreich), DIN- und TGL-Normen wird ständig an der Überwindung dieser Mängel gearbeitet. E . Wüster mißt die Sprachgüte und damit die Qualität der Termini vor allem an zwei Kriterien: der Bequemlichkeit (Sprachökonomie, L. H.) und der Genauigkeit, die er als Vertreter der Technik mit Leistung und Energieverbrauch eines Transportmittels vergleicht. Als Kenner der Praxis weiß er aber auch, daß diese beiden Eigenschaften oft im Widerspruch zueinander stehen, und sucht die beste Lösung irgendwo zwischen diesen beiden Polen; dabei tendieren die Umgangssprache — und wir würden hinzufügen: die Schichten D und E der Fachsprachen (Sprache der Produktion und Sprache der Konsumtion) — mehr zur Bequemlichkeit, die Sprache von Wissenschaft und Technik dagegen mehr zur Genauigkeit (Wüster 1970, 85): 164

~ -___Güteeigenschaften Sprachfaktor ~~

Bequemlichkeit

Kürze,

Schriftform

Leichtigkeit Zuordnung zwischen Schriftund Lautform

Genauigkeit

Unterscheidbarkeit

Eineindeu ;igkeit

Lautform

Kürze, Leichtigkeit

Begriffsform

Kürze

Zuordnung zwischen Sprachform und Begriffsform

Eineindei itigkeit wenige Wortjeder Begriff elemente benannt verstand iche Begriffsf arm

Bedeutung

Unterscheidbarkeit

Schärfe J Zweckmäßigkeit

Abb. 22

2.4.7.4.

Die Zuordnung von Benennungen ( Termini) und Begriffen

Die Durchsetzung.,der an den Terminus zu stellenden Forderungen hat sieh die Terminologienormung zum Ziel gesetzt (vgl. 1.1.1.1.4.2.). Ihr Anliegen besteht darin, daß die logische Hierarchie der Begriffssysteme und die Stellung der Begriffe in ihnen möglichst auch an den Benennungen für die Begriffe sichtbar werden. Zu diesem Zweck sind ganz bestimmte .Grundsätze aufgestellt worden, die bei der Normung jedes einzelnen Terminus berücksichtigt werden sollen. Es handelt sich dabei um eine Art Normung der Normung. E. Wüster nennt in diesem Zusammenhang vier terminologische Grundsätze, die er dann weiter untergliedert (Wüster 1955, 55): (1) Begriffe (1.1) B e g r i f f s b i l d u n g (1.11) der Begriff (1.12) das Begriffssystem (1.13) Merkmalarten (1.2) B e s c h r e i b u n g d e r B e g r i f f e (1.21) Beschreibung durch Wörter, d. h. Definition (Determination, Aufzählung, Vergleich) 165

(1.22) Nachahmung (besonders Abbildungen) (2) Benennungen (2.1) Ä u ß e r e F o r m d e r B e n e n n u n g e n (2.11) Entstehung der Wortelemente (2.12) Bestand an Wortelementen (2.2) I n n e r e F o r m d e r B e n e n n u n g (2.21) Wortverbindungen (Gruppen, Zusammensetzungen, Ableitungen) (2.22) Begriffsübertragung (2.23) Lehnübersetzung (2.3) Beschreibung der Benennungen (Schrift) (3) Zuordnung zwischen Begriffen und Benennungen (3.1) A r t e n d e r Z u o r d n u n g (besonders Spracheinheiten) (3.2) Beschreibung der Zuordnung (Wörterbücher) (4) Anwendung der Begriffe beim Sprechen (4.1) Wahl des Abstraktionsgrades (4.2) der Zusammenhang. Uns interessieren vor allem die beiden ersten Komplexe, in denen wir vieles wiederfinden, was uns schon bei der Betrachtung der Erweiterung des lexikalischen Bestandes der Fachsprachen begegnet ist, und hier wiederum die Phasen (1.1), (1.2) und (2); denn aus ihnen läßt sich der Ablauf der Normung des Terminus ablesen. „Im Abschnitt .Begriffsbildung' wird festgelegt, wie die Begriffe durch Variierung von Merkmalarten gebildet und geordnet werden. Im Abschnitt ,Definition' wird gezeigt, wie die Merkmale sprachlich durch eine Definition beschrieben werden. Im Abschnitt ,Benennungen' schließlich erfährt man, wie die Definitionen zu Benennungen gekürzt werden, und zwar je nach dem Grad der Kürzung zu Wortgruppen, Wortzusammensetzungen oder Wortableitungen" (Wüster 1955, 56). Die von E. Wüster genannten Gesichtspunkte sind im Normblatt D I N 2330 „Begriffe und Benennungen. Allgemeine Grundsätze" (1974) ausführlicher dargestellt. Es heißt dort unter anderem: „Die Benennung ist vom Begriffsinhalt her nicht vorbestimmt; neue Benennungen werden jedoch im allgemeinen aus dem vorhandenen Begriffszusammenhang heraus abgeleitet . . .". Oder: „Ein Begriff steht niemals f ü r sich allein, sondern immer in einem systematischen Zusammenhang mit anderen Begriffen. Die Stelle, die er dort einnimmt, k a n n durch seine Definition . . . aufgewiesen werden." Diese Zusammenhänge werden am Beispiel der sogenannten „Begriffsleitern" deutlicher, in denen Unterbegriffe aus Oberbegriffen abgeleitet sind. Jeder Unterbegriff entsteht aus dem Oberbegriff dadurch, daß ihm einschränkende Merkmale hinzugefügt werden. Diese Merkmale lassen sich zu drei Merkmalarten zusammenfassen: 166

a ) anhaftende, d. h. wahrnehmbare Merkmale, z. B. Form, Stoff, Farbe, Temperatur; b) Verwendung, z . B . Wirkungsweise, Verwendungsbereich, Einbaulage; •c) Herkunft, z. B. Herstellverfahren, Erfinder, Herkunftsland (Wüster 1955, 56). Die größte Bedeutung hat (a), weil diese Art von Merkmalen für fast alle Menschen faßbar ist. Jeder Oberbegriff kann selbst wieder Unterbegriff eines allgemeineren Oberbegriffs sein, und jeder Unterbegriff kann die Rolle des Oberbegriffs für weitere Unterbegriffe übernehmen. Die Begriffsleiter führt (von oben nach unten) vom Abstrakten zum Konkreten, von der geringeren zur größeren Zahl der differentiellen Merkmale. Dabei nimmt der Begriffsumfang ab, so daß der Umfang eines Begriffes auch nach der Zahl seiner Unterbegriffe und nicht nur als Klasse von Dingen, auf die er zutrifft, bestimmt werden kann. Der Begriffsinhalt kann zu-, aber auch abnehmen. Auf alle Fälle weist jeder Unterbegriff alle Merkmale des Oberbegriffs und dazu noch mindestens ein einschränkendes Merkmal auf. Betrachten wir eine solche Begriffsleiter aus dem Maschinenbau: 'Stufe

Begriff

Oberbegriff 1. Unterbegriff

Maschine Werkzeugmaschine

:2. Unterbegriff

Schleifmaschine

'3. Unterbegriff

Gewindeschleifmaschine Trapezgewindeschleifmaschine

•4. Unterbegriff

Einschränkendes Merkmal -

Werkzeug (Wirkungsweise) (b) Schleifen (Bearbeitungsart) (b) Gewinde (Form der Oberfläche) (a) Trapezgewinde (Form des Gewindes) (a)

Abb. 23

Wir sehen an diesem Beispiel, daß die einschränkenden Merkmale, die zur Ableitung der Unterbegriffe aus den Oberbegriffen dienen, ihre Verkörperung in bestimmten sprachlichen Mitteln finden. In diesem Fall wird — wie so oft im Deutschen — von der Komposition Gebrauch gemacht. Dem Grundwort Maschine werden immer neue Bestimmungswörter zur Attribuierung hinzugefügt, bis ein Maß an Differenziertheit erreicht ist, das die Verwechslung mit anderen Maschinen ausschließt. So h a b e n wir im Russischen M a u i M H a — ( M e T a j i J i o o ö p a ß a T H B a r o m i i M ) C T a n o K — IIUIHOBajIbHHÖ CTaHOK — pe3b60IIIJIH(J)0Ba. T IBHI.IH CTaHOK — m j I H ( | ) O B a j I b H H M CTaHOK

fljiH

TpaneijeBHflHoii

peäbßbi;

noKa3aTejib

— aKOHOMunecKHH

noKa-

3aTejib — TexHHKO-3KOHOMi«ecKHH n o K a 3 a T e j i b ; PHHOK — aepeBeHCKHH p b m o K — BHEßEPEBEHCKIIII P H H O K ; COBXO3 — MOJIOHHMH COBXO3 — OBOME-MONOHHBIH •C0BX03;

HtHBOTHOe



KOnblTHOe

JKIIBOTHOe



O^HOKOnblTHOe

HUIBOTHOe;

167

BpesiH — BpeMH ^eßcTBHH — BpeiiH «eËCTBHH HMnyjibca ; TeMnepaTypa — TeMnepaTypa neperpeBa — TeMnepaTypa neperpeBa npoBonHHKa — TesinepaTypa neperpeBa npoBoamiKa

TOKOM —

TeMnepaTypa neperpeBa npoBOflHiiKa

TOKOM

KOpOTKOrO 3aMbIKaHHH usw.

Für das Englische mögen die folgenden Beispiele stehen: winch — electric winch — général purpose electric winch; turbine — air turbin — compressed-airturbine; chain — link chain — strap-link chain; wheel — bevel wheel — crown bevel wheel usw., die sowohl Adjektive als auch attributiv verwendete Substantive als sprachliche Zeichen für die einschränkenden Merkmale verwenden. Im Französischen treten wieder andere Konstruktionen auf: machine — machine à aiguiser; pile — pile sèche — pile sèche régénérable—pile sèche régénérable par addition d'eau; modèle — modèle nucléaire — modèle nucléaire de l'atome; théorie — théorie de la relativité; champ — champ à l'intérieur — champ à l'intérieur d'un solénoïde long — champ à l'intérieur d'un solénoïde long parcouru par un courant usw., in denen besonders nachgestellte Adjektive und Substantive die einschränkenden Merkmale zum Ausdruck bringen. Die Sprachgestaltung nach den eben geschilderten Grundsätzen ist das eine Anliegen der Terminologienormung. Ein anderes ist die Vereinheitlichung der Termilogie. Es sind vor allem zwei sprachliche Erscheinungen, die dieser Vereinheitlichung im Wege stehen bzw. für eine bestehende Uneinheitlichkeit verantwortlich sind : die Homonymie und die Synonymie. Homonyme sind meist zufällig entstanden, entweder schon bei der Urschöpfung (russisch H K p a — Rogen, Wade; englisch arm — Arm, Waffe; französisch glacis — Abhang, Lasur; deutsch Rost — Gitter, Oxydationsschicht), meistens aber durch Übertragung des Bezeichnenden auf ein anderes Bezeichnetes (russisch HOC — Nase, Schiffsbug; englisch frog — Frosch, Weiche; französisch pélican — Pelikan, Zahnzange; deutsch Schenkel— Teil des Beines, winkelbegrenzender Strahl) und schließlich durch die Verbindung von Begriffen (deutsch Mütterschraube — Schraube mit Mutter, Schraubenmutter). „Homonyme sind schädlich, weil sie die Genauigkeit beeinträchtigen. Der Partner weiß nicht immer, welche der nebeneinander vorkommenden Bedeutungen gemeint ist. Völlig vermeidbar sind Homonyme jedoch nicht. Zum mindesten ist es unmöglich, für jeden Begriff ein besonderes Wortelement zu verwenden. Das beweist schon die Entstehung der meisten Homonyme durch Begriffsübertragung: Die Zahl der zu benennenden Begriffe beträgt ein Vielfaches der vorhandenen Wortelemente, und Urschöpfung von Wortelementen kommt nicht mehr vor. Im allgemeinen ist absolute Eindeutigkeit auch gar nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Bezeichnungen im Zusammenhang eindeutig sind : relative Eindeutigkeit. Es schadet also z. B. wenig, wenn dieselbe Sprachform in verschiedenen Sprachzweigen (Subsprächen, Fachsprachen, L. H.) verschiedene Bedeutung hat (z. B. die Bedeutung ,Arm' und ,Waffe' wie A arm). 168

Gleichzeitige Zuordnung leicht verwechselbarer Bedeutungen dagegen wie ,Mutter' und ,Bolzen mit Mutter' ist unbedingt zu vermeiden" (Wüster 1970, 95). Synonyme entstehen in den Fachsprachen meist dadurch, daß ein und dasselbe Denotat von verschiedenen Fachleuten mit verschiedenen Benennungen belegt wird. Das ist für die Terminologie nicht weniger nachteilig. „Synonyme beeinträchtigen die Bequemlichkeit (Sprachökonomie, L. H.), weil sie das Gedächtnis unnötig (für die Zwecksprache) beschweren. Besonders fällt das bei Wortelementen ins Gewicht, namentlich wenn die Sprache auch von Ausländern erlernt werden soll. Synonyme Wortverbindungen (Begriffsformen) mit verständlichen Elementarbeziehungen und Spezialisierung belasten das Gedächtnis weniger. Sie sind häufig sogar unvermeidbar, nämlich wenn sie eine verschiedene Auffassung desselben Begriffs zum Ausdruck bringen (Kochsalz — Natriumchlorid, Hyperbelrad — hyperboloidisches Schraubenrad)" (Wüster 1970, 96). „Synonyme belasten nicht nur das Gedächtnis, sondern wirken auch verwirrend ; namentlich der Anfänger in einem Sachgebiet oder in der Sprache vermutet unter verschiedenen Bezeichnungen auch verschiedene Begriffe. Die Beeinträchtigung der Genauigkeit ist besonders groß, wenn die synonymen Lautformen nicht unabhängig voneinander sind, d. h. 'wenn sie etwa einen Stamm gemeinsam haben" (Wüster 1970, 97). Zu welchen Leistungen die Terminologienormung hier fähig ist, zeigt die folgende Übersicht (Wüster 1970, 97). Nach der Normung Treibkeil Paßfeder Gleitfeder Flachkeil

Vor der Normung Keil Keil Keil

Einlegekeil Einlegekeil -

Federkeil Federkeil Fedeikeil

-

-

-

Nutenkeil Flachkeil Flachkeil Flachkeil

Achskeil Einlegefeder Führungskeil Flächenkeil

Abb. 24

2.4.7.5.

Die sprachliche Form der Termini

Wenden wir uns noch einmal der formalen Seite der Terminologie zu. Die Wortbildungsmodelle der Terminologien stimmen in allen wesentlichen Grundzügen mit denen der übrigen Lexik überein, d. h., bei der Bildung der Termini werden die gleichen Mittel und Methoden verwendet wie in der Wortbildung sonst auch. Unterschiede treten lediglich in bezug auf Produktivität und Häufigkeit auf. Wir haben das bereits auf der morphologischen Ebene bei den Affixen kennengelernt. Wenn bisher des öfteren von drei Arten der Benennungen die Rede war, nämlich von Wortgruppen, Wortzusammensetzungen und Wortableitungen, 169

so hat das zwar seine Berechtigung aus morphologischer Sicht; denn zweifellos besteht ein Unterschied zwischen der Derivation mit Hilfe eines Affixes, bei der das neue Wort durch die Verbindung eines selbständigen mit einem unselbständigen Morphem entsteht, und der Vereinigung zweier selbständiger Morpheme im Kompositum. Betrachtet man die Dinge jedoch vom Standpunkt der Lexik her, dann ist das Resultat des Wortbildungsvorgangs entscheidend : Am Ende der Derivation und der Komposition steht immer wieder e i n Wort; der Wortgruppenterminus besteht aus mehreren Wörtern und ist ein syntakt isch organisiert es Gebilde, das sich bis zur Phrase ausdehnen kann. Aus diesem Grund hat sich in unseren Untersuchungen eine Zweiteilung durchgesetzt, in der zwischen „Einworttermini" und „Mehrworttermini" unterschieden wird (Hornung 1968; Kretschmar 1968; Egert 1968; Scholz 1971; Hums 1970; Starke 1971; Sprigade 1974; Schulze 1976; Rust 1977; Mattusch 1969). Dabei sind im Russischen, Englischen und Französischen die „Mehrworttermini" die bei weitem interessantesten, in denen sich die Spezifik der Fachsprachen am deutlichsten äußert. Im Deutschen spielen dagegen Komposition und Derivation eine wesentlich größere Rolle bei der Terminologiebildung. Dem Einwortterminus entspricht als Bezeichnetes gewöhnlich ein einfacher Begriff; nur hinter dem Kompositum steht eine mehr oder weniger enge Begriffsverbindung. Der Mehrwortterminus dagegen ist immer Ausdruck einer Begriffsverbindung. Der neue Begriff, der aus dieser Verbindung entsteht, ist bestimmt durch die Begriffe (Konstituenten), die die Verbindung eingegangen sind, und durch die zwischen ihnen bestehenden Relationen. Die am weitesten verbreitete Relation ist zweifellos die der Determination, die wir bisher aus sprachlicher Sicht als Attribuierung bezeichnet haben. Der Begriff der Determination ist jedoch weiter als der der Attribuierung. E r gestattet es, alle zum Grundbegriff hinzutretenden Merkmalbegriffe zu erfassen, nicht nur diejenigen, die ini strengen Sinne der Grammatik in der Funktion des Attributs auftreten. Wir akzeptieren ihn deshalb nicht nur für den Begriff, sondern auch für die Benennung.

2.4.7.5.1.

Die

Mehrworttermini

E s ist besonders interessant zu beobachten, welchen Umfang ein Mehrwortterminus annehmen kann, aus welchen Konstituenten er besteht und welche Abhängigkeitsverhältnisse zwischen seinen Konstituenten bestehen. Material genug finden wir dazu in den oben erwähnten Dissertationen über eine Reihe von Terminologien im Russischen (Hums 1970; Schol7_1971; Starke 1971; Sprigade 1974; Schulze 1976; Rust 1977; Mattusch 1969). Konstruktionen von extremer Länge treten zwar auf, aber selten; sie gleichen

170

eher Umschreibungen, die ein gewisses Anfangsstadium der Terminusbildung charakterisieren, in dem die endgültige Benennung noch nicht gefunden ist, und erfahren später eine Kürzung, weil ihre Länge und Kompliziertheit im Widerspruch zur Sprachökonomie steht. Von einigen Autoren werden sie nicht als Termini anerkannt (Scholz 1971, 93ff.): pa3aBn?KHoe ycTpoflcTBO pejitcoB B MecTe conpH?KeHHH npoJieTHoro CTpoemiH c ßeperoBHiH ycToeai MOCTa — A S S g S p S g ( A S ) g ( A S ) p S g ; MHoroa3HBm KOJIjieKTopHHH flBHraTejib napajijiejibHoro B036y}KAeHHH c A B O H H H M KOMNJIEKTOM meTOK - AAS(AS)g(AS)pSg; cjiyxoBoe OKHO C flyroo6pa3HHM o^epTaHneM BepxHeii QACTH, nepexo^Hmeft B Kpjaiuy 6e3 P A 3 H I E J I 0 6 K 0 B — AS(AS)p(AS)g, P S p S p . {Die Symbole bedeuten: S = Substantiv, A = Adjektiv, P = Partizip, g = im Genitiv, d = im Dativ, a = im Akkusativ, i = im Instrumental, p = mit Präposition ; die Klammern bezeichnen einen engeren Grad der Zusammengehörigkeit der Konstituenten, als er zu den anderen besteht.) Bei den Untersuchungen zur Terminologie mehrerer Fachsprachen wurde für das Russische eine erstaunlich große Zahl von unterschiedlichen Wortgruppenstrukturen ermittelt (Hochbau 231, Eisenbahnbau 277, Elektrotechnik 319). Aber nur wenige von ihnen haben eine hohe Systemhäufigkeit bzw. Produktivität. Wir stellen die produktivsten von ihnen zum Vergleich nebeneinander: Tab. 32

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Hochbau

%

AS SSg A(AS) S(AS)g S(AS)p A(SSg) SSp SSi (AS)Sg S(SS)g

63,9 8,9 5,2 2,5 1,8 1,3 0,9 0,7 0,7 0,7 86,6

(3) (3) (3) (3) (3) (2) (3) (1) (3) (3)

Eisenbahnbau

%

AS SSg SSp AAS S(AS)g S(AS)p (AS)Sg S(SS)g SSpSg ASSp

40 15 5 5 4,8 3 2,8 2,4

(3) (3)

(3) (3) (3) (3) (3) (3)

2,2 (1) 1,1 (1) 81,3

Elektrotechnik

%

AS SSg AAS S(AS)g (AS)Sg S(AS)p SSp SSgSg AS(AS)g AS(AS)p

41,9 15,2 8,3 7,3 4,1 3,3 2,8 2,5

(3) (3) (3) (3) (3) (3) (3) (3)

1,7 (1) 0,9 (1) 88,0

Auch wenn die Hierarchisierung (Klammerung) in den drei Arbeiten nicht einheitlich vorgenommen worden ist, lassen sich die Strukturen doch zum großen Teil miteinander vergleichen, so ähnlich, wie wir das bei den Worthäuf igkeitslisten und bestimmten grammatischen Kategorien getan haben. Dabei fällt folgendes auf: 171

a) Die zehn produktivsten Strukturen sind die Modelle f ü r 80 bis 90 % a H e r unterschiedlichen Mehrworttermini (L); d. h. umgekehrt: Die übrigen Strukt u r t y p e n (Hochbau 221, Eisenbahnbau 267, Elektrotechnik 309) sind nur in 10 bis 20 % a l l e r Mehrworttermini aktualisiert; b) acht von den zehn produktivsten Strukturen sind in allen drei Fachsprachen hochproduktiv; Bestandsunterschiede gibt es in dieser obersten Zone n u r in ein bis zwei Fällen; diese Strukturen treten weiter unten in den Verzeichnissen aller drei Fachsprachen a u f ; c) die Terminologie des Bauwesens weist signifikante Unterschiede in der Systemhäufigkeit bei den S t r u k t u r t y p e n AS und SSg auf; der Anteil von AS liegt wesentlich höher, der von SSg wesentlich niedriger als bei Eisenbahnbau und Elektrotechnik. Sehen wir uns die acht f ü r die Bildung von Mehrworttermini produktivsten Modelle an einigen Beispielen a n : AS:

SSg: A(AS): S(AS)g: S(AS)p: SSp:

npocTpaHCTBeHHan

aKycTHKa,

SajuiacTHaa

Macca,

nepe-

MeHHtiä TOK; aHKep TpeHHH, BtiKpyjKKa tojiobok, H a n p a ? K e H H O C T i > nojin; a ö c o J U O T H H f i n3rn6aioiHHii momcht, flonycKaeMHH npoßOJibHbiä yKJioH, MaKCHMajibHa« TOKOBaH 3amiiTa; aHKep mHrmoBon CTeHbi, HHBejiHpoBKa 3eMJiHHbix M a c c , ceTb HH3Koro HanpHJKeHHH; BpyÖKa b jiacToiKHH xboct, neperoH c nacTbiMH KpiiBHmh, bboa b n a p a j u x e j i b H y i o p a ö o T y ; 6ojit 6 e 3 H a p e 3 K H , c t h k c 3 a c o p o M , H a c T p o i t e a b p e 3 0 HaHce;

S(SS)g:

aHKep chctcmh rojibCMaHa, nJi0CK0CTb npnjieraHHH HaKJiaflKH, BpeMH «eftCTBHH HMnyjibca; (AS)Sg: onopHoe Kojibno Kynojia, aHoaHoe HanpnJKeHiie noKaH, noneperaoe ceieHHe »ejioÖa. Ähnlich wie im Hochbau, im Eisenbahnbau und in der Elektrotechnik liegen die Verhältnisse in den Fachsprachen der Chemie, der Landwirtschaftswissenschaft, der Geologie, der Psychologie, der Ökonomie, der Mathematik, des Militärwesens, der Medizin und in anderen Terminologien. F ü r das Englische und Französische kann man mit Bestimmtheit sagen, daß die folgenden Strukt u r t y p e n nicht n u r häufig, sondern auch produktiv sind: Englisch SS: SSS: AS: PS:

172

cloth accumulator, gravure print, p a n mixer; paper guide roll, screen beater mill, end shield screw; idle motion, microscopic field, emissive mechanism; polishing disks, reading apparatus, supporting axle (wobei die -mgr-Formen sich nicht immer eindeutig identifizieren lassen und unterschiedlich als Substan-

tiv oder Partizip gewertet werden); stabilized line, standardized elements, limbered wagon ; supply of coolant, error in calculation, fin-removal by heat; fine axed face, mathematically transformed diagram, slowly raised temperature ; rough atomic weight, single finishing cutter, broad flanged beams; material of sheetlike nature, point of maximal (maximum) bending, relay with reciprocal action;

SSp: D(PS) : A(AS) : S(AS)p: Französisch SA:

gradient hydraulique, purge continue, surcharge mobile ; SP: escalier suspendu, plaque ondulée, sondage tube ; purge de déconcentration, support à étrésillons, calcul SSp: des déperditions; plaque tournante pour croisement, connexion électri(SA)Sp : que des rails, erreur probable des mesures; compteur d'eau à piston, érosion des berges des canaux, SSpSp: poids de la colonne d'eau; S(SA)p: mortier de chaux grasse, noyau de terrain vierge, niveau de la nappe phréatique. Es handelt sich hier um Kernstrukturen, die durch andere Glieder leicht zu erweitern sind, wenn eine stärkere Determinierung der Mehrworttermini nötig wird. Die acht produktivsten Wortbildungsmodelle der Mehrworttermini bestehen aus zwei oder drei Konstituenten. In der Elektrotechnik treten an neunter und zehnter Stelle auch viergliedrige auf AS(AS)g — ABTOMATHHECKHH BBIKJIJOHaTeiib

nocTOHHHoro

TOKa,

AS(AS)p

— jiaMnoBBili jjeTeKTop c oöpaTHoft

CBH3bio). Daneben sind andere dreigliedrige Strukturen immer noch ziemlich stark vertreten (SSpSg — jiajvrna AJIH peryjiHpoBaHMH Harpy3KH, ASSp — ajieKTpoßHHaMHiecKHii aMnepMeTp 6e3 Hiejie3a, SSgSp — miOTHocTb TOKaHa aHojje usw.). Mit zunehmender Konstituentenzahl sinkt dann die Systemhäufigkeit ab. Es ist deshalb anzunehmen, daß die optimale Lösung für die Bildung von Mehrworttermini bei zwei bis maximal fünf Konstituenten liegt (Scholz 1971, 104ff.).

2.4.7.5.2.

Die Tendenz zur Kürzung

Unter dem Zwang einer möglichst effektiven Kommunikation unterliegen alle Mehrworttermini, besonders natürlich die überlangen, der Tendenz zur Kürzung, die in mannigfaltiger Form zum Ausdruck kommt. Sie bedient sich 173

der Ellipse oder Weglassung v o n Konstituenten, die für das Verständnis nicht u n b e d i n g t e r f o r d e r l i c h s i n d : CHHxpOHHLIH reHepaTop nepeaieHHoro TOKa ->-

renepaTop, HH^YKIJHOHHAH

ciiHxpOHHBIH

n e i b BBICOKOH l a c r o r a

BHCOKOH n a c T O T H , N P 0 M E > K y T 0 H H ä H p a H H o p e n e f t H a H TOHHan

CTamjiiH,

yronbHan

ra30Han0JiHeHHHH

aaaina

KOH^eHcaTop

nofl

HaKajiHBaHHH «ABIIEM-ien

^eHcaTop, HanpHJKeHHOCTb nojin npoöoa

CTAHYHH - npoweHsy-

yrojibHan

naaina,

-«- r a 3 0 H a n 0 J T H e H H B i i i

KOH-

— HanpHJKeHHocTB npoßon, n p y -

TH3Ha »lacTOTHOH 3aBHCMM0CTH 3aTyxaHHH

KpyTH3Ha 3aTyxaHHH. Bei dieser

A r t der K ü r z u n g setzen sich die produktivsten Modelle, v o r allem A S und SSg, immer wieder durch. K ü r z u n g e n ergeben sich auch aus der Veränderung der syntaktischen R e l a tionen zwischen den Konstituenten, die auch zu morphologischen Veränderungen f ü h r e n : KOMaH^a Ha peryjii-ipoBaHHe ripnesiHMK CHJIH

Ha

TpaH3HCTopax

-•

CHJIOBOH YCHIIHTEJIB,

liacTOTä

H30Öpa5KeHHH

- » KOMaHjja peryjrapoBaHiiH,

TpaH3HCTopHBiH

KaapoBaa

npiieMHHK,

ycHJiiiTejib

CTupaHHJi ->• CTHpaiomaH r o a o B K a ,

rojxoBKa

nacTOTa, n p o B o a n M o c T B w-Tiina

aaeK-

TpoHHafl npoBOAHMOCTb. W i e wir an den letzten Beispielen sehen, k o m m t es bei dieser A r t v o n Umgestaltung sogar zum Austausch ganzer L e x e m e . Weglassung

und Veränderung

a i m o j i b H o r o Tiina

MH

gehen zuweilen H a n d in H a n d :

aHTeHHa

-«- a n n o j i b H a H a H T e H H a , a M n e p n e T p H H ß y K i j H O H H O i i

ciiCTe-

HHjjyKiiHOHHbiH aimepivieTp, o6i>eKT aBTOMaTHHecKoro peryjiHpoBanHH

->• peryjiHpyeMbiH oßieKT, KaTyuiKa KoneSaTejiBHoro KOHTypa -»• KOHTypHaü K a T y m n a , TOK BLICOKOH LACTOTBI -»• B T I C O K O I A C T O T H H H T O K .

Auf Weglassungen, die durch die ständige Wiederholung ein und desselben Terminus im T e x t möglich imd aus stilistischen Gründen praktiziert werden (Tpex$a3Hbiii acHHXpOHHHH ^BHraTejib

^BHraTejiB H . a . ) gehen wir hier nicht

näher ein, weil der Terminus als Element des terminologischen Sj^stems unabhängig v o m K o n t e x t zu betrachten ist. Gehen wir in der K ü r z u n g noch einen Schritt weiter, so gelangen wir v o m Mehrwortterminus

zum Einwortterminus. Den "Übergang v o m einen zum

anderen bezeichnet man als XJniverbierung. I n der Fachterminologie erfaßt er v o r allem die Strukturen A S , A A S und A S S g , die zu Substantiven w e r d e n : MHJibHo-TpenaabHaH naiuHHa

-»- M H j i K a , c y m i - i j i b H H H a n n a p a T



cynnuiKa,

copTnpoBOHHaH i i a m i m a -*• copTHpoBKa, aiojioTHjiBHaH MauiHHa — MCuioTiiiiKa, KapToiiHajibHafl CHCTeiwa 174

paAHOTpaHCJiHijHOHHBift

PAFLH0H30T0NBI,

^mficHCTeiua, opraHHiecKoe cTeKiio

HHc()epeH-

oprcTeKJio,nep(j)o-

paTopHan jieHTa nep^ojieHTa, CHaöiKeHiie äiieKTpoaHepriieit -»- aneKTpocHaßiKenne, pe^paKijuH paflHOBOJiH ->- pa^Hope^paKUHH, HCKaTejib yTeiKH -»TenencKaTejib. Diese Beispiele aus der Landwirtschaft, vor allem der Landtechnik (Zeißig 1968, 103ff.), und der Elektrotechnik legen den Gedanken nahe, daß es sich hier weniger um Termini der Wissenschaft, sondern mehr um die Schicht der Produktion (D) und teilweise auch der Konsumtion (E) handelt, vor allem bei den Substantiven auf - j i K a . Manchmal treten im Rahmen der Univerbierung auch Fremdwörter an die Stelle der Mehrworttermini: jiaMna co C K O P O C T H O I - I MO/iyjiHqueii — K J I H C T P O H , onTHiecKHM KBaHTOBtifi reHepaTop ->- Jia3ep, BOJibTo^oßaBoiHtifi reHepaTop -»• öycTep usw.

Wir lassen es bei diesem kurzen Überblick, der von den Typen her noch eine Untergliederung verlangte. Nähere Angaben und weitere Beispiele finden sich in den zuletzt zitierten Arbeiten. Die letzte Stufe der Straffung von Termini sind die Abbreviaturen, und zwar sowohl Initial- als auch Silbenabkürzungen. In den Initialabbreviaturen zeigt sich der ursprüngliche Mehrwortterminus noch ziemlich deutlich, v o r allem, wenn sie nicht als „Wort" ausgesprochen werden: MI'IC — M a m u H H O HCTPEÖHTEJIBHAH

CTamjiiH,

T 0 3

— TOBapwmecTBo

no

COBMGCTHOÜ

oöpaßoTKe

MTC — M a i i i H H H O - T p a K T o p H a H cTamjiin, TK3 — r o c y s a p c T B e H H t i f i KOHHHÜ 3aBon, MT(I> — M0Ji0HH0T0BapHaH 4>ePMa' OKC — osHOKaHajibHaH C H C T e M a , HI1C — HejiHHeiiHoe n o j i y n p o B O A H H K O B o e c o n p o T H B J i e H i i e , IHIT — 3eMJiH,

nOJiynpOBOflHHKOBHH

TpHOfl.

Die zunehmende Verwendung von Initialabkürzungen hat dazu geführt, daß viele von ihnen nicht mehr eindeutig sind, nicht einmal innerhalb eines Fachgebietes. Bei ihrer Benutzung ist also Vorsicht geboten, wenn der Kontext keine Stützen enthält: P Y — p a n n o y 3 e j i , pacnpeaejiiiTeJibHoe y c T p o x i C T B O , peryj i i - i p o B a H H e ycnjieHUH, pene y n p a B j i e H U H , pejieimoe y c T p o ü c T B O , pemarommi ycnjiHTe.Tib; PTC — paflHOTejierpaiJmaH CTaHm-iH, pannoTexHiiHecKoe cpe^cTBO, paflHOTpaHCjiflri;HOHHaH ceTb, pynHan Tejieij)OHHaH CTaHmiH (Korickij 1963). Neben den Initialabbreviaturen stehen Silbenabkürzungen, in denen die Konturen der Elemente zwar für den Fachmann nicht verschwinden, die aber dem Einwortterminus näher stehen, ja eigentlich Einworttermini sind: C O B X O 3 — C 0 B e T C K 0 e XO3HÖCTBO, KOJIXO3 — K O J U i e K T H B H o e

XO3HHCTBO, y n x o 3

—yneÖHoe

cejibno — c e j i b C K o e n o T p e o M T e j i b C K o e o ö m e c T ß o ; Silbenabkürzungen treten ebenfalls a l s Konstituenten in Wortzusammensetzungen auf: foc3aKynKH — rocynapcTBeHHbie 3 a K y n K H , K y j i b T i f i O H H — K y j i b T y p H H H oprrexMeponpiiHTjHe — 0praHH3aii;H0HH0-TexHHqecK0e iieponpuHTHe, cejibxo3TexHi-iKa — cejibCKoxo3HiicTBeHHaH TexHima, BeTBpan — BeTepHHapHHit Bpan, K O M Ö H K O P M — K O M G H H H poBaHHbiH KopM usw. Buchstaben- und Silbenabkürzungen sind im Russischen weit mehr verbreitet als im Englischen, Französischen und Deutschen. XO3HI"ICTBO,

CEIIBXO3CHA6



CEJIBCK0X03HIICTBEHH0E

CHA6?KEHHE,

175

Abbreviaturen sind nicht mit Symbolen zu verwechseln, wie sie in der Chemie und in der Mathematik verwendet werden, obwohl gerade in der Chemie die Anfangsbuchstaben der Benennungen als Bezeichnungen für die Elemente und ihre Verbindungen verwendet werden (H — Hydrogenium, 0 — Oxygenium, S — Sulfur, U — Uran, V — Vanadium, Ca — Calcium, F e — Ferrum; H 2 SO/„ HC10 :!i H 2 C r 0 4 usw.). Der Weg, den wir von den noch nicht terminologisierten Umschreibungen über die produktiven Modelle der Mehrworttermini bis zur Univerbierung und Abbreviatur zurückgelegt haben, ist nicht der obligatorische Weg eines jeden Terminus. Der zwei- bis viergliedrige Terminus — die Präpositionen nicht mit gerechnet — scheint der für Wissenschaft und Technik notwendigen E x a k t heit am ehesten gerecht zu werden. Univerbierungen und Abkürzungen treten in weit geringerem Maße auf. Oft haftet ihnen eine gewisse Umgangssprachlichkeit an, die eine streng fachliche Darstellung stört. Die Hauptanforderungen an die Güte des Terminus — Bequemlichkeit (Kürze) und Genauigkeit — lassen sich nicht immer in einer idealen Lösung vereinigen: In den Fachsprachen geht Genauigkeit über Bequemlichkeit. Soll der volle Kommunikationseffekt erzielt werden, dann kann der Fachmann nicht auf Mehrworttermini verzichten, die für einen Grundbegriff und einen oder mehrere andere ihn determinierende Begriffe stehen bzw. ihm weitere Merkmale hinzufügen. Der Mehrwortternünus ist in dieser Hinsicht — sehen wir einmal von den deutschen Komposita ab — dem Einwortterminus auf alle Fälle überlegen, sei dieser nun durch Derivation oder Univerbierung entstanden oder ein Urwort.

2.4.7.6.

Die Zugehörigkeit

der Termini

zu den

Wortarten

E s wird oft darüber polemisiert, welche Wortarten zu den Termini zu zählen sind und welche nicht ( H u m s l 9 7 0 , 159). Wir können hier nicht das ganze Für und Wider dieser Frage erörtern. Keinem Zweifel unterliegt die herausragende Rolle des Substantivs als Terminus. Seine weitere Determinierung erfolgt, j e nach der Sprache, durch andere Substantive oder Adjektive bzw. Partizipien, die eine unterschiedlich enge Beziehung mit ihm eingehen, dabei aber sekundäre Konstituenten bleiben. Präpositionen und Konjunktionen dienen lediglich dazu, die syntaktischen Relationen zwischen den Konstituenten herzustellen. Entsteht ein Terminus durch Ellipse, dann kann ein Adjektiv die Rolle des Substantivs übernehmen. Hält man an der Benennungsfunktion des Terminus im ursprünglichen Sinne fest, dann darf man die anderen Wortarten nicht als selbständige Termini anerkennen. E s spricht aber vieles dafür, daß man auch den Adjektiven (russisch KJiHHHHecKHü, x H p y p r u H e c K H f l , ö e j i K O B t i ü , C J I H 3 M C T H M , ^ H B j i e K TPH^ECKHH, KHHETHHECKHÜ, B O J I H O B O Ü ; englisch spinal, abdominal, systolic, toxic, thermal, atomic, electronic, nuclear\ französisch radiologique, hepatique, 176

veineux, digestif, moléculaire, radiatif, magnétique-, deutsch dielektrisch, molekular, intravenös, hepatisch, spinal, systolisch usw.) und den von ihnen abgeleiteten Adverbien sowie bestimmten Verben (russisch o6e36ojiHBaTb, oßecirao.flHTb, pa3M03/KaTt, 3KciiJiyaTHpoBaTb, 3KcnpoïipHHpoBaTt ; englisch to interlace, to scale, to overbate, to corrode, to editorialize; französisch dédaller, minéraliser, recaler, graduer, désintoxiquer ; deutsch karburieren, evaporisieren, nitrierhärten, sprengnieten, hochfrequenzhärten usw.) eine ganze Reihe von terminologischen Merkmalen zuerkennt. Für uns ist der Streit darüber nicht von Bedeutung, da wir diese Wortarten auf jeden Fall im Rahmen des Fachwortschatzes, wie wir ihn verstehen, erfassen.

.2.4.8.

Das Fachwort als Schlüsselwort und Deskriptor

Wir wollen zum Schluß unseres Überblicks über einige Besonderheiten des Fachwortschatzes noch auf eine neue Funktion hinweisen, die die lexikalischen Einheiten der Fachsprachen — besonders ein Teil der Termini — im Zusammenhang mit der Mechanisierung bzw. Automatisierung von Information und Dokumentation übernommen haben : die Rolle von Deskriptoren in Informationsrecherchesprachen (Michajlov/Öernyj/Giljarevskij 1970, 332ff.; Hoffmânn 1970b; Brendler 1970; 1971). Die riesige Masse wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse und Fortschritte, die in den letzten Jahren wie eine Lawine angewachsen ist und nicht nur den einzelnen Fachmann, sondern auch große Kollektive unter sich zu begraben oder an ihnen vorbeizurollen droht, hat die Erkenntnis reifen lassen, daß die früheren Methoden von Information nnd Dokumentation dem heutigen Stand der Entwicklung der Produktivkräfte nicht mehr genügen. Die technischen Voraussetzungen für die Abschaffung einer extensiven Lektüre der Fachliteratur in mehreren Weltsprachen, wie sie noch heute in einer großen Zahl von Fällen betrieben wird, sind in Gestalt der EDV gegeben und werden in gewissem Umfang schon genützt. Dabei sind allerdings zwei Schwierigkeiten zu bewältigen, die sich aus dem Wesen der natürlichen Sprachen ergeben: a) die Verdichtung der Information, bei der an die Stelle der natürlichen Sprache eine Informationsrecherchesprache tritt, und b) die Umkodierung aus den Zeichen der natürlichen Sprache, die für das menschliche Auge bestimmt sind, in ein für die Maschine „lesbares" Zeichensystem. Uns wird hier vor allem die erste Frage beschäftigen. Die Hauptmethode zur Verdichtung der Information ist das sogenannte Indexieren, d. h. die Herstellung einer Liste sogenannter Schlüsselwörter, die den Hauptinhalt eines in natürlicher Sprache abgefaßten Textes bzw. Dokuments hinreichend genau und vollständig erkennen lassen. Bei den Schlüssel12

Fachsprache

177

Wörtern handelt es sich im wesentlichen um Nomina, die als Autosemantika den größten Informationsgehalt der sprachlichen Aussage t r a g e n ; daneben stehen auch Zahlenangaben, wie z. B . Meßwerte, zeitliche D a t e n u. a. E i n Beispiel mag das veranschaulichen: 002.002 Informationserschließung Manfred von Ardenne; Siegfried Reball Zur Problematik der Informationsaufbereitung Informatik, Berlin 17 (1970) 2, S. 23-32, 6 Abb., 3 Tab., 37 Lit. Die gegenwärtige Krise der Information und Publikation verlangt von der Informatik die Bereitstellung verbesserter Methoden der Informationsaufbereitung. Diese Aufbereitung soll mit Redundanzminderung, Ordnungsgewinn und geringem Informationsverlust verbunden sein. Die Verwendung graphisch-optischer Darstellungsformen erfüllt weitgehend diese drei Forderungen und wird deshalb sowohl für die Wissensspeicher in Buchform als auch als Vorbereitung für den Einsatz der EDVA empfohlen. Durch Arbeitsteilung bei enger Kopplung zwischen Fachwissenschaftlern und Informatikern sollten

Informationserschließung

Krise Informatik Methoden Redundanzminderung Ordnungsgewinn, (geringer) Informationsverlust (graphisch-optische) Darstellungsformen

jene die Umcodierung und Aufbereitung, diese Transport, Speicherung und Wiederaufruf von Informationen durchführen.

Umcodierung, Aufbereitung, Transport, Speicherung, Wiederaufruf

Infonnationsaufbereitung

Wissensspeicher EDVA

W i r sind hier quantitativ sehr weit gegangen, um zu zeigen, daß die am R a n d e aufgeführten W ö r t e r auch ohne den T e x t des R e f e r a t s eine ziemlich klare Vorstellung davon geben, wovon in dem Aufsatz die R e d e ist. E i g e n t lich sind das noch keine Schlüssel-, sondern erst einmal Sachwörter, die als Grundlage für die Auswahl der Schlüsselwörter dienen können. I n der P r a x i s genügt für ein D o k u m e n t dieses Umfanges ein I n d e x mit a c h t bis zehn Schlüsselwörtern. „Um zu gewährleisten, daß D o k u m e n t e und Informationsanfragen einheitlich koordinativ indiziert werden, ist es lediglich erforderlich, sich über die zu benützenden Schlüsselwörter zu einigen. D a s ist viel einfacher als zu versuchen, eine einheitliche Auffassung über den semantischen H a u p t inhalt (Gegenstand) eines bestimmten D o k u m e n t s zu erzielen. E s ist ebenfalls viel leichter, sich darüber zu einigen, welche Schlüsselwörter benötigt werden, um den semantischen Hauptinhalt eines D o k u m e n t s auszudrücken, als über (ein oder mehrere) Sachwörter, die dieses D o k u m e n t a d ä q u a t indizieren" (Michajlov/Öernyj/Giljarevskij 1970, 335). Die Schlüsselwörter, in den Fachsprachen fast ausnahmslos Termini, sind also die Grundeinheiten der Informationsrecherchesprachen. Sie stammen aus dem B e s t a n d der natürlichen Sprachen und werden wie in diesen durch bestimmte grammatische Regeln miteinander verknüpft. 178

Viele lexikalische Einheiten der natürlichen Sprachen — und unter ihnen sogar Termini — sind ohne eine spezielle Bearbeitung zur Verwendung als Schlüsselwörter nicht besonders geeignet, weil ihnen Eigenschaften wie Synonymie, Polysemie und Homonymie anhaften; es fehlt ihnen also die für eine Informationsrecherchesprache wünschenswerte Eineindeutigkeit der Zuordnung von Bezeichnendem und Bezeichnetem. Eine wichtige Aufgabe der Linguistik und der fachsprachlichen Forschung im besonderen besteht auf dem Gebiet der Informatik darin, die Schlüsselwörter von Synonymie, Polysemie und Homonymie zu befreien. Erst wenn das erreicht ist, kann man sie als Deskriptoren bezeichnen. Die Synonymie wird bei den Schlüsselwörtern im allgemeinen dadurch beseitigt, daß man aus der synonymen Reihe das Wort als Dominante auswählt, das das Bezeichnete am vollkommensten verkörpert. „Im Verhältnis zur Dominante sind alle übrigen Glieder der synonymen Reihe abhängige Wörter! Jedes Wort der synonymen Reihe muß nicht nur gegenüber der Dominante, sondern auch gegenüber allen anderen Wörtern der betreffenden Gruppe synonym sein. Das bedeutet, daß ausnahmslos für sämtliche Glieder der synonymen Reihe mindestens eine allgemeine Bedeutung charakteristisch sein muß. Damit die synonyme Reihe genügend exakt ist, darf die Dominante nur in einer festumrissenen Bedeutung verwendet werden" (Michajlov/Öernyj/Giljarevskij 1970, 361). So setzt G. Brendler beim Mähdrescher Maispflückvorsatz als Deskriptor für Kolbenpflücker, zweireihiges Maisgebiß, Pflückvorrichtung, Maiserntevorrichtung, einreihiges Maisgebiß, Maisvorsatzstücke, Maisvorsatz, Maisvollerntemaschine, Maiskolbenpflücker, Maiskombine, Maispflücker, Maisgebiß (Brendler 1971, 96). Polysemie und Homonymie werden durch eine Eintragung im Deskriptorwörterbuch beseitigt, aus der hervorgeht, welchem Bezeichneten das Bezeichnende zugeordnet wird. In den Fachsprachen treten Polysemie und Homonymie seltener auf, weil die Fachwörter meistens nur eine der möglichen Bedeutungen realisieren. 'Bei der Bestimmung des Deskriptors wirken verschiedene Faktoren mit, z. B. Inhalt und Umfang des Begriffs, innere Form, äußere Form, Gebrauchshäufigkeit usw., die in ähnlicher Form auch in der Terminologienormung eine Rolle spielen. Zusammenfassend läßt sich sagen: Deskriptoren sind genormte Schlüsselwörter einer Informationsrecherchesprache; sie sind der natürlichen Sprache entnommen und von Synonymie, Polysemie und Homonymie befreit worden, um stellvertretend für andere, weniger geeignete stehen zu können. Zusammen mit. einer Grammatik für ihre Koordination bilden sie die Deskriptorensprache. Auf Grund der bisherigen Darstellung könnte der Eindruck entstanden sein, als sei die wichtigste Aufgabe der fachsprachlichen Fosschung die Substituierung der-Sachwörter durch Schlüsselwörter und deren Normung zu Deskriptoren, man könnte auch sagen: die Übersetzung aus der natürlichen 179

Sprache in die Informationsrecherchesprache. Das ist aber nur die eine Seite der Informatik, die für die Einspeicherung von Informationsdaten bearbeitet werden muß. Weit wichtiger und zugleich auch schwieriger ist die Lösung der Aufgaben, die mit dem Abruf der Information aus dem Speicher zusammenhängen. „Die wirkliche Schwierigkeit für die Informationseinrichtungen besteht darin, daß sie schlecht formulierte und veränderliche Gedanken der Nutzer in Termini ausdrücken müssen, die die Ausgabe von Informationen aus dem Speicher gewährleisten, die ihrerseits diese Gedanken in bestimmte der Realität entsprechende kohärente Systeme zu verwandeln vermögen" (Foskett 1965, 275). Um diese Schwierigkeit zu überwinden und um beiden Bedürfnissen — der Einspeicherung und dem Abruf von Informationen — gerecht zu werden, hat man eine besondere Art von Wörterbuch, den sogenannten Thesaurus geschaffen. Pate haben dabei die „ideologischen" oder thematischen Wörterbücher gestanden, in denen die Bedeutung der Wörter einer Sprache zunächst genau beschrieben, dann ein vollständiges Verzeichnis der Sememe gegeben und schließlich deren Gliederung in Klassen bzw. Gruppen vorgenommen wird (Hallig/Wartburg 1952). Das „ideologische" Wörterbuch hat also zwei Zugänge: den vom Bezeichnenden zum Bezeichneten und den vom Bezeichneten zum Bezeichnenden. Wenn der Thesaurus auch kein reines „ideologisches" Wörterbuch von Deskriptoren ist, weil er gleichzeitig bis zu einem gewissen Grade auch zur Gattung der zweisprachigen Wörterbücher gehört (natürliche Sprache —Informationsrecherchesprache), so ist für ihn doch gerade dieser doppelte Zugang charakteristisch. Ein guter Thesaurus hat also zwei Teile: A. „einalphabetisches Gesamtverzeichnis der Deskriptoren und Schlüsselwörter mit den entsprechenden Anmerkungen und Verweisungen", B. „eine geordnete Menge thematischer Klassen (Felder) und/oder Gruppen von Deskriptoren" (Michajlov/'Öernyj/ Giljarevskij 1970, 384). Die Systematik des zweiten Teils ergibt sich bei den Fachsprachen zum großen Teil aus der Systematik des Faches. So wird die Physikalische Chemie für Zwecke der Informationsverarbeitung in die folgenden Disziplinen unterteilt: Radiochemie, Stereochemie, Thermochemie, Photochemie, Elektrochemie. Bei der quantitativen chemischen Analyse klassifiziert man nach: Gravimetrischer Analyse, Kaloriometrischer Analyse, Volumetrischer Analyse, Polarographischer Analyse. Aus dieser Einteilung ergibt sich zugleich die Hierarchie der Deskriptoren, die in den Grundzügen den Begriffsleitern der Terminologie gleicht. J e weiter wir in dieser Hierarchie nach unten steigen, desto schwieriger wird es, sie einzuhalten, und desto größer wird die Gefahr einer unscharfen Abgrenzung der Deskriptoren gegeneinander. Hier ist eine sehr sorgfältige Festlegung von Begriffsinhalt und Begriffs umfang mit Hilfe invarianter Merkmale nötig. Im übrigen kann das alphabetische Register mit seinen Anmerkungen Zweifel beheben. 180

Einen Einblick in das alphabetische Verzeichnis sollen die folgenden Beispiele geben: Atomenergie Verwende: Kernenergie Atomreaktoren Verwende: Kernreaktoren Atomare Eigenschaften vf Atomgewicht Atommasse Atomzahl Massenzahl eB engerer Begriff v B Atome Quantentheorie Quantenzahlen Potentiale der Ionisation Supradünne Struktur Kernphysik Atomzahl Verwende: Atomare Eigenschaften ( v f = verwendet für, e B = engerer Begriff, vB = verwandter Begriff) Elektromagnetismus Elektromagnetische Schirmwirkung Elektromagnetische Wellen Verwende: Elektromagnetismus Elektromagnetische Impulse Elektromagnetische Eigenschaften Elektromagneten Elektronenmikroskopie Elektronische Rechenmaschine Verwende: Rechenmaschinen Elektronenröhren Elektronenmikroskope Verwende: Elektronenmikroskopie Elektronenbündel Energie

Der einsprachige Thesaurus, von dem bisher ausschließlich die Rede war, dient der Lösung von Aufgaben der Information und Dokumentation innerhalb einer Sprachgemeinschaft. Im Zeitalter der internationalen Kooperation und sozialistischen Integration bleibt er eine Teillösung, von der die Entwicklung zum mehrsprachigen Thesaurus fortschreiten muß. Der mehrsprachige Thesaurus hat die Aufgabe, Daten aufzunehmen, die aus Texten unterschiedlicher Sprachen stammen, und sie für Benutzer abrufbereit zu halten, die mehreren (zumindest zwei) .verschiedenen Sprachgemeinschaften angehören. Dabei sollen an der Informationsanlage möglichst gleichartige Opera181

tionen ausgeführt werden. Voraussetzung dafür ist die Herstellung von Äquivalenzbeziehungen zwischen den Deskriptoren der einzelnen Sprachen; denn eine einfache Ubersetzung der Deskriptoren aus einer Sprache in die andere genügt den Anforderungen nicht, weil die meisten Terminologien zum größeren Teil so stark nationalsprachlich gebunden und in unterschiedliche außersprachliche Bedingungen eingebettet sind, daß keine Kongruenz zwischen ihnen besteht. Der Weg zum mehrsprachigen Thesaurus führt deshalb über diefürjede Teilhabersprache gesonderte semantische Analyse der Deskriptoren. Erst wenn diese erfolgt ist, cl. h., wenn die Deskriptoren durch ein Bündel semantischer Merkmale gekennzeichnet sind, kann ein Vergleich zwischen den Deskriptoren der unterschiedlichen Sprachen und ihre Zuordnung zueinander erfolgen. Nachdem die Sach- bzw. Schlüsselwörter, wie wir bereits festgestellt haben, bei ihrer Umwandlung zum Deskriptor der Monosemierung unterworfen worden sind, kommen für Deskriptoren verschiedener Sprachen nur noch die bei O. Kade (1968, 79) aufgeführten Äquivalenztypen für monoseme Einheiten in Frage: die totale, die fakultative, die approximative und die NullÄquivalenz. G. Brendler (1971, 205ff.) eliminiert davon zu Recht noch die fakultative Äquivalenz, weil eine Eins-zu-viele- bzw. Viele-zu-eins-Relation zwischen den Deskriptoren verschiedener Sprachen nach einer entsprechenden Bearbeitung der Thesauri ebenfalls nicht mehr in Betracht kommt. So bleiben: a) die totale Äquivalenz, bei der G. Brendler noch zwischen totaler Äquivalenz mit gleichem Informationsanteil (cejitCKan TexHiiKa — Landtechnik, HHCJIO OÖOPOTOB — Drehzahl, caMoxoflHHH — selbstfahrend usw.) und totaler Äquivalenz mit unterschiedlichem Informationsgehalt (aepHoyßopoHHtiö KOMÖaiiH — Mähdrescher, cIi.nocoy6opohhhii K O M Ö a Ü H — Feldhäcksler, paBHHHa — Flachland) unterscheidet und die keine Probleme mit sich bringt, weil diese Deskriptoren den gleichen Platz im System einnehmen; b) die approximative Äquivalenz mit Kategoriendifferenz (npoji;o.ntHbiii H a K J i o H — Fallinienfahrt, K p e H — Schichtlinienfahrt) oder mit differenter Merkmalsbündelung (Hacoc — Druckstromerzeuger, UIHHH — Bereifung, rnnpoMOTop — rotatischer Motor), die durch Verweise und Anmerkungen zu überwinden ist; c) die Nulläquivalenz, die entweder historisch bedingt (TpocoBaa B O J i O K y m a , non6opmHK-CToroo6pa30BaTejib, KpaHOBbrä CToroMeTaTejib) oder vorübergehender Natur (Walzenpresse mit Wälzdruckverfahren, Schneckenpresse, Radialdruckverfahren) ist; sie kann sowohl durch Umschreibungen als auch durch die Zuordnung zu einem übergeordneten Deskriptor ausgeglichen werden. Schon diese wenigen Bemerkungen zeigen, daß hier große Aufgaben für die fachsprachliche Forschung liegen, bei deren Lösung sie sich in starkem Maße auf die Erkenntnisse der Semiotik, der Translationswissenschaft, der Kommunikationsforschung und der statistischen Linguistik stützen kann. 182

2.5.

Die Ebene der Syntagmen, Phrasen uncl Sätze

2.5.1.

Die Mehrworttermini

und die freien

Wortverbindungen

Schon bei der Betrachtung der Lexik ist deutlich geworden, daß sich die Spezifik der Fachsprachen nicht im Einzelwort erschöpft. Wir sind dem Mehrwortterminus als typischer und weitverbreiteter Form der Benennung von Erscheinungen und Begriffen begegnet. Seine Erfassung als lexikalische Einheit ist vor allem aus der Sicht der Semantik gerechtfertigt; denn einem mehrgliedrigen Bezeichnenden entspricht hier in der Masse der Fälle e i n Bezeichnetes. Anderseits ist dieses mehrgliedrige Bezeichnende in sich strukturiert. Seine Strukturierung aber ist in erster Linie in den syntaktischen Beziehungen zwischen den Gliedern bzw. Elementen zu erfassen. D a s gilt nicht nur für die semantische Struktur, die der unmittelbaren Beobachtung weniger leicht zugänglich ist, sondern zunächst einmal für die formale, die sich mit den üblichen Methoden der Syntax einfacher darstellen läßt, uncl zwar vor allem in Gestalt einer Hierarchie von Abhängigkeiten, die man mit der traditionellen Grammatik in den Kategorien von Kongruenz und Rektion, von regierendem und regiertem Satzglied, aber auch mit den Mitteln der IC-Grammatik als unmittelbare Konstituenten erfassen kann; weniger geeignet sind dafür Valenzmodelle, da es sich überwiegend um nominale Wortgruppen handelt. Zwischen der formalen und der semantischen Struktur bestehen bestimmte Zuordnungsverhältnisse, wie wir am Beispiel der Attribtiierung gezeigt haben. Wir können deshalb nicht von vornherein davon ausgehen, daß es „keine besondere S y n t a x der wissenschaftlichen R e d e " (Gal'perin 1954, 77) gibt, wenn wir im Rahmen der S y n t a x nicht nur den Satz, sondern auch die Wortgruppe (slovosocetanie, Wortverbindung) und/oder das Syntagma und/oder die Phrase untersuchen wollen. Zunächst steht fest, daß es in den Fachsprachen eine ausgeprägte Tendenz gibt, die normalen Mittel der Wortbildung — wie Derivation und Komposition — durch die systematische Nutzung bestimmter syntaktischer Mittel zu erweitern, da die ersteren nicht ausreichen, um die wachsenden Benennungsbedürfnisse von Wissenschaft und Technik, materieller Produktion usw. zu befriedigen. Diese Erscheinung ist auch nicht als Lexikalisierung abzutun, da die syntaktischen Relationen im Mehrwortterminus ebenso wirksam sind wie in einer nicht lexikalisierten Wortgruppe, die als normaler Bestandteil des Satzes auftritt. Mit anderen Worten: Die syntaktischen Modelle sind für beide die gleichen, und das gilt für alle Subsprachen. Die Spezifik der Fachsprachen liegt also auch auf dieser Ebene vor allem in der Häufigkeit und in der Verwendungsweise bestimmter syntaktischer Strukturen und darüber hinaus in der Enge der Verbindung der einzelnen Glieder, die aber in der äußeren Form nicht zum Ausdruck kommt, sondern nur in der Semantik zu fassen ist. 183

Die produktivsten syntaktischen Strukturen, die bei der Bildung von Mehrworttermini Verwendung finden, haben wir bereits im Rahmen der Lexik behandelt. Ihnen allen gemeinsam war die ausgeprägte Tendenz zur Attribuierung eines Substantivs durch ein oder mehrere Adjektive bzw. Partizipien und durch ein oder mehrere andere Substantive mit oder ohne Präposition in verschiedenen Kombinationen. Zu untersuchen bliebe jetzt noch,, ob die gleichen oder andere Konstruktionen auch in „freien"', d. h. in unserem Falle „nichtterminologischen" Verbindungen auftreten.

2.5.2.

Die

Syntagmen

In beiden Fällen — bei den Mehrworttermini wie bei den übrigen Wortgruppen — haben wir es mit Syntagmen zu tun, wenn wir die sehr allgemeine Definition gelten lassen, daß ein Syntagma eine „Verbindung von sprachlichen Elementen in der linearen Rede" (Heibig 1969, 20), eine „komplexe syntaktische Einheit" als „Resultat der syntaktisch-stilistischen Segmentierung der Phrase" (Achmanova 1966, 408) ist, und nicht unbedingt auf deren Zweigliedrigkeit bzw. Binarität bestehen. Um es mit eigenen Worten zu sagen: Ein Syntagma ist für uns jede relativ selbständige Verbindung von Wörtern in der Rede, die kleiner ist als der Satz und bei der zwischen diesen Wörtern bestimmte Abhängigkeitsbeziehungen bestehen. Für unsere weiteren Betrachtungen ist ferner wichtig, daß das Syntagma mit einer Phrase identisch sein kann. Wir unterscheiden aber zwischen Syntagma und Phrase in dem Sinne, daß sich das Syntagma aus einer Segmentierung ergibt, die keine Rücksicht auf die Funktion der Verbindung im Satz nimmt, sondern nur die Relationen innerhalb der Verbindung beachtet, während die Phrase konstituierender Teil des Satzes ist. Aus dem Satz ÜOFLOÖHO T O N Y KAK 8TO ÖMJIO caejiaHo B npenH^ymeM naparpae RJIH RHrrojitHoro MOMeHTa, jierKO yöeHHTBCH B TOM, HTO KBaflpynojibHHii MOMeHT cncTeMBi He 3aBncnT OT BBiSopa Hanajia KOopairaaT, ecjin paBHBi Hyjiio KaK nojiHBifl 3apHA, TaK H flunojiBHBIH MOMEHT CHCTEJIBI lassen sich z. B. folgende Syntagmen herauslösen: nojjoÖHo Tony (KaK), ( S T O ) ÖBIJIO c^ejiaHo, ( B ) npeflHuymeM naparpae, (AJIH} FLHNOJIBHORO

MOMEHTA,

JierKO

YÖENIITBCH

(B

TÖM),

KBANPYNOJIBHBIII

MOMEHT

bzw. (KBaapynOJIBHBlfl) MOMeHT CHCTeMBI, He 3aBHCIIT ( O T ) , (OT) BBioopa H a n a j i a ( K O o p ß M H a T ) , (OT) (BBiSopa) Hana-NA K o o p f l i r a a T , P A B H B I H V J I I O , nojiHBin AAPHA, ÄiinoiiBHBiii MOMÖHT (CHCTGMBI) bzw. (HIINOJIBHBIII) MOMCHT CHCTeMBi, wobei unwichtig ist, welche davon gleichzeitig die Phrasen des Satzes konstituieren oder welche von ihnen in einem terminologischen Wörterbuch erscheinen. Den Phrasen wenden wir uns im nächsten Abschnitt zu. Hier haben wir es zunächst mit den Syntagmen zu tun. (CHCTeMBl)

Unsere einfache Vorstellung von den Syntagmen, die für hierarchische Beziehungen wie die des Regierens und des Regiertwerdens durchaus R a u m 184

läßt, hat große Vorzüge für die praktischen Bedürfnisse des Fremdsprachenunterrichts und der fachsprachlichen Ausbildung. Sie gestattet die Bereitstellung, Einführung und Festigung jeder Art sprachlicher „Halbfabrikate", aus denen größere Einheiten wie Phrasen und Sätze nur richtig gebildet werden können, wenn sie selbst richtig gebildet sind. So lassen sich Rektion und Kongruenz am wirkungsvollsten in diesen kleinen Einheiten vermitteln bzw. aneignen, auch wenn es sich nicht in jedem Fall um semantisch kombinierte Ganzheiten im echten Sinne des Wortes handelt. Nun erhebt sich sofort die Frage, wie man zu einem einigermaßen repräsentativen Überblick über die Syntagmen einer Fachsprache gelangt, um sie mit denen anderer Sub- oder Fachsprachen vergleichen zu können. Da auch hier die auf Vollständigkeit abzielende Textanalyse ein aussichtsloses Unternehmen wäre und die Erfassung aller auf dieser Ebene möglichen Verbindungen wenig Nutzen brächte, ist die fachsprachliche Forschung ihre eigenen Wege gegangen (Danejko/Maskina/Nechaj/Sorkina/ Saranda 1968). Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die häufigsten lexikalischen Einheiten gewöhnlich eine hohe Fügungspotenz besitzen und auch tatsächlich eine große Zahl von Verbindungen eingehen, wurden die Substantive und die Verben unter ihnen als „Stützwörter" verwendet, d. h., sie wurden in Fachtexten als Kern von Syntagmen auf ihre Umgebung hin untersucht. Wie weit man dabei die Distributionsanalyse ausdehnen muß, hängt vom Umfang der Syntagmen, aber auch von den Absichten des Untersuchenden ab. Gewöhnlich genügen ein bis zwei Positionen nach rechts und links. 2.5.2.1.

Die Substantivgrujypen

So finden wir auf der Grundlage unseres Häufigkeitswörterbuches der Medizin (Hoffmann 1970) in russischsprachigen Texten dieser Fachrichtung Substantivgruppen wie z . B . : cep^eHHoe aaooneBaiiiie (AS), ocTpoe BOCnajiiiTejibHoe 3aöo.ieBamie (AAS), saöoaeBaHne ne^eHH (SSg), 3a6oaeBaHiie HHCTO ({)yHKi;noHajibHoro xapaKTepa (SDAgSg), MHoroKpaTHoe :?aÖ0jieBanne HejiOBeKa Kpyno3Hoö nHeBMOHueü (ASSgAiSi), 3aoo,ieBaHiie c onpenejieHHHM CHMiiTOMOKOMnjieKCOM (SPräpAiSi) usw. oder O/IHOMOMGHTHCIH onepaiijiH (AS), öticTpo ocymecTBJiaeMaH onepaiju« (DPartS), ycneniHue njiacTHjiecKHe onepaqun Ha SpoHxe (AASPräpSp), onepaipia no noBoay 6a3efl0B0ii 6ojte3HH (SPräpSdAgSg), noBTopHan onepanna nocjie pe3eKi;Hii HsejiyflKa (ASPräpSgSg), onepaiuifl yaajieHHH HiijKHeii A O J I H (SSgAgSg), najnraaTHBH S H onepamiH H A A O J K E H H H coycTi>H (ASSgSg) usw. Analoge Strukturen treten mix; nur geringfügigen Abweichungen auch im Englischen, Französischen und Deutschen auf: transition probability (SS), an equivalent probability (AS), the probability of occurtence (SPräpS), the probability of high values (SPräpAS), in all probability (PräpAS) usw. 185

le vocabulaire fondamental (SA), le vocabulaire de la physique (SPräpS), le vocabulaire fondamental de la physique française (SAPräpSA), un vocabulaire d'une étendue supérieure (SPräpSA) usw. die einfache Reproduktion (AS), die erweiterte kapitalistische Reproduktoin (AAS), die intensiv erweiterte Reproduktion (DAS), die Reproduktion der Arbeitskraft (SSg), die Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals (SAgSg) usw. Geht m a n vom Verb als Kern des Syntagmas aus, so ergeben sich Gruppen wie z. B. : H3MepaeT BejiiraiHy (VtransSa), H3Mep»H)T cnjiy T O K a (VtransSaSg), T O I H O HCMepaeTca citopocTb yjibTpa3ByKa ( D Vint rans SSg), M O J K H O H3MepiiTi> ciuiy 3JieKTpHiecKoro TOKa (VauxVtransSaAgSg), H3MepaeTca BoabTMeTpoM (VintransSi) usw. observed a change (VtransS), observed high temperatures (VtransAS), can be observed serious complications (VauxPartAS), in some cases observed low values (PräpASVtransAS), often was to be observed a slow increase of temperature (DVauxPartASPräpS) usw. donnait une espérance mathématique (VtransSA), a donné strictement la même valeur (VauxPartDAS), peut donner une fréquence significativement élevée (VauxVtransSDA), a toujours donné des bons résultats ( V a u x D P a r t AS), pouvait aussi bien donner une équation du forme (VauxDVtransSPräpS), peut être donné sous forme d'une poudre ( V a u x V a u x P a r t P r ä p S P r ä p S ) usw. untersucht den Patienten (VtransSa), untersuchte das Wasser des Flusses (VtransSaSg), hat ein interessantes Problem untersucht (VauxAaSaPart), untersuchen gründlich die Veränderungen im Leben der Menschen (VtransDSaPräpSdSg), wurde mehrfach untersucht (VauxDPart) usw. (Erklärung der Symbole s. S. 196, Tab. 35, und S. 200, Tab. 36.) Die auf syntagmatischer Ebene ermittelten fachsprachlichen Substantivgruppen haben große Ähnlichkeit mit den Mehrworttermini. Sie können im Satz ohne weiteres als Nominalphrase bzw. als Subjektgruppe oder als Objektergänzung und selbst als Kern in Prädikatsgruppen auftreten. Ihre Konstitaenten sind in allen vier untersuchten Sprachen Substantive, Adjektive, Adverbien (und Präpositionen), nur ist deren Anordnung und morphologische Ausprägung unterschiedlich. Besonders fällt die schon früher erwähnte präpositionslose attributive Verwendung von Substantiven im Englischen (probability curve) und die Position der Adjektive im Französischen (vocabulaire fondamental) auf. Vergleicht man die fachsprachlichen Substantivgruppen mit denen anderer Subsprachen, so herrscht Übereinstimmung in den Mitteln und in den Modellen. Der Unterschied besteht darin, daß die Strukturen mit einer größeren Anzahl von Konstituenten in den Fachsprachen weit häufiger sind, besonders natürlich im schriftlichen Sprachgebrauch der Schichten B und C, während in den anderen Kommunikationsbereichen mehrgliedrige Gruppen 186

selten sind oder zumindest eine geringere Anzahl von Konstituenten haben (Lariochina 1979, 209). Auch die gleichzeitige Links- und Rechtserweiterung vom K e r n ans ist in anderen Kommunikationsbereichen weit seltener anzutreffen. Außerdem ist die durchschnittliche Anzahl von Syntagmen im Satz bei fachsprachlichen Texten größer. Die adverbiellen Bestimmungen sind enger mit der Substantivgruppe oder mit einem ihrer Teile verbunden, als das bei der Verbgruppe oder der Verbalphrase der Fall ist. Überhaupt gehen die Konstituenten der fachsprachlichen .Substantivgruppe oft engere Bindungen ein als in anderen Subsprachen. Das erklärt sich aus ihrer durch die Sachverhalte des Fachs determinierten Semantik und ihre relative kommunikative Selbstständigkeit (Lariochina 1979,208). Die Zahl der möglichen, lexikalisch realisierbaren Kombinationen wird dadurch stark eingeschränkt, selbst bei Substantiven, die man zum allgemeinen Wortschatz zählen könnte, wie z. B. H3MeHemie: H3MeneHiie kpobh, n3MeHenna pa3JiHHHoro xapaKTepa, aereHepaTHBHtie imieiieinifl B CJIH3HCTOII oöojioiKe, cneijinjmHecKiie H3MeHCHiia npn MiuiiiapHOM Ty6epKyjie3e, cocyfliicTHe H3MeHeima, py6i(OBBie HSMeiiemia CJIH3HCTOH pTa B pe3yjii>TaTe HenpoTiMecKiix npoi;eccoB.

Andererseits ergeben sich aus dieser fachlich bedingten Einschränkung günstigere Möglichkeiten zur semantischen Klassifikation der Syntagmen (Lariochina 1979, 241—228). Es lassen sich leichter Oberbegriffe bilden, unter denen man die Substantivgruppen zusammenfassen kann. So arbeitet M. Krämer (1973) auf dem Gebietd e r Medizin mit Kategorien wie „Beschaffenheit", „Veränderungen", „Einwirkungen", „Feststellung", „Realisierung", „temporale Verhältnisse", „lokale Verhältnisse" usw. Sie gelangt dabei zunächst unter Berücksichtigung der konkreten Lexik, dann aber auch f ü r die bloßen syntagmatischen Strukturen, zu interessanten semantischen Zuordnungen. Ein ähnlicher Ansatz hegt f ü r die KfZ-Technik vor (Spitzner 1980). Wenn m a n bedenkt, welch große Rolle die semantische Verträglichkeit der Konstituenten in den Wortgruppen spielt, dann wird die Bedeutung des Syntagmas f ü r die fachspraehliche Kommunikation besonders deutlich. 2.5.2.2.

Die

Verbgruppen

Auch in der Verbgruppe lassen sieh Spezifika der Fachsprachen erkennen, wenngleich weniger ausgeprägt- als in der Substantivgruppe. Zwar sind die Grundmodelle die gleichen wie in den anderen Subsprachen, aber auch hier fallen in den schriftlichen Formen der Fachsprachen Häufigkeit u n d Umfang der Erweiterung des verbalen Kerns auf. Aus den angeführten Beispielen ist zu ersehen, daß diese Erweiterungen vor allem in Adverbien sowie in Substantiven mit und ohne Präposition oder in ganzen Substantivgruppen bestehen, die in der Phrase bzw. im Satz die Funktion der adverbiellen Bestimmung und/oder des Objekts übernehmen. 187

Die Verbgruppe ist in Fachtexten weit häufiger als das einfache, unerweiterte Verb. Sie kann zur Verbalphrase bzw. zur Prädikatsgruppe werden. Wie schon in der Substantivgruppe, so gehen die Konstituenten — semantisch, bedingt — auch in der fach sprachlichen Verbgruppe engere Bindungen ein als in der Masse der anderen Subsprachen. Die Zahl der lexikalisch realisierten „Mitspieler" des Verbs erfährt durch die fachlich zugeschnittene Thematik eine drastische Einschränkung, so daß vergleichende Untersuchungen zur Ausschöpfung der Valenz des Verbs (Heibig/Schenkel 1969) in einzelnen Sub- bzw. Fachsprachen lohnend sind (Wenzel 1981; K u n a t h 1984). Zu einer ausgesprochenen Lexikalisierung der Syntagmen, wie sie bei den Mehrworttermini zu verzeichnen ist, kommt es innerhalb der Verbgruppe weit seltener. Erwähnung verdienen in diesem Zusammenhang nur die in den Fachsprachen stärker als anderswo verbreiteten Syntagmen mit einem weitgehend desemantisierten Kern, die sogenannten verbal-nominalen Wortverbindungen (Tuchel 1978), wie z. B. OKa3HBaeT noMomb (BJiiiHHHe), npoHBjiaeT HHTepec, npe^cTaBjiaeT coSoß BemecTBO, hbjih6tch oöteKTOM Hccne^oBaHHH, BBiCTynaeT c cooßmeHneiw, flejiaeT npeAJiOHiemie, ocymecTBJineTCH nepexon /kh«kocth b ra3, jueüCTByeT KaTajxn3aTopoM usw. Die semantische Klassifizierung der Verbgruppen f ü h r t in den Fachsprachen eher zu allgemeinen Oberbegriffen wie „Veränderung", „Einwirkung", „Feststellung" usw., die sich sowohl mit abstrakten Strukturen als auch m i t konkretem lexikalischem Material belegen lassen.

2.5.2.3.

Die Beziehungen zwischen den

Konstituenten

Besonders wichtig f ü r die richtige Analyse und Synthese der Syntagmen in den Fachsprachen ist die genaue Kenntnis der hierarchischen Beziehungen zwischen ihren Konstituenten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese darzustellen. Bei den Mehrworttermini h a t t e n wir uns mit Klammeruncren O begnügt. Aus der Sicht der Syntax ist eine Abbildung größerer Gruppen durch Konstituentenschenkel oder Stammbäume möglich, und zwar sowohl, f ü r die Substantivgruppen als auch f ü r die Verbgruppen, z. B. yHKi^noHajTbHoe

yöeRHTejibHo

Abb. 25 188

COCTOHHHe

OÖHapyWHJTH

i;eHTpajibHoii

noJiHyio

HepBHOfi:

He3aBHCHMOCTb

CKOpOCTH

CBeTa

Bei der Analyse der unmittelbaren Konstituenten liegt die erste Zäsur, die sonst die Nominalphrase von der Verbalphrase trennt, hinter dem Kernwort. Die weiteren Einschnitte registrieren die Links- und Rechtserweiterungen. Dieses Verfahren ist jedoch zu schematisch und führt immer wieder zu einem gleichmäßigen Abstieg nach links und rechts, der durch den linearen Verlauf der Rede gegeben ist. Deutlicher wird die Struktur der Syntagmen mit all ihren möglichen Varianten bei der Darstellung in Stammbäumen, die für die eben gebrauchten Beispiele so aussehen könnten: COCTOHHHe •yHKi;noHa:ii>Hoe

HepBHOÜ

0

IjeHTpaJIbHOii oÖHapyÄHjiH yßeaiiTejitno

He3aBHCHM0CTt nojiHyio^^^^^aiopoCTH CBeTa

Abb. 26

Hier bilden die Kern- oder Stützwörter den Gipfel. Durch die binäre Verzweigung können die größere oder geringere Nähe zwischen den Konstituenten bzw. ihre Abhängigkeits- oder Subordinationsbeziehungen übersichtlicher erfaßt werden. Dabei gelten die Attribuierungen links und rechts vom Kern der Substantivgruppe wie auch die adverbiellen Bestimmungen und Objektergänzungen in der Verbgruppe zunächst einmal als gleichberechtigt. Bei ihrer weiteren Hierarchisierung können bestimmte Positionen unbesetzt bleiben (0), die in anderen Syntagmen belegt sind. In der Zahl der Verzweigungen und ihrer Belegung kommt die Spezifik der Fachsprachen auf dieser Ebene zum Ausdruck; denn theoretisch läßt sich natürlich in den Knoten eine sehr weitgehende Verzweigung vorstellen, die folgenden abstrakten Ausdruck finden könnte und für alle Subsprachen möglich wäre (Siehe Abb. 27). Allerdings gibt es in allen natürlichen Sprachen schon generelle Beschränkungen in bezug auf die Realisierung dieses Schemas, die sich in Erwartungswerten (Wahrscheinlichkeiten) für die Besetzung der einzelnen Positionen ausdrücken lassen. Wenn diese Werte für die jeweilige Einzelsprache =)= 0 sind, dann liegen sie für die Fachsprachen im allgemeinen höher als für andere Subsprachen. 189

K Er

El

Er

El

/ \ Er

usw. ( K = K e r n , El = Erweiterung links, Er = Erweiterung rechts) Abb. 27

Man könnte b e i d e r Suche nach s p e z i e l l e n fachsprachlichen Syntagmen auch v o n d e r Funktion d e r b e t r e f f e n d e n Wortgruppen im* Satz a u s g e h e n . Dafür g i b t es e i n z e l n e Beispiele. Vor allem d i e a d v e r b i e l l e n Bestimmungen haben in diesem Zusammenhang die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. So g e h t N. M. Lariochina (1965) v o n d e r e n t r a d i t i o n e l l e r Einteilung a u s , w e n n s i e d i e f o l g e n d e n Gruppen u n t e r s c h e i d e t u n d mit Beispielen b e l e g t : Raum (paenojiaraTBefl) B n;eHTpe, Ha n 0 B e p x H 0 C T i i ; Zeit u n d Bedingung (oSoram a T B C H ) n p i i HarpeBaHHH, ( n p o n c x o A H T b ) 3a B p e j m ; p r o p o r t i o n a l e Abhängigkeit ( p a c n o j i a r a T b c n ) no ¡uepe y B e j i i m e H M H , c y B e j U M e m i e M ; Ziel ( H c n o j i t 3 0 B a T b ) ^JIH H3MepeHHH, ( p a c x o n o B a T b ) H a H a r p e B a H H e , ( B H Ö H p a T b ) B i j e i i n x ; Ursache u n d Folge ( B 0 3 H H K a T b ) B c n e n c T B n e n o r j i o m e H W H , B p e 3 y j i b T a T e pacuiHpeHHH; Art u n d Weise ( M 3 M e p H T b ) npii noMoujH B O J i b T M e T p a , c noMoinbB ajinepMeTpa,

(nonynaTb) nyTen

pa3Jio;KeHHH.

I. Schilling (1965) legt ihrer Gliederung den Gegenstand der Aussage zu Grunde. Sie gruppiert die einzelnen lexikalischen Einheiten und die Syntagmen, in denen sie auftreten, unter kommunikativem Aspekt wie folgt: (cne.naTb cooömeHHe) o pesyjiBTaTax paßoTbi, o npoBeaeHHOM ceMHHape, (HBJIOJKHTB) CBOK) TOHKy 3peHHH Ha 3TOT Bonpoc, Heo6,xosiiMne (|»aKTBi, (y^ecTt) cnei;H$HnecKBe ycjiOBHH, ypoBeub np0H3B0HCTBa, n e p c n e K T H B H j j a j i B H e i i m e r o p a 3 B H T H H USW.

Auf diese Weise wird eine Fülle wertvoller Erkenntnisse über die Fügungspotenzen des Wortschatzes und die Beschaffenheit der Syntagmen in Fachtexten zutage gefördert und vor allem ein reiches Material für Übungen im Fremdsprachenunterricht bereitgestellt. Eine Systematisierung und syntagmatische Interpretation bleibt bei diesen und ähnlichen Verfahren jedoch schwierig, weil sie von der Anlage her gar nicht beabsichtigt ist. Wichtige Angaben über typische Syntagmen im technischen Englisch finden sich bei M. Gerbert (1970) und Sager/Dungworth/McDonald (1980) neben der Darstellung bevorzugter eingliedriger Formen, zusammengefaßt zum Nominal- und Verbalkomplex. Bei den adverbiellen Bestimmungen halten wir eine gesonderte Behandlung als Syntagmen neben den Substantiv- und Verbgruppen nicht für zweckmäßig, weil, erstens, ein großer Teil von ihnen formal mit Substantivgruppen identischist (B TeneHiie BpeneHii, TaKHMo6pa3o:vi; for thispurpose, within the field 190

of exploration; dan-s ce cas, par extraction; unter Verwendung, in der Epoche) und damit im Hinblick auf das principium divisionis eine Uneinheitlichkeit in die Gliederüng käme, zweitens, weil in dieser Kategorie strukturell sehr unterschiedliche Elemente vertreten wären, wenn man die Adverbien mit hineinnehmen wollte, was bei einer funktionalen Ordnung konsequent wäre, drittens, weil die adverbielle Bestimmung ebenso wie das als Substantivgruppe klassifizierte Objekt (mit und ohne Präposition) Teil der Prädikatsgruppe ist und seine Funktion aus dieser nächst höheren syntaktischen Einheit herleitet. Wir werden die entsprechenden Strukturen deshalb ausführlicher behandeln, wenn von den Phrasen und ihren Konstituenten die Rede ist.

2.5.2.4.

Die Bedeutung der Syntagmen für den Spracherwerb

Wenn wir auch hier wieder nach dem Zweck der gesonderten Analyse der Syntagmen in der fachsprachlichen Kommunikation, besonders in schriftlichen Texten fragen, dann lautet clie Antwort ähnlich wie bei den früher behandelten sprachlichen Phänomenen: Verzeichnisse der auf dem geschilderten Weg ermittelten häufigsten Substantiv- und Verbgruppen für die einzelnen Fachsprachen erleichtern bzw. verkürzen die Analyse und Synthese fachsprachlicher Texte, weil sie die im System der Sprache generell angelegten Möglichkeiten auf eine begrenzte Zahl verschieden wahrscheinlicher Realisierungen reduzieren. Das wird vor allem bei der Belegung der abstrakten Strukturen mit konkreter Lexik klar. Spätestens auf der Ebene der Syntagmen zeigt sich, daß die formal richtige Verknüpfung der Konstituenten eine wichtige Grundlage für die Kommunikation, keinesfalls aber die ganze sprachliche Kompetenz verkörpert. Viel wichtiger als eine geringe Anzahl leicht formalisierbarer Verknüpfungsregeln, wie wir sie für die Substantivgruppe, insbesondere für die Mehrworttermini, und für die Verbgruppe in den Ansätzen gezeigt haben, ist die echte semantische Kompetenz, die sich in der fachsprachlichen Kommunikation sowohl auf die Beherrschung der Sprache als auch besonders auf die Kenntnis der Sache stützt. Den Zugang zu ihr findet man am ehesten über die Verzeichnisse der in den einzelnen Fachsprachen häufigen Syntagmen im Sinne von Kollokationen; vervollkommnet wird sie durch Angaben zu den möglichen, semantisch richtigen, üblichen, von der Sprachgemeinschaft — hier speziell den Fachleuten — akzeptierten Fügungen und zu den falschen oder unüblichen Bildungen. Im übrigen begegnen wir in den Syntagmen schon jenen Relationen, die dann auch die Einheiten höherer Ordnung — Phrase und Satz — determinieren. Im Syntagma liegt aber nicht nur der Übergang von der einzelnen lexikalischen Einheit zum Satz, sondern zugleich der Keim der Aussage 191

über die Dinge, die von der einzelnen lexikalischen Einheit benannt oder bezeichnet werden. Bei den großen Schwierigkeiten, die sich in der fachsprachlichen Kommunikation, besonders bei der Verwendung fremder Sprachen, aus dem Unvermögen ergeben, von der Benennung einzelner Phänomene zur abgerundeten Aussage zu gelangen, verdient das Syntagma deshalb besondere Aufmerksamkeit auf jeder Aneignungs- und Anwendungsstufe. 2.5.3.

Die

Phrasen

Von den Syntagmen zu den Phrasen ist es nur noch ein kleiner Schritt, wenn wir bedenken, daß eine ganze Reihe von Syntagmen — auch Mehrworttermini — die Rolle von Phrasen übernehmen kann, ohne dabei einer Veränderung im Bestand der Konstituenten oder in deren Relationen zueinander unterzogen zu werden: Die Substantivgruppen a ô c o j n o T H B i i ï H 3 r H 6 a i o m H f t MOMeHT ; end shield screw; connexion electrique des rails; die Eigenbewegung der Fixsterne können als Nominalphrasen in der Funktion der Subjektgruppe oder der Objektergänzung in der Prädikatsphrase auftreten. Die Verbgruppen H3MepHTb cmiy a j i e K T p n q e c K o r o TOKa ; in some cases observed low values; peut donner une fréquence significativement élevée; untersuchte das Wasser des Flusses sind vollwertige Verbal- bzw. Prädikatsphrasen. Ebensogut können die Syntagmen in der Phrase eine Erweiterung erfahren. Der wesentliche Unterschied zwischen Syntagma und Phrase liegt in der syntaktischen Sicht und der sich daraus ergebenden Segmentierung der Einheiten. Bei der Herauslösung des Syntagmas spielt, wie wir schon festgestellt haben, dessen Verhältnis zu den übrigen Syntagmen in der Phrase oder im Satz keine Rolle. Die Phrase dagegen ist eine „selbständige Einheit der Rede, eine aktualisierte Einheit der Mitteilung" (Achmanova 1966, 502), die durch die Segmentierung des Satzes entsteht, wenn dieser als grundsätzlich zweigliedrig aufgefaßt wird. Mit anderen Worten: Die Phrase gehört der in der sprachlichen Hierarchie auf das Syntagma folgenden höheren Ebene an. Das Syntagma könnte man, von dieser Ebene herabblickend, einfach als Phrasotmem (Maslov 1968) ansehen. Aus der fachsprachlichen Forschung und auch aus den Erfahrungen der spezialsprachlichen Ausbildung hat sich ergeben, daß eine funktional orientierte Phrasenstrukturgrammatik (Hoffmann 1971) am besten geeignet ist, die syntaktische Spezifik der Fachsprachen aufzudecken und die Herausbildung sprachlicher Fertigkeiten und Fähigkeiten zu fördern. Diese Auffassung wird auch durch die vorangegangenen Betrachtungen zu den Syntagmen bestätigt. Wenn auch der Satz die entscheidende sprachliche Einheit ist, in der sich die Aussage realisiert, so ist er doch als Ganzheit 192

zu wenig differenziert, um daraus Unterschiede zwischen den Subsprachen herleiten zu können, auch wenn wir mit der traditionellen Grammatik zwischen einfachen (erweiterten) Sätzen, Satzverbindungen und Satzgefügen unterscheiden und deren verschiedene Arten weiter untersuchen. Die Zerlegung des Satzes wie der Aussage in zwei Grundkonstituenten — Nominalphrase und Verbalphrase, Thema und Rhema, Bekanntes und Neues usw. — führt zu deren gründlicherem Verständnis. Dabei ist es zweckmäßig, Nominalphrase und Verbalphrase gleichzeitig in ihrer Funktion innerhalb des Satzes (S) zu erfassen und so ,zu einer feineren Zergliederung in Subjektphrase (SP) einerseits und Prädikatsphrase (PP) mit Kern (K), adverbieller Ergänzung (AE) und Objektergänzung (OE) andererseits zu gelangen.

S

AE

K

OE

Abb. 28

flamme ontiTa (SP) BnojiHe (AE) noflTBepjKaaioT (K) npHrnjuiiH oTHociiTejibhocth (OE). Aus diesen Grundeinheiten besteht im Prinzip jeder Satz, sei er auch noch so lang und kompliziert. Sind sie einmal auf ihren Bestand an Konstituenten und auf die Beziehungen zwischen diesen, cl. h. als Phrasen, untersucht, dann bleibt eigentlich nur die Frage ihrer Verknüpfung zum Satz übrig. U n t e r . funktional orientierter Phrasenstrukturgrammatik verstehen wir aber noch etwas mehr, nämlich die Herstellung von Zuordnungen zwischen sprachlichen Strukturen und Teilen der durch ihren fachlichen Zweck determinierten Aussage. So ist, wie wir später sehen werden, zur Beschreibung bestimmter, für ein oder mehrere Fachgebiete spezifischer Vorgänge eine sehr exakte Darstellung der Bedingungen durch adverbielle Bestimmungen nötig. Den hohen Anforderungen an eine fast zeichnerische Genauigkeit in den Fachsprachen werden aber einfache Adverbien nur selten gerecht. Deshalb treten hier ganze Substantivgruppen immer stärker in den Vordergrund. Zu ihrer Klassifizierung reicht die alte Einteilung in Modal-, Temporal-, Lokal-, Kausalbestimmungen usw. kaum noch aus. Die fachsprachliche Forschung strebt hier nach einer weiteren Differenzierung, die über die allgemeine Ortsbestimmung hinaus die Lage von Organen im menschlichen Körper (Medizin), die Bewegung von Körpern im Raum (Physik), die Position eines Elements in einem System (Kybernetik), den Weg des Ernteguts durch den Mähdrescher (Landtechnik) und anderes mehr erfaßt. 13

Fachsprache

193

Ähnliches gilt f ü r die differenzierte Erfassung der Gegenstände der sprachlichen Kommunikation, die als Subjekt oder Objekt des Satzes zuweilen in sprachlich sehr komplexer Form auftreten, oder der zuweilen recht komplizierten Operationen, in die diese Gegenstände einbezogen werden und die in der Prädikatsphrase ausgedrückt werden müssen. 2.5.3.1.

Die

Phrasenlänge

Als äußeres, rein quantitatives Merkmal der Phrasen in fachsprachlichen Texten wird immer wieder ihre Länge hervorgehoben. So ergibt ein Vergleich von Texten der Radioelektronik mit allgemeinen Angaben über die russische Sprache, der von N. D. Andreev (1967, 248) auf der Basis der Buchstabenbzw. Phonemzahl durchgeführt worden ist, daß in den Fachsprachen Längen von 8 bis 22 Buchstaben den höchsten prozentualen Anteil (0,033—0,045, d. h. insgesamt 0,582 oder 58 %) ausmachen, während dieser in anderen Subsprachen bei Längen von 3 bis 15 liegt (0,566 oder 57 %). Phrasen von 23 bis 34 Buchstaben sind in den Fachsprachen immer noch häufig (0,028—0,009). Die gleiche Häufigkeit wird in den übrigen Subsprachen n u r bis zu 24 Buchstaben Lärige erreicht. Dagegen haben dort die geringen Längen von 2 bis 7 Buchstaben durchweg eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit, z. B. 4 Buchstaben 0,043 gegenüber nur 0,011. F ü r das Englische ergibt die Gegenüberstellung von Radioelektronik und. künstlerischer Prosa ein ähnliches Bild. Am stärksten vertreten sind in fachsprachlichen Texten Phrasenlängen von 12 bis 30, in der künstlerischen Literatur von 2 bis 24. Die Angaben zur Radioelektronik im Französischen, f ü r die Vergleichsdaten fehlen, weisen f ü r die großen Längen ebenfalls hohe Häufigkeiten aus. F ü r die deutschsprachigen Stichproben der Radioelektronik und der Publizistik ergeben sich dagegen kaum signifikante Abweichungen. Die hier in Buchstaben und Phonemen ausgedrückte größere Phrasenlänge in den Fachsprachen ergibt sich direkt aus der größeren Zahl der Konstituenten (lexikalischen Einheiten). Berechnungen auf dieser Grundlage (Anzahl der Autosemantika) stellt G. A. Lesskis f ü r den russischen Satz an (Lesskis 1963). E r gelangt dabei zu folgenden Ergebnissen: Tab. 33 Subjektgruppe Phrasenlänge (Zahl der Autosemantika)

Wissenschaftliche Prosa

Künstlerische Prosa

0 1 2 3 4 äsö

11,4 27,3 24,1 12,4 8,4 16,4

3,8 73,7 13,9 4,3 1,7 2,6

194

Abgesehen von der größeren Häufigkeit der Nullphrasen in der Subjektgruppe, die sich funktional ohne weiteres interpretieren läßt, bestätigt sieh liier, was bei der Ermittlung der Phrasenlänge nach Buchstaben bzw. Phonemen schon deutlich geworden ist: die Tendenz der Fachsprachen zu Tab. 34 Prädikatsgruppe Phrasenlänge (Zahl der Autosemantika)

Wissenschaftliche Prosa 0,1

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

3,1 8,7 12,7 14,5 13,5 10,9 8,2 7,5 5,9 4,6 10,3

Sil

Künstlerische Prosa 0,2 16,4 25,9 22,6 13,8 8,7 4,5 2,8 1,9 0,9 0,7 1,6

größerer Phrasenlänge, die bei den Subjektphrasen schon von der zweigliedrigen, bei den Prädikatsphrasen von der viergliedrigen an sichtbar wird. 2.5.3.2.

Die Konstituenten

in Subjekt-

und

Prädikatsphrase

i Wichtiger als die Zahl der Konstituenten der Phrase in den Fachsprachen ist deren Beschaffenheit, d. h., uns interessieren die sprachlichen Elemente und ihre Verknüpfung in der Phrase. Obwohl wir hier eine weitgehende Übereinstimmung mit den bereits untersuchten Syntagmen antreffen, ergeben sich aus einer gesonderten Betrachtung der Phrasen doch neue Aspekte im Hinblick auf die vollständige Erfassung der fachsprachlichen Syntax. Interessantes Material dafür bietet eine vergleichende Analyse, die S. Robaschik (1977, 103—112) an russischsprachigen Texten der Medizin und der künstlerischen Literatur durchgeführt hat. Wir stellen die Ergebnisse in der Reihenfolge der abnehmenden Häufigkeit nebeneinander. 2.5.3.2.1.

Die

Subjektphrasen

Schon der Vergleich dieser einfachen Symbolketten, die noch einer Hierarchisierung zugeführt werden könnten, läßt eine Reihe von Unterschieden bzw. Besonderheiten bei den Fachsprachen erkennen. Da ist zunächst die größere 13 :

195

Tab. 35 Subjektphrasen In medizinischen Fachtexten

relative Häufigkeit

In der künstlerischen Prosa

relative Häufigkeit

1. Nullphrasen 2. S 3. Pr 4. AS 5. SSg 6. PrS 7. SAgSg 8. ASSg 9. SCS 10. SSgSg 11. SPrg 12. ASAgSg 13. AAS 14. PrAS 15. PartS 16. SS 17. SPrgSg 18. SSgAgSg 19. SgN 20. PrSSg • 21. SSgSgSg 22. SSg Präp Sp 23. SAgSgSg 24. A 25. ACAS 26. Part AS 27. SPr 28. S Präp Si

0,151888 0,130953 0,085796 0,062808 0,061477 0,027504 0?016831 0,013957 0,008621 0,007800 0,006569 0,006158 0,005747 0,005 747 0,004516 0,004516 0,004106 0,003695 0,003695 0,003285 0,002464 0,002464 0,002464 0,002464 0,002464 0,002464 0,002054 0,002054

1. Nullphrasen 2. Pr 3. S 4. AS 5. SSg 6. PrS 7. SS 8. AAS 9. SAgSg 10. PrPr 11. ASSg 12. Pr Partikel 13. PrgS 14. A 15. SCS 16. PrAS 17. S Partikel 18. Partikel Pr

0,282913 0,273459 0,203782 0,029412 0,025449 0,017507 0,017157 0,005252 0,003621 0,003502 0,003152 0,003152 0,002802 0,002802 0,002451 0,002101 0,001751 0,001751

(S - Substantiv, Pr — Pronomen, A - Adjektiv, C - Konjunktion, Präp — Präposition, >N — Numerale, Part — Partizip, g - Genitiv, d — Dativ, i — Instrumental, p — Präposition)

Vielfalt der S t r u k t u r e n (28 gegenüber 18) u n d d a n n die größere A n z a h l der K o n s t i t u e n t e n (ohne K o n j u n k t i o n e n u n d P r ä p o s i t i o n e n 4 m a l 4, lOmal 3, 8mal 2, 4 m a l 1, l m a l 0 gegenüber Omal 4, 4 m a l 3, lOmal 2, 3mal 1, l m a l 0), so etwa die ausgesprochene B e v o r z u g u n g dreigliedriger S u b j e k t p h r a s e n in den F a c h s p r a c h e n u n d zweigliedriger in der k ü n s t l e r i s c h e n L i t e r a t u r . Einige S t r u k t u r e n sind n u r in einer der beiden S u b s p r a c h e n v e r t r e t e n , z. B . die viergliedrigen ASAgSg, SSgAgSg, SSgSgSg, SAgSgSg mit ihrer s t a r k e n a t t r i b u t i v e n E r w e i t e r u n g , die G e n i t i v k e t t e n S S g S g S g u n d SSgSg, die K o n s t r u k t i o n e n m i t S u b s t a n t i v e n im P r ä p o s i t i v u n d I n s t r u m e n t a l S S g P r ä p S p , S P r ä p S i , die P h r a s e n mit P a r t i z i p i e n P a r t S u n d P a r t A S , die k o n j u n k t i o n a l e V e r b i n d u n g der A t t r i b u t e in ACAS und einige G r u p p e n m i t p r o n o m i n a l e n K o n s t i t u e n t e n n u r in der F a c h s p r a c h e der Medizin, b e s t i m m t e P h r a s e n 196

mit P a r t i k e l n und Pronomen nur in der künstlerischen L i t e r a t u r . Andere nehmen der Häufigkeit ihres Auftretens nach verschiedene Positionen in der Rangliste ein. So steht das Pronomen als S u b j e k t in der künstlerischen L i t e ratur an der Spitze, in wissenschaftlichen T e x t e n folgt es erst nach dem S u b s t a n t i v . Die P h r a s e S A g S g steht in der F a c h s p r a c h e der Medizin an siebenter, in der künstlerischen L i t e r a t u r erst an neunter Stelle. Bei A S S g haben wir eine E n t f e r n u n g von drei R ä n g e n (8—11). U m g e k e h r t liegen A A S und S S in der künstlerischen L i t e r a t u r wesentlich weiter vorn (8—13 bzw. 7-16). D i e Rangposition allein läßt jedoch die unterschiedliche Wertigkeit der Phrasenstrukturen noch nicht in vollem U m f a n g erkennen, da die Abstände zwischen den R ä n g e n größer oder kleiner sein können. W i r müssen deshalb auch die Häufigkeiten der einzelnen S y m b o l k e t t e n direkt miteinander vergleichen. Dabei zeigt sich z. B . , daß die Nullphrase, d. h. der subjektlose Satz, zwar in beiden Listen den ersten P l a t z einnimmt, aber mit sehr unterschiedlichen Häufigkeiten (0,15—0,28). D a m i t wird übrigens die B e h a u p t u n g , der „wissenschaftliche S t i l " sei a b s t r a k t und unpersönlich, von dieser Seite her nicht gestützt. Die S u b j e k t p h r a s e enthält in den Fachsprachen mehr k o n k r e t e und auch ausführlichere Angaben als in anderen Subsprachen. D a s wird auch durch das Verhältnis zwischen den Häufigkeiten der S u b s t a n t i v e und Pronomen bestätigt. Die Pronomen stehen in künstlerischen T e x t e n in 27 von 100, in wissenschaftlichen T e x t e n nur in 8 von 100 Fällen als S u b j e k t . D a s Bild ändert sich auch dann nicht, wenn wir berücksichtigen, daß das S u b j e k t in der künstlerischen L i t e r a t u r für 20 % und in der wissenschaftlichen P r o s a nur für 13 % der Phrasen von einem S u b s t a n t i v repräsentiert wird; denn bei dieser Gegenüberstellung erscheint j a nur das einzelne S u b s t a n t i v im B l i c k feld. W e i t größeres Gewicht h a t in der fachsprachlichen K o m m u n i k a t i o n jedoch das S u b s t a n t i v als K e r n einer mehrgliedrigen S u b j e k t p h r a s e . Hier überwiegt es in den entscheidenden S t r u k t u r e n gegenüber dem S u b s t a n t i v im künstlerischen Sprachgebrauch. D a s wird indirekt auch daraus deutlich, daß die drei ersten (eingliedrigen) S t r u k t u r e n — Nullphrase, P r , S — zusammen allein schon 76 % der S u b j e k t p h r a s e n in der schöngeistigen L i t e r a t u r ausm a c h e n ; in den medizinischen T e x t e n sind es nur knapp 37 % . Schauen wir uns noch ein p a a r Beispiele für fachsprachliche S u b j e k t p h r a s e n mit den geschilderten S t r u k t u r e n a n : PEKOIIEHFLYETCH B03AEPHTNBATI.CH OT YRROTPESJIEHHH B niimy (Nullphrase). 2. ¿JueTa aojiiKHa ötiTb MexaHimecKH H xuMHiecKH maanmeii (S). 1.

3.

Aiacna

3 T O oöTFLCHNETCH OTEYTETBHEM y HHX HMIIYMITETA ( P r ) .

4. B cjiynae BBINAAEM-IH npHMoii KHUIKH npuMeHHeTCH XHpypriinecKoe oiehchhc (AS). 5. .UnarHOCTHKanyK0BHCiiH1D(03aCTaHOBHTCH oqeBHßHoii. . . ( S S g ) . 6. 9TH BC.lHHHIIbl KOJieÖJIIOTCH . . . ( P r S ) . 197

7.

IIHTI'I ÖOJIbHHX ÖblJIII OTH6TJIHBO HeKOMiieiicaipiii (SAgSg).

y

Bbtpa/KeHbl

HBJieilHH

Cep^eiHOH

8. KaHiiHiecKne noflBJieHiui 3a6ojieBauna o6Hapy?KeHbi. . . (ASSg). 9. OflHaKo Ba.itTCp H BäCOB H6 OIJ6HHJIH BC6T0 3Ha4eHHH . . . (SCS). 10. . . . H3yiCHiie npoSjieMM MyK0Biicip,n;03a . . . iipeflCTaBaneT ßojibmoii HHTepec ( S S g S g ) .

11. OTcyrcTBiie ero npe,noTBpamaeT ßepeiweHHocTb . . . (SPrg). 12. IIoBbirä 3Tan pvccKoii (jnisnoJiorHii HaqHHaeTCH paöoTaMii . . . (ASAgSg). 13. K0MaT03iiaa («CBepxiiocTiiaa») opjia qame npuBo^HT k jieTa.itnoMy Hcxoay ( A A S ) . 14. 3TH OKiic.iiiTe.ii.Hwe peaKu;un o6o3HaHaioTCH TepivniHOM TKaHeBoe «bixaHwe (PrAS). 15. npiiBefleirubje BonpocbiHacTOJibKO Ba?KHbi, ITO . . . (PartS). 16. ß I I A R H O S «renaT0X0aecTiiii;BT» OÖH^HO TpeßyeT VTOHHEHHH (SS). 17. Pe3yjibTaTM iiaunix Hcc-ieflOBaniiii BnojiHe coBna^aioT c flaHHbiMii JIe6e/ieBa (SPrgSg). 1 8 . . . . B 3TO BPEMH HAßJIIOFLAETCH yMeiibiueHHe ceicpeijHH noßa.ejiyjjo'uioii jKejiesbi (SSgAgSg). 19. MyatiHH ÖHJIO 10 . . . (SgN). 20. B C H K H H npucM NITMIR BH3biBaeT noBbimeHwe OßIWEHA BemeciB (PrSSg). 21. 3anncb ÖHOTHKOB K o p t i M03ra nojiyimia Ha3BaHiie sjieKTposHue^ajiorpatjuiit (SSgSgSg). 22. HeM öojibine co^epafainie reMor.iooniia B KpoBii, Ten . . . (SSgPräpSp). 23. MeTO« xpoiiiiHecKiix O I I M T O B Ü A B . I O B A yqnT Bpaia noHHMaffb . . . (SAgSgSg). 24. . . . napaciiMiiaTHiecKHii pa3fleji yBejiHHUBaeT KpoBeHanojiHeHiie, a CHMnaTHiecKiitt, HanpoTHB, ero CHimaeT (A). 25. . . . peiierrropbi, c K O T O P H X B03HHKai0T ycjiosubie H 5e3ycaoBiibie pecjtJieKCH . . . ( A C A S ) . 26. . . . BbipaaceiiHbiü aTpo^uiecKitii racTpHT y 3 öojibHbix . . . ( P a r t A S ) . 27. KnCTa 3Ta OÖBIIHO Kpyrjioii opMbi,. . . (SPr). 28. ECJIM npii STOM ßyjiaatKa c KHCJIOTOÜ He yna^eT,. . . (SPräpSi). Möglicherweise ist noch nicht jedes der Beispiele eindeutig in der Zuordnung zu den Strukturen. So könnte man z. B. 26 auch zu 13 zählen oder die Eigennamen aus der Kategorie der Substantive herauslösen. Diese Veränderungen hätten aber keinen wesentlichen Einfluß auf unsere prinzipiellen Feststellungen.

2.5.3.2.2.

Die

Prädikatsphrasen

Ehe wir uns die unterschiedlichen Strukturen der Prädikatsphrase näher ansehen, müssen einige Worte zu deren Grobgliederung gesagt werden. U m die spezifischen Eigenheiten der Fachsprachen in dieser syntaktischen Ein-

198

heit genauer zu erfassen, sollte man hier eine Dreiteilung in K e r n ( K ) , adverbielle Ergänzung (AE) und Objektergänzung (OE) vornehmen (Hoffmann 1 9 7 2 a ; R e i n e c k e 1974). Schon im Prädikatskern treten zwei Besonderheiten der F a c h s p r a c h e n sehr deutlich hervor: a) der wesentlich höhere Anteil nominaler E l e m e n t e und die damit verbundene Zurückdrängung des Verbs sowie b) die Desemantisierung des Verbs. An Stelle des in anderen Subsprachen, besonders in der künstlerischen und publizistischen L i t e r a t u r vorherrschenden Verbs begegnen wir sehr häufig Adjektiven, Partizipien und ganzen Substantivgruppen mit und ohne K o p u l a bzw. Hilfsverb. E C J I X I nojiHLiii 3apHH paßeii nyjno. TO nepstiit MJICH NC^esacT. TeopeTHiecKan paöoTa JleHiraa ßw.ia iieoTfleaiiMa OT ero iipaKTimeckoü peBO-

^eflTejIBHOCTH. OoHBaeHHe B03pacTaK>miix U I E H O B B peineHiiii CBfl3ano c pa3Jio>KEHHEM rana . . . 3TO — HCKOMBie 3ii(J»$cpeunna3i.irLie ypaBiieima. B E J I N ^ I H H A A . . . ecTt u;nK,in>iecKaa lacTOTa Bpam,eHHH HaCTimBi B I I J I O C K O C T H . MapKoii3si aB.iaeTca BparoM Bcaisoro p;orMaTii3Ma. Nothing is more conducive to international misunderstandings t h a n deceptive cognates. T h e distribution of an element will be understood as t h e sum of all its environments. T h e thing is too well known to need illustration. A technical jargon is an imescapable necessity in every field research. •C'est pour cette raison qu'il est important . . . de recourir à un principe cle généralisation particulier. JIIOMIOHHOÜ

Chaque division menée à son terme est présupposée par d'autres divisions. U n e classe de classes sera appelée hiérarchie. L a catalyse est la condition nécessaire de l'analyse. I m August 1937 war das Meer um Spitzbergen völlig eisfrei. D i e Wasseruhr war im Altertum in verschiedenen, z. T . sehr kunstvollen K o n s t r u k t i o n e n weitverbreitet. D i e spezifische W ä r m e eines Stoffes wird gemessen durch die W ä r m e m e n g e , die nötig ist, um die Temperatur von einem K i l o g r a m m dieses Stoffes u^n 1°C zu erhöhen. D i e auffallendste Klimawandlung in der letzten Zeit ist die Erwärmung der Arktis. E i n e starke Desemantisierung erfährt das Verb in S ä t z e n wie: HaGnioflaeivioe MHoroo6pa3ne H B J I E H W N B npupo^e N P E ^ C T A B , I A E T COÔOH pa3JiHHHtie $opMBi flBHJKymeiicH MaTepiiM. MaTejiaTuqecKiie

MCTO/JH OKAÄLIBAIOTCA

ecTecTBeHHOü 6a3oii KiißepHeTHKii.

B o o ö m e neTBipexMepHBiM BeKTopoM . . . Ha3BiBaeTca coBOKynHocTh leTBipex BeiiiiHHH A 0 , A 1 , A-, A : ! . . . 199

We just happcn not to care what the denotation is. This seems to be a misinterpretation. Les grandeurs inventoriées à chaque étape de l'analyse seront appelées éléments. Ce groupement doit se faire sans tenir compte des paradigmes que composent les sons. Hier hat die Entwicklung einen Sprung gemacht. Verdunstung heißt der Übergang eines flüssigen Stoffes in den gasförmigen Zustand. Wenn schon die nominalen Elemente im Kern der fachsprachlichen Prädikatsphrase auffällig stark vertreten sind,'so nimmt das Verb doch auch hier seine Hauptfunktion wahr. Eine Vorstellung vom Verhältnis zwischen verbalem und nominalem Prädikat geben die Untersuchungen von G. A. Lesskis (1963, 9) zum russischen Satz, deren Ergebnisse sich in unseren eigenen Arbeiten bestätigt haben. Danach sind in wissenschaftlichen Texten 37,5 % der Prädikate nominal unçl 62,5 % verbal. In der künstlerischen Literatur steht das Verb für 87 % der Prädikate, und nur 13 % haben nominalen Charakter. Ebenso wie bei den Subjektphrasen kann man die Struktur der Prädikatsphrasen in Symbolketten erfassen. Die Klassifizierung, die sich auf diese Weise ergibt, führt über die erwähnten, fünf Typen hinaus und gestattet eine präzisere Darstellung der fachsprachlichen Spezifika. Bei der Analyse russischsprachiger Texte der Medizin hat sich die folgende Rangordnung für Prädikatsphrasen ergeben : Tab. 36 Prädikatsphrasen

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

In medizinischen Texten

relative Häufigkeit

Vintrans Vtrans D Vintrans Akf , Partkf DAkf Vaux Vintrans/trans VtransAaSa VauxPräpNSg AaSaVtrans Vtrans Sa

0,026146 0,015003 0,009037 0,005144 0,005144 0,003429 0,002572 0,002572 0,002572 0,002143 0,002143

(V - Verb, D - Adverb, A - Adjektiv, Part — Partizip, S — Substantiv, N — Numerale, intrans — intransitiv, trans — transitiv, kf — 'Kurzform, Vaux — Hilfsverb, a — Akkusativ, g — Genitiv)

Veranschaulichen wir uns die häufigsten Strukturen noch an einigen Beispielen : 1. OÖHAPYAIHBAETCH 3HAHHTE;II>HOE CHHHIEMIE nicjia oßiesia M H T O X O H ^ P H H . . . . HJIHVJHO HCHe3aiOT (Vintrans). 200

2. B. B. Bajiflaeßa Y K A 3 B I B A E T , HTO . . . (Vtrans). 3. O O M I H O HiieeTca pe3Kan a^HHaMH« h oömne TuniiiHtie HBJiennH (DVintrans). 4. Mx HapyiKHLiii KOHTyp no,iHn,HK,nHieH (Akf). 5. OTSieieHO ÖJiaronpiiHTHoe BJIHHHHG 3Toro npenapaTa Ha . . . (Partkf). 6. 3 T A T E O P H H nacTönbKO H3BecTHa, HTO . . . (DAkf). 7. OcTpoTa rrpoqecca MOSKCT BapbnposaTb (VauxVintrans/trans). 8. TeiieHHe peaKiiiiH HMeeT $a3Hbifi xapaKTep (Vtrans AaSa). 9. HejjocTaTO'iHocTb KpoBoo6pameHHH 1—2 CTeneHH 5bi.ua y 24 SonbHbix . . . (VauxPräpNSg). 10. Bonbiuoe s n a i e n n e IIMC.IO BHFLEJIEHHE B caMOCTOHTejiBHyK> cneijHajibHOCTB Heiipoxiipypruii (AaSa Vtrans). 11. IIpeflCTaB.THeT nHTepec TpyjjoBaa a ^ a m a i i n a ßojibHtix THnepTpo^Heli

(VtransSa). Vergleicht man dieses Verzeichnis der häufigsten Prädikatsphrasenstrukturen mit einem anderen f ü r die der künstlerischen Literatur, so fallen vor allem folgende Besonderheiten auf: der hohe Anteil intransitiver, z. T. passiver Verbformen mit und ohne adverbielle Ergänzung; die große Zahl von Adjektiven und Partizipien mit und ohne Hilfsverb bzw. Kopula; die große Häufigkeit von Prädikatsphrasen ohne Objektergänzung mit und ohne Präposition; das Auftreten von (erweiterten) Objektergänzungen vor dem Verb (Inversion). Fast kein Unterschied besteht in der Verwendung der häufigen S t r u k t u r Vaux Vintrans/trans, d. h. in der Vorkommenshäufigkeit modaler Modifikatoren. Diese Aussagen über die Prädikatsphrase sind weniger zuverlässig als die über die Subjektphrase. Während die bei beiden verwendete Untersuchungsmethode dort zu einer überschaubaren Zahl relativ häufiger S t r u k t u r e n geführt hat, ergibt sie hier n u r niedrige Häufigkeiten f ü r eine große Zahl in ihrem Bestand unterschiedlicher Konstruktionen, die durch die größere Länge und Komplexität der Prädikatsphrase bedingt ist. Was f ü r die untersuchten Fachtexte der Medizin typisch ist, m u ß durchaus nicht auf alle oder viele andere Wissenschaftsdisziplinen und schon gar nicht auf die Sprache der materiellen Produktion zutreffen. Wenn wir auch früher geneigt waren, eine weitgehende Einheitlichkeit des „wissenschaftlichen Stils" auf der syntaktischen Ebene anzuerkennen, so sind uns doch bei der genaueren Untersuchung der Phrasenstrukturen und speziell der Prädikatsphrasen Zweifel daran gekommen, daß sich hier keine Unterschiede zwischen den Fachsprachen feststellen lassen sollten. Auffällig ist z. B. die differenzierte Verwendung des Adverbs in der Fachsprache der Medizin (Wüsteneck 1971), der in anderen Fachsprachen ein ausgiebiger Gebrauch adverbieller Bestimmungen in Gestalt von Substantivgruppen gegenübersteht. Auch im Hinblick auf Häufigkeiten und Umfang der Objektergänzungen nach transitiven Verben bestehen zwischen den einzelnen Fachspra201

chen beträchtliche Unterschiede. Stichproben aus der Technik und aus den Gesellschaftswissenschaften haben zu ganz anderen Ergebnissen geführt, als wir sie in unserem Verzeichnis für die Medizin vorgelegt haben. Und auch für das Englische, Französische und Deutsche, wo repräsentative Untersuchungen zur Prädikatsphrase in fachsprachlichen T e x t e n noch nicht vorliegen, sind durchaus neue Erkenntnisse zu erwarten. Deshalb führt hier eine genauere Analyse der adverbiellen Ergänzungen und Objekterweiterungen zu tieferen Einsichten in das Wesen der Fachsprachen. 2.5.3.2.3.

Die adverbiellen

Ergänzungen

Nähere Angaben zur adverbiellen Ergänzung in russischsprachigen T e x t e n der Naturwissenschaften finden sich bei I . F . Vinogradova und E . P . Goljarkina (1965). Danach verteilen sich die adverbiellen Ergänzungen in der Prädikatsphrase auf die traditionellen funktionalen Kategorien wie folgt: modale 30,5 % , lokale 30,5 % , konditionale bzw. konditional-temporale 14 % , temporale 9 o/0, graduelle 6,5 % , finale 6 % , kausale 3,5 % . Aus einer strengeren Formalisierung cler bei Vinogradova und Goljarkina aufgeführten 37 Typen ergibt sich eine Rangliste mit 14 S t r u k t u r e n : VD pacTBopHTLCfi jierKo — modal. Haxo;(iiTbCH BHyrpu. OTKJIOHHTBCH BJieBO — lokal D VDDV VSi VAiSi YPräpSg VPräpSd

pa3BHBaTbCH

AOBOJ1LHO

UtICTpO,

OKa3bIBaTbCH

AOCTaTO'IHO

CJIOJKHBIM



graduell

CjieflyeT, B b i T e n a e T — l o k a l , 3aTeM onpeaejraeTCn — t e m p o r a l , cnjibHO H3MGHfleTCH — g r a d u e l l , i r o o T O M y npoiisneae.M — k a u s a l nonyiaTb B p a m e m t e M — m o d a l n o j i y n a T b npoCTbiM MCTO^OM — m o d a l BpamaTb BOKpyr ocn — m o d a l , i i a x o f l i i T i , 113 paßencTBa — l o k a l , 0 ß p a 3 0 BaTbca nocne n a r p e n a — t e m p o r a l , npnMenHTb(CH) nony^einta — f i n a l BbmwcjiHTb no ({lopMy.ie — m o d a l , nepecenaTb no A ' i a r o n a . ™ — m o d a l , OTCK>;(a

S VPräp—a

NOFLXOJJHTB K n o B e p x H o c T i i — l o k a l

YPräpSi VPräpAiSi VPräpSp

BOspacTaTb c TeMnepaTypoii, ABiiraTbcn co CKopocTbio V — modal

nosHHTbCH na BbicoTy h, yBejiiwiiTbCH na 150 % — graduell, pay6nnaTb n a HHTepBajiLi, Bbipa3HTb iepe3 cnopocTb — modal, n p o T e n a T b Mepe3 TpyÖKy, BBOAHTb B p a C T B O p — lokal VPräpAaSa H C n 0 . 1 b 3 0 B a T b B H a C T O H m e e B p e M H , I[3MeHHTbCH 3a K O p O T K I l i i nepiioa — temporal

aeftcTBOBaTb c neosHHaKOBbiMM ciuiaMii — modal OKiicjiHTbCH B pacTBope, pacnoiiaraTbCH Ha noBepxHocTii — lokal, BbiflejiHTbCH npii peaKUHH — konditional-temporal VPräpApSp onpeae.'iHTb B np0THBH0M CJiynae — konditional-temporal VLSg oÖHapy'/KHTb npii noMomn (c noMombio) MHKpocKona, naxoanTi. nyTeM BbimicjicHHii — modal, O G M C H H T L Ha ocHOBannn oribna, BCTpenaTbCH B BHAÖ napoB — modal, napymaTbCH BCJIGACTBHG TpeniiH, npeupaujaTbCH • B pe3y.ribTaTc OKcnepiiMeiiTa — kausal, i;piiCTaJiJiH30BaTbCH no Mepe oxjiawaemiH — graduell

202

(V _ Verb, D - Adverb, A - Adjektiv, S - Substantiv, Präp - Präposition, N - Numerale, L - lexikalische Einheit, g - Genitiv, d - Dativ, a - Akkusativ, i - Instrumental, p — Präpositiv)

Vergleicht man dieses Verzeichnis mit einem entsprechenden der künstlerischen Literatur, dann fällt dort die große Häufigkeit der einfachen Adverbien vor und nach dem Verb auf. In den Fachsprachen dominieren eindeutig die Substantive und Substantivgruppen mit Präposition. Dabei werden alle Kasus ausgeschöpft. Ohne Präposition treten Substantive nur im Instrumental auf. In diesem Kasus und auch im Präpositiv haben sie die stärkste Tendenz zur Erweiterung durch ein Adjektiv. Im übrigen lassen die aufgeführten Strukturen eine Reihe von Modifikationen und Erweiterungen zu. So können Adjektive durch Partizipien oder Pronomen, Substantive selbstverständlich durch Pronomen ersetzt werden. Erweiterungen ergeben sich durch das Hinzutreten von gleichartigen Elementen, Zahlen, Buchstabensymbolen, ganzen Formeln usw. Präpositional regierte Substantive als typische Konstituenten der adverbiellen Ergänzung werden nicht nur im Russischen immer häufiger. So führt M. Gerbert (1970, 51 f.) unter der Überschrift „Merkmallose Adverbien (Fiat-Adverbs)" die Beispiele ivith accuracy, with the greatest ease neben anderen Gruppen wie the liard way, the easy way, are easy to weld usw. an, die sich für die verschiedenen Arten der adverbiellen Bestimmungen noch beträchtlich ergänzen ließen (for special pur-poses - final, for the first lime - temporal, under these conditions — konditional usw.). Dieselbe Tendenz läßt sich für das Französische zeigen: avec quel soin scrupuleux, sans discrimination et sans nécessité — modal, sur la terre — lokal, sous ce but — final usw. Und auch im Deutschen begegnen wir immer häufiger Konstruktionen wie: zu diesem Zweck - final, unter der Bedingung - konditional, beim Anlassen temporal, mit Hilfe der modernen Technik, unter Nutzung spezieller Methoden modal u. a. 2.5.3.2.4.

Die Objektergänzungen

Zur Objektergänzung bleibt uns nur noch wenig zu sagen, nachdem wir an anderer Stelle schon darauf hingewiesen haben, daß deren Struktur in den Grundzügen mit der cles Mehrwortterminus oder der Subjektphrase übereinstimmt, handelt es sich doch aus syntaktischer Sicht bei ihnen allen um mehr oder weniger stark erweiterte Substantivgruppen. Wir begegnen also auch hier in erster Linie Konstruktionen mit Links- oder/und Rechtserweiterung eines Substantivs durch Adjektive und Substantive, wobei die Substantive im Russischen ohne Präposition vor allem im Genitiv, zuweilen auch im Instrumental und Genitiv stehen. Im Englischen, Französischen und Deut203

Sehen spielt Rolle. Geringer als der Umfang „Überlange"

eine solche Unterscheidung in bezug auf die Kasus keine große

bei Subjektphrasen und Mehrworttermini ist im allgemeinen der Objektergänzung, d. h. die Zahl ihrer Konstituenten. Substantivgruppen wie z. B . B H n y K J i a n K p y r o B a n C T p e j m a c ^ B Y I I B H 3 a K p e n j i e H H H M H B n p 0 T i i B 0 n 0 J i 0 / K H Ï > i e C T o p o H H treten fast nur in der Subjektphrase auf, gegebenenfalls unter Benutzung einer Passivkonstruktion. Ist in bezug auf das Objekt Ausführlichkeit vonnöten, so bedienen sich die Fachsprachen gern ganzer Objektsätze, die von den entsprechenden Konjunktionen eingeleitet werden: Mbi BH^ejiii, ITO noTenii,na,iH>i no.)iH onpe,n;eaeiiM ne 03,H03iia PH

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Satz: l l p n ^jiHTejiknoM CTOHHHn/npoiicxofliiT nojiHoe paccjiaiiBaHne opraHiinecKoro BemecTBa 11 BOAH. B rKypHajie/npHHHMajm y i a c T i i e KpynHtie ropucTH H HCTOPHKII. IIo 3T0My B 90-x roAax/NPOHBHJIHCB ycjiOBHH RÜH BpeneHHoro foiviameHHH peBoaior(noHHBix MapKcncroB c jierajiBHBiMH MapKCHCTaMH. I I I . T h e m a ist das grammatische Subjekt oder das grammatische O b j e k t , R h e m a der ganze übrige S a t z : OßpaTHaa MMiiJiHKaijHH/He HaÖJiioflaeTCfl. flllÖeHSOHJIOBHHHaH KHCJIOTa/eOÖHpaeTCH Ha RHe KOJLßBL. 9TO OTHOiuemie/ — aHajior OTHomeHHs paBHouieHHOCTii MHO/KecTBa. I V . T h e m a sind adverbielle Bestimmung und grammatisches S u b j e k t , R h e m a ist der übrige S a t z :

219

B Hct3BäHHoii CTaTte HeqaeB/cctiJiaeTCH Ha „MaHHiJtecT KoMMyHiicTHHecKoii napTtra".

MHOR.ua npH03Be^eHHH/ne*iaTajiiicb B ncKa?KeHHOM BII,a;e. ,E(o

KOHIIA

npoinjioro

CTOJIGTMH

HEUEIJKAFL CONHAJI-JJEMOKPATHH/ßwjia

peBO-

JHOIJHOHHOK n a p T H e f t .

V. Thema sind das grammatische Prädikat und alle anderen möglichen Satzglieder; Rhema können alle Satzglieder sein, die eine präzisierende Funktion haben: npoiicxoflHT/KaTa.nHTnHecKoe oTmeruieHiie BOHopojja. OCHOBHBIM COTpyflHHKOM ÖHJl/caM H3flaTeJIB. 9 t j t pojib BbinojiHHioT/oiaßopaTopHBie aBTOTpaHC$opiiaTopti. Kpn3iic Haiajicn/BecHon 1890 roaa. V I . Thema sind das grammatische Subjekt und das grammatische O b j e k t ; Rhema ist das grammatische Prädikat zwischen ihnen, unter Umständen mit einer adverbiellen Bestimmung zusammen: /KII3HB/n0CTeneHH0 pa3pymajia/3TI !N r- < Oo o C Oo C Oo o o o Oo o o o o o o o o o o o o © o" o" o" o" o" o" o" < 3 5o 03 o IO o c- o o o

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